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ARBEITEN ZUR

FRÜHMITTELALTERFORSCHUNG

Schriftenreihe des Instituts für Frühmittelalterforschung


der
Universität Münster

In Zusammenarbeit mit

Hans Belting, Hugo Borger, Dietrich Hofmann, Karl Josef Narr,


Friedrich Ohly, Karl Schmid, Ruth Schmidt-Wiegand und Joachim Wollasch

herausgegeben von

KARL HAUCK

15. BAND

W
DE

G
1984

WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK


ARBEITEN ZUR
FRÜHMITTELALTERFORSCHUNG
KAISERHERRSCHAFT UND KÖNIGSTAUFE
Kaiser, Könige und Päpste
als geistliche Patrone
in der abendländischen Missionsgeschichte

von
ARNOLD ANGENENDT

WDE

G
1984

WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK


CIP-Kurztitelaufnabrne der Deutschen Bibliothek

Angenendt, Arnold:
Kaiserherrschaft und Königstaufe: Kaiser, Könige u. Päpste als geistl.
Patrone in d. abendländ. Missionsgeschichte / von Arnold Angenendt.
— Berlin; New York : de Gruyter, 1984.
(Arbeiten zur Frühmittelalterforschung ; Bd. 15)
ISBN 3-11-009898-9
NE: GT

Copyrigt 1984 by Walter de Gruyter & Co., Berlin — Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks,
einschließlich des Rechtes der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten.
Satz: CIS-Verlag, Altenberge
Druck und Bindearbeiten: Joh. Burlage, Münster
Johannes Bours
Josef Perau

Patribus meis spiritualibus


GELEITWORT

Das Buch von Arnold Angenendt wird als ein eigenständiges Werk für sich selbst
werben. Denn mit seiner Thematik hat Angenendt in der abendländischen Mis-
sionsgeschichte eine bisher übersehene mächtige Goldader entdeckt. Weil aber der
vorliegende Band der Arbeiten zur Frühmittelalterforschung aus einem zwei Jahr-
zehnte währenden Austausch und aus immer intensiver gewordenen Perioden
gemeinsamer Bemühungen hervorgegangen ist, sei ihm dieses Geleitwort beige-
geben. Können doch so die Bedingungen angesprochen werden, unter denen das
Werk entstand und vollendet worden ist. Entscheidend war dabei die Förderung
durch den ersten geisteswissenschaftlichen Sonderforschungsbereich, den die
Deutsche Forschungsgemeinschaft anerkannte. So wesentlich die mit dieser An-
erkennung verbundene Gewährung zusätzlicher Mittel für umfassendere Konzep-
tionen gewesen ist, noch folgenreicher war, daß ein Klima freundschaftlicher
Kooperation gedieh. In ihm waren drei Grundeinsichten gemeinsame Gewißheit:
einmal, daß die Missionsepoche auch nördlich der Alpen mit den gleichen reli-
gionsgeschichtlichen Fragestellungen erhellt werden muß, mit denen bereits zu
Beginn des Jahrhunderts Franz Josef Dölger aufbrach und von 1912 bis 1927 in
Münster forschte. Dölger ging es dabei um die Erfassung der Auseinandersetzung
des sich ausbreitenden Christentums mit der jeweils anderen Umwelt, in die es
vordrang. Denn nur so konnte man schließlich den Zugang zum inneren Leben der
Kirche in der damaligen Gegenwart finden. Indem nun die Anstöße Dölgers in das
große blühende Unternehmen des Reallexikons für Antike und Christentum ein-
mündeten, lag es nahe, vergleichbaren Forschungen in der Übergangsepoche von
der Antike zum Mittelalter nachzugehen.
Die zweite gemeinsame Grundeinsicht ergibt sich als Konsequenz unserer An-
knüpfung an Dölger. Allerdings war die spätantike Randzivilisation als Gedächt-
niskultur ungleich schwerer geschichtlich erforschbar als die meisten mittelmeeri-
schen Verbreitungsgebiete des Christentums, in denen sich die Schriftlichkeit
längst eingebürgert hatte. Denn die Erwartung von Museumsgründern in der
Mitte des 19. Jahrhunderts wie Hans Freiherr von und zu Aufseß und Ludwig
Lindenschmit, man könne die Denkmalüberlieferung so aufteilen, daß in Nürn-
berg "christlich-germanische Alterthümer", in Mainz dagegen die Sachzeugnisse
der römisch-germanischen Vorzeit gesammelt würden, erfüllte sich in keiner Wei-
se. Ja, in der großen Mainzer Hauptpublikation 'Alterthümer unserer heidnischen
Vorzeit', deren erster Band 1858 herauskam, wurde in Wirklichkeit jedenfalls
im merowingischen Frühmittelalter eine bereits stark christlich überformte Rei-
hengräberzivilisation archäologisch-formenkundlich erschlossen. In welchem er-
staunlichen Umfang diese christliche Überformung stattgefunden hat, ist am un-
mittelbarsten in dem neueren archäologischen Nachweis ländlicher Kirchen Süd-
deutschlands bereits im frühen 7. Jahrhundert deutlich. Andererseits ist nun doch
VIII Geleitwort

auch der vorchristliche Polytheismus im seegermanischen Norden überall dort


erreichbar geworden, wo sich von ihm Bildzeugnisse erhalten haben. Denn die
Antwort auf die Frage nach der Wechselbeziehung von Text und Bild in der ora-
len Kultur lautet inzwischen: Es würde diese religiös autorisierte Bildüberliefe-
rung nicht geben ohne mündliche Textvorgaben. Derartige mündliche Überliefe-
rung wurde aber mit den darstellerischen Mitteln der uns erhaltenen Kleinkunst
so aufgezeichnet, daß uns etwa mit den goldenen Götterbildamuletten, den soge-
nannten Goldbrakteaten des Nordens, die Blütezeit einer untergegangenen Reli-
gion der Spätantike bezeugt wird. Wir lernen auf diese Weise einen neuen Bereich
der Ausstrahlung der spätantiken Mittelmeerwelt kennen, aus der nicht nur das
verwendete Gold, sondern auch die Bildkonventionen importiert werden, die nun
im Norden ähnlich neuen Konzeptionen dienstbar gemacht wurden, wie im Sü-
den die frühchristliche Kunst imperiale Grundlagen hatte. Kurz, mit diesem jetzt
erst zum Sprechen gebrachten Denkmälerkreis läßt sich das neu entstehende
christliche Abendland von einer bisher unbekannten Seite her in den Blick neh-
men. Das ist um so willkommener, als es gilt, die Irrungen und Wirrungen des
Zeitalters der Nationalhistorien, der Nationalphilologien und der Nationalarchäo-
logien auf neuen Bahnen zu überwinden. Wir bemühen uns daher gemeinsam, aber
arbeitsteilig um die Religionsgeschichte der Übergangsepoche in einem jetzt erst
möglichen Längsschnitt, der ebenso die polytheistischen Jahrhunderte der Rand-
kultur in der Übergangsepoche wie das Christentum der Bekehrungszeit umfaßt.
Demgemäß erscheinen im gleichen Jahr als Veröffentlichungen unseres Sonder-
forschungsbereichs als Beginn der exemplarischen Erhellung der älteren Periode
die ersten drei Bände des Korpus der Goldbrakteaten der Völkerwanderungszeit
und Angenendts Werk. Ähnlich umspannt die Themenserie des Münsteraner
Opfer'-Kolloquiums vom Herbst 1983 im Band 18 der Frühmittelalterlichen Stu-
dien 1984 sowohl vorchristliche wie christliche Opferversionen.
Das dritte Axiom unserer Zusammenarbeit ist, daß in diesem jetzt möglich
gewordenen Längsschnitt die Missionsgeschichte eine ganz besondere Dringlich-
keit hat. Ihr wird im Sonderforschungsbereich historisch-archäologisch Rechnung
getragen ebenso mit der Erhellung von exemplarischen Beleggruppen der Klein-
kunst wie etwa den Christus-Adler-Brakteaten wie auch mit der Edition der Bau-
geschichte wichtigster Kirchenbauten im sächsischen Missionsgebiet. Demgemäß
wurde Uwe Lobbedey vom Landschaftsverband Westfalen für fünf Jahre freige-
stellt, um seine Grabungen im Paderborner Dom und in der Abteikirche Corvey
in unserem Sonderforschungsbereich für die wissenschaftlichen Veröffentlichun-
gen vorzubereiten. Die Annahme der Buchreligion aus dem Süden vermittelte dem
hinzugewonnenen Missionsgebiet eine andere Lebensqualität. Das spiegeln neben
der Steinarchitektur der altsächsische Heliand, der, wie Ute Schwab wahrschein-
lich macht, wohl für eine Klerikergemeinschaft als Buchepos in Stabreimen ge-
schrieben wurde, oder auch in dem bis heute geretteten Westwerk der spätkaro-
lingischen Kirche in Corvey der Meerwesenfries mit dem Odysseus christianus.
Dessen mühselige Rekonstruktion und Publikation wird der Zähigkeit, Umsicht
und Findigkeit von Hilde Claussen verdankt.
In dieser Reihe von Forschungen, die teils innerhalb, teils außerhalb des Son-
Geleitwort IX

derforschungsbereichs fertiggestellt werden, hat das Werk von Angenendt deswe-


gen einen besonderen Rang inne, weil es in weitgespannten Horizonten Schritt-
macherdienste bei der kirchengeschichtlichen Erkundung leistet, in welchen Wei-
sen die Missionsepoche des früheren Mittelalters das Abendland neu geformt hat.
Daß in einem Zeitalter, das Religion und Politik nicht trennen konnte, damit uni-
versalgeschichtliche Perspektiven eröffnet werden, erscheint in Angenendts Buch
als etwas ganz Selbstverständliches, obwohl es das heute keineswegs mehr ist.

Münster, Pfingsten 1984 Karl Hauck


VORWORT

Die vorliegende Untersuchung hat unter dem Titel "Taufe und Politik im frü-
hen Mittelalter" zum Sommersemester 1975 dem Fachbereich II (Kath. Theolo-
gie) der Universität Münster als Habilitationsschrift vorgelegen. Den beiden Gut-
achtern, Professor Dr. Erwin Iserloh und Professor Dr. Bernhard Kötting, sei für
ihre Mühen auch hier Dank gesagt.
Die jetzige Fassung ist in den letzten zwei Jahren weitgehend neu geschrieben
worden, um die vorangeschrittene Forschung aufzuarbeiten. Dabei ist auch die
Fragestellung erweitert worden, weswegen ein neuer Titel gewählt wurde. Zwi-
schenzeitlich publizierte Teiluntersuchungen sind eingearbeitet und in einzelnen
Passagen übernommen.
Die Arbeit ist hervorgegangen aus der Zusammenarbeit im Münsterschen Son-
derforschungsbereich 7. Mein erster Dank gilt Professor Dr. Karl Hauck, der diese
Arbeit schon in den Anfängen ermutigt und bis zur Drucklegung gefördert hat.
Zu danken habe ich auch der Versammlung des Sonderforschungsbereichs für die
Aufnahme in die Reihe der "Arbeiten zur Frühmittelalterforschung". Danken
möchte ich ferner dem Bischof von Münster, Dr. Reinhard Lettmann, für einen
Zuschuß zu den Druckkosten. Dankbar sei endlich auch mein Kollege Professor
Dr. A.-Th. Khoury erwähnt, der in Zusammenarbeit mit dem Verlag de Gruyter
eine günstige Drucklegung zu ermöglichen wußte.
Ein eigenes Dankeswort gebührt sodann meinen Mitarbeitern, insbesondere
Frau Dipl.-Theol. Veronika Schüller, ohne deren Geduld und Klugheit die Fertig-
stellung nicht so rasch hätte bewerkstelligt werden können.

Münster, am Bonifatius-Tag 1984 Arnold Angenendt


INHALTSVERZEICHNIS

Geleitwort VII
Vorwort X
Inhaltsverzeichnis XI

Einleitung:
DIE FRAGE NACH DER MISSIONSPOLITIK

§ l Anteil des christlichen Herrschers an der Mission l


§ 2 Imperialer Taufpatronat in Byzanz 5
§ 3 Taufpatronat im Westen als Forschungsaufgabe 11
§ 4 Landeskirche - Erzbistum — Papsttum 13
§ 5 Weg und Ziel der Untersuchung 17

Erster Teil:
DAS SAKRAMENT DER INITIATION IM FRÜHEN MITTELALTER

1. Der Ritus der Taufe


6 Römischer Ritus 21
7 Karolingische Liturgiereform 32

2. Die religiösen Vorstellungen von der Taufe


8 Ritualismus 45
9 Dämonismus 49
10 Konkrete Gnade 57
11 Erbsegen und Königsheil 61
12 Kollektivtaufe 66
13 Getaufte und Barbaren 72

3. Die Firmung
14 Zwei postbaptismale Salbungen in Rom 75
15 Gallikanische Praxis 77
16 Firmung und karolingische Reform 81
XII Inhaltsverzeichnis

4. Das Patenamt
§ 17 Assistenz bei der Taufe 91
§ 18 Geistliche Verwandtschaft 97
§ 19 Rechtliche und politische Verpflichtungen 106
a) Susceptio S. 109 — b) Adoprio S. 111 — c) Religiosus amor S. 115 — d) Admo-
nitio S. 116 — e) Gegenseitige Hilfe S. 119 — f) Patenschaft und säkulare Riten
5. 120
§ 20 Pactum compaternitatis 121

5. Geistliche als Paten


§ 21 Der Gottesmann 126
a) Vir Dei S. 127 - b) Asketische Priester S. 131 - c) Absolute Weihe S. 135 -
d) Eigenpriester im Adelsgefolge S. 136
§ 22 Der Vir Dei als Pate 139

6. Der Papst als geistlicher Vater


§ 23 Römische Mission 148
§ 24 Der Papst als Pate 152
§ 25 Ergebnis und Ausblick 163

Zweiter Teil:
DER IMPERIALE TAUFPATRONAT IM WESTEN

1. Die fränkische und angelsächsische Bekehrung


§ 26 Chlodwig und die Franken 165
a) Taufe Chlodwigs S. 165 — b) Christianisierung der Franken S. 174
§ 27 Angelsachsen 176
a) Bekehrung von oben S. 178 - b) Bretwalda-Amt und Patenschaft S. 181 -
c) Erzbistum und Oberherrschaft S. 187

2. Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern


§ 28 Friesen 196
§ 29 Hessen und Thüringer 202
§ 30 Sachsen 203
a) Sachsenkriege S. 203 - b) Taufe Widukinds und Patenschaft Karls S. 207 -
c) Kirchenorganisation S. 212
§ 31 Abodriten und Wilzen 214
§ 32 Taufe Haralds von Dänemark 215
§ 33 Erzbischof Ansgar in Hamburg und Bremen 223
§ 34 Baiern 227
Inhaltsverzeichnis XIII

S 35 Karantanen 229
§ 36 Awaren 232
§ 37 Erhebung Salzburgs zum Erzbistum 234
§ 38 Böhmen 237
S 39 Mährer 238
S 40 Bulgaren 247
a) Taufe des Boris S. 248 - b) Zwischen Ost und West S. 250 - c) Nachfolger
Symeon S. 256

3. Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen


§ 4l In den karolingischen Reichen 259
a) Gottfried S. 260 - b) Huncdeus S. 262 - c) Rollo S. 263 - d) Taufe und
Infidelitas S. 265
§ 42 In England 267
a) Alfred der Große S. 267 - b) Wikinger-Reich von York S. 269 - c) Mission
in Norwegen S. 273

4. Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen


$ 43 Otto der Große 274
S 44 Dänemark .276
§ 45 · Abodriten und Bistum Oldenburg ·. . . . 282
§ 46 Bistümer Havelberg und Brandenburg 284
§ 47 Erhebung Magdeburgs zum Erzbistum 285
§ 48 Rus 289
S 49 Polen 296
a) Mieszko S. 296 - b) Akt von Gnesen S. 300
§ 50 Ungarn 305

5. Ergebnis
§ 51 Imperialer Taufpatronat und päpstliches Erzbistum 310

Verzeichnis der Quellen—Siglen 316


Verzeichnis der Literatur 317
Namensregister 369
Einleitung:

DIE FRAGE NACH DER MISSIONSPOLITIK

§ l Anteil des christlichen Herrschers an der Mission

Über den Anteil des christlichen Herrschers an der frühmittelalterlichen Mission


gibt es in der Forschungsliteratur nur gelegentlich noch kontroverse Äußerungen.
Ganz negieren wollte einen solchen Anteil H. Kühn: Es sei nur eine Täuschung
durch die summarischen Quellenangaben, wenn man einem König die Bekehrung
seines Volkes zuspreche 1 . Aber mit dieser seiner Ansicht ist Kühn allein geblie-
ben2 . Knut Schäferdiek, der sich neuerdings mehrfach mit Problemen der Missio-
nierung befaßt hat, rechnet damit, daß die Bekehrung eines Königs bestimmend
auch für sein Volk war. So konstatiert er für die Franken: "Entwicklungsbestim-
mend ist auf jeden Fall der Religionswechsel Chlodwichs"3. Ähnlich urteilt er
über die Erfolgsaussichten der römischen Missionare, als sie die Bekehrung der
Angelsachsen in Angriff nahmen: "Der Mission schienen durch eine hegemoniale
Stellung Aethelberhts in Süd- und Mittelengland ... günstige Möglichkeiten eröff-
net zu sein"4. Im tatsächlichen Ablauf erweist ihm die englische Bekehrungs-
geschichte erneut "den kennzeichnenden frühmittelalterlichen Zug einer Bekeh-
rung als der von den Herrschaftsträgern ausgehenden formellen Übernahme des
Christentums durch ganze politische Verbände..." 5 . Nur darf man sich die Ent-
scheidung des bekehrungswilligen Herrschers nicht als ein Diktat für sein Volk
vorstellen. Besonders zwei Fakten sind in der neueren Forschung deutlicher her-
vorgetreten, welche den Bekehrungsvorgang besser durchschaubar machen. Ein-
mal war der Herrscher nicht "absolut"6 . Der Entscheid zur Annahme des Chri-
stentums konnte darum kein selbstherrliches Edikt sein; er mußte vielmehr im Rat
der die Herrschaft Mittragenden gefällt werden. Zum anderen eignete dem König-
tum ein sakraler Charakter, der nach mythischer Art in einer Abkunft von den
Göttern veranschaulicht werden konnte 7 . Es gab ein "Königsheil", von dem sich
das Volk abhängig wußte. In der Christianisierung hat diese spezifisch religiöse
Komponente deutlich nachgewirkt: "Das so gegebene sakrale Moment germani-
1
KÜHN, König und Volk S. 4; ähnlich DERS., Gorische Mission S. 50-65.
2
S. die sofort geäußterte Kritik von W. BAETKE (Aufnahme des Christentums S. 20).
3
SCHÄFERDIEK, Bekehrung und Bekehrungsgeschichte S. 181.
4
Ebd. S. 189.
5
Ebd. S. 192; STANCLIFFE, Kings and Conversion S. 59-94.
6
KÜHN - WENSKUS - WÜHRER - AUTHEN-BLOM, Adel S. 58-77; SCHEYHING, Adel
Sp. 41-51.
7
Zuletzt KIENAST, Germanische Treue S. 292; AFFELDT, Königserhebung Pippins S. 123f.;
im einzelnen $11 Anm. 2.
2 Einleitung: Missionspolitik

scher politischer Herrschaft und vorweg germanischen Königtums ist von größter
Bedeutung für die Germanenmission gewesen, die sich dadurch unreflektiert die
Bedingungen ihrer erfolgreichen Durchsetzung hat stellen lassen und so den für
sie ... charakteristischen Zug einer Christianisierung von oben nach unten ange-
nommen hat."8
In neuer Weise stellte sich die Missionsfrage für solche Herrscher, die selbst
längst Christen waren und auch über ein bereits christianisiertes Reich geboten,
aber mit heidnischen Anrainern in Berührung standen. Hier kam dem Kaiser von
jeher eine besondere Rolle zu, und die Forschung hat dessen missionarische
Aufgabe denn auch nie im Zweifel gelassen. Immer wieder findet man betont, daß
mit der Idee sowie dem Amt des Kaisers eine Schutzpflicht für die Kirche und
dann auch für die Mission verbunden gewesen sei. So war zum Beispiel nach A.
Brackmanns Meinung "der 'Bund' Karls des Großen mit Rom für ihn in erster
Linie wegen der großen Missionsaufgaben im Osten von Bedeutung" 9 . Und diese
Aufgabe sei von einem doppelten Motiv bestimmt gewesen: "1. durch den Glau-
ben an die Weltmission seines Frankenvolkes und 2. durch den Glauben an die
Verpflichtung der fränkischen Könige zum Schütze der Kirche und zur Bekehrung
der Heidenwelt" 10 . Die Auffassung habe sich dann fortgesetzt: "Wie der große
Karolinger sah auch Otto der Große seine Hauptaufgabe in der 'defensio ecclesiae'
und in der Bekehrung der Heiden zu Gott"11 . Ja, noch im hohen Mittelalter
hätten diese Gedanken die Vorstellung von Amt und Aufgabe des Kaisers be-
stimmt: "Es blieb die Anschauung von der Verpflichtung des Herrschers zur
Verteidigung der Kirche und zur Ausbreitung des Christentums,' und es blieb die
Überzeugung von der Weltmission des Kaisertums, wie sie in der Kreuznahme
Friedrichs I. und später in dem Kreuzzuge seines Enkels und in dessen Privilegie-
rung des Deutschordensstaates in die Erscheinung trat. Friedrich Barbarossa hat
für diese traditionelle Art seiner Politik ein ganz klares Bewußtsein besessen"12.
Daß die Aufgabe der Mission eigentlich für jeden christlichen Herrscher gegolten
habe, hat Gerd Tellenbach erneut herausgestellt: "Der christliche Heidenkrieg
gehört in seiner geistigen Erscheinung und in seiner theoretischen Formulierung
zu dem Ideenkreis des Imperium Christianum. Deshalb wäre es bei der Auf-
deckung der Zusammenhänge zwischen Imperium Christianum und mittelalter-
lichem Kaisertum wichtig festzustellen, ob dem Kaiser eine irgendwie einzigartige
Funktion im Heidenkrieg zukommt. Gewiß und allgemein anerkannt ist es, daß
nach mittelalterlicher Auffassung Heidenbekämpfung und Heidenbekehrung
vornehmste Aufgabe aller christlichen Könige war, nicht nur des Kaisers" 13 . Die
Vorstellung, daß der christliche Herrscher und insbesondere der Kaiser eine
Verpflichtung für die 'pax' und 'religio' des Reiches wahrzunehmen habe, geht
8
SCHÄFERDIEK, Germanenmission Sp. 496.
9
BRACKMANN, Slawenmission S. 74.
DERS., Römischer Erneuerungsgedanke S. 111.
11
Ebd. S. 112f.
12
Ebd. S. 133.
13
TELLENBACH, Reichsgedanke S. 38. ENGELS, Mission S. 201-211, der freilich behauptet
(ebd. S. 208): "Bis zur Lechfeldschlacht läßt sich nirgendwo an der Reichsgrenze eine missiona-
rische Absicht als treibende Kraft beobachten ...".
$ l Herrscher und Mission 3

bekanntlich auf die spätantiken Christenkaiser zurück 14 . Aber schon in der Spät-
antike wurde auch den bekehrten Barbarenkönigen die Mission als Aufgabe
zugesprochen. In seinem bekannten Glückwunschschreiben aus Anlaß der Taufe
Chlodwigs sieht Avitus von Vienne (484-512) die Aufgabe des christlichen König-
tums gerade in der Ausbreitung des Glaubens; dem Frankenkönig, so ist jüngst
erklärt worden, sei damit im Westen jene Rolle zuerkannt worden, wie sie im
Osten der Kaiser wahrgenommen habe 15 .
Wichtig ist weiter die Beobachtung, daß viele frühmittelalterlichen Könige in
ihrem Handeln sich von dem religionsgeschichtlich weitverbreiteten Modell des
'rex et sacerdos'16 leiten ließen. Interessant ist zum Beispiel die Rolle, die König
Raedwald von Ostanglien einnahm, als er, wiewohl bereits getauft, einen Misch-
kult in seinem "Reichsheiligtum" einrichtete: 'In demselben Heiligtum hatte
er sowohl einen Altar für das Opfer Christi wie auch ein Altargebilde für die Opfer
der Dämonen' 17 . Karl Hauck hat dafür den Titel "Opfer-Herr" geprägt 18 . Im
Christlichen freilich blieb es dem Herrscher verwehrt, die prinzipale Rolle des
liturgischen Opferpriestertums zu übernehmen 19 . Dennoch wirkte auch hier die
Vorstellung des 'rex et sacerdos' nach, und zwar in der 'defensio ecclesiae' sowie
in der 'propagatio fidei'. Schon Konstantin galt bekanntlich als 'episkopos ton
ekton' 20 . Die Reihe der Zeugnisse, daß auch der frühmittelalterliche Herrscher
an das Modell des 'rex et sacerdos' angenähert wurde, ist vielfältig und zieht sich
weit durch die Geschichte. Gregor von Tours nennt König Gunthram von Burgund
ausdrücklich einen rex et sacerdos21. Der angelsächsische Mönch Cathwulf stellte
Karl den Großen über die Bischöfe 22 . Karl hinwiederum beanspruchte gegen-
über Leo III., nicht nur den äußeren Schutz der Kirche gewährleisten zu wollen,
sondern auch im Inneren der Kirche die Sorge um den rechten Glauben23. Unter
der Idee des 'rex et sacerdos' hat sich bemerkenswerterweise auch der Ritus der
christlichen Königssalbung entfalten können 24 . So ist also vielfältig zu beobach-
ten, daß die Kirchenmänner dem christlichen Herrscher eine besondere Rolle ein-

14
S. die Arbeiten in: RUHBACH, Kirche angesichts der Konstantinischen Wende.
15
REYDELLET, Royaute S. 112: "Avit decouvre done, ä travers l'exemple de Clovis, cette
verite nouvelle: desormais, les reges de l'Occident peuvent remplir a l'egard de la foi le meme
role que, depuis longtemps, remplit l'empereur."
16
HAUCK, Randkultur S. 53.
17
Beda, Hist. eccl. II 15 (ed. PLUMMER l, S. 116).
18
HAUCK, Sutton-Hoo-Edition (2) S. 349.
19
SCHRAMM, Sacerdotium und Regnum S. 78-84.
20
STRÄUB, Kaiser Konstantin S. 187-205.
21
Gregor von Tours, Hist. IX 21 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 44l 2 2 ): ut tarn tunc non rex
tantum, sed etiam sacerdus Domini putaretur. REYDELLET, Royaute S. 421.
Cathuulfus, Ep. 7 (MGH Epp. 4, S. 503 ): Memor esto ergo semper, rex mi, Dei regis tui
cum timore et amore, quod tu es in vice illius super omnia membra eius custodire et regere,
et rationem reddere in die iudicii, etiam per te. Et episcopus est in secundo loco, in vice Christi
tantum est.
2
Alcvini epp. 93 (ebd. S. 137 1): Nostrum est: sec.undum auxilium divinae pietatis sanctam
undique Christi ecclesiam ab incursu paganorum et ab inßdelium devastations armis defenders
Joris, et intus catholicae fidei agnitione muntre.
24
ANGENENDT, Rex et Sacerdos S. 100-118.
4 Einleitung: Missionspolitik

räumten. Für Alkuin zum Beispiel war Karl der Große 'praedicator' 25 . Mit Ent-
schiedenheit jedoch verwahrte man sich kirchlicherseits dagegen, daß der gesalbte
König ein Priester im Sinne des Opferpriestertums sei26 ; der mittelalterliche Kai-
ser wurde auf die Funktion eines Diakons beschränkt, so daß ihm die wirklich
sazerdotalen Handlungen vorenthalten blieben 27 . So war also die Priester-Rolle
des Königtums nicht unerheblich beschnitten; demgegenüber wurde aber der ver-
bleibende Anteil in der Verteidigung der Kirche und in der Ausbreitung des Glau-
bens umso stärker betont. Avitus von Vienne sah die Bedeutung von Chlodwigs
Taufe gerade darin, daß er nicht nur Christ und ein guter Herrscher werden sollte,
sondern darüber hinaus 'aus dem reichen Schatz Eures Herzens die Glaubenssaat
unter die ferner wohnenden Stämme' ausstreut und 'frisch und ohne Scheu ...,
auch durch eigens entsandte Botschafter, die Sache Gottes' vertritt 28 .
Indem also die religiöse Aufgabe des Herrschers einesteils beschnitten war, an-
derenteils aber in der Glaubensfürsorge stark betont wurde, stellt sich die Frage,
ob diese religiöse Aufgabe in der Mission irgendwie "priesterlich" oder "litur-
gisch" ausgeführt wurde. Wichtig ist dabei zunächst einmal die Beobachtung, daß
die Vorstellung von der herrscherlichen Mission auch in der Liturgie vorgetragen
wurde: 'Gott, der du das römische Reich zur Verkündigung des Evangeliums vor-
bereitet hast, gewähre deinen Dienern, unseren Fürsten, die Waffen des Him-
mels ... ) 2 9 . Hans Hirsch 30 , Gerd Teilenbach31 und Carl Erdmann32 haben das
liturgische Gebet als Quelle entdeckt, um neue Aussagen über die missionarische
Aufgabe des Herrschers zu gewinnen. Zweifellos ist dadurch die Fundierung für
diese wichtige Vorstellung verbreitert worden. Aber so anerkennenswert dieser
Schritt ist, es fehlt das entscheidende Moment, ob und wie der Kaiser selbst als
Liturge auftrat. Eine solche Frage mag befremdlich klingen. Doch sprechen zeit-
genössische Texte davon, daß etwa Karl der Große die in der heiligen Taufe abge-
waschenen Sachsen 'mit Chrisam gesalbt'33 und Otto der Große die Slawen ge-
tauft habe 34 . Nun wird niemand daran denken wollen, diese Herrscher hätten

25
Alcvini epp. 121 (MGH Epp. 4, S. 176 J: catholicae fidei lumen in extremis partibus in-
cendere; ebd. Ep. 202 (s. 336 ): apostolicae fidei veritatem defendere, docere, et propagare;
ebd. Ep. 257 (S. 41434;.· in praedicatione catholicae fidei. MEYER, Alkuin S. 423: Alkuin
billigte "Karl dem Großen ein hohes Maß an Einfluß auf die Kirche zu".
26
Hinkmar, Capitula in synodo apud S. Macram a. 881 c." l (MIGNE PL 125, Sp. 1071B):
Solus enim Dominus noster Jesus Christus vere fieripotuit rex et sacerdos. ... nee rex pontificis
dignitatem, nee pontifex regiam potestatem sibi usurpare praesumpsit; SCHIEFFER, Überse-
hene Schrift Hinkmars S. 511-528; ANTON, Fürstenspiegel und Herrscherethos S. 319ff.
27
HEIMPEL, Königlicher Weihnachtsdienst S. 388-411.
28
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 76 11 ); Übersetzung nach VON DEN STEINEN,
Chlodwig S. 67 $ 23 u. 24.
29
Sacr. Gelas. 1505 (ed. MOHLBERG S. 217); TELLENBACH, Reichsgedanke S. 10.
30
HIRSCH, Kaisergedanke S. 22-46.
31
TELLENBACH, Reichsgedanke.
32
ERDMANN, Heidenkrieg S. 47-64.
De conversione Saxonum carmen (MGH Poetae Lat. l, S. 38l60): Chrismatibus sacro inunxit
baptismate lotos; zur Autorschaft Luls s. HAUCK, Taufort (im Druck).
34
ISRAEL - MÖLLENBERG, Magdeburg l, Nr. 28 S. 42: [gentes], quas predictus piissimus
$ 2 Byzanz 5

selbst, wie weiland Johannes der Täufer, an einem Fluß gestanden und die Taufe
gespendet; dennoch kann Karl im Blick auf seine Rolle in der Sachsenbekehrung
mit dem Täufer verglichen werden 35 . Immerhin könnten uns die Quellen mit sol-
chen Redeweisen darauf aufmerksam machen wollen, daß der Herrscher in beson-
derer Weise an der Taufe beteiligt war. Tatsächlich ist erweisbar, daß die christ-
lichen Regenten in bestimmter Hinsicht auch als Liturgen aufgetreten sind: in
der Patenschaft. Diese liturgische Rolle soll im folgenden untersucht werden.

§ 2 Imperialer Taufpatronat in Byzanz

Zur Klärung der missionarisch-liturgischen Aufgaben des Herrschers dürfte es


lohnenswert sein, vorab den Blick auf Byzanz zu lenken. Der Kaiser nahm dort be-
tont die Rolle des 'hiereus kai basileus' wahr 1 . Dementsprechend gab es eine klare
Vorstellung von seinen liturgischen Aufgaben 2 , die, wie sich hat zeigen lassen,
auch in der Mission von Bedeutung waren. Die byzantinische Vorstellung von
christlichem Reich und kaiserlicher Mission beschreibt H.-G. Beck wie folgt:
Es "decken sich aber ideell die Grenzen des Imperiums mit den Grenzen der Chri-
stenheit, jede Ausbreitung des Reiches ist potentiell eine Ausbreitung des Chri-
stentums und jede Ausweitung des christlichen Raumes potentiell ein Zuwachs
zum Römischen Reich ... Der Kaiser aber ist der erste und vornehmste Missionar
des Christentums, sein politisches Handeln ist immer auch missionarisch von Be-
deutung"3 , wie andererseits eine Missionierung "in den meisten Fällen den Ein-
tritt in die Interessensphäre des Reiches" bedeutet 4 . In der Durchführung dieser
Missionsaufgabe sehen wir die Kaiser dann auch persönlich tätig werden. Beim
Übertritt ganzer Völkerschaften benutzte man nämlich nicht selten ein Verfahren,
bei dem der Kaiser die Patenschaft über den Fürsten oder König eines solchen
Volkes übernahm. Franz Dölger hat zum ersten Mal auf diese Praxis aufmerksam
gemacht. Ausgehend von der Idee der "Familie der Könige" 5 , die bereits im alten
Sumer, aber ebenso in den hellenistischen Reichen und auch in Rom festzustellen
ist, betrachteten sich die Herrscher als miteinander verwandt und brachten diese
ihre gegenseitige Einschätzung in familiären Betitelungen zum Ausdruck. Für
Byzanz konstatiert Dölger drei Stufen: "1. Als niedrigste Stufe diejenige der
'Freundschaft', 2. als höhere, aber zu besonderer Pietät verpflichtende Stufe die

imperator baptizavit vel per eum suumque filium equivocum regem successoresque eorum deo
annuente baptizandae sunt; KRETSCHMAR, Der Kaiser tauft S. 109.
5
Annales Petaviani a. 777 (MGH SS l, S. 16): Unde inpostmodum Karolus rex meritogaudet
cum lohanne baptista, qui et baptizavit praedicans baptismum in remissionem omnium pecca-
torum.
1
BREHIER, 'lepak S. 86-93; TREITINGER, Oströmische Kaiser- und Reichs-
idee S. 124-157; HUNGER, Reich S. 61-107.
2
TREITINGER, Oströmische Kaiser- und Reichsidee S. 129-144; HUNGER, Reich S. 74-84.
3
BECK, Christliche Mission S. 654.
4
Ebd. S. 667f.
5
DÖLGER, Familie der Könige S. 34-69. S. auch DENS., Familie der Fürsten S. 159-182;
DENS., Bulgarenherrscher S. 183-196.
6 Einleitung: Missionspolitik

'Sohnschaft' und 3. die Stufe der 'Bruderschaft' " 6 . Bei der Sohnschaft hat nun
Dölger eine christliche Sonderform herausgearbeitet. Mittels der Taufpatenschaft,
wie sie der Basileus bei anderen Herrschern eingegangen sei, habe er sich den
Taufsohn zum geistlichen Sohn gemacht: "So begründet das Sakrament der Taufe
ein Nahverhältnis zwischen Paten und Täufling, welches sich in der Vorstellung
vom geistlichen Vater und vom geistlichen Kinde niederschlägt"7. Auf diese Weise
sei dann der Basileus zum "Vater einer weitverzweigten Herrscherfamilie"8 gewor-
den. Die geistlichen Söhne aber hätten die Rolle politischer Gefolgsleute überneh-
men müssen. Beispielsweise sei der Bulgaren-Khan Boris, als er sich unter dem Pa-
tronat Kaiser Michaels III. (842-867) habe taufen lassen, "nicht nur durch die
Taufe der geistliche Sohn des Kaisers im Sinne des christlichen Sakraments, son-
dern zugleich dessen geistlicher Sohn im Sinne der byzantinischen Fürstenfamilie"
geworden9.
Aber schon seit dem 6. Jahrhundert treffen wir auf Fälle, in denen die politi-
sche und geistliche Sohnschaft verquickt erscheinen, und die byzantinischen
Quellen bieten dafür in der Folgezeit sogar eine lange Reihe von Beispielen. So ist
im Jahre 522 der Lazen-König Tzath von Kaiser Justin (518-527) 'aufgenommen'
und, nachdem er getauft war, mit einer 'Römerin' verheiratet worden; außerdem
erhielt er ein Diadem und eine weißseidene Chlamys, die ein goldenes Besatzstück
mit dem Bild des Kaisers aufwies10 . Fünf Jahre später hob Kaiser Justinian (527-
565) den Hunnenkönig Grod aus der Taufe, übergab ihm reiche Geschenke und
verpflichtete den neuen Sohn zu militärischen Diensten auf der Krim 11 . Ähnlich
geschah es mit dem Heruler-König Grepes; auch über ihn wurde der Kaiser Pate,
und er entließ den geistlichen Sohn als seinen Gefolgsmann12. Eine jüngst vorge-
legte Untersuchung über die Missionspolitik der Kaiser Justin und Justinian erhebt
zur Gewißheit, was sich bereits auf den ersten Blick als Vermutung aufdrängt,
daß nämlich den politisch angereicherten Taufpatenschaften ein offenbar "formel-
haftes Schema"13 zugrunde gelegen hat: "Der ähnliche Ablauf der Ereignisse läßt
systematische Verfahren der byzantinischen Kaiser vermuten, um diese Herrscher
und Länder zu gewinnen: Alle drei Könige kommen aus dem nordöstlichen Grenz-
6
DERS., Familie der Fürsten S. 167f.
7
DERS., Familie der Könige S. 56.
8
DERS., Brüderlichkeit der Fürsten Sp. 645.
9
DERS., Familie der Fürsten S. 170.
10
Johannes Malalas, Chronographia 17 (CSHB 28, S. 413 7 ); DEßR, Ursprung der Kaiserkrone
S. 32 Anm. 121; MORAVCS1K, Byzantinische Mission S. 18. - Zur Quelle DERS., Byzantino-
turcica l, S. 329-334; ebd. S. 329: "Soviel ist gewiß, daß man — schreibt man das ganze Werk
dem Malalas zu — annehmen muß, daß er die ersten 17 Bücher und den Anfang des 18. in An-
tiochia geschrieben hat und sie noch zu Lebzeiten Justinians (vielleicht um 548) veröffentlich-
te, während der Abschluß in Konstantinopel, jedenfalls nach dem Tod Justinians, verfaßt und
herausgegeben worden ist." Die Quelle weist die Taufe der Zeit Justins zu, der 527 gestorben
ist; das von G. MORAVCSIK angegebene Jahr 532/3 und die Zuweisung an Justinian müßte
eigens verifiziert werden; s. ENGELHARDT, Mission S. 81, wo 522 angegeben wird.
11
Johannes Malalas, Chronographia 18 (CSHB 28, S. 43l 16 ); MORAVCSIK, Byzantinische Mis-
sion S. 19.
12
Johannes Malalas, Chronographia 18 (CSHB 28, S. 427 17 ).
13
ENGELHARDT, Mission S. 80-87, Zitat S. 80.
S 2 Byzanz 7

bereich, in dem es für Byzanz von lebenswichtiger Bedeutung war, Bündnispartner


zu gewinnen oder doch wenigstens zu erreichen, daß diese Völker Byzanz nicht
feindlich gegenüberstanden ... Aus allen Berichten geht hervor, daß die Bekeh-
rung mit einem Bündnis oder Vasallenverhältnis gekoppelt war. Tzath wird auf
seinen Wunsch hin von Justin zum König von Lazika gekrönt und damit Vasall
des byzantinischen Reiches. Auch Crepes kehrt als Vasall von Byzanz nach Hause
zurück. Grod hat offensichtlich die Aufgabe übernommen, die byzantinischen
Belange zu vertreten" 14 . Es mußten freilich nicht immer die Führer ganzer Völ-
kerschaften sein; so hören wir auch von einem Magister militum namens Akum,
den Kaiser Justinian aus der Taufe hob und später dann in das Militäramt ein-
wies15 ,
Der Eindruck, daß den genannten Taufen und Patenschaften ein festgefügtes
Modell zugrunde lag, wird durch zahlreiche Fälle ähnlicher Art, wie sie noch lange
Zeit anzutreffen sind, zur Evidenz erhoben. Im Jahre 619 erschienen abermals
Hunnen vor Konstantinopel, welche wiederum die Taufe begehrten. Kaiser
Heraklios (610-641) hob ihren Fürsten aus der Taufe und verlieh ihm den Patri-
kios-Titel; bei den hunnischen Großen übernahmen hochgestellte Männer und
Frauen des Hofes den Patendienst 16 . Im Jahre 777 war es der Bulgaren-Khan
Telerig, den Kaiser Leon IV. (775-780) zum Patrikios erhob, dann mit einer Nich-
te seiner Gattin verheiratete und zuletzt ehrenvoll aus der Taufe hob 17 . Bei der
Christianisierung des Rus-Reiches hat der Patronat des Basileus gleichfalls eine
wichtige Rolle gespielt 18 . Noch aus dem 11. Jahrhundert sind solche Taufen über-
liefert. Zwischen den beiden Petschenegen-Fürsten Tyrach und Kegen, die am
unteren Lauf der Donau ansässig waren, brach um die Mitte des Jahrhunderts ein
Krieg aus, wobei Kegen unterlag; er rettete sich mit seinen Anhängern über die
Donau auf byzantinisches Gebiet. Kaiser Konstantinos Monomachos (1042-1056)
nahm den Geschlagenen auf, ließ ihn taufen und erhob ihn zum Patrikios; in alt-
gewohnter Weise wurde also der Petschenegen-Fürst Freund und Verbündeter von
Byzanz 19 . An der Donau wurde ihm die Aufgabe auferlegt, die Angriffe vom

14
Ebd. S. 87,89.
15
Johannes Malalas, Chronographia 18 (CSHB 28, S. 438 4 ); MORAVCSIK, Byzantinische
Mission S. 26f. Die von G. MORAVCSIK (ebd.) erwähnte Taufe eines Sunikas, der gegen 560 in
Byzanz die Taufe empfangen und das Amt eines Heerführers erhalten habe, ist nicht zu verifi-
zieren.
16
Nicephorus, Opuscula historica (ed. DE BOOR S. 12 20 ); MORAVCSIK, Byzantinische Mis-
sion S. 21. Unter diesen Hunnen sind möglicherweise Bulgaren zu verstehen. — Nikephoros,
von 806-815 Patriarch von Konstantinopel, hat eine Geschichte für die Zeit von 602-769 ver-
faßt; MORAVCSIK, Byzantinoturcica l, S. 456-459.
17
Theophanes, Chronographia (ed. DE BOOR l, S. 45l 5 ); DEER, Patricius-Romanorum-Titel
S. 276; s. auch GUILLAND, Patrices de Leon III a Michel II, IX S. 325, - Theophanes (+ 818)
verfaßte in den Jahren 810-814 eine Chronik, die von 284 bis 813 reicht; MORAVCSIK,
Byzantinoturcica l, S. 531-537.
18
S. $ 48.
19
Georgius Cedrenus, Historiarum Compendium (CSHB 14, S. 58319). — Georgius Cedrenus
hat für die Zeit von 811 bis 1057 das Werk des Johannes Skylitzes (+ kurz vor 1100) meist
wörtlich ausgeschrieben; MORAVCSIK, Byzantinoturcica l, S. 273ff. loannes Zonaras, Epito-
8 Einleitung: Missionspolitik

feindlichen Ufer her abzuwehren. Als dann sein Rivale Tyrach über den Fluß
setzte, konnte Kegen ihn besiegen. Tyrach und sein Gefolge wurden nun gleich-
falls getauft, und der Kaiser verlieh auch ihnen hohe Würden 20 .
Wir stehen demnach vor einem eindrucksvollen Befund: Gut ein halbes Jahrtau-
send ist in Byzanz der kaiserliche Taufpatronat bei solchen Königen und Fürsten
angewandt worden, die in den Verband des byzantinischen Reiches eintreten woll-
ten und dabei den Übertritt zum Christentum vollzogen. In formelartigen Wen-
dungen teilen die Quellen immer wieder das gleiche Verfahren mit. Gyula Mo-
ravcsik faßt diesen Befund wie folgt zusammen: "Die byzantinischen Quellen
geben von der Taufe dieser fremden Fürsten eine von Fall zu Fall sich fast wört-
lich wiederholende Beschreibung ... Der vornehme Fremde wird gewöhnlich vom
Kaiser selbst aus dem Taufbecken gehoben. Der Neubekehrte wird vorn kaiser-
lichen Paten reich beschenkt und mit irgendeinem hohen Rang, öfters mit dem
des Patrikios, bedacht. Seine Begleitung läßt sich dann ebenfalls taufen, und die
vornehmen Hofleute werden ihre Paten. Der bekehrte Fürst nimmt sich bei seiner
Heimkehr byzantinische Mönche in die Heimat mit, die im Kreise seines Volkes
ihre Missionstätigkeit ausüben. Wenn nötig, werden auch Missionsbistümer im
Lande der Barbaren geschaffen und die Missionsarbeit in die Hände eines Bischofs
gelegt. Die Taufe des Barbarenfürsten zog das Schließen eines politischen Bünd-
nisses nach sich. Der bekehrte Fürst wird Freund und Verbündeter von Byzanz.
Er vertritt die Interessen von Byzanz und muß die Grenzen des byzantinischen
Reiches gegen andere Barbaren verteidigen."21
An diesem über Jahrhunderte praktizierten Zeremoniell von geistlicher und
politischer Sohnschaft wird auf den ersten Blick erkenntlich, daß es aus mehreren
Elementen zusammengesetzt ist: Die Patenschaft ist verbunden mit Riten politi-
scher Bedeutung. Am byzantinischen Hof kannte man zur Ehrung auswärtiger
Fürsten bestimmte Titelverleihungen, deren Inhalt oft eine Hofwürde war. Mit der
Verleihung solcher Titel sowie der Einordnung in die Hierarchie des Hofes ver-
band sich die Übergabe entsprechender Insignien und Amtstrachten 22 . Die Paten-
schaft sehen wir nun sehr oft mit der Verleihung der Patrikios-Würde vereint. Der
von Konstantin neugeschaffene Patriziat war ein Ehrenrang und kein Amt; ausge-
zeichnet wurden damit Dignitäre am Hof sowie Ausländer; nur für Italien war der
Patriziat ein wirkliches Amt, nämlich das des obersten Heerführers 23 . Die Verlei-
hung erfolgte durch die Übergabe entsprechender Insignien bei gleichzeitiger

mae Historiarum XVII 26 (CSHB 31, S. 64l 17 ). - loannes Zonaras lebte in der 1. Hälfte des
12. Jahrhunderts am byzantinischen Hof. Seine Geschichte reicht von der Weltschöpfung bis
1118; MORAVCSIK, Byzantinoturcica l, S. 344ff. - Zur Taufe DERS., Byzantinische Mission
S. 25f; GÖCKENJAN, Hilfsvölker S. 95f. S. auch GUILLAND, Patrices du regne de Constantin
IX Monomaque, XIII S. 8, 13.
20
Georgius Cedrenus, Historiarum Compendium (CSHB 14, S. 587 16 ); loannes Zonaras, Epito-
mae Historiarum XVII 26 (ebd. 31, S. 64311).
21
MORAVCSIK, Byzantinische Mission S. 27.
22
TREITINGER, Oströmische Kaiser- und Reichsidee S. 191-195, 215-219.
23
DEER, Patricius-Romanorum-Titel S. 278f; DERS., Verleihung des auswärigen Patriziats
S. 424-438; HEIL, Konstantinischer Patriziat S. 1-76.
§ 2 Byzanz 9

Aushändigung eines kaiserlichen Kodizills 24 . Um einen Eindruck von der Erhe-


bungszeremonie zu geben, sei der Passus eines Briefes von Papst Hadrian I. zitiert,
wo über Arichis von Benevent berichtet wird, daß er sich mit dem Basileus habe
verbünden wollen, um den Dukat von Neapel und die Patrikios-Würde zu erhalten.
Für uns sind daran beachtenswert die nachfolgenden Bemerkungen, in denen das
Verfahren der Erhebung angedeutet wird: Im Haarschnitt wie in der Tracht habe
Arichis als kaiserlicher Gefolgsmann zu leben versprochen; darauf habe der Basi-
leus seine Gesandten geschickt, welche auch bereits die entsprechenden Brokat-
gewänder (vestes auro textas) und weiter ein Schwert (spata) sowie Kämme
(pectinae) und eine Schere (forcipes) bei sich gehabt hätten, um die Patrikios-
Erhebung in der Weise vorzunehmen, wie es Arichis in Kleidung und Frisur ge-
wünscht habe 25 .
Weiter finden wir mit der Patenschaft den Ritus der 'barbarischen' Waffensohn-
schaft verbunden, die den zum Sohn Erwählten zum Waffendienst verpflichtete;
zum Ritus gehörte die Übergabe von Waffen 26 . Ein gutes Beispiel, sich die Bedeu-
tung der barbarischen Waffen sohnschaft, dazu noch kombiniert mit byzantini-
schen Hofwürden, zu veranschaulichen, bietet der Aufstieg Theoderichs des Gro-
ßen. Der Ostgote erfuhr im Jahre 476 eine Reihe besonderer kaiserlicher Ehrun-
gen: Zenon (474-491) nahm ihn nach 'gentilem Brauch' zum Waffensohn an,
nannte ihn seinen 'Freund' und machte ihn zum Patricius und obersten Heermei-
ster27 ; im Jahre 484 wurde Theoderich Konsul und erhielt dabei das römische
Bürgerrecht 28 . Nachdem er dann Ravenna erobert und dort schon mehrere Jahre
residiert hatte, verlieh ihm Anastasius 498 die 'vestis regia'29. Den zu seinem Nach-
folger bestellten Eutharich ließ er von Kaiser Justin als Waffensohn adoptieren
und mit dem römischen Bürgerrecht ausstatten 30 . In ihren eigenen Reihen übten
die Ostgoten die Waffenadoption offenbar recht häufig. Aus der Zeit vor der Mitte
des 5. Jahrhunderts hören wir von einem Gesimund, der sich als überaus ergebener
Waffensohn erwiesen haben soll31 . Theoderichs des Großen Vater Thiudimir

24
BREHIER, Monde byzantin 2, S. 102f; GUILLAND, Recherches 2, S. 132-161.
25
Codex Carolinus 83 (MGH Epp. 3, S. 617 23 ).
26
EICHMANN, Adoption S. 291-312; HLAWITSCHKA, Adoptionen S. 3-7.
27
Jordanes, De origine actibusque Getarum 289 (MGH AA 5/1, S. 13213J: Theodorico vero
gentis suae regem audiens ordinato imperator Zeno grate suscepit eique evocaturia destinata
ad se in urbe venire precepit, dignoque suscipiens honore inter proceres sui palatii conlocavit.
et post aliquod tempus ad ampliandurn honorem eius in arma sibi eum filium adoptavit de
suisque stipendiis triumphum in urbe donavit, factusque consul Ordinarius. WOLFRAM, Ge-
schichte der Goten S. 338; CLAUDE, Königserhebung Theoderichs S. Iff.
28
WOLFRAM, Geschichte der Goten S. 344ff.
29
Jordanes, De origine actibusque Getarum 295 (MGH AA 5/1, S. 1349); imp. consultu pri-
vatum abitum suaeque gentis vestitum seponens insigne regio amictu, quasi iam Gothorum
Romanorumque regnator, adsumit. WOLFRAM, Geschichte der Goten S. 353; CLAUDE, Kö-
nigserhebung Theoderichs S. 5.
30
WOLFRAM, Geschichte der Goten S. 404f; CLAUDE, Königserhebungen S. 153 Anm. 28.
31
Cassiodorus, Variae VIII 9 (MGH AA 12, S. 2393;.· Gensimundus ille toto orbe cantabilis,
solum armis filius factus, tanta se Hamalis devotione coniunxit, ut heredibus eorum curiosurn
exhibuerit famulatum. CLAUDE, Königserhebungen S. 152 mit Anm. 25; WOLFRAM, Ge-
schichte der Goten S. 319.
10 Einleitung: Missionspolitik

adoptierte den Suevenkönig Hunimund 32 . Theoderich selbst machte sich den


Eruler-König Rodulf nach gentiler Art zum Waffensohn und übersandte ihm dabei
Pferde, Schilde und anderes Kriegsgerät33. So finden wir also eine Waffensohn-
schaft bezeugt, die mehrmals als 'barbarischer' oder auch 'gentiler' Ritus bezeich-
net wird. Schon bald sehen wir dieselbe dann, nicht anders als die altvertrauten
byzantinischen Titel- und Ehrenverleihungeh, mit der Patenschaft verbunden.
Wann aber zum ersten Mal die Riten der politischen Sohnschaft mit denen der
geistlichen Sohnschaft verbunden worden sind, kann hier nicht mit letzter Sicher-
heit beantwortet werden; viel aber spricht dafür, daß der Lazen-König Tzath als
erster zu nennen ist, der im Jahre 522 zu Konstantinopel seine Taufe empfing
und dabei unter dem Patronat des Kaisers auch ein Diadem und eine Chlamys
erhielt 34 .
Mit Recht hat also Dölger davor gewarnt, die Patenschaft nur als "eine spiele-
rische oder rhetorische Metapher" anzusehen; vielmehr handele es sich bei dem
Patentitel um einen "ernstzunehmenden Titel", der sowohl im innenpolitischen
Kampfe wie aber vor allem in der außenpolitischen Auseinandersetzung oft genug
die Rolle eines anspruchsvollen Rechtstitels angenommen habe 35 . Dölger regte
deswegen an, "den Auswirkungen und Ausstrahlungen dieser byzantinischen Insti-
tution auf andere mittelalterliche Staatswesen nachzugehen"; ein künftiger Bear-
beiter dürfe sicher sein, einen eindrucksvollen Beitrag zu dem Thema "Lebens-
kraft und Wucherungsenergie urtümlicher Gedanken der Menschheit" zu liefern 36 .
Daß diese byzantinische Institution über ihren eigenen Bereich "hinausgewu-
chert" ist, zeigt sich schon daran, daß die kaiserlichen Missionspatronate auch im
Westen registriert worden sind. So bringt die Chronik des sogenannten Fredegar
folgenden "legendären" Bericht: Die Gattin Caesara des Perser-Kaisers Anaulfus
habe ihren Gemahl verlassen und sei mit ihren vier Söhnen und ebensovielen
Töchtern zu Bischof Johannes nach Konstantinopel gekommen; dort habe sie die
Taufe erbeten, die ihr der Bischof auch gespendet habe; die byzantinische Kaise-
rin, des Kaisers Maurikios Gemahlin, habe die Aufhebung aus der Taufe vollzogen.
Als dann persische Gesandte ihre alte Herrin wiedererkannten und ihr die Bitte
ihres Gemahls nach Rückkehr vortrugen, habe sie dessen Taufe zur Bedingung ge-
macht. Sogleich habe der Perser-Kaiser eine Gesandtschaft an Maurikios gesandt
und darum gebeten, daß Bischof Johannes nach Antiochien komme, wo er selbst
sich zur Taufe einfinden wolle. Tatsächlich habe er sich dort mit sechzigtausend

32
Jordanes, De origine actibusque Getarum 274 (MGH AA 5/1, S. 12910): facta ultione veniam
condonavit reconciliatusque cum Suavis eundem, quern ceperat, adoptans sibi filium, remisit
cum suis in Suavia. sed ille inmemor paternae gratiae ... WOLFRAM, Geschichte der Goten
S. 319 mit Anm. 71; S. 330 Anm. 39.
33
Cassiodorus, Variae IV 2 (MGH AA 12, S. 1154J: Et ideo more gentium et condicione virili
filiurn te praesenti munere procreamus, ut competenter per arma nascaris, qui bellicosus esse
dinosceris. damns tibi quidem equos enses clipeos et reliqua instrumenta bellorum: sed quae
sunt omnimodis fortiora, largimur tibi nostra iudicia. WOLFRAM, Geschichte der Goten S.
394f.
34
S. Anm. 10.
35
DÖLGER, Familie der Könige S. 36.
36
Ebd. S. 69.
$ 3 Forschungsaufgabe 11

seines Volkes taufen lassen, wobei der Bischof von Antiochien ihn aus der Taufe
gehoben habe. Anaulfus habe dann Maurikios gebeten, ihm Bischöfe und Kleriker
zur Taufe aller seiner Perser zu geben, was dann auch geschehen sei 37 . In der
Historia Langobardorum des Paulus Diaconus ist diese Geschichte wiederholt,
dabei aber im Sinne eines idealtypischen Ablaufes "verbessert": Der Perser-
König sei nach Konstantinopel gekommen; Maurikios haben ihn dort aus der
Taufe gehoben und mit vielen Gaben geehrt 38 . Gerade die Tatsache, daß man den
älteren Bericht zu verbessern wußte, zeigt an, daß die Vollgestalt dieser Prozedur
im Westen durchaus bekannt war und auch verstanden wurde.

§ 3 Taufpatronat im Westen als Forschungsaufgabe

Trotz der Anregung Dölgers, der Bedeutung des kaiserlichen Tauf patron ate s
auch im Westen nachzugehen, ist diesem Phänomen in der deutschsprachigen For-
schung erstaunlich wenig Beachtung geschenkt worden. Wohl hat sich früh, aber
nur kurz Gerd Tellenbach geäußert: "Bündnisse befestigte man ... gern durch
Familienverbindungen, die durch Verlobungen oder Eheschließungen, durch
Adoption ... oder die Übernahme von Patenschaften gestiftet werden können.
Durch Adoption oder Patenschaft wird mitunter auch eine lose Schutzherrschaft
begründet oder anerkannt" 1 . Ausführlicher hat Margret Wielers in ihrer Disserta-
tion über "Zwischenstaatliche Beziehungsformen im frühen Mittelalter!' mit der
Adoption auch die Patenschaft behandelt. Die angeführten Beispiele entstammen
alle der Merowinger- und Karolingerzeit; unberücksichtigt geblieben sind jedoch
jene Taufhandlungen, in denen sich ein Fürst unter dem Patronat eines christli-
chen Königs bekehrte 2 . Ein kenntnisreicher Abschnitt über die politische Bedeu-
tung der Patenschaft findet sich in Ludwig Buisson's Untersuchung über die
"Formen der normannischen Staatsbildung". Hier wird deutlich gemacht, daß die
familiären Bindungen ein vielverzweigtes Geflecht bildeten und für die Staatsbil-
dung fundamental waren. Dabei wird auch der Patenschaft Beachtung geschenkt:
"Die christliche Patenschaft hat im Norden Bruchstücke jener Vorstellung einer
Treue zwischen Vater und Sohn auch für die Beziehung zwischen Paten und
Patensohn übernommen. Geistliche Verwandtschaft besitzt daher, wie Blutsver-
wandtschaft und künstliche Verwandtschaft auch, Friedewirkung und schützt vor
Verlust von Leben und Freiheit" 3 . Fortgesetzt hat diese Untersuchung Ursula
Perkow, die über "Wasserweihe, Taufe und Patenschaft bei den Nordgermanen"
eine Dissertation vorlegte. Die Verfasserin glaubt dabei allerdings ein "auffallendes

37
Chronicon Fredegarii IV 9 (MGH SS rer. Merov. 2, S. 125f).
38
Paulus Diaconus, Hist. Langobard. IV 50 (MGH SS rer. Langob. S. 13722): sacri baptismatis
undo, perfusus et ab augusto de fönte levatus, catholica fide confirmatus est; multisque muneri-
bus ab augusto honoratus.

1
TELLENBACH, Abendländische Völker S. 4.
2
WIELERS, Zwischenstaatliche Beziehungsformen S. 47-59.
3
BUISSON, Staatsbildung S. 109-111; Zitat ebd. S. 109.
12 Einleitung: Missionspolitik

Verständnis nordischer Völker für das Patenamt" feststellen zu können; ebenso


wird von einer "angelsächsischen Konzeption der geistlichen Verwandtschaft"
gesprochen oder auch von einem "germanisierten Pateninstitut" auf dem Konti-
nent 4 . Eine synoptische Aufarbeitung der aufweisbaren Fälle, insbesondere auch
die Beiziehung der zahlreichen byzantinischen Beispiele — die Untersuchungen
von F. Dölger sind nicht konsultiert — hätte solche Besonderheiten allerdings
rasch relativieren müssen. Weiter hat Harald Neifeind in seiner Dissertation über
"Verträge zwischen Normannen und Franken" nützliche Analysen der einzelnen
Vertragselemente vorgelegt und dabei auch die Taufe behandelt 5 . Daß aber gerade
der Patenschaft eine überaus wichtige Bedeutung zukam, will nicht recht erkennt-
lich werden; Dölger wird wiederum nicht erwähnt. Dessen Beobachtungen hat als
einziger Georg Kretschmar zu Rate gezogen, und zwar bei der Taufe Haralds von
Dänemark, über den Ludwig der Fromme 826 Pate stand6 . Die Behauptung aller-
dings, daß dieses Patenschaftsmodell direkt im Rückgriff auf byzantinische Vor-
bilder und bei der Harald-Taufe vielleicht überhaupt zum ersten Mal für die Mis-
sion erprobt worden sei, widerspricht der vielfältigen Bezeugung dieser Paten-
schaft auch im Westen, denn das Beispiel der Harald-Taufe steht in der abend-
ländischen Geschichte, wie in der byzantinischen, nur als eines unter vielen, älte-
ren wie jüngeren. Gerade vorausgehende Fälle sind auch im Westen so zahlreich
und gut bezeugt, daß sich längst eine von Byzanz unabhängige Tradition hatte
herausbilden können.
Vielerörterte und allbekannte Vorgänge der frühmittelalterlichen Geschichte,
so die Eingliederung der Sachsen und der Awaren ins Frankenreich, dann im 9.
Jahrhundert die Seßhaftmachung der Normannen und so auch noch Rollo's An-
siedlung in der Normandie, schließen Taufen der genannten Art ein; insbesondere
aber weist die englische Geschichte vom 7. bis zum 11. Jahrhundert eine lange
Kette von solchen auf Taufe und geistlicher Sohnschaft beruhenden Bündnissen
oder politischen Subordinationen auf. Die englische Forschung hat denn auch die
missionarische und politische Bedeutung der Patenschaft noch am ehesten zu er-
fassen vermocht, aber sie immer nur isoliert betrachtet. Schon die Konversion der
angelsächsischen Könige vollzog sich des öfteren unter der Patenschaft eines
anderen Königs, meist des als Overlord fungierenden Bretwalda. William A. Cha-
ney hat eine Reihe solcher Fälle zusammengestellt und dabei an die germanische
Waffensohnschaft wie auch an die Ziehvaterschaft erinnert 7 . Auch James Camp-
bell führt die Patenschaften bei den Königstaufen an und erwägt die Möglichkeit,
ob nicht das Verhältnis des Paten zu seinem Taufsohn von besonderer Bedeutung
für die angelsächsische Christianisierung gewesen sein könnte 8 .
Angesichts der Tatsache, daß die Forschung den byzantinischen Kaiserpatronat
mit breiter Zustimmung rezipiert hat 9 , daß sie einen solchen auch im Westen
4
PERKOW, Wasserweihe S. 5f.
5
NEIFEIND, Verträge S. 76-83.
6
KRETSCHMAR, Ansgars Bedeutung S. 106f; DERS., Ansgar S. 104.
7
CHANEY, Cult of Kingship S. 168ff.
8
CAMPBELL, Conversion of England S. 18.
9
GRABAR, God and the 'Family of Princes' S. 117-123; OSTROGORSKY, Byzantine Empe-
ror S. 1-14.
f 4 Landeskirche 13

wenigstens in vereinzelten Fällen hat feststellen können, muß es verwunderlich


genannt werden, daß unter den zahlreichen Bemühungen, die Elemente zu einer
umfassenden Phänomenologie der frühmittelalterlichen Mission zusammenzutra-
gen, der herrscherliche Taufpatronat keine weitere Beachtung gefunden hat. Das
Phänomen wurde gelegentlich konstatiert, ansonsten aber isoliert behandelt und
infolgedessen nur zu oft unverstanden stehengelassen. Als ein in nahezu allen Für-
stenbekehrungen anzutreffendes Verfahren ist es jedenfalls nicht erkannt worden.
Die durchgängige Anwendung und Konsistenz wird aber sofort klar, sobald man
nur die bezeugten Fälle synoptisch erfaßt.

§ 4 Landeskirche - Erzbistum - Papsttum

Für unser Thema ist noch auf wichtige andere Punkte aufmerksam zu machen.
Ein christlicher Herrscher, unter dessen Patronat ein zuvor heidnischer Herrscher
getauft wurde, hatte auf Grund seiner Patenpflichten sowohl für die christliche
Betreuung des Taufsohnes wie auch für die Bekehrung von dessen Volk mit zu
sorgen. Das geschah dadurch, daß dem Neugetauften Geistliche oder zuweilen
auch ein Bischof mitgegeben wurden, welche die Seelsorge am Hof des Neube-
kehrten sowie die Mission in dessen Land zu übernehmen hatten. Die Entsendung
von Geistlichen war aber für den Taufpatron weit mehr als eine fromme Pflicht.
Dadurch eröffneten sich nämlich verheißungsvolle politische Perspektiven: Durch
die Entsendung von Geistlichen war die Möglichkeit gegeben, das Herrschafts-
gebiet des Patensohnes in die eigene Landeskirche einzugliedern.
Bei der frühmittelalterlichen Landeskirche handelt es sich bekanntlich um ein
Rechtsgebilde von nahezu autarker Art, über das aber die Könige nach Gewohn-
heitsrecht eine weithin beherrschende Dominanz ausübten 1 . "Solches Landes-
kirchentum setzt den Bereich partikularer politischer Herrschaft als abgeschlosse-
nen kirchlichen Funktionszusammenhang und unterscheidet sich dadurch grund-
sätzlich von dem reichskirchlichen Gedanken der Spätantike, der aus der wechsel-
seitigen Zuordnung von kirchlichem und politischem Universalismus lebt" 2 . Das
Schwinden des Universalismus und demgegenüber das Erstarken partikularer Herr-
schaftsgebilde muß auf dem Hintergrund des allgemeinen Kulturverlustes im Über-
gang von der Antike zum Mittelalter gesehen werden. Dabei fand "eine Regression
statt zu einer elementaren, allgemeinen, unspezifischen Minimalordnung, eben der
Ordnung, die in kleinen Räumen, relativ primitiv, personalistisch oder gentili-
zisch, noch dazu vom Land aus, herrscht und die Sicherung ... von öffentlicher
Ordnung und Recht in großen Räumen außerordentlich erschwert. Denn dies
alles ist ihr gleichgültig"3. Die Reduktion der antiken, öffentlichen und großräu-
migen Staatlichkeit auf kleine, gentilizisch und personalistisch ausgeprägte Herr-
schaften fand im Religiösen ihre Entsprechung in dem, was man "Gentilreligion"
genannt hat. Hans-Dietrich Kahl hat dafür eine einprägsame Definition formuliert:
1
FEINE, Kirchliche Rechtsgeschichte S. 233ff.
2
SCHÄFERDIEK, Germanenmission Sp. 545.
3
MEIER, Kontinuität - Diskontinuität S. 90f.
14 Einleitung: Missionspolitik

"Völkern früher Stufe liegt nichts ferner als ein Denken in allgemeinen Katego-
rien: sie kennen nicht einmal den Begriff der einen, universalen Welt, wissen folg-
lich auch nichts von einem allumfassenden Weltengott ... Der Wirkungskreis der
eigenen Götter beschränkt sich auf 'unser' Volk und Land. Sie sind keineswegs
die einzigen, die es gibt, oder die einzigen, die wirkliche Macht besitzen: auch die
Götter anderer Völker sind wirklich und wirkmächtig; auch sie haben ihr Volk
und ihr Land ... — nur in 'unserem' Bereich haben sie von Haus aus nichts zu
schaffen: er liegt ... einfach außerhalb ihrer Zuständigkeit" 4 . Für die christiani-
sierten, aber zumeist weiterhin gentil denkenden frühmittelalterlichen Völker hat
diese Vorstellung eine tiefwirkende Konsequenz gehabt: "Das ... Ideal ist: die
politische Gemeinschaft zugleich [als] Glaubens- und Kultgemeinschaft" 5 .
Dieses Ideal aber verlangt — wenn es konsequent verwirklicht werden soll —
an der Spitze des Gemeinwesens den 'rex et sacerdos', jenen Regenten also, der
mit den politischen zugleich auch die religiösen Aufgaben zu vollführen vermag.
Wie aber das Christentum von seiner Universalität her nicht die Abkapselung ein-
zelner christlicher Länder zulassen konnte, so auch nicht den Zusammenfall von
politischer und religiöser Leitungsgewalt. Darum mußte ein Herrscher, sofern er
dem allgemeinen Ideal des Zusammenklangs von politischer und religiöser Ge-
meinschaft nachkommen wollte, die Zusammenarbeit mit einem "Hochpriester"
suchen, und dieser war der Erzbischof. Das Erzbischofsamt selbst leitete sich von
der Stellung des spätantiken Metropoliten ab, welchem bei der Organisierung der
Provinzialsynoden und bei der Konsekration neuer Bischöfe die führende Rolle
zukam 6 . Wenn auch seit der von Gregor dem Großen eingeleiteten Angelsachsen-
Mission diese Metropolitenrechte nur noch nach Erhalt des vom Papst zu übersen-
denden Palliums ausgeübt werden konnten und damit als päpstlich verliehene
Rechte erschienen 7 , so war der Erzbischof eben doch jener Rechtsträger, welcher
mit der Bischofskonsekration und Synodenberufung der Landeskirche ihre rela-
tive Eigenständigkeit verlieh. Erst die Errichtung eines Erzbistums und die Bestel-
lung eines Erzbischofs verschafften den politischen Herrschern die so begehrte
Eigenständigkeit im Religiösen, was hinwiederum ihre politische Selbständigkeit
bestärkte, ja erst vollendete. Es fällt denn auch sogleich auf, wie sehr die politi-
schen Herrschaftsträger daran interessiert waren, einen Erzbischof zur Verfügung
zu haben. Im Verein mit ihm eröffnete sich nämlich der Zugriff auf zwei wichtige
Rechte: die Bischofserhebung und die Synoden. Die "Bindung der 'JReichskir-
chen' durch Immunität und Königsschutz an die Zentralgewalt, das Recht des
Königs bei der Bestellung kirchlicher Amtsträger bilden ein Netz von Beziehungen
im Rahmen der politischen Einheit des Regnum" 8 .

4
KAHL, Missionsgeschichtliches Mittelalter S. 29f.
5
BAETKE, Aufnahme des Christentums S. 51.
6
KEMPF, Struktur der Kirche S. 28-33.
7
Ebd. S. 45-57.
8
BEUMANN, Kaisertum S. 322. Für Byzanz s. MICHEL, Kaisermacht S. 55: "Die sich immer
mehr ausweitenden Nominationsrechte gaben dem Kaiser eine gewaltige Macht in die Hand. Die
Krone besetzte die höchsten Stufen der Hierarchie, die wichtigsten Patriarchate, deren einfluß-
reichste Räte wie die Spitzen und Bistümer der autonomen Kirche, nach und nach auch die
$ 4 Landeskirche 15

Auf diese Weise aber vermochte man nicht nur auf die landeseigenen Kirchen-
verhältnisse einzuwirken, sondern gerade auch auf die Mission. Bei der Entsen-
dung von Priestern und Bischöfen in ein zu bekehrendes Land blieben die Ent-
sandten der eigenen Kirche unterstellt, und neu zu gründende Bistümer wurden
dem landeseigenen Erzbistum eingegliedert. So bot sich also bei einer Patenschaft,
wegen der damit verbundenen Pflicht der Entsendung von Priestern und Bischö-
fen, eine recht verheißungsvolle politische Aussicht, deretwegen sich ein Herr-
scher zur Mission geradezu gedrängt fühlen mußte. Es mag überpointiert klingen,
trifft aber dennoch den wahren Sachverhalt, wenn G. Kretschmar schreibt: Weil
als "typische Verfassungsgestalt einer derartigen Landeskirche ... im Westen seit
der Christianisierung der Angelsachsen das Erzbistum" erscheine, könne die "Ge-
schichte der Mission der lateinischen, abendländischen Kirche im Frühmittelalter
bis zur Jahrtausendwende ... weitgehend als Geschichte der in diesem Zeitraum
neu gegründeten Erzbistümer geschrieben werden" 9 . Als erstes Beispiel sei die
Errichtung der Metropole Salzburg unter Karl dem Großen genannt, die mit ihrem
weiten Ausgriff nach Osten in einzigartiger Weise erfolgreich wurde: Von Salzburg
aus wanderte das Christentum die Donau hinab, und die christianisierten Gebiete
gehörten selbstverständlich zum ostfränkisch-deutschen Reich 10 . Mit der Errich-
tung des Erzbistums Hamburg wurde ein ähnlicher Ausgriff in den Norden ver-
sucht, dem freilich am Ende der Erfolg versagt blieb. Auch war es keineswegs von
ungefähr, daß Otto der Große von Magdeburg aus nach Osten vorstoßen wollte.
Indem aber Otto III. Gnesen und Gran zu Erzbistümern erheben ließ· — ein in
der nationaldeutschen Geschichtsschreibung viel gescholtener Akt —, erhielten
Magdeburg und ebenso Salzburg einen nicht mehr überschreitbaren Riegel vorge-
schoben. "In Polen und Ungarn entstanden jeweils ethnisch umschriebene Kir-
chenprovinzen ...",n war doch das hegemoniale Modell Ottos III. bereit, "das
Autonomiebedürfnis der östlichen Nachbarvölker" anzuerkennen 12 .
Mag dies alles der Geschichtsschreibung wohlvertraut sein, so verdient die Frage
des Erzbistums in anderer Hinsicht neue Beachtung. Bekanntlich waren es die
angelsächsischen Missionare, welche die Idee des Erzbistums in Gallien, wo die
alte Metropolitanverfassung inzwischen verfallen und vergessen war, neu zur Gel-
tung bringen wollten. Als erster ist Willibrord zu nennen, der Erzbischof der Frie-

Stühle der Metropoliten, besonders in Rußland, konnte aber auch bei den gewöhnlichen bi-
schöflichen Sitzen jederzeit ihren Mann einschieben, wenn es ihr zweckmäßig dünkte. Auch auf
die Leitung der zahlreichen kaiserlichen Klöster, an denen das Volk mehr hing als am Klerus,
hatte die Regierung nachhaltigen Einfluß." Ebd. S. 56: "Stand der Kaiser durch sein Nomina-
tionsrecht am Anfange der wichtigsten Pontifikate, so stand er auch durch das Synodalrecht am
Anfange, im Mittelpunkte und am Ende der wichtigsten Synoden. Beherrschte er dort die ein-
zelnen Ämter, so erfaßte sein mächtiger Einfluß hier die Gesamtheit der griechischen Kirche.
Denn die Synoden, besonders die sogenannten ökumenischen, waren das wichtigste Organ des
kirchlichen Lebens, durch das die Hierarchie sich im Lehramt und in der Hirtensorge korporativ
auswirkte."
9
KRETSCHMAR, Der Kaiser tauft S. 101.
10
S. den Überblick bei KOLLER, Salzburger Missionsmethode S. 273-288.
11
BEUMANN, Kaisertum S. 360.
12
Ebd. S. 361.
16 Einleitung: Missionspolitik

sen 13 . Schon bald folgte Baiern, dessen Herzog 716 in Rom um die Errichtung
eines eigenen Erzbistums nachsuchte 14 . Beide Versuche aber scheiterten, offenbar
deswegen, weil die Karolinger fürchteten, dadurch werde eine zu große kirchliche
und damit eben auch eine zu große politische Verselbständigung herbeigeführt.
Georg Kretschmar dürfte zu recht urteilen: ."Willibrords Versuch, Utrecht zum
Erzbistum für die Friesen auszubauen, führte zunächst ebensowenig zum Erfolg
wie die Neuordnung der baierischen Kirche durch Bonifatius. Weder Friesland
noch Baiern konnten gegenüber dem Druck der Franken ihre Unabhängigkeit be-
wahren ..."ls.
Mit der so begehrten Errichtung eines Erzbistums aber kam ein weiterer Faktor
ins Spiel: das Papsttum; denn ohne Zustimmung des Papstes konnte kein Erzsitz
aufgerichtet werden 16 . Es genügt, die Querelen Ottos des Großen um "sein"
Erzbistum Magdeburg in Erinnerung zu rufen. Daß die politischen Hoffnungen,
die an die Errichtung der Erzbistümer geknüpft waren, nur zum Teil aufgingen,
resultierte aus einer konsequenten Politik der Päpste. Die weitgespannten Pläne,
die das Erzbistum Hamburg hegte, scheiterten letztlich daran, daß in Lund ein
eigenes Erzbistum für den ganzen Norden errichtet wurde. Eine deutliche Sprache
sprechen auch die Papsturkunden für Magdeburg. Während noch Johannes XII.
(955-963/64) Otto den Großen als selbständigen Leiter der Slavenmission aner-
kannte, konzedierte Johannes XIII. (965-972) eine wesentlich geringere Rolle.
Hatte der Kaiser das Recht zur Mission aller Slaven östlich der Elbe beanspruchen
wollen, so suchte Johannes XIII. — wohl im Blick auf Polen — die Ausdehnung
der deutschen Kirche nach Osten zu beschränken 17 . Als dann Otto III. die kirch-
liche Verselbständigung der Polen und Ungarn einleitete, war es aus römischer
Sicht nur konsequent, dies voll zu unterstützen. Denn "der Papst ... mußte es als
seine Amtspflicht ansehen", so hat H. Löwe schon für das 8. Jahrhundert konsta-
tiert, "dafür einzutreten, daß das Streben der Völker — oder besser: ihrer Herr-
scher — nach kirchlicher Reform und Organisation erfüllt wurde, ohne daß sie Ge-
fahr liefen, durch kirchliche Maßnahmen ihre politische Selbständigkeit zu ver-
lieren"18 .
Die Verselbständigung, die Polen und Ungarn mittels eines eigenen Erzbistums
erreichten, zeigt eine neue Variante der eminent politischen Bedeutung, die einem
Erzsitz zukam. Wenn nämlich die unter dem Patronat des Ost- oder Westkaisers
angenommene Taufe die Konsequenz einschloß, sich einem der beiden Imperien
einzugliedern, so eröffnete demgegenüber die päpstliche Missionspolitik noch
einen dritten Weg, der die politische Eigenständigkeit zu erhalten, ja sogar zu be-
stärken geeignet war: Ein bekehrungswilliger Fürst konnte vom Papst sowohl die

13
S. $ 28 Anm. 14.
14
S. $ 34 Anm. 4.
15
KRETSCHMAR, Der Kaiser tauft S. 102.
16
FEINE, Kirchliche Rechtsgeschichte S. 118ff; NOTTARP, Bistumserrichtung S. 176-186;
SANTIFALLER, Ottonisch-salisches Reichskirchensystem S. 101-107; KEMPF, Struktur der
Kirche S. 38-45.
17
S. $ 47 Anm. 30.
18
LÖWE, Bonifatius S. 102.
$ 5 Weg und Ziel der Untersuchung 17

Missionare wie auch das eigene Erzbistum erbitten. Auf diesem Wege konnte er
nicht nur die Subordination unter einen der beiden christlichen Kaiser vermeiden,
sondern — weit positiver — er vermochte obendrein eine ganz neue politische
Eigenständigkeit zu gewinnen. So schreibt H. Beumann: "Durch die Errichtung
'nationaler' Kirchenprovinzen auf dem östlichen, später auch auf dem nördlichen
Missionsfeld hat Rom, die kirchliche Universalmacht, die Nationenbildung im Be-
reich der europäischen Randvölker gefördert" 19 .

§ 5 Weg und Ziel der Untersuchung

Im folgenden soll nun der Nachweis erbracht werden, daß die Taufpatenschaft
im Westen genau so wie im Osten eine eminent wichtige Rolle in der Missionspoli-
tik gespielt hat. Mit ihrer politischen Verwendung ist auch ihr Verständnis im We-
sten kein grundsätzlich anderes als das des Ostens gewesen; die Darstellung von
Wesen, Aufgabe und Pflichten der geistlichen Verwandtschaft sowie des Patenam-
tes wird dies in aller Deutlichkeit aufweisen. Und wenn in Byzanz die Patenschaf-
ten nach einem festen Zeremoniell eingegangen wurden, so treffen wir dasselbe
auch im Westen; ein Verfahrensmodell verwandter Art war hier ebenfalls in
Übung. In ottonischer Zeit kam es sogar zu einer Art Konkurrenz zwischen Ost-
und Westkaisern, wer jeweils die Patenschaft und damit die kirchlich-politische
Oberhoheit über die im Mittelfeld zwischen Ost- und Westimperium angesiedelten
Völkerschaften zu gewinnen vermochte. Schon bei dem bereits erwähnten Boris,
der die endgültige Christianisierung der Bulgaren herbeiführte, ist dieses rivali-
sierende Bemühen festzustellen; ganz deutlich tritt es dann bei der Bekehrung der
Ungarn und des Rus-Reiches hervor.
Im Rückblick auf die bisherige Forschung wird überraschend auch deutlich,
wie hilflos manche Autoren dem Quellen material gegenüberstehen. Es fehlt nicht
selten an der Kenntnis einfachster liturgischer Vorgänge. Selbst Forscher, die sich
als Meister der Quellenanalyse hervorgetan haben, unterscheiden gelegentlich
nicht einmal Taufe und Patenschaft. Daß Karl der Große einen Awaren-Tudun aus
der Taufe gehoben hat, kann zum Beispiel von Joseph Deer als "Taufe durch
Karl"1 wiedergegeben werden. Umgekehrt schreibt P. Classen, daß Papst Hadrian
772 mit dem Baiernherzog Tassilo das "Verhältnis der 'compaternitas' durch
Theodos [des Herzogssohnes] Taufe" eingegangen sei 2 ; tatsächlich wird nur von
einer Taufe in Rom berichtet. Sollte allerdings der Papst auch die Patenschaft
übernommen haben — was durchaus möglich ist —, wäre das zu jenem Zeitpunkt
ein hochbrisanter politischer Akt gewesen: ein deutliches Entgegenkommen gegen
die damals mit den Baiern verbündeten Langobarden 3 . Aber eben das wird nicht
mitgeteilt, daß der Papst die Patenschaft übernommen habe.

19
BEUMANN, Kaisertum S. 360.

1
DEfiR, Untergang des Awarenreiches S. 769 Anm. 365.
2
CLASSEN, Bayern S. 176.
3
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 65ff.
18 Einleitung: Missionspolitik

Nicht selten stellt man auch fest, daß es selbst an der Kenntnis jenes Vokabu-
lars fehlt, mit dem die Quellen die Patenschaft zum Ausdruck bringen. Als Bei-
spiel sei die Wendung ex lavacro suscipere aus des Jonas von Bobbio Vita Colum-
bani angeführt. Es ist die Bitte des Dux Waldelenus und seiner kinderlosen Frau
Flavia: Der Heilige verspricht seine Gebetshilfe, verlangt aber für den Fall einer
Kindesgeburt, daß
mihique [filium] ex lavacro suscipiendum tradatis4.
Nach der tatsächlich erfolgten Geburt entsprechen dann die Eltern dieser Bitte:
Qucm vir sanctus suis manibus rcceptum sacravit
sacroque lavacro ablutum ipse suscepit ...s.
Der Tatbestand ist demnach folgender: Columban verlangt, das Kind aus der Tau-
fe zu heben, also dessen Taufpate zu werden, was die Eltern bei der Taufe dann
auch geschehen lassen: Der Heilige tauft und nimmt dabei selbst das Kind aus dem
Taufbrunnen auf, so daß er dessen Pate ist. Bei der Überprüfung von vier Über-
setzungen der Columban-Vita 6 zeigt sich, daß keine die Bedeutung des suscipere
ex lavacro vollauf erkannt hat und angemessen wiedergibt. Solche offenbaren Un-
genauigkeiten und Fehldeutungen lassen aber den Taufpatronat gar nicht erst in
Erscheinung treten. Ebenso häufig fehlt es an der Kenntnis des Patenritus. So ist
kürzlich noch im Zusammenhang mit der Karantanen-Mission behauptet worden,
daß ein "Gevatter ... nicht selbst auch die Taufe vollzogen haben" könnte, und da
der erwähnte Gevatter ein Geistlicher war, wurde weiter gefolgert, "daß also die
Mitwirkung eines zweiten Geistlichen erforderlich war" 7 . Wer sich aber die Tauf-
und Patenschaftsbräuche des frühen Mittelalter näher anschaut, wird bald fest-
stellen, daß — wie schon bei Columban ersichtlich — nichts selbstverständlicher
war als die Kombination von Taufspendung und Patenschaft in der Hand einer
Person, die dann freilich ein Geistlicher sein mußte.
Aber nicht nur den Übersetzungen und Interpretationen muß man mißtrauen,
ebenso manchen Auskünften der wissenschaftlichen Hand- und Lehrbücher. In
der Regel bleiben gerade jene Aspekte unerwähnt, derentwegen das Patenamt
eine so ungewöhnliche Bedeutung erlangt hat: die juristischen 8 . Dabei hat die
ältere Forschung durchaus schon von diesen Implikationen gewußt; man schaue
nur in die materialgefüllten Werke von Corblet9 und Höfling 10 .
Um in unserem Thema weiter voranzukommen, wäre es unzureichend, nur jene
Einzelphänomene des Taufritus oder der Patenschaft erörtern zu wollen, wie sie
jeweils bei den im Laufe unserer Untersuchung abzuhandelnden Taufpatronaten
aufscheinen. Vielmehr möchte der erste Teil dieser Arbeit in umfassender Weise

4
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 14 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 1754).
5
Ebd. S. 17516.
6
FRANK, Leben Kolumbans S. 195f; HAUPT, ionae Vitae Columbani liber primus 14, S. 437,
439; MC DERMOTT, Jonas. Life of St. Columbanus S. 88; TOSI - CREMONA - PARAMI-
DANI, Jonas. Vita Columbani S. 43.
7
KAHL, Rolle der Iren S. 389.
8
ERLER, Patenschaft Sp. 1531f.
9
CORBLET, Sacrement de Bapteme 2, S. 172-221.
10
HÖFLING, Taufe 2, S. 4-20.
$ 5 Weg und Ziel der Untersuchung l9

informieren: zunächst über die Taufe, dann über die Firmung (deren Patenschaft
gern in Anspruch genommen wurde, wenn die Taufpatenschaft bereits vergeben
war) und endlich über die Patenschaft selbst. Ein solcher Gesamtüberblick ist not-
wendig, zum einen, weil nur so das historische Material in neuer Weise zum Spre-
chen gebracht werden kann, notwendig zum anderen, weil die liturgiegeschicht-
liche Forschung weiter vorangeschritten ist. Wolfram von den Steinen, dessen
Untersuchung über die Taufe Chlodwigs gerade wegen ihrer Einbeziehung der
Liturgiegeschichte zu neuen Ergebnissen gelangte und deswegen bis heute Aner-
kennung findet, hat am Ende des 1962 von ihm besorgten Nachdrucks geschrie-
ben: "Die inzwischen stark ausgebaute liturgiegeschichtliche Forschung ... konnte
ich nicht verfolgen"11. Das zu diesem Zeitpunkt bereits zu verzeichnende Defizit
ist aber weiter angewachsen; dennoch wird allzu oft der Kenntnisstand des Dictio-
naire d'archeologie chretienne et de liturgie als weiterhin ausreichend angenom-
men. In Wirklichkeit vermag aber die Darstellung der Taufliturgie, so wie sie heute
historisch möglich ist, in nicht wenigen Punkten neue Einsichten zu vermitteln.
Darum soll im folgenden der Ritus mitsamt den tragenden theologischen Vor-
stellungen, aber auch mit den rechtlichen und politischen Konsequenzen, die ihm
im Laufe der Zeit beigelegt worden sind, dargestellt werden.
Darüber hinaus wird — wie im Vorgehenden bereits angedeutet — die Frage der
Kirchenorganisation und vor allem des Erzbistums mitbehandelt werden. Natür-
lich erfaßt der Blickwinkel des Taufpatronates nicht die volle politische Valenz,
die dem Erzbistum inhärierte; gleichwohl können wichtige Aspekte sichtbar ge-
macht werden, entschied sich doch hier, wieweit die politischen Ziele, die mittels
des Taufpatronats angestrebt wurden, auf Zukunft hin institutionell abgesichert
werden konnten.
Überhaupt treten in der Durchführung des Themas eigentlich alle Aspekte her-
vor, die in der frühmittelalterlichen Mission von Bedeutung gewesen sind. Dabei
kann und muß auf bereits Erarbeitetes zurückgegriffen werden. Manches erscheint
allerdings in neuem Licht, so zum Beispiel das Phänomen, daß bei einer Königs-
konversion die herrschaftsberechtigten Söhne auffallend häufig ungetauft blieben
— ein in der Forschung bislang nicht wahrgenommenes Faktum. Anderes hinge-
gen wird weiterhin ein Desiderat bleiben müssen, etwa das Phänomen der bereits
christlichen Fürstinnen, das zufolge H.-D. Kahl eine neue zusammenfassende Stu-
die verdiente 12 . Als ebenso verdienstvoll dürfte sich eine Studie über das Gottes-
urteil erweisen, das in der Mission gleichfalls oft anzutreffen ist.
Methodisch wird so vorgegangen, daß die aufweisbaren Fälle in chronologischer
Abfolge vorgestellt werden. Für den Leser ergibt sich dabei freilich der mißliche
Umstand, daß ihm erst im Gang der Untersuchung die durchgehende Konsistenz
des Patenrituals deutlich wird. Diese Schwierigkeit wird noch dadurch vergrößert,
daß die Quellen die für unser Thema grundlegenden Patenschaften meist nur for-
melartig wiedergeben. In der Regel wird allein mitgeteilt, daß der sich bekehrende
Fürst Treue sowie Christlichkeit versprochen habe, daß daraufhin der christliche
Herrscher ihn aus dem heiligen Brunnen aufgehoben und mit reichen Geschenken
11
VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 88.
12
KAHL, Missionsgeschicktliches Mittelalter S. 63 Anm. 121.
20 Einleitung: Missionspolitik

geehrt habe. Was aber hinter diesen knappen Formeln verborgen ist, wird erst
aus einer Synopse aller Beispiele deutlich; allein die Kenntnis des Ganzen ermög-
licht, die knappen und formelhaften Mitteilungen in ihrer wahren Tragweite zu
entschlüsseln. Weil jedoch schon die ersten Beispiele nur formelartig überlie-
fert sind, aber dennoch nach dem aufgefüllten Verständnis interpretiert werden
müssen, mag im Anfang der Eindruck einer Überinterpretation entstehen. Er-
schwerend tritt hinzu, daß die Forschungsliteratur unser Thema, wenn überhaupt
so allenfalls am Rande, behandelt hat und darum nicht wenige vermeintlich alt-
bekannte Vorgänge neu interpretiert werden müssen. Immerhin mag es eine Hilfe
sein, sich des byzantinischen Kaiserpatronates zu erinnern und ihn zum Verständ-
nis beizuziehen.
Erster Teil:

DAS SAKRAMENT DER INITIATION IM FRÜHEN MITTELALTER

1. Der Ritus der Taufe


§ 6 Römischer Ritus

Wenn im Folgenden jener Taufritus vorgestellt wird, wie er uns in den römi-
schen Sakramentaren und Ordines begegnet, hauptsächlich also im Sacramenta-
rium Gelasianum und im Ordo Romanus XI, so findet das seine Rechtfertigung
von der historischen Entwicklung her: Der römische Ritus ist für das abendländi-
sche Mittelalter die Norm geworden. Ursprünglich jedoch ist dessen Geltungsbe-
reich auf die Stadt seiner Entstehung und die mittelitalischen Bistümer beschränkt
gewesen 1 . Außerhalb hat es bekanntlich eine zweite, weit vielfältigere "Liturgie-
familie" gegeben, die wir die gallikanische nennen. Sie unterschied sich deutlich
von der römischen, bildete aber in sich keineswegs eine einheitliche Größe. Zu
umfangreich und zu verschiedenartig war ihr Geltungsbereich: Norditalien, Spa-
nien, Gallien und Irland. Über ihre Ursprünge und ihr Gesamtbild sind wir nur
dürftig unterrichtet. Die Gallien betreffenden Quellen, soweit sie Gestalt und De-
tails erkennen lassen, entstammen dem Ende des 7. oder dem Anfang des 8. Jahr-
hunderts und sind schon so stark von römischen Formeln durchsetzt, daß sie nicht
mehr als untrügliche Zeugen gelten können 2 . Ihren endgültigen Todesstoß erhielt
die gallikanische Liturgie, als die Karolinger im 8. Jahrhundert die bereits älteren
Romanisierungstendenzen aufgriffen und von Staats wegen unterstützten. Damals
gewann auch der römische Taufritus seine abendländische Anerkennung und Ver-
breitung. Er nahm dabei aber eine Reihe gallischer Eigentümlichkeiten in sich auf,
die auf diese Weise erhalten blieben. Die Gliederung des Folgenden ist damit vor-
gezeichnet: Die voll ausgebildete Taufliturgie Roms, gelegentlich ergänzt durch
Bräuche anderer, hauptsächlich gallikanischer Kirchen, und dann die karolingische
Reform mit ihren Auswirkungen insbesondere für die Taufe.
Unter religionsphänomenologischem Blickwinkel betrachtet erweckt die Taufe
den Eindruck, zu jenen Riten zu gehören, die eine Reinigung und Neuwerdung

1
VOGEL, Introduction S. 247-250; ebd. S. 249: "Les pretentions romaines, en matiere cul-
tuelle, se limitent ä l'aire geographique de l'Italie suburbicaire, ... oü s'exerce aussi la juridiction
immediate de Rome, et a cette aire seulement, ä Pexclusion de toute autre region de l'Occi-
dent."
2
DERS., Behanges liturgiques S. 198-204; DERS., Introduction S. 90ff, 223-235; PORTER,
Gallican rite S. 9-56; GAMBER, Codices l, S. 56-93, 153-225, bes. S. 153-156 u. 194ff;JUNG-
MANN, Frühzeit S. 187-197, 216-226.
22 Taufe

anzeigen 3 . Im Christentum verband sich freilich mit diesem heiligen Bad eine
solche Fülle von theologischen Vorstellungen4 , daß eine simple religionsgeschicht-
liche Herleitung aus ähnlichen Riten jüdischer oder hellenistischer Provenienz
unzureichend bleibt 5 . Wie im Neuen Testament am Beginn der Predigt Jesu die
Aufforderung nach Umkehr und Glauben (Mc 1,14) steht 6 , so hat diese Forde-
rung intensiv auch auf den altchristlichen Initiationsritus eingewirkt: Die Taufe
ist das Sakrament der Umkehr und des Glaubens 7 . Darum werden bei der Einglie-
derung in die Kirche sichtbare Beweise der Bekehrung und ein ausdrückliches
Glaubensbekenntnis verlangt. Scheint es in der ersten Zeit noch möglich gewesen
zu sein, eine Taufe bereits nach Stunden oder Tagen zu empfangen, so hören wir
schon bald von langen Zeiten, sogar von mehreren Jahren, die zum Erweis der
Würdigkeit durchstanden werden müssen. Dem Bericht der Apostelgeschichte
zufolge taufte der Diakon Philippus den äthiopischen Kämmerer unmittelbar
nach der Verkündigung der Heilsbotschaft, sobald sie an eine Wasserstelle kamen 8 .
Demgegenüber verlangt die Apostolische Tradition Hippolyts (+ ca. 236) im Re-
gelfall eine Zeit von drei Jahren 'zum Hören des Wortes' 9 . Diese langwierige Hin-
führung, das Katechumenat mit seinen Unterteilungen, vor allem mit der letzten
intensiven Vorbereitung der 'electi' oder 'competentes' genannten Taufkandida-
ten10 , wurde dabei immer mehr liturgisch-rituell ausgestaltet: die Aufnahme unter
3
REITZENSTEIN, Vorgeschichte S. 152-292; LEIPOLDT, Urchristliche Taufe; NINCK, Be-
deutung des Wassers; YSEBAERT, Baptismal terminology S. 12-39; HEILER, Religion S.
186-190.
4
G. KRETSCHMAR (Taufgottesdienst S. 14-51) behandelt folgende Aspekte: Christusbezo-
genheit, Geistwirkung, Salbung und Priesterweihe, heilige Hochzeit, Besiegelung, Gelöbnis,
Bad, Wort und Glaube, die Spendung auf den Namen Jesu und auf den Namen von Vater, Sohn
und Heiligem Geist; vor allem dann den in Rm 6,3-11 geäußerten Gedanken der Hineinnahme
in Tod und Auferstehung Christi; s. ferner SCHNEIDER, Taufe S. 44-48; CULLMANN, Tauf-
lehre S. 18-40; SCHLINK, Taufe S. 666-673; YSEBAERT, Baptismal terminology S. 40-83;
BEASLEY-MURRAY, Taufe S. 128-163; zur Tauftheologie Pauli s. SCHNACKENBURG, Heils-
geschehen; KUSS, Tauflehre S. 121-150.
5
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 51-58; MAERTENS, Bapteme S. 11-31; ALAND, Vorge-
schichte S. 1-14; BEASLEY-MURRAY, Taufe S. 13-69.
6
SCHNACKENBURG, Gottes Herrschaft S. 69-76; BULTMANN, Theologie S. 2-10; JERE-
MIAS, Neutestamentliche Theologie l, S. 151-164.
7
BULTMANN, Theologie S. 41f, 136-146, 311-314, 41 If, "51 Iff; CONZELMANN, Grundriß
S. 64-67; SCHLIER, Lehre von der Taufe S. 107-129; MAERTENS, Bapteme S. 35-71; KAS-
PER, Glaube und Taufe S. 129-159; GOPPELT, Apostolische und nachapostolische Zeit S. A
27f, 140-143; DAUVILLER, Temps apostoliques S. 465-475. - Zum Verhältnis von Glaube
und Taufe in der Dogmengeschichte s. VILETTE, Foi et sacrament 1-2.
8
Act 8,26-40; s. dazu HAENCHEN, Apostelgeschichte S. 259-266. Mit Vers 37: Philippus
aber sagte zu ihm: 'Wenn du aus ganzem Herzen glaubst, darf es [die Taufe] geschehen.' Er ant-
wortete ...: 'Ich glaube, daß Jesus Christus der Sohn Gottes ist.' ist später — der Vers steht nur
in dem "westlichen" Text — das vermißte Glaubensbekenntnis nachgetragen worden.
9
Hippolyt, Traditio Apostolica 17 (ed. BOTTE S. 38 12 ). Tertullian erklärt die sofortige Taufe
des äthiopischen Kämmerers mit einem besonderen Geheiß Gottes; für die eigene Zeit erscheint
ihm eine so rasche Taufe unerlaubt; De baptismo 18 (CChr.SL l, S. 292 8 ). - Eine Übersicht
über den Taufritus in der Traditio Apostolica geben CAPELLE, Introduction 136-143;
SCHMIDT, Introductio S. 238ff u. MAERTENS, Bapteme S. 81-112.
10
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 63-86, 152-163; STENZEL, Taufe S. 43-52, 132-164;
$ 6 Römischer Ritus 23

die Taufbewerber, die Bekanntgabe der Heiligen Schrift (zuletzt durch ein feierli-
ches Ansingen der Evangelien-Initien), die Übergabe des Symbolums und des
Vaterunsers samt deren Wiedergabe seitens der Kandidaten am Ende der Vorbe-
reitungszeit und so noch weitere explikative Zeremonien 11 . Alle diese vorberei-
tenden Riten, deren Gestaltung grundsätzlich auf die Erwachsenentaufe abge-
stellt ist, wollen in erster Hinsicht den Glaubensakt samt seinen lehrhaften und
lebensmäßigen Implikationen entfalten helfen und so zur Taufe vorbereiten. Denn
unmittelbar bei der Taufe wird in feierlicher Form das ausdrückliche Bekenntnis
zum dreieinigen Gott erfragt; nur im Glauben an ihn kann die Taufe empfangen
werden 12 .
Dem Glaubensbekenntnis ist dann aber seit dem 3. Jahrhundert eine Verge-
wisserung nach der Absage an den Teufel, meist ebenfalls in drei Fragen, vorange-
stellt worden. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß der Einwohnung des
Gottesgeistes die des Teufels vorausgeht. Deswegen verlangt der mit der Taufe
sich vollziehende Herrschaftswechsel die Austreibung Satans und eine ausdrück-
liche Absage an ihn 13 . Für das Verständnis der Taufe während der Spätantike und
des Frühmittelalters ist es nun sehr bedeutsam, daß die katechetischen Elemente
immer mehr von lustrativen und apotropäischen Vorstellungen verdrängt worden
sind. Nicht so sehr die von vornherein so zu verstehenden Exorzismen beweisen
das als vielmehr die alsbald ebenso interpretierten Exsufflationen sowie die prä-
baptismalen Salbungen und die Salzgabe14. Ganz massiv zeigt sich die apotro-
päische Umdeutung bei den Skrutinien in ihrer seit dem späten 6. Jahrhundert
in Rom üblichen Gestalt: Ursprünglich waren sie eine Art öffentlicher (Selbst-)
Prüfung auf dem Weg zur Taufe, verbunden durchaus mit Teufelsabsagungen,
aber eben auch mit starken persönlichen Bußbemühungen 15 . Am Ende der Ent-

MAERTENS, Bapteme S. 115-121; DE PUNIET, Catechumenat Sp. 2580-2590; SCHWARTZ,


Bußstufen S. 274-362, bes. S. 338-352; FUNK, Katechumenatsklassen S. 209-241.
11
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 222-260; STENZEL, Taufe S. 153-164; MAERTENS,
Bapteme S. 122-137. Schon bei Augustinus finden wir alle diese Riten erwähnt; ROETZER,
Augustinus S. 136-167; BUSCH, Augustinus S. 412-453; ferner die Überblicke bei BAUS, Ur-
gemeinde S. 315-320; DERS., Innerkirchliches Leben S. 304ff; GAUDEMET, Eglise S. 55-69.
12
Über die Taufliturgie als Ausdruck des Glaubens s. LECUYER, Rapport S. 87-99; STENZEL,
Taufe S. 79-98.
13
DÖLGER, Exorzismus S. 1-43; DERS., Sonne der Gerechtigkeit S. 110-129; KIRSTEN,
Taufabsage S. 38-133 (wo eine Übersicht über die sprachlichen Formulierungen, deren Deutung
und auch deren Stellung in der Taufliturgie gegeben wird); KRETSCHMAR, Taufgottesdienst
S. 98-101; STENZEL, Taufe S. 98-104; ferner der wichtige Artikel THRAEDE, Exorzismus
Sp. 44-117, bes. Sp. 76-100 (Taufexorzismus).
14
DÖLGER, Exorzismus S. 44-159; THRAEDE, Exorzismus Sp. 85-100. EJ. LENGELING
(Präbaptismale Salbung S. 330ff) verweist darauf, daß bei den Salbungen nicht von vornherein
eine exorzistische Deutung anzunehmen ist; für die Exsufflationen stellt TH. MAERTENS
(Bapteme S. 187, 225) dasselbe heraus. Die Salzgabe ist von Augustinus als heilige Speise ge-
deutet worden (s. Anm. 24).
5
Augustinus, Sermo 216,6 (MIGNE PL 38, Sp. 1080): cordis scrutatlone et contribulatione
complete; BUSCH, Augustinus S. 434ff; ROETZER, Augustinus S. 145f; KRETSCHMAR,
Taufgottesdienst S. 227f; Johannes Diaconus, Ep. ad Senarium 4 (ed. WILMART, Analecta
S. 1737,).· Perscrutamur enim corda; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 253f; Sacr. Gelas.
XXVIII 283 (ed. MOHLBERG S. 42 17 ): Scrutinii diem, ... quo electi nostri divinitus instruan-
24 Taufe

wicklung des römischen Taufritus, also in dem bis in die zweite Hälfte des 7. Jahr-
hunderts zurückreichenden Ordo Romanus XI und in dem noch davor anzusetzen-
den Sacramentarium Gelasianum 16 , bestehen die Skrutinen nur mehr aus einer
Anhäufung von exorzistischen Beschwörungen, so daß man in der Tat "den
Kampf gegen den Satan das zentrale Thema dieses Gottesdienstes" nennen
kann 1 7 . Außerdem ist ihre Anzahl von ursprünglich drei — so noch in den älteren
Schichten des Gelasianum und anderen Quellen greifbar18 - auf sieben erhöht:
Den sieben Gaben des Geistes sollten ebenso viele Abschwörungen entsprechen 19 .
Die Skrutinen beginnen am Mittwoch der dritten Fastenwoche; sie verteilen sich
dann über die weitere Quadragesima20 und nehmen dabei einen solchen Raum ein,
daß sie als das tragende Gerüst der ganzen Taufvorbereitung erscheinen. An den
Anfang der ersten "Prüfung" sind die Riten und Gebete des alten Ordo ad cate-
chumenum faciendum gestellt21 . Hier werden nun eine Exsufflation 22 , eine Hand-

tur; CHAVASSE, Careme Romain S. 325-381; DERS., Discipline Romaine S. 227-240 (zu den
Arbeiten von A. CHAVASSE s. auch JUNGMANN, Quadragesima S. 84-95); MAERTENS,
Bapteme S. 146-157.
16
Die Datierung des Ordo Romanus XI hängt ab von seinem Verhältnis zum Gelasianischen
Sakramentar, näherhin zu dessen Taufordo. Nun ist aber das Gelasianum in sich selbst keine
Einheit. L.C. MOHLBERG (Sacr. Gelas. S. XXXI) faßte 1960 die bisherigen Forschungen so
zusammen: "Das heute so genannte Gelasianum, womit die römischen Elemente gemeint sind,
läßt sich nicht mehr als ein Buch aus einem Guß, durch eine Person zu einer bestimmten Zeit
römischer Liturgie in Rom definieren, sondern ist eine Kompilation unabhängiger 'libelli' rö-
mischer Herkunft, an die später fränkische Elemente sich angliederten." Während M. ANDRIEU
(Ordines Romani 2, S. 404f) das Gelasianum aus dem Ordo Romanus XI schöpfen läßt, den er
darum noch in das Ende des 6. Jhs. setzt, sieht sein Schüler C. VOGEL (Introduction S. 138-
141) unter dem Eindruck der Arbeiten von A. CHAVASSE das Verhältnis umgekehrt: "La date
de redaction a Rome de l'Ordo XI est posterieure ä la confection de l'ordo baptismal du Vat.
Reg. 316 (v. 650 environ). L'Ordo XI peut avoir apparu des les annees 650-700 environ ..."
(ebd. S. 139). Ferner CHAVASSE, Sacramentaire Gelasien S. 166ff; GAMBER, Codices l, Nr.
292 S. 188f, Nr. 610 S. 301ff; STENZEL, Taufe S. 230-234. Nach TH. MAERTENS (Bapteme
S. 207ff) bietet Ordo Romanus XV gegenüber Ordo Romanus XI die bessere und ältere Form
der römischen Taufliturgie. — Einen Überblick über die einzelnen Taufriten geben H. SCHMIDT
(Introductio S. 250-254) und C. VOGEL (Introduction S. 140f).
17
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 253; Überblick bei KIRSTEN, Taufabsage S. 103-108;
MAERTENS, Bapteme S. 207-212; STENZEL, Taufe S. 223-230.
18
ANDIEU, Ordines Romani 2, S. 382-387; STENZEL, Taufe S. 207-219; NEUNHEUSER,
Kindertaufe S. 325; grundlegend die in Anm. 15 zitierten Arbeiten von A. CHAVASSE.
19
OR XI 81 (ed. ANDRIEU 2, S. 44213 u. 388f).
20
Die liturgischen Zeitangaben sind zusammengestellt bei STENZEL, Taufe S. 226;
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 253-257.
2
Am deutlichsten erwähnt sind die Elemente dieses Ritus in einem Formular des Gelasianum
für die Katechumenisierung eines Heiden; Sacr. Gelas. XXXI 598 (ed. MOHLBERG S. 9314;.·
facis eum caticuminum: exsufflas in fadem eius et facis ei crucem in fronte; inponis manum
super caput eius; ebd. 601 (S. 93 ): postquam gustaverit medicinam salis et ipse se signaverit,
benedicis eum; ferner ebd. XXVIIII-XXXII (S. 42ff); OR XV 86-94 (ed. ANDRIEU 3, S.
116 12 ); OR XI 1-7 (ebd. 2, S. 417ff). Im wesentlichen sind diese Riten schon aufgeführt in
Traditio Apostolica 20 (ed. BOTTE S. 42 1 ); s. dazu CAPELLE, Introduction S. 136ff. -
Grundlegend die Arbeiten CHAVASSE, Catechumenat S. 79-93; DERS., Sacramentaire Gela-
sien S. 161f, 172-176; ferner MAERTENS, Bapteme S. 122-126, 183-227.
22
BARTSCH, Sachbeschwörungen S. 240-249; DÖLGER, Exorzismus S. 118-130.
$ 6 Römischer Ritus 25

auflegung mit der ersten Kreuzsignierung23 und die Salzgabe24 verabreicht. Wer
aber mit dem Kreuz des Katechumenates bezeichnet war, durfte sich, wie Augu-
stjnus und andere bezeugen, bereits Christ nennen 2 5 . So war die Möglichkeit
gegeben, nicht mehr als Heide zu gelten, ohne jedoch das Taufversprechen abge-
legt zu haben und zu einem wirklich christlichen Leben verpflichtet zu sein. An
dieser ersten Kreuzsignierung setzte der seit dem 4. Jahrhundert so weit verbreite-
te Taufaufschub an, der allerdings gelegentlich auch später noch anzutreffen ist,
so in der nordischen Mission26. Aber nicht allein die Eröffnungsriten des alten
Katechumenates sind mit dem ersten Skrutinium verbunden worden; an dieser
Stelle erfolgte auch die Einschreibung der Taufkandidaten 27 . Ursprünglich wurde
mit diesem Akt die Einreihung in die Klasse der 'electi' oder 'competentes' voll-
zogen, in jene Gruppe von Kandidaten also, die sich endgültig zur Taufe ent-
schlossen hatten und die auch vom Bischof dazu angenommen worden waren 28 .
Die tiefgreifende Veränderung, die sich an der Verschmelzung dieser beiden, ur-
sprünglich durch die lange Katechumenatszeit getrennten Aufnahmeriten ablesen
läßt, ist mit Recht hervorgehoben worden: "Das 'einfache Katechumenat' als
Prüfungszeit ist verschwunden."29 Natürlich war die Reduktion der langen, nach
Hippolyt auf drei Jahre zu bemessenden Katechumenatszeit auch eine Folge der
inzwischen nahezu ausschließlich praktizierten Kindertaufe, für die bekanntlich
kein eigener Ritus geschaffen worden ist30. Die eigentlich für Erwachsene konzi-
pierte, nunmehr ganz ritualisierte Taufvorbereitung wurde weitgehend in Segens-
riten und Exorzismen umgedeutet und konnte in solcher Gestalt problemlos auch
bei Kindern angewendet werden 31 . Dem dritten Skrutinium hat man auf diese
Weise in einem Zuge die 'apertio aurium' 32 , die 'Übergabe' der Evangelien, des

23
DÖLGER, Geschichte des Kreuzzeichens (4) S. 9-13; VOGEL, Signalton S. 44-49.
24
BARTSCH, Sachbeschwörungen S. 291-294; FRANZ, Benediktionen l, S. 223-227; DÖL-
GER, Exorzismus S. 92-100. Am ausführlichsten spricht Augustinus über die Bedeutung des
Salzes als einer heiligen Speise; BUSCH, Augustinus S. 419-423; ROETZER, Augustinus S.
141ff; STENZEL, Taufe S. 171-175.
25
ROETZER, Augustinus S. 139ff; NAGEL, Kindertaufe S. 111-118.
26
SCHMITZ, Gottesdienst S. 30-34; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 308; BAUS, Inner-
kirchliches Leben S. 304f; LANGE, Studien S. 179ff.
7
Ausführlich beschrieben in Itinerarium Egeriae 45 (CChr.SL 175, S. 87 1 ); die Namensan-
gabe ist mit einer Prüfung der Würdigkeit verbunden. Dasselbe ist für den Westen bezeugt bei
Ambrosius und Maximus von Turin; MUTZENBECHER, Weihnachten und Epiphanie S. 112,
115.
28
BOTTE, Competentes Sp. 266ff; STENZEL, Taufe S. 153-164.
29
STENZEL, Taufe S. 218; MAERTENS, Bapteme S. 193ff; s. auch VOGEL, Introduction
S. 139: "Les elements didactiques ont ete elimines au profit d'elements rituels."
0
STENZEL, Taufe S. 294: "Einen von Grund auf eigen konzipierten Kindertaufritus hat es
nie gegeben." Die im Gelasianum und im Ordo Romanus XI anzutreffenden Hinweise auf die
Kindertaufe sind zusammengestellt bei CHAVASSE, Sacramentaire Gelasien S. 164f; FISHER,
Initiation S. 3ff; NEUNHEUSER, Kindertaufe S. 323-333.
31
STENZEL, Kindertaufe S. 96-107; BEASLEY-MURRAY, Taufe S. 465-470.
32
OR XI 42 (ed. ANDRIEU 2, S. 427 u. 392); zur Geschichte dieses Ritus s. BOTTE, Apertio
aurium Sp. 487ff; STENZEL, Taufe S. 227.
26 Taufe

Symbolums und des Vaterunsers angefügt 33 . Die 'Wiedergabe' des Credo — die
Taufanwärter hatten diese heiligen Texte ursprünglich auswenig zu lernen 34 —
geschah beim letzten Skrutinium am Karsamstagmorgen, bei dem auch der Effeta-
Ritus (cf. MC 7,34) 35 , die Salbung auf Brust und Rücken und die Abrenuntiation
vollzogen wurden 36 .
Nach den Skrutinien hört dann allerdings die Mitteilungsfreudigkeit des Ordo
Romanus XI geradezu schlagartig auf; er wird noch karger als selbst die Sakramen-
tare, die von ihrer Anlage her zuerst auf die Gebetstexte und weniger auf den
Verlauf des Ritus zu achten haben. Es folgt eine nur knappe Bemerkung darüber,
daß der Pontifex ein oder zwei Kinder selbst tauft und die anderen einem Diakon
überläßt 37 . Glücklicherweise gibt sich jedoch das Gelasianum an dieser Stelle
gesprächiger. Es bietet eine hinreichend genaue Beschreibung des rituellen Her-
gangs und überliefert dabei sogar eine überraschend alte Form der Taufspendung.
Bekanntlich wird allgemein angenommen, daß in der Frühzeit auf den Namen Jesu
getauft worden ist 38 ; ohne Zweifel sei dieser Name dabei angerufen worden, so
daß dessen Proklamation als die altchristliche Taufformel anzusehen sei39. Neuer-
dings sind jedoch Bedenken angemeldet worden; nach H. von Campenhausen
haben wir "aus urchristlicher Zeit kein einziges sicheres Zeugnis für eine Verwen-
dung des bloßen Jesusnamens innerhalb einer geprägten Taufformel, die allein
durch diesen Namen bestimmt wäre" 40 . Wie dem auch sei, die ausführlicheren
Quellen setzen tatsächlich die trinitarische Formel voraus, wie sie zuerst in Mt
28,19 — der sprachlichen Fassung nach wohl nur als liturgische Formel erklär-
bar41 — und, vielleicht sogar unabhängig davon, auch in der Didache überliefert
ist 42 . Hippolyt beschreibt dann anschaulich, wie diese Formel in der rituellen
Praxis angewendet wurde; sie gliederte den Taufvorgang in drei Fragen und drei
Tauchungen. Auf die Frage nach dem Glauben an den allmächtigen Vater (credis)

33
OR XI 39-76 (ed. ANDRIEU 2, S. 426-441); Sacr. Gelas. XXXIIII-XXXVI (ed. MOHL-
BERG S. 46-53): STENZEL, Taufe S. 227f; CHAVASSE, Sacramentaire Gelasien S. 160f. Eine
Schilderung der Übergabe von Symbol und Evangelien findet sich auch in der für die gallische
Liturgie wichtigen Expositio antiquae liturgiae Gallicanae II 7 (ed. RATCLIFF S. 20f).
34
KLAUSER, Auswendiglernen Sp. 1035ff.
35
STENZEL, Taufe S. 165ff; MAERTENS, Bapteme S. 135f.
36
Sacr. Gelas. XLII 419-424 (ed. MOHLBERG S. 67f); OR XI 82-88 (ed. ANDRIEU 2, S.
443f), wo freilich weder Salbung noch Abrenuntiation erwähnt sind; deutlicher dagegen OR XV
114 (ed. ANDRIEU 3, S. 1191 ).· tangit ipse presbiter de oleo benedicto pectus infantum, fa-
ciens bis crucem ... dicendo: Abrenuntias ... Et inde terciam crucem inter scapulas ...; ähnlich
Sacr. Hadr. 83/360 (ed. DESHUSSES l, S. 182f); LENGELING, Präbaptismale Salbung S. 330-
344; STENZEL, Taufe S. 215f, 228ff u. 165-168; MAERTENS, Bapteme S. 285-289.
37
OR XI 96 (ed. ANDRIEU 2, S. 445 1 5 ).
38
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 18f; BEASLEY-MURRAY, Taufe S. 136-142.
39
BEASLEY-MURRAY, Taufe S. 137: "der Name [Jesu] ... vom Täufer ausgesprochen ...";
CONZELMANN, Grundriß S. 66.
40
VON CAMPENHAUSEN, Taufen S. 9.
41
MICHEL, Matthäusevangelium S. 16-26; BEASLEY-MURRAY, Taufe S. 109-127; KERTEL-
GE, Taufbefehl Jesu S. 29-40.
42
RORDORF, Didache S. 504f; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 32-36.
$ 6 Römischer Ritus 27

und der gläubigen Zustimmung des Taufwilligen (credo) folgte eine erste Tau-
chung (mersio), die der Spender durch Handauflegung begleitete; und ebenso folg-
ten dann Frage und Antwort bezüglich des Glaubens an den Sohn und den Geist
mitsamt den weiteren Tauchungen 43 . Genau dieselbe Verquickung von Glaubens-
fragen und Tauchungen setzt auch Ambrosius voraus 44 , und dieselbe Ordnung
führt noch das Gelasianum an: baptizas unumquemque in ordine suo sub has
interrogationes^.
Es überrascht an diesen älteren Taufritualien, daß eine eigene Spendeformel in
der Art: 'Ich taufe dich ...' fehlt 46 . Indem aber der Spender kein autoritatives
Wort proklamierte, erschien er auch weniger als die das Geschehen beherrschende
Person. Die Taufhandlung war vielmehr vorrangig vom Täufling selbst her be-
stimmt, von dem Aussprechen seines Glaubenskonsenses und den darauf folgen-
den Tauchungen. Indem nämlich der Glaubenskonsens nur erfragt und außerdem
bei der Tauchung allein durch Handauflegung assistiert wurde, standen Freiheit
und Würde der Glaubenszustimmung eindrücklich im Vordergrund. Der Taufritus
war so wirklich die "kultisch-ekklesiale Formgebung des Glaubensentscheids",
denn die Formulierung des Glaubens erfolgte "im Akt der Entscheidung selbst:
dem Bekenntnis zugeordnet, das zugleich Zusage neuen Lebens darstellt"47. Für
diese Form der interrogativen Taufspendung ist allerdings das Gelasianum der letz-
te selbständige Zeuge. Schon im Sacramentarium Gregorianum findet sich die in-
dikative Spendeformel, und zwar in einem Formular für die Krankentaufe, das A.
Chavasse zwischen 680 und 720 datieren möchte 48 . Über den genaueren Zeit-
punkt und die Gründe dieser Veränderung tappen wir freilich im Dunkeln, wenig-
stens bis jetzt 49 . Im 8. Jahrhundert sprechen die Papstbriefe an Bonifatius von der
trinitarischen Spendeformel als dem in Rom geläufigen Modus50 ; dieselben wer-
43
Hippolyt, Traditio Apostolica 21 (ed. BOTTE S. 48 1 ); CAPELLE, Introduction S. 141f;
KELLY, Glaubensbekenntnisse S. 36-55 (keine deklamatorischen Glaubensbekenntnisse vor
dem 4. Jh. im Taufritual). S. auch DÖLGER, Taufsymbol S. 138-146.
44
QUASTEN, Baptismal Creed S. 223-232; SCHMITZ, Gottesdienst S. 127-130; s. auch ebd.
S. 138-147, wo die 'mersio' als ein aktives Tauchen des Täuflings gedeutet wird.
45
Sacr. Gelas. XLIIII 448/449 (ed. MOHLBERG S. 74 4 ); vgl. ebd. LXXV 608 (S. 9528 u.
96 7 ); ANDRIEU, Ordines Romani 3, S. 85-90.
46
QUASTEN, Baptismal Creed S. 228: "In none of these three sources [Apostolic Tradition,
Ambrose, Gelasian Sacramentary] is there any indication that the minister of the sacrament
recited a special formula while he baptised." S. ferner STENZEL, Taufe S. 111-125; WHIT-
AKER, History S. 1-9. — Daß die begleitende Handauflegung auch als Besiegelung der Taufe
verstanden werden konnte, zeigt J. YSEBAERT (Baptismal terminology S. 374-387).
47
RATZINGER, Taufe S. 77 u. 84.
48
Sacr. Hadr. 206/982 (ed. DESHUSSES l, S. 336); CHAVASSE, Sacramentaire Gelasien S.
591f.
Wahrscheinlich sind hier weiterführende Resultate erst dann zu erzielen, wenn nicht mehr
allein die liturgischen Quellen durchsucht werden. So übernimmt zum Beispiel Dionysius Exi-
guus aus den sog. Canones Apostolorum eine Bestimmung, die im Sinne einer indikativen Tauf-
spendung verstanden werden konnte; Canones Apostolorum 48 (ed. TURNER l, S. 31f): Si
quis episcopus aut presbiter iuxta preceptum Domini non baptizauerit in nomine Patris et Fi-
lii et Spiritus sancti...
50
Bonifatii epp. 26 (MGH Epp. sei. l, S. 46 20 ); ebd. 80 (S. 17323 u. 17429); s. auch Conventus
episcoporum ad ripas Danubii a. 796 (MGH Conc. 2/1, S. 17534, 176 7 ).
28 Taufe

den denn auch allgemein als fester chronologischer Anhalt in dieser Frage angese-
hen 51 . Am deutlichsten ist jener Brief Papst Zacharias' aus dem Jahre 744, in dem
Bonifatius wegen einer falsch gesprochenen Spendeformel beschwichtigt werden
mußte 52 . Für den Angelsachsen stellte also die indikative Spendeformel bereits
die Regel dar. Diese kann allerdings zu seiner Zeit nicht allgemein in Übung gewe-
sen sein, sah doch jenes nordgallische Skriptorium, das die heute älteste Hand-
schrift des Altgelasianum gegen Mitte des 8. Jahrhunderts anfertigte 53 , noch keine
Veranlassung, die interrogative Form der Taufspendung zu korrigieren. Ein ande-
res Liturgiebuch, das sogenannte Prager Sakramentar, das bald darauf entstand
und noch stark altgelasianisch geprägt ist, scheint eine Art Kompromiß anbieten
zu wollen, indem es sowohl die interrogative wie auch die indikative Form zur
Auswahl stellt54. Bonifatius für die indikative Spendeformel eintreten zu sehen,
bedeutet freilich nicht, daß er hier ein Neuerer gegen den gallischen Ritus ge-
wesen wäre, führen doch die wichtigsten gallischen Quellen bereits die indikati-
ve Formel an, so etwa das um 700 zu datierende Missale Gothicum, ferner das
Missale Gallicanum Vetus und ebenso das Bobbio-Missale55. Die indikative For-
mel hat man zuerst für Syrien feststellen können, und manche Forscher wollen
suggerieren, daß sie sich von dort als sogenannte syrische Formel weiter ausge-
breitet habe 56 . Doch ist zu bedenken, daß die gallische Liturgie gerade im Tauf-
ritus mehrere solcher Ich-Formeln kannte, mit welchen der taufende Priester die
zu vollziehenden Riten begleitete. So finden sich im Missale Gothicum: exorcizo
te, perunguo te, ego tibi lauo pedes*1. Warum sollte da die Taufhandlung eine

51
WHITAKER, History S. 9; CHAVASSE, Sacramentaire Gelasien S. 592; danach ist STEN-
ZEL, Taufe S. 112 zu korrigieren.
52
Bonifatii epp. 68 (MGH Epp. sei. l, S. 14l 8 ).
53
MOHLBERG, Sacramentarium Gelasianum S. XXXV; CHAVASSE, Sacramentaire Gelasien
S. VIII.
54
Sacr. Pragense 98,12-13 (ed. DOLD - E1ZENHÖFER 2, S. 62); zur Entstehungszeit ebd.
S. 90-96. — Für den Übergang von der interrogativen zur indikativen Taufform bietet auch der
üblicherweise Pirmin zugeschriebene Scarapsus ein höchst bemerkenswertes Zeugnis. Der Autor
gibt im Anschluß an Martin von Braga's De correctione rusticorum 15 (ed. BARLOW S. 196)
die Tauffragen wieder (deren Text er allerdings stark erweitert), um dann wie sein Vorbild
daran die Mahnung anzuschließen, den in der Taufe geschlossenen Pakt wirklich zu befolgen.
Am Schluß aber fühlt sich unser Autor genötigt, auch noch die indikative Spendeformel anzu-
fügen, die Martin nicht kennt: Et credens baptizatus es in nomine ... (Scarapsus 12 [ed. JEK-
KER S. 43 25 ]); nicht zuverlässig KATTENBUSCH, Apostolisches Symbol 2, S. 794f.
55
Miss. Gothicum 259 (ed. MOHLBERG S. 6725J.· Dum baptizas interrogas ei et diets Baptize
te ... Das interrogas der einleitenden Rubrik möchte B.C. WHITAKER (History S. 7) als Remi-
niszenz an eine interrogative Taufspendung deuten. Viel eher ist aber an einen Taufvorgang zu
denken in der Weise des Missale Gallicanum vetus 173 (ed. MOHLBERG S. 42 7 J: Dicis: Baptizo
te? Responsio: Baptiza. Baptizo te credentem ... Die weiteren Quellenzitate bei WHITAKER,
History S. 9f; VANHENGEL, Chrismation S. 164f. Auch die Collectio vetus Gallica (c. 21,2
[ed. MORDEK S. 43l 9 ]) zitiert im Anschluß an Dionysius Exiguus jenen oben bereits erwähn-
ten "apostolischen Kanon" (s. Anm. 49).
56
WHITAKER, Baptismal Formula S. 346-352; QUASTEN, Baptismal Creed S. 232f.
57
Miss. Gothicum 258 (ed. MOHLBERG S. 67 10 ), 261 (S. 67 29 ), 262 (S. 07 34 ). S. dazu den
Hinweis bei KANTOROWICZ, Baptism S. 231.
§6 Römischer Ritus 29

Ausnahme bleiben? Jedenfalls muß die Anwendung der Ich-Formel durch den
Spender auch im Taufakt nicht ausschließlich auf einen fremden Einfluß zurück-
gehen; es bedurfte vielleicht nur noch eines geringen Anstoßes, um die Anglei-
chung an verwandte und im Taufritus bereits vorhandene Formeln durchzufüh-
ren58 , zumal die indikative Spendeformel die inzwischen zur Regel gewordene
Kindertaufe beträchtlich erleichtert haben dürfte 59 .
Die nach der Taufe zu vollziehenden Salbungen stellen bekanntlich ein eigenes
Problem dar. Hier braucht nicht die ganze, lange Zeit auch konfessionell belaste-
te Diskussion um die Entstehung der Firmsalbung aufgerollt zu werden60 . Es kann
sein Bewenden dabei haben, die beiden für den Westen grundlegenden Traditionen
näher zu betrachten, die der römischen und der gallikanischen Liturgie. Schon die
Apostolische Tradition Hippolyts kennt neben einer präbaptismalen noch zwei
postbaptismale Salbungen. Nach dem Heraufsteigen aus dem Bad wird der Getauf-
te zuerst von einem Presbyter mit oleum sanctificatum gesalbt. Sodann erfolgen
die Ankleidung und der Eintritt in die Kirche, wo der Bischof den Täuflingen
seine Hand auflegt und über sie ein Gebet spricht; darauf salbt auch er die einzel-
nen mit geheiligtem Öl61. Dieselbe Ordnung finden wir in den beiden ausführlich-
sten Quellen der römischen Taufliturgie, im Gelasianum und im Ordo Romanus
XI: Die erste postbaptismale Salbung wird von einem Presbyter gespendet, der auf
dem Kopf des Täuflings (in vertice, in cerebro) mit Chrisam ein Kreuz zeichnet62 .
Darauf folgt die dem Bischof vorbehaltene Herabrufung des siebenfältigen Gei-
stes, vollzogen mit einer Handauflegung und einer weiteren kreuzförmigen Sal-
bung auf der Stirn (in fronte)63. Die römische Ordnung unterschied also deutlich
zwei postbaptismale Salbungsriten, von denen letzterer mit einer Handauflegung
verbunden war und unabtretbar dem Bischof zustand. Gallien dagegen kannte nur
eine postbaptismale Salbung. Die karolingische Liturgiereform in ihrer strikten
Befolgung des römischen Vorbildes konnte sich damit natürlich nicht zufrieden-
geben. Wie dann auf diese Weise ein eigener, von der Taufe abgelöster bischöfli-
cher Salbungsritus entstanden ist — ein höchst folgenreicher Vorgang —, soll in
einem besonderen Kapitel dargestellt werden64 .

5
Die Frage der 'ego'-Formeln bedürfte sicherlich noch intensiverer Behandlung. So findet sich
zum Beispiel eine solche Formel für die erste postbaptismale Salbung bereits in Traditio Aposto-
lica 21 (ed. BOTTE S. 5014J: Unguo te ... Sie waren also seit alters bekannt. Bei den Exorzis-
men scheinen sie geradezu die Regel gewesen zu sein; BARTSCH, Sachbeschwörung S. 4-22.
59
WHITAKER, History S. llf.
60
MAURER, Firmung und Konfirmation S. 23-38.
61
Hippolyt, Traditio Apostolica 21 (ed. BOTTE S. 50 11 ); CAPELLE, Introduction S. 142f;
STENZEL, Taufe S. 125-133, 170; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 101-109; MITCHELL,
Anointing S. 92-102.
62
Sacr. Gelas. 449 u. 609 (ed. MOHLBERG S. 741S u. 96 8 ); OR XI 101 (ed. ANDRIEU 2,
S. 446); Sacr. Hadr. 375 (ed. DESHUSSES l, S. 188); Suppl. Anianense 1086 (ebd. S. 379).
63
Sacr. Gelas. 443, 449, 450, 451, 615, 616 (ed. MOHLBERG S. 72 9 , 74 «+"+32, 96 28 >
1
97 ); ohne ausdrückliche Erwähnung einer Handauflegung: OR XI 97, 100-102 (ed. ANDRIEU
2, S. 446 1 + 1 2 ); KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 260-264; MITCHELL, Anointing S. 102-
112, 160-169; zu den postbaptismalen Salbungen des Sacramentarium Gregorianum s. ebd.
S. 154-157; eine Gesamtübersicht bei SCHMIDT, Introductio S. 297-307.
64
S. $ 16.
30 Taufe

Endlich ist auch noch jener Deuteritus bemerkenswert, mit dem der Bischof
seine Firmsalbung beginnt: Er übergibt zunächst jedem Täufling eine stola, eine
casula, ein chrismale und dazu noch ein Geldgeschenk. Diese Rubrik findet sich
im Ordo Romanus XI, ebenso in jüngeren Ordines und auch noch im Pontifi-
cale Romano-Germanicum des 10. Jahrhunderts 65 . Stola und Casel dürften, da
sie spätestens seit dem 8. Jh. als rein sazerdotale Gewänder galten 66 , die vielbe-
zeugte Ausdeutung unterstützen, daß die Getauften dem regale sacerdotium
(cf. l Petr 2,9) angehören 67 . Das chrismale hat ersichtlich zunächst den Zweck
zu erfüllen gehabt, das heilige Chrisma zu schützen 68 . Daneben aber wird es sehr
häufig in Analogie zu den Kopfbedeckungen alttestamentlicher Priester als sazer-
dotales Würdezeichen interpretiert und so in die Deutung vom allgemeinen Prie-
stertum der Getauften mit einbezogen. Der am Anfang des 6. Jahrhunderts
schreibende römische Diakon Johannes verweilt ausführlich bei diesem Gedanken:
Mit Chrisam seien ehemals die Priester und Führer des Volkes gesalbt worden;
die einen, Gott Opfer darzubringen, die anderen, das Volk zu regieren. Ja, gerade
um auch das Priestertum der Getauften besonders herauszustellen, werde das
Haupt der Getauften mit einem linteum geziert, weil auch die Priester ihr Haupt
in ein velamen mysticum gehüllt hätten 69 . Diese Gedanken sind später in den
liturgischen Kommentaren der Karolingerzeit oft wörtlich wiederzufinden.
Die gallische Liturgie ließ auf Taufe und Salbung noch eine Fußwaschung fol-
gen 70 . Vielleicht geht deren Ursprung auf die Deutung der Fußwaschung Jesu im
Abendmahlssaal als einer Aposteltaufe zurück 71 . In Rom wurde dieser Ritus nicht
vollzogen, und so haben wir den interessanten Fall, daß Ambrosius ihn für Mai-
land als die bessere Form der Petrusliturgie gegenüber der römischen Kirche ver-
teidigte. Er mußte sich dabei allerdings mit der Meinung auseinandersetzen, daß
die Fußwaschung deswegen nicht in die Taufliturgie gehöre, weil sie kein Heili-
gungsritus sei, sondern nur ein Beispiel der Demut darstellte72 — eine Deutung,

65
OR XI 99 (ed. ANDRIEU 2, S. 446 9 J: Et deportantur ipsi infantes ante eum [pontificem]
et dat singulis stola, casula et crismale et decem siclos et vestiuntur; OR XXVIII 78 (ebd. 3,
S. 408 1 ); OR XXVIIIA 13 (ebd. S. 423 9 ); OR XXXI 89 (ebd. S. 50316); Pontificale Romano-
Germanicum XCIX 380 (ed. VOGEL - ELZE 2, S. 10729).
66
S. ANGENENDT, Rex et Sacerdos S. 112 Anm. 60.
67
DABIN, Sacerdoce royal S. 69-258.
68
BLAISE, Lexicon S. 174 (s. v. chrismale 4); STENZEL, Taufe S. 129f Anm. 186. Ein crisme
pannus kennen auch die Canones Theodori Co 70 (ed. FINSTERWALDER S. 275).
69
Johannes Diaconus, Ep. ad Senarium 6 (ed. WILMART, Analecta S. 174 15 ): Sumptis dehinc
albis uestibus caput eius sacri chrismatis unctione perunguitur, ut intellegat baptizatus regnum
in se ac sacerdotale conuenisse mysterium. Chrismatis enim oleo sacerdotes et principes ungue-
bantur, ut illi afferent deo sacrificia, illi populis imperarent. Ad imaginem quippe sacerdotii
plenius exprimendam, renascentis caput lintei decore conponitur. Nam sacerdotes illius tem-
poris quodam mystico uelamine caput semper ornabant; cuncti uero regenerati albis uestibus
induuntur ad ministerium resurgentis ecclesiae ...
70
VANHENGEL, Chrismation S. 165f (mit Übersicht über die Quellentexte); STENZEL,
Taufe S. 168ff; KÖTTING (-HALAMA), Fußwaschung Sp. 765-768; SCHÄFER, Fußwaschung
S. 1-19.
71
KANTOROWICZ, Baptism S. 214-219.
72
Ambrosius, De sacramentis III 1,4 (CSEL 73, S. 39-41); SCHMITZ, Gottesdienst S. 167-179.
$ 6 Römischer Ritus 31

die zum Beispiel auch Caesarius von Arles dem Ritus unterlegt 73 .
Den Abschluß der Taufordnung des Ordo Romanus XI bilden drei kurze Be-
stimmungen über die Taufeucharistie, die Osteroktav und die Taufspendung zu
Pfingsten. Mit einzelnen Abwandlungen kehren diese Anordnungen in den jünge-
ren Ordines wieder. Es galt als selbstverständlich, daß die infantes an ihrer Tauf-
eucharistie teilnahmen und auch kommunizierten 74 . Es gab daneben aber noch
einen weiteren Konsumationsritus, der sogar bis tief ins Mittelalter fortlebte,
nämlich dem Täufling Milch und Honig zu verabreichen 75 . In der Verbindung von
Taufe, Salbung und Eucharistie wirkt ein altchristlicher Gedanke fort: Erst der
Getaufte war voller Teilhaber der Heilsmysterien, galt doch selbst für das gemein-
same Gebet mit den Glaubensbrüdern, wie schon Tertullian bezeugt, das Getauft-
sein als Vorbedingung 76 . Sodann folgt die Verordnung, daß die Eltern während
der folgenden acht Tage — gelegentlich wird eigens betont, mit den Kindern — zur
Meßfeier erscheinen, wobei wieder alle kommunizieren sollen 77 . Die Hervorhe-
bung dieser Oktav erinnert an die ehemals hier abgehaltenen mystagogischen Kate-
chesen; denn auch an den lehrhaften Glaubensmysterien konnten nur Getaufte
in voller Weise partizipieren78 .
Endlich macht unser Ordo den für Ostern geltenden Ritus auch für Pfingsten
verbindlich 79 ; er erinnert damit an die beiden offiziellen Tauftermine der römi-
schen Liturgie80. Wann und wo die Verbindung der Taufe mit der Oster- und
Pfingstvigil zuerst hergestellt worden ist, entzieht sich unserer Kenntnis81 . Immer-
hin finden wir schon bei Tertullian die wesentlichen theologischen Gründe für
diese Wahl: daß nämlich die Taufe die Teilhabe an Tod und Auferstehung Jesu
Christi sowie den Geistempfang bewirke 82 . Die gallische Liturgie kannte noch
einen weiteren Tauftermin, das Epiphaniefest, bei dem die Taufe Jesu in entspre-

73
Caesarius von Arles, Sermo 204,3 (CChr.SL 104, S. 821): secundum quod ipsis in baptismo
factum est hospitibus pedes abluant; s. auch Sermo 64,2 (ebd. 103, S. 276); dazu BECK, Pasto-
ral Care S. 181f.
74
OR XI 103 (ed. ANDRIEU 2, S.446 2 1 ): ingrediuntur ad missas et communicant omnes ipsi
infantes; OR XV 118 (ebd. 3, S. 120); OR XXVIII 84 (ebd. S. 409); OR XXVIIIA 21 (ebd.
S. 4 2 4 2 0 ) ; O R X X X B 6 3 (ebd. S. 474 18 ); OR XXXI 93 (ebd. S. 504).
75
GY, Milch und Honig S. 206-212; DERS., Taufkommunion S. 485-491.
76
So ausführlich dargestellt in Traditio Apostolica 21 (ed. BOTTE S. 54 14 ); KRETSCHMAR,
Taufgottesdienst S. 109-114; SCHLINK, Taufe S. 698-702; ARRANZ, Sancta sanctis S. 31-67;
DE BRUYNE, Initiation chretienne S. 27-85; SCHMITZ, Gottesdienst S. 199; DÖLGER, Gebet
der Täuflinge S. 142-155.
77
OR XI 104 (ed. ANDRIEU 2, S. 447); OR XV 120 (ebd. 3, S. 120); OR XXVIIIA 22 (ebd.
S. 424).
78
SCHMITZ, Gottesdienst S. 214-229.
79
OR XI 105 (ed. ANDRIEU 2, S. 447 4 ); ähnlich in anderen Ordines.
80
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 268-271; CONWAY, Time and place S. 4-13; VER-
HEUL, Dooptijden Sp. 606-609.
81
QUASTEN, Ostervigil S. 87.
82
Tertullian, De baptismo 19 (CChr.SL l, S. 293 41 ); KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S.
137f. Dieselbe Begründung bringt in karolingischer Zeit z.B. der Conventus episcoporum ad
ripas Danubii a. 796 (MGH.Conc. 2/1, S. 173rö).
32 Taufe

chender Weise hervorgehoben wurde 83 . Sodann ist gelegentlich an Weihnachten


getauft worden84 ; König Chlodwigs Taufe hat bekanntlich an diesem Festtag
stattgefunden 85 . Die theologische Bedeutung, die diesen in Gallien üblichen Ter-
minen unterlegt wurde, können wir uns anhand jenes berühmten Briefes verdeut-
lichen, den Bischof Alcimus Avitus von Vienne (494-518) aus Anlaß der Taufe
Chlodwigs geschrieben hat: 'Der Durchbruch [des Lichtes, das Christus ist] ge-
schah passend zur Weihnacht: folgerecht sollte Euch an dem Tage das Taufbad
zum Heile wiedergebären, an welchem die Welt zu ihrer Erlösung die Geburt des
Himmelsherrn empfing. Wie also der Geburtstag des Herrn gefeiert ist, sei es auch
der Eure: an welchem Ihr für Christus, an welchem Christus für die Welt ent-
sprungen; an welchem Ihr Eure Seele an Gott, Euer Leben für die Gegenwart,
Euren Ruhm bei der Nachwelt geweiht habt'86 .
Aber die Einhaltung von festen Terminen bereitete notgedrungen Schwierig-
keiten. Die strikt empfundene Heilsnotwendigkeit der Taufe einerseits und die
ständig drohende Kindersterblichkeit andererseits zwangen dazu, weitere Tauftage
zuzulassen. Als solche boten sich die Heiligenfeste an, besonders etwa das Fest
Johannes' des Täufers 87 . Caesarius von Arles empfahl seinen Hörern solche Fest-
tage, verlangte dabei aber, wenigstens eine Woche vorher mit den Kindern zur
Kirche zu kommen, 'wegen der Ölung und Handauflegung' 88 . Die 585 in Macon
tagende Synode hingegen beklagte die Taufspendung an Heiligenfesten; für die
Ostertaufe könne man mit Mühe noch gerade zwei oder drei Kinder finden 89 .
Wohl um der österlichen Tauffeier das Ansehen zu erhalten, kam in Spanien der
Brauch auf, das Baptisterium für die Dauer der Fastenzeit zu versiegeln90 .

§ 7 Karolingische Liturgiereform

Daß im Westen die römische Liturgie allherrschend wurde, ist im wesentlichen


eine Folge der karolingischen Liturgiereform 1 . Rom, die Stadt der Apostelfürsten

83
FRANK, Weihnachten und Epiphanie (2) S. 14ff; JUNGMANN, Advent und Voradvent
S. 350-353.
Conc. Geronense a. 517 c. 4 (ed. VIVES S. 39): Utpascha tantum et Natalis Domini baptis-
mum detur; CONWAY, Time and place S. 14-17; MUTZENBECHER, Weihnachten und Epipha-
nie S. 109-116.
85
VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 39 mit Anm. 4.
86
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 19 ); Übersetzung nach VON DEN STEINEN,
Chlodwigs. 66 $ 12.
87
Gregor von Tours, Hist. VIII 9 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 37614); als Tauftermine werden
hier Weihnachten, Ostern und das Fest des Täufers genannt.
88
Caesarius von Arles, Sermo 225,6 (CChr.SL 104, S. 891).
89
Conc. Matisconense a. 585 c. 3 (CChr.SL 148A, S. 24083).
90
QUASTEN, Versiegelung des Baptisteriums S. 167-173.

1
Der folgende Überblick referiert in großen Zügen die Ergebnisse von C. VOGEL, der über die
Austauschbeziehungen der römischen und gallikanischen Liturgie umfassende Untersuchungen
vorgelegt hat. Für das Gregorianum sind jedoch die neuen Forschungen von J. DESHUSSES
$ 7 Karolingische Reform 33

und ihrer Gräber, gewann im Frühmittelalter Ansehen auch als Vorbild für die Li-
turgie. Seit der Mitte des 7. Jahrhunderts haben wir mit römischen Liturgie-
Kodizes in Gallien zu rechnen, von Verehrern des hl. Petrus dort verbreitet. Für
den Beginn des 8. Jahrhunderts lassen sich diese Bücher auch namentlich benen-
nen; zu diesem Zeitpunkt müssen bereits das Sacramentarium Gelasianum und
wohl auch das Gregorianum nach Gallien gelangt sein. Beide Sakramentare haben
ihren eigenen Charakter und ihre eigene Geschichte. Das Gelasianum2 gilt als
Presbyter-Sakramentar; das heißt, es wurde in den römischen Pfarreien benutzt
und enthielt deshalb alle Texte, die im liturgischen Jahreslauf notwendig sind:
einmal die Sonn- und Festtage mit Ostern als Zentraldatum, sodann einen kalen-
dermäßig geordneten Heiligen-Zyklus und schließlich noch Formulare für ver-
schiedene Anliegen. Die Zusammenstellung dieses Buches, das mit Sicherheit älte-
re Materialien des 6. Jahrhunderts enthält, dürfte wohl erst im 7. Jahrhundert
erfolgt sein. Die heute älteste Handschrift (Cod. Vat. Reginensis 316) wurde um
750 in einem fränkischen Skriptorium — wahrscheinlich im Nonnenkloster
Chelles an der Marne — hergestellt; in diesem Codex sind aber bereits gallikani-
sche Anreicherungen anzutreffen. Das Gregorianum3 hat demgegenüber einen
anderen Charakter. Es ist von seinem Ursprung her ein rein päpstliches Liturgie-
buch, das aber nicht auf Gregor den Großen zurückgeht, sondern wohl erst kurz
vor der Mitte des 7. Jahrhunderts zusammengestellt worden ist. Für die Bedürfnis-
se eines vollständigen liturgischen Jahres-Zyklus war dieses Sakramentar un-
brauchbar, weil es nur die Texte der päpstlichen Stationsgottesdienste enthielt.
In der Zeit zwischen 660 und 683, vielleicht im Jahre 663, wurde es für die Got-
tesdienste in Sankt Peter soweit aufgefüllt, daß es dort den liturgischen Ansprü-
chen eines ganzen Jahres Genüge tun konnte; es wurde damit dem Presbyter-
Sakramentar angenähert, und als solches war es dann geeignet, verbreitet zu wer-
den. Im Blick auf die weitere Entwicklung ist wichtig, daß dieses Gregorianum
in die Gelasiana mixta der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts eingegangen ist.
Daneben aber blieb auch eine Form erhalten, die trotz einer Reihe von Erweite-
rungen den ursprünglich päpstlichen Charakter bewahrte. Ein solches Gregoria-
num hat Papst Hadrian an Karl übersandt, als dieser sich ein 'unvermischtes'
Sakramentar erbat. Daß die Gregoriana das Gelasianum zu verdrängen vermoch-
ten, ist auf deren Ansehen zurückzuführen, das ihnen durch den Gebrauch in
Sankt Peter und durch die seit der Mitte des 7. Jahrhunderts feststellbare Zu-
schreibung an Gregor den Großen zugewachsen ist. Endlich war eine erste Samm-
lung von Ordines Romani in Umlauf, welche M. Andrieu als "rein römisch" be-
urteilt und die er als "Collectio A" bezeichnet hat 4 . Darin findet sich der schon
(s. Anm. 7) berücksichtigt. VOGEL, Behanges liturgiques S. 185-295; DERS., Reforme S. 217-
232; DERS., Introduction; DERS., Romanisation S. 13-41; die jüngste Übersicht: DESHUSSES,
Sacramentaires S. 19-46; DERS., Sacramentaire Gregorien 3, S. 60-92; ferner die ältere Arbeit
KLAUSER, Austauschbeziehungen S. 139-154.
2
VOGEL, Introduction S. 48-57; GAMBER, Codices l, S. 299-311, bes. Nr. 610; DESHUS-
SES, Sacramentaires S. 28.
3
VOGEL, Introduction S. 68-72; GAMBER, Codices 2, S. 397ff mit Nr. 880; DESHUSSES,
Sacramentaires S. 28-36.
4
S. Übersicht bei VOGEL, Introduction S. 114-120.
34 Taufe

in Rom entstandene Ordo Romanus XI, der mit dem Altgelasianum die ausführ-
lichste Beschreibung der römischen Taufliturgie enthält.
Alle diese Bücher, vom Ansehen des heiligen Petrus getragen, wirkten auf die
einheimische Liturgie ein, schufen jedoch keine Einheitsobservanz. Die Imita-
tionsversuche spiegelten nämlich allzu oft anstelle der angestrebten Einheit ganz
verschiedene Entwicklungsstadien und Anwendungsbereiche der römischen Li-
turgie. Außerdem drangen alsbald gallische Elemente in die römischen Kodizes
ein. Seit der Mitte des 8. Jahrhunderts trat insofern ein durchgreifender Wandel
ein, als nun die Rezeption der römischen Liturgie dank der offiziellen Unterstüt-
zung seitens der Karolinger ein allumfassendes Ausmaß annahm und innerhalb
kurzer Zeit die alte einheimische Liturgie beseitigte, von der nur wenige Eigenhei-
ten überlebten. Das Wirken des Bonifatius wie dann auch der Aufenthalt Papst
Stephans II. im Frankenreich und insbesondere das damals zwischen dem Papst
und Pippin ausgehandelte politische Bündnis mitsamt der gleichzeitig gestifteten
geistlichen Verwandtschaft5 scheinen besonders anspornend gewirkt zu haben.
Die oben erwähnten römischen Bücher, hauptsächlich das erweiterte Gregorianum
und das Gelasianum, flössen nun zu einem neuen Sakramentar zusammen, das als
"Sakramentar Pippins", auch als "Gelasianum des 8. Jahrhunderts" oder als "Ge-
lasianum mixtum" bezeichnet wird. Der Archetyp ist verloren; wir können über
den Kompilator bzw. seine Gruppe und auch über den Ort sowie den genauen
Zeitpunkt der Entstehung nur Mutmaßungen anstellen: Es dürfte um 760 in der
burgundischen Abtei Flavigny entstanden sein. Die Gesamtdisposition ist, stärker
als der Name vermuten läßt, gregorianisch, wie überhaupt die weitere Entwicklung
eine zunehmende Gregorianisierung aufweist 6 . In diesem Reformbestreben setzte
Karl der Große den Schlußstein, als er sich von Papst Hadrian ein 'unvermischtes'
Sakramentar erbat. Nach J. Deshusses7 müssen damals gleich zwei Rezensionen
eines Gregorianum nach Norden gekommen sein, ein dem Urtyp sehr nahekom-
mendes Exemplar — von Deshusses Praehadrianum genannt — und ein anderes,
das sich bis zu Neuerungen Gregors II. weiterentwickelt hatte und als Hadrianum
bezeichnet wird. Beide Versionen aber gehörten jenem gregorianischen Überlie-
ferungszweig an, der rein päpstlich geblieben war und der nicht die Erweiterungen
für die Normalliturgie der Petersbasilika in sich aufgenommen hatte. Die Annahme
eines Praehadrianum rührt aus nachweisbar im Frankenreich vorgenommenen
Korrekturen am Hadrianum (und noch anderen Indizien); Alkuin muß übrigens
dieses Buch zu "seinem Meßbuch" erkoren und dabei erweitert haben. Insgesamt

5
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 40-57.
6
VOGEL, Introduction S. 58-67; GAMBER, Codices 2, S. 368-407; DUMAS, Liber sacramen-
torum Gellonensis 2, S. XXIII-XXVI.
7
DESHUSSES, Supplement S. 48-71. K. GAMBER (Fränkischer Anhang S. 267-289) akzep-
tiert im wesentlichen die Argumente von J. DESHUSSES, schlägt aber Lerins als Entstehungsort
vor. Ferner DESHUSSES, Sacramentaire gregorien pre-hadrianique S. 213-237; s. dazu auch
GAMBER, Sacramentaria praehadriana S. 15: "Im süddeutschen Raum haben sich an der Wen-
de vom 8. zum 9. Jh. nachweisbar mehrere Gregoriana-Handschriften befunden, die dem Typus
nach älter sind als jenes Exemplar, das gegen Ende des 8. Jhs. Papst Hadrian an König Karl über-
sandt hat." Zuletzt DESHUSSES, Sacramentaires S. 40-44.
$ 7 Karolingische Reform 35

nämlich erwies sich der Typ der Hadriana als zu lückenhaft für die viel umfangrei-
cheren Bedürfnisse der fränkischen Gottesdienste; sie mußten darum ergänzt wer-
den. Aber nicht Alkuin — wie lange angenommen —, sondern Benedikt von
Aniane gilt neuerdings als Autor des wohl bald nach 800 dem offiziellen Hadria-
num angehängten Supplementes Hucusque, das auf Formulare der voraufgehen-
den Periode der Gelasiana mixta, auf Messen der alkuinischen Ergänzung, auch auf
westgotische und nicht zuletzt auf gallikanische Elemente zurückgreift. Neben
diesen Sakramentaren kamen in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts auch noch
neue Sammlungen von Or dines Romani in Umlauf, nun nicht mehr rein römisch,
sondern in vielen Details sich mit einheimischen Elementen vermischend; M.
Andrieu hat diese Or dines als "Collectio B" bezeichnet8 .
In dieser nur umrißhaft skizzierten Entwicklung gehörte die Taufe von Anfang
an zu den vorrangigen Reformpunkten. Ja, die karolingische Liturgiereform hat
einer ihrer wichtigsten Initiatoren, nämlich Bonifatius, gerade deswegen mit in
Gang gebracht, weil er bei seiner Beauftragung zur Mission, die Papst Gregor II.
ihm am 15. Mai 719 aussprach, sich bei der Spendung des Initiationssakramentes
zur Einhaltung der römischen liturgischen Ordnung verpflichtet hatte: 'Was die
Spendeform des Sakramentes anlangt, die du bei der Initiation der dank Gottes
Führung zum Glauben Kommenden einzuhalten bemüht sein sollst, so ist es unser
Wille, daß du dich an unseres Heiligen Apostolischen Stuhles liturgisches Formular
halst, das dir zur Kenntnisnahme unterbreitet worden ist' 9 . Die weitere Untersu-
chung, führt zu dem Schluß, daß die staatsoffizielle Rezeption der römischen Li-
turgie bereits mit dem Herrschaftsantritt der beiden Martell-Söhne Karlmann und
Pippin begonnen hat. Das Concilium Germanicum, die erste von Karlmann einbe-
rufene Reformsynode, zu der dann Bonifatius das Programm formulierte 10 , ent-

8
S. Überblick bei VOGEL, Introduction S. 120-127.
9
Bonifatii epp. 12 (MGH Epp. sei. l, S. 18 ): Disciplinam denique sacramenti, quam ad ini-
tiandos Deo praevio credituros tenere studeas, ex formula officiorum sanctae nostrae apostoli-
cae sedis instructions tuae gratia praelibata volumus ut intendas. Vgl. dazu den verwandten
Sprachgebrauch in Kanon 10 und 13 der 747 im englischen Clovesho abgehaltenen Synode, wo
zum officium baptismi der legitimus ritus gemäß einem exemplar der römischen Kirche gefor-
dert wird (ed. HADDAN - STUBBS 3, S. 366f). - Eine Befolgung der römischen Liturgie hat
Gregor II. auch schon 716 für Bayern verlangt: Ut loco singularum ecclesiarum praevidentes
quomodo unusquisque sacerdos seu minister erga ecclesiam debeat conservare, vel qualiter sacra
missarum sollempnia, sive cetera diurnarum atque nocturnarum horarum officia, sive etiam
lectionum sacrarum novi et veteris testamenti ordinabilia praedicamenta studeat observare se-
cundum traditum sanctae apostolicae sedis antiquitatis ordinem disponetis (Gregorii II. papae
decretales [MGH LL 3, S. 452 1 ]). Zu dieser Instruktion s. J 34.
10
S. dazu die Vorrede Karlmanns zum Kapitular, in dem die Synodalbeschlüsse publiziert sind:
Ego Karlmannus, dux et princeps Francorum cum consilio servorum Dei et optimatum meorum
episcopos qui in regno meo sunt cum presbiteris et concilium et synodum pro timore Christi
congregavi, id est Bonifatium archiepiscopum et Burghardum et Regenfridum et Wintanum et
Wilbaldum et Dadanum et Eddanum cum presbiteris eorum, ut mihi consilium dedissent, quo-
modo lex Dei et aecclesiastica relegio recuperetur, quae in diebus praeteritorum principum dissi-
pata corruit ... (MGH Capit. l, S. 2424 = MGH Conc. 2/1, S. 214 = MGH Epp. sei. l, S. 98 25 ).
Ferner Bonifatii epp. 50 (MGH Epp. sei. l, S. 82 1 ): Carlomannus dux Francorum nie arcessi-
tum ad se rogavit, ut in parte regni Francorum, quae in sua est potestate, synodum cepere con-
36 Taufe

hält einen Abschnitt über die priesterliche Amtsführung, der auch die Tauflitur-
gie berührt. Zunächst wird dabei die Botmäßigkeit unter den zuständigen Bischof
eingeschärft. Diesem schuldet jeder Priester während der Quadragesima Rechen-
schaft über seine Amtsführung, näherhin über die Taufe, über den katholischen
Glauben — das Glaubensbekenntnis — sowie über die Gebete und die Ordnung der
Meßfeier. Ferner hat der Pfarrklerus den Bischof zu empfangen und ihm zu Dien-
sten zu sein, wenn er zur Firmung kommt. Endlich muß am Gründonnerstag beim
Bischof auch das neue Chrisma abgeholt werden; dabei haben dann die Priester
Zeugnis abzulegen über Keuschheit, Lebenswandel, Glauben und Lehre 11 . Dieser
umfangreiche Kanon ist unbezweifelbar unter die zentralen Reformgesetze ge-
zählt worden, wurde er doch in seinem wesentlichen Inhalt von Bonifatius wie
auch von den Karolingern mehrmals in programmatischer Form neu eingeschärft;
Pippin übernahm ihn zum Teil wörtlich auf seiner 744 in Soissons veranstalteten
Synode, wobei der Text sogar noch eine etwas praktikablere Fassung erhielt, weil
für die Rechenschaftslegung beim Bischof der Termin in der Quadragesima gestri-
chen wurde und so nur der für die Abholung des Öles ohnehin obligate Gründon-
nerstag übrigblieb12. Bonifatius erwähnt eine inhaltlich gleichartige Bestimmung
in einem eigenhändigen Bericht über die sogenannte Fränkische Synode des Jah-
res 747 13 . Die wesentlichen Punkte wurden später von Karl dem Großen über-

gregare. Et promisit se de ecclesiastica religione ... aliquid corrigere et emendare vellet; ähnlich
ebd. 51 (S. 8714). - Zu den ersten Reformsynoden Karlmanns und Pippins s. SCHIEFFER,
Winfrid-Bonifatius S. 208-222; DE CLERCQ, Legislation S. 115-125; GANSHOF, Kapitularien
S. 163; WATTENBACH - LEVISON (BUCHNER), Geschichtsquellen (Rechtsquellen) Nr. 10
u. 11 S. 78; ferner JÄSCHKE, Concilium Germanicum S. 101-111; zum Datum des Conc. Ger-
manicum, ob 742 oder 743, s. ebd. S. 111-128; SCHIEFFER, Angelsachsen und Franken S.
22-27.
Karlmanni principis capitulare 3 (MGH Capit. l, S. 25 ): Decrevimus quoque secundum
canones, ut unusquisque presbiter in parrochia habitans episcopo subiectus sit illi in cuius
parrochia habitet, et semper in quadragesima rationem et ordinem ministerii sui, sive de baptis-
mo sive de fide catholica sive de precibus et ordine missarum, episcopo reddat et ostendat.
Et quandocumque iure canonico episcopus circumeat parrochiam populos ad confirmandos,
presbiter semper paratus sit ad suscipiendum episcopum cum collectione et adiutorio populi
qui ibi confirmari debet. Et in cena Domini semper novum crisma ab episcopo quaerat, ut
episcopum testis adsistat castitatis et vitae et fidei et doctrinae illius. S. dazu VYKOUKAL,
Examens S. 86-93.
12
Capitulare Suessionense a. 744 c. 4 (MGH Capit. 1, S. 293! = MGH Conc. 2/1, S. 35 2 ). Zur
Frage der Anwesenheit des Bonifatius in Soissons s. SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 306;
JÄSCHKE, Concilium Germanicum S. 105 mit Anm. 226.
13
Bonifatii epp. 78 (MGH Epp. sei. l, S. 163 25 ): Statuimus, ut per annos singulos unusquis-
que presbiter episcopo suo in quadragissima rationem ministerii sui reddat, sive de fide catholi-
ca sive de baptistno sive de omni ordine ministerii sui. Die Vermutung, daß es sich bei diesem
Passus, der einem Brief an Erzbischof Cudberht von Canterbury entnommen ist, wohl um mehr
als einen nur zusammenfassenden persönlichen Bericht des Bonifatius über die fränkischen Re-
formsynoden insgesamt handelt, sondern wohl eher um einen Kanon der von 13 Bischöfen be-
suchten Synode, könnte man dadurch gestützt sehen, daß sich dieselbe Anordnung im sog.
Capitulare primum (c. 7 [MGH Capit. l, S. 45 23 ]) findet; freilich bleibt unsicher, welche Un-
terlagen der spätere Kompilator dieses nicht authentischen Kapitulares zur Hand gehabt hat (s.
dazu Anm. 15). Doch wird man aufs Ganze gesehen unterstellen dürfen, daß der Passus über die
§ 7 Karolingische Reform 37

nommen; sie erscheinen in seiner Admonitio generalis des Jahres 78914 und in
weiteren offiziellen Instruktionen 15 .
Trotz der beachtlichen Kontinuität, die diese Reformbestimmung dank der
offiziellen Anerkennung durch die karolingischen Herrscher aufzuweisen hat, soll
ihre einheitliche Interpretation jedoch zweifelhaft sein. C. Vogel und vor ihm
schon Th. Klauser stellen ausdrücklich in Abrede, daß bereits unter Bonifatius
die Forderung nach einer spezifisch römischen Taufliturgie erhoben worden sei;
für eine solche Annahme finde sich nirgends ein fester Anhalt. Die Favorisierung
der römischen Liturgie sei vielmehr bis zur Jahrhundertmitte eine private Vorliebe
gallischer Romverehrer gewesen und habe erst unter König Pippin eine offizielle
Unterstützung erfahren 16 . Bei näherem Zusehen erweist sich jedoch, daß gleich
mehrere Bestimmungen des Concilium Germanicum auf eine Reform nach römi-
schem Vorbild abzielen, am deutlichsten bei der Firmung und der Ölweihe des
Gründonnerstags; diese Punkte sind ganz sicher römischen und nicht gallikani-
schen Ursprungs 17 . Angesichts eines solchen Befundes kann aber der Taufritus
schwerlich unbeachtet geblieben sein, galt doch die Confirmatio als Teil des
Initiationssakramentes, das Bonifatius laut päpstlichem Missionsauftrag nach
römischem Formular zu spenden sich verpflichtet hatte 18 . Tatsächlich befassen
sich denn auch einige seiner ängstlich-besorgten Anfragen bei den Päpsten mit
Angelegenheiten der Taufe 19 . Es kann darum kein Zweifel sein: Die offizielle
Unterstützung der römischen Liturgie seitens der Karolinger beginnt mit den Re-
formsynoden des Bonifatius. Als Karlmann und Pippin bei ihrem Herrschafts-
antritt, damals allenfalls Kleinkönige und das nicht einmal dem Namen nach, den
angelsächsischen Missionserzbischof zu sich riefen und dessen synodale Reform-
kanones als Kapitularien publizierten, da öffneten sie ihre Herrschaftsgebiete von
Staats wegen der römischen Liturgie. Wenn Karlmann in seiner Vorrede zum Kapi-

Visitations- und Firmpflicht jener "Serie von programmatischen Kanones ... [angehört], die als
Testament des Bonifatius gelten dürfen" (SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 243). - Zu der
Synode von 747 s. ebd. S. 241ff; DE CLERCQ, Legislation S. 128ff, 157f; neuerdings ableh-
nend J ARMUT, Bonifatius S. 1-26.
14
Admonitio generalis a. 789 c. 70 (MGH Capit. l, S. 5923j: Ut episcopi diligenter discutiant
per suas parrochias presbyteros, eorum fidem, baptisma et missarum celebrationes, ut et fidem
rectam teneant et baptisma catholicum observent et missarum preces bene intellegant, et ut
psalmi digne secundum divisiones versuum modulentur et dominicam orationem ipsi intellegant
et omnibuspraedicent intellegendam ...
5
VOGEL, Behanges liturgiques S. 269-275 mit weiteren Quellenangaben. Das sog. Capitulare
primum, das Reformbestimmungen der ersten bonifatianischen Reformsynode wiederholt,
darf dabei freilich nicht mit angeführt werden, da es nicht unter die echten Kapitularien gezählt
werden kann; s. dazu GANSHOF, Kapitularien S. 163; LOT, Premier Capitulaire S. 1-7.
16
VOGEL, Echanges liturgiques S. 194ff; DERS., Reforme S. 217 f; DERS., Introduction S.
118: "L'activite missionnaire de s. Boniface ne semble pas avoir touche au domaine litur-
gique ..." Ähnlich KLAUSER, Austauschbeziehungen S. 139ff: Der Schnittpunkt sei "in der
Mitte des Jahrhunderts anzusetzen" und von dem liturgischen Werk des Bonifatius seien "nur
kümmerliche Andeutungen erhalten".
17
ANGENENDT, Bonifatius S. 141f.
S. Anm. 9. Auch wird Bonifatius verpflichtet, die beiden römischen Tauftermine Ostern und
Pfingsten einzuhalten; Bonifatii epp. 18 (MGH Epp. sei. l, S. 32 19 ).
19
ELLARD, Alcuin S. 11-17.
38 Taufe

tular mit den Beschlüssen des Concilium Germanicum erklärt, die unter den frühe-
ren Herrschern verfallene lex Dei und die ecclesiastica religio nun wiederherstellen
zu wollen, so steht ihm dabei bereits die Norm Roms vor Augen, und er benutzt
dieselbe, um an den 'früheren Fürsten' Kritik zu üben.
Dem Reformkapitular von 743 muß darum in mehr als nur formaler Hinsicht
Erstlingscharakter zugesprochen werden. Es ist "das erste fränkische Kapitular
von Gewicht seit dem Edictum Chlotharii des Jahres 614 und ... das erste karolin-
gische Kapitular überhaupt" 20 . Darüber hinaus ist es das erste offizielle Dokument
der kontinentalen Geschichte, das die in England bereits geläufige Datierung nach
Inkarnationsjahren trägt 21 . Aber diese mehr äußerlichen Auffälligkeiten bilden
nur erst die Ummantelung eines weit geschichtsträchtigeren Inhaltes: Das Kapitu-
lar von 743 stellt in der abendländischen Liturgiegeschichte einen tiefgreifenden
Wendepunkt dar; mit ihm beginnt die in den folgenden Jahren so rasch und wir-
kungsvoll durchgeführte Beseitigung der autochthonen Liturgien außerhalb Roms.
Indem nämlich das bonifatianische Reformprogramm auch unter Karl dem Gro-
ßen fortgeführt wurde, verbreitete sich die römische Liturgie in Anlehnung an das
imperiale Karlsreich nahezu über ganz Westeuropa. Karl war sich dieser seiner Tat
wohl bewußt 22 . Das faktische Gewicht, das die römische Liturgie damals einge-
räumt erhielt, hat sie zum Fundament der ganzen mittelalterlichen und neuzeit-
lich-katholischen Liturgie werden lassen.
In dem Maße wie die römische Liturgie für den fränkischen Norden zur Norm
wurde, mußte sich dort auch jene Taufordnung verbreiten, wie wir sie in den
römischen Quellen beschrieben finden 23 . Es sind vor allem zwei herausstechende
Eigenheiten, die das Vordringen leicht erkennbar machen: einmal die gesondert
zu erörternde bischöfliche Firmsalbung und dann die sieben Skrutinien. Die letz-
teren sind für die altgallische Liturgie zwar nur spärlich bezeugt, doch dürfte hier,
nicht anders als in Spanien, in Norditalien und ursprünglich auch in Rom, nur eine
Dreizahl bekannt gewesen sein24 . Die nach der Mitte des 8. Jahrhunderts sich aus-
breitenden sogenannten Gelasiana mixta, welche die erste Welle der liturgischen
Romanisierung unter König Pippin repräsentieren, enthalten bereits diese "römi-
schen Erkennungsmerkmale". Das Sakramentar von Gellone, aber auch andere
wichtige Vertreter dieses Typs, kennen sowohl die sieben Skrutinien wie auch die
Firmsalbung 25 . Eine ganze Reihe von Kapitular- und Synodalbestimmungen

20
JÄSCHKE, Concilium Germanicum S. 103; WATTENBACH - LEVISON (-BUCHNER),
Geschichtsquellen (Rechtsquellen) Nr. 9-10 S. 78.
21
JÄSCHKE, Concilium Germanicum S. 104; LEVISON, England S. 65, 87f.
22
Libri Carolini I 6 (MGH Conc. 2, Suppl, S. 2l 18 ).
23
STENZEL, Taufe S. 234ff.
24
DONDEYNE, Discipline des scrutins S. 5-33, bes. S. 30ff; STENZEL, Taufe S. 210ff; CHA-
VASSE, Catechumenat S. 85; SCHMITZ, Gottesdienst S. 67ff.
25
Sacr. Gell. 73, 96, 97, 108, 111 (ed. DUMAS l, S. 48-52, 64f, 65-73, 90f, 98-101); ferner
ebd. 344 (S. 312-339); Sakramentar von AngouleVne 416-423, 463-467, 509-513, 585-590,
682-729 (ed. CAGIN S. 24, 27f, 29, 33f, 44-52); VAN 1NNIS, Sacramentaire gelasien (2) S.
169-187, bes. S. 173f. S. auch ANDRIEU, Ordines Romani 3, S. 81-91; MITCHELL, Anoin-
ting S. 157-160; CHAVASSE, Sacramentaire Gelasien du Vllie siecle S. 296ff.
$ 7 Karolingische Reform 39

schreiben ausdrücklich die Beobachtung der römischen Taufordnung vor 26 . Auch


in karolingischen Tauferklärungen wird dieser Typ vorausgesetzt 27 . Noch bei der
Redaktion des Pontificale Romano-Germanicum, das bekanntlich um 950 im
Mainzer Albanskloster seine endgültige Fassung erhalten hat, ist eine Taufordnung
nach dem Muster des Ordo Romanus XI zugrunde gelegt worden 28 .
Mit der reinen Übernahme dieser Liturgie waren jedoch keineswegs alle Fragen
gelöst. Obwohl nun seit des Bonifatius' Wirken die Taufspendung Gegenstand der
liturgischen Reform gewesen war, müssen weiterhin erhebliche Unsicherheiten
bestanden haben. Denn noch nach 800 sah sich Karl der Große veranlaßt, die
Metropoliten seines Reiches in allen Einzelheiten des Taufritus zu befragen 29 :
Warum ein Kind zunächst Katechumene werden müsse, und was überhaupt ein
Katechumene sei; die einzelnen Riten durchgehend fragt er nach der Bedeutung
des Skrutiniums, nach dem Symbolum, wie das Wort selbst und der Inhalt auszu-

26
Conc. Moguntinense a. 813 c. 4 (MGH Conc. 2/1, S. 261 J: Sacramenta ... baptismatis vo-
lumus, ut ... in singulis parrochiis secundum Romanum ordinem inter nos celebretur iugiter
atque conservetur, id est scrutinium ad ordinem baptismatis; ähnlich in dem unter Arn von
Salzburg tagenden Conc. Rispacense 4 (ebd. S. 19827J.· Baptismum publicum ... secundum ordi-
nem traditionis Romanae. Auf den mos Romanus wird auch hingewiesen in Duplex legationis
edictum 23 (MGH Capit. l, S. 64 6 ) und ähnlich in Capitulare missorum 28 (ebd. S. 103 ).
27
Amalar, Ep. de baptismo 31 (ed. HANSSENS l, S. 244'j: facimus scrutinium septimum,
sicut in romano ordine invenimus scriptum; Jesse von Amiens, Ep. de baptismo (MIGNE PL
105, Sp. 782C-785C); Statuta Riculfi 8 (ebd. 131, Sp. 18A); Angilmodus, De ordine scrutinii
(ed. STEGMÜLLER S. 23).
28
Pontificale Romano-Germanicum XCIX 81-158 (ed. VOGEL - ELZE 2, S. 23-40) = Skru-
tinien; XCIX 337-397 (ebd. S. 93-112) = Karsamstag und Osternacht. S. dazu STENZEL, Taufe
S. 267-271; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 333f. - Zur Entstehung des Pontificale s.
VOGEL - ELZE, Pontifical romano-germanique 3, S. 11-55.
29
Die Briefe an Odilbert von Mailand und Amalar von Metz sind erhalten; bei letzterem hat
sich der Kaiser später für die Antwort bedankt. Ep. Karoli ad Odilbertum (MGH Capit. l, S.
246f); WIEGAND, Odilbert, dort die Edition sowohl der Anfrage wie der Antwort Odilberts
samt einer Quellenanalyse. Ep. Caroli imperatoris ad Amalarium prior (ed. HANSSENS l, S.
235f); Ep. altera (ebd. S. 251); die Antwort Amalars: Ep. de baptismo (ebd. S. 236-251). -
Eine gute Übersicht über die erhaltenen Antworten bieten HANSSENS, Bapteme S. 69-78 sowie
neuerdings BOUHOT, Rituel baptismal S. 278-301. Neben den Antworten von Amalar und
Odilbert sind noch Schreiben von folgenden Metropoliten überliefert: Maxentius von Aquileja
(ed. HEER S. 90-96; MIGNE PL 106, Sp. 51-54/58; s. PORTER, Maxentius of Aquileia S. 3-9);
Magnus von Sens (MIGNE PL 102, Sp. 981-984); Leidrad von Lyon (ebd. 99, Sp. 853-872).
Nicht verzeichnet sind bei J.M. HANSSENS zwei bischöfliche Traktate: Theodulf von Orleans
hat seinem Metropoliten Magnus von Sens eine Antwort auf die kaiserlichen Fragen zugesandt
(MIGNE PL 105, Sp. 223-240; s. dazu D AHLHAUS-BERG, Antiquitas S. 92-168; BOUHOT,
Rituel baptismal S. 289f); ferner ist eine Abhandlung des Bischofs Jesse von Amiens erhalten
(MIGNE PL 105, Sp. 781-796). Außerdem führen J.M. HANSSENS und J.-P. BOUHOT anony-
me Texte an. Dann hat A. WILMART (Analecta S. 153-170) ein Florilegium ediert, das ihm der
Entwurf für Alkuins Brief über die Taufe an den angelsächsischen Presbyter Odwin zu sein
scheint (Alcvini epp. 134 [MGH Epp. 4, S. 202f]); diesen Brief soll dann Karl als Vorlage für
seine Fragen benutzt haben, während Odilbert den Entwurf ausgeschrieben habe; J.-P. BOU-
HOT (Rituel baptismal S. 282f) hält es für wahrscheinlicher, daß sowohl Alkuin wie Karl als
auch Odilbert und die meisten anderen Antwortgeber eine gemeinsame, heute verlorene Tauf-
erklärung benutzt haben, die sich an die Erklärung des Johannes Diaconus anlehnte. S. jetzt
KEEFE, Baptismal Expositions S. 169-237.
40 Taufe

legen seien 30 , weiter nach Teufelsabsage, Exsufflation und Exorzismen, nach Salz-
reichung und Salbungen, was endlich die weißen Gewänder, die Chrisamsalbung
des Hauptes und das velamen mysticum zu bedeuten hätten, und warum die Tauf-
kommunion gereicht werde. Die überlieferten Antworten freilich verraten die gan-
ze "Hilflosigkeit der hochgestellten Kompilat-oren", die in der Mehrzahl ihre Aus-
künfte notdürftig zusammenborgen mußten 31 . Nun dürfte allerdings diese lange,
über die ganze Quadragesima sich verteilende Taufliturgie nicht nur dem rechten
Verständnis, sondern auch der praktischen Verwirklichung ein gehöriges Maß an
Schwierigkeiten bereitet haben. Ein norditalischer Taufordo rechnet denn auch
ausdrücklich mit einem Versäumnis der Skrutinien und bietet gleich eine kürzere
Ersatzlösung an 32 . Zudem enthielt das von Papst Hadrian an Karl den Großen
übermittelte gregorianische Sakramentar nur je ein Formular für die Ostertaufe
und für die Taufe eines Kranken; Skrutinien sind darin überhaupt nicht erwähnt 33 .
So mußte in dem bald beigefügten Supplement gerade auch die Taufliturgie er-
gänzt werden 34 . Es waren aber die Kurzformulare, die der weiteren Entwicklung
einen wichtigen Weg wiesen, nämlich den vielgliedrigen, über einen längeren Zeit-
raum verteilten Ritus aufzugeben und einen geschlossenen Taufordo zu schaffen.
So treffen wir denn in der Folgezeit oft genug auf Taufliturgien, die in den auf-
wendigen Skrutinienriten verkürzt sind, zuletzt soweit, daß die Taufe mit allen
ihren Riten in einem Zuge gespendet werden konnte 35 . Übrigens hat das Ponti-
ficale Romano-Germanicum neben dem langen, offiziellen Ritus ebenso eine be-
reits kürzere Fassung36. Wenn darum auch in der landläufigen Praxis mit einer
praktikableren Kurzform zu rechnen ist 37 , so darf daraus keine allgemeine Regel
abgeleitet werden, erwähnen doch noch Quellen des 11. und 12. Jahrhunderts den
vollen Ritus mit allen sieben Skrutinien 38 ; dieser blieb also die "Hochform".

30
So verstehen und beantworten Theodulf von Orleans (MIGNE PL 105, Sp. 226C u. 227B)
und Leidrad von Lyon (ebd. 99, Sp. 859C u. 859D) den entsprechenden Fragepassus.
31
STENZEL, Taufe S. 249.
2
LAMBOT, Services S. 18: Qualiter faciendum est erga catecuminos qui in praeteritos dies
adscrutinium non fuerunt...; s. dazu GAMBER, Codices l, Nr. 290 S. 187f.
Sacr. Hadr. 80: benedictio salis; 81: oratio ad catechumenum faciendum; 82: orat. super in-
fantes, in quadragesima ad quattuor euangelia; 83: orat. in sabbato paschae; 85: benedictio fon-
tis; 86: orat. ad infantes consignandos (ed. DESHUSSES l,'S. 180-183, 185-189); ferner der
Taufritus für Kranke ebd. 205-206 (S. 335f). S. auch KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S.
318f; STENZEL, Taufe S. 236-240 (mit einer Erörterung, ob das Fehlen der Skrutinien ein
Übergangsstadium zu dem entfalteteren Ritus oder bereits eine Reduktion darstellt).
34
Suppl. Anianense 1021-1089 (ed. DESHUSSES l, S. 360-379). Nach E. BOURQUE (Sacra-
mentaires 2/2, S. 200) handelt es sich um einen abgekürzten Ordo für die Kindertaufe, wie er
ähnlich in den gallischen Gelasiana mixta des späten 8. Jhs. zu finden ist; s. auch die Einzelnach-
weise bei KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 319f.
35
STENZEL, Taufe S. 267-293.
36
Pontificale Romano-Germanicum CVII (ed. VOGEL - ELZE 2, S. 155-164); daneben steht
noch ein Taufordo für Kranke und für einen Heiden, ebd. CIX u. CX (S. 165-172); KRETSCH-
MAR, Taufgottesdienst S. 331-336.
37
UNTERKIRCHNER - GAMBER, Kollektar-Pontifikale S. 122-126; KRETSCHMAR, Tauf-
gottesdienst S. 329.
Liber de unitate ecclesiae conservanda II 9 (MGH Ldl 2, S. 220 ): Legitur quoque in libro
$ 7 Karolingische Reform 41

Beim Taufvorgang selbst dürfte die Spendeformel mit der Anrufung der Trini-
tät kein gravierendes Problem mehr gewesen sein, konnte doch die seit 700 in den
gallischen Liturgiequellen bezeugte indikative Form einfach weiterbenutzt wer-
den39 . Die alten Tauffragen sind deswegen aber nicht eliminiert worden. Sie gehen
jetzt für gewöhnlich der Taufspendung unmittelbar voraus; so schon in den galli-
schen Büchern wie nun auch in den Gelasiana mixta40 . Dagegen focht man um ein
anderes Problem; zur klaren Bezeugung der Trinität in der Taufe wurde nämlich
im Kampf gegen die spanischen Adoptionisten eine dreifache Tauchung für not-
wendig gehalten. Besonders Alkuin tat sich hier als eifriger literarischer Streiter
hervor41 . Die trina mersio wurde zum beschwörenden Stichwort der Rechtgläu-
bigkeit42 . Der Taufordo in den Gelasiana mixta sowie im Supplement des Hadria-
num buchstabiert es den Taufspendern geradezu vor: sub trina mersione, tantum
sanctam trmitatem semel inuocans ita dicendo: Et ego te baptizo in nomine pa-
tris. Et mergat semel. Et filii. Et mergat Herum. Et spiritus sancti. Et mergat ter-
fio 43 . Diese Spendeformel wird dann das liturgische Gesetz des ganzen Mittelal-
ters. Dabei darf man sich allerdings die mersio nicht mehr als ein Untertauchen
vorstellen. Der erwachsene Täufling hat für gewöhnlich im Taufbecken gestan-
den44 , und die 'mersio' erfolgte in der Form des Übergießens; das Gellonense und
andere Quellen erwähnen das dazu notwendige Schöpfgefäß 45 . Nicht nur zahlrei-

Romani ordinis, quia ordo scrutiniorum quarto, feria tertiae in quadragesima hebdomadae
propter novae scilicet regenerations candidatum initiatur et in sabbato sancto pascae finitur,
ut secundum formam VII donorum Spiritus sancti VII scrutinia et totidem oblationes, quas
patrini vel matrinae pro electis iubentur offerre, compleantur; zur Datierung s. WATTENBACH
- HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen 2, S. 406ff. Weitere Beispiele von Tauford-
nungen mit sieben Skrutinien bei KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 328f; EISENHOFER,
Liturgik 2, S. 255.
39
Zur Diskussion über den Wortlaut dieser Formel während der Früh Scholastik s. LANDGRAF,
Frühscholastik 2/2, S. 47-86 (Die Frage der Zugehörigkeit des Baptizo te zur Form der Taufe).
40
Miss. Gall. vet. 172 (ed. MOHLBERG S. 42 1 ); VAN INNIS, Sacramentaire gelasien (2) S.
182; Suppl. Anianense 1084 (ed. DESHUSSES l, S. 378); Sacr. Gell. 111/706 u. 344/2320
(ed. DUMAS l, S. 100, 335f); KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 319f.
41
ELLARD, Alcuin S. 68-75.
42
Hrabanus Maurus, De institutione clericorum 28 (ed. KNÖPFLERS. 50): Oportet ergo cum
invocatione sanctae Trinitatis sub trina mersione baptismum confici, u t secundum personarum
differentiam mystenum baptismi celebretur, et secundum unitatem substantiae unum baptisma
fiat; Alcvini epp. 139 (MGH Epp. 4, S. 22l 1 5 ).
43
Suppl. Anianense 1085 (ed. DESHUSSES l, S. 378); Sacr. Gell. 111/707 u. 344/2321 (ed.
DUMAS l, S. 100 u. 336); weitere Quellen texte bei ELLARD, Alcuin S. 70ff, 78f; s. auch
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 319ff; GY, Formule S. 65-72.
So sagt der legendär ausgeschmückte Bericht über die Taufverweigerung des Friesenkönigs
Radbod in Vita Vulframni 9 (MGH SS rer. Merov. 5, S. 668 1): pedem a fönte retraxit.
45
Sacr. Gell. 345/2381 (ed. DUMAS l, S. 346): mergit III, aut in conca perfundit; Walafrid
Strabo, De exordiis et incrementis 27 (MGH Capit. 2/2, S. 511 J: Notandum autem non solum
mergendo, verum etiam desuper fundendo multos baptizatos fuisse et adhuc posse ita baptizari,
si necessitas sit; sicut in passione beati Laurentii quendam urceo allato legimus baptizatum.
Hoc etiam solet evenire, cum provectiorum granditas corporum in minoribus vasis hominem
tingui non patitur. S. auch Stowe Missale (ed. WARNER 2, S. 31): Discendit in fontem et
tingitur ter uel aspargitur. .
42 Taufe

ehe bildliche Darstellungen bestätigen diesen Taufmodus, auch die Maße der er-
haltenen Taufbecken lassen die Untertauchung eines Erwachsenen normalerweise
nicht zu 46 . Allenfalls bei Kleinkindern kann noch eine vollständige Eintauchung
vorgenommen worden sein, wobei aber hygienische und gesundheitliche Sonder-
regelungen zugestanden wurden 47 . Der Taufbrunnen hat sich diesen Erfordernis-
sen angepaßt. Er wird meist ein Gefäß genannt, das möglichst aus Stein sein soll
und das der Pfarrklerus in Ehren zu halten hat 48 . Er muß groß genug sein, daß
Kinder eingetaucht werden können, und zugleich durch ein Postament so weit
erhöht, daß der Taufkleriker sich nicht niederzubeugen braucht.
Auch in den postbaptismalen Riten sind einige Details zu beachten, die in der
Folgezeit eine besondere Bedeutung gewonnen haben. Die Auslegung des römi-
schen Diakons Johannes, daß die Salbung als eine 'Priestersalbung' und das lin-
teum als ein priesterliches Würdezeichen anzusehen seien49 , hat unter den karolin-
gischen Liturgie-Kommentatoren ein breites Echo gefunden und ist dabei sogar in
bemerkenswerter Weise variiert.worden. Alkuin folgt in seiner dem angelsächsi-
schen Priester Odwin gewidmeten Tauferklärung engstens den Ausführungen des
römischen Diakons, und sein Brief hat ein weitverbreitetes Ansehen gewonnen50 .
Das linteum, das er wie Johannes ein velamen mysticum nennt, erinnert ihn aber
weiter noch an das diadema regni sowie an die dignitas sacerdotii51 . Ganz ähnlich
spricht Amalar davon — wiederum in engem Anschluß an Johannes —, daß die
Getauften das regale ac sacerdotale mysterium empfangen hätten, weil sie dem
corpus des summus rex et sacerdos verus eingegliedert seinen; das linteum nennt
er unter Berufung auf die Priestergewandung Aarons eine mi'ira52. Andere folgen
mit oft gleichlautenden Erklärungen, so neben anonymen Autoren zum Beispiel
Odilbert von Mailand, Leidrad von Lyon, Magnus von Sens, Theodulf von Orleans,
Jesse von Amiens, Maxentius von Aquileja und Hrabanus Maurus 53 . Die Bezeich-

46
MIELKE, Taufe Sp. 244-247; FÄRBER, Taufspendung S. 63-71.
47
Conc. Celchythense a. 816 c. 11 (ed. HADDAN - STUBBS 3, S. 584): non effundant aquam
sanctam super capita infantum, sed semper mergantur; STENZEL, Taufe S. 278ff.
8
Conventus episcoporum ad ripas Danubii a. 796 (MGH Conc. 2/1, S. 17529): sanctificetur
aqua in fönte vel tali vase, ubi... mersio fieripossit; Haito, Capitula ecclesiastica 7 (MGH Capit.
l, S. 363 ): Et ut vas ad fontem baptismatis habeant, quod ad reliquos usus nullatenus assu-
matur; Hinkmar, Capitula synodica 3 (MIGNE PL 125, Sp. 773C): qui fontes lapideos habere
nequiverit, vas conveniens ad hoc solummodo baptizandi officium habeat.
49
S. $ 6 Anm. 69.
50
ELLARD, Alcuin S. 75-79; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 316ff.
5
Alcvini epp. 134 (MGH Epp. 4, S. 202 ): Tunc sacro chrismate caput perunguitur et mysti-
co tegitur velamine, ut intellegat se diadema regni et sacerdotü dignitatem portare iuxta aposto-
lum: Vos estisgenus regale et sacerdotale ...
52
Amalar, Ep. de baptismo 44 u. 45 (ed. HANSSENS l, S. 247).
DABIN, Sacerdos royal S. 162-172. Das diadema regni wird zitiert bei Maxentius von Aquile-
ja (MIGNE PL 106, Sp. 58A), Theodulf von Orle'ans (ebd. 105, Sp. 235B), Magnus von Sens
(ebd. 102, Sp. 983C), Jesse von Amiens (ebd. 105, Sp. 792A), Hrabanus Maurus, De institu-
tione clericorum I 29 (ed. KNÖPFLER S. 52); ferner in anonymen Traktaten: BURN, Neue
Texte S. 153; MIGNE PL 98, Sp. 939C. Auch unter den angeblich von Konstantin Papst Silve-
ster überreichten Geschenken wird ein diadema vel corona erwähnt; Constitutum Constantini
14 u. 16 (ed. FUHRMANN S. 87220+25°).
5 7 Karolingische Reform 43

nungen diadema und mitra gehen dabei über den exzerpierten Text des Johannes
hinaus, und beide haben im zeitgenössischen Umfeld eine besondere Aktualität
gehabt. Wie Amalar verwendet auch noch das Pontificale Romano-Germanicum
das Wort mitra für jene Kopfbedeckung, die dem Täufling zum Schutz der Sal-
bung aufgesetzt wird; ebenso aber gehört es dort zur pontifikalen Amtstracht 54 .
Stärker noch ist bei dem diadema regni Alkuins ein aktueller Bezug zu vermuten.
Zunächst einmal erinnert es an die gallische Taufliturgie, in der noch schwache
Andeutungen davon zu finden sind, daß die Getauften in Christo coronati genannt
werden konnten 55 ; östliche Liturgien sind hierin zum Teil noch viel deutlicher
gewesen, kannten sie doch regelrechte Akklamationen der Getauften und 'Ge-
krönten' 56 . Bei Alkuin freilich könnte sich dieser schon ältere Gedanke an einem
ganz aktuellen Ereignis neu entzündet haben: an den karolingischen Königskrö-
nungen. Die alte Ausdeutung der Taufsalbung als einer Priester- und Königssal-
bung, von Alkuin weitergeführt bis zur ausdrücklichen Erwähnung eines diadema
regni und von Amalar als Inkorporation in den summus rex et sacerdos verstan-
den, hat gelegentlich schon in der Forschung die Frage aufkommen lassen, ob
solche Vorstellungen nicht ebensogut um Jahrzehnte früher zugänglich waren und
dann eine wichtige Brücke gebildet haben könnten, wenn zum Beispiel 781 bei der
Taufe und Königssalbung zweier Söhne Karls des Großen durch Papst Hadrian
auch Kronen verwendet worden sind, vielleicht sogar zum ersten Mal in der
abendländischen Geschichte57. Und noch ein letztes Detail: Zuweilen wird
eingeschärft, das zum Schutz der Stirnsalbung aufgesetzte chrismale sei sieben
Tage lang zu tragen und dürfte erst am achten abgelegt werden 58 . Es zeigt sich,
daß dieser, vom Taufgeschehen her nur ganz nebensächliche Vorgang sowohl in
den nordischen Volksrechten wie auch vereinzelt im Zeremoniell "politischer"
Taufen eine besondere Bedeutung annehmen konnte 59 .
Alkuin und Amalar folgen sodann dem Diakon Johannes auch darin, daß sie
von weißen Gewändern sprechen; letzterer gibt in seinem Liber officialis sogar

54
Pontificale Romano-Germanicum CVII 36 (ed. VOGEL - ELZE 2, S. 16326): imponendo
mitram dicat: Accipe vestem sanctam; vgl. ebd. LXXXI 12 (ebd. l, S. 2987J.· mitra ... caput
pontificis tegebat; ferner ebd. Z. 14. BRAUN, Liturgische Gewandung S. 424-498.
55
So im Abschlußgebet zum Taufritus des Missale Gothicum (Nr. 265[ed. MOHLBERG S.
68 8 ]); s. auch VANHENGEL, Chrismation S. 197 mit Anm. 87.
56
MICHELS, Akklamation S. 16: "In verschiedenen Taufordines des christlichen Orients
[wird] der durch Taufe und Salbung mit dem hl. Myron zum vollberechtigten Glied der Kirche
gewordene Gläubige, angetan mit dem weißen Gewände und dem Kranz auf dem Haupte, feier-
lich dem Volk dargestellt und festlich akklamiert ..."
57
So schon HOFFMANN, Taufsymbolik S. 9-13; DESHMAN, Warmund Sacramentary S. 3ff.
58
WILMART, Catechese baptismale S. 200 [15]: renatorum capita chrismale idest pillei tegun-
tur velamine; S. 200 [16]: septem diebus caput uelatur et octauo detegitur; Amalar, Liber
officialis I 29 (ed. HANSSENS 2, S. 15424j.· ab eorum capite oleum non dificit per octo dies.
59
Norwegisches Recht. Das Rechtsbuch des Frostothings III 8 (ed. MEISSNER S. 48f): 'Das
ist die erste geistliche Verwandtschaft, wenn jemand einen ändern unter die Primsignierung
hält: Das ist die zweite, wenn man unter das Taufwasser hält. Das ist die dritte, aus den weißen
Kleidern (Taufkleidern) zu leiten. Das ist die vierte, wenn man unter die Hand des Bischofs
hält (Firmung). Das ist die fünfte, wenn man die (Firmungs-)Binde von der Stirne löst. Alle
diese geistlichen Verwandtschaften sind gleich.'
44 Taufe

eine längere Erläuterung, wobei er neben den stolae albae auch die cerei neofy-
torum erwähnt 60 . Die römischen Liturgiebücher wissen freilich nichts von dem
Anlegen speziell weißer Gewänder nach der Taufe, wiewohl solche aus anderen
Quellen hinlänglich bezeugt sind und das Gelasianum und Gregorianum die Oster-
woche eine alba [septimana] nennen 61 . In gallischen Liturgiebüchern dagegen fin-
det sich eine eigene Rubrik mit der Aufforderung: accipe vestem candidam. M.P.
Vanhengel hält allerdings diese Formel, die im Missale Gothicum und im Bobbio-
Missale vorkommt, für eine jüngere Zutat 62 . Ursprünglich soll die gallische Litur-
gie nur im übertragenen Sinne von einem Gewand gesprochen haben, weil sie die
Salbung als solche eine gnadenhafte Bekleidung nannte 63 . So spricht denn auch
das Missale Gothicum in seinem Salbungsgebet von einer tonica immortalitatis6* .
Die Formel accipe vestem candidam hat später, zuweilen übrigens zusammen mit
der Aufforderung accipe lampadam, über das Hadrianum, wo beide zunächst nur
als Zusätze in einigen Handschriften erscheinen 65 , Eingang in den Taufritus ge-
funden 66 . Im frühen Mittelalter ist dann auch die Taufgewandung von politischen
Vorstellungen berührt worden. Aus Ermolds ausführlicher Schilderung der Taufe
Haralds von Dänemark erfahren wir zum Beispiel, daß Ludwig der Fromme sei-
nen nordischen Taufsohn zunächst mit den üblichen weißen Gewändern und
dann, in einer genau entsprechenden Parallelhandlung, mit einem Herrscherornat
ausstattete 67 .
Im Zuge der liturgischen Romanisierung suchte man auch für Ort und Zeit der
Taufspendung wieder neue Verbindlichkeiten zu schaffen. So erfolgte noch ein-
mal ein großangelegter Versuch, Ostern und Pfingsten als die einzigen Spendeter-
mine durchzusetzen 68 . Das Ergebnis war die Ausmerzung des in Gallien ebenfalls

60
Alcvini epp. 134 (MGH Epp. 4, S. 202 29 ); s. auch ep. 143 (ebd. S. 226 18 ). Amalar, Ep. de
baptismo 46 (ed. HANSSENS l, S. 247 18 ); ders., Liber officialis I 29: De vestimento alba-
rorum(ebd. 2, S. 152 28+3S , 1538); cf. Apc 6,11; 7,9.
61
Sacr. Gelas. XLVII (ed. MOHLBERG S. 77 13 ); Sacr. Hadr. 89 (ed. DESHUSSES l, S. 193);
ebd. 95 (S. 203). Als nichtliturgische Quelle s. z.B. Constitutum Constantini 9 (ed. FUHR-
MANN S. 76134).· inductus vestibus candidis. Ferner KURFESS - HERMANN, Candidatus
Sp. 840f; zur theologischen Bedeutung s. QUASTEN, Garment of Immortality S. 391-401.
62
VANHENGEL, Chrismation S. 190-195 (mit Quellenangaben).
63
Ebd. S. 195-199; CHA V ASSE, Benediction du chreme S. 109-113.
64
Miss. Gothicum 261 (ed. MOHLBERG S. 67 29 ): Perunguo te crisma sanctitatis, [indua te]
tonicam immortalitatis...; zu der von L.C. MOHLBERG eingefügten Erweiterung s. MITCHELL,
Anointing S. 121.
65
DESHUSSES, Sacramentaire Gregorien l, S. 695 (119* u. 120*), 716 (426*); ebd. 3, S. 98
(3943); s. auch VANHENGEL, Chrismation S. 191 mit Anm. 73.
Das linteum — wohl aus der von Johannes Diaconus herrührenden Tradition — und die galli-
sche 'accipe'-Formel sind zusammengebracht im Sakramentar von Monza (Nr. 1117 [ed. DOLD
— GAMBER S. 103]): Pone ei linteum in capite et die: Accipe uestem candidam ... In ähnlicher
Weise sind cappa bzw. mitra mit der vestis Candida verbunden im Pontificale Romano-Germani-
cum (XCIX 380C u. CVII 36 [ed. VOGEL - ELZE 2, S. 10729, 16326]).
67
S. $ 32.
Die große Reformsynode von Paris im Jahre 829 will sogar die außerhalb der regulären Zei-
ten Getauften nicht zu den kirchlichen Ämtern zulassen; Conc. Parisiense a. 829 c. 8 (MGH
Conc. 2/2, S. 615 10 ).
S 8 Ritualismus 45

üblichen Epiphanie-Termins69 . Im übrigen aber mußte in allen Mahnungen zugun-


sten bestimmter Festtage immer wieder zugestanden werden, daß im Notfalle
unter Hinnahme aller möglichen Umstände getauft werden könne, eben auch
außerhalb der empfohlenen Termine70 . Diese wurden schließlich völlig illusorisch,
als bei Strafe verlangt wurde — so zuerst in den angelsächsischen Königsgeset-
zen —, daß die Taufe der Kinder innerhalb weniger Wochen nach ihrer Geburt
vollzogen werden müsse71 .
Endlich machen die karolingischen Reformbestimmungen auch noch den Ver-
such, die Taufzuständigkeit neu zu umschreiben: Nur der Diözesanbischof soll
befugt sein, ein baptisterium publicum zu errichten, und nur von ihm bestellte
Priester sind zur Taufspendung berechtigt 72 . Diese Verordnungen zielen unver-
hohlen gegen eigenkirchliche Praktiken des Adels, wie sie damals weit verbreitet
waren, treffen wir doch im Gefolge der großen Adelsfamilien nicht selten Eigen-
kleriker, die dort eine — vom Bischof nicht mehr kontrollierbare — Sakramenten-
spendung ausübten und so auch die Taufe. Die religionssoziologischen und politi-
schen Aspekte dieser Praxis werden in einem eigenen Kapitel zu bedenken sein73 .

2. Die religiösen Vorstellungen von der Taufe


§ 8 Ritualismus

Das Frühmittelater ist eine Periode ohne große Theologie gewesen1 . Dies gilt
auch für die Taufe. "Die Epoche, in der sich die Tauftheologie zur höchsten und
reifsten Blüte entwickelte, ist zweifellos die Zeit der großen Väter des 4. und 5.
Jahrhunderts." 2 Zum Mittelalter hin trat jedoch ein gründlicher Wandel ein. Be-
reits um die Wende des 5. zum 6. Jahrhundert war der römische Taufordo so ver-
festigt, daß jener Diakon Johannes, in dem vielleicht der spätere Papst Johannes I.
(523-526) zu sehen ist, auf die Frage nach Katechumenat und Skrutinium keine
rechte Antwort mehr wußte 3 . Die Taufordnung war fortan ein "heiliger Ritus ...,
der im allgemeinen tradiert und vollzogen wurde, auch wenn man ihn nicht mehr

FISHER, Initiation S. 69ff. Für Walafrid Strato z.B. ist dieser Tauftermin zwar noch be-
kannt, aber umstritten; De exordiis et incrementis 27 (MGH Capit. 2/2, S. 510 29 ).
So schon Tertullian, De baptismo 17 (CChr. SL l, S. 29l 1 ): in necessitatibus ... staubt aut
loci aut temporis aut personae condicio compellit; ferner weitere Hinweise bei CONWAY,
Time and place S. 17-20; BROMMER, Gesetzgebung S. 89f.
71
LIEBERMANN, Gesetze 2, S. 677f (s. v. Taufe); FISHER, Initiation S. 82, 109-119; s. auch
NEUNHEUSER, Kindertaufe S. 329.
72
Conc. Vernense a. 755 c. 7 u. 8 (MGH Capit. l, S. 3437).
73
S. S 21, Abschnitt d.

1
ANGENENDT, Religiosität und Theologie S. 29ff.
2
NEUNHEUSER, Taufe S. 71.
3
STENZEL, Taufe S. 201-206.
46 Taufe

verstehen konnte" 4 . Die Bemühungen des frühen Mittelalters um die Taufe be-
wegten sich weiter in dieser Richtung: rituell getreuer Nachvollzug des Herge-
brachten. Gerade auch die immerhin noch tiefgreifendste Liturgiereform, die
karolingische, zielte wesentlich, wie wir gesehen haben, auf die Befolgung des
rechten Ritus, nach ihrem Verständnis des römischen. Und wie schon am Ende
der patristischen Epoche die Theologie nicht mehr eigentlich schöpferisch war 5 ,
so gilt auch für die Karolingerzeit, daß "wir hier keine tiefe Theologie erwarten"6
dürfen. In den Bonifatius-Briefen ist an keiner Stelle eine eigentlich theologische
Frage zu finden, wohl allenthalben ein besorgtes Sichvergewissern in rituellen
Verfahrensfragen 7 . Dies ist der Zeit ureigenes Interesse. Auch die Antworten, die
Karl der Große auf die Rundfrage über die Taufe von den Metropoliten seines
Reiches erhielt, vermitteln "den Eindruck recht hilfloser Kompilationen"8.
Theologisch neue Aussagen über dieses Sakrament oder — bescheidener — eine
theologisch begründete Adaption des Ritus für besondere Erfordernisse der eige-
nen Zeit, so etwa der Mission, überstiegen bereits die theologischen Möglichkeiten.
Auch ist zu fragen, wie das Besondere der christlichen Taufe, zumal ihr in der
antiken Kirche so deutlich empfundenes Neuheitserlebnis 9 , gewahrt worden ist.
Daß etwa die Viten sehr häufig eine bereits der Geburt vorausgehende Erwählung
und Begnadung ihrer Heiligen zu berichten wissen 10 , mußte die Taufe als nicht
mehr eigens erwähnenswert oder als nur noch zusätzliche, nicht aber als grund-
sätzlich andersartige — weil heilsgeschichtlich neue — Heilsgabe erscheinen lassen.
Wenn ein noch nicht Getaufter bereits sanctissimus genannt werden kann 11 , dann
hat die Taufe den Charakter der einmaligen und unersetzlichen Initiation eigent-
lich verloren. Die Scholastik hat sich eigens mit diesen Problemen befassen müs-
sen12 .
Ritualisierung und Unfähigkeit zu theologischer Reflexion erscheinen demnach
als die hervorstechenden Züge in der Taufgeschichte des frühen Mittelalters. Kein
Wunder, daß die Dogmengeschichte von der Tauftheologie der Väterzeit unver-
mittelt zur Frühscholastik überspringt, da erst hier wieder die adäquaten Ge-
sprächspartner gefunden werden, die vom neuen theologisch argumentieren.
Wenn nun von der Theologie keine besonderen Anstöße oder Veränderungen
ausgingen, so könnte man versucht sein, auf eine Bewegungslosigkeit im ganzen
zu schließen. Mit der Ritualisierung hat sich dennoch ein Vorgang höchst bedeut-

4
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 251.
5
NEUNHEUSER, Taufe S. 74.
6
Ebd. S. 79.
7
ISERLOH, Kontinuität des Christentums S. 15f.
8
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 324.
9
PRÜMM, Christentum S. 161-183.
10
GÜNTER, Legende S. 44f (heidnisch-antike Beispiele), S. 94ff (Beispiele aus den christlichen
Legenden); s. auch ZOEPF, Heilgen-Leben S. 52f; VOGT, Spiritualität S. 48: "... auch in den
ältesten und zum Teil von uns bekannten Verfassern geschriebenen Viten ist ausdrücklich von
der Vorherbestimmung die Rede." Reiches Material bei SCHEIBELREITER, Bischof S. 37-41.
11
Vita Declani 5 (ed. PLUMMER 2, S. 37): Colmanus baptizauit sanctissimum infantulum;
Vita Moling 2 (ebd. S. 190): baptissauit sanctum infantem.
12
MÜLLER, Taufe bei Albert d. Gr. S. 149-154: Heiligung im Mutterleib und Taufempfang.
$ 8 Ritualismus 47

samer Art vollzogen, der schlagwortartig damit umschrieben werden kann, daß an
die Stelle des wahren Glaubens der allein richtige Ritus getreten ist. Die bereits
erwähnte Verpflichtung des Bonifatius, das Sakrament der Initiation nach römi-
schem Formular zu spenden 13 , bildet dabei den Wende- und Ausgangspunkt.
Zunächst einmal muß die Verpflichtung, das in Rom übliche Initiationsritual
auch nördlich der Alpen zu befolgen, als erstaunlich bezeichnet werden; erstaun-
lich wegen des Faktums, daß überhaupt ein solches Ansinnen gestellt worden ist.
Auf ein bestimmtes liturgisches Formular des Apostolischen Stuhles zu verpflich-
ten muß nämlich von den älteren römischen Gepflogenheiten her als ungewöhn-
lich bezeichnet werden. Denn, so resümiert der Straßburger Liturgiehistoriker
Cyrille Vogel, in Kultfragen sei Rom immer äußerst liberal gewesen und habe
außerhalb des suburbikarischen Italien nie auf die Annahme seiner gottesdienst-
lichen Bräuche gedrungen 14 . Eine Ausnahme bildet allein der für die Liturgie-
geschichte so wichtige Brief Innozenz' I. an Bischof Decentius von Gubbio; darin
wird aufgrund der Petrusautorität eine Befolgung der römischen Liturgie im gan-
zen Westen gefordert 15 . Um so bemerkenswerter ist es, daß dieser Anspruch sich
damals nicht hat durchsetzen können 16 .
Warum dann aber bei Bonifatius ein neuer und dazu noch erfolgreicher Vor-
stoß? In der Tat, die Rom nachgerühmte Liberalität bestimmt zum Beispiel noch
ganz den Geist und die Entscheidungen Gregors des Großen. Als der zur Mission
nach England entsandte Mönch Augustinus ob der in Rom und Gallien differie-
renden Meßzelebration besorgt um Rat fragte, empfahl der Papst, nach dem Maß
der Gottgefälligkeit zu entscheiden: Ob aus Rom, Gallien oder von wo immer,
was Gott am meisten Wohlgefallen könne, das solle er in der jungen Kirche Eng-
lands einführen 1 7 . Ebenso weitherzig beantwortete Gregor eine spanische Anfrage,
ob bei der Taufe eine einmalige oder dreimalige Tauchung erforderlich sei: In una

13
S. i 7 Anm. 9.
14
VOGEL, Reforme S. 217ff; DERS., Echanges liturgiques S. 198ff; DERS., Introduction S.
248ff. S. auch JUNGMANN, Frühzeit S. 216: "Rom war sich zwar dessen bewußt, daß ihm die
Leitung der Kirche zustand. Aber in Fragen des Gottesdienstes hat Rom damals und noch durch
viele Jahrhunderte von seinem Recht kaum Gebrauch gemacht." S. auch (gelegentlich über-
spitzt) HEILER, Altkirchliche Autonomie S. 3-112.
5
Innozenz L, Brief an Decentius von Gubbio (ed. CABlE S. 18 2 ) : quodaprincipe apostolo-
rum Petro Romanae ecclesiae traditum est, ac nunc usque custoditur ab omnibus debere ser-
vari. S. auch das Zitat dieses Briefes in Coll. vet. Gallica c. 18,2 (ed. MÖRDER S. 424ff).
16
S. i 15 Anm. 9.
Beda, Hist. eccl. I 27 (ed. PLUMMER l, S. 49): Ex singulis ergo quibusque ecclesiis, quae
pia, quae. religiosa, quae recta sunt, elige; et haec ... apud Anglorum mentes in consuetudinem
depone. Die Echtheit dieses bei Beda zitierten Papstbriefes ist freilich umstritten; BRECHTER,
Angelsachsenmission S. 50-111, bes. S. 68-72 (gegen die Echtheit); KOTTJE, Studien zum
Alten Testament S. 110-116 (vorsichtig für die Echtheit); MEYVAERT, Diversity within Uni-
ty S. 141-162 (für die Echtheit); zuletzt DERS., Libellus Responsionum S. 15-33. Selbst wenn
sich die Unechtheit endgültig erweisen sollte, bleibt das Faktum, daß im Anfang des 8. Jhs., als
diese Responsionen auch als eigener Libellus in Umlauf kamen, noch eine so weitherzige Litur-
gieauffassung vertreten werden konnte. — C. VOGEL geht auf die Echtheitsfrage dieses Textes,
den er als wichtigen Zeugen für seine Auffassung zitiert, nicht ein.
48 Taufe

fide nil officit sanctae ecclesiae consuetudo diversa1*. Trotzdem glaubte eine spa-
nische Synode wegen dieser Frage ein Schisma heraufziehen zu sehen19 , und 200
Jahre später betrachtete Alkuin, der Hoftheologe Karls des Großen, die dreifache
Tauchung als ein unabdingbares Zeichen der Rechtgläubigkeit 20 . Diese zwischen
Gregor dem Großen und Alkuin sich so radikal verändernde Beurteilung, sogar
in ein und derselben Detailfrage, ist Anzeichen für eine generell zu beobachtende
Veränderung. E. Kantorowicz hat von einer "drift of the age toward 'liturgi-
fying' " gesprochen 21 . In dieser Drift tauchen Phänomene wieder auf, die von
der Religionsgeschichte her als Ausrucksweisen des "selbstwirksamen Ritus"
bekannt sind 22 , die in der Rechtsgeschichte als "Verhängnischarakter des Rech-
tes" bezeichnet werden23 und die fast immer auf eine genaue Befolgung des
Ritus aus sind; insgesamt dürfen diese Kennzeichen als Ausdruck archaischen Den-
kens gelten 24 .
Ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie der "Verhängnischarakter" des Ritus
in der Liturgie sich auszuwirken beginnt, liefert ein Kanon des im Jahre 633 ab-
gehaltenen vierten Konzils von Toledo. Die Versammlung hatte sich mit der Fra-
ge zu befassen, wie zwangsweise getaufte Juden zu behandeln seien. Zunächst
wird nun festgestellt, daß niemandem Gewalt angetan werden dürfe, um ihn zum
Glauben zu bringen; Gott wolle den freien Entscheid: non vi sed liberi arbitrii
facultate25. Mit dieser Feststellung wiederholt das Konzil nur eine altkirchliche
Selbstverständlichkeit, daß nämlich der Entscheid zur Taufe in Freiheit und Ver-
antwortlichkeit zu fällen sei26. Dann aber folgen Anweisungen, die eine andere
Denkweise verraten, eben die der frühmittelalterlichen Ritualität: Wer einmal ge-
tauft sei — und sei es mit Gewalt — müsse beim Glauben bleiben, nötigenfalls
unter Zwang 27 . Mit dieser Doppelgesichtigkeit schaut der Entscheid einmal zu-
rück in die Antike wie auch vorwärts in das Frühmittelalter: Einerseits weiß man
noch um die Freiheit der Glaubensentscheidung und verbietet die Gewaltmission
für die Zukunft; andererseits aber sieht man den vollzogenen Ritus als so wirksam
an, daß für seine Gültigkeit der freie Entscheid nicht mehr konstitutiv ist; auch
wer mit Gewalt zur Taufe gebracht worden ist, bleibt durch den an ihm vollzoge-
nen Ritus gebunden. Das aber ist Verhängnischarakter der Liturgie!

18
Gregorii I registrum I 41 (MGH Epp. l, S. 57 18 ); GLAUB, Taufe in Spanien 2, S. 14-21;
KRINKE, Spanischer Taufritus S. 95ff.
19
Conc. Toletanum IV a. 633 c. 4 (ed. VIVES S. 191ff).
20
ELLARD, Alcuin S. 68-85.
21
KANTOROWICZ, Laudes Regiae S. 56. Vergleichbar ist die rechtliche "Formstrenge"
(KAUFMANN, Formstrenge Sp. 1163-1168).
22
HEILER, Gebet S. 150-156.
23
BADER, Recht - Geschichte - Sprache S. 6ff; BÖCKENFÖRDE, Rechtsbegriffs. 149-152.
24
ANGENENDT, Bonifatius S. 180-183.
25
Conc. Toletanum IV a. 633 c. 57 (ed. VIVES S. 27).
26
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 49ff; RATZINGER, Taufe S. 83-86.
27
Conc. Toletanum IV a. 633 c. 57 (ed. VIVES S. 27): oportet ut fidem etiam quam vi vel
necessitate susceperunt tenere cogantur.
$ 9 Dämonismus 49

§ 9 Dämonismus

Auch die rituell genauestens festgelegte Liturgie bedeutete keineswegs, daß


inhaltlich alles unverändert geblieben wäre. Schon die Beobachtung, daß wichtige
Grundvollzüge des kirchlich-religiösen Lebens gerade im frühen Mittelalter eine
bis in die Neuzeit sich durchhaltende oder doch nachwirkende Umformung erfah-
ren haben, mahnt zur Bedachtsamkeit. Bernhard Poschmann konstatiert zum Bei-
spiel in der Bußgeschichte einen "tiefgreifenden Wandel, den das abendländische
Bußwesen in den Jahrhunderten nach Gregor I. durchgemacht hat"1 . Freilich re-
sultiert dieser Wandel wiederum nicht aus einer "neuen Theologie". Ein Defizit
an theologischer Reflexion bleibt hier ebenfalls festzustellen: "Die Theorie der
Buße [ist] in dieser Zeit so gut wie gar nicht gefördert worden ... Man begnügte
sich damit, die sich aufdrängenden Fragen mit entsprechenden Vätertexten zu
beantworten ..."2. Das gleichwohl Neue zeigt sich einfach in einer veränderten
Praxis. Zu ganz entsprechenden Ergebnissen ist jüngst A. Häußling bei seinen
Untersuchungen zum frühmittelalterlichen Eucharistieverständnis gelangt:
"Mönchtum und Praxis der Eucharistiefeier erleben in der Epoche zwischen der
Niederschrift der Benediktregel ... und dem Werk Benedikts von Aniane (+ 821)
einen Umbruch, der ihren Stellenwert grundlegend ändert, obwohl ... die Formen
im einzelnen und die leitenden Rechtsnormen und ... Texte weithin unverändert
und theoretisch anerkannt bleiben und darum der Umbruch in weiten Partien
kaum aktenkundig wird" 3 .
Ebenso ist nun bei der Taufe, obwohl die große Zeit der Tauftheologie längst
zu Ende gegangen und eine rituelle Fixierung eingetreten war, nach dem zeitspe-
zifisch Neuen zu fragen. Als wichtiges Beispiel, wie auch die Taufe in einem ande-
ren Geist verstanden wurde, muß der Taufexorzismus angeführt werden4 . Daß der
Exorzismus als Ritus der Dämonenaustreibung in apostolischer und nachaposto-
lischer Zeit selbstverständliche Praxis gewesen ist, kann angesichts von Jesu eige-
ner exorzistischer Tätigkeit nicht überraschen 5 . Doch hat ein entsprechender
Ritus deswegen nicht sofort Eingang in die Taufliturgie gefunden. Wenn ein sol-
cher dort erst seit dem 3. Jahrhundert seinen festen Platz erhalten hat, scheint
dafür eine besondere Beeinflussungssituation gesucht werden zu müssen. Man
denkt an gnostisierende Kreise, denen der Exorzismus nicht nur eine in Einzel-
fällen anzuwendende Hilfeleistung darstellte, sondern die grundsätzliche Tren-
nung der verderblichen Vermischung von Gutem und Bösen leistete; diese Tren-
nung aber wurde rein rituell vollzogen, als "ein Naturvorgang gleichsam am In-
dividuum vorbei"6 oder auch als "Zauberexorzismus"7. Es wird nun angenom-
men, daß diese gnostische Auffassung zeitweilig so stark auf das christliche Tauf-
1
POSCHMANN, Kirchenbuße im frühen Mittelalter S. 232.
2
Ebd. S. 236.
3
HÄUSSLING, Mönchskonvent S. 348.
4
ANGENENDT, Taufexorzismus S. 388-409.
5
BÖCHER, Christus exorcista S. 138-180.
6
THRAEDE, Exorzismus Sp. 80; s. auch JONAS, Gnosis l, S. 191f.
7
DÖLGER, Exorzismus S. 12.
50 Taufe

Verständnis eingewirkt hat, daß der Exorzismus ins Taufritual eindringen konnte 8 .
Bei der Einfügung des Exorzismus ins Taufritual sind dann aber bezeichnende
Abänderungen vorgenommen worden: Der Exorzismus mußte seines dualistischen
Charakters entkleidet und insbesondere auch ethisiert werden. Denn es sollte
deutlich werden, daß die Satansherrschaft nicht grundsätzlich und von vornherein
bestehe, daß vielmehr erst die menschliche Übeltat den Teufel ins Herz eindringen
lasse. F.J. Dölger charakterisiert diese Auffassung als "ethische Besessenheit"9.
Die patristische Dämonologie ist, bei all ihren Unterschieden im einzelnen, durch-
gehend nach dem Grundgedanken konzipiert, daß es keinen Dualismus gibt, daß
auch die Dämonen im letzten Gott unterworfen sind und den Menschen nicht
absolut in Beschlag nehmen können 10 . Darum wird auch immer wieder betont,
daß die Dämonen selbst ursprünglich gute Geister gewesen seien, die erst durch
einen freien Entscheid von Gott abfielen 11 . Keineswegs aber sind sie von Gott
unabhängige Verkörperungen eines bösen Weltprinzips 12 . So wurde denn auch
im Taufritus zum Ausdruck gebracht, daß die böse Tat der Menschen selbst die
anfängliche Ermöglichung sowie die weitere Verfestigung und zuletzt die endgül-
tige Anerkennung der Satansherrschaft bewirke, daß aber andererseits der Kampf
um das sittlich Gute die Teufelsherrschaft zumindest zurückzudrängen vermöge13 .
Ihren bleibenden Niederschlag hat diese ethische Komponente in der dem Taufri-
tus eingefügten Abrenuntiation gefunden14 . Sie ist als gelöbnisartige Absageerklä-
rung an den Teufel gedacht, die zum Ausdruck bringen soll, daß es keine magisch-
rituelle Befreiung "am Individuum vorbei" gibt, daß vielmehr eine aktive Bereit-
schaft gefordert ist, den bösen Mächten abzusagen und sie im sittlichen Bemühen
zurückzudrängen 15 . Die Aufnahme unter die Electi konnte überhaupt erst statt-
finden, wenn der Bischof sich über Fortschritte im sittlichen Kampf gegen das
Böse vergewissert hatte 16 . Wir können also formelhaft zusammenfassen: Unter-
ordnung des ehemals außerhalb des Christentums oft dualistisch verstandenen
Exorzismus unter die Taufe und ethisch betonte Willensfreiheit anstelle eines
dämonischen Determinismus.
Im Westen sind für die Überprüfung des Glaubens- und Sittenkampfes gegen
den Teufel zunächst drei Skrutinien in Übung gekommen. Schauen wir uns noch
einmal an, wie diese Skrutinien sich in den beiden Hauptquellen der römischen
Taufliturgie darstellen, im Sacramentarium Gelasianum und im Ordo Romanus

8
THRAEDE, Exorzismus Sp. 76-85.
9
DÖLGER, Exorzismus S. 33.
10
KALLIS - VAN DER NAT, Geister Sp. 700-761.
11
Ebd. Sp. 700-703, 718-722; ZANDEE, Gnostic ideas S. 13-74.
12
TAVARD, Dämonen V (kirchengeschichtlich) S. 286-293.
13
Beispielhaft kann dafür Hippolyt genannt werden: Hippolyt, Traditio Apostolica 20 u. 21
(ed. BOTTE S. 42-59); KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 96-101.
14
WASZINK, Pompa diaboli S. 13-41; KIRSTEN, Taufabsage S. 38-74.
15
So THRAEDE, Exorzismus Sp. 98-100; BAKHUIZEN VAN DEN BRINK, Sakrament und
Ethik S. 59-68.
16
Hippolyt, Traditio Apostolica 20 (ed. BOTTE S. 42): Cum autem eliguntur qui accepturi
sunt baptismum, examinatur vita eorum: an vixerint in honestate dum essent catechumeni.
$ 9 Dämonismus 51

XI, die beide dem 6./7. Jahrhundert angehören. Jede dieser Überprüfungen ist
zu einer umfangreichen exorzistischen Prozedur angewachsen. Innerhalb einer
langen Kette teufelsaustreibender Gebete bekreuzigt der Pate fünfmal die Stirn
des Taufkandidaten und ein Akolyth dreimal; zum Schluß folgt noch die Kreuz-
signierung durch einen Priester 17 . Wie schon die Bekreuzigung im alten Christen-
tum als apotropäischer Schutz gegolten hatte 18 , so erst recht im Frühmittelal-
ter 19 ; dieselbe muß sich gerade in dieser Epoche einer besonderen Beliebtheit
erfreut haben, denn aus dem lateinischen Wort für die Bekreuzigung, aus signare,
leitet sich bekanntlich das deutsche Wort "segnen" ab 20 . Weiter wurden die bei
den Skrutinien ausgesprochenen Exorzismen mit allen für sie klassischen Elemen-
ten angereichert: In der Anrufung des Deus Abraham, Deus Isaac, Deus Jacob er-
klingen die dem Exorzismus typischen "fremdländischen Götternamen" 21 , die
in Texten jüngeren Datums oft noch vermehrt sind 22 . Auch ist es bemerkenswer-
terweise nicht der Taufkandidat selbst, der in den Teufelsaustreibungen angespro-
chen wird; die "Schelte" zielt vielmehr direkt gegen den Teufel in ihm. Dieser
wird beschworen und in Schrecken versetzt; sodann wird er angefahren zu ent-
weichen: ut exeas et recedas23 . Aus der ursprünglichen Überprüfung der ethischen
Teufelsabsage ist also eine ganze Kette von immer umfänglicheren Exorzismen
geworden. Dabei hat man bekanntlich nicht nur eine Veränderung des einzelnen
Skrutiniums vorgenommen, sondern deren Zahl auch noch von ursprünglich drei
auf sieben erhöht 24 . Diese sieben "Prüfungen" verteilten sich über die ganze Qua-
dragesima und bildeten sogar das tragende Gerüst der Taufvorbereitungj dem die
anderen Riten nur noch wie angehängt erscheinen 25 . Ja, das exorzistische Ver-
ständnis bemächtigte sich selbst der katechetischen Elemente in der Taufvorbe-
reitung: Das Symbolum, ursprünglich als theologisch-dogmatische Kurzformel des
Glaubens für die Taufbewerber gedacht, heißt im Gelasianum bereits eine Schutz-
wehr gegen die Angriffe des Bösen; in anderer Deutung wird es dann sogar mit
dem magischen Fachterminus incantatio belegt und als wahrer 'christlicher Zau-
bergesang' bezeichnet 26 ; bei Beda endlich gilt es als geistliches Gegengift (anti-
dotum spirituale) gegen die Gifte des Teufels 27 . Auf diese Weise ist die während
17
Sacr. Gelas. XXVIIII-XXXIII (ed. MOHLBERG S. 42-46); ANDRIEU, Ordines Romani 2,
S. 417-426; s. dazu STENZEL, Taufe S. 220-240; DÖLGER, Geschichte des Kreuzzeichens (4)
S. 5-17; ebd. (5) S. 10-22.
18
DÖLGER, Geschichte des Kreuzzeichens (6) S. 7-34.
19
JACOBY, Kreuzzeichen Sp. 535-562.
20
KLUGE, Etymologisches Wörterbuch S. 697 (Segen).
21
RIST, God of Abraham, Isaac, and Jacob S. 289-303.
22
S. z.B. Pontificale Romano-Germanicum CXVI 2 (ed. VOGEL - ELZE 2, S. 206 9 j.· Deus
Abraham, Deus Ysaac, Deus lacob, Deus Moysi et Aaron, Deus Tobiae et Eliae ...
23
Sacr. Gelas. XXXIII 291-298 (ed. MOHLBERG S. 44f); XLII 419 (S. 67).
24
S. § 6 Anm. 18 u. 19.
25
KIRSTEN, Taufabsage S. 94-133; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 253-257.
Martin von Braga, De correctione rusticorum 16 (ed. BARLOW S. 199 23 ); zur Bedeutung
von 'incantatio' s. Thesaurus linguae latinae 7/1, S. 845f; BLAISE, Lexicon S. 463; NIER-
MEYER, Lexicon S. 518; Beda, Ep. ad Ecgbertum 5 (ed. PLUMMER l, S. 409). Nach FJ.
DÖLGER (Sol salutis S. 108f) geht diese Auffassung vom Credo bis ins 4./5. Jh. zurück.
27 Beda, Ep. ad Ecgbertum'5 (ed. PLUMMER l, S. 409).
52 Taufe

der Taufvorbereitung seit langem übliche Übergabe des Glaubensbekenntnisses


und des Vaterunsers, die ursprünglich selbstverständlich zur Belehrung vorgenom-
men wurde, zu einem Schutzritus umgedeutet worden. Überhaupt blieben von der
alten Katechese nur noch wenige und nunmehr liturgisch formalisierte Elemente
übrig; die Katechese war freilich wegen der inzwischen zur Regel gewordenen
Kindertaufe ohnehin sinnlos geworden. "Das Ergebnis war ... eine beispiellose Ri-
tualisierung"28.
Weitere Beobachtungen bestätigen und veranschaulichen diesen Trend. Das
Stowe-Missale zum Beispiel, ein irisches Liturgiebuch des 8. Jahrhunderts, das für
die Taufliturgie verschiedenartige Materialien zusammenträgt, bietet in der moder-
nen Druckedition sieben Seiten Taufvorbereitung, nahezu ausschließlich exorzi-
stischen Inhalts. Gleich das zweite Gebet läßt nichts an Klarheit zu wünschen
übrig; alle Gliedmaßen und Körperteile können zum Schlupfwinkel der Dämonen
werden und müssen darum namentlich exorzisiert werden 29 . Es kann also gar
keinem Zweifel unterliegen, welche Richtung die Entwicklung von der Antike
zum Mittelalter hin genommen hat; es ist eine massive Exorzisierung. Darin nur
die Einwirkung volksreligiösen Denkens sehen zu wollen verbietet sich ob der
durchgehenden Allgemeinheit dieser Vorstellungen. Im Hintergrund steht eine
bestimmte Theologie, oder besser: Dämonologie, die zum Beispiel Alkuin auf
konzise Weise dargelegt hat. Einem Presbyter Odwin gibt er brieflich eine Erläu-
terung der Taufe, die ganz vom Schema des Herrscherwechsels herkommt: zuerst
Austreibung des Teufels und dann Einzug Jesu Christi. Die zahlreichen anderen
Aspekte, die im altkirchlichen Taufritus so vielfältig Ausdruck gefunden hatten,
werden auf dieses Schema hin umgedeutet. Der Heide werde zuerst Katechumene
und komme dann zur Taufe, um dem bösen Geist und seinem verderblichen Pomp
abzusagen; er werde angehaucht, damit nach der Vertreibung des Teufels unserem
Gott Christus der Eintritt offenstehe; er werde exorzisiert, damit der böse Geist
ausfahre und entweiche und Raum gebe für Jesus Christus; er empfange Salz,
damit die fauligen und abgestandenen Sünden mit der göttlichen Gabe des Salzes
der Weisheit gereinigt würden; die Übergabe des Glaubensbekenntnisses geschehe,
damit das leere, vom früheren Bewohner verlassene Haus mit dem Glauben ausge-
stattet und so zur Wohnung Gottes bereitet werde; dann würden die Skrutinien
abgehalten, um mehrmals zu erkunden, ob nach der Absagung an den Teufel die
Worte des ausgehändigten Glaubensbekenntnisses im Herzen Wurzel gefaßt hät-
ten; die Brust werde gesalbt, um dem Teufel mit den Zeichen des heiligen Kreuzes
den Zutritt zu verschließen30. Von der reichen Tauftheologie der Patristik kennt
28
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 257.
29
Stowe- Missale (ed. WARNER 2, S. 24-31); ebd. S. 24: Ordo babtismi: Domine sanctae pater
omnipotens aeterne deus expelle diabulum et gentilitatem ab homine isto de capite de cappillis
de uertice de cerebro de fronte de oculis de auribus de naribus de ore de lingua de sublingua de
gutore de faucibus de collo de pectore de corde de corpore toto intus de foris de manibus de
pedibus de omnibus membris de compaginibus membrorum eius et de cogitationibus de uerbis
de operibus et omnibus conuersationibus hie et futuro per te iesu christus qui regnas. S. dazu
auch McNALLY, Keltische Kirche S. 106-109.
30
Alkuin benutzt dabei die Tauferklärung, die der römische Diakon Johannes in der ersten
Hälfte des 6. Jhs. verfaßt hatte; Johannes Diaconus, Ep. ad Senarium (ed. WILMART, Analecta
$ 9 Dämonismus 53

Alkuin, immerhin einer der führenden Theologen der karolingischen Renaissance,


allein noch den Antagonismus von Teufel und Christus: Das Reich Satans steht
gegen das Reich Gottes. Es gilt nun, alles daranzusetzen, den Teufel hinauszu-
werfen und Christus in das Haus der Seele einziehen zu lassen. Darum bilden
Exorzismus und Taufe zwei geradezu gleichwertige Vorgänge: Ohne Loslösung
vom Teufel scheint die Eingliederung in Christus nicht möglich. Alle, die getauft
würden, so dekretiert Burkhard von Worms in seiner großen Rechtssammlung,
müßten zuvor exorzisiert werden: Ut omnes baptizandi prius sint exorcizandi31.
Erst die Scholastik kann sich wieder eine Taufe auch ohne voraufgehenden Exor-
zismus vorstellen32.
Die ganze Entwicklung läßt aber noch eine weitere Tendenz erkennen: Wie die
alte Kirche keine (Erwachsenen-)Taufe ohne Glauben, ohne Kenntnis der Evange-
lien und des eigenen Sündenzustandes zugelassen hatte, so auch keinen Exorzis-
mus ohne die willentliche Absage an den Teufel. "Die Verdrängung des Kateche-
tischen durch das Liturgische und damit des Verständigen durch das Zeremonielle
konnte sich erst in Folge bedauerlicher neuer Umstände im Frühmittelalter stark
machen."33 In der Tat hat die Gefahr bestanden, daß die ethische Komponente
des Taufexorzismus, die der alten Kirche so wichtig gewesen war, verdunkelt
wurde. Immerhin hat man sich in der karolingischen Liturgiereform des bewußten
Entscheidungscharakters zu entsinnen gewußt. Damit die Teufelsabsage von jeder-
mann verstanden und vollzogen werden konnte, ist sie nämlich in die Volksspra-
chen übersetzt worden — zusammen mit dem Glaubensbekenntnis und dem Vater-
unser eines der wenigen volkssprachlichen Liturgiestücke, die das Mittelalter all-
gemein verständlich gemacht hat 34 .

S. 17215): exorcizatur, ut, fugato diabolo, Christo domino nostro paretur introitus, ... ut qui
dudum uas fuerat satanae fiat nunc domicilium saluatoris ... Diesen Text hat Alkuin für eine
später weit verbreitete Tauferklärung ausgeschrieben; Alcvini epp. 134 (MGH Epp. 4, S. 20215 J:
Exsufflatur etiam, ut fugato diabolo Christo deo nostro paretur introitus. Exorcizatur ..., ut
exeat et recedat dans locum Deo vero. ... traditur ei fides, ut vacua domus et aprisco habitatore
derelicta fide ornetur et preparetur habitatio Dei. Die Raumvorstellungen sind also von Alkuin
noch weiter verstärkt worden. Zur Abhängigkeit Alkuins vom Diakon Johannes s. auch BOU-
HOT, Rituel baptismal S. 282.
31
Burchard von Worms, Decretum IV 10 (MIGNE PL 140, Sp. 730C): nonprius fontem vitae
adeant, quam et exufflationibus clericorum Spiritus ab eis immundus abigatur, ut tunc vere
appareat quomodo princeps hujus mundi mittatur foras. — Daß man sich wirklich vorgestellt
hat, der Mensch sei zuerst durch Exorzismen zu reinigen, dann seine "Leere" gegen ein neuerli-
ches Eindringen der Dämonen durch die Kreuzessignierung abzusichern, um so "innerlich frei"
Christus einziehen lassen zu können, zeigt beispielsweise eine Geschichte Gregors des Großen
in seinen Dialogen: Böse Geister stürmen auf einen Juden ein in der Hoffnung, bei einem Nicht-
getauften leicht eindringen zu können. Zu ihrem Entsetzen jedoch müssen sie feststellen, daß
ihr Opfer bereits signiert ist; der Jude hatte sich vorher bekreuzigt. So müssen die Dämonen
resignieren: Vae, uae, uas uacuum et signatum (Gregor der Große, Dialoge III 7,6 [ed. DE
VOGÜß 2, S. 282]).
32
ANGENENDT, Taufexorzismus S. 401-409.
33
BAKHUIZEN VAN DEN BRINK, Sakrament und Ethik S. 68. Zum frühmittelalterlichen
Dämonismus s. auch TAVARD, Dämonen V (kirchengeschichtlich) S. 293-296; HAUBRICHS,
Motive S. 544f.
34
ANGENENDT, Bonifatius S. 139ff; zu den althochdeutschen Abrenuntiationsformeln s.
54 Taufe

Für die Mission hatte der Antagonismus von Gottes- und Teufelsreich zur
Folge, daß man alle Nichtgetauften der Herrschaft des Bösen ausgeliefert sah.
Alkuin läßt in der Vita Willibrordi seinen Missionarsheiligen dem heidnischen
Friesenkönig Radbod gegenüber erklären: 'Es ist kein Gott, den du verehrst, son-
dern der Teufel, der dich, o König, in bösem- Irrtum getäuscht hat und gefangen-
hält, auf daß er deine Seele den ewigen Flammen übergeben kann ... Wenn du
mich, der ich dir den Weg des Heils zeige, mißachtest, wisse für sicher, daß du mit
dem Teufel, dem du gehorchst, die ewigen Strafen und die Höllenflammen erlei-
den wirst' 35 . Die einzige Rettung liege darin, sich gläubig im Lebensbrunnen tau-
fen zu lassen, dadurch alle Sünden abzutun und als neuer Mensch weiterzuleben36 .
Aus der Vorstellung heraus, daß jeder Nichtgetaufte zur Hölle fahren müsse, ent-
sprangen absonderliche Praktiken. Als der Westsachsen-König Caedwalla (+ 689)
die Insel Wight eroberte und dort zwei Königssöhne hinrichten wollte, kam ein
Priester und bat um die Möglichkeit, dieselben noch bekehren und taufen zu
dürfen. Beda berichtet darüber in folgender Weise: 'Unter den ersten von denen,
die auf dieser Insel durch den Glauben gerettet wurden, wurden zwei königliche
Knaben ... durch die Gnade Gottes besonders ausgezeichnet ... Angesichts des
Henkers nahmen sie freudig den zeitlichen Tod auf sich, wodurch sie, wie sie nicht
zweifelten, zum ewigen Leben der Seele gelangen würden.'37 Im Rolandslied des
Pfaffen Konrad aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wird der Missionsauf-
trag Karls des Großen gleichfalls noch nach der Auffassung beschrieben, daß die
Heiden der Hölle verfallen seien: 'Er bat Gott inständig ..., er möge auch die zahl-
losen Heiden retten, denen die pechschwarze Nacht ewige Finsternis bereithielte,
und möge sie dem Teufel entreißen ... Gott hat dich erhört: Das Heidenvolk wird
bekehrt werden. Die sich dir widersetzen, werden Kinder des Teufels heißen und
alle verdammt sein. Sie wird der Zorn Gottes treffen in diesem und jenem Leben.
Sie werden ewig in der Hölle schmachten.'38 Vor diesem Hintergrund wird eigent-
lich erst ermeßbar, welch neuartige Auffassung dann Wolfram von Eschenbach
in seinem Willehalm vortrug. Die Beurteilung der Heiden steht hier "in schroffem
Gegensatz zu dem thematisch vergleichbaren Rolandslied"39, heißt es doch: "Die
Heiden sind nun nicht mehr Ungebildete, Wilde, Teuflische, freisliche diet, man
kann sie also nicht einfach erschlagen alsam ein vihe ... Sie sind vielmehr, wie auch
die Christen, Gottes Geschöpfe, Gottes handgetat"40. So kann denn Wolfram
auch den Satz aussprechen, daß nicht alle Heiden zum Verderben bestimmt sei-

VON STEINMEYER, Sprachdenkmäler S. 20ff (sächsisches Taufgelöbnis); FOERSTE, West-


fälische Sprache S. 90f (altwestfälisches Taufgelöbnis); DE BOOR - NEWALD, Deutsche
Literatur l, S. 26f; RATHOFER, Realien S. 16-19.
35
Alkuin, Vita Willibrordi 11 (MGH SS rer. Merov. 7, S. 125 16 ); SCHÄFERDIEK, Germanen-
bekehrung S. 504.
36
Alkuin, Vita Willibrordi 11 (MGH SS rer. Merov. 7, S. 12521).
37
Beda, Hist. eccl. IV 14 (ed. PLUMMER l, S. 237 f).
38
Rolandslied 38-46, 57-64 (ed. KARTSCHOKE l, S. 6/7, 8/9); BACKES, Teufel, Götter und
Heiden S. 417-441.
39
SCHRÖDER, Toleranzgedanke S. 403.
40
Ebd.
S 9 Dämonismus 55

en 41 . Auch der zeitgenössischen Theologie stellte sich in neuer Weise das Pro-
blem, wie man sich das ewige Geschick der Heiden zu denken habe; angesichts
des allgemeinen Heilswillens Gottes mochte man die schuldlos ungetauft Geblie-
benen nicht einfach der Verdammung anheim fallen lassen42.
Menschen der Bekehrung und der Taufe zuzuführen bedeutete dem Frühmittel-
alter, sie dem Teufel zu entreißen 43 . Das missionarische Bemühen zielte in immer
neuen Beweisen darauf ab, die Macht und Güte des Christengottes gegenüber den
heidnischen Göttern, die allesamt böse Geister waren44 , als überlegen darzustellen.
Zum Missionsbeweis gehörte darum immer der Geisterkampf: die Zerstörung heid-
nischer Heiligtümer oder auch das Fällen dämonenbehauster Bäume. Nicht in-
tellektuelle Bekehrungspredigt überzeugte, sondern teufelsbezwingende "Tat-
mission"45 . Schon der heilige Martin kann dafür als Beispiel angeführt werden.
Die alten Heidentempel galten ihm als bevorzugte Versammlungsorte der Dämo-
nen und mußten darum beseitigt werden. 'Wo der heilige Martin Heidentempel
zerstört hatte, baute er sogleich Kirchen oder Klöster.'46 Einmal verlangte die
Bevölkerung bei der Zerstörung eines heidnischen Tempels, daß ein benachbarter
Baum stehenbleiben sollte. Martin aber bestand darauf, ihn zu fällen, da besagter
Baum einem Dämon geweiht war. Um dessen Ohnmacht bloßzustellen, begab sich
der Heilige furchtlos in eine scheinbar unentrinnbare Todessituation; er ging näm-
lich auf das Verlangen der Leute ein, sich gerade dorthin zu stellen, wohin der
Baum stark geneigt war und beim Fällen mit Sicherheit hinfallen würde. Während
Martins Mönche vor Angst erbleichten, 'vertraut er selbst furchtlos auf Gott' 47 .
Tatsächlich kann Sulpicius Severus seinen Lesern mitteilen, daß der Baum nicht
in die erwartete Richtung auf den Gottesmann, sondern zur genau anderen Seite
gefallen sei. Weiter vermag der Teufel auch in Gestalt heidnischer Götter zu erschei-
nen. So habe er sich als Jupiter, noch öfter aber als Merkur und gelegentlich sogar
als Venus oder Minerva gezeigt48. All diese Momente begegnen uns ebenso noch in
der karolingischen Mission. Das Motiv des "Götterbaumes" wiederholt sich in der

41
Wolfram von Eschenbach, Willehalm 307,14f (ed. SCHRÖDER S. 393).
42
OHM, Stellung der Heiden.
43
Beda lobt z.B. Gregor den Großen: quia nostram, id est Anglorum, gentem de potestate
Satanae ad fidem Christi... conuertit (Hist. eccl. II l [ed. PLUMMER l, S. 73]).
44
ACHTERBERG, Interpretatio Christiana, passim; allgemein zum frühmittelalterlichen Dämo-
nenglauben HAUBRICHS, Motive S. 544f.
45
KAHL, Missionsgeschichtliches Mittelalter S. 31f. Es muß als Fehleinschätzung bezeichnet
werden, wenn K.HOLL (Missionsmethode S. 6) schreibt: "Der Niedergang der Predigt beginnt
... mit dem Augenblick, wo die Missionsarbeit in der Hauptsache vollendet ist." Die frühmittel-
alterliche Mission ist aber genau in der Zeit der "niedergegangenen" Predigt geschehen; daß
diese neue große Missionstätigkeit nicht auch eine Erneuerung der Predigt herbeiführte, liegt
an der veränderten Mentalität, der mehr an der "Tat" gelegen war. HOLL weiß freilich durch-
aus um die "Propaganda der Tat" (ebd. S. 8) in der altkirchlichen Mission; diese bestand in der
ethischen Disziplin der Christen, in ihrem Gottesdienst sowie in der sozialen Fürsorge (ebd. S.
10). Im Mittelalter aber war es vornehmlich die "Geister-Tat", die missionarisch überzeugend
wirkte.
46
Vita Martini 13,9 (ed. FONTAINE l, S. 282).
47
Ebd. 13,1-8 (S. 280ff).
48
Ebd. 22,1 (S. 300).
56 Taufe

von Bonifatius vorgenommenen Fällung der Donar-Eiche zu Geismar 49 . Die


Dämonisierung der germanischen Götter findet sich im "altsächsischen Taufge-
löbnis", näherhin in dessen Abrenuntiation: die Absage an den Teufel und alles
Teufelswerk sowie an Thunaer, Uuoden, Saxnote und allen unholdum50. Die
Zerstörung der sächsischen Irminsul gleich zu Beginn von Karls Sachsenfeldzügen
bildet den demonstrativen Auftakt für die Ankunft des überlegenen Christen-
gottes51 ; dessen Sieg ist das Ziel. Alkuin schreibt nach der fränkischen Niederwer-
fung der Awaren an Arn von Salzburg: 'Jenes Reich hat lange fest und stark be-
standen. Aber stärker ist, der es besiegt hat': Christus 52 .
Das Fazit kann nur lauten: "Heidnische Religionsausübung ist in jedem Fall
Teufelsdienst und ordnet die Heiden dem 'corpus diaboli' zu" 53 . Dem Reich des
Teufels eingegliedert zu sein bedeutete aber nicht nur ewiges, sondern auch zeitli-
ches Unheil. Als Karl der Große die Taufe Widukinds nach Rom melden konnte,
antwortete Papst Hadrian mit einem Glückwunsch und gab dabei der Zuversicht
Ausdruck, daß Gott wegen dieser Bekehrung Krankheiten und Pest fernhalten
werde 54 . Denn solches Unheil wurde als Werk der Dämonen angesehen, die aber
wegen der Christianisierung entfliehen mußten. Einhard, Verfasser der berühmten
Vita Karls des Großen und dessen "Hofarchitekt" 55 , weiß von eben solchen Dä-
monen zu berichten, die selbst noch das christliche Frankenreich verwüstet und
dabei Menschen, Tiere und Feldfrüchte schwer geschädigt hätten 56 . Nichts Besse-
res konnte man demnach tun, als die Dämonen zu vertreiben und ihnen die Men-
schen zu entreißen. Mission war darum ganz konkreter Heilsdienst. Von solcher
Sicht aber mußte sich die Taufspendung geradezu aufdrängen. Ja, dies wurde noch-
mals dringlicher dadurch, als neben dem verderblichen Teufelsreich nur die Alter-
native des Gottesreiches bestand; es war ein klar geschiedenes Entweder - Oder57 .
So sind zum Beispiel für Alkuin jene Sachsen, die ihre Patria verlassen hatten und
nach England gegangen waren, optimi christiani geworden; die aber zurückblieben,
bezeichnet er als Sündenbabel und als Wohnort der Dämonen 58 . Indem aber zeit-
liches und ewiges Glück, irdisches und himmlisches Heil miteinander verschlungen
waren, mußte der christliche Herrscher gerade um der irdischen Fürsorge willen
auch.die himmlischen Belange mitberücksichtigen: Er mußte das Reich Gottes,

49
Willibald, Vita Bonifatii 6 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 57, S. 3l 10 ).
50
Altsächsisches Taufgelöbnis (ed. BRAUNE - EBBINGHAUS S. 39); RATHOFER, Realien
S. 16f; ACHTERBERG, Interpretatio Christiana S. 72-76; BISCHOFF, Paläographische Fragen
S. 109.
51
Annales regni Francorum a. 772 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 34); BÜTTNER,
Mission S. 467; LÖWE, Irminsul S. 1-22.
52
Alcvini epp. 107 (MGH Epp. 4, S. 154 4 ).
53
SCHÄFERDIEK, Germanenbekehrung S. 503.
54
Codex Carolinus 76 (MGH Epp. 3, S. 60S25 ).
55
EBERL, Einhard Sp. 420-425.
56
Einhard, Translatio et Miracula SS. Marcellini et Petri 14 (MGH SS 15/1, S. 2S3 34 ).
57
ACHTERBERG, Interpretatio Christiana S. 54-59; EHLERS, Gut und Böse S. 27-71.
58
Alcvini epp. 174 (MGH Epp. 4, S. 289 9 J: Qui fo ras recesserunt, optimi fuerunt christiani,
sicut in plurimis worum est. Et qui remanserunt patria, in faecibus malitiae permanserunt. Nam
Babylon propter peccata populi daemoniorum deputata est habitatio.
$ 10 Konkrete Gnade 57

das als alleiniges Reich des Heiles sowohl irdisches wie himmlisches Wohlergehen
garantierte, mit aller Macht sichern und möglichst auch ausbreiten. Das Tor zu
diesem Heil aber bildete die Taufe, in die darum jedermann eintreten mußte. Den
"edlen Heiden" kennt erst wieder das Hochmittelalter, als die Theologie einen
Zwischenbereich zwischen Gottes- und Teufelsreich für das von Natur aus Gute
und damit auch für den guten, aber noch nicht getauften Menschen entdeckte 59 .

§ 10 Konkrete Gnade

Desweiteren läßt sich auch in der positiven Gnade, welche die Taufe mitteilt,
eine Akzentverschiebung konstatieren. Wiederum ist eine ähnliche Verschiebung
in der Eucharistietheologie festzustellen und dort auch besser untersucht: Die In-
tention zielte weniger auf die personale Eingliederung in den Leib Christi als viel-
mehr auf die Bitte um Heilsgaben. So trat also die kirchenerbauende Funktion
der Meßfeier zurück; stattdessen wurde dieselbe als vorzügliches Mittel erachtet,
Gnadenfrüchte zu erlangen. Die eucharistischen Gaben erschienen dabei als das
kostbare Heiltum, das die helfende Nähe Gottes verbürgte1. Die Meßliturgie
wurde darum als kultisch-sakraler Ritus verwandt, der in allen möglichen Fällen
als Bittformel eingesetzt werden konnte: für Reisende, bei Kinderlosigkeit, in
Krankheit, um gute Witterung, auf Kriegszügen oder für den Frieden und nicht
zuletzt auch für die Toten 2 . Bei der Taufe tritt eine ähnliche Auffassung hervor;
auch sie vermittelt vornehmlich heilige Gaben. Schon Augustin mußte das Miß-
verständnis beklagen, daß der Taufspendung eine medizinelle Wirkung zugespro-
chen wurde, und er wandte sich dagegen, daß Eltern ihre Kinder zur Taufe bräch-
ten, nicht in der Absicht, daß sie zum ewigen Leben wiedergeboren würden, son-
dern in der Erwartung, daß der heilige Brunnen ein Mittel zur Erhaltung oder
Wiedererlangung der Gesundheit gewähre3. Die bei Augustin kritisierte Auffas-
sung wird aber von den frühmittelalterlichen Vitenverfassern in ungenierter Weise
weitergeführt. Die Taufe heilt Seele und Leib; mit ihr sind zum Beispiel die Gene-
sung von Lepra, Blindheit oder sonstigen Gebrechen verbunden 4 . Der Taufe eine

59
SCHWINGES, Kreuzzugsideologie und Toleranz; ENGELS, Mission S. 218-224.

1
HÄUSSLING, Mönchskonvent S. 251-255; JUNGMANN, Eucharistia S. 29-40.
2
ANGENENDT, Missa specialis S. 153-221.
3
Augustinus, Ep. 98,5 (CSEL 34/2, S. 526 5 ): Nee illud te moueat, quod quidam non eafide
ad baptismum percipiendum paruulos ferunt, ut gratia spiritali ad uitam regenerentur aeternam,
sed quod eos putant hoc remedio temporalem retinere uel recipere Sanitätern. S. dazu JELLIN-
GER, Augustin S. 25f.
4
Vita Arnulfi 11 (MGH SS rer. Merov. 2, S.'43616J: Accepto ergo a sancto viro babtismi
Sacramento, repente de corpore illius lepra discessit, et factus est deinceps in utraque substan-
tia sanus; ähnlich Vita Gaugerici 5 (ebd. 3, S. 65320); Vita Odiliae 4 (ebd. 6, S. 409/): accepit
ipsam puellam et ... in fontern sanctificatum inmersit. Et cum earn a fönte sancto elevaret et
oculos ipsius crismate liniret, ilico ligaturis oculorum laxatis clare intendebat in fadem antisti-
tis; Vita secunda Patricii l (ed. BIELER S. 52 10 ): Ille autem baptizari portatus est ad alium
sanctum a nativitate caecum ... Qui de manu infantis signum crucis in terra posuit et inde erupit
58 Taufe

irdisch-konkrete Wirkung zuzusprechen ist Ausfluß der frühmittelalterlichen Re-


ligiosität, die sich das Wirken Gottes in unmittelbarer Weise leibhaftig und erleb-
bar vorstellte und der das Ausbleiben von konkret erfahrbarer Gotteshilfe nur aus
schuldhaftem Versagen der Menschen erklärlich war. Erst die frühscholastischen
Theologen empfanden wieder die Notwendigkeit, ausdrücklich zu betonen, daß
"die Taufe viel mehr die Seele reinigt als den Leib"5.
Die Auffassung von einer göttlichen Gnadenbegabung in der Taufe führte ferner
dazu, in einer Art "himmlischer" Taufspendung die Höchstform von Begnadung
zu sehen. Irische Viten sind es, die von taufenden Engeln wissen, deren Wirken
eine Taufspendung von Menschenhand erübrige6. Daß Taufe wesentlich ein Sa-
krament der Kirche ist, gespendet von ihren Organen und in der Zeit des Glau-
bens, wird nicht mehr so recht deutlich. Vielmehr löst sie sich aus ihrem aus-
schließlichen Heilsbezug auf die menschliche Lebenszeit, obwohl doch die Taufe
nach altchristlicher Auffassung als Berufung und erster Schritt zur christlichen
Lebensbewährung aufgefaßt werden muß. Als Begabung mit göttlichen Segens-
gaben ist sie selbst für die Toten heilsam, ja unersetzlich. So geschehen, wiederum
in irischen Viten, Totenerweckungen, nur um einem für einen Moment zu Leben
Erweckten noch die Gelegenheit der Taufgnade gewähren zu können 7 . Man be-
greift die Aktualität, wenn Hraban die Bestimmungen der altafrikanischen Syno-
den wiederholt, Toten nicht die Taufe zu spenden 8 . Nicht zuletzt ist typisch für
die Taufauffassung des Frühmittelalters wie schon der Spätantike, daß die gött-
liche Kraft als im Taufwasser anwesend und auch verbleibend.gedacht wird, da
doch die virtus Spiritus sancti in den Taufbrunnen herabgerufen sei9. Das gehei-

fons, et lauit fadem et aperti sunt oculi eins et relegit baptismum qui numquam litteras didicit
— tres uirtutes simul — et postea baptizatus est; Vita Lasriani 17 (ed. PLUMMER 2, S. 135):
Lasrianus ... in fide Christi instructum baptizauit; et tunc pergratiam baptismi utriusque homi-
nis Sanitätern recepit; Vita Mochoemog 6 (ebd. S. 167): A fönte iam baptismatis gratia Dei in
signis et prodigiis cum eo apparuit; Vita Abbani 3 (ebd. 1,5.5): baptissatus est, eratque plenus
gratia Dei.
s
LANDGRAF, Frühscholastik 3/2, S. 34.
Vita Coemgeni l (ed. PLUMMER l, S. 234): Tune angelus Domini in forma hominis in-
sufflans, signauit in nomine Patris, et Filii, et Spiritus Sancti, et orans benedixit eum ... Et
videns sanctus Cronanus infantem, alt: 'Iste sanctus infans rebaptizari non indiget, quia a viro
sanctiore et meliore me baptizatus est'; ähnlich in Vita Moling l u. 2 (ebd. 2, S. 190).
Vita Cronani 4 (ebd. 2, S. 23): Et benedicens sanctus Cronanus illud sepulcrum ... Statimque
vir mire magnitudinis surrexit ... et rogauit se baptizari. Ibique baptizatus est a viro sancto, et
iussit ei ibi statim mori. In einem anderen Falle verlangt ein zum Leben erweckter Kopf (!) ge-
tauft zu werden: Accepto autem baptismo, positus est cum corpore suo in alio sepulcro (Vita
Cainnicci 9 [ebd. l, S. 156]). S. auch Vita Maurilii 25 (MGH AA 4/2, S. 98 11 ).
8
Walafrid Strabo, De oxordiis et incrementis 27 (MGH Capit. 2/2, S. 51226): Mortuis vero
baptisma vel eucharistiam dari supradicti loci prohibetur concilia ...; s. ferner Breviarium
Hipponense 4 (CChr.SL 149, S. 34 7 ): Deinde cauendum est ne mortuos etiam baptizari posse
fratrum infirmitas credat, cum eucharistiam non dari mortuis animaduertit; Canones in causa
Apiarii 18 (ebd. S. 106182).
Die Taufwasserweihe heißt benedictio oder consecratio fontis (BENZ, Taufwasserweihe S.
218-255). Wichtig ist dabei die Epiklese: Descendat in hanc plenitudinem fontis uirtus Spiritus
tui totamque aquae substantiam regenerandi fecundet effectu; s. dazu BENZ, Taufwasserweihe
$ 10 Konkrete Gnade 59

ligte Wasser galt deswegen in höchstem Maße als wunderwirksam, wie überhaupt
bei zahlreichen Wunderhandlungen, besonders solchen apotropäischen Charak-
ters, Weihwasser verwendet wurde10. Die Frühscholastik mußte darum ihre Tauf-
theologie damit beginnen, daß sie zunächst einmal Sentenzen wie 'Taufe ist das
Wasser' oder 'Taufe ist Abwaschung' zu überwinden suchte 11 . Erst scholastische
Theologen konnten freimütig erklären, die Weihe des Taufwassers gebe oder
nehme dem Sakrament nichts 12 .
Bemerkenswert ist dabei, daß aus solcher Taufauffassung ein Verständnis
durchscheint, welches aus religionsphänomenologischer Sicht der Vorstellung vom
heilbringenden Segen nahesteht. Denn der Segen und ebenso sein Gegenstück, der
Fluch, bedeuten bekanntlich eine von numinosen Mächten ausgehende Förderung
oder Schädigung irdischen Lebens. "Es ist wohl eine der ältesten religiösen Vor-
stellungen, daß es Wesen und Mächte gibt, von denen Gutes, Kraft und Leben,
ausgeht, wie es solche gibt, die Böses bringen. Die Übertragung geschieht durch
Handlungen (Gesten, Berührungen), vor allem aber durch das Wort, das je nach-
dem Segen oder Fluch sein kann. Es steckt im Segen nach primitivem Glauben
etwas dinghaft Wirkliches. Wenn es in Bewegung gerät, wenn etwa ein Vater sein
Kind segnet, so ist die Wirkung unaufhaltsam, es sei denn, daß sie durch ebenso
starke Gegenkräfte durchkreuzt würde. Menschen und Dinge, auf die Segen ge-
kommen ist, sind wie geladen mit dieser Kraft, können sie weiterleiten, ja sie wir-
ken auf alles, was mit ihnen in Berührung kommt."13 Verwandte Vorstellungen
treffen wir nun auch in den frühmittelalterlichen Taufschilderungen an: Der Segen
der Taufe bewährt sich als Hilfe im Leben des Getauften und Gesegneten. Beispie-
le solcher Art wissen die Viten zahlreich zu berichten; oft auch werden die geist-
lichen Taufväter nachträglich wieder eingeladen, um erneut ihren Segen zu spen-
den, damit das Wohl der Getauften weiter gefestigt werde und noch lange erhal-
ten bleibe14 . Wie sehr die Taufe in die Nähe eines Segens gerückt wurde, mag auch
daran deutlich werden, daß man gelegentlich ihre Unterscheidung eigens hat ein-
schärfen müssen; ein irischer Bußkanon stellt jedenfalls unter Strafe, daß ein Kind
statt getauft zu werden nur gesegnet wird15 ; beide Riten konnten offenbar von
ihrer Substanz her als zum Verwechseln gleichartig empfunden werden.
Für die frühmittelalterliche Mission konnte die Auffassung von der Taufe als
einer leibhaftigen Gotteshilfe nur förderlich sein. Die religiöse Erwartung der
Germanen glaubt Walter Baetke in folgender Weise charakterisieren zu sollen:

S. 241ff; zu dem Bestreben, die Taufwasserweihe der Eucharistie-Epiklese anzugleichen und


dadurch das Bleibende zu betonen, s. DÖLGER, Fischsymbol l, S. 68-87; SCHEIDT, Taufwas-
serweihgebete S. 85-91; LENGELING, Taufwasserweihe S. 176-251; ANGENENDT, Bonifatius
S. 159ff. Zu der allgemeinen Auffassung vom Sakrament als einem "Gefäß" s. WEISWEILER,
Wirksamkeit der Sakramente S. 11-22.
10
NEUNHEUSER, De benedictione S. 455-459; FRANZ, Benediktionen l, S. 43-220.
11
LANDGRAF, Frühscholastik 3/2, S. 7-22.
12
ANGENENDT, Bonifatius S. 161f.
13
BEYER, Segnen S. 752f.
14
S. $ 22 Anm. 26.
15
Paenitentiale Cummeani X 19 (ed. BIELER S. 12831): Benedicens infantulum uice baptismi
annum ... penitent.
60 Taufe

"Die Einstellung zum Christentum ... ist ganz deutlich: man versteht den christ-
lichen Kult nach Analogie der heidnischen Religion als Heilsveranstaltung im Sin-
ne des politischen Heils ... Das wirkte sich auf die Christusauffassung in dem Sinne
aus, daß man zunächst gar nicht nach dem Wesen des neuen Gottes ..., sondern
nach seiner Macht und Wirksamkeit fragte. Nicht auf die Seins- oder Personenfra-
ge kam es den Germanen an ..., ihr Interesse war vielmehr darauf gerichtet, was
von dem neuen Gott zu erwarten war, welche Macht und Wirkungskraft er hat-
te."16 Diese göttliche Wirkmacht mußte sich zuallererst im Krieg bewähren; dem
stärkeren Gott war man bereit zu folgen. Es braucht nur an die bekannten
Schlachtengelübde erinnert zu werden, deren sieghafte Erfüllung jeweils die Taufe
nach sich zog. Chlodwig gelobte in der Alemannenschlacht: 'Jesus Christus,
Chrodichilde verkündet, du seiest der Sohn des lebendigen Gottes; Hilfe, so sagt
man, gebest du den Bedrängten, Sieg denen, die auf dich hoffen — ich flehe dich
demütig an um deinen mächtigen Beistand: gewährst du mir jetzt den Sieg über
diese meine Feinde und erfahre ich so jene Macht, die das Volk, das deinem Na-
men sich weiht, an dir erprobt zu haben rühmt, so will ich an dich glauben und
mich taufen lassen auf deinen Namen. Denn ich habe meine Götter angerufen,
aber, wie ich erfahre, sind sie weit davon entfernt, mir zu helfen. Ich meine daher,
ohnmächtig sind sie (nullius potestatis), da sie denen nicht helfen, die ihnen die-
nen. Dich rufe ich nun an, und ich verlange, an dich zu glauben; nur entreiße mich
aus der Hand meiner Widersacher.'17
Schon die schriftlichen Zeugnisse für das Motiv des stärkeren.Gottes — im Vor-
aufgehenden ist nur eines der bekanntesten nochmals angeführt — lassen darauf
schließen, daß der mit dem Christentum konfrontierte Heide die neue Religion
mit den ihm gewohnten, also nichtchristlichen Kategorien beurteilte 18 . Hat es
also, so lautet die in der jüngsten Forschung neu und erfolgreich behandelte Frage,
in der Germanenwelt die Vorstellung eines göttlichen Sieghelfers gegeben? In der
Chronik des sogenannten Fredegar ist ein Kriegsgebet der heidnischen Langobar-
den überliefert. Vor einer Schlacht sei über den Heeren eine Stimme mit dem Ruf:
'Dies sind die Langbärte' erschollen, und die Langobarden hätten darin Wodan
erkannt und ausgerufen: 'Wer auch immer uns den Namen gegeben hat — schenke
uns auch den Sieg!'19 Weiter hat Karl Hauck dem Gregor-Bericht über den Ale-
mannenkampf Chlodwigs eine gleichzeitige alemannische Scheibenfibel mit einer
Reiterdarstellung (aus Pliezhausen bei Tübingen) gegenübergestellt; auf dieser ist
in Abwandlung von Motiven spätantiker Staatskunst ein Sieghelfer dargestellt,
der dem Reiter den Speer zu schleudern hilft. Dasselbe Motiv findet sich auf Hel-
men sowohl aus Schweden wie auch auf dem Königshelm aus dem Sutton Hoo-
Grab 20 . "Diese Bilder aber propagieren den Kult jenes Mars-Wodan mit der Ver-

16
BAETKE, Aufnahme des Christentums S. 45.
17
Gregor von Tours, Hist. II 30 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 75 18 ); Übersetzung BUCHNER,
Gregor von Tours l, S. 117.
18
LJUNGBERG, Nordische Religion S. 165-183.
19
Chronicon Fredegarii III 65 (MGH SS rer. Merov. 2, S. HO 18 ).
20
HAUCK, Bildforschung S. 27-70; DERS., Götter- und Heldenwaffen S. 168-269.
$ 1 1 Erbsegen und Königsheil 61

herrlichung seiner Kampfhilfen." 21 Als Sieghelfer konnte, wie Hauck weiter er-
schlossen hat, selbst Odin in Vogelgestalt erscheinen 22 , ebenso "ein Paar im Waf-
fentanz", nach Hauck "germanische Dioskuren"23. Die neuerschlossenen Bild-
zeugnisse werfen auch ein neues Licht auf den Bekehrungsvorgang derjenigen
Germanen, die in der Spätantike mit dem römischen Reich in Verbindung getre-
ten waren. Diese Bildzeugnisse können nämlich nicht als genuin germanisch ange-
sprochen werden, sie sind vielmehr eine Entlehnung aus der spätantiken Reichs-
kunst. Wie schon die heidnische Antike kannte auch die christliche Reichstheolo-
gie den Sieghelfer24 ; das Kreuz zum Beispiel trat bei Konstantin an die Stelle
der vormaligen heidnischen Schutzzeichen und wurde "zum Unterpfand des mili-
tärischen Sieges und zum Abwehrmittel gegen seine Feinde" 25 . Es gab demnach
eine "germanische Randkultur" im Ausstrahlungsbereich des spätantiken Impe-
riums, und hier wurde, wie wir jetzt deutlicher sehen, jene religiöse Mentalität
ausgebildet, in der sich die Konversion zum Christentum vollzog.
Bei Chlodwig haben wir noch den interessanten Fall, daß das Christentum zu-
nächst einmal als unterlegen erschien. Schon bei der Geburt des ersten Sohnes
hatte der König auf Bitten seiner katholischen Gemahlin Chrodechilde der Taufe
zugestimmt. Aber das Kind wurde noch in den Taufkleidern vom Tod ereilt,
weswegen der König den Vorwurf erhob: 'Wäre der Knabe im Namen meiner
Götter geweiht worden, würde er gewiß noch leben; nun aber, da er im Namen
eures Gottes getauft worden ist, vermochte er nicht zu leben.'26 H. Hattenhauer
kommentiert treffend: "Hier hatten sich die alten Götter gerächt. Sie hatten sich
damit stärker erwiesen als der Christengott."27

§ 11 Erbsegen und Königsheil

Das Beispiel des nach der Taufe verstorbenen Chlodwig-Sohnes verdeutlicht


noch einen weiteren Aspekt, der das Segensverlangen zusätzlich bestärken mußte:
die Sicherung des Lebensfortgangs in der Familie. Aus der Rechts- und Verfas-
sungsgeschichte ist als Grundfaktum geläufig, daß bestimmten Adelsfamilien ein
unangefochtener Herrschaftsanspruch eingeräumt gewesen ist. Das Recht der
Nachfolge folgte der blutmäßigen Abstammung; in weniger eindeutigen Fällen
galt — mindestens in der zeitüblichen Vorstellung — der dem verstorbenen Herr-
scher blutsmäßig am nächsten Stehende als der Erstberechtigte1. Für die Respek-

21
DERS., Götter- und Heldenwaffen S. 240.
22
DERS., Bildforschung S. 46ff.
23
Ebd. S. 50.
24
SPEYER, Hilfe und Epiphanie S. 74-77.
25
STOCKMEIER, Konstantinische Wende S. 8.
26
Gregor von Tours, Hist. II 29 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 75 2 ).
27
HATTENHAUER, Recht der Heiligen S. 114.

1
KERN, Gottesgnadentum S. 13-45; MITTEIS, Königswahl S. 28-36; RÖRIG, Geblütsrecht
S. 71-147; HOFFMANN, Königserhebung S. 1-22.
62 Taufe

tierung der Herrschaftsfolge nach der genealogischen Deszendenz hat sich die Be-
zeichnung Geblütsrecht eingebürgert; ja es wird — allerdings nicht unbestritten —
auch von Geblütsheiligkeit gesprochen 2 . Die darin anklingende sakrale Kompo-
nente findet insofern eine Grundlage in den Quellen, als tatsächlich von einer
benedictio oder virtus gesprochen werden kann, die auf dem Herrschergeschlecht
liegt und sich durch die Generationen fortsetzt. Paulus Diaconus zum Beispiel
spricht den Karolingern von ihrem "Spitzenahn" her, von Bischof Arnulf von
Metz (+ 640), einen so wirkungsvollen und dauerhaften Segen zu, daß deswegen
dem Geschlecht das regnum Francorum übertragen worden sei. Indem sich aber
dieser Segen über mehrere Generationen weiterleitet, darf man von einem Erb-
segen sprechen 3 .
Solche dynastisch-politischen Erwartungen konnten aber auch mit der Taufe
verbunden werden. Besonders deutlich sprechen wieder die irischen Viten: Die
Taufe bringt einem Herrscher Heil und Segen, zunächst ihm selbst, darüber hinaus
aber auch den nachfolgenden Generationen; der König und mit ihm das Volk
empfangen darin eine heilsmäßige Sicherung ihrer Zukunft 4 . Für die Vorstellung
des Erbsegens und der sakralen Herrschaftsbegründung fand das Frühmittelalter
eine autoritative Bestätigung im Alten Testament. In Altisrael wie an vielen ande-
ren Stellen im Alten Orient kannte man einen "Segen, den der Stammesgott
bereits dem Stammvater zugesagt oder den der Stammvater durch ein Segenswort
seinen Nachkommen hinterlassen hat" 5 . Die ganze Patriarchengeschichte ist ge-
prägt von solchen Vorstellungen6 , und entsprechende Stellen, die den Nachkom-
men oder dem 'Samen' eines Geschlechtes den Segen verheißen, wurden im Früh-
mittelalter gerne aufgegriffen 7 .
2
HAUCK, Geblütsheiligkeit S. 187-240; DERS., Herrschergenealogien S. 186-223; HÖFLER,
Sakralcharakter S. 75-104; DE VRIES, Königtum S. 289-309; zur Kritik s. SCHNEIDER,
Königswahl S. 204ff; HOFFMANN, Heilige Könige S. 46-58; ferner die Wiedergabe des Dis-
kussionsstandes bei KAUFMANN, König Sp. 1002-1014; THEUERKAUF, Geblütsrecht Sp.
1421f; zum Erbcharisma in der Antike s. TAEGER, Charisma l, S. 31ff; ebd. 2, S. 13-17.
3
Paulus Warnefridus, Gesta episcoporum Mettensium (MGH SS 2, S. 264 48 ): [Arnulfus] bene-
dixit eum [Anschisum] eiusque cunctam progeniem nascituram in posterum. ... et ita in eo
paterna est constabilita benedictio, ut de eius progenie tarn strenui fortesque viri nascerentur,
ut non inmerito ad eius prosapiam Francorum translatum sit regnum; ausführlich dazu HAUCK,
Ausbreitung S. 147-160; weiteres Material in VAUCHEZ, Säintete S. 209-215 ('Beata stirps':
la saintete du lignage).
4
Vita Albei 21 (ed. PLUMMER l, S. 54): Si tu credideris, et baptizatus fueris, diuinum auxi-
lium rogabo pro te et filiis tuis. Tune rex credidit, et baptizatus est; Vita Geraldi 5 (ebd. 2, S.
110): uir Dei Geraldus baptizauit [iuuenem] ... Ex illo enim propter benedictionem uiri Dei
multi ualentes proceres ac potentes in terra ilia processerunt. Die gleichen Wirkungen werden
auch einer Segensspendung zugesprochen; Vita Abbani 33 (ebd. l, S. 24): sanctus senior ...
ipsam gentem, et semen eius in eternum, et.regem, et omnes reges futuros de semine eius, prefer
dissipatores ecclesiae Dei, diligenty benedixit; Vita Barri 12 (ebd. S. 71): benedixit ilium cum
semine suo. In der Taufprophetie kann dann das glückliche Geschick des ganzen Geschlechtes
vorhergesagt werden; Vita Carthagi 12 (ebd. S. 174): Et filii eius regnabunt post se in etemum...
Quod uaticinium sie completum est.
5
SCHARBERT, Prolegomena S. 31-44; Zitat S. 38.
6
DUBARLE, Sünde S. 47-90.
7
Codex Carolinus 17 (MGH Epp. 3, S. 51730).· ut semen vestrum splendidissimum usque in
$ 11 Erbsegen und Königsheil 63

Daß auch die Taufe in einem Geschlecht einen neuen Erbsegen zu initiieren
vermochte, mußte besonders die konvertierenden Herrscher interessieren. Ein
Beispiel dafür, was die Taufe in der Begründung einer neuen Herrschaft zu leisten
vermochte, vermittelt die Historia Brittonum des Nennius. Der Fall spielt vorgeb-
lich im 5. Jahrhundert, zur Zeit der Ankunft der ersten Angelsachsen auf den
britannischen Inseln. Aufgezeichnet wurde die Geschichte zu Beginn des 9. Jahr-
hunderts, als die Bekehrung der angelsächsischen Königreiche zum Abschluß
gekommen war, aber noch in lebendiger Erinnerung gewesen sein dürfte 8 . Germa-
nus von Auxerre, der tatsächlich in Britannien gewesen ist 9 , soll von einem Briten-
könig abgewiesen worden sein, doch bei einem von dessen Knechten Bewirtung
und Herberge gefunden haben. Zur Strafe vernichtete den König samt Familie
und Anhängerschaft ein Feuer, das vom Himmel auf seine Burg fiel. Der gastliche
Knecht aber bekehrte sich zum Glauben und wurde getauft. Germanus habe ihn
dabei gesegnet und hinzugefügt: Vom Tage an sei er, der Knecht, König, und die
Königswürde werde von seinem Stamm nicht weichen; so sei es denn auch gesche-
hen 10 . Natürlich überzieht der Bericht das damals Mögliche. Doch so viel soll der
Leser beherzigen: Ein abweisender König wird vom Thron gestoßen, und ein nie-
driger, sich bekehrender Knecht steigt auf; dies aber geschieht in dem mit der Tau-
fe vermittelten Segen11 .
In Wirklichkeit verblieben die Herrscher natürlich auf ihrem Thron. Doch ihre
Legitimation bedurfte dort, wo sie in heidnischer Zeit aus einer religiösen oder
gar göttlichen Abkunft abgeleitet wurde 12 , einer neuen verchristlich ten Basis. Die
alten Götterabkömmlinge mußten nach einem neuen Heil Ausschau halten. Schon
bei der Bekehrung Chlodwigs mußte man für diese Frage eine Lösung finden. So
suchte Avitus von Vienne dem neugetauften König klarzumachen, daß er consue-
tudinem generis et ritum paternae observations aufgeben müsse. Von der alten

finem mundi eundem regni fruatur culmen; ebd. 26 (S. 531 ): et solium regni vobis vestroque
praeclaro semini aevis prosperisquae temporibus; ebd. 33 (S. 5406): regnum et semini eius in
aeternum gloriose tribuit possidendum. ... in utero matris vos sanctificans, ad tarn magnum
regale provexit culmen, mittens apostotum suum, beatum Petrum, per eiusnempe vicarium, et
oleo sancto vos vestrumque praecellentissimum genitorem unguens celestibus replevit bene-
dictionibus; ebd. 35 (S. 5432 ): de vestro praeclaro semine super regale solium potentiae ve-
strae usque in finem seculi sedere permittat. Die Segnung des semen und die fortdauernde In-
habe des Thrones sind biblisch inspiriert; Gn 32,12b: et dilatares semen meum ...; 2 Reg 7,
13b: et stabiliam thronum regni eius usque in sempiternum; l Chron 22,10b: firmaboque
solium regni eius super Israel in aeternum. — Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang eine
Feststellung von E. EWIG (Gebetsdienst der Kirche S. 45-86), daß die Gebetsintention, die in
der Merowingerzeit vornehmlich dem Reich galt, sich in karolingischer Zeit immer mehr um-
wandelte in eine Fürbitte für die herrschende Dynastie.
8
GRANSDEN, Historical Writing S. 5-12.
9
BORIUS, Vita Germani S. 76-91.
10
Nennius, Historia Brittonum (MGH AA 13, S. 176 ): In crastino die ille vir, qui hospitalis
fuit illis, credidit et baptizatus est cum omnibus filiis suis et omnis regio cum eis, cui nomen
erat Catel. et benedixit ei et addidit et dixit: non deficiet rex de semine tuo. ipse est Catell
Durnluc, et tu rex eris ab hodierna die.
11
HATTENHAUER, Rex et sacerdos S. 34-38; die Thematik wiederholt DERS., Recht der
Heiligen S. 32-60 (ohne Einzelbelege).
12
HAUCK, Herrschergeneälogien S. 186-223; VOLLRATH, Orale Gesellschaften S. 574-580.
64 Taufe

Abkunft behalte er nur den Adel; was die Hoheit seines Geschlechtes in Zukunft
ausmachen werde, müsse von ihm seinen Anfang nehmen: Respondetis proavis,
quod regnatis in saeculo; instituistis posteris, ut regnetis in coelo13. "Chlodwig
wird durch seinen Glaubenswechsel selbst zum Begründer eines neuen Stamm-
baumes."14 Ja sogar noch bei jenem Geschlecht, das die Merowinger ablöste, bei
den Karolingern, hat die Taufe bei der Gewinnung eines neuen Heiles insofern
eine Rolle gespielt, als die Königssalbung, welche den Karolingern das neue Heil
vermittelte, aller Wahrscheinlichkeit nach aus den Taufsalbungen abgeleitet wor-
den ist 15 . Noch Karl der Große ließ 781 seinen Sohn Pippin von Papst Hadrian
taufen sowie zum König von Italien salben und krönen: baptizavit... pontifex ...
Pippinum unxitque eum in regem16. In gleicher Weise wurde der bereits getaufte
Sohn Ludwig zum König von Aquitanien erhoben. Wie vorher schon Pippin der
Jüngere und seine Söhne mit Hilfe der Salbung sich gegenüber den Merowingern
ein neues Königsheil verschafft hatten, so geschah es 781 auch noch mit Karls
Söhnen Pippin und Ludwig, die in soeben eroberten Gebieten, welche aber über
eine eigene Königstradition verfügten, die Herrschaft übernahmen 17 .
Wir dürfen demnach feststellen: Wie die Taufe einerseits die alte Herrschafts-
legitimation in Frage stellte, so enthielt sie andererseits doch auch Momente,
welche ein neues Herrschaftsheil zu begründen vermochten. Ein bestätigendes
Beispiel dafür, wie sehr die Taufe in der Vorstellung der Zeit eine neue Herrscher-
linie zu initiieren vermochte, führt uns kein geringerer als Hinkmar von Reims vor
Augen. In den Annales Bertiniani stellt er Ludwig den Frommen in folgender
Weise den Lesern vor: Kaiser Hludowicus stamme über den seligen Arnulf von
jenem Frankenkönig Hludowicus ab, der sich auf des seligen Remigius Predigt
hin mit seinem Volk bekehrt habe und mit dreitausend Franken zu Reims getauft
worden sei; dabei sei er mit vom Himmel herabgesandtem Öl, das man immer
noch in Vorrat habe, gesalbt und zum König geweiht worden 18 . Den Anfang also
bildet Chlodwig mit seiner Taufe und der dabei geschehenen Königssalbung; von
ihm leiten sich nun ebenso die Karolinger ab, deren Königsstellung gleichfalls
noch aus jener Taufsalbung herrührt, die auch Chlodwig empfangen hat.
Die Umdeutung der Taufgnade zu einem familiären Erbsegen und zum Königs-
heil hat erhebliche Konsequenzen nach sich gezogen. Die alte Kirche war von
einem starken Öffentlichkeitsbewußtsein durchdrungen, in welchem zuerst die
Kirchenglieder vom gemeinsamen Glauben her als" wahlverwandte Brüder und
Schwestern angesehen wurden 19 . Die Kirche, weniger die eigene Familie, galt als
erstverpflichtende Gemeinschaft 20 . Im Frühmittelalter aber drohte dieses umfas-

13
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 1S ).
14
HAUCK, Geblütsheiligkeit S. 194.
15
ANGENENDT, Rex et Sacerdos S. 100-118.
16
Annales qui dicuntur Einhardi a. 781 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 57); dazu zu-
letzt BRÜHL, Kronen- und Krönungsbrauch S. 27f.
17
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 70-90.
18
Annales Bertiniani a. 869 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 5, S. 104).
19
RATZINGER, Christliche Brüderlichkeit S. 1-124.
20
GAUDEMET, Familie Sp. 343f.
$ 11 Erbsegen und Königsheil 65

sende Öffentlichkeitsbewußtsein von der weit gespannten religiösen Wahlver-


wandtschaft auf das Familiäre reduziert zu werden. Aus der Religionsgeschichte
ist bekannt, wie sich in familiär organisierten Sozietäten auch entsprechende For-
men von Religiosität zu entwickeln pflegen 21 . Daß gerade im Frühmittelalter
kirchliche Einrichtungen von Familieninteressen okkupiert worden sind, ist hin-
reichend bekannt; daß etwa Adelsfamilien selbst Bischofssitze, erst recht Klöster
und Landkirchen zu Domänen ihrer Familienherrschaft und sogar erbrechtlicher
Ansprüche gemacht haben, daß sie ihre Familienklöster benutzten zur Versor-
gung nachgeborener Kinder, weiter auch zur eigenen Grablegung und nicht zu-
letzt zur Erlangung jener göttlichen Segensgaben, die das immerwährende Gebet
der Klosterleute den Lebenden wie den Toten einbringen sollte 22 .
Gerade von der Taufe her läßt sich gut sichtbar machen, wie nun auch die reli-
giösen Vollzüge in ihrem inneren Verständnis auf die Familie hin umorientiert
werden konnten, weil sie jetzt mehr als heilbringender Segen zum Fortbestand
der Familie denn als Eingliederung in die Kirche verstanden wurden. Zur Ver-
deutlichung sei nochmals auf eine parallele Entwicklung im Eucharistie-Ver-
ständnis verwiesen; indem es dort zuerst um die Gewinnung heiliger Gaben und
besonderer Gnadenfrüchte ging, trat die kirchenerbauende Funktion der Meß-
feier zurück; es ging weniger um die personale Eingliederung in den Leib Christi
als vielmehr um die Sicherung des persönlichen Wohlergehens; aus der 'missa
publica' wurde eine 'missa specialis'23. Das in dieser Hinsicht gleichartige Tauf-
verständnis des frühen Mittelalters führte ebenfalls dazu, daß der öffentliche, auf
die Gesamtkirche tendierende Bezug der Taufe verwischt wurde. Das öffentliche
Gepräge der alten Kirche, "vom Standpunkt des kirchlichen Gemeinwesens kon-
zipiert"24 und augenfällig sich darstellend in den übergreifenden Ordnungen des
Synodalwesens wie des Metropolitanverbandes, hatte sich gerade auch im Tauf-
ritus seinen Ausdruck geschaffen. Denn durch die Taufe trat der Bekehrungswilli-
ge in die Kirche ein, näherhin in eine bestimmte Gemeinde; er vollzog damit, wie
de Lubac einmal gesagt hat, "etwas wesentlich Soziales"25. Taufspender war der
Bischof dieser Gemeinde, in deren Beisein der Taufakt normalerweise vollzogen
wurde. Im Frühmittelalter aber ändern sich bezeichnenderweise diese äußeren
Umstände: Nicht mehr einfach der zuständige Bischof, sondern ein in besonderem
Rufe stehender Gottesmann tauft, und oft auch nicht mehr in und vor der Ge-
meinde, sondern in der Königspfalz oder im Adelshaus, also im familiären Raum.
Die karolingische Reform hat zweifellos bedeutsame und für die Grundrichtung
des kirchlichen Lebens auch erfolgreiche Versuche unternommen, die Taufspen-

21
WACH, Religionssoziologie S. 65-88; MENSCHING, Soziologie der Religion S. 34-44; fer-
ner das sehr instruktive, die altisraelitischen Verhältnisse betreffende Buch von DE FRAINE,
Adam und seine Nachkommen S. 17-46, 52-64, 79-89; SCHARBERT, Prolegomena S. 37ff.
22
SCHMID, Problematik S. 1-62; DERS., Nachfahren Widukinds S. 1-47; DERS., Gemein-
schaftsbewußtsein S. 18-81; DERS., Person und Gemeinschaft S. 225-249; ANGENENDT,
Willibrord S. 94-104; VON PADBERG, Heilige und Familie.
23
HÄUSSLING, Mönchskonvent S. 251-255; ANGENENDT, Missa specialis S. 153-221.
24
FEINE, Kirchliche Rechtsgeschichte S. 66.
25
DE LUBAC, Katholizismus S. 75.
66 Taufe

spendung aus der privaten Verfügung und auch aus den Adelshäusern herauszu-
nehmen: Die Taufe sollte wieder der Oberaufsicht des Bischofs unterstehen, und
nur die in seiner Hoheit stehenden Baptisterien sollten als legitimer Taufort gel-
ten26 . Dabei war sicherlich zunächst der Gedanke maßgebend, aufgekommene
Mißbräuche durch eine bischöfliche Überwachung auszumerzen. Zugleich war es
aber auch die Wiederherstellung einer gewissen Kirchenöffentlichkeit, weil man
eben für die Taufspendung wie auch für die Meßfeier wieder "zur Kirche gehen"
mußte 27 . Aber gerade die Herrscherfamilien sicherten sich für die Taufe ihrer Kin-
der ein Sonderrecht; dieselben durften in der Königskapelle getauft werden 28 .

§ 12 Kollektivtaufe

Albert Hauck hat in einem heute noch lesenswerten Aufsatz1 den Unterschied
zwischen der altkirchlichen und der frühmittelalterlichen Weise der Taufspendung
auf die soziologische Formel von Individuum und Gruppe gebracht: Die Antike
kannte die Einzelbekehrung und forderte in der Taufe vom Einzelnen die persön-
liche Entscheidung. "Das Christentum erscheint somit schlechthin als Religion
des Individuums ... Denn entscheidend ist lediglich die Überzeugung."2 Im Früh-
mittelalter dagegen galt: "Nicht der einzelne, sondern die Gesamtheit entscheidet
über die Zugehörigkeit zu dieser oder jener Kirche" 3 . Die Missionsmethode der
alten Kirche habe darum gegenüber Völkern versagen müssen, bei denen die Indi-
vidualität des einzelnen sehr wenig entwickelt, die geistige Abhängigkeit von der
Gesamtheit noch kaum erschüttert gewesen sei; Religion habe vielmehr als Volks-
sitte gegolten, von der der Einzelne sich weder habe losreißen können, noch auch
habe losreißen wollen; die Mission habe deswegen die Gesamtheit gewinnen

26
Conc. Vernense a. 755 c. 8 (MGH Capit. l, S. 344 ): ut nullus presbiter non praesumat in
illa parrochia nee baptizare, nee missas celebrate sine iussione episcopi in cuius parrochia est;
ebd. c. 7 (S. 34 ): Ut publicum baptisterium in ulla parrochia esse non debeat, nisi ibi ubi
episcopus constituent cuius parrochia est; ... illi presbyteri, quos episcopus in ipsa parrochia
constituent ... licentiam habeant baptizandi; CONWAY, Time and Place S. 32-43 (wenig ergie-
big)-
27
Duplex legationis edictum 25 (MGH Capit. l, S. 64 9 j: Ut in diebus festis vel domnicis omnes
ad ecclesiam veniant; et non invitent presbyteros ad domus suas ad missam faciendam; s. auch
HÄUSSLING, Mönchskonvent S. 232f.
28
CONWAY, Time and place S. 56f, 125-132; GRASS, Pfalzkapellen und Hofkirchen (1) S.
364-394; ULLMANN, Liber regie capelle bes. S. 1-9. Das unter Papst Paul V. im Jahre 1614
erschienene Rituale Romanum (s. dazu LÖWENBERG, Rituale Sp. 1327ff) verbietet die Taufe
in privatis locis, gestattet aber für die Königs- und Fürstenhöfe eine Ausnahme; Rituale Roma-
num (ed. Papa Paulus V., Rom 1614, S. 10): in privatis locis nemo baptizari debet nisi forte
sint Regum, auf magnorum Principum filii, id ipsis ita deposcentibus; dummodo id fiat in
eorum Capellis seu Oratoriis, et in aqua baptismali de more benedicta. Diese Bestimmung findet
sich noch in der Ausgabe Tournai 1885, S. 5f.

1
HAUCK, Missionsmethode S. 305-316, 375-383.
2
Ebd. S. 313.
3
Ebd. S. 377.
$ 12 Kollektivtaufe 67

müssen, um bis zum einzelnen zu gelangen4. Mit diesen Feststellungen sind zwei-
fellos richtige Beobachtungen wiedergegeben5. Doch muß vor einer allzu plaka-
tiven Beurteilung gewarnt werden. Die von Karl Barth ausgelöste Diskussion um
die Kindertaufe hat eine neue Serie exegetisch-historischer Forschungen zur Folge
gehabt, wobei es vor allem darum ging, ob bei der Taufe ganzer Häuser', von
denen das Neue Testament berichtet, die Kinder eingeschlossen gewesen seien
und folglich die Taufe kumulativ gespendet worden sei6 . Lange und heftig wurde
dabei um die religiöse, soziale und antik-rechtliche Bedeutung des Oikos gestrit-
ten; die Kontroverse hat in den Publikationen von J. Jeremias und K. Aland einen
ergebnisreichen Niederschlag gefunden 7 ; nachfolgende Detailuntersuchungen
konnten weitere Klärungen herbeiführen 8 . Auffälligerweise wurde wenig beachtet,
wie die Christen selbst über Ehe, Familie und Kinder gedacht haben. Jean Gaude-
met hat dazu wichtige Feststellungen gemacht: Die christliche Familie erschien
von vornherein in der Form der Kleinfamilie, die nurmehr Eltern und Kinder um-
schloß. "Für die Groß-Familie ... und für die absolute Autorität eines Patriarchen
ist in der Welt der Evangelien kein Raum."9 Ferner beobachtet Gaudemet eine
betonte Gegenseitigkeit bei den Pflichten und Rechten jedes Familienmitgliedes.
Gerade darin, daß den Kindern soviel Platz eingeräumt werde, zeige sich "eine
neue Tendenz in der Auffassung von Familienbeziehungen"10. Den Eltern fiel
selbstverständlich die Aufgabe der Erziehung zu, "die sie zwar mit Festigkeit,
jedoch ohne ungerechtfertigte Härte erfüllen sollen"11. Im Vergleich mit der anti-
ken Vatergewalt fallen die bei den Christen weitgehend auf Gegenseitigkeit beru-
henden Familienbeziehungen deutlich auf: "Die altrömische Familie ... war sehr
einfach aufgebaut, sie gewährte dem 'pater' Vorrechte, ohne ihm dagegen viele
Pflichten aufzuerlegen. In der christlichen Auffassung findet sich nichts Ähnli-
ches"12 . Von daher ist es nicht eben wahrscheinlich, daß über die Taufe der Kin-
der mit väterlicher Gewalt hätte entschieden werden können. Tatsächlich gab es
bei den Christen die religiös gespaltene Familie13.
Im Übergang zum Mittelalter ist wiederum eine Verfestigung der Familien-
struktur und gleichzeitig auch eine neue Betonung der väterlichen Hausgewalt

4
Ebd.
5
Im Taufritus kam ehemals die Bedeutung des Einzelnen darin zum Ausdruck, daß er seine
Taufbereitschaft und seinen Glauben ausdrücklich bekundete und auf entsprechende Fragen
antwortete (S. i 6 Anm. 43-46); RATZINGER, Taufe S. 81: "Die Taufbefragung mit ihrem
dreifachen 'credo' ist ... Mitte des Taufgeschehens selbst".
6
S. die Übersichten bei HUBERT, Kindertaufe S. 315-329; SCHENKE, Oikosformel S. 226-
243.
7
JEREMIAS, Kindertaufe; ALAND, Säuglingstaufe; JEREMIAS, Anfänge der Kindertaufe.
8
WEIGANDT, Oikosformel S. 49-74; DELLING, Taufe von 'Häusern' S. 285-311; STROBEL,
Haus S. 91-100.
9
GAUDEMET, Familie Sp. 339.
10
Ebd. Sp. 340.
11
Ebd. Sp. 341.
12
Ebd. Sp. 346f.
13
Es sei nur an Augustin erinnert, der aus einer religiös gespaltenen Familie stammt.
68 Taufe

festzustellen 14 . Das Haus soll sogar, um eine bekannte Formulierung O. Brunners


zu wiederholen, den "Kern aller Herrschaft"15 gebildet haben; auf jeden Fall
gingen "die hausherrlichen Rechte gegenüber Frauen, Kindern und Gesinde ...
ursprünglich sehr weit"16 . Wie aber die Familie rechtlich eine korporative Einheit
bildete, so auch religiös17. Für die Bekehrung mußte dies zur Folge haben, daß
nicht mehr der einzelne, sondern der familiäre Verband diesen Schritt vollzog.
Tatsächlich berichten die frühmittelalterlichen Quellen von der Taufe ganzer Fa-
milien18 . So sehr dies der damaligen Sozialstruktur entsprach, so ist dennoch auf
eine bedeutsame Ausnahme hinzuweisen: daß nämlich bei der Bekehrung eines
Königs auffallend häufig dessen nachfolgeberechtigter Sohn ungetauft blieb. Die
Gründe werden sorgfältig zu erörtern sein. '
Wie aber schon A. Hauck betonte, war dem familiären Entscheid zur Taufe
der umfassendere "Volksbeschluß"19 vorgeordnet. Der Grund für diese korpora-
tive Entscheidung ist zunächst einmal darin zu suchen, daß das Christentum bei
den frühmittelalterlichen Völkern gentilreligiösen Vorstellungen begegnete. Hören
wir wieder H.-D. Kahl: "Ethnische, politische und religöse Ordnung decken sich;
sie alle haben eine gemeinsame Grenze nach außen; innerhalb dieser Grenze ist
jedes Glied der Gemeinschaft, solange sie innerlich intakt ist, zur Teilnahme auch
an ihrem kultischen Leben verpflichtet, um seinerseits beizutragen zur Erhaltung
des gemeinsamen 'Heils'"20. Diese gentilreligiöse Geschlossenheit bewirkte, daß
die Konversion, obwohl das Christentum von seinem Wesen her ganz anders
denken mußte, in korporativer Entscheidung vollzogen wurde. Kahl hat deswegen
die "methodische Forderung" erhoben, "daß wir in der Anwendung von Begriffen
wie 'Gewaltmission' und 'Zwangschristianisierung' eine sehr viel größere Zurück-
haltung zu üben haben als bisher"21. Von Zwangstaufen könnte zutreffend nur
vom Blickwinkel individuellen Denkens her gesprochen werden; wo aber ein solch
individuelles Denken noch nicht geweckt war, ist angemessen nur von einer kor-
porativen Taufe zu sprechen. Tatsächlich sah sich der einzelne im frühen Mittel-
alter eingebunden in umfassendere Verbände. So schreibt Karl Schmid: "Offen-
bar lebte damals die Person nicht aus sich selbst; ihr Eigenbereich war nicht der
Schwerpunkt, aus dem sie lebte. Vielmehr war sie gleichsam hineinverwoben in
die Lebensbereiche, die ihr zu leben erst ermöglichten, hineinverwoben in die

14
SCHWAB, Familie Sp. 1067-1071; DERS., Familie S. 253-301.
15
BRUNNER, Land und Herrschaft S. 254.
16
SCHULZE, Hausherrschaft Sp. 2031; s. ferner SCHLESINGER, Herrschaft und Gefolg-
schaft S. 135-190; KROESCHELL, Haus und Herrschaft.
17
SCHMID, Problematik S. 1-62; VON PADBERG, Heilige und Familie; BOSL, Familia S. 403-
424.
8
Vita Boecci 7 (ed. PLUMMER l, S. 89): Regem quoque suosque familares et alias quam plu-
rimos lauacro salutari ipse baptizauit; Vita Hilarii 7 (MGH AA 4/2, S. 4 1 ): cuncta familia in
nomine domini meruerunt pariter baptizari; Vita Audomari 10 (MGH SS rer. Merov. 5, S.
759 12 ): [Adrowaldus], quem beatus Audomarus ... cum omni sua baptizavit familia. S. auch
S 27 Anm. 15 u. S 28 Anm. 20.
19
HAUCK, Missionsmethode S. 378.
20
KAHL, Missionsgeschichtliches Mittelalter S. 31.
21
Ebd. S. 58.
§ 12 Kollektivtaufe 69

natürlichen Gemeinschaften, in den Kultverband, den Geburtsstand, in das ihr


verliehene Amt, den von ihr ausgeübten Beruf und so fort. Die Person scheint in
starker Abhängigkeit von den sie tragenden Mächten. Mit Recht wird daher in
Abrede gestellt, die Persönlichkeit habe im frühen Mittelalter für sich selbst und
in sich selbst einen Wert dargestellt. Sie galt in diesem Zeitalter nicht als auto-
nom."22
Nicht der Einzelne, vielmehr war es jeweils die größere Gruppe, die sich bekehr-
te, und dies vollzog sich im Zusammenspiel der Großen mit dem König. Sobald
die Quellen die Taufe eines Königs vermelden können, wird sofort auch mitge-
teilt, daß die Großen ihm gefolgt seien. Bei Chlodwig sollen es, wie Gregor von
Tours zu berichten weiß, 3000 aus dem fränkischen exercitus gewesen sein23 ;
beim nordhumbrischen Oswald waren es dessen milites™, und in Sussex gingen
mit König Aethelwalh die primi prouinciae duces ac milites25 zur Taufe. Beson-
ders ausführlich berichtet Beda über die Taufentscheidung des nordhumbrischen
Edwin und seiner Großen, daß nämlich der König mit seinen 'Freunden', 'Großen'
und 'Ratgebern' beraten habe, um dann mit dem gesamten Adel und zahlreichem
Volk die Taufe zu empfangen26 . Sobald die politisch und militärisch führende
Schicht im Verein mit dem König den Glaubenswechsel vollzogen hatte, nahm die
Mission den Weg "von oben nach unten", zum gemeinen Volk. Dies galt so selbst-
verständlich, daß Papst Gregor die Merowingerin Berta, die Gemahlin des kenti-
schen Königs Aethelberht, mahnen konnte, für die Konversion des Königs und
durch ihn für die des ganzen Volkes Sorge zu tragen 27 . Ähnlich heißt es in den
fränkischen Reichsannalen, daß mit der Taufe des Sachsenführers Widukind tota
Saxonia subiugata est26 ; das heißt, den Unterwerfungs- und Bekehrungsprozeß
glaubte man mit der Taufe des Anführers abgeschlossen.
So plausibel es erscheinen mag, die frühmittelalterliche Bekehrung als korpo-
rative Entscheidung darzustellen, so bleibt eine solche Darstellung dennoch un-
zureichend; diese vornehmlich soziologische Betrachtung muß um wesentliche
Aspekte ergänzt werden. Bei den Völkern außerhalb der antiken Hochkultur gab
es keine Trennung des Profanen vom Heiligen, des Säkularen vom Religiösen; viel-
mehr galten nahezu alle Lebensvorgänge als irgendwie sakral und wurden dement-
sprechend von der Religion getragen und überformt. Bei der Hinwendung zum
Christentum gab es folglich keine religionslosen oder säkularisierten Lebensgebie-
te, die unberührt hätten weiterbestehen können. Die Konversion veränderte viel-
mehr alles, nicht nur das Gottesbild und das Ethos, sondern gerade auch das
tagtägliche Leben. So mußte der Wechsel der Religion wohl bedacht und von

22
SCHMID, Person und Gemeinschaft S. 239f.
23
Gregor von Tours, Hist. II 31 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 7714 ): rex [Chlodovechus] ...
baptizatus ... De exercito vero eius baptizati sunt amplius tria milia.
24
Beda, Hist. eccl. III 3 (ed. PLUMMER l, S. 131): [Oswald] ipse baptismatis sacramenta cum
his, qui secum erant, militibus consecutus erat.
25
Ebd. IV 13 (S. 230).
26
S. S 30 Anm.31.
Gregorii I registrum XI 35 (MGH Epp. 2, S. 3042 ): per eum de totius gentis conversione.
28
S. $ 30 Anm.31.
70 Taufe

allen mitvollzogen werden, weil sonst das Zusammenleben unmöglich geworden


wäre. Nehmen wir als Beispiel die sogenannten Responsa Bulgarorum, die Antwor-
ten Papst Nikolaus' I. auf Anfragen der soeben bekehrten Bulgaren 29 . Da geht es
darum, ob der König allein speisen dürfe (Kap. 42), welche Tiere und Vögel zu
essen erlaubt sei (Kap. 43 u. 90), daß man als Kriegstrophäe statt eines Pferde-
schweifs das Kreuz mitführen solle (Kap. 33), ob für unachtsame Wachtposten
an der Grenze die Todesstrafe angemessen sei (Kap. 25), wie die Mitgift der Ehe-
gattinnen auszusehen habe (Kap. 49), ob Frauen Hosen anziehen dürften (Kap.
59), ob Kranken zur Genesung ein Halsband umzuhängen sei (Kap. 79). Hier gibt
es noch keinerlei Entflechtung von Religion und Säkularität; weder ein rationales
Recht noch eine naturwissenschaftliche Medizin sind bekannt. Folglich bleiben
Verhaltensweisen, die in aufgeklärteren Kulturen säkularisiert und von der Reli-
gion längst abgelöst sind, noch ganz religiös bestimmt, so daß bei Unsicherheit
entsprechende Fragen an die religiöse Autorität, hier den Papst, herangetragen
werden. Dieser freilich wies fast wie ermüdet ab: 'In euren Fragen und Gesuchen
fordert ihr ständig Gesetze für die weltlichen Angelegenheiten' (Kap. 13). Dem
Papst war eben nicht mehr alles "religiös"; er kannte "Weltliches", das nicht so-
fort mit Religion in Berührung stand.
Was bei den Bulgaren in detaillierten Fragen greifbar wird, überliefern Zeugnis-
se der sächsischen Bekehrungsgeschichte nur allgemein, aber doch deutlich dassel-
be Problem betreffend. Die im späten 9. Jahrhundert entstandene Translatio Pu-
sinnae spricht im Rückblick auf die Christianisierung von novorum sacrorum sus-
ceptione et veterum rituum abdicatione30. Ganz richtig schreibt Heinrich
Schmidt: "Ein kollektives Bewußtsein, das sich in überkommenen Zusammenhän-
gen, Werten, Gewohnheiten orientiert, sieht sich hier von außen angegriffen und
von fremdartigen Neuerungen in seinen heiligen Ordnungen bedroht; die Härte des
Gegenschlages entspricht dem Grad der Zersetzungsgefahr, die man mit der Mis-
sion ins Land eindringen glaubt ... Man reagiert darauf mit umso bewußterer Be-
schwörung gewohnter Lebensnormen; an ihnen gemessen erscheinen die Erfolge
des christlichen Missionars als Einbruch einer unheilvollen Zerstörungskraft in
eine ohne ihn gesunde Welt"31. Die beiden Ewalde, Missionare aus der Umgebung
Willibrords, sind Opfer dieses Selbstbehauptungswillens der Sachsen geworden.
Als sie vom Rhein her ins Sachsenland vordringen wollten, fielen sie sofort als
Vertreter der neuen Religion auf und wurden erschlagen; die Leute befürchteten,
daß ihr 'Satrap' sich von den beiden hätte bereden lassen können, die alten Götter
zu verlassen und sich dem neuen Christengott zuzuwenden 32 .

29
Nicolai I papae ep. 99 (MGH Epp. 6, S. 568-600); Übersetzung: HEISER, Responsa S. 400-
488.
Translatio Pusinnae (ed. WILMANS l, S. 541): Haec primo quidem duruscule ad divinam
fidem accessit, quoniam antiquis ritibus tenebatur, et nefas videbatur maiorum ceremoniis
errorem ascribere: quod videlicet fiebat novorum sacrorum susceptione, et veterum rituum
abdicatione.
31
SCHMIDT, Christianisierung S. 2.
32
Beda, Hist. ecc. V 11 (ed. PLUMMER l, S. 300): si peruenirent ad satrapam, etloquerentur
cum illo, auerterent illum a diis suis, et ad nouam Christianae religionem transferrent, sicque
$ 1 2 Kollektivtaufe 71

Die Translatio Pusinnae weiß noch ein weiteres zu benennen: Wer die von den
Vorfahren überlieferten Zeremonien abtun wolle, müsse einschlußweise bekennen,
daß die Vorfahren geirrt hätten, er selbst aber die Wahrheit gefunden habe 33 .
Christliche Mission war immer Auseinandersetzung mit dem 'mos maiorum',
der aber für Völker archaischer Kulturen die Grundlage des ganzen Lebens dar-
stellte. Dabei bildete wiederum die Taufe den entscheidenden Akt. Vom Täufling
war nicht nur die Lossagung von den alten Göttern verlangt, sondern auch von
den Vorfahren, weil dieselben ja als Nichtgetaufte in der Hölle waren. Die dem
9. Jahrhundert entstammende Vita Vulframni, die in legendärer Weise von Bekeh-
rungsbemühungen um den Friesenkönig Radbod erzählt, hat dieses Problem in
pittoresker Weise dargestellt: Der Friesenkönig, bereits mit einem Fuß im Tauf-
becken, habe dann aber doch die Taufe verweigert, weil er der Gemeinschaft
mit seinen Vorfahren nicht habe verlustig gehen wollen, auch wenn diese als Un-
getaufte in der Hölle seien 34 . Die mit der Taufe geforderte Ablösung von den
Ahnen galt grundsätzlich: Für die im Unglauben verstorbenen Vorfahren durfte
nicht einmal gebetet werden 35 .
Was uns zunächst nur als soziologisches Phänomen erschien, nämlich das Feh-
len der Individualität, läßt sich erst eigentlich von hierher erklären: Der Mensch
einfacher Kulturen "wiederholt"; seine Lebenssicherheit besteht darin, das zu
tun, was ihm überliefert ist. Mircea Eliade schreibt dazu: "In den Einzelheiten
seines bewußten Verhaltens kennt der 'Primitive', der archaische Mensch, keine
Handlung, die nicht von einem anderen gesetzt und vorgelebt worden wäre, von
einem anderen, der kein Mensch gewesen ist. Was er tut, ist schon getan worden.
Sein Leben besteht in der ununterbrochenen Wiederholung von Handlungen, die
von anderen eingesetzt worden sind"36 . Am Anfang stehen die begründenden Ur-
taten der Götter, und dann ist es Aufgabe einer jeden Generation, diesen göttli-
chen Anfang von Geschlecht zu Geschlecht durchzuhalten und weiterzugeben. So
gilt, "daß für die archaischen Gesellschaften alle wichtigen Handlungen des täg-
lichen Lebens 'ab origine' von Göttern oder Heroen offenbart worden sind. Denn
Menschen tun nichts anderes, als unaufhörlich diese beispielhaften und vorbild-
lichen Akte zu wiederholen"37. Für den einzelnen Menschen hat das zur Folge,
daß seine Individualität, die notwendig ein Abweichen von diesem Ur- und Norm-
bild herbeiführen müßte, nicht nur bedeutungslos ist, sondern sogar eine schlim-
me Verfehlung darstellt. "Alles, was kein exemplarisches Vorbild besitzt, ist
'des Sinnes entblößt', das heißt, es besitzt keine Wirklichkeit. Die Menschen

paulatim ornnis eorum prouincia ueterem cogeretur noua mutare culturam. Itaque rapuerunt
eos subito, et interemerunt.
Translatio Pusinnae (ed. WILMANS l, S. 541): Qui enim ceremoniis a maioribus sibi tradi-
tis renuntiare contendit, errasse eos, se vero veritatem invenisse, tacite confitetur.
Vita Vulframni 9 (MGH SS rer. Merov. 5, S. 668 ): Nam praedecessores tui principes gentis
Fresionum, qui sine baptismi Sacramento recesserunt, cerium est dampnationis suscepisse sen-
tentiam; HATTENHAUER, Recht der Heiligen S. 126-130.
5
Nicolai I papae epp. 99,88 (MGH Epp. 6, S. 596 J: Pro parentibus vestris, de quibus consu-
litis, qui infideles mortui sunt, propter peccatum incredulitatis orare non licet.
36
ELIADE, Kosmos und Geschichte S. 10.
37
Ebd. S. 32f.
72 Taufe

müssen demnach die Tendenz haben, archetypisch und paradigmatisch zu werden.


Eine solche Tendenz könnte paradox erscheinen insofern, als der Mensch der
frühen Kulturen sich nur in dem Maße für wirklich hält, als er aufhört, er selbst
zu sein (in den Augen eines modernen Beobachters), und sich damit zufrieden
gibt, die Handlungen eines anderen zu wiederholen und nachzuahmen. Mit ande-
ren Worten: er erkennt sich als wirklich, das heißt als 'wahrhaftig er selbst' nur,
soweit er eigentlich aufhört, es zu sein."38
Daß also das frühe Mittelalter wie alle archaischen Kulturen kaum Individuali-
tät kannte, hatte demnach tiefere "weltanschauliche" Gründe. Von hierher läßt
sich dann auch das Phänomen der ungetauften Königssöhne enträtseln. Gerade
die Stellung der Könige beruhte darauf, daß sie Repräsentanten der alten Lebens-
ordnung waren, führten sie doch nicht nur ihre Herrschaft, sondern zumeist auch
ihre Abstammung auf göttlichen Ursprung zurück 39 . Indem aber das Christentum
die Abkehr von diesen Göttern verlangte, forderte es zum denkbar radikalsten
Bruch auf. Hans Hattenhauer konnte deswegen über Chlodwig schreiben: "Der
Übertritt zum Christentum wurde ein offensichtlicher Vertragsbruch und konnte
über die Regeln des fränkischen Rechtes nicht legitimiert werden. Niemand im
Frankenvolk konnte den Akt der Christianisierung fordern und gutheißen und
gleichzeitig behaupten, daß man damit in Übereinstimmung mit dem überliefer-
ten Recht stehe" 40 . Offenbar sollte die so oft zu beobachtende Teilkonversion
eines Königshauses die Gefahr des "Verfassungsbruches" mindern helfen. Meistens
nahm der konvertierende König selbst das Risiko des Bruches auf sich; im Falle
des Mißlingens aber konnte immer noch der ungetaufte Sohn an seine Stelle tre-
ten und die alten Verhältnisse wieder herstellen. Gelegentlich freilich treffen wir
auch die umgekehrte Version, daß der König selbst Heide blieb und es seinem
Sohn überließ, es mit dem Christentum zu versuchen.

§ 13 Getaufte und Barbaren

Die Darstellung des Taufritus endete bei der Feststellung, daß nur der Getaufte
sich als vollberechtigtes Mitglied der Christengemeinde verstehen durfte 1 . Zwi-
schen Getauften und Nichtgetauften wurde in der Liturgie genau unterschieden.
Für die spätantike und frühmittelalterliche Mission verschärfte sich die Trennung
weiter noch dadurch, daß man die alte Abschätzigkeit der Griechen und Römer
gegen die Barbaren auf die Heiden übertrug 2 . "Die unvermeidliche Folge dieser
Einstellung ist, daß die Barbaren in dem Maß, wie sie nicht nur Unruhe, Elend und
Tod in die 'Romania' tragen, sondern auch durch die Versuchung des Arianismus
die Ergebnisse der noch lückenhaften Verbreitung des Evangeliums ernstlich
38
Ebd. S. 34.
39
S. $ l Anm. 7 ; f 11 Anm. 2.
40
HATTENHAUER, Recht der Heiligen S. 121f.

1
S. i 6 Anm. 76.
2
SPEYER - OPELT, Barbar S. 251-290.
$ 13 Getaufte und Barbaren 73

gefährden, nun als eine Art Helfershelfer des Satans erscheinen, dessen teufli-
sches Werk sich nur in apokalyptischen Begriffen beschreiben läßt."3 Zahlreich
sind die Berichte, daß die Ungetauften in 'tierischer Wildheit' lebten, weswegen
sie auch als Tiere benannt wurden 4 . Und diese Denk- und Redeweise setzte sich
bis ins Mittelalter hinein fort 5 : Erst die Bekehrung zum Christentum stelle den
Übergang zu einem menschenartigen und menschenwürdigen Leben dar. Nur Ge-
taufte, die nicht mehr Barbaren waren, galten eigentlich als Menschen; von ihnen
aber erwartete man dann auch ein menschenwürdiges Leben.
Die Spätantike und deutlicher noch das Frühmittelalter zogen daraus noch
eine weitergehende Konsequenz: Zwischen Getauften und Ungetauften solle es
nicht nur keine religiöse, sondern auch keine gesellschaftliche Gemeinschaft
geben. Der Heide war zu meiden6 . Dies galt selbst in 'Kleinigkeiten' wie der Jagd;
so heißt es in den Responsa Bulgarorum, daß Heiden und Christen nicht Wildbeu-
te austauschen dürften, 'damit es nicht aussieht, als gebe es — wenn auch nur in
Kleinigkeiten — zwischen einem Gläubigen und einem Ungläubigen gemeinschaft-
lichen Austausch' 7 . Schwieriger gestaltete sich das Verbot gemeinsamer Mähler;
solche aber stellten insofern einen religiös und politisch relevanten Vorgang dar,
als zum Beispiel die Königsnähe in der Tischgemeinschaft des Hofes ihren Aus-
druck fand 8 . Welche Fragen es aufwarf, wenn eine heidnisch-christliche Gefolg-
schaft sich zur Tafel versammelte, zeigt uns eine Passage aus der von Jonas von
Bobbio verfaßten Vita des heiligen Vedastus (+ 540). Der Heilige sei zu einem
Mahl mit König Chlothar eingeladen worden und habe dort die Situation ange-
troffen, daß es einmal Bier für Christen und dann solches für Heiden gegeben
habe; letzteres sei nach heidnischem Ritus geweiht gewesen9. Das Königsmahl
war demnach ein politischer wie auch religiöser Vorgang. Ferner berichtet die
Conversio Bagoariorum et Carantanorum von einem Fürsten Ingo im karanta-
nisch-pannonischen Missionsgebiet, daß er 'die rechtgläubigen Knechte zu sich an
den Tisch lud, während er ihre ungläubigen Herren draußen vor der Tür, als wären
sie Hunde, Platz nehmen ließ, wo er ihnen Brot, Fleisch und schmutzige Krüge
mit Wein vorsetzte, daß sie so äßen'. Zur Begründung wird dem Gastgeber in den
Mund gelegt: 'Ihr seid unwürdig, mit Euren [in der Taufe] nicht abgewaschenen

3
MANDOUZE, Zusammenbruch der römischen Kultur S. 216.
4
SPEYER - OPELT, Barbar S. 271-290, bes. S. 286.
5
DICKERHOF, Gentiles S. 41-71; ENGELS, Mission S. 216ff.
6
Coll. vet. Gallica c. 57,7 (ed. MORDEK S. 58433;.· Quod non oporteat cum gentilibus festa
celebrare et communicare pravitatibus eorum, qui sine Deo sunt. Canones Theodori U II, IV
11 (ed. FINSTERWALDER S. 318): Non licet baptizatis cum catecuminis manducare neque
osculum eis dare quanta magis gentilibus; s. auch ebd. G 125 (S. 265); Co 67 (S. 275);Poeni-
tentiale Remense 35 a + b (ed. ASBACH, Anhang S. 22): Caticumini manducare non debent
cum baptizatis, neque gentiles; das Remense ist in der 1. Hälfte des 8. Jhs. entstanden: AS-
BACH, Poenitentiale Remense S. 213-218.
7
Nicolai I papae epp. 99,91 (MGH Epp. 6, S. 596 25 ).
8
Zum 'conviva regis' vgl. CLAUDE, Frühfränkischer Comitat S. 74ff; HAUCK, Rituelle Speise-
gemeinschaft S. 611-621.
9
Vita Vedastis 7 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 31511): [vasa] alia christianis, alia
vero paganis opposita ac gentile ritu sacrificata.
74 Taufe

Leibern mit denen zusammen zu essen, die aus dem heiligen Wasser wiedergeboren
wurden. Nehmt also wie Hunde draußen vor der Tür Eure Nahrung!' Die derart
Gemaßregelten sollen sich schleunigst im Glauben haben unterweisen lassen und
seien dann um die Wette zur Taufe gelaufen10 . Soviel Eifer aber war anderen wie-
derum zu viel, heißt es doch in einem karolingischen Missionskatechismus: Keiner
solle zur Taufe kommen, um auf diese Weise die Möglichkeit zu erhalten, mit
Christen gemeinschaftlich essen und trinken zu können 11 . — Bei den in dieser
Arbeit abgehandelten Taufbeispielen wird oft genug ersichtlich, daß eine aus-
drückliche Erwähnung des gemeinsamen Mahles oder auch einer gemeinsamen
Jagd folgt. Erst die volle religiöse Gemeinschaft erlaubte auch die volle "gesell-
schaftliche" Gemeinschaft.
In akuter Weise brisant wurden die Verbote der heidnischen Kontakte im
"außenpolitischen" Verhalten. So schreibt wiederum Papst Nikolaus I. in seinen
Responsa Bulgarorum, daß man ein Friedensangebot von keinem Volk abschlagen
dürfe. Wie aber im einzelnen zu verfahren sei, wollte der Papst von den Sitten und
Versprechungen des jeweiligen Volkes abhängig machen. Vor allem riet er zu Fol-
gendem: 'Wiewohl ein Friedensschluß löblich ist, so kann er doch auch verderben-
bringend sein; darum sei Vorsorge getroffen, daß in jedem Vertrag Christus vorne-
an steht, so daß nach seinem Gesetz und vor allem unverbrüchlich in Treu und
Glauben zu ihm das miteinander vereinbarte Bündnis unverletzt bleibt ...; mit
jenem also, der Christi Frieden nicht hat, dürfen wir auch keine Friedensgemein-
schaft haben ...'12. Eigentlich könne ein Vertrag zwischen Christen und Heiden,
wie nachfolgend noch einmal ausgeführt wird, nicht abgeschlossen werden; nur
'wenn ein Gläubiger mit einem Ungläubigen in der Absicht einen Vertrag schließt,
daß er diesen zur Verehrung des wahren Gottes bekehren kann, ist es statt-
haft ,..'13. Es wird hier also gefordert, Christus solle jeweils der Garant des Frie-
dens sein. Bei Heiden aber war dies nur zu erreichen, wenn sie sich zur Anerkennt-
nis Christi, also zum Glauben, bekannten. Hier liegt der Grund dafür, daß — wie
wir sehen werden — christliche Herrscher immer wieder danach strebten, Friedens-
abmachungen mit Heiden durch deren Christianisierung zu befestigen.
In. der kriegerischen Welt der Nachantike verknüpfte man mit der Barbaren-
taufe vor allem auch die Hoffnung auf Pazifizierung. Diese Erwartungen glaubte
man umso stärker hegen zu können, als es ein altes, inzwischen aber in vielfältiger
Weise mißachtetes Gebot war, daß Christen untereinander kein Blut vergießen
dürften 14 . Die mit der Taufe erhoffte Ablegung der tierischen Wildheit sah man

Conversio Bagoariorum et Carantanorum 7 (ed. WOLFRAM S. 46f; dortige Übersetzung un-


deutlich). KAHL, Rolle der Iren S. 397, CIBULKA Bekehrung S. 108f.
HEER, Karolingischer Missionskatechismus S. 77 .· interrogandus est, utrum hoc propter
uitae praesentis aliquod commodum facief, ut uel ita licentiam cum christianis habeat mandu-
care et bibere, sicut quidam fecerunt, et aeternum sibi praemium perdiderunt. Et ita breuiter
est edocendus, ut non propter huius saeculi commodum, sed propter adipiscendam potius
aeternam uitam etgloriam christianus esse contendat.
12
Nicolai I papae ep. 99,80 (MGH Epp. 6, S. 594 16 ).
13
Ebd. 99,82 (Z. 38).
14
ERDMANN, Kreuzzugsgedanke S. 1-29.
$ 14 Postbaptismale Salbungen in Rom 75

durch den Eintritt in die allgemeine christliche Brüderlichkeit noch weiter be-
stärkt. Entsprechende Erwartungen und Gebote sind oft genug ausgesprochen
worden: Die politischen Herrscher sollten keine Kriege gegen Christen führen.
Gleichzeitig galt, keine Bündnisse mit Heiden einzugehen 15 . Gerade letzteres aber
war aus politisch-militärischen Gründen nicht immer zu vermeiden und beein-
flußte dann in nicht unerheblichem Maße die Praxis der Königstaufe. Sobald näm-
lich ein Heide einen christlichen Nachbarn zum Verbündeten gewinnen wollte,
mußte es ihm ratsam erscheinen, die Taufe zu nehmen. Wir werden sehen, daß
dies die Situation Haralds von Dänemark war, als er sich unter Ludwig dem From-
men taufen ließ. Doch gab es auch die andere Konstellation, daß der christliche
König in Bedrängnis geriet und sich mit einem Heiden arrangieren mußte. Der
König konnte dann zum Heidentum zurückkehren, was in der Missionsepoche
noch oft genug geschah. Schon bald aber wurde dies unmöglich, denn die Gefolg-
schaft, auf die ein König immer — und gerade auch bei einem Religionswechsel —
angewiesen blieb, war in der Regel nicht mehr bereit, ihr Christsein preiszugeben,
ja, sie lernte rasch, den Christenglauben gegen den König auszuspielen; man droh-
te damit, keinen Oberherrn ertragen zu wollen, der mit Heiden paktiere. Wenn
also ein christlicher König durch einen Heiden bedrängt wurde und ihm Anteil
am christlichen Imperium zu geben gezwungen war, mußte er sein möglichstes
tun, den Heiden zuvor zur Taufe zu bringen, weil sonst mit einem Abfall im eige-
nen Reich zu rechnen war. Wir werden sehen, daß solche Situationen in den Nor-
mannenkriegen des 9. und 10. Jahrhunderts eintreten konnten. Immer wieder
wird dabei freilich deutlich, daß in solchen Situationen die Taufe nicht mehr
primär aus religiösen Gründen propagiert und empfangen wurde, sondern aus
politischen.

3. Die Firmung
§ 14 Zwei postbaptismale Salbungen in Rom

Ein bemerkenswertes Ergebnis der karolingischen Liturgiereform ist die end-


gültige Abspaltung der zweiten postbaptismalen Salbung vom Taufritus. Lange hat
die römische Kirche an ihrer Form der Initiation, die in der geschlossenen Abfolge
von Taufe, priesterlicher Salbung, bischöflicher Handauflegung mit gleichzeitiger
Stirnsalbung und einer abschließenden Eucharistiefeier bestand, erfolgreich fest-
gehalten. Die Einheit des Ritus wurde aber zum Problem, als mit der Ausbreitung
des Glaubens auf dem flachen Lande1 der bischöfliche Anteil Schwierigkeiten
bereitete: Durfte den bereits von Priestern und Diakonen Getauften die Herab-
rufung des Heiligen Geistes vorenthalten werden? Erst die Geistbegabung brachte
die Vervollständigung des Ritus der Wiedergeburt, die im Wasser und im Geist
15
HEHL, Kirche und Krieg S. 1-8.

1
GAUDEMET, Eglise S. 375ff; LESNE, Histoire l, S. 49-50; ANGENENDT, Liturgie S. 199-
209.
76 Firmung

geschah2. Hieronymus erörtert das neue Problem in seiner Altercatio contra


Luciferanos und bezeugt, daß die Bischöfe damals zur Handauflegung aufs Land
hinausgegangen seien3. Demnach verfuhr man mit der Delegierung der Geist-
spendung anders als bei der Taufe selbst; denn deren Spendung galt zwar, wie
schon Tertullian anmerkte 4 , als vernehmliches, aber doch keineswegs als aus-
schließliches Recht des Bischofs. Daß das Neue Testament über die Person des
Taufspenders im allgemeinen keinen Aufschluß gab 5 , daß ferner in Notfällen eine
sofortige Spendung geboten war, verhinderte eine allzu starre Regelung. Dagegen
galt die Handauflegung zur Herabrufung des Geistes als eine die Taufe vervoll-
ständigende Handlung, die nur vom Bischof vollzogen werden konnte. Den Grund
für diese Regelung fand man in der Apostelgeschichte, wo von Petrus und Johan-
nes berichtet ist, daß sie nach Samaria gehen mußten, um den vom Diakon Phi-
lippus Getauften die Hände aufzulegen und den Geist zu vermitteln (Act 8,14-17).
So galt die Vermittlung des Geistes, weil von den eigens herbeigerufenen Apo-
steln vollzogen, als ein apostolisches und damit bischöfliches Vorrecht 6 . Immer
wieder ist sie in dieser Weise begründet worden 7 . So erklärte Papst Innozenz I.
in seinem bekannten Brief an Bischof Decentius von Gubbio aus dem Jahre 416,
daß es allein den Bischöfen zustehe, zu konsignieren und den Heiligen Geist zu
spenden; so sei es alter Brauch, weil Vorschrift der Apostelgeschichte. Priester
dürften zwar, so erläutert er des weiteren, die (erste) postbaptismale Salbung voll-
ziehen, nicht aber die Stirnsalbung: non tarnen frontem ex eodem oleo signare,
quod solis debetur episcopis, cum tradunt Spiritum paracletum6. Die Stirnsal-
bung vermittelt also den Geist; ihre ausschließlich bischöfliche Spendung wird
dabei aber begründet mit der apostolischen Handauflegung. Die Verbindung dieser
für den ersten Blick disparaten Elemente erschien möglich, ja sogar geboten, weil
an einigen Stellen des Neuen Testamentes der Geistbesitz mit der Vorstellung der
Salbung (unctio) und der Siegelung (signare, confirmare) verbunden ist 9 , wobei

2
MAGRASSI, Confirmatione Baptismus perficitur S. 429-444.
3
Hieronymus, Dialogus contra Luciferianos (MIGNE PL 23, Sp. 172B): ad eos qui lange a
maioribus urbibus per presbyteros et diaconos baptizati sunt, episcopus ad invocationem sancti
Spiritus manum impositurus excurrat; MITCHELL, Anointing S. 94f.
4
Tertullian, De baptismo 17 (CChr.SL l, S. 291 )·' summum habet ius summits sacerdos;
sufficit ... in necessitatibus ut utaris sicubi aut loci aut temporis aut personae condicio com-
pellit.
5
VON ALLMEN, Taufberichte S. 44ff.
Act 8,16b-17a: baptizati tantum erant in nomine domini Jesu. Tune [Petrus et Johannes]
imponebant manus super illos et accipiebant Spiritum sanctum; Act 19,5s: baptizati sunt in
nomine Domini Jesu. Et cum imposuisset illis manus Paulus, venit Spiritus sanctus super eos;
ADLER, Taufe und Handauflegung S. 58-108; eine Übersicht über die Interpretation dieser
Stelle im Laufe der Jahrhunderte ebd. S. 9-22; ferner HAENCHEN, Apostelgeschichte S. 250-
259, 487-492.
7
NEUMANN, Spender der Firmung S. 92-103.
8
Innozenz L, Brief an Decentius von Gubbio (ed. CABlE S. 24 62 ); YSEBAERT, Baptismal
terminology S. 356f.
9
2 Gor 1,21s: Qui autem confirmat nos vobiscum in Christo, et qui unxit nos Deus, qui et
signavit nos et dedit pignus Spiritus in cordibus nostris; Eph 1,13: signati estis Spiritu; 4,30:
$ 1 5 Gallikanische Praxis 77

sich für letztere eine Kreuzsignierung auf der Stirn als ritueller Ausdruck heraus-
bildete (cf. Apc 7,2 u. 9,4: habent signum Dei in frontibus suis)10. Aus der Ver-
einigung dieser verschiedenen Aussagen und Riten ergab sich dann die bischöf-
liche Vollmacht der Geistmitteilung, bestehend aus der Handauflegung, einer
Kreuzsignierung auf der Stirn und der Salbung11 . Die Einzelelemente sind freilich
nie zu einer endgültig festgefügten Ritusform zusammengewachsen; zumindest
geben die beschreibenden Quellen ein oft schwankendes Bild. Diese Unsicherheit
hat mehrere Gründe. Einmal wurden die genannten Riten — einzeln oder kombi-
niert — auch außerhalb der Taufe verwendet, so bei Segnungen, Heilungen, Exor-
zismen, Rekonziliationen und Ordinationen 12 . Zum anderen finden wir sehr oft,
zumal in der Beschreibung der postbaptismalen Confirmatio, nur eine einzige
Handlung erwähnt oder hervorgehoben, offenbar auch dann, wenn das ganze
Ritusgefüge von Handauflegung, Signierung und Salbung vollzogen worden ist 13 .
Unsere beiden grundlegenden römischen Quellen, das Gelasianum und der Ordo
Romanus XI, vereinigen die verschiedenen Elemente bekanntlich in der Weise,
daß der Pontifex die siebenfältige Gnade des Geistes herabruft, indem er zur Kon-
firmation die Hände auflegt, dabei ein Gebet spricht und dann in Kreuzesform
die Stirn der Täuflinge mit Chrisma 'signiert'14 .

§ 15 Gallikanische Praxis

Innerhalb der westlichen wie der östlichen Liturgie stellte aber die römische
Tradition mit einer doppelten Salbung nach der Taufe ein Unikum dar, denn
außerhalb Roms hat man nirgends eine zweite, allein dem Bischof vorbehaltene

Spiritum sanctum Dei, in quo signati estis; l Joh 2,20: unctionem habebitis; cf. 2,27. S. dazu
SCHNACKENBURG, Heilsgeschehen S. 77-86; LAMPE, Seal S. 9-18; YSEBAERT, Baptismal
terminology S. 281ff.
10
FITZER, Sphragis S. 939-954, bes. S. 951f; DÖLGER, Sphragis S. 70-171 (Taufe), 171-179
(Kreuz), 179-193 (Firmung); DE BRUYNE, Imposition des mains S. 212-247; COPPENS,
Imposition des mains S. 313-323; YSEBAERT, Baptismal terminology S. 390-421.
11
LAMPE, Seal S. 215-222 (chrismation and the spirit), 223-231 (laying on of hands), 235-
296 (sealing), 297-305 (consignation and confirmation), dazu die ergänzte Einleitung zur 2.
Auflage (S. XV-XXVI). Grundlegend ferner YSEBAERT, Baptismal terminology S. 181-426
(touching, imposition of hands, anointing, tattooing, branding and sealing in pagan antiquity,
in Judaism, in the New Testament and in early Christian literature).
12
YSEBAERT, Baptismal terminology S. 289-340, 367-374. - Ein Beispiel für die mehrfache
Verwendung bietet MACDONALD, Imposition of Hands S. 49-53.
13
YSEBAERT, Baptismal terminology S. 365.
14
Sacr. Gelas. 450 u. 451 (ed. MOHLBERG S. 7422+3 2 ): Deinde datur eis Spiritus septiformis.
Ad consignandum inponit eis manum ... Postea signat eos in fronte de chrismate; OR XI 100 u.
101 (ed. ANDRIEU 2, S. 446 1 J: pontifex ... confirmans eos cum invocatione septiformis
gratiae Spiritus sancti. Oratione expleta, facit crucem cum police et chrisma in singulorem fron-
tibus ... — Es erscheint mehr als zweifelhaft, ob aus den römischen Quellen mehrere Firmriten
herauszulesen sind, wie J.-P. BOUHOT (Confirmation S. 60-66) möchte; jedenfalls wäre ein
solches Ergebnis in Auseinandersetzung mit der viel umsichtigeren Arbeit von J. YSEBAERT
(Baptismal terminology S. 353-357) nachzuweisen.
78 Firmung

postbaptismale Salbung gekannt oder anerkannt 1 , wenigstens zunächst nicht.


Auch im Bereich der gallikanischen Liturgie treffen wir auf eine andere Tradition.
Die Bischöfe des südöstlichen Gallien entschieden 441 in Orange 2 , daß nur eine
einzige Salbung gespendet werden sollte. Der zweite Kanon dieser Bischofsver-
sammlung ist nach A. Chavasse im Kontext-mit anderen Quellen so auszulegen,
daß man an der einmaligen Salbung (semel chrismari / non necessaria habeatur
repetita chrismatio) als einem Eigenbrauch bewußt habe festhalten wollen. Zu-
gleich aber erschien die Spendung des Chrisma unmittelbar nach der Taufe als so
wichtig, daß Priester und selbst Diakone gemahnt wurden, sie bei der Taufe sofort
mitzuvollziehen: Eine einmalige Salbung also, die in genereller Weise den Tauf-
spendern in den bischofsfernen Landgemeinden zur Pflicht gemacht ist. Als Be-
gründung wird die einhellig anerkannte Auffassung von der una benedictio chris-
matis angeführt, die allein dem Bischof zustehe. So bleibt also auch hier ein Vor-
recht des Bischofs, denn nur er kann dem Chrisma den besonderen Heiligungs-
effekt verleihen, und dieses Chrisma wird als der eigentliche Gnadenträger angese-
hen. Dabei muß man sich die Wirkung des konsekrierten Öls als eine einmalige
gedacht haben, denn nur diese Auffassung erklärt den Ausspruch des Kanons, daß
eine abermalige Spendung nutzlos sei. Die einschränkende Formulierung (inter
nos placuit) scheint anzudeuten, daß man sehr wohl andere Lösungen in dieser
Frage kannte, sie jedoch nicht verunglimpfen mochte. Da aber eine Doppelsal-
bung allein in Rom praktiziert wurde, haben A. Chavasse und L.A. van Büchern
angenommen, der Brief Innozenz' I. mit seiner Forderung nach einer besonderen
bischöflichen Handauflegung und Stirnsalbung sei im südöstlichen Gallien bekannt
geworden und habe Unsicherheit in der dortigen Praxis hervorgerufen. Weiter
enthält der Kanon ein wichtiges Indiz dafür, daß eine bischöfliche Confirmatio
bei dieser Lösung nicht einfachhin entfallen ist. Sofern nämlich eine Salbung un-
mittelbar bei der Taufe unterblieben sei — so der Kanon —, solle man sich an den
Bischof wenden, wenn er firme. Diese Firmung kann für gewöhnlich — wegen des
klaren Verbotes einer zweimaligen Salbung — nur eine reine Handauflegung gewe-
sen sein. Als solche finden wir sie in den Predigten des Faustus von Riez be-
schrieben3 . Aber dies ist ein singuläres Zeugnis. Denn weder aus dem zeitgenössi-
schen Umfeld noch aus der Folgezeit hat man ein weiteres eindeutiges Zeugnis

1
YSEBAERT, Baptismal terminology S. 355: "The double postbaptismal anointing is typically
and exclusively Roman. It does not fit in with the development of the ritual in any other region
in East or West."
2
Cone. Arausicanum a. 441 c. 2 (CChr.SL 148, S. 78 ): Nullum ministrorum, qui baptizandi
recipit officium, sine chrismate usquam debere progredi, quia inter nos placuit semel chrismari.
De eo autem qui in baptismate, quacumque necessitate faciente, non chrismatus fuerit, in con-
firmatione sacerdos commonebitur. Nam inter quoslibet chrismatis ipsius nonnisi una bene-
dictio est, non ut praeiudicans quidquam, sed ut non necessaria habeatur repetita chrismatio.
CHAVASSE, Canon d'Orange S. 103-120; L.A. VAN BUCHEM (Homelie pseudo-eusebienne
S. 87-113) hat in seiner umsichtigen Neuuntersuchung das Ergebnis von A. CHAVASSE nur in
wenigen Punkten zu ergänzen brauchen. — J. YSEBAERT und L. MITCHELL berücksichtigen
in ihren Untersuchungen diese grundlegende Arbeit von CHAVASSE nicht. — Die ältere Inter-
pretation bei VAN DEN EYNDE, Canon du Concile d'Orange S. 97-109.
3
VAN BUCHEM, Homere pseudo-euse'bienne S. 113-134.
S 15 Gallikanische Praxis 79

für diese Handauflegung oder einen vergleichbaren bischöflichen Konfirmations-


akt beizubringen gewußt 4 . So scheint denn die gelegentlich bereits ausgesproche-
ne Folgerung5 unvermeidlich: Da sich seit dem 6. Jahrhundert weder in den Litur-
giebüchern noch sonst irgendwo in gallischen Quellen ein Anhaltspunkt für einen
bischöflichen Akt auffinden lasse, der die eine postbaptismale Salbung zu vervoll-
ständigen oder zu bestätigen gehabt hätte, sei der verselbständigte Firmritus erst
im 8. Jh. mit der Ausbreitung der römischen Liturgie in den Norden gelangt.
An dieser Schlußfolgerung muß freilich eine Modifizierung vorgenommen wer-
den. Denn jüngst ist die älteste systematische Kirchenrechtssammlung Galliens
neu ediert und dabei überhaupt erst richtig analysiert worden. Es handelt sich um
die Collectio vetus Gallica, als deren Verfasser höchstwahrscheinlich einer der
damals patriarcha genannten Metropoliten von Lyon anzusehen ist, vielleicht der
mit Papst Gregor dem Großen korrespondierende Etherius (ca. 568-602). Als ein
im ganzen überlegt auswählender Redaktor bringt er ein Kapitel über die Taufe
und im Anschluß daran ein eigenes Kapitel De confirmations cum crisma6 . Darin
zitiert er aus dem bekannten Brief Innozenz' I. jenen Passus, nach welchem die
Stirnsalbung allein dem Bischof vorbehalten ist 7 . Der Autor kennt aber ebenso
gut den anderslautenden Kanon von Orange,und er führt denselben sogar an. Doch
hat er ihn so weit zurechtgestutzt — offensichtlich um jede Anfechtbarkeit der
bischöflichen Salbung auszuschließen —, daß der Kanon nun zum Taufkapitel
paßt: Er zitiert die Verpflichtung für den Taufspender, das Chrisma bei sich zu
haben, ferner die Anweisung über das semel chrismari und endlich noch die Mah-
nung, sich bei unterlassener Salbung an den Bischof zu wenden, wenn er firme 8 .
Nur der letzte Satz, der das unmißverständliche non necessaria habeatur repetita
chrismatio enthält, ist gestrichen. In dieser Verkürzung wird nun der Kanon der
Taufe zugeschlagen und ergibt damit einen guten, wenn auch grundlegend verän-
derten Sinn: Der ersten postbaptismalen Salbung, welche dem Taufspender ob-
liegt und deren Notwendigkeit nun mit dem verkürzten Kanon von Orange einge-
schärft wird, hat nämlich eine zweite, vom Bischof zu vollziehende Stirnsalbung
zu folgen, die mit dem Innozenz-Brief begründet wird. Wenn die Vermutung
richtig ist, daß der Beschluß von Orange sich ursprünglich gegen ein Vordringen
der römischen Doppelsalbung, ja vielleicht sogar direkt gegen den Innozenz-
Brief selbst gerichtet hat 9 , so zeigt sich hier, daß der Entscheid von 441 diesen
Papstbrief doch nicht für alle Zeiten mundtot zu machen vermochte. Dabei hat
der Kompilator der Collectio das Innozenz-Zitat aus einer bereits älteren Samm-
4
VAN DEN EYNDE, Rites liturgiques latins S. 71-76; VANHENGEL, Chrismation S. 204;
ferner FISHER, Initiation S. 52-57; MITCHELL, Anointing S. 112-131.
5
MITCHELL, AnointingS. 121-126.
6
Coll. vet. Gallica 22 (ed. MÖRDER S. 435 1 ); zur Arbeitsweise des Verfassers und seinen Ab-
sichten s. ebd. S. 21-36, zur Entstehung und den .weiteren Redaktionen S. 62-96.
7
Ebd. 22,2 (S. 436 7 ); der Brief ist noch ausführlicher schon vorher zitiert: ebd. 18,2 (S. 424s-
429 56 ).
8
Ebd. 21,11 (S. 43S48). Das semel ist jetzt nicht mehr im Sinne von "nur einmal" aufzufassen,
sondern in der anderen Bedeutungsmöglichkeit von "zunächst", "zuerst", dem sinngemäß
ein "dann" zu folgen hat.
9
CHAVASSE, Canon d'Orange S. 118f; VAN BUCHEM, pseudo-eusebienne S. 105f.
80 Firmung

lung übernommen; schon vor seiner Zeit muß der Papstbrief als Rechtstext An-
erkennung in Gallien gefunden haben 10 . Möglicherweise besitzen wir auch noch
ein weiteres Zeugnis darüber, daß eine bischöfliche Konfirmation in Gallien wei-
terhin oder gar von neuem ausgeübt worden ist. Ein 573 in Paris abgefaßter Syno-
dalbrief, der einem unrechtmäßig geweihten Bischof jedwede Amtshandlung
untersagt, erwähnt dabei unter anderem die Tätigkeit infantes confirmare11. Mag
auch unklar bleiben, wie diese Confimatio ausgesehen hat, so zeigt sich doch, daß
man nicht vorschnell generelle Schlüsse ziehen darf. Auch mag es geraten erschei-
nen, den gallischen Quellenbestand noch einmal durchzumustern. Trotzdem dürf-
te das allgemeine Ergebnis abzusehen sein. Daß es sich nämlich bei der erwähnten
Rechtssammlung und anderen möglicherweise ähnlichen Bemühungen um zwar
wohlgemeinte, für die gallische Firmpraxis aber weithin wirkungslose Reformver-
suche gehandelt hat, läßt sich an einer ganz einfachen Tatsache ablesen: Wie soll-
ten die Bischöfe der großen Diözesen im nördlichen Gallien und am Rhein — das
Bistum Köln reichte damals von Remagen bis Utrecht 12 — alle dort gespendeten
Taufen eigenhändig "vervollständigen"? Das Zitat des Innozenz-Briefes in der
Collectio vetus Gallica kann darum nur wenig an der gallischen Liturgie mit ihrer
einmaligen Salbung nach der Taufe geändert haben.
Auch für die postbaptismale Liturgie der westgotischen Kirche gibt es eine Rei-
he von Zeugnissen, die auf eine mit Gallien verwandte Praxis hinweisen13 . Kanon
20 des ersten Toledaner Konzils aus dem Jahre 400 bestimmt, daß nur der Bi-
schof das Chrisma bereiten könne, das dann von den einzelnen Pfarreien zeitig
vor Ostern abgeholt werden sollte. Ferner wird verordnet, daß bei Abwesenheit
des Bischofs die Chrisma-Spendung zwar nicht von einem Diakon, wohl aber von
einem Priester vollzogen werden dürfe 14 . Ähnlich lautende Bestimmungen anderer
Konzilien folgen, so Kanon 52 des zweiten Konzils von Braga15 und dann Kanon
2 des Konzils von Barcelona im Jahre 599, der schlicht mitteilt, chrisma presbyte-
ris dioecesanis pro neofitios confirmandos datur16. Zur Begründung dieser Praxis
erklärt Bischof Braulio von Saragossa seinem Amtsbruder Eugenius von Toledo,
daß zwar die alten Vorschriften den Priestern verböten, die Chrisamsalbung zu
erteilen, was im Orient und in ganz Italien noch immer befolgt werde. Dann
aber sei auch den Priestern diese Salbung erlaubt worden, freilich nur in Stellver-
tretung für den Bischof, dessen eigentliches Recht sie weiterhin bleibe 17 . Bischof
10
MORDEK, Kirchenrecht S. 42, 51.
11
Conc. Parisiense a. 573, Ep. synodi ad Egidium Remensem episcopum (CChr.SL 148A, S.
21334).
12
JEDIN - MARTIN, Atlas zur Kirchengeschichte S. 22; OEDIGER, Bistum Köln S. 79-82.
13
MITCHELL, Anointing S. 131-143; ALONSO, Cura pastoral S. 292-295; LEWANDOWSKI,
Evolutio S. 97-120, wo freilich bei der Interpretation der Ildefons-Texte übersehen ist, daß
sacerdos auch und sogar sehr häufig den Bischof bezeichnet (ebd. S. 113ff).
14
Conc. Toletanum a. 397/400 c. 20 (ed. VIVES S. 24f).
15
Conc. Bracaracense a. 572 c. 51 u. 52 (ebd. S. 99).
16
Conc. Barcelonense a. 599 c. 2 (ebd. S. 159).
7
Braulio von Saragossa, Ep. 2 (MGH AA 14, S. 285 ): optime novit prüdentia tua canonum
antiqua esse statuta, ut presbyter chrismare non audeat; quod servare et orientem et omnem
Italiam hucusque scimus; sed postea consultum est, ut chrismarent presbyteres, sed de chrisma-
$ 16 Karolingische Reform 81

Braulio weiß also von einer anderen, den alten Kanones sogar konformeren Pra-
xis in Italien — und darin ist selbstverständlich Rom eingeschlossen zu denken —,
hält aber dennoch an der eigenen Tradition fest. Isidor von Sevilla dagegen räumt
der römischen Position bereits den Vorrang ein. In seinem Liber de ecclesiasticis
officiis schreibt er, daß nach der Salbung des Priesters der Bischof eine zweite
Chrisam-Salbung an der Stirn zu vollziehen habe, welche mit der apostolischen
Handauflegung den Heiligen Geist verleihe18 . L. Mitchell möchte den Widerspruch
zu der in den erwähnten Konzilskanones anders bezeugten Praxis damit erklären,
daß Isidor hier nicht den wirklichen Brauch seiner Zeit beschreibe, sondern eine
Idealvorstellung gebe, wie er sie aus der Kenntnis älterer Dokumente gewonnen
habe; tatsächlich zitiert dieser denn auch das berühmte Schreiben Innozenz' I. 19 .
Während also Bischof Braulio von einer andersartigen Praxis in Italien — und
damit muß vor allem Rom gemeint sein — nur Kenntnis gibt, gilt nach den Vor-
stellungen Isidors die von Papst Innozenz geforderte bischöfliche Stirnsalbung
bereits als verpflichtender Bestandteil des Initiationsritus.
Wir sehen also, daß die päpstliche Dekretale im 7. Jahrhundert in Spanien wie
in Gallien weiter vorgedrungen ist. Mag sie dabei auch nicht sofort den bestehen-
den liturgischen Ritus verändert haben, der späteren Entwicklung hat sie zweifel-
los vorgearbeitet. Der vielgelesene Spanier dürfte mit seinem Verweis auf Innozenz
sogar manchem jüngeren Autor den Weg zu einer fortan immer wieder zitierten
Autorität gewiesen haben. Bereits Beda und bald noch viele andere folgen ihm,
wenn sie bei der Rechtfertigung der römischen Firmung auf diesen Papst zurück-
verweisen20 .

§16 Firmung und karolingische Reform

Bei der Reform der fränkischen Liturgie nach dem römischen Vorbild konnten
die Differenzen bei den postbaptismalen Riten schwerlich verborgen bleiben.
Quellenzeugnisse, die eine tatsächlich praktizierte zweite bischöfliche Firmsal-
bung nördlich der Alpen in größerem Umfang bezeugen, setzen gegen 700 ein.
Die frühesten Hinweise finden sich in England. In der ersten Vita des heiligen
Cuthbert (+ 687), die von einem unbekannten Verfasser zwischen 699 und 705

te benedicto ab episcopis, ut non videretur presby terorum hoc esse privilegium, ... sed episco-
porum, quorum benedictione et permissu, quasi de manu episcopi, ita huiusce rei peragunt
officia.
18
Isidor von Sevilla, Liber de ecclesiasticis officiis II 27 (MIGNE PL 83, Sp. 826A), in Anleh-
nung an Innozenz. Unmittelbar vorher spricht Isidor von der Handauflegung (ebd. Sp. 824A):
post baptismum per episcopos datur Spiritus sanctus cum manuum impositione, hoc in Acti-
bus apostolorum fecisse meminimus; s. auch Etymologiae VI 19 (54) (ed. LINDSAY 1) = Ter-
tullian, De baptismo 8 (CChr. SL l, S. 283 1 ).
19
MITCHELL, Anointing S. 134f.
20
S. § 14 Anm. 8. Auch Theodulf von Orleans hat an dieser Stelle Innozenz ausgeschrieben;
DAHLHAUS-BERG, Antiquitas S. 129; s. ferner Walafrid Strabo, De exordüs et incrementis
27 (MGH Capit. 2/2, S. 509 ); Jesse von Amiens, Ep. de baptismo (MIGNE PL 105, Sp. 790f);
Leidrad von Lyon, Liber de sacramento baptismi 7 (ebd. 99, Sp. 864B).
82 Firmung

geschrieben worden ist, wird an dem Heiligen gerühmt, daß er das einfache Volk
aus den Berggegenden versammelt habe, um den Einzelnen die Hand aufzulegen
und sie mit geweihter Salbe zu signieren1. Das gegen 690 zu datierende Volks-
recht des westsächsischen Königs Ine (688-725) kennt bereits die Firmpaten-
schaft; bei der Tötung eines Firmkindes ist dem Paten ein Wergeid zu entrichten 2 .
Im Werk des gelehrten Beda findet sich gleich eine Vielzahl von Äußerungen zur
Firmung. Der Mönch aus Nordhumbrien belobigt jene Bischöfe, die zur Handauf-
legung bis in die kleinsten Dörfer gehen und tadelt andere, die diese Pflicht zu
säumig nehmen 3 . Für gewöhnlich spricht er nur von einer Handauflegung. In sei-
nem Kommentar zur Apostelgeschichte begründet er jedoch die Notwendigkeit,
daß Petrus und Johannes zur Handauflegung nach Samaria hätten gehen müssen,
mit der Tatsache, daß der dort missionierende Philippus als Diakon zu dieser
Handlung nicht befugt gewesen sei; er zitiert dann die Innozenz-Dekretale, wo-
durch sichergestellt ist, daß seine Handauflegung im Sinne der zweiten postbaptis-
malen Salbung Roms zu verstehen ist4 . Beachtung verdient auch Bedas Mahnung,
daß Diözesen, in denen der Bischof eine regelmäßige Visitation der Gläubigen
nicht zu bewältigen vermöge, aufgeteilt werden müßten 5 .
Auf dem Kontinent setzt ein ähnlicher Quellenstrom mit Bonifatius ein. Ein
erstes Echo hören wir in dessen Briefsammlung. Papst Gregor II. erklärt 726 —
offenbar auf Anfrage des Angelsachsen —, wem von einem Pontifex die Firmung
gespendet worden sei (confirmatus), könne dieselbe nicht noch ein zweites Mal
empfangen 6 . Dann mahnt Gregor III. 739 in einem Schreiben anläßlich der Neu-
ordnung der bäurischen Kirche, daß die Getauften auch gefirmt werden müßten:
oportet eos per manus inpositionis et sacri crismatis confirmari1. Diese Formulie-
rung des Papstbriefes ist außerordentlich wichtig, wird doch die Firmung als
Handauflegung und zugleich als Chrisma-Salbung bezeichnet. In solcher Kombina-
tion kann es sich nur um die zweite postbaptismale Salbung der römischen Litur-

1
Vita Cuthberti anonyma IV 5 (ed. COLGRAVE S. 116): Congregato populo de montanis,
manutn ponens super capita singulorum, liniens unctione consecrata. — Zur Datierung s. ebd.
S. 13f.
2
Institutiones Ine regis 76,3 (ed. LIEBERMANN l, S. 122f); FÖRSTER, 'gebisceopian' S. 262.
3
Beda, Vita Cuthberti 29 (ed. COLGRAVE S. 252): parrochiam suam circuiens monita salutis
omnibus ruris casts, et uiculis largiretur, nee non etiam nuper baptizatis ad accipiendum spiri-
tus sancti gratiam manum imponeret (kurz vor 721 geschrieben, s. ebd. S. 16); Ders., Ep. ad
Ecgbertum 7 (ed. PLUMMER l, S. 410): talibus locis [=uillis ac uiculis} desit antistes, qui
manus impositione baptizatos confirmet ... Sicque fit, ut episcoporum quidam non ... manus
fidelibus imponant. S. auch Anm. 5. Ferner WILLIS, Early Roman liturgy S. 219f, dort weitere
Quellentexte.
4
Beda, Expositio actuum apostolorum, (ed. LAISTNER S. 37 9 J: Notandum autem quad
Philippus qui Samariae evangelizabat unus de septem fuerit; si enim apostolus esset, ipse utique
manum imponere potuisset ut acciperent spiritum sanctum. 'Hoc enim solis pontificibus debe-
tur ...[ folgt weiter der Innozenz-Text].
5
Ders., Ep. ad Ecgbertum 9 (ed. PLUMMER l, S. 412).
6
Bonifatii epp. 26 (MGH Epp. sei. l, S. 45 2 2 ); s. auch Sermo Bonifatii 5,3 (MIGNE PL 89,
Sp. 854A): semel et non amplius ad confirmationem accedere; zur (umstrittenen) Echtheit die-
ser Predigten s. RAU, Briefe des Bonifatius S. 373f.
7
Bonifatii epp. 45 (MGH Epp. sei l, S. 736).
$ 16 Karolingische Reform 83

gie handeln und nicht etwa um eine Neubelebung der in Gallien zeitweilig übli-
chen reinen Handauflegung. Dann aber werden die confirmatio und Handaufle-
gung, die Willibald mehrfach in seiner Vita Bonifatii erwähnt, ebenso zu verste-
hen sein 8 . Noch wichtiger ist indes die Feststellung, daß auch einige der Reform-
kanones des Bonifatius nur auf dem Hintergrund der römischen Firmung verständ-
lich werden. Indem nämlich eine zweite, allein dem Bischof erlaubte Handaufle-
gung mit Salbung gefordert wurde, mußte in den großen Diözesen des Nordens
eine neue bischöfliche Hirtenpflicht proklamiert werden: die Pfarreien zu besu-
chen, um die Firmsalbung zu spenden. Und genau dies geschieht auf den bonifa-
tianischen Synoden. Im Concilium Germanicum wird die neue Pflicht mehr im
Hinblick auf den Pfarrklerus beschrieben, daß er den Bischof zu empfangen und
dann auch das Volk zu versammeln habe 9 . Weitere Synodalbestimmungen, die
uns nur in einem persönlichen Bericht des Bonifatius, nicht aber als offizielles
Dokument erhalten sind, scheinen es direkt als Bischofsaufgabe formuliert zu ha-
ben: episcopus parrochiam suam sollicite circumeat, populum confirmare10 . Wohl
stellte die bischöfliche Pfarrvisitation an sich nichts Neues dar11 ; durch die Ver-
bindung mit einer unbedingt und nur vom Bischof zu spendenden Salbung mußte
ihre Pflicht allerdings nachdrücklicher empfunden und vor allem regelmäßig ausge-
führt werden 12 .
Zweifellos haben wir hier ein Reformprojekt vor uns, das tief in die Organisa-
tion und in das Leben der fränkischen Kirche eingegriffen hat. Um so erstaunli-
cher wirkt es, daß dieses Ansinnen uneingeschränkt schon im ersten Anlauf pro-
klamiert werden konnte. Weniger, daß es von der austrasischen Synode akzeptiert
wurde, unter deren sieben mit Namen angeführten Bischöfen mindestens vier,
wahrscheinlich sogar fünf, Angelsachsen gewesen sind13 ; viel überraschender ist,
daß Pippin 744 in Soissons mit seinen 23 Bischöfen, die namentlich nicht bekannt
sind, dasselbe anzuordnen imstande war 14 . Immerhin kann man vermuten, daß

8
Willibald, Vita Bonifatii 6 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 57, S. 3019;.· Hessorum iam multi,
catholica fide subditi ac per septiformis Spiritus gratia confirmati, manus inpositionem accepe-
runt; ebd. 8 (S. 49 5 ): quia festum confirmationis neobitorum diem et nuper baptizatorum ab
episcopo manu inpositionis et confirmationis populo praedixerat. — Die bischöfliche Handauf-
legung der Firmung könnte auch der Hintergrund sein für die Klage des Bonifatius, daß ein Ire
propagiere, quod sine misterica invocatione aut lavacro regenerationis posse fieri catholicum
christianum per episcopalis manus inpositionem (Bonifatii epp. 80; [MGH Epp. sei. l, S.
1777]).
9
Gone. Germanicum a. 742 c. 3 (MGH Capit. l, S. 2519; zitiert in $ 7 Anm. 11).
10
Bonifatii epp. 78 (MGH Epp. sei. l, S. 16329).
11
BACCRABERE, Visite canonique S. 1513-1517; PLÖCHL, Kirchenrecht l, S. 173f; KOENI-
GER, Sendgerichte l, S. llff.
Daß die Visitationspflicht erst durch Bonifatius richtig ins Bewußtsein gebracht worden sei
und die Firmung dabei den eigentlichen Anlaß gebildet habe, ist schon von A.M. KOENIGER
(Sendgerichte l, S. 13ff) gesehen worden.
13
S. $ 7 Anm. 10; SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 209.
14
Capitulare Suessionense a. 744 c. 4 (MGH Capit. l, S. 2933J: Et quando iure canonico
episcopus circumeat parrochia ad confirmandum populum, episcopi sive abbati sive presbyteri
parata sint ad suscipiendum episcopo in adiutorium necessitatis. SCHIEFFER, Winfrid-Bonifa-
tius S. 219.
84 Firmung

den Zeitgenossen die hier so feierlich als ius canonicum proklamierte Pflicht nicht
mehr einfachhin unbekannt gewesen ist 15 . Der von Bonifatius für Rouen auser-
sehene Erzbischof Grimo zum Beispiel hat die Collectio vetus Gallica, welche
den wichtigen Innozenz-Brief zitiert, während seiner Abts/eit in Corbie neu be-
arbeiten lassen 16 , so daß ihm die Firmung wenigstens theoretisch bekannt gewe-
sen sein muß. Da außerdem in England bischöfliche Firmreisen schon für die Zeit
vor 700 angenommen werden müssen, könnten auf dem Kontinent neben einhei-
mischen Romverehrern auch angelsächsische Missionare, so wahrscheinlich Willi-
brord, bereits Ähnliches gefordert und praktiziert haben17 . Mag darum Bonifatius
wohl nicht der erste Propagator der bischöflichen Firmspendung gewesen sein,
ohne Zweifel darf er — vor allem dank der weitreichenden Unterstützung seitens
der Karolinger — als der erfolgreichste und in der Verwirklichung dieser Pflicht
auch als einer der vorbildlichsten gelten: Nicht nur, daß sein Biograph ihm die
Erteilung der Firmung nachrühmt, es war auf einer Firmreise in Friesland, als der
Achtzigjährige überfallen und erschlagen wurde18 .
Wir können uns nun auch den unmittelbaren historischen Kontext jener Ver-
pflichtung näher verdeutlichen, mit der Bonifatius sich 719 vor Papst Gregor II.
auf eine Spendung des Initiations-Sakramentes nach römischem Formular ein-
ließ19 . Von seiner Heimat her muß dem Angelsachsen die bischöfliche Konfirma-
tion bekannt gewesen sein; auf dem Kontinent hingegen dürfte er dieselbe ver-
nachlässigt gefunden haben. Was wunder, daß er sich gleich bei seinem ersten
Aufenthalt in Rom über das sacramentum initiationis Instruktionen erteilen ließ.
Die dabei eingegangene Verpflichtung hat er dann, wie die Quellen zeigen, in aller
Gewissenhaftigkeit ausgeführt. Ja, es dürfte nicht einer gewissen Symbolik entbeh-
ren, daß das Sacramentum initiationis, so wie es bereits Bestandteil des päpstli-
chen Missionsauftrags gewesen ist, auch noch den Tod des Achtzigjährigen über-
schattete: Bonifatius zählte es offensichtlich zu den großen Aufgaben seines Le-
bens. So kann kein Zweifel sein, daß auf dem nordalpinen Kontinent hauptsäch-

5
Die wesentlichen Elemente des Ritus müssen bekannt gewesen sein, wenn auch vielleicht
nicht die spezielle Form der Stirnsignierung. Handauflegung und Salbung konnten nämlich auch
als Heilungsritus verstanden werden, und in dieser Form begegnen sie ebenfalls in Gallien. So
berichtet die bald nach 700 entstandene Vita Boniti 13 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 1263J: duo
demoniaci obvii facti, eum, ut eis confirmandi gratia manus inponeret, deprecati sunt. ... orans
atque eis manus inponens confirmatis ...; Vita Pardulfi 3 (ebd. 7, S. 26 2 j: manum inponebat
vel oleo benedicto perunguebat ..., repente ab eis ... omnes infirmitates febrium repellebat;
ebd. 9 (S. 3020); Vita Germani 24 (ebd. S. 387 3 ), 38 (S. 396 s ), 58 (S. 407 12 ). S. auch DE
BRUYNE, Imposition des mains S. 129-174; COPPENS, Imposition des mains S. 28-109;
YSEBAERT, Baptismal terminology S. 290-319.
16
MORDEK, Kirchenrecht S. 92ff.
7
Zu beachten sind hier besonders die verschiedenen Uberlieferungsvarianten der Canones
Theodori, die höchstwahrscheinlich bereits angelsächsische Missionsaspirationen auf dem Kon-
tinent wiederspiegeln; Canones Theodori D 7 (ed. FINSTERWALDER S. 239): Nullum per-
fectum credimus in babtismo esse sine confirmatione episcopi; ebd. G 12 (S. 254); U II 4(5)
(S. 317); s. auch ebd. Co 19 (S. 272); Co 68-70 (S. 275).
18
Willibald, Vita Bonifatii 8 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 57, S. 49 s ).
19
S. $ 7 Anm. 9.
$ 1 6 Karolingische Reform 85

lieh seine Initiative die Firmung als ausschließlich bischöflichen Ritus der Geist-
mitteilung bekannt gemacht und mit Hilfe der Karolinger auch durchgesetzt
hat 20 .
Von der Firmforderung her gewinnen auch noch andere Bestrebungen, für die
Bonifatius seine besten Kräfte eingesetzt hat, eine neue und plausiblere Erklärung.
Zunächst einmal sei an die auffällige Erscheinung erinnert, daß ausgerechnet
Angelsachsen auf dem Kontinent begonnen haben, neue Bistümer zu gründen:
Willibrord in Utrecht 21 , Bonifatius in Büraburg, Erfurt und Würzburg 22 sowie in
Baiern, dessen Aufgliederung in vier Bistümer er geleitet hat 23 . Die einheimischen
Kirchenmänner in Gallien und im ostrheinischen Germanien haben offenbar keine
Veranlassung zu solchen Schritten gesehen; sie verblieben bei den seit der Antike
bestehenden Episkopalsitzen. Weiter waren es wiederum die angelsächsischen
Erzbischöfe Willibrord und Bonifatius, die zum ersten Mal Hilfsbischöfe geweiht
haben, deren Existenz seit der Jahrhundertmitte mit dem alten Institut der Chor-
bischöfe kanonisch gerechtfertigt wurde 24 . Beide Vorgänge, die Schaffung neuer
und kleinerer Bistümer wie auch die Ordination von Auxiliarbischöfen, sind bisher
als nicht weiter erklärbare Fakten hingenommen worden, gewinnen aber auf dem
Hintergrund der nun als unabdingbar geltenden Firmsalbung eine plausible Erklä-
rung. Die Quellen deuten diese Verknüpfung auch noch eben erkennbar an. Daß
gerade im Zusammenhang mit der Neuordnung der bairischen Kirche ein Papst-
brief mahnt, die Handauflegung und Chrisma-Salbung nicht zu vergessen 25 , dürfte
kaum zufällig sein. Aber schon bei der 732 ausgesprochenen Erhebung des Boni-
faz zum Missionserzbischof, bei welcher mit dem Pallium die Vollmacht der Bi-
schofsweihe verliehen wurde, referiert Gregor III. in seinem Ernennungsschreiben
den Wunsch des Neuernannten, solche Weihen nun endlich auch vornehmen zu
wollen. Vor allem die aus Bonifazens Gesuch übernommene Begründung verdient
dabei Beachtung. Der Missionar muß vorgebracht haben, daß er allein der großen
Zahl der Neugläubigen nicht gewachsen sei und folglich die Gläubigen nicht mehr
alle die nötigen Heilsmittel empfangen könnten 26 . Als Argument für die Weihe
20
In der Literatur findet sich, so weit ich sehe, wohl der allgemeine Hinweis darauf, daß diese
Neuerung auf die Liturgiereform im 8. Jh. zurückgehe. Daß Bonifatius wesentlichen Anteil
daran hat, ist nicht gesehen worden; auch seine Reformsynoden sind für die Geschichte der
Firmung nicht ausgewertet. Jüngst konnte sogar noch behauptet werden, die Firmspendung
gleich im Anschluß an die Taufe habe man "im Westen ab Ende des 13. Jhs. aufgegeben" (FIA-
LA, Handauflegung S. 127).
21
FRITZE, Utrechts. 107-151.
22
SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 200f; BIGELMAIR, Mitteldeutsche Bistümer S. 266-286;
JÄSCHKE, Concilium Germanicum S. 73-80; SCHIEFFER, Bischofssitz S. 18-32.
23
SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 182ff. S. auch $ 34 Anm. 12.
24
FUCHS, Ordinationstitel S. 211-236; GOTTLOB, Chorepiskopat S. 20-27; frühere Erwäh-
nungen von Chorbischöfen in Gallien "sind sporadische Fälle, die sich aus besonderen Umstän-
den erklären" (ebd. S. 19); LEVISON, England S. 66ff; KOTTJE, Isidor von Sevilla S. 533-537.
25
S. Anm. 7.
26
Bonifatiii epp. 28 (MGH Epp. sei. l, S. 503j: Quia vero turbas Domini gratia in eisdem par-
tibus ad rectam fidem asseruisses converses, nequire te occurrere omnibus ea quae salutis sunt
impendere auf intimare, cum iam lange lateque gratia Christi eius fides in illis partibus propa-
getur: precipimus, ut iuxta sacrorum canonum statuta, ubi multitude excrevit fidelium, ex
86 Firmung

weiterer Bischöfe hat dieser Gedanke nur dann einen Sinn, wenn es spezifisch
bischöfliche Aufgaben gab, welche die Priester, die es ja in größerer Zahl gab,
nicht auszuführen vermochten. Als solches Bischofsreservat, das aber zugleich
für die Masse der Gläubigen von allgemeiner Bedeutung war, läßt sich eigentlich
nur die Firmsalbung anführen. Deren Unterlassung bedeutete nämlich, wie Beda
schon lebhaft beklagt hatte, einen geistlichen Schaden für die Gläubigen 27 . Mag
auch der Papstbrief bei der Wiedergabe des Bonifatius-Gesuches die Firmspen-
dung nicht ausdrücklich erwähnen, es dürfte dennoch die Sorge um diese Heils-
handlung im Hintergrund gestanden haben, so daß nur mit Hilfe von neugeweih-
ten Bischöfen Abhilfe geschaffen werden konnte.
Trotz aller Bemühungen um eine größere Zahl von Bischöfen ließ sich jedoch
die Abspaltung der zweiten postbaptismalen Salbung vom Taufvollzug nicht
verhindern. Was in Rom ob der räumlichen Nähe einer Stadt keine Mühe bereitete,
war in den immer noch großen Diözesen des Nordens weiterhin unmöglich: die
Anwesenheit des Bischofs bei jeder Taufspendung. Die Firmsalbung mußte darum
für gewöhnlich nachträglich erteilt werden. Die karolingischen Liturgie-Reformer
konnten sich zur Rechtfertigung freilich auf Beispiele aus Rom selbst berufen.
Denn dort hatte es immer wieder unvermeidliche Notfälle gegeben, wo in aller
Eile die Taufe gespendet worden war, ohne daß die Ankunft des Bischofs hatte
abgewartet werden können. Das früheste Beispiel ist Novatian, dem vorgeworfen
wurde, er habe seine auf dem Krankenbett empfangene Taufe später nicht durch
die bischöfliche Confirmatio vervollständigen lassen28 . Die römischen Formulare
für die Krankentaufe, sowohl des Gelasianum wie des Gregorianum, lassen die
nachgeholte Firmung geradezu als normal für diese Notsituation erscheinen 29 .
Anstelle der üblicherweise geltenden Aufeinanderfolge von Taufe, Konfirmation
und Kommunion erfolgte hier eine Vertauschung der beiden letzten Handlungen;
nach der Taufe wurde sofort die Kommunion gespendet und später erst die Kon-
firmation. Desgleichen galt im Krankheitsfalle des Bischofs, daß er seiner Firm-
pflicht so weit wie eben möglich nachzukommen habe; die Getauften sollten, wie
Gregor der Große einmal schreibt, tunlichst nicht 'inconsignati' bleiben 30 . Was
aber in Rom immer nur in Notfällen geschah und als baldigst zu behebende Aus-

vigore apostolicae sedis debeas ordinäre episcopos. S. auch SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius


S. 157-161.
27
Beda, Ep. ad Ecgbertum 8 (ed. PLUMMER l, S. 411): Si autem aliquid utilitatis fidelibus
conferre manus impositionem, qua. Spiritus Sanctus accipitur, credimus et confitemur; constat
e contrario, quia haec ipso, utilitas ei quibus manus impositio defuerit, abest. Cuius nimirum
priuatio boni ad quos amplius quam ad ipsos respicit antistites, qui illorum se promittunt esse
praesules, quibus spiritualis officium praesulatus exhibere aut negligunt aut nequeunt?
28
VOGT, Coetus sanctorum S. 109ff; BOUHOT, Confirmation S. 35ff. Ob freilich eine Bemer-
kung des Liber Pontificalis über Papst Silvester, er habe den Priestern die (erste) Salbung erlaubt
propter occasionem transitus mortis, auf eine Taufsalbung in abzusehenden Todesfällen zu deu-
ten ist, dürfte nicht so unangefochten gelten wie J.-P. BOUHOT (ebd. S. 59f) will; J. YSE-
BAERT (Baptismal terminology S. 356) hält diese Deutung für unwahrscheinlich.
29
Sacr. Gelas. 611 u. 615 (ed. MOHLBERG S. 9615+28 j; Sacr. Hadr. 984 (ed. DESHUSSES l,
S. 336): Communicas et confirmas eum. S. auch MITCHELL, Anointing S. 92-102, bes. S. HOf
u. 156f, wo diese frühen Formen der Abspaltung besonders herausgestellt sind.
30
MITCHELL, AnointingS. 101.
$ 16 Karolingische Reform 87

nähme empfunden wurde, stellte im Norden seit Bonifatius den Regelfall dar.
Angesichts solcher Neuerungen ist es nicht verwunderlich, daß hinsichtlich der
Firmung immer wieder Verordnungen ergingen, in denen die Bischöfe zur Spen-
dung und die Gläubigen zum Empfang angehalten wurden 31 . Wenn dieser neue
Ritus auch nicht die Gewichtigkeit der Taufe beanspruchen konnte, so suchten
doch einzelne Autoren seine Bedeutung möglichst hoch zu veranschlagen 32 . Auf-
fallend ist dabei allerdings, daß in der Taufrundfrage Karls des Großen die Firm-
salbung unerwähnt bleibt. Dabei möchte man erwarten, daß gerade dieser für
Gallien neuartige Ritus sich vielleicht nur schwer habe durchsetzen können und
deshalb besondere Aufmerksamkeit erfordert habe. Doch ist auch denkbar, daß
die Firmung zu dieser Zeit bereits als ein von der Taufe gesonderter Akt aufge-
faßt wurde 33 . In der Formulierung weist Karls Brief deutliche Parallelen mit
Alkuins bekanntem Schreiben über die Taufe auf und weiter auch noch mit dem
für die römische Taufliturgie so wichtigen Brief des Diakons Johannes aus der
ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts. Letzterer spricht zunächst von nur einer post-
baptismalen Salbung, die er in Beziehung setzt zur alttestamentlichen Priester-
und Königssalbung, erwähnt dann beiläufig die Kommunion (mensa sponsi cae-
lestis) und läßt anschließend eine ausführliche Begründung für das ausschließliche
Recht des Bischofs auf die Chrisam-Salbung folgen, ohne freilich das Zueinander
der beiden Salbungen richtig klarzulegen 34 . Alkuin spricht in deutlicher Anleh-
nung an Johannes von der Salbung, die aber von ihm eindeutig zur ersten post-
baptismalen Salbung gemacht wird, da er nach Erwähnung der Kommunion noch
einen unmißverständlichen Satz über die allein dem Bischof zustehende zweite
Salbung anfügt. Karl hingegen, dessen Anfrage neben Anklängen an den Johannes-
Brief ebenso deutliche Anklänge an Alkuins Text enthält, erwähnt diese bischöf-
liche Firmsalbung gerade nicht mehr; die Frage nach der Taufkommunion bildet
den Schluß 35 . Nicht minder bemerkenswert sind sodann die Reaktionen der Ant-
wortgeber. Amalar zum Beispiel hält sich strikt an Karls Fragen. Mit keinem Wort
erwähnt er die bischöfliche Firmsalbung, obwohl er später in seinem Liber offi-
cialis ein Kapitel über beide Riten bringt: De unctione ehr ismatis a presbyter o et

31
Decretum Compendiense a. 757 c. 12 (MGH Capit. l, S. 38 * j: Impositione tarnen manuum
episcopi indiget; OR XV 119 (ed. ANDRIEU 3, S. 120): Baptizati ... infantes, si ad praesens
possunt episcopum habere, confirmari cum crisma debent. Quod si ipsa die minime episcopum
invenire potuerint, in quantum celerius possunt invenire, hoc sine dilatione faciant; der Ordo ist
im Frankenreich während der 2. Hälfte des 8. Jhs. entstanden (VOGEL, Introduction S. 143).
Conc. Parisiense a. 829 c. 33 (MGH Conc. 2/2, S. 63337); Haito, Capitula ecclesiastica 5 (MGH
Capit. l, S. 36316): ut sciant quid sit sacramentum baptismatis et confirmationis (s. dazu DE
CLERCQ, Legislation S. 282ff); Statuta anonyma 6 (MGH Capit. l, S. 36815;.· Celerrime ...
infantulos ad confirmandum episcopo praesentare (s. dazu DE CLERCQ, Legislation S. 284-
292).
32
Amalar, Liber officialis I 27 (ed. HANSSENS 2, S. 14033, 14435); FISHER, Initiation S. 59.
33
So auch FISHER, Initiation S. 58f; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 325; ANGE-
NENDT, Bonifatius S. 157f.
34
Johannes Diaconus, Ep. ad Senarium 6 u. 7 (ed. WILMART, Analecta S. 17415 , 175 6 ). Zu
dem Problem der zweiten bischöflichen Salbung bei Johannes Diaconus s. FISHER, Initiation S.
20ff; MITCHELL, Anointing S. 98f.
88 Firmung

de impositione manus episcopi super neofytum36 . Andere Antworten halten sich


getreu an Alkuin; wieder andere korrigieren — auch bei sonst vollständiger Anleh-
nung an ihn — dessen dem idealen liturgischen Ablauf widersprechende Ordnung
und schieben ihre Erklärung über die Firmsalbung an der, theologisch gesehen,
richtigen Stelle ein, nämlich zwischen der ersten Salbung und der Taufkommu-
nion37 . Wenn Alkuin die Firmsalbung erst nach der Kommunion erwähnt, so mag
das bedingt sein durch seine Abhängigkeit vom Diakon Johannes, dem er im we-
sentlichen folgt und den er dann ergänzt. Es dürfte darin aber ebenso zum Aus-
druck kommen, daß die Firmung, weil praktisch nur noch in wenigen Fällen mit
der Taufe zusammen gespendet, ein bereits selbständiger Ritus geworden war: Der
Pfarrer taufte und für irgendwann stand zu erwarten, daß der Bischof firmen wer-
de 38 .
Der Empfang der bischöflichen Salbung verlangte dann bald auch eine eigene
Vorbereitung, so daß beispielsweise Bischof Herard von Tours (855-869) vor-
schrieb, zum würdigen Empfang seien Nüchternheit und die Beichte erforderlich39.
Bemerkenswert ist ferner die weitere rituelle Ausgestaltung. Unter den Akten
einer Trierer Synode wohl des Jahres 927 findet sich folgende Ermahnung: Die
Eltern sollten die Kinder nach deren Taufe so rasch wie möglich der Firmung
zuführen, noch bevor dieselben zu sündigen wüßten und sich mit schmutzigen La-
stern befleckten; man solle sich bewußt sein, daß durch die Gabe der Firmung die
5
Johannes Diaconus Alkuin Karl der Große
(Ep. ad Senarium 6 [ed. Wil- (Ep. 134 [MGH Epp. 4, (Ep. ad Odilbertum
mart, Analecta 17415]): S. 202 31 ]): [MGH Capit. l, S. 247 14 ]):
Sumptis dehinc albis uestibus Tunc Cur albis induitur vestimentis
caput eius sacri chrismatis sacro chrismatis caput Cur sacro chrismate caput
unctione perunguitur perunguitur perunguitur
et mystico tegitur velamine et mystico tegitur velamine
ut intellegat baptizatus u t in teilega t
regnum in se se diadema regni
ac sacerdotale convenisse et sacerdoti dignitatem portare
mysterium
Utunter albis uestibus
ut ad mensam sponsi caelestis
renascentis caput
lintei decore conponitur
Nam sacerdotes illius temporis
quodam mystico velamine
caput semper ornabant
Sie corpore et sanguine Vel cur corpore et sanguine
dominico confirmantur dominico confirmatur
Novisseme per inpositionem
manus a summo sacerdote
septiformis gratiae spiritum
accipit
36
Amalar, Liber officialis I 27 (ed. HANSSENS 2, S. 138'23).
37
FISHER, Initiation S. 67ff.
38
Ebd. S. 69, 120-140.
39
Herard, Capitula 75 (MIGNE PL 121, Sp. 769): Ut jejuni ad confirmationem veniant per-
$ 1 6 Karolingische Reform 89

Vollendung des Christseins und die Fülle des siebenfältigen Geistes vermittelt
werde; ohne diese Gabe bestehe Gefahr beim Verscheiden aus diesem Leben. Die
Gefirmten sollten die Salbung sieben Tage lang mittels schützender Binden an
ihrer Stirn behalten und sich währenddessen nicht irgendwie beflecken; die
Binden seien für ähnliche Zwecke aufzubewahren oder aber im Feuer zu verbren-
nen40 . Der alte Zusammenhang von Taufe, Firmung und Eucharistie, der in
wohlbegründeter Abfolge die schrittweise Einführung und Teilhabe an den christ-
lichen Heilsmysterien verwirklichte, war mit der Verselbständigung der Firmung
zerrissen. Diese wurde zusammenhanglos, ein Gnadenempfang eigener Art.
Endlich muß noch ein Wort über den liturgischen Sprachgebrauch angefügt
werden, weil wir nämlich die Firmspendung oft in verkürzenden und auch unein-
heitlichen Ausdrucksweisen beschrieben finden. Zur Klärung seien nochmals
die beiden grundlegenden römischen Quellen in Erinnerung gerufen, das Gela-
sianum und der Ordo Romanus XI. Ihnen zufolge spendet der konfirmierende
Bischof den siebenfältigen Geist, indem er zur Konsignierung die Hand auflegt,
ein Gebet spricht und dann mit Chrisma die Stirn in Kreuzesform salbt41 . In den
karolingischen Quellen heißt nun die Firmung sehr oft einfach nur die bischöfli-
che Handauflegung, die zur Austeilung des siebenfältigen Geistes42 erfolge. Doch
lassen genügend Texte erkennen, daß damit zugleich die Stirnsalbung verbunden
war 43 . Auf einer Elfenbeinplatte im Buchdeckel des dem 9. Jahrhundert entstam-
menden Drogo-Sakramentares ist diese Stirnsalbung auch bildlich dargestellt44.
Während des ganzen Mittelalters blieb freilich das alte Problem, wie die genauere
Zuordnung dieser Rituselemente zueinander und infolgedessen auch die liturgi-

fectae aetatis; et moneantur confessiones dare prius, ut mundi donum sancti Spiritus valeant
accipere; s. auch BROMMER, Gesetzgebung S. 26-42.
40
Sermo in synodo faciendus c. 24 (ed. POKORNY S. 20): Confirmati vero usque in diem
septimum ipsam sancti crismatis unctionem cum bindis desuper ligatis in frontibus portent
neque alicui pollutioni aut luxurie vel venationi se maculent. Ipsas vero bindas auf ad usus simi-
les servent aut igni tradant.
41
S. $ 14 Anm. 14.
42
S. Anm. 8 (Willibald in der Vita Bonifatii); Vita Hugberti 3 (MGH SS rer. Merov. 6, S.
4842 ): Baptismi unda ablutos septiformi gracia corroborabat; Passio Kiliani 7 (ebd. 5, S.
725 J: baptizatus est ab illo et confirmatus et omnis populus; Alcvini epp. 143 (MGH Epp. 4,
S. 226 18 ): per manus impositionem apontifice Spiritum sanctum accipere.
43
Libri Carolini I 23 (MGH Conc. 2, Suppl., S. 5l 3 9 ): in vexillo crucis, quod accepto baptis-
matis sacramento per sacrosanctum unguis liquorem nostris frontibus imprimitur; Capitula
excerpta a. 806 c. 17 (MGH Capit. l, S. 133 ): De confirmatione curn chrismate; Amalar,
Liber officialis I 29 u. 30 (ed. HANSSENS 2, S. 1495 + 14/): arabona Dei suscepimus ... signo
crucis ... Ha.ec crux chrismate efficitur ... Ut ab episcopis solis inungatur per manus impositio-
nem ...; ähnlich ebd. I 40 (S. 186 27 ); Ratramnus, Contra Graecorum opposita IV 7 (MIGNE PL
121, Sp. 333B): per manuum impositionem, quando frontes baptizatorum chrismate sancto
liniuntur ...; Jesse von Amiens, Ep. de baptismo (ebd. 105, Sp. 790C): De confirmatione episco-
pi. ... confirmet episcopus in fronte de chrismate. Jdeoque manus impositio fit, utper benedici-
tionem advocatus invitetur Spiritus sanctus ...; Leidrad von Lyon, Liber de sacramento baptis-
mi 7 (ebd. 99, Sp. 864B): per chrismatis unctionem et manus impositionem dari Spiritum
sanctum ... Angilmodus, De ordine scrutinii (ed. STEGMÜLLER S. 31): manus impositio fron-
tisque perunctio; VAGAGGINI, Per unctionem chrismatis in fronte S. 363-439.
44
DESHMAN, Warmund Sacramentary S. 2. S. auch HOLL, Firmung Sp. 34f.
90 Firmung

sehe Ausführung zu handhaben seien. Es mußte verunsichernd wirken, daß man


im Rückgriff auf die Apostelgeschichte allein eine Handauflegung erwähnt fand,
während man sich von der Tradition her ebenso zu einer Salbung und Stirnsig-
nierung verpflichtet sah 45 . Für die Theologen der Scholastik aber stellte gerade
die Salbung das entscheidende Element dar:- Das Chrisma wurde als die Materie
des Sakramentes46 und die indikative Formel 'Confirmo te ..." oder auch 'Con-
signo te ...' als die Form angesehen 47 . Angesichts solcher Verschiebungen kann es
nicht verwundern, wenn die Terminologie oft schwankte und bis heute der Text-
interpretation Schwierigkeiten bereitet 48 . Ja, bis in die Gegenwart sind die Fragen
nach dem Zueinander von Handauflegung und Salbung wie auch die Frage nach
einer Delegierung an nichtbischöfliche Spender vom historischen Befund her um-
stritten geblieben 49 .
Zum Schluß sei noch der Frage nachgegangen, ob die Bischöfe tatsächlich der
so nachdrücklich proklamierten Firmpflicht nachgekommen sind. Einzelne Zeug-
nisse sind durchaus aufweisbar, so etwa aus der Vitenliteratur 50 . Die Synode von
Chalon-sur-Saone des Jahres 813 läßt die Firmspendung als gänzlich normalen
Vorgang erscheinen 51 . Realistischer aber dürfte die 845 in Meaux tagende Synode
geurteilt haben, indem sie feststellte, daß die Firmung weithin vernachlässigt wor-
den sei 52 . Die schon von Willibrord und Bonifatius herbeigeführte Lösung, Chor-

45
MALVY, Imposido pollicis S. 213-232; BANTING, Imposition of Hands S. 147-159; AUF
DER MAUR, Unctio S. 476-482.
46
ADAM, Sakrament der Firmung.
47
Pontificale Romano-Germanicum XCIX 387 (ed. VOGEL - ELZE 2, S. 10928;.· pontifex
facial crucem in sirigulorum frontibus ita dicendo: Confirmo et consigno te. Eine bemerkens-
werte Firmformel findet sich in Constitutum Constantini 9 (ed. FUHRMANN S. 76 134 J: Le-
vatoque me de venerabili fönte, indutus vestibus candidis, septemformis sancti Spiritus in me
consignatione adhibuit beati chrismatis unctionem et vexillum sanctae crucis in mea fronte lini-
vit dicens: Signat te deus sigillo fidei suae in nomine patris et filii et Spiritus sancti in consigna-
tione fidei. Cunctus clerus respondit: Amen. STÜRNER, Fides Konstantins S. 96. S. ferner
BRINKTRINE, Lateinische Firmformel S. 51-53; NEUNHEUSER, Taufe S. 105ff.
48
Ein Beispiel: Die in der zweiten Hälfte des 9. Jhs. verfaßte Vita Pirminii rühmt ihrem bischöf-
lichen Heiligen nach, daß er unermüdlich darin gewesen sei, den Gläubigen die Hand aufzulegen.
Aber nur dadurch, daß der Verfasser hauptsächlich von dem Wunder einer dabei geschehenen
ölvermehrung berichten will, erfahren wir, daß es sich um eine (Firm-)Salbung gehandelt haben
muß; Vita Pirminii 7 (MGH SS 15/1, S. 27 27 ).
In seiner Konstitution Divinae consortium naturae vom 15. August 1971 hat Papst Paul VI.
bei der Neuordnung des Firmritus folgende Formel gewählt: "Sacramentum confirmationis
confertur per unctionem chrismatis in fronte, quae fit manus impositione, atque per verba:
Accipe signaculum doni spiritus sancti" (Ephemerides Liturgicae 86, 1972, S. 102); ferner die
dort sich anschließenden Kommentare von B. LEWANDOWSKI, A.M. TRIACCA und G.
AUSTIN; LIGIER, Confirmation S. 267-321; DERS., Imposition des mains S. 407-486.
Vita Faronis 103 (MGH SS rer. Merov. 5, S. 195 ): Faro pontifex in ministerio confirmatio-
nis, in quo animae corporum baptizatorum donum sancti Spiritus accipiunt, per liniamentum
chrismae sanctificationis se devotissime obligavit. S. auch BECK, Annotationes S. 24-27.
Conc. Cabillonense a. 813 c. 14 (MGH Conc. 2/1, S. 276): quando eis peragrandae parroe-
chiae necessitas incumbit, in confirmandis hominibus ...
52
Conc. Meldense a. 845 c. 28 (MGH Capit. 2/2, S. 40534,).· confirmation!, quod hactenus per
parrochias fuit neglectum.
§17 Assistenz bei der Taufe 91

bischöfe zu weihen, ist über längere Zeit bestehen geblieben, und dieselben dürf-
ten sich, wie Hrabanus Maurus schreibt 53 , vor allem in der Firmspendung betätigt
haben. Da aber das Institut der Chorbischöfe gegen Ende des 9. Jahrhunderts
wieder unterdrückt wurde 54 , war man in spätkarolingischer Zeit eigentlich dort
wieder angelangt, wo Bonifatius begonnen hatte: bei den großen Diözesen, in
denen der Bischof nicht selbst in der Lage war zu firmen.

4. Das Patenamt

§17 Assistenz bei der Taufe

Das Patenamt, wie wir es in den frühmittelalterlichen Quellen antreffen, ist


selbst ein Produkt dieser Zeit. In den neu testamentlichen Schriften, soweit sie
von der Taufe sprechen, sind Paten nicht erwähnt 1 . Erst seit dem Beginn des
3. Jahrhunderts hören wir von Handlungsweisen, denen eine gewisse Nähe zum
späteren Patenamt zugesprochen werden kann. Gemäß der Apostolischen Tradi-
tion Hippolyts mußten alle, die der Kirche zugeführt werden wollten, Bürgen mit-
bringen, die für sie Zeugnis ablegten; die Ernsthaftigkeit der Bekehrung wollte
die Gemeinde von Vertrauensleuten bezeugt wissen. Diese hatten dann den Tauf-
bewerber noch weiter durch die Vorbereitungszeit bis zur Taufe zu begleiten 2 .
Ein anderes Element, das für das Pateninstitut von Bedeutung war, bildete das
Amt der Taufhelfer: Diakone und Diakonissinnen nahmen die Getauften beim
Hinaussteigen aus dem Brunnen in Empfang 3 . Das für diese Tätigkeit verwendete
suscipere diente später fast regelmäßig zur Umschreibung der Patenhandlung 4 .
Darüber hinaus ist bezeugt, daß nach der rituellen Assistenz auch noch Aufgaben
eines mehr geistlich-lehrhaften Beistandes für die erste Zeit nach der Taufe folgen
konnten; von hierher scheinen sich die Bezeichnungen pater spiritualis und mater
spiritualis eingebürgert zu haben 5 . Für die volle Ausbildung des Patenamtes ist

53
Hrabanus Maurus, De institutione clericorum I 5 (ed. KNÖPFLER S. 18): Ordinati sunt
autem chorepiscopi propter pauperum curam, qui in agris et villis consistunt, ne eis solatium
confirmationis deesset.
54
GOTTLOB, Chorepiskopat S. 102-143.

1
DUJARIER, Parrainage S. 117-171; BAILEY, Sponsors S. Iff.
2
Hippolyt, Traditio Apostolica 15 (ed. BOTTE S. 32 j: Et dent testimonium super eos illi
qui adduxerunt eos an sit eis virtus ad audiendum verbum; ähnlich ebd. 20 (S. 424/).· iHi qui
adduxerunt eos testantur super eum. Ferner STENZEL, Taufe S. 134f.
3
Hippolyt, Traditio Apostolica 21 [S] (ed. BOTTE S. 481): diaconus descendat cum eo in
aquam et dicat ei adiuvans eum.
Didascalia III 12 (ed. FUNK S. 210 2 ) : Et cum ascendit ex aqua, quae baptizatur, earn susci-
piat diaconissa ac doceat et erudiat, infragile esse sigillum baptismi ...; DICK, Pateninstitut S.
40-45; BAILEY, Sponsors S. 10-15.
5
Itinerarium Egeriae 45 (CChr.SL 175, S. 87 1 1 ) und 46 (S. 878 und 8838) nennt die Katechu-
menatshelfer patres und matres. S. dazu BASTIAENSEN, Itineraire d'Egerie S. 17ff; DÖLGER,
Garantiewerk der Bekehrung S. 273ff. Für den Westen ist wichtig die Bestimmung in Statuta
92 Patenamt

dann insbesondere die Kindertaufe von Bedeutung gewesen, weil sich bei ihr die
Frage nach der Verantwortung und Beteiligung Dritter am eindringlichsten stell-
te6 . Schon Tertullian (+220) kannte sponsores, die bei der Taufe von Kindern
für deren späteres christenwürdiges Leben einstehen sollten — ein Unterfangen,
das er allerdings für vermessentlich hielt 7 . Zunächst waren es naturgemäß die El-
tern, die ihr Wort für die Kinder abgaben. Die stellvertretende Taufantwort der
Eltern oder anderer Familienangehöriger erwähnt bereits die Apostolische Tradi-
tion Hippolyts 8 . Für Augustin (+430) waren es ebenfalls noch die Eltern, die
normalerweise selbst ihre Kinder zur Taufe brachten; wegen ihrer Verantwortung
für den Glauben der Täuflinge nennt er sie fidedictores9. Dann aber hat sich ein
besonderes Patenamt entwickelt, das eigens bestellten Männern oder Frauen ob-
lag. Bei Caesarius von Arles (+542) sehen wir dieses Amt bereits weitgehend ausge-
bildet. Er nennt die Paten ähnlich wie Augustin fideiussores. Doch ist es für ihn
noch nicht obligatorisch, daß die Eltern ihre Stelle an Paten abtreten müssen 10 .
Aufschluß über Einzelheiten des rituellen Ablaufs der Taufe und die damit ver-
bundenen Patenhandlungen geben wiederum die Ordines Romani. Der für den
frühmittelalterlichen Taufritus grundlegende Ordo Romanus XI, der dem späten
7. Jahrhundert entstammt 11 , weist den Paten gleich eingangs einen Platz zu, der
sie den Eltern eindeutig vorordnet. Die führende Rolle der Paten ist bereits so
selbstverständlich, daß ihre Namen bei der Anmeldung eines Täuflings sofort
mit aufgeschrieben werden 12 . Sie heißen suscepturi oder auch patrini und matri-
nae13. In den sieben Skrutinien, deren Kreuzsignierungen, Exorzismen und Seg-
nungen sich vielmals wiederholen, obliegt es ihnen, als erste, in Abwechslung mit
drei Akolythen und einem Priester, die Stirn der Kinder in Kreuzesform zu sig-
nieren14 . Bei den nachfolgenden Skrutinienmessen bringen die Paten oder die

ecclesiae antiqua 100 (CChr.SL 148, S. 184 8).· Viduae uel sanctimoniales, quae ad ministe-
rium baptizandarum mulierum eliguntur, tarn instructae sint ad id officium, ut possint aperto
et sano sermone docere imperitas et rusticanas mulieres, tempore quo baptizandae sunt, qualiter
baptizatoris ad interrogata respondeant et qualiter accepto baptismate uiuant.
6
JEREMIAS, Kindertaufe S. 95-100; ALAND, Säuglingstaufe S. 36-44; JEREMIAS, Anfänge
der Kihdertaufe S. 54ff.
7
Tertullian, De baptismo 18 (CChr.SL l, S. 293 22 ).
8
Hippolyt, Traditio Apostolica 21 (ed. BOTTE S. 44 ): Qu.i autem non possunt loquipro se,
parentes eorum loquantur pro eis, vel aliquis ex eorum genere. DICK, Pateninstitut S. 45-48;
ALAND, Säuglingstaufe S. 24f; KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. lOOf.
9
Augustinus, Ep. 98,7 (CSEL 34/2, S. 52816j: quando ad baptismum offeruntur, pro eis
parentes tamquam fidedictores respondent ... S. auch KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 243
und 245.
10
BERG, Werke des hl. Caesarius S. 48-54.
11
VOGEL, Introduction S. 115, 138-141.
12
OR XI 2 (ed. ANDRIEU 2, S. 4182J: scribantur nomina infantum vel eorum qui ipsos sus-
cepturi sunt...
S. voraufgehende und nachfolgende Anmerkung.
14
OR XI 12 (ed. ANDRIEU 2, S. 42011).· Et signent illos infantes in frontibus eorum patrini
vel matrinae; desweiteren ebd. 17, 20, 23 und 27; s. ferner ebd. S. 391f; STENZEL, Taufe
S. 225ff; VAN MOLLE, Parrainage S. 124f; BAILEY, Sponsors S. 38ff. Zur Kreuzsignierung s.
auch die in § 22 Anm. 3 zitierten Untersuchungen von F.-J. DÖLGER.
$ 17 Assistenz bei der Taufe 93

Eltern — diese werden im Ordo hier überhaupt zum ersten Mal erwähnt — für die
Taufkandidaten Opfergaben dar 15 . Im Memento vivorum des Hochgebetes wird
allein der Paten gedacht 16 . Auch in der Wiedergabe des Credo und des Paternoster
treten sie als Sprecher auf 1 7 . Während noch der Ordo Romanus XI wie auch das
Altgelasianum die Kinder das Symbolum wiedergeben lassen wollen 18 , werden
in Sakramentaren des 9. Jahrhunderts ausdrücklich die Paten aufgefordert, die
Antworten zu geben 19 . Auch die Frage nach dem Namen des Kindes, die vor der
Taufe gestellt wurde, war vom Taufpaten zu beantworten 20 , so daß er, wie es
tatsächlich auch in manchen Quellen zum Ausdruck kommt, als der Namensgeber
erscheinen konnte.
Was allerdings die Paten unmittelbar bei der Taufhandlung zu tun hatten, wird
im Ordo Romanus XI nicht näher erläutert. Obwohl sie durchweg suscepturi
heißen, muß doch die Frage gestellt werden, ob sie die ihnen Anempfohlenen
wirklich aus dem Taufbrunnen emporgehoben haben. Der Ordo verordnet: Levan-
tes autem ipsos infantes in manibus suis offerunt eos uni presbitero21. Dieser
Presbyter hatte die sogenannte erste postbaptismale Salbung zu vollziehen. Dar-
auf folgt die Bestimmung, daß die suscepturi mit Leinentüchern bereitstehen
sollen, um die Täuflinge in Empfang zu nehmen 22 . Mag man hier noch Andrieu's
Deutung, daß die levantes die Paten seien, gelten lassen 23 , so haben doch die
jüngeren Ordines ihre Schwierigkeiten damit, die levantes richtig einzuordnen.
Nach dem Ordo Romanus XV, der in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts
abgefaßt worden ist 24 , steigen barfüßige Priester oder Diakone in den Brunnen

15
OR X! 32 (ed. ANDRIEU 2, S. 42510).· Et offeruntur oblationes a parentibus eorum vel ab
his qui ipsos suscepturi sunt; ähnlich ebd. 74 (S. 44l 7 ).
16
Ebd. 34 (S. 425 14 j: Üb i dielt: Memento ... recitantur nomina virorum ac rnulierum qui
ipsos infantes suscepturi sunt. Ähnlich findet sich dieser Passus in Sacr. Gelas. 26/195 (ed.
MOHLBERG S. 33 j: Et recitantur nomina uirorum et mulierum, qui ipsos infantes suscepturi
sunt. S. dazu ANDRIEU, Ordines Romani 2, S. 385, 390; ferner BERGER, Offere pro S. 201-
204.
17
VAN MOLLE, Parrainage S. 125; FISHER, Initiation S. llf; BAILEY, Sponsors S. 43ff.
18
OR XI 82 (ed. ANDRIEU 2, S. 443 2 J: cateäzantur et reddunt symbolum et baptizantur;
Sacr. Gelas. 42 (ed. MOHLBERG S. 6721;.· reddunt infantes symbulum.
19
Sakramentar von Monza 1114 (ed. DOLD — GAMBER S. 103): qui suscepturus est tenente
infantem in manu sua interrogat eum pbr; OR XV 114 (ed. ANDRIEU 3, S. 119 22 ): respondent
circumstantes ...; S. auch Amalar, Liber officialis I 24, 13 (ed. HANSSENS 2, S. 13212,).· Sole-
mus enim nominare infantem et dicere ei: 'Credis in Deum Patrem?' atque respondet offerens:
'Credo'. Walafrid Strabo, De exordiis et incrementis 27 (MGH Capit. 2/2, S. 51212,).· inventum
est, ut patrini vel matrinae adhibeantur suscepturi parvulos de lavacro et pro eis respondeant
omnid ...
20
Suppl. Anianense 1084 (ed. DESHUSSES l, S. 378): Benedic to fönte et eo tenente infantem
a quo suscipiendus est, interroget sacerdos ita: Quis uocaris. R. Ille. Weitere Belege s. § 19
Anm. 24.
21
OR XI 97 (ed. ANDRIEU 2, S. 446 1 ).
Ebd. 98 (S. 446 j: Et sunt parati qui eos suscepturi sunt cum linteis in manibus eorum et
accipiunt ipsos a pontifice vel diaconibus qui eos baptizant.
23
ANDRIEU, Ordines Romani 2, S. 395f.
24
VOGEL, Introduction S.-123ff, 143.
94 Patenamt

und taufen; danach reichen sie die Kinder, 'nachdem diese wieder emporgehoben
worden sind', einem Priester zur Stirnsalbung; dort erst müssen die Paten mit
ihren Tüchern bereitstehen, damit ihnen die Täuflinge übergeben werden kön-
nen 25 . Nach dem Ordo Romanus XXXB, der ebenfalls noch dem 8. Jahrhundert
angehört 26 , halten Subdiakone die Täuflinge, bei der postbaptismalen Salbung 27 .
Auch hier treten die Paten erst nach der Stirnsalbung wieder in Aktion: Sie be-
kleiden dann die Täuflinge und bringen sie ins Konsignatorium28 . Das Sacramen-
tarium Gellonense wiederholt diese Anordnung 29 . Nach dem Pontificale Romano-
Germanicum des 10. Jahrhunderts nehmen allerdings die Paten ihre Täuflinge
sofort nach der Taufe in Empfang und halten sie bei der ersten postbaptismalen
Salbung30. Diese Beobachtungen führen, wenn wir daraus das Fazit ziehen, zu
einem immerhin nicht ganz unwichtigen Ergebnis: Man wird vorsichtig sein müs-
sen, die Patenaufgabe des suscipere in jedem Falle wörtlich zu nehmen; weniger
das Aufheben aus der Taufe als vielmehr das Bereithalten von Tüchern und das
Ankleiden der Täuflinge kennzeichnen die Patenaufgaben. Wenn aber das Aufhe-
ben aus der Taufe nicht der die Patenhandlung schlechthin charakterisierende Akt
gewesen ist, stellt sich die Frage, warum man trotzdem an der Bezeichnung susci-
pere festhielt und die Paten ausdrücklich susceptores nannte. Wir werden sehen,
daß der Grund möglicherweise woanders zu suchen ist, nämlich in der Tatsache,
daß man die Taufpatenschaft mit religiösen und weiter noch mit familienrecht-
lichen Akten des 'Aufhebens' zusammenbrachte 31 .
Mit ihrer Beteiligung beim Taufritus waren freilich die Paten noch nicht aus
ihren Aufgaben entlassen. In den folgenden acht Tagen, an denen bei den Gottes-
diensten spezielle Bitten für die Täuflinge gesprochen wurden, waren sie gehalten,
deren besondere duces zu sein 32 . Gelegentlich ist dabei auch von Patengeschenken

25
OR XV 75 (ed. ANDRIEU 3, S. 112*); ähnlich OR XXVIII 76 (ebd. S. 407 10 ).
26
VOGEL, Introduction S. 122f, 150.
27
OR XXXB 51 (ed. ANDRIEU 3, S. 473 8 ).
28
Ebd. 54 (S. 473 14 ); ferner OR XXXI 86 (ebd. 3, S. 503 3 ).
29
Sacr. Gell. 111/709 (ed. DUMAS l, S. 100).
30
Pontificale Romano-Germanicum XCIX 377 (ed. VOGEL - ELZE 2, S. 10636):
Cum autem infantes Ut autem surrexerint a fönte,
elevati fuerint a fönte, illi qui eos suscipiunt,
patrini vel matrinae levantes ipsos infantes in
singulorum accipientes manibus suis, offerunt eos
eos habeant intra baptismum uni presbitero. Ipse vero
pedibus infantum adhuc in presbiter facit de chrismate
aqua consistentibus donee crucem cum pollice in
episcopus vel presbiter vertice eorum ...
chrima requirens faciat
crucem cum pollice in
vertice eorum.
31
S. $ 19, Abschnitt a.
32
Amalar, Liber officialis I 29,9 (ed. HANSSENS 2, S. 15633J: neofyti nostri per octo dies
sub ducibus, presbyteris scilicet atque patronis et matronis, deducuntur. S. dazu VAN MOLLE,
Parrainage S. 139ff.
§ 17 Assistenz bei der Taufe 95

die Rede 33 . Am nachdrücklichsten wurde die nach der Taufe den Paten obliegen-
de geistliche Belehrung betont. Da es längst zur Regel geworden war, Kinder zu
taufen, wurde dem Paten aufgegeben, seinen Täufling, für den er bei der Taufe
stellvertretend die Glaubensantworten gegeben hatte, später im Glauben zu be-
lehren. So predigte Caesarius von Arles: 'Darum müßt ihr nicht nur im Beispiel,
sondern auch im Wort [die Neugetauften] zu allem guten Werk anhalten; insbe-
sondere wer Söhne oder Töchter in frommer Liebe (religiöse amore) [aus der
Taufe] aufnehmen will, höre nicht auf, sie vor und nach ihrer Taufe zu Keusch-
heit, Demut, Nüchternheit und Frieden zu ermahnen und sie darüber zu beleh-
ren. Solche sollen sich bewußt machen, daß sie deren Bürgen (fideiussores) sind.
Für sie nämlich antworten sie, dem Teufel, seinem Pomp und seinen Werken zu
entsagen. Sowohl wer [aus der Taufe] aufnimmt wie auch wer aufgenommen ist,
also die Väter wie die Söhne, müssen sich deshalb bemühen, den Vertrag zu hal-
ten, den sie mit Christus im Sakrament der Taufe unterschreiben.'34
In karolingischer Zeit sind große Anstrengungen gemacht worden, das Glau-
bensbekenntnis und das Vaterunser in das allgemeine Christenbewußtsein zu he-
ben; jedermann sollte diese Texte auswendig können, weswegen sie auch in die
Volkssprachen übersetzt worden sind 35 . Sofern das Kirchenvolk sonntags keine
Predigt hörte, sollte wenigstens das Credo rezitiert werden36 . Vor allem aber wur-
de von den Paten die Kenntnis des Credo und des Paternoster verlangt 37 ; Karl

33
Vita Bardonis maior l (MGH SS 11, S. 32325).· tincto baptismate, quidam compater eius
ammirabili donavit eum munere, galea, agno, psalterio. Per quae dona materialia adverti possunt
eius facta spiritalia, scilicet ut in pnmordio secundae nativitatis nobis resplendeat prodigium
tocius sequentis aetatis.
34
Caesarius von Arles, Sermo 200,6 (CChr.SL 104, S. 811).
35
Haito, Capitula ecclesiastica c. 2 (MGH Capit. l, S. 3637): Secundo iubendum, ut oratio
dominica in qua omnia necessaria humanae vitae comprehenduntur et symbolum apostolorum
in quo fides catholica ex integro conprehenditur ab omnibus discatur, tarn latine quarrt bar-
barice, ut quod ore profitentur corde credatur et intellegatur; s. auch Herard, Capitula 55
(MIGNE PL 121, Sp. 768B): Orationem dominicam et Symbolum juxta linguam suam et
intellectum. BECK, Gebrauch der Volkssprachen S. 577-585; BISCHOFF, Paläographische
Fragen S. 101-134; ANGENENDT, Bonifatius S. 137ff.
36
JUNGMANN, Missarum sollemnia l, S. 604f.
37
Die Forderung wird erhoben in karolingischen Kapitularien, in der bischöflichen (Synodal-)
Gesetzgebung sowie in theologischen Traktaten. Reiches Material gesammelt bei WIEGAND,
Apostolisches Symbol S. 303-331, bes. S. 323ff; Capitula e canonibus excerpta a. 813 c. 18
(MGH Capit. l, S. 17425): unusquisque compater vel parentes vel proximi filios suos spiritales
catholice instruant, ita ut coram Deo ratiocinare debeat; Capitula de examinandis ecclesiasti-
cis 14 (ebd. S. HO 41 ): Ut nullus infantem vel alium ex paganis de fönte sacro suscipiat, ante-
quam simbolum et orationem dominicam presbitero suo reddat; Theodulf von Orleans, Capi-
tula ad presbyteros parochiae suae 22 (MIGNE PL 105, Sp. 198B): Constitutum namque est ut
nullus chrismetur, neque baptizetur, neque a lavacro fontis illius suscipiatur, neque coram epis-
copo ad confirmandum quemlibet teneat, nisi symbolum et orationem Dominicam memoriter
tenuerit; Amalar, Liber officialis I 24,13 (ed. HANSSENS 2, S. 13212;.· Solemus enim nominare
infantem et dicere ei: 'Credis in Deum Patrem?' atque respondet offerens: 'Credo'. Satis supe-
rius demonstratum est ex evangelico testimonio quod fides offerentis possit eum salvare ..;
ebd. I 24,15 (S. 13333J.· Sacramento fidei salvatur parvulus usque ad tempus quo possit ipse
discere fidem suam; Amalar schließt seine Darlegungen eng an Augustinus an; Walafrid Strabo,
96 Patenamt

der Große soll einmal selber unwissende Paten wieder weggeschickt haben 38 . Die
Patenaufgaben galten als Gewissenspflicht. Altdeutsche Beichten fragen nach ihrer
Erfüllung; so heißt es in der Lorscher Beichte, 'daß ich meine Patenkinder nicht
so in Ehren gehalten und unterwiesen habe, wie es meine Pflicht gewesen wäre' 39 .
In der Laienwelt war man geneigt, die Patenpflichten als Überforderung anzuse-
hen. Jonas von Orleans zitiert in seiner Institutio laicalis unwillige Äußerungen:
Wer da sage: 'Ich kann nicht lernen, weil ich nicht eine solche Auffassungsgabe
besitze, daß ich die Gebote Christi, die gewiß wunderbar und zahlreich sind, zu
lernen vermöchte', den solle man auf die beim jüngsten Gericht fällige Rechen-
schaft über die Ausübung des Patenamtes hinweisen40 .
Zur vollen Information über das Patenamt ist endlich noch zu konstatieren,
wieviele Paten bei der Taufe und Firmung zugegen sein mußten. Die Quellen
lassen es als die Regel erscheinen, daß jeweils nur ein Pate beigezogen wurde;
die liturgischen Texte verwenden schlicht die Formel: qui suscepturus est41.
Einzelne Synodalbestimmungen sanktionierten diese Praxis 42 . Lampert von Hers-
feld berichtet freilich folgende Begebenheit: Als Heinrichs IV. Frau Praxedis
während eines Aufenthaltes in Hersfeld einen Sohn gebar, mußte der gerade an-
wesende Bischof Ezzo von Oldenburg (Holstein) in aller Eile die Taufe vorneh-
men, weil um das Leben des Kindes gefürchtet wurde; der Abt und einige der Brü-
der, so Lampert, hätten dann das Kind aus dem heiligen Bad gehoben 43 . Tatsäch-
lich ist zu beobachten, daß es nach der Jahrtausendwende üblich wurde, für jeden
Täufling mehrere Paten zu bestellen. Wenn die scholastischen Theologen die Pa-
tenschaft behandeln, setzen sie für den Regelfall mehrere Paten voraus44 .

De exordiis et incrementis 27 (MGH Capit. 2/2, S. 512 ): Pariterque debet spiritalis pater vel
mater ei, quem de fönte regenerations suscepit, cum ad intellegibilem pervenerit aetatem,
insinuare confessionem, quam pro eo fecit.
Ep. Karoli ad Ghaerbaldum (MGH Capit. l, S. 241 J: ... multi fuerunt apud nos inventi,
qui volebant suscipere infantes de sacro fönte baptismatis; quod iussimus singulariter et dili-
genter examinare et requirere, si orationem dominicam et simbolum ... scirent aut memoriter
tenerent; et plures fuerunt, qui nulla exinde in memoriam habebant. Quibus praecepimus ab-
stinere, ut antequam orationem et simbolum scirent et recitare potuissent, neque aliquem de
sacro fönte baptismatis suscipere praesumerent. Et valde erubescentes fuerunt...
39
Lorscher Beichte (ed. BRAUNE - EBBINGHAUS S. 58 12 ).
40
Jonas von Orleans, De institutione laicali I 8 (MIGNE PL 106, Sp. 134C).
41
S. Anm. 19.
Conc. Mettense a. 888 c. 6 (MANSI 18, Sp. 79): infantem nequaquam duo vel plures, sed
unus a fönte baptismatis suscipiat ... Nam unus Deus, unum baptisma, unus, qui a fönte susci-
pit, debet esse pater vel mater infantis; HEFELE — LECLERCQ, Histoire des Conciles 4/2,
S. 688-693, bes. S. 689.
43
Lampert von Hersfeld, Annales a. 1074 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 38, S. 17416):
[regina] peperit filium. Is quantum infirmari et iamiam expiraturus putabatur, tercio die bapti-
zatus est ab Ezzone Altenburgensi episcopo, qui tune forte apud abbatem hospitabatur, et
nomine atavi sui Cuonradus est vocatus. Et quoniam alii non aderant, qui digne eo munere
fungerentur, abbas et alii plerique fratres Herveldensis cenobii eum de sacro fönte susceperunt.
44
So heißt es z.B. in Sentenzen der Schule Anselms von Laon: Patrini ... in testimonium eccle-
sie, ne iterum rebaptizarentur pueri, adhibentur et debent esse tres uel septem (Sententie diuine
pagine [ed. BLIEMETZRIEDER S. 45]). S. ferner CORBLET, Sacrement de bapteme 2, S. 203-
206; BAILEY, Sponsors S. 101-106.
$ 18 Geistliche Verwandtschaft 97

Gelegentlich werden auch besondere Bedingungen für die Eignung zum Paten-
amt gestellt. So verordnen die Canones Theodori, daß ein Ungetaufter oder Un-
gefirmter nicht aus der Taufe heben könne 45 . Das große Pariser Reformkonzil
von 829 wollte auch die Büßer vom Patenamt ausgeschlossen wissen46. Hinsicht-
lich der Firmpatenschaft konzedierten die theodorischen Canones, daß ein und
derselbe Pate sowohl bei der Taufe wie bei der Firmung agieren dürfe 47 .

§ 18 Geistliche Verwandtschaft

Was aber das Patenamt so bedeutsam gemacht hat, war die Vorstellung von der
geistlichen Verwandtschaft. Ausgehend von dem Verhältnis Christi zu seiner Kir-
che, das als Ehebund interpretiert wurde, galten die Getauften als von Christus
gezeugt und von der Mater Ecclesia neu geboren1 . Die Vaterschaft Christi sah man
dabei auf alle übertragen, die an seiner Statt bei der sakramentalen Neugeburt mit-
wirkten, so auf die Taufspender und auch auf die Taufpaten. Unter Rückgriff auf
neutestamentliche Aussagen einer Geburt 'non secundum carnem, sed secundum
spiritum' (cf. Rom l,3f) 2 glaubte man dabei, zwischen leiblichen und geistlichen
Eltern scheiden zu sollen. Im Osten war es Dionysius Areopagita (5. Jh.), der
schrieb, 'daß die nach heiliger Satzung auferzogenen Kinder zu einem heiligen
Zustand gelangen werden, indem sie von jedem Irrtum entbunden und von einem
unheiligen Leben unberührt sind. Da nun unseren göttlichen Führern diese Wahr-
heit in den Sinn kam, erschien es ihnen gut, die Kinder nach diesem heiligen Brau-
che fin die Kirche] aufzunehmen, daß die leiblichen Eltern des [zur Taufe] herbei-
gebrachten Kindes es irgend einem der Getauften, der ein guter Erzieher in den
göttlichen Dingen ist, übergeben, so daß das Kind in Zukunft unter ihm gleichwie
unter einem göttlichen Vater und einem Bürgen der geistlichen Wohlfahrt des Kin-
des beständig bleibe. Diesen Mann nun, der die Zusage gibt, das Kind in heiligem
Leben aufzuziehen, fordert der Hierarch auf, die Abschwörungen zu sprechen und
die heiligen Gelöbnisse zu tun ...'3. Im Westen stellte die Regula Magistri eine

45
Canones Theodori (Co) 68 (ed. FINSTERWALDER S. 275): In baptisma et in crisma qui
non est baptizatus vel crismatus non potest alium suscipere.
46
Conc. Parisiense a. 829 c. 54 (MGH Conc. 2/2, S. 64S 36 ): Illos tarnen in hoc capitulo specia-
liter ab his officiis removendos iudicamus, qui propter reatum suum publica sunt paenitentia
multati, videlicet ut nee alias de sacri fontis baptismate suscipiant nee etiam ad percipiendum
sancti Spiritus donum aliorum patroni coram pontificibus existant, donec per dignam paeni-
tentiae satisfactionem reconciliationem mereantur.
47
Canones Theodori (Co) 69 (ed. FINSTERWALDER S. 275): In catecumino et in baptismo
et in conjirrnatione unus pater si necessitas cogit. non tarnen consuetudo est, sed per singula
singuli suscipiunt.

1
RAHNER, Gottesgeburt S. 13-87; SCHMID, Heilige Brautschaft Sp. 554ff. Zur mittelalterli-
chen Tradition s. OHLY, Hohelied - Studien, Sachregister s.v. Braut/Bräutigam.
2
S. auch Joh 3,6: Quod natum est ex carne, caro est, et quod natum est ex spiritu, Spiritus est.
Dionysius Areopagita, De ecclesiastica hierarchia 7,11 (MIGNE PG 3, Sp. 568); Übersetzung
nach STIGLMAYR (Bibliothek der Kirchenväter 2, S. 207).
98 Patenamt

ähnliche Forderung auf, allerdings nicht für die Täuflinge, sondern für Mönche
(die aber nach des Magisters Ansicht zu nichts anderem als zur konsequenten Be-
folgung des Taufpak turns verpflichtet waren): 'In der Kirche haben wir bereits
eine Mutter gefunden und durften schon wagen, den Herrn als unseren Vater vom
Himmel herbeizurufen. So ist also nun mit Recht der irdische Vater und die
fleischliche Mutter zu verlassen. Es sollen ja nicht dadurch, daß wir zwei Eltern-
paaren gehorchen, die Bürger [des Gottesreiches] gekränkt und auch wir nicht
als Bastarde zweier Elternpaare angesehen werden, wie es der Fall wäre, wenn wir
die fleischlichen Eltern nicht aufgäben.' 4 Während die Magisterregel dazu auffor-
dert — allerdings nur bei Mönchen —, den irdischen Vater und die fleischliche
Mutter zu verlassen, weil allein Gott als Vater und die Kirche als Mutter anzu-
sehen seien, spricht Pseudo-Dionysius nur erst von einem bewährten Brauch, wenn
die leiblichen Eltern ihr Kind zur weiteren Erziehung einem geistlichen Vater und
Bürgen zur geistlichen Wohlfahrt übergeben. In der — auch amtlicherseits bekräf-
tigten — Praxis hatte bis dahin gegolten, daß die Eltern selbst ihre Kinder zur
Taufe brachten und für sie in besonderer Weise verantwortlich waren. Papst Gela-
sius I. (492-496) wollte der elterlichen Frömmigkeit sogar eine besondere Bedeu-
tung beimessen: 'Durch die Gebete des christlichen El tern teils, durch die für sie
[die Kinder] unverzüglich die göttliche Barmherzigkeit angerufen wird, ist ihnen
schon eine Heiligung zuteil geworden. Meist auch werden sie durch den Eifer des
gläubigen Elternteils zur Kirche gebracht und erhalten die volle Heiligung, von der
sie als Neugeborene aus dem Taufbrunnen noch nicht wissen, die ihnen aber,
wenn sie zum Vernunftgebrauch gelangt sind, durch die Ermahnung und An-
empfehlung des frommen Elternteils vermittelt wird.'5 Es sind also die Eltern, die
ihre Kinder sowohl zur Taufe bringen wie auch deren spätere geistliche Erziehung
leisten. Auffällig ist allein der Gedanke, daß das Gebet der Eltern die Kinder be-
reits vor der Taufe zu heiligen vermöge, was dem Aufkommen einer eigenen Pa-
tenschaft eher hinderlich gewesen sein muß.
Auch Augustinus hat den Gedanken der Glaubenssolidarität auf die Kinder-
taufe angewandt; seine Gedanken wirkten freilich in der Weise weiter, daß immer
stärker zwischen leiblichen und geistigen Eltern unterschieden wurde. In der zwi-
schen 388 und 395 entstandenen Schrift De libero arbitrio fragt Augustin, inwie-
fern den Kleinkindern die Taufe zu nützen vermöchte, da dieselben doch oft
genug noch vor deren bewußter Anerkennung verstürben. 'In dieser Sache wird
hinlänglich fromm und richtig geglaubt, daß dem Kinde der Glaube jener nützt,
von denen es zur Heiligung dargeboten wird. Und das heilsamste Ansehen der Kir-
che knüpft daran die Empfehlung, daß jeder daraus die Empfindung gewinne, wie
nützlich ihm sein eigener Glaube sein muß, wenn er sogar einem ändern, der noch
keinen eigenen Glauben besitzt, zur Wohltat gereichen kann. Was hat dem Sohne

4
Regula Magistri, Thema (ed. DE VOGÜfi l, S. 3005 ): Videte ergo, fratres, si inuenimus lam
matrem ecclesiam et patrem ausi sumus Dominum uocare de caelis, ergo iam iuste a nobis re-
linquendus est pater terrenus et mater carnalis, ne binis öbtemperantes parentibus, non solum
dues offendantur, sed uelut adulteri de duobus parentibus nasci, si carnales non dimittimus,
iudicemur; Übersetzung nach OHLMEYER, Regel des Magister S. 4.
5
Gelasius I., Dicta adversus Pelaginanam haeresim (CSEL 35/1, S. 425 4 ).
$ 18 Geistliche Verwandtschaft 99

der Witwe sein Glaube genützt, den er als Toter jedenfalls nicht mehr hatte?
Nützte ihm nicht trotzdem der seiner Mutter, so daß er auferstand? Wieviel mehr
also vermag ein fremder Glaube für ein Kind zu sorgen, dem sein Unglaube nicht
angerechnet werden kann?' 6 Die fides aliena ist für die Folgezeit ein höchst wich-
tiges Stich wort geworden. In seinem 408 an Bischof Bonifatius von Cataqua
abgefaßten Brief — ein für die westliche Tauftheologie äußerst wichtiger Text —
muß Augustin abwehren, 'daß die von Adam ererbte Verschuldung nur gelöst
werden könne, wenn die Kinder von den Eltern zum Empfang der Gnade gebracht
werden. Denn du schreibst: 'Wie die Eltern die Schuld tragen an ihrer Strafe,
so sollen die Kinder auch ebenso durch den Glauben der Eltern gerechtfertigt
werden' ' 7 . Augustin lehnt eine solche Spiegelbildlichkeit ab unter Hinweis dar-
auf, daß viele Kinder gar nicht von ihren Eltern, etwa wenn diese verstorben seien,
zur Taufe gebracht werden könnten. Das Stichwort von der fides aliena wirkte
dennoch weiter. So verlangt der Diakon Johannes in seinem Brief an Senarius:
Wenn Eltern oder sonstige die Kinder zur Taufe brächten, sei das notwendig, da-
mit diese durch das Bekenntnis anderer gerettet würden, denn durch die Irrung
anderer seien sie auch verdammt gewesen 8 . Der Gegensatz liegt zwischen dem
zu taufenden Kleinkind und den 'anderen', den Erwachsenen, seien diese nun die
Eltern oder die Paten. Weil nämlich ein Kind nicht selbst gesündigt hat, so lautet
der Gedankengang, aber doch durch andere mit Sünden befleckt worden ist,
scheint es auch angemessen, daß andere die Reinigung bewirken. Der Gedanke soll
eigentlich nur die Tatsache der stellvertretenden Taufantwort rechtfertigen. An-
ders jedoch in karolingischer Zeit, als der Johannes-Brief bekanntlich auf Alkuins
Tauferklärung sowie auf Karls des Großen Taufrundfrage — wohl durch einen
Zwischentext — einwirkte. Bei Alkuin heißt es: 'Die Kinder, die noch nicht über
den Verstand verfügen, waren abhängig von den Sünden anderer und können ge-
rettet werden durch den Glauben und das Bekenntnis anderer' 9 . Diese Aussage
aber stand jetzt in einem veränderten Praxis-Kontext. Da die Paten die Eltern
längst verdrängt hatten, mußten sie fortan als die 'anderen' erscheinen, nun aber
als geistliche Eltern im Gegensatz zu den leiblichen.
So gab es also die Vorstellung von einer besonderen geistlichen Elternschaft,
die sich im 5. und 6. Jahrhundert entwickelt hat und immer mehr dazu drängte,
bei der Taufe eigene geistliche Eltern zu bestellen, eben die Taufpaten. Es gibt
sogar einen Text, dessen Herkunft und Alter allerdings nur schwer zu bestimmen
sind, welcher den seit Augustin virulenten Gedanken von den 'anderen' noch
schärfer faßt: 'Die Kinder, die noch nicht zu sprechen wissen, werden durch

6
Augustinus, De libero arbitrio III 23,67 (CChr.SL 29, S. 314 20 ); Übersetzung nach PERL,
Aurelius Augustinus. Der freie Wille S. 177.
7
Augustinus, Ep. 98,6 (CSEL 34/2, S. 527 10 ).
Johannes Diaconus, Ep. ad Senarium (ed. WILMART, Analecta S. 175 2 ): [paruuli] qui adhuc
pro ipsius aetatis primordio nihil intellegunt, Unde scire debetis quia, dum a parentibus aut a
quibus Übet aliis offeruntur, aliena eos professione saluari necesse est qui fuerant alieno errore
dampnati.
9
Alcvini epp. 110 (MGH Epp. 4, S. 158 31 ); s. ebd. ep. 113 (S. 16416): ut, qui alieno inpaterna
praevaricatione ligatus est peccato, alterius in baptismi mysterio professione solutus sit.
100 Patenamt

den Glauben derjenigen, die sie vom heiligen Brunnen aufheben, gewürdigt, die
Verzeihung ihrer Sünden zu erhalten. Und gewiß ist es angemessen, daß sie, die
durch die Sünde der fleischlichen Eltern befleckt werden, durch den Glauben der
geistlichen Eltern das Heil erlangen' 10 . Der Text stellt einen Gegensatz her zwi-
schen den Eltern, die — so bekanntlich zeitweilig die Auffassung Augustins11 — im
Zeugungsakt die Erbsünde übertragen, und den geistlichen Eltern: Von der Sünde
seitens der leiblichen Eltern kann das Kind nur durch den Glauben der geist-
lichen Eltern gerettet werden.
Die Scheidung von leiblicher und geistlicher Elternschaft wurde dann bis zu
der Konsequenz getrieben, daß die leiblichen Eltern unter keinen Umständen
die Aufnahme der eigenen Kinder aus der Taufe vollziehen durften. Denn es sollte
vermieden werden, daß sie zugleich die geistlichen Eltern der eigenen Kinder wur-
den. Walafrid Strabo (+ 849) schreibt dazu: 'Ein Vater oder eine Mutter dürfen
ihr Kind nicht aus der Taufe heben, damit die Scheidung zwischen geistlicher und
fleischlicher Zeugung gewahrt bleibt' 12 . Die in der Patenschaft herbeigeführte
geistliche Verwandtschaft galt als so andersartig und so viel gewichtiger, daß man
im Falle einer elterlichen Patenschaft sogar die Fortsetzung der Ehe für nicht
mehr möglich hielt. Wiederum Walafrid Strabo verordnet dazu: Wenn Vater oder
Mutter ihr eigenes Kind aus der Taufe heben, 'dürfen sie fortan keine geschlecht-
liche Gemeinschaft mehr miteinander haben, da sie bei einem gemeinsamen Sohn
das geistliche Band der Kompaternität sich zugezogen haben' 13 . Aus dem 9.
Jahrhundert ist sogar der Fall überliefert, daß ein Vater, der seinem Kind die
Nottaufe gespendet hatte und dabei notgedrungen dessen Taufpate geworden war,
bis nach Rom pilgern mußte, um vom Papst die Fortsetzung seiner Ehe zu erwir-
ken 1 4 . Der Liber historiae Francorum berichtet den "legendären" Fall, daß die
Königin Fredegund in listiger Weise Chilperichs Gattin Audovera veranlaßt habe,

10
Homilia in Ascensa Domini (MIGNE PL 97, S. 488A-B). S. DEKKERS - GAAR, Clavis Pa-
trum Nr. 1158a S. 261: die Homilie stammt möglicherweise aus dem 6. Jh.
11
GROSS, Erbsündendogma l, S. 334-346.
12
Walafrid Strabo, De exordiis et incrementis 27 (MGH Capit. 2/2, S. 512 19 ), zitiert in Anm.
13.
13
Walafrid Strabo, De exordiis et incrementis 27 (MGH Capjt. 2/2, S. 51219j: Nullum autem
debet pater vel mater de fönte suam suscipere sobolem, ut sit discretio inter spiritalem genera-
tionem atque camalem: quodsi casu evenerit, non habebunt carnalis copulas deinceps ad invi-
cem consortium, qui in communi filio compaternitatis spiritale vinculum susceperunt. Conc.
Moguntinense a. 813 c. 55 (MGH Conc. 2/1, S. 273 ): Nullus igitur proprium filium velfiliam
de fönte baptismatis suscipiat.
14
Registrum Johannis VIII papae 195 (MGH Epp. 7, S. 15612): innotuit, quod filium suum
in extremo vite positum necdum baptismatis unda lotum, absentia scilicet sacerdotum necessa-
rio cogente, baptizasset eumque ipse propriis manibus retinendo suscepisset ... Unde si pre-
dictus genitor filium suum corpore morientem aspiciens, ne animam morte perpetua pereuntem
dimitteret, sacri unda baptismatis lavit, ut eum de potestate auctoris mortis et tenebrarum eri-
peret et in regnum Christi iam regcneratum indubitanter mitteret, bene fecisse laudatur. Et
idcirco cum sua uxore sibi iam olim legitime sociata irnpune, quamdiu vixerint, iudicamus
manere coniunctum. Später haben sich scholastische Theologen gelegentlich auf diesen Papst-
brief berufen; Magister Gandulph von Bologna, Sententiae IV 61 (ed. VON WALTER S. 424).
$18 Geistliche Verwandtschaft 101

ihr eigenes Kind aus der Taufe zu heben. Dadurch aber wurde Audovera Com-
mater ihres Kindes, konnte darum nicht mehr Gattin des Königs bleiben und
mußte ihre Ehe aufgeben. Chilperich entließ sie und nahm Fredegund zur Frau —
was diese aber von vornherein beabsichtigt hatte 15 . Wie sich hier schon zeigt, hat
man die geistliche Verwandtschaft gelegentlich bewußt zur Ehescheidung benutzt,
so daß etwa das 813 in Chalon-sur-Saone tagende Konzil mahnen mußte, nicht in
betrügerischer Weise die eigenen Kinder dem Bischof bei der Firmung darzurei-
chen, um sich anschließend wegen der dadurch entstandenen Patenschaft vom
Ehegatten zu trennen 16 .
Von zentraler Wichtigkeit ist die Feststellung, daß die Bindung zwischen den
neuen Eltern und dem geistlichen Kind als Wirkung des Gottesgeistes aufgefaßt
wurde. Amalar von Metz hat zum Beispiel diese Bindung darin begründet gesehen,
daß der neuschaffende Gottesgeist sowohl dem Erwachsenen, der ein Kind zur
Taufe bringe, wie auch dem neugeborenen Kind in gleicher Weise zu eigen sei 17 .
Der berühmte Liturgieerklärer wiederholt dabei einen Gedanken Augustins, den
dieser freilich in einem ganz anderen Kontext vorgetragen hatte. Dem Bischof von
Hippo war, und zwar in dem bereits zitierten Bonifatius-Brief, die Frage vorgelegt
worden, ob Eltern mit einer Anempfehlung an heidnische Gottheiten ihren be-
reits getauften Kindern einen Schaden anzutun vermöchten, wo sie doch durch
die von ihnen bewerkstelligte Taufe den Kindern so viel Gutes getan hätten; kurz,
es ging um die Sorge, ob dieselben Leute durch eine böse Handlung ihre frühere
gute Tat zu korrumpieren imstande seien. Augustin argumentierte demgegenüber,
daß der eine Gottesgeist zunächst bei den Eltern den guten Entschluß, ihre Kin-
der zur Taufe zu bringen, bewirkt habe und dann bei den Kindern die Wiederge-
burt, und diese könne nicht durch einen anderen Entschluß der Eltern rückgängig
gemacht werden. Dabei fällt dann der Ausspruch: 'Der Geist der Wiedergeburt ist
den Erwachsenen, die [ein Kind] zur Taufe bringen, und dem kleinen wiedergebo-
renen Täufling gemeinsam' 18 . Das frühe Mittelalter aber interpretierte diesen Satz
nach einer anderen Richtung hin: Da nämlich das Neue Testament die vom Geist
gewirkte Liebe nach Art eines vereinenden Bandes beschreiben kann 19 , wurde der
dem Paten und dem Täufling gemeinsame Geist als ein solches Band aufgefaßt.
Walafrid Strabo wendet genau diese Bezeichnung auf die Patenschaft an: compa-
ternitatis spiritale vinculum20.
An diesem vinculum muß der Zeit in ganz besonderer Weise gelegen gewesen
sein, sehen wir doch im 8. Jahrhundert eine Ausweitung seiner Bindekraft sich

15
Liber historiae Francorum 31 A (MGH SS rer. Merov. 2, S. 292 19 ).
16
Conc. Cabillonense a. 813 c. 31 (MGH Conc. 2/1, S. 279 19 ).
17
Amalar, Liber officialis I 24,9 (ed. HANSSENS 2, S. 13l24).
Augustinus, Ep. 98,2 (CSEL 34/2, S. 522 ).· regenerans ergo Spiritus in maioribus offeren-
tibus et paruulo oblato renatoque communis est; NAGEL, Kindertaufe S. 136ff.
19
Eph 4,3: servare unitatem Spiritus in vinculo pads; Col 3,14: ca.rita.tem habete, quod est
vinculum perfectionis.
20
Walafrid Strabo, De exordiis et incrementis 27 (MGH Capit. 2/2, S. 51221): non habebunt
carnalis copulae deinceps ad invicem consortium, qui in communi filio compaternitatis spiritale
vinculum susceperunt.
102 Paten am t

vollziehen, die eigentlich nur überraschend genannt werden kann. Hatte zunächst
allein eine Bindung zwischen dem Paten und seinem Täufling bestanden, die als
geistliche Elternschaft streng von der leiblichen Elternschaft geschieden sein soll-
te, so führte das Verwandtschaftsdenken den geistlichen Elternteil in Wirklich-
keit schon bald wieder mit den leiblichen Eltern zusammen, weil sie ja gemein-
sam Vater beziehungsweise Mutter waren. So schreibt zum Beispiel Gregor von
Tours, daß die Güter des heiligen Martin — also seiner Kirche — durch einen ge-
wissen Eberulf oftmals geschädigt worden seien; trotzdem wolle er diese Unbill
lieber vergessen, da er den Sohn seines Widersachers aus der Taufe gehoben ha-
be21 . Und ein Gunthram-Boso, dessen Fall später noch eingehender behandelt
werden soll, nahm sich, als er vom Königsgericht verurteilt worden war, Bischof
Magnerich von Trier (+ nach 578), welcher Pate über einen Königssohn war, als
Geisel; als pater communis des Königs vermöge der Bischof, so hoffte der Verur-
teilte, alles zu erreichen, auch seine Freisprechung 22 . Somit ist klar: Wer mit dem
Sohn eine geistliche Bindung eingegangen ist, kann es an Wohlverhalten zum Vater
nicht fehlen lassen. Fast notwendig ergab sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl
zwischen den geistlichen und leiblichen Eltern, und dies führte dann auch zu einer
eigenen Sprachregelung. Waren ursprünglich nur der geistliche Vater und die geist-
liche Mutter als 'compater' oder 'commater' ihrer Taufkinder bezeichnet wor-
den, so dienten diese Benennungen nun beiden Elternpaaren dazu, wechselseitig
ihre neue Verbundenheit zum Ausdruck zu bringen. Die Bezeichnungen 'compa-
ter' und 'commater' wurden auf diese Weise zwischen den beiden Elternpaaren
austauschbar: Nicht mehr allein die geistlichen Eltern wurden als solche bezeich-
net, sondern auch — von der Sicht der geistlichen Eltern aus — die leiblichen El-
tern; auch sie galten nun erstaunlicherweise als 'compater' und 'commater'23 . Für
die Päpste der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts war es zum Beispiel ganz selbst-
verständlich, daß sie, nachdem sie die Taufpaten über einzelne Söhne und Töchter
der Karolinger geworden waren, die königlichen Eltern als compater und comma-
ter bezeichneten 24 . Oder um es bildlich auszudrücken: wenn man die Beziehung
zwischen Paten und Täufling als vertikal ausgerichtete Kompaternität auffaßt,
dann ist die neue, beide Elternpaare verbindende Kompaternität als horizontal
ausgerichtet zu verstehen. Es ist folglich sorgfältig zu unterscheiden, wer jeweils in
der Kompaternität gemeint ist, die geistlichen oder die leiblichen Eltern.
Die neue, horizontal ausgerichtete Kompaternität"ist bald auch geistlich inter-

21
Gregor von Tours, Hist. VIF 22 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 34l1;.· Et quamquam multas
nobis insidias prius de rebus sancti Martini fecisset, extabat tarnen causa, ut eadem oblivisce-
rem, eo quod filium eius de sancto lavacro suscipissem. Zu Eberulf s. IRSIGLER, Frühfränki-
scher Adel S. 224ff.
22
S. $ 19 Anm. 12.
23
Der vielleicht friiheste Beleg für dieses 'compater'-Verständnis findet sich in Coll. vet. Gallica
c. 46,10 (ed. MORDEK S. 53251 j: Ut conpatres nullus eorum [monachorum] audeat habere.
Diese Bestimmung gehört in den Zusammenhang der desöfteren ausgesprochenen Patenschafts-
verbote für Mönche (s. f 22 Anm. 31-33); hier ist sinnvoll nur in gleicher Weise zu interpretie-
ren: Die Mönche sollen keine Patenschaften eingehen, so daß sie auch keine conpatres haben,
als welche folglich die leiblichen Väter anzusehen sind.
24
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 4Off, 60, 74.
$ 18 Geistliche Verwandtschaft 103

pretiert worden, was erst recht erstaunlich genannt werden muß. Denn die Bestel-
lung von Paten war ja nicht zuletzt deswegen zu einem allgemeinen Brauch ge-
worden, weil die leiblichen Eltern nicht zugleich die geistlichen Eltern sein konn-
ten. Seit dem 8. Jahrhundert aber galten die in der neuen Kompaternität Verbun-
denen auch im gleichen Geiste vereint: Wie Pate und Taufkind im Geist zusam-
mengehörten und von einem geistlichen Band umschlossen waren, so nun auch die
leiblichen und geistlichen Eltern; auch sie wußten sich im Gottesgeist zusammen-
gebunden. Daß die Eltern, die als die leiblich Zeugenden den allem Fleisch wider-
streitenden Geist zur geistlichen Zeugung ihrer eigenen Kinder selbst nicht besa-
ßen, nun dennoch in eben diesem Geist mit den Paten vereint gesehen wurden,
erscheint wenig logisch, ist aber klar zum Ausdruck gebracht worden. Ein ein-
drückliches Beispiel findet sich in einem Brief, den Papst Paul I., wohl noch im
Jahre 757, an Pippin richtete, als er das Tauftuch der königlichen Tochter Gisela
entgegengenommen hatte: 'Im Band des geistlichen Bündnisses sind wir beide
gleicherweise vereint' 25 . Das Zustandekommen wie auch die geistliche Wirkung
dieser Kompaternität werden dabei eingehend erläutert: Pippins Bote habe als
überaus kostbare Gabe der himmlischen Gnade das Tauftuch überbracht, in dem
die geliebte geistliche Tochter vom heiligen Bad des Taufbrunnens aufgehoben
worden sei; durch das übersandte Tauftuch dürfe er, der Papst, sich erfreut zuer-
kennen, die Aufhebung gleichsam selbst vollzogen zu haben. Weil die Liebe zum
Glauben das königliche Herz dazu entflammt habe, ihm, dem Papst, durch das
Band des geistlichen Bündnisses (per vinculum spiritalis foederis) anzuhangen,
danke er Gott und bitte ihn um Wohlergehen für die Zukunft der königlichen
Familie. Da die Machtfülle des Heiligen Geistes, zumal die zwischen ihnen gültig
bestehende Gnade der Kompaternität, Zutrauen erwecke, bitte er seinen geist-
lichen Compater und allerbesten König darum, die Gerechtsame des heiligen Pe-
trus wiederherzustellen 26 . In der Kompaternität vollzog sich demnach eine Aus-
weitung von einem zunächst nur zwischen dem Paten und seinem Täufling beste-
henden Band zu einer Verbundenheit des Paten auch mit den Eltern seines Täuf-
lings. Der Kreis der in die geistliche Bindung Einbezogenen war damit nicht uner-
heblich vergrößert.
Wie wenig die geistliche Verwandtschaft als eine unverbindliche Ehrenaufgabe
angesehen worden ist, zeigt sich deutlich auch daran, daß sie ein Ehehindernis
zwischen den in der Taufe zu geistlicher Verwandtschaft Verbundenen aufrichte-
te. Der Codex lustinianus bringt dafür den ältesten Beleg: Die Patenbindung, in
der durch Gottes Vermittlung die Seelen verbunden seien, bewirke wie nichts
sonst eine väterliche Beziehung und damit ein Ehehindernis 27 . Auch im Westen
25
Codex Carolinus 14 (MGH Epp. 3, S. 51120J.· ... in vinculo spiritalis foederis pariter sumus
adnexi.
26
Ebd.S. 511 21 -512 2 .
7
Codex lustinianus 5,4,26 (2) (ed. KRÜGER S. 197): Ea videlicet persona omnimodo ad nup-
tias venire prohibenda, quam aliquis, sive alumna sit sive non, a sacrosancto suscepit baptismate,
cum nihil aliud sic inducere potest paternam adfectionem et iustam nuptiarum prohibitionem,
quam huiusmodi nexus, per quern deo mediante animae eorum copulatae sunt. S. dazu HIN-
SCHIUS, Kirchenrecht 4, S. 38f; STEINWENTER, Corpus iuris Sp. 459; PREISEN, Eherecht
S. 508f.
104 Patenamt

galt dieses Verbot; während des ganzen Frühmittelalters ist es immer wieder ein-
geschärft worden 28 . Papst Nikolaus I. (858-867) liefert im 9. Jahrhundert noch
einmal eine ausführliche Begründung von der geistlichen Verwandtschaft her und
beruft sich dabei auch auf die alten römischen Gesetze, auf den Codex Justinia-
nus: 'Zwischen ihnen [den geistlichen Vätern] und ihren Söhnen besteht keine
Blutsverwandtschaft, denn der Geist weiß nicht um die Dinge, die dem Blute zu-
gehören: 'Das Fleisch nämlich', so der Apostel, 'verlangt gegen den Geist und der
Geist gegen das Fleisch; sie liegen miteinander im Streit'. Es besteht zwischen
ihnen eine andere, eine gnadenhafte und heilige Gemeinschaft, die nicht Bluts-
verwandtschaft genannt werden kann, vielmehr als geistliche Nähe betrachtet
werden muß. Bei solchen [Verwandten] erachten wir eine eheliche Verbindung
für unmöglich; denn schon die altehrwürdigen römischen Gesetze gestatteten bei
solchen, die von Natur oder durch Adoption Söhne sind, keine Ehe.'29
Wie aber von dem einen Gottesgeist her die Begründung für die enger wie die
weiter gefaßte Kompaternität dieselbe war, so wird auch das Ehehindernis, das
ursprünglich nur für den Paten und sein Taufkind galt, nun ebenso für den Paten
und die Eltern seines Täuflings in Geltung gesetzt: Pate oder Patin können nicht
mehr den verwitweten Elternteil ihres Patenkindes zur Ehe nehmen. An der
Durchsetzung dieses Ehehindernisses läßt sich die Ausbreitung der weitergefaß-
ten Taufverwandtschaft sogar am besten verfolgen. Zum ersten Mal finden wir
dieses Eheverbot auf der sogenannten zweiten Trullanischen Synode von 691
formuliert: Die geistliche Verwandtschaft sei bedeutender als die leibliche; darum
könnten Paten nicht mehr die verwitweten Mütter ihrer Taufkinder heiraten 30 .
Fortan sollte demnach das Hindernis auch für die erweiterte Kompaternität gel-
ten. Römische Synoden von 721 und 743 übernahmen dieses Verbot 31 , und so
finden wir es auch in der karolingischen Reformgesetzgebung 32 . Im Frankenreich
war es allerdings nicht der romtreue Bonifatius, der die neue Anschauung verbrei-
tete; vielmehr zeigt er sich in Briefen des Jahres 735 höchst überrascht: 'Ein

28
S. Anm. 31 u. 32.
29
Nicolai I papae ep. 99,2 (MGH Epp. 6, S. 569 14 ).
30
Conc. Quinisextum a. 691 c. 53 (MANSI 11, S. 967): Quoniam spiritalis necessitudo, seu
affinitas, corporum coniunctione major est; ... cognovimus quosdam, qui ex sancto et salutari
baptismate infantes suscipiunt, postea quoque cum matribus illorum viduis matrimonium con-
trahere, statuimus ut inposterum nihil fiat eiusmodi.
Conc. Romanum a. 721 c. 4 (ebd. 12, S. 263): Si quis commatrem spiritalem duxerit in con-
jugium, anathema sit; Conp. Romanum a. 743 c. 5 (MGH Conc. 2/1, S. 1316 und 3l 1 2 ): diaco-
nam, nonnam aut monacham vel etiam spiritalem commatrem nullus praesumat nefario coniu-
gio copulari.
2
Es wird das Verbot ausgesprochen, daß man weder die geistliche Tochter noch die commater
heiraten dürfe, so z.B. der "kanonistische Brief' von Papst Zacharias an Pippin (Codex Caroli-
nus 3 [MGH Epp. 3, S. 48531 ]): Sed nee spiritalem cummatrem aut filiam, quod absit, quis
ducat temerario ausu uxorem. Doch ist hier letztlich nicht sicher, wer diese commater ist: die
eigene Patin oder die Mutter der Tauftochter. Wenn es dann aber in König Pippins erstem Kapi-
tular heißt, das Verbot gelte aut commatre sua aut cum matrina sua spiritali de fönte et confir-
matione episcopi (Pippini Capitulare a. 754/55 [MGH Capit. l, S. 3l 19 ]; F.L. GANSHOF [Ka-
pitularien S. 163] datiert auf 751/55), so kann kein Zweifel mehr sein: Das Verbot gilt für eine
Ehe mit der eigenen Patin (matrina) wie auch mit der Mutter des Taufkindes (commater).
$18 Geistliche Verwandtschaft 105

Mann hat, wie es viele tun, den Sohn eines anderen beim Aufnehmen aus dem
Taufbrunnen zum Sohn adoptiert und später dessen verwitwete Mutter geheira-
tet. Die Römer nennen das eine Sünde, sogar eine schwere Sünde, daß sie in sol-
chen Fällen eine Scheidung verlangen ... Doch ich vermag nicht einzusehen, wa-
rum auf einmal die geistliche Verwandtschaft bei der leiblichen Eheschließung
ein so großes Vergehen sein soll, da wir doch alle in der heiligen Taufe Christi
und der Kirche Söhne und Töchter, Brüder und Schwestern sind' 33 . Wenn man
bedenkt, daß die kirchliche Eheauffassung den mit der Taufe Chlodwigs christia-
nisierten Franken "erst verhältnismäßig spät" nahegebracht worden ist, ja, daß die
"entscheidende Wende" überhaupt erst in jenen Reformen geschah, welche die
Hausmeier Karlmann und Pippin in Zusammenarbeit mit Bonifatius eingeleitet
haben 34 , dann besagt es für die Bedeutsamkeit der geistlichen Verwandtschaft
außerordentlich viel, daß sie von Anfang an mit zu diesem Reformprogramm ge-
hörte. In der Folgezeit ist das Eheverbot für die in der Kompaternität miteinander
Verwandten immer wieder ausgesprochen worden. Gelegentlich erscheint dabei
ein Sprachgebrauch, der die "horizontale" Kompaternität besonders gut erken-
nen läßt. So behandelt ein Kanon der 895 zu Tribur abgehaltenen Synode die Ehe
mit der Witwe eines computer, dessen Sohn der Pate aus der Taufe gehoben hat 35 .
Der computer ist hier eindeutig der leibliche Vater.
Durch die Ausweitung der geistlichen Verwandtschaft von der Bindung des
Paten an den Täufling zu einer Bindung auch mit den Eltern des Täuflings wurde
der Kreis der geistlich miteinander Verwandten erheblich vergrößert. Zur gleichen
Zeit vollzog sich aber noch eine andere Vervielfachung, weil nämlich eine Paten-
schaft auch für die Firmung gefordert wurde: Paten hatten den Firmling dem Bi-
schof zur Salbung darzureichen (tenere coram episcopo), und für diesen Akt gal-
ten dieselben Pflichten und Verbote wie schon für die Taufpatenschaft 36 .

33
Bonifatü epp. 33 (MGH Epp. sei. l, S. 57 22 ); ferner ep. 34 (S. 59 14 ).
34
MIKAT, Dotierte Ehe - rechte Ehe S. 16ff.
35
Der Kanon heißt (Concilium Triburiense a. 895 c. 47 [MGH Capit. 2/2 S. 24Q15]): Qui
spiritalem habet compatrem, cuius filium de lavacro sacri fontis accepit, et eius uxor commater
non est, liceat ei defuncto compatre suo eius viduam ducere in uxorem, si nullam habent con-
sanguinitatis propinquitatem. Der Kanon ist insofern bemerkenswert, als der Pate die Witwe
seines compater heiraten darf. Der zeitübliche Sprachgebrauch ging freilich davon aus, daß für
den Paten die leiblichen Eltern seines Täuflings sowohl 'compater' als auch 'commater' waren.
Die Ehe mit der verwitweten commater kann darum auch verboten werden. So dürfte beispiels-
weise ein jüngst publizierter Bußkanon genau dieses Verbot aussprechen wollen: Ut nullus
accipiat in coniugium viduam spiritalis patris neque cummatrem pater spiritalis filioli sui
(HARTMANN, Bußtexte S. 212). Im zweiten Teil des Kanon wird man den pater spiritualis
als Paten anzusehen haben, der die cummater seines filiolus nicht heiraten kann. Wenn dagegen
der Kanon von Tribur die Ehe mit der Witwe des compater erlaubt, stellt sich die Frage, ob die
Frau des verstorbenen compater, von der ausdrücklich gesagt wird, daß sie nicht cummater sei,
vielleicht auch nicht die leibliche Mutter des Patenkindes gewesen ist, sondern etwa dessen
Stiefmutter. Daß aber der Kanon bestimme, ein Täufling dürfe die Witwe seines Paten heira-
ten (HARTMANN, Bußtexte S. 212 Anm. 7), widerspricht eindeutig dem Text.
36
Decretum Compendiense a. 757 c. 15 (MGH Capit. l, S. 3839).· Si qu is fHas tram aut fila-
strum ante episcopum ad confirmationem tenuerit, separetur ab uxore sua et alteram non
accipiat; Conc. Moguntinense a. 813 c. 55 (MGH Conc. 2/1, S. 273 5 ): nee filiolam nee comma-
106 Patenamt

§ 19 Rechtliche und politische Verpflichtungen

Daß die geistliche Verwandtschaft eine besondere Bedeutung zu gewinnen ver-


mochte, ist zweifellos daraus zu erklären, daß die Zeit allgemein in familiären Ka-
tegorien dachte, und dies wirkte sich gerade auch im politischen Bereich aus. Das
"Staatsleben" war von bestimmten Familien beherrscht, deren Beziehungen unter-
einander immer wieder durch Akte familiärer Bindungen bestärkt wurden. So ist
es längst geläufig, daß "die Verheiratung fürstlicher Personen von je her eine Sache
der Politik" gewesen ist1 ; die Heirat wurde der Vertrags- und Friedenssicherung,
aber auch der territorialen Ausdehnung dienstbar gemacht. Politische Gemein-
schaftsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit sah man offenbar nur dort gegeben,
wo man "eine Familie" bildete. Dies läßt sich deutlich auch an der überfamiliaren
Gemeinschaft der Stadtbewohner beobachten. Schon in der Antike wurde die
Gemeinschaft der Stadtbewohner als "Solidarität der Bürger nach dem Muster
des Familiengefühls" beschrieben 2 . Im Mittelalter war es nicht anders: die Stadt-
bewohner verbanden sich als "Schwurbrüder"3. Darüber hinaus hat man beob-
achten wollen, daß nach Auffassung primitiver Religiosität — und wie schon
Dölger andeutete, haben wir es bei der Kompaternität mit der "Wucherungs-
energie urtümlicher Gedanken" zu tun — auch der Klan durch eine "geistige Ver-
wandtschaft" zusammengehalten wurde: "Auf Grund des nahen Zusammen-
lebens innerhalb des Klans gibt es eine geistige Verwandtschaft, die sich sowohl
im Äußeren als auch im Inneren zu erkennen gibt"4. Wenn aber das zum Fami-
liären tendierende Denken die Vorstellung einer Geistesverwandtschaft mit ein-
schloß, kann die in der Patenschaft hergestellte geistliche Verwandtschaft keine
Schwierigkeiten bereitet haben. Im Gegenteil, leicht konnte die ältere Idee durch
die christliche Vorstellung vom verwandtschaftsbildenden Gottesgeist überhöht

trem ducat uxorem nee illam, cuius filium aut filiam ad confirmationem duxerit. Dazu HIN-
SCHIUS, Kirchenrecht 4, S. 61f; vor allem PREISEN, Eherecht S. 533f.
1
HELLMANN, Heiraten der Karolinger S. 294. Wenn S. HELLMANN in seiner Untersuchung
(ebd. S. 294f) ständig auf "das feine Spiel politischer Berechnungen" stößt, so gilt dasselbe für
die politischen Heiraten etwa des Alten Orients: "Wir dürfen unterstellen, daß Hochzeiten
zwischen Herrscherhäusern, zumal im Alten Orient, keine 'Liebesheiraten' waren, sondern mit
politischer Absicht erfolgten. Verschiedene Absichten konnten dabei bestimmend sein: Waren
beide Partner politisch gleich stark, so konnte das Knüpfen familiärer Bande die gegenseitige
Beziehung neutral halten. War einer der Partner stärker als der andere, so konnte er eine Toch-
ter vergeben, um den schwächeren an sich zu binden; der schwächere Partner konnte eine
Königstochter anbieten, um sich den Schutz des Stärkeren zu sichern. Auch der Prestigegewinn,
der mit der familiären Bindung an ein oder mehrere Fürstenhäuser verbunden war, soll nicht
unterschätzt werden. Schließlich konnten politische Heiraten dazu benutzt werden, um Völker-
schaften oder Stämme zu integrieren, die neu in das Reichsgebiet eingegliedert wurden oder zu
solch mächtigen Faktoren im politischen Kräftespiel geworden waren, daß sie nicht länger
ignoriert werden konnten. Alle diese Motivationen gibt es bereits im Alten Orient, und es ist
reizvoll, einmal die verschiedenen Verbindungen nachzuzeichnen, die die Überlieferung uns
nennt." (RÖLLIG, Politische Heiraten S. 11).
2
DIHLE, Gerechtigkeit Sp. 249.
3
ENNEN, Europäische Stadt S. 105-138.
4
GR0NBECH, Primitive Religion I, S. 14.
$ 19 Verpflichtungen 107

werden. So darf es denn nicht sonderlich verwundern, daß die Patenschaft mit
ihrem der Blutsbindung sogar überlegenen Verpflichtungscharakter rasch und
weithin Anwendung fand.
Die Auffüllung der ursprünglich rein religiös verstandenen Patenpflichten mit
familienrechtlichen Vorstellungen hat sich im 6. Jahrhundert vollzogen. Der Um-
schwung wird sichtbar, wenn man die Ausführungen zweier gallischer Kirchen-
männer vergleicht: die Predigten des Caesarius von Arles (+ 542) und die "Ge-
schichten" Gregors von Tours (+ 594). Während der Prediger nur die geistlichen
Pflichten kennt, bezeugt der "Historiker" die säkularen Aspekte. Wie schon er-
wähnt, ruft Caesarius seinen Hörern, sofern sie Kinder aus der Taufe gehoben
haben, immer wieder in Erinnerung, daß sie stellvertretend für ihre Taufkinder das
Pactum vollzogen hätten 5 . Pate zu sein resultiere aus einem religiosus amor6.
Deswegen müßten die Paten in der Einhaltung des eigenen Taufversprechens mit
gutem Beispiel vorangehen; ihre Taufkinder sollten sie zum christlichen Leben
anhalten und sie auch in Glauben und Gebet — genannt werden das Symbolum
und das Vaterunser7 — belehren. Das Patenamt stellt demnach für Caesarius eine
eindeutig religiöse Verpflichtung dar. Wohl verwendet er dabei Rechtsbegriffe, so
etwa wenn er die Paten 'Bürgen' nennt; mehrmals heißt es formelartig: filios, quos
in baptismo excepistis, scitote vos fideiussores pro ipsis apud deum extitisse* . Die
Verwendung des Rechtsterminus fideiussor muß schon deswegen plausibel er-
schienen sein, weil das Taufpactum selbst in die Rechtsform eines Vertrages
gekleidet war 9 . Aber dieses Recht diente noch ganz der Religiosität.
Ganz anders nun die Beispiele bei Gregor von Tours; die Patenschaft ist bei
ihm großenteils mit neuartigen Verpflichtungen besetzt. Ein gewisser Gunthram-
Boso zum Beispiel suchte wegen früherer Vergehen gegen die Königin Brunichild
die Versöhnung mit deren Sohn Childebert II. (575-596). Zunächst wandte er
sich an den Bischof Agerich von Verdun (+ 588), der 'von der Taufe her des
Königs Vater'10 war, damit er als Pate sich bei seinem königlichen Taufsohn für
ihn verwende. Childebert, noch zu jung für ein selbstherrliches Regiment, wagte
seinem bischöflichen Paten keinen ungünstigen Entscheid zu geben und verwies
die Angelegenheit an seinen Onkel Gunthram, den König von Burgund (561-592).
Dieser verurteilte den Gunthram-Boso zum Tode, wobei freilich der Childebert-
Pate Agerich, der den Angeklagten, wie Gregor eigens mitteilt, obendrein noch in

5
Caesarius von Arles, Sermo 12,3 (CChr.SL 103, S. 60).
6
Ders., Sermo 200,6 (ebd. 104, S. 811).
7
Ders., Sermo 13,2 (ebd. 103, S. 65); Sermo 130,5 (S. 537).
8
Ders., Sermo 12,2 (S. 67); Sermo 50,3 (S. 226); Sermo 71,2 (S. 301); Sermo 204,3 (ebd.
104, S. 821); Sermo 229,6 (S. 910).
9
HEGGELBACHER, Taufe als Rechtsakt S. 96-99.
10
Gregor von Tours, Hist. IX 8 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 421 7 J: Sed et rex ad ulciscendam
iniuriam genetricis iussit eum persequi atque inter/id. Ille vero cum se cerneret positum in
disrimine, Veredunensem eclesiam petiit, per Agericum prorsus episcopum, qui erat regis pater
ex lavacro, veniam inpetrare confidens. Tunc pontifex ad regem properat depraecaturque pro
eo; cui rex cum negare nequiret quae petebat, ait: 'Veniat coram nobis, et datis fideiussoribus in
praesentia patrui mei, quicquid illius indicium decreverit, exsequamur'. Zu Agerich s. DUCHES-
NE, Pastes 3, Nr. 10 S. 7 ; WEIDEMANN, Kulturgeschichte der Merowingerzeit l, S. 225f.
108 Patenamt

seine fides aufgenommen hatte, fernblieb 11 . Der Verurteilte nahm sich in seiner
äußersten Bedrohung Bischof Magnerich von Trier (+ nach 587) als Geisel; weil
der Bischof mit König Childebert über einen von dessen Söhnen der pater com-
munis war, also der Pate, hoffte Gunthram-Boso, derselbe könne beim König jedes
Verlangen durchsetzen 12 . In der Tat hatte -Magnerich, wie Gregor anderenorts
berichtet, den Childebert-Sohn Theudebert aus der Taufe gehoben13 . In einer dra-
matischen Verquickung von Verurteilung und Lynchjustiz wurde freilich Gun-
thram-Boso doch ums Leben gebracht. Der Vorfall zeigt aufs deutlichste, daß die
Patenschaft im frühmittelalterlichen "Personenverbandsstaat" einen ganz neuar-
tigen Verpflichtungscharakter anzunehmen begonnen hatte: den der persönlichen
Verbundenheit. Aus den zahlreichen Beispielen, die später in anderem Zusammen-
hang erörtert werden sollen, sei allein noch folgender Fall vorgetragen: Die Köni-
gin Brunichild versuchte, die beiden Aufwiegler Ursio und Berthefrid, die im
Widerstand gegen ihren Sohn Childebert verharrten, voneinander zu trennen. Sie
fühlte sich nämlich dem Berthefrid zur Nachsicht verpflichtet, weil sie dessen
Tochter aus der Taufe gehoben hatte 14 .
Der Vergleich zwischen Caesarius und Gregor macht schlagartig deutlich, in
welche Dimensionen die Patenschaft noch im Laufe des 6. Jahrhunderts heinein-
gewachsen ist: ins familiäre Recht. Dabei hat die familienrechtliche Überformung
ihren Ausgang genau von jenen Punkten genommen, welche in der theologischen
Literatur als fundamentale Patenpflichten aufgezählt wurden. So bezeichnet etwa
Ildefons von Toledo (+ 667) die Paten als diejenigen, welche die aus dem Schoß
der Mutter Kirche im heiligen Geist Wiedergeborenen mit religiöser Liebe (reli-
gioso amore) zur Sohnesadoption (in adoptionem) aufnehmen (suscipiunt),
ihnen dann in der Lebensführung mit gutem Beispiel vorangehen und sie ermah-
nen (admonere) sollen 15 . Aus diesem Text lassen sich genau jene Stichworte

11
Gregor von Tours, Hist. IX 10 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 42414J.· Venit etiani Gunth-
chramnus Boso, quem Agericus Veredunensis episcopus sua in fide susciperat. Sed pontifex
ille, qui pro eo fidem fecerat, non adfuit, quia convenerat, ut absque ullius defensione regi
praesetitaretur, scilicet ut, si ipse decerneret eurn morte debere, non excusaretur a sacerdote;
sin autem ille vitam concideret, liber abiret. Sed, coniunctis regibus, pro diversis facilitatibus
culpabilis iudicatur; iussum est, ut interficeretur.
12
Ebd. S. 425 s : O sanctus sacerdos, scio enim, te patrem communem cum rege esse filio eius,
et novi, quoniam quaecumque petieris ab eo obtenebis, nee negare omnino poterit sanctitate
tuae quaecumque poposceris.
13
Ebd. VIII 37 (S. 405 1 ): Post haec Childebertho regi filius natus est, qui a Magnerico Trevero-
rum episcopo de sacro fönte susceptus, Theodoberthus est vocitatus. Zu Magnerich von Trier
s. DUCHESNE, Pastes 3, Nr. 25 S. 38; ferner WEIDEMANN, Kulturgeschichte der Merowinger-
zeit l, S. 222.
14
Gregor von Tours, Hist. IX 9 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 424 2 ): [Ursio et Berthefredus]
tractantes, ut, si rex Childeberthus aliquid contra eos agere voluissit, virtute se ab eius exer-
citu defensarent. Caput enim horum et causa malorum Ursio erat. Sed Brunichildis regina man-
datum misit Berthefredo, dicens: 'Disiungere ab homine inimico, et habebis vitam. Alioquin
cum eodem interibis'. Filia enim eius ex lavacro regina susciperat et ob hoc misericordiam de
eo höhere voluit. S. EWIG, Teilungen S. 687; IRSIGLER, Frühfränkischer Adel S. 139ff.
15
Ildefons von Toledo, De cognatione baptismi 114 (MIGNE PL 96, Sp. 159B): Illi sane, qui
ex utero matris Ecclesiae, id est ex lavacri fönte per Spiritum sanctum genitos in adoptionem
19 Verpflichtungen 109

herauslösen, die für die familienrechtliche Interpretation der Patenpflichten so


wichtig geworden sind, nämlich susceptio, adoptio, religiosus amor und admoni-
tio. Alle diese Begriffe haben in der Patenschaft zu ihrem religiösen Gehalt auch
noch einen rechtlichen und politischen Verpflichtungscharakter angenommen.

a) Susceptio
Die Kontaminierung von geistlicher und weltlicher Vaterschaft läßt sich bis zu
den einzelnen Elementen hin verfolgen, aus denen die Patenschaft aufgebaut ist.
Schon die 'susceptio' ist dafür ein lehrreiches Beispiel. Es war eine weitverbreitete
Redeweise, daß die Mutter Kirche ihre Söhne und Töchter mittels ihrer Amtsträ-
ger, eben der geistlichen Väter, in ihre Arme schließe; dieser Ausdruck wurde
gerade dann verwendet, wenn der mit der Taufe vollzogene Eintritt in die Kirche
oder auch die Rückkehr des reuigen Sünders zum Ausdruck gebracht werden soll-
te. In solchen Fällen erscheint immer wieder die Wendung 'in ulnis suscipere'16.
Wir fassen hier den theologischen Hintergrund für die Benennung der Paten als
'susceptores'. Diese Bezeichnung hat sich durchgehalten, obwohl das 'suscipere',
wie wir gesehen haben, durchaus nicht immer die eigentliche Patenhandlung gewe-
sen ist. Indem aber die eigentlich entscheidende Patenhandlung als ein 'in ulnis
suscipere' aufgefaßt wurde, mußte sich ein Pate als geistlicher Vater wähnen, der
im Namen der Kirche handelte, wenn er sein Taufkind auf die Arme nahm.
Darüber hinaus ist zu konstatieren, daß der 'susceptio' auch im weltlichen Recht
eine ganz wesentliche Bedeutung zukam. Nach römischem Recht hatte der Vater,
wenn er seinen Sohn als legitim anerkennen wollte, denselben in einem förmli-
chen Akt 'aufzunehmen' ('tollere liberum') 17 ; auch bei den Germanen entschied
der Vater durch eine ähnliche, gleichfalls rechtsbedeutsame Aufhebung über die
Aufnahme des Kindes in die Familie18. Von daher mußte einem Paten, wenn er
seinen Täufling 'aufhob', eine evidente Parallele zur leibhaftigen Vaterschaft
bewußt werden. So wandte sich zum Beispiel die verwitwete Königin Fredegund
(+ 597) an den König Gunthram von Burgund (561-592), den damaligen Senior
der Merowinger-Dynastie, mit dem Ansinnen, ihm ihren nachgeborenen Sohn in
die Arme legen zu dürfen und dabei sein Dominat anerkennen zu wollen; Gregor
verwendet hierbei den Ausdruck in ulnis ponere19. Fredegund zielte offenkundig

filiorum religioso amore excipiunt, et ante quam baptizantur, et postquam baptizati fuerint,
non solum exemplis, sed etiam verbis eos admonere prorsus oportet.
16
S. $ 24 Anm. 27 u. 29; i 39 Anm. 45, 50 u. 51; $ 40 Anm. 42 u. 44. Vgl. auch den bibli-
schen Sprachgebrauch MC 9,35f: [/esus] accipiens puerum, statuit eum in media eorum;quem
cum complexus esset, ait illis: Quisquis unum ex huiusmodi pueris reciperit in nomine meo,
me recipit ,..; cf. Lc 2,28: [Simeon] accepit eum \puerumjesum] in ulnas suas.
17
BINDER, Geburt, religionsgeschichtlich Sp. 115f; KÄSER, Privatrecht l, S. 57: "Es steht
dem Ehemann der Mutter frei, ob er das Kind anerkennen oder verstoßen will. Die Anerken-
nung geschieht nach römischem Brauch durch das 'tollere liberum', das Aufnehmen des Neuge-
borenen. Mit diesem Akt bestätigt der Mann die schon mit der Geburt erworbene Vatersgewalt;
das einmal aufgehobene Kind kann er wohl nicht mehr ohne Sakralvergehen aussetzen."
18
ERLER, Geburt Sp. 1426f; PERKOW, Wasserweihe S. 14-27.
19
Gregor von Tours, Hist. VII 5 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 328 16 ); Zitat Anm. 36.
HO Patenamt

darauf ab, daß Gunthram ihren Sohn 'aufhebe' und dadurch zum rechtsfähigen
und 'geschützten' Vollglied der Sippe mache20 . Verwirklicht wurde diese Aufnah-
me bei der Taufe, als Fredegund noch einmal darum bat, daß Gunthram ihren
Sohn aus dem heiligen Bad hebe und ihn als seinen alumnus zu sich nehme 21 .
In der Einschätzung der politischen Tragweite dieses Aktes wird man mit R.
Schmidt annehmen dürfen, "daß Gunthram den Sohn der Fredegunde dadurch,
daß er ihn zu Paris aus der Taufe hob, in seiner dortigen Herrschaft befestigte,
daß er ihm diesen Reichssitz sicherte" 22 . Wie nahe die rechtsbedeutsame Aufnah-
me an das Taufgeschehen herangerückt werden konnte, zeigen ferner auch einzel-
ne frühmittelalterliche Bestimmungen aus den Leges: In der Lex Visigothorum
wird die Erbfähigkeit, welche die Zugehörigkeit zur Familie voraussetzt, unter
anderem an die empfangene Taufe gebunden, desgleichen im nordischen Recht 23 .
Und noch ein Moment: Im Zusammenhang mit der Taufe wird des öfteren berich-
tet, daß der Pate dem Täufling den Namen gegeben habe 24 . Die Namensgebung ist
ein in verschiedener Hinsicht bedeutsamer Akt. Im Namen wollte man bereits
jene Wesensart vorgezeichnet sehen, die das künftige Leben prägen werde; die
Benennung kam dann einer präfigurativen Handlung gleich, bei der man einen be-
stimmten Namen wählte, um dadurch auf die Wesensart und Zukunft eines Men-
schen einzuwirken 25 . In jedem Fall aber bedeutete die Namensgebung eine Ein-
gliederung in die Familie des Namensgebers; so wurde es schon im antiken Adop-
tionsrecht gehandhabt 26 und ebenso dann im Frühmittelalter. Als der Hausmeier

20
EWIG, Dynastie S. 17.
21
Gregor von Tours, Hist. X 28 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 520 2 2 ); Zitat Anm. 39.
22
SCHMIDT, Königsthron S. 53. E. EWIG weist auf eine Formulierung Fredegars hin, daß
im Zusammenhang mit der Taufe Gunthram eine firmatio Chlothars im Reiche seines Vaters
vorgenommen habe; Chronicon Fredegarü: IV 3 (MGH SS rer. Merov. 2, S. 12422): et eum de
sancto lavacro excipiens, in regnum patris firmavit.
23
Leges Visigothorum IV 2,17 (MGH Leges Nationum Germanicarum l, S. 1855).· hereditatem
capiet qui nascitur, nisi post nativitatis ortum et sacri baptismatis gratiam consequatur. S.
KAHL, Altschonisches Recht S. 29f, 44.
24
Gregor von Tours, Hist. VIII 22 (MGH SS rer. Merov. l / l , S. 38817).· Berthchramnus ...
arcessitum ... Waldonem diaconem, qui et ipse in baptismo Berthchramnus vocitatus est, sum-
mam ei sacerdotii depotat; Vita Chrothildis 7 (ebd. 2, S. 345 5 ): filium, cui in sacro baptismate
nomen inposuit; Vita Arnulfi ep. Suessionensis 2 (MGH SS 15/2, S. 878 25 j: quem etiam de
sacro fönte suscipiendum secundum morem direxerunt ad Arnulfum Oldenardensem, divitiis
tunc et potentia inclitum virum. Hie letanter suscipiens puerum, mox acceleravit impertiri
illi sacrae regenerations lavachrum, et ex nimio propinquitatis amore fastuque iactantiae non
permisit, ut nominaretur Christoforus, sed sibi equivocum nominari fecit Arnulfum.
25
Als Gunthram seinen Neffen Chlothar II. aus der Taufe hob, gab er ihm den Namen Chlot-
har, was 'berühmter Krieger' bedeutet: Crescat puer et huius sit nominis exsecutur (Gregor von
Tours, Hist. X 28 [MHG SS rer. Merov. l / l , S. 522 2 ]); HAUCK, Randkultur S. 35;GestaCnu-
tonis 2,18 (MGH SS 19, S. 520 ): imponuntque ei vocabulum quodammodo optinens indi-
cium futurae virtutis. Vocatur siquidem Hardocnuto, nomen patris referens cum additamento.
Cuius si ethimologia theutonice perqitiratur, profecto quis quantusve fuerit dinoscitur. Harde
quidem velox vel fortis, quod utrumque, multoque maius'his, in eo uno cognosci potuit, quippe
qui omnes sui temporis viros omnium virtutum praestantia anteivit. — ALY, Name Sp. 950-961;
LECLERCQ, Noms propres Sp. 1481-1553.
26
WENGER - OEPKE, Adoption Sp. 99-103; KÄSER, Privatrecht l, S. 292 A n m . 16: "Her-
$ 19 Verpflichtungen Hl

Grimoald seinen Sohn auf den merowingischen Thron zu bringen suchte, ließ er
ihn von dem austrasischen König Sigibert adoptieren und mit dem Merowinger-
namen Childebert benennen 27 .

b) Adoptio
Wiederum ist daran zu erinnern, daß die Adoption ursprünglich ein Deutungs-
element der Tauftheologie gewesen ist, daß nämlich "die Verleihung der Sohn-
schaft, die Adoption ..., als eigentliche Taufgabe galt"28 : Bei der Taufe adoptiert
Gott durch und in Jesus Christus zur Sohnschaft. Im Frühmittelalter hingegen er-
scheint nun auch der Pate als Adoptiwater. Dessen Aufgabe wurde nicht allein
als geistlich, sondern auch als rechtlich bedeutsam aufgefaßt. Schon ein Beispiel
aus den merowingischen Thronkämpfen vermag den rechtlichen Charakter der
geistlichen Taufadoption zu verdeutlichen. König Gunthram von Burgund (561-
592) hat seinen Brudersohn Childebert 577 und nochmals 585 in feierlichen
Akten der Thronsetzung und Waffenübergabe 'adoptiert'. Im Jahre 577 hatte
der Burgunder bei einer Begegnung zu Pompierre, auf der Brücke des Grenzflusses
Mouzon, seinen Neffen Childebert auf den Thron gesetzt und ihm, da er selbst
kinderlos geworden war, die Anwartschaft aufsein Reich eingeräumt: 'Ein Schild
schirme uns, ein Speer verteidige uns. Und wenn ich noch Söhne bekommen soll-
te, will ich dich doch gleich wie einen von ihnen halten, und mich soll mit dir und
mit ihnen dieselbe Liebe verbinden, die ich dir hier vor Gott als Zeugen verspre-
che'29 . Ein gemeinsames Mahl gab dem feierlichen Zeremoniell den Abschluß30.
Nach E. Hlawitschka handelte es sich um eine Adoption, die mit Formen der Waf-
fensohnschaft verschmolzen war und neben der Erbregelung den Zweck verfolgte,
Ansprüche von Gunthrams neustrischem Bruder Chilperich (561-584) abzuweh-

kömmlich führt der Adoptierte den vom Adoptiwater übernommenen Namen, vermehrt um ein
aus dem Gentile des leiblichen Vaters gebildetes zweites Cognomen."
Beispiele aus dem merovingischen Königshaus bei THOMAS, Namenliste S. 35; ferner KLE-
WITZ, Namengebung und Sippenbewußtsein S. 89-103.
28
KRETSCHMAR, Taufgottesdienst S. 16.
29
Gregor von Tours, Hist. V 17 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 2161): Post haec Gunthchramnus
rex ad Childeberthum, nepotem suum, legates mittit, pacem petens ac depraecans eum videre.
Tunc ille cum proceribus suis ad eum venit; ... Gunthchramnus rex ait: Evenit inpulso pecca-
torum meorum, ut absque liberis remanerem, et ideo peto, ut hie nepus meus mihi sit filius.
Et inponens eum super cathedram suam, cunctum ei regnum tradedit, dicens: Una nos parma
protegat unaque asta defendat. Quod si filius habuero, te nihilhominus tamquam unum ex his
reputabo, ut ilia cum eis tecumque permaneat caretas, quam tibi hodie ego pollicior, teste Deo.
Proceris vero Childeberthi similiter pro eodem polliciti sunt. Et manducantes simul atque biben-
tes dignisque se muneribus honorantes, pacifici discesserunt. Die von Gunthram bei der Adop-
tion verwendete Einleitungsformel findet sich übrigens ganz ähnlich auch in Adoptionsformu-
laren; Formula Turonensis 23 (MGH Form. S. 147 J: Dum peccatis meis facientibus, orbatus
sum filiis, mihi placuit, ut ille ... in mea potestate veniente in loco filiorum adoptassem; ähnlich
Formula Salica Lindenbrogiana 18 (ebd. S. 279 13 ). Dadurch wird der Rechtscharakter der ge-
schilderten Adoption noch einmal unterstrichen. HAUCK, Randkultur S. 70f.
30
HAUCK, Rituelle Speisegemeinschaft S. 611-621.
112 Patenamt

ren 31 . Wie bei jeder Adoption erhielt dabei der Adoptiwater die Leitungsgewalt
über den noch unmündigen Adoptivsohn. Die Bevormundung Childeberts durch
Gunthram versuchten aber die Großen des austrasischen Reiches zeitweilig abzu-
schütteln, so daß der Vertrag 585 erneuert werden mußte. Gunthram übergab
seinem Neffen wiederum einen Speer (hasta): 'Dies zum Zeichen, daß ich dir
mein ganzes Reich übergebe ... Du also sollst mir als Erbe in meinem ganzen Rei-
che folgen, und alle anderen sollen enterbt sein' 32 . Wenig später, wohl 587, folgte
dann der Vertrag von Andelot: Im Todesfall eines Kontrahenten solle dessen
Reich ungeschmälert an den Partner fallen. In Wirklichkeit bedeutete dies, daß der
söhnelose Gunthram seinen Neffen zum Erben einsetzte; ja, wenn Childebert
vor ihm sterben sollte, so wolle er dessen Söhne 'wie ein liebender Vater unter
seinen Schutz und Schirm' nehmen; desgleichen gedenke er, Mutter, Schwester
und Gattin des Königs 'als seine liebe Schwester und als seine Töchter in christ-
licher Liebe unter seinen Schutz und Schirm zu nehmen ...'33 . Solange freilich der
adoptierende Gunthram lebte, war ihm der Suprematsanspruch über seinen Adop-
tivsohn eingeräumt. Wiewohl er die Königsherrschaft seines Neffen anerkannte,
ja, ihm in der Adoption sogar einen gesteigerten Erbanspruch einräumte, ver-
schaffte er sich doch auch die Möglichkeit, "seine vorhandenen rechtlichen Su-
prematsansprüche als Oheim gegenüber dem Neffen entscheidend zu intensivie-
ren"34 .
Was aber diese Adoption neben der Erbregelung immer mit intendiert hatte,
war die Abwehr möglicher Erbansprüche des neustrischen Königs Chilperich. Die-
ser wurde im Herbst 584 ermordet; mit seiner Gattin Fredegunde (+ 597) hinter-
ließ er nur einen damals gerade drei Monate alten Sohn 35 , der den Namen Chlo-

31
HLAWITSCHKA, Adoptionen S. llf; R. SCHNEIDER ist geneigt, die Thronsetzung als erb-
rechtliche Komponente des Adoptionsaktes, also im Sinne einer 'adoptio in hereditatem", zu
deuten, während die Übergabe der Waffen wohl stärker die Schutzverpflichtung für den Adop-
tierten betont habe (Königswahl S. 117-121).
32
Gregor von Tours, Hist. VII 33 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 35313J: Post haec rex Gunth-
chramnus, data in manu regis Childeberthi hasta, ait: Hoc est indicium, quod tibi omne reg-
num meum tradedi. Ex hoc nunc vade et omnes civitates meas tamquam tuas proprias sub tui
iuris dominatione subice. Nihil enim, facientibus peccatis, de stirpe mea remansit nisi tu tan-
tum, qui mei fratris es filius. Tu enim heres in omni regno meo succede, ceteris exheredibus
factis. S. EWIG, Teilungen S. 683-689; HLAWITSCHKA, Adoptionen S. 13f. R. SCHNEIDER
(Königswahl S. 121ff) sieht hier eine Steigerung der Ansprüche Childeberts zu einem "beding-
ten Herrschaftsrecht", zu einem "partiellen Machtanspruch", ja zu einer "Mitherrschaft".
33
Gregor von Tours, Hist. IX 20 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 436 12 j: Pari conditione repro-
mittit domnus Gunthchramnus rex, ut, ... si contigerit domnum Childeberthum eo suprestite
de hac luce migrari, filius suos Theodoberthum et Theodoricum reges, vel si adhuc alias ipsi
Deus dare voluerit, ut pius pater sub sua tuitions et defensione recipiat, ita ut regnum patris
eorum sub omni soliditate possedeant; et genetricem domni Childeberthi, domnam Brunichil-
dem reginam, vel filiam eius Chlodosuindam, germanam domni Childeberthi regis, ... tamquam
sororem bonam et filias in sua tuitions et defensione spiritali dilectione recipiat ...; SCHNEI-
DER, Königswahl S. 124ff; HLAWITSCHKA, Adoptionen S. 14ff; zur Chronologie s. WEIDE-
MANN, Chronologie S. 473-487.
34
SCHNEIDER, Königswahl S. 121.
35
HLAWITSCHKA, Adoptionen S. 10; DERS., Genealogie S. 96-99.
S 19 Verpflichtungen 113

thar erhielt und nun als der Erbe angesehen wurde. Gunthram ließ sich bewegen,
auch zu ihm nähere Beziehungen aufzunehmen, und dabei ist die Patenschaft ein-
gesetzt worden. Zunächst hören wir von der bereits erwähnten Bitte Fredegundes,
Gunthram möge kommen und das Reich seines Bruders in Besitz nehmen; sie
wolle ihm ihren kleinen Sohn in die Arme legen und sein Dominat anerkennen36 .
Der in Gregors Bericht verwendete Ausdruck in ulnis ponere dürfte, wie schon
dargelegt, auf jenen wichtigen Rechtsakt anspielen, mit dem die verwitwete
Fredegunde bei dem von ihr als Muntherrn (dominus) und Senior der Dynastie
anerkannten Gunthram zu erreichen suchte, daß er ihren Sohn 'aufhebe' und
dadurch zum Vollglied der Sippe mache 37 . Das eigentliche Aufheben scheint dann
aber, wie die nachfolgenden Ereignisse zeigen, bei dem suscipere de lavacro ge-
schehen zu sein. Obwohl seit 584/85 eine ausdrückliche Einladung bei Gunthram
vorlag, wurde die Taufe noch längere Zeit hinausgeschoben 38 . Erst 591 empfing
Chlothar das heilige Bad. Fredegundes Bitte an Gunthram lautete dabei, daß er
ihren Sohn aus der Taufe hebe und ihn als seinen alumnus zu sich nehme39 . So ist
also der anfängliche Wunsch, daß Gunthram den nachgeborenen Sohn Chlothar
'auf seine Arme nehme', durch das Aufheben aus der Taufe in Erfüllung gegangen.
In der so verstandenen Patenbindung Gunthrams an einen anderen Merowinger
sah aber Childebert eine Gefährdung seiner aus Adoption und Vertrag herrühren-
den Ansprüche. Er ließ bei Gunthram vorstellig werden, daß der König ihm gegen-
über sein Versprechen breche, wenn er nun mit dem alten Gegner Freundschaft
schließe. Was nur erst aus der neuen Patenverpflichtung Gunthrams befürchtet
werden mochte, stellte Childebert in seiner Beschwerde bereits als gegeben hin,
daß nämlich der Patensohn damit eigentlich schon auf den Pariser Thron gesetzt
sei. Offenbar sah er sich in eigenen Hoffnungen betrogen; vielleicht auch fürchte-
te er um die Realisierung seiner Erbansprüche bei Gunthram, der den Sproß einer
anderen Linie gleichfalls feierlich anzuerkennen bereit war und ihn eben damit
auch zu möglichen Erbansprüchen berechtigte. Gunthram freilich verschanzte sich
hinter der allgemeinen christlichen Patenpflicht; ohne jeden Hintergedanken
komme er allein einer Verwandtenpflicht nach, der sich kein Christenmensch ent-
36
Gregor von Tours, Hist. VII 5 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 32814): Fredegundis igitur regi-
na ... legates ad Gunthchramnum regem mittit, dicens: Veniat dominus meus et suscipiat reg-
num fratris sui. Est, inquid, mihi in/ans parvolus, quem in eins ulnis ponere desiderans, me
ipsam eius humilio dicioni; s. SCHNEIDER, Königswahl S. 113f, EWIG, Dynastie S. 16.
37
S.Anm. 17-21.
38
Gregor von Tours, Hist. VIII l (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 3708J.· [Gunthchramnus] invita-
tus enim Parisius veniebat, ut Chilperici filium, quem iam Chlothacharium vocitabant, a sacro
regenerationes fönte deberet excipere; ferner ebd. VIII 9 (S. 37610). S. auch EWIG, Dynastie
S. 17f; SCHNEIDER, Königswahl S. 115f; HLAWITSCHKA, Adoptionen S. 12 Anm. 51.
39
Gregor von Tours, Hist. X 28 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 52020J: Post haec autem kgatos
ad Gunthchramnum regem mittit, dicens: 'Proficiscatur dominus meus rex usque Parisius, et
arcessitu filio meo, nepote suo, iubeat eum baptismatis gratia consecrare; ipsumque de sancto
lavacro exceptum, tamquam alumnum proprium nähere dignetur' ... Ebd. S. 521s: [rex] ac-
cessit Parisius, exinde ad Rotoialinsim villam ipsius urbis properans, evocato puero, iussit bap-
tisterium praeparari in vico Nemptudoro. S. dazu SCHNEIDER, Königswahl S. 126ff; natürlich
ist Chlothar nicht "durch seinen Oheim Guntram getauft" worden, wie es ebd. S. 115 Anm.
284 heißt.
114 Patenamt

ziehen dürfe 40 . "Man hat den Eindruck", schreibt Eugen Ewig 41 , "daß Gunthram
auswich". In der Tat, dem Burgunder dürfte vollauf bewußt gewesen sein, daß er
mit der Patenschaft über den neustrischen Neffen dasselbe anstrebte, was er zuvor
mit Adoption und Vertrag über seinen austrischen Neffen bereits erlangt hatte.
Da dieser immer die neustrischen Ansprüche hatte ausschließen wollen, wäre eine
Adoption Chlothars eine offene Brüskierung gewesen. Die Patenschaft aber er-
laubte in aller Unschuld ein Doppelspiel: Als fromme Christenpflicht ausgegeben,
schloß sie in Wahrheit eine politisch bedeutsame Adoption ein. Der Einspruch
Childeberts zeigt aufs deutlichste, daß sie als solche auch empfunden wurde; in
den Augen des Protestierenden vermochte sie eine durch Thronsetzung, Adoption
und Vertrag bekräftigte Erbfolgeregelung in Frage zu stellen. Das aber heißt: Ihr
muß ein zu den genannten Rechtshandlungen vergleichbares Gewicht beigemessen
worden sein. Für Gunthram freilich ergab sich die verlockende Möglichkeit, mit
der Patenschaft eine Suprematie auch über Chlothar und dessen Herrschaft zu
erwerben. Gregor von Tours sieht denn auch Adoption und Patenschaft in ihrer
tatsächlichen Rechtswirkung als offenbar gleichwertige Akte an, kann er doch
schreiben, daß Gunthram väterliche Gewalt ausgeübt habe über den Sohn sowohl
Sigiberts wie Chilperichs — also über Childebert und Chlothar —, die er beide
'adoptiert' habe; dadurch verfüge er über die oberste Macht in seinem Reiche wie
einst sein Vater Chlothar42 .
40
Gregor von Tours, Hist. X 28 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 52l 7 ).· Dum autem haec ageren-
tur, legati Childeberthi regis accesserunt ad eum, dicentes: 'Non enim ista nuper nepote tuo
Childebertho pollicitus eras, ut cum inimicis eius amicitias conlegaris. Sed in quantum cernimus,
nihil de promissione tua custodis, sed potius quae promiseras praetermittis etpuerum istum in
urbis Parisiacae cathedram regem statues. ludicavit enim Deus, quia non reminisceris, quae
ultra pollicitus es'. Haec his dicentibus, rex ait: 'Promissionem, quam in nepotem meum Childe-
berthum regem statutam habeo, non obmitto. Nam ilium non oportet scandalizare, si consubri-
num eius, filium fratris mei, de sancto suscipiam lavacro, quia hanc petitionem nullus christa-
norum debet abnuere. Eamque ego, ut Deus manifestissime novit, non calliditate aliqua, sed in
simplicitate puri cordis agere cupio, quia offensam Divinitatis incurrere formido. Non est enim
humilitas genti nostrae, si hie a me excipiatur. Si enim domini proprios famulos de sacro fönte
suscipiunt, cur et mihi non liceat propinquum parentem excipere ac filium facere per baptismi
gratiam spiritalem? Abscedite nunc et nuntiate domino vestro: 'Pactionem, quam tecum pepigi,
custodire cupio inlibatam; quam si tuae conditionis noxa non obmiserit, a me prorsus omitti
non que.it.' Et haec dicens, legatis discedentibus, rex accedens ad lavacrum sanctum, obtulit
puerum ad baptizandum. Quem excipiens, Chlotharium vocitari volu.it, dicens: 'Crescat puer
et huius sit nominis exsecutur ac tale potentia polleat, sicut ille quondam, cuius nomen indep-
tus est'. Quod misterium celebratum, invitatum ad epulum parvolum multis muneribus honora-
vit. Similiter et rex ab eodem invitatus, plerisque donis refertus abscessit et ad Cavillonensim
urbem redire statuit. S. dazu EWIG, Dynastie S. 18; die Angaben im Chronicon Fredegarii: IV
3 (MGH SS rer. Merov. 2, S. 12420) sind irrig; vgl. SCHNEIDER, Königswahl S. 116 Anm. 290;
FRITZE, Fränkische Schwurfreundschaften S. 95f, 100.
41
EWIG, Dynastie S. 18.
42
Gregor von Tours, Hist. VII 13 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 3345J: adserentes, hunc [Gunt-
chramnum] esse nunc patrem super duos filios, Sigyberthi scilicet et Chilperici, qui ei fuerant
adoptati; et sic tenere regni principatum, ut quondam Chlotharius rex fecerat, pater eius. S.
SCHNEIDER, Königswahl S. 12f mit Anm. 52. - Anders E. HLAWITSCHKA (Genealogie S.
99), der glaubt, daß hier "lediglich ein Zeugnis für einen nicht immer ganz präzisen Wortge-
brauch Gregors von Tours" vorliege.
$ 19 Verpflichtungen 115

Die bei Gregor von Tours ausführlich geschilderten Auseinandersetzungen um


König Gunthrams Nachfolge, bei der (Waffen-)Adoption und Patenschaft gerade-
zu als konkurrierende Rechtsverfahren erscheinen, ist für unser Thema überaus
bedeutsam. Es zeigt sich daran nämlich, daß das Pateninstitut, das im 6. Jahrhun-
dert noch relativ jung gewesen ist, bereits in die Sphäre des Rechtes einzudringen
begann, dabei den rechtsbedeutsamen Akt des 'Aufhebens eines Kindes' in sich
aufnahm, ja darüber hinaus noch einer Waffensohnschaft und Adoption als gera-
dezu gleichwertiger Akt an die Seite treten konnte.
So kann es nicht mehr erstaunen, Beispiele anzutreffen, in denen die Paten-
schaft nach Maßgabe des gängigen Adoptionsrechtes verstanden wurde. Bei Gregor
von Tours findet sich bereits folgender Fall: Bischof Praetextus von Rouen
(+ 586), der von König Chilperich angefeindet und vor einer Bischofsversammlung
der unrechtmäßigen Aneignung von Königsgut angeklagt wurde, suchte sich da-
durch zu rechtfertigen, daß er die bei ihm gefundenen Schätze als Eigentum seines
Patensohnes ausgab, welcher ein Merowingersproß war; er habe geglaubt, zumin-
dest zeitweilig darüber verfügen zu dürfen 43 . Umgekehrt aber konnte auch der
Fall eintreten, daß ein Pate sein Vermögen, oder wenigstens Teile davon, seinem
Taufkind hinterließ. Dhuoda, die Frau Bernhards von Aquitanien, erinnert in dem
842 geschriebenen Liber manualis ihren ältesten Sohn Wilhelm daran, daß sein
verstorbener Pate als guter nutritor und amator ihm Hab und Gut überlassen
habe 44 . Gerade an solchen Beispielen wird sichtbar, in welchem Maße die Paten-
schaft "realistisch" verstanden worden ist.
Für unsere Thematik ist wichtig, daß mittels der Adoption, die man auch in
der Patenschaft vollzogen sah, eine familiäre Nähe hergestellt wurde: Pate und
Täufling galten wie Vater und Sohn, und Gott selbst hatte sie im Heiligen Geist
zusammengeführt.

c) Religiosus amor
In den merowingischen Thronkämpfen wird weiter auch die verpflichtende
Wirkung des aus der Patenschaft erfließenden religiosus amor sichtbar. In dem Be-
streben der merowingischen Könige, jeweils die eigene Herrschaft durch die Besei-
tigung von möglichen Konkurrenten zu sichern, fällt auf, daß man die Patenkinder
zu schonen bereit war. Fredegar zufolge hat der schon erwähnte Chlothar II.
(584-629), als er die Söhne Theuderichs II. (596-613) ausrotten ließ45, dabei
einen Merowech am Leben gelassen: 'Ihn umfing er mit der gleichen Liebe, mit

43
Gregor von Tours, Hist. V l (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 222 17 ): si fas fuisset, angelum de
caelo evocaveram qui esset adiutor eius; filius enim mihi erat, ut saepe dixi, spiritalis ex lavacro.
Zu Praetextus s. DUCHESNE, Pastes 2, Nr. 16 S. 207; zum Prozeß s. WEIDEMANN, Kultur-
geschichte der Merowingerzeit l, S. 188-192.
44
Dhuoda, Liber Manualis VIII 15 (ed. RICHß S. 320 2 J: qui te, ex meis suscipiens brachiis,
per lauacrum regenerations filium adoptauit in Christo ... Nutritor etenim atque amator tuus
fuerat in cuntis ... Te quasi primogenitum paruulum relinquens in saeculo, suo cuncta domno
et seniori nostro, ut tibi prodesse ualerent in omnibus, remanserunt.
45
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 29 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 219 17 ).
116 Patenamt

der er ihn vom heiligen Bad aufgehoben hatte' 46 . Es wird hier deutlich, daß der
religiosus amor der Taufe eine stärkere Verpflichtung ausübte als selbst die Bluts-
bindung. Einen bereits früheren Fall berichtet Gregor von Tours, daß nämlich
Theuderich (511-534) seinen Verwandten Sigiwald, den Dux von Clermont-
Ferrand, mit dem Schwert umgebracht habe,· daß Theuderich ferner den eigenen
Sohn Theudebert I. (534-548) habe veranlassen wollen, auch noch den gleich-
namigen Sohn des Getöteten zu beseitigen. Aber Theudebert, bei dem sich der
Sigiwald-Sohn aufhielt, scheute vor einer solchen Bluttat zurück, weil er der Tauf-
pate des Sigiwald war. Er offenbarte seinem Taufsohn das väterliche Ansinnen
und riet ihm zur Flucht 47 . Nachdem dann Theudebert selbst die Herrschaft ange-
treten hatte, kehrte der junge Sigiwald zurück, wurde mit allen Ehren von seinem
Paten empfangen und in den väterlichen Besitz, der vorher konfisziert worden
war, wieder eingewiesen48 . Wir können also erneut feststellen, daß die Patenschaft
eine Schonung bewirkt; sie erhält dem Taufsohn nicht nur Freiheit und Besitz,
sondern auch das Leben. In ähnlicher Weise aber sprechen die Quellen noch oft
von der Bedeutung der Patenschaft. So berichtet die Angelsachsen-Chronik zum
Jahre 757 den Fall, daß ein Patensohn im Kampf verschont blieb 49 . Noch in den
nordischen Sagas wird die lebenserhaltende Friedenswirkung der Patenschaft
bezeugt. Ein Hallfred, der nach den Hofgesetzen sein Leben verwirkt hatte, wurde
vom König begnadigt, weil er dessen Patensohn war: 'Es soll dir eher als anderen
verziehen werden' 50 .

d) Admonitio
In der 'admonitio' drückt sich die dem Paten obliegende Pflicht zur sittlichen
und glaubensmäßigen Belehrung seines Zöglings aus. Wie bereits dargelegt, gehör-
te es zu den wesentlichen Aufgaben der Paten, jene Fragen nach dem Gottesglau-

46
Chronicon Fredegarii IV 29 (MGH SS rer. Merov. 2, S. 132 ): Eodem anno natus est de
concupina Teuderici filius nomen Meroeus, quem Clotharius de sancto lavacro suscepit; ebd. 42
(S. 141 8 ): Captis filiis Theuderici tres, Sigiberto, Corbo et Meroeo, quem ipse de fontes
excipit, Childebertus fugaciter ascendens ... Sigybertus et Corbus, filius Theuderici, iusso
Clothariae interfecti sunt. Meroeus secrecius iusso Chlothariae in Neptrico perducetur; eodem
amplectens amore, quod ipso de sancto excepisset lavacrum, Ingobode graffione commendatur,
ubiplures post annos vixit. SCHNEIDER, Königswahl S. 138; EWIG, Teilungen S. 692.
47
Gregor von Tours, Hist. Ill 23 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 122 8 ); In illis diebus Theudori-
cus parentem suum Sigivaldum occidit gladio, mittens occulte ad Tlieudobertum, ut et ille
Sigivaldum, filium eius, neci daret, quem tunc secum habebat. Sed quia eum de sacro fönte
exciperat, perdere noluit. Litteras vero, quas ei pater transmiserat, ipsi ad legendum dedit,
dicens: Fuge hinc ... SCHNEIDER, Königswahl S. 79.
48
Gregor von Tours, Hist. Ill 24 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 12310j: Haec audiens Sigivaldus,
quod scilicet Theudoberthus regnum patris obtenuisset, ad eum de Italia rediit. Quem ille con-
gaudens ac deosculans, tertiam partem ei de muneribus, quae a patruo acceperat, est largitus;
et omnia, quae in fisco suo pater posuerat de rebus Sigivaldi, patri eius, ipsi reddi praecipit.
49
Anglo-Saxon Chronicle a. 757 (ed. WHITELOCK S. 31): 'And they ... killed the atheling and
the men who were with him, all except one, who was the ealdorman's godson. And he saved his
life, though he was often wounded.'
50
PERKOW, Wasserweihe S. 74ff.
$19 Verpflichtungen 117

ben und der Teufelsabsage zu beantworten, die im Taufritual das Pactum bilde-
ten; ebenso oblag ihnen die Rezitation des Glaubensbekenntnisses und des Vater-
unsers. Mit diesen wichtigen Antworten übernahmen die Paten — wie wir gesehen
haben — eine Art Bürgschaft dafür, daß die Täuflinge die mit dem Taufverspre-
chen eingegangenen Pflichten später auch im eigenen Leben erfüllen würden. Eben
das war der Grund, weswegen Augustinus und Caesarius die Paten fideiussores
bzw. fidedictores genannt hatten. Die karolingische Kirchenreform ist nicht müde
geworden, die geistlichen Patenpflichten, die in der Vermittlung des Glaubensbe-
kenntnisses und des Vaterunsers bestanden, anzumahnen 51 . In der Welt des Adels
und der Königshöfe rückte die Verpflichtung zur geistlichen Erziehung die Paten
in die Nähe der 'nutritores', die als Erzieher zuweilen in recht einflußreiche
Positionen hineinwuchsen 52 .
Ein geistlicher Taufpate zumal mußte aufgrund seiner Bildung als der gegebene
'nutritor' erscheinen. Doch ist festzustellen, daß die Mönchsregeln die Übernahme
von Patenschaften nicht wünschten 53 . Dies wurde unter anderem damit begrün-
det, daß im Kloster eine Erziehung von Kindern, wie man sie von Paten erwarte,
nicht erlaubt werden könnte 54 . Die Klöster fürchteten, die Pflegestätten von
Adelskindern zu werden 55 . Ebenso schien es geboten, Geistliche von den Affären
des Hofes wegzuhalten, in die sie aber aufgrund patenschaftlicher Erziehungsauf-
gaben hineingezogen werden konnten; schon Amandus meldete hier Bedenken
an 5 6 .
Dennoch lassen sich bemerkenswerte Beispiele anführen. Unter den deutschen
Herrschern hat vor allem Ludwig das Kind (900-911) unter dem maßgeblichen
Einfluß seiner Taufgeistlichen gestanden; diese waren Erzbischof Hatto von
Mainz (891-913) und Bischof Adalbero von Augsburg (887-909). Die Regensbur-
ger Erweiterung der Fuldaer Annalen, die von der Taufe Ludwigs berichtet, läßt
leider nicht erkennen, wie dabei Taufe und Patenschaft vollzogen worden sind 57 .

51
ANGENENDT, Bonifatius S. 139.
52
DERS., Geistliches Bündnis S. 23ff.
53
S. $ 22 Anm. 31-33.
5
Bemerkenswert etwa ein Passus aus der Nonnenregel des Donatus von Besa^on: Regula
Donati 54 (ed. HOLSTENIUS - BROCKIE l, S. 388): Nulla cujuslibet filiam in Baptismo
neque divitis neque pauperis praesumat excipere. Neque ad enutriendum, neque ad docendum
nobilium vel pauperum filiae recipiantur, nisi quae in Monasterio sub habitu religionis, sicut
et reliquae, perseverent.
55
Capitulare monasticum a. 817 c. 45 (MGH Capit. l, S. 34634J: Ut scola in monasterio non
habeatur, nisi eorum qui oblati sunt; Capitula ecclesiastica ad Salz data a. 803-804 c. 7 (ebd.
S. 119 ): Omnino prohibemus, ut nullus masculum filium aut nepotem vel parentem suum
in monasterio puellarum aut nutriendum commendare praesumat, nee quisquam illum susci-
pere audeat; Consuetudines Cluniacenses. Epistola nuncupatoria (MIGNE PL 149, Sp. 636B):
non aetate lasciva, nee imperio parentum, sed sponte sua. LORCIN, Vie scolaire S. 221-236;
s. auch BROMMER, Gesetzgebung S. 57ff.
56
S. 22 Anm. 29.
57
Annales Fuldenses a. 893 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 122): filius nascebatur,
quem Haddo Magonciacensis archiepiscopus et Adalpero Augustae Vindelicae episcopus sacro
fönte baptismatis chrismantes nomine avi sui Hludawicum appellaverunt.
118 Patenamt

Doch nennt der Vater des Täuflings, Arnulf von Kärnten, in einem original er-
haltenen Diplom Hatto seinen compater5*. In den eigenen Urkunden bezeichnet
Ludwig Hatto als spiritalis pater59, während Adalbero darüber hinaus auch noch
als nutritor und magister erscheint 60 . Ganz eklatant waren die politischen Ver-
wicklungen, in die Abt Hugo von Cluny wegen seiner Patenschaft über Heinrich
IV.61 hineingezogen wurde; dieser appellierte nämlich in den Kämpfen des Inve-
stiturstreites ausdrücklich an den Abt als seinen pater spiritalis6*.
Für unsere Thematik ist freilich ein anderer Punkt besonders bedeutungsvoll.
Bei Neubekehrten mußten die Paten dafür sorgen, daß ihre geistlichen Kinder
nicht wieder vom Glauben abfielen. So erklärte Papst Nikolaus I. in seinen Re-
sponsa Bulgarorum: Wer durch die Taufe gereinigt werde, erwähle sich dabei
einen anderen zum geistlichen Vater, von dem er unterwiesen und betreut wer-
de63 . Kann man dies als die üblichen Patenpflichten bezeichnen, so weiß der Papst
doch auch die besonderen Konsequenzen für die Missionssituation anzugeben:
'Darüber hinaus muß der, welcher vom Glauben, den er versprochen hat, abge-
fallen ist, von demjenigen, der ihn [aus der Taufe] gehoben hat und dabei der
Vermittler seines Glaubens geworden ist, unter allen Umständen zurückgerufen
werden. Wenn er aber auf den nicht hört, den er als seinen Bürgen gestellt hatte,
muß es der Kirche gemeldet werden, der es zukommt, das verirrte Schaf mit umso
größerem Nachdruck zum eigenen Schafstall zurückzuführen ,..'64. Denn wer
die Kirche nicht höre, so heißt es weiter, gelte allen als Heide und als ein Außen-
stehender, und ein solcher dürfe zu Recht mit äußerer Gewalt unter Druck gesetzt
werden 65 . Dabei kommt dem König naturgemäß eine besondere Rolle zu: 'Denn
es gehört zu den Aufgaben der christlichen Könige in dieser Welt, daß sie zu ihrer
Zeit für die Kirche, von der sie geistlich wiedergeboren sind, ohne allen Schaden
den Frieden wahren'66 . Papst Nikolaus verknüpft hier die Patenaufgaben mit dem
alten Grundsatz, daß Ketzer, weil böswillig vom Glauben abgefallen, mit Gewalt
zurückgeführt werden dürften 67 . Der Pate ist der Erstverpflichtete, der die Rück-
58
DA 135 (MGH Dipl. reg. Germ. Karol. 3, S. 203 4 J: Hathonis venerabilis archiepiscopi et
carissimi compatris nostri.
59
DLdK 60 (ebd. 4, S. 190 7 ), 71 (S. 207 32 ), 72 (S. 209 2 7 ).
60
Ebd. 66 (S. 19730): spiritalis pater et magister noster; 5 (S. 1029): dilectus magister; 9 (S.
110 ): studiosissimus nutritor noster; 65 (S. 196s J: nutritor noster.
61
S. $ 22 Anm. 28; Donizo, Vita Mathildis II l (MGH SS 12, S. 38183J: Inter quos abbas Hugo
Cluniacensis hie astat, qui pater in lavacro regis fuerat sacrosancto. S. auch SCHNEIDER,
Sacerdotium S. 201-213.
62
Heinrich IV., Ep. 37 (ed. ERDMANN S. 47 7 ): ut tuis affusi genibus caput nostrum, quod
de fönte salutari suscepisti, in sinum sanctitatis tue familiariter possemus reclinare; Ep. 38 (S.
51 ): H. dei gratia Romanorum imperator augustus V. venerabili Cluniacensi abbati, quicquid,
licet peccator, tarnen spiritalis filius ...; Ep, 40 (S. 60 3 j: consilio principum et spiritualis patris
nostri H. Cluniacensis abbatis.
63
Nicolai I papae ep. 99,18 (MGH Epp. 6, S. 577 40 ).
64
Ebd. Z. 44.
65
Ebd. S.578 1 2 .
66
Ebd. Z. 29.
67
RUHBACH, Kirche angesichts der Konstantinischen Wende, bes. MARKUS, Coge intrare
S. 337-361; ferner KAHL, Compellere intrare S. 177-274.
$ 19 Verpflichtungen 119

gewinnung mit guten Worten versuchen soll; der König aber muß es notfalls mit
Gewalt tun. Denn grundsätzlich gilt, daß ein Abfall vom Taufversprechen den
Grund liefere, gewaltsam vorzugehen. Wir werden sehen, daß Karls des Großen
Sachsenkriege von solchen Vorstellungen her motiviert gewesen sind68 . Noch kon-
zentrierter mußte eine solche Gewaltaktion in dem Fall wirksam werden, daß
der König selbst Pate über einen anderen König war und damit die Verantwortung
für den Glauben seines Täuflings wie weiter auch über dessen Volk trug.

e) Gegenseitige Hilfe

Eine geradezu ideale Zusammenfassung dessen, was man im frühen Mittelalter


als Wesen und Pflicht der Patenschaft angsehen hat, bietet der Liber manualis der
Dhuoda, der Frau Bernhards von Aquitanien, die im Jahre 842 für ihren ältesten
Sohn Wilhelm ein Buch mit Erziehungsratschlägen verfaßt hat. Die Verfasserin
kennt die grundlegende Unterscheidung zwischen leiblicher und geistlicher Geburt
und weiß das treffend auch mit Schriftstellen zu begründen 69 . 'Über die zweite
Geburt, welche die geistliche ist, sagt das Evangelium: 'Wer nicht wiedergeboren
wird ...' usw. Von der ersten Geburt heißt es: 'Was aus dem Fleisch geboren ist,
ist Fleisch'. Über die zweite Geburt wird hinzugefügt: 'Was aus dem Geist geboren
ist, ist Geist'. Wie aber ein Mensch für viele der Vater bei der zweiten Geburt sein
kann, darüber höre den Apostel: 'Meine Kinder, die ich euch wiederum gebäre,
bis Christus in euch stärker geformt werde'. Und ein anderes Mal: 'Durch das
Evangelium', so sagt er, 'zeuge ich euch'. Viele sind durch die zusätzliche Möglich-
keit der zweiten Geburt für viele auf vielfältige Weise die Eltern geworden ...
Früher wie heute und immer zeugen unaufhörlich viele täglich durch das Evange-
lium, wie gesagt, durch Lehre, Predigt und durch das Beispiel der guten Taten in
der Kirche Söhne.'70 Solche Sätze zeigen in anschaulicher Weise, wie tief sich die
Vorstellungen und Pflichten der Patenschaft auch in Laienkreisen verwurzelt
haben. Auffällig ist allein das weitgefaßte Verständnis von geistlicher Zeugung,
denn alle geistlich-erzieherische Tätigkeit wird darunter subsumiert; sogar sich
selber kann Dhuoda 'als gleichsam zweite Mutter' ihres Sohnes bezeichnen 71 . Für
diesen selbst aber begründet die fromme Erzieherin von der geistlichen Verwandt-
schaft her die Mahnung, für seinen inzwischen verstorbenen Paten zu beten. 'Auch
darfst du nicht, mein Sohn, [beim Gebet] jenen übergehen, der dich aus meinen
Armen aufgenommen und dann durch das Bad der Wiedergeburt zum Sohne
in Christus adoptiert hat. Er hieß in seiner Erdenzeit Theoderich, aber er lebt
jetzt nicht mehr. In allem ist er dein Erzieher (nutritorj und Fürsorger (amator)
gewesen, so gut er konnte ... Dich hat er sozusagen als erstgeborenen Sohn hinter-
lassen; all sein Hab und Gut hat er dir zum Nutzen unserem Herrn und Senior

68
S. $ 30 Anm. 18 u. 35.
69
Dhuoda, Liber Manualis VII (ed. RICHfi S. 298 10 ). Zu Dhuoda und ihren Angehörigen s.
WOLLASCH, Adelige Familie S. 150-188.
70
Dhuoda, Liber Manualis VII 3 (S. 300 2 ).
71
Ebd. VII l (S. 298 7 ).
120 Patenamt

überlassen' 72 . Wiederum stoßen wir auf Stichworte wie Erziehung, Fürsorge und
Adoption, und wiederum sind nicht nur geistliche Aspekte, sondern auch mate-
rielle Konsequenzen bis hin zum Erbrecht eingeschlossen.

f) Patenschaft und säkulare Riten


Sehen wir hier, wie sehr die Patenschaft mit Rechtselementen angereichert
wurde, so ist abschließend noch darauf aufmerksam zu machen, daß das neue
erweiterte Patenschaftsverständnis die älteren säkularen Formen künstlicher Ver-
wandtschaftsbildung alsbald zu ersetzen begann. Bei den Nordgermanen gab es
zum Beispiel eine "Ziehvaterschaft", deren Wirkung der Patenschaft vergleichbar
ist: "Das enge Band [zwischen Ziehvater und -söhn] schließt einen Waffengang
ebenso aus wie es die Übertragung des Erbes durch den söhnelosen Ziehvater an
den Ziehsohn natürlich macht" 73 . Ähnlich läßt sich auch im keltischen Bereich
feststellen, daß Pflegesohnschaft und Patenschaft Entsprechungen aufwiesen74.
Solche Formen dürften der christlichen Patenschaft ihre so auffallend rasche Aus-
breitung gesichert haben. Beachtung verdienen ferner einzelne Bräuche der säku-
laren Adoption. Als Karl Martell seinen Sohn Pippin, den späteren König, am lan-
gobardischen Königshof von Liutbrand adoptieren ließ, wurde dem jungen Karo-
linger das Haar geschoren75. Interessant ist nun aber, daß spätere Quellen die
Haarschur, der Pippin sich am Langobarden-Hof unterzog, umgedeutet haben:
Der Langobarden-König sei, so heißt es nun auf einmal, der pater spiritualis des
Karolingers geworden und dieser der filius spiritualis des Königs 76 . Offenbar hat
man sich die Adoption mittels des Haar-Ritus nurmehr nach geistlicher Art vor-
stellen können. Und dies dürfte nicht ohne Grund so gewesen sein: Wie schon
Haar-Riten ein nahezu allgemeinreligiöses und auch rechtsbedeutsames Phänomen
darstellen, so auch bei den christlichen Völkern des frühen Mittelalters. In unse-
rem Zusammenhang ist wichtig, daß das Scheren der Haare und des Bartes als
Adoptionsritus wie auch als Initiationszeremonie verstanden werden konnte.
Meist traten dabei auch "neue" Eltern auf. Die "Ähnlichkeit mit der Patenschaft
bei der Taufe" ist augenfällig77. Auch in Byzanz ist festzustellen, daß die "Über-
72
Ebd. VIII 15 (S. 320 2 ).
73
BUISSON, Staatsbildung S. 107.
74
KERLOUEGAN, Mise en nourriture S. 121.
75
Paulus Diaconus, Hist. Langobard. VI 53 (MGH SS rer. Langob. S. 18315): Circahaec tem-
pora Carolus princeps Francorum Pipinum suum filium ad Liutprandum direxit, ut eius iuxta
morem capillum susciperet. Qui eius caesariem incidens, ei pater effectus est multisque eum
ditatum regiis muneribus genitori remisit.
76
Chronicon Novaliciense III l (MGH SS 7, S. 98 n J: ut ei iuxta more ex capillis totonderet
et fieret ei pater spiritualis; Ekkehard, Chronicon universale, Hystoria Langobardorum (ebd.
6, S. 15019J: misit Pippinum filium suum ad Liutprandum regem, ut tonderet capillos eius et
faceret eum sibi exinde compatrem.
77
FRANZ, Benediktionen 2, S. 245-257, Zitat S. 249; ferner eine beachtliche Sammlung des
religionsgeschichtlichen und frühmittelalterlichen Materials bei A. NAEGLE (Haarschur und
Haarweihe S. 110-153). S. auch SPRIGADE, Einweisung ins Kloster S. 1-131; LEACH, Magical
Hair S. 77-108.
$ 20 Pactum compaternitatis 121

sendung der Haare meist ...[als] ein Symbol der geistigen Patenschaft oder Adop-
tierung" galt 78 . Tatsächlich gibt es im Liber Pontificalis einen Bericht, demzufol-
ge Papst Benedikt II. (684-685) zusammen mit Klerus und Heer die Haarlocken
der kaiserlichen Söhne Justinian und Heraklios entgegengenommen hat 79 . Daß die
Haare sowohl in Byzanz wie beim Papst wie auch bei den Germanen eine politi-
sche Bedeutung einnehmen konnten, läßt sich beispielhaft an weiteren Nachrich-
ten des Papstbuches aus dem 8. Jahrhundert zeigen. In dem zeitgenössisch abge-
faßten Bericht über die ersten Amtsjahre Papst Hadrians I. erfahren wir, daß mit
der sich abzeichnenden Niederlage der Langobarden die Spoletiner und Reatiner
nach Rom gekommen seien, Zuflucht beim heiligen Petrus gesucht und dem Papst
Treue gelobt hätten; bei ihrem Treueschwur, so heißt es dann, seien sie more
Romano geschoren worden 80 . Eine Generation zuvor, als Liutbrand vor Rom
lagerte, hatten viele adelige Römer es sich gefallen lassen müssen, more Lango-
bardorum geschoren und eingekleidet zu werden 81 . Wie aber Papst und Lango-
barden jeweils Haarschur und Kleidung als Zeichen ihrer Gefolgschaft benutzten,
so auch die Griechen. Als Arichis von Benevent sich Byzanz anschließen wollte, da
meldete Hadrian dies an Karl mit dem Hinweis, der Herzog habe sich in Tonsur
und Tracht den Griechen anzupassen bereiterklärt 82 . Angesichts solcher Bedeut-
samkeit ist es nicht weiter verwunderlich, daß wir noch andere Beispiele antreffen
werden, in denen die Haar-Riten mit der päpstlichen Sohnschaft in Verbindung
gebracht sind.

§ 20 Pactum compaternitatis

, Die Einbeziehung der Eltern des Täuflings in jene Bindung, die ursprünglich
nur den Paten mit seinem Täufling verbunden hatte, bewirkte, wie wir gesehen
haben, die Konsequenz, daß die geistlichen und leiblichen Eltern miteinander
verwandt wurden. Wohl stand trennend ein Ehehindernis zwischen ihnen; wichti-
ger aber war, daß sie im Gottesgeist verwandtschaftlich zusammengeführt wurden.
Wie schon die alte, "vertikale" Patenbindung rechtliche und politische Verpflich-
tungen nach sich gezogen hatte, so nun auch die jüngere, "horizontale" Kompa-
ternität. Die um die Mitte des 9. Jahrhunderts entstandene Vita Bertini liefert
dazu eine instruktive Erläuterung. Der Heilige war mit einem Graf Waltbert der
computer1 ; er hatte, nach allerdings späterer Überlieferung, dessen Sohn aus der

78
TREITINGER, Oströmische Kaiser- und Reichsidee S. 107.
79
Liber Pontificalis, Vita Benedict! II (ed. DUCHESNE l, S. 363I4j.· Hie una cum clero et
exercitu suscepit mallones capillorum domni lustiniani et Heraclii filiorum clementissimi prin-
cipis, simul et iussionem per quam significat eosdem capillos direxisse. HALLER, Papsttum 2,
S. 615.
80
Liber Pontificalis, Vita Hadriani (ed. DUCHESNE l, S. 49524).
81
Ebd., Vita Gregorii III (S. 420 16 ).
82
S. $ 2 Anm. 25.

1
Vita Bertini c. 19 (MGH SS rer. Merov. 5, S. 765 18 ).
122 Patenamt

Taufe gehoben 2 . Diese Kompaternität bezeichnet nun der Vitenschreiber als


laudabilem ritum, inter christianos ad coniungenda fraternae caritatis foedera
consecratum3; sie diente also zur Herstellung eines brüderlichen Liebesbundes.
Tatsächlich ist denn auch in vielen Fällen festzustellen, daß die Auswahl der Paten
vorrangig darauf abgestellt war, mittels der Kompaternität ein Bündnis zwischen
den beiden Elternpaaren herzustellen. Das wohl sprechendste Beispiel liefern die
Patenschaften über die Kinder des französischen Königs Ludwigs IV. (936-954),
der mit Ottos des Großen Schwester Gerberga verheiratet war. Wie kaum irgend-
wo sonst wird hierbei sichtbar, daß die Patenschaften über die einzelnen Kinder
der jeweils erwünschten Bündnisherstellung dienstbar gemacht wurden. Für den
941 geborenen Lothar hat der Vater den zweiten Herzog der Normandie, Wilhelm
Langschwert, zum Paten gewonnen. Ein Jahr zuvor hatte er den Normannen aus
der Front seiner Widersacher herauslösen und zur Kommendation veranlassen
können 4 . Der Patenschaft unterlegt Dudo von St. Quentin, der freilich aus einer
Distanz von gut zwei Generationen berichtet 5 , ausdrücklich die Absicht, daß sie
das bestehende Band der Liebe weiter habe verstärken sollen: quatenus majoris
copula dilectionis ampliorisque nexibus amoris colligati6. Dann berichtet Flo-
doard, Zeitgenosse und Beobachter des verwickelten politischen Geschehens,
daß der übermächtige Vasall Hugo beim König der Pate einer Tochter geworden
sei und den ducatus Franciae erhalten habe; der Reimser Mönch Richer wieder-
holt kurz vor der Jahrtausendwende, daß Hugo, als er 943 für eine kurze Zeit mit
dem König wieder ausgesöhnt gewesen sei, so sehr in dessen Gunst gestanden ha-
be, daß er zum dux omnium Galliarum und weiter zum Paten einer Tochter be-
stellt worden sei 7 . Während uns der Pate eines 945 geborenen Karl unbekannt
bleibt 8 , diente die Patenschaft über eine dann folgende Tochter wieder zur Be-
kräftigung einer politischen Verbundenheit. Ludwig, der sich starker Gegenkräfte
in seinem Land erwehren mußte, hat bekanntlich seinen Schwager Otto den
Großen zu Hilfe gerufen. Dabei hat Ottos Schwiegersohn, Herzog Konrad der
Rote von Lothringen, 946 einen Feldzug zugunsten Ludwigs unternommen; daß
der Herzog in diesem Jahr auch eine Tochter des Königs aus der Taufe hob 9 , wird

2
Ebd. S. 765 Anm. 2.
3
Ebd. S. 76519.
4
WERNER, Westfranken-Frankreich S. 742; BUISSON, Staatsbildung S. 143f.
5
WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen 3, S. 997.
Dudo von St. Quentin, De moribus et actis primorum Normanniae ducum III 55 (ed. LAIR
S. 199); s. dazu BUISSON, Staatsbildung S. 145.
7
Flodoard, Annales a. 943 (ed. LAUER S. 89f): Hugo dux filiam regis ex lavacro sancto sus-
cepit, et rex ei ducatum Franciae delegavit; Richer, Historiarum Über II 39 (MGH SS rer. Germ,
in us. schol. 51, S. 59): Quo tempore Hugo dux in magna gratia regi habitus, eius filiam ex
sacro lavacro suscepit. Unde et eum rex omnium Galliarum ducem constituit. — DÜMMLER,
Otto der Große S. 129; BUISSON, Staatsbildung S. 145; WERNER, Westfranken-Frankreich
S. 745-755. Zu Flodoard und Richer s. WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Ge-
schichtsquellen l, S. 290-300; ZIMMERMANN, Flodoards Historiographie S. 200-214.
8
Flodoard, Annales a. 945 (ed. LAUER S. 95f).
Ebd. a. 948 (S. 116): Chonradus quoque dux filiam Ludowici regis sacro de fönte suscepit;
DÜMMLER, Otto der Große S. 158, 165.
S 20 Pactum compaternitatis 123

kaum anders denn als Zeichen dankbarer Verbundenheit für die empfangene
Unterstützung gedeutet werden können. Noch gegen Ende desselben Jahres hören
wir von einer weiteren Patenschaft: Erzbischof Artoald von Reims (+ 962), Favo-
rit des Königs für den wichtigsten Erzstuhl der Francia und nach vielen Ausein-
andersetzungen endlich auch in Amt und Würde anerkannt, wurde zu einer
Patenschaft ins Königshaus gebeten, womit zweifellos der nach langem Streit
erreichte Ausgleich besiegelt werden sollte10. Bei der letzten uns überlieferten
Geburt in der königlichen Familie, bei den Zwillingen Karl und Heinrich, bleiben
die Paten dann wieder unbekannt 11 .
Ohne sich in Einzelheiten zu verlieren, sei als weiterer größerer Komplex, in
dem Kompaternitätsbündnisse als politische Mittel eingesetzt worden sind, allein
noch die Politik der Dogen von Venedig erwähnt 12 . Schon früh hat die Stadt ihr
Verhältnis zu den Westkaisern vertraglich zu regeln gewußt. Als ältestes erhalte-
nes Dokument ist jenes Pactum zu nennen, das am 21. Februar 840 von Kaiser
Lothar I. ausgestellt worden ist, dem freilich mindestens ein früheres, wohl von
Karl dem Großen, vorausliegen dürfte13 . Die Reihe der Pacta Veneta setzt sich
dann bis ins hohe Mittelalter hinein fort. Aber nicht allein mit Hilfe von Verträgen
haben die Dogen ihr Verhältnis zu den Westherrschern zu gestalten gesucht, oben-
drein haben sie noch das Mittel der Patenbindung eingesetzt. Die Venezianische
Chronik des Johannes, verfaßt wohl von dem zwischen 995 und 1018 urkundlich
nachweisbaren Diakon gleichen Namens 14 , berichtet mehrmals von solchen paten-
schaftlichen Bindungen. Als erster wird Dux Johannes erwähnt, der gegen 856
den 'Langobardenkönig Ludwig' — es ist Kaiser Ludwig II. (850-857) — veranlaßt
habe, eines seiner Kinder aus der Taufe zu heben, ad dilectionis seu pads vincu-
lum corroborandum, wie offen heraus gesagt wird 15 . Die Patenschaft fällt in jene
schwierige Phase der venezischen Geschichte, in der die Stadt zwischen Ost und
West ihre Selbständigkeit zu finden suchte und gerade deswegen auch eines
pfleglichen Verhältnisses zum Westen bedurfte 16 . In ottonischer Zeit hören wir
von der nächsten Kompaternität. Als der junge Otto III. im Frühjahr 996 nach

10
Flodoard, Annales a. 948 (ed. LAUER S. 121): Nasciturregi Ludowico filius, quem praesul
Artoldus de sacro fönte suscepit, patris ei nomen imponens. Die Vorgänge um Erzbischof Ar-
toald sind übersichtlich dargestellt von H. ZIMMERMANN (Ottonische Studien S. 126-135).
11
Flodoard, Annales a. 953 (ed. LAUER S. 136).
12
Zur Geschichte Venedigs s. den Überblick bei ENZENSBERGER, Venedig S. 389-396.
13
FANTA, Verträge der Kaiser mit Venedig S. 51-128; BRESSLAU, Venezianische Studien
S. 69-92; UHLIRZ, Stellung Venedigs S. 82-110; BÖHMER, Regesta Imperil l, Nr. 1067
S. 430f.
14
WATTENBACH - HOTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen l, S. 331f.
5
Johannes Diaconus, Chronicon Venetum (ed. MONTICOLO l, S. 1166J: anno quidem domi-
ni nostri Jhesu Christi ab incarnatione ... Lodovicus Longobardorum rex una cum congunge sua
ad locum qui Brundulus vocatur veniens, apud sancti Michaelis monasterium ab utroque duce
honorifice susceptus est; ubi cum triduo sirnul comanerent, ad dilectionis seu pacts vinculum
corroborandum Johannes dux suam de sacro baptismate sobolem regem promovit ut suscipe-
ret; quo peracto, rex cum congunge Italiam, duces vero ad pallacium reversi sunt. KRETSCH-
MAYR, Venedig l, S. 95; BÖHMER, Regesta Imperii l, Nr. 1205 S. 493.
16
LENTZ, Venedig S. 64-H5; KRETSCHMAYR, Venedig l, S. 95.
124 Patenamt

Italien aufbrach, schickte ihm der Doge Petrus Orseolo II. (991-1009) Boten ent-
gegen, um den Herrscher in einem Streit mit den Bischöfen Johannes von Belluno
und Rozo von Treviso günstig zu beeinflussen. Otto ließ dabei dem Dogen die
Bitte zukommen, ihm seinen Sohn zur Patenschaft zuzusenden. Da dieser aber
bereits getauft war, wurde Otto zu Verona, wohin der junge Orseolo ihm entge-
gengeschickt wurde, der Firmpate über ihn, und er verlieh ihm dabei seinen
eigenen Namen 17 . Nicht genug damit, Otto hob in der Osterwoche des Jahres
1001, während des bekannten Geheimtreffens mit dem Dogen in Venedig, auch
noch dessen jüngstgeborene Tochter aus der Taufe; Geschenke — so berichtet
Johannes — habe der Kaiser nicht entgegennehmen wollen; er sei nicht aus Hab-
gier, sondern aus Zuneigung zum Dogen und aus Verehrung des heiligen Markus
gekommen18 . Zu Verona wurde dann im Jahre 1004 auch Heinrich II. Firmpate
über einen weiteren Sohn des Dogen, der ebenfalls den Namen seines Paten er-
hielt19. Daß dann der Orseolo-Sohn Johannes, der seit 1004 Mitregent seines

17
Johannes Diaconus, Chronicon Venetum (ed. MONTICOLO l, S. 15l16): tune suos nuncios
denuo Teutonicam mittere disposuit, qui inter Alpium anfractus regem iam a Ausonia venien-
tem repperierunt; a quo honorifice suscepti, quicquid nefas suis dux inimicis intulerat libenter
audivit; insuper promisit numquam quolibet modo ilium constringere ad pacem faciendam
interim ipse vellet. deinde antequam Italiae planiciem peteret, eundem ducem dulci praece
rogando demandavit ut suum natum, adhuc christianae fidei confirmatione carentem, Veronam
sine aliqua mitteret mora; quod dux suorum fidelium consilio facere adquievit. puero quidem
Verona pervento, officiose a rege susceptus est; quem chrismatis unctione propriis amplexibus
coartatum fecit munire, et amisso paterno nomine, Otto, id est suus aequivocus, nuncupatus
est. lohannes quidem prememoratus episcopus, seu Rozo, Tarvisianae sedis antistes, cum qui-
buslibet aliis ad pacem interpellandam ibi convenerunt. S. ferner BÖHMER, Regesta Imperil
2/3, Nr. 1164b u. d S. 610f; UHLIRZ, Stellung Venedigs S. 97; DIES., Otto III. S. 197f; H.
KRETSCHMAYRs Angabe (Venedig l, S. 132), Otto habe den Sohn des Dogen "aus der Taufe
gehoben", ist natürlich zu korrigieren; ebenso ENZENSBERGER, Venedig S. 395.
Johannes Diaconus, Chronicon Venetum (ed. MONTICOLO l, S. 163 ): ad perfectae
namque fidei vinculum confirmandum, filiam ducis adhuc caticumina de sacro baptismatis lava-
cro cesar suscepit; pallium quidem, quod pro pacti federe a Veneticis supra quinquaginta libras
persohebatur, eidem suo compatri duci perpetua scriptione donabat, et omnia quomoda illi
firmiter dehinc impertiri pro votis promittebat; sed nichil dux ei exigere volens nisi ut eccle-
siarum suarum seu omnium Veneticorum predia integre solidatis, in statu suis temporibus con-
servaret. altero autem die, cum iam redeundi licitum höhere völebat, diversarum generum fortu-
nis dux eum munerare voluit; qui nichil orum continere cupiebat dicens: illud mihi crimen indu-
cere nolo, ne quis cupiditatis et non sancti Marci tueque dilectionis causa me hue venisse asse-
rat. tarnen importunis coartatus precibus, ebumeum sedile cum suo subsellio, nee non argen-
teum siphum et urceum raro peractum opere dono, licet invitus, recepit, datoque obsculo,
lacrimantibus utrisque separati sunt. Das mit diesem Besuch zusammenhängende Diplom
nennt den Dogen dilectus compater noster (DO III 397 [MGH Dipl. reg. et imp. Germ. 2/2,
S. 83020"*"26]). Bedenken gegen dieselbe W.endung in einem Diplom des Jahres 995 äußert mit
Recht M. UHLIRZ (Stellung Venedigs S. 96f). S. ferner BÖHMER, Regesta Imperil 2/3, Nr.
1407 d u. e, Nr. 1408, S. 797ff; UHLIRZ, Otto III. S. 373-376; DIES., Stellung Venedigs S.
107f; KRETSCHMAYR, Venedig l, S. 133ff; MITTEIS, (Verträge S. 126).
19
Johannes Diaconus, Chronicon Venetum (ed. MONTICOLO l, S. 16718): cui [Heinrico
regi] Petrus etiam Veneticorum dux in predicta urbe suum natum mire pulchritudinis pueru-
lum, prece sua permotus, honorifice delegavit, quem crismatis divo liquore ex more fecit linire,
patri obtime muneratum remisit. Ebd. S. 17l6.· quintus [filius Petri] estat vocabulo Heinricus.
$ 20 Pactum compaternitatis 125

Vaters Petrus war, 1006 in Byzanz auf Betreiben des Kaisers mit einer Prinzessin
verheiratet und zum Patrikios ernannt wurde 2 0 , hat Karl Leyser als eine Gegen-
aktion des Ostkaisers gegen die westlichen Compaternitas-Bindungen interpre-
tiert21 . Schließlich hat noch Heinrich IV., als er 1095 in Treviso weilte, venezi-
sche Gesandte empfangen, die ihm unter anderem auch eine Patenschaft über eine
Dogentochter antrugen. Bei der Pactum-Bestätigung kann der Kaiser bereits auf
die Erfüllung der Bitte hinweisen. Dadurch hätten sie, so heißt es in einer längeren
Begründung, ratione christianitatis zu einer Einheit gefunden; weil den Dogen
mitsamt den Venezianern eine sincera dilectio, egregia fides und pure dilectionis
exhibitio zu Kaiser und Reich bewegten, sei er würdig, bei der kaiserlichen Maje-
stät den Platz eines computer und vir sapiens einzunehmen 22 .
Die Kompaternität scheint ein fast alltäglicher Verbrüderungsritus geworden
zu sein. Im Ravennater Liber Pontificalis wird uns das Bemühen um die mit der
Kompaternität ermöglichte Bündnisschließung in geradezu genrehafter Manier
beschrieben. Zur Absicherung eines Geldgeschäftes schlössen Ravennater Kauf-
leute eine Kompaternität: 'Zwei Männer wollten ein Bündnis miteinander schlie-
ßen; da sagte der eine zum anderen ...: 'Gib mir deinen Sohn, daß ich ihm Vater
sei von der Taufe her und ich ihn aufnehme aus dem geheiligten Brunnen. Seien
wir gemeinsam Väter, du der fleischliche, ich aber der geistliche.' Der andere
antwortete: 'Im Namen unseres Herrn Jesus Christus soll es geschehen.' Und
so geschah es. Und von jenem Tage an, seitdem das Kind getauft war, waren sie
gemeinsam Vater und hatten Liebe zueinander im Heiligen Geist und im Kuß des
Friedens, weil es sich so geziemt für solche, die derart miteinander handeln, denn
nicht Menschen, sondern den Heiligen Geist haben sie als Vermittler zwischen
sich gestellt. Wie ihr wißt, ist der geistliche Vater bedeutender als der fleischliche,
weil letzterer den Sohn aus der Sünde gezeugt hat, der Sohn ihm in Sünde geboren
worden ist und auch in Sünde sterben müßte. Der andere aber ist der geistliche
Vater; indem er ihn aus dem Wasser der Taufe gehoben hat, wird unter Beseiti-
gung des Teufels und seines Blendwerkes der geistliche Sohn aus dem heiligen
Brunnen gezeugt. Den geheiligten, durch Wasser und Geist geborenen Sohn nimmt
er auf, und der vorher geboren war als Sünder aus der Sünde, wird nachher umso
mehr geheiligt durch den Heiligen Geist' 23 .
Daß die Compaternitas dazu geschaffen sei, Freundschaftsbeziehungen zu
unterhalten und auszuweiten, war eine Vorstellung, mit der sich auch die Scho-
lastiker noch auseinanderzusetzen hatten. Petrus Cantor (+ 1197) behandelt den
Fall, daß ein Pate nach dem Tode seines Taufkindes den Vater um die Patenschaft
bei einem weiteren Kind bittet. Die Antwort des Vaters aber lautet, daß er lieber
einen anderen bitte, weil die Compaternitas ihm ermögliche, die cantos auszuwei-
ten. Der Theologe weiß dazu nur zu sagen, daß die Kirche nichts gegen eine Ver-

20
Ebd. S. 16727.
21
LEYSER, Byzantine-Western Relationships S. 105f mit Anm. 15.
22
DH IV 442 (MGH Dipl. reg. et imp. Germ. 6, S. 594 3 ); dazu MEYER VON KNONAU,
Heinrich IV. 4, S. 453ff; KRETSCHMAYR, Venedig l, S. 166.
23
Agnellus, Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis 30 (MGH SS rer. Langob. S. 294 4 ); PATLA-
GEAN, Christianisation S. 631.
126 Geistliche als Paten

vielfachung der Kompaternität einzuwenden habe; warum das aber so sei, vermöge
er nicht zu begründen24 .
Die angeführten Beispiele stehen für zahlreiche ähnliche Bündnisbemühungen.
Daß das Kompaternitätsbündnis so oft angewandt worden ist, dürfte wiederum
in der Affinität mit bereits älteren Praktiken .der Verwandtschaftsbüdung begrün-
det sein. Die bei den Nordgermanen festzustellende "Ziehsohnschaft" hatte neben
ihrer "vertikalen" Bindung gleichfalls eine "horizontale" und entsprach damit der
erweiterten "horizontalen" Kompaternität. Auch der Ziehvater war in zweifacher
Weise gebunden, an den Ziehsohn wie an dessen Vater. "Da die förmliche Annah-
me eines Ziehsohnes nicht nur ein enges Band ... [zwischen ihm und] dem Zieh-
vater, sondern auch 'Freundschaft' des Ziehvaters mit dem natürlichen Vater
wirkte, ... eignete sich die Pflegeverwandtschaft in hohem Maße zur Bündnisge-
staltung ... ."2S Gegenüber diesen älteren Formen enthielt aber die Kompaternität
den Gedanken einer von Gott selbst bewirkten und damit sakrosankten Verwandt-
schaft, und dies dürfte ihr den Vorrang gesichert haben. So ist denn auch zu kon-
statieren, daß die Kompaternität die älteren Bräuche der künstlichen Verwandt-
schaftsbildung bald ganz in sich aufgenommen und überformt hat. Wenn W.H.
Fritze feststellt, daß "die Schwurfreundschaft in den Quellen der karolingischen
Zeit ungleich seltener festzustellen [ist] als in der voraufgehenden Periode" 26 , so
korrespondiert damit aufs beste die Tatsache, daß die Kompaternität als 'der
geheiligte Ritus zur Bildung brüderlicher Freundschaftsbündnisse' sich in genau
dieser Zeit ausgebreitet hat.

5. Geistliche als Paten


§ 21 Der Gottesmann

Wie es schon bei der Taufe nicht genügte, allein den Ritus zu betrachten, eben-
sowenig befriedigt die alleinige Darstellung des Patenritus. Auch hier gab es ein
religiöses Verständnis, das der Patenschaft jenes zusätzliche Ansehen verlieh,
deretwegen sie im Frühmittelalter so sehr geschätzt wurde. Wie die "Tauftheolo-
gie" des Frühmittelalters auf eine konkrete Segenshilfe abzielte, so war vielfach

24
Petrus Cantor, Summa de sacramentis et animae consiliis $ 334 (ed. DUGAUQUIER 3/2a,
S. 4041): Quesiuit quidam utrum liceret iterare compaternitatem. Aliquis enim fuit compater
alicuius, mortuus est filiolus quo mediante contracta est compaternitas; modo timet ne langueat
gratia compatris sui, petit ut iterum leuet alium filium suum de sacro fönte. Respondit ille:
'Compaternitas fuit instituta causa dilatande caritatis, tu autem astrictus es michi compaterni-
tate una et ego tibi. Nonne melius est ut faciam alium compatrem ad dilatandum caritatem?
Si enim höherem uxorem de cognatione aliqua, illa mortua, non possem aliam accipere de illa
cognations. Hoc autem non est institutum ob aliam causam, nisi ob dilatandam caritatem.
simili, ex quo filiolus tuus mortuus est, non debeo te iterum recipere ad compaternitatem'.
Ad hoc respondeo quod ecclesia non reprobat talem iteratam compaternitatem in multis locis,
nescio tarnen qua de causa.
25
BUISSON, Staatsbildung S. 107.
26
FRITZE, Papst und Frankenkönig S. 33.
$ 2 1 Der Gottesmann 127

auch die Wahl des Taufgeistlichen von dem Verlangen bestimmt, einen in beson-
derer Weise ausgezeichneten Segensvermittler zu gewinnen. Die Hoffnung auf den
besonderen Segen richtete sich vor allem an solche, die in den Quellen als 'viri Dei'
— Gottesmänner — bezeichnet werden. So ist für unsere Thematik zunächst ein-
mal die Figur des 'vir Dei' darzustellen. An ihn wandte sich nämlich der Adel,
der die Gottesmänner in seine Nähe, ja in die Gefolgschaft aufzunehmen suchte
und sie dann zur Spendung der Gnadenmittel, und so auch der Taufe, heranzog.
Das aber hatte eine gewisse Konkurrenz mit dem Amtsklerus zur Folge, was sich
noch dadurch verschärfte, daß gerade die insularen Peregrini, die meist außerhalb
der Bischofskontrolle und Diözesanbindung blieben, sich als gefolgswillige Gottes-
männer anboten. Dem Adel aber wurde auf diese Weise ermöglicht, seine Eigen-
kirchen aufzubauen.

a) Vir Dei
Die in der frühmittelalterlichn Vitenliteratur wohl am häufigsten verwendete
Kennzeichnung des Heiligen ist vir Dei1. Schon Athanasius legte seiner Vita des
ägyptischen Einsiedlers Antonius (+ 356) das Bild vom Gottesmann zugrunde 2 .
Er griff dabei auf eine antik-heidnische Vorstellung zurück 3 , der er dann eine
christliche Überhöhung gab: Der Gottesmann ist im Besitz göttlicher virtus. Frei-
lich ist diese virtus, die sich auch als Wunderkraft auswirkt, nicht unabhängig von
der Askese. Gebet und Fasten, insbesondere aber das tägliche Erleiden des unblu-
tigen Martyriums, erwirken dem Gottesmann den wunderbaren Gnadenbeistand:
'Er betete und wurde dabei so gestärkt, so daß er spürte, nunmehr eine größere
virtus in sich zu haben als vorher' 4 . Antonius wirkt seine großen Taten durchaus
nicht aus eigener Kraft 5 ; die Gnade bleibt immer als Gabe Gottes anerkannt,
aber sie wird doch vorzüglich jenen geschenkt, die Gott darum angefleht und ihr
Herz in strenger Askese gereinigt haben 6 .
So aber gilt es weiter bis tief ins Mittelalter. Frantisek Graus hat am Ende einer

1
Nach F. LOTTER (Severinus S. 78f) tritt zum Beispiel Severinus 37mal als vir Dei, je 19mal
als servus und famulus Dei, ISmal als sanctus vir, 11 mal als homo Dei, je 8mal als beatus vir
oder sanctus und 6mal als famulus Christi auf. S. auch PUZICHA, Vita iusti S. 291: "An unge-
fähr 80 Stellen bezeichnet Gregor den hl. Benedikt als 'vir Dei', ein Terminus, der wie kaum ein
anderer in der biographischen und hagiographischen Tradition der Antike und des frühen Chri-
stentums von Bedeutung ist ..." Erst neuerdings hat der vir Dei ein regeres Interesse der For-
schung auf sich lenken können; LOTTER, Severinus S. 77-140; DERS., Methodisches S. 298-
356; VAN UYTFANGHE, Controverse S. 205-233; CRACCO, Viri Dei S. 283-297.
2
STEIDLE, Homo Dei Antonius S. 148-200.
3
BIELER, S. 1-130.
4
Vita Antonii 10 (ed. HOPPENBROUWERS S. 9l 2 9 ).
5
Ebd. 80 (S. 177 26 ): Non nos sumus qui facimus, sed Christus est qui facit per eos qui credunt
in eum; vgl. ebd. 58 (S. 155 13 ); s. auch DÖRRIES, Vita Antonii S. ]73f; allgemein LOTTER,
Severinus S. 51; GRAUS, Volk S. 67.
6
Vita Antonii 34 (ed. HOPPENBROUWERS S. 12413J.· Et orationes habeamus ad Dominum,
... ut Dominus cooperarius sit noster aduersus diabolum. Si autem et hoc pertinet ad nos, ut
et scientiam habeamus, emundemus mentem nostram; s. DÖRRIES, Vita Antonii S. 168f.
128 Geistliche als Paten

langen Untersuchung frühmittelalterlicher Wunderberichte das Fazit gezogen:


Das Wunder muß erbeten werden 7 . Schon Sulpicius Severus (+ ca. 420) erklärt
gleich eingangs in seinem dem ganzen Mittelalter vorbildlichen Leben des heiligen
Martin, vor allem die göttliche virtus darstellen zu wollen. Wiederum ist es das
verdienstliche Gebet, mittels dessen eine solche Kraft erlangt wird: Vor seiner
ersten Totenerweckung 'betete der Heilige eine Zeit lang und spürte dann, wie sich
ihm durch den Geist eine besondere Kraft des Herrn mitteilte'; darauf'erwartete
er voller Zuversicht die Frucht seines Gebetes und der göttlichen Barmherzigkeit'
und tatsächlich regte sich alsbald in dem Toten wieder neues Leben8 . Soll aber
dem Heiligen die himmlische virtus verfügbar bleiben, muß er, wie sein Hagio-
graph nachdrücklich betont, in beständigem Gebet zu Gott flehen und unerschüt-
terlich auf ihn vertrauen 9 . In den Dialogen kann Sulpicius beklagen, daß Martin
als Bischof nur noch über eine verminderte Wundermacht verfügt habe 10 , weil
augenscheinlich die Amtsgeschäfte nicht mehr genügend Zeit für Askese und Ge-
bet gelassen hatten. Allein der rigorose Asket verfügt über den Schatz himmli-
scher Gnade, bei asketischer Höchstleistung dann sogar über göttliche Wunder-
macht.
Ganz dieselbe Gnadentheologie demonstriert im Frühmittelalter auch Jonas
von Bobbio in seinem Leben des heiligen Columban 11 . Vor jedem Wunder muß
sein Heiliger beten12 . Desgleichen wird der 'lautere und unerschütterliche Glaube'
vorausgesetzt, daß Gott seine Asketen auf Erden nie im Stich läßt, sondern ihnen
das Notwendige untrüglich mitteilt, gerade auch in hoffnungslos erscheinenden
Situationen: Obwohl einmal alle Nahrung fehlte, blieb sein Glaube, bei Gott
alles Notwendige zu erlangen, ungebrochen und unerschüttert' 13 ; man dürfe nur
nicht zweifeln14. Erneut sind es der feste Glaube und das anhaltende Gebet, wel-
che das Verdienst ausmachen. Auf diese Weise aber erlangt der Heilige, daß die
Gnade Gottes überfließt und sich ihm als Wundergabe mitteilt 15 . Jonas gibt seiner
Theologie recht einprägsame Kurzformeln: fides et oratio meruit oder: viri Dei
fide et oratione16 . Auch erfahren wir, wie Columban der drohenden geistlichen
Entleerung zuvorzukommen suchte: An den Hochfesten, den besonders gnaden-
trächtigen Tagen, betete er allein in der Einsamkeit. Es sei seine Gewohnheit
gewesen, so berichtet Jonas, beim Herannahen von Herren- und Heiligenfesten
sich von der Gemeinschaft zu trennen und eine abgelegene Stelle in der Einsam-

7
GRAUS, Volk S. 52.
8
Vita Martini 7,3 (ed. FONTAINE l, S. 268). S. auch die Erläuterungen ebd. S. 166ff; 2,
S. 618-623.
9
Vita Martini 26,2 (ed. FONTAINE l, S. 312).
10
Sulpicius Severus, Dialogus II 4 (CSEL l, S. 18417); zitiert in Anm. 32.
11
MEINHOLD, Columban S. 48-65.
12
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 7 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 166 8 ); ferner
ebd.7 (S. 16423), 9 (S. 168 16 ),14(S. 174 10 ),21 (S. 200 6 ) u.ö.
13
Ebd. 127 (S. 2151).
14
Ebd. I 9 (S. 16823).
15
Ebd. 126 (S. 2109).
16
Ebd. I 13 (S. 174*), 17 (S. 18215).
$ 21 Der Gottesmann 129

keit aufzusuchen, um dort frei von allen Sorgen sich allein dem Gebet und mit
aller Macht der Askese zu widmen 17 . Offenbar sollte ihm nicht passieren, was bei
Martin hatte beklagt werden müssen, daß sich nämlich die Gotteskraft in der Be-
triebsamkeit des Hirtenamtes abgeschwächt hatte. Bei der hier propagierten Praxis
kann freilich rasch der Schritt vom beharrlichen Gebet zur zwingenden Magie
getan werden. 'Wir sind sicher', sagen die Bittsteller den Heiligen immer wieder,
'was du von Gott erbittest, erhältst du sofort."8
Natürlich konnte, wie J. Fontaine zu Recht bemerkt, eine Wunderbeschrei-
bung, in der die wunderwirkende Gnade eindeutig als Folge des vorangehen-
den Gebetes erscheint, in den theologischen Diskussionen des 5. Jahrhunderts
nur zu leicht ein willkommenes Argument liefern, die Mönche des Pelagianis-
mus zu zeihen 19 . Der Auffassung vom asketischen Verdienst, dem dann die
Gnade nachfolgt, wurde bekanntlich in einer für manche Mönchskreise tief
beunruhigenden Weise durch Augustin widersprochen, der zuletzt sogar in recht
schroffer Art von der radikalen Ungeschuldetheit und Allwirksamkeit der gött-
lichen Gnade gesprochen hatte; Gnade könne nur Gnade sein, wenn sie sich an
keine noch so geringe menschliche Vorleistung binde, weil auch bereits das
'initium fidei' von der zuvorkommenden Gnade getragen sei. Wozu dann noch, so
fragte man sich in den Klöstern bestürzt, die reinigende Askese, zumal nach
Augustinus der gute oder böse Ausgang des menschlichen Lebens ohnehin von
Gott bereits prädestiniert war 20 . Gerade der im Abendland sehr einflußreiche
Cassian verwendet im Ringen um einen mittleren Weg Formulierungen, die
weiterhin von der voraufgehenden mönchischen Verdienstlichkeit sprechen. In
einer oft wenig differenzierenden Terminologie gebraucht er Begriffe wie cha-
rismata, dona, virtutes, signa oder auch einfach gratia im Sinne von wunder-
wirkender Gnadenbegabung21 . Wenn auch Charismenbesitz und Askese nicht
notwendig miteinander verbunden sein müssen, so erscheinen die Gnadengaben
doch oft genug als göttliche Bestätigung einer Lebensführung. "Je vollkommener
jemand ist, desto größere und stärkere Charismen erhält er", schreibt A. Kemmer
über Cassians Vollkommenheitslehre22 . In den Institutiones, in denen Cassian laut
Harnack 23 recht unbefangen und eigentlich pelagianisch spricht, kann es tatsäch-
lich heißen: diuersa sunt dona et non omnibus unagratia Spiritus sancti tribuitur,
sed ad quam se unusquisque studio uel industria sua dignum aptumque prae-

17
Ebd. 19 (S. 16717).
18
Vita Darercae 29 (ed. HEIST S. 93).
19
FONTAINE, Vita Martini 2, S. 621. Zu der sehr differenzierten Bedeutung der gratia bei
Pelagius s. GRESHAKE, Gnade S. 143-147; ebd. S. 146f: "Daß ... Gnade secundum meritum
gegeben wird, findet sich im übrigen bei Pelagius äußerst selten, während Augustin diese Aus-
sage als Basis-Satz der pelagischen Lehre unterstellt und somit das meritum ... 'unzulässig ur-
giert'." Zum theologiegeschichtlichen Hintergrund s. ebd. S. 158-192.
20
S. den Überblick bei BAUS, Innerkirchliches Leben S. 168-185; ausführlich GRESHAKE,
Gnade S. 193-274.
21
KEMMER, Charisma S. Iff; CHADWICK, John Cassian S. 99-109.
22
KEMMER, Charisma S. 4-15; Zitat S. 7.
23
VON HARNACK, Dogmengeschichte 3, S. 243 Anm. 3.
130 Geistliche als Paten

buerit24. Das in Gallien noch länger nachwirkende "semipelagianische" Denken


wurde zwar auf der zweiten Synode von Orange 529 in aller Form verurteilt 25 ,
doch hielten zahlreiche Vitenschreiber weiterhin dafür, daß Gott seine virtus nicht
immerito verleihe, und sie feierten darum unbefangen die Verdienste ihrer Heili-
gen. Überhaupt dürfte das theologische Bewußtsein schon bald nicht mehr so ge-
schärft gewesen sein, daß die Problematik des pelagianisch-augustinischen Gnaden-
streites voll bewußt geblieben wäre. Bereits die Regel Benedikts ist von solchen
Fragen kaum noch berührt 26 . Nun ist es freilich Klosterregeln und ebenso Heili-
genviten nicht so sehr um spekulative Erörterungen als vielmehr um 'exempla' für
die konkrete Lebensführung zu tun. Und gerade diese von allen diffizilen theolo-
gischen Differenzierungen absehenden praktischen Handlungsanweisungen suchen
nun immer wieder zu verdeutlichen, daß Gott seine Gnadengaben nicht immerito
gibt27 . Wer in Gebet und Fasten, in Selbstabtötung und Nachtwachen sich merita
erwoben hat, in dem und durch den wirkt die virtus Gottes ihre wunderbaren
Taten28 . Ja, dem landläufigen religiösen Bewußtsein muß eine rigorose Askese
der zuverlässigste Indikator gewesen sein, bei welchem Gottesmann am ehesten
Erhörungsgewißheit und damit Hilfe zu finden war 29 . So hören wir denn auch
immer wieder, wie den asketischen Gottesmännern die Schüler, aber ebenso die
Wundersuchenden zuströmen, die Hilfe erbitten und mit reichen Stiftungen ent-
lohnen30 . G. Kretschmar hat anhand östlicher Quellen darauf aufmerksam ge-

24
Johannes Cassian, Institutiones VI 18 (CSEL 17, S. 12519); ferner GUY, Jean Cassien S.
57ff.
25
LORENZ, Viertes bis sechstes Jahrhundert C68-C71; VOGT, Innerkirchliches Leben S.
297-302.
26
DE VOGÜE, Regle de Saint Benoit l, S. 63ff; VAGAGGINI, La posizione di S. Benedetto
S. 17-83.
27
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 9 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 16821J:
Nee inmerito misericors Dominus suis sanctis tribuit postulata; Passio Praeiecti 17 (MGH SS
rer. Merov. 5, S. 2361 ): nee inmerito Dominus sanctos suos ita remunerare in terris dignatur,
qui suas propter ipsum crucifixerunt voluntates; Passio Leudegarii I. 3 (ebd. S. 286 ): Nee enim
inmerito suam omnipotens Deus illi contulerat gratiam, quia prius ipsi se totum devoverat
custodire mandata; Vita Audoini 8 (ebd. S. 559 J: Merito omnipotens Deus famulum suum
in gentes plurimas manifestando glorificavit et signis apostolicis decoravit.
28
Vita Hugberti 17 (ebd. 6, S. 493 11 ): pro cuius merita ibi virtus Dei claruit; Vita Corbiniani
8 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 13, S. 19617J: vir Dei spiritu sancto repletus, ... ut per con-
versationis Studium ostendere quivisset exempla virtutum; Vita Condedi 9 (MGH SS rer. Merov.
5, S. 650 J: O sacerdotis istius inclita merita, quae et verbis fulgent et miraculis coruscant;
Vita Audoini 17 (ebd. S. 565 ): Longum est enarrare de tantis miraculis, quod ibidem Dominus
merita beati Audoini dignatus est demonstrare; Vita Ansberti 7 (ebd. S. 624 18 ): istius sancti
gloria, cuius laudabile meritum tali volu.it omnipotens signo demonstrari; Vita Ermenlandi 11
(ebd. S. 698 ): sancti sacerdotis merito hoc gestum est miraculum, quia illi [=Christo] toto
corde adheserat.
2
Der Typus des asketisch lebenden wundertätigen Gottesmannes bleibt durch das Mittelalter
bis in die Neuzeit hin lebendig; HUIZINGA, Herbst des Mittelalters S. 246-267.
3
Vita Landiberti 5 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 41l 12 ): per acceptam superhabundanter spiri-
tualium donorum gratiam opinio eins lange lateque celebriter predicabatur non solum preroga-
tiva meritorum, sed et claritate miraculorum; Arbeo, Vita Corbiniani 5 (MGH SS rer. Germ, in
us. schol. 13, S. 19324J.· Coepitque lange lateque fama eius crescere et fidelium ad eum fluere
$ 2 1 DerGottesmann 131

macht, daß die Bedeutung des charismatischen Wundertäters gerade auch für die
Mission besonders zu bedenken sei31. Es wird sich zeigen, daß dies im Westen
nicht anders gilt.

b) Asketische Priester
Die Auffassung von dem asketischen und wundertätigen Gottesmann drängte
naturgemäß zu einer Konfrontation mit der Stellung des geweihten Amtsträgers
in der Kirche. Wer war denn nun berufen und begnadet, Gottes Heüsgaben auszu-
teilen? Nochmals sei an die bekannte Erörterung aus den Dialogen des Sulpicius
Severus erinnert, daß der heilige Martin die größere virtus vor seiner bischöflichen
Zeit in sich verspürt habe 32 . So finden wir denn auch Schilderungen, daß die
Asketen ihre weiterreichende Wunderkraft gegenüber den nur Geweihten unter
Beweis zu stellen vermögen 33 . Doch setzte bereits im martinischen Mönchtum
ein Verschmelzungsprozeß ein: Mindestens auf gallischem Boden dürfte hier zum
ersten Mal versucht worden sein, "mönchisches Leben und seelsorgerisch-karita-
tives Wirken zu vereinen ..., der erste Schritt zu einem Prozeß, der für die künfti-
ge Geschichte der beiden Größen von entscheidender Wichtigkeit geworden ist"34.
In den frühmittelalterlichen Viten wird die Verbindung oftmals so gesehen, daß
das asketische Leben als Voraussetzung für die Klerikerweihen gilt. Wenn Heilig-
keit, also asketische Verdienste und göttliche Gnadenbegabung, vor aller Welt
augenfällig geworden sind, dann soll auch die Weihe nicht mehr fehlen 35 . Eine
ähnliche Praxis läßt sich im östlichen Mönchtum feststellen, daß nämlich "ein

turba nobilium, ignobilium utriusque sexui verba ad audiendam vitae, in tantum eximia illius
vitae perflagans, u t ad summum maiorem domui qui fuerat Pippinum pervenisset, ita u t ipse
suum per quendam praesidem pretiosissimum indumentum ex auro et lapidibus contextum,
eximia varietate conpositum, quem ad campum, antiquorum mos u t fuerat, Martias utebatur,
ad viri Dei cellulam transmittebat seque humillima illius prece orationibusque commendabat.
Sicque nonnulli nobilitabant eum senes, certatim concurrentes ad viri Dei cellulam; alii pro
semet ipsis multa detulerunt, alii per directos exenia transmittebantur.
31
KRETSCHMAR, Christliches Leben S. 94-100.
Sulpicius Severus, Dialogus II 4 (CSEL l, S. 184 ): Illud autem animaduerti saepe, Sulpici,
Martinum tibi dicere solitum, nequaquam sibi in episcopatu earn uirtutum gratiam suppetisse,
quam prius se habuisse meminisset. ... quod uerum esse ... possumus aestimare, siquidem ante
episcopatum duos mortuos uitae restituerit ..., in episcopatu uero ... unum tantummodo susci-
tarit. Das Bischofsamt mit all seinen Verpflichtungen läßt nicht genügend Zeit für Gebet und
Askese; ebd. I 24 (S. 176 ): [eremitae uel anachoretae] ab omni inpedimento liberi ..., iste
[Martinus] in media coetu et conuersatione populorum, inter clericos dissidentes, inter episco-
pos saeuientes, cum fere cotidianis scandalis hinc adque inde premeretur, ... uirtute fundatus
stetit. LOTTER, Methodisches S. 316.
33
GRAUS, Volk S. 53.
34
SCHATZ, Mönchtum S. 354.
5
Vita Landelini 4 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 440 ): ... sanctitatis in eo considerans vigere
virtutem, promovit ad diaconatus ordinationem; ebd. 5 (S. 441 ): ... presbiterii suscepit offi-
cium. Sublimatus vero in huius apicem honoris, enarrari non potest, quantum excreverit culmi-
ne sanctitatis; Vita Trudonis 12 (ebd. S. 285 6 ) : ad sacerdotalem dignitatem vitae suae merita
perduxit.
132 Geistliche als Paten

hoher Grad von Askese und Geistbegabung für das Priestertum 'disponiert' " 36 .
Nicht also, daß man den Asketen in grundsätzlicher Weise gegen den geweihten
Amtsträger ausgespielt hätte, wohl aber gilt der asketische Amtsträger als der
wahrhaft effiziente Gnadenvermittler. Deutlich hat sich dieses Ideal in der irischen
Hagiographie aufzeigen lassen: "Der zum Priester geweihte Mönch ist offenbar
ein noch besserer Mittler, weil alle seine amtliche Tätigkeit durch seine persönli-
che Heiligkeit gestützt ist; aber den Ausschlag gibt doch die persönliche Heilig-
keit, wie man an den beiden Frauen Brigida und Ida sehen kann" 37 . Allem An-
schein nach hat Columban mit seiner Kritik an den gallischen Kirchenverhältnis-
sen ein ihm sich aufdrängendes Mißverhältnis bloßstellen wollen, daß nämlich
den Priestern und Bischöfen das asketische Fundament für eine segensreiche Tä-
tigkeit fehle. Die virtus sei abhanden gekommen, weil es an den Heilsmitteln der
Buße und am Eifer zur Selbstertötung fehle; erst die merita heiliger Priester gäben
der Kirche ihre Leuchtkraft 38 . Wir fassen in solchen Äußerungen die mehr inneren
Beweggründe für die Monastisierung des Klerikerstandes. Sobald nämlich mönchi-
sche Askese als wesentliche Vorbedingung für die Priesterweihe angesehen wird,
muß vornehmlich das Kloster als Schule wahren Priestertums gelten. Die Folge
ist einerseits die rapide Vermehrung der Priestermönche in den Klöstern 39 , ande-
rerseits die quasimonastische Disziplinierung des Weltklerus durch 'kanonische'
Lebensordnungen 40 .
Die Vorstellung, daß der begehrte Gottessegen vornehmlich bei besonders
begnadeten und asketisch lebenden Gottesmännern gesucht werden müsse, hat die
altkirchliche Auffassung, derzufolge jeder geweihte Amtsträger unterschiedslos

36
BACHT, Orientalisches Mönchtum S. 301; HÄUSSLING, Mönchskonvent S. 150f.
37
VOGT, Spiritualität S. 49f.
38
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 5 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 1614j: ob
frequentia hostium externorum vel neglegentia praesulum religionis virtus pene abolita habe-
batur. Fides tantum manebat christiana, nam penitentiae medicamenta et mortificationis amor
vix vel paucis in ea repperiebatur locis; ebd. I 2 (S. 155 ): ut sol vel luna astraque omnia
noctem diemque suo nitore nobilitant, ita sanctorum merita sacerdotum ecclesiae monumenta
roborant. Es hat den Anschein, daß die Austeilung der medicamenta paenitentiae, weil nur dem
Priester zustehend, in besonderer Weise mitgewirkt hat, die Qualitäten des Gottesmannes mit
dem Priesteramt in Verbindung zu bringen; Vita Ansberti 13 (MGH SS rer. Merov. 5, S. 627 27 J:
Cum igitur eiusdem beati viri praerogativa meritorum longius claresceret, confluebant passim
ad eum plurimi, salvationis suae expetentes salubria consilia. Et quoniam sacerdotii dignitate
fulgebat, confluentium ad se confessiones suscipiebat, monita eis salutis inpertiens, quomodo
salvi esse possent et vias iustitiae sine defectu alicuius tedii immobiliter retinerent. Cuius doctri-
na et exortationibus plurimi corroborati munitique, ad conversionis festinantes gratiam ...
S. auch CONGAR, Ministeres S. 82-85.
39
NUSSBAUM Kloster S. 65-81; HÄUSSLING, Mönchskonvent S. 156-159; OEXLE, Gemein-
schaften S. lOlff, HOff; SCHMID, Mönchslisten S. 621f.
Chrodegang hat für seine Kanonikerregel monastische Regeln zur 'Disziplinierung' seines
Klerus exzerpiert; Regula Chrodegangi, Prologus (ed. PELT S. 8): parvum decretulum facere,
per quod se clerus ab illicitis coerceat. Tatsächlich ist das decretulum aus monastischen Regeln,
vor allem der Regula Benedict!, zusammengestellt; HOCQUARD, Regle de saint Chrodegang
S. 55-89. Der ganze Prozeß ist vorzüglich dargestellt bei HÄUSSLING, Mönchskonvent S. 142-
156; s. ferner SCHIEFFER, Domkapitel S. 232-260.
§21 Der Gottesmann 133

in Wort und Sakrament die Heilsgnaden zu vermitteln befähigt war, schwer ge-
fährdet. Die im frühen Mittelalter sich durchsetzende Vorstellung vom heiligen
Gnadenvermittler erscheint von der antiken Theologiegeschichte her als Rückfall
in eine Auffassung, die eigentlich seit Augustins Auseinandersetzungen mit den
Donatisten als überwunden zu gelten hatte. Das Gnadenwirken der kirchlichen
Amtsträger war dort bekanntlich als unabhängig von den persönlichen Qualitäten
des Spenders aufgefaßt worden: Es werde nicht die Heiligkeit des Spenders mit-
geteilt, sondern diejenige Christi41. Wenn nun im frühen Mittelalter nicht mehr
einfach der zuständige Amtsinhaber, sondern ein noch in zusätzlicher Weise Quali-
fizierter als wahrer Heilsspender galt, dann fiel damit auch die durchgehend gleich-
artige Kirchenorganisation von Bistum und Pfarrei, denn diese Aufgliederung war
ja Ausdruck dafür, daß die Heilsgaben der Kirche wirklich überall in gleicher
Weise zur Verfügung standen. Das Bestreben, bevorzugt einen verdienten Got-
tesmann heranzuholen, führte zur Überspringung der pfarrlichen und diöze-
sanen Zuständigkeit. Hier wird sichtbar, daß die Schwächung der episkopalen
Kirchenverfassung im spätmerowingischen Gallien nicht einfach aus einem kirch-
lich-moralischen Verfall zu erklären ist, daß vielmehr andersgerichtete, aber durch-
aus religiöse Intentionen mitgewirkt haben, die alte Struktur auszuhöhlen. Die
karolingische Reform mit ihrer erneuten Bindung des Klerus und der Sakramen-
tenspendung an die Bischofshoheit42 hat hier korrigierend eingegriffen. Die bi-
schöflich-diözesane Kirchenordnung blieb auf diese Weise für die Zukunft die
Grundlage.
In anderer Form hingegen wurde das Konzept der reinen Werkzeuglichkeit im
Frühmittelalter allgemein in Frage gestellt: nicht Überfließen persönlicher Gnaden
des Spenders in seinen sakramentalen Spendehandlungen, wohl aber die Forde-
rung nach einer besonderen kultischen Reinheit, die als Voraussetzung für effi-
ziente Gnaden- und Sakramentenspendung angesehen wurde. Zahlreiche Stimmen
erhoben im Frühmittelalter diese Forderung. Nehmen wir ein erstes Beispiel aus
der im 8. Jahrhundert entstandenen und im frühen 9. Jahrhundert dann noch ein-
mal überarbeiteten Vita des heiligen Gallus: Zwei Bischöfe versuchen, einen Teu-
fel auszutreiben, bleiben jedoch erfolglos, weil der Böse beide Hierarchen der
Unzucht und der Kinderzeugung überführen kann. Der Asket Gallus hingegen,
weil unbefleckt, ist stark genug, den Bösen auszutreiben — womit demonstriert
ist, daß nur der geschlechtlich Enthaltsame über genügend geistliche Kraft verfügt,
den Teufel zu überwinden, und daß selbst Bischöfe, wenn sie nicht enthaltsam
leben, versagen müssen 43 .
Die generelle Folgerung, daß Amtsträger, die nicht ohne Befleckungen geblie-
ben waren, zur Vermittlung von Gnadengaben, selbst bei der Sakramentenspen-
dung, unfähig seien, hat dann im Zuge der Zeit gelegen. Dem heiligen Bonifatius
sind die Zweifel an den von unenthaltsamen Priestern und Diakonen gespendeten
Taufen sogar zum Lebensproblem geworden; mehrmals hat er in seiner Rom-

41
SIMONIS, Ecclesia visibilis S. 103-124.
42
ANGENENDT, Monachi peregrini S. 216-229; DERS., Pirmin S. 257f.
43
Wetti, Vita Galli 16-18 (MGH SS rer. Merov. 4, S. 265f).
134 Geistliche als Paten

Korrespondenz diesbezügliche Fragen gestellt. In einem Brief des Jahres 742 an


Papst Zacharias bringt er seine tiefe Beunruhigung über die zuchtlosen Kleriker
zum Ausdruck und stellt zum Schluß die Bitte: 'Ich möchte eine schriftliche An-
weisung eurer Autorität haben, was ihr von solchen [unenthaltsam lebenden Kle-
rikern] haltet, um durch eine apostolische Auskunft solche Sünder zu überwinden
und bloßzustellen'44. Der Papst antwortete so, wie es inzwischen kanonische
Tradition geworden war, daß nämlich konkubinarische Bischöfe, Priester und
Diakone abzusetzen seien. Eine Ehe sei nur vor der Übernahme des Priester-
amtes erlaubt, vom Tag der Weihe an aber sei die Fortsetzung der eigenen Ehe
verboten 45 . Die Aufforderung des Papstes, verheirateten oder konkubinarischen
Klerikern die Amtsausübung zu verbieten, hat Bonifatius schon gleich auf seiner
ersten großen Reformsynode, dem sogenannten Concilium Germanicum, zu
realisieren gesucht46.
Eine andere Frage hingegen blieb ungeklärt, und sie beunruhigte Bonifatius
weiterhin: Wie stand es mit der Gültigkeit jener Taufen, die von 'falschen' Prie-
stern und Diakonen gespendet worden waren? Hier jedoch beharrte der Papst ent-
schieden darauf, daß die Gültigkeit mit der Einhaltung der rechten Form garan-
tiert sei. Für Bonifatius scheint dies ganz unbegreiflich gewesen zu sein. Noch
Jahre später mußte der Papst dem über Siebzigjährigen fast unwirsch antworten,
selbst wenn der schlimmste Verbrecher, Häretiker, Schismatiker, Räuber oder
Ehebrecher die Taufe spende, so sei dieselbe als gültig anzusehen, sofern nur die
rechte Form eingehalten worden sei47. Das energische Papstwort mag Bonifatius
für seine letzten Lebensjahre beruhigt haben, das Problem war damit keineswegs
ausgeräumt. Im Gegenteil, noch über Jahrhunderte sind die von beweibten Amts-
trägern gespendeten Sakramente in ihrer Wirksamkeit bezweifelt worden 48 . So
ist bekanntlich auch in der Gregorianischen Reform die Gültigkeit der von konku-
binarischen Priestern gespendeten Sakramente bestritten worden, und selbst
scholastische Tauftraktate befassen sich noch intensiv mit der Frage, ob ein beson-
ders heiliger Spender nicht doch das Maß der Taufgnade vermehre 49 . Herbert
Grundmann hat das Verlangen nach dem 'heiligen Priester' den Kern aller ketze-
rischen Bewegungen des Mittelalters genannt 50 . Natürlich fand man im 12. Jahr-
hundert rasch zu dem augustinischen Konzept zurück; verräterisch bleibt aber
doch, mit welcher Intensität das Problem des heiligen Spenders diskutiert werden
mußte.
Insgesamt muß für das frühe Mittelalter die weitverbreitete Auffassung konsta-
tiert werden, daß eine verdienstliche Leistungsaskese und dabei insbesondere die
geschlechtliche Enthaltsamkeit als Voraussetzung für Gottes Gnadenvermittlung

44
Bonifatii epp. 50 (MGH Epp. sei. l, S. 83 1 ).
45
Ebd. Ep. 51 (S. 87 2 1 );BOELENS, Klerikerehe S. 25-115.
46
Conc. Germanicum a. 742 c. l (MGH Conc. 2/1, S. 3 6 ).
47
Bonifatii epp. 80 (MGH Epp. sei. l, S. 1744).
48
LADNER, Theologie und Politik S. 51-59.
49
WEISWEILER, Wirksamkeit der Sakramente S. 54-95; MÜLLER, Taufe bei Albert d. Gr.
S. 98-101.
50
GRUNDMANN, Religiöse Bewegungen S. 14ff; DERS., Ketzergeschichte G 18.
§ 21 Der Gottesmann 135

angesehen wurde. Auch für das Wirken der geweihten Amtsträger wurde die Aske-
se als unentbehrliche Grundlage gefordert; ihr Wirken war also nicht unabhängig
vom eigenen 'meritum'.
Eine "semipelagianische" Askese ist in Mönchskreisen noch lange lebendig
geblieben und damit auch ein verdienstlich geprägtes Heilswirken. Erst der Früh-
scholastik wurde das hier anstehende Problem von neuem bewußt. "Es dürfte
keine Übertreibung sein, zu behaupten, daß gerade in dieser Frage nach der
Verdienstmöglichkeit am deutlichsten zutage tritt, wie wenig man bis zum 13.
Jahrhundert vom Übernatürlichen unserer heutigen Theologie wußte."51

c) Absolute Weihe

Mit dem Einwirken des Bildes vom Gottesmann ist als wichtige weitere Verän-
derung der Übergang von den "relativen" zu den "absoluten" Personenweihen
festzustellen. Ursprünglich nämlich war die Weihe vorrangig Berufung zum Amt;
sie war auf den Dienst in der Gemeinde abgestellt. Normalerweise wurde über-
haupt nur ordiniert, wenn eine Seelsorgsstelle es erforderte, und der Ordinierte
blieb an diese Stelle gebunden 52 . Die Kanonistik spricht darum von "relativen"
Weihen 53 . In dieser Amtsauffassung drückt sich deutlich eine Funktionalität aus:
Weihe ist "Anstellung"54 . Seit dem späten 4. Jahrhundert kommen jedoch andere
Akzente hinein: Mönche lassen sich weihen, ohne den Anforderungen seitens
einer Gemeinde verpflichtet zu sein. Nicht mehr unbedingt Sendung und Beauf-
tragung zum Gemeindedienst werden als Grundlage der Weihe angesehen; das
Priestertum wird vielmehr um seiner selbst willen geschätzt, weil die Weihe in
die göttliche Sphäre versetzt und den Geweihten mit besonderen Gnadengaben

51
LANDGRAF, Frühscholastik l/l, S. 183.
52
FUCHS, Ordinationstitel S. 281: "Es ist ein grundlegender Unterschied festzustellen hin-
sichtlich ... des Verhältnisses, in welchem der Bischof einerseits, die übrigen Kleriker anderer-
seits zu ihrer Kirche standen. ... Das Band, welches Bischof und Gemeinde umschloß, war das
denkbar innigste, galt als geradezu unauflöslich. ... Priestern und den übrigen Klerikern ... war
der Übergang von einer Bischofskirche zur anderen nur untersagt, sofern er eigenmächtig
geschah, hingegen mit Zustimmung ihres Bischofs gestattet."
53
Ebd. S. 1-77; GAUDEMET, Eglise S. 112f; ÜLHOF, Zuständigkeit S. 3-40.
54
SOHM, Altkatholisches Kirchenrecht S. 188. Die bei R. SOHM mit dieser Formel verbunde-
nen Konsequenzen sind freilich vielfach "überspitzt" und haben sich als unhaltbar erwiesen;
VON CAMPENHAUSEN, Priesterbegriff S. 275. Die Arbeit von V. FUCHS (Ordinationstitel)
ist eine Auseinandersetzung mit SOHM; sie kommt zu dem Ergebnis, daß "der altchristliche
Ordinationsbegriff zwei Elemente in sich [schloß], die Weihe und die Anstellung an einer
Kirche" (S. 280). Trotzdem wurde "die absolute Ordination eines Bischofs ... stets als schwere
Störung der ... kirchlichen Organisation empfunden" (S. 281), und die "absolute Ordination
der Priester und übrigen Kleriker galt als regelwidrig" (S. 282). - Auch D.N. POWER (Mini-
sters S. 60) kommt bei der Untersuchung der spätantiken-friihmittelalterlichen Weiheriten
zu der Feststellung: "Lastly, there is that action of God which is effective in the ordination
rite. This action both confers the office and sanctifies the ordinand. This distinction between
office and the grace of office is particularly clear in the petition of the prayer for a presby-
ter".
136 Geistliche als Paten

ausstattet 55 . Die Weihen werden "absolut"56. Am deutlichsten wird die Auffas-


sung von der Gnadenbegabung in irischen Viten ausgesprochen, wenn sie einen
Weihespender, sogar den Papst, sich als unwürdig und unfähig bezeichnen lassen,
bei bestimmten Kandidaten die Weihe vorzunehmen; Gott selbst oder seine Engel
hätten bereits ein Übermaß an Gnaden verliehen, so daß eine Weihe von Men-
schenhand sich erübrige 57 . Kein Wort mehr davon, daß die Weihe eine innerhalb
der kirchlichen Verfassungsorgane sich vollziehende Beauftragung zum Amt be-
deutet; es geht hier vornehmlich um eine Gnadenbegabung von Gott her. Sobald
sich aber das Priesteramt aus der Gemeindefunktion löst und sogar vorrangig
als göttliche Gnadenbegabung der eigenen Person verstanden wird, ist in der Tat
nicht mehr einzusehen, warum auf absolute Weihen verzichtet werden soll. Es
erscheint dann sogar ganz sinnvoll, möglichst viele Träger solcher heiligen Gaben
und Kräfte bei sich zu wissen.

d) Eigenpriester im Adelsgefolge
Die beiden soeben registrierten Vorgänge, das Verlangen nach segensmächtigen
Gottesmännern sowie die Praxis der absoluten Weihen, kamen in höchst vorteil-
hafter Weise den eigenkirchlichen Bestrebungen des Adels entgegen. Erst die abso-
luten Weihen setzten genug Kleriker frei, die losgelöst von der Diözesanbindung
sich nun in die Gefolgschaft der adeligen Herrschaftsträger begeben konnten. Die
Priesterweihe sogar eines Wilfrid von York läßt ein solches adelig-geistliches Zu-
sammenspiel deutlich werden. Denn Wilfrid ist auf Betreiben des nordhumbri-
schen Königssohnes Altfrid und von einem in Nordhumbrien nicht zuständigen
Bischof geweiht worden; sit mihi comes individuus, lautet die erklärte Intention
seines königlichen Herrn 58 . Auf dem Kontinent geht der in Rom geweihte Erzbi-
schof Willibrord ein besonderes Treueverhältnis zu Pippin dem Mittleren und dann
auch zu Karl Martell ein59 ; letzterer läßt sich von den Äbten seiner Klöster mit
dem gefolgschaftlichen Terminus senior anreden 60 . In welche Dimensionen eine
solche Bindung von Klerikern und Mönchen an eine Herrscherfamilie führen

55
VON CAMPENHAUSEN, Priesterbegriff S. 280-283; BACHT, Orientalisches Mönchtum
S. 301-307; NUSSBAUM, Kloster S. 23-46; POWER, Ministers S. 61: "the context suggests
that consecratio is thought of in much the same way as benedictio ... The bidding for the rite
of deaconate speaks of the 'gifts of the consecration bestowed' alongside 'the benediction of
[God's] grace' ".
56
FUCHS, Ordinationstitel S. 103-118; ÜLHOF, Zuständigkeit S. 40-43; FRANK, Kloster-
bischöfe S. 3-19.
57
Vita Albei 14 (ed. PLUMMER l, S. 51): Sanctus papa ait: Vellem ego ordinäre eum; set
piget me ponere manum meam super capud eius pre magnitudine gratie spiritalis quam sibi
Dominus omnipotens largiter donauit; Vita Barri 11 (ebd. S. 70): vir sanctus ... Romam per-
rexit ad magistrum suum Gregorium, ut gradum episcopalem ab eo acciperet. Cut sanctus Gre-
gorius dixit: Gradum episcopalem a me non accipies, quia dignior me est, qui te consecrabit.
Te enim et sanctum Barrum ... angeli Dei consecrabunt episcopos.
58
Eddius Stephanus, Vita Wilfridi 9 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 202 19 ).
59
MÜHLBACHER, Treupflicht S. 871-883; ANGENENDT, Willibrord S. 68-76.
60
ANGENENDT, Willibrord S. 76-80.
$ 2 1 Der Gottesmann 137

konnte, zeigt am besten die Hofkapelle der Karolinger. Die Bezeichnungen 'ca-
pella' und 'capellani' deuten noch auf die ursprüngliche religiöse Aufgabe hin,
nämlich den großen geistlichen Schatz der karolingischen Familie, die 'cappa'
des heiligen Martin, zu hüten 61 . Diese Hofkapläne sind, wie J. Fleckenstein hat
nachweisen können, aus dem Eigenklerus der karolingischen Familie hervorgegan-
gen und dann mit Pippin dem Jüngeren in die neuen Königsaufgaben hineinge-
wachsen62 . Der Klerus der Hofkapelle war aber neben seinen politischen Aufga-
ben weiterhin der Träger des herrscherlichen Gottesdienstes, der darum von
seinem Ursprung her einen eigenkirchlichen Charakter hat. Die großen Adelsfa-
milien und besonders die Königsfamilie waren die Initiatoren eines eigenen
Gottesdienstes. "Wichtig ist, daß die regierende Gruppe den staatspolitisch wichti-
gen Gottesdienst trägt, und zwar durch Stiftung der Heiligtümer auf dem eigenen
Boden, durch Sicherung des Unterhalts des Liturgiepersonals, Bestellung von
Vertretern personeller und materieller Art (Oblationsgaben), schließlich auch
durch persönliche Präsenz wenigstens an den ausgezeichneten Tagen."63
Wohl suchten dann die karolingischen Reformkanones zu verbieten, daß sich
Kleriker oder auch Bischöfe in die gefolgschaftliche defensio eines (nicht zustän-
digen) Klerikers oder Laien begaben64 . Aber gerade die Karolinger haben es lange
Zeit verstanden, die kirchlichen Verfassungsorgane zugunsten ihrer Herrschaft
zurechtzubiegen. Die ersten Erzbischöfe, sowohl Bonifatius wie Chrodegang von
Metz und auch noch Wilchar von Sens, waren jeweils der erste Bischof des fränki-
schen Reiches; in ihrer Tätigkeit waren sie auf den karolingischen Herrschafts-
bereich ausgerichtet, nicht aber fungierten sie in erster Hinsicht als Vorsteher
einer Erzdiözese65. Noch Karl der Große hat sich für seine Hofkapelle durch den
Papst die Erzbischöfe Angilram von Metz und Hildebald von Köln von ihren Erz-
sitzen freistellen lassen66. Auf diese Weise beherrschte die Kirchenpolitik der
Karolinger nahezu alles: Die Bischöfe wurden mit ihrer Billigung berufen, die
Synoden bedurften selbstverständlich der herrscherlichen Zustimmung 67 , die
Missionstätigkeit war an die königliche Lizenz gebunden 68 , und die sogenannten
freien Klöster wurden in die Einflußsphäre ihrer Dynastie gezogen69. Als dann ein
weitgespannter politischer Aktionsradius die Karolinger schließlich sogar mit dem
Papsttum in Verbindung brachte, trachteten sie wie selbstverständlich auch nach

61
VAN DEN BOSCH, Capa, Basilica, Monasterium S. 22-35; FLECKENSTEIN, Hofkapelle l,
S. l Iff.
62
FLECKENSTEIN, Hofkapelle l, S. 13f, 28-43.
63
HÄUSSLING, Mönchskonvent S. 352.
64
Conc. Vernense c. 13 (MGH Capit. l, S. 36*): Et si ullus clericus aut laicus talem episcopum
auf presbyterum defensaverit sine comeato episcopi cuius parrochia est, excommunicetur;
s. auch Bonifatii epp. 83 (MGH Epp. sei. l, S. ISO 11 ): ut nullus saecularis clericum in suum
obsequium habeat.
65
ANGENENDT, Pirmin S. 280f;OEXLE, Karolinger S. 285-289.
66
FLECKENSTEIN, Hofkapelle l, S. 48-51.
67
BARION, Synodalrecht S. 252-307, 324-350; ANGENENDT, Pirmin S. 276-282.
68
ANGENENDT, Pirmin S. 282ff; DERS., Willibrord S. 104-112.
69
SEMMLER, Karl der Große S. 270-287; ANGENENDT, Willibrord S. 67-76.
138 Geistliche als Paten

der geistlichen Hilfe des 'vicarius sancti Petri' und erbaten sich von ihm den Segen
wie auch die Königserhebung. Ohne Zweifel waren in der karolingischen "Reichs-
kirchenpolitik" viele eigenkirchliche Vorstellungen wirksam. Mit dem Aufstieg
des Geschlechtes ist diese Politik aus dem Bereich einer regionalen Adelsherr-
schaft auf das Gesamtreich übertragen worden; hier konnte sie an bereits tradi-
tionelle Formen staatlich-kirchlicher Verflechtung anknüpfen, und auf dieser
Ebene ist sie durch die Reformen des 8./9. Jahrhunderts teils behoben, teils auch
sanktioniert oder zumindest toleriert worden70 .
Für unsere Thematik ist besonders beachtenswert die Tatsache, daß die Eigen-
kleriker auch die Taufe gespendet haben; bei Bekehrungstaufen sind es oft genug
Geistliche aus dem Gefolge des Patenkönigs, und sie vollziehen diese Handlung
bezeichnenderweise in Pfalzkapellen. Schon für die merowingischen Königshöfe
sind Taufanlagen vorauszusetzen71, desgleichen für die karolingischen Pfalzen At-
tigny und Aachen 72 , und genau hier fanden jene herrscherlichen Patronatstaufen
statt, wie sie Gegenstand unserer Untersuchung sind. Denn das Zusammenwirken
von Adel und "Geistlichkeit" hat sich gerade auch in der Mission fortgesetzt. Für
die Christianisierungsbewegung der späteren Merowingerzeit ist beobachtet
worden, daß "Träger dieser kirchlichen Durchdringungs- und Missionstätigkeit ...
durchweg Mönche"73 und "ihre Ansatzpunkte ... die Königsresidenzen, die
römischen und merowingischen Kastelle, und die großen Höfe des Königsgutes"74
waren. Mit dem Niedergang der Königsgewalt konnte dann auch die Reichsaristo-
kratie "die Funktion des Königtums gegenüber Christentum und Kirche wahr-
nehmen"75 . Auf diese Weise aber fielen Herrschaft und — an den Grenzen des
Reiches — Herrschaftsausweitung mit Christianisierung zusammen.
Weiter erklären sich aus diesem spezifischen Zusammenwirken von Herrschafts-
trägern und mönchischer Mission einige für die fränkische Kirche auffällige Be-
sonderheiten, daß zum Beispiel keine Bistümer gegründet wurden 76 . Die "Amts-
kirche" war an dieser Mission kaum beteiligt, und infolgedessen setzte sich auch
ihre Amtsstruktur nicht fort. Erst die Angelsachsen und insbesondere Bonifatius
setzten hier neue Akzente. Wie Bonifatius nicht länger die frei umherziehenden
Kleriker zulassen wollte, sondern ihre Unterstellung unter den zuständigen Bi-

70
FEINE, Kirchliche Rechtsgeschichte S. 233-244.
71
Für die Taufe des Dagobert-Sohnes durch Amandus wird die Pfalz Clichy genannt; Vita
Amandi 17 (MGH SS rer. Merov. 5, S. 440 22 ). Schon 591 findet eine Taufe in Rueil statt;
Chronicon Fredegarü IV 3 (ebd. 2, S. 124 ): Rioilo villa baptizare tobet. Gregor von Tours
weiß von einer Taufe im Baptisterium des Königshofes Nanterre; Hist. X 28 (ebd. l/l, S. 52l 6 ):
iussit baptisterium praeparari in vico Nemptudoro. R. SCHNEIDERS Bemerkung (Königswahl
S. 127 Anm. 339), letztlich sei das Motiv, weshalb in Nanterre getauft werde, nicht erkennbar,
dürfte durch die mehrmalige Bezeugung von Pfalzen als Taufort aufklärbar sein.
72
Widukind wurde in Attigny getauft (s. $ 30 Anm. 31), ein Awaren-Tudun in Aachen (s. § 36
Anm. 3).
73
EWIG - SCHÄFERDIEK, Christliche Expansion S. 131.
74
Ebd. S. 134.
75
Ebd.
76
S. S 26 Anm. 75.
$ 22 'Vir Dei'als Pate 139

schof verlangte 77 , so war es in der Mission sein Ziel, Bistümer zu errichten. Herr-
scherlicherseits wurden diese Neugründungen mit der Übertragung eines zuvor
zum Fiskalgut gehörigen, meist befestigten Platzes — so in Utrecht, Büraburg,
Erfurt, Würzburg — durchgeführt; die künftige Kathedrale, das "gottesdienstliche
Herzstück des neuen Sprengeis", erhielt auf Königsgut ihren Platz78 . Im neu-
eroberten Sachsen wurde die von Karl als Pfalz und Stadt ausgebaute Karlsburg
zu Paderborn der zentrale Taufort und dann auch ein Bischofssitz79. So "war
die Konstituierung eines neuen Bischofssitzes im 8. Jahrhundert ein Vorgang von
nicht zu übersehender öffentlicher, ja geradezu hoheitlicher Bedeutung"80 .
Während also das Zusammenwirken von herrscherlicher Macht und Mission in
der Bistumserrichtung weiterhin gewahrt blieb, stellte sich mit der Errichtung von
Erzdiözesen in soeben bekehrten Gebieten ein neues Problem: Da nur der Papst
ein Erzbistum errichten und allein das zur Ausübung der erzbischöflichen Gewalt
notwendige Pallium verleihen konnte, wurde mit der bonifatianischen Reform
und der Forderung nach Erzsitzen in der Mission eine neue Konstellation herbei-
geführt: eine Konkurrenz zwischen der herrschaftlich betriebenen Mission, die
immer zugleich auch Herrschaftsausweitung war, und einer päpstlich autorisier-
ten Mission, die im Gegensatz zu der imperial herrschaftlichen Missionsweise be-
reit war, jedem Volk mit der Konzedierung eines Erzbistums eine angemessene
kirchliche Eigenständigkeit zu gewähren. In den langen Auseinandersetzungen um
die Errichtung des Magdeburger Erzbistums ging es — laut H. Beumann — letztlich
um die Frage, wem in der Mission nächst Gott die höchste Autorität zukomme,
dem Kaiser oder dem Papst81 . In Magdeburg siegte bekanntlich der Papst.

§ 22 Der 'Vir Dei' als Pate

Die Wahl eines besonderen Gottesmannes zum Paten rührt, wie wir gesehen
haben, an ein ganzes Bündel religiöser Vorstellungen, wie sie dem Frühmittelalter
zu eigen waren. Voransteht der 'vir Dei', der verdienstlich lebende Asket, welcher
in besonderer Weise jene göttliche 'virtus' in sich trug, die allen heilsam war. Der
Gottesmann war darum der wahre Gnadenvermittler; was wunder, daß man ihn
auch für die Taufe und insbesondere für die Patenschaft zu gewinnen suchte.
Die Beispiele sind zahlreich und zugleich instruktiv. Gregor von Tours berich-
tet, daß Childebert II. (574-596) für die Taufpatenschaft seines Sohnes den Bi-
schof Veranus von Cavaillon herangeholt habe. Die beigefügte Begründung, daß
dieser Bischof mit großen virtutes begabt gewesen sei, eröffnet den charakteristi-
schen Einblick in das frühmittelalterliche Taufverständnis1 . Die virtus bezeichnet
77
ANGENENDT, Pirmin S. 251-301.
78
SCHIEFFER, Bischofssitz S. 25f.
79
HAUCK, Taufort (im Druck).
80
SCHIEFFER, Bischofssitz S. 30.
81
BEUMANN, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 46.

1
Gregor von Tours, Hist. IX 4 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 416 7 J: Eo anno Childebertho rege
140 Geistliche als Paten

auch hier, wie aus der weiteren Erläuterung eindeutig hervorgeht, die wunderbare
Heilkraft2 . Ja, daß Gregor dabei das Kreuzzeichen erwähnt, durch das der Bischof
seine wunderbaren Heilungen bewirkt habe, entsprach genau der damaligen Pra-
xis: Vor dem Kreuz wichen die Dämonen zurück, und durch das Kreuz wurden
desgleichen Krankheiten geheilt, die ja als Wirkungen der Dämonen galten 3 . In
den apotropäischen Riten der Taufe kam der Kreuzsignierung, an der, wie bereits
gezeigt, auch die Paten beteiligt waren, eine besondere Bedeutung zu 4 . Wir sehen
also, wie einem König daran gelegen gewesen ist, einen Paten zu gewinnen, dessen
Heilkraft seinem Sohn eine besondere Lebens- und Heilssicherung zu vermitteln
vermochte. Und so konstatieren wir immer wieder, daß die heilbringenden Gottes-
männer bevorzugt zur Taufe herangeholt wurden. Doch ist dabei genau zu modi-
fizieren: Die Quellen, zumal die Viten, berichten von Taufen ihrer Heiligen nicht
eben häufig; sie werden erst dann gesprächiger, wenn der Heilige nicht nur tauft,
sondern den Täufling auch selbst aus der Taufe aufhebt. Solche mit Patenschaften
verbundenen Taufhandlungen sind nun allerdings nicht selten bezeugt 5 . Die geist-
lichen Gottesmänner übernahmen ihre Patenschaft in der Weise, daß sie von eige-

alius filius natus est, quem Veranus Cavelonensis episcopus suscipiens a lavacro, Theodorici
nomen inposuit. Erat enim eo tempore ipsi pontifex magnis virtutibus praeditus, ita ut plerum-
que infirmis signum crucis inponens, statim sanitate, tribuenti Domino, restauraret. WEIDE-
MANN, Kulturgeschichte der Merowingerzeit l, S. 147f. Ob aber der Bischof den Königssohn
auch getauft hat, teilt Gregor nicht mit.
2
S. auch GRAUS, Volk S. 50; LOTTER, Severinus S. 53ff; DERS., Methodisches S. 311;
VAN UYTFANGHE, Controverse, passim.
3
DÖLGER, Geschichte des Kreuzzeichens (4) S. 5-17 (das Kreuzzeichen in Katechese, beim
Aufnahmeritus und als Heiligungsmittel), ebd. (5) S. 10-22 (das Kreuzzeichen im Taufritual),
ebd. (6) S. 7-34 (das Kreuzzeichen als Schutzzeichen von Leib und Seele, das Kreuzzeichen in
den poetischen Beschwörungsgebeten des Gregor von Nazianz, das Kreuzzeichen in Verbindung
mit Teufelsabschwörung und im Kampf gegen Zauber, das Kreuzzeichen als Mittel in der
Bekämpfung dämonischer Besessenheit), ebd. (7) S. 5-16 (das Kreuzzeichen in der Volksmedi-
zin, das Kreuzzeichen als Wunderzeichen in der volkstümlichen Erzählung).
S. oben $ 9 Anm. 17 u. 18; die Paten bezeichnen die Stirn der Täuflinge mit dem Kreuz-
zeichen.
5
Vita Trudonis 15 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 28727): Petivit quoque ab illo isdem fidelis vir,
ut filium suum sacro lavacri fönte baptizaret; Vita Pardulfi 20 (ebd. 7, S. 3710/): Homo quidam
ex pago Biturico, Leodulfus nomine, ad eum veniens poposcerat, ut filium suum ad baptis-
mum fontis susciperet; et famulus Dei nihil denegans adque hoc quod hab eo pecierat adquie-
vit, elevatoque infante ab eo de fönte, albis indutum deosculans, etgenitori suo ad nutriendum
commendavit ...; Alkuin, Vita Willibrordi 23 (ebd. S. 133 7): Baptizavit igitur Pippinum, filium
fortissimi Francorum ducis Carli, patrem huius nobilissimi Caroli ...; Vita Geremari 5 (ebd. 4,
S. 62912): Erat enim in illis diebus in palatio regis quidam amicus eius nomine Audoenus, vir
sanctus Dei vocatus, et omnia que agebat per consilium eius exercebat. Direxit itaque nuncium
ad eum narravitque ei, quod filius illi successerat; prostratus ergo petivit ab eo, ut a sancto fönte
susciperet filium eius. Acquievit ei sacerdos Dei, ivit ad fönte m et suscepit eum ab ipsis aquis
vocavitque illum filiolum benedixitque eum atque dimisit; Vita Rigoberti 8 (ebd. 7, S. 59 ):
Quia Pipinus, hunc reverentissimum reverentissime colens, filium suum miserit ei Karlum ad
baptizandum, et quia baptizatum ipse vir sanctus susceperit de lavacro regenerationis; Vita
Pirminii 5 (MGH SS 15/1, S. 2415}.· venit ad locum Sinlazesouva nuncupatum, ibique aliquan-
tum temporis requiescens, praedicti viri filium levans de sacro fönte baptismatis, in renato sibi
fecit filium adoptivum.
$ 22 'VirDei' als Pate 141

ner Hand sowohl die Taufe spendeten wie auch die Aufnahme aus dem Taufbrun-
rien vornahmen 6 . Wenn man mit Amalar von Metz die Paten an jener geistlichen
Vaterschaft partizipieren läßt, die eigentlich den Taufgeistlichen obliege, von
diesen aber wegen der großen Zahl der Täuflinge nicht wahrgenommen werden
könne 7 , dann wird die Praxis, vom Taufspender zugleich auch das Patenamt aus-
üben zu lassen, bestens verständlich. Der Gottesmann war über einen von ihm
selbst Getauften und von ihm auch aus der Taufe Gehobenen in doppelter Hin-
sicht geistlicher Vater: sowohl durch die Taufspendung wie auch durch die Paten-
schaft. So kann es denn auch gelegentlich heißen: in utroque pater spiritualis
effectus ests . Hier erscheint das geistliche Band noch einmal wie verstärkt, war es
doch die besondere Aufgabe eines Paten, für seinen Täufling zu beten oder auch
ihn zu erziehen. Amalar von Metz hält es zum Beispiel für selbstverständlich, daß
der geistliche Pate im Memento vivorum der Messe seiner Taufkinder gedenkt 9 ,

6
Ein Beispiel aus den Reichsannalen: 781 hat Karl der Große auf der Rückreise von seinem
römischen Osteraufenthalt in Mailand seine Tochter Gisela taufen lassen: Et inde revertente
domno Carola rege, Mediolanis civitate pervenit, et ibi baptizata est filia eius domna Gisela ab
archiepiscopo nomine Thoma, qui et ipse earn a sacro baptismo manibus suscepit (Annales
regni Francorum a. 781 [MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 56]). Frühere Beispiele finden
sich schon bei Gregor von Tours (Hist. V 22 [MGH SS rer. Merov. l/l, S. 22919]J.· baptizatus
et ab ipso episcopo susceptus. Ebenso lassen sich jüngere Beispiele anführen; Vita Heriberti 9
(MGH SS 4, S. 748 5 ): Descendit promtissime ad fontes, dat futuro per baptismum filio albarum
vestes, immergit eum baptisterio, et eundem suscipit a baptisterio; verfaßt von dem 1069 ge-
storbenen Abt Lambert von St. Lorenz in Lüttich, s. WATTENBACH - HOLTZMANN -
SCHMALE, Geschichtsquellen 2, S. 650f; Vita Wolfkangi 30 (MGH SS 4, S. 53847); verfaßt
von dem bald nach 1070 verstorbenen Otloh von St. Emmeram, s. WATTENBACH - HOLTZ-
MANN - SCHMALE, Geschichtsquellen l, S. 270-274; Legenda maior Stephani regis Ungariae
5 (Scriptores rerum Hungaricarum 2, S. 38027); verfaßt bald nach 1083, s. WATTENBACH -
HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen 2, S. 817.
7
Amalar, Liber officialis I 29, 10 (ed. HANSSENS 2, S. 15636;.· Illi qui baptizant, patres
sunt baptizatorum, ut ex multis testimoniis scripturarum possumus conicere ... Quoniam plures
sunt baptizatorum, quam deduci possint ab his qui baptizant, commendantur ceteris patribus
spiritualibus, ut eis hoc praebeant, quod a presbyteris praebendum erat. In den irischen Viten
wird recht häufig berichtet, daß der Taufgeistliche seinen Täufling auch selbst erzieht; Vita
Abbani 26 (ed. PLUMMER l, S. 20): [unicus filius] baptizatus est. Ille siquidem vir habitum
sanctum accepit, et rnansit cum sancto Abbano ... in conuersacione felici; Vita Berachi 4 (ebd.
S. 76): 'Hüne', inquit, 'infantem ad ecclesiam perducite, ut lauacro salutis abluatur ... Infantem
... regeneratum mater secum conabatur detinere ... Set sanctus uir Dei hoc non permisit ...:
'... Mecum enim in Christi nomine remanebit ...'; Vita Carthagi 12 (ebd. S. 173): Fintanus ...
cum filio suo ad sanctum episcopum Carthagum aduenit, ut baptizaret episcopus ilium infan-
tem, et offeret eum episcopo; Vita Colmani 26 (ebd. S. 269): statim baptizauit sanctus Colma-
nus illum infantem, dans ei nomen Cheallanum. Postea docuit eum sacris scripturis et bonis
moribus. — Von Taufpatenschaften wissen die irischen Viten in der Regel nichts zu vermelden.
Einzig die Vita Tigernaci berichtet davon, daß die hl. Brigida ihren Patensohn zur Bischofs-
weihe befördert habe; Vita Tigernaci 11 (ebd. 2, S. 266): ad matrem suam spiritualem, que eum
olim de fönte baptismatis leuauit, sanctam ... Brigidam ... profectus est. Que misticis commoni-
ta signis, ac Spiritu ei reuelante quod filius suus spiritualis episcopali dignus esset honore,
conuocatis episcopis, eum ad pontificalis ordinis apicem prouehi fecit.
8
Vita Trudonis 15 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 287 29 ).
9
Amalar, Liber officialis IH 23, 19 (ed. HANSSENS 2, S. 3354j: Memoratum sacrificium pro
142 Geistliche als Paten

ein Gedenken übrigens, das zu erlangen normalerweise besondere Stiftungen er-


forderte 10 . Daß selbst die Päpste, die als geistliche Gnadenvermittler besonders
hoch geschätzt wurden, mit der Taufspendung auch Paten werden konnten, ist
ein eigenes und bislang wenig beachtetes Kapitel 11 .
Einzelne Beispiele beschreiben besonders deutlich die Wirkung des Segens, den
man sich von den Gottesmännern erhoffte. So kann berichtet werden, daß eine
geistliche oder weltliche Karriere in der Segenskraft des heiligen Taufspenders
und Paten begründet worden sei. Eine zur Erhellung dieser Praxis bemerkenswer-
te Quelle ist das hagiographische Werk des Jonas von Bobbio. Columban vermag
die glückliche Geburt jenes Donatus zu erbitten, der später Bischof von Besangen
geworden ist. Als Bedingung gilt dabei freilich, daß der Heilige den Neugeborenen
in der Taufe 'heiligt' und dabei auch die Patenschaft übernimmt, daß ferner der
Knabe für das Klosterleben prädestiniert wird 12 . So begleitet Columban als geist-

tribus offertur, idestpro ecclesia sancta universali; pro specialibus fratribus, quorum elemosinas
suscepimus aut munus, aut quorum sponsores sumus facti...
10
ANGENENDT, Missa specialis S. 167-175.
11
S. § 24.
12
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 14 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 1752):
Quibus vir sanctus: 'Si', inquit, 'voti vestri est, ut largitoris donum eius nomini consecretis mihi-
que ex lavacro suscipiendum tradatis, pro vobis ego Domini clementiam implorabo, ut non
solum eum quem Domino vovetis habeatis, verum etiam, quantum volueritis, post pignora sus-
cipiatis'. ... Quem vir sanctus suis manibus receptum sacravit sacroque lavacro ablutum ipse
suscepit Donatumque nomen inponet matrique ad nutriendum reddit. Qui post alitus in eodem
monasterio, sapientia inbutus, Vesontionensis pontifex praefectus, nunc usque superest,
eandem cathedram regens. Qui post in amore beati Columbani ex ipsius regula monasterium
virorum construxit ... — Zu Donatus und seiner Taufe s. MOYSE, Origines du monachisme
S. 99 mit Anm. 1; MEINHOLD, Columban S. 113f. Als weiteres Beispiel: Vita Fridolini 24
(MGH SS rer. Merov. 3, S. 3652 ): pio eum recepit amore, quia nimie dignitatem sanctitatis in
eo florere cognoverat, atque in tantum eum statim dilexit, quatinus suam filiam, quam eadem
nocte sua coniux peperit, in crastinum rogaret baptizare et de eiusdem sacri baptismatis fönte
levare. Hoc facto, cum sua coniux multum irasceretur, eo quod talis vir peregrinus ac pannosus
sibi in compatrem eligeretur, ampliavit adhuc eius iracundiam, condonans huic sancto viro
magnam herditatis possessionisque partem. Sed tarnen postea, ut eidem predicts femine huius
sancti viri laudanda pietas innotuerat, commendavit ei suam quam de sacro levaverat baptis-
mate filiam, ut sanctis studiis litterarum ab eo imbuta divinoque sacrata velamine, deinceps in
predicta insula in Dei permaneret servitio. Zum Verfasser Balther s. KOCH, Sankt Fridolin
S. 42-49. — Daß ein Gottesmann tauft und den Täufling dann für sein Kloster beansprucht,
findet man häufig in irischen Viten berichtet: Vita Declani 5 (ed. PLUMMER 2, S. 37): tradi-
derunt ei [Colmano] filium suum, ut baptizaret illum. Tunc sanctus Cohnanus baptizauit santis-
simum infantulum, Declanum nomen ei imponens ... Colmanus ... recessit, commendans ut dili-
genter nutriretur sanctus infans, et septimo anno ad legendum traderetur; ebd. 7 (S. 37): Com-
pletis itaque septem annis etatis sancti Declani, traditus est ad legendum a parentibus etnutri-
toribus suis concorditer, sicut beatus Colmanus mandauit; ebd. 14 (S. 41): [Colmanus] bapti-
zatus est, et habitum suscepit ecclesiasticum ab eo; mansitque apud eum sedule legens, et effec-
tus est vir sanctus et mirabilis; ebd. 31 (S. 54): sanctus Declanus antistes ibi illum infantem
baptizauit, et dedit ei nomen Chiaranum. Et ait sanctus episcopus illis post baptismum: Hüne
meum spiritalem filium diligenter nutrite; et apto tempore ad docendum viris tradite eum
catholicis. Vita Fintani l (ebd. S. 96): [vir sanctus] baptissauit gaudens P'intanum, et postea
apud eum legit, et profecit multum in gratia et litteris. S. dazu die kurze, aber bestens aus den
$ 22 'Vir Dei' als Pate 143

lieber Vater von Anfang an den Lebensweg des Donatus, der dann als Kloster-
gründer und Bischof von Besagen seine Berühmtheit erlangt. Überhaupt ist die
Segenskraft des Heiligen so nachhaltig, daß solche, die er mit seinem Segen gehei-
ligt hat, sich sowohl im Königsdienst wie im Klosterleben zu bewähren vermö-
gen13 . Es ist also die Kraft der 'benedictio', die vom Heiligen her sich auf andere
überträgt und dann ihre gute Wirkung tut. Darum suchen die Großen und sogar
Könige die Gottesmänner infra terminos regni zu halten 14 . Sofern aber der Got-
tesmann seinen Segen verweigert und gar eine Verfluchung ausspricht, droht Un-
heil. Königin Brunichilde ließ Columban ihre Urenkel mit dem Ansinnen präsen-
tieren: Regis sunt filii; tu eos tua benedictione robora15. Daß der Gottesmann
sich weigerte, löste seine Vertreibung aus, führte aber auch zum Untergang der
nicht gesegneten Königssöhne 16 . Und wie die Columban-Vita so sprechen noch
zahlreiche Zeugnisse davon, daß der Adel heilige Männer in seine Nähe zu ziehen
suchte. Der heilige Trudo wurde in eine Familie eingeladen; er taufte den Sohn
des Hauses und fungierte dabei auch als dessen Pate. Der Gastgeber baute, um die
Erinnerung an den Heiligen festzuhalten, ein Oratorium an der Stelle, wo dieser
geruht und gebetet hatte 17 . Bei größeren politischen und wirtschaftlichen Mög-
lichkeiten konnte eine solche Zusammenarbeit noch weit stabilere Formen an-

Quellen gearbeitete Studie von A. LORCIN (Vie scolaire S. 221-236), der allerdings auf den
'pater spiritualis' der Taufe nicht eingegangen ist.
13
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 26 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 20918);
Ibi receptus a quodam viro Autharium nomen, cuius coniunx Aiga dicebatur; erantque his
filii infra infantiae annis detenu, quos mater ad benedicendum viro Dei obtulit. Videns ille
matris fidem, infantulos sua benedictione sacravit ... Tanta in virum Dei gratia redundavit, ut
quoscumque sacravit, in boni cultus perseverantia dies suprema invenit. S. auch ebd. S. 20910.·
Ad hoc enim aliorum differebat subsidium, ut vir Dei secum, quamdiu valeret, teneret et eius
doctrina sua domus nobilitaretur. Benedixit ergo vir Dei domum eius, filiamque illius nomen
Burgundofara, quae infra infantiae annis erat, benedicens, Domino vovit ... Das vovere bezieht
sich auf das Klosterleben. - MEINHOLD, Columban S. 116-119.
14
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 6 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 16311):
[rex]: ... ne, nostrae ditionis solo relicto, ad vicinas pertranseas nationes, ut tut praemii augmen-
tum et nostrae salutis provideas oportuna; ebd. I 18 (S. 187 j: Theudericus ergo, quia infra
terminus regni sui beatum Columbanum haberet, gratulabatur; Virtutes Fursei 12 (MGH SS rer.
Merov. 4, S. 444 '): Erchenaldus ... gratias aegit Deo, qui talem ei virum dedisset, unde talia
processissent miracula; Vita Corbiniani 21 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 13, S. 21l21).·
Vir Dei ... a rege receptus, regali deductus aulae, quia nequaquam ea principem latebant divinae
virtutis potentiae miracula; Alkuin, Vita Willibrordi 5 (MGH SS rer. Merov. 7, S. 12l2).· Qui
[Pippinus] eum cum omni honore suscipiens, sed nolens tanto doctors se vel suum privare
gentem.
15
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 19 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 37, S. 1885).
16
SCHÄFERDIEK, Columbans Wirken S. 187f.
17
Vita Trudonis 15 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 28727).1 Petivit quoque ab illo isdem fidelis vir,
ut filium suum sacro lavacri fönte baptizaret. Ille vero petitionibus eius libenter obtemperans,
statim baptizavit illum et a sacro fönte suscepit; in utroque pater illi spiritalis effectus est. Laeti
autem pariter illum diem in praeceptis divinis usque ad vesperum perduxerunt. Peracto autem
noctis spatio, valde mane venerabilis vir Dei hospitibus suis valedicens ... Recedente autem viro
Dei, praedictus hospes illius surrexit oratoriumque in loco, quo venerandus pater requieverat,
ob memoriam admirandae visionis construxit ...
144 Geistliche als Paten

nehmen. So bat der Hausmeier Erchinoald den Iren Furseus in sein Palatium, um
dort seinen Sohn zu taufen. Ein Wunder überzeugte dann den Adelsmann so sehr
von den göttlichen Fähigkeiten des Heiligen, von dessen virtus, salus undadiuto-
rium, daß er ihn bei sich zu behalten wünschte und ihm aus seinen Besitzungen
einen Ort zur klösterlichen Niederlassung anbot. Sogar den Leichnam des Heili-
gen erkämpfte sich Erchinoald, weil Furseus 'sein Mönch' gewesen und ihm nun
ein Unterpfand himmlischen Beistandes sei18 . Die Vita Bertini weiß von einem
Grafen Waltbert, der sich mit seiner Gattin den Heiligen als Beichtvater auserse-
hen und ihn auch zum computer gemacht habe. Immer wieder sucht der Graf
den Heiligen auf; so feiert er bei ihm die Messe mit und empfängt von ihm nach
der Kommunion den Segen. Als der Graf einmal den Segen nicht erbittet, stößt
ihm sogleich ein Unglück zu, von dem ihn freilich sein geistlicher Helfer sofort zu
heilen vermag, was hinwiederum den Grafen dazu bewegt, ihm einen Gutteil
seines Besitzes zu übergeben19 . Oder ein noch drastischeres Beispiel: Bei der Tau-
fe Chlothars II., über die Gregor von Tours ein bemerkenswertes, in anderem
Zusammenhang bereits erörtertes Kapitel geschrieben hat 2 0 , soll zufolge der zwi-
schen 868 und 872 entstandenen Vita Faronis21 eben dieser Bischof Faro von
Meaux (629/37-673/75) Pate gestanden haben 2 2 ;ja, der Vitenverfasser will ihm

Virtutes Fursei 10 (ebd. 4, S. 443 j: Vir Domini memoratus Erchenaldus audiens eius
famam, obviam ei perrexit, orans et postulans, ut veniret ad domum eius ad palatium Perro-
nensis viel et in sacrum baptisma filium suum poneret et a fönte susciperet, Qui sanctus non
rennuens ...; ebd. S. 4447; Cuncti adstantes simul cum principe veniam postulaverunt etglori-
ficaverunt Deum, eo quod eis venisset virtus, salus et adiutorium; ebd. 11 (S. 444 j: Tunc
electus Domini Erchenaldus constituit tres domesticos suos, qui virum iustum per diversa loca
deducerent, et ubicumque sua propria fuissent, ei monstrassent, ut, qualis ei locus amabilior
fuisset, ad habitandum daretur; qui et fecerunt. Sanctus vero Furseus e cunctis locis Latiniacum
expetivit; ebd. 16 (S. 44526J: Erchenaldus dicit ...: Redde mihi monachum meum, alioquin
eras mane iudicet hoc Deus inter me et te.
Vita Bertini 19 (ebd. 5, S. 765 8 ): Huic vero Waldberto et coniugi suae pater confessionum
beatus fuit Bertinus necnon et computer fuit secundem laudabilem ritum, inter christianos ad
coniungenda fraternae caritatis foedera consecratum ... Quapropter enim pius vir predictus
Waldbertus ad Bertinum saepe venire solebat, ut a beato viro divina precepta audiret et ut a
sacra huius ore post communicationem corporis et sanguinis Christi more benediceretur solito.
Quadam igitur die ... neglexit venire Bertinum; ebd. S. 766 : periculum per suam contigit
neglegentiam, quia sine vestrae benedictionis tutamine per hostis callidi astutiam, aliqua necessi-
tate se retrahente, de hoc hodie loco perrexit; ebd. S. 767 : ... sanus effectus est, inmensasque
omnipotenti Deo salutis suae auctorigratias referens cordisque conpunctione repletus, magnam
suae herditatis partem Deo et beato optulit Bertino.
20
Gregor von Tours, Hist. X 28 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 520 20 ); s. S 19 Anm. 36 u. 38.
21
GUEROUT, Faron Sp. 643ff, 661.
22
Vita Faronis 21-22 (ed. MABILLON 2,. S. 612): In qua tantum virtute prudentiae ubertim
floruit, ut a Regibus honore magnificentissimo amplificaretur, ac pro pacto amicitiae filium
Chilperici Regis a sacro fönte suscipiens, Baptismatis novus regenerator efficeretur. Qui Chlo-
tharius nomine postmodum Monarchiae trium Regnorum primus obtentor ex origine Franco-
rum esse meruit. Unde manifeste datur intelligi, mentis viri Dei hanc dignitatem emeruisse, a
quo accidit spiritaliter regeneratum esse. Von der Segenskraft des Heiligen kann Ähnliches ge-
sagt werden; ebd. 14-16 (S. 612): Obtulerunt \Autharius et conjunx Aia] ... proprios duos
filios benedictioni illius, quos spiritualibus verbis roreque caelestis gratiae cum genitore, matre-
$ 22 'Vir Dei' als Pate 145

gemäß der geläufigen Verquickung von Patenschaft und Taufhandlung offenbar


auch die Taufspendung zuschreiben 23 . Die Ausführungen, die aus einigen wenigen
Urkunden-Formeln herausgesponnen sind 24 , zeichnen genau das Bild, wie sich
die Zeit eine solche Taufe vorzustellen beliebte, daß nämlich die Person des Faro
durch die Taufspendung für die weitere politische Karriere Chlothars eine ent-
scheidende Bedeutung erlangt habe. Der Verfasser — es ist Bischof Hildegar von
Meaux (853/56 - nach 873) — führt die durch Chlothar erlangte monarchia trium
regnorum auf die merita des vir Dei und baptismatis regenerator Faro zurück 25 .
Dem politischen Aufstieg des Königs hat sich also der Taufspender und Pate als
höchst nützlich erwiesen.
Weiter begegnen wir auch immer wieder der Praxis, daß der Taufvater und Pate
gebeten wird, ins Haus zu kommen, um von neuem seine Taufkinder oder auch
das ganze Haus zu segnen 26 ; man kann den Eindruck gewinnen, als sollte die
patenschaftliche Verbundenheit weiterhin nutzbar gemacht werden, um die in
der Taufe übertragene Heilskraft durch neue Segnungen weiter zu bestärken. Und
weil der Gottesmann nicht selten die 'virtus', bevor er sie überträgt, zunächst in
sich selbst spürt, darf er sich ihrer zukünftigen Wirksamkeit im Gesegneten auch
sicher sein. Mit Taufe und Segensübermittlung wird darum oft genug eine Prophe-
zeiung über den kommenden Werdegang ausgesprochen 27 . Wie stark die Vorstel-

que eorum perfundens invocavit electos Dei fieri, participesque regni aeterni. Cujus verbis hodie
fulget S. Autharius, caelo meritis, et ... Matrona ... coruscat magnis miraculis. Nee etiam filii
ejus ab hac gratia Christi exstiterunt remoti, ut qui unius viri Dei benedictione fuerunt uniti,
essent et pares et aequalis meriti.
23
Darauf deuten die Wendungen baptismatis novus regenerator efficitur und a quo accidit
spiritaliter regeneratum esse. Ein vielleicht von Hildegar selbst verfaßtes Inhaltsverzeichnis der
Vita gibt allerdings allein die Patenschaft an: Ex vita Faronis 22 (MGH SS rer. Merov. 5, S.
185 J: De susceptione filii regis, scilicet Chilperici, ab eo ex sacri fontis lavacro. Zu dieser
Sonderüberlieferung s. GUEROUT, Faron Sp. 661.
24
GUEROUT, Faron Sp. 646.
25
S. Anm. 22; die entsprechende Kapitelsüberschrift lautet (Ex vita Faronis 23 [MGH SS rer.
Merov. 5, S. 18530]): Quod merito sancti Faronis Chlotharius rex, eius ex fönte filius, monar-
chiam trium regnorum promeruerit. S. auch GUEROUT, Faron Sp. 643.
26
Vita Trudonis 19 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 290 10 J: Godmundus, cuius etiam filium vir
Dei a sacro fönte susceperat, postulavit ab eo, ut domum suam visitaret, ut sua etiam benedic-
tione consecraret; Alkuin, Vita Richarii 10 (ebd. 4, S. 39423): femina ... habens in ulnis filio-
lum suum, ut parvulus quoque benedictione hominis Dei roboraretur, quem ipse ante sacro
baptismate Deo regneravit; zur Patenschaft s. auch Vita Richarii primigenia 5 (ebd. 7, S. 446 26 );
Vita Fidoli 10 (ebd. 3, S. 43029): Homo quidam nomen fr'redulfus, cuius filium e lavachro
fontis sacri baptismatis gratia spirituale fide susceperat, praemissa postulatione, ut domum
ipsius visitaret, unici obtinuit caritas.
Besonders häufig finden sich solche Prophetien in irischen Viten; Vita Boecii 2 (ed. PLUM-
MER l, S. 87): Denique uir ille sanctus, paruulum aqua perfundens, totum baptismatis ordi-
nem compleuit, eumque Boecium nominauit. Vnde et prophetico spiritu loquens de puero ait:
Magnus, inquit, hie erit apud Deum et homines; et erit uita et doctrina precipuus, multisque
preerit et proderit. Et hiis dictis et puero et parentibus eius benedictis ... Der Text enthält
biblische Anklänge; die Aussage hie erit magnus gehört zum Engelsgruß an Maria (Lc 1,32).
Weitere Beispiele in Vita Carthagi 6 (ebd. S. 171); Vita Declani 5 (ebd. 2, S. 37); Vita Moling l
(ebd. S. 190); Adam von Bremen, Gesta pontificum I 20 (MGH SS rer. Germ, in us. schol.
146 Geistliche als Paten

lung von der Segensgewalt des geistesmächtigen Paten auf die Patenbestellung
eingewirkt hat, zeigt noch die Bitte Heinrichs III. an Hugo von Cluny, über den
soeben geborenen Sohn — es ist Heinrich IV. — die Patenschaft zu übernehmen:
Jeder wünsche sich des Abtes und der Seinen Gebet, jeder auch die liebevolle
Verbundenheit mit ihnen; denn ihr Gebet sei-allem weltlichen Treiben enthoben
und Gottes Blicken ganz nahegerückt. So möge also der Abt kommen, den Neuge-
borenen aus der Taufe heben und als geistlicher Vater ihn mit der Gabe seines
Segens zeichnen 28 .
Von solcher Praxis und Mentalität her wird bestens verständlich, warum dem
Adel so sehr daran gelegen gewesen ist, für Taufe und Patenschaft bei den eigenen
Kindern 'Gottesmänner' zu gewinnen, warum andererseits die Vitenschreiber ihre
Heiligen dadurch herauszustreichen suchen, daß sie ihnen die Patenschaft in
berühmten Adelsfamilien zuschreiben. Den heiligen Amandus zum Beispiel ver-
setzt der Verfasser seiner Vita geradezu in eine Position der Verhandlungsstärke,
als König Dagobert an ihn herantritt mit der Bitte, den Sohn zu taufen und ihn
als filius spiritualis zur Erziehung anzunehmen; im Gegenzug vermag Amandus
nun, dem König auch eigene Forderungen zu präsentieren 29 .
Amandus aber kann zugleich auch als Beispiel dafür angeführt werden, daß
Geistlichen wie Klosterleuten die Übernahme einer Patenschaft eigentlich verbo-

2, S. 26 ): Quem [Rimbertum] sanctus Ansgarius adoptans in filium prophetico spiritu, quo


plenus erat, lange ante predixit illum suae virtutis aemulum et in cathedra pontificali succedere
gratiaque meritorum in celesti regno consortem fore.
28
DH III 263 (MGH Dipl. reg. et imp. Germ. 5, S. 351 29 ): te dixisti nimium exultasse de reddi-
ta nobis sanitate, de concessa celitus filii adoptions, grates paternitati tuae referimus, grates
ex intimo corde persolvimus. Id etiam non tarn summopere mandamus quam humiliter deposci-
mus, ut tua apud clementissimum dominum nostrum iugis non desit oratio pro rei publicae
commodo, pro totius imperil honore, pro nostra nostrorumque salute, ut divinitus nobis collata
prosperitas aecclesiarum et populi totius pax possit esse et tranquillitas. Quis enim sapiens
sanum tuam orationem tuorumque non exoptet? Quis insolubili caritatis vinculo retinere non
ambiget? — quorum oratio tanto purior quanta ab actibus seculi remotior, tanto dignior quanta
divinis conspectibus extat propinquior. Quad autem te pre longinquitate itineris negasti po-
tuisse venire, sicut iussimus, quamquam gratanter tuum suscepissemus adventum, eo ignosci-
mus tenore ut in pascha ad nos Coloniam venias, si est fieri possibile, quatinus, si audemus
dicere, eundem puerum, de quo ita laetatus es, de sacra fönte susciperes et spiritualis pater
tuae benedictionis munere signares ...
29
Vita Amandi 17 (MGH SS rer. Merov. 5, S. 441 5 J: Tune rex ad sanctum ait Amandum:
Penitet enim me valde, quod stulte adversum te egerim. Praecor igitur, ne memineris iniuriae,
quam in te inrogavi, adque praecem meam, quam a te summopere postolo, ne dedigneris annue-
re. Dedit mihi Dominus filium, non meis praecedentibus mentis, praecorque, ut eum sacro
digneris abluere baptismate atque, ut tibi sit filius spiritalis, in manibus accipere ne dedigneris.
Quod vir Domini vehementer rennuens, scilicet sciens esse scriptum, militanti Deo non oportere
inplicare saecularibus negotiis et quietum atque remotum palatia non debere frequentare regia,
e conspectu regis abscessit. Tunc. demum rex misit ad eum virum inlustrem Dadonem atque cum
eo venerabilem virum Eligium ... Hi humiliter ad virum Dei petierunt, ut praecibus regis daret
adsensum atque filium ipsius sacro dignaretur dilui fönte, et ut eum enutriret atque legem in-
bueret divinam, quantotius adsentiret, dicentesque, quod si hoc vir Dei non rennueret, per hanc
familiaritatem liberius in regno ipsius, vel ubicumque eligeret, haberet licentiam praedicandi,
seu et nationes quam plures per hanc gratiam se posse conquiri fatebantur. Tandem igitur fa-
tigatus praecibus amborum, facturum se esse promisit.
$ 22 'Vir Dei'als Pate 147

ten war. Die Amandus-Vita begründet das Zögern ihres Heiligen damit, daß es
den Streitern Gottes nicht anstehe, sich in weltliche Angelegenheiten hineinzie-
hen zu lassen und am königlichen Hof zu verkehren 30 . Des öfteren finden wir ein
solches Verbot in den Mönchsregeln. Die Regula Ferioli verbietet den Mönchen
die Übernahme von Patenschaften, weil dadurch eine verwerfliche familiaritas
mit den Eltern des Täuflings entstehe31 . Einem Mönch, der sich in seinem Gelüb-
de von aller Familiarität getrennt hatte, sollte auch nicht unter dem Vorwand
einer geistlichen Verpflichtung erlaubt sein, neue Verbindungen familiärer Art
einzugehen; deshalb sehen sich die Klosterregeln genötigt, die Patenschaft zu
verweigern 32 . Auch für Geistliche wurden im 7. Jahrhundert solche Verbote er-
lassen, die noch die karolingische Gesetzgebung wiederholt33. Die Dringlichkeit
sah man darin begründet, daß geistliche Paten ihre Taufsöhne zu bevorzugen ver-
sucht sein konnten, sie deswegen in wichtige Ämter brachten34 oder gar zu ihren
Erben einsetzten35. Beispiele solcher Art sind erweislich, aber nicht eben häufig;
vielleicht haben hier die kanonischen Verbote doch vorbeugend gewirkt. Um so
auffälliger bleibt die Tatsache, daß dennoch immer wieder Gottesmänner in den
Adels- und Königsfamilien eine Patenschaft zu übernehmen bereit gewesen sind.
Selbst Päpste haben sich dazu herbeigelassen, Kinder aus der Taufe zu heben und
ihre Patenschaften mit sogar politischen Akten zu verbinden.

S. voraufgehende Anm.
31
Regula Ferreoli 15 (ed. HOLSTENIUS - BROCKIE l, S. 159): Baptizari in Monasterio
parvulos tractavimus necessarium non esse, sicut in reliquis Monasteriis observatur; neque
Monacho ullo loco de lavacro sancto filios cujuslibet excipere: ne parentibus illius, ut fieri
sole t, illicita paulatim vel turpi familiaritate jungatur. HOLZHERR, Regula Ferioli S. 121f.
Caesarius von Arles, Regula ad virgines 11 (ed. MORIN S. 7): Nulla cuiuslibet filiam in bap-
tismo ... praesumat excipere; Regula Aureliani ad monachos 20 (ed. HOLSTENIUS — BROK-
K1E l, S. 151): Nullus infantem de baptismo excipiat; Regula Tarnatensis 3 (ebd. S. 181):
Spiritalem se fieri patrem sine Abbaus imperio nullatenus acquiescat; sed si causa tantae necessi-
tates extiterit ... quad contradicenti cpgnoscitur impositum, charitatis inruitu est omnimodis
admiitendum.
33
Synodus dioecesana Autissiodorensis a. 561-605 c. 25 (CChr.SL 148A, S. 26878J: Non
licet abbate filios de baptismo höhere nee monachus commatres habere; Conc. Leudegarii a.
663-680 c. 5 (ebd. S. 3198): Ut compatres nullus ... audeat habere; Capitulare monasticum a.
817 c. 16 (MGH Capit. l, S. 34432): Ut sibi compatres commatresve non faciant. Überhaupt
sollen Geistliche nicht fideiussor werden: Capitula a sacerdotibus proposita a. 802 c. 16 (ebd.
S. 107 10 ); Capitula ad lectionem canonum et regulae S. Benedict! pertinentia a. 802 c. 4 (ebd.
S. 1087).
Vita Nivardi 7 (MGH SS rer. Merov. 5, S. 165 ): beatus Bercharius tune abbas, nunc etiam
martyr, vir magnificus et spiritualis eius filius, quoniam eum a sacris fontibus susceperat, hoc
idem devote a beato presule petierat, scilicet sibi et fratribus suis locum dari pro eterne remu-
nerationis mercede, ubi sub regula sancti patris Benedict! et Columbani vivere posset; ebd. 10
(S. 168 j: Bercharium filiolum suum abbatem prefecit; Passio Desiderii 2 (ebd. 6, S. 5618,).·
ducens etiam secum socium, videlicet Reginfridum diaconum suum et filium in baptismo;
Avitus von Vienne, Homilia in rogationibus (MGH AA 6/2, S. HO20,): Praedecessor namque
meus et spiritalis mihi a baptismo pater Mamertus sacerdos ...
35
Vita Gamalberti 9 (MGH SS rer. Merov. 7, S. 19030): ... is turn dedit mihi Dominus heredem
... lusta quidem lege successurus est mihi, quem ego filium Christo et sanctae ecclesiae per
baptismum generavi.
6. Der Papst als geistlicher Vater

§ 23 Römische Mission

Die nach FJ. Dölger von Papst Leo dem Großen (410-461) verfaßte Inschrift
im Baptisterium des Lateran, der eigentlichen römischen Taufstätte, macht Aus-
sagen, von denen zwei Momente hier besonders bedeutungsvoll sind: Es ist einmal
die Vorstellung von der Mutter Kirche (genetrix ecclesia) und dann der Anspruch
auf Universalität (fons hie est uitae, qui totum diluit orbem)1 . Wir begegnen in
dieser Inschrift der Vorform des später sehr klar formulierten Anspruchs, die
römische Kirche sei die 'Mutter aller Kirchen' und von ihr gehe das Heil in alle
Welt hinaus. Im Frühmittelalter sind aus diesen Vorstellungen gewichtige kirchen-
politische Folgerungen gezogen worden.
Daß durch die Missionstätigkeit der Kirche neue Kinder geboren wurden, wo-
für den Amtsleitern in Stellvertretung Christi die Zeugung zugesprochen wurde,
war nicht ausschmückende Sprache, sondern eine theologisch und rechtlich be-
deutsame Terminologie2. Die Kirche, auch die jeweilige Ortskirche, war und blieb
Mutter ihrer Kinder, die sie wiedergeboren hatte und die ihr niemand, auch keine
andere Ortskirche, entreißen durfte 3 . Im Ergebnis resultierte daraus die Territo-
rialität der verschiedenen Lokalkirchen4 , deren Gebiet durch Missionstätigkeit er-
weitert und nur durch heidnische Eroberung vermindert werden konnte. Dabei
übertrug die missionierende Kirche ihre spezifischen Bräuche, so etwa die Liturgie,
auf die von ihr Bekehrten. Der christlichen Antike wie zunächst auch noch dem
frühen Mittelalter war diese Missionsautonomie das Normale 5 : Die griechische,
gallische oder römische Mission waren selbstverständlich christliche Mission,
bewahrten dabei aber jeweils ihre spezifischen Eigenarten.
Erst wenn man sich dies vergegenwärtigt, wird ermeßbar, was römische Mission
im Norden und Osten Galliens bedeutete: neue, von der gallischen Kirche abgeho-

1
DÖLGER, Baptisterium S. Giovanni in Fönte S. 252-257.
2
S. $ ISAnm. 1.
3
HEILER, Altkirchliche Autonomie S. 3-185.
4
GAUDEMET, Eglise S. 323f;PLÖCHL, Kirchenrecht l, S. 54f.
5
Jenen hierarchischen Verbänden, die "für weite Bereiche des kirchlichen Lebens autonome
Setzungsgewalt [hatten], wenn sie sich auch an die Communio mit dem Nachfolger Petri gebun-
den fühlten", hat F. KEMPF eine Studie gewidmet, aus der liier einige Ergebnisse zitiert seien:
"Selbst im Westen, also im Raum des eigenen Patriarchats, gelang es der römischen Kirche
nicht, eine ihrem Primatsanspruch entsprechende Zentralgewalt aufzurichten ... Eine regelmäßi-
ge Jurisdiktionstätigkeit übte das Papsttum eigentlich nur in dem ihm von jeher unterstellten
suburbikarischen Italien aus, also in Mittel- und Unteritalien sowie auf Sizilien, Sardinien und
Korsika. Außerhalb dieses Bereichs blieb es bei gelegentlichen, meist durch Petitionen oder
Appellationen ausgelösten Eingriffen. Hatten sich doch auch im Westen die Bischöfe zu mehr
oder minder festen Verbänden zusammengeschlossen, um auf autonomer Basis die kirchlichen
Angelegenheiten zu regeln. So gab es eine nordafrikanische, mailändische, aquilegensische,
spanisch-westgotische, gallisch-merowingische, keltisch-irische Kirche. Von der irischen Kirche
abgesehen, bestanden sie sämtlich aus Metropolitanverbänden, die allerdings in Nordafrika und
Spanien unter dem primatialen Vorsitz einerseits des Bischofs von Karthago, andererseits (seit
681) von Toledo eine landeskirchliche Einheit bildeten ... Die hierarchischen Verbände besaßen
ein erhebliches Autonomiebewußtsein ... Auch die merovingische Kirche dachte und handelte
vorwiegend autonom" (Struktur der Kirche S. 29ff).
$ 2 3 Römische Mission 149

bene, weil römisch geprägte Missionsgebiete. Dieses neue Konzept von "römi-
scher" Mission ist darin grundgelegt, daß die römische Kirche nunmehr in aller
Deutlichkeit den Anspruch formulierte, mater omnium ecclesiarum zu sein.
Nach E. Caspar zählt dieser Titel, der sich zum ersten Mal in einem Brief Papst
Leos II. (682-683) findet, zu den "Neuprägungen von großer Zukunft" 6 . Der-
selbe Papst hat in einem Brief an den westgotischen König Erwig (680-687) ein
Kirchenverständnis vorgetragen, das als Erläuterung der universalen 'Mutterschaft'
Roms interpretiert werden darf: 'Der König der Könige und der Herr der Herr-
scher ... fügt es im Gleichmaß seiner Vorsehung, daß in den verschiedenen Zeiten
und Räumen der Erde jeweils andere herrschen. Wenn auch ihre Reiche unter-
schiedlich sind, so fordert Gott doch von jedem einzelnen Rechenschaft, wie
er auch von allen das eine geistige Opfer des wahren Glaubens erwartet. Allein
durch diese Gabe kann das Menschengeschlecht seiner Majestät gefallen, daß
nämlich von allen das wahre Bekenntnis über ihn verkündigt wird, so daß bei
aller zeitlichen Verschiedenheit im Bekenntnis des wahren Glaubens doch ein-
hellige Einigkeit besteht. So hat es auch der Weltenheiland und Gottessohn bei
seinen Jüngern verordnet, als er den heiligen Petrus an seiner Statt zum Fürsten
der Apostel bestellte; durch dessen heilbringende Predigt und Überlieferung sind
von dieser heiligen apostolischen Kirche, wie aus einem Quell der Lehre hervor-
quellend, alle Lande, auch die deiner Herrschaft, zur Kenntnis der Wahrheit und
zum Weg des Lebens hingelangt.'7 Von Rom, der Mutter aller Kirchen, so wird
hier deklariert, fließt das Heil in alle Welt, zu allen Völkern.
Es waren dann die angelsächsischen Missionare, die sich dieser Auffassung
unterstellten: Sie traten in römische Dienste, indem sie sich in Rom den Segen
und die Sendung für ihre Mission holten 8 . Da aber ihre Missionstätigkeit in Ge-
bieten erfolgte, die von der Lage her als "gallisches Vorland" zu betrachten waren,
entstanden kirchengeographisch ganz ungewöhnliche Überlagerungen: römisch
geprägte Kirchengebiete vor den Grenzen der gallischen Kirche.
Zu des Bonifatius' Bestreben gehörte außerdem noch, daß er sich nicht nur
als römischer Missionar verstand, sondern auch als fränkischer Reformator und bei
dieser Reform nicht anders vorging als in seiner Mission, nämlich unter Anwen-
dung römischer Prinzipien. Dadurch wurde ein Prozeß eingeleitet, in welchem
die abendländische Kirche, die zuvor durchaus ihre regionalen Autonomien ge-
kannt hatte, alsbald zu einer einheitlich römischen Kirche sich umwandelte.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Tätigkeit des Angelsachsen erst ihre volle
Bedeutung. Der von Papst Gregor II. am 15. Mai 719 ausgesprochene Missions-
auftrag verpflichtete ihn, wie wir schon gesehen haben, zur Einhaltung der römi-
schen Liturgie9. In seinem Bischofseid, den er bekanntlich als erster nichtitali-
scher Bischof nach römischem Formular ablegte, gelobte er, unkanonisch lebende
6
Leonis II papae epp. 4 (MIGNE PL 96, Sp. 413B); CASPAR, Papsttum 2, S. 593; MACCAR-
RONE, Primato papale S. 704.
7
Leonis II papae epp. 7 (MIGNE PL 96, Sp. 418B); CASPAR, Papsttum 2, S. 592f; MACCAR-
RONE, Primato papale S. 704f.
8
S. $ 28 Anm. 8.
9
S. § 7 Anm. 9.
150 Papst als geistlicher Vater

Bischöfe zur Korrektur aufzufordern oder aber dem Papst über sie zu berichten 10 .
Im Jahre 748 teilte Bonifatius dem Erzbischof Cudberht von Canterbury mit,
daß er die auf einer Synode versammelten fränkischen Bischöfe zur subiectio
Romanae ecclesie habe veranlassen können: nämlich dem heiligen Petrus und
seinem Vikar untertänig zu sein und alle Jahre Synoden abzuhalten; daß ferner
die Metropoliten das Pallium vom römischen Stuhl erbitten und alle kanonischen
Vorschriften des heiligen Petrus befolgen wollten, um so unter dessen Schafe
gezählt zu werden; alle hätten diesem Bekenntnis zugestimmt, sodann dasselbe
unterschrieben und zur Niederlegung auf das corpus beati Petri nach Rom ge-
schickt11 . Was also Bonifatius betrieb, war nicht nur "römische" Mission in bis
dahin heidnischen Gebieten, sondern auch römische Reform der gallischen Kirche.
Die Reform wurde nach seinem Martyrertod von dem einheimischen Chrodegang
weitergeführt; dessen Synoden schlössen sich in ihren Reformbestimmungen ganz
an Bonifatius an 12 . Metz wurde dabei der Vorort für die römische Liturgie, ja
überhaupt für die Einhaltung des 'mos atque ordo Romanae ecclesiae' im Fran-
kenreich13 . Höchst bezeichnend ist dabei, daß bald auch die Geschichte der
Metzer Sedes "römisch" interpretiert wurde. Als erstes Bistum im fränkischen
Kernbereich erhob Metz den Anspruch auf petrinischen Ursprung: Petrus habe
von Rom, dem caput orbis, seinen Schüler und späteren Nachfolger Clemens nach
Metz gesandt 14 . Diese Apostellegenden, wie sie bald jede gallische Kirche besaß 15 ,
zeigen eindrucksvoll die rasche und breite Zustimmung, welche der Idee von Rom
als der Mutter aller Kirchen entgegengebracht wurde.

10
Bonifatü epp. 16 (MGH Epp. sei. l, S. 28f); zum suburbikarischen Bischofseid des Bonifatius
s. GOTTLOB, Amtseid der Bischöfe S. 28.
11
Bonifatii epp. 78 (MGH Epp. sei. l, S. 1639J: Decrevimus autem in nostro sinodali con-
ventu et confessi sumus fidem catholicam et unitatem et subiectionem Romane ecclesiae fine
tenus vite nostre velle servare; sancto Petra et vicario eins velle subici; sinodum per omnes cmnos
congregate; metropolitanos pallia ab illa sede querere et per omnia precepta sancti Petri canoni-
ce sequi desiderare, ut inter oves sibi commendatas numeremur. Et isti confessioni universi
consensimus et subscripsimus et ad corpus sancti Petri principis apostolorum direximus. Quad
gratulando clerus Romanus et pontifex suscepit.
12
SCHIEFFER, Angelsachsen und Franken S. 34ff.
13
Übersicht bei OEXLE, Karolinger S. 289ff.
1
Paulus Diaconus, Versus de episcopis Mettensis civitatis (ed. NEFF S. 1888 j:
Cum Petrus aeterni dux summus Romula regis,
Quae caput orbis erat, ad moenia finibus omni
Schemate virtutum plenus venisset eois,
Claras quosque viros, summas caelestibus armis
Qui caperent arces, ad vitae gaudia mittit.
E quorum numero Clemens vocitatus, utille
Qui Romae Petra successerat, intulit urbi
Huic, quam olim Mettis veteres dixere coloni,
Aegregius praesul divina voce salutem
Primusque hie domini digne fundavit ovile
Aurea transmit tens p opulis exempla futuris.
OEXLE, Karolinger S. 300f.
15
LEVISON, Anfänge rheinischer Bistümer S. 7-27.
$ 2 3 Römische Mission 151

Bonifatius aber trat damit nicht nur in Gegensatz zur Eigentradition der galli-
schen Kirche, sondern auch zu jener Art von "Landeskirchentum", wie es die
Merowinger und ebenso die Karolinger praktiziert haben. Nehmen wir als Bei-
spiel einen essentiellen Punkt der bonifatianischen Reform: das Amt des Erz-
bischofs mitsamt der Pallienverleihung. Bekanntlich ist das Amt des Metropoli-
ten ursprünglich aus dem synodalen Zusammenschluß der jeweils zu einer Provinz
gehörigen Bistümer hervorgegangen, wobei es dem Bischof der Provinzmetropole,
eben dem Metropoliten, zukam, diese Synoden zu organisieren, darüber hin-
aus auch die Bischofswahlen zu überprüfen und dem Erwählten mit zwei Kom-
provinzialen die Weihe zu erteilen. Als aber Gregor der Große den Organisations-
plan für die angelsächsische Kirche entwickelte, war zwischenzeitlich die Ent-
wicklung dahin gegangen, daß der Inhaber eines Metropolitensitzes nur erst dann
in Funktion treten konnte, wenn er das päpstlicherseits zu verleihende Pallium
besaß. War ursprünglich die Metropolitangewalt in synodal-kollegialer Weise
"von unten her" entwickelt worden, so mußte sie seit der obligaten Palliumsver-
leihung als Ausfluß päpstlicher Machthoheit erscheinen; zur Kennzeichnung dieses
neuen Verständnisses wird üblicherweise der Palliumsträger Erzbischof genannt16 .
Die Schaffung von Erzsitzen der neuen Art hätte im Frankenreich zur Konse-
quenz haben müssen, daß von neuem kirchliche Provinzen sich gebildet hätten
und daß der Papst dabei auf Grund der Palliumsverleihung ein Mitspracherecht
gewonnen hätte. Beides konnten oder wollten die Karolinger nicht so rasch zu-
lassen. Eben erst hatten Pippin der Mittlere und Karl Martell die mächtigen "Kir-
chenstaaten", die sich um die alten Episkopalsitze gebildet hatten, zerschlagen 17 .
In der Bischofsberufung, wo längst ein königliches und zuletzt ein hausmeierli-
ches Gewohnheitsrecht sich herausgebildet hatte 18 , hätte die Erzbistumsverfas-
sung dazu führen können, daß ein neu zu berufender Bischof, wenn auch nicht
mehr von seiner Gemeinde gewählt, so doch vom Erzbischof im Verein mit den
Komprovinzialen bestellt worden wäre. Wiewohl nun die beiden Martell-Söhne
Karlmann und Pippin Bonifatius mit der Kirchenreform beauftragten und die
römische Liturgie unterstützten 19 , sehen wir sie doch sofort zögern, wo es um die
von ihnen gewohnheitsmäßig ausgeübten Kirchenrechte ging. Die Erzbistumsver-
fassung blieb unausgeführt; oder genauer: sie wurde nur soweit verwirklicht, als
sie zum Vorteil der karolingischen Kirchenpolitik umgebogen werden konnte.
Höchst bemerkenswert ist schon die Stellung, die Bonifatius selbst erhielt: Er war
Erzbischof, aber nicht eines Metropolitensitzes — wohl wegen der Sachsenmission
war zeitweilig Köln für ihn vorgesehen20 —, sondern sozusagen im Gefolge des
Hausmeiers und für dessen Reich21 . In Neustrien wurde allerdings unter Pippin die

16
KEMPF, Struktur der Kirche S. 45-55.
17
SEMMLER, Episcopi potestas S. 305-395. Die Auflösung der "Kirchenstaaten" und deren
Einbeziehung in die Verfassungsstrukturen des karolingischen Reiches wurde unter König
Pippin und Karl dem Großen noch weiter fortgesetzt.
18
SCHEIBELREITER, Bischofs. 128-171.
19
S. $ 7 Anm. 10.
20
S. $ 30 Anm. 72. SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 229-233.
21
Karlmanni principis capitulare a. 742 (MGH Capit. l, S. 2424 = Bonifatii epp. 56 [MGH Epp.
152 Papst als geistlicher Vater

Wiedererrichtung von drei Metropolitansitzen beschlossen: Rouen, Sens und


Reims; "aber von einer tatsächlich gehandhabten Metropolitangewalt fehlt ...jede
Spur" 22 . Der gefolgschaftliche Charakter, welcher der erzbischöflichen Stellung
des Bonifatius anhaftete, tritt, wie ähnlich früher schon bei dem fidelis Willi-
brord 23 , gleicherweise auch bei dem Nachfolger hervor: Chrodegang von Metz,
ein alter Vertrauter der Karolinger, wurde Palliumsträger wiederum für das ganze
fränkische Reich 24 ; nach der alten Metropolitanverfassung aber hätte er der
Suffragan von Trier sein müssen 25 . Es wurden also zunächst noch nicht die alten
Metropolitansitze wieder aufgerichtet, wohl aber wollten Karlmann und Pippin
einen Palliumsträger zur Hand haben, der die Bischofsweihen im Reich ausführen
und die Synoden leiten konnte. Sich einer solchen Person zu versichern, bedeutete
einen erheblichen Machtzuwachs, lag darin doch die Garantie für einen folgsamen
Episkopat. — Für uns ist wichtig, daß in der Folgezeit mit einer Konkurrenz zwi-
schen geistlicher und weltlicher Gewalt in Fragen der Mission zu rechnen ist. Denn
wer bestimmte über ein Erzbistum in Missionsgebieten?

§ 24 Der Papst als Pate

Die Patenschaft der Päpste bildet ein Thema, das schon kirchlich, aber mehr
noch politisch hochbedeutsam genannt werden muß, bislang jedoch wenig Beach-
tung gefunden hat. Dabei darf allerdings die Person des Papstes, wiewohl in höch-
stem Maße als heilig angesehen, nicht eigentlich nach den Kriterien des oben er-
wähnten 'vir Dei' beurteilt werden. Die besondere Heiligkeit resultierte vielmehr
aus der Stellung des 'vicarius Petri' und letztlich eines 'vicarius Christi'1 . Als sol-
cher war er der Amtswalter jener Mutter Kirche, die wie keine andere beanspruch-
te, die 'mater omnium' zu sein. Der römischen Kirche gebührte der Vorrang, weil
sie allein sich auf den heiligen Petrus, den ersten der Apostel, und obendrein auch

sei. l, S. 9825 ]): Ego Karlmannus, dux et princeps Francorum ... episcopos qui in regno meo
sunt cum presbiteris et concilium et synodum pro timore Christi congregavi, id est Bonifatium
archiepiscopum et Burghardum et Regenfridum et Wintanum et Wilbaldum et Dadanum et
Eddanum cum presbiteris eorum. ANGENENDT, Pirmin S. 276-281.
22
SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 220, 228f, Zitat S. 229"
23
ANGENENDT, Willibrord S. 68-81.
24
Liber Pontificalis, Vita Stephani II (ed. DUCHESNE l, S. 456 4 J: Et dum in Francia esset
positus, Rodigango sanctissimo viro episcopo pallium tribuit et archiepiscopum ordinavit;
Bedae Continuatio a. 754 (ed. PLUMMER l, S. 362): pro eo [Bonifatio] Redgerus consecra-
tur archiepiscopus a Stephana papa. OEXLE, Karolinger S. 285-293; ebd. S. 288: "... in jedem
Fall ist sicher, daß Chrodegang von Metz bis zu seinem Tod als einzigem fränkischen Bischof die
dem erzbischöflichen Titel entsprechende Funktion und Stellung zugesprochen werden darf.
SCHIEFFER, Angelsachsen und Franken S. 33f; zur Herkunft Chrodegangs s. WERNER,
Lütticher Raum S. 197-216.
25
OEXLE, Karolinger S. 328-345.

1
MACCARRONE, Vicarius Christi, bes. S. 59-83; DERS., Primato papale S. 1-110; FUHR-
MANN, Heiligkeit des Papstes S. 28-43.
J 24 Der Papst als Pate 153

noch auf Paulus, den 'Völkermissionar', zurückführen konnte. Die alte Auffas-
sung, derzufolge die Amtsträger anstelle Christi mit der Mater ecclesia das Heils-
werk fortzeugten, mußte demnach in ganz besonderem Maße für die Päpste und
die römische Kirche gelten.
Wie selbstverständlich dann auch in "politischen" Dingen die Identifizierung
des Papstes mit Petrus und weiter mit Christus, ja sogar mit Gott vorgenommen
wurde, läßt sich gut an Redeweisen des Codex Carolinus zeigen. Nehmen wir
als Beispiel, wie die Papstbriefe von der Salbung Pippins und seiner Söhne spre-
chen. In letzter Hinsicht ist nämlich Gott selbst der Spender dieser Salbung; er
vollzieht sie durch Christus; dieser aber läßt seinen Stellvertreter Petrus handeln,
und der Apostelfürst agiert hinwiederum im jeweiligen Papst2 . Die Selbstverständ-
lichkeit dieser Identifizierungskette zeigt sich auch noch in dem bekannten Brief
Papst Stephans II., in dem der heilige Petrus als Sprecher auftritt, der 'gleichsam
leibhaftig' vor die Karolinger hintritt und sie um Unterstützung bittet 3 .
Wenn aber in der päpstlichen Königssalbung eigentlich Petrus und durch ihn
Christus, ja letztlich sogar Gott selbst tätig wurde, so kann es wenig verwundern,
daß solches auch für die Taufe angenommen wurde. Tatsächlich ist der Papst
denn auch um die Taufe angegangen worden. Der erste Fall einer von einem Papst
gespendeten Königstaufe ist aus der angelsächsischen Bekehrungsgeschichte zu
vermelden. Papst Sergius I. (687-701) taufte in der Osternacht des Jahres 689
den westsächsischen König Caedwalla und gab ihm den Namen Petrus. Doch der
königliche Täufling verstarb noch in den weißen Taufkleidern 4 . Die Inschrift
auf seinem Grab, das er ehrenvollerweise in Sankt Peter erhielt, führt an, daß der
Papst ipse pater fönte renascentis gewesen sei 5 , eine Mitteilung, die durchaus,
2
Codex Carolinus 16 (MGH Epp. 3, S. 5132 ): Deus omnipotens ex utero main's tuae et pre-
distinatum habens, ideo te benedicens et in regem ungens; s. auch ebd. 24 (S. 528 ): domino
Deo nostro, qui vos in regem unxit; ebd. 26 (S. 530 ): Dominus elegit prae omnibus regibus
et liberatores sanctae suae catholicae et apostolicae constituit ecclesiae et in reges per manus
beati Petri ungui dignatus est; ebd. 45 (S. 56l 3 ): oleo sancto uncti per manus vicarii beati
Petri; ANGENENDT, Rex et Sacerdos S. 108f. Oft wird diese "Identifizierung" mittels der
Stellvertretung — mißverständlich — als "Petrusmysdk" bezeichnet. Dieser Ausdruck hat sich
vor allem für die Petrus-Auffassung der Zeit Gregors VII. eingebürgert. Es handelt sich dabei
nicht um Mystik im Sinne einer höheren Beschauung, sondern um eine Einheit mit Petrus, wie
F. KEMPF (Gregorianische Reform S. 424) richtig schreibt: "... Petrus lebt weiter, indem er
mit jedem Nachfolger ... eine gleichsam personale Einheit eingeht und ihn kraft seiner Verdien-
ste zu einem besseren, heiligeren Sein hinaufhebt". Ferner K. GANZER (Kirchenverständnis
Gregors VII. S. 97): "Petrus als dem Fürsten der Apostel, dem himmlischen Richter, werden
Vollmachten zugeschrieben, die sonst nur Gott zukommen ..." Das hier gezeichnete Petrusbild
dürfte sich ebenso aus den Briefen des Codex Carolinus erheben lassen. Zur Petrusverehrung im
frühen Mittelalter s. EWIG, Petrus- und Apostelkult S. 338-354.
Codex Carolinus 10 (MGH Epp. 3, S. 50212): in carne vivus adsistens coram Vobis.
4
Beda, Hist. eccl. V 7 (ed. PLUMMER l, S. 292): Etenim illo perueniens, pontificatum agente
Sergio, baptizatus est die sancto sabbati paschalis anno ab incarnatione Domini DCLXXXVIIII;
et in albis adhuc positus, langore correptus. KRÜGER, Königskonversionen S. 178f.
5
Beda, Hist. eccl. V 7 (ed. PLUMMER l, S. 293):
Sergius antistes iussit, u t ipse pater
Fönte renascentis, quem Christi gratia purgans
Protinus albatum uexit in arce poli.
154 Papst als geistlicher Vater

wenn auch nicht mit letzter Sicherheit, im Sinne einer Patenschaft des Papstes
verstanden werden kann6 . Damit aber böte diese Taufe das erstüberlieferte Bei-
spiel einer päpstlichen Patenschaft über einen Barbarenkönig.
Die Taufe Caedwallas in Rom stützt weiter auch das nächste Zeugnis, das zwar
nicht mit letzter Gewißheit abzusichern ist, hier aber doch große Bedeutung hat:
Es sind zwei griechische Briefe Papst Gregors II. an Kaiser Leon III. (717-741);
darin macht der Papst Mitteilung von einer ihm 'aus dem Westen' zugegangenen
Einladung, Könige aus der Taufe zu heben. Die beiden Briefe sind in den letzten
hundert Jahren vielfachen Verdächtigungen ausgesetzt gewesen, die auch in
neuesten Bearbeitungen, trotz einer im allgemeinen positiven Bewertung, nicht
gänzlich behoben werden konnten. Immerhin betrachtete Erich Caspar bereits
"große Partien beider Briefe ... als echt gesichert" 7 . Er fügte seiner Untersuchung
einen neuerstellten Text an, den er freilich nicht als kritische Edition werten woll-
te8 . Diese lieferte Jean Gouillard, der allerdings den historischen Wert der Briefe
wieder geringer veranschlagte9 . Eine jüngst von H. Grotz vorgelegte Untersuchung
glaubt die Echtheit der Briefe weitgehend absichern zu können, sieht aber "nicht
schon mit letzter Sicherheit erwiesen, daß sie aus der Feder Gregors II. selbst oder
doch aus dem römischen Patriarchium stammen" 10 . In unserem Zusammenhang
interessiert vor allem die Mitteilung des Papstes, daß er sich einer drohenden Ver-
haftung seitens des Kaisers zu entziehen wisse, denn der Westen sei ihm überaus
zugetan und die Königreiche des Westens betrachteten den heiligen Petrus wie
einen Gott auf Erden; so habe er auch eine Einladung aus dem inneren Abendlan-
de erhalten, sich dorthin zu begeben und die Taufe zu spenden11 . Caspar hat
diese Aussage auf die Germanenmission bezogen, zu der Gregor II. bekanntlich
Bonifatius ausgesandt hat 12 . Der für uns wichtigste Passus aber findet sich am
Ende des allgemein als zuverlässig erachteten zweiten Briefes, wo der Papst noch-
mals das Taufbegehren erwähnt und dann erklärt, sich schon auf den Weg zum
äußersten Land des Westens zu machen: 'Wohl haben wir dorthin schon Bischöfe
und Kleriker unserer heiligen Kirche ausgesandt, aber die Fürsten jener Völker
wollten nicht vor ihnen das Haupt beugen und sich taufen lassen, sondern ver-
langten uns persönlich als Taufpaten. Darum rüsten wir uns nun mit Gottes
Gnade zur Reise, auf daß wir nicht einst zur Rechenschaft gezogen werden ...'13

Der Verfasser des Gedichtes ist Erzbischof Crispus von Mailand; RABY, Secular Latin Poetry l,
S. 159.
6
B. COLGRAVE - R.A.B. MYNORS (Bede's Ecclesiastical History S. 471) übersetzen:
As Sergius bade, who took a father's place
For this his son, reborn by heavenly grace.
P.M. STENTON schreibt in seinem Standardwerk Anglo-Saxon England S. 70: "the pope, who
received him from the font ..."
7
CASPAR, Gregor II. S. 40f.
8
Ebd. S. 72-89 mit Vorbemerkung S. 71.
9
GOUILLARD, Iconoclasme S. 243-277.
10
GROTZ, Beobachtungen S. 40.
11
Gregor II., Brief l an Leon III. (ed. GOUILLARD S. 297 261 ); ebd. S. 297 272 .
12
CASPAR, Gregor II. S. 44f, 64.
13
Gregor II., Brief 2 an Leon III. (ed. GOUILLARD S. 305391):
$ 24 Der Papst als Pate 155

Gregor II., der nach Caspar wegen der "Größe der geistigen Konzeption ... der be-
deutendste [Papst] seines Jahrhunderts war" 14 , kann sich schwerlich darüber im
unklaren gewesen sein, welches "Reizwort" er hier dem Kaiser entgegenhielt,
nämlich dasselbe tun zu wollen, was die Kaiser in Byzanz schon seit langem mit-
tels des Taufpatronates verwirklichten: der Vater der Völkerfamilie zu sein 15 .
Wenn man nun bedenkt, daß bereits im Jahre 689 ein angelsächsischer König in
Rom getauft worden ist und möglicherweise der Papst dabei als Taufpate fungiert
hat, daß dann nach der Jahrhundertmitte gleich mehrmals päpstliche Taufen und
Patenschaften festzustellen sind, klingt die Patenschaftsbitte in dem Gregor-Brief
durchaus plausibel; nur bleibt jener Rest an Bedenken, von dem die beiden Briefe
nicht gänzlich freigesprochen werden können. Auch dürfte sicher sein, daß der
Papst seine Taufreise nicht angetreten hat 16 . "Aber daß er sie plante, und wie er
von ihr und insgesamt von der neuen germanischen abendländischen Welt sprach,
das erweist ihn als den größten Papst des achten Jahrhunderts, als den Moses,
welcher das neue Land erschaute, das erst die kleineren Nachfolger betreten soll-
ten."17
Gregor erschaute tatsächlich recht klar das neue Land; sein Brief jedenfalls
kündigt genau jene Verfahrensweisen an, die dann eine Generation später Stephan
II. bei seiner Reise in den Norden wirklich angewendet hat: die Patenschaft18.
Während Stephans ersterhaltener Brief an König Pippin vom Jahre 753 sich an
filio Pippino regi wendet, führen alle nach 754 abgesandten Briefe den compater-
Titel. E. Caspar schloß daraus ganz richtig, daß dem Papst "die indirekte geist-
liche Verwandtschaftsbeziehung zu Pippin die Hauptsache war"19 . Mittels welcher
Akte aber die geistliche Verwandtschaft begründet worden ist, wird nicht er-
sichtlich. Nach allem, was wir über die Kompaternität wissen, ist anzunehmen,
daß der Papst einem Mitglied der Königsfamilie das Initiationssakrament gespen-
det hat. Denn Stephan II. und sogar auch sein Nachfolger Paul I. nennen die Pip-
pin-Söhne Karl und Karlmann filii spiritales20. Die beiden aber waren 754 dem
Kindesalter bereits entwachsen, so daß man weniger an eine Taufe als vielmehr
an die Firmung denken möchte 21 . Erst beim nächstfolgenden Papst erfahren wir

. Übersetzung nach RAHNER, Kirche und Staat S. 455. Das Wort


bezeichnet eindeutig den Paten. E. CASPAR (Papsttum 2, S. 661) übersetzt "Täufer"; richtig
GOUILLARD (Iconoclasme S. 304) "parrain".
14
CASPAR, Gregor II. S. 68.
15
S. $ 2. Anm. 8.
16
CASPAR, Gregor II. S. 69.
17
DERS., Papsttum 2, S. 661; zur politischen Bedeutung der beiden Briefe s. auch ULLMANN,
Machtstellung des Papsttums S. 69-74.
18
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 32-94.
19
CASPAR, Pippin S. 41.
20
Stephan II gegenüber Pippin: tuos amantissimos natos meosque spiritales filios (Codex Caro-
linus 11 [MGH Epp. 3, S. 50511 ]); Paul I.: vestros quidetn carnales natos, nostros autem spiri-
tales filios (ebd. 22 [S. 526 19 ]).
21
Als Stephan II. König Pippin und seine Söhne Karl und Karlmann 756 zum erneuten Eingrei-
fen aufforderte, erinnerte er an die Wiedergeburt aus dem lebendigen Brunnen der römischen
Kirche: currite et subvenite, antequam fons vivus unde saciati et renati estis, arescat (Codex
156 Papst als geistlicher Vater

in Einzelheiten, wie die päpstlich-karolingische Compaternitas tatsächlich zustan-


de gekommen ist. Der am 29. Mai 757 geweihte Paul I. richtete — wohl noch im
Oktober — einen Brief an Pippin, der in ausführlicher Weise Auskunft gibt: Er,
der Papst, sei in gemina festivitatis gaudia versetzt worden, denn sein Herzens-
wunsch habe sich erfüllt: Im Bund des geistlichen Bündnisses seien sie beide, der
Papst und der Frankenkönig, vereint (in vinculo spiritalis foederis pariter sumus
adnexij. Ausführlich wird dann referiert, wie dieses geistliche Bündnis zustande
gekommen ist: Ein Missus des Königs habe das Tauftuch, mit dem die Königstoch-
ter Gisela aus der Taufe gehoben worden sei, überbracht. Dieses habe er, der
Papst, entgegengenommen bei der Messe, die zur Weihe des Petronilla-Heiligtums
gefeiert worden sei; durch die Entgegennahme dieses Tauftuchs habe er die Kö-
nigstochter gleichsam selbst aus der Taufe gehoben 22 . Es sei die reiche Voll-
macht des Heiligen Geistes, eben die Gnade der Compaternitas, die auf Gottes
Geheiß zwischen ihnen, den Bündnispartnern, vollgültig bestehe 23 . Wir sehen hier,
daß die Kompaternität durch die Patenschaft bewirkt wurde, deren Übernahme
sich jedoch in symbolischen Formen vollzog. Die Entgegennahme des Tauftuches
war zudem eingebettet in eine Reihe weiterer bedeutsamer Akte: Das Petronilla-
Heiligtum, eine Rotunde an der Südseite von Sankt Peter, war auf Verlangen
Pippins, der die Elevation der angeblichen Petrus-Tochter gewünscht hatte, ein-
gerichtet und am 9. Oktober 757, dem Tag des den Karolingern so wichtigen
heiligen Dionysius, bei eben jener Messe geweiht worden, in welcher der Papst
auch das Tauftuch entgegengenommen hatte 24 . Zwei Jahre nach seiner ersten
Patenschaft hat Papst Paul, als im Hause Pippins wiederum ein Sohn geboren wor-
den war, nochmals eine Patenschaft angeboten: 'Daß wir diesen Eueren hohen
Sohn aus dem heiligen Taufbad aufheben dürfen, damit die doppelte Gnade des
Heiligen Geistes zwischen uns Wirklichkeit werde ..S (duplex spiritus sanctigratia
fiat in media nostrum)25. Erneut wird mit der Patenschaft die besondere Gnade
des Gottesgeistes beschworen, welche die geistliche Verwandtschaft herbeiführt.
Von diesen Ereignissen her ergibt sich rückschauend noch ein wichtiger, verdeutli-
chender Hinweis auf die bei Papst Stephan erstmals bezeugte Kompaternität:
Nach Auskunft Pauls I. hat König Pippin mit der Erneuerung des geistlichen
Bündnisses nur etwas erfüllt, was er seinem Vorgänger bereits versprochen hatte,

Carolinus 10 [MGH Epp. 3, S. 50235 ]). ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 40-43.


22
Codex Carolinus 14 (MGH Epp. 3, S. 51l 19 ): Interea, christianissime, Dei providentia victor
rex, gemina festivitatis peregimus gaudia in eo, quod, optata cordis adepti desideria, in vinculo
spiritalis foederis pariter sumus adnexi. Praelatus nempe sodalitatis vestrae inluster missus
preciosissimum nobis supernae gratiae munus adferuit, sabanum videlicet, in quo nostra dulcissi-
ma atque amantissima spiritalis filia sacratissimo fontis lavacro abluta suscepta est. Quem et,
cum magna iocunditate aggregata populi cohors infra aulam sacrati corporis auxiliatricis vitae
beatae Petronellae, quae pro laude aeterna memoria nominis vestri nunc dedicata dinoscitur,
caelebrantes missarum solemnia, cum magno gaudio suscepimus; et per allatum eundem saba-
num earn tamquarn praesentaliter nos suscepisse gaudemus.
23
Ebd. S. 5123: Et quia copiosa nobis ipsa Spiritus sancti — scilicet compaternitatis gratia,
quae opitulante Deü inter nos rata consistit, — auctoritas ...
24
ANGENENDT, Mensa Pippini Regis S. 52-68; DERS., Geistliches Bündnis S. 45-53.
25
Codex Carolinus 18 (MGH Epp. 3, S. 519 1 ).
$ 24 Der Papst als Pate 157

nämlich 'ihm durch das Band des geistlichen Bündnisses anzuhangen, gemäß dem,
was Ihr dem Herrn und meinem Bruder seligen Andenkens, dem heiligen Papst
Stephan, versprochen habt' (per vinculum spiritalis foederis adherendum, iuxta
quod domino et germano ... Stephana papae spopondistis)26. Das heißt also:
Im Herbst des Jahres 757 wurde nurmehr erneuert, was bereits 754 grundgelegt
worden war, nämlich die Stiftung einer Kompaternität mittels der Patenschaft.
Erneut brachte Papst Stephan III. die Patenschaft ins Spiel, als um das für Rom
lebenswichtige Bündnis mit den Franken gefürchtet werden mußte. Als nämlich
die beiden Pippin-Erben Karl und Karlmann in Streit gerieten und der ältere Karl
eine Langobardin heiratete, wandte sich der Papst beschwörend an Karlmann und
bot dabei wiederum eine Kompaternität an: Den soeben geborenen Sohn wolle
er zu seinem geistlichen Sohn machen, ihn entweder 'auf den eigenen Armen aus
dem heiligen Taufbrunnen heben oder auch ihn mit dem verehrungswürdigen
Chrisma salben'; das alles wiederum in der Absicht, 'daß unter Gottes Segen die
eine Gnade der Compaternitas wieder zwischen uns zur Geltung komme' 27 .
Aber Karl, nach dem Tode seines Bruders alleiniger König, kehrte schon bald zum
päpstlichen Bündnis zurück, und dabei wurde auch die päpstliche Kompaterni-
tät erneuert, allerdings erst zu Ostern des Jahres 781. Der 777 geborene Königs-
sohn Karlmann hatte ursprünglich am Osterfest 778 in Rom getauft werden
sollen. Aber Kämpfe in Aquitanien und Sachsen banden Karl und verhinderten
einen Romzug 28 . Ein Brief Papst Hadrians vom Mai 778 schildert, wie die an-
fängliche Freude darüber, daß Karl nach Rom komme und er, Hadrian, den
soeben geborenen Sohn auf seinen Armen aus dem Taufbrunnen heben solle, ob
des Ausbleibens in Enttäuschung umschlug29 ; doch bat Hadrian flehentlich, es
bei der vereinbarten Taufe in Rom zu belassen, 'auf daß die zweifache Gnade
des Heiligen Geistes zwischen uns Wirklichkeit werde' 30 . Tatsächlich blieb das
Kind Karlmann ungetauft, bis endlich Hadrian es 781 sowohl taufen als auch aus
der Taufe aufheben konnte, wobei dem Täufling auch noch ein anderer Name,
nämlich Pippin, gegeben wurde 31 .

26
Ebd. 14 (S. 51l 28 ).
27
Ebd. 47 (S. SOS36): in nostris ulnis ex fönte sacri baptismatis aut etiam per adorandi chris-
matis unctionem spiritalem suscipere valeamus filium; ut, eadem Deo prosperante compater-
nitatis gratia in media nostrum corroborata ...; ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 64.
28
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 70ff.
Codex Carolinus 60 (MGH Epp. 3, S. 586 J: dignati estis nobis repromittere, ut in sanctum
diem Pascae ad limina beati apostolorum principis Perri una cum spiritale filia nostra, regina,
Domino auxiliantae properare debuissetis, ut filium, qui nunc vobis procreatus est, a sacro
baptisma in ulnis nostris suscipere debuissemus: sicut terra sitiens imbrem, itaet nos exspecta-
biles fuimus mellifluam excellentiam vestram; et dum adpropinquasset ipsum diem sanctum
Pascae et nullum mandatum de adventum vestrum suscaepissemus aut de missis vestris secun-
dum placitum, quod inter nos extiterat, valde tristes effecti sumus.
Ebd. S. 586 : Sed obnixae te petimus, praecellentissimae et magnae rex, ut, secundum
quomodo inter nos constitit, pro ipso sancto baptisma nostrum adimplere iubeas desiderium
de eundem eximium vestrum filium, quatenus duplex spiritus sancti gratia in media nostrum
ade reseat et gemina festivitatis laetitia nobis caelebretur.
1
Annales regni Francorum a. 781 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 56): Et ibi baptizatus
est domnus Pippinus, filius- supradicti domni Caroli magni regis, ab Adriano papa, qui et ipse
158 Papst als geistlicher Vater

Auch mit Leo III. (796-816) hat Karl eine Compaternitas angestrebt; denn dies
dürfte als Inhalt seiner an den Papst herangetragenen Bitte um das paternitatis
pactum anzusehen sein: Wie mit dem Vorgänger wolle er auch mit dem neuen
Papst das fidei et caritatis inviolabile foedus eingehen, damit die. Fürbitte des
Papstes ihm überall den apostolischen Segen verschaffe und er in Ergebenheit
die Sedes der römischen Kirche verteidigen könne 32 . Dann folgt die berühmte
"Aufgabenteilung" nostrum est — vestrum est: Als seine Aufgabe bezeichnet Karl
den "äußeren" Schutz der Kirche vor den Heiden und Ungläubigen, dann aber
auch die Erkenntis des katholischen Glaubens "im Inneren". Die Aufgabe des
Papstes sei es, wie Moses mit zum Gebet erhobenen Händen die Kriegsmacht zu
stärken, damit das christliche Volk den Sieg davontrage und der Name Christi
in aller Welt verherrlicht werde 33 . Aber dies alles hing offenbar an dem pactum
paternitatis. Wie sehr gerade Karl seine Compaternitas mit dem Papst zum Aus-
druck seiner gleichrangigen Stellung zu machen bestrebt war, zeigt eine Brief-
anrede — die einzige erhaltene — an Papst Hadrian. Pap etlicher seits galt der Fran-
kenkönig immer zuerst als filius und dann erst als compater. Karl aber sah es um-
gekehrt; er bezeichnet sich zuerst als compater und dann erst als filius, wie auch
der Papst zuerst compater und dann erst pater ist: Carolus, gratia dei rex franco-
rum et langobardorum ac patricius romanorum, compater idemque in christo
filius: Adriano pontifici atque uniuersali pape compatri in christoque patri, salu-
tem34.
In der päpstlichen Patenschaft realisierten sich zunächst einmal all jene Oblie-
genheiten, wie sie patenüblich waren. Der Papst als geistlicher Vater war zu be-
sonderer geistlicher Fürsorge verpflichtet, und wirklich ist zu beobachten, daß die
Karolinger den Vorzug eines eigenen Gedenkens in der päpstlichen Liturgie, zumal
der Peterskirche, eingeräumt erhielten 35 . Die Karolinger hinwiederum hatten sich
als treue geistliche Söhne zu erweisen. Die von ihnen geförderte Durchsetzung der

eum de sacro fönte suscepit; Annales Mosellani a. 781 (MGH SS 16, S. 497 I3 J: perrexit rex
Karins Romam et baptizatus est ibi filius eius, qui vocabatur Karlomannus; quem Adrianus
papa mutato nomine vocavit Pippinum et unxit in regem super Italiam et fratrem eius Ludowi-
gum super Aequitaniam; CLASSEN, Karl der Große S. 557ff, 58If, [74], [77]; DERS., Thron-
folge S. 113-121; ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 74.
32
Alcvini epp. 93 (MGH Epp. 4, S. 13727J: Sicut enim cum beatissimo patre, praedecessore
vestro, sanctae paternitatis pactum inii, sic cum beatitudine vestra eiusdem fidei et caritatis
inviolabile foedus statuere de.ude.ro; quatenus, apostolicae sanctitatis vestrae divina gratia
advocata precibus, me ubique apostolica benedictio consequatur, et sanctissima Romanae
ecclesiae sedes Deo donante nostra semper devotione defendatur. Zur Bedeutung von pactum
paternitatis s. ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 90f.
33
Alcvini epp. 93 (MGH Epp. 4, S. 13731).· Nostrum est: secundum auxilium divinae pietatis
sanctam undique Christi ecclesiam ab incursu paganorum et ab infidelium devastatione armis
defendere foris, et intus catholicae fidei agnitione munire. Vestrum est, sanctissime pater:
elevatis ad Deum cum Moyse manibus nostram adiuvare militiam, quatenus vobis intercedenti-
bus Deo ductore et datore populus christianus super inimicos sui sancti nominis ubique semper
habeat victoriam, et nomen domini nostri lesu Christi toto clarificetur in orbe.
34
MUNDING, Königsbrief Karls d. Gr. S. 31. Zur Datierung ebd. S. 22-31: wohl im letzten
Viertel des Jahres 791; ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 78f.
35
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 43-53, 60, 74-77.
$ 24 Der Papst als Pate 159

römischen Liturgie und mehr noch die Verteidigung der Gerechtsame des heiligen
Petrus wurde ihnen als ihre "Verwandtschaftspflicht" nahegebracht36 . Bei den
Karolingern wird man sich als Motivation für die den Päpsten angetragenen Taufen
und Patenschaften zunächst einmal das bereits angesprochene Segensverlangen
vorzustellen haben, das darauf abzielte, dem eigenen Geschlecht Leben und Herr-
schaft zu erhalten. So bringt denn auch die anonyme Vita Hludowici eine Deu-
tung der Ereignisse von 781 genau in diesem Sinne: Karl habe geglaubt, daß es
eine nicht geringe Hilfe bedeute, wenn seine Söhne vom Statthalter der Apostel-
fürsten die Königsinsignien mit apostolischem Segen entgegennähmen 37 .
Epochemachend aber wirkten vor allem die politischen Faktoren, die mit dieser
Kompaternität verbunden waren. Den Päpsten muß bewußt gewesen sein, zu wem
sie hier in Konkurrenz traten. Bis dahin galt "der byzantinische Kaiser ... als der
Vater einer weitverzweigten Herrscherfamilie, die nach Gottes Ratschluß und mit
seiner Gnade die Oikumene regiert"38. Nach eben diesem Anspruch begannen
nun aber die Päpste, ihre eigene politische Familie aufzubauen. Selbst im Verfah-
ren hielten sie sich ganz an das in Byzanz vorgeformte Modell: Der geistliche
Sohn, den sie aus der Taufe hoben, erhielt zum Zeichen seiner politischen Stellung
entsprechende Ehrenämter und Insignien. So empfingen Pippin und seine Söhne
genau jene Würde, die auch in Byzanz den Täuflingen normalerweise zuteil wurde:
die Patriziuswürde39. Und wie in Byzanz mit der Taufsohnschaft eine irgendwie
geartete Königsinvestitur vorgenommen werden konnte, so tat es nun auch der
Papst, indem er Pippin und seine Söhne zu Königen erhob, freilich mit der in By-
zanz unüblichen Königssalbung40 . Entscheidend ist aber folgendes: Wie in Byzanz
der Kaiser dem geistlichen Sohn die Herrschaftsstellung umschrieb und zuteilte,
so maßten sich nun die Päpste im Westen ein gleiches Recht an: 751 bei der Kö-
nigserhebung Pippins und 754 in der von Stephan bestätigend an Pippin und
seinen Söhnen vorgenommenen Königssalbung; dadurch erhielt die neue Dynastie,
die bis dahin mit ihren Königsplänen gescheitert war, ihre Legitimation. Der Papst
aber war der neue Vater in dieser Familie der Könige. Auch der Taufe von 781 ist
eine gewichtige politische Komplementärseite beigefügt worden. Mit Karlmann-
Pippin war der jüngere und bereits getaufte Ludwig nach Rom gekommen; beide

36
S. z.B. die Aufforderung Pauls I. an Pippin; Codex Carolinus 14 (MGH Epp. 3, S. 512s):
precor, benignissime spiritalis computer, obtime rex, ut coeptum redemptionis Dei ecclesiae
etplenariae iustitiae beati Petri perficere iubeas bonum opus.
37
Astronomus, Vita Hludowici 4 (MGH SS 2, S. 6083SJ: Post non multutn sane tempus incidit
ei desiderium dominam quondam orbis videre Romam, principisque apostolorum atque doctoris
gentium adire limina, seque suamque prolem eis commendare, ut talibus nitens suffragatoribus,
quibus coeli terraeque potestas attributa est, ipse quoque subiectis consulere, perduellionum
etiam, si emersissent, proterviam proterere posset; ratus etiam non mediocre sibi subsidium
conferri, si a vicario eorum cum benedictione sacerdotali tarn ipse quam et filii eius regalia
sumerent insignia. Quae res Deo prosperante pro voto cessit, ibidemque Hludowicus eius filius,
cunarum adhuc utens gestatorio, benedictione regnaturo congrua et regali insignitus est diade-
mate per manus Adriani venerandi antistitis.
38
DÖLGER, Brüderlichkeit der Fürsten Sp. 645.
39
S. $ 2 Anm. 22-25.
40
OSTROGORSKY, Kaisersalbung S. 94-108.
160 Papst als geistlicher Vater

erhielten dort die Königssalbung und dabei wohl auch Königskronen41 . Hatten
die Salbungen von 751 und 754 die Legitimierung Pippins und seiner Söhne —
und damit die Abdankung der Merowinger — bewirken sollen, so ähnlich wieder-
um jetzt: Pippin wurde König im langobardischen Italien und Ludwig in Aquita-
nien. Beide Reiche hatten ihre eigenen Herrschergeschlechter gehabt, die aber
durch die Karolinger vom Thron gestoßen waren und gegen die jetzt die päpstliche
Salbung eine Legitimierung der dort eingesetzten Karolingerkönige bewirken
sollte. Dies aber geschah dadurch, daß der Papst als "Vater der Völkerfamilie"
diese Könige einsetzen zu können glaubte, ganz so wie es der Basileus in Byzanz
schon seit langem tat.
Wenn die Päpste in ihren Patenschaften und Königserhebungen wirklich als
"Vater der Völkerfamilie" gehandelt haben, erscheint es lohnend, von solchem
päpstlichen Selbstverständnis her noch einmal auf den vieldiskutierten Akt der
Königserhebung Pippins zurückzuschauen. Besonders erfolgreich in der Deutung
dieses für die ganze abendländische Geschichte fundamentalen Ereignisses ist
eine Formulierung von Fritz Kern geworden: "So schickte man zum Papst, dem
Orakel des göttlichen Naturrechts, das allein imstande war, den Prozeß gegen das
merowingische Geblütsrecht sicher zu gewinnen" 42 . Das "Orakel" wird bis heute
angeführt, weil es offenbar einer bestimmten Deutung sehr entgegenkommt, ob-
wohl in den Quellen kein Anhalt dafür zu finden ist. W. Affeldt, der über die Kö-
nigserhebung Pippins eine umsichtige Aufarbeitung der langen historischen Dis-
kussion vorgelegt hat, resümiert folgendermaßen: "Das päpstliche Responsum
bedeutet für Pippin eine zusätzliche Legitimation, einen zusätzlichen Rechts-
titel ,.."43. Hierin spiegelt sich die Meinung bedeutender Forscher, so Johannes
Hallers44, Walter Schlesingers45 oder auch Uta Reinhardts 46 . Es ist die gängig
gewordene Meinung, der Papst habe zur Königserhebung Pippins "moralischen"
Beistand geleistet, so etwa gegen bestimmte fränkische Oppositionsgruppen, wohl
auch gegen die von der Herrschaft abgedrängten Karlmann-Söhne und endlich
gegen die Legitimisten. Der Papstbescheid sei nur eine zusätzliche Legitimierung
gewesen, die Gehör gefunden habe wegen der vorangeschrittenen Verchristli-
chung des Adels und des persönlichen Ansehens der Päpste. Das Responsum, das
keinen Befehl und nur ein Gutachten darstelle, habe keine irgendwie entscheiden-
de Funktion bei der Königserhebung gehabt. Die Krone sei selbstverständlich
nicht von den Päpsten, sondern von den Franken übertragen worden; konstitutiv
sei deren Wahlhandlung gewesen. Wohl habe man dem Papst die moralische Last
für den Umsturz aufbürden wollen, wie J. Haller schrieb; dessen Wort habe auch
die zartesten Gewissen be seh wichtigt 47 . Auf jeden Fall müsse dafürgehalten wer-
den, daß der Dynastiewechsel im Frankenreich im Grunde auch ohne päpstliche
41
ANGENENDT, Rex et Sacerdos S. 113f.
42
KERN, Gottesgnadentum S. 67.
43
AFFELDT, Königserhebung Pippins S. 185.
44
HALLER, Papsttum l, S. 410f.
45
SCHLESINGER, Karlingische Königswahlen S. 89-92.
46
REINHARDT, Geistlichkeit bei den Königswahlen S. 4-19.
47
HALLER, Papsttum l, S. 411.
$ 24 Der Papst als Pate 161

Hilfe hätte vonstatten gehen können. Andererseits muß aber Affeldt doch zuge-
stehen, daß "die Rolle des Papstes Zacharias bei der Königserhebung Pippins noch
beachtlich genug" sei48. Er kann nicht leugnen, daß die Tatsache der Anfrage
beim Papst einhellig in den Quellen zu konstatieren ist, und er muß weiter einge-
stehen, daß die Entscheidung der päpstlichen Auctoritas und das entsprechende
Responsum nicht den Eindruck einer Routine-Entscheidung erweckten, ja daß es
eher den Anschein habe, der Reichsannalist wie überhaupt die den Karolingern
nahestehende Annalistik sei "gewissermaßen päpstlicher gewesen ... als der
Papst"49. Ferner gibt zu denken, daß eine so wichtige Autorität wie E. Perels
sogar mit der Möglichkeit einer päpstlichen Ernennungsurkunde für Pippin ge-
rechnet hat 50 und daß O. Bertolini in dem Entscheid des Zacharias die erste
Ausweitung der päpstlichen Binde- und Lösegewalt auf den politischen Bereich
konstatierte51 . Dennoch bleibt Affeldt insgesamt skeptisch: "Daß man dem Papst
gestattet haben sollte, über des Hausmeiers Pippin weiteres politisches Schicksal
zu verfugen, daß man sich dem Orakelspruch' des Bischofs von Rom ... gebeugt
hätte, halte ich schlechterdings für ausgeschlossen"52 . Es bleibt bei der "morali-
schen" Unterstützung: "Pippin und sein Anhang benutzten daher die guten
Beziehungen zu Kirche und Papsttum, um sich hier Luft zu verschaffen und sich
von einer im ganzen anerkannten ... überparteilichen Institution in Form einer
gutachterlichen, allerdings mit bedeutender 'auctoritas' ausgestatteten Äußerung,
die zudem den bekannten älteren Responsa entsprach, den Rücken stärken zu
lassen"53. Aber auch diese Wirkung denkt er sich nochmals eingeschränkt; sie
wirkte vor allem "geistlich", daß nämlich "das päpstliche Responsum zumindest
auf die fränkische Geistlichkeit seine Wirkung nicht verfehlt hat"54 .
Daß aber der Papst wirklich als "Vater der Völkerfamilie" gehandelt hat, läßt
sich an Hinweisen aus bereits älteren Papstbriefen, die ein neues päpstliches
Selbstverständnis auszusprechen beginnen, weiter bestärken. Nachdem schon
Papst Benedikt II. (684-685) erstmals den Anspruch erhoben hatte, daß die römi-
sche Kirche mater omnium ecclesiarum sei 55 , ist als weiteres wichtiges Dokument
der Synodalbrief Papst Agathos' (678-681) zu nennen, den dieser aus Anlaß des
6. Ökumenischen Konzils an den Oberkaiser' Konstantinos und dessen als 'Augu-
sti' betitelten Söhne Heraklios und Tiberios gerichtet hat; darin wird die römische
Kirche mehrmals als spiritalis mater a deo fundati vestri imperil bezeichnet 56 .

48
AFFELDT, Königserhebung Pippins S. 182.
49
Ebd. S. 170.
50
PEREIS, Pippins Erhebung S. 414ff.
51
BERTOLINI, Roma S. 502.
52
AFFELDT, Königserhebung Pippins S. 184.
53
Ebd.
54
Ebd. S. 184f.
55
S. J 23Anm. 6.
56
Agatho, Epistola prima ad augustos imperatores (MIGNE PL 87, Sp. 1165A): haec spiritalis
mater eorum ac a Deo propagati imperil, apostolica Christi Ecclesia ...; ebd. Sp. 1169G: haec
spiritalis mater vestri tranquilissimi imperil, apostolica Christi Ecclesia; ebd. Sp. 1172C: aposro-
lica Christi Ecclesia, spiritalis mater a Deo fundati vestri imperii; CASPAR, Papsttum 2, S. 781 f.
162 Papst als geistlicher Vater

Auch begannen zu genau dieser Zeit die Päpste damit, den byzantinischen Kaiser
als filius noster oder filius sancti Petri zu benennen 57 . Der in dem Titel 'mater
imperii' mitschwingende politische Anspruch hat später eine massive Ausdeutung
im Constitutum Constantini erfahren, das "dem Papst die kaisergleiche Stellung
im Westen ... zuspricht" 58 . Dieser Anspruch der Päpste muß mit berücksichtigt
werden, wenn der päpstliche Anteil an der Königserhebung Pippins diskutiert
wird. Wenn nämlich die römische Kirche als geistliche Mutter des Imperiums auf-
treten konnte, wie sollte es ihr da an Selbstbewußtsein gegenüber den Barbarenfür-
sten gefehlt haben! Die Päpste handelten als 'pater' im Namen der römischen
Kirche; diese war 'mater omnium ecclesiarum', zugleich auch 'mater imperii'
und 'mater omnium nationum' 59 . Die Päpste handelten zudem als von Konstantin
beerbte Kaiser im Westen. Demzufolge war auch das angewandte Verfahren "kai-
serlich". Daß Stephan II., Paul L, versuchsweise auch Stephan III. und zuletzt
Hadrian I. an den Karolingern genau jenes patenschaftlich-politische Ritual
vollzogen, mit dem im Osten die Kaiser schon seit langem Herrscher in ihr Impe-
rium aufnahmen und dabei auch zu Königen erheben konnten, kann eigentlich
nur noch als selbstverständliche Konsequenz empfunden worden sein. Nicht eine
nachträgliche "moralische" Beruhigung haben die Päpste geliefert, vielmehr haben
sie selbst die Erhebung "gerechtfertigt". Wenn hingegen Affeldt glaubt heraus-
stellen zu sollen, daß die Karolinger bei der endgültigen Legitimierung ihrer Dyna-
stie — wohl infolge der vorangeschrittenen Verchristlichung60 — nicht mehr den
Weg der Adoption gewählt hätten, wie ihn zuletzt noch Karl Martell mit der
Adoption Pippins durch den Langobardenkönig zu gehen versucht hatte 61 , so
haben dieselben nach unserer Auffassung gerade auch beim letztgültigen Akt ihrer
Königserhebung nochmals die Adoption in Anspruch genommen, freilich jetzt
in einer christlich-imperialen Form. Wenn man außerdem noch bedenkt, daß die
Merowinger, wie E. Ewig gezeigt hat 6 2 , durch die Sohnschaft zum byzantinischen
Kaiser ihre Stellung erstgültig und langfristig zu legitimieren vermochten, so
scheint es, daß die Karolinger nicht anders gehandelt haben; nur daß sie sich jetzt
einen anderen 'Vater' erwählten.
Daß in der Erfassung des päpstlichen Anteils an der Königssalbung Pippins und
der Legitimierung seiner Dynastie Resignation nicht angebracht ist, läßt sich end-
lich auch daran verdeutlichen, daß bei den 751 an Pippin und 754 an ihm und sei-
nen Söhnen vorgenommenen Salbungen, denen traditionellerweise eine "kompen-
sierende Funktion" für das den Karolingern fehlende Königsheil zugesprochen
wird63 , der päpstliche Anteil nicht nur größer ist als bisher angenommen, sondern

57
Leonis II papae epp. 4 (MIGNE PL 96, Sp. 413C); CASPAR, Papsttum 2, S. 78If.
58
CLASSEN, Karl der Große S. 544.
59
S. $ 23 Anm. 7.
60
Darauf hat H. BÜTTNER (Abendländischer Staatsgedanke S. 163-167) hingewiesen.
61
S. $ 19 Anm. 75 u. 76.
62
EWIG, Merowinger.
63
AFFELDT, Königserhebung Pippins S. 125. C. BRÜHL (Kronen- und Krönungsbrauch S.
24): "... die Hilfestellung einer moralischen Autorität wie des Papstes [war] für den neuen
König Pippin von unschätzbarem Wert, ja die eigentliche Voraussetzung des Staatsstreichs".
$ 2 5 Ergebnis und Ausblick 163

sogar als dominierend angesehen werden muß 64 . Insbesondere dürften die Päpste
der Salbung eine ganz bestimmte Deutung unterlegt haben: Sie war eine Spezi-
fizierung der postbaptismalen Salbungen, die dem Getauften Anteil an Christi
Königtum gaben 65 . Schon Avitus von Vienne (+ 518) hat dieses Verständnis
auf König Chlodwigs Taufe angewandt: Die Salbung vermittelte dem Franken ein
besonderes Königtum66 . Die Päpste dürften ebenso gedacht haben67 .
Das Verhältnis zwischen den Päpsten und Karolingern, wie es sich in der zwei-
ten Hälfte des 8. Jahrhunderts hergestellt hat, bietet uns eine erstaunliche Kette
von päpstlichen Taufpatenschaften, wie sie keinem Geschlecht sonst zuteil gewor-
den, ja wie sie überhaupt nicht noch ein zweites Mal anzutreffen ist. Wohl hat
noch der Baiernherzog Tassilo eine päpstliche Compaternitas angestrebt; ob er sie
auch erhalten hat, bleibt fraglich68 . Seit den Ereignissen des Jahres 800 hatte der
Papst dann einen Kaiser zur Seite, welcher gleichfalls der Vater der westlichen
Völkerfamilie zu sein beanspruchte 69 . Nicht daß die Päpste deswegen auf jeden
Anspruch einer politischen Oberhoheit verzichtet hätten 70 , aber dies wurde nicht
mehr mittels der Patenschaft bewerkstelligt. Päpstliche Patenschaften waren fort-
an "Ehrensache"71 .

§ 25 Ergebnis und Ausblick

Das Taufverständnis, so konnten wir feststellen, hat sich im Frühmittelalter in


vieler Hinsicht den zeitüblichen Vorstellungen geöffnet: Die Taufe diente dem
Heil von Seele und Leib; ja, sie galt als förderlich sogar für das Königsheil wie auch
das Wohlergehen des Volkes und in der Politik für den Frieden.
Besonders wichtig ist in unserem Zusammenhang die Patenschaft, deren Ver-
ständnis und Praxis bislang nicht hinreichend untersucht worden sind. Wiederho-
len wir noch einmal unsere Feststellungen: Bei der Taufe hatte ein geistlicher
Vater oder eine geistliche Mutter mitzuwirken. Sie wurden mit dem Täufling geist-
lich verwandt, weil Gott selbst bzw. sein Heiliger Geist die Seelen zu einer Ge-
meinschaft zusammenfügte; solche waren dann durch ein geistliches Band (vincu-
lum spiritale) miteinander verbunden. Diese geistgewirkte Verbundenheit erfor-
derte ein besonderes Wohlverhalten. Die geistlich Verbundenen mußten in from-
mer Liebe (religiosus amor) miteinander umgehen. Wie sehr diese Pflicht respek-
tiert wurde, ist am besten daran abzulesen, daß die Patenliebe auch dann noch,
wenn die Blutsbande bereits ihren Verpflichtungscharakter verloren hatten, ihre
Wirkung tat und zum Beispiel lebensschonend wirkte. Im 7. und 8. Jahrhundert

64
ANGENENDT, Rex et Sacerdos S. 116f.
65
DABIN, Sacerdoce royal S. 69-258.
66
S. i 26 Anm. 30.
67
ANGENENDT, Rex et Sacerdos S. 107-110.
68
DERS., Geistliches Bündnis S. 65ff.
69
HOLTZMANN, Weltherrschaftsgedanke S. 251-264.
70
FRIED, Päpstlicher Schutz S. 37-53.
71
CORBLET, Sacrement de- Bapteme 2, S. 220.
164 Papst als geistlicher Vater

hat sich dann eine Ausweitung der geistlichen Verwandtschaft vollzogen. Sie
umfaßte jetzt nicht mehr nur den Paten und sein Taufkind, sie umschloß fortan
auch die Eltern des Täuflings. Zwischen den geistlichen und leiblichen Eltern des
Getauften war nun gleichfalls ein geistliches Band gezogen, das ein besonderes
Wohlverhalten verlangte. Die Patenschaft mit ihrer Erstellung einer geistlichen
Verwandtschaft wurde als ein Ritus gefeiert, der es Christen ermöglichte, mitein-
ander einen brüderlichen Bund einzugehen. Dieser Bund war von Gott selbst
geheiligt und deswegen von übermenschlicher Festigkeit.
In der Missionspolitik bekam die Patenschaft noch eine zusätzliche Bedeutung.
Ein christlicher Herrscher, der einen konvertierenden König aus der Taufe hob,
war als geistlicher Vater nicht allein für diesen seinen Taufsohn verantwortlich,
sondern auch für dessen Volk. Der herrscherliche Pate entsandte die Missionare,
wodurch sich die Möglichkeit auftat, das neubekehrte Land der eigenen Landes-
kirche einzugliedern. Die Mission wurde dadurch "imperial". Für einen bekeh-
rungsbereiten Herrscher aber bot sich noch die weitere Möglichkeit an, den Papst
zum geistlichen Vater zu erwählen und von ihm die Missionare zu erbitten. So
gab es also eine Dualität in der Missionspolitik: Während die politischen Herr-
scher mit der Mission immer zugleich auch Reichsausweitung verbanden, war
die von Rom ausgehende Mission bereit, jedem Volk ein eigenes Erzbistum und
damit eine relative kirchliche Eigenständigkeit zuzuerkennen.
Zweiter Teil:

DER IMPERIALE TAUFPATRONAT IM WESTEN

1. Die fränkische und angelsächsische Bekehrung


§ 26 Chlodwig und die Franken

a) Taufe Chlodwigs
Schon dem Zeitgenossen Avitus von Vienne hat sich in Chlodwigs Taufe der
Eindruck einer Wende aufgedrängt1 ; nach W. von den Steinen soll diese sogar
als "Staatsakt größten Stils"2 empfunden worden sein. Auch in heutiger histori-
scher Rückschau erscheint sie noch als epochales Ereignis: Ein "Markstein auf
dem Wege der Entfaltung der geschichtlichen Eigengestalt Europas"3 ist sie ge-
nannt worden, sogar "ein wahrhaft weltgeschichtlicher Akt"4 .
Doch hat uns die Überlieferung nur ein lückenhaftes Bild hinterlassen: Zeit,
Ort und Personen der Handlung sind nicht mit letzter Sicherheit zu bestimmen.
Remigius von Reims als der zuständige Metropolit gilt als Taufspender, wiewohl
Avitus von einer numerosa pontificum manus spricht 5 . Durch die Beteiligung
eines größeren Teiles des gallikanischen Episkopates, den Chlodwig offenbar
insgesamt eingeladen hatte 6 , mußte die gesamtkirchliche Bedeutung der Taufe
augenfällig hervortreten. Als Taufort gilt Reims, was deswegen wahrscheinlich ist,
weil diese Stadt die für die Franken nächstgelegene Metropole war und Remigius
ein wesentliches Verdienst an Chlodwigs Bekehrung zuzusprechen ist 7 . Ein Brief
des Trierer Bischofs Nicetius — das letzte der drei grundlegenden Zeugnisse zur
Chlodwigstaufe8 — spricht freilich davon, daß Chlodwig in Tours das Gelübde der
Taufe abgelegt und dann dieselbe auch empfangen habe9 ; doch weiß Gregor von
Tours, trotz offenbar guter Informanten, nichts von einer Taufe in seiner Bi-
1
REYDELLET, Royaute S. 88ff; STAUBACH, Germanisches Königtum S. 18.
2
VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 34.
3
SCHÄFERD1EK, Chlodwig S. 2.
4
ZÖLLNER, Geschichte der Franken S. 63; s. auch ANTON, Chlodwig S. 482.
5
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 30 ). Zu Remigius ausführlich VON DEN
STEINEN, Chlodwig S. 15-27; zur Taufhandlung ebd. S. 34-53. Kritik an der "liturgischen Ar-
gumentation" bei SCHÄFERDIEK, Remigius S. 265ff. Es ist nur modernes Ressentiment, wenn
M. REYDELLET schreibt (Royaute S. 108 Anm. 84): "un seul a accompli les rites et prononce
les paroles sacramentelles. On n'avait pas encore invente la 'concelebration'."
6
VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 71; REYDELLET, Royaute S. 97ff.
7
VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 13-29; SCHÄFERDIEK, Remigius S. 262-268.
8
VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 53-61.
9
Epp. Austrasicae 8 (MGH Epp. 3, S. 1224): humilis ad domni Martini limina cecidit et bapti-
zare se sine morapromisit, qui baptizatus ...
166 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

schofsstadt. Besonders umstritten ist die Datierung; die Kontroverse geht um eine
Frühdatierung vor 500 und eine Spätdatierung auf 507, wofür sich jüngst Rolf
Weiß wieder eingesetzt hat 10 . Die neueren Stellungnahmen neigen alle zu einer
freilich unterschiedlich angesetzten Frühdatierung: zwischen 496 und499 n . Das
wichtigste Argument für die Datierung vor 500 ist darin zu sehen, daß die nach
der Taufe Chlodwigs geborenen Söhne bei dessen Tod im Jahre 511 offenbar
schon ein herrschaftsfähiges Alter erreicht hatten, was bei einer 507 vollzogenen
Taufe als unmöglich angesehen werden müßte 12 . Für das Taufverständnis der
sich bekehrenden Germanen hat die Chlodwig-Taufe immer ein wichtiges Beispiel
abgegeben, sowohl im Blick auf das schon erwähnte Motiv des stärkeren Gottes13
wie auch der korporativen Taufentscheidung 14 . Mit Recht aber nennt M. Rey-
dellet diese bei Gregor von Tours bevorzugte Thematik "miraculeux", demgegen-
über Avitus mehr "rationel" geblieben sei15 ; letzterer verdient darum besondere
Beachtung.
Vornean steht die von Reydellet erneut ausgesprochene und von N. Staubach
weitergeführte Deutung, daß in dem Brief des Avitus die Idee eines neuen christ-
lichen Königtums vorgetragen werde. Ausgangspunkt ist dabei die Lichtsymbolik,
die Avitus gleich im Briefbeginn aufleuchten läßt: 'Auch in der Gegenwart [ist]
der selten durchbrechende Strahl der Wahrheit aufgeblitzt.' 16 Daß die Taufe an
Weihnachten stattfinden sollte, bietet willkommene Gelegenheit, dem Lichtge-
danken eine beziehungsreiche Ausdeutung zu unterlegen. Wie oben bereits ange-
deutet17 , liefert die nativitas den grundlegenden Gedanken, daß die in der Taufe
vollzogene Wiedergeburt des Königs der Geburt Christi an Weihnachten entspre-
che18 : Das in der Geburt Christi über der Welt aufgegangene Licht entzündet
sich neu im König bei dessen Wiedergeburt (natalis ... quo vos scilicet Christo,
quo Christus ortus est mundo), so daß nun der König selbst zum Licht für den Ok-
zident wird, freilich zu einem Licht nur von dem neuen Licht Christus her (occi-

10
WEISS, Chlodwigs Taufe S. 92-100.
11
SCHÄFERDIEK, Chlodwig S. 1: "am Weihnachtstag wohl 499"; ausführlicher DERS.,
Geschichte Chlodwigs S. 270-277; ANTON, Chlodwig S. 482: "frühestens zu Weihnachten 497
bzw. 498, spätestens aber ein Jahr danach"; GRIFFE, Episcopal gaulois S. 272: "on peut
penser a l'annee 496 ou 497"; REYDELLET, Royaute S. 95: "la date de 496/497 n'a pas
ete solidement remise en cause" (dort auch eine Übersicht über die französische Literatur);
EWIG, Merowinger S. 9: "wohl 498"; DERS., Chlodwig Sp. 1865; LIPPOLD, Chlodovechus Sp.
151: "mit von den Steinen ... [ist] jede Datierung von 495 an möglich".
12
EWIG, Dynastie S. 36-38; SCHÄFERDIEK, Geschichte Chlodwigs S. 272f; REYDELLET,
Royaute S. 95 mit Anm. 27.
13
S. $ 10 Anm. 16-25.
14
S. S 12.
15
REYDELLET, Royaute S. 102f.
16
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 s ): etiam in praesentibus interlucens radius
veritatis emicuit; Übersetzung nach VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 65 S 2.
17
S. S 6 Anm. 83-86.
18
STAUBACH, Germanisches Königtum S. 29ff. Die Licht-Dunkel-Symbolik konnte auch
insofern mit der Taufe verbunden werden, als sie in der Nacht zum Oster- oder Pfingstfest
gespendet wurde.
S 26 Chlodwig und die Franken 167

duis partibus in rege non novi iubaris lumen)19 . Der gelehrte und literarisch ambi-
tionierte Bischof verflicht dann das alte Weihnachts-Theologumenon, demzufolge
Christus als novus sol über der Welt aufging, mit dem Grundgedanken des Epi-
phaniefestes. Der in der Taufe erleuchtete König ist für den Westen jener Stern,
der im Osten ehemals die Weisen — die Heiden — zu Christus führte: "Der mit der
Taufe Chlodwigs am Geburtstag des Herrn aufleuchtende, die Wiedergeburt (rege-
neratio) des Königs anzeigende Stern entspricht dem Stern von Bethlehem, dem
'Nativitätsgestirn' Christi. Er heißt non novum iubar, weil er eine gleichsam
postfigurative Wiederkehr des novum sidus der ersten Weihnacht darstellt."20
Gegenüber der Graecia — dem oströmischen Kaiser — aber stellt Avitus heraus,
daß nicht mehr allein der Osten einen Fürsten von wahren Gnadengaben besitze,
daß solches Licht nun auch im Westen leuchte. Und wirklich spricht Avitus dem
Chlodwig eine in der Taufe vermittelte Erleuchtung zu, die den Barbarenkönig
zum Licht für andere Völker erhebe: "Die in der Missionsaufgabe am deutlich-
sten zum Ausdruck kommende universalkirchliche Funktion des Frankenkönigs
wie des Kaisers hat ihn sicherlich vor allem dazu bewogen, Chlodwig in seinem
Brief unter der Licht- und Astralbildlichkeit des non novum iubar darzustellen."21
Das alte Theologumenon von der Taufe als einem 'photismos', der jedem Getauf-
ten zuteil wurde, war schon bald in dem Sinne weitergeführt worden, daß der
Kaiser eine besondere Erleuchtung empfangen habe, um der Welt voranzuleuch-
ten 22 . Avitus spricht nun auch Chlodwig eine solche in der Taufe vermittelte
Erleuchtung zu, die den Barbarenkönig gleichfalls zum Licht für die anderen Völ-
ker erhebt. Mit seiner Wiedergeburt aus der Taufe am Geburtstag des Erlösers
wiederholt sich die Epiphanie Christi für die Barbarenvölker des Westens: "Im
König, der nun als Glied des Gottesvolkes in neuer Weise geadelt und geheiligt
ist, erstrahlt auch ihnen jener nun nicht mehr neue Stern der Berufung zum Chri-
stentum." 23 Hierin geschieht ideell die Stiftung eines neuen christlichen König-
tums, als dessen besondere Aufgabe die Erleuchtung der Völker gilt. Angesichts
dieser heilsgeschichtlichen Aufgabe des Königs, die Völker wie ein neuer Stern
von Bethlehem zu Christus zu führen, erscheint dann die Aufforderung, mit der
Avitus seinen Brief beendet, als "ein gedanklich konsequenter und auch rheto-
risch brillant zugespitzter Schluß- und Höhepunkt" 24 : 'Nur eines wünschten wir
gemehrt: wenn nun Gott Euren Stamm durch Euch ganz und gar zu dem Seinen
machen wird, so streut aus dem reichen Schatz Eures Herzens die Glaubenssaat
auch unter die ferner wohnenden Stämme, die bisher in natürlicher Unwissenheit
leben und nicht durch Keime von Irrlehren verdorben sind. Frisch und ohne
Scheu vertretet, auch durch eigens entsendete Botschafter, die Sache Gottes, der

19
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 7518).· Illustrat tuum quoque orbem claritas
sua, et occiduis partibus in rege non novi iubaris lumen cffulgurat.
20
STAUBACH, Germanisches Königtum S. 28.
21
Ebd. S. 33.
22
HUNGER, Reich S. 96-103.
23
STAUBACH, Germanisches Königtum S. 37.
24
Ebd. S. 32.
168 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

die Eure so hoch erhöht hat: auf daß all die Heidenvölker draußen vorerst um des
christlichen Gebotes willen Euch dienen und, während sie noch getrenntes Eigen-
tum zu behalten scheinen, doch eher dem Stamme als dem Herrscher nach ge-
schieden seien.'25
Es besteht in der Forschung weitgehend "Einigkeit darüber, daß Avitus dem
Königtum Chlodwigs eine christliche Grundlage zu schaffen unternommen hat.
Wie aber M. Reydellet und N. Staubach hervorgehoben haben, hat dabei Avitus
auch noch Einzelheiten der Taufzeremonie so ausgelegt, daß er die mit dem christ-
lichen Taufverständnis verbundenen Motive der Umkehr, Verwandlung und Wie-
dergeburt dazu verwenden konnte, eben daraus das neue Königtum hervorgehen
zu lassen26 . Chlodwig wurde ja in der Taufe nicht nur Christ, sondern christlicher
König. So benutzt Avitus das Salbungsmotiv in einer seiner "Königstheologie"
entsprechenden Weise. Mit der Taufe ist bekanntlich früh die Idee des Königtums
verbunden worden, wobei die alttestamentliche Königs- und Priestersalbung als
Erläuterung diente 27 . In Gallien bezeugt bereits Salvian von Marseille (+ nach
480) diese Auffassung 28 , die freilich in der gallischen Liturgie nurmehr in jüngeren
Quellen zu fassen ist 29 . Für Avitus mußte die Taufsalbung ein willkommener
Ritus sein, das in der Taufe begründete neue Königtum Chlodwigs zu verdeutli-
chen. Tatsächlich setzt er die Salbung in Beziehung zu wichtigen Königsinsignien,
zum crinis nutritus und zum Helm (cassis): 'Das volle Haar unter dem Kriegshelm
erhielt den heilbringenden Helm der heiligen Salbung aufgesetzt.'30 Einen Rück-
bezug auf die alttestamentliche Königssalbung hat freilich Avitus nicht ange-
bracht. Vielmehr wählt er einen neutestamentlichen Hintergrund: Es ist die im
sechsten Kapitel des Epheser-Briefes geschilderte 'Waffenrüstung Gottes' mit der
galea salutis (Eph 6,17). Hatte aber das Anlegen dieser spirituellen Waffenrüstung
ursprünglich allen Getauften gegolten, so erscheint hier eine königsgemäße Spezi-
fizierung: Anstelle des alten Kriegshelmes verschafft die Salbung dem König eine
neue galea salutaris. Wenn später aus den Taufsalbungen die Königssalbung
abgeleitet wurde, so haben wir hier eine erste frühe Vorstufe.

25
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 76 8 ); Übersetzung nach VON DEN STEINEN,
Chlodwig S. 67 $ 23 und 24.
26
STAUBACH, Germanisches Königtum S. 24; REYDELLET, Royaute S. 106-109.
27
DABIN, Sacerdoce royal S. 69-258.
28
Salvian, De gubernatione Dei III (MIGNE PL 53, Sp. 58B): divini chrismatis unctionem:
scilicet ut sicut apud Hebraeos quondam, id est, peculiarem ac propriam Dei gentem, cum judi-
ciarius honor in potestatem regiam transcendisset, probatissimos et lectissimos viros per unguen-
tum regium Deus vocavit in regium, sic omnes homines Christiani, cum post chrisma ecclesiasti-
cum omnia Dei mandata fecissent, ad capiendum laboris praemium vocarentur ad caelum. S.
ferner Venantius Fortunatus, In laudem chrismatis (ebd. 88, Sp. 97B):
Consecrare tu dignare,
Rex perennis patriae,
Hoc olivum, signum vivum.
Jura contra daemonum.
29
S. § 15.
30
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 '): cum sub casside crinis nutritus salutarem
galeam sacrae unctionis indueret.
$ 26 Chlodwig und die Franken 169

Den Unterschied, der für Chlodwig in der Taufe zwischen dem Früheren und
Zukünftigen bewirkt wurde, verdeutlicht Avitus noch in weiteren Punkten: 'Gutes
habt Ihr geerbt, Besseres wolltet Ihr vererben: Ihr verantwortet Euch vor den
Vorfahren dahingehend, daß Ihr auf Erden regiert; Ihr gebet es den Nachfahren
zum Gesetz, daß Ihr im Himmel regieren möget.'31 Es ist dies die religiös so wich-
tige Frage nach den Vorfahren, deren Erbe es weiterzutragen gilt. Die meisten,
so beklagt Avitus, stellten der Taufe consuetudinem generis et ritum paternae
observations entgegen; aus Ehrfurcht zu den Eltern würden sie am Unglauben
festhalten und sich damit entschuldigen, nicht zu wissen, was sie wählen sollten.
Chlodwig aber ist schon gleich zu Anfang dafür gelobt worden, gewählt zu haben:
vobis eligitis32. Hierbei ist gewiß der schon von Tertullian geforderte Entscheid
zwischen heidnischer consuetudo und christlicher veritas vorauszusetzen 33 . Avitus
aber hat neben der consuetudo generis wohl auch an das speziell germanische
Problem der heidnischen Geschlechterüberlieferung sowie der Abstammung von
Göttern gedacht, spricht er doch weiter von dem priscae originis stemma3*. In
der historischen Forschung sind diese Ausdrücke durchweg als Anspielung auf eine
göttliche Abstammung der Merowinger gedeutet worden 35 , wiewohl diese Ab-
kunft erst bei Fredegar bezeugt ist. Immerhin, schon für Avitus ist klar, daß
Chlodwig im Blick auf seine Herkunft einen Verzicht bei der Taufe zu leisten
hatte: vos de toto priscae originis stemmate sola nobilitate contentus36, und
dieser Verzicht kann sich sinnvollerweise nur auf ein christlich nicht akzeptier-
bares und darum heidnisches Verständnis der Abkunft beziehen. Daß es wohl

31
Ebd. Z. 15: Habetis bonorum auctores, voluistis esse meliorum. Respondetis proavis, quod
regnatis in saeculo; instituistis posteris, ut regne tis in caelo; Übersetzung nach VON DEN STEI-
NEN, Chlodwig S. 65 § 9.
32
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 7 ).
3
Tertullian, De virginibus velandis I l (CChr.SL 2, S. 1209 ): Ex his enim fere consuetudo
initium ab aliqua ignorantia uel simplicitate sortita in usum per succesionem corroboratur et
ita aduersus ueritatem uindicatur. Sed Dominus noster Christus ueritatem se, non consuetu-
dinem, cognominauit. — Mit der Loslösung aus der kollektiven Ordnung mußte vor allem die
Bedeutung des Einzelnen hervortreten. S. z.B. die Feststellung von G. ALFÖLDY (Rolle des
Einzelnen S. 38): "Die Individualität wurde nicht primär an persönlichen Fähigkeiten, Inter-
essen, Ambitionen, nicht an der Einzigartigkeit und Einmaligkeit, nicht an der Originalität,
nicht an der Unwiederholbarkeit des einzelnen Menschen gemessen, sondern an dessen Verhält-
nis zu Roms kollektiver moralischer Ordnung, zum Kanon der Werte der römischen Tradition."
Ebd. S. 47: "Wir müssen nämlich dem Christentum die Verantwortung — oder das Verdienst
— zuweisen, daß den alten Wertvorstellungen Roms mit der Bewältigung der Krise des 3. Jahr-
hunderts keine lange Zukunft mehr beschieden war, und daß dadurch die Neubewertung der
Stellung des Einzelnen unvermeidlich wurde. Denn weder die Erlangung der Weltherrschaft
noch die Begegnung mit dem griechischen Geist bewirkten in den Wertvorstellungen Roms und
dementsprechend auch in den Vorstellungen über den Wert des Einzelnen einen so tiefgreifen-
den Wandel wie die christliche Lehre. Durch die Lehre von Glaube und Nächstenliebe kam
nicht nur eine neue Ethik, sondern auch eine neue Anthropologie auf." S. auch STOCKMEIER,
Konstantinische Wende S. 1-17.
34
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 13 ).
35
Chronicon Fredegarii III 9 (MGH SS rer. Merov. 2, S. 95f); HAUCK, Herrschergenealogien
S. 195-198, 203f; kritisch GRAUS, Volk S. 319f; REYDELLET, Royaute S. 196 Anm. 74.
36
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 13 ).
170 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

wirklich um die Abkehr des Königs von seinem gentilen Ursprungsglauben ging,
hat Nikolaus Staubach im Rückgriff auf die alte Tauftheologie weiter erhärten
können: "Mit der Taufe tritt er in eine andere Kult- und Abstammungsgemein-
schaft ein; er verliert seinen alten 'Götter-Stammbaum' und wird als ein 'neuer
Mensch' gleichsam Christus 'angesippt'. "37 So schafft also die Taufe den Ersatz
für die alte heidnische Abkunft.
Nicht minder bedeutsam war offenbar die von Avitus gleichfalls angesprochene
Frage nach der fortuna; es heißt nämlich an späterer Stelle: 'Was bisher das Glück
geschenkt hat, die Heiligkeit wird es nun vermehren.'38 Karl Hauck deutet die
fortuna als Königsglück, das nun durch die sanctitas ersetzt sei 39 . Wie schon der
Abschied von den alten Göttern tief in das Selbstverständnis eingriff, so nicht
minder die Ablösung von der fortuna, die freilich mit den Vorfahren engstens
verbunden war. Jordanes berichtet uns zum Beispiel, daß die Goten geglaubt
hätten, durch die fortuna ihrer Großen zu siegen, die sie deswegen nicht mehr
als Menschen, sondern als Halbgötter angesehen hätten 40 . Und noch viel später
berichtet Rimbert in der Vita Anskarii von einer heidnischen Gottesoffenbarung,
die vor dem Besuch des Heiligen im schwedischen Birka ergangen war: 'Nehmt
den Kult des fremden Gottes, dessen Lehre uns feindlich ist, nicht bei euch auf
und wendet euch seinem Dienst nicht zu! Doch falls ihr mehr Götter wünscht, ...
dann wollen wir einstimmig euren früheren König Erik in unserem Kreis aufneh-
men; er soll einer in der Zahl der Götter sein.'41 Die großen Vorfahren sind Ga-
ranten des Wohlergehens.
Für Avitus muß klar gewesen sein, was alles Chlodwig mit seiner Taufe auf-
geben mußte; darum sein christliches "Gegenangebot". Auf jeden Fall bleibt es
aufschlußreich, daß er Anlaß sah, all diese Punkte einzeln anzusprechen.
Für uns stellt sich weiter noch die Frage nach der Patenschaft. Remigius selbst
soll seinem Testament zufolge der Pate gewesen sein; nur ist dieses Dokument, das
uns erst Hinkmar (+ 882) überliefert, gerade in diesem Punkte nicht unstrittig:
Hluaowicus rex, quem de sacro baptismatis fönte suscepi^ . Wenn Hinkmar in der
von ihm bearbeiteten Vita Remigii seinen Amtsvorgänger als susceptor Chlodwigs
feiert, dient ihm das ebenso zur ruhmvollen Erhöhung seines eigenen Erzsitzes
wie das dort vorgeblich immer noch vorhandene Salböl, das man wunderbarer-
weise für die Taufe des ersten Frankenkönigs vom Himmel her erhalten habe 43 .
Die Patenschaft des Remigius ist historisch möglich, aber nicht sicher zu beweisen.

37
STAUBACH, Germanisches Königtum S. 30.
8
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 76 ): et quicquid felicitas usque hie praesti-
terat, addet hie sanctitas; Übersetzung nach VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 67 i 1.8.
39
HAUCK, Königtum und Adel S. 112f; REYDELLET, Royaute S. 100 mit Anm. 48. S. auch
WOLFRAM, Fortuna S. 1-33.
40
Jordanes, De origine actibusque Getarum 78 (MGH AA 5/1, S. 76 1 2 ); vgl. ebd. 43 (S. 65 3 ).
41
Rimbert, Vita Anskarii 26 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 55, S. 56); HAUCK, Verände-
rung der Missionsgeschichte S. 241.
42
Hinkmar, Vita Remigii 32 (MGH SS rer. Merov. 3, S. 337*); JONES - GR1ERSON -
CROOK, Testamentum Remigii S. 368f; SCHÄFERDIEK, Remigius S. 258f, 266.
43
Hinkmar, Vita Remigii 13-15 (MGH SS rer. Merov. 3, S. 294-300); s. ebd. 15 (S. 297 2 4 ):
$ 26 Chlodwig und die Franken 171

Verläßlicher sind wir nur über einige andere Fakten informiert, die allerdings
dem politischen Taufpatronat engstens benachbart sind: Chlodwig erhielt von Kai-
ser Anastasius (491-518) den Ehrenkonsulat und wurde dadurch in die "Familie
der Könige" Ostroms aufgenommen. Dies aber vollzog sich vor einem religiös
und politisch brisanten Hintergrund. Schon darin, daß Avitus den getauften
Chlodwig in einem kaiserlichen Licht erstrahlen lassen möchte, zeigt sich, wie
sehr Rom und der Kaiser für den Frankenkönig sowie überhaupt für alle Barbaren-
könige das Vorbild und — noch wichtiger — der Legitimitätsgrund blieben. Tat-
sächlich war es "seit dem Staatsstreich Odoakers 476 ... ein Ziel des höchsten
Machtstrebens im Westen, der erste Repräsentant des Kaisers im westlichen
Abendland zu sein"44. Theoderich hatte sich diese Stellung erkämpft: Von Kaiser
Zeno war er als Waffensohn adoptiert worden, dann hatte er das römische Bürger-
recht erhalten, ferner war er Inhaber des Heermeister-Amtes und des Patriziates;
im Jahre 497 endlich übersandte ihm Kaiser Anastasius die 'vestis regia'45. So
durfte sich der Ostgote "als der wahre, alleinige Exponent der Kaisermacht im
Westen" anerkannt sehen 46 . In seiner herausgehobenen Stellung hat Theoderich
dann begonnen, selbst eine "Familie der Könige" aufzubauen. Daß er Chlodwigs
Schwester Audofleda heiratete, scheint anzuzeigen, daß auch dieser zu den Ein-
bezogenen gehörte. So wäre also der Frankenkönig zunächst nicht in die Welt-
familie der Herrscher mit dem Ost-Kaiser als Vater, sondern in die "lateinisch-
germanische abendländische Familie der Könige mit Theoderich als Haupt"
eingetreten 47 .
Nun aber befolgte Theoderich wie alle bis dahin christianisierten Germanen das
arianische Glaubensbekenntnis 48 . Allem Anschein nach hat es Bemühungen gege-
ben, auch Chlodwig zur Annahme dieses Bekenntnisses zu bewegen, heißt es doch
im Avitus-Brief gleich eingangs: 'Euren scharfen Geist haben die Anhänger von
allerlei Sekten mit ihren verschieden gerichteten, vielfältigen, aller Wahrheit baren
Lehrmeinungen als dunkle Christen zu benebeln gesucht.'49 Mit Sicherheit reichte
der Arianismus bis in Chlodwigs Familie, denn eine Schwester von ihm bekannte
sich zeitweilig als Arianerin50 .
Angesichts dieser Konstellation ist an Chlodwigs Bekehrung immer als epocha-
les Moment herausgestrichen worden, daß der Frankenkönig sich für den katholi-
schen Glauben entschied und damit eine Möglichkeit der Aussöhnung von Roma-

susceptus ab ipso pontifice de sancto fönte; S. 298 : Materials autem chrisma in vase materia-
li per columbam delato; s. auch Annales Bertiniani a. 869 (zitiert $ 11 Anm. 18).
44
HAUCK, Randkultur S. 53.
45
S. $ 2 Anm. 27-29.
46
ENSSLIN, Theoderich der Große S. 84-90; Zitat S. 90.
47
HAUCK, Randkultur S. 26f.
48
SCHÄFERDIEK, Germanischer Arianismus S. 79-90.
49
Avitus von Vienne, Ep. 46 (MGH AA 6/2, S. 75 2 ); Übersetzung nach VON DEN STEINEN,
Chlodwig S. 64 $ l.
Gregor von Tours, Hist. 11 31 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 78 2 j: Conversa est enim et alia
soror eius Lantechildis nomen, quae in haeresim Arrianorum dilapsa fuerat, quae confessa
aequalem Filium Patri et Spiritum sanctum, crismata est. SCHÄFERDIEK, Remigius S. 275f;
VON DEN STEINEN, Chlodwig S. 53.
172 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

nen und Franken schuf 51 . Politisch aber mußte das einen Bruch mit Theoderich
zur Folge haben, und so darf es als wahrscheinlich gelten, daß Chlodwig bei seiner
Taufe "letztlich ... die Anlehnung an den Kaiser in Byzanz" suchte 52 . Vollzogen
aber wurde diese Hinwendung im Jahre 508. Gregor von Tours weiß zu berichten,
daß Chlodwig damals von Kaiser Anastasius' codecillos de consolato53 erhalten
habe; zu Tours sei er dann in der Martins-Basilika mit einer tunica blattea beklei-
det und mit einem diadema gekrönt worden 54 ; anschließend habe er zu Pferd
den Weg von der Martinskirche zur Stadtkirche zurückgelegt und dabei Gold und
Silber ausgestreut. Die Schlußbemerkung, mit der Gregor die bleibende Bedeutung
dieses Vorganges herausstellen möchte, ist in der Forschung lange umstritten ge-
wesen: ab ea die tamquam consul out augustus est vocitatus55. Karl Hauck über-
setzt: "Von diesem Tag (des 'processus consularis') an wurde Chlodwig wie ein
(regulärer) Konsul oder der Kaiser (mit Akklamationen — 'voces') gerufen."56
Für das sich gerade konsolidierende Frankenreich war der Vorgang insofern von
grundlegender Bedeutung, als dadurch eine "Legitimierung durch den Kaiser"57
geschah. Für uns ist daran besonders wichtig, daß Chlodwig nunmehr in die kaiser-
liche Familie der Könige eintrat und damit in die 'paternitas' des oströmischen
Basileus58. Die tunica blattea und das diadema lassen darauf schließen, daß Chlod-
wig dabei auch die 'vestis regia' erhielt 59 . In der Forschung hat man diese Aus-
zeichnung gerne mit der Ehrung verglichen, die 522 dem Lazen-König Tzath zu-
teil wurde 60 ; es sei dies "eine ganz ähnliche Königsbestätigung wie in Tours"61
gewesen — wobei man sich freilich bewußt bleiben muß, daß Tzath der Taufsohn
des Kaisers wurde, eine Symbolhandlung, die bei Chlodwig, wie noch zu erörtern
ist, gerade nicht überliefert ist.
Die byzantinische Sohnschaft der Merowinger-Könige hat sich über Chlodwig
hinaus fortgesetzt. Daß sie für den Chlodwigsohn Childebert I. (511-558) gegolten
hat, bezeugt ein Brief Pelagius' I. (556-561), in welchem der Papst den Franken-
könig an seinen pater vester, clementissimus imperator erinnert 62 . Weiter sind
Briefe des ältesten Chlodwig-Enkels Theudebert an Kaiser Justinian anzuführen,
worin derselbe als dominus et pater angeredet wird63 ; im Schlußwort eines dieser

51
HAUCK, Randkultur S. 26-30.
52
Ebd. S. 28.
53
Gregor von Tours, Hist. II 38 (MGH SS rer. Merov. l/l, S. 881S).
54
Ebd. S. 89 1 .
55
Ebd. S. 89 4 .
56
HAUCK, Randkultur S. 31; s. auch ENSSLIN, Ehrung Chlodowechs S. 499-507; REY-
DELLET, Royaute S. 406ff.
57
EWIG, Merowinger S. 68.
58
HAUCK, Randkultur S. 43; zum Protest Theoderichs s. ebd. S. 55f; ferner EWIG, Merowin-
ger S. 11 und 60.
59
EWIG, Merowinger S. 60.
60
S. J 2 Anm. 10.
61
HAUCK, Randkultur S. 44; ENSSLIN, Ehrung Chlodowechs S. 505; DERS., Theoderich der
Große S. 82.
62
Pelagius I., Ep. 48 (MGH Epp. 3, S. 7l 2 3 ).
63
Epp. Austrasicae 19 (ebd. S. 13216); 20 (S. 1331).
S 26 Chlodwig und die Franken 173

Briefe wird sodann um den Fortbestand des bereits seit den Vorgänger-Kaisern
bestehenden Freundschaftsverhältnisses gebeten: antiquam retroactorum princi-
pum amicitiam conservetis64 . Daraus geht hervor, "daß Theudebert wie andere
germanische Könige in das Vater-Sohn-Verhältnis zu dem byzantinischen Kaiser
aufgenommen war, und zwar in einer staatsrechtlichen Beziehung, die, wie der
Briefschluß sagt, seit den Zeiten der früheren Kaiser (der Plural deutet auf Anasta-
sius und lustin) dauerte"65 . Dieses Vater-Sohn-Verhältnis hat über längere Zeit
angedauert; noch Kaiser Maurikios (582-602) beanspruchte gegenüber dem
Austrasier Childebert II. (575-596) amicalem ... voluntatem et paternum affec-
tum66 . Eugen Ewig, der jüngst eine umfassende Untersuchung über die Merowin-
ger und das Imperium vorgelegt hat, kann darin deutlich machen, wie grundlegend
wichtig diese 'paternitas' für die Merowinger gewesen ist: Eine Sonderstellung
habe Kaiser Anastasius dem Frankenkönig unter den übrigen Herrschern des
Abendlandes eingeräumt, als er Chlodwig 508 mit dem Ehrenkonsulat ausgezeich-
net und ihm wohl auch eine 'vestis regia' übersandt habe; eben darin sei damals
die 'paternitas' des Kaisers gegenüber dem Frankenkönig begründet worden67 .
Weiter sei anzunehmen, "daß durchweg auch in späterer Zeit alle Merowinger,
die in freundschaftliche Beziehungen zum Kaiserhof traten, in das Vater-Sohn-
Verhältnis aufgenommen wurden"68 . Die Realität dieses Bündnisses zeigt sich
nicht zuletzt in seiner Beständigkeit: Von den Königen des lateinischen Westens
haben im 6. und 7. Jahrhundert "die Merowinger zweifellos die engsten und —
allen zeitweiligen Trübungen und Gegensätzen zum Trotz — auch die besten poli-
tischen Beziehungen zum Imperium unterhalten" 69 .
Die von E. Ewig am Ende gestellte Frage, wie die Paternitas des Kaisers zu
verstehen sei, ob vielleicht als "eine geistliche Patenschaft"70 , verdient hier na-
türlich besondere Aufmerksamkeit. Mit Recht ist auf die Schwierigkeit hingewie-
sen worden, daß Kaiser Anastasius eine monophysitische Haltung eingenommen
habe71 . Wichtiger jedoch dürfte die Frage sein, ob es die Kombination von politi-
scher und geistlicher Sohnschaft bereits vor Justinian gegeben hat; dies scheint
beim derzeitigen Stand der Forschung eher unwahrscheinlich72 . Immerhin wird
man soviel sagen dürfen, daß bei Chlodwig die beiden Elemente einander schon
recht nahegerückt erscheinen, ohne aber miteinander verbunden worden zu sein.
Die Absicht jedoch, die ihrer nur wenig später vorgenommenen Fusionierung zu-
grunde lag, nämlich die politische und religiöse Handlungsgemeinschaft unter Füh-
rung des Kaiser- Vaters, wird man als erfüllt ansehen dürfen: In der Folgezeit hat
die katholisch-orthodoxe Solidarität, so lautet das Fazit von E. Ewig, eine große

64
Ebd. 20 (S. 13317).
65
HAUCK, Randkultur S. 43.
66
Epp. Austrasicae 42 (MGH Epp. 3, S. 14826)
67
EWIG, Merowinger S. 60.
68
Ebd.
69
Ebd.
70
Ebd. S. 61.
71
Ebd.; HAUCK, Randkultur S. 27.
72
S. i 2.
174 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

Rolle gespielt. Schon Justinian stellte sie beim Abschluß des Frankenbündnisses
von 535 betont heraus. Spätere Kaiser — so Tiberios und Maurikios — sind ihm
darin gefolgt. Auch die Franken haben die Parole aufgenommen, freilich nicht
immer im Sinne des Kaisers. "Man kann daher wohl die idea della unitä e della
comunitä cristiana ... als Grundlage der kaiserlichen Paternitas ansprechen."73

b) Christianisierung der Franken


Für die Bekehrung der Franken war die Taufe Chlodwigs das entscheidende
Datum. Die in der Folgezeit geleistete Missionsarbeit zielte auf die Gesamtheit der
Einwohner des fränkischen Reiches, zunächst im Kernraum und dann in den
Randzonen, so in Nordgallien und östlich des Rheins 74 . Die Christianisierung hat
sich weitgehend geräuschlos vollzogen, jedenfalls hören wir nur selten von beson-
deren Aktionen. Auffallend ist, daß Neugründungen von Bistümern, sofern es
überhaupt dazu gekommen ist, nicht recht faßbar werden 75 . Wohl traten jene
antiken Bischofssitze, deren Sukzession eine Unterbrechung erlitten hatte oder
deren Stühle ins besser geschützte Landesinnere verlegt worden waren, wieder in
Erscheinung76 . Aber Neugründungen sind selbst beim Ausgriff in die Gebiete
östlich des Rheins unterblieben; vielmehr dehnten sich die Sprengel der alten,
am Rhein gelegenen Episkopien mit der fränkisch-christlichen Expansion nur
weiter nach Osten aus 77 . Am stärksten fällt auf, daß keine vom Frankenreich auf
andere, noch heidnische Völkerschaften übergreifende Missionsbewegung sichtbar
wird. Nahezu einhellig konstatiert die Forschung, daß die Missionsbemühungen
der fränkischen Kirche nur gering gewesen seien78 .
Tatsächlich sind die Anstöße zu einer stärkeren Aktivität von außen gekom-
men: durch die Peregrini zunächst aus Irland und später aus England. Die alte
asketische Forderung, getrennt von der Heimat zu leben, hatte diese Asketen in
die Fremde aufbrechen lassen 79 . Sie verbanden damit aber die positive Aufgabe,

73
EWIG, Merowinger S. 61.
74
DERS., Missionsarbeit S. 102-135; EWIG -- SCHÄFERDIEK, Christliche Expansion S. 116-
145.
75
NOTTARP, Bistumserrichtungen S. 1-6; SCHIEFFER, Domkapitel S. 169: "Straßburg und
erst recht Konstanz und Augsburg wiesen viel stärker den Charakter frühmittelalterlicher, näher-
hin merowingischer Neugründungen auf. Wenn diese Bischofssitze auch sämtlich eine (in Umris-
sen erkennbare) kirchliche Kontinuität seit den letzten Tagen der Römerherrschaft bewahrt
haben, so scheinen von ihnen selber doch zunächst nicht die entscheidenden Impulse zur ersten
christlichen Durchdringung und organisatorischen Festigung ihrer nachmaligen Sprengel ausge-
gangen zu sein ..."
76
EWIG, Missionsarbeit S. 115-124; BÜTTNER, Mission S. 454ff.
77
EWIG, Missionsarbeit S. 126ff; BÜTTNER, Mission und Kirchenorganisation S. 457-461
(Resümee zahlreicher früherer Arbeiten des Autors).
78
FINSTERWALDER, Angelsächsische Mission S. 207: "Der Gedanke einer Predigt des Chri-
stentums über die Reichsgrenzen hinaus war der fränkischen Kirche fremd." LEVISON, Eng-
land S. 48: "The missionary efforts of the Prankish Church were small." SEMMLER, Mission
und Pfarrorganisation S. 813-888.
79
ANGENENDT, Peregrinatio S. 52-79; PRINZ, Peregrinatio, Mönchtum und Mission S.
445-465.
$ 26 Chlodwig und die Franken 175

für das Heil der fremden Völker, unter denen sie lebten, tätig zu werden. So
schreibt Jonas von Susa über den Iren Columban und seine Gefährten, daß sie in
der Absicht nach Gallien gekommen seien, dort eine Zeit lang sich aufzuhalten
und nach Möglichkeit 'das Heil zu säen'; sofern sie aber die Herzen verhärtet fän-
den, wollten sie zu anderen Völkern weiterziehen 80 . Die Peregrini handelten also
nach einer klaren Devise: Ihr Verbleiben sollte von den geistlichen Wirkmöglich-
keiten abhängig sein. Jonas berichtet nun, wie eifrig die Merowingerkönige be-
müht waren, den Heiligen infra terminos regni zu halten, denn als Gottesmann
brachte er Segen, und deswegen sollte er dem Lande erhalten bleiben. So gab
Theuderich II. von Frankoburgund (596-613) seiner Freude Ausdruck, Columban
in den Grenzen seines Reiches verweilen zu sehen 81 . Später, als der Ire der
zwangsweisen Heimführung entronnen war und an den neustrischen Hof kam,
begrüßte ihn Chlothar II. (584-629) 'als Geschenk des Himmels' und lud ihn so-
gleich zum Verbleiben in seinem Reiche ein; Columban aber wollte lieber seine
Peregrinatio fortsetzen 82 . Daraufhin bot ihm der Austrasier Theudebert II. (596-
612) einen Klosterort in seinem Reiche an; gleichzeitig ermunterte er ihn, bei den
benachbarten Völkern zu predigen 83 . Columban ging darauf ein und missionierte
am Bodensee. Ja, ihn bewegte in dieser Zeit sogar der Gedanke, zu den Slawen
zu gehen; doch wurde er im Traum eines anderen belehrt 84 . Dem Iren ist es also
mit dem von ihm selbst bezeugten Verlangen, 'Völker aufzusuchen und ihnen das
Evangelium zu predigen' 85 , durchaus ernst gewesen. Gleichzeitig wird aber auch
deutlich, wie stark das fränkischerseits immer wieder bekundete Verlangen war,
den Gottesmann in den eigenen Grenzen zu behalten.
In der Folgezeit waren es vielfach Mönche der irofränkischen Klosterbewegung,
die den Missionsimpuls aufnahmen 86 . Stellvertretend für viele sei allein Amandus
genannt, der bei den Friesen an der Scheide, bei den Slawen an der Donau und bei
den Basken in den Pyrenäen das Evangelium verkündete 87 . Von ihm wird bezeugt,
daß er sich durch eine Bindung allein an das Frankenreich eingeengt gefühlt habe,
weswegen er sich bei König Dagobert I. (623/29-638), der ihn für die Taufpaten-
schaft über seinen Sohn Sigibert habe gewinnen wollen, die Freiheit erhandelt
habe, zu allen Völkern gehen zu dürfen88 — ein Beweis für die starke Spannung,
80
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 4 (MGH SS rer. Germ, in us schol. 37, S. 16014);
KOCH, Sankt Fridolin S. 97 Anm. 93 und 94; SCHÄFERDIEK, Columbans Wirken S. 194-200.
81
Jonas von Bobbio, Vita Columbani I 18 (MGH SS rer. Germ, in us schol. 37, S. 1873j: quia
infra terminus regni sui beatum Columbanum haberet, gratulabatur.
2
Ebd. I 24 (S. 2075).· ut, si velit, intra sui regni terminos resedeat ... At ille nequaquarn ait
his in locis se consistere velle vel ob suam peregrinationem augendam.
Ebd. I 27 (S. 21l 9 ): intra suos terminos loca venusta et famuli Dei ad omni oportunitate
congrua proximasque ad predicandum nationes undique haben.
84
Ebd. I 27 (S. 2178): Intellexit ergo ille, non esse gentis illius in promptu fidei profectus.
85
Columban, Ep. 4 (ed. WALKER S. 3010).
86
EWIG, Missionsarbeit S. 117: "Die zweite Phase der innerkirchlichen Restauration ... wurde
ganz überwiegend von Kreisen getragen, die dem Mönchtum von Luxeuil — im weitesten Sin-
ne - angehörten oder nahestanden." PRINZ, Rolle der Iren S. 202-218.
87
FRITZE, Universalis gentium confessio S. 84-92, bes. S. 88.
88
Vita Amandi I 17 (MGH.SS rer. Merov. 5, S. 44l 17 ): Hi [Dodo et Eligius] humiliter ad virum
176 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

die im fränkischen Reich zwischen "gentüer" und "universalmissionarischer"


Zielsetzung89 empfunden wurde: Zunächst und normalerweise sollte ein Gottes-
mann infra terminos bleiben. Amandus aber konnte sich in seinem Testament
nicht ohne Stolz rühmen, 'daß wir lange Zeit und weithin durch alle Provinzen
und Völker aus Liebe zu Christus und zur Verkündigung des Gotteswortes wie
auch zur Spendung der Taufe umhergezogen sind'90 .
Im Hinblick auf unsere Fragestellung ist zu konstatieren, daß ein Taufpatronat
eines christlichen Herrschers, der missionarisch von Bedeutung gewesen wäre,
nicht anzutreffen ist. Einzig in der Entsendung des Bischofs Liudhard an den Hof
von Kent, wovon noch zu sprechen sein wird91 , könnte sich andeuten, daß ein
solches Verfahren einmal wenigstens versucht worden ist.

§ 27 Angelsachsen

Da die Patenschaft sich erst im Laufe des 6. Jahrhunderts zu einem besonderen


Amt weiterentwickelt hat, kann ihre Anwendung in der Mission nicht vor diesem
Zeitpunkt erwartet werden. Auch in Byzanz stellen wir erst für das 6. Jahrhundert
die frühesten Beispiele eines imperialen Taufpatronates fest. Im Westen haben wir
den historischen Glücksfall, daß die sieben Königreiche der Angelsachsen, deren
Christianisierung sich über das ganze 7. Jahrhundert hinzog, eine verhältnismäßig
große Zahl von Königskonversionen aufweisen und daß dabei die Patenschaft
bereits eine politische Bedeutung eingenommen hat.
Beda, dessen Kirchengeschichte wir unser Wissen weithin verdanken, gibt viel-
fältige Einblicke sowohl in die politischen Voraussetzungen wie auch in den Ab-
lauf des Bekehrungsprozesses. Die sieben Königreiche waren: Kent, Sussex, Essex,
Wessex, Ostanglien, Mercia ('Grenzland') und Nordhumbrien, das aus Deira (York-
shire) und Bernicia (Northumberland) zusammengefügt war 1 . Den übergreifenden
politischen Zusammenhalt lieferte nicht nur ein allgemeines ethnisches Verwandt-
schaftsbewußtsein2 , sondern auch ein — wie Beda sagt — gemeinsames Imperium,

Dei petierunt, utpraecibus regis daret adsensum atque filium ipsius sacro dignaretur dilui fönte,
et ut eum enutriret atque legem inbueret divinam, quantotius adsentiret, dicentesque, quod si
hoc vir Dei non rennueret, per hanc familiaritatem liberius in regno ipsius, vel ubicumque eli-
geret, haberet licentiam praedicandi, seu et nation.es quam plures per hanc gratiam se posse
conquiri fatebantur. Tandem igitur fatigatus praecibus amborum, facturum se esse promisit.
S. auch FRITZE, Universalis gentium confessio S. 89f.
89
FRITZE, Universalis gentium confessio S. 78-130.
Exemplar petitionis seu coniurationis sancti Amandi de corpore suo (MGH SS rer. Merov. 5
S. 484 1 ); FRITZE, Universalis gentium confessio S. 88f.
91
S. $ 27 Anm. 100.

1
WENSKUS, Angelsächsische Stämme S. 325-329.
2
JOHN, Early English Church S. 40: "We may agree that these people had some sense of
identity and we may as well call it English, but not without qualifications. They also had a
very strong sense of their diversity and particularity. They were extremely vague about their
Englishry and much more precise about being West Saxons and Mercians or Northumbrians,
J 27 Angelsachsen 177

als dessen Inhaber er folgende Könige nennt: zuerst Aelle von Sussex, anschlie-
ßend Caelin von Wessex, weiter Aethelberht von Kent, dann Raedwald von Ost-
anglien und endlich die drei Nordhumbrier Edwin, Oswald und Oswiu3. Als Auf-
gabe, so glauben manche, sei den Imperiumsträgern der Oberbefehl im gemein-
samen Kampf gegen die Briten übertragen gewesen; denn spätere angelsächsische
Quellen verwenden den Ausdruck bretwalda, was als Briten-Beherrscher oder
Oberherrscher gedeutet wird 4 . Ob das Bretwalda-Amt auf einer Machtüberlegen-
heit des jeweiligen Inhabers oder auf ursprünglich freier Zustimmung der übrigen
Könige beruhte, wird nicht mitgeteilt. Derzeit bemüht sich gerade die englische
Forschung in neuer Intensität um das Bretwalda-Amt. Patrick Wormald5 hat aber
jüngst Herkunft wie Aufgabe dieses Amtes nur noch recht vorsichtig skizzieren
wollen: Es habe die Idee einer südhumbrischen Oberherrschaft gegeben, zugleich
auch eine damit irgendwie verbundene Idee einer Königsherrschaft über Britan-
nien. Im Blick auf die hier behandelte Thematik ist von besonderer Wichtigkeit
Wormalds Erwägung, ob nicht die großen Könige des 7. und 8. Jahrhunderts die
Erben der geistlichen Ambitionen Canterburys gewesen seien, ja ob nicht Canter-
bury, wiewohl es die Bretwalda-Idee nicht geschaffen habe, dieselbe doch auf-
rechterhalten und beeinflußt haben könnte. Wenn im Folgenden weiterhin von
'Bretwalda' gesprochen wird, so zunächst einfach deswegen, weil diese Bezeich-
nung sich in der historischen Literatur eingebürgert hat.
Die römischen Missionare erreichten das Land, als Aethelberht von Kent das
Imperium innehatte. Noch zu dessen Lebzeiten breitete sich das Christentum nach
Essex sowie nach Ostanglien aus und eine Generation später noch weiter bis nach
Nordhumbrien. Die angelsächsische Missionsgeschichte, so verwirrend sie ange-
sichts der vielen Akteure und Schauplätze erscheinen mag, enthält indes ein
reiches Material zum Studium des Bekehrungsvorganges. Zunächst einmal haben
die zahlreichen Fälle von Königskonversionen der Forschung von jeher Material
geboten, um das durch die Bekehrung ausgelöste politische Spiel zwischen König
und Volk zu analysieren. Wichtiger noch ist die Beobachtung, daß die Stellung
des Bretwalda für die Christianisierung von besonderer Bedeutung gewesen ist6 .
War dies der Forschung schon seit längerem geläufig, so wurde erst jüngst nach-
drücklicher darauf aufmerksam gemacht, daß dabei auch die Patenschaft eine
Rolle gespielt hat. Es sei doch auffallend, so schreibt J. Campbell, daß Beda, wenn
er die Taufe eines Königs schildere, einen anderen König als Paten erwähne 7 .

although even then there was room for bitter and protracted disputes about just who and what
constituted Mercia or Northumbria."
3
Beda, Hist. eccl. II 5 (ed. PLUMMER l, S. 89f); VOLLRATH-REICHELT, Königsgedanke
S. 80-88.
4
JOHN, Orbis Britanniae S. lOff; VOLLRATH-REICHELT, Königsgedanke S. 112-119;
YORKE, Vocabulary S. 171-200.
5
WORMALD, Bretwaldas S. 99-129, bes. S. 119 u. 127; P.H. SAWYER (Roman Britain S.
21 ff) vermeidet 'bretwalda' für das 8. Jh. H. KLEINSCHMIDT (Englisches Königtum S. 57-62)
weist bei 'bretwalda' auf die Möglichkeit einer "Rückinterpretation" aus der Alfred-Zeit hin.
6
S. Abschnitt b).
7
CAMPBELL, Conversion of England S. 18: "It is possible that the relationship of godfather
to godson was of special importance in these conversions."
178 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

Endlich ist festzustellen, daß recht bald auch die Bedeutung des Erzbistums für
die Befestigung einer Oberherrschaft erkannt worden ist. Um so dringlicher stellt
sich die Frage, ob nicht im Prozeß der Christianisierung das vieldiskutierte Bret-
walda-Amt neue Elemente in sich aufgenommen und damit auch eine neue Ge-
stalt angenommen hat. So verspricht also die angelsächsische Bekehrungsgeschich-
te für unsere Fragestellung einen geradezu verheißungsvollen Auftakt.

a) Bekehrung von oben


Insbesondere hat Bedas Bericht über die Vorgeschichte der Taufe Edwins von
Nordhumbrien (616/17-634) die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezo-
gen. Denn wie kaum irgendwo sonst wird eine Schilderung des Bekehrungsvor-
gangs geboten, die so typisch für die Missionsweise des Mittelalters zu sein scheint:
nicht mehr die Konversion eines Einzelnen wie in der Antike, sondern der kollek-
tive Übertritt eines ganzen Volkes, wobei der König vorangeht. Es ist die vielbe-
redete Bekehrung "von oben nach unten" 8 . In der Tat, Beda liefert nicht nur
eingängige Formeln: accepit rex Aeduini cum cunctis gentis suae nobilibus ac
plebe perplurima /ufern et lauacrum9 . Er überliefert auch die Vorgeschichte dieser
Entscheidung, daß sich nämlich der König cum amicis principibus et consiliariis
beraten habe, damit sie gemeinsam die Heiligung aus dem Lebensbrunnen empfan-
gen könnten 10 . Allen voran habe der heidnische Oberpriester Coifi erklärt, daß die
alte Religion weder Kraft besitze noch Nutzen bringe (nihil omnio uirtutis habet,
nihil utilitatis religio illa)11 ; die neue Predigt hingegen erweise Besseres und
Stärkeres. Mit eigener Hand soll der Priester den Speer in das alte Heiligtum
geworfen haben, um es zu entweihen 12 . Einen anderen aus dem Kreis der Großen
läßt Beda jenes eindringliche und mit Recht oft zitierte Gleichnis von dem Vogel
vortragen, der in nächtlich-kalter Winterzeit flugs durch die warme Königshalle
schießt: Aus dem Dunkel kommend und dahin zurückkehrend, sei er für einen
Moment nur in der Helle und Wärme — so aber sei es auch mit dem menschlichen
Leben. Demgegenüber war nun der christliche Glaube das erhellende Licht. Auf
Ostern 628 wurde Edwin zu York in einer eigens dafür errichteten Holzkirche
getauft13 . Die königlichen Söhne Osfrid und Eadfrid, die ihm — wie wir bei dieser
Gelegenheit erfahren — in der Zeit seiner Verbannung von der mercischen Königs-
tochter Queonburga geboren worden waren, erhielten ebenfalls die Taufe; doch
scheint Bedas Bericht anzudeuten, daß dies erst zu einem späteren Zeitpunkt ge-
schah 14 . Weiter wurden in der Folgezeit die von Aethelberg, der aus Kent stam-

8
HAUCK, Missionsmethode S. 305-317, 375-383.
9
Beda, Hist. eccl. II 14 (ed. Plummer l, S. 113).
10
Ebd. II 13 (S. 111).
11
Ebd.; BRUCE-MITFORD, Sutton-Hoo l, S. 687f.
12
Zur Bedeutung dieses Speerwurfs s. HAUCK, Randkultur S. 58ff.
13
Beda, Hist. eccl. II 13 (ed. PLUMMER l, S. 112). Zum Datum s. SCHÄFERDIEK, Grundle-
gung S. 165 mit Anm. 49.
14
Beda, Hist. eccl. II 14 (ed. PLUMMER l, S. 114). Beda schiebt zwischen die Nachrichten
über die Taufe des Königs und der Königskinder den Bericht der Ersetzung einer Holz- durch
i 27 Angelsachsen 179

menden christlichen Frau Edwins, geborenen Kinder sowie endlich auch ein Yffi,
Sohn des älteren Edwin-Sohnes Osfrid, getauft. Der Andrang unter den Großen
und im Volk sei so groß gewesen, daß der Missionar Paulinus einmal sogar 36 Tage
lang von morgens bis abends in der bernicischen Königspfalz Yeavering habe kate-
chetisieren und in einem Fluß taufen müssen. Ähnlich sei es in der Provinz Deira
vonstatten gegangen; auch dort sei die Taufe mangels Taufkirchen im Fluß gespen-
det worden. Sogar südlich des Humber habe Paulinus den 'Präfekten' von Lincoln
mit seinem ganzen Hause bekehren können 15 .
Alle diese Mitteilungen entsprechen aufs beste der Vorstellung einer kollektiven
Bekehrung, die am Königshof beginnt und sich dann bis zum letzten Dorf fort-
setzt. Doch ist die Vollkommenheit des Bildes in einem Punkte gestört: bei der
Taufe der Königssöhne. Daß man festgestellt hat, die Taufe von Edwins Kindern
erscheine wie verzögert, kann nicht als sprachliche Unklarheit Bedas abgetan wer-
den. Es dürfte sich darin vielmehr genau jene Praxis wiederspiegeln, wie wir sie
noch oft bezeugt finden: Die erbberechtigten Königssöhne blieben — wenigstens
zunächst — ungetauft. Dabei möchte man annehmen, daß die Taufe des ganzen
Hauses, wie sie bereits biblisch bezeugt ist 16 , weit eher als selbstverständlich ge-
golten haben müßte als die dem Frühmittelalter so geläufige Volkstaufe. Die angel-
sächsischen Königsbekehrungen — und wie wir sehen werden, nicht nur sie —
lehren freilich ein anderes: Gerade die zur Nachfolge befähigten Söhne bleiben in
Wirklichkeit ungetauft. Schon Aethelberht von Kent, der doch die katholische
Merowingerin Berta zur Frau hatte, hat es so gehalten. Zum Herrschaftsantritt
seines Sohnes Eadbald muß Beda offenbaren, daß dieser 'den Glauben Christi
nicht hatte annehmen wollen' 17 . Erst als auch der letzte Missionar, Laurentius,
das Land habe verlassen wollen, sei das Wunder der Bekehrung und der Taufe des
heidnisch gebliebenen Königssohnes eingetreten 18 . Was aber in Aethelberhts eige-
nem Hause unterlassen worden war, hatten ebensowenig die unter seinem Einfluß

eine Steinkirche ein. K. SCHÄFERDIEK (Grundlegung S. 168) folgert daraus: "Bemerkenswert


ist, daß Edwins Söhne anscheinend den Übertritt des Vaters nicht sogleich auch ihrerseits
mitvollzogen haben, sondern erst später getauft werden können."
15
Beda, Hist. eccl. II 16 (ed. PLUMMER l, S. 117f).
16
S. i 12 Anm. 6. Die religiöse Solidarität des Hauses ist biblisch gut bezeugt. CULLMANN,
Tauflehre S. 39. Ferner JEREMIAS, Kindertaufe S. 26f: "Neuere Untersuchungen haben uns
gezeigt, welche Bedeutung für das Denken der Bibel die 'korporative Persönlichkeit' besessen
hat und welche große Rolle in der alten Welt die Familiensolidarität spielte ... Man fühlte sich
miteinander solidarisch, gesamthaftbar, einheitlich ... Insbesondere vor Gott war das Haus eine
Ganzheit. Dementsprechend war für antike Verhältnisse normalerweise der Glaube des Haus-
vaters entscheidend, wenn ein Haus sich aus der alten Religionsgemeinschaft löste und sich einer
neuen Religion anschloß." Doch betont J. GAUDEMET (Familie Sp. 339): "Für die Großfami-
lie, diese umfassende Gemeinschaft des Lebens, der Arbeit und des Vermögens und für die
absolute Autorität eines Patriarchen ist in der Welt der Evangelien kein Raum." Insgesamt ist
aber in der christlichen Antike "auf das Fortschreiten des Individualismus hinzuweisen, der den
Familienverband angreift".
17
Beda, Hist. eccl. II 5 (ed. PLUMMER l, S. 90). S. dazu auch BROOKS, Aethelberht Sp. 187:
"Als Aethelberht starb, war sein Sohn und Nachfolger Eadbald mit Sicherheit ... noch heid-
nisch." WENSKUS, Aethelberht S. 88f.
18
Beda, Hist. eccl. II 6 (ed: PLUMMER l, S. 92f).
180 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

getauften Könige vollzogen. Raedwald von Ostanglien wurde in Kent getauft,


ließ sich aber anschließend zu einem christlich-heidnischen Mischkult verführen19 ;
dies sei auf Anraten seiner Frau geschehen, was deren Taufe nicht eben wahr-
scheinlich macht 20 . Mit Sicherheit aber blieben die königlichen Erben Eorpwald
und Sigeberht ohne Taufe. Ersterer entschloß'sich erst nach seines Vaters Tod auf
Betreiben des nordhumbrischen Edwin zur Christwerdung; letzterer nahm die
Taufe im gallischen Exil, das er für längere Zeit auf sich nehmen mußte 21 . Am
schlimmsten aber war der Bruch in Essex. Aethelberhts Entsendung des Mellitus
nach London und die Erbauung der dortigen Paulskirche waren mit der Taufe
König Saberhts in eins gegangen. Nach dessen Tod aber trotzten die Söhne dem
Mellitus: 'Wir wollen nicht in den Taufbrunnen steigen'22 — ein Widerspruch, der
das Königreich für eine ganze weitere Generation im Heidentum beließ. Die Reihe
der ungläubigen Söhne setzt sich fort mit Coinwalch, dem zweiten Sohn und
Nachfolger des von Birinus bekehrten und von König Oswald aus der Taufe geho-
benen Cynegils von Wessex: 'Den Glauben und die Sakramente des Himmelrei-
ches anzunehmen, weigerte er sich.'23 Zur Strafe jedoch büßte er sein irdisches
Reich ein. Auf der Flucht vor dem heidnischen Penda von Mercien, dessen Schwe-
ster er vom Ehebett verstoßen hatte, wandte er sich nach Ostanglien, dessen König
Anna ihm dann zur Erkenntnis der Wahrheit verhalf, woraufhin er auch seine
Herrschaft wiedererlangte24.
Wir haben demnach einen recht klaren Befund: Die Annahme des Christentums
durch einen König bedeutete keineswegs die Taufe seiner ganzen Familie. Im
Gegenteil, wir stellen oft genug fest, daß gerade die Söhne, die in der Herrschaft
nachfolgten, ungetauft blieben. Die Gründe für dieses Phänomen, das dem im
Frühmittelalter doch gewiß zu supponierenden Familiendenken so sehr wider-
spricht, können — wie bereits an früherer Stelle dargelegt — nur im Rahmen wei-
tergreifender Überlegungen vermutet werden: Am ehesten dürfte der Verzicht auf
die Taufe der Söhne mit dem außergewöhnlichen Risiko zu erklären sein, das die
Annahme der neuen Religion für das Herrscherhaus in sich barg. Die Entscheidung
des Königs mußte von den Großen mitgetragen werden. Aber selbst wenn ein
König glaubte, den Schritt wagen zu können, scheint er doch nicht so viel Ver-
trauen in die Beständigkeit seiner Entscheidung haben setzen zu können, daß er
nicht doch mit einem Umschlag der politischen Kräfte und einem neuerlichen
Überwiegen der heidnischen Partei hätte rechnen müssen. So dürften die konver-
tierenden Könige, wohl im Interesse der Herrschaftssicherung für ihre Familie,
sich die Möglichkeit einer erneuten heidnischen Herrschaft durch eigene Angehö-
rige offengehalten haben. Wir müssen demnach unterstellen, daß man es mit der
christlichen Herrschaft zunächst überhaupt nur probeweise versuchte und dabei

19
S. Anm. 39.
20
BRUCE-MITFORD, Sutton-Hoo l, S. 703, der die "pagan widow" des Königs für dessen
Beerdigung in SuttonHoo verantwortlich macht.
21
Beda, Hist. eccl. II 15 (ed. PLUMMER l, S. 115); ebd. III 18 (S. 162).
22
Ebd. II 5 (S. 91).
23
Ebd. III 7 (S. 140).
24
Ebd.
$ 27 Angelsachsen 181

die Möglichkeit einer Rückkehr zu den alten Verhältnissen bewußt einkalkulierte.


Im Falle der Bewährung des christlichen Regimentes konnte eine Taufe des
zunächst heidnisch gebliebenen Sohnes rasch nachgeholt werden. Für diese
Überlegungen liefern nicht zuletzt die Ereignisse nach Edwins Niederlage und Tod
noch eine gewisse Bestätigung. In Deira folgte Osric und in Bernicia Eanfrid. Beide
verleugneten ihr Christentum, versprachen sich also von einer heidnischen Partei-
nahme den besseren Erfolg 25 . Edwins eigene Familie aber hatte niemanden, der in
dieser Situation als Nichtchrist den Konkurrenten, die sich ja vom christlichen
Glauben erst noch wieder abwenden mußten, hätte zuvorkommen können. Sie
alle waren und blieben Christen und mußten nun mit der Königin in deren Heimat
Kent, ja sogar bis nach Gallien, entfliehen 26 .
In der bisherigen Forschung ist die Tatsache, daß herrschaftsbefähigte Söhne
ungetauft blieben, zwar gelegentlich registriert27, aber nicht eigentlich unter-
sucht worden, was angesichts der vieldiskutierten Frage, welcher Anteil dem
König an der frühmittelalterlichen Mission zuzusprechen sei, überraschen muß.
Für die angelsächsische Missionsgeschichte ist jedenfalls davon auszugehen, daß
die Könige im eigenen Land nur mit Vorsicht und Bedacht zum Christentum
überwechseln konnten. Wie anders soll man die erstaunliche Tatsache, daß sie
ihre erbberechtigten Söhne so oft ungetauft ließen, erklären?

b) Bretwalda-Amt und Patenschaft


Angesichts der Tatsache, daß einzelne Könige ihre eigenen Söhne gerade nicht
taufen ließen, muß es aber besonders auffallen, daß manche von ihnen, und gerade
jene, welche das Bretwalda-Amt innehatten, sehr wohl andere Könige zur Taufe
zu bewegen vermochten. Schon dieses eigenartige Vorgehen dürfte Grund genug
sein, der Rolle des Bretwalda in der Bekehrungsgeschichte besondere Aufmerk-
samkeit zu schenken 28 .
Während die ersten vier Bretwaldas nur bis zum Humber 'walteten', war seit
Edwin auch Nordhumbrien mit einbegriffen, wobei dann aber Kent offenbar aus-
geklammert blieb 29 . Zur Erklärung des angelsächsischen Imperiums hat man in
der Forschung recht unterschiedliche Thesen vorgebracht. War es für manche,
insbesondere für deutsche Forscher, ein "romfreies Kaisertum" 30 , so vermochten
andere nur eine allgemeine Overlordship zu sehen 31 . Bedeutungsvoll ist in unse-
rem Zusammenhang die Interpretation von Rupert Bruce-Mitford, der den Bret-
25
Ebd. III l (S. 127).
26
Ebd. II 20 (S. 125f).
27
S. z.B. SCHÄFERDIEK, Grundlegung S. 168.
28
MAYR-HARTING, Christianity S. 64-68.
29
Beda, Hist. eccl. II 5 (ed. PLUMMER l, S. 89): quintus Aeduini rex Nordanhymbrorum gen-
tis, id est eius, quae ad Borealem Humbrae fluminis plagam inhabitat, maiore potentia cunctis,
qui Brittaniam incolunt, Anglorum pariter et Brettonum populis praefuit, praeter Cantuariis
tantum.
STENGEL, Imperator und Imperium S. 15-72; ERDMANN, Ideenwelt des Frühmittelalters
S. 7-16.
31
JOHN, Orbis Britanniae S. 6-25.
182 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

walda als "Herrscher über Britannien" ansieht 32 . Das zu Sutton Hoo im Grab des
als König und Bretwalda verstorbenen Raedwald von Ostanglien aufgefundene
Zepter möchte er mit Karl Hauck als Ahnenstab, dann aber vor allem als typisches
Herrschaftszeichen des Bretwalda ansehen; darin habe sich der Anspruch doku-
mentieren sollen, Herrscher Britanniens und zugleich Erbe Roms zu sein: "... the
last pagan king sought to fuse in his bretwalda-ship the Roman legacy and the
sacral power of Germanic kingship" 33 . Wenn aber in das Selbstverständnis des
Bretwalda wirklich die Erinnerung an die römische Herrschaft und damit an die
Kaiser eingegangen ist, dann könnte die Missionstätigkeit dieses Overlord durch-
aus auch von Vorstellungen der spätantiken christlichen Kaiser beeinflußt gewesen
sein34.
Um die wirkliche Bedeutung des Bretwalda für die Mission zu erläutern, ist an
erster Stelle Aethelberht von Kent zu erwähnen, der den römischen Missionaren
den Zutritt zur Insel ermöglichte und dessen Imperium, wie Beda in diesem Zu-
sammenhang noch einmal wiederholt, bis zum Humber reichte 35 . Nachdem
Aethelberht selber das Christentum angenommen hatte36 , hat er offenbar seine
oberherrliche Stellung dazu genutzt, auch andere Könige zur Annahme des Chri-
stenglaubens zu veranlassen. Der in Essex regierende Saberht, Sohn seiner Schwe-
ster Ricula, mußte die Missionstätigkeit des Mellitus und die Errichtung der Pauls-
kirche in London zulassen 37 . Wiewohl Beda nicht die Taufe des ostsächsischen
Königs schildert, ist eine solche doch anzunehmen, weil er, wie schon erwähnt,
über die königlichen Söhne berichten muß, daß sie jenes heilige Bad, in dem ihr
Vater abgewaschen worden sei, abgelehnt hätten 38 . Einen weiteren Erfolg konnte
Aethelberht in Ostanglien verzeichnen. Noch zu seinen Lebzeiten, also vor 616,
hat der dort herrschende Raedwald am kentischen Hof die 'Sakramente des christ-
lichen Glaubens' empfangen 39 . Der getaufte Ostanglier war auffälligerweise dann
32
BRUCE-MITFORD, Sutton-Hoo l, S. 699.
33
Ebd. 2, S. 376. S. auch JOHN, Orbis Britanniae S. 14: "The evidence indeed suggests the
'empire of Britain' was a factor of importance in the mind of churchmen from the day of the
conversion."
34
HAUCK, Sutton-Hoo-Edition (2) S. 357-362.
35
Beda, Hist. eccl. I 25 (ed. PLUMMER 1, S. 44f): Erat eo tempore rex Aedilberct in Cantia
potentissimus, qui ad confinium usque Humbrae fluminis maximi, quo meridiani et septentrio-
nales Anglorum populi dirimuntur, fines imperil tetenderat.
36
SCHÄFERDIEK, Grundlegung S. 155.
37
Beda, Hist. eccl. II 3 (ed. PLUMMER 1, S. 85): in qua uidelicet gente [Orientalium Saxo-
num] tune temporis Saberct nepos Aedilbercti ex sorore RicuL· regnabat, quamuis sub potestate
positus eiusdem Aedilbercti, qui omnibus, ut supra dictum est, usque ad terminum Humbrae
fluminis Anglorum gentibus imperabat. Ubi uero et haec prouincia uerbum ueritatis praedi-
cante Mellito accepit, fecit rex Aedilberct in ciuitate Lundonia ecclesiam sancti Fault aposto-
li ...; s. SCHÄFERDIEK, Grundlegung S. 161; BRUCE-MITFORD, Sutton-Hoo l, S. 704.
38
Beda, Hist. eccl. II 5 (ed. PLUMMER l, S. 91): mors Sabercti regis Orientalium Saxonum,
qui übt regna perennia petens tres suos filios, qui pagani perdurauerant, regni temporalis heredes
reliquit ... Quibus ille [Mellitus] respondebat: 'Si uultis ablui fönte illo salutari, quo pater uester
ablutus est...'; s. SCHÄFERDIEK, Grundlegung S. 162f.
39
Beda, Hist. eccl. II 15 (ed. PLUMMER l, S. 116): Reduald iamdudum in Cantia sacramentis
Christianae fidei inbutus est, sed frustra. S. dazu WHITELOCK, Pre-Viking age church S. 3;
$ 27 Angelsachsen 183

der nächste, der das Bretwalda-Amt an sich zu ziehen vermochte 40 . Daß Raed-
walds Sohn Eorpwald sich erst später durch Edwin von Nordhumbrien zum Glau-
ben und zu den Sakramenten bekehren ließ41 , ist Indiz einer wiederum veränder-
ten politischen Lage: Das Imperium war inzwischen an den Nordhumbrier über-
gegangen42 . Edwin seinerseits scheint mit der Taufe gewartet zu haben, bis er
der Macht Raedwalds, dem er seinen Aufstieg verdankte, so weit entwachsen war,
daß er sich dabei nicht in dessen Abhängigkeit begeben mußte 43 . Im Jahre 628
wurde er getauft. Nur wenige Jahre später endete er auf dem Schlachtfeld
(634?) 44 . In den beiden nordhumbrischen Teilreichen Deira und Bernicia folgte
eine heidnische Reaktion, bis Oswald, der bei den Schotten in der Verbannung
gelebt und im Kloster lona die Taufe empfangen hatte, die Herrschaft für sich
gewinnen konnte. Bereits im Jahre 635 — so jedenfalls die Angelsachsen-Chronik
— war der neue König, der seinem Land weiterhin die gesamtenglische Oberherr-
schaft sichern konnte, bei der Taufe Cynegils', des Königs von Wessex, anwesend,
den der aus Rom entsandte Bischof Birinus bekehrt hatte. Beda berichtet dabei,
daß Oswald den Getauften aus dem heiligen Bad gehoben habe, also dessen Tauf-
pate geworden sei. Es ist das erste Mal, daß bei dem Bemühen eines Bretwalda um
die Taufe anderer Könige die Patenschaft ausdrücklich erwähnt wird. Gleichzeitig
habe Oswald eine Tochter seines Patensohnes geehelicht, und zuletzt hätten Täuf-
ling und Pate dem Bischof Birinus die civitas Dorcic geschenkt, um dort einen
Episkopalsitz zu errichten 45 . Daß auch eine Heirat vollzogen wurde, verweist auf

MAYR-HARTING, Christianity S. 65f; STENTON, East Anglian Kings S. 43-52; SCHÄFER-


DIEK, Grundlegung S. 162; BRUCE-MITFORD, Sutton-Hoo l, S. 699.
40
Beda, Hist. eccl. II 5 (ed. PLUMMER l, S. 89): quartus Reduald rex Orientalium Anglomm,
qui etiam uiuente Aedilbercto eidem suae genti ducatum praebebat, obtinuit. VOLLRATH—
REICHELT, Königsgedanke S. 82ff; BRUCE-MITFORD, Sutton-Hoo l, S. 699.
41
Beda, Hist. eccl. II 15 (ed. PLUMMER l, S. 115f): Tantum autem deuotionis Aeduini erga
cultum ueritatis habuit, ut etiam regi Orientalium Anglorum, Earpualdo filio Redualdi, persua-
deret, relictis idolorum superstitionibus, fidem et sacramenta Christi cum sua prouincia suscipe-
re. S. SCHÄFERDIEK, Grundlegung S. 169.
42
VOLLRATH-REICHELT, Königsgedanke S. 85ff.
43
MAYR-HARTING, Christianity S. 66f.
44
Zur Datierung s. SCHÄFERDIEK, Grundlegung S. 165.
45
Beda, Hist. eccl. III 7 (ed. PLUMMER l, S. 139): Eo temporegens Occidentalium Saxonum,
qui antiquitus Geuissae uocabantur, regnante Cynigilso fidem Christi suscepit, praedicante illis
uerbum Birino episcopo, qui cum consilio papae Honorii uenerat Brittaniam ... Itaque euange-
lizante illo in praefata prouincia, cum rex ipse cathecizatus, fönte baptismi cum sua gente
ablueretur, contigit tunc temporis sanctissimum ac uictoriosissimum regem Nordanhymbrorum
Osualdum adfuisse, eumque de lauacro exeuntem suscepisse, ac pulcherrimo prorsus et Deo
digno consortio, cuius erat filiam accepturus in coniugem, ipsum prius secunda generatione
Deo dedicatum sibi accepit in filium. Donauerunt autem ambo reges eidem episcopo ciuitatem,
quae uocatur Dorcic, ad faciendum inibi sedem episcopalem; Anglo-Saxon Chronicle a. 635 (ed.
WHITELOCK S. 18): 'King Cynegild was baptized by Bishop Birinus in Dorchester, and Oswald
stood sponsor to him.' Ein Enkel Cynegilds wird ebenfalls von Birinus getauft, zugleich aber
auch aus der Taufe gehoben; ebd. a. 639 (S. 18): 'Birinus baptized KingCuthred in Dorchester,
and also received him as his godson.' Zur Angelsachsen-Chronik s. R. WENSKUS (Angelsächsi-
sche Chronik S. 319f), der darauf aufmerksam macht, daß für die frühe Zeit "die Zuordnung zu
einzelnen Jahren vielfach kaum mehr als vage Kombination sein kann".
184 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

einen weiteren Vorgang ähnlicher Art aus der Regierungszeit Oswius (641-670),
des Bruders und Nachfolgers von Oswald. Der mercische Königssohn Peada ließ
sich 653 von Oswius Sohn Alchfried zur Taufe überreden, als er dessen Schwester
heiraten wollte (nachdem übrigens Alchfried zuvor eine Schwester Peadas geheira-
tet hatte) 46 . Oswiu selbst hat dann König Sigeberht von Essex zur Annahme der
Taufe veranlaßt 47 . Beide Male fand die Taufspendung in der nordhumbrischen
Königspfalz Ad Murum statt; beide Male wurde die Taufe von dem Bischof Nord-
humbriens, dem im Kloster Lindisfarne ansässigen Iren Finan, gespendet. Eine
Patenschaft des Königs, die man bei solchen am Hof gespendeten Taufen wie mit
Sicherheit erwarten möchte, erwähnt Beda allerdings nicht.
Um die Mitte des 7. Jahrhunderts wurde dann noch der ostanglische Hof Schau-
platz wichtiger Bekehrungen. Der westsächsische König Cenwalh konvertierte
hier unter König Anna (636/7-654), nach der Angelsachsen-Chronik im Jahre
64648 . Wie sehr es wiederum nahelag, bei einer solchen am Hof gespendeten Taufe
eine Patenschaft des Königs anzunehmen, zeigt noch der um die Mitte des 12.
Jahrhunderts kompilierte Liber Eliensis, der von einer solchen zu berichten
weiß49. Nach Bedas Zeugnis hat wenig später Annas Bruder und zweiter Nachfol-

46
Beda, Hist. eccl. III 21 (ed. PLUMMER l, S. 69f): His temporibus Middilangli, idestMedi-
terranei Angli, sub principe Peada filio Pendan regis fidem et sacramenta ueritatis perceperunt.
Qui cum esset iuuenis optimus, ac regis nomine ac persona dignissimus, praelatus est a patre
regno gentis illius; uenitque ad regem Nordanhymbrorum Osuiu, postulans filiam eius Alchfle-
dam sibi coniugem dari. Neque aliter, quod petebat, inpetrare potuit, nisi fidem Christi ac
baptisma cum gente, cui praeerat, acciperet. At ille audita praedicatione ueritatis, et promissio-
ne regni caelestis, speque resurrectionis ac futurae inmortalitatis, libenter se Christianum fieri
uelle confessus est, etiamsi uirginem non acciperet; persuasus maxime ad percipiendam fidem
a filio regis Osuiu, nomine Alchfrido, qui erat cognatus et amicus eius, Habens sororem ipsius
coniugem, uocabulo Cyniburgam, filiam Pendan regis. Baptizatus est ergo a Finano episcopo
cum omnibus, qui secum uenerant, comitibus ac multibus, eorumque famulis universis in uico
regis inlustri, qui uocatur Ad Murum. Et acceptis presbyteris, qui ad docendam baptizan-
damque gentem illius et eruditione et uita uidebantur idonei, multo cum gaudio reuersus est.
VOLLRATH-REICHELT, Königsgedanke S. 98f.
47
Beda, Hist. eccl. III 22 (ed. PLUMMER l, S. 172): Haec et huiusmodi multa cum rex Osuiu
regi Sigbercto amicali et quasi fraterno consilio saepe inculcaret, tandem iuuante amicorum con-
sensu credidit, et, facto cum suis consilio, cum exhortatione, fauentibus cunctis et adnuentibus
fidei, baptizatus est cum eis a Finano episcopo in uilla regia, cuius supra meminimus, quae
cognominatur Ad Murum. Est enim iuxta mumm, quo olim Romani Brittaniam insulam prae-
cinxere, XII milibus passuum a mari orientali secreta. VOLLRATH—REICHELT, Königsge-
danke S. 99f: Bei der Erörterung der übergeordneten Autorität Oswiu's wird man den "freund-
schaftlichen und gleichsam brüderlichen Rat" kaum als Gegenargument gegen eine Oberhoheit
ins Feld führen dürfen; ein Theologe wie Beda wußte, daß die Taufe nur freiwillig und nicht
gezwungen empfangen werden durfte. Gerade eine apologetische Betonung der Freiwilligkeit
könnte an dieser zweifeln lassen und damit indirekt eine Oberhoheit bestätigen.
48
Beda, Hist. eccl. III 7 (ed. PLUMMER l, S. 140): [Coinualch] secessit ad regem Orientalium
Anglorum, cui nomen erat Anna; apud quem triennio exulans fidem cognouit ac suscepit ueri-
tatis; Anglo-Saxon Chronicle a. 646 (ed. WHITELOCK S. 19): 'Cenwealh was baptized'. WHITE-
LOCK, Pre-Viking age church S. 8f; HAUCK, Sutton-Hoo-Edition (1) S. 445. Zur ostanglischen
Königsdynastie s. BRUCE-MITFORD, Sutton-Hoo l, S. 695.
49
Liber Eliensis (ed. BLAKE S. 18): Baptizatus est rex Chenuualla in eadem provincia a Felice
episcopo, quem de fönte sacro rex Anna suscepit; zur Abfassungzeit s. ebd. S. XLVIff.
$ 27 Angelsachsen 185

ger Aethelwald (655-663/4) Pate gestanden, als in seiner Pfalz Rendlesham König
Swidhelm von Essex durch Bischof Cedd getauft wurde 50 . Der Bischof war von
König Oswald infolge der am nordhumbrischen Hof dem ostsächsischen König
Sigeberht gespendeten Taufe nach Essex entsandt worden; er war für dieses
Königreich zuständig und ging nun mit seinem König Swidhelm an den ostangli-
schen Hof, um ihn dort unter dem Patronat Aethelwalds zu taufen. Möglicherwei-
se wird man in der von Swidhelm akzeptierten ostanglischen Patenschaft einen
geschickten politischen Schachzug sehen dürfen, daß nämlich zum Zeitpunkt der
Taufe die Stellung Nordhumbriens infolge des Aufstandes der Mercier bereits
geschwächt war, daß aber Wulfhere von Mercien (657-678) noch nicht die Macht
gewonnen hatte, um nach Essex auszugreifen, wie er es bei dem Nachfolger Swid-
helms getan hat51 . Sobald Wulfhere für Mercien die Vorherrschaft errungen hatte,
machte auch er die Patenschaft wieder zum Ausdruck seiner Oberhoheit: Aethel-
walh, König von Sussex, wurde 661 auf sein Zureden hin in Mercien getauft und
von ihm auch aus der Taufe gehoben; zum Zeichen der 'Adoption' erhielt der
Täufling zwei ehemals zu Wessex gehörige 'Provinzen' 52 .
Nach dieser Übersicht leidet es keinen Zweifel, daß der Bretwalda und gerade
auch seine Rolle als eines "Königspaten" von besonderer Bedeutung für die Chri-
stianisierung gewesen sind. Offenbar bot das Amt des Overlord günstige Möglich-
keiten, auf andere Könige einzuwirken und ihnen die Taufe nahezubringen. Wenn
auch nicht in allen Fällen von der Patenschaft eines Bretwalda die Rede ist, so
sind doch mehrere Beispiele bestens bezeugt. Schon das aber muß erstaunlich ge-
nannt werden. Denn, so möchte man fragen, woher und warum taucht dieser in
Byzanz ein Jahrhundert zuvor aufgekommene Ritus des politischen Taufpatro-
nates nun auch im Westen auf und dazu noch in einer politischen Landschaft,
die weder an ein seit langem christliches Reich angelagert war noch auch direkt
50
Beda, Hist. eccl. III 22 (ed. PLUMMER l, S. 174): Successit autem Sigbercto in regnum
Suidhelm, filius Sexbaldi, qui baptizatus est ab ipso Cedde in prouincia Orientalium Anglorum,
in uico regio, qui dicitur Rendlaesham, id est mansio Rendili; suscepitque eum ascendentem
de fönte sancto Aediluald rex ipsiusgentis Orientalium Anglorum, frater Anna regis eorundem.
WHITELOCK, Pre-Viking age church S. 9; HAUCK, Sutton-Hoo-Edition (1) S. 242, 245.
51
Beda, Hist. eccl. III 30 (ed. PLUMMER l, S. 199): Eodem tempore prouinciae Orientalium
Saxonum post Suidhelmum ... praefuere reges Sigheri et Sebbi, quamuis ipsi regi Merciorum
Uulßierae subiecti. Quae uidelicet prouincia cum praefatae mortalitatis clade premeretur, Sighe-
ri cum sua parte populi, relictis Christianae fidei sacramentis, ad apostasiam conuersus est ...
Quod ubi rex Uulfheri conperit, fidem uidelicet prouinciae ex parte profanatam, misit ad cor-
rigendum errorem, reuocandamque ad fidem ueritatis prouinciam laruman episcopum ... qui...
et populum et regem praefatum ad viam iustitiae reduxit. S. VOLLRATH —REICHELT, Königs-
gedanke S. 108; BRUCE-MITFORD, Sutton-Hoo l, S. 704.
52
Beda, Hist. eccl. IV 13 (ed. PLUMMER l, S. 230): Erat autem rex gentis ipsius Aedilualch,
non multo ante baptizatus in prouincia Merciorum, praesente ac suggerente rege Uulfhere a
quo etiam egressus de fönte, Joco filii susceptus est; in cuius signum adoptionis duos Mi prouin-
cias donauit, Uectam uidelicet insulam, et Meanuarorum prouinciam in gente Occidentalium
Saxonum; Anglo-Saxon Chronicle a. 661 (ed. WHITELOCK S. 21): 'And Wulfhere, the son of
Penda, harried in the Isle of Wight, and gave the people of the Isle of Wight to Ethelwold, king
of the South Saxons, because Wulfhere had stood sponsor to him at baptism. And the priest
Eoppa was the first man to bring baptism to the people of the Isle of Wight, by the commands
of Wilfrid an King Wulfhere'.' VOLLRATH-REICHELT, Königsgedanke S. 109f.
186 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

von dort patenschaftlich missioniert wurde? Vielmehr geschah diese Anwendung


in einem insgesamt noch heidnischen Verband, der sich gerade erst dem Chri-
stentum zuwandte und dabei zugleich einen Kampf um seine zentrale Oberherr-
schaft austrug. Insofern gehört es gewiß zu den erstaunlichen Fakten, daß dabei
das Pateninstitut benutzt wurde. Offenbar hat man dessen Bedeutung rasch zu
erfassen vermocht. Und selbst in jenen Fällen, wo eine Patenschaft nicht bezeugt
ist, wurden gerade auch solche Verhaltensweisen befolgt, wie wir sie sonst mit der
Patenschaft verbunden sehen: daß etwa die Taufe des sich bekehrenden Königs
am Hof des bereits christlichen Königs stattfindet und von dessen "Landesbi-
schof" vollzogen wird. Hier scheint eine "eigenkirchliche" Verfahrensweise durch,
die — wie die Patenschaft — auf eine persönliche Bindung hindeutet.
Was aber glaubte ein Bretwalda durch die Christianisierung anderer Könige und
durch eine Patenschaft über sie erreichen zu können? Es mag zur Deutung nahe-
liegend erscheinen, sich die Rivalitäten unter den in den einzelnen Königreichen
zur Herrschaft Berechtigten zu vergegenwärtigen, daß nämlich der jeweilige Herr-
schaftsinhaber seine Konkurrenten oft mit Gewalt vertreiben mußte, diese dann
bei feindlichen Nachbarn Unterschlupf und Unterstützung suchten und dort oft
genug auch fanden. Von daher könnte es einleuchten, daß durch die Christiani-
sierung der nächsten Nachbarn ein möglicher Rückhalt für eine heidnische Oppo-
sition beseitigt wurde. So muß es plausibel erscheinen, daß Aethelberht sofort
eine solche Absicherung versuchte, indem er Raedwald von Ostanglien an seinem
Hof taufen ließ und auch die Christianisierung von Essex einleitete. Aber dies
kann, so plausibel die Erklärung klingt, bestenfalls nur eine Vermutung sein.
Wichtiger ist die Frage, ob es als Ausdruck von Aethelberhts Machtfülle zu verste-
hen ist, daß er andere Könige zur Taufe zu bewegen vermochte 53 . Die Schwierig-
keiten, die sich für einen König aus der Taufe ergaben, hat Aethelberht, wie schon
dargelegt, selber indirekt dadurch bestätigt, daß er den eigenen Sohn, der ihm
nachfolgte, ungetauft ließ. Hatte er nun wirklich gegenüber anderen Königen die
Macht, sie zur Taufe zu veranlassen, wo doch die Schwierigkeiten im eigenen Hau-
se offen zutage lagen? Oder müssen unsere Überlegungen von einer anderen Seite
her ansetzen, daß etwa die Taufe jenen Königen, die sie annahmen, einen gewissen
Vorteil verschaffte und deswegen attraktiv erschien? Aber worin kann dieser Vor-
teil gelegen haben? Aus den Quellen scheint eine Antwort unmöglich. Läßt man
sich trotzdem dazu herbei, Vermutungen anzustellen, so könnte etwa daran ge-
dacht werden, daß die Taufe unter dem Patronat des Bretwalda eine Anwartschaft
auf dessen Amt bewirkt haben könnte. Denn dieses Amt war ja, anders als das
Königtum, nicht an die blutsmäßige Vererbung gebunden. So ist denn auch Raed-
wald, der sich in Kent unter Aethelberht hatte taufen lassen, dessen Nachfolger
im Bretwalda-Amt geworden. Aber dies kann wiederum nur als Vermutung hinge-
stellt werden, denn die nordhumbrischen Bretwaldas haben ihr Amt, wie wir
sehen werden, eben nicht mehr abgegeben, auch nicht an ihre geistlichen Söhne.

53
CAMPBELL, Conversion of England S. 17: "It has long been recognised that the first expan-
sion of Christianity from Kent to Essex and East Anglia reflected the authority of Ethelbert
as overlord of southern England ..."
$ 27 Angelsachsen 187

c) Erzbistum und Oberherrschaft


Ein wirklich konkreter Gesichtspunkt ergibt sich erst im Blick auf das Amt des
Erzbischofs. Nach Gregors des Großen Missionsplan sollten in England gemäß
der antiken Provinzialstruktur zwei Metropolitanbezirke errichtet werden: zu
London und York 54 . Erinnern wir uns dabei der Bedeutung dieses Amtes: War
ursprünglich der Metropolit nur der Sprecher unter den Bischöfen seiner Provinz
gewesen, so wurde mit Gregors des Großen Rechtspraxis der Erzbischof durch
ein von Rom übersandtes Pallium in die bevorrechtigte Lage versetzt, als einziger
die Bischofsweihen vornehmen und Synoden berufen zu dürfen. Um die beiden
in England geplanten Erzsitze sollte sich demnach eine nicht unerhebliche Macht
konzentrieren: die Bischofserhebung und die Synodenberufung. Die darin liegen-
den politischen Möglichkeiten können den um eine festere Oberherrschaft ringen-
den Bretwaldas schwerlich verborgen geblieben sein. Auszugehen ist von dem Fak-
tum, daß im angelsächsischen England die Bistümer wie die Königreiche "gentil"
organisiert waren; das heißt: jedes Volk hatte seinen König, aber auch einen eige-
nen Bischof 55 . Zudem läßt sich beobachten, daß die Könige "die Bischofssitze
ihres Herrschaftsbereiches ganz in ihrem Sinne besetzten" 56 . Da aber allein der
Erzbischof als übergeordnete Instanz zur Weihe von Bischöfen befugt war und es
ihm außerdem noch zukam, Synoden zu berufen, mußten die mit einem König-
reich deckungsgleichen Bistümer sich zu dieser Oberinstanz hin öffnen 57 . Wenn
nun ein Herrscher in seinem Reich über einen Erzbischof verfügte, war ihm ein
kirchlicher Amtsträger an die Seite gestellt, der recht genau die Entsprechung zu
dem den Einzelkönigen übergeordneten Bretwalda-Amt darstellte. Sofern sich
nun die Person des Erzbischofs dem politischen Oberherrscher gefügig erwies,
eröffnete sich diesem die Möglichkeit, auf die Bischofsernennung einer ganzen

54
LAMB, Archbishopric of Canterbury S. 17-21; MAYR-HARTING, Christianity S. 265f.
55
POOLE, St. Wilfrid S. 63: "It should be observed that Beda almost always speaks of a bishop
by his territorial style; he is bishop of a kingdom or underkingdom: or more exactly his title
is gentilic; he is bishop of the Northumbrians, or the Middle English, or the Gwissas, or the
like. It is only in regard to the most ancient bishoprics, Canterbury, Rochester, London and
York, that he designates a bishop by his 'see' or place of residence." Vgl. auch MOORMAN,
Church in England S. 27; ferner JOHN, Early English Church S. 39-63; VOLLRATH-REI-
CHELT, Königsgedanke S. 69: "So fällt bei der Einrichtung der angelsächsischen Bistümer doch
besonders auf, daß die Bischöfe zunächst nicht für ein bestimmtes Gebiet, eine Diözese, einge-
setzt wurden, sondern in der Regel für das Herrschaftsgebiet eines Königs (oder Unterkönigs),
so daß die alten Diözesen die Grenzen weltlicher Herrschaften zur Zeit ihrer Einrichtung wider-
spiegeln."
56
VOLLRATH-REICHELT, Königsgedanke S. 73.
Ein Beispiel dafür, wie ein Bischof in einen zwischen verschiedenen "Landesbistümern"
bestehenden Konflikt hineingezogen wurde und sich an den ihm übergeordneten Erzbischof
wenden mußte, liefert ein Brief des Londoner Bischofs Wealdhere. Der Bischof befand sich in
den Einflußfeldern sowohl von Wessex und East Anglia, deren Könige sich im Streit befanden
und an deren Versöhnung Wealdhere mitwirken sollte. Da aber der König von Wessex durch
den Erzbischof von Canterbury gemaßregelt worden war, bat er denselben um nähere Weisun-
gen. Die Existenz eines Erzbistums ließ in sich abgeschlossene "Landesbistümer" nicht zu.
CHAPLAIS, Letter from Bishop Wealdhere [mit Text-Edition] S. 3-23.
188 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

Kirchenprovinz — und das waren in England gleich mehrere Königreiche — Ein-


fluß zu nehmen. So kann es kein Zweifel sein: Wer an der gesamtangelsächsischen
Oberherrschaft interessiert war, konnte an dem Amt der Pallienträger nicht un-
interessiert vorbeigehen. Bereits Aethelberhts Ausgriff nach London mag darum
von dem Gedanken motiviert gewesen sein, 'diesen als Erzsitz projektierten Bi-
schofsstuhl von vornherein in die eigene Machtsphäre zu ziehen, um die von dort
aus vorzunehmenden Bischofserhebungen beeinflussen zu können.
Die weitere Entwicklung nahm allerdings einen Verlauf, der nicht London,
sondern Canterbury zum ersten Kirchensitz werden ließ. Der von Rom entsandte
Augustinus, den Gregor nie Bischof oder Erzbischof von Canterbury nennt, son-
dern als Bischof der Angeln anredet, erhielt im Jahre 601 das Pallium. Der Begleit-
brief legt das entsprechende kirchenorganisatorische Programm dar: Der Erzbi-
schof soll zwölf Bischöfe weihen, die ihm unterstellt bleiben; der Bischof von
London aber wird für alle Zukunft von einer Synode geweiht werden und dann
vom heiligen Stuhl das Pallium erhalten. Ferner soll Augustinus nach York, sobald
die Mission sich dort günstig entwickelt hat, einen Bischof eigener Wahl entsen-
den, der gleichfalls zwölf Bischöfe weihen und das Metropolitenrecht ausüben soll,
wie ihm der Papst dann auch das Pallium senden will; sein Vorrecht soll sich nach
Augustins Tod auf die von ihm geweihten Bischöfe beziehen, nicht aber auf Lon-
don. Zwischen London und York soll es so gehalten werden, daß derjenige den
Vorrang hat, der jeweils zuerst geweiht worden ist; immer aber sollen sie gemein-
sam beraten und handeln 58 . Augustinus selbst war also nicht gehalten, London
zu seinem Erzsitz zu machen. Tatsächlich blieb er in Canterbury, wo er 604 ver-
starb und auch sein Grab fand 59 ; die Grabschrift nennt ihn Doruuernensis archie-
piscopus primus60 . Kurz vor seinem Tode hatte er Justus zum Bischof von Roche-
ster und Mellitus zum Bischof von London 61 geweiht. Die Annahme, daß Letzte-
rer damit Anwärter auf das nach Augustinus' Tod neu zu verleihende Pallium
geworden wäre, trügt, denn Nachfolger wurde Laurentius, den Augustinus noch
zu seinen Lebzeiten geweiht hatte, um nach seinem Tode jedweden Bruch zu ver-
meiden62 . Laurentius hat laut Beda tatsächlich das Erzbischofsamt erlangt 63 . Als
mit dem Tode sowohl Aethelberhts von Kent wie auch Saberhts von Essex die
Herrschaft von deren heidnischen Söhnen einsetzte, harrte allein Laurentius
weiter aus; Mellitus und Justus hingegen entwichen nach Gallien64 und kehrten
erst nach Eadbalds Taufe und auf dessen Geheiß zurück, wobei freilich die Lon-
doner ihrem Bischof die Rückkehr verwehrten 65 . Eadbalds Macht war damals,
58
Gregorü I registrum XI 39 (MGH Epp. 2, S. 312f); LAMB, Archbishopric of Canterbury
S. 16-24.
59
Beda, Hist. eccl. II 3 (ed. PLUMMER 1, S. 85f).
60
Ebd. S. 86.
61
Ebd. S. 85.
62
Ebd. II 4 (S. 86): Successit Augustitio in episcopatum Laurentius, quem ipse idcirco adhuc
uiuens ordinauerat, ne, se defuncto, status ecclesiae tarn rudis uel ad horam pastore destitutus
uacillare inciperet.
Ebd. S. 87: Laurentius archiepiscopi gradu potitus.
64
Ebd. II 5 (S. 92).
65
Ebd. II 6 (S. 93).
$ 27 Angelsachsen 189

wie Beda eigens erläutert, nicht mehr so groß wie die seines Vaters, daß er den
Widerstrebenden den Bischof hätte aufnötigen können. Wiewohl Laurentius als
Erzbischof bezeichnet wird66 , weiß Beda doch nichts von einer Übersendung des
Palliums. Dasselbe gilt für den Nachfolger Mellitus; auch er heißt Erzbischof 67 ,
ohne daß ein Pallium erwähnt wird, was insofern erstaunt, als Mellitus und Justus
mit Papst Bonifatius V. in brieflichem Kontakt standen68 . Erst als Justus von Ro-
chester nach Canterbury aufrückte, vermag Beda einen Brief desselben Papstes
anzuführen, der wieder die Übersendung des Palliums bezeugt 69 .
Aufs ganze gesehen entsteht der Eindruck, als habe Augustinus wie ein "Mis-
sionserzbischof" gehandelt und als sei der Plan Gregors, der für London den Erz-
sitz mit zwölf Suffraganen vorsah, an der heidnischen Reaktion in Essex geschei-
tert. Es war dann der Zwang der Verhältnisse, daß der Erzbischof am kentischen
Königssitz verblieb und Canterbury infolgedessen der Erzsitz wurde. Das auf diese
Weise dem kentischen Königsthron zugespielte politische Potential wurde jedoch
nicht genutzt 70 . Es waren die Könige von Nordhumbrien, die das Bretwalda-Amt
für sich zu gewinnen vermochten und rasch auch ihr eigenes Interesse an der kirch-
lichen Oberhoheit bekundeten.
Daß König Edwin, der mit Hilfe Ostangliens und möglicherweise auch Mer-
ciens — er hatte zunächst eine mercische Königstochter zur Frau gehabt71 — in
Nordhumbrien zur Macht gekommen war, sich zuletzt nach Kent und an die dort
tätigen römischen Missionare wandte, dabei die christliche Schwester des kenti-
schen Königs zur Frau nahm, bald auch die christliche Predigt in seinem Land zu-
ließ und sogar die eigene Taufe nicht ausschließen mochte, kann durchaus damit
zusammengehangen haben, daß er die Bedeutung erkannte, die York als zweitem
Erzsitz zugedacht war. Als dann Papst Honorius (625-638) dem zum Erzbischof
erhobenen Paulinus das Pallium übersandte 72 , schrieb er an Edwin einen Brief,
der das königliche Interesse an den Palliumsrechten offen bezeugt: Was der König
sich für die Weihe seiner Priester erhofft habe, das habe er, der Papst, auf den
Bericht des Briefboten hin wohlgefällig und unverzüglich zugestanden; die Pallien
für die zwei Metropoliten — also für Honorius in Canterbury und Paulinus in York
— seien dazu verliehen, daß in dem von Rom so weit entfernten Britannien beim
Versterben des ersten Palliumträgers immer noch ein zweiter vorhanden sei, um
an des Papstes Statt den Nachfolger zu berufen. Glücklicherweise überliefert Beda

66
Ebd.: No« enim tanta erat ei, quanta patri ipsius regni potestas, ut etiam nolentibus ac con-
tradicentibus paganis antistitem suae posset ecclesiae reddere.
67
Ebd.: archiepiscopus Mellitus.
68
Ebd. II 7 (S. 94): susceperunt scripta exhortatoria a pontifice Romanae et apostolicae sedis
Bonifa tio.
69
Ebd. II 8 (S. 96): Pallium praeterea per latorem praesentium fraternitati tuae ... direximus.
Daß damit "die Metropolitanrechte von London auf Canterbury übergingen" (BRECHTER,
Bekehrung der Angelsachsen S. 206), dürfte in dieser Bestimmtheit kaum zutreffen.
70
Daß es "die politische Überlegenheit von Kent zur Zeit Aethelberhts" gewesen sei, die "für
die Folgezeit Canterbury den Primat in England gebracht" habe (WENSKUS, Aethelberht
S. 89), kann schwerlich zutreffend sein.
71
Beda, Hist. eccl. II 15 (ed. PLUMMER l, S. 114).
72
Ebd. II 17 (S. 118ff); SCHÄFERDIEK, Grundlegung S. 169; BLAIR, World of Bede S. 96f.
190 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

noch einen weiteren Brief mit gleichem Datum, worin diese Regelung auch dem
Honorius von Canterbury mitgeteilt wird; wir erfahren dort, daß der Papst seine
Anordnung auf Bitten des angesprochenen Erzbischofs sowie auch 'unserer Söhne,
der Könige'73 getroffen habe. Damit ist in aller Deutlichkeit erwiesen, daß die
Könige, eben die von Kent und Nordhumbri'en, an der Palliumerteilung ein per-
sönliches Interesse hatten, ja mehr noch, daß sie gemeinsam sich in dieser Frage
verständigt haben müssen.
Als Papst Honorius die Briefe an Edwin und Honorius schrieb, war jedoch der
nordhumbrische König bereits tot. In einer Schlacht gegen Penda von Mercien
und den keltischen Caedwalla hatte er Leben und Reich verloren. Nach kurzem
heidnischen Zwischenspiel errang dann Oswald in Nordhumbrien die Oberhand.
Im Exil, das dieser während Edwins Herrschaft hatte auf sich nehmen müssen 74 ,
war er dem Christentum der keltischen Observanz beigetreten. Es ist nun interes-
sant zu sehen, wie auch er, der auf den Rechtsträger eines römischen Erzbischofs
verzichten mußte, in anderer, aber durchaus entsprechender Weise die nordhum-
brische Oberherrschaft wiederum mit kirchlichen Mitteln zu unterbauen wußte.
Zunächst freilich wandte er sich, so erfahren wir, an die maiores natu Scottorum,
bei denen er mit seinen Anhängern während des Exils die Taufe empfangen hatte,
und trug an sie die Bitte heran, ihm zur Bekehrung und Belehrung seines Volkes
einen Bischof zu senden 75 . Tatsächlich schickte man ihm einen solchen; es war
Aidan, der mit einer Schar mönchischer Mitarbeiter zu ihm stieß. Sie alle kamen
aus dem Kloster lona 76 , und sie begannen nun im Herrschaftsbereich Oswalds
zu wirken (in illis Anglorum prouinciis, quibus regnauit Osuald)77. Es ist genau
an dieser Stelle, daß Beda seine berühmte Schilderung des Klosters lona mit der
für die irische Kirchenorganisation typischen monastischen Oberherrschaft ein-
schiebt: Das Kloster habe als Vorort die Oberhoheit über alle Klöster bei den
Pikten ausgeübt (arcem tenebat)1*. Tatsächlich regierte das Inselkloster über alle
Niederlassungen, die vom eigenen Stifter Columba und seinen Schülern in Bri-
tannien und Irland gegründet worden waren, und übte dort die volle kirchliche
Oberhoheit (principatus) aus. Die weitverzweigte Jurisdiktion wurde jeweils vom
Abt des Gründungsklosters, der aber nur ein Priester war, ausgeübt, und ihm

73
Beda, Hist. eccl. II 18 (ed. PLUMMER l, S. 121): iuxta uestrampetitionem, quam filiorum
nostrorum regum.
74
ANDERSON, Kings and Kingship S. 156f.
75
Beda, Hist. eccl. III 3 (ed. PLUMMER l, S. 131): misit ad maiores natu Scottorum, inter
quos exulans ipse baptismatis sacramenta cum his, qui secum erant, rnilitibus consecutus erat;
petens, ut sibi mitteretur antistes, cuius doctrina ac ministerio gens, quam regebat, Anglorum,
dominicae fidei et dona disceret, ut susciperet sacramenta.
Ebd. S. 132: Monachus ipse episcopus Aedan, utpote de insula, quae uocatur Hü, destina-
tus, cuius monasterium in cunctis pene septentrionalium Scottorum, et omnium Pictorum mo-
nasteriis non paruo tempore arcem tenebat, regendisque eorum populis praeerat; s. auch ebd. Ill
5 (S. 135).
77
Ebd. III 3 (S. 132): Exin coepere plures per dies de Scottorum regione uenire Brittaniam
atque illis Anglorum prouinciis, quibus regnauit Osuald, magna deuotione uerbum fidei praedi-
care et credentibus gratiam baptismi, quicumque sacerdotali erant gradu praediti, ministrare.
78
S. Anm. 76.
$ 27 Angelsachsen 191

waren, wie Beda mit merklichem Befremden hervorhebt, 'ungewöhnlicherweise'


auch die Bischöfe unterstellt 79 .
Der ganze Vorgang enthält Elemente von sowohl kirchlicher wie politischer
Bedeutsamkeit. Schon daß Oswald die schottischen maiores um Missionare bat,
wirft die Frage auf, über welche Selbständigkeit er überhaupt verfügte. Daß die
ihm zugesandten Missionare dem kirchlich-monastischen Prinzipat von Hy verbun-
den blieben, brachte seinen ganzen Herrschaftsbereich unter die kirchliche arx der
Schotten; und dies wirkte sich auch auf die Ausgriffe aus, die den nordhumbri-
schen Bretwaldas in der Folgezeit zum Süden hin gelangen. Indem Oswald und
später Oswiu Missionare bis an die Grenzen von Kent entsenden konnten, ver-
vielfachten sie ihren politischen wie auch kirchlichen Einflußbereich. Doch ver-
mochten sie dabei offenbar keine selbständige nordhumbrische "Kirchenprovinz"
zu errichten, blieben doch ihre Missionare an Hy gebunden 80 . Wohl gründete
Aidan in getreuer Nachahmung des Mutterklosters auf einer der Ostküste vorge-
lagerten Insel das Kloster Lindisfarne81 . Auch behielt er Klosterleitung und Bi-
schofsamt in seiner Hand vereinigt. Dieses System überdauerte sogar lange Zeit,
versetzte aber Lindisfarne nicht in die Position einer monastischen arx für Nord-
humbrien; denn Aidans Nachfolger Finan kam wiederum von Hy82 . Und an dieser
Situation änderte sich auch dann nichts, als mit Nordhumbriens wachsendem poli-
tischen Einfluß der Wirkungsbereich von Lindisfarne immer weiter nach Süden
ausgedehnt wurde. Als am nordhumbrischen Königshof Ad Murum der mercische
König Peada, der über die Mittelangeln regierte, getauft wurde, gab Oswald ihm
vier Priester: drei Angeln und einen Kelten namens Diuma, der dann nach Pendas
tödlicher Niederlage der Bischof in Mittelanglien und Mercien wurde 83 . Dessen

79
Beda, Hist. eccl. III 4 (ed. PLUMMER l, S. 134): Ex quo utroque monasterio plurima exinde
monasteria per discipulos eius et in Brittania et in Hibernia propagata sunt, in quibus omnibus
idem monasterium insulanum, in quo ipse requiescit corpore, principatum teneret. Habere
autern solet ipsa insula rectorem semper abbatem presbyterum, cuius iuri et omnis prouincia,
et ipsi etiam episcopi ordine inusitato debeant esse subiecti.
80
Diesen Aspekt hat A.A.M. DUNCAN (Bede, lona, and the Picts S. lOf) besonders heraus-
gestellt. In der Bezeichnung lona's als einer arx sei wohl mehr als nur die Oberhoheit über
andere Klöster ausgedrückt; auch sieht er hierin den Anspruch auf die Führung in der englischen
Mission angemeldet. Das Wort principatus, schon weil es in der Historia ecclesiastica nur hier
vorkomme, könne keineswegs zufällig sein; ebensowenig die Benennung des Abtes als eines
abbas presbyter, die eher als eine defensive Stellungnahme gegen Primatsanspriiche solcher Kir-
chen zu verstehen sei, deren erste Lehrer samt ihren Nachfolgern — anders als der Gründungsabt
Columba von lona — Bischöfe gewesen seien. Zu der irisch-nordhumbrischen Mission in England
s. BLAIR, World of Bede S. 100-114; BULLOUGH, Missions S. 80-98; LAMB, Archbishopric
of Canterbury S. 52-61;
81
Beda, Hist. eccl. I l l 3 (ed. PLUMMER 1, S. 132): Uenienti igitur ad se episcopo, rex locum
sedis episcopalis in insula Lindisfarnensi, ubi ipse petebat, tribuit.
82
Ebd. Ill 17 (S. 160): Successit uero ei in episcopatum Finan, et ipse illo ab Hit Scottorum
insula ac monasterio destinatus, ac tempore non pauco in episcopatH permansit.
Ebd. I l l 21 (S. 170): Baptizatus est ergo a Finan episcopo cum omnibus, qui secum uene-
rant, comitibus ac militibus, eorumque famulis uniuersis in uico regis inlustri, qui uocatur Ad
Murum. Et acceptis IIII presbyteris, qui ad docendam baptizandamque gentem illius et erudi-
tione et uita uidebantur idonei, multo cum gaudio reuersus est. Erant autem presbyteri. Cedd,
192 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

Nachfolger wurde Ceollach, wiederum ein Kelte, bei dem die weiterhin intakte
Bindung an Hy daran erkenntlich wird, daß er schon bald wieder zu seinem caput
und zu seiner arx Hy zurückkehrte 84 . Den weitesten Ausgriff konnte Oswiu tun,
als in seiner Pfalz Ad Murum Sigeberht von Essex getauft wurde. Auch dem Ost-
sachsen wurden Priester mit auf den Weg gegeben; es waren Cedd und ein weiterer
Presbyter, die als 'Lehrer' die Bekehrung von Essex herbeiführen sollten85. Nach
einer ersten Zeit des Wirkens erhielt Cedd, der selber anglischer Herkunft war,
von Finan in Lindesfarne die Bischofsweihe86. Die Tatsache, daß diese Weihe
nicht mehr in Hy vollzogen wurde, als ein Zeichen dafür ansehen zu wollen, daß
Lindisfarne nun endlich die Rolle eines eigenständigen Vorortes im Reiche Oswius
eingenommen habe, dürfte täuschen. Daß nämlich lona weiterhin auch für das
nordhumbrische Inselkloster die dominierende arx blieb, scheint sich darin anzu-
deuten, daß Coloman, der letzte in der Reihe der keltischen Abtbischöfe von
Lindisfarne, nach dem Sieg der römischen Partei auf der Synode von Whitby
'zur Insel Hy, von wo aus er zur Predigt des Wortes bei dem Volk der Angeln
gesendet worden war', zurückkehrte 87 .
Demnach dürfte es sich allenfalls erst allmählich und wohl nicht einmal voll-
ständig dahin entwickelt haben, daß Lindisfarne als Vorort der nordhumbrischen
Kirche fungierte. Wir stehen folglich vor der Tatsache, daß die dortigen Bischöfe,
bei denen keinerlei Anhalt für einen Kontakt mit Canterbury sichtbar wird, auf
lona als ihrem caput ausgerichtet blieben; dort war ihre Mutterkirche, und ihr
waren sie Untertan 88 . Für uns ist wichtig, daß die von lona dem nordhumbrischen
"Landeskloster" vermittelten Missionare bis nach London kamen, und insofern
wird klar, was das Recht der Entsendung von Geistlichen in ein zu bekehrendes
Land an politischen Möglichkeiten in sich barg89 .

et Adda, et Betti, et Diuma, quorum ultimus natione Scottus, ceteri fuere de Anglis. Ferner
ebd. S. 170f: Ipso [Pendan] autem occiso, cum Osuiu rex Christianus regnum eius acciperet,
ut in sequentibus dicemus, factus est Diuma unus ex praefatis IIII sacerdotibus episcopus Me-
diterraneorum Anglorurn simul et Merciorum, ordinatus a Finano episcopo.
Ebd. S. 171: Suscepitque pro illo episcopatum Ceollach, et ipse de natione Scottorum, qui
non multo post, relicto episcopatu, reuersus est ad insulam Hü, ubiplurimorum caput et arcem
Scotti habuere coenobiorum.
85
Ebd. III 22 (S. 172): [Sigberct] postulans ab Osuiu rege, ut aliquos sibi doctores daret, qui
gentem suam ad fidem Christi conuerterent, ac fönte salutari abluerent. At ille mittens ad
prouinciam Mediterraneorum Anglorum clamauit ad se uirum Dei Cedd, et dato illi socio altero
quodam presbytero, misitpraedicare uerbum genti Orientalium Saxonum.
86
Ebd. S. 172f: [Finan] fecit eum [Cedd] episcopum in gentem Orientalium Saxonum, uocatis
ad se in ministerium ordinationis aliis duobus episcopis. Qui accepto gradu episcopatus rediit
ad prouinciam, et maiore auctoritate coeptum opus explens, fecit per loca ecclesias, presbyte-
ros et diaconos ordinauit.
87
Ebd. IV 4 (S. 213): Interea Colmanus, qui de Scottia erat episcopus, relinquens Brittaniam ...
primo uenit ad insulam HU, unde erat ad praedicandum uerbum Anglorum genti destinatus;
CHADWICK, Bede S. 188f.
88
BLAIR, World of Bede S. 105f: "There is no sign that they had any contact with Canterbury
and we must presume that they looked to Lindisfarne, and beyond to lona, as the mother
church to whom obedience was due."
8
JOHN, Orbis Britanniae S. 20: "It can hardly be a coincidence that from the time of the
S 27 Angelsachsen 193

Nach dem Sieg der römischen Partei auf der Synode von Whitby im Jahre
663/64 stand sofort auch die Frage einer neuen Kirchenorganisation an. Dem re-
signierenden Coloman folgte Tuda, der binnen kürzester Zeit nach York über-
siedelte; mit E. John ist zu vermuten, daß man sich dabei des alten römischen
Missionsplanes Gregors des Großen entsonnen hat, demzufolge York als Erzsitz
in Nordhumbrien ausersehen war 90 . Tatsächlich drängte sich auch sofort die Frage
nach dem Erzbischof in den Vordergrund. Als in Canterbury 664 Erzbischof
Deusdedit verstarb, entschied nicht allein der kentische König Egbert über den
Nachfolger, vielmehr geschah die Auswahl in Zusammenarbeit mit Oswiu von
Nordhumbrien. Wighard, aus dem Klerus von Canterbury, wurde als Kandidat
ausersehen und zur Ordination nach Rom gesandt 91 . Dort aber verstarb er noch
vor seiner Weihe, und Papst Vitalian sandte nun — nach Beda — an Oswiu einen
Brief, der die Antwort auf ein Schreiben des Königs darstellt und in dem der Papst
versichert, daß er einen gelehrigen und allseits ausgezeichneten Bischof senden
werde, ganz wie es der König in seinem Brief gewünscht habe 92 . Es könne kein
Zweifel sein, so ist dieser Papstbrief interpretiert worden, daß Vitalian der Mei-
nung gewesen sei, bei dem zu konsekrierenden Erzbischof handele es sich vor-
nehmlich um einen Mann für Oswiu 93 . Trotz Oswius Initiative, die seinen Blick
für die überragende Bedeutung des Erzbistums verrät, wurde aber York erst sehr
viel später zum Erzsitz erhoben. Der lange Streit um Wilfrid und seine Stellung
in Nordhumbrien ist möglicherweise dadurch zu erklären, daß der nordhumbri-
sche König Ecgfrith (670-685) den aus Rom entsandten Theodor gerne als einzi-
gen Erzbischof unter seine Oberhoheit genommen hätte 94 . Aber erst im Jahre 735
wurde York zum Erzsitz erhoben; Egbert, der ein Vetter des regierenden Königs
Ceolwulf war, erhielt als erster das Pallium 95 . Die Verzögerung, die York in der
Erhebung zum Metropolitansitz widerfuhr, entsprach dem Machtverfall Nord-

conversion the hegemony took on a new stability, a new persistence."


90
DERS., Early English Church S. 48f. Ebd. S. 49: "At any rate there is no doubt that before
the year was out the see had moved south. This meant that the bishop of the Northumbrian
and Bernician king moved away from his court to York — and the potentially breakaway pro-
vince of Deira. There is no doubt, then, that the move was made very soon after Whitby: there
must have been a compelling reason, and I suggest that one of the consequences of the synod
was an acceptance of Gregory's original wishes for the siting of the principal northern see."
91
Beda, Hist. eccl. Ill 29 (ed. PLUMMER 1, S. 196): His temporibus reges Anglorum nobilissi-
mi, Osuiu prouinciae Nordanhymbrorum, et Ecgberct Cantuariorum, habito inter se consilio,
quid de statu ecclesiae Anglorum esset agendum, intellexerat enim ueraciter Osuiu, quamuis
educatus a Scottis, quid Romana esset catholica et apostolica ecclesia, adsumserunt cum electio-
ne et consensu sanctae ecclesiae gentis Anglorum, uirum bonum et aptum episcopatu, pres-
byterum nomine Uighardum, de clero Deusdedit episcopi, et hunc antistitem ordinandum
Romam miserunt; quatinus accepto ipse gradu archiepiscopatus, catholicos per omnem Britta-
niam ecclesiis Anglorum ordinäre posset antistites.
Ebd. S. 197f: Hominem ... docibilem et in omnibus ornatum antistitem, secundum uestro-
rum scriptorum tenorem.
93
JOHN, Orbis Britanniae S. 17. S. auch VOLLRATH-REICHELT, Königsgedanke S. 104-
108; LAMB, Archbishopric of York S. 32f; GIBBS, Decrees S. 219ff.
94
GIBBS, Decrees S. 224.
95
LAMB, Archbishopric of York S. 55ff.
194 Fränkische und angelsächsische Bekehrung

humbriens. Demgegenüber behauptete Mercien, beginnend mit König Wulfhere


(657-678) und andauernd bis um die Wende des 8./9. Jahrhunderts, den Vorrang
unter den angelsächsischen Königreichen. Für die Zeit von 788-802 vermochte
deswegen das mercische Lichfield den Rang eines Erzsitzes einzunehmen 96 . Wie
sehr eine gesamtenglische Oberhoheit sich immer auch kirchlich manifestierte,
veranschaulicht die Tatsache, daß von 742 bis 825 die mercischen Könige insge-
samt 21 südenglischen Synoden präsidierten 97 . Es kann wiederum kein Zweifel
sein, daß die Einrichtung eines Erzbistums den zur gesamtenglischen Herrschaft
strebenden Bretwaldas von besonderer Bedeutung gewesen ist.
Rückschauend auf die angelsächsische Bekehrungsgeschichte sehen wir recht
verschiedenartige Kräfte am Werk: Die Missionare begegneten dem König und
seinen Großen, aber auch dem Bretwalda, der einerseits die Mission in andere
Königreiche weiterzutragen half, andererseits aber die Einrichtungen und Amts-
vorstellungen der Kirche, insbesondere das Erzbischofsamt, in den Dienst seines
Imperiums zu stellen suchte: Die eigene Landeskirche und ebenso der eigene Herr-
schaftsbereich konnte durch die Mission ausgeweitet werden. Wendet man aber
diese Beobachtungen noch einmal wieder zurück auf die allerersten Anfänge der
angelsächsischen Bekehrungsgeschichte, so zeigt sich nochmals ein überraschender
Befund: Aethelberht von Kent hatte Berta, die Tochter des in Paris residierenden
Merowingers Charibert I. (561-567), geheiratet98 ; dies muß — Aethelberht hat ein
ungewöhnlich hohes Alter erreicht — um 562/3 geschehen sein 99 . Als Christin
hatte sich Berta, wie Beda noch zu wissen glaubte, die freie Ausübung ihres Glau-
bens ausbedungen und deswegen einen Geistlichen namens Liudhard mit nach
Canterbury gebracht. Dieser war aber nicht einfach ein Priester, sondern Bi-
schof100. Hält man sich vor Augen, daß im Gallien des 6. Jahrhunderts Bischofs-
weihen nur für einen leerstehenden Episkopalsitz, nicht aber zur Auszeichnung
einer Person gespendet wurden 101 , muß die Tatsache, daß Liudhard Bischof war,
aufmerken lassen. Sollte hier nicht dasselbe imperiale Missionsmodell inauguriert
worden sein, das wir in der Missionsgeschichte Englands und darüber hinaus noch
so oft antreffen? Liudhard wäre dann der Emissär des Merowingerkönigs gewesen,
um als Bischof das zu bekehrende Kent an die gallische Kirche anzubinden. Die

96
LEVISON, England S. 19. S. auch die Karte bei LAMB, Archbishopric of York S. 135.
97
HART, Mercia S. 58 mit Anm. 3.
98
Gregor von Tours, Hist. IX 26 (MGH SS rer. Merov. l / l , S. 4454).· Ingoberga reginu, Chari-
berti quondam relicta, migravit a saeculo, ... relinquens filiam unicam, quam in Canthia regis
cuiusdam filius matrimonio copulavit; Beda, Hist. eccl. I 25 (ed. PLUMMER l , S. 45): Nam et
antea fama ad eum [Aedilberct] Christianae religionis peruenerat, utpote qui et uxorem habebat
Christianam de gente Francorum regia, uocabulo Bercta.
99
LOHAUS, Merowinger und England S. 6ff; WALLACE-HADRILL, Early Germanic King-
ship S. 27ff; EWIG, Dynastie S. 29.
100
Beda, Hist. eccl. I 25 (ed. PLUMMER l, S. 45): ea condicione ..., ut ritum fidei ac religionis
suae cum episcopo, quem ei adiutorem fidei dederant, nomine Liudhardo, inuiolatum seruare
licentiam näheret. Liuthard den 'chaplain' Bertas zu nennen (STANCLIFFE, Kings and Conver-
sion S. 62; WALLACE—HADRILL, Early Germanic Kingship S. 27) verwischt die bedeutsame
Tatsache seines Bichofsamtes.
101 GOTTLOB, Chorepiskopat S. 7-19; FUCHS, Ordinationstitel S. 118-137, 211-226.
$ 27 Angelsachsen 195

schon so oft gestellte Frage, warum eigentlich Liudhard missionarisch untätig


blieb, muß dann nicht unbedingt mit dessen persönlicher Inaktivität erklärt wer-
den, wie es die Forschung vielfach tut; sie könnte vielmehr darin begründet ge-
wesen sein, daß Aethelberht ihn ob der abzusehenden Konsequenz einer Einglie-
derung in die gallische Kirche und — schlimmer noch — einer Unterwerfung unter
den Patronat des Merowingerkönigs abgedrängt hat. J.M. Wallace-Hadrill102 hat
mehrmals darauf hingewiesen, daß man sich doch fragen müsse, warum Aethel-
berht die christliche Mission von den Merowingern weder erbeten noch erhalten
habe, dieselbe aber von Rom anzunehmen bereit gewesen sei. Ja, er hält mit
F.M. Stenton dafür, daß bereits Aethelberhts Heirat mit Berta eine irgendwie
geartete politische Verbindung mit den Merowingern eingeschlossen und sogar
den Eintritt in die Familie der katholischen Könige inauguriert habe 103 . Dies
vorausgesetzt, hätte eine Missionierung durch die fränkische Kirche eine bereits
vorgezeichnete Anbindung an die Merowinger nur weiter verstärken müssen.
Außerdem gibt es Anzeichen dafür, daß die Initiative zur Entsendung der römi-
schen Missionare, wie Papst Gregor andeutet, von England ausgegangen ist 104 .
So hat also vielleicht schon ganz am Anfang der angelsächsischen Missionsge-
schichte das Modell der imperialen Herrschertaufe seine Wirkung getan, freilich
in der Weise, daß es bewußt gemieden und stattdessen Rom eingeschaltet wurde:
"It was safe to take Christ from Rome ..."10S Daß die Überlegungen von Wallace-
Hadrill weit über die angelsächsischen Verhältnisse hinausgreifen und dadurch
erhöhte Plausibilität gewinnen, wird die weitere Missionsgeschichte zeigen: Die
osteuropäischen Völker haben dem Bestreben der Ost- und Westkaiser, sie mittels

102
WALL ACE- ADRILL, Early Germanic Kingship S. 29: "He [Aethelberht] had neither
sought nor obtained conversion at Merovingian hands ... But by 596 or earlier he was ready to
consider it from Rome, as Pope Gregory was aware." So auch MAYR—HARTING, Christianity
S. 63f; CAMPBELL, First century S. 16f und ebd. S. 19: "... we know that Justus, bishop of
Rochester, and Peter, abbot of St Peter's Canterbury, attended the great council at Paris in 614.
Many explanations of their presence are possible, from chance to their having been summoned
as an indication of Clothar II's having some kind of overlordship in Kent."
103
J.M. WALLACE-HADRILL (Early Germanic Kingship S. 25) beruft sich auf eine Passage
aus einem Brief Gregors des Großen an Theuderich II. und Theudebert II. vom Juli des Jahres
596: magnam de vobis materiam praesumendi concepimus, quod subiectos vestros ad earn cori-
verti fidem per omnia cupiatis, in qua eorum nempe estis reges et domini. Atque ideo pervenit
ad nos Anglorum gentem ad fidem christianam Deo miserante desideranter velle converti,
sed sacerdotes e vicino neglegere et desideria eorum cessare sua adhortatione succendere (Gre-
gorii I registrum VI 49 [MGH Epp. l, S. 423 22 ]). Er kommentiert (S. 25): "The only escape
from 'subiectos vestros' is to suppose that Gregory did not mean what he said, or was ill-in-
formed, but he was quite well-informed about Prankish affairs as a whole. The dependence,
whatever it meant, was there in his eyes. I think Stenton was right to argue that marriage into
the great Merovingian house would have implied some sort of political dependence for the Ken-
tish kings ..." S. auch STENTON, Anglo-Saxon England S. 59: "In the sixth century the king
of a small people who married into a great family became its dependant. None of the Pran-
kish kings contemporary with Aethelberht would have regarded him as an equal."
S. Gregors Bemerkung: pervenit ad nos Anglorum gentem ad fidem christianam ... deside-
ranter velle converti (vgl. voraufgehende Anm.).
105
WALLACE-HADRILL; Early Germanic Kingship S. 45.
196 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

des Taufpatronats in ihr Reich einzugliedern, dadurch zu entgehen versucht, daß


sie den politisch neutralen Papst um Missionare baten. Dasselbe könnte aber auch
schon bei der Angelsachsen-Mission geschehen sein.

2. Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

§ 28 Friesen

Eine neue Phase missionarischer Aktivität setzte ein, als die Angelsachsen auf
dem Kontinent zu wirken begannen. Sie trugen die Mission bewußt zu den ihnen
stammesverwandten Friesen und Sachsen und überschritten dabei die fränkischen
Grenzen. Wilfrid von York, eigentlich auf der Reise nach Rom, war der erste, der
während eines aus politischen Rücksichten erzwungenen Aufenthaltes bei den
Friesen im Winter 678/79 zu missionieren anfing. Wie Eddius Stephanus, der
Verfasser seiner Vita, betont, tat er dies cum licentia regis, mit Erlaubnis des in
Utrecht residierenden Friesenkönigs Aldgisel1 . Auch Wikbert, der sich als nächster
für zwei Jahre in der Friesenmission versuchte, predigte 'dem Volk und seinem
König', als welcher inzwischen Radbod regierte 2 . Noch Winfrid-Bonifatius, der
716 seine Missionsarbeit ebenfalls bei den Friesen begann, bemühte sich um die
Zustimmung dieses Königs 3 . Nichts zeigt besser die veränderte Situation als diese
königliche Zulassung: Die Missionare befanden sich nicht mehr in einem nominell
christlichen Reich, wo nur noch letzte Reste von Heidentum zu beseitigen gewe-
sen wären; vielmehr betraten sie ein Königreich, das noch keine grundsätzliche
Bereitschaft zur Annahme des Christentums ausgesprochen hatte und mit den
Franken um den ungeschmälerten Besitz seiner Unabhängigkeit kämpfte. Den
Angelsachsen mag bei ihren ersten Versuchen zugute gekommen sein, daß sie
nicht als Emissäre der fränkischen Reichskirche auftraten, ja, daß sie den Friesen
in der Gestalt des aus der angelsächsischen Heimat geläufigen Erzbistums eine von
den Franken sogar unabhängige Kirchenform anzubieten vermochten: ein Erz-
bistum für das friesische Volk, was eine eigene Landeskirche bedeutet hätte.
1
Eddius Stephanus, Vita Wilfridi 26 (MGH SS rer. Merov. 6, S. 220 6 ): in Preis ... pervenit,
ibique gentilium copiis inventis ab Aldgislo rege honorifice susceptus est. Tunc statim sanctus
pontifex noster cum licentia regis verbum Dei gentilibus cotidie praedicavit. s. auch Beda, Hist,
eccl. V 19 (ed. PLUMMER l, S. 326); LEVISON, England S. 49-53; DERS., Willibrord S. 314-
329; RICHTER, Angelsächsische Mission S. 123-131.
2
Beda, Hist. eccl. V 9 (ed. PLUMMER l, S. 298): Fresiam perueniens, ... genti illi ac regi eius
Rathbedo ... praedicabat.
3
Willibald, Vita Bonifatii 4 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 57, S. 1621 ): pervenit ad Treckt,
ibique ..., advenientem regem Raedbodum adlocutus est, ... utrum sibi in futurum praedica-
tionis uspiam patesceret locus.
$ 28 Friesen 197

Daß diese Idee wirklich eine Rolle gespielt hat, wird an jenem angelsächsischen
Missionar deutlich, der sich das größte Verdienst in der Bekehrung der Friesen
erworben hat, an Erzbischof Willibrord. Aber gerade er verdankte seinen Erfolg
der Tatsache, daß er politisch einen anderen Weg einschlug: Er wandte sich nach
seiner Ankunft auf dem Kontinent an den Hausmeier Pippin 4 , der kurz zuvor die
Fresia citerior — wohl das Gebiet südlich von Maas und Rhein, aber noch ohne
Utrecht 5 — erobert hatte. Von ihm ließ er sich die licentia praedicandi geben 6 .
"Die ursprünglich freie angelsächsische Friesenmission trat somit in den Bann-
kreis der fränkischen Reichsgewalt."7 Nach Erhalt der Lizenz seitens des Haus-
meiers aber ging Willibrord, wie Beda berichtet, zuerst nach Rom, um mit des
Papstes 'Erlaubnis und Segen das ersehnte Missionswerk bei den Heiden zu begin-
nen' 8 . Weiter erfahren wir dann, daß die in Friesland tätigen Missionare einen
Bischofskandidaten namens Suidbert aus ihrem Kreis auswählten und nach Bri-
tannien schickten; in Kent sollte er von Erzbischof Theodor geweiht werden, was
aber wegen dessen Versterbens nicht mehr möglich war. Die Weihe vollzog dann
der aus Nordhumbrien vertriebene Wilfrid. Als aber Suidbert zurückkehrte, ging
er, so berichtet Beda überraschenderweise, zu den Brukterern, statt in Friesland
als Bischof zu beginnen 9 . Der Vorgang, der in der Tat verwundern muß, ist in der
Historiographie ohne rechte Erklärung geblieben10 . Eine gewisse Plausibilität kann
freilich von folgender, hier wichtiger Überlegung abgeleitet werden: Für die Angel-
sachsen konnte die Bischofsweihe nur von einem Erzbischof vorgenommen wer-
den; da es aber einen solchen in Nordgallien, im Herrschaftsbereich Pippins, nicht
gab 11 , könnte hierin der Grund zu suchen sein, daß man sich nach England
4
Beda, Hist. eccl. V 10 (ed. PLUMMER l, S. 298f); ANGENENDT, Willibrord S. 67.
5
FRITZE, Utrechts. 106-114.
6
Beda, Hist. eccl. V 11 (ed. PLUMMER l, S. 301). Daß diese 'Erlaubnis' nicht zufällig ausge-
sprochen worden ist, sondern wohl eher die fränkische Missionspoiitik veranschaulicht, dürfte
auch im Blick auf eine Formulierung der Vita des hl. Wulfram klar werden. Es heißt dort, daß
der Heilige in Friesland missioniert habe cum licentia regis Hildeberti et Pippini principis (Vita
Vulframni 11 [MGH SS rer. Merov. 5, S. 670 ]). Eine solche Formel wird man schwerlich als
Erfindung des späteren Vitenschreibers ansehen können.
7
LÖWE, Pirmin S. 202.
8
Beda, Hist. eccl. V 11 (ed. PLUMMER l, S. 301): ut cum eius licentia et benedictione desi-
deratum euangelizandi gentibus opus iniret.
9
Ebd. S. 302: Quo (empöre fratres, qui erant in Fresia uerbi ministerio mancipati, elegerunt
ex suo numero uirum modestum moribus, et mansuetum corde, Suidberctum, qui eis ordinare-
tur antistes, quem Brittaniam destinatum ad petitionem eorum ordinauit reuerentissimus Uil-
frid episcopus, qui turn forte patria pulsus in Merciorum regionibus exulabat. Non enim eo tem-
pore habebat episcopum Cantia, defuncto quidem Theodora, sed necdurn Berctualdo successors
eius, qui trans mare ordinandus ierat, ad sedem episcopatus sui reuerso. Qui uidelicet Suidberct
accepto episcopatu, de Brittania regressus, non multo post adgentem Boructuarorum secessit ...
10
HAUCK, Kirchengeschichte l, S. 407f: Pippin habe Willibrord als Erzbischof gewünscht;
FLASKAMP, Suidbercht S. 18f: Weihe durch Wilfried sei kanonisch unerlaubt gewesen; RADE-
MACHER, Sachsenmission S. 148: Zwist unter den Missionaren. S. auch JUNG-DIEFEN-
BACH, Friesenbekehrung S. 28 mit Anm. 28.
Beda berichtet allerdings, daß der als Nachfolger des verstorbenen Theodor ausersehene
Bertwald in Lyon geweiht wurde: a Goduine metropolitano episcopo Galliarum (Hist. eccl.
V 8 fed. PLUMMER l, S. 295]).
198 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

wandte. Die Konsequenz aber dürfte Pippin rasch klar geworden sein: ein zum
südenglischen Metropolitanverband gehöriger Bischof in Friesland!12 Deswegen
dann der Abgang Suidberts und anschließend die Auswahl eines neuen Kandi-
daten, der Willibrord war.
Dieser ging, zufolge Beda auf Geheiß Pippins, nach Rom, wo er die Weihe er-
hielt13 . Von dort aber kehrte er mit dem Pallium zurück, als 'Erzbischof für das
Volk der Friesen' 14 . Wohl genau zu diesem Zeitpunkt sind die Franken in einem
neuerlichen Vorstoß bis zum Vlie vorgedrungen15 jedenfalls konnte Pippin dem
Neugeweihten den friesischen Königsort Wiltaburg, das alte Traiectum und heuti-
ge Utrecht, zur Aufrichtung seines Erzstuhles zuweisen16 . Willibrord wurde auf
diese Weise eine Kampffigur in der politischen und religiösen Selbstbehauptung
der Friesen gegen die Franken. Seine Konfrontation verschärfte sich noch da-
durch, daß er, wie Klosterurkunden von Echternach und Susteren erkennen las-
sen, eine besondere Treuebindung an die pippinische Hausmeierfamilie einging17.
Ihm nun, dem fränkischen fidelis, wurde der friesische Königssitz Wiltaburg/
Utrecht zum Erzsitz gegeben. So mußte er den Friesen als ein Missionar in fränki-
schen Diensten erscheinen, der ihnen aber mit dem Anspruch eines 'Erzbischofs
der Friesen' entgegentrat und an ihrem Königsort residieren wollte. Unübersehbar
verkörperte er damit den Anspruch, für das ganze Volk zuständig zu sein und es
gleichzeitig ins Frankenreich einbeziehen zu wollen. Hatte Willibrord Erfolg mit
seiner Mission, mußte es notwendig dahin kommen, daß das bislang selbständige
Friesenreich kirchlich und zugleich politisch unter die fränkische Oberhoheit ge-

12
Unter den Responsa Gregorii, jenen teilweise umstrittenen Antworten Gregors des Großen
auf Anfragen Augustins von Canterbury, behandelt die siebte das Problem der Jurisdiktionellen
Zuständigkeit Augustins, die der Papst streng auf die britannischen Inseln beschränkt, wobei
er ausdrücklich Gallien ausschließt (Gregorii I registrum XI 56a c. VII [MGH Epp. 2, S. 337]).
Da gegen 700 die Responsa auch als eigener Libellus in Umlauf kamen (s. $ 8 Anm. 17), könn-
ten sie durchaus mitgewirkt haben, eine Abhängigkeit von England in Frage zu stellen.
13
Beda, Hist. eccl. V 11 (ed. PLUMMER l, S. 302): ... misit Pippin fauente omnium consensu
uirum uenerabilem Uilbrordum Romam, cuius adhuc pontificatum Sergius habebat, postulans,
ut eide-m Fresonum genti archiepiscopus ordinaretur. FRITZE, Utrecht S. 124-129.
14
Liber Pontificalis, Vita Sergii (ed. DUCHESNE l, S. 376 15 ): Hie [Sergius] ordinavit Ber-
toaldum Brittaniae archiepiscopum atque Clementem in gentem trisonum. LEVISON, England
S. 53-69; DERS., Willibrord S. 325f; FRITZE, Utrecht S. 120-124.
15
FRITZE, Utrecht S. 130-148.
16
Beda, Hist. eccl. V 11 (ed. PLUMMER l, S. 303): Donauit autem ei Pippin locum cathedrae
episcopalis in castello suo inlustri, quod antique) gentium illarum uerbo Uiltaburg, idestOppi-
dum Uiltorum, lingua autem Gallica Traiectum uocatur. SCHIEFFER, Domkapitel S. 175-180.
17
WAMPACH, Echternach 1/2, Nr. 15 S. 42f: cum ipse ... Willibrordus de hac luce migraverit,
ipsi fratres quem ex semetipsis elegerint, sibi constituant abbatem ea ratione, ut heredibus
nostris in omnibus fidelis appareat, et ibidem secundum ordinem sanctum degat, et sub nostro
mundeburdio vel defensione persistant. Ebd. Nr. 24 S. 59: Et illud nobis inserendum placuit,
ut cum ipse Willibrordus de hac luce migraverit, ipsi fratres, quem ex se elegerint, sibi consti-
tuant abbatem, in ea ratione ut nobis vel filio nostro Grimoaldo et filiis suis vel filiis Drogonis,
nepotibus nostris, in omnibus fidelis appareat et ibidem secundum ordinem sanctum degat et
sub nostro mundiburdio et ipsius Grimoaldi filiorumque suorum et Drogonis, nepotum nostro-
rum, defensione persistere debeat. S. auch ANGENENDT, Willibrord S. 68-76; SEMMLER,
Episcopi potestas S. 313ff; WERNER, Adelsfamilien S. 84-90, 253f.
$ 28 Friesen 199

riet, denn der karolingische Imperialismus scheute sich bekanntlich nicht, ange-
stammte Herrscherhäuser zu beseitigen und deren Land zu vereinnahmen. Wäre
aber Radbod — ein solches Gedankenspiel möge einmal erlaubt sein — als König
anerkannt geblieben, und wäre er in dieser Situation unter fränkischem Patronat
getauft worden, hätte ihm und seinem Volk wenigstens ein Rest an politischer
Eigenständigkeit erhalten werden können. Und hätten die Franken ihm dabei so-
gar ein Erzbistum gewährt, wäre Friesland ein politisch weitgehend selbständiges
Reich mit sogar eigener Landeskirche geworden.
Tatsächlich hat sich Radbod zeitweilig auf nähere Beziehungen zu den Pippini-
den eingelassen, und dabei kann die Frage der Christianisierung schwerlich außer
acht geblieben sein. Grimoald, ein Sohn Pippins und Hausmeier in Neustrien und
Burgund, hatte, wie der Liber historiae Francorum berichtet, Theudesinda zur
Ehe, eine Tochter des heidnischen Dux Radbod' 18 . Daß dieselbe Quelle dann wei-
ter berichtet, Grimoald sei in der Lambertus-Kirche zu Lüttich von dem 'Heiden
Rantgar' ermordet worden 19 , darf möglicherweise als Indiz dafür genommen wer-
den, daß man heidnischerseits in der Ehe Grimoalds mit Theudesinda eine Bedro-
hung sah; dies um so mehr, als die Franken, und gerade auch Grimoald, um Par-
teigänger im friesischen Adel warben 20 , ein Vorgehen, das die Verteidiger des
Althergebrachten und der politischen Eigenständigkeit verunsichern mußte. Da-
bei scheint aber Radbod selbst der Christianisierung nicht gänzlich abgeneigt
gewesen zu sein, war er doch, wie wir gesehen haben, zur Vergabe der licentia
praedicandi durchaus bereit 21 . Doch traf die fränkischerseits verordnete Mission
entschieden auf Gegenwehr. Als mit dem Tode Pippins im Jahre 714 das Franken-
reich durch die rivalisierenden Hausmeierkämpfe geschwächt wurde, gelang den
Friesen noch einmal ein großer Gegenschlag: Sie entledigten sich der fränkischen
Oberhoheit, vertrieben Willibrord mitsamt seinen Missionaren, und Radbod be-
gann wieder von Utrecht aus zu herrschen 22 . Aber auch jetzt scheint er sich nicht
grundsätzlich gegen die christliche Predigt verschlossen zu haben, konnte doch

Liber historiae Francorum 50 (MGH SS rer. Merov. 2, S. 324 J: Habebat igitur Grimoaldus
uxorem in matrimonium nomine Tlieudesindam, filiam Radbodis ducis gentilis. Eratque ipse
Grimoaldus maiorum domus pius, modestus, mansuetus et iustus.
19
Ebd. S. 325 2 : peremptus est a Rantgario gentile, filio Belial; WERNER, Lütticher Raum
S. 306ff.
20
Beds, Hist. eccl. V 10 (ed. PLUMMER l, S. 299): [Pippin] multisque eos, qui fidem susci-
pere uellent, beneficiis adtollens; Vita Liudgeri 1,2 (ed. DIEKAMP S. 7): Wrssingus ... fugiens ad
ducem Francorum nomine Grimoldiim pervenit. Qui benigne ab eodem duce susceptus ... et
imbutus fide catholica baptismi consecutus est gratiam una cum coniuge sua et filio ac domo
reliqua; ebd. 1,3 (S. 8) [Radbodus] rnisit ad ... Wrssingurn postulans, ut ad se rediret recepturus
hereditatem suam; GYSSELING - KOCH, Diplomata Belgica l, Nr. 174 S. 307: in pago
tiatuvua, uilla ..., quantumcumque ibi habuit uel possedit Euerhardus, dum ipse infidelis regi
apparuit et in regis Francorum infidelitate foris patria ad infideles se sociauit. S. dazu HEI-
DRICH, Titulatur und Urkunden S. 241 f; HALBERTSMA, Frisian Kingdom S. 71; FRITZE,
Utrechts. 130f, 144f.
21
S. Anm. l u. 2.
22
FRITZE, Utrecht S. 115f, 137, 147; SEMMLER, Sukzessionskrise S. 7f, 23.
200 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

der Angelsachse Wilfrid sich im Jahre 716 bis nach Utrecht vorwagen und sogar
im Lande predigen 23 .
Nach Radbods Tod vermochte Karl Martell ganz Friesland gewaltsam ins Fran-
kenreich einzugliedern. Die Mission Willibrords, zu dessen Kloster Echternach
sich Karl schon früher wohlwollend gezeigt hatte 24 , förderte er durch Güterstif-
tungen auch für Utrecht. Ein friesisches Erzbistum ist dennoch nicht entstan-
den25 . Den Grund wird man unschwer erraten können: Die Überführung in den
bevorrechtigten Rechtsstatus eines Erzbistums dürfte als ein zu starkes Element
von Eigenständigkeit erschienen sein und damit die Angst vor einer erneuten Ver-
selbständigung heraufbeschworen haben. Das selbständige Friesland wurde viel-
mehr gänzlich beseitigt, politisch wie kirchlich26. Karl Martell, so lautete die
harte, aber zutreffende Formulierung Alkuins in der Vita Willibrords, habe das
Friesenvolk mit dem Schwert dem fränkischen Imperium hinzuerworben 27 .
Und wenn dabei Willibrord als Missionar Frieslands gefeiert wird, so war dieser
für die Friesen der vom Eroberer entsandte Kirchenmann, der das Land in reli-
giöser Hinsicht für die Franken gewinnen sollte.
Dabei scheinen es sowohl der Hausmeier wie der Missionar nicht an gegensei-
tiger Hochschätzung haben fehlen zu lassen. Nicht nur, daß Karl für Echternach
und Utrecht Stiftungen machte, laut Alkuin hat er den Friesenmissionar, von dem
er sich als Senior betiteln ließ 28 , zum Taufpriester seines Sohnes und späteren
Nachfolgers Pippin bestellt 29 .
Das hierin bekundete Wohlwollen wie auch die materielle Förderung betrafen
freilich mehr die Person Willibrords sowie seine Mission, nicht aber die Stabili-
sierung der Sedes in Utrecht. Nach Willibrords Tod (739) scheint es dort nicht
bruchlos weitergegangen zu sein; denn Bonifatius berichtet, daß erst Karlmann
ihm den Auftrag gegeben habe, für Utrecht einen neuen Bischof zu weihen 30 .
23
S. Anm. 3.
24
FRITZE, Utrecht S. 137f; SEMMLER, Sukzessionskrise S. 20, 28.
25
LEVISON, England S. 62f.
26
KRETSCHMAR, Der Kaiser tauft S. 102.
27
Alkuin, Vita Willibrordi 13 (MGH SS rer. Merov. 7, S. 127 6 j: Qui multas gentes sceptris
adiecit Francorum, inter quas etiam cum triumphi gloria Fresiam, devicto Rabbodo, paterno
superaddidit impend. In qua tune gente sanctus Wilbrordus positus est praedicator sedisque
episcopalis in Traeiecto castello delegatus est. Qui, maiori euangelizandi occassione accepta,
nuper gladio adquisitam gentem sacro baptismate abluere conatus est. S. auch die Bemerkung
von W. LAMMERS (Bildprogramm S. 272): "Dabei wirkt bezeichnend, daß Karl Martell hier
nicht, wie ein Moderner wohl erwarten würde, als der Abwehrsieger über die Araber erscheint,
sondern als der Mehrer und Festiger des Frankenreiches, der die Friesen, eine andere gens,
in das Reich zwang."
28
ANGENENDT, Willibrord S. 76-80; WAMPACH, Echternach 1/2, S. 95 mit Anm. 14, Nr.
39 S. 97.
29
ANGENENDT, Willibrord S. 80; Alkuin, Vita Willibrordi 23 (MGH SS rer. Merov. 7, S.
13317J: Baptizavit igitur Pippinum, filium fortissimi Francorum ducis Carli, patrem huius
nobilissimi Caroli. LEVISON, Willibrord S. 323.
30
Bonifatii epp. 109 (MGH Epp. sei. l, S. 2358J.· Qui [Uilbrord]per L annos predicansprefa-
tam gentem Fresorum maxima ex parte convertit ad fidem Christi, fana et dilubra destruxit
et ecclesias construxit et sedem episcopalem et ecclesiam in honore sancti Salvatoris constituens
$ 28 Friesen 201

Hat Karl Martell, so müssen wir fragen, kein Interesse an einem Nachfolger Willi-
brords auf der Utrechter Kathedra gehabt? Möglicherweise schien ihm selbst noch
der Status einer Diözese zu "separatistisch" zu sein.
Die Gründe mögen aber auch noch woanders gelegen haben. Möglicherweise
ist das Missionsgebiet Willibrords mitsamt dem Bistum Utrecht als ein kirchlicher
Fremdkörper empfunden worden. W.H. Fritze hat zu bedenken gegeben, daß
"Willibrords Schöpfung, das Bistum Utrecht, unzweifelhaft der erste Ansatzpunkt
der großen, die Geschichte des abendländischen Mittelalters bestimmenden Roma-
zentrischen Kirchenorganisation nördlich der Alpen gewesen" ist 31 . Tatsächlich
muß auffallen, wie Bonifatius die Stellung des Utrechter Bischofssitzes beschreibt;
gegen Ansprüche des Kölner Bischofs — es ist Hildeger (+ 753)32 —, dem er Nach-
lässigkeit in der Friesenbekehrung vorwirft, betont er gegenüber Stephan II. die
bevorrechtigte Stellung dieses Sitzes: Sergius, der Pontifex der Sedes Romana,
habe Willibrord als Bischof zur Bekehrung des Friesenvolkes gesandt; der Kölner
Bischof aber wolle nun Willibrords Bischofssitz an sich ziehen, so daß diese Sedes,
welcher die Predigt beim Friesenvolk obliege, nicht länger dem römischen Ponti-
fex unterworfen sei. Bonifatius vermeldet sodann dem Papst, er habe dem Kölner
Bischof entgegengehalten, daß die Anordnung des Apostolischen Stuhles wie auch
die Weihe und Sendung (legatio) Willibrords durch Papst Sergius — was alles die
Schaffung eines dem römischen Pontifex unterstellten und der Friesenpredigt
dienenden Bischofssitzes zum Ziel gehabt habe — mehr und stärker ins Gewicht
falle als die Ansprüche eines Bischofs, der zwar auf eine verlassene und längst
verfallene Kirche aus König Dagoberts Zeiten verweisen könne, aber die Friesen-
bekehrung unterlassen habe 33 . Der kurze Text weist eine zweimal vorkommende
Formel auf: episcopalis sedis (!) subiecta Romano pontifici predicans gentem
Frisonum34. Die Forschung hat sich mit dieser 'subiectio' schwer getan und das
Problem meist schweigend übergangen 35 . Halten wir hier einfach fest, was Bonifa-
tius als seine — und offenbar auch des Papstes — Rechtsauffassung darlegt: Ein
von Rom zur Bekehrung eines Volkes gegründeter Bischofssitz steht höher als
Ansprüche lokaler Kirchen; Kölns Anspruch zählt dabei umso weniger, als die
dortigen Bischöfe die Missionierung der Friesen unterlassen haben. Hätten sie
aber — so scheint man umgekehrt folgern zu dürfen — die Bekehrung herbeige-
führt, dann wäre ihren Ansprüchen offenbar mehr Gewicht beizumessen. Hier

in loco et castello, quad dicitur Traiectum. Et in illa sede et ecclesia sancti Salvatoris, quam
construxit, predicans usque ad debilem senectutem permansit. Et sibi corepiscopum ad mini-
sterium implendum substituit; et finitis longeve vite diebus in pace migravit ad Dominum.
Princeps autem Francorum Carlmannus commendavit mihi sedem illam ad constituendum et
ordinandum episcopum. Quad et fed. SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 270f; FRITZE,
UtrechtS. 150f.
31
FRITZE, Utrecht S. 151.
32
OEDIGER, Regesten l, Nr. 74 S. 33.
33
Bonifatii epp. 109 (MGH Epp. sei. l, S. 235 20 ).
34
Ebd. S. 2367 + "; FRITZE, Utrechts. 118f.
35
S. z.B. NOTTARP, Bistumserrichtung S. 18f.
202 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

wird zunächst nur wieder das alte "Recht"36 angesprochen, demzufolge niemand
in die von einem anderen gegründete Gemeinde oder Diözese eindringen durfte;
positiv hieß das: wer missionierte, gewann Jurisdiktion über die Neubekehrten.
Zugleich aber wird auch das Neue sichtbar, daß nämlich Mission und (Erz-)Bi-
stumsgründung als ein Recht Roms betrachtet wurden. Wenn die römische Kirche
missionarisch aktiv wurde und zum Beispiel die Friesenmission bewerkstelligte,
dann war dabei die von ihr begründete Sedes dem römischen Pontifex in beson-
derer Weise 'unterworfen' 37 . Offenbar wollte Bonifatius dies hervorkehren.

S 29 Hessen und Thüringer

Karl Martell, so haben wir festgestellt, hat dem Friesenvolk alle Selbständigkeit
genommen. Schon der Ansatz zu einer kichlichen Eigenständigkeit wurde unter-
drückt, so daß das geplante Erzbistum nicht zustande kam. In die Regierungszeit
Karl Martells fällt aber auch die Beseitigung von Untergewalten im fränkischen
Reich selbst: Die noch zu Beginn des Jahrhunderts in Würzburg regierende Fami-
lie der thüringischen Herzöge ist nach 716 verschwunden, ebenso in den vierziger
Jahren die Familie der Etichonen im Elsaß1. Es paßt ganz dazu, daß der Haus-
meier den Bonifatius in dessen zentralem Anliegen, nämlich Bistümer in den
Missionslanden östlich des Rheins zu errichten 2 , nicht zum Zuge kommen ließ.
Bonifatius hatte 719 einen päpstlichen Missionsauftrag erhalten3 und 722 in Rom
die Bischofsweihe empfangen 4 ; obendrein waren für ihn päpstliche Empfehlungs-
briefe an die Großen Thüringens ergangen 5 , und 732 hatte er — um endlich Bi-
schöfe weihen zu können — das Pallium empfangen 6 . Schon 724 hatte Gregor II.

36
So gilt es schon für die frühe Kirche; DAUVILLIER, Temps apostoliques S. 253-271.
37
Schon W. FRITZE (Utrecht S. 148f) hat erwogen: "Diese großzügige Planung stimmte mit
den römischen universalmissionarischen Bestrebungen im Sinne des Gedankens einer Bekehrung
aller Völker ebenso überein wie mit den an sie anknüpfenden Bemühungen der römischen Kir-
che um Erweiterung ihres Oboedienzbereiches unter den nördlichen Barbarenvölkern, zu denen
sie die Bedrohung ihrer primatialen Stellung innerhalb der byzantinischen Reichskirche veran-
laßte."

1
SCHMALE, Eingliederung S. 17; SEMMLER, Pippin III. S. 97ff; nach J. JARNUT (Fränkisch-
alemannische Beziehungen S. 21 ff) ist der Abtritt der Etichonen erst nach Karl Martell erfolgt.
2
Zur vorbonifatianischen Mission in Hessen und Thüringen s. WERNER, Iren und Angelsachsen
S. 239-318; ferner HEINEMEYER, Kloster Fulda S. 10-23.
3
Bonifatii epp. 12 (MGH Epp. sei. l, S. 17f).
4
Ebd. Ep. 18 (S. 31ff); Willibald, Vita Bonifatii 6 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 57, S.
29 18 ); SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 139-146.
5
Bonifatii epp. 19 (MGH Epp. sei. l, S. 33); Ep. 43 (S. 68f).
Ebd. Ep. 28 (S. 49 2 S J' Hinc iure tibi sacri pallet direximus munus, quod beati Petri apostoli
auctoritate suscipiens induaris atque inter archiepiscopos unus Deo auctore precipimus ut
censearis. Qualiter enim eum utaris, ex mandate apostolico informatus cognosces, ita ut, dum
missarum sollempnia geris vel episcopum te contingerit consecrare, illo tantummodo tempore
eum utaris. S. SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 156-161.
$ 30 Sachsen 203

den Thüringern geschrieben, daß sie episcopia errichten 7 und für Bonifatius ein
Haus bauen sollten, wo ihr 'Vater, der Bischof', wohnen könne 8 . Ansprüche, die
offenbar vom Mainzer Stuhl auf das Gebiet des Bonifatius erhoben wurden, lehnte
der Papst, wie wir es schon in Utrecht gegenüber Köln gesehen haben, mit dem
Hinweis auf die unterlassene Aussaat des Gotteswortes ab 9 . Daß die Diözesan-
pläne für Thüringen oder auch für Hessen dennoch nicht verwirklicht werden
konnten, hat man zu Recht damit erklärt, daß hier der Keim zu Konflikten hätte
entstehen können: Obwohl Karl Martell Bonifatius schon 723 in seinen Schutz
und damit auch in seine Pflicht genommen hatte 1 0 , eröffnete sich mit dessen
Mission den großen Adelsherren in Thüringen und Hessen "eine Möglichkeit für
Eigenmächtigkeiten, die mit der von den Karolingern erstrebten Konzentration
der Herrschaft kaum vereinbar war"11 . Erst Karls Söhne Karlmann und Pippin,
die den Angelsachsen zur Reform ihrer Kirchenverhältnisse beriefen 12 , unter-
stützten die Errichtung der Bistümer Würzburg, Erfurt und Büraburg 13 . Ein ost-
rheinisches Erzbistum gab es freilich nicht.

S 30 Sachsen

a) Sachsenkriege
Die Alternative, entweder in Freiheit sich zu bekehren oder aber eine kriegeri-
sche Unterwerfung mit erzwungener Christianisierung erfahren zu müssen, war in
Friesland im Sinne einer Schwertmission entschieden worden. Für die Sachsen1
stand nun Ähnliches zu erwarten. Die älteste Vita Lebuini2 läßt ihren Heiligen
diese Alternative auf der alljährlichen Stammesversammlung zu 'Marklo' an der
Weser verkünden: 'Es gebietet euch Gott, der König Himmels und Erden, und
7
Bonifatii epp. 24 (MGH Epp. sei. l, S. 42 s4 ).
8
Ebd. Ep. 25 (S. 44 4 ).
9
Ebd. Ep. 24 (S. 42 2 S ).
10
Ebd. Ep. 22 (S. 36ff); HEIDRICH, Titulatur und Urkunden Nr. 9a S. 240f.
11
LÖWE, Bonifatius S. 93.
12
S. das persönliche Zeugnis des Bonifatius in Bonifatii epp. 50 (MGH Epp. sei. l, S. 82 1 ):
Carlomannus dux b'rancomm me arcessitum ad se rogavit, ut in parte regni Francorum, que in
sua est potestate, synodum cepere congregare. Et promisit se de ecclesiastica religione, que iam
longo tempore ... dissipata fuit, aliquid corrigere et emendare vellet.
Ebd. S. 81 : tres ordinavimus episcopos et provinciam in tres parrochias discrevimus; et
illa tria oppida sive urbes, in quibus constitute et ordinati sunt, scriptis auctoritatis vestrae
confirmari et stabiliri precantes desideramus. Unam esse sedem episcopatus decrevimus in
castello, quad dicitur Uirzaburg; et alteram in oppido, quod nominatur Buraburg; tertiam in
loco, qui dicitur Erphesfurt, qui fuit iam olim urbs paganorum rusticorum. SCHIEFFER, Dom-
kapitel S. 180-187.

1
Neuere Geschichtsdarstellungen: BÜTTNER, Mission S. 467-475; HOFFMANN, Schleswig
und Holstein S. 15-61; LAST, Niedersachsen S. 543-652; PATZE, Mission und Kirchenorgani-
sation S. 653-712; SCHNEIDER, Karl der Große S. 227-248; KAHL, Karl der Große S. 49-130;
PREISE, Frühmittelalter S. 275-335, bes. S. 292-310.
2
HAUCK, Utrechter Missionar S. 734-745; LÖWE, Vita Lebuini S. 345-370.
204 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Jesus Christus, sein Sohn: Für den Fall, daß ihr Sein werden wollt und tut, was er
durch seine Diener euch gebietet, wird er euch so viel Gutes gewähren, wie ihr es
vorher nie gehört habt.' Drohend folgt die Alternative: 'Wie ihr bis jetzt, ihr Sach-
sen, keinen König über euch gehabt habt, so wird es keinen König geben, der euch
überwältigen und unterwerfen könnte. Wenn· ihr nicht seine [Gottes] Anhänger
werden wollt, so läßt er euch folgendes kundtun: Bereit steht im Nachbarland ein
König, der in euer Land eindringt, es plündert und verwüstet, mit Kriegen euch
zur Erschöpfung treibt, ins Exil euch führt, euch enterbt oder tötet, euren ange-
stammten Besitz nach seinem Gutdünken austeilt — ihm werdet ihr und eure
Nachkommen Untertan sein.'3 Lebuins Botschaft löste einen Tumult aus, und nur
mit Mühe konnten befreundete Adelige — auf solche konnte also der Missionar
bereits zählen — Gewalttätigkeiten gegen ihn verhindern. Als 772 der damals ge-
rade 25jährige und eben erst zur fränkischen Gesamtherrschaft aufgestiegene Karl
gegen die Sachsen zog 4 , wollte er möglicherweise die Bedrohung Lebuins bestra-
fen 5 . Auffälligerweise zielte die Stoßrichtung des fränkischen Heeres zur Weser
gerade dorthin, wo aller Wahrscheinlichkeit nach 'Marklo' zu lokalisieren ist,
nämlich südlich der Porta Westfalica 6 . Dort erfolgten den Reichsannalen zufolge
die Friedensverhandlungen und die Gestellung von zwölf sächsischen Geiseln, ein
nicht eben überwältigendes Ergebnis7 . Zur blutigen Fortsetzung des Krieges trieb
ein anderes Ereignis, von dem die Reichsannalen ausführlich berichten: die Zer-
störung der Irminsul, jenes engrischen Baumheiligtums, das in oder bei der Eres-
burg zu lokalisieren ist 8 . Es sollte dies als Zeichen der Tatmission, wie bereits
dargelegt9, die Überlegenheit des Christengottes dartun. Bischof Lul von Mainz,
so hat man vermutet, sei der geistige Urheber dieser Demonstration gewesen10.

3
Vita Lebvini antiqua 6 (MGH SS 30/2, S. 794 s ). S. dazu SCHMIDT, Christianisierung S. 1-11;
PREISE, Frühmittelalter S. 292.
4
BÖHMER, Regesta Imperü l, Nr. 149 a-f S. 68f; PREISE, Frühmittelalter S. 294.
5
PREISE, Sachsenmission S. 98f. Ob die in den Annales Mettenses priores zum Jahr 753
sächsischerseits den christlichen Missionaren zugestandene freie Betätigung hierbei noch eine
Rolle gespielt hat, kann dahingestellt bleiben; KAHL, Karl der Große S. 72f.
6
PRINZ, Marklo S. 3-23; PREISE, Frühmittelalter S. 283.
7
Annales regni Francorum a. 772 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 34): rex ... ibi cum
Saxonibus placitum habuit et recepit obsides XII. Die Annales Mettenses priores a. 772 "kor-
rigieren", obwohl sie hier von den Reichsannalen abhängig sind: Receptis ... obsidibus quot
voluit (ebd. 10, S. 59 9 ). Daß Karl Verluste hinnehmen mußte, vermelden die Annales Nord-
humbranes a. 772 (MGH SS 13, S. 154 ): Multisque. ex principibus ac nobilibus viris suis
amissis ...
8
Annales regni Francorum a. 772 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 34): ad Ermensul
usque pervenit et ipsum fanum destruxit et aurum vel argen turn, quod ibi repperit, abstulit.
Dazu KAHL, Karl der Große S. 55-60; ferner LÖWE, Irminsul S. 1-22.
9
S. $ 9 Anm.45.
In Luls Briefsammlung finden sich drei Schreiben vom Mai 773 aus Nordhumbrien, die zur
Tatmission aneifern: Bonifatii epp. 119-121 (MGH Epp. sei. l, S. 254-258). S. dazu PREISE,
Sachsenmission S. 60, DERS., Früh mittelalter S. 295f; H.-D. KAHL (Karl der Große S. 57)
macht darauf aufmerksam, daß der an Karl gerichtete Brief aus dem Brief Papst Gregors des
Großen an König Aethelberht von Kent gerade die Aufforderung zur Vernichtung des heidni-
schen Kultes und der heidnischen Heiligtümer zitiert. Ob deswegen distinkt von zwei angel-
$ 30 Sachsen 205

Offenbar aus Verbitterung über die Schändung des engrischen Heiligtums erfolgte
im Jahre 773, als Karl, dem päpstlichen Hilferuf folgend, gegen die Langobarden
gezogen war 11 , ein gezielter Racheschlag12: der sächsische Angriff gegen das älte-
ste Bonifatius-Kloster Fritzlar und gegen die zeitweilig als Bischofssitz genutzte
Büraburg 13 . Karl, der erst im Herbst 774 aus Italien zurückkehrte, faßte auf einer
zu Quierzy abgehaltenen Winterversammlung den Entschluß — wie die Reichs-
annalen noch wissen wollen —, 'den ungläubigen und Vertragsbrüchigen Stamm der
Sachsen mit Krieg zu überziehen und solange durchzuhalten, bis sie entweder
besiegt und der christlichen Religion unterworfen oder aber gänzlich ausgerottet
sind'14 . Natürlich "kam es Karl gerade entscheidend auf die Umkehrbarkeit dieser
furchtbaren Formel an, um, statt töten zu müssen, taufen zu können" 15 . Umfas-
sende Maßnahmen, auch religiöser Art, wurden eingeleitet16. Zum Sachsen-
zug des Jahres 775 werden aber tatsächlich Tod und Taufe vermeldet 17 . Im
Herbst 776 gelang Karl ein Überraschungsangriff, so daß die Sachsen, die sich bei
ihm an den Lippequellen einfinden mußten, ihre patria verpfändeten und dabei
Christlichkeit und Unterwerfung gelobten18 . Karl war sich des Erfolges so sicher,

sächsischen Wegen der Mission gesprochen werden kann, einer friedlichen und einer kriegeri-
schen (PREISE, Sachsenmission S. 60ff), scheint fraglich; Alkuin, einerseits kritisch gegen die
gewaltsame Sachsenmission, lobt andererseits die Schwertmission Karl Martells und die Mitwir-
kung Willibrords (s. $ 28 Anm. 27).
11
HAUCK, Ausbreitung S. 138-172.
12
Annales regni Francorum a. 773 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 36): Saxones exie-
runt cum magno exercitu super confinia Francorum, pervenerunt usque ad castrum, quod nomi-
natur Buriaburg ... Dum igitur ipsa Saxonum gens coepisset seviens domos forinsecus incendia
cremare, venerunt ad quandam basilicam in loco, qui dicitur Fricdislar.
13
KAHL, Karl der Große S. 62f; PREISE, Sachsenmission S. 63; DERS., Frühmittelalter S.
296f.
14
Annales qui dicuntur Einhardi a. 775 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 41): Cum rex
in villa Carisiaco hiemaret, consilium iniit, ut perfidam ac foedifragam Saxonum gentem bello
adgrederetur et eo usque perseveraret, dum aut victi christianae religioni subicerentur aut omni-
no tollerentur. — Die Alternative Tod — Taufe findet sich auch in Vita Faronis 74 (MGH SS
rer. Merov. 5, S. 1923): Quorum [=Saxonum] corda inter mortem et vitam pavitando pendentia
occulte miles Christi Faro alloquiis divinis miserando aggreditur, suadens fönte christianitatis
sibi ipsis subveniri et a duplici morte, praesentis videlicet et aeternae, sese servare. Ad haec
animis illi inclinati, praevalentibus meritis misericordissimi Faronis, fönte sacri sunt abluti
baptismatis; s. dazu KAHL, Compellere intrare S. 227f, 231f.
15
HAUCK, Taufort (im Druck).
16
PREISE, Sachsenmission S. 64ff; BALZER, Paderborn S. 24.
Annales Sangallenses Baluzii a. 775 (MGH SS l, S. 63): perrexit Karlus super Saxones, et
plurimos ex ipsis ad baptismi gratiam perduxit, et multos pluriores interfecit. Das Vorgehen
löste schon bei den Zeitgenossen Entsetzen aus, bezeichnen doch die wohl zeitgenössischen
nordhumbrischen Annalen Karl als blutbriinstigen Wahnsinnigen (ebd. 13, S. 1554 zum Jahr
775): Karl denique rex, ut praefati sumus, bellicosissimus Francorum ... gentem Saxonum est
ingressus ... quam magnis et inedicibilibus regionem praeliis gravissimis vastavit, igne ferroque
debacchans, quia erat consternatus animo.
18
Annales regni Francorum a. 776 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 46): nimia festina-
tione Saxonum caesas seu firmitates subito introivit. Et Saxones perterriti omnes ad locum,
übt Lippia consurgit, venientes ex omni parte et reddideruntpatriam per wadium omnes mani-
206 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

daß er für das folgende Jahr 777 die Reichsversammlung in die neuerbaute Pfalz
und Stadt Paderborn, die stolz den Namen Karlsburg trug, einberief 19 . In großer
Zahl ließen sich die Sachsen taufen, und wiederum verpfändeten sie ihr Land, wie
sie auch erneut Treue gelobten20 . Gleichzeitig fand eine Synode statt; den Vorsitz
dürfte der als 'fränkischer Erzbischof' amtierende Wilchar von Sens geführt haben.
Mit Sicherheit haben die Vorsteher der Hofkapelle, Fuldrad von Saint Denis,
und ebenso Angilram von Metz teilgenommen21 , ferner wohl auch Lul von
Mainz 22 . Die Sachsen nutzten gleich das folgende Jahr 778, als Karl einen Zug
über die Pyrenäen gegen die Sarazenen wagte, zu einem neuen Gegenschlag; aus
Rache alles vernichtend — auch die Karlsburg — drangen sie ostseits des Rheins
bis nach Deutz und sogar bis gegenüber Koblenz vor 23 . Widukind war ihr Anfüh-
rer24 . In den Augen der Franken galten die Sachsen fortan als Verräter und Apo-
staten, die mit dem Tode zu bestrafen waren 25 . Das sogenannte Blutgericht zu
Verden im Jahre 783 betraf an Karl ausgelieferte Rebellen, die auf seinen Befehl
hingerichtet wurden, wobei aber die in den Reichsannalen überlieferte Zahl von
4500 als "weit übertrieben" zu gelten hat 26 . In die blutigen Jahre 782/785 dürfte
zudem die Capitulatio de partibus Saxoniae mit ihrem so oft und rigoros wieder-
holten morte moriatur — der Strafe für Apostaten - zu datieren sein 27 . Dann aber
trat eine Wende ein.

bus eorum et spoponderunt se esse christianos et sub dicione domni Caroli regis et Francorum
subdiderunt. BÖHMER, Regesta Imperii l, Nr. 203 b-e S. 85f; BALZER, Paderborn S. 25;
KAHL, Karl der Große S. 74f; PREISE, Frühmittelalter S. 297.
19
BALZER, Paderborn S. 25ff, 67-70; HAUCK, Taufort (im Druck); KAHL, Karl der Große
S. 76ff.
20
BÖHMER, Regesta Imperii l, Nr. 211 a S. 88; HAUCK, Taufort (im Druck); PREISE, Früh-
mittelalter S. 298.
DK I 118 (MGH Dipl. Karol. l, S. 165 ): veniens Foleradus, cappellanus palacii nostri et
abba sancti Dyonisii, nobis retullit priuuilegium a partibus sancti Dionisii, quem senodalis con-
cilius anno nono ad Patrisbrunna ex promisso Angalramno episcopo et Uuilhario archyepiscopo
constituerunt. S. dazu HAUCK, Paderborn S. 92-140.
22
HAUCK, Taufort (im Druck). PREISE, Frühmittelalter S. 298.
23
Annales qui dicuntur Einhardi a. 778 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 53): a Diutia
civitate usque adfluenta Mosellae ... non praedandi, sed ultionem exercendigratia.
24
Annales regni Francorum a. 778 (ebd. S. 52); KAHL, Karl der Große S. 81; PREISE, Früh-
mittelalter S. 298f.
25
KAHL, Karl der Große S. 82f, 93. Daß die Frage der Apostasie eine Rolle gespielt hat, zeigt
auch eine Anfrage bei Papst Hadrian (Codex Carolinus 77 [MGH Epp. 3, S. 6094]J.· suscipientes
missos, scilicet Ittherium et Magenarium religiosos abbates, sciscitati sunt nos interrogantes
de Saxonibus, qui christiani fuerunt et ad paganissmum reversi sunt, qualem penitentiam eis
sacerdotes iudicare debeant; dort (Z. 18) auch die wichtige Formel: unurn confitentes baptis-
mum, sub iusiurandum pollicentes fidem christianitates servaturos.
26
PREISE, Frühmittelalter S. 299; SCHIEFFER, Karolingisches Großreich S. 554 mit Anm.
21: "absurde Zahl"; HENGST, Urbs Karoli S. 291-297. Die ältere Diskussion mit Beiträgen von
K. BAUER, F. VON KLOCKE, E. RUNDNAGEL u. W. SCHMITT in: LAMMERS, Eingliede-
rung der Sachsen S. 109-257.
27
Capitulatio de partibus Saxoniae (MGH Capit. l, S. 68-70); THEUERKAUF, Lex, speculum,
compendium luris S. 47f. Zur Apostasie s. $ 19 Anm. 64-67.
$ 30 Sachsen 207

b) Taufe Widukinds und Patenschaft Karls

Angesichts solcher Politik muß — wie die Forschung schon des öfteren ver-
merkt hat — das Verhalten Karls gegenüber Widukind, der sich im Sommer 785
zum Frieden bereitfand, ungewöhnlich genannt werden 28 . Im Bardengau traf der
Franke mit Widukind und dessen gener Abbo zusammen. Für das von Karl gestell-
te Ansinnen, in die Francia zu kommen, verlangten die beiden Sachsenführer
Straffreiheit sowie Sicherheit für Leib und Leben 29 . Karl bestätigte dieses Sicher-
heitsbedürfnis, indem er durch seinen Missus Amalwin Geiseln sandte, die in
sächsische Hand gegeben wurden 30 . Daraufhin begaben sich Widukind und Abbo
nach Attigny, wo sie die Taufe erhielten 31 . Da Karl in dieser Pfalz sowohl Weih-
nachten wie Ostern feierte 32 , dürften damit auch die wahrscheinlichen Taufter-
mine genannt sein.
Wenn auch nähere Einzelheiten über den liturgischen Hergang nicht mitgeteilt
werden, so dürfte es doch als bezeichnend anzusehen sein, daß die Taufe in einer
königlichen Pfalz stattfand: Karl betrachtete sich als Herr des Geschehens. Daß
weiter als Überbringer eines von Karl anläßlich der Widukind-Taufe an Papst
Hadrian gerichteten Briefes ein Andreas religiosus abbas, wohl der Abt von Lu-
xeuil, in Rom erscheint 33 , könnte vermuten lassen, daß dieser Abt auch an der
Taufe beteiligt gewesen ist; der eigenkirchliche Charakter des Geschehens wäre
damit nur noch deutlicher hervorgekehrt. Wie schon die Initiative für den Frie-
densschluß von Karl ausging, der dabei, wie offen zugegeben wird, in erstaunli-
chem Maß Sicherheiten zu bieten bereit war, so dürfte auch die Taufe Widukinds
im wesentlichen nach seinen Vorstellungen durchgeführt worden sein.
Die Annales Mosellani erwähnen dann weiter eine Handlung Karls, die das
Sicherheitsverlangen der beiden Sachsen in erheblichem Maße zu bestärken ge-
eignet war: die Patenschaft. Die Nachricht lautet: Widuchind tot malorum auctor
ac perfidie incentor venit cum sociis suis ad Attinacho palacio, et ibidem bapti-
zatus est, et domnus rex suscepit eum a fönte ac donis magnificis honoravit3*.
Es wird dies wiederum in annalenüblich kurzgefaßter Form mitgeteilt, ist aber
inhaltlich die vollständige Beschreibung einer politischen Patenschaft. Wir werden

28
BRANDI, Sachsenkriege S. 18: "Die großen Führer des letzten Aufstandes Widukind und
Abbio ergaben sich und ließen sich, fast überraschend, weit von ihrer Heimat, zu Attigny mitten
im westfränkischen Lande taufen."
29
Annales regni Francorum a. 785 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 70): firmavit, ut non
se subtrahissent, nisi in Francia ad eum pervenissent; patentibus illis, ut credentias haberent,
quad in laesi fuissent, sicut et factum est. Annales qui dicuntur Einhardi a. 785 (ebd. S. 71):
accepta ab eo, quam optabant, inpunitatis sponsione.
Annales regni Francorum a. 785 (ebd. S. 70).
Ebd.: et coniunxerunt se ad Attiniacum villa ad domnum regem Carolum. Et ibi baptizati
sunt supranominati Widochindus et Abbi una cum sociis eorum; et tunc tota Saxonia subiugata
est. PREISE, Frühmittelalter S. 300.
Annales regni Francorum a. 785 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 70): celebravit ...
natalem Domini et pasch a similiter.
33
Codex Carolinus 76 (MGH Epp. 3, S. 60720).
34
Annales Mosellani a. 785'(MGH SS 16, S. 497 38 ).
208 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

voraussetzen dürfen, daß dieselbe allen Beteiligten, auch den Sachsen, in ihrer
Wirkung bekannt gewesen ist. Da die Patenschaft schon in der angelsächsischen
Missionsgeschichte angewandt und dort sogar wie selbstverständlich praktiziert
wurde, kann sie auch den Sachsen des Kontinents keine unüberwindlichen Schwie-
rigkeiten bereitet haben. Widukind und Abbö werden darum in der Patenschaft
eine Bestätigung der ihnen von Karl zugesprochenen Sicherheiten erblickt haben.
Selbst wenn die Zusicherung der Straffreiheit und die Garantie für Leib und
Leben nicht eigens erwähnt wären, so müßten wir sie gleichwohl aus der Paten-
schaft erschließen, weil gerade diese beiden Momente immer darin eingeschlossen
waren. Gleichzeitig will aber die Mitteilung nicht verleugnen, wie ungewöhnlich
diese Wendung der Dinge erscheinen mußte. Welche Spannung mittels Taufe und
Patenschaft überwunden wurde und welch überraschende Versöhnungstat sich
darin vollzog, klingt deutlich in der Charakteristik des Täuflings nach: Widukind,
'der Urheber so vieler Übel und der Anstifter zur Untreue', habe mit seinen Ge-
fährten die Taufe empfangen; Karl aber habe ihn aus dem heiligen Brunnen geho-
ben und mit reichen Geschenken geehrt. Der langjährige rebellis und perfidus35
wurde zur geehrten Person! Aber so war es, wie bereits mehrfach gezeigt, Pflicht
der Patenschaft.
Die Patenschaft einzugehen verlangte von Karl, daß er seinem Feind, der ihm
wie kein anderer die Anspannung seiner Kräfte abverlangt hatte, Straflösigkeit
gewährte und selbstverständlich auch das Leben garantierte, das sein Täufling als
Anführer der von ihm abgefallenen und wiederholt rebellierenden Sachsen eigent-
lich verwirkt hatte. Man vergleiche nur, wie Einhard in seiner Karls-Vita die per-
fidia der Sachsen schildert: Ihren vielmals abgelegten Versprechen auf Unterwer-
fung und Annahme des Christentums sei immer wieder die Untreue gefolgt;
Karl aber habe solche Vergehen nie ungestraft gelassen und die Untreue stets
gerächt bis hin zur Deportation ganzer Bevölkerungsgruppen36 . Umso stärker muß
auffallen, daß Widukind Schonung erfuhr. Und mehr noch: Karl 'ehrte ihn mit
wundervollen Geschenken'. Die spätere Tradition glaubte noch eines dieser Ge-
schenke benennen zu können: das Bursenreliquiar von Enger, das tatsächlich der
frühkarolingischen Zeit angehört 37 . Höher dürfte jedoch zu veranschlagen sein,
daß das Wort 'honor' in der Regel weit mehr bedeutete als ein Geschenk; es be-

35
Annales regni Francorum a. 778 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 48): Widochindis
rebellis; ebd. a. 782 (S. 60): rebellis Widochindus; Annales Mosellani a. 782 (MGH SS 16, S.
497 20 ): [&J3co«es] herum a fide dilapsus et cum Widuchindo ad rebellandum esse adunatos;
Annales Mettenses priores a. 778 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 10, S. 67 8 ) und a. 782 (S.
70 1 J: perfido Witicindo; a. 782 (S. 6924).· rebelies, quibus Witigindus princeps preerat. Zur
perfidia s. BEUMANN, Christianisierung der Sachsen S. 137ff.
36
Einhard, Vita Karoli 7 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 25, S. 931J: Poterat siquidem citius
finiri, si Saxonum hoc perfidia pateretur. Ebd. S. l O 16 : Nam numquam eos huiuscemodi ali-
quid perpetrantes inpune ferre passus est, quin aut ipse per se ducto auf per comites suos misso
exercitu perfidiam ulcisceretur et dignam ab eis poenam exigeret, usque dum, omnibus qui
resistere solebant profligatis et in suam potestatem redactis, decem milia hominum ex his qui
utrasque ripas Albis fluminis incolebant cum uxoribus et parvulis sublatos transtulit.
37
ELBERN, Bildende Kunst S. 432.
f 30 Sachsen 209

zeichnete eine herausgehobene Stellung38. Hat demnach Widukind — so müssen


wir fragen — eine politische Funktion behalten? Dies muß nicht unwahrscheinlich
gewesen sein39. An anderen Tauf- und Patenschaftsbeispielen wird denn auch
noch deutlich werden, daß mit der so simplen Mitteilung einer 'Ehrung' eine be-
achtliche Stellung bezeichnet sein konnte 40 . So werden wir mindestens zu unter-
stellen haben, daß Widukind nicht zur recht- und ehrlosen Person degradiert
wurde. Bemerkenswert ist ferner, daß auch seine Familie nicht ausgelöscht wurde.
Nachfahren treffen wir später auf nicht wenigen sächsischen Bischofsstühlen an 41 .
Daß Karl auch anders vorgehen konnte, zeigt das Ende des bairischen Herzogs
Tassilo: Als dieser 791 endgültig entmachtet wurde, hatte das zur Folge, daß auch
seine Familienangehörigen verschwanden42 ; der Dynastie sollte auch die letzte
Hoffnung auf eine Rückkehr zur Macht genommen werden.
Wie aber bei Widukind und seiner Familie anders verfahren wurde, so später
auch mit dem ganzen Volk der Sachsen. Zweifellos büßten sie zunächst ihre poli-
sche Selbständigkeit und damit ihre Unabhängigkeit ein. Doch behielt die Allge-
meinheit sowohl die persönliche Freiheit wie auch den Besitz. Die Capitulatio de
partibus Saxoniae wurde 797 durch das Capitulare Saxonicum gemildert 43 , und
schon im Jahre 802/803 folgte die Verkündigung des schriftlich niedergelegten
sächsischen Stammesrechtes 44 . Damit hatten die Sachsen im fränkischen Viel-
völkerreich eine gleichberechtigte, von aller Diskriminierung befreite Stellung 45 .
Und so darf man Einhard Glauben schenken, wenn er seine Ausführungen über
Karls langwierigsten Krieg mit der Bemerkung beschließt, daß die Sachsen mit den
Franken e i n Volk geworden seien46 .
Jüngst hat nun Gerd Althoff die These vorgetragen, Widukind sei nach seiner
Taufe Mönch auf der Reichenau gewesen. Zum Beweis führt er an: Mit Sicherheit
lasse sich feststellen, daß der Name Widukind bis ins 10. Jahrhundert höchst
selten belegt sei; wahrscheinlich gehörten alle Träger dieses Namens in dem ange-
gebenen Zeitraum zu den Nachfahren des Sachsenherzogs; im ganzen 9. Jahrhun-
dert ließen sich überhaupt nur zwei Träger des Namens Widukind nachweisen:

38
NIERMEYER, Lexicon S. 495-498; MITTEIS, Lehnrecht S. 203f; GANSHOF, Lehnswesen
S. 23, 46f, 126ff.
39
Die gängige Forschung rekapituliert SCHMID, Nachfahren Widukinds S. 1: "Niemand kann
mit Sicherheit sagen, wann und wo Widukind gestorben ist, wo er begraben liegt, ob er nach
seiner Unterwerfung ein Amt bekleidet hat oder als 'Privatmann' auf seinen Gütern lebte."
Doch glaubt E. PREISE Argumente beibringen zu können, die wahrscheinlich machen, daß
Widukind vielleicht sogar als fränkischer Graf weiter amtiert hat (Sachsenmission S. 81 Anm.
67; DERS., Frühmittelalter S. 300). Wichtige und weiterführende Überlegungen auch bei M.
BALZER (Widukind S. 17-21).
Am deutlichsten wird dies bei der Taufe Haralds von Dänemark; s. $ 32.
41
SCHMID, Nachfahren Widukinds S. 1-47.
42
REINDEL, Agilolfinger S. 133; LASKE, Mönchung S. 189-197.
43
S. Anm. 27; Capitulare Saxonicum a. 797 (MGH Capit. l, S. 71f).
44
THEUERKAUF, Lex, speculum, compendium luris S. 38-67.
45
HAMPE, Karl der Große und Widukind S. 72.
Einhard, Vita Karoli 7 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 25, S. 1029J: Francis adunati unus
cum eis populus efficerentur.
210 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

ein Fuldaer und ein Reichenauer Mönch. "Der Reichenauer Mönch nun legte
sicher um 786 die Profeß ab, lebte lange in der Reichenauer Klostergemeinschaft
ohne eine kirchliche Weihe zu erhalten, und überdies steht vor seinem Namen in
der Profeßaufzeichnung das Wort dominator, das als Mönchsname sonst auf der
Reichenau nicht nachgewiesen werden kann, 'dessen Deutung aber keine Schwie-
rigkeiten bereitet, wenn man es als Zusatz zu dem Sachsenherzog Widukind inter-
pretiert."47 Angesichts der Behandlung, die Karl anderen Gegnern habe angedei-
hen lassen, sei es gewagt, "mit allzuviel Großmut und Freizügigkeit bei der Be-
handlung Widukinds zu rechnen"48 ; vielmehr sei derselbe wie so viele andere
Gegner ins Kloster eingewiesen worden 49 . Nicht zuletzt Karls Patenschaft soll
dabei den Rechtstitel geliefert haben, daß nämlich "eine Einweisung ins Kloster
keineswegs einen Bruch der Patenschaftsverpflichtungen darstellte, sondern viel-
mehr dem Täufling die beste Möglichkeit bot, von Gott Verzeihung für seine frü-
heren Vergehen zu erlangen"50 ; auch sei Widukind "nicht Freiheit, sondern für
den Fall der Unterwerfung und Taufe nur seine Unverletzlichkeit" garantiert
worden 51 . Doch muß gefragt werden, ob mit der 'Ehrung' der Taufe eine erzwun-
gene Einweisung ins Kloster noch vereinbar ist. Die Divisio regnorum von 806
verbietet zum Beispiel, Angehörige der Karolingerfamilie gegen deren Willen zu
tonsurieren, denn dieselben seien als honorati zu behandeln 52 . Ein 'honoratus'
aber war seit Karls Patenschaft auch Widukind. Wie wir zudem gesehen haben, hat
ihm Karl neben der zugesicherten Unverletzlichkeit auch die sponsio inpunitatis
gegeben53. Auch von daher ist es wenig wahrscheinlich, daß Widukind nach der
Taufe in Klosterhaft verwiesen wurde, weil das Kloster "dem Betroffenen die
Möglichkeit bot, für seine Sünden in bestmöglicher Weise zu büßen" 54 . Bei aller
Schwäche der frühmittelalterlichen Tauftheologie kann doch in keinem Moment
zweifelhaft gewesen sein, daß die Taufe von allen vorher begangenen Sünden reini-
ge; dann aber muß die Einweisung ins Kloster zur Abbüße der vor der Taufe be-
gangenen Sünden unmöglich genannt werden 55 . Eher wäre denkbar, daß dem Neu-

47
ALTHOFF, Widukind S. 272f.
48
Ebd. S. 256.
49
Ebd. S. 273.
50
Ebd. S. 271.
51
Ebd.
52
Divisio regnorum 18 a. 806 (MGH Capit. l, S. 1302 j: aut invitum tondere.
53
S. Anm. 29.
54
ALTHOFF, Widukind S. 271.
55
Für das ganze 7. Jh. gibt es Zeugnisse sowohl römischer wie gallischer als auch irischer Pro-
venienz, daß Büßer auch gegen ihren Willen ins Kloster geschickt werden konnten, um dort die
Sünden abzubüßen (POSCHMANN, Kirchenbuße im frühen Mittelalter S. 118-123; SPRIG ADE,
Einweisung ins Kloster S. 100-113). Eine solche Einsperrung zur Buße mußte aber keineswegs
eine Mönchung bedeuten. Für die Mönchung blieb — wenigstens theoretisch — bewußt, daß sie
freiwillig geschehen müsse (ANGENENDT, Monachi peregrini S. 132 Anm. 36; DERS., Pere-
grinatio S. 54ff). Freilich gibt es auch den Fall des Westgoten-Königs Wamba, der bewußtlos
gemacht und dann tonsuriert wurde; die toledanische Synode von 681 befand, daß eine Mön-
chung gegen den eigenen Willen unerlaubt sei, daß andererseits aber der einmal vollzogene Ritus
lebenslang gelte (DERS., Bonifatius S. 172f). In den Consulta Bulgarorum verbietet Papst
$ 30 Sachsen 211

getauften zur vollständigen Belehrung und Festigung im Glauben ein Aufenthalt


im Kloster verordnet worden sein könnte. Aber das wäre keine Mönchung auf
Lebenszeit gewesen.
Endlich ist noch zu fragen, ob sich Karls Patenschaft in deren politischen
Aspekten erschöpft hat. Manches spricht dafür, daß der Frankenkönig darin die
Erfüllung seines Willens, die Sachsen zur Taufe zu führen 56 , erblickt hat. Es sollte
ja nicht vergessen werden, daß der Sachsenkrieg von Anfang an mit religiösen Mit-
teln geführt worden ist. Einzelne versprengte Belege geben davon noch Zeugnis,
so etwa ein wohl auf 780 zu datierendes Bischofskapitular, das den Episkopien
und Klöstern eine Vielzahl geistlicher Leistungen für domno rege et pro exercitu
Francorum in presente tribulatione auferlegte 57 : Jeder Priester hatte drei Messen
zu feiern und jeder Mönch sowie jede Nonne drei Psalter zu beten. Karl machte
sich hier eine gerade neu aufgekommene Frömmigkeitspraxis zunutze, die wie nie
zuvor eine Vielzahl von geistlichen Leistungen zu erbringen ermöglichte 58 . Nach
Widukinds Taufe sah sich Karl dann auch zu einem entsprechenden religiösen
Dank veranlaßt. Wie wir aus einem Brief Papst Hadrians erschließen können, muß
er dem Papst mitgeteilt haben, daß er das wilde und feindliche Sachsenvolk nun-
mehr mit Gottes und der Apostelfürsten Hilfe zum Gottesdienst und wahren Glau-
ben der heiligen, katholischen und apostolischen Kirche geführt, ihre Führer seiner
Herrschaft unterworfen und das ganze Volk zur Taufe veranlaßt habe 59 . Dem
Papst erweist sich in Karls Sieg die himmlische Bestätigung für dessen von Gott
gewährte und festbegründete Herrschaft. Indem der König seine Versprechen dem
heiligen Petrus und ihm, dem Papst, reinen Herzens und willigen Geistes erfülle,
unterwerfe ihm der heilige Petrus durch seine Fürbütte sogar die größten und
mächtigsten Völker, und am Tage des Gerichtes werde der König wegen der geret-
teten Seelen ein großes Verdienst aufweisen können 60 . In Rom bestimmte der
Papst drei Tage zur feierlichen Dankesbezeugung.· die Vigil Johannes des Täufers
(23. Juni), den Tag der Heiligen Johannes und Paulus (26. Juni) und die Vigil von
Peter und Paul (28. Juni); Karl solle ebenso in seinem Herrschaftsbereich und

Nikolaus I. die erzwungene Mönchung: Monachicum autem habitum induere ac vitam remotam
ducere nonnisi a spondente divinitus exiguntur. Unde, quisquis vim intulerit alicui, ut mona-
chicum habitum et vitam remotiorem, quam non optavit nee elegit, assumat, hie tamquam
violentus peccatum evadere non valet; et, quoniam quod agitur ex accipientis voto non venit,
nee accipiens religiosum habitum inde mercedem habet nee infevens crudelitatis suae iudicio
carebit (Nicolai I papae epp. 99,87 [MGH Epp. 6, S. 596 4 ]). - Natürlich konnte eine lebens-
lange Klosterbuße dem Mönchsleben gänzlich angeglichen erscheinen. Im Blick auf Widukind
bleibt jedoch zu beachten, daß sowohl die Klosterbuße wie das Mönchsleben, sofern dasselbe
bußwirksam sein sollte, sich nur auf nach der Taufe begangene Sünden hätte beziehen können,
nicht aber auf solche vor der Taufe.
Codex Carolinus 76 (MGH Epp. 3, S. 607 ): gentem Saxonum ad sacrum deduxistis baptis-
matis fontem.
51
Capitulare episcoporum a. 780 (?) (MGH Capit. l, S. 52).
58
ANGENENDT, Missa specialis S. 167-175.
59
Codex Carolinus 76 (MGH Epp. 3, S. 60725 ).
60
Ebd. S. 60S1. S. auch das Widmungsgedicht Papst Hadrians I. bei Überreichung der Rechts-
sammlung des Dionysius Exiguus an Karl im Jahre 774 (MGH Poetae lat. l, S. 91 ): Ad haec
Hadrianus praesul Christi praedixit triumphos.
212 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

selbst jenseits des Meeres, wo immer christliche Völker wohnten, triduanas leta-
nias anordnen 61 . Wie sehr der Papst in der Unterwerfung und Christianisierung
die Aufgaben des christlichen Herrschers erfüllt sah, zeigt sich auch an einem
Schreiben aus dem Herbst des Jahres 785, das er an den oströmischen Kaiser
richtete und in welchem er Karl als idealen Herrscher hinstellte: Wenn im Osten
der böse Irrtum der Ablehnung der heiligen Bilder beseitigt sei, dann 'werdet Ihr
unter des Apostels Petrus Geleit als triumphierende Sieger über alle barbarischen
Völker herrschen, wie unser Sohn und geistlicher Compater Karl, König der
Franken und Langobarden und Patricius der Römer, der, unseren Mahnungen
folgend und unseren Willen in allen Dingen erfüllend, alle barbarischen Völker des
hesperischen Westens sich zu Füßen geworfen hat, indem er ihre Macht bändigte
und durch Unterwerfung mit seinem Reich vereinte' 62 . Karl hinwiederum hat
nicht anders gedacht. In den Libri Carolini stellt er sich in betonter Polemik
gegenüber Byzanz als der Hüter des wahren Glaubens und als treuer Gefolgsmann
des heiligen Petrus dar und bekundet dabei stolz, die Sachsen zur Annahme des
Glaubens und zur Gefolgschaft des heiligen Petrus bekehrt zu haben; seine erfolg-
reiche politische Herrschaft ist ihm Beweis und Belohnung für sein Christianisie-
rungswerk63 . Wenn aber dem Frankenkönig in der Konkurrenz mit dem Basileus
die Sachsenbekehrung der eigenen Rühmung dienlich erschien, so möchte man
unterstellen, daß ihm der in Byzanz so oft geübte Kaiserpatronat gleichfalls nicht
unbedeutend erschienen sein mag.

c) Kirchenorganisation

Mit der für 777 in Karlsburg-Paderborn bezeugten Synode, von der wir freilich
weder eine Traktandenliste noch auch die Beschlüsse kennen, ist die Forschung
eine Mitteilung in Eigils Vita Sturmi zu verbinden geneigt, derzufolge Karl nicht
allzulange nach Kriegsbeginn die Provinz der Sachsen in Bischofssprengel geteilt
und den Gottesdienern die Befugnis zum Lehren und Taufen erteilt habe 64 . Tat-
sächlich wurden eine ganze Reihe fränkischer Klöster und Bistümer zum Bekeh-

61
Codex Carolinus 76 (MGH Epp. 3, S. 60S 14 ).
62
Hadrian, Epistula (MANSI 12, Sp. 1075C): sicut filius et spiritualis compater noster dominus
Carolus rex Francorum et Langobardorum, ac patricius Romanorum, nostris obtemperans
monitis, atque adimplens in omnibus voluntates, omnis Hesperie occidueque partis barbaras
nationes suo suis prosternens conculcavit pedibus, omnipotentatum illarum domans, et suo
subjiciens regno adunavit.
63
Libri Carolini I 6 (MGH Conc. 2, Suppl., S. 21 ): Quod non solum omnium Galliarum pro-
vinciae et Germania sive Italia, sea etiam Saxones et quaedam aquilonalis plagae gentes pernos
Deo annuente ad verae fidei rudimenta conversae facere noscuntur, et ita beati Petri sedem in
omnibus sequi curant, sicut illo pervenire, quo ille clavicularius exstat, desiderant.
64
Vita Sturmi 23 (ed. ENGELBERT s. 15828): Et post non longum tempus totam provinciam
illam in parochias episcopates divisit et servis Domini ad docendum et baptizandum potestatem
dedit. Dazu PREISE, Sachsenmission Anm. 74; andere Quellen nennen auch 780: Annales
Laureshamenses (MGH SS l, S. 31): divisitque ipsam patriam inter episcopos et presbyteros
seu abbates, ut in ea baptizarent et praedicarent; ebenso Annales Mosellani (ebd. 16, S. 497 9 ).
5 30 Sachsen 213

rungsdienst herangezogen65. Dank der neuen Forschungen zur Fuldaer Kloster-


gemeinschaft lassen sich wenigstens in diesem Fall auch genauere Zahlen angeben:
Die Abtei dürfte in den Jahren 775/777 etwa 30 bis 40 Priester und wohl eben-
soviele Diakone bzw. Kleriker niederen Ranges ins Sachsenland entsandt haben66 .
Die Gesamtzahl der in Friesland und Sachsen tätigen Kleriker und Mönche soll
"nicht höher als einige wenige Hundert zu schätzen sein"67 .
Die Formierung der Bistümer zog sich über einen längeren Zeitraum hin68 . Daß
aber Karls Missionsplan eine "selbständige sächsische Kirchenprovinz" vorgesehen
habe, die nur nicht mehr zustande gekommen sei69, ist mit Sicherheit nicht zu-
treffend. Wohl spricht Eigil vom Sachsenland als einer provincia70 ; kirchenorga-
nisatorisch hätte dem ein Erzbistum entsprochen71 . In Wirklichkeit aber hat ein
solcher Plan von Anfang an nicht mehr zur Debatte gestanden. In dem päpstlichen
Schreiben, das Bonifatius als Erzbischof von Köln bestätigte72 , dessen Verwirkli-
chung aber von 'den Franken' verhindert wurde 73 , findet sich die Wendung, daß
der neue Erzsitz neben seinen fünf bereits bestehenden Suffraganen 'auch alle
Völker Germaniens, die deine Brüderlichkeit durch ihre Predigt das Licht Christi
erkennen läßt' 74 , erhalten solle. An eine eigene Kirchenprovinz für die Völker
Germaniens, worunter nach des Bonifatius erklärtem Willen zur Sachsenmission
eben dieselben wenn nicht gar hauptsächlich so doch eingeschlossen zu denken
sind, wurde also schon in der Mitte der vierziger Jahre nicht mehr gedacht. Be-
denkt man ferner, daß bei der Friesen mission ursprünglich noch eine eigene Kir-
chenprovinz in Aussicht genommen wurde, dann aber — bezeichnenderweise —
doch nicht zustande kam, so zeigt sich bei der Sachsenmission, daß eine kirchliche

65
Übersicht bei PREISE, Sachsenmission S. 86f Anm. 149; DERS., Frühmittelalter S. 305-308.
66
DERS., Sachsenmission S. 64f;DERS., Frühmittelalter S. 305.
67
DERS., Sachsenmission S. 65.
68
Ebd. S. 73f; DERS., Frühmittelalter S. 309f; BÜTTNER, Mission S. 471-475; WIEDEMANN,
Sachsenbekehrung S. 67-95; MÜLLER, Sächsische Bistümer; SCHIEFFER, Domkapitel S.
207-231.
69
PRINZ, Weserraum S. 89.
70
S. Anm. 64; PREISE, Sachsenmission S. 74 mit Anm. 331.
71
S. § 37 Anm. 15.
72
Bonifatii epp. 60 (MGH Epp. sei. l, S. 124 ): De civitate namque illa, quae nuper Agrippi-
na vocabatur, nunc vero Colonia, iuxta petitionem Francorum per nostrae auctoritatis pre-
ceptum nomini tuo metropolim confirmavimus et tuae sanctitati direximus pro futuris tempo-
ribus eiusdem metropolitane aecclesiae stabilitatem. Die päpstliche Urkunde s. ebd. Ep. 88
(S. 201f). Die Urkunde ist bekanntlich nur in verfälschter Form erhalten; s. TANGL, Bonifa-
tius-Briefe S. 787: "Die Kölner Urkunde ... ist in der angeblichen Mainzer mit Ausschluß der
später angeleimten Datierung und bis auf die Vertauschung der Namen Mainz und Köln wort-
getreu erhalten." SCHIEFFER, Angelsachsen und Franken S. 62f.
7
Bonifatii epp. 80 (MGH Epp. sei. l, S. 179 7 ): Alia denique scripta tuae fraternitatis contine-
bant, quad tarn olim de Agrippina civitate scripsisti, quad Franci non perseveraverunt in verbo,
quodpromiserunt; et nunc moratur tua fraternitas in civitate Magontia.
74
Ebd. Ep. 88 (S. 202 14 ): omnes Germaniae gentes, quas tua fraternitas per suam predicatio-
nem Christi lumen cognoscere fecit; SCHIEFFER, Angelsachsen und Franken S. 69: "Dem hl.
Bonifatius hatte fraglos eine Zusammenfassung wenn nicht des ganzen Ostens, so doch dieser
seiner eigentlichen Missionsländer in einer Kirchenprovinz vorgeschwebt."
214 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Verselbständigung nicht einmal mehr im Anfang geplant war 75 . Vielmehr wurde


Sachsen an zwei fränkische Bischofssitze, die zu Erzbistümern erhoben wurden,
angebunden: zu Köln kamen Münster, Osnabrück, Minden und Bremen, zu Mainz
sodann Paderborn, Verden, Hildesheim und Halberstadt. In ähnlicher Weise ordne-
te Karl übrigens zur selben Zeit die Kircheriverhältnisse der Frisia; er vermied,
"sie kirchlich insgesamt in der schon bestehenden Diözese Utrecht zusammenzu-
fassen, sondern teilte sie auf verschiedene Diözesen auf"76 .
Daß auch Bonifatius der imperialen Missionspolitik zugestimmt hat, stellt ihn
in eine Reihe mit Willibrord und seinem eigenen Schüler Lul, der die Kölner Ur-
kunde bekanntlich auf Mainz umschrieb und auf diese Weise das neubekehrte
Sachsen zu seinem Sitz herüberziehen wollte 77 . Daß bei der bereits unter Boni-
fatius im Frankenreich begonnenen, dann aber noch lange Zeit verzögerten Neu-
schaffung von Erzbistümern Lul im Jahre 780/82 als einer der ersten das Pallium
erhielt, mag durchaus auch im Blick auf die Sachsen geschehen sein78. Der Tauf-
vater Widukinds ist er aber dennoch nicht geworden.

§ 31 Abodriten und Wilzen

Die Eroberung Sachsens brachte das fränkische Reich in Nordalbingien1 mit


neuen Nachbarn zusammen: den Dänen sowie den slawischen Wilzen und Abodri-
ten2 . Mit letzteren hatte schon während der Sachsenkriege ein Bündnis bestanden.
Ihr Verhältnis zum Frankenreich galt als traditionell gut 3 , ja sogar als reichs-
freundlich 4 . Zum Jahre 817 aber vermelden die Reichsannalen einen Abfall 5 .
Anklagen seitens abodritischer Großer veranlaß ten Ludwig den Frommen, Fürst
Sclaomir, der ihm als Gefangener nach Aachen gebracht wurde, durch dessen

75
Es dürfte darum fraglich sein, die Sachsenmission Karls des Großen beginnen zu lassen mit
einer ersten Phase noch "friedlicher Christianisierung unter bloßer Hegemonie", die sich dann
zu einer "zweiten Eskalationsstufe" gesteigert habe, in der immer noch eine "friedliche Chri-
stianisierung" mit "Autonomie unter Vorbehaltsrechten" vorgesehen gewesen sei, und daß erst
in einer "dritten Eskalationsstufe" die "Zwangschristianisierung und Annexion" mit "Aufhe-
bung jeder Eigenständigkeit" in Angriff genommen worden sei (so KAHL, Karl der Große S.
50). Nicht daß Bonifatius unbedingt ein Befürworter der Schwertmission gewesen sei, wohl
aber wird deutlich, daß er einer Eingliederung Sachsens ins fränkische Reich von Anfang an
zugestimmt haben dürfte.
76
FRITZE, Utrecht S. 128.
77
SCHIEFFER, Angelsachsen und Franken S. 62f.
78
Ebd. S. 95-103; PREISE, Frühmittelalter S. 306.
1
JANKUHN, Karl der Große und der Norden S. 699-707; JENKIS, Eingliederung "Nord-
albingiens" S. 29-58.
2
HELLMANN, Slawische Welt S. 708-718.
3
Ebd. S. 715.
4
ERNST, Nordostpolitik S. 84.
5
Annales regni Francorum a. 817 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 147). Zum ganzen
ERNST, Nordostpolitik S. 84-91.
$ 32 Taufe Haralds von Dänemark 215

Rivalen Ceadrag zu ersetzen 6 . Doch auch der neue Herrscher wurde schon nach
kurzem der Untreue bezichtigt 7 . Ludwig entschied sich nun wieder für Sclaomir
und sandte ihn ins Heimatland zurück. Doch unterwegs verstarb dieser in Sachsen,
wohl gegen Ende des Jahres 821. Die Reichsannalen berichten, daß er noch die
Taufe empfangen habe 8 . Sofern dies nicht ein plötzlicher Entschluß gewesen ist,
käme darin zum Ausdruck, daß durchaus eine Geneigtheit zum Christenglauben
vorhanden war. Möglicherweise war das den Franken bekannt, was deren insge-
samt gutes Verhältnis zu den Abodriten nur bestärkt haben müßte. Dabei könnte
dann die Spannung, die unter den abodritischen Großen hervortrat, durch die
Auseinandersetzung um eine mögliche Taufe hervorgerufen oder verstärkt worden
sein.
Demgegenüber galten die Wilzen als reichsfeindlich. Dennoch scheint man
fränkischerseits eine Mission wenigstens versucht zu haben9 .

§ 32 Taufe Haralds von Dänemark

Die Oberherrschaft in Dänemark war zu Beginn des 9. Jahrhunderts strittig.


Karl der Große hatte 811 mit dem Nachfolger des kriegerischen Göttrik, König
Hemming, Frieden geschlossen. Nach dessen Tod vermochten sich jedoch seine
Söhne Reginfred und Harald nicht gegen Göttriks Söhne zu behaupten 1 . Harald,
der bald sogar allein stand, wandte sich 814 an Ludwig den Frommen und bat um
Hilfe; dabei kommendierte er sich dem Kaiser 2 , "obwohl der heidnische Glaube
des Dänen die Qualität dieser Lehnsbeziehung nicht unwesentlich geschmälert
haben dürfte" 3 . Auf der im Herbst 822 zu Frankfurt abgehaltenen Reichsver-
sammlung erschienen sowohl Vertreter Haralds wie der Göttriksöhne 4 . Im Reich
muß man an eine günstige Missionssituation geglaubt haben, jedenfalls berichten
die Reichsannalen, daß mit der kaiserlichen Gesandtschaft, welche 823 die strei-
tenden Parteien in ihrem Lande aufsuchte, auch der Reimser Erzbischof Ebo zu-
rückkehrte, der auf den Rat des Kaisers und mit Ermächtigung des Papstes den
Sommer über in Dänemark gepredigt und viele getauft hatte 5 . Harald, der eben-
falls mit ins Reich kam, entschloß sich im Jahre 826 zur Taufe. Er sei mit Frau

6
Annales regni Francorum a. 819 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 149f).
7
Ebd. a. 821 (S. 157).
8
Ebd.: Sclaomir ... in patriam remittitur; qui, cum in Saxoniam venisset, aegritudine decubuit
perceptoque baptismi Sacramento defunctus est. DRALLE, Slaven S. 126f.
9
HELLMANN, Slawische Welt S. 710ff; ERNST, Nordostpolitik S. 91f.
1
ERNST, Nordostpolitik S. 83f, 92-97.
Annales regni Francorum a. 814 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 141).
3
ERNST, Nordostpolitik S. 93.
Annales regni Francorum a. 822 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 159).
Ebd. a. 823 (S. 163): Cum quibus et Ebo Remorum archiepiscopus, qui consilio imperatoris
et auctoritate Romani pontificis praedicandi gratia ad terminos Danorum accesserat et aestate
praeterita multos ex eis ad fidem venientes baptizaverat, regressus est.
216 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

und großem Gefolge zum Albanskloster nach Mainz gekommen, so berichten die
Reichsannalen, und alle hätten die Taufe erhalten; mit vielen Geschenken des
Kaisers habe Harald über Friesland, wo ihm die Grafschaft Rüstringen ausgetan
worden sei, den Rückweg angetreten6 .
Eine weit ausführlichere Schilderung, die vor allem auch das Zeremoniell ver-
anschaulicht, hat uns Ermoldus Nigellus überliefert. Der Dichter, zeitweilig Ange-
höriger des Hofes, zum Zeitpunkt der Taufe aber von dort verbannt, hat in seinem
826/828 verfaßten Lobgedicht auf den Kaiser den feierlichen Akt mit allen seinen
rituellen Einzelheiten festgehalten 7 . Für den Taufakt erübrigt er allerdings kein
Wort. Im Mittelpunkt stand nach ihm die kaiserliche Familie, die bei den Dänen
die Patenschaft übernahm 8 . Den Vortritt hatte Ludwig der Fromme: 'Der Kaiser
hob Harald ehrenvoll aus dem Wasser und legte ihm eigenhändig das weiße Ge-
wand an.' Ihm folgten seine Gemahlin Judith und der Sohn Lothar, die beide in
entspechender Weise die Patenschaft über Haralds Frau und Sohn übernahmen.

Annales regni Francorum a. 826 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 169f): Eodem tempo-
re Herioldus cum uxore et magna Danorum multitudine veniens Mogontiaci apud sanctum Alba-
num cum his, quos secum adduxit, baptizatus est; multisque muneribus ab imperatore donatus
per Frisiam, qua venerat via, reversus est. In quaprovincia unus comitatus, qui Hriustri vocatur,
eidem datus est, ut in eum se cum rebus suis, si necessitas exigeret, recipere potuisset. Astrono-
mus, Vita Hludowici 40 (MGH SS 2, S. 629 s j.· Necnon et Herioldus a Nordmanniae partibus
cum uxore veniens Danorumque non parva manu, Mogontiaci apud sanctum Albanum cum suis
omnibus baptismatis sacri perfusus est unda, plurimisque ab imperatore donatus muneribus.
Verens autem piissimus imperator, ne ob tale factum negaretur ei habitatio soli naturalis, dedit
ei quendam comitatum in Fresia, cuius vocabulum est Riustri, quo se suosque, si necessitas
exigeret, tuto recipere passet. Ähnlich Thegan in Vita Hludowici 33 (ebd. S. 5972 J: Sequent!
vero anno erat in palatio regio Ingilenheim, et ibi ad eum venit Heriolt de Danais, quem domnus
imperator elevavit de sacro fönte baptismatis, et uxorem eius elevavit de fönte domna ludith
augusta. Tunc domnus imperator magnam partem Fresonom dedit ei, et honorificis donis oma-
vit eum, et cum legatis suis dimisit eum ire cum pace; ferner Annales Xantenses a. 826 (MGH
SS rer. Germ, in us. schol. 12, S. 6 30 ). S. dazu LAMMERS, Bildprogramm S. 248f; CLASSEN,
Königspfalz Ingelheim S. 96ff; NEIFEIND, Verträge S. 76ff, 160f.
7
WATTENBACH - LEVISON, Geschichtsquellen 3, S. 329-332; SZÖVERFFY, Weltliche
Dichtungen l, S. 550-555; LAMMERS, Bildprogramm S. 243-251.
8
Ermoldus, Carmen 4 (ed. FARAL S. 170, V. 2234):
Ecce parate, jubet, cuncti concurrite, Caesar,
Munera baptismi rite parare decet,
Candidolas vestes quales gestare decebit
Cristicolis, fontes, crismaque, seu latices.
Ordine hisgestis, sacris quoque rite paratis,
Caesar et Heroldus tecta sacrata petunt.
Caesar honore Dei Heroldum suscepit ab undis,
Vestibus albidulis ornat et ipse manu;
Judith reginam Heroldi pulcra induperatrix
Fönte levat sacro, vestibus atque tegit;
Hlutharius Caesar, Hludowici filius almi,
Heroldi natum sustulit a latice;
Regis honoratos proceres relevantque decorant,
Ast alias plures turba levavit aquis.
O Hludowici, Deo quantas das, magne, catervas!
$ 32 Taufe Haralds von Dänemark 217

In abgestufter Folge waren weiter auch die Rollen beim jeweiligen Gefolge ver-
teilt: Kaiserliche Hofleute versahen bei den dänischen Großen den Patendienst.
Mit weißen Taufgewändern angetan, betraten Harald und die Seinen dann den
Palast, wo in einem eigenen Akt die Übergabe der Patengeschenke erfolgte 9 .
Ludwig bekleidete Harald mit einer steinbesetzten, goldpurpurnen Chlamys,
schnallte ihm ferner Gürtel und Dolch um und setzte ihm sogar eine Krone auf;
auch Beinbekleidung und Handschuhe wurden überreicht. Judith legte der däni-
schen Königin ein weißes Gewand an, dazu noch Hals- und Armschmuck, und
auch sie krönte ihre Patentochter mit einer goldenen Binde. Zuletzt übergab der
Kaisersohn Lothar dem Sohn Haralds ein golddurchwirktes Gewand. Die über-
reichten Gewänder und ebenso die Kopfbekrönungen bildeten sowohl zum Tauf-
gewand wie auch zur liturgischen Kopfbinde, die zum Schutz der Hauptsalbung
getragen wurde, eine offenkundige Entsprechung, symbolisierten aber einen ein-
deutig politischen Gehalt: Im Anlegen des Königsornates mit Schwert, Gürtel
und Krönung vollzog sich zweifellos der altvertraute Einsetzungs- bzw. Adoptions-
ritus. Anschließend beschreibt Ermold den Zug zur Meßfeier. Die dabei erwähnten
Kleriker sind anscheinend alle der Hofkapelle zuzurechnen. Der Ire Clemens,
wahrscheinlich der Nachfolger Einhards als Leiter der Hofschule, führte die Grup-
pe der Priester an; Theuto fungierte als Chorleiter, und ein nicht näher bekannter
Adalvitus bahnte den Weg durch die Menge. Zur Rechten des Kaisers ging Hilduin,
9
Ebd. S. 172, V. 2252:
Vestibus albatus Herold, seu corde renatus,
Jam patris eximii Candida tecta subit.
Caesar ei celsus praegrandia munera donat,
Qualia Francorum gignere rura valent,
Consertam clamidem gemmis seu murice rubro,
Aureus in gyro quam quoque limbus arat.
Dat lateri insignem Caesar, quem gesserat, ensem,
Aurea quem comunt cingula rite data.
Aurea mox geminos constringunt vincla lacertos,
Foemora gemmatus balteus ejus obit;
Et caput insigni donatur rite corona,
Perstringuntque pedes aurea plectra suos;
Aurea per dorsum resplendent tegmina latum,
Ornanturque manus tegmine candidulo.
Munera praeterea matronae regia Judith
Congrua namque deditgratificumque decus,
Scilicet ex auro tunicam gemmisque rigentem,
Conficit äst qualem arte Minerva sua;
Aurea vitta caput gemmis redimita coronat,
Atque monile tegit pectora grande nova:
Flexilis obtorti per collum it circulus auri,
Armillaeque tenent brachia femineae;
Foemora lenta tegunt auro gemmisque peracta
Cingula, dorsum tegit aurea cappa suum.
Nee minus interea Hluttarius ornat amore
Heroldi natum vestibus aurigeris.
Caetera namque cohors Francisco more paratur,
Vestimenta sibi Caesar dmore dedit.
218 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

'Erzkaplan' und Abt von Saint-Denis, zur Linken der "erste Kanzler" Helisachar.
Der kaiserlichen Familie folgte der ehrwürdige Fridugis, ein Schüler Alkuins und
dessen Nachfolger in Tours 10 . Es muß sich demnach um eine Liturgie der Hof-
kapelle gehandelt haben und nicht, wie es das Kirchenrecht erfordert hätte, des
zuständigen Mainzer Erzbischofs. Dem kultisch-sakramentalen Mahl folgte noch
ein Festmahl 11 , an dem teilzunehmen immer freundschaftliche Verbundenheit
mit dem Herrscher bedeutete 12 . Den folgenden Tag verbrachte die Gesellschaft
auf der Jagd, an deren Ende sich Harald in die Hände Ludwigs kommendierte13 ;
es ist die ausführlichste Schilderung eines Handganges aus karolingischer Zeit.
Endlich erhielt Harald bei seiner Entlassung noch Priester und Mönche sowie
liturgisches Gerät zugewiesen, damit er sein Christsein auch zu praktizieren ver-
mochte 14 .
Für die Bewertung der in politische Vorgänge eingebetteten Tauf- und Paten-
handlungen bedeutet Ermolds Schilderung eine unschätzbare Hilfe. Denn nur er
liefert eine durchgängige Schilderung des ganzen Geschehens und zugleich jene
Vielzahl an Einzelzügen, die den genaueren Einblick in den konkreten Ablauf und
in die damit verbundenen Intentionen gestatten. Wie sich im Verlauf unserer
Untersuchung schon gezeigt hat, lassen zwar die Quellen bei der Erwähnung sol-
cher Taufen und Patenschaften immer eine Reihe gleichartiger Elemente durch-
blicken, aber in ihren inhaltlichen Angaben bleiben sie meist recht allgemein.
Genannt werden für gewöhnlich das Aufheben aus der Taufe, die Ehrung mit Ge-
schenken, zuweilen das gemeinsame Festmahl, gelegentlich auch die Erwähnung
der Pfalz, die Ort der Handlung gewesen ist, und vielleicht noch ein Hinweis
über Bündnisverhandlungen mit Anteilgabe an Land und Herrschaft oder über
Heiratsabsprachen. Dank Ermolds umständlicher, auch die Details benennender
Laudatio erhalten wir dagegen eine explizite Vorstellung, wie sie aus den formel-
haften Wendungen allein nicht zu entnehmen ist. Indem er als einziger die eher
andeutenden als vollauf beschreibenden Kurzformeln aufbricht, lehrt er uns,
hinter vergleichbaren Taufhandlungen, die nur in annalistisch knapper Form über-
liefert sind, mehr zu sehen, als auf den ersten Blick erkennbar wird. Ermold be-
stätigt, daß gerade bei weniger ausführlich bezeugten Taufen die Quellen auch auf
Andeutungen hin befragt werden müssen.
Um so dringlicher stellt sich die Frage, wie vertrauenswürdig der Dichter ein-
zuschätzen ist. Daß die Reichsannalen nur die Taufe, nicht aber von der Paten-
schaft berichten, braucht nicht zu befremden; bei der Taufe Widukinds halten
sie es genauso. Zudem ist Ludwigs Patenschaft über Harald durch andere Quellen,
zum Beispiel durch die Vita Anskarii, bestens abgesichert15. Dennoch hat man

10
Ebd. S. 174ff, V. 2280-2313. Die Angaben zu den Personen bei FLECKENSTEIN, Hof-
kapelle l (Register).
11
Ermoldus, Carmen 4 (ed. FARAL S. 178ff, V. 2338-2361).
12
HAUCK, Rituelle Speisegemeinschaft S. 611-621. S. auch § 13 Anm. 9-11.
13
Ermoldus, Carmen 4 (ed. FARAL S. 180ff, V. 2362-2491).
14
Ebd. S. 190, V. 2497-2501.
15
S. Anm. 36.
$ 32 Taufe Haralds von Dänemark 219

Ermolds Darstellung eine "farbenprächtige Schilderung"16 und im einzelnen eine


"übertriebene Darstellung"17 genannt, die "für die geschichtliche Beurteilung des
Ereignisses ohne Wert"18 sei. In der Tat ist zu bedenken, daß der Dichter kein
Augenzeuge war. Doch schreibt er in unmittelbarem Anschluß an die Ereignisse,
und mit Recht hat man darauf hingewiesen, daß gerade ihm, dem Verbannten,
alles daran liegen mußte, "genaue und konkrete Nachrichten möglichst aus erster
Hand zu erhalten und zu verwenden"; darum ist es schlecht denkbar, "daß Er-
mold den großen Vorrat an einzelnen Sach- und Personenauskünften für die Aus-
malung der herrscherlichen Szenen in Ingelheim erfunden habe" 19 . In einem
Punkt freilich hat er Unklarheit geschaffen: Da bei ihm nur Ingelheim genannt
wird, entsteht der Eindruck, als habe auch die Taufe dort stattgefunden, während
die Reichsannalen das Mainzer Albans-Kloster für diesen Akt nennen 20 . Aber eine
einzelne Ungenauigkeit sollte nicht daran hindern, seine Ausführungen mit erhöh-
ter Aufmerksamkeit zu beachten: "Seine dezidierte Beschreibung der Taufhand-
lungen verliert dadurch nicht an Wert." 21
Im Gegenteil, an den Mitteilungen über die Patenschaft läßt sich erweisen, daß
dieselbe vollauf der zeitüblichen Praxis entsprach. Wenn etwa Ermold von Tauf-
kleidern spricht, wird man sich daran erinnern müssen, daß just zu Beginn des 9.
Jahrhunderts der alte Brauch der Übergabe von Taufkleidern zu einem liturgi-
schen Akt ausgestaltet wurde 22 . Wichtiger noch ist die Bedeutung der Taufge-
schenke. Daß die Überreichung der kaiserlichen Gaben einer Herrscherinvestitur
gleichkam, ist bei einer gesonderten Betrachtung der einzelnen Gegenstände und
ihrer symbolischen Bedeutung mühelos aufzuweisen. Die Chlamys, der purpurne
antike Königsmantel, ist selbstverständlich dem Mittelalter bekannt gewesen und
hat auch als herrscherlicher Ornat gedient 23 . Die Umgürtung mit dem Schwert

16
SEMMLER, Corvey S. 304 Anm. 136.
17
ERNST, Nordostpolitik S. 105 Anm. 78.
18
HAUCK, Kirchengeschichte 2, S. 692 Anm. 7.
19
LAMMERS, Bildprogramm S. 246f.
20
Ebd. S. 248f; s. oben Anm. 6. Skeptisch CLASSEN, Königspfalz S. 99f: "Skeptischer stimmt
schon die Tatsache, daß der zur Zeit der Ereignisse in Straßburg verbannte Dichter Haralds
Taufe nach Ingelheim verlegt, den Ort der sakralen Feier mit dem der weltlichen Feste ver-
wechselnd. ... Da es keine Abtei und keine Stiftskirche dort gab, die Taufe Haralds in St. Alban
gefeiert und, vom Winter 787/88 abgesehen, keine Kirchenfeste in Ingelheim begangen wurden,
wird man eher an eine kleine Kapelle als an eine große Kirche — wie sie Ermold beschreibt —
denken wollen." — Immerhin hat es in Ingelheim eine Kapelle gegeben.
21
LAMMERS, Bildprogramm S. 249.
22
S. i 7 Anm. 65.
Wie sehr Ermold mit seiner Schilderung der königlichen Einkleidung Haralds dem damali-
gen Königsbrauch nahekommt, zeigen die Ornate der karolingischen Herrscher; Einhard, Vita
Karoli 23 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 25, S. 28 7 j: Peregrina vero indumenta, quamvis
pulcherrima, respuebat nee umquam eis induipatiebatur, excepto quod Romae semel Hadriano
pontifice petente et iterum Leone successore eius supplicante \onga tunica et clamide amictus,
calceis quoque Romano more formatis induebatur. In festivitatibus veste auro texta et calcia-
mentis gemmatis et fibula aurea sagum adstringente, diademate quoque ex auro et gemmis
ornatus incedebat. Aliis autem diebus habitus eius parum a communi ac plebeio abhorrebat;
Thegan, Vita Hludowici 19 (MGH SS 2, S. 595 ): Tunc nihil in illis diebus se induit praeter
220 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

gehörte zum Ritus der Waffenadoption und der Herrschaftseinsetzung24 wie über-
haupt zum herrscherlichen Repräsentationszeremoniell 25 . Die Krone galt späte-
stens seit Karl dem Großen als Königs- und Kaiserzeichen26 . Ermolds Schilderung
verdient gerade hier volles Vertrauen, steht sie doch in nächster Nähe zu einer
Mitteilung des Astronomus über die Königse'rhebung Karls, des jüngsten Sohnes
Ludwigs des Frommen: domnus Imperator filium suum Karolum armis virilibus,
id est ense, cinxit, corona regali caput insignivit, partemque regni ... id est Neu-
striam, attribuit27. Die bei dieser Investitur vollzogene Zuweisung eines Reichs-
teiles findet bei Harald ihre Entsprechung in der noch zu erörternden Belehnung
mit der Grafschaft Rüstringen.
Auffallen muß ferner eine gewisse Nähe des Patenschaftszeremoniells zur
byzantinischen Praxis: Die Übergabe von Krone und Chlamys trafen wir schon
bei Kaiser Justinian an, und eine parallele Personenzuordnung zwischen Paten-
familie und Tauffamilie wurde bei der Hunnentaufe unter Heraklios praktiziert.
Daß aber das Taufzeremoniell, das wir bei Harald vorfinden, "im Rückgriff auf

camisiam et femoralia nisi cum aura texta, lembo aureo, baltheo aureo praecinctus et ense
auro fulgente, ocreas aureas et clamidem cum auro textam, et coronam auream in capite
gestans, et baculum aureum in manu tenens. Die von Konrad I. an Heinrich I. übersandten Kö-
nigsinsignien sind nach Widukind folgende gewesen: Sumptis igitur his insigniis, lancea sacra,
armillis aureis cum clamide et veterum gladio regnum ac diademate, ito ad Heinricum (Widu-
kind, Res gestae I 25 [MGH SS rer. Germ, in us. schol. 60, S. 388]). S. auch SCHNEIDER,
Königswahl S. 218-226.
24
S. § 2 Anm. 25-27. Ludwig selbst wurde, als er — noch ein Kind — die aquitanische Herr-
schaft antrat, mit Waffen umgürtet und aufs Pferd gesetzt; Astronomus, Vita Hludowici 4
(MGH SS 2, S. 6095): armis accinctus, equo impositus et in Aquitaniam est ... transpositus.
Ludwigs Sohn Lothar erhielt bei seiner Kaiserkrönung am Osterfest 823 vom Papst neben der
Krone auch ein Schwert zur Verteidigung von Kirche und Reich; Vita Walae (ebd. S. 5646).· a
summa pontifice ... honorem et nomen suscepi imperialis officii, insuper diademata capitis et
gladium ad defensionem ipsius ecclesiae et imperii vestri; s. dazu EICHMANN, Kaiserkrönung l,
S. 47f. Auch im nordischen Bereich war die Schwertgürtung von besonderer Bedeutung: "Die
Jarle leisteten dem König einen Treueid und wurden in Form der Schwertgürtung und Schild-
umhängen in ihre Würde eingesetzt." (BUISSON, Staatsbildung S. 96). — Die Annales Fuldenses
berichten zum Jahr 873 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 79), wie dänische Gesandte
durch Überreichen eines Schwertes um Waffensohnschaft bitten: Optulerunt ... nuntiigladium
regi ... obnixe flagitantes, ut rex dominos suos in loco filiorum höhere dignaretur, et illi eum
quasi patrem venerari vellent. Noch Dudo von St. Quentin läßt Rollo den ihm vom englischen
König Alstelmus angeblich angetragenen Herrschaftsanteil zurückgeben mit den Worten: Reg-
num quod mihi ultra dedisti, per hunc mucronem, duodecim libras auri capulo habentem,
reddo tibi (Dudo von St. Quentin, De moribus et actis primorum Normanniae ducum II 19 (ed.
LAIR S. 160); weitere Beispiele bei BUISSON, Staatsbildung S. 128f.
25
Einhard, Vita Karoli 23 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 25, S. 284 J: gladio semper accinc-
tus, cuius capulus ac balteus aut aureus aut argenteus erat. Aliquoties et gemmato ense uteba-
tur, quad tarnen nonnisi in praecipuis festivitatibus vel si quando exterarum gentium legati
venissent. Aus dem Schatz Ludwigs des Frommen erhält Lothar ein besonders geschmücktes
Schwert mit der Auflage, Karl und der Kaiserin Judith die Treue zu wahren; Astronomus, Vita
Hludowici 63 (MGH SS 2, S. 647 ): Hlothario quidem coronam, ensem auro gemmisque
redimitum, eo tenore habendum misit, ut fidem Karolo et Judith servaret.
26
BRÜHL, Krönungsbrauch S. 305-321; SCHRAMM, Herrschaftszeichen 2, S. 384-389.
27
Astronomus, Vita Hludowici 59 (MGH SS 2, S. 64341); BRÜHL, Krönungsbrauch S. 301;
SCHRAMM, Herrschaftszeichen 2, S. 387.
$ 32 Taufe Haralds von Dänemark 221

byzantinische Tradition" und "gewiß unter byzantinischem Einfluß" gestaltet


worden sei 28 , kann angesichts der zahlreichen voraufgegangenen Beispiele nicht
ernsthaft in Betracht gezogen werden. Allenfalls könnte das junge abendländische
Kaisertum dem verpflichtenden Vorbild in Byzanz noch vollkommener zu ent-
sprechen gesucht haben. Aber auch dafür fehlen eindeutige Belege. Was Ermold
überliefert, ist ein Staatsakt, wie wir ihn im 9, Jahrhundert noch öfter antreffen:
Harald wurde — so dürfen wir im Vorgriff auf die spätere Terminologie bereits
sagen — 'consors regni' 29 . Solche Teilhaberschaft aber stand nur einem Christen
zu. Als geistlicher Vater half der Kaiser dem Dänen, ein Christgläubiger zu wer-
den, und als politischer Vater stattete er ihn, den neuen Sohn, anteilmäßig aus.
Der Kaiser handelte also in religiöser und zugleich politischer Funktion. Das er-
klärt auch die Parallelität von geistlicher und politischer Symbolhandlung, die für
so wichtig genommen wurde, daß man den Taufritus nach der eigentlichen Paten-
handlung unterbrach und durch die komplementären Symbolhandlungen politi-
scher Natur vervollständigte; erst dann konnte die Meßfeier fortgesetzt werden.
Gerade daran zeigt sich, wie sehr der Kaiser die Mitte sowohl des politischen wie
auch des religiösen Geschehens bildete. So war es auch nur konsequent, daß Geist-
liche seiner Hofkapelle (die man in eben diesen Jahren als kirchlich akephal zu
kritisieren begann 30 ) den priesterlichen Part ausführten. Als Eigenkleriker waren
sie hier nur Diener des Kaisers: Es sollte die doppelte 'fidelitas Dei et regis' zum
Ausdruck gebracht werden und nicht allein eine 'fidelitas ecclesiae'.
In der Patenschaft war Harald der geistliche und politische Sohn des Kaisers
geworden. Die Vita Anskarii kann darum sagen, der Kaiser habe den Dänenkönig
adoptiert, und dadurch sei zwischen den beiden eine besondere familiaritas her-
gestellt worden 31 . Ludwig mußte folglich Harald wie einen seiner Söhne behan-
deln. Wenn dieser dann vor dem Kaiser die Kommendation vollzog, also sich und
sein — allerdings noch zu eroberndes — Reich dem Kaiser zu Diensten auftrug,
und dabei Waffen, Pferd und die Grafschaft Rüstringen erhielt 32 , so stellte das

28
KRETSCHMAR, Ansgars Bedeutung S. 107; DERS., Ansgar S. 104.
29
S. $ 41 Anm. 7.
30
VOGEL, Vacua manus impositio S. 523; K.ÖHN, Militia curialis S. 236.
31
S. $ 41 Anm. 7.
32
Annales regni Francorum a. 814 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 141): Herioldus
rebus suis diffidens ad imperatorem venit et se in manus illius commendavit; Ermoldus, Carmen
IV (ed. FARAL S. 188, V. 2481):
Mox manibus junctis regt se tradidit ultra
Et secum regnum, quod sibi jure fuit.
Suscipe, Caesar, ait, me nee non regna subacta:
Spante tuis memet confero servitiis.
Caesar at ipse manus manibus suscepit honestis;
Junguntur Francis Danica regna piis.
Mox quoque Caesar ovans Francisco more veterno
Dat sibi equum nee non, ut solet, arma simul.
Festa dies iterum surgit renovata nitescens,
Francis et Denis concelebrata micat.
Interea Caesar Heroldum jamque fidelem
Munere donat opum pro pietate sua.
222 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

keineswegs einen Widerspruch zu seiner Sohnschaft dar. Denn "genau so verfuhr


... Ludwig der Fromme bei der Verteilung der Reichsprovinzen an seine Söhne,
die dann im staatsrechtlichen Sinne gleichfalls als Vasallen erscheinen"; "die Kom-
mendation [wurde] in jener Zeit schon zur Verstärkung der familienrechtlichen
Abhängigkeit verwandt"33. Demnach war Haralds Kommendation eine Bestär-
kung der bereits in der Patenschaft entstandenen familiaritas. Freilich darf man
das politische Alltagsgeschäft dabei nicht übersehen. Harald hatte schon seit Jah-
ren zusehen müssen, daß seine Sache vom Kaiser nur wenig unterstützt wurde.
So wird man seine Taufe tatsächlich eine "Flucht nach vorne" nennen können 34 .
Ermold freilich versuchte, diese politischen Implikationen herunterzuspielen:
Es sei dem Kaiser nicht um die Zugewinnung von Haralds Reich zu tun gewesen;
im Gegenteil, er habe ihn mit Waffengewalt unterstützen wollen, um ihm sein
eigenes Reich zurückzuerobern 35 . Die militärische Unterstützung seitens des Rei-
ches war aber für Harald zweifellos ein vorrangiges Motiv: Wenn er getauft sei,
so läßt die Vita Anskarii verlauten, dann sei auch die familiaritas zwischen ihm
und dem Kaiser größer, dann endlich könne ihm auch eine größere Hilfe zuteil
werden, denn beide verehrten gemeinsam den einen Gott 36 . Demnach begründete

Tllius äst prop ter tribuit sibi praedia fines,


Et loca vinifera multimodasque dapes.
Zur Schilderung des Handganges s. GANSHOF, Lehnswesen S. 26f; NEIFEIND, Verträge S.
71f. Daß ein Pferd unter den Geschenken des Kaisers erwähnt wird, erinnert an andere Waf-
fenadoptionen; s. S 2 Anm. 33.
33
MITTEIS, Lehnrecht S. 71.
34
ERNST, Nordostpolitik S. 94.
35
Ermoldus, Carmen IV (ed. FARAL S. 150, V. 1981):
Dona salutaris capiat de fönte sacrato,
Atque crucem Christi frontibus, opto, ferat.
Non, sua regna mihiut cedant, hoc consulo, credat,
Sed quo plasma del lucrificare queam.
Si cupit, ad nostras concurrat concitus arces,
Percipiat vero fönte lavacra dei.
Insuper ablutus, dapibus iuvatus et armis,
Mox sua regna petens vivat amore dei.
Ebd. S. 156, V. 2050:
Ebo redit gaudens, lucrisque propheta futuris
Aestuat, et regi Vota placenda refert,
Qualiter Heroldus, Denorum rector opimus,
Sacra lavacra dei suscipienda petat.
S. aber auch die Harald in den Mund gelegte Bemerkung (ebd. S. 170, V. 2228):
Idcirco ad vestrum properavi remige regnum,
Ut mihi vestra fides consociata forer.
36
Rimbert, Vita Anskarii 7 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 55, S. 26): Post haec vero conti-
git, ut Herioldus quidam rex, qui partem tenebat Danorum ... regno suo expulsus sit. Qui sere-
nissimum adiit imperatorem Hludowicum, postulans, ut eius auxilio uti mereretur, quo regnum
suum denuo evindicare valeret. Qui eum secum detentum tarn per se quam per alias ad susci-
piendam christianitatem cohortatus, quod scilicet inter eos ita maior familiaritas esse posset,
populusque christianus ipsi ac suis promptiori voluntate in adiutorium sic veniret, si uterque
unum coleret Deum, tandem gratia divina tribuente ad fidem convertit, et sacro baptismate
perfusum ipse de sacro fönte suscepit sibique in filium adoptavit. NEIFEIND, Verträge S. 77f.
§33 Erzbischof Ansgar in Hamburg und Bremen 223

erst die vollständige religiöse Gemeinschaft eine wirkliche politische Handlungs-


gemeinschaft. Um ein rechter 'fidelis regis' zu sein, mußte man zuvor ein 'fidelis
Dei' werden. Daß Ermold am Ende auch noch der Entsendung von Geistlichen
gedenkt, macht deutlich, daß ihm trotz aller Panegyrik die essentiellen Punkte
bewußt waren. Aus Rimberts Lebensbeschreibung des heiligen Ansgar wissen wir,
welche Mühe es den Kaiser kostete, einen geistlichen Begleiter für Harald ausfin-
dig zu machen. Auf einer Reichsversammlung benannte Wala, Abt von Corbie,
seinen Mönch Ansgar, dem sich noch ein zweiter namens Autbert anschloß 37 .
Ansgar selbst scheint dabei vom Martyriumsverlangen motiviert gewesen zu sein38.
Seine Mission scheiterte allerdings so rasch, wie sich Haralds dänische Ambitionen
zerschlugen39 . Seit 827 blieb ihm und seinen missionarischen Begleitern die Gren-
ze Dänemarks verschlossen. Für Ansgar eröffnete sich freilich überraschend schnell
ein anderes Arbeitsfeld: Schweden 40 . Die Reichskirche sah sich dabei zu großen
Hoffnungen veranlaßt: Ansgar wurde Erzbischof.

§ 33 Erzbischof Ansgar in Hamburg und Bremen

Wie uns die Reichsannalen mitteilen, besaß Ebo von Reims — von Geburt ein
Sachse und unfreier Herkunft 1 — für seine bereits erwähnte Missionsreise2 die
auctoritas des Papstes. Einem Brief Paschalis' I. (817-824) zufolge erhielt Ebo in
Rom am Petrusgrab den Predigtauftrag: evangelizandi publica auctoritate liberam
... facultatem3. Auch Ansgar bezeugt noch Jahre später diese publicam evangeli-
zandi licentiam, die Ebo von Paschalis in Rom für den Norden erhalten hat 4 .
Beide Quellen sprechen von einer legatio5, weswegen Ebo als Missionslegat anzu-
sehen ist 6 .
Nun berichtet Rimbert in seiner Vita Ansgars, daß dieser nach einer Missions-
reise zu den Schweden den Kaiser aufgesucht habe, der angesichts der positiven
Nachrichten sofort entschlossen gewesen sei, den alten Plan seines Vaters zu ver-
wirklichen, nämlich in Hamburg ein Erzbistum für den Norden zu errichten; Dro-
go von Metz habe zusammen mit anderen Erzbischöfen, unter ihnen auch Ebo von
Reims, Ansgar zum Erzbischof geweiht 7 . Darüber hinaus liegt eine Urkunde
37
SEMMLER, Karl der Große S. 285.
38
LAMMERS, Missionsauftrag S. 541-558.
39
Annales regni Francorum a. 827 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 173); Anonymus,
Vita Hludowici 42 (MGH SS 2, S. 63l 36 ).
40
JANKUHN, Missionsfeld Ansgars S. 213-221.

1
HE1DRICH, Ebo von Reims S. 247ff; MCKEON, Ebbo of Reims S. 437-447.
2
S. § 32 Anm. 5.
3
Paschalis I., Ep. 11 (MGH Epp. 5, S. 70 1 ).
4
Ansgar, Epistula (ebd. 6, S. 163 12 ).
5
Ebd. S. 16314; Paschalis ., . 11 (ebd. 5, S. 70 16 ).
6
SEEGRÜN, Papsttum S. 20ff; DERS., Erzbistum Hamburg S. 26ff; DRÖGEREIT, Erzbistum
Hamburgs. 139f.
7
Rimbert, Vita Anskarii 12'(MGH SS rer. Germ, in us. schol. 55, S. 33f).
224 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Gregors IV. (827-844) vor, welche die Bistumsgründung bestätigt, anschließend


die Erhebung zum Erzbistum ausspricht, dabei Ansgar das Pallium verleiht und
ihn zusammen mit Ebo zum Missionslegaten für den Norden ernennt 8 . Ähnliches
weiß eine Urkunde Ludwigs des Frommen vom 15. Mai 834 zu berichten, die in
der Schilderung der kirchlichen Anfänge Hamburgs noch weiter ins Detail geht,
dann von Ansgars Erzbischofswahl berichtet und ihm zuletzt durch den Kaiser
und die römische Kirche die Legation zur Mission ausspricht 9 .
Die Forschung hat aufgrund dieser drei Quellen folgendes Bild entworfen:
Ludwig der Fromme habe, wohl im Spätherbst 831, das Bistum Hamburg ge-
gründet und Ansgar durch Erzbischof Drogo von Metz, wahrscheinlich am 10.
oder 11. November auf dem Reichstag zu Diedenhofen, zum Bischof weihen las-
sen; der Kaiser habe dann Ansgar nach Rom gesandt, wo ihm das Pallium erteilt
und Hamburg zum Erzbistum erhoben worden sei10. Das verheißungsvoll begon-
nene Werk aber habe 845 einen fast tödlichen Schlag erlitten; damals nämlich zer-
störten Normannen die Hammaburg11 . Ansgar habe dort fortan keine Wirkmög-
lichkeiten mehr gesehen; er sei Bischof von Bremen geworden mit der Folge, daß
auch der Sitz des Erzbistums hierhin verlegt worden sei. Aus der Tatsache, daß
aber Bremen Suffragan von Köln war, sei dann jene fast unabsehbare Folge von
Verwicklungen entstanden, wie sie die Geschichte von Hamburg und Bremen
kennzeichnen.
In diese rechtlichen und politischen Auseinandersetzungen sind schon früh
auch die Hamburger und Bremer Urkunden hineingezogen worden. Der alte Streit
um deren Echtheit ist nun jüngst neu entfacht worden. Galten die oben ausge-
werteten Quellen bislang als weitgehend gesichert, so hat R. Drögereit schwere
Zweifel geäußert und ihre historische Aussagekraft negiert 12 . Sein Ergebnis lautet:
"Ein Bistum Hamburg hat es sicherlich nicht gegeben"13 ; ja, das Erzbistum sei
"eine bewußte Fiktion"14. Und für Ansgars Stellung folgert er, daß dieser zu-
nächst nur Missionsbischof für Dänemark gewesen sei. Als solcher habe er noch
an der Mainzer Synode von 847 teilgenommen15. Wahrscheinlich am 9. Septem-
8
CURSCHMANN, Papsturkunden des Erzbistums Hamburg Nr. l S. 13-17; MAY, Regesten
Nr. 18 S. 8.
9
Jüngste Edition: REINCKE, Hamburger Fälschungen S. 67-72. S. auch SEEGRÜN, Erzbistum
Hamburgs. 13 (BM 928).
10
So KRETSCHMAR, Ansgar S. 73-117; GÖBELL, Christianisierung des Nordens S. 74ff;
LAMMERS, Ansgar S. 92-97.
11
Rimbert, Vita Anskarii 16 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 55, S. 37f); GÖBELL, Christia-
nisierung des Nordens S. 75ff; RICHTER, Hamburgs Frühzeit S. 25-28, 37-40.
12
DRÖGEREIT, Erzbistum Hamburg S. 140-178.
13
Ebd. S. 183.
14
DERS., Ansgar S. 126.
15
Im einzelnen argumentiert R. DRÖGEREIT (Erzbistum Hamburg S. 144): Daß Ebo und zu-
gleich Ansgar als Erzbischöfe für den Norden hätten bestimmt werden können, scheine undenk-
bar: " Z w e i Erzbischöfe für die e i n e Mission". Ein wichtiges Argument ist ihm dann das
Protokoll der Mainzer Synode vom 1. Oktober 847, wo Ansgar unter den Suffraganen von
Mainz aufgeführt ist; Conc. Moguntinum a. 847 (MGH Capit. 2/1, S. 17321): Rabanus videlicet
Magcmtiacensis ecclesiae indignus archiepiscopus cum coepiscopis meis, qui adpraedictae eccle-
siae diocesim pertinent, hoc est: Samuele, Gozbaldo, Baturato, Hebone, Gozprahto, Hemmcme,
§ 33 Erzbischof Ansgar in Hamburg und Bremen 225

ber 848 sei er dann Bischof von Bremen geworden 16 , und wohl erst kurz vor sei-
nem am 3. Februar 865 erfolgten Tod, nämlich am 31. Mai 864, habe er das Pal-
lium erhalten 17 . Tatsächlich bezeichnet Ansgar selbst sich in einem an die Bischö-
fe des Ostreiches gerichteten Begleitschreiben zu einer verlorengegangenen Schrift
über Ebos nordische Mission als Erzbischof 18 . Nach Drögereit ist aber keinesfalls
an einen Erzsitz Hamburg oder Bremen zu denken, sondern an das Amt eines
Missions-Erzbischofs. Er verweist auf den unverdächtigen Brief Papst Nikolaus' I.
(858-867), der tatsächlich davon spricht, daß der Bremer Bischof an dem ge-
nannten Ort Bremen die Gewalt und Würde des Erzbistums über Dänen und
Schweden innehaben solle19 . Demgegenüber verteidigt W. Seegrün die traditionel-
le Deutung und hält am Erzbistum Hamburg mit Entschiedenheit fest. Er macht
geltend, daß schon in dem soeben zitierten und wirklich ganz unverdächtigen
Nikolausbrief eine Berufung auf Papst Gregor IV. erfolge20 . Gleichfalls finde sich
eine solche Berufung in dem bislang unumstrittenen Pallienprivileg für Ansgars
Nachfolger Rimbert 21 . Aus diesen und noch weiteren Gründen hält Seegrün die
Echtheit der anfangs zitierten Gregor-Urkunde für gesichert22 und damit auch die
Gründung des Erzbistums Hamburg zu Beginn der dreißiger Jahre. Immerhin muß
auch er zugeben: "Ansgar, der erste Hamburger Erzbischof, hat, soweit wir sehen,
den Titel 'von Hamburg' für sich nicht in Anspruch genommen."23 Seit Rimbert
(865-888) aber sieht er den Titel 'Erzbischof von Hamburg' zweifelsfrei belegt;
so in der echten Pallien-Urkunde Nikolaus' L: Rimberto, archiepiscopo hamma-
burgensi2* ; weiter dann in einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs Liutbert für
Corvey und Herford aus dem Jahre 888, wo Rimberts Nachfolger Adalgar (888-
909) unterzeichnet hat als ecclesie Hammaburgensis archiepiscopus25. Drögereit
hingegen erhebt gegen beide Urkunden, sowohl die von Nikolaus I. wie die von
Liutbert, Einwände, so daß sie ihm nichts für die Frage nach dem Erzbischof von
Hamburg hergeben 26 . Vielmehr streicht er heraus, daß in einem Diplom König

Waltgario, Ansga.no, Otgario, Lantone, Salomone et Gebeharto. DRÖGEREIT (Erzbistum Ham-


burg S. 182f) folgert, daß Ansgar damals weder Bischof von Bremen noch von Hamburg gewe-
sen sei, sondern eben "Missionsbischof'; die Mission habe seit Ebos Ausscheiden offenbar unter
der Aufsicht des Metropoliten im Ostreich, des Mainzer Erzbischofs, gestanden.
16
DRÖGEREIT, Erzbistum Hamburg S. 184f.
17
Ebd. S. 203, 206f.
Ansgar, Epistula (MGH Epp. 6, S. 1637): Ansgariusgratia Dei archiepiscopus.
Nicolai I papae epp. 26 (ebd. S. 291 J.· Ut episcopus Bremonensis, licet a Gunthario haec
non potuerit dari licentia nee ab eo tale quid peti debuerit, tarnen pro amore domni regis, quia
pia est eins petitio, cum nostra auctoritate in praedicto loco Bremon potestatem et honorem
archiepiscopatus supter Danos et Swevos habeat ... DRÖGEREIT, Erzbistum Hamburg S. 195ff.
20
SEEGRÜN, Fiktion S. 11.
21
CURSCHMANN, Papsturkunden des Erzbistums Hamburg Nr. 6 S. 26f; MAY, Regesten Nr.
53 S. 16.
22
SEEGRÜN, Erzbistum Hamburg S. 28-35.
23
Ebd. S. 23.
24
CURSCHMANN, Papsturkunden des Erzbistums Hamburg Nr. 6 S. 26; MAY, Regesten
Nr. 53 S. 16.
25
STIMMING, Mainzer Urkundenbuch l, Nr. 167 S. 103.
26
DRÖGEREIT, Erzbistum Hamburg S. 207-218.
226 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Arnulfs aus dem Jahre 888, an dessen Originalität nach P. Kehrs editorischer Vor-
bemerkung kein Zweifel sein kann, der archiepiscopus Rimpertus ecclesiae vide-
licet Bremensis angesprochen wird 2 7 ; also: Rimbert als Erzbischof von Bremen,
nicht aber von Hamburg.
Die Frühgeschichte Hamburgs scheint demnach mit nur noch vagen Strichen
skizziert werden zu können. So schreibt denn auch K. Richter in der jüngst
publizierten Geschichte Hamburgs: Eine gewisse Wahrscheinlichkeit spreche dafür,
daß Kaiser Ludwig der Fromme 831 in Hamburg ein Bistum errichtet habe, das
dem Erzbistum Mainz unterstellt gewesen sei. Ansgar, der erste Bischof, habe über
einen sehr kleinen Sprengel verfügt, sei aber darüber hinaus für die Dänenmission
zuständig gewesen 28 . Nach der Katastrophe von 845 hätten Ludwig der Deutsche
und die führenden Bischöfe seines Reiches im Jahre 848 das Bistum Hamburg mit
dem Bistum Bremen vereinigt und dabei Ansgar die seit 845 vakante Bremer Sedes
übertragen. Spätestens seit 864 aber sei Bremen Erzbistum gewesen29.
Demgegenüber zeigt die neue Übersicht über die frühen Hamburger Urkunden
in der von W. Seegrün und Th. Schleifer bearbeiteten Germania Pontificia ein
entschieden günstigeres Bild. Als völlig unverdächtig gilt Gregors IV. Urkunde von
832 mit ihren höchst wichtigen Aussagen: die schon von Karl dem Großen beab-
sichtigte und dann von seinem Sohn Ludwig verwirklichte Bistumsgründung,
ferner die Weihe Ansgars als des 'ersten nordalbingischen Bischofs' durch Drogo
von Metz, dann die Verleihung des Palliums an Ansgar und endlich die ihm und
Bischof Ebo von Reims ausgesprochene Bestätigung als Legaten für den Norden.
Für Hamburg aber hat der Papst darin verordnet: sedem Nordalbingorum Ham-
maburg dictam archiepiscopalem deinceps esse decemimus30. Damit kann das
neuerliche Bellum Diplomaticum als entschieden gelten> zumal von Nikolaus I.
neben dessen Palliumsbestätigung für Rimbert auch noch eine im Mai 864 ausge-
stellte Urkunde als zuverlässig gilt; diese aber bezieht sich auf die Urkunde Gre-
gors IV. und bestätigt deren Mitteilungen 31 .
Für uns ist wichtig, daß das seit Ansgar bezeugte Erzbistum vor allem auf die
Mission der nördlichen Völker, die dabei zahlreich benannt werden, ausgerichtet
war 32 . Damit aber verfolgte die deutsche Reichskirche unverkennbar ein imperia-
les Ziel: Nicht eigene Erzbistümer für Dänemark und die anderen Nordvölker,
sondern allenfalls nur jeweils ein Bistum, das dann dem deutschen Erzbistum
unterstellt werden sollte. Die politischen und kirchenrechtlichen Auseinander-
setzungen der Folgezeit, die uns noch beschäftigen werden, entsprangen tatsäch-
lich dem Anspruch des Erzbistums Hamburg-Bremen auf den gesamten skandina-
vischen Norden.

27
DA 27 (MGH Dipl. reg. Germ. Karol. 3, S. 40 10 ); dazu DRÖGEREIT, Erzbistum Hamburg
S. 215f.
28
RICHTER, Hamburgs Frühzeit S. 36.
29
Ebd. S. 39.
30
SEEGRÜN - SCHIEFFER, Germania Pontificia 6, Nr. 11 S. 25f; CURSCHMANN, Papst-
urkunden des Erzbistums Hamburg Nr. la S. 14.
31
SEEGRÜN - SCHIEFFER, Germania Pontificia 6, Nr. 21 S. 31f; s. auch ebd. S. 12f.
32
S. die Übersicht bei SEEGRÜN, Erzbistum Hamburg S. 110.
$ 34 Baiern 227

§ 34 Baiern

Baiern hat im Karolingerreich eine relativ eigenständige Rolle einzunehmen


vermocht: zunächst als — freilich untergebenes — Herzogtum, dann als Kernland
der ostfränkischen Karolinger. Diese Stellung reflektiert sich auch in der Kirchen-
und Missionspolitik.
Wilhelm Levison hat mehrfach darauf hingewiesen, daß es die Angelsachsen
gewesen sind — und als erster Willibrord —, die das Konzept des Erzbistums auf
den Kontinent übertragen haben 1 . Wenngleich die Gründung von Erzbistümern
weder in der Friesenmission noch in den Gebieten östlich des Rheins Gestalt
annahm, so hat sich diese für den Kontinent neue Idee doch schon bald in der
Kirchenpolitik bemerkbar gemacht. Das Bemühen um ein Erzbistum erscheint
fortan sogar an Brennpunkten des politischen Geschehens. Es tritt überall dort in
Erscheinung, wo es um die Schaffung einer eigenständigen politischen Herrschaft
geht. So wird berichtet, daß der bairische Herzog Theoto 716 nach Rom kam und
dort den Plan für eine "bairische Landeskirche" erörterte2 . Entsprechend der
Herrschaftsgebiete der einzelnen Herzöge — das Land war damals aufgeteilt3 —
sollten drei oder vier Bischofssitze errichtet werden; der vorzüglichste Sitz aber
sollte einem Erzbischof vorbehalten bleiben4. Die politischen Nebenziele, die
dem Plan anhaften, verfolgten augenscheinlich ein Doppeltes: Einmal die innere
Verklammerung der Landesteile mittels eines Erzbistums; obwohl die Bistümer
den politischen Unterteilungen entsprachen, blieben sie doch unter der praecipua
sedes zusammengefaßt. Zum anderen sollte zweifellos jene kirchliche Eigenstän-
digkeit herbeigeführt werden, die nur mit einem Erzbischof möglich war, um so
die politische Unabhängigkeit nach innen und außen zu stärken. Eine solche Poli-
tik mußte sich vor allem gegen die Franken richten, und so dürfte es kein Zufall
sein, daß Theoto gerade zu jenem Zeitpunkt in Rom erschien, als die fränkische
Macht infolge innerer Auseinandersetzungen nach dem Tod Pippins des Mittleren
empfindlich geschwächt war 5 . So weit wir sehen, ist aber der Plan von 716 nicht
verwirklicht worden.
1
LEVISON, England S. 62; DERS., Willibrord S. 325.
2
Gregorii II papae decretales (MGH LL 3, S. 451ff); REINDEL, Agilolfinger S. 164f; WOLF-
RAM, Agilolfmger S. 134f.
3
REINDEL, Agilolfinger S. 122.
Gregorii II papae decretales (MGH LL 3, S. 452 ): Ut consideratis locorum spaciis iuxta gu-
bernationem uniuscuiusque ducis episcopia disponatis et dyocesane subiacentia singulis sedibus
terminetis. Et si tres aut quatuor vel maiores numeri visae fuerint constitui sedes, reservato
praecipuae sedis loco pro archiepiscopo resedendo, adhibito trium episcoporum conventu pro-
babiles fide ac boni testimonii et erv.ditos sana doctrina viros ordinetis antistites ex auctoritate
beati Petri apostoli et nostra subseqnentis vigoris tradita dispensatione locis eos traditis conlo-
cantes. Ut praeviso propter archiepiscopum loco, si talem reperire potueritis virurn, qui possit
doctrinis salutiferis et operum exemplis instruere sibi subditos sacerdotes ac regere prudentissi-
me clerum ac plebem et amplificare congrue creditas oves, aut datis litteris vestris eum adnos
dirigatis, aut vobiscum venire faciatis. Si certe talem invenire non poteritis, hoc aut per vos aut
per vestras litteras innotescatis, quatenus de hoc sancta praemissa sede praevidentes utilem cum
Dei auxilio dirigamus.
5
WOLFRAM, Rupert S. 20.
228 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Wohl wirkte damals der heilige Corbinian im Lande, der nach dem Zeugnis
seiner Vita in Rom die Predigtvollmacht und die Bischofsweihe erhalten haben
soll6. Auffälligerweise stellt ihn die Vita auch als einen Vertrauten Pippins hin 7 .
Später — wahrscheinlich nach Karl Martells Baiernfeldzug im Jahre 725 — hat
Herzog Hukbert ihn, der inzwischen vertrieben worden war, zurückgeholt und
'sich ihm durch das Band des heiligen Brunnens verbunden', also mit ihm eine
Kompaternität geschlossen8. Daß bei alledem weiterhin eine unmittelbare Ver-
bindung zwischen bäurischer Kirche und Papsttum bestehen blieb, scheint sich
darin anzuzeigen, daß Bonifatius einen von Gregor III. geweihten Bischof namens
Vivilo antraP.
Der Angelsachse war es dann, der die endgültige Aufgliederung in festumgrenz-
te Diözesen vollzog. Bei seinem dritten Romaufenthalt im Jahre 738 übergab ihm
Gregor III. einen Brief an die 'Bischöfe, welche in der Provinz der Baiern und in
Alemannien eingesetzt sind', um dieselben zu einer Reformsynode an der Donau
oder in der Stadt Augsburg zusammenzurufen 10 . Wenn es wirklich, wie Erich
Caspar vermutet hat, "der Plan einer konstituierenden Synode des apostolischen
Vikars für eine römische Kirchenprovinz der rechtsrheinischen christlichen Gebie-
te nichtfränkischer Stammeszugehörigkeit" war11 , ist wiederum die politische
Brisanz offenkundig. In Wirklichkeit aber wurde die bairische Kirche so geordnet,
daß sie nicht "autokephal" wurde: Vier Bischofssitze entstanden, jedoch kein
Erzsitz 12 . Der päpstliche Legat Bonifatius, den Karl Martell an sich gebunden
hatte, behielt weiterhin die Oberaufsicht 13 . Damit war die Konstituierung einer
eigenen bairischen Landeskriche vereitelt 14 . Daß diese Regelung weit hinter den
bairischen Intentionen zurückblieb, kann an dem Faktum ermessen werden, daß
Herzog Odilo (+ 748) in den Jahren, als nach dem Tode Karl Martells (+ 741)
die Herrschaft an Karlmann und Pippin überging, sich einen eigenen päpstlichen
Legaten namens Sergius zu besorgen wußte, der sogar Karlmann und Pippin bei

6
Arbeo, Vita Corbiniani 9 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 13, S. 19710): Recepto palleo
cum sanctiones beati principis apostolorum Petri: ubique praedicationis officium exercere per
Universum orbem potuisset, ex tanti patris relations potestatem habuisset, cum suo diligentissi-
me denotata Galliis brivilegio reversus est. S. LÖWE, Corbinians Romreisen S. 409-420: Das
pallium bedeutet hier nur Tuchumschlag für eine Urkunde.
7
Arbeo, Vita Corbiniani 10 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 13, S. 197f).
8
Ebd. 32 (S. 224 10 ); REINDEL, Agilolfinger S. 123f, 151f.
Bonifatii epp. 45 (MGH Epp. sei. l, S. 72 5 ): Uiuilo, quern nos ante tempus ordinavimus ...
[Brief Papst Gregors III.]; REINDEL, Agilolfinger S. 164f.
10
Bonifatii epp. 44 (MGH Epp. sei. l, S. 70f).
11
CASPAR, Papsttum 2, S. 704; LÖWE, Bonifatius S. 96-100. S. auch SCHIEFFER, Winfrid-
Bonifatius, Nachwort zum Neudruck, S. 332f.
12
SCHIEFFER, Winfrid-Bonifatius S. 181-185; REINDEL, Agilolfinger S. 164-170; WOLF-
RAM, Agilolfinger S. 135ff.
13
JARNUT, Odilo S. 278ff.
14
LÖWE, Bonifatius S. 100; s. auch JARNUT, Odilo S. 280: "Die Struktur dieser mit Billi-
gung Odilos auf der Basis alter herzoglicher Pläne reorganisierten Kirche, die unter Leitung eines
päpstlichen Legaten stand, dessen Schutzherr der fränkische Hausmeier war, beruhte auf einem
Kompromiß zwischen bayerischen, fränkischen und päpstlichen Interessen."
$ 35 Karantanen 229

ihrem bairischen Unterwerfungszug im Jahre 743 entgegentrat 15 . Dieser Legat


war allerdings kein Erzbischof, sondern nur Presbyter. Auch Bonifatius scheint
von ihm überrascht gewesen zu sein. Es klingt fast wie eine Verlegenheit, wenn
Papst Zacharias in einem Brief vom 5. November 744 auf die Anfrage des Angel-
sachsen bezüglich seiner bairischen Vollmacht antwortete, daß diese keineswegs
gemindert sei, sondern sogar weiter auf ganz Gallien ausgedehnt werde 16 . Den-
noch blieb die Stellung des "Päpstlichen Vikars" in Baiern schwierig. Der von Kö-
nig Pippin nach Salzburg entsandte Ire Virgil17 fand offenbar rasch das Ohr Her-
zog Odilos, denn Bonifatius sah sich beim Papst zu der Klage veranlaßt, daß Virgil
gegen ihn arbeite und bei Odilo sogar gegen den Papst hetze 18 . Tatsächlich ent-
spricht es aller historischen Wahrscheinlichkeit, daß Odilo und ebenso Virgil an
einem von den Franken und damit auch von Bonifatius unabhängigen Kirchenre-
giment interessiert gewesen sein dürften.
Wiewohl im fränkisch-bairischen Verhältnis keine Herrschertaufe mit einem
politischen Patronat aufzuweisen ist, zeigen sich doch wichtige Elemente, wie sie
ansonsten im Gefolge des politischen Taufpatronates anzutreffen sind: das Bemü-
hen um ein eigenes Erzbistum und der Rückhalt beim Papst zur Sicherung der po-
litischen Selbständigkeit.

§ 35 Karantanen

Gleichwohl hat in der bairischen Geschichte des 8. Jahrhunderts die Taufe an-
derer Herrschwer eine bereits bedeutsame Rolle gespielt: Die Baiern selbst wand-
ten sie bei der Errichtung ihrer Oberhoheit über die Karantanen und deren Missio-
nierung an. Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum, die allerdings erst 871
entstanden ist1 , überliefert dazu ausführliche und höchst instruktive Nachrich-
ten 2 . Als nämlich vor der Mitte des 8. Jahrhunderts die Awaren im Ostalpenraum

15
Annales Mettenses priores a. 743 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 10, S. 3412J: Captus est
autem in eodem prelio Sergius presbiter, missus domni Zachariae papae, quipridie quam bellum
committeretur ab Ogdilone Carolomanno et Pippino directus fuerat falsoque ex auctoritate
domni apostolici bellum interdixerat et quasi ex precepto supradicti pontificis Francos a Ba-
wariis discedere persuaserat. LÖWE, Bonifatius S. 100-104.
1
Bonifatii epp. 58 (MGH Epp. sei. l, S. 107 ): Et quia, si deberes in Baioarie provinciam
ius habere predicationis, sciscitasti, an non, quam a decessore nostro habuisti concessam: nos ...
et predecessor noster, non minuimus, sed augemus. Et non solum Baioariam, sed etiam omnem
Galliarum provinciam ...
17
WOLFRAM, Agilolfinger S. 138-150; KOLLER, Iren S. 365-373; KAHL, Rolle der Iren
S. 376f.
18
Bonifatii epp. 80 (MGH Epp. sei. l, S. 17820J.· Nam et hoc intimatum est a tua fraterna
sanctitate, quod Virgilius ille, — nescimus si dicatur presbiter —, malignatur adversum te ...
inmissiones faciens Otiloni duci Baiubariorum, ut odium inter te et illum seminaret...

WOLFRAM, Conversio Bagoariorum et Carantanorum S. 9-18.


2
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 4 (ed. WOLFRAM S. 42). Ausführlich zur Karan-
tanen-Mission ebd. Kommentar S. 70-115; WALDMÜLLER, Slawen S. 487-515; DERS., Bairi-
230 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

begonnen hatten, die Karantanen zu beunruhigen, wandte sich deren Herzog Bo-
ruth an Odilo von Baiern. Vereint vermochten die beiden die Awaren zu schlagen,
mit der Folge allerdings, daß der Slawenstamm eine bairisch-fränkische Oberho-
heit anerkennen mußte. Datiert werden diese Vorgänge "um 740" 3 ; jedenfalls
sind sie vor 743, dem Jahr des bairisch-fränkischen Kampfes auf dem Lechfeld,
anzusetzen. Unter den Geiseln, die von Boruth gefordert wurden, befanden sich
sein Sohn Gorazd (Cacatius) wie auch sein Neffe Hotimir (Cheitmar)4 . Der Vater
habe, wie die Conversio noch zu wissen glaubte, darum gebeten, daß die beiden
getauft und christlich erzogen würden 5 . Die eigene Taufe zu erbitten, hat sich
der Herzog offenbar nicht genötigt gesehen. Erneut stoßen wir auf jenes gespal-
tene Vater-Sohn-Verhältnis, wie es bereits mehrfach in der angelsächsischen Be-
kehrungsgeschichte anzutreffen war, hier nur in umgekehrter Version. An wel-
chem Ort die karantanischen Prinzen ihre Taufe erhielten wird nicht mitgeteilt.
Die christliche Erziehung wurde ihnen auf der Auua im Chiemsee zuteil, wo da-
mals vielleicht schon ein Kloster oder eine eigens eingerichtete "Missionszentrale"
bestand 6 . Alle Anzeichen sprechen dafür, daß die Bekehrung von Erfolg war.
Denn nach Boruths Tod wurde dessen Sohn Gorazd, nunmehr Christ, von den
Karantanen zurückerbeten7 . Einen eigenen Herzog zu haben, war also den Karan-
tanen weiterhin zuerkannt, weswegen ihnen "im Innern eine gewisse Selbständig-
keit" erhalten geblieben sein muß8 . In welchem Maße allerdings politische Impli-
kationen bei der Benennung dieses Herzogs im Spiel waren, zeigt die Bemerkung,
die Baiern hätten Gorazd auf Befehl der Franken heimgeschickt. Als Zeitpunkt
dürfte dafür frühestens 749, das Jahr der Niederwerfung Grifos, anzunehmen
sein9. Bairische Missionspolitik konnte also nicht ohne höheres Wissen und Wol-
len geschehen. Gorazd aber starb bereits nach drei Jahren. Nun war Hotimir an
der Reihe. Auch er wurde von den Karantanen zurückerbeten und gleichfalls
mit einer höheren Orts, nämlich von König Pippin, ausgesprochenen Erlaubnis
heimgeschickt 10 . Er hielt trotz heftiger heidnischer Reaktion an seinem Glauben
fest.

sehe Slawenmission S. 111-127; VILFAN, Cristianizzazione S. 895-898; KUHAR, Slovenes S.


29-34.
3
WOLFRAM, Agilolfinger S. 137, 145; DERS., Conversio Bagoariorum et Carantanorum S.
77f.
Zu den slawischen Namen s. KRONSTEINER, Alpenslawische Personennamen S. 21: Boruth
— 'kämpfen'; S. 41: Gorazd — 'erfahren', 'besonnen'; S. 29: Hotimir — 'will'.
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 4 (ed. WOLFRAM S. 42): Duxeruntque inde secum
obsides in Bagoariam. Inter quos erat filius Boruth nomine Cacatius, quern pater eius more
christia.no nutrire rogavit et christianum facere; sicut et factum est. Et de Cheitmaro filio fra-
tris sui similter postulavit. S. ebd. Kommentar S. 86f.
Die Anfänge der Inselklöster im Chiemsee sind nicht eindeutig zu fassen; ATSMA, Geschichte
der Chiemsee-Klöster S. 43-57; PRINZ, Frühes Mönchtum S. 432f.
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 4 (ed. WOLFRAM S. 42): Mortuo autem Boruth
per iussionem Francorum Bagoarii Cacatium iam christianum factum petentibus eisdem Scla-
vis remiserunt, et illi eum ducem fecerunt.
* MORO, Politische Stellung Karantaniens S. 82.
9
WOLFRAM, Conversio Bagoariorum et Carantanorum S. 87; DERS., Agilolfinger S. 145.
10
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 4 (ed. WOLFRAM S. 42): Sed ille postea tertio
$ 35 Karantanen 231

Für uns sind gerade manche Einzelheiten, die hier sichtbar werden, von Belang.
Ein nach Salzburg gehöriger Priester namens Lupo war Hotimirs Taufpate. Er hat
seinen Täufling auf der Chiemsee-Insel erzogen und gab ihm dann den eigenen
Neffen, den Presbyter Maioranus, mit in die Heimat; insbesondere sollte dadurch
die Verbindung zum Salzburger Kloster als dem kirchlichen caput der Mission
aufrechterhalten werden 11 . Der neue Herzog freilich verlangte, keinen geringeren
als Bischof Virgil bei sich zu sehen. Abgeordnet aber wurde ein Bischof namens
Modestus zusammen mit einer Anzahl Kleriker, und sie begannen in Karantanien
ihr Missionswerk12. Nach des Modestus' Tod kam Hotimir wiederum mit der
Forderung, Virgil selbst solle kommen. Unruhen verhinderten die neuerliche Ent-
sendung eines Bischofs; ja, nach Hotimirs Tod vermochte sich während einer
Reihe von Jahren überhaupt kein Priester mehr im Lande zu halten 13 . Erst der
zum Jahre 772 bezeugte Karantanensieg Herzog Tassilos14 scheint die christliche
Mission wiederum in Gang gebracht zu haben. Der neue Herzog Waltunc nahm die
Verbindung mit Salzburg wieder auf, und Virgil entsandte aufs neue Presbyter 15 .
Doch erst im Jahre 799 wurde den Karantanen wieder ein Bischof — er hieß Theo-
derich — zugeführt; dies geschah auf Geheiß Karls des Großen und wurde ausge-
führt durch dessen in Baiern eingesetzten Präfekten Gero sowie durch den Salz-
burger Erzbischof Arn, der die Weihe vollzog16 .
Die Missionierung der Karantanen, übrigens "die erste Slawenmission, über
deren Verlauf und Ergebnisse wir durch zuverlässige Quellen verhältnismäßig
gut unterrichtet sind" 17 , zeigt viele Züge, wie sie für eine imperiale Missionspoli-
tik typisch sind. So fragt man sich fast erstaunt, warum gerade der Taufpatronat
des christlichen Herrschers fehlt. Wenngleich das Interesse der Hauptquelle, der
Conversio Bagoariorum et Carantanorum, vor allem auf die Bindung der Mission
an Salzburg gerichtet ist und sie darum die politischen Bindungen weniger stark
hervortreten läßt, wird dennoch soviel klar, daß eine politische Patenschaft wohl

anno defunctus est. Iterum autem permissione domni Pippini regis ipsis populis petentibus
redditus est eis Cheitmar christianus factus. SCHMID, Salzburger Verbrüderungsbuch S. 175f.
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 4 (ed. WOLFRAM S. 42): Ille vero secum habens
Maioranum presbyterum in luvavensi monasterio ordinatum ad presbyterum. Qui admonuit
eum ad ipsum monasterium suum caput declinare in servitium dei. Et Hie ita fecit ac promisit
se ad ipsam sedem serviturum. Sicut et fecit atque annis singulis ibidem suum servitium persol-
vebat et inde semper doctrinam et officium christianitatis percepit, usque dum vixit. S. dazu
ebd. Kommentar S. 90; zu dem genannten servitium ebd. S. 85f; DOPSCH, Salzburg und der
Südosten S. 8ff. S. auch KAHL, Rolle der Iren S. 388ff.
12
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 5 (ed. WOLFRAM S. 42): Peractis aliquantis tem-
poribus praenominatus dux Carantanorum petiit Virgilium episcopum visitare populum gentis
illius eosque in fide firmiter confortare. Quad ille tunc minime adimplere valuit, sed sua vice
misso suo episcopo nomine Modesto ad docendam illam plebem. S. ebd. Kommentar S. 91ff.
1
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 5 (ebd. S. 44): aliquot annis nullus presbyter ibi
erat.
14
Annales luvavenses maximi a. 772 (MGH SS 30/2, S. 73231J: Tassilo Carintanos vicit.
WOLFRAM, Conversio Bagoariorum et Carantanorum S. 94.
15
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 5 (ed. WOLFRAM S. 44).
16
Ebd. 8 (S. 48), Kommentar ebd. S. 109f.
17
WALDMÜLLER, Slawen S. 488.
232 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

nicht angewendet worden ist, zumindest nicht bei Hotimir, denn als dessen Pate
wird jener Priester Lupo genannt, der auch die christliche Erziehung des Slawen-
prinzen übernommen hatte 18 . Daß aber die politische Bedeutung der Patenschaft
nicht bekannt gewesen sein sollte, ist kaum vorstellbar, hat doch .König Pippin
754, um nur diesen spektakulären Fall in Erinnerung zu rufen, bei den Verhand-
lungen mit Papst Stephan II. denselben als Compater für seine Söhne gewonnen19 .
Wahrscheinlich ist mit besonderen Hinderungsgründen zu rechnen. Möglicher-
weise waren es die Karolinger, die nach Auskunft der Conversio die politischen
Vorgänge dieser Bekehrung unter ihrer Kontrolle behielten und nicht zulassen
wollten, daß eine so starke Bindung, wie sie die Kompaternität darstellte, zwi-
schen den Karantanenfürsten und dem bairischen Herzog zustande kam.

§ 36 Awaren

Wie schon bei Widukind ist Karl eine weitere Patenschaft bei einem Awaren-
fürsten eingegangen. Die Awaren, ursprünglich innerasiatische Reiternomaden,
besiedelten seit dem Ende des 6. Jahrhunderts das Donaubecken und stellten
lange Zeit den bedeutendsten Machtfaktor zwischen Ost- und Westimperium dar1 .
Doch scheinen sie zur Zeit Karls des Großen nicht mehr über ihre einstmals so
gefürchtete Stärke verfügt zu haben. Mit dem Frankenreich waren sie seit Karls
Eroberung der Lombardei und der fränkischen Einnahme Baierns an zwei Gren-
zen die Anrainer geworden. Dem Doppelangriff vom Süden und Westen waren
sie denn auch in keiner Weise gewachsen. Warum es aber zum Krieg gekommen ist,
läßt sich nicht mehr vollständig erhellen. Möglicherweise handelten die Awaren
aus Treue zu Tassilo, der zuletzt mit ihnen verbündet gewesen war 2 . Im Jahre 791
wurden die Feindseligkeiten eröffnet.
Im Herbst des Jahres 795 ließ dann ein Fürst, der den Würdetitel eines Tudun
trug und wohl nur über einen Volksteil herrschte, seine Bereitschaft zur Unter-
werfung und zur Annahme des Christentums erklären. Noch im Winter erschien
er mit einem Gefolge von Großen in Aachen, leistete für sich und sein Land den
Treueid und wurde von Karl aus der Taufe gehoben3 . Josef Deer deutet den Wort-

8
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 4 (ed. WOLFRAM S. 42): Cui etiam Lupo presby-
ter ordinatus de luvavense sede in insulam Chemingi lacus, quae et Auua vocatur, dedit ei ne-
potem suum nomine Maioranum ad presbyterum iam ordinatum. Et quia conpater eius erat
idem Lupo presbyter docuit eum, ut ad luvavense monasterium se devota mente ad christia-
nitatis officium subdidisset.
19
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 40-63.

1
DEER, Untergang des Awarenreiches S. 719f; LÄSZLO, Awaren S. 527-534; SOS, Slawische
Bevölkerung S. 3-28. Zur Frage nach dem Christentum zwischen Spätantike und Karolingerzeit
s. KAHL, Zwischen Aquileja und Salzburg S. 33-81.
2
DEER, Untergang des Awarenreiches S. 756ff.
3
Alcvini epp. 99 (MGH Epp. 4, S. 14322J: Quorum [Avarorum] missi ad dominum regem di-
recti sunt, subiectionem pacificam et christianitatis fidem promittentes; Annales regni Franco-
rum a. 795 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 96): Ibi etiam venerunt missi tudun, qui in
$ 36 Awaren 233

laut der Reichsannalen — se cum populo suo et patria regi dedit — als Übergabe
der eigenen Person, der Untertanen sowie des Landes. Für den Tudun sei dabei
aber nicht alle Eigenständigkeit verlorengegangen: "Die Aufnahme in den Vasal-
lenverband ihres Besiegers war mit der Anerkennung ihrer bis dahin ausgeübten
Hoheitsrechte über ihre Stämme und deren Siedlungsgebiet gleichbedeutend.
Sie blieben auch nach der Niederlage die Fürsten ihrer Volksteile und übten ...
eine unmittelbare Herrschaft über ihre bisherigen Untertanen aus."4 Im Unter-
schied zu Widukind ist hier eine zweifellos günstigere Lösung bezeugt: Der Tudun
wurde nicht entmachtet 5 . Und selbst wiederholte Aufstände, die in rascher Folge
für die Jahre 797, 799 und 802/803 vermeldet werden, vermochten nicht "die
schonungsvolle fränkische Politik" zu beirren 6 . Man wird dabei die schonende
Wirkung von Taufe und Patenschaft mit in Anschlag bringen dürfen. Zum Jahre
805 wird die Taufe eines weiteren Awarenfürsten gemeldet: Es war der Kagan, der
als der oberste Awarenherrscher galt 7 . In Anwesenheit Karls wurde er in der
Fischa getauft und erhielt den Christennamen Abraham 8 . Daß Karl dabei Pate
war, möchte man vermuten, wird aber nicht ausdrücklich erwähnt.
Insgesamt war das Geschick, das dem Awarenvolk zuteil wurde, nicht ungün-
stig: "Krieg und Pazifierung wurden unvergleichlich milder durchgeführt, als im
Falle der Sachsen."9 Es mag bei dieser Politik ins Gewicht gefallen sein, daß die
Reichstheologen, allen voran Alkuin, davor warnten, die Christianisierung erneut,
wie in Sachsen geschehen, mit Zwang und der verhaßten Zehnteintreibung durch-
zuführen. Allerdings scheint diese Liberalität geradezu in Tatenlosigkeit umge-
schlagen zu sein. Gleichgültigkeit habe die Reichsgewalt in der Christianisierung
an den Tag gelegt, schreibt Josef Deer, von einer missionarischen oder kirchen-
organisatorischen Kleinarbeit sei nicht das Geringste zu vernehmen 10 . Dabei

gente et regno Avarorum magnarn potestatem habebat; qui dixerunt, quod idem tudun cum
terra et populo suo se regi dedere vellet et eius ordinatione christianam fidem suscipere vellet.
Ebd. a. 796 (S. 98): In eodem anno tudun secundum pollicitationem suam cum magna parte
Avarorum ad regem venit, se cum populo suo et patria regi dedit ipse et populus baptizatus est,
et honorifice muneribus donati redierunt; Annales Alamannici a. 795 (ed. LENDI S. 168f):
vuandali conquisiti sunt et zotanus dux de pannonia venit ad karolum regem ad achas et se
ipsum dedit et patriam quam habebat et ipse baptizatus est et omnes qui cum eo venerant et
reversus est cum pace et honore in patriam suam; Annales Maximiniani a. 796 (MGH SS 13,
S. 2230J: Huni se dicioni domni Caroli regis subdiderunt. Aericus comis thesaurum magnum
inde ad Aquis palatium domni regi adduxit, quern max fidelibus ac magnatis suis largitus est.
Tudun ibi baptizatus est cum sociis suis et a domno rege de fönte susceptus est et magnifice
honoratus.
4
DEER, Untergang des Awarenreiches S. 771.
5
Ebd. S. 767.
6
Ebd. S. 772; KOLLER, Eingliederung der Slaven S. 37, 40f.
DEER, Untergang des Awarenreiches S. 775.
8
Annales Emmerammi maiores a. 805 (MGH SS 30/2, S. 7396).· Cabuanus venit ad domno
Carola, et Abraham cagonus baptizatus super Fiskaha; Annales luvavenses maiores a. 805 (ebd.
S. 7386J.· Hoc anno babtizatus est caganus vocatus Abraham XL kal. Octobr; ferner DEER,
Untergang des Awarenreiches S. 775f.
9
DEER, Untergang des Awarenreiches S. 767.
10
Ebd. S. 787.
234 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

waren die theoretischen und organisatorischen Voraussetzungen ausnehmend gün-


stig: Eine eigene Missionskonferenz ist an einem nicht benannten Ort an der Do-
nau abgehalten worden, um das Vorgehen in der Mission zu beraten 11 . Auch fällt
genau in diese Zeit die Erhebung Salzburgs zum Erzbistum, wodurch das große
Potential dieses Sitzes für die Mission genutzt werden konnte.

§ 37 Erhebung Salzburgs zum Erzbistum

Zu den bemerkenswerten Auffälligkeiten der fränkischen und bäurischen Ge-


schichte des 8. Jahrhunderts gehört die Parallelität in der Kirchen- und Missions-
politik1 . Herzog Tassilo ging hier nicht anders vor als der Franke Karl: 772 be-
siegte der Baier die Karantanen, in eben dem Jahr, in welchem Karl den Sachsen-
krieg mit der Zerstörung der Irminsul einleitete 2 . Zu Dingolfing wurde 772 eine
Gebetsverbrüderung geschlossen, die kaum anders denn als Kopie des großen frän-
kischen Gebetsbundes von Attigny zu verstehen ist 3 . Nicht minder deutlich ist
die Parallele in der Klosterpolitik: Innichen im Pustertal sollte der Bekehrung der
Slaven dienen4 ; ebenso wurde Kremsmünster als Stützpunkt herzoglicher Landes-
und Missionspolitik gegründet 5 . Beiden Klöstern war damit eine Rolle zugewiesen,
wie sie ähnlich Fulda und Hersfeld für die Sachsenmission einnahmen. Ferner wird
man auf den von Tassilo unterstützten "Virgil-Dom" in Salzburg verweisen dürfen,
den man das "Saint Denis" der Agilolfinger genannt hat6 . Und so wie die Karo-
linger ihr Königtum mit Hilfe der Päpste erlangt und befestigt hatten, suchte
auch Tassilo einen Halt beim Papst. Wenn Papst Stephan 754 während seines
Aufenthaltes im Frankenreich eine geistliche Verwandtschaft mit Pippin einging7
und 781 Papst Hadrian den Karlssohn Karlmann-Pippin taufte und ihn zusammen
mit dem nächstfolgenden Sohn Ludwig zum König krönte 8 , so hat Tassilo gewiß
ähnliche Motive im Sinn gehabt, als er 772 seinen Sohn Theodo in Rom taufen
ließ9. Was aber der bäurischen Kirchenpolitik zu ihrer vollen Entfaltung letztlich
fehlte, war jener kirchliche Rechtsträger, der die volle Eigenständigkeit hätte

11
Conventus episcoporum ad ripas Danubii a. 796 (MGH Conc. 2/1, S. 172-176); KRETSCH-
MAR, Taufgottesdienst S. 309f; LÖWE, Karolingische Reichsgründung S. 76-81.

1
REINDEL, Agilolfinger S. 127-133; WOLFRAM, Fürstentum Tassilos III. S. 157-179; ZÖLL-
NER, Agilolfinger S. 106ff.
2
S. $ 35 Anm. 14 u. $ 30 Anm. 8.
3
Conc. Dingolfingense a. 770 (MGH Conc. 2/1, S. 93-96); Notitia de pacto fraternitatis (ebd.
S. 96f). S. dazu SCHMID - OEXLE, Gebetsbund von Attigny S. 86f.
4
PRINZ, Frühes Mönch turn S. 427ff; ZÖLLNER, Gründung von Innichen S. 362-387.
5
HAIDER, Kloster Kremsmünster S. 1-197; bes. WOLFRAM, Gründungsurkunde (mit Edition)
(ebd. S. 51-82).
6
SEDLMAYR, Virgildom S. 145-160; WOLFRAM, Agilolfinger S. 147f; VETTERS, Dome in
Salzburg S. 418-426.
7
ANGENENDT, Geistliches Bündnis S. 40-57.
8
Ebd. S. 70-90.
9
Ebd. S. 65ff.
§ 37 Erhebung Salzburgs zum Erzbistum 235

realisieren können: ein Erzbischof, wie ihn die Karolinger in Bonifatius, Chrode-
gang und Wilchar von Sens zu ihrer Verfugung hatten.
Salzburg, das von Anfang an der bestausgestattete Episkopalsitz des Landes
war, scheint "aus dem Vorsprung ... wirtschaftlicher Macht zur Erfüllung des
herrschaftspolitischen Auftrages der Slawenmission"10 geradezu prädestiniert
gewesen zu sein: "Als reichestes der bayerischen Bistümer verfügte Salzburgauch
über die besten wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Aufgaben als Erzstift
und als Missionszentrum."11 Mit einer eigenen bairischen Metropole aber wäre
genau jene kirchlich-politische Autarkie verwirklicht worden, welche die Karo-
linger nicht zulassen wollten. Die Missionspolitik der Baiern vollzog sich, wie wir
gesehen haben, unter fränkischer Oberhoheit.
Ein bairisches Erzbistum zu errichten war Karl der Große erst in dem Augen-
blick bereit, da er selbst Herr über Baiern geworden war. Ein Brief Papst Leos III.,
datiert vom April 798, läßt erkennen, daß es Karls Initiative war, die zur Erhe-
bung von Salzburg führte. Der König habe geboten, so schreibt der Papst, daß
Bischof Arn das Pallium erhalten solle und zum Erzbischof in der Provinz Baiern
bestellt werde 12 . Weitere Briefe geben zusätzliche Informationen. In einem
gleichzeitigen Schreiben an die bairischen Bischöfe stellt der Papst es als deren
Initiative dar, daß die Erhebung Salzburgs vorgenommen wurde; von Karl ist nur
insofern die Rede, als dies mit seinem Rat und seiner Zustimmung erfolgt sei13.
In einem Papstbrief vom Jahre 800 wird betont, daß die Erhebung einer Metro-
pole und die Ernennung des Erzbischofs ein Vorrecht des Papstes sei 14 . Wenn
dabei an den wichtigen Grundsatz erinnert wird, daß jede Provinz ihre Metropole
haben solle (unaqueque provintia suam habeat metropolim)15, so hätte diese Re-
gel folgerichtig auch auf Karantanien und ebenso auf das damals soeben eroberte
Awarenland angewendet werden müssen; beide Gebiete hätten mindestens Bistü-
mer werden müssen. Und tatsächlich hat Karantanien zunächst einen eigenen
Bischof erhalten; es ist der bereits erwähnte Modestus. Auch unter Erzbischof
Arn wurde wieder ein Bischof dorthin gesandt; es war der bereits erwähnte
Theoderich, der aber, wie die Conversio Bagoariorum et Carantanorum betont,
zur Anerkennung der dominatio et subiectio luvavensium rectorum verpflichtet
wurde 16 . Man hat sowohl Modestus wie Theoderich als Chorbischöfe bezeich-

10
WOLFRAM, Rupert S. 18.
11
DOPSCH, Karolinger und Ottonen S. 161; REYNOLDS, Canon law collections S. 15-34.
12
Epp. Leonis III papae 4 (MGH Epp. 5, S. 59 29 J: quad vestra a Deo protecta regalis excellen-
tia mandasset nobis ..., quod Arnoni episcopo pallium tribueremus et in provincia Baiowario-
rum archiepiscopum constitueremus.
Ebd. Ep. 3 (S. 58 ): petitorias emisistis, syllabas libenti suscepimus animo, in quibus fere-
batur, ut in provincia vestra Baiourariorum archiepiscopum ordinaremus. Ebd. Z. 24: una cum
consensu et voluntate praedicti filii nostri domni Caroli praecellentissimi magni regis vobis
ordinavimus secundam sanctiones patrum archiepiscopum, videlicet Amonem.
Ebd. Ep. 5 (S. 61 3): licentiam habeat eiusdem ecclesiae [Romanae] apostolicus et vicarius
beati Petri apostolorum principis constituere metropolim et ordinäre archiepiscopum.
15
Ebd. Z. 32.
16
Conversio Bagoariorum ei Carantanorum 8 (ed. WOLFRAM S. 48).
236 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

net 17 — vielleicht zu voreilig, denn die allzeit auf Salzburgs Rechte bedachte Con-
versio bezeichnet die beiden wie auch noch ihre weiteren Nachfolger jeweils als
episcopus1*. So stellt sich die Frage, ob hier vielleicht ein Sprachgebrauch fort-
lebt, der darauf hindeuten könnte, daß im Anfang noch daran gedacht war, Ka-
rantanien zu einem eigenen Bistum zu erheben. Dies wäre genau die Entsprechung
zum politischen Status gewesen, daß nämlich dem Land ein eigener Herzog be-
lassen wurde. Andererseits scheint festzustehen, daß Virgil sich die Zugehörigkeit
Karantaniens zur Salzburger Diözese von mehreren Päpsten hat bestätigen lassen;
jedenfalls konnte Erzbischof Arn, einer Urkunde aus dem Jahre 811 zufolge,
entsprechende Präzepte und Bestätigungen von Päpsten — genannt werden Zacha-
rias, Stephan II. und Paul I. — glaubhaft vorweisen 19 . Demnach hätte das Bestre-
ben von früh an darauf abgezielt, Karantanien in das salzburgische Bistum einzu-
gliedern20 . Aber selbst wenn anfangs noch an eine kirchliche Eigenständigkeit
Karantaniens gedacht worden wäre, wie hätte man sie verwirklichen können,
wenn dabei eine Oberhoheit der bairischen Mutterkirche gewahrt bleiben sollte?
Eigentlich nur durch die Einrichtung eines bairischen Erzbistums. Gerade das aber
konnte lange Zeit nicht durchgesetzt werden. Als die Erhebung Salzburgs dann
endlich erfolgte, kam es dennoch nicht zur Errichtung neuer Bistümer. Sowohl
Karantanien wie das soeben eroberte Awarenland, in das nun Slawen einströmten,
erhielten keine Eigenständigkeit: Sie wurden nicht selbständige Diözesen unter
der Metropole Salzburg, vielmehr wurden sie dem Salzburger Diözesangebiet
einverleibt: "Die Sclavinia verblieb im Diözesansprengel von Salzburg."21 Ja,
Salzburg behauptete eine so dominierende Stellung, daß seine östlichen Bistümer
nur den Status von "Eigenbistümern" — ein kirchenrechtliches Unikum — erlang-
ten 22 .
17
WOLFRAM, Conversio Bagoariorum et Carantanorum S. 91f; GOTTLOB, Chorepiskopat
S. 33-36.
18
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 5 (ed. WOLFRAM S. 42), 8 (S. 48), 9 (S. 48ff).
Daß die Conversio sich die Gelegenheit, die von Salzburg abhängigen Bischöfe an ihren gemin-
derten bischöflichen Status zu erinnern, hätte entgehen lassen, ist eigentlich kaum denkbar. Im
Salzbürger Verbrüderungsbuch findet sich erst im jüngeren, 1004 abgefaßten Teil der Ordo
chori episcoporum Carantenae regionis (MGH Necr. 2, S. 46, Sp. 2, Z. 15) eingetragen. Zudem
ist es ganz auffällig, daß "das Verbrüderungsbuch von St. Peter ... nirgends den Namen des
Modestus [enthält]; das gleiche gilt aber auch für die Chorbischöfe zwischen 799 und der Mitte
des neunten Jahrhunderts" (WOLFRAM, Conversio Bagoariorum et Carantanorum S. 92); s.
ferner SCHMID, Salzburger Verbrüderungsbuch S. 175-196, bes. S. 175f, 186. Der Karantanen-
bichof Osbald wandte sich — offenbar unter Umgehung Salzburgs — direkt an Papst Nikolaus I.
(WOLFRAM, Conversio Bagoariorum et Carantanorum S. 114).
19
DK I 211 (MGH Dipl. Karol. l, S. 28234/): Arno vero archiepiscopus asserebat se auctorita-
tem habere pontificum sancte Romane ecclesie Zacharie, Stephani atque Pauli, quorum precep-
tis et confirmacionibus predicta provincia tempore antecessorum suorum ad luvavensis ecclesie
dyocesim fuisset adiuncta.
20
LÖWE, Karolingische Reichsgründung S. 81-86; KLEIN, Salzburg an der Slawengrenze S.
1-14; H. KOLLER (Rechtsstellung Karantaniens S. 161) weist darauf hin, daß Salzburg immer
auf "seine antike Tradition hingewiesen und stets die Restaurierung antiker Zustände betrieben
habe", um auf diese Weise die alte Provinz Pannonien für sich zu reklamieren.
21
BÜTTNER, Mission S. 480.
22
S. dazu SEIDENSCHNUR, Salzburger Eigenbistümer S. 177-287.
$ 38 Böhmen 237

§ 38 Böhmen

Die Böhmen erscheinen in den fränkischen Annalen zum erstenmal bei der Er-
wähnung von Karls Awarenkriegen 1 . Im Jahre 805, als die Taufe des Awaren-
Kagans geschah, erfolge ein eigener Feldzug ins Land der als Beheimi bezeichneten
Slawen 2 , desgleichen im folgenden Jahr 806 3 . Die Unternehmungen waren offen-
bar erfolgreich. Doch wird nicht eindeutig mitgeteilt, ob die Böhmen dabei unter-
worfen und tributpflichtig gemacht wurden 4 ; laut Einhard aber soll Karl sie zum
Tribut verpflichtet haben 5 . Die Ordinatio imperil von 817 sprach die im Osten
Baierns angesiedelten slawischen Völkerschaften Ludwig dem Deutschen zu;
neben den Karantanen, Awaren und allgemein den Slawen gehörten dazu auch die
Böhmen 6 . Im Jahre 822 zählten diese zu jenen Slawenvölkern, die Ludwig dem
Frommen ihre munera darbrachten 7 . Wiewohl auch hier nicht eindeutig von Tri-
but gesprochen wird, scheint es eben doch, daß die Böhmen "damals dem frän-
kischen Machtbereich eingegliedert worden sind"8. Weiter zeigt sich, daß "die
Franken offensichtlich während des ganzen 9. Jahrhunderts die Oberhoheit über
Böhmen angestrebt haben" 9 .
Für die Christianisierung ist zum Jahre 845 eine wichtige Nachricht überliefert:
Auf Geheiß Ludwigs des Deutschen wurden am Oktavtag von Epiphanie vierzehn
böhmische duces getauft 10 . Daß dies in Regensburg geschehen sei, wird zwar
durchweg als selbstverständlich hingestellt11, hat aber allein die Wahrscheinlich-
keit für sich, daß die Stadt damals Residenzort und darüber hinaus das für Böh-
men wichtigste Missionszentrum war 12 . Auch ist sich die Forschung darüber klar
geworden, daß die duces nicht mit den deutschen Stammesherzögen verglichen
werden können, weswegen man die Bedeutung dieser Taufen nicht überschätzen
darf; ihnen folgte keine großangelegte Bekehrung der "slawischen Stämme"
Böhmens, wie man einmal geglaubt hat 13 . Der Vorgang "war ein Auftakt, aber
leitete nicht die Christianisierung des Landes" ein14 . Damit stimmt überein die Be-
obachtung, auf die F. Graus hingewiesen hat, "daß die böhmische kirchliche
Tradition ... nichts von älteren Spuren christlicher Mission in Böhmen weiß und

1
Annales qui dicuntur Einhardi a. 791 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 89).
2
Annales regni Francorum a. 805 (ebd. S. 120).
3
Ebd. a. 806 (S. 122).
4
HOFFMANN, Böhmen S. 3-10.
5
Einhard, Vita Karoli 15 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 25, S. 1828).
6
Ordinatio imperil a. 817 c. 2 (MGH Capit. l, S. 27l 23 ).
7
S. $ 39 Anm. 2.
8
HOFFMANN, Böhmen S. 7.
9
Ebd. S. 10.
10
Annales Fuldenses a. 845 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 35): Hludowicus XIIII ex
ducibus Boemanorum cum hominibus suis christianam religiösem desiderantes suscepit et in
octavis theophaniae baptizari iussit.
11
BOSL, Probleme S. 3f; PREIDEL, Taufe.
12
HERRMANN, Regensburger Mission S. 178f.
13
BOSL, Probleme S. 25f.
14
PREIDEL, Taufe; DERS.', Denkmäler S. 74f.
238 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

die Bekehrung der Böhmen erst in das ausgehende 9. Jahrhundert verlegt" 15 .


Die weitere Geschichte Böhmens vollzog sich dann im Schatten des großmähri-
schen Reiches. Erst nach Swatopluks Tod vermelden die Fuldaer Annalen wieder,
daß die böhmischen duces, die der Mährerfürst mit Gewalt der bairischen Herr-
schaft entfremdet habe, erneut Arnulf von Kärnten gehuldigt hätten 16 .

§ 39 Mährer

Ganz deutlich ist die Patronatstaufe in der Missionsgeschichte von zwei anderen
Balkanvölkern anzutreffen, nämlich bei den Mährern und Bulgaren. Fast bis zu
den letzten Nuancen wurde das Verfahren durchexerziert, angestachelt noch
durch die Konkurrenz von Ost- und Westreich. Sowohl die Mährer wie die Bulga-
ren sahen sich jeweils dem Druck ihres imperialen Nachbarn ausgesetzt. Als sie
dann, wie es den Anschein hat, auch noch Reibereien miteinander bekamen, war
die politische Konstellation vorgegeben. Der eine verbündete sich jeweils mit der
Macht im Rücken des anderen: die Bulgaren mit Ludwig dem Deutschen und der
Führer des großmährischen Reiches Rastislaw mit Byzanz 1 . Im Jahre 864 voll-
zogen sich die entscheidenden militärischen Auseinandersetzungen. Der Sieg fiel
den beiden Imperien zu. Die Bulgaren mußten sich unter Byzanz beugen und die
Mährer unter das ostfränkische Reich. Der politischen folgte wie selbstverständ-
lich die kirchliche Abhängigkeit. Hier aber wollten die Unterlegenen nicht sogleich
kapitulieren. Sie beschritten vielmehr einen Weg, welcher der Anfang einer neuen
Unabhängigkeit werden sollte: Beide wandten sich nach Rom und baten den Papst
um einen Erzbischof.
Die Zerstörung des Awarenreiches hinterließ ein Machtvakuum, das auch die
fränkischen Sieger auf die Dauer nicht auszufüllen vermochten. Nördlich der
Donau entstand das großmährische Reich, das sich im Laufe des 9. Jahrhunderts
eine selbständige Stellung zu erstreiten vermochte. Zum Jahre 822 führen die
Reichsannalen die Mährer, wie vorher schon die Böhmen, in der langen Liste öst-
licher Slawen auf, die alle Kaiser Ludwig dem Frommen munera darzubringen hat-
ten 2 . Bei den Mährern scheint damals eine innere Machtkonkurrenz bestan-
den zu haben, jedenfalls berichtet die Conversio Bagoariorum et Carantanorum
15
GRAUS, Böhmen S. 12.
16
Annales Fuldenses, Contin. Ratisbon. a. 895 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 126):
Mediante mense lulio habitum est urbe Radasbona generale conventum; ibi de Sclavania omnes
duces Boemanorum, quos Zwentibaldus dux a consortio et potestate Baioaricae gentis per vim
dudum divellendo detraxerat, quorum primäres erant Spitignewo, Witizla, ad regem venientes
et honorifice ab eo recepti per manus, prout mos est, regiae potestati reconciliatos se subdi-
derunt.
1
Kritik an dieser Deutung bei DITTRICH, Great-Moravia S. 97ff; s. dagegen RICHTER, Böh-
mische Länder S. 193.
2
Annales regni Francorum a. 822 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 6, S. 159): In quo conventu
omnium orientalium Slavorum, id est Abodritorum, Sorabarum, Wilzorum, Beheimorum, Mar-
vanorum, Praedenecentorum, et in Pannonia residentium Abarum legationes cum munenbus
ad se directas audivit.
f 39 Mährer 239

von dem in Nitra (Neutra) residierenden Fürsten Pribina (+ 860/61) 3 , daß er


durch Mojmir (+ 846) 4 , einen anderen Mährerfürsten, vertrieben wurde. Der
Flüchtling meldete sich beim fränkischen Markgrafen Ratbod, der ihn zu Ludwig
dem Deutschen führte, auf dessen Geheiß er die Taufe empfing5 ; dies dürfte gegen
833 geschehen sein6 . Ob die Patenschaft dabei eine Rolle gespielt hat, wird nicht
überliefert. Doch war das anfängliche Einvernehmen schon bald getrübt. Pribina
floh weiter zu den Bulgaren, versöhnte sich dann aber wieder mit den Franken
und erhielt in Unterpannonien ein Lehen, das Ludwig ihm 847 sogar zu eigen
gab 7 . Für die Folgezeit hat man ihn "den wohl treuesten Gefolgsmann Ludwigs
des Deutschen im Ostland" genannt 8 . Zudem hat er, wie auch sein ihm nachfol-
gender Sohn Kocel, eine amtliche Stellung eingenommen: als Graf slawischer
Herkunft in Pannonien unter Oberaufsicht des ostfränkischen Präfekten 9 . Der

3
Ausführlich zu Pribina SOS, Slawische Bevölkerung S. 29-47; DITTRICH, Great-Moravia
S. 67ff.
4
Nicht wenige Forscher halten dafür, daß Mojmir Christ gewesen ist; VAVRINEK, Christiani-
sierung S. 22f; CIBULKA, Großmährische Kirchenbauten S. 55. Z. DITTRICH (Great-Moravia
S. 53-65) will aus einer in den Fälschungen des Passauer Bischofs Pilgrim (s. § 50 Anm. 9)
wiedergegebenen Bemerkung, in der Bischof Urolf von Passau angeredet wird als Mojmirs spiri-
tualis pater, qui per suam sanctam predicationem adoptivos deo vos genuit filios (Ps.-Eugenius
II., Ep. 2 [ed. LEHR S. 32]) ableiten, daß der Mährerfürst zwar nicht von Urolf, aber doch von
seinem Nachfolger Reginhar gegen 820 mit großen Massen seines Volkes getauft worden sei.
Abgesehen davon, daß der Text nicht ausdrücklich von der Taufe spricht, ist die Intention doch
zu verräterisch, als daß man sie akzeptieren könnte: Pilgrim möchte eine möglichst frühe Pas-
sauer Mission in Mähren nachweisen, um dadurch entsprechende Hoheitsrechte für seine An-
sprüche auf ein Erzbistum Passau zu begründen. Schon für Bischof Hartwig (838-865) muß
DITTRICH (Great-Moravia S. 81) zugestehen, daß sein Name nirgends in Verbindung mit der
Christianisierung Mährens genannt werde.
5
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 10 (ed. WOLFRAM S. 50): Ratbodus suscepit
defensionem termini. In cuius spacio temporis quidam Priwina exulatus a Molmaro duce Mara-
vorum supra Danubium venit ad Ratbodum. Qui statim illum praesentavit domno regi nostro
Hludowico, et suo iussu fide instructus baptizatus est in ecclesia sancti Martini loco Treisma
nuncupate, curte videlicet pertinenti ad sedem luvavensem; s. ferner ebd. Kommentar S. 128f;
REINDEL, Bayern S. 192ff; MITTERAUER, Karolingische Markgrafen S. 90-103; KUHAR,
Slovenes S. 70f; VAVRINEK, Christianisierung S. 11; VLASTO, Entry S. 24f; zum Taufort
WERNECK, St.-Martins-Kirche S. 79-83. - Pribina soll bereits vor seiner Flucht und Taufe in
Nitra eine Kirche haben weihen lassen; als Datum wird 827/28 angenommen: Conversio Bagoa-
riorum et Carantanorum 11 (ed. WOLFRAM S. 52): Cui [Priwinae] quondam Adalrammus
archiepiscopus ultra Danubium in sua proprietate loco vocato Nitrava consecravit ecclesiam.
S. ebd. Kommentar S. 128, 130; TH. VON BOGYAY (Mosapurc S. 384 mit Anm. 86) warnt
davor, zu große Folgerungen daraus abzuleiten. Andere dagegen sehen in dem Beleg ein wichti-
ges Indiz für eine bereits im frühen 9. Jh. wirksame Mission in Mähren, ja daß Pribina die Mis-
sion unter fränkischem Druck habe gestatten müssen; VLASTO, Entry S. 24; VAVRINEK,
Christianisierung S. 15f, 22; zum archäologischen Befund s. CHROPOVSKY, Situation of
Nitra S. 5-33.
6
SOS, Slawische Bevölkerung S. 28.
7
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 11 u. 12 (ed. WOLFRAM S. 52-56); ferner DLdD
46 (MGH Dipl. reg. Germ. Karol. l, S. 62); dazu WOLFRAM, Conversio Bagoariorum et Caran-
tanorum S. 129f; JÄGER, Abhängigkeitsverhältnisse S. 33f.
WOLFRAM, Conversio Bagoariorum et Carantanorum S. 139.
9
SOS, Slawische Bevölkerung S. 38-42.
240 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Conversio Bagoariorum et Carantanorum ist es wie immer auch hier darum zu


tun, die Salzburger Rechte herauszustreichen: Erzbischof Liutpram habe die Kir-
che an Pribinas neuem Herrschaftssitz Mosapurc (Moosburg bei Zalavar) konse-
kriert, und der Fürst habe ihm seinen Eigenpriester Dominicus unterstellt10 .
Der erste Kriegszug Ludwigs des Deutschen gegen die Mährer, von dem wir
zu 846 hören, wurde zur Strafe für deren Abfall unternommen. Als neuen Dux
bestellte Ludwig dann Rastislaw, dessen Christsein die Quellen voraussetzen 11 .
Doch zeugen Rastislaws Aktionen allesamt davon, daß sein "Kampf die Errei-
chung der vollständigen Unabhängigkeit zielbewußt anstrebte" 12 . Zeitweilig ver-
mochte er sogar Ludwigs des Deutschen Sohn Karlmann, der sich mit seinem Va-
ter entzweit hatte, an sich zu ziehen 13 . Zumal in der Kirchenpolitik verfolgte
er eigene Ziele, wobei ihm, wie bereits beobachtet worden ist, "die Schaffung
eines mährischen eigenständigen Erzbistums ... als der geeignetste Weg" er-
schien14 . Dieses Ziel war selbstverständlich nicht in Zusammenarbeit mit dem
Ostfränkischen Reich zu erreichen, und so wandte er sich an Byzanz 15 , wobei
er offenbar die bairischen Missionare des Landes verwies16. In Byzanz wurde
das Gesuch um einen 'Bischof und Lehrer'17 für die Mährer auf Veranlassung

10
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 11 (ed. WOLFRAM S. 52): complacitationem illo
die inter Luiprammum et Priwinonem, quo ilia dedicata est ecclesia, id est VIIll Kalendas
Februarias. Tunc dedit Priwina presbyterum suum nomine Dominicum in manus et potestatem
Luiprammi archiepiscopi; ebd. Kommentar S. 130f; VON BOGYAY, Mosapurc S. 349-405;
VAVRINEK, Christianisierung S. 25; SOS, Slawische Bevölkerung S. 84-127. - Der Eigen-
priester Dominicus gehörte zum Regensburger Klerus, daher war die Unterstellung unter Salz-
burg notwendig.
Annales Fuldenses a. 846 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 36): ducem eis constituit
Rastizen nepotem Moimari. Zu Rastislaw s. VAVRINEK, Christianisierung S. 31-45; WOLF-
RAM, Conversio Bagoariorum et Carantanorum S. 11 ff; DITTRICH, Great-Moravia S. 84f.
Die Erwägung, "daß sowohl Rastislav wie [der spätere] Svatopluk ... in ihrer Jugend als Geisel
am Hof in Regensburg weilten" (BOSL, Großmährisches Reich S. 17) und dort dann Christ
geworden wären, ist im einzelnen nicht zu belegen, entspräche aber einem des öfteren fest-
stellbaren Verfahren.
12
VAVRINEK, Christianisierung S. 32.
13
DÜMMLER, Ostfränkisches Reich 2, S. 23ff.
14
HANNICK, Byzantinische Missionen S. 287.
15
Vita Constantini 14 (ed. BUJNOCH S. 93f); Vita Methodü 5 (ebd. S. 114); SALAJKA,
Großmährische Gesandtschaft S. 159-184; OSTROGORSKY, Moravian Mission S. 1-18; DITT-
RICH, Great-Moravia S. 92f. Es ist vermutet worden, daß Rastislav sich nicht nur an Byzanz,
sondern zugleich an Rom gewandt habe. In einem späteren Schreiben Hadrians II., das nach den
Anfangsworten 'Gloria in excelsis' betitelt und in der Vita Methodü 8 (ed. BUJNOCH S. 116f)
überliefert ist, heißt es: 'Ihr habt ja nicht nur bei diesem (hohen-)priesterlichen Stuhl um einen
Lehrer gebeten, sondern auch bei dem frommen Kaiser Michael.' Weil aber Papst Nikolaus L,
wie wir aus seinem Brief vom 30. März 864 an Ludwig den Deutschen wissen, den Kampf gegen
Rastislav guthieß (s. § 40 Anm. 1), wird gefolgert, daß das römische Gesuch abschlägig be-
schieden worden ist: VAVRINEK, Christianisierung S. 33f; SALAJKA, Großmährische Ge-
sandtschaft S. 168; DVORNIK, Byzantine Missions S. 102f.
16
VAVRINEK, Christianisierung S. 32.
17
Vita Constantini 14 (ed. BUJNOCH S. 93); ausführlich dazu HANNICK, Byzantinische
Missionen S. 287ff; GRIVEC, Konstantin und Method S. 54ff.
$ 39 Mährer 241

Kaiser Michaels III. von einer Synode geprüft, mit dem Ergebnis, daß Konstan-
tinos, der nur 'Lehrer' genannt wird und sicher kein Bischof war, mit seinem älte-
ren Bruder Methodios zu Rastislaw entsandt wurde. Wäre ein Bischof beauftragt
worden, hätte das notwendigerweise die Errichtung eines Bistums nach sich gezo-
gen, das dann vom Patriarchen in Konstantinopel abhängig gewesen wäre; aber
ein solches Projekt wurde offenbar bewußt abgelehnt. Die Gründe können nur
vermutet werden: Mähren grenzte nicht unmittelbar an byzantinisches Reichsge-
biet und lag außerdem noch jenseits der spätantiken Trennungslinie, derzufolge
die kirchliche Diözese Sirmium immer zum Westen, nämlich zu Mailand, gehört
hatte 18 . So dürfte es kaum Zufall gewesen sein, daß der Rastislaw zugesandte
'Philosoph' Konstantinos kein Bischof und wohl nur Priester war19 . Im Jahre 863
traf er mit seinem älteren Bruder Methodios in Mähren ein, und sie übergaben
Rastislaw ein Schreiben des Kaisers20.
Aber schon im folgenden Jahre vollzog sich der große Umsturz: Ludwig der
Deutsche zwang Rastislaw zur Subordination 21 , übrigens zur gleichen Zeit als
Leo III. das benachbarte Bulgarien überwand. Unter dem Schutz der erneuerten
fränkischen Oberhoheit kehrten die bäurischen Missionare nach Mähren zurück.
Zwei Gruppen von Geistlichen wirkten nun nebeneinander, was rasch zu Zwistig-
keiten führte 22 . Einen Streitpunkt bildete vor allem die von Konstantinos ins
Slawische übersetzte Liturgie 23 , welche der lateinische Klerus unter Hinweis
auf die drei heiligen Sprachen des Hebräischen, Griechischen und Lateinischen
ablehnte 24 . Das byzantinische Brüderpaar wandte sich daraufhin nach Rom. Der
Weg führte sie zunächst nach Pannonien, wo sie bei Pribinas Sohn Kocel Aufnah-
me und Unterstützung fanden 25 . Schließlich gelangten sie über Venedig nach

18
HANNICK, Byzantinische Missionen S. 290ff. Zur Grenzziehung und Geschichte Sirmiums
s. LIPPOLD - KIRSTEN, Donauprovinzen Sp. 173-177; HAVLIK, Pannonisches Erzbistum
S. 49f; DVORNIK, Byzantine Missions S. 105ff; VLASTO, Entry S. 28f.
19
HANNICK, Byzantinische Missionen S. 292ff; DVORNIK, Byzantine Missions S. 144f.
20
Vita Constantini 14 (ed. BUJNOCH S. 94f); zu diesem nur in der Vita überlieferten Schrei-
ben s. auch DÖLGER, Regesten l, Nr. 463 S. 56.
21
Annales Fuldenses a. 864 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 62).
22
Darauf dürfte angespielt sein in Vita Constantini 15 (ed. BUJNOCH S. 95ff), wo 'lateinische
und fränkische Archipresbyter ... mit ihren Priestern und Schülern' erwähnt werden. VAVRI-
NEK, Christianisierung S. 37; GRIVEC, Konstantin und Method S. 63-68.
23
GRIVEC, Konstantin und Method S. 57-63, 73-77. Wichtig ZAGIBA, Geistesleben S. 13-
221; DOSTÄL, Slavonic Liturgy S. 67-87; DVORNIK, Byzantine Missions S. 107-118; VLAS-
TO, Entry S. 57-66.
24
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 12 (ed. WOLFRAM S. 56): quidam Graecus Metho-
dius nomine noviter inventis Sclavinis litteris linguam Latinam doctrinamque Romanam atque
litteras auctorales Latinos philosophice superducens vilescere fecit cuncto populo ex parte
missas et euangelia ecclesiasticumque officium illorum, qui hoc Latine celebraverunt; ebd.
Kommentar S. 138f: "Das Auftreten des Methodios wird ... als Bedrohung ... der gesamten
westlich-lateinischen Kirche dargestellt." — Isidor von Sevilla, Etymologiae IX 1,3 (ed. LIND-
SAY l [o.S.]): Tres sunt autem linguae sacrae: Hebraea, Graeca, Latina, quae toto orbe maxime
exellunt. His enim tribus linguis super crucem Domini a Pilato fuit causa eius scripta; weitere
Belege bei LENTNER, Sakralsprache S. 35-38.
25
Vita Constantini 15 (ed. BUJNOCH S. 97); GRIVEC, Konstantin und Method S. 68ff;
242 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Rom; dort aber verstarb Konstantinos am 14. Februar 869, der dabei zuvor noch
Mönch wurde und den Namen Kyrillos annahm 26 .
Die weiteren Ereignisse sind in der Vita Methodii verzeichnet, freilich in einer
Weise, daß sich mancherlei Fragen ergeben 27 . Zunächst einmal soll Papst Hadrian
II. (867-872) die slawische Liturgie gebilligt haben; das diesbezügliche Schreiben,
das nur im altslawischen Text der Vita überliefert ist und nach dem Anfang seiner
lateinischen Version 'Gloria in excelsis Deo' heißt, ist nicht unbestritten, wird
aber, vielleicht mit Ausnahme der liturgischen Aussagen, als verläßlich angese-
hen 28 . Als Adressaten werden Rastislaw, Swatopluk und Kocel genannt. Von
Rom zurückgekehrt, soll dann Method, der dort nur zum Priester geweiht worden
war, von Kocel sofort wieder zum Papst gesandt worden sein, um sich zum Bi-
schof von Pannonien weihen zu lassen; Method sei dann für den Stuhl des heili-
gen Andronikos, also für das im Awarensturm untergangene Sirmium, ordiniert
worden 29 .
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob Method 869/70 noch eine neuerliche
Rom-Reise hat bewältigen können 30 . Wichtiger ist, daß er tatsächlich zum Erz-
bischof geweiht wurde. Nicht wenige Forscher sind bei der Deutung dieser Weihe
zu der Annahme geneigt, Papst Hadrian habe hier eine besondere Initiative er-
griffen, um angesichts der bulgarischen Hinwendung zu Byzanz (von der noch
zu sprechen ist) wenigstens das alte Sirmium für den Westen zu reklamieren31.
Weiter stellt sich die Frage, ob Kocel, der doch ostfränkischer Amtsträger war, im
Verein mit Rastislaw und Swatopluk eine eigene Kirchenpolitik wagen konnte.
Sein Gebiet gehörte zu Salzburg; daß die Conversio Bagoariorum et Carantanorum
berichtet, Erzbischof Adalwin habe Weihnachten 864 bei Kocel in Moosburg
gefeiert, ist als "Gegenmaßnahme" gegen das Auftreten von Konstantin und
Method gedeutet worden 32 . Sollte Kocel dennoch die Verselbständigung gewagt

VAVRINEK, Christianisierung S. 41; SOS, Slawische Bevölkerung S. 44-47; DVORNIK, Byzan-


tine Missions S. 128ff; DITTRICH, Great-Moravia S. 153-156.
26
Vita Constantini 18 (ed. BUJNOCH S. 103ff); GRIVEC, Konstantin und Method S. 77-86;
GROTZ, Erbe wider Willen S. 172-175.
27
HAVLIK, Pannonisches Erzbistum S. 50ff.
28
Vita Methodii 8 (ed. BUJNOCH S. 116ff); die lateinische Rückübersetzung: Hadriani II
papae epp. 43 (MGH Epp. 6, S. 763f). - Zur Echtheitsfrage" GRAFENAUER, Brief Hadrians
S. 63-77; BUJNOCH, Rom und Byzanz S. 220ff Anm. 48.
29
Vita Methodii 8 (ed. BUJNOCH S. 118); GRIVEC, Konstantin und Method S. 86-92;
GROTZ, Erbe wider Willen S. 175-181; HAVLIK, Pannonisches Erzbistum S. 45-60; BOBA,
Episcopacy of St. Methodius S. 85-93; DVORNIK, Byzantine Missions S. 131-151; VLASTO,
Entry S. 66ff; DITTRICH, Great-Moravia S. 177f.
30
Nicht wenige Autoren schreiben kurzerhand, die Weihe Methods sei auf Intervention von
Kocel geschehen, und übergehen die zweite Romreise; s. z.B. RICHTER, Böhmische Länder
S. 194: "Nach Verhandlungen mit Kocel weihte Hadrian II. Method zum Erzbischof ...";
OBOLENSKY, Byzantine Commonwealth S. 144: "Hadrian II, after consulting Prince Kocel,
appointed him [Method] archbishop of Pannonia and papal legate to the Slavonic nations ...";
DITTRICH, Great-Moravia S. 177: "back to Rome in the autumn of 869".
31
DVORNIK, Byzantine Missions S. 150; HAVLIK, Pannonisches Erzbistum S. 55; anders
DITTRICH, Great-Moravia S. 179. - Zur Erzbischofsweihe S. Anm. 37.
2
Conversio Bagoariorum et Carantanorum 13 (ed. WOLFRAM S. 56); Kommentar ebd. S. 139.
S 39 Mährer 243

haben? Eher noch könnte Rastislaw die treibende Kraft gewesen sein. Dieser aber
wurde 870 von seinem eigenen Neffen Swatopluk, bis dahin Teilfürst in Nitra,
gefangengenommen und an Ludwig den Deutschen ausgeliefert33. Mit Rastislaws
Gefangensetzung war die ostfränkisch-bairische Machtstellung in Mähren so ge-
stärkt, daß bairische Bischöfe noch im Jahre 870 Method vor ihr Gericht zogen
und ihn auf der Reichenau in Haft setzten, bis Johannes VIII. im Jahre 873 seine
Freilassung gebot 34 . In seinen Briefen an Ludwig den Deutschen betont der Papst
die bereits seit alters bestehende 'subiectio' Pannoniens unter die römische Kir-
ehe 35 .
Swatopluk vermochte sich dann 874 im Frieden von Forchheim eine faktische
Unabhängigkeit zu sichern, obwohl er Ludwig dem Deutschen Treue und Tribut-
zahlung geloben ließ36 . Sein Verhältnis zu Karlmann und dessen Sohn Arnulf von
Kärnten gestaltete sich dabei so gut, daß er wohl damals ein Kompaternitäts-
bündnis mit ihnen einging: Er hob einen illegitimen Sohn Arnulfs, der zu Beginn
der siebziger Jahre geboren worden war, aus der Taufe und gab ihm seinen eigenen
Namen 37 ; es ist jener Zwentibold, der nachmals zum König über Lothringen ein-
gesetzt wurde. Möglicherweise hat Swatopluk auch den Patronat über den Böh-
merfürsten Borivoj übernommen; jedenfalls berichten spätere Legenden, daß die-
ser sich an den großmährischen Hof begeben habe und dort von Method getauft
worden sei38 . Demnach hätte Swatopluk selber die Taufe auch imperial zu nutzen
gesucht.
Für Method als pannonischem oder — wie er auch genannt wird39 — mähri-
schem Erzbischof brachte aber die Selbständigkeit des großmährischen Reiches

33
Annales Fuldenses a. 870 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 70); DÜMMLER, Ostfrän-
kisches Reich 2, S. 301f; DITTRICH, Great-Moravia S. 181-185.
34
Vita Methodii 9 (ed. BUJNOCH S. 118f); MASS, Bistum Freising S. 119-135; DERS., Bi-
schof Anno von Freising S. 210-221; MAYER, Causa Methodii S. 335-360; DVORNIK, Byzan-
tine Missions S. 151-157; VLASTO, Entry S. 68ff; DITTRICH, Great-Moravia S. 186-192. Die
Quellen bei HERRMANN, Slawisch-germanische Beziehungen S. 146ff. ZETTLER, Cyrill und
Method S. 280-298; zur älteren Auffassung, daß Method in Ellwangen festgehalten worden sei,
s. BURR, Anmerkungen zum Konflikt S. 39-56. Für die Reichenau als Haftort auch schon
MASS, Bischof Anno von Freising S. 41; anders LÖWE, Methodius S. 341-362, der den Method-
Eintrag im Reichenauer Verbrüderungsbuch auf den Konstantinopeler Patriarchen Method
(843-847) beziehen möchte. S. auch DITTRICH, Great-Moravia S. 193-200.
35
In einem Brief von Mai 873 führt Papst Johannes VIII. die 'subiectio'-Formel für Pannonien
an: Pannonica diocesis apostolice sedi sit subiecta (Fragmenta registri lohannis VIII papae 21
[MGH Epp. 7, S. 284 2 ]); s. auch ebd. 15 (S. 2813J: Pannonicam diocesin ab olim apostolice
sedis fuisse privilegiis deputatam.
36
Annales Fuldenses a. 874 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 82f); DÜMMLER, Ostfrän-
kisches Reich 2, S. 375; HOFFMANN, Böhmen S. 15f.
37
Regino von Prüm, Chronicon a. 890 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 50, S. 134): filium
eius, quem ex pelice susceperat, a sacro fönte levavit eumque ex nomine suo Zuendibolch appel-
lari fecit. DÜMMLER, Ostfränkisches Reich 2, S. 317; HAVLIK., Papal Court S. 116-122.
38
GRAUS, Böhmen S. llf; WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquel-
len l, S. 218*: "Allgemein wird heute nicht mehr an der Richtigkeit der Nachricht über die
Taufe Borivojs gezweifelt." VLASTO, Entry S. 86f. Zur legendären Ausgestaltung dieser Taufe
s. CIBULKA, Bekehrung S. 106-111.
39
Die Päpste verwenden folgende Bezeichnungen: Johannes VIII. an Ludwig den Deutschen im
244 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

keinen Gewinn. Sein Landesherr wandte sich immer stärker dem in Nitra residie-
renden lateinischen Bischof Wiching zu, den er zur Weihe nach Rom gesandt hat-
te40 . Von Herkunft Alemanne, war Wiching später in König Arnulfs Kanzlei tätig
und zuletzt Bischof von Passau (+ nach 899) 41 . Auch begann Papst Johannes
VIII. die slawische Liturgie einzuschränken,· bis sie zum Schluß ganz verboten
wurde 42 . Swatopluk stimmte dem zu; vielleicht wollte er dadurch jeden Vorwand
für ein Eingreifen seitens der deutschen Reichskirche beseitigen. Im ganzen aber
scheint seine römische Kirchenpolitik, die für ihn ja zugleich die politische Ver-
selbständigung bestärkte, ihr Früchte gezeitigt zu haben, denn es sieht ganz so
aus, daß irgendwann nach Methods Tod (+ 885) von Rom ein neuer Erzbischof
samt weiteren Bischöfen ins Land gekommen ist. Jedenfalls ist ein Brief Erzbi-
schof Thietmars von Salzburg erhalten, in welchem sich der bairische Episkopat
bei Papst Johannes IX. (898-900) darüber beschwert, daß von dessen Seite 'Erz-
bischof Johannes sowie die Bischöfe Benedikt und Daniel in das Land der Slawen
kamen, die Mährer genannt werden; dieses Land aber war unseren Königen und
unserem Volk sowie auch uns [Bischöfen] mit seinen Bewohnern unterworfen,
sowohl in der Ausübung des christlichen Glaubens wie auch im Tribut weltlicher
Güter, weil sie nämlich von hier aus zuerst unterwiesen und aus Heiden zu Chri-
sten geworden sind' 43 . Es ist wieder das altvertraute Argument der ersten Mission,
demzufolge ein christianisiertes Gebiet der missionierenden Kirche gehören soll-
te. Längst aber betrachtete sich die römische Kirche als Quelle aller Missionsrech-
te, erst recht in Böhmen, wo es nach päpstlicher Auffassung nicht um bairische
Mission, sondern um die Wiedererstehung des alten Erzsitzes Sirmium ging.

Mai 873: Pannonicam diocesin (Fragmenta registri lohannis VIII papae 15 [MGH Epp. 7,
S. 28l 3 ]); ders. gleichzeitig an Karlmann: Pannoniensium episcopatu (ebd. Nr. 16 [S. 281 2 ]);
ders. an Bischof Anno von Freising nach Sept. 873: Methodium, Pannonicum archiepiscopum
legations, apostolice sedis ad gentes fungentem (ebd. Nr. 23 [S. 286 ]); ders. an Method im
Juni/Juli 879: Methodio archiepiscopo Pannoniensis ecclesie (lohannis VIII papae epp. 201
[ebd. S. 161 ]; ders. an Swatopluk im Juni 880: Methodio reverentissimo archiepiscopo sancte
ecclesie Marabensis (ebd. Ep. 255 [S. 222 28 ]).
40
lohannis VIII papae epp. 255 (ebd. S. 223 21 j: Ipsum quoque presbiterum nomine Uuichi-
nus, quem nobis direxisti, electum episcopum consecravimus sancte ecclesie Nitrensis. DITT-
RICH, Great-Moravia S. 209-230.
41
HERRMANN, Slawisch-germanische Beziehungen S. 209-212. - Im Reichenauer Verbrü-
derungsbuch findet sich Uuichinc zusammen mit Szuentebulc, March here und weiteren Perso-
nen eingetragen; MGH Libri Mem. et Necr., Nova Series l, S. 63 B/4 (Faksimilie); zu Wiching s.
ebd. S. 171 (w 303), zu Swatopluk S. 152 (s 356). SCHWARZMAIER, Mähren S. 65; SCHÜTZ,
Methods Widersacher Wiching S. 390-394 (dürfte zu korrigieren sein).
42
VAVRfNEK, Christianisierung S. 49-56; GRIVEC, Konstantin und Method S. 109-132;
SCHWARZMAIER, Mähren S. 55-66; DITTRICH, Great-Moravia S. 230-250.
43
Epistola Theotmari (ed. BRESSLAU S. 22): Sedvenerunt, ut ipsipromulgaverunt, de latere
vestro tres episcopi, videlicet lohannes archiepiscopus, Benedictus et Danihel episcopi, in ter-
rain Sclauorum qui Maraui dicuntur, que regibus nostris et populo nostro, nobis quoque cum
habitatoribus suis subacta fuerat tarn in cultu Christiane religionis, quatn in tributo substantie
secularis, quia exinde primum imbuti et ex paganis christiani sunt facti. S. ebd. S. 12: Der Brief
"wird allgemein und mit Recht als echt anerkannt". GRAUS, Böhmen S. 15; VAVRINEK,
Christianisierung S. 55f; BOSL, Probleme S. 23f; DITTRICH, Great-Moravia S. 304ff; VLASTO,
Entry S. 83f.
f 39 Mährer 245

Angesichts solcher Erfolge in der kirchlichen Verselbständigung kann es nicht


überraschen, daß Swatopluk schon zu Papst Johannes VIII. (872-882) in ein
besonderes Verhältnis eingetreten ist. In dem wegen der Sprachenfrage berühmten
Brief 'Industriae tuae' lobt der Papst den Mährerfürsten, daß er die Bindung an
weltliche Fürsten zugunsten einer Unterstellung unter den Apostelfürsten aufge-
geben habe (contemptis aliis seculi huius principibus beatum Petrum apostolici
ordinis principem vicariumque illius habere patronum et in omnibus adiutorem
ac defensorem)**. Der Papst seinerseits erklärte, Swatopluk mit offenen Armen
und in unermeßlicher Liebe als einzigen Sohn umarmen zu wollen und mit all
dessen Getreuen in seinen väterlichen Schoß, wie ihm anvertraute Schafe, aufzu-
nehmen (ulnis extensis te quasi unicum filium amore ingenti amplectimur et cum
omnibus fidelibus tuis paternitatis nostre gremio veluti oves Domini nobis com-
missas recipimus)*5. Man hat dies im Sinne einer geistlichen Sohnschaft deuten
wollen, und tatsächlich benutzt der Papst die dafür gebräuchlichen Ausdrücke.
Lubomir Havlik46 ist noch weiter gegangen, daß nämlich Swatopluk seitens des
Papstes eine rechtmäßige Bestätigung seiner Unabhängigkeit erlangt habe. Indem
freilich Swatopluk die päpstliche Oberhoheit anerkannt habe, müsse er dabei eine
Art Kommendation vollzogen haben. Dadurch aber, daß er sich den Papst zum
Oberherrn erkoren habe, sei er in der abendländischen Völkerfamilie zu einer mit
dem ostfränkischen Reich Ludwigs des Deutschen, dem westsächsischen Reich
Alfreds des Großen und dem spanisch-asturischen Reich gleichberechtigten Stel-
lung aufgestiegen. Nun hat demgegenüber Hartmut Hoffmann argumentiert, der
Papst habe ja "nur vorsichtig" geantwortet, daß nämlich die Mährer als 'Schafe
des Herrn' in seinen väterlichen Schoß aufgenommen seien; das aber könne eben-
sogut im geistlichen wie im weltlichen Sinn gemeint sein47. Dennoch bleibt dar-
auf hinzuweisen, daß hier festgeprägte Formeln vorliegen, die in den Papstbriefen
noch des öfteren anzutreffen sind; am häufigsten begegnen sie — wovon noch
zu sprechen ist — in Papstbriefen an den Bulgaren-Khan Boris-Michael48. Später
erhält Swatopluk auch von Stephan V. noch einmal ein Lob dafür, daß er sich
von den weltlichen Fürsten abgewandt und dem Papst zugewandt habe. Dabei
wird wiederum von seiner geistlichen Sohnschaft gesprochen: König Swatopluk,
wie die Anrede jetzt sogar lautet, habe sich aus den Fürsten dieser unbeständigen
Welt den Papst, den Vikar des heiligen Petrus, zum Herrn (patronus) erkoren und
sich mit den Großen und dem Volk in dessen Schutz (tuitio) begeben49 ; der Papst
44
lohannis VIII papae epp. 255 (MGH Epp. 7, S. 222 33 ).
45
Ebd. Z. 38. HAVLIK, Päpstlicher Schutz S. 19f.
46
HAVLIK, Papal Court S. 108 u. 112f; DERS., Päpstlicher Schutz S. 16-21 (doch ohne erneut
von Kommendation zu sprechen). S. auch J. HALLER (Papsttum 2, S. 183): "... ähnlich wie
einst Pippin mit seinem ganzen Volk in den Schutz des hl. Petrus".
47
HOFFMANN, Böhmen S. 18.
48
S. $ 40 Anm. 41-47.
49
Stephani V papae epp. l (MGH Epp. 7, S. 355 1 ): Stephanus episcopus servus servorum Dei
Zventopolco regi Sclavorum. Quia te zelo fidei sanctorum apostolorum principi Petra videlicet
regni caelestis clavigero omni devotione devovisti eiusque vicarium prae cunctis huius flucti-
vagi saeculi principibus principalem patronum elegisti eiusque te cum primatibus ac reliquo
terrae populo tuitioni pariter commisisti. Zur Königsanrede s. HAVLIK, Päpstlicher Schutz S.
21 mit Anm. 88 u. 89.
246 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

versichert dann, als geistlicher Vater den Fürsten mit geistlichen Armen (spiri-
tualibus ulnis) und in Liebe gleichsam leibhaftig umarmen zu wollen als seinen
geistlichen Sohn 50 . Derselbe Papst gab Legaten, die zu einem Dux des Slawenlan-
des — wohl Swatopluk — gesandt wurden, den ganz ähnlich klingenden Auftrag
mit, daß er, der Papst, als geistlicher Vater gleichsam selbst den Fürsten besuche,
ihm seine Vaterschaft anempfehle, ihn geistlich umarme und liebe wie den einzi-
gen Sohn51 . Daß also gleich zwei Päpste in fast gleichartigen Formulierungen eine
Abwendung von den weltlichen Fürsten sowie eine Hinwendung zum heiligen
Petrus belobigen und dabei von tuitio, defensio und patrocinium sprechen, was
alles die Päpste ihrem 'geistlichen Sohn' mit offenen Armen zu gewähren bereit
sind, sollte nicht voreilig als Ausdruck religiösen Überschwangs abgetan werden 52 .
In missionspolitischer Hinsicht bedeutet dieser "Schutz" seitens der Päpste die
Gutheißung der Abkehr von den beiden Imperien und damit die Anerkennung
eines politisch-kirchlichen Existenzrechts auch außerhalb von deren Einfluß-
sphären. So gesehen ist Swatopluk durchaus in ein besonderes Verhältnis zu den
Päpsten eingetreten. Eine Bestätigung dieser Interpretation werden wir noch in
den römischen Beziehungen des Bulgaren-Khans Boris finden, der zur selben Zeit
sich bekehrte und dabei gleichfalls mit Rom die Verbindung suchte.
Der Aufbau des großmährischen Reiches und die damit verbundene Kirchen-
politik bietet für die hier behandelte Thematik einen geradezu paradigmatischen
Fall, sind doch alle jene politischen und religiösen Momente beisammen, wie sie
Gegenstand unserer Untersuchung sind. Es begann mit der Taufe des Pribina.
Wiewohl hierbei keine Patenschaft Ludwigs des Deutschen bezeugt ist, muß die-
selbe doch irgendwie unter dessen Patronanz vollzogen worden sein: suo iussu
baptizatus53, Bald aber setzte ein politisches Wechselspiel ein. Rastislaw holte
Missionare aus Byzanz. Der Grund ist offensichtlich: Er wollte sich den Baiern
und der bairischen Kirche entziehen. Konstantin und Method aber eröffneten —
überraschenderweise — den Weg nicht nach Byzanz, sondern nach Rom. Method
kehrte von dort als 'mährisch-pannonischer Erzbischof' zurück. Mit der Schaffung
des mährischen Erzbistums wurde ein für die Ablösung von der ostfränkisch-
bairischen Reichskirche entscheidender Schritt vollzogen; die bairischen Maßnah-
men gegen Method zeigen das in aller Deutlichkeit. Wichtig ist ferner, daß die
Päpste dieses von ihnen (wieder-)errichtete Erzbistum auch über Method hinaus
aufrechterhalten und gefördert haben, wie die Entsendung des Erzbischofs Jo-
hannes und der Bischöfe Benedikt und Daniel beweist. Für die Dauer hätte die
"nationale Metropolitanverfassung"54 Mährens zweifellos jene Folgen gezeitigt,

50
Stephani V papae epp. l (MGH Epp. 7, S. 35513j: spiritualibus ulnis quasi pmesentem am-
plectimur amore ut spiritualem filium.
51
Fragmente registri Stephani V papae 33 (ebd. S. 35225J: papa, spiritalis videlicet pater vester,
visitat vos et rnandat vobis amabilem paternitatem. Aniplectitur enim vos spiritaliter et diligit
sicut unicum et carissimum filium.
52
S. i 40 Anm. 48.
53
S. Anm. 5.
54
BOSL, Probleme S. 8.
$ 40 Bulgaren 247

wie sie später bei Polen55 und Ungarn 56 zu beobachten sind: die kirchliche Eigen-
ständigkeit als Unterstützung und Absicherung der politischen Selbständigkeit.
Daß es in Mähren nicht soweit kam, ist nicht der politischen Konzeption anzu-
lasten, sondern dem vernichtenden Einbruch der Ungarn.
Wenn wir im herrscherlichen Taufpatronat jene politische Tendenz verkörpert
sehen, welche Mission und Herrschaftsausweitung zu einer Aktion zusammen-
wachsen ließ, so wird demgegenüber am Beispiel Mährens sichtbar, welchen
"Störfaktor" das Erzbistum für die imperiale Mission darstellte. Zwar war es noch
in Salzburg gelungen, das dort errichtete Erzbistum für die Reichskirche zu ver-
einnahmen; Salzburg wurde die Metropole der pannonischen Slavinia. Den mähri-
schen Fürsten aber gelang es im 9. Jahrhundert, mit Hilfe des Papstes ein eigenes
Erzbistum für ihr Land zu errichten. Wenn dabei auch die Vorstellung von der
Wiederbelebung des alten Sirmium eine Rolle spielte, so entsprach es doch ganz
der päpstlichen Politik, jedem Land bzw. jeder Provinz ein eigenes Erzbistum
zuzugestehen. In der Konkurrenz zwischen Ost- und Westreich bietet das groß-
mährische Reich ein instruktives Beispiel, daß man sich mit Hilfe des Papstes der
Eingliederung in eines der großen Imperien zu entziehen vermochte.

§ 40 Bulgaren

Wie kaum eine andere Konversion hat die Annahme des Christentums durch
den Bulgaren-Khan Boris (852-889) einen breiten literarischen Niederschlag ge-
funden. Aus einem um die Mitte des Jahres 864 von Papst Nikolaus I. an Ludwig
den Deutschen gerichteten Brief erfahren wir, daß der König sich zu Tulln mit
dem Bulgaren-König zu treffen beabsichtigte, um den Frieden mit ihm zu bekräf-
tigen und gleichzeitig den Mährerfürst Rastislaw zum Gehorsam zu zwingen. Der
Papst versprach für das Unternehmen seine Gebetshilfe; dies insbesondere auch
deswegen, weil der christliche König die Hoffnung geäußert habe, daß sich der
Bulgaren-König zur Annahme des Glaubens geneigt zeigen werde, wie ja bereits
viele aus dessen Volk Christen seien 1 . Schon zum Jahre 863 wird — allerdings
nur in den Annales Fuldenses — ein Feldzug gegen die Mährer erwähnt, den die
Bulgaren von Osten her unterstützt hätten 2 ; ein weiterer Zug ist für 864 bezeugt3 ,
wobei Hinkmar berichtet, Ludwig sei dem Bulgaren-Khan, der Christ zu werden

55
S. J 49.
56
S. $ 50.

Nicolai I papae epp. 26 (MGH Epp. 6, S. 293 ): fidelis rex dispositum Viabeat venire Tulli-
nam et deinde pacem cum rege Vulgarorum confirmare et Rastitium aut volendo aut nolendo
sibi oboedientem facere; ebd. Z. 5: quod Christianissimus rex speret, quod ipse rex Vulgarorum
adfidem velit converti et iam multi ex ipsis Christian! facti sint.
2
Annales Fuldenses a. 863 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 56): Interea rex collecto
exercitu specie quidem quasi Rastizen Margensium Sclavorum ducem cum auxilio Bulgarorum
ab Oriente venientium ... domaturus.
3
Ebd. a. 864 (S. 62).
248 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

versprochen habe, hostiliter entgegengezogen 4 . Tats chlich hat Khan Boris sich
dem Christentum zugewandt, allerdings nicht unter dem Patronat Ludwigs des
Deutschen. Diesem ist vielmehr der Basileus Michael III. (842-867) zuvorgekom-
men, dem die Ausdehnung des lateinischen Christentums bis unmittelbar vor
Byzanz, dazu noch unter dem politischen Patronat des Ostfranken, unertr glich
gewesen sein mu . Byzanz brachte ein erdr ckendes Aufgebot zustande, und
Boris mu te sich 864 ergeben; die Konsequenz war seine Taufe 5 .

a) Taufe des Boris


Im einzelnen freilich sind sowohl der Ablauf wie das Datum der Taufe um-
stritten6 . Die wichtigsten Versionen der berlieferung schildern die Ereignisse
wiederum "modellhaft". Relativ ausf hrlich ist die Fortsetzung der Chronik
des Georgios Monachos, und zwar in den sp ter angef gten Kaiserviten (= Geor-
gius Monachus Continuatus), die bald nach der Mitte des 10. Jahrhunderts ent-
standen sind: 'Die Bulgaren aber gaben noch vor den K mpfen und vor der
Schlacht hinsichtlich des Sieges auf und baten darum, Christen zu werden und
sich dem Kaiser und den Rhom ern zu unterwerfen. Michael taufte ihren Anf h-
rer, hob ihn auf und gab ihm seinen Namen; seine Gro en aber f hrte er in die
Stadt und taufte sie, so da von da an tiefer Friede entstand.' 7 Ein wohl noch
lterer Bericht, n mlich aus der Mitte des 10. Jahrhunderts, findet sich bei Theo-
phanes Continuatus: 'So wird er [Boris] zur Fr mmigkeit gebracht und des Bades
der Wiedergeburt gew rdigt und Michael genannt nach dem Namen des Basileus
seitens des von der K nigin der St dte zu jenem gesandten Hohenpriesters.'8
Eine wohl im kaiserlichen Auftrag gleichfalls um die Mitte des 10. Jahrhunderts
abgefa te Kaisergeschichte, die aber f r das 9. Jahrhundert und speziell auch f r

Annales Bertiniani a. 864 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 5, S. 72): Hludowicus rex Germa-
niae hostiliter obviam Bulgarorum cagano . . . . nomine, qui se christianum fieri velle promise-
rat, pergit. Das hostiliter bereitet Schwierigkeiten; nach E. D MMLER (Ostfr nkisches Reich 2,
S. 86 Anm. 1) bedeutet es hier nicht 'feindlich', sondern 'in Begleitung eines Heeres'; nach F.
DVORNIK (Byzantine Missions S. lOOf) soll Ludwig mit Boris ungeduldig geworden sein, weil
dieser sein Versprechen, Christ zu werden, nicht habe halten wollen; hnlich CANKOVA—
PETKOVA, Conversion des Bulgares S. 27-30.
5
SULLIVAN, Khan Boris S. 69f.
6
R.E. SULLIVAN (Khan Boris S. 70 Anm. 32) gibt eine kritische bersicht ber die Quellen
zu diesen Ereignissen. Zu sp teren Legenden um die Boris-Taufe s. DUJCEV, Legendes byzan-
tines S. 63-75. S. auch den allgemeinen berblick im neuen Handbuch der bulgarischen Ge-
schichte von J. DUjiEV (Etat bulgare S. 93-109).
7
Georgius Monachus Continuatus, De Michaele et Theodora 16 (CSHB 48, S. 824 17 ): Οί δε
Βούλγαροι ... προ των αγώνων και της μάχης περί της νίκης απεγνωσαν, και Χριστιανοί
γενέσθαι και ϋποτάττεσθαι τφ βασιλεϊ και Τωμαώις ήτήσαντο. ο δε Μιχαήλ τον μεν 'άρχοντα
αυτών βαπτισας και δεζάμενος έπέθηκεν αυτόν το αϊτού 'όνομα, τους δε μεγιστάνας αυτού
εν τϋ πάλει αγαπών έβάπτισεν αυτούς, έκτοτε γενομένης ειρήνης βαθεΐας. Zur Abfassung s.
MORAVCSIK, Byzantinoturcica l, S. 269-273.
8
Theophanes Continuatus IV 14 (CSHB 48, S. 16315): ούτω δη προς θ ευσέβεια^ μετατίθεται,
και της του λουτρού παλιγγενεσίας καταξιούνται, και Μιχαήλ κατονομάζεται κατά το 'όνομα
του βασιλέως, παρά του προς εκείνον αποσταλέντος αρχιερέως από της βασιλίδος των πόλεων.
Zu den Theophanes-Fortsetzungen s. MORAVCSIK, Byzantinoturcica l, S. 540-544.
$ 40 Bulgaren 249

die Bulgarengeschichte eine wichtige Quelle darstellt, schreibt: '... und so sind
auch alle bereitwillig der Taufe der Christen gew rdigt worden; ihr F hrer aber
bat, nach dem Namen des Kaisers Michael genannt zu werden, wobei einige nam-
hafte Hohepriester dorthin geschickt wurden, um den christlichen Glauben zu
erfahren.' 9
Boris hat also die Taufe empfangen, und Kaiser Michael ist dabei sein Pate
geworden; als solcher hat er seinem geistlichen Sohn den eigenen Namen ber-
tragen10 . Die Taufe ist, wie die Quellen andeuten, von einem aus Byzanz entsand-
ten Bischof gespendet worden11 . Der Kaiser, der selbst nicht zugegen gewesen
sein kann, wird seine Patenschaft durch Stellvertretung wahrgenommen haben;
dem Basileus kam es ohnehin "in erster Linie auf die daraus sich ergebende
Piet tspflicht des neuen Familienmitgliedes an" 12 . Das Datum von Boris' Taufe
wird unterschiedlich angesetzt; die in der Forschungsliteratur diskutierten Vor-
schl ge variieren zwischen dem Fr hjahr 864 und dem 25. Mai 86613.
Boris-Michael hat seine Taufe nie in Frage gestellt; im Gegenteil, auf vielf lti-
ge Weise hat er bewiesen, wieviel ihm pers nlich, aber auch im Blick auf sein
Volk, die Durchsetzung der christlichen Lebensweise bedeutete 14 . Selbst gegen
den Widerstand einer Gruppe von Gro en, den Bojaren, hat der Khan an seiner
Christianisierungspolitik festgehalten; diese war also nicht ungef hrlich f r ihn,
f hrte aber nach der erfolgreichen Niederwerfung der Aufst ndischen zu einer
St rkung seiner Herrschaft 15 .
9
Genesius, Liber regum IV (CSHB 49, S. 9719): και τοσούτον ωστβ και του Χριστιανών
eimei coc καταξιωθήναι βαπτίσματος απαντάς, τον δε αυτών αρχηγόν αίρετισασοαι Μιχαήλ
ώνομάσθαι έπι' τω βασιλέως ονόματι, εκτεμφθέντων έκεισε αρχιερέων τινών ελλογιμων
τα της Χριστιανικής πίστεως εγκρατύ^ασοαι. Zur Abfassungszeit s. MORAVCSIK, Byzanti-
noturcica l, S. 318f.
10
SULLIVAN, Khan Boris S. 70 Anm. 35 (mit Quellenbelegen).
11
HANNICK, Byzantinische Missionen S. 308f.
12
D LGER, Familie der F rsten S. 170f.
13
Einige Beispiele: CANKOVA-PETKOVA, Conversion des Bulgares S. 30: erste H lfte des
Jahres 864; SULLIVAN, Khan Boris S. 70: Sommer 865; OBOLENSKY, Byzantine Common-
wealth S. 84: wohl im September 865; DUJCEV, Bulgarien Sp. 918: Fr hherbst 865; HAN-
NICK, Byzantinische Missionen S. 309 (in Anlehnung an T. WASILEWSKI): 25. Mai 866.
14
SULLIVAN, Khan Boris S. 134: "It appears certain that he was a religious man."
15
Ebd. S. 73f. Mit zu den wichtigsten Quellen z hlt ein Bericht in den Annales Bertiniani a.
866 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 5, S. 85): Quod proceres sui moleste ferentes, concita-
verunt populum adversus eum, ut ilium interficerent, Quotquot igitur fuerunt intra decem
comitatus, adunaverunt se circa palatium eius. Ille vero, invocato Christi nomine, cum quadra-
ginta tantum octo hominibus, qui erga christianam devotionem ferventes sibi remanserant,
profectus est contra omnem illam multitudinem. S. auch Nicolai I papae epp. 99,17 (MGH Epp.
6, S. 577 ): 'Nun zu eurem Bericht, wie ihr durch Gottes Barmherzigkeit den christlichen Glau-
ben angenommen habt und wie ihr euer ganzes Volk taufen lie et, wie aber jene, die sich nach
ihrer Taufe gemeinschaftlich in gro em wilden Trotz gegen euch erhoben und behaupteten,
ihr h ttet ihnen kein gutes Gesetz gebracht, die euch sogar umbringen und einen anderen als
K nig einsetzen wollten, und wie ihr euch im Zusammenwirken mit der Macht Gottes gegen
sie ger stet und sie, gro und klein, berwunden und sie in eure Gewalt bekommen habt, und
wie alle ihre F rsten und hohen Adligen zusammen mit ihren Kindern durch das Schwert hin-
gerichtet worden sind, der Mittelstand aber und das einfache Volk keine Bestrafung erfahren
haben.' bersetzung nach HEISER, Responsa S. 421f; SULLIVAN, Khan Boris S. 73ff.
250 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

b) Zwischen Ost und West

Was aber Boris-Michael von Anfang an mit Entschiedenheit abgelehnt hat,


waren die politischen Bindungen, die ihn, den militärisch Unterlegenen, seit
der Taufe gegenüber Byzanz verpflichteten 16 . Die Niederlage, nicht die Taufe,
suchte er wettzumachen. So sehen wir ihn denn auch bald darum bemüht, sich
der politischen Sohnschaft gegenüber dem byzantinischen Kaiser und der Ein-
gliederung in dessen Reich und Kirchenorganisation zu entziehen. Gleich die
zweite einer langen Reihe von Fragen, die er bald nach seiner Taufe an Papst
Nikolaus I. richtete — es sind die berühmten Consulta Bulgarorum17 —, betraf
die Patenpflicht. Der Papst antwortete: 'Genauso wie einen Vater muß man den
Paten lieben, der einen aus der Taufe gehoben hat. Ja, um wieviel bedeutender
der Geist als das Fleisch ist, um soviel mehr soll der geistliche Vater in jeder Be-
ziehung vom geistlichen Sohn geliebt werden; denn geistiger Art ist jene Vater-
schaft und im Hinblick auf Gott eine Annahme an Kindes Statt. Der Evangelist
Markus, der Schüler des Petrus [cf. l Petr 5,13], wurde ja auch durch die heilige
Taufe dessen Sohn. Hätte er ihn nicht wie einen Vater geliebt, wäre er ihm nicht
in allem wie ein Sohn folgsam gewesen.'18 Politisch freilich war diese Auskunft
eher dazu angetan, für den Papst ungünstig zu wirken, mußte sich doch der Bul-
gare nur weiter zur Unterwürfigkeit gegenüber Byzanz gedrängt fühlen, während
doch gerade dessen Hinwendung nach Rom den Papst in eine solche Freude ver-
setzt hatte, daß er Hinkmar von Reims davon Mitteilung machte und dabei den
Neid der Byzantiner nicht unerwähnt lassen konnte 19 . Interessant ist auch, daß
im Westen aufgrund dieser Umorientierung der Bulgaren nach Rom schon bald
eine "Legende von der lateinischen Taufe Bulgariens" entstand, die vollauf unse-
rem "Modell" entspricht. So heißt es in dem 877 verfaßten Chronicon des An-
dreas von Bergamo: Der Bulgaren-Fürst sei von Gott erleuchtet mit Geschenken
nach Rom gekommen, von Papst Nikolaus sodann im Glauben unterwiesen sowie
getauft worden und danach mit den Geistlichen, die er vom Apostolischen Stuhl
erhalten habe, in sein Land zurückgekehrt 20 . Demgegenüber hat sich Photios in

16
OBOLENSKY, Byzantine Commonwealth S. 92: "Internal unity and the maintenance of
his country's autonomy were his two basic aims."
17
DUJCEV, Responsa Nicolai S. 125-148; DERS., Responsa di papa Nicole. I S. 143-173;
HEISER, Responsa.
18
Nicolai I papae epp. 99,2 (MGH Epp. 6, S. 569 9 ): ha diligere debet homo eum, qui se susci-
pit ex sacro fonte, sicut patrem; quin immo quanta praestantior est Spiritus carne, quod illud
spiritale sit patrocinium et secundum Deum adoptio, tanto magis spiritalis pater in omnibus
est a spiritali filio diligendus. Marcus enim evangelista Petri discipulus et ex sancto fuit eius
baptismate filius. Quern nisi dilexisset ut patrem, ei nan in omnibus oboedisset ut filius. Über-
setzung nach HEISER, Responsa S. 401.
19
Nicolai I papae epp. 100 (MGH Epp. 6, S. 601 22 ): invidia vero, quia regem Vulgarum Micha-
helem nomine cum gente sua Christi fide suscepta a sede beati Petri institutores et doctrinam
expetisse audierunt; ebd. S. 603 : quanta gaudio vel quanta exultatione simus rcpleti, eo quod
et eorum salubrem conversionem per divitias bonitatis Dei cognovimus et quia illos doctrinam
beati apostoli Petri seu sedis eius exquisisse camperimus.
2
Andreas von Bergamo, Historia 13 (MGH SS rer. Langob. S. 227 ): tanto amor caritatis in
§ 40 Bulgaren 251

seiner an Boris-Michael gerichteten Unterweisung, die wie eine Kombination


von Taufbelehrung und Fürstenspiegel erscheint, politisch zurückhaltender ge-
zeigt; wohl redet er Boris als 'in Christus geliebten, geistlichen Sohn'21 an, er-
wähnt aber mit keinem Wort die politische Sohnschaft 22 .
Boris-Michael hat freilich sofort Schritte unternommen, um sich kirchenorga-
nisatorisch zu verselbständigen. Eine Bitte um Entsendung von Missionaren rich-
tete er sowohl an Papst Nikolaus I. wie an Ludwig den Deutschen. Dieser schickte
Bischof Ermenrich von Passau (+ 874) zusammen mit einer Gruppe von Geistli-
chen nach Bulgarien 23 ; doch waren ihnen aus Rom entsandte Kleriker zuvorge-
kommen, so daß sie unverrichteter Dinge wieder heimkehren mußten 24 . Die Hin-
tergründe verdeutlicht uns der römische Liber Pontificalis. Er berichtet über die
Ankunft der bulgarischen Gesandtschaft in Rom — es war im August 866 — und
über die Entsendung römischer Missionare25. Nach dem Eintreffen der römischen
Geistlichen aber habe Boris-Michael alle anderen Missionare aus seinem Land aus-
gewiesen26 .
Eine wirkliche kirchliche Unabhängigkeit aber sah Boris-Michael nur erst in
einem landeseigenen Erzbistum garantiert, und darauf zielte seine ganze Politik
in den nächsten Jahren. Schon in den an Papst Nikolaus gerichteten Fragen hat
er dieses Thema vorgebracht. Der Papst beschreibt in seiner Antwort ausführlich
die in der westlichen Kirche geltenden Anschauungen: (72) 'Ihr fragt an, ob für
euch ein Patriarch ordiniert werden kann. In dieser Angelegenheit können wir
nichts Endgültiges sagen, bevor nicht unsere Legaten, die wir zu euch entsenden,
zurückgekehrt sind und uns berichten, wie groß die Anzahl der Christen bei euch
ist und ob unter ihnen Einmütigkeit herrscht. Freilich sollt ihr inzwischen einen
Bischof haben, und wenn mit wachsendem göttlichen Wohlwollen sich das Chri-

eorum regem pervenit, ut per se ipse ad aecclesia beati Petri Roma veniens, et ibi dona obtulit,
et a domno papa Nicholaus catholica fide monitus, Divinitatis scientiae instructus, baptizatus
et fide sancta confirmatus, recepit doctores ab eodem domno apostolico, suam reversus est
patriam. DÖPMANN, Lateinische Taufe Bulgariens S. 169-176; zur Datierung der Historia s.
WATTENBACH - LEVISON, Geschichtsquellen 4, S. 403.
21
Photius, Epistolarum liber I 8 (MIGNE PG 102, Sp. 657).
Dies wird in der Literatur immer mit einem gewissen Erstaunen vermerkt: SULLIVAN, Khan
Boris^ S. 60-63, 90; OBOLENSKY, Byzantine Commonwealth S. 86. - Zum ganzen Brief s.
DUJCEV, Conversion du peuple Bulgares S. 107-123.
23
Annales Fuldenses a. 866 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 65): Legati Vulgarorum ...
petentes, ut rex ideoneos predicatores christianae religionis adeos mittere non differet. Am 13.
Mai 866 war der bischöfliche Stuhl von Passau durch den Tod des Bischofs Hartwig vakant
geworden. Daß gerade Ermenrich im Sommer oder im Herbst desselben Jahres zum Nachfolger
bestellt wurde, geschah, wie M. HEUWIESER (Bistum Passau l, S. 146f) vermutet, wohl mit
Blick auf die Bulgarenmission.
24
Annales Fuldenses a. 867 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 65f): Rex Hludowicus
Vulgarum petitionibus annuens Ermenrichum episcopum cum presbyteris ac diaconibus ad
propagandam fidem catholicam praefatae genti destinavit. Sed cum illuc pervenissent, episcopi
a pontifice Romano missi totam illam terram praedicando et baptizando tarn tunc repleverunt;
quapropter isti accepta a rege licentia redierunt in sua.
25
Liber Ponrificalis, Vita Nicolai (ed. DUCHESNE 2, S. 16414~35).
26
Ebd. S. 16513.· omnes a suo regno pellens alienigenas, prefatorum apostolicorum solummodo
predicatione usus missorum.
252 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

stentum dort ausgebreitet hat und Bischöfe für die einzelnen Kirchen geweiht
sind, dann soll aus ihrer Reihe einer gewählt werden, der, wenn auch nicht Patri-
arch, so doch gewiß Erzbischof genannt werden muß. An ihn sollen sich alle wen-
den und in wichtigen Angelegenheiten seinen Entscheid entgegennehmen ... (73)
Von wem ein Patriarch ordiniert werden muß, fragt ihr. Dazu nehmt zur Kennt-
nis, daß dort, wo bisher kein Patriarch oder Erzbischof eingesetzt war, er erst-
malig von einem Höherstehenden eingesetzt werden muß; denn nach dem Apostel
wird das Geringere von dem Bedeutenderen gesegnet [cf. Hebr 7,7]. Nachdem er
so die Ermächtigung zur Amtsausübung erhalten hat und das Pallium trägt, weiht
er dann selbst die Bischöfe, die seinen Nachfolger zu ordinieren berechtigt sind.
Ihr aber, ganz gleich, ob ihr verlangt, daß euch ein Patriarch, Erzbischof oder
Bischof ordiniert werde, könnt jetzt nichts Vernünftigeres anstreben, als daß
dieser einzig vom Hohenpriester auf dem Stuhle des heiligen Petrus ordiniert
wird, 'von dem die Bischofswürde und das Apostelamt den Anfang nahmen'.
Dabei ist folgende Ordnung zu beachten: Zunächst muß vom Inhaber des Aposto-
lischen Stuhles für euch ein Bischof geweiht werden; wenn Christi Volk unter
seiner Führung wächst, nimmt er durch uns die Rechte eines Erzbischofs entge-
gen und schließlich setzt er Bischöfe für sein Gebiet ein, die nach seinem Hin-
scheiden seinen Nachfolger wählen. Wegen der Länge des Reiseweges braucht
der Gewählte zur Weihe aber nicht hierher zu kommen, sondern die Bischöfe,
die von dem heimgegangenen Erzbischof geweiht wurden, sollen ihn bei einer
Zusammenkunft in sein Amt einführen. Allerdings soll er einstweilen nicht den
erzbischöflichen Stuhl übernehmen und, abgesehen vom Leibe Christi, keine Kon-
sekrationen vollziehen, bevor er nicht vom römischen Stuhl das Pallium erhalten
hat. Dieses Verfahren erkennen alle Erzbischöfe in Gallien, Germanien und in
den übrigen Gebieten an.' 27
Boris hat den päpstlichen Rat getreu zu befolgen gesucht. Von den römischen
Missionaren wollte er sich Formosus zum Erzbischof ausersehen. Dieser aber war
bereits Bischof von Porto. Der Papst verweigerte dem Bulgaren sein Begehren mit
dem Hinweis auf die unlösliche Bindung, die ein Bischof mit der ihm anvertrau-
ten Herde einzuhalten habe 28 . So entsprach es in der Tat idealen Vorstellungen
des Kirchenrechtes, wurde aber in Wirklichkeit oft genug durchbrochen 29 . Die
wahren Gründe des Papstes für seine Verweigerung, die wesentlich zur alsbaldigen
Abkehr der Bulgaren von Rom beigetragen hat, liegen im Dunkeln 30 . Der Nach-
folger, Hadrian II., empfing im Jahre 869 nochmals eine bulgarische Gesandt-
schaft unter Leitung des dem Boris-Michael verwandten Petrus, der den römischen
Diakon Marinus zum Erzbischof erbat; ihn oder sonst einen aus den Kardinalen
wünschte Boris-Michael sich auswählen zu dürfen. Auch Hadrian entsprach dieser

27
Nicolai I papae epp. 99,72f (MGH Epp. 6, S. 592 27 -593 17 ); Übersetzung nach HEISER,
Responsa S. 465-467; KEMPF, Struktur der Kirche S. 50-53.
28
Liber Pontificalis, Vita Nicolai (ed. DUCHESNE 2, S. 16515;.· unumque exhts, Formosum,
vita et moribus episcopum, sibi dari archiepiscopum expetiverit; ebd. S. 16520: Formosum
episcopum plebem dimittere sibi creditam non oportebat.
29
GROTZ, Erbe wider Willen S. 208 mit Anm. 4.
30
Ebd. S. 209; SULLIVAN, Khan Boris S. 92.
J 40 Bulgaren 253

Bitte nicht, woraufhin die Bulgaren nochmals nachdrücklich ihren Wunsch nach
Formosus vorbrachten; aber wiederum vergeblich 31 . Seit 870 sehen wir dann
Boris-Michael sich enttäuscht von Rom abwenden. Im Anschluß an das 869/70
in Konstantinopel abgehaltene Konzil, das 8. Ökumenische, fand eine Sitzung
statt, auf der die Patriarchen des Ostens über die kirchliche Zugehörigkeit Bulga-
riens eine Entscheidung fällen sollten 32 . Dabei erfahren wir, daß päpstliche Le-
gaten anwesend waren, daneben aber auch eine bulgarische Gesandtschaft, wieder-
um unter Führung des Petrus. Die Patriarchen entschieden selbstverständlich für
den Osten, und die Bulgaren haben dies befolgt. Aus einem im November 871
geschriebenen Brief Hadrians II. ersehen wir, daß der Patriarch Ignatius zu der
Zeit bereits einen Bischof für Bulgarien ernannt hatte 33 . Der griechische Klerus
übernahm erneut die Missionsarbeit, und schon in einem Brief des Papstes Jo-
hannes VIII. von der Jahreswende 872/873 wird beklagt, daß Ignatius 'einen
Schismatiker mit dem Titel Erzbischof'34 nach Bulgarien gesandt habe. Das ost-
westliche Ringen um Bulgarien war damit, wenn auch zeitlich noch nicht beendet,
so doch für alle Zukunft entschieden.
Daß in der Hinwendung des Khans zum Papst auch "politische" Momente ent-
halten waren, verraten zwei Quellentexte, die bisher allerdings nicht entsprechend
ausgewertet worden sind. Es ist einmal jenes Protokoll, das uns über die bekannte
"Bulgarensitzung" informiert, welche im Anschluß an das 8. Ökumenische Konzil
stattfand 35 . Darin rufen die päpstlichen Legaten dem bulgarischen Abgesandten
Petrus, dem Verwandten des Boris, in Erinnerung, daß sich doch sein Herr, eben
der regierende Khan, mitsamt seinem Volke durch ihn, den Gesandten Petrus
selbst, dem Apostelfürsten Petrus übergeben habe und daß sie von dessen Nach-
folger, von Papst Nikolaus, die Gebote, nach denen sie leben sollten, wie auch die
Bischöfe und Priester erhalten hätten 36 . Der andere Text findet sich in der von
Anastasius verfaßten Vorrede zu den Akten desselben 8. Ökumenischen Konzils.
Die Ergebenheit des Boris, so heißt es da, sei derart angewachsen und in ihrer Ver-
ehrung gegen den heiligen Petrus so überschwenglich geworden, daß der Khan
eines Tages sich mit eigener Hand 'ins Haar gegriffen' und vor aller Augen sich
selbst den römischen Gesandten übergeben habe mit den Worten: 'Alle Großen
und alle Völkerschaften Bulgariens sollen erkennen, daß ich vom heutigen Tage an

31
Liber Pontificalis, Vita Hadriani II (ed. DUCHESNE 2, S. 1854); GROTZ, Erbe wider Wülen
S. 207-210.
32
STIERNON, Konstantinopel IV S. 190-194.
33
Hadriani II papae epp. 41 (MGH Epp. 6, S. 760 14 ): Ignatius in Vulgarum regione consecrare
praesumpsit antistitem.
Fragmenta registri lohannis VIII papae 9 (MGH Epp. 7, S. 278): [Ignatius] illuc quemdam
scismaticum sub nomine archiepiscopi destinavit.
35
S. Anm. 32.
36
Liber Pontificalis, Vita Hadriani II (ed. DUCHESNE 2, S. 18224J.· Legati sanctae Romanae
aecclesiae responderunt: 'Sanctae Romanae aecclesiae, cui per te, o Petre, tuus senior beato
apostolorum principi Petra cum omni gentis suae regno se tradidit, a cuius successore, vide-
licet egregio papa Nicolao, et precepta vivendi et episcopos ac presbiteros suscipere meruit,
vos et pertinuisse et pertinere debere etiam in eo monstratis quod postulates notros sacerdotes
et suscepistis et actenus veneratione congrua retinetis.'
254 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

nächst Gott des heiligen Petrus und seines Stellvertreters Knecht bin.'37 Die For-
schung hat diese, auf den ersten Blick zweifellos merkwürdigen Aussagen nur
reserviert aufgenommen, sie aber auch nicht einfachhin zu verwerfen gewagt.
Interessant ist zum Beispiel, wie sich die Herausgeber der Konzils-Praefatio,
E. Perels und G. Laehr, verhalten haben; sie verweisen auf jenen Brief Johannes'
VIII., in dem dieser Swatopluk von Mähren lobt, die weltlichen Fürsten hintan-
gestellt und den heiligen Petrus als alleinigen Patron erwählt zu haben 38 . An
anderer Stelle begnügt sich E. Perels damit zu konstatieren, der Bulgarenkönig
habe sich zum Knecht des heiligen Petrus gemacht 39 . Was aber dies bedeutete,
insbesondere ob darin kirchenpolitische Implikationen eingeschlossen waren, wird
nicht erörtert. Daß mit dem uns so fremdartig anmutenden "Haar-Ritus" durch-
aus ein politischer Gestus der Selbstübergabe an den Papst vorliegen könnte, ist
schon an anderer Stelle bei Erörterung ähnlicher Akte dargestellt worden40 .
Wichtiger sind aber noch andere Quellenaussagen. In einem Brief, den Johannes
VIII. im April 878 an Boris-Michael gerichtet hat, erscheint wieder jene Sprache
der geistlichen Sohnschaft, wie wir sie schon bei Swatopluk kennengelernt haben.
Der Papst fordert den Bulgaren auf, zum heiligen Petrus, dem ersten der Apostel,
zurückzukehren, 'den ihr geliebt, den ihr auserwählt, den ihr gesucht, dessen
Schutz (patrocinium) ihr in allen Bedrängnissen erhalten, von dem ihr heilsam und
geziemlich das Wasser seiner Lehre geschöpft und in dessen Schutz (protectio)
ihr euch mit allen Untergebenen empfohlen und übergeben habt'41 . Der Papst
hält sich bereit, den Rückkehrenden mit offenen Armen aufzunehmen 42 . Andere
Briefe enthalten Hinweise, die diese Redeweisen noch weiter zu erläutern geeignet
sind. So erinnert Papst Johannes VIII. in einem Schreiben des Sommers 879 den
Khan Boris-Michael daran, daß doch sein eigener Bruder Petrus nach Rom gekom-
men sei; Rom aber sei Haupt und Lehrerin aller Kirchen; von dort hätten alle
Könige und Fürsten das Wort der Wahrheit empfangen; von dort aber hätten auch
die Bulgaren die kirchliche Lehre und die rechten Weisungen erhalten 43 ; mit

37
Anastasius bibliothecarius, Praefatio V (MGH Epp. 7, S. 412 35 J: In tantum autem pietas
creverat principis et abundabat circa beatum Petrum venerationis affectu, ut quadam die manu
propria capillos suos apprehenderit et contemplantibus cunctis se Romanis missis tradiderit
dicens: Omnes primates et cuncti populi Vulgarum terrae.cognoscant ab hodierno die me
servum fore post Deum beati Petri et eius vicarii.'
38
MGH Epp. 7, S. 412 Anm. 9; Text zitiert in $ 39 Anm. 44, s. auch Anm. 49.
39
PERELS, Papst Nikolaus I. S. 162f.
40
S. $ 19 Abschnitt f.
41
lohannis VIII papae epp. 66 (MGH Epp. 7, S. 59 ): Revertimini ergo ad beatum Petrum
apostolorum primum, quem amastis, quem elegistis, quem quesistis cuiusque in necessitatibus
patrocinium percepistis et fluenta doctrine salubriter et convenienter hausistis cuiusque vos
protectioni cum subiectis omnibus commendastis et tradidistis.
42
Ebd. Ep. 182 (S. 14634), Ep. 192 (S. 15412J: spiritaliter amplectimur ulnis.
Ebd. Ep. 192 (S. 1543): Ipsius etiam gratia vobis revelante ad sedem beati Petri apostolorum
principis, que caput et magistra omnium ecclesiarum Dei existit et a qua omnes reges et princi-
pes verbum veritatis acceperunt, legatos vestros, Petrum scilicet cognatum vestrum et lohannem
atque Martinum, precessoris nostri domni Nikolai beatissimi presulis tempore direxistis, ut et
vos inde doctrinam ecclesiasticam atque canonica instituta reciperetis, übt totius ecclesie
$ 40 Bulgaren 255

seinem Brief aber besuche er gleichsam in eigener Person ihn, Michael, das ihm
vom Apostelfürsten anvertraute Schaf aus der Herde des Herrn, und er umarme
ihn geistlich mit geistlichen Armen als geliebten Sohn44. König Michael möge,
so heißt es in einem anderen Brief, zurückkehren zu seiner Mutter, der römischen
Kirche, die ihn in ihrem geistlichen Mutterschoß geboren und ihm durch Papst
Nikolaus die wahre Gestalt der Religion und des Rechtes vermittelt habe, die über-
haupt den Prinzipat über alle Völker innehabe und bei der deswegen alle Nationen
wie bei der einen Mutter und dem einen Haupt zusammenkämen. Die Gemeinde
eines anderen an sich zu reißen sei, wie die Väter lehrten, den Griechen nicht
gestattet 45 . In einem schon vorher geschriebenen Brief heißt es nochmals ver-
deutlichend: Wiewohl der allmächtige Gott sich die ganze Kirche als seine Braut
anvermählt und ohne Makel bewahrt habe, so habe er doch jenen Teil der Kirche,
den er als Hauptsitz des heiligen Petrus anerkannt wissen möchte, in besonderer
Weise ohne Makel und Runzel erhalten wollen46. Vorwurfsvoll schreibt dann der
Papst an Basileios L, daß der Patriarch Ignatios in das Bulgarenvolk eingedrungen
sei, welches doch auf des heiligen Petrus, des Himmelspförtners, und des heiligen
Paulus, des Völkerlehrers, Fürsprache hin göttlich erleuchtet, sodann durch
Gesandte des Apostolischen Stuhles zum Glauben an Christus bekehrt und in der
Taufe abgewaschen worden sei47 .
Die päpstlicherseits an Boris-Michael herangetragenen Gedanken lassen sich
verhältnismäßig leicht zu einer geschlossenen Abfolge zusammenordnen. Grund-
legend ist wieder der alte Gedanke von der Mater ecclesia, die, Gott angetraut,
in Taufe und Lehre ihre geistlichen Söhne gebiert. Wer aber in Glaube und Taufe
wiedergeboren ist, bleibt Glied derjenigen Kirche, die ihn wiedergeboren hat. Die
römische Kirche gilt dabei als bevorzugt und besonders makellos. In ihr waltet
an Christi Statt der heilige Petrus und stellvertretend für ihn die Päpste. Wer Lehre
und Taufe von Rom erhalten hat, steht darum in einem besonderen Verhältnis
zu dieser Kirche und ihren Leitern, den Päpsten. Dies glaubte Papst Johannes
VIII. auch gegenüber Boris-Michael beanspruchen zu dürfen; die Tatsache, daß der

Christus posuit principatum, quod nimirum secundum vestram voluntatem ab eadem sancta
Romana ecclesia promeruisti.
Ebd. Z. 12: his nostri apostolatus litteris visitamus et nostris apostolicis spiritaliter amplec-
timur ulnis.
5
Ebd. Ep. 198 (S. 159 ): Revertere iam, fili amantissime, ad sanctam matrem tuam Roma-
nam ecclesiam, que te religiöse utero genuit et per quam totius religionis et iustitie formam
sancto predecessors nostro Nikolao presule mittente suscepisti et que omnium gentium retinet
principatum et ad quam totius mundi quasi ad unam matrem et unum caput convenient natio-
nes. Nolite amplius deserere matrem tuam, quia illa tui non obliviscitur, quin potius quasi
unicum diligit et semper memoriam tui coram Domino facit. Non enim licitum fuit Grecis
alteriusparroechiam usurpare, sanctis hoc patribus apertissime prohibentibus.
Fragmenta registri lohannis VIII papae 7 (ebd. S. 277 2S J: Deus omnipotens, licet universam
aecclesiam sibi ut sponsam coniunxerit, quam sine macula exhibuerit, earn tarnen partem, quam
esse principalem sedemque Petri vocari decrevit, peculiarius noluit penitus höhere maculam aut
rugam aut aliquid huiusmodi.
7
Ebd. Nr. 40 (S. 296 28 J: ausu temerario presumpsit novam Bulgarorum gentem, beati Petri
celestis regni clavigeri et Pauli gentium doctoris precibus divinitus illustratam et per apostolicae
sedis legates ad fidem Christi conversam et sancto ablutam baptismate.
256 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Khan von Papst Nikolaus sowohl die christliche Lehre wie auch die Missionare
erbeten hatte, vermochte offenbar aufzuwiegen, daß Boris seine Taufe von Byzanz
empfangen hatte. Endlich wird auch verständlich, was die Hintanstellung der
weltlichen Fürsten meint; es sind die byzantinischen Kaiser, deren, im Taufpatro-
nat begründete geistliche Vaterschaft verlassen werden durfte, weil der Patronat
der Päpste und des heiligen Petrus von höherer Dignität war. Wenn jüngst wieder
darauf hingewiesen worden ist, daß die Begriffe 'patrocinium', 'tuitio', 'defensio',
wie sie die Päpste im 9. Jahrhundert gegenüber den Balkanfürsten verwandten,
nicht im Sinne einer politischen Abhängigkeit, sondern nur allgemein "religiös"
zu interpretieren seien48, so ist das zunächst gewiß richtig, sofern nur sicherge-
stellt bleibt, daß dieses religiöse Verständnis nicht zu allgemeiner Unverbindlich-
keit verschwimmt. Die Päpste erhoben hier einen klaren Anspruch auf'subiectio';
das bedeutete, daß die von ihnen missionierten Länder und Völkerschaften sich
in Lehre und Kult ganz an Rom anzuschließen hatten. Dies schloß dann auch
politische Aspekte ein: der König eines von Rom missionierten Volkes hatte in
der 'subiectio' des heiligen Petrus voranzugehen.

c) Nachfolger Symeon
Endlich ist noch ein Blick auf die Nachfolgeregelung zu werfen, die Boris-
Michael getroffen hat. Zwei Söhne von ihm sind in das Rampenlicht der Geschich-
te getreten. Vladimir wurde zum Nachfolger berufen, als Boris 889 ins Kloster
eintrat. Die bulgarische Bekehrungsgeschichte, die schon in der Taufe des Boris
so sehr dem üblichen Verfahren entsprach, erweist sich auch darin noch als gleich-
artig mit vielen anderen Konversionen, daß der Nachfolger-Sohn es wiederum mit
dem Heidentum versuchte: Vladimir reaktivierte die heidnischen Kräfte im Lande.
Boris mußte aus dem Kloster noch einmal auf die politische Bühne zurückkehren.
Seine Autorität aber vermochte das Bekehrungswerk zu retten 49 . Nachfolger
wurde nun ein anderer Sohn, der eigentlich zum geistlichen Beruf bestimmt
worden war und in Byzanz seine Erziehung erhalten hatte: Symeon50 .

48
FRIED, Päpstlicher Schutz S. 40ff. S. ebd. S. 44: "... wenn in dieser frühen Zeit der Gedanke
des päpstlichen Schutzes für sie [Laienfürsten] aufleuchtete, so läßt er sich — sehe ich recht —
durchweg auf Gebetsschutz reduzieren."
49
SULLIVAN, Khan Boris S. 75ff. Von den westlichen Chronisten ist Regino von Prüm zu
beachten: Chronicon a. 868 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 50, S. 96), wo im Vorausgriff auf
a. 889 berichtet wird: et ordinato in suo loco regem filium suum maiorem natu, comatn capitis
deposuit habituque sanctae conversations suscepto monachus effectus est, elemosinis, vigiliis
et orationibus die noctuque intentus. Interea filius eius, quem regem constituerat, lange a pater-
na intentione et operatione recedens predas cepit exercere, ebrietatibus, comessationibus et
libidinibus vacare et omni conamine adgentilitatis ritum populum noviter baptizatum revocare.
Quod cum pater audisset, nimio zelo accensus sacrum habitum deposuit et militiae cingulum
resumpsit et cultu regio indutus, adsociatis sibi Deum timentibus, filium persecutus est: quem
mox absque difficultate cepit, oculosque eius effodit, et in ca.rce.rem misit; deinde convocato
omni regno suo filium iuniorem regem constituit. RUNCIMAN, Bulgarian Empire S. 133-176.
50
Ebd. S. 137-183; OBOLENSKY, Byzantine Commonwealth S. 103-117; DUJCEV, Etat bul-
gareS. 111-126.
$ 40 Bulgaren 257

Hat Boris-Michael wenigstens zeitweilig versucht, dem byzantinischen Patronat


dadurch zu entkommen, da er sich nach Rom wandte, so ging sein Nachfolger
Symeon konsequent den Weg in Richtung Byzanz. Aber nicht untergebener
Sohn wollte er bleiben, vielmehr setzte er alles daran, von Byzanz sogar als Kaiser
anerkannt zu werden, und er scheute sich nicht, deswegen zu den Waffen zu grei-
fen. Im August 913 stand er drohend vor den Mauern von Konstantinopel und
konnte erreichen, da er von dem jungen Kaiser Konstantinos (913-959) und dem
Patriarchen Nikolaos Mystikos (901-907/912-925), dem tats chlichen Regenten
des Reiches, empfangen wurde. Dabei soll der Patriarch den Bulgaren sogar ge-
kr nt haben. Auch wurde die Verheiratung des damals etwa siebenj hrigen Kai-
sers mit einer Tochter Symeons verabredet, was ein Protektorat des Bulgaren ber
das Kaiser-Kind bedeutet h tte. Aber bald nach diesen Ereignissen trat ein Um-
schwung ein. Zun chst nahm die Kaiserin-Mutter Zoe die Herrschaft in ihre H n-
de. Der als nachgiebig geltende Patriarch Nikolaos mu te sich aus dem politischen
Geschehen zur ckziehen. Die Zuerkennung der Kaiserw rde an Symeon suchte
man durch das Ger cht zu entwerten, da der Bulgare mit einer nicht echten
Krone get uscht und deswegen ung ltig gekr nt worden sei51 . Von der beabsich-
tigten Verheiratung wurde gleichfalls Abstand genommen. Symeon k mpfte mit
umso gr erer Bitterkeit und belagerte 924 noch einmal die Kaiserstadt.
Vor diesem Hintergrund ist es interessant, den ber hmten Briefwechsel des
Patriarchen Nikolaos mit Symeon auf die Terminologie der geistlichen Verwandt-
schaft hin zu untersuchen. Am st rksten f llt auf, mit welcher Selbstverst ndlich-
keit der byzantinische Patronat auch f r Symeon als weiterhin g ltig und ver-
pflichtend betrachtet wurde. In einem Anfang Juli 913 geschriebenen Brief wird
gegen den Bulgaren, der in Waffen vor Konstantinopel stand, der Vorwurf erho-
ben, er habe das bereinkommen gebrochen, das zwischen Rhom ern und Bul-
garen Frieden bewirkt habe seit jenem Anfang, da die Bulgaren zur Taufe gekom-
men seien 52 . Nach einem weiteren Triumph Symeons im August 917 mahnt der
Patriarch, er solle nicht von neuem an Krieg denken gegen das Volk seines geist-
lichen Vaters, des von Gott gekr nten Kaisers. Dieser geistliche Vater des damals
gut f nfzigj hrigen Symeon aber war der 905 geborene Konstantinos VII. 53 ;
halb entschuldigend f gt deswegen der Patriarch an, der junge Vater habe seine
Liebe noch nicht unter Beweis stellen k nnen 54 . Zudem wird wieder die Taufe
in Erinnerung gebracht, durch welche die Bulgaren die Erkenntnis Christi erlangt
h tten; dabei sei auch die Vereinbarung getroffen worden, was r misches und
was bulgarisches Gebiet sei 55 . Auf die Taufe wird berhaupt mehrfach rekurriert.

51
OSTROGORSKY, Kr nung Symeons S. 53-64; D LGER, Bulgarenherrscher S. 183-196.
52
Nikolaos, Ep. 5 (ed. JENKINS - WESTERINK S. 26 26 ): Αλλ' ουδέ των κοινών συμφώνων
έποιήσω λόγον α την είρήνην εξ αρχής, αφ' ου τω βαπτισματι προσεληλύθατε, Τωμαώις
έμεσιτευσαν και Βουλγάροις.
53
D LGER, Bulgarenherrscher S. 192 Anm. 19.
54
Nikolaos, Ep. 9 (ed. JENKINS - WESTERINK S. 64 220 ): μηκέτιδίανοηθης έττηρεάσαι μηδέ
πόλεμον άναλαβέσθαι κατά του λαού τον αού πνευματικού πατρός, του θεοστεφούς ημών
βασιλέως · ου ei και μη -πεΐραν έλαβες της αγάπης δια τε το άωρον της ηλικίας.
55
Ebd. S. 66235: αφ' ου χρόνου τοις Βουλγαροις έξε'γένετο δια του -πανάχραντου βαπτίσματος
258 Mission und Kirchenorganisation unter den Karolingern

Mittels der Wiedergeburt habe Gott sie, die Bulgaren, mit dem rhom ischen Volk
wie S hne mit V tern verbunden 56 ; so ein Brief vom Beginn des Jahres 921. Nur
wenig sp ter formuliert der Patriarch ein Gebet, in dem f r Symeon erfleht wird,
er m ge zur ckfinden zu jenem g ttlichen Frieden, der durch die Taufe sowohl
Rhom ern wie Bulgaren gew hrt worden sei 57 . Ja, Symeon solle sich der alten
Tage erinnern, da er wie ein geliebter Sohn durch das Band des Heiligen Geistes
zur Liebe gegen den Vater und Kaiser verpflichtet worden sei; erinnern solle er
sich ebenso des ehemals guten und heiligen Friedens zwischen Rhom ern und
Bulgaren 58 . In einem der letzten Briefe beschw rt ihn der Patriarch noch einmal,
Gott habe doch Frieden zwischen Rhom ern und Bulgaren geschaffen, und die
Bulgaren m chten die Rhom er anerkennen wie Kinder ihre V ter, von denen sie
die Taufe empfangen h tten, und die Rhom er sollten, weil V ter, die Bulgaren
als ihre Kinder in Christus anerkennen 59 .
Der Befund ist eigentlich erstaunlich zu nennen. Denn obwohl Symeon von
einer starken, zeitweilig sogar bedrohlichen Position her agieren konnte, hielt
selbst der nachgiebige Patriarch Nikolaos daran fest, da der Bulgaren-Herrscher
und sein Volk sich seit ihrer Taufe in einer Position der Sohnschaft bef nden. Die
Absicht ist klar: Der ungeb rdige Sohn soll zu einem piet tvollen Verhalten gegen-
ber seinem Vater, dem Kaiser, angehalten werden. Nur gelegentlich werden auch
andere T ne angeschlagen, indem der Patriarch "auf die allgemeinere und auf die
'Bruderschaft in Christo' anspielende Bezeichnung 'Bruder' ... ausweicht, wohl
um die Empfindlichkeit des stolzen Bulgaren zu schonen"60 .
Erst Symeons Sohn Peter schlo 927 endg ltig Frieden. Eine bei dieser Gele-
genheit im Kaiserpalast gehaltene Rede rekapituliert die Geschichte der byzanti-
nisch-bulgarischen Beziehungen mit bemerkenswerten Einzelheiten: Durch das
Ablegen der barbarischen Lebensweise seien die Bulgaren adoptierte S hne Gottes
geworden; aber mit Symeon sei es zu Aufstand und Abfall gekommen; seine
Kaiserproklamation und die mi br uchliche Verwendung kaiserlicher Titel seien
gefolgt; ja, er habe seinen Vater — den Kaiser — verworfen und auch den Geist,
der die Grundlage seiner Sohnschaft gewesen sei 61 .

τον Χριστόν και θεόν των όλων έπιγνώναι και τα γεγενημένα τότε σύμφωνα των τε 'Ρωμαίων
και Βουλγάρων την επικράτειαν διορίζοντα συμπεφώνηται.
56
Ders., Ερ. 17 (ebd. S. 118152): δια της άγιας κολυμβήθρας και της εναυτή αναγεννήσεως,
ενώσας ως υιούς πατράσι τω 'Ρωμαίων γένει.
57
Ders., Ερ. 18 (ebd. S. 126 117 ): θείαν είρήνην, την δια του άγιου βαπτίσματος δεδομένην
'Ρωμαώις και Βουλγάροις.
58
Ders., Ερ. 21 (ebd. S. ISO 150 ): Μνήσθητι, τέκνον ημών, ήμερων αρχαίων εκείνων οτε τω
δεσμω του άγιου πώματος συνδεδεμένος ετύγχανες τη του πατρός και βασιλέως ως υιός
ποοεινός αγάπη · μνήσθητι της καλής εκείνης και αγίας μεταξύ 'Ρωμαίων και Βουλγάρων
ειρήνης.
59
Ders., Ερ. 29 (ebd. S. 202 85 ): το εξ αρχής έβράβευσε θεός την είρήνην μεταξύ 'Ρωμαίων και
Βουλγάρων, πάλιν έχητε την είρήνην, και ύμεϊς μεν ως τέκνα τους πατέρας έπιγινώσκητε,
παρ' ων έδέξασθε και του αγίου βαπτίσματος την χάριν, και οι 'Ρωμαίοι ως πατέρες τα οικεία
εν Χριστώ τέκνα τους Βουλγάρους έπιγινώσκωσιν.
60
D LGER, Bulgarenherrscher S. 190f Anm. 17.
61
JENKINS, Peace with Bulgaria S. 287-303; dort auch der griechische Text mit bersetzung.
$ 41 In den karolingischen Reichen 259

Für uns ist wichtig, daß hier Gedanken vorgetragen werden, wie sie der Westen
ebenso befolgte: Der Taufpatron war mit seinem geistlichen Sohn durch das Band
des heiligen Geistes verbunden. Daneben aber treten in Byzanz auch Vorstellun-
gen auf, die offenbar nur dort gegolten haben. Das Verhältnis 'Vater-Sohn' wurde
für dauernd erachtet und deshalb als von Fürst zu Fürst und von Generation zu
Generation übertragbar angesehen, so daß man sogar von einem "geistlichen Groß-
vater" oder auch einem "geistlichen Neffen" hat reden können 62 . Obendrein be-
traf das Sohnesverhältnis den Herrscher wie ausdrücklich auch sein Volk. Mit
F. Dölger ist demnach festzustellen: Das "Verhältnis 'Sohn-Vater' [gilt] sowohl
zwischen dem byzantinischen Kaiser und dem jeweiligen Bulgarenherrscher als
auch zwischen dem byzantinischen und dem bulgarischen Volke"63.

3. Die Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen

§ 41 In den karolingischen Reichen

Die Ereignisse in Bulgarien haben kaum zufällig einen so überaus starken Nach-
hall in westlichen Quellen gefunden. In Westeuropa stand man zur selben Zeit
vor gleichen Problemen, nämlich bei den Normannen. Für die karolingischen Herr-
scher des 9. ynd noch des beginnenden 10. Jahrhunderts waren die Taufen der ins
Reich eindringenden Normannenfürsten ein ständig akutes Politikum. So erwäh-
nen die Fuldaer Annalen zum Jahr 852 einen Harald, der vor dem Dänenkönig
Horik zu Ludwig dem Deutschen geflohen war und dann nach Taufe und Treue-
eid einige Jahre 'ehrenvoll' unter den Franken lebte; als jedoch fränkische Grenz-
verteidiger Verrat argwöhnten, erschlugen sie ihn kurzerhand 1 — ein erstes Bei-
spiel dafür, daß die Taufe ihre schonende Wirkung zu verlieren begann, wie über-
haupt seit der Mitte des 9. Jahrhunderts das Thema der erheuchelten Taufe
ständig wiederkehrt. Im Jahre 852 hat auch Gottfried, der in Mainz mit seinem

62
DÖLGER, Bulgarenherrschers. 183-196.
63
Ebd. S. 190.

1
Annales Fuldenses a. 852 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 41): Herialdus Nordmannus,
qui superioribus annis iram domini sui Horic Danorum regis fugiens ad regem Hludowicum
se contuiit et ab eo benigne susceptus baptizatus ac fidei sacramentis imbutus est, cum per
plures annos honorifice inter Francos haberetur, tandem principibus borealium partium et
custodibus Daniel limitis quasi lubricae fidei et molimine proditionis coepit esse suspectus,
unde et ab eis occisus est. S. dazu VOGEL, Normannen S. 408f; DÜMMLER, Ostfränkisches
Reich l, S. 358.
260 Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen

Vater getaufte Haraldsohn, den Franken den Rücken gekehrt, und sein Pate,
Kaiser Lothar, der ihn in St. Alban so feierlich aus der Taufe gehoben hatte,
mußte gegen ihn zu Felde ziehen2 . Als zu Beginn des Jahres 862 ein Normannen-
trupp unter Führung Welands in einem nächtlichen Überfall die Stadt Meaux
ausgeplündert und angezündet hatte, vermochte Karl der Kahle den Abziehenden
die Talfahrt auf der Marne zu verlegen, so daß verhandelt werden mußte. Zwanzig
Tage später, so berichtet Hinkmar von Reims, stellte sich Weland bei Karl ein,
kommendierte sich als dessen Vasall und leistete dabei mit seinen Leuten Eide.
Wohl noch im Frühjahr begab er sich erneut zu Karl — die Gründe sind im einzel-
nen unbekannt — und wurde mitsamt seinem Anhang Christ 3 . Da dieser Akt
offenbar im Beisein des westfränkischen Königs vollzogen wurde, möchte man
auch dessen Patenschaft vermuten. Daß dem Taufsohn ein Herrschaftsgebiet zu-
gewiesen worden wäre, wird allerdings nicht berichtet. Im folgenden Jahr wurde
Weland vor Karl der Treulosigkeit bezichtigt, und zwar von zwei Normannen,
die mit ihm — allerdings in heuchlerischer Weise, wie abschätzig mitgeteilt wird —
die Taufe empfangen hatten. Weland leugnete, unterlag freilich in einem darob
ausgetragenen Zweikampf 4 .

a) Gottfried
Am stärksten hat die Taufe des Normannen Gottfried die Gemüter erregt. Im
Sommer 882 gelang es Kaiser Karl III., Gottfrieds Heer in Ascloha, das an der
Maas nördlich von Maastricht zu lokalisieren ist 5 , einzuschließen. Ohne nun den
entscheidenden Kampf auszufechten, ging Karl auf Verhandlungen ein. Die Main-
zer Rezension der Fuldaer Annalen, die auf den aus der Gunst des Kaisers entlas-
senen vormaligen Erzkapellan Erzbischof Liutbert von Mainz zurückgeht6 , beklagt
den mit Gottfried ausgehandelten Frieden als schmählichen Verrat; den größten
Feind und Verräter habe man zum consors regni erhoben 7 . Die Regensburger

2
Annales Bertiniani a. 852 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 5, S. 42): Godefridus, Herioldi
Dani filius, qui quondam sub imperatore Ludowico Mogontiaci fuerat baptizatus, a Lothario
deficiens, ad suos se confert. Unde conrogata manu valida, Fresiam cum multitudine navium
adgreditur, deinde vicinia Scaldis fluminis, ad postremum [Sequanam] ingreditur. Quo occur-
rentibus Lothario et Karolo cum omni suo exercitu, utramque ripam eiusdem fluminis obsident.
VOGEL, Normannen S. 134f.
Annales Bertiniani a. 862 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 5, S. 57): Et post viginti circiter
dies ipse Welandus ad Karolum veniens, illi se commendavit et sacramenta cum eis quo s se cum
habuit statim praebuit; ebd. S. 58: Welandus cum uxore et filiis ad Karolum venit et christianus
cum suis efficitur. S. dazu VOGEL, Normannen S. 186-193; NEIFEIND, Verträge S. 79, 165f;
ZETTEL, Normannen S. 167f.
Annales Bertiniani a. 863 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 5, S. 66): Duo quoque Nortmanni,
qui nuper cum Welando, christianitatem dolo, ut tunc dicebatur et post claruit, postulantes,
de navibus exierunt, super eum infidelitatem miserunt. Quorum unus secundum gentis suae
morem cum eo negante armis coratn rege contendens, illum in certamine interfecit.
5
D'HAENENS, Invasions S. 312-315, wo mehrere Lokalisierungen diskutiert sind.
6
KELLER, Zum Sturz Karls III. S. 336-342; ZETTEL, Normannen S. l 55f.
7
Annales Fuldenses (A) a. 882 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 99): Sed Imperator
S 41 In den karolingischen Reichen 261

Rezension hingegen, welche die Ansicht des allmächtigen kaiserlichen Ratgebers


und seit 883 als Erzkapellan bezeugten Liutward von Vercelli wiedergibt 8 , sucht
die Abmachung zu rechtfertigen 9 . Zum Ergebnis jedenfalls gehörte, daß der Nor-
manne beschwor, weitere Raubzüge zu Lebzeiten Karls und in dessen Reich zu
unterlassen und überdies das Christentum anzunehmen. Tatsächlich wurde er ge-
tauft, wobei der Kaiser — wie wir nunmehr sagen können — in gewohnter Weise
Pate stand. An den Patengeschenken wird freilich deutlich, wie sehr der Täufling
als der Fordernde aufzutreten vermochte: Er erhielt jene Teile Frieslands, welche
vorher sein Verwandter (?) Rorik 10 , der seinerseits ein naher Verwandter des in
Mainz getauften Harald war, besessen hatte; faktisch nahm er fortan die Stellung
eines Dux im Rheindeltagebiet ein. Obendrein erhielt er 2412 Pfund reinsten
Goldes und Silbers, was nichts anderes als eine gewaltige Kontribution darstellte,
die, wie die Mainzer Version bitter bemerkt, demjenigen entrichtet wurde, von
dem der Kaiser hätte Tribut einfordern müssen" . Auch ist wohl schon damals
eine Heiratsabsprache getroffen worden; jedenfalls hat Gottfried 883 Gisla gehei-
ratet 12 , die Schwester jenes Hugo, welcher als Bastardsohn Lothars II. bald darauf

tantam contumeliam exercitui suo illatam flocci pendens praedictum Gotafridum de fönte
baptismatis levavit et, quern maximum inimicum et desertorem regni sui habuerat, consortem
regni constituit. Nam comitatus et beneficia, quae Rorich Nordmannus Francorum regibus
fidelis in Kinnin tenuerat, eidem hosti suisque hominibus ad inhabitandum delegavit; et quad
maioris est criminis, a quo obsides accipere et tributa exigere debuit, huic pravorum usus con-
silio contra consuetudinem parentum suorum, regum videlicet Francorum, tributa solvere non
erubuit. Nam thesauros aecclesiarum, qui propter metum hostium absconditi fuerant, abstulit
et auri purissimi atque argenti ad confusionem sui totiusque exercitus, qui illum sequebatur,
libras H. CCCC. XII eisdem dedit inimicis.
8
KELLER, Zum Sturz Karls III. S. 342-347.
9
Annales Fuldenses (B) a. 882 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 108): Consultum est
ex utraque parte, ut datis ex nostra parte obsidibus Sigifridus rex, qui manu validior erat, venit
extra munitionem supra sex miliaria ad regem. Primum iuramento contestatus est ex illa hora
et ultra usque, dum Karolus imperator viveret, numquam in suum regnum hostili praedatione
iturus; dehinc christianitatem professus ipsum imperatorem patrem in baptismate adquisivit.
Duos ibi dies laeti insimul versabant, turn remissis nostris obsidibus de munitione ipse e contra-
rio cum maximis muneribus remissus ad sua. Munera autem talia erant: in auro et argent o duo
mille libras et LXXX vel paulo plus; quam libram XX Solidos computamus expletam. Daß die
Regensburger Version nicht Gottfried, sondern Siegfried als normannischen Führer und Unter-
händler auftreten läßt, wird allgemein als Verwechselung gedeutet (VOGEL, Normannen S. 292
Anm. 2); KELLER, Zum Sturz Karls III. S. 342 Anm. 25 mit weiterführenden Überlegungen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Roric getauft worden; Flodoard, Historia Remensis Eccle-
siae III 26 (MGH SS 13, S. 54l 33 ): Rorico Nordmanno ad fidem Christi converso; ebd. 23
(S. 529 30 ). S. NEIFEIND, Verträge S. 78; ZETTEL, Normannen S. 165; BOSHOF, Königtum
S. 9-12; ebd. S. 12: "Alle ... Einzelmaßnahmen zeugen von dem konsequenten Bemühen Roriks
um eine feste Eingliederung in den fränkischen Staatsverband. Taufe und vasallitische Huldi-
gung boten dafür die entscheidenden Voraussetzungen."
11
Zum Ganzen s. VOGEL, Normannen S. 280-294; D'HAENENS, Invasions S. 49f, 178ff;
NEIFEIND, Verträge S. 80 (Taufe), S. 106 (Tribut); ZETTEL, Normannen S. 166f; BOSHOF,
Königtum S. 13-16.
12
Regino von Prüm, Chronicon a. 882 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 50, S. 119): Novissime
Godefridus rex Nortmannorum ea conditione christianum se fieri pollicetur. si ei munere regis
Fresia provincia concedetäur, et Gisla filia Lotharii in uxorem daretur. Quae, ut optavit,
262 Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen

im Verein mit seinem neuen Schwager gegen Karl das Reich seines Vaters zu ge-
winnen suchte. Gottfried, dem man diese Komplizenschaft als Verrat auslegte,
wurde darauf in einen Hinterhalt gelockt und bei Verhandlungen auf einer Rhein-
insel oberhalb von Nimwegen erschlagen. 'So verlieh ihm der Herr .den verdienten
Lohn für seine Untreue', wie die Mainzer Version hinzuzufügen nicht unterlassen
kann 13 . Welcher Art freilich die von Gottfried beschworene Treue gewesen ist,
läßt sich nicht mehr ganz durchschauen. Ob nämlich zu dem Band des ohnehin
nur für Karls Lebenszeit beschworenen Friedens sowie der Patenschaft und der
Heirat auch noch die Kommendation und gar der Lehnseid getreten sind, berich-
tet keine Quelle. "Sichtlich waren die Bande der Patenschaft und Schwägerschaft
die einzigen Treubindungen." 14
Zu Recht ist bemerkt worden, daß bei den Verhandlungen mit Gottfried be-
reits "modellhaft"15 jener Weg beschritten worden sei, den später in England wie
in der Normandie noch andere Normannen gegangen seien. Ausweitend müssen
wir jedoch feststellen, daß das "Modell" bei Gottfried nicht zum ersten Mal und
mit der Taufe der Normannen auch nicht zum letzten Mal angewendet worden ist.
Wir sehen hier einfach wiederum jenes Verfahren angewandt, das in Ost und West
schon seit langem bei der Pazifizierung solcher Völkerschaften üblich war, die ins
Reich einzudringen suchten.

b) Huncdeus
Kurz vor der Jahrhundertwende hören wir erneut von einer Taufe unter christ-
lichem Herrscher-Patronat. Zu Ostern 897 ließ sich der Normanne Huncdeus in
einem nicht näher bekannten Kloster Duninium taufen, und als sein Pate fun-
gierte Karl der Einfältige 16 . Dieser war 893 vierzehnjährig zum König erhoben
worden, mußte sich aber gegen den bereits 888 gleichfalls zum König erhobenen

adeptus baptizatus est et ex sacro fönte ab imperatore susceptus. Sigifrido et reliquis Nortman-
nis inmensum pondus auri et argenti expositum est, et tali tenore fines regni excedunt; Annales
Fuldenses (A) a. 883 (ebd. 7, S. 100): Gotafrid Nordmannus, qui superiore anno fuerat bapti-
zatus, cum Hugone Hlothariii filio foedus iniit eiusque sororem duxit in coniugium. Unde idem
Hugo audacior effectus regnum patris sui suae dicioni subiugare studuit; Annales Vedastini a.
882 (ebd. 12, S. 51): Godefridus vero rex ad euni exiit, cui imperator regnum Fresonum, quod
olim Roricus Danus tenuerat, dedit. Coniugemque ei dedit Gislam filiam Hlotharii regis Nort-
mannosque e suo regno abire fecit. S. dazu VOGEL, Normannen S. 295-311; BUISSON, Staats-
bildung S. 122ff; NEIFE1ND, Verträge S. 70.
13
Annales Fuldenses (A) a. 885 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 7, S. 102): Gotafrid Nord-
mannus, qui christianus effectus fidem imperatori et christiano populo se servaturum esse sa-
cramento firmavit, fidem mentitus exercitum non modicum de sua gente congregavit ... Nam
ab Heimricho aliisque fidelibus imperatoris ad colloquium invitatus et infidelitatis correptus,
cum eos convitiis variisque ludibriis exacerbaret, occisus est et omnes, qui cum illo erant, Do-
mino illi condignam infidelitatis suae mercedem retribuente; s. auch die Regensburger Version
ebd. (B) a. 885 (ebd. S. 114).
14
BUISSON, Staatsbildung S. 124.
15
ZETTEL, Normannen S. 167.
16
Annales Vedastini a. 897 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 12, S. 78): Karolus vero Hun-
deum ad se deductum Duninio monasterio in pascka eum de sacro fönte suscepit. NEIFE1ND,
Verträge S. 80f; ZETTEL, Normannen S. 278f.
$ 41 In den karolingischen Reichen 263

Grafen Odo von Paris durchsetzen. Die Patenschaft über Huncdeus, den Karl wohl
als Kampfgenossen zu gewinnen hoffte, stellt möglicherweise nur die Antwort
auf eine kritische Attacke dar, die Erzbischof Fulco von Reims vorgebracht
hatte. Der Kirchenmann hatte gemahnt, ein Bündnis mit Heiden bedeute nichts
anderes, als Gott zu verleugnen und Götzen anzuhangen. Wer sich mit Gottes-
feinden verbünde, verlasse Gott; er verliere das irdische und zugleich das himmli-
sche Reich. Fulco drohte dem König sogar an, daß er persönlich ihm die Treue
aufsagen müsse und andere ebenfalls zu einem solchen Schritt veranlassen werde;
selbst eine Exkommunikation sei dann nicht auszuschließen17. Der Reimser Erz-
bischof rührte hier an das Fundament der christlichen Herrschaft: Treue zum
König und Treue zu Gott waren unteilbar 18 . Von daher wird es leicht begreif-
lich, daß sich christliche Könige — und so auch Karl der Einfältige — bei einem
Bündnisschluß mit Heiden einem starken Druck ausgesetzt sahen, so daß sie ver-
suchen mußten, solche Partner zuerst zur Taufe zu bewegen; anderenfalls liefen
sie selbst Gefahr, im eigenen Herrschaftsbereich die Gefolgschaft zu verlieren.

c) Rollo
Die Taufe des Huncdeus, der wohl kein mächtiger Anführer mit großem Gefol-
ge gewesen ist, blieb ohne sichtliche Folgen. Ganz anders die gleichfalls in der Zeit
Karls des Einfältigen vollzogene Taufe des Normannen Rollo, aus dessen Ansied-
lung in der Grafschaft Rouen die nach den Nordleuten benannte Normandie her-
vorgegangen ist. Bedauerlicherweise sind die zeitgenössischen Quellen äußerst
karg 19 . Wie in so vielen anderen Fällen war Rollo erst zu Verhandlungen bereit,
als er eine militärische Schlappe bei der Belagerung von Chartres hinnehmen muß-
te20 . Die Folge war der Vertrag von St. Clair-sur-Epte21 . Daß Rollo sich hat tau-
fen lassen, ist hinreichend bezeugt 22 , aber kaum mehr. In ausführlicher Weise be-
richtet erst der Stiftsdekan Dudo vom St. Quentin über diese Vorgänge; freilich
schreibt er aus einem Abstand von hundert Jahren (zwischen 1000 und 1017),

17
Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae IV 5 (MGH SS 13, S. 565 23 J: Quis enim ... qui vobis
sicut oportet fidelis est, non expavescat, vos inimicorum Dei amicitiam velle et in cladem ac
ruinam nominis christiani pagana arma et foedera detestanda suscipere? Nihil enim distat,
utrum quis se paganis societ, an, abnegato Deo, idola adoret; ebd. Z. 32: ... dicam certe, licet
nolens, quia Deum relinquitis, cum vos eius hostibus sociatis; ebd. Z. 46: Sciatis enim, quia,
si hoc feceritis ... adquieveritis, numquam me fidelem habebitis, sed et quoscumque potuero a
vestra fidelitate revocabo, et cum omnibus coepiscopis meis vos et omnes vestros excommuni-
cans, aeterno anathemate condempnabo. SCHNEIDER, Erzbischof Fulco S. 164; VOGEL,
Normannen S. 377; NEIFEIND, Verträge S. 70, 80f.
18
HELBIG, Fideles S. 287-291.
S. die Quellensammlung DE BOÜARD, Documents S. 67-76; ferner die Quellenanalyse bei
GUILLOT, Conversion des Normands S. 101-116, 181-219.
20
VOGEL, Normannen S. 396-400; ZETTEL, Normannen S. 279f.
21
ZETTEL, Normannen S. 283-288; NEIFEIND, Verträge S. 92-98; GUILLOT, Conversion
des Normands S. Ulf.
22
PRENTOUT, Dudon S. 250ff; DOUGLAS, Rollo S. 432; DERS., Normandy S. 105; NEI-
FEIND, Verträge S. 81f.
264 Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen

dazu als sozusagen offizieller normannischer Hofschreiber 23 . Wenn darum seine


Ausführungen in sogar wichtigen Punkten der historischen Kritik nicht standhal-
ten, so stellen sie doch eine vorzügliche Quelle für die Denkweise der Zeit dar,
wie man sich die Patenschaft im Verein mit Vasallentum, Herrschaftszuweisung
und Heirat vereinbar dachte. Wie in anderen Quellen wird der zentrale Vorgang
nur in knapper Form mitgeteilt: Erzbischof Franco von Rouen habe Rollo nach
dessen Bekenntnis des Glaubens an den dreieinigen Gott getauft, und der Fran-
kenherzog Robert sei dabei der Pate gewesen; dieser habe dem Täufling auch sei-
nen Namen gegeben und ihn mit großen Gaben ehrenvoll beschenkt. Der getaufte
Rollo-Robert habe dann die Großen seiner Umgebung, ja sogar das ganze Heer
taufen lassen 24 . Wenn allerdings Dudo Erzbischof Franco als Taufspender an-
führt, kann man ihm aus chronologischen Gründen nicht folgen 25 . Die Patenschaft
Roberts hingegen wird man akzeptieren dürfen 26 , und gerade sie — wie übrigens
auch die Heirat — umgibt Dudo mit Erwägungen und Intentionen, wie sie charak-
teristisch sind für die politische Einbindung dieser Akte 27 . Aller Wahrscheinlich-
keit nach hat Robert, der mächtige Rivale Karls des Einfältigen, mit der Paten-
schaft ein Gegengewicht gegen den König zu schaffen gesucht. Diesem gegenüber
hatte nämlich Rollo den Handgang geleistet, war also eine vasallitische Bindung
23
GUILLOT, Conversion des Normands S. 198-208; WATTENBACH - HOLTZMANN -
SCHMALE, Geschichtsquellen 3, S. 997; MANITIUS, Lateinische Literatur 2, S. 257-265;
D'HAENENS, Invasions S. 224-228; NITSCHKE, Beobachtungen S. 272-284; vor allem PREN-
TOUT, Dudon S. 1-30.
24
Dudo von St. Quentin, De moribus et actis primorum Normanniae ducum II 30 (ed. LAIR
S. 170): Anno ... nongentesimo duodecimo, Franco archiepiscopus catholica fide sacrosanctae
Trinitatis imbutum Rollonem baptizavit, duxque Francorum Robertus de fönte Salvatoris eum
suscepit, nomenque suum ei imposuit, magnisque muneribus et donis honorifice ditavit. Rober-
tus autem, qui et Rollo, comites suos et milites omnemque manum exercitus sui baptizari
fecit. NEIFEIND, Verträge S. 81, 175.
25
GUILLOT, Conversion des Normands S. 200f; PRENTOUT, Dudon S. 259f; DOUGLAS,
Rollo S. 432; NEIFEIND, Verträge S. 82 Anm. 318. Auch dürfte sich Dudo geirrt haben, wenn
er die Verheiratung Rollos mit der Königstochter Gisla berichtet; Dudo von St. Quentin, De
moribus et actis primorum Normanniae ducum II 25 (ed. LAIR S. 166): Quin etiam ut pax
et concordia, atque amicitia firma et stabilis atque continua, omni tempore inter te et ilium per-
manent, filiam suam, Gislam nomine, uxorem in conjugio dabit tibi; qua copula prole laeta-
beris, regnumque in perpetuum tenebis. S. dazu DOUGLAS, Rollo S. 429 Anm. 4; ECKEL,
Charles le Simple S. 80-83.
26
Dudo von St. Quentin, De moribus et actis primorum Normanniae ducum II 27 (ed. LAIR
S. 167f): [Nuntius Roberti]: '... Quinimo dux idem deprecans ..., ut testificatum in Christi
nomine et in fönte salutifero baptismate lotum suscipi ab eo te sinas. Hinc eritis, si tibi placu-
erit, inseparabiliter fidi amici, nullusque contra vos stare poterit, facietque incessanter tuum
servitium regemque tibi omni tempore benevolum.' [Rollo\ dixit: '... veniat ... meque redimat
fönte immersum. Hie. mihi sit paterno amore pro patre, ego filiorum dilectione ero illipro filio.
Sucurrat mihi, si necesse fuerit, ut pater filio; ego illi, ut filius patri. Gaudeat meaprosperitate,
tristetur mea adversitate. Quae meae potestatis sunt, sui juris sint, et quae met juris, suae po-
testatis sint.' S. dazu NEIFEIND, Verträge S. 81f; ZETTEL, Normannen S. 288; BUISSON,
Staatsbildung S. 124f; DOUGLAS, Normandy S. 109; ECKEL, Charles le Simple S. 37, 83f.
27
O. GUILLOT (Conversion des Normands S. 207) vermerkt gleichfalls: "Le tableau dresse
par Dudon est en realite une sorte de modele theorique ..." Daß aber z.B. die Patenschaft darin
ein bereits geprägtes Element darstellt, ist nicht erkannt.
S 41 In den karolingischen Reichen 265

eingegangen 28 . So liegt der politische Hintergrund offenkundig zutage; der neue


Vasall des Königs sollte nicht diesem allein verpflichtet sein. Robert "brauchte
den mächtigsten Vasallen Karls, Rollo, nicht zu fürchten; war er doch dessen Pate
und hatte ihn auch durch Namensgebung 'wie einen Sohn' an sich gebunden" 29 .
Die Ansiedlung und besonders die Christianisierung der Neuankömmlinge stell-
ten die theologisch und kirchlich Verantwortlichen vor schwierige Fragen. Erz-
bischof Wido von Rouen (892-909) scheint sich in einer ratlosen Situation gese-
hen zu haben, als die Normannen sich in seinem Distrikt ansiedelten. Sein Reimser
Amtsbruder Heriveus stellte ihm eine kanonische Exzerpten-Sammlung von 23
Kapiteln zusammen30 , wobei er sich zuvor noch ratsuchend an Papst Johannes X.
wandte, dessen Antwort uns erhalten ist 31 . Was ist, so muß eine der Anfragen ge-
lautet haben, mit Getauften und bereits mehrmals Getauften zu tun, die weiter-
hin heidnisch leben und sogar nach Heidenart Christen erschlagen32. Die von der
Taufe erhoffte Friedenswirkung scheint nicht so rasch in Erfüllung gegangen zu
sein.

d) Taufe und 'infidelitas'


Aber es war ja nur natürlich, daß eine Taufe, die in stärkstem Maße von der mi-
litärisch-politischen Konstellation diktiert war, in ihrem religiösen und ethischen
Gehalt Schaden nehmen mußte; nur zu leicht konnte es geschehen, daß sie notge-
drungen hingenommen oder gar erheuchelt wurde. Das wiederum zog neue poli-
tische Konsequenzen nach sich: Man traute ihrer friedensstiftenden Wirkung nicht
mehr. Die Annalisten des 9. Jahrhunderts beklagen allgemein die 'infidelitas' der
getauften Normannen. Infolgedessen fühlten sich auch die Christen nicht mehr
unbedingt zur Schonung verpflichtet 33 . So waren ja schon der Normanne Harald
und später auch Gottfried erschlagen worden 34 . Der Reimser Chronist Richer
berichtet im ersten Buch seines kurz vor 1000 geschriebenen Geschiehtswerkes,
das freilich besonders im Anfang Nachrichten recht unterschiedlicher Glaubwür-

28
Dudo von St. Quentin, De moribus et actis primorum Normanniae ducum II 28 (ed. LAIR
S. 169): manus suas misit inter manus regis, quod numquam pater ejus, et avus, atque proavus
cuiquam fecit. Dedit itaque rex filiam suam, Gislam nomine, uxorem illi duci, terramque deter-
minatam in alodo et in fundo. S. dazu MITTEIS, Lehnrecht S. 324-335; BUISSON, Staatsbil-
dung S. 124ff; NEIFEIND, Verträge S. 95f; ECKEL, Charles le Simple S. 87f.
29
BUISSON, Staatsbildung S. 141.
30
Flodoard, Historia Remensis Ecclesiae IV 14 (MGH SS 13, S. 577); GUILLOT, Conversion
des Normands S. 181-186.
31
BÖHMER, Regesta Imperii 2/5, Nr. 20 u. 21 S. 8f; GUILLOT, Conversion des Normands S.
102-116.
2
Ep. Johannis papae ad Heriveum (MANSI 18, Sp. 190 C): quid agendum sit, quod fuerint
baptizati et rebaptizati, et post baptismum Centiliter vixerint, atque Paganorum more Christi-
anas interfecerint.
33
Annales Xantenses a. 873 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 12, S. 33 1 ): [Ruodoldus] inter-
fectus est et, quamvis baptizatus esset, caninam vitam digna morte finivit. S. auch NEIFEIND,
Vertrages. 128ff.
34
S. Anm. l u. 13.
266 Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen

digkeit enthält, einen dramatischen Vorfall, der gerade das Schwinden des Tauf-
und Patenschutzes veranschaulicht. Ein vom französischen König Odo besiegter
und gefangener Piraten-Tyrann Catillus wird vor die bekannte Alternative Tod
oder Taufe gestellt; er wählt letztere und wird dann in der Kathedrale von Limo-
ges getauft. Als er aber aus dem Wasser des Taufbrunnens hinaufsteigen will, um
sich vom König 'aufnehmen' zu lassen, stürzt einer von dessen Gefolgsmannen
hinzu und durchbohrt den Täufling mit dem Schwert. Der Mörder flieht zum Al-
tar als der nächsten sakrosankten Asylstätte, um im ersten Ansturm des allge-
meinen Entsetzens geschützt zu sein. Von dort aus gelingt es ihm alsbald, sowohl
den König wie auch alle anderen davon zu überzeugen, daß seine Tat vollauf zu
rechtfertigen sei: Der Getötete habe ja nur aus Furcht die Taufe angenommen;
in Freiheit entlassen, würde er nur seine Niederlage zu rächen gesucht haben 35 .
Wie also die Taufe keine Garantie mehr bot, den Frieden einzuhalten, so gewährte
sie auch keinen Schutz mehr für das Leben.
Fühlten sich aber die Christen davon entbunden, einen Getauften in jedem
Falle zu schützen, so kann es nicht mehr verwundern, wenn heidnische Fürsten
die christliche Hochschätzung der Taufe in listiger Weise ausnutzten, um auch
ihrerseits eigene Ziele skrupellos durchzusetzen. Ein legendär ausgeschmückter
Bericht, der am ausführlichsten bei Dudo von St. Quentin mitgeteilt wird36 , im
Kern aber auch bei vielen anderen zu finden ist 37 , kennt einen Normannenfürsten

35
Richer, Historiarum über I 10 (MGH SS rer. Germ. in. us. schol. 51, S. 8): Utiliter ergo
patrata victoria, rex tirannum captum secum Lemovicas ducit, Ibique ei vitae ac mortis optio-
nem dedit; si baptizaretur, vitam, sin minus, mortem promittens. Tirannus mox absque contra-
dictione baptizari petit. Sed dubium, an fide i quicquam habuerit. ... in sacrum fontem ab ipso
rege excipiendus descenderet iamque trina inmersione ... baptizatus esset, Ingo ante signifer,
gladio educto, loetaliter eum transverberat ... Rex tantum facinus indignans, principibus fre-
mentibus, homicidam rapi ac trucidari iubet. Ille, gladio proiecto, fugiens, sancti Marcialis aram
complexus est; indulgentiam ab rege ac primatibus postulans; ebd. 11 (S. 9): [/ngo].· Tirannum
captum metus causa baptismum petiisse, adverti, eumque, postquam dimitteretur, pluribus
iniuriis vicem redditurum suorumque stragem gravissime ulturum. GUILLOT, Conversion des
Normands S. 190.
Dudo von St. Quentin, De moribus et actis primorum Normanniae ducum I 5-7 (ed. LAIR S.
132ff): Decernens ergo Alstignus blasphemus ab omnibus non posse civitatem capi armis,
dolosum reperit consilium nefandissimae fraudis. [Normannen:] Noster senior infirmatus,
multisque doloribus plenus, vult a vobis fönte salutife.ro redimi, christianumque sese fieri: et si
morte hac in infirmitate praeoccupatus fuerit, vult vestra misericordia vestraque pietate hac in
civitate sepeliri. [Hasting nach der Taufe zu seinen Normannen:] 'Imminente nocte, me mor-
tuum nuntiate praesuli et comiti, et deposcite, nimium flentes, ut faciant me neophytum sua
urbe sepeliri. Enses et armillas, et quidquid est mei juris, dicite vos daturas illis.' [Nach der
Totenmesse:] His missarum solemniis decenter expletis, paulatimquepaganis congregatis, jussit
praesul corpus ad sepulturam deferri. Pagani cum magno clamore petebant feretrum, et dice-
bant alternatim non eum sepeliendum. Stabant igitur christiani super responsis eorum stupe-
facti. Tunc Alstignus feretro desiluit, cnsemque fulgentem vagina deripuit. Invasit funestus
praesulem, librum manu tenentem. Jugulat praesulem, prostrato et comite, stantemque clerum
in ecclesia inermen. Obstruxerunt pagani ostia templi, ne posset ullus elabi. NITSCHKE, Beob-
achtungen S. 287f. Kern dieser Geschichte könnte möglicherweise ein Italienzug sein, den eine
Normannengruppe in den 60er Jahren des 9. Jhs. unternommen hat; SMYTH, Scandinavian
Kings S. 64ff; DE VRIES, Lodbrokssöhne S. 122-146.
37
NITSCHKE, Beobachtungen S. 288 Anm. 93; DE VRIES, Lodbrokssöhne S. 146.
$ 42 In England 267

Hasting, der die Stadt Luna an der ligurischen Küste, die er fälschlicherweise für
Rom hielt, belagerte. Eines Tages läßt nun Hasting dem Bischof und den Bewoh-
nern unter Vorgabe des ihm nahe bevorstehenden Todes die Bereitschaft zum
Christentum und zur Taufe melden. Dem Wunsch wird entsprochen, und noch
am Abend des Tauftages tragen die Normannen den inzwischen angeblich Verstor-
benen in die Stadt, um ihn in der Kathedrale beerdigen zu lassen. Dort aber
springt der "Tote" plötzlich auf, greift mit seinen Leuten zu den Waffen und rich-
tet ein grausames Blutbad an. Die Taufe verpflichtet nicht mehr! Ihre Unverbind-
lichkeit zeigt sich pittoresk auch an einer oft zitierten Anekdote aus Notkers
Gesta Karoli. Wieder einmal habe sich eine ganze Gruppe von Normannen am kai-
serlichen Hof taufen lassen; als dabei aber die Taufkleider knapp geworden seien,
habe einer der Täuflinge protestiert; schon zwanzigmal sei er hier gebadet worden,
habe jedoch stets gute Kleider erhalten 38 . Die Taufe ist ein Akt von Bauern-
schläue geworden 39 .

§ 42 In England
a) Alfred der Große
Hatten im 8. Jahrhundert die Könige von Mercia eine einigende Oberhoheit
über die angelsächsischen Königreiche ausgeübt, so nahmen im 9. Jahrhundert die
Könige von Wessex diese Aufgabe wahr. Ihnen fiel dabei hauptsächlich zu, die
Normannen abzuwehren, die seit 834 eine wachsende Bedrohung darstellten. Als
Alfred der Große (871-899/901) die Herrschaft antrat, beherrschten die Dänen
ganz England nördlich der Themse. Der von Alfred im Jahre 878 bei Edington
(Wiltshire) erfochtene Sieg und der daraufhin zu Wedmore (Somerset) abge-
schlossene Friede retteten Wessex und dem südlichen Mercien die Selbständig-
keit1 . Für unser Thema ist wichtig, daß der unterlegene Däne Guttorm sich zur
Taufe bereitfand; König Alfred übernahm dabei die Patenschaft und verlieh ihm
den Namen Athelstan. Die Angelsachsen-Chronik berichtet darüber mit einigen
bemerkenswerten Details: Pate und Täufling seien zwölf Tage beieinander geblie-
ben; nach acht Tagen sei die Abnahme der Salbungsbinde erfolgt 2 . Bei Guttorms
38
Notker, Gesta Karoli II 19 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 12, S. 90).
39
GRAUS, VolkS. 155f.

1
WENSKUS, Alfred der Große S. 167ff; SMYTH, Scandinavian Kings S. 240-254; ZETTEL,
Normannen S. 240-246, 275ff. — Zur englischen Geschichte allgemein in dieser Periode
BROOKE, Kings S. 116-129; LYON, Vikings S. 44-67.
2
Anglo-Saxon Chronicle a. 878 (ed. WHITELOCK S. 49): '[King Alfred] fought against the
whole army and put it to flight, and pursued it as far as the fortress, and stayed there a fort-
night. And then the enemy gave him preliminary hostages and great oaths that they would
leave his kingdom, and promised also that their king should receive baptism, and they kept
their promise. Three weeks later King Guthrum with 30 of the men who were the most impor-
tant in the army came (to him) at Aller, which is near Athelney, and the king stood sponsor
to him at his baptism there; and the unbinding of the chrism took place at Wedmore. And he
was twelve days with the king, and he honoured him and his companions greatly with gifts."
268 Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen

Tod im Jahre 890 äußert sich die Chronik nochmals ausführlich: Sein Taufname
habe Athelstan gelautet, König Alfreds Patenkind sei er gewesen, und in Ostan-
glien habe er als erster Normannen-König gesiedelt3. Tatsächlich hat die Taufe
Guttorms, jedenfalls aufs Ganze gesehen, die erhoffte Friedenswirkung zu erzie-
len vermocht. Wie im zuvor ausgehandelten Frieden festgelegt, erhielt der Neuge-
taufte Ostanglien, wo er für seine Dänen ein eigenes Reich schuf 4 . Alfred mußte
sich in der Folgezeit freilich das friedliche Auskommen mit neuen Verträgen si-
chern und sogar mit Tributzahlungen erkaufen. In den Jahren 893-895 drängten
erneut Dänen, die auf dem Kontinent in der Schlacht von Löwen 891 eine Nieder-
lage erfahren hatten, nach England und verursachten schwere Kämpfe. Wiederum
hören wir davon, daß die Patenschaft eine schonende Wirkung auszuüben ver-
mochte: Als 893 die Familienangehörigen des Normannen Hasting gefangen ge-
nommen wurden, ließ König Alfred die Söhne seines Gegners frei, weil er und
einer seiner Großen sie früher aus der Taufe gehoben hatten 5 . Wie aber dieser
Taufvorgang vonstatten gegangen ist, wird nicht mitgeteilt; ob dabei auch wieder

S. auch Chronicon Aethelweardi IV (ed. CAMPBELL S. 43): Post autem pugnae solutionem
barbari pacem promittunt, inducias petunt, non negant obsides, iusiurandum confirmant, rex
eorum scilicet suscipit baptismatis fontem, quem superstes de lauacro sumit rex Aelfred in
Alnea insula paludensi. Dux pariter Aeihelnoth abluit post lauacmm eundem in loco Vuedmor,
illicque ei praebuit rex Aelfred honores magnifice. Asser, De rebus gestis Aelfredi 56 (ed.
STEVENSON S. 46 20 j; pagani insuper iuraverunt se citissime de suo regno exituros, necnon et
Godrum, rex eorum, Christianitatem subire et baptismum sub manu Aelfredi regis accipere
promisit. Quae omnia ille et sui, ut promiserant, impleverunt. Nam post hebdomadas tres
Godrum, paganorum rex, cum triginta electissimis de exercitu suo viris, ad Aelfred regem prope
Aethelingaeg in loco, qui dicitur Alre, pervenit. Quem Aelfred rex in filium adoptionis sibi
suscipiens, de fönte sacro baptismatis elevavit. Cuius chrismatis solutio octavo die in villa regia,
quae dicitur Waedmor, fuit. Qui, postquam baptizatus fuit, duodecim noctibus cum rege man-
sit. Cui rex cum suis omnibus multa et optima beneficia largiter dedit. STENTON, Anglo-
Saxon England S. 255ff; CHANEY, Cult of Kingship S. 171; BUISSON, Staatsbildung S. 120f;
ANGUS, Christianity S. 145. Die Frist von drei Wochen stimmt auffallend überein mit den '20
Tagen' vor Welands Gang zum König (s. $ 41 Anm. 3). Die Abnahme der Kopfbinde gehört
nach dem (allerdings jüngeren) norwegischen Recht zu den eine geistliche Verwandtschaft
begründenden Akten (s. $ 7 Anm. 59).
3
Anglo-Saxon Chronicle a. 890 (ed. WHITELOCK S. 53): 'And the northern king, Guthrum,
whose baptismal name was Athelstan, died. He was King Alfred's godson, and he lived in East
Anglia and was the first to settle that land'; Chronicon Aethelweardi IV (ed. CAMPBELL S.
47): Turn et Oreo tradit spiramen Guthrum, Borealium rex Anglorum, qui et Ethelstan a laua-
cro baptismatis sumpserat nomen a suo patrino, rege Aelfredo. — Guttorm hat auf seinen Tauf-
namen Münzen schlagen lassen; NORTH, Coinage Nr. 479 S. 72.
4
LIEBERMANN, Gesetze l, S. 126-129; ebd. S. 127: Hec sunt pads agenda, que Aelfredus
rex et Godrun rex omnes Anglie sapientes et omnis populus, qui in Eastanglia manet, consti-
tuerunt et iureiurando confirmauerunt pro se ipsis et iunioribus suis, progenitis et ingenitis,
qui Dei misericordiam diligunt et nostram. ZETTEL, Normannen S. 281ff.
5
Anglo-Saxon Chronicle a. 893 (ed. WHITELOCK S. 55): 'Haesten's wife and two sons were
brought to the king; and he gave them back to him, because one of them was his godson, and
the other the godson of Ealdorman Ethelred. They had stood sponsor to them before Haesten
came to Benfleet, and he had given the king oaths and hostages, and the king had also made him
generous gifts of money, and so he did also when he gave back the boy and the woman.' CHA-
NEY, Cult of Kingship S. 171; STENTON, Anglo-Saxon England S. 266.
$ 42 In England 269

ein Vertrag ausgehandelt wurde, ist nur zu mutmaßen 6 . Weiter war Alfred auch
über den walisischen König Anarawd ap Rhodri der Pate, und zwar von der Fir-
mung her. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen "Missionspatronat".
Bei dem Firmsohn ging es vielmehr um einen Beistands- und Freundschaftspakt:
König Alfred habe den Waliser ehrenvoll empfangen, ihn dann bei der Firmung
als Sohn aus den Händen des Bischofs angenommen und mit reichen Gaben be-
schenkt; der solcherart Aufgenommene habe sich mit allen seinen Gefolgsleuten
der Oberhoheit Alfreds unterworfen und sich bereit erklärt, ihm in allem Gefolg-
schaft zu leisten 7 . Der Fall verdient insofern unser Interesse, als er erneut die
Wirkkraft der geistlichen Verwandtschaftsbildung für politische Verbindungen
demonstriert. Alfred dürfte es darum gegangen sein, sich des Waliser-Königs, der
ihm beim Dänenkampf im Rücken stand, zu versichern. Später setzten sein Sohn
Eduard (899-924) und ebenso dessen Sohn und Nachfolger Athelstan (924-939)
den Kampf gegen die Dänen fort, und es gelang ihnen, die besetzten Gebiete
Merciens und Ostangliens zurückzuerobern8 .

b) Wikinger-Reich von York


Hartnäckiger als mit den ostanglischen Dänen gestaltete sich der Kampf gegen
das Normannenreich von York, das seit 918 mit dem norwegischen Wikinger-
Reich um Dublin in engster Verbindung stand. In diesem Jahr erfocht sich näm-
lich der heidnische Norweger Ragnvald, aus Irland kommend, die Herrschaft über
York, und bis zur Mitte des Jahrhunderts ging der Kampf darum, ob seine Fami-
lie, das Haus Ivar, sich dort zu behaupten vermöchte 9 .
Ragnvalds Nachfolger wurde der gleichfalls von Dublin kommende Sigtrygg.
englischer Seite herrschte seit 924 der alsbald so erfolgreiche Athelstan.
Am 30. Januar 926 trafen sich die beiden Herrscher zu Tamworth und schlössen
einen 'ewigen Vertrag', der weitgehend unserem Modell entspricht: Sigtrygg heira-
tete eine Schwester Athelstans10, und nach Roger von Wendover gehörte zur Zere-
monie auch die Konversion; der Dänenherrscher habe die heidnische Religion aus
Liebe zu seiner Braut aufgegeben und den christlichen Glauben empfangen 11 . Ob

6
ZETTEL, Normannen S. 282.
7
Asser, De rebus gestis Alfredi 80 (ed. STEVENSON S. 6613j: Anaraut quoque filius Rotri,
cum suis fratribus, ad postremum amicitiam Northanhymbrorum deserens, ... amicitiam regis
studiose requirens ad praesentiam illius advenit, cumque a rege honorifice receptus esset, et ad
manum episcopi in filium confirmations acceptus, maximisque donis ditatus, se regis dominio
cum omnibus suis eadem condicione subdidit, ut in omnibus regiae voluntati sie oboediens
esset, sicut Aethered cum Merciis.
8
BROOKE, Kings S. 130-157.
9
CAMPBELL, Norse Kingdoms S. 85-91; ANGUS, Christianity S. 142.
10
Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum II 134 (ed. STUBBS S. 146): sororis
copula et multiplicibus xeniis muneratus, perpetui foederis fundamenta jecit.
11
Roger von Wendover, Chronica sive Flores Historiarum a. 925 (ed. COXE l, S. 385): Ethel-
stanus, rex Anglorum, Eathgitam sororem suam, Sithrico Danica nations progenito, Northan-
humbrorum regi, matrimonio honorifice copulavit; qui, ob amorem virginis paganismum relin-
quens, fidem Christi suscepit...
270 Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen

Athelstan dabei als Pate fungierte, bleibt unbekannt. Wohl ist vermutet worden,
daß außer dem beiderseitigen Versprechen, nicht in das Land des jeweils anderen
einzufallen, Sigtrygg für York wie für Nordhumbrien die westsächsische Oberho-
heit anerkannt habe 12 . Doch blieb der Vertrag nicht lange bestehen: Sigtrygg
habe sehr bald die gesegnete Braut verstoßen, seinen Christenglauben verlassen
und die Verehrung der Götzen wieder aufgenommen13 . Aber schon 927 'beendete
er sein beklagenswertes Leben als Apostat'14 .
Von Dublin kam nun Gotfrit (+ 934), der sich aber in York nicht lange zu be-
haupten vermochte. Als erster westsächsischer König betrat Athelstan im Jahre
927 die Stadt 15 . Gotfrit machte nach vergeblicher Gegenwehr seinen Frieden mit
ihm, und 'verschwenderisch feierten sie vier Tage lang'16. Zuvor aber hatte Gotfrit
die Unterstützung des schottischen Königs Konstantin gefunden, der sich jedoch
schon mehrmals englischen Königen unterworfen hatte; den Schotten suchte
Athelstan nun aufs neue dadurch in Pflicht zu nehmen, daß er dessen Sohn aus
der Taufe hob; dies sei geschehen 'behufs eines Vertrages' 17 . Als nach Gotfrits
Tod (934) dessen Sohn Olaf in England erschien, um sich York zu erkämpfen,
vermochte ihm Athelstan 937 bei Brunaburh (das nicht sicher zu lokalisieren ist)
eine vernichtende Niederlage beizubringen18 ; mit den Unterlegenen kämpfte auch
der schon betagte Konstantin, der dabei einen Sohn auf dem Schlachtfeld ließ19.
Nach Atehlstans Tod (939) anerkannten die Nordhumbrier allerdings nicht dessen
Bruder Edmund, sondern brachen, wie die Angelsachsen-Chronik berichtet, 'ihren
feierlichen Eid und erkoren Olaf von Irland zum König' 20 . Olaf fand in Nord-
humbrien die Unterstützung des Erzbischofs Wulfstan von York 21 ; manche möch-
ten deswegen annehmen, daß er Christ gewesen sei 22 . Schon bald aber fand Olaf
den Tod (941). Ihm folgte in York, wiederum von Dublin kommend, sein heidni-
scher Vetter Olaf Sigtryggson, der auch Olaf Cuaran genannt wird23 . Seine Herr-
schaft erlitt durch Edmund schon bald beträchtliche Einbußen. Der Angelsach-
sen-Chronik zufolge nahm Olaf im Jahre 943 unter Edmunds Patenschaft die

12
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 6f.
13
Roger von Wendover, Chronica sive Flores Historiarum a. 925 (ed. Coxe l, S. 385): sednon
multo post beatam virginem abjiciens, idolorum culturam restauravit ... SMYTH, Scandinavian
York and Dublin 2,5.4.
14
Roger von Wendover, Chronica sive Flores Historiarum a. 925 (ed. COXE l, S. 385): et post
modicum temporis apostatus vitam miserabiliter terminavit.
15
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 10-14.
16
Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum II 134 (ed. STUBBS S. 147).
1
Ebd.: In cujus pacti gratia filium Constantini baptizari jussum ipse de sacro fönte suscepit.
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 65f.
18
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 31-88; ebd. S. 62: "the greatest single battle
in Anglo-Saxon history before Hastings".
19
Ebd. S. 37, 40.
20
Anglo-Saxon Chronicle (D) a. 941 (ed. WHITELOCK S. 70): 'In this year the Northumbrians
were false to their pledges, and chose Olaf from Ireland as their king.'
21
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 90ff, 99f.
22
ANGUS, Christianity S. 155; LAMB, Archbishopric of York S. 121f.
23
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 107-125.
S 42 In England 271

Taufe 24 , was bedeuten dürfte, daß er sich mit der Stellung eines Unterkönigs
zufriedengeben mußte 25 ; vielleicht war diese seine untergeordnete Stellung der
Grund dafür, daß die Nordhumbrier ihn schon bald ablehnten. Ebenfalls erschien
in Nordhumbrien Ragnvald Gutfritson, ein Bruder Olafs, der sich gleichfalls unter
Edmund beugen mußte; 943 wurde der König sein Firmpate, was voraussetzt,
daß er bereits vorher Christ geworden war 26 . Der königliche Pate hat freilich seine
geistlichen Söhne wenig schonend behandelt; schon 945 waren beide endgültig
aus Nordhumbrien vertrieben, wobei Ragnvald sogar den Tod fand 21 . Als Edmund
selbst 946 ermordet wurde, folgte ihm sein Bruder Eldred (946-955). Die Nord-
humbrier aber erwählten wiederum nicht ihn zum König, sondern einen Sohn
des Norweger-Königs Harald Schönhaar, nämlich Erich Blutaxt; ihn hatte sein
Halbbruder Hakon, der aber ein Ziehsohn Athelstans war, aus Norwegen vertrie-
ben28 . Nach der Heimskringla-Saga soll dem Erwählten die Taufe zur Bedingung
gemacht worden sein 29 . Mit wechselndem Glück — zeitweilig kehrte Olaf Cuaran
wieder zurück — regierte Erich bis zu seiner Vertreibung im Jahre 954; wenig
später wurde er ermordet.
Man hat beobachten wollen, daß in all diesen Jahren Erzbischof Wulfstan
(930/31-956) die wichtigste Persönlichkeit im Reich von York gewesen sei. Dem
Erzbischof und den Großen von Nordhumbrien ging es in Wirklichkeit zuerst um
ihre Unabhängigkeit von Wessex. Dafür waren sie auch normannische Könige zu
akzeptieren bereit, deren Taufe erwünscht, aber nicht unabdingbar war 30 . Den
Erzbischof traf dann auch die ganze Abneigung der westsächsischen Könige;
Edmund setzte ihn zeitweilig gefangen. Lucien Musset hat darauf hingewiesen,
daß dem Christenglauben und insbesondere einem Erzbischof für das Zusammen-
leben von Normannen und Einheimischen eine große Bedeutung zugesprochen
werden müsse. Nur zwei skandinavische Kolonien hätten hier eine Lösung gefun-
den: das Reich von York sowie das von Rouen; in beiden Fällen sei es eine beson-
dere Sorge der Wikingerführer gewesen, den Repräsentanten der Kirche, eben den
Erzbischof, für sich zu gewinnen, was sowohl dem Zusammenleben wie auch dem
eigenen Ansehen förderlich gewesen sei. Andere Kolonien, so die in Friesland so-
wie zu Nantes oder auch in Dublin, hätten keine solche Zusammenarbeit zustande
gebracht, sehr zum Schaden ihres Fortbestandes 31 .

24
Anglo-Saxon Chronicle (C) a. 943 (ed. WHITELOCK S. 71): 'In this year King Edmund
stood sponsor to King Olaf at baptism ...'
25
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 110.
26
Anglo-Saxon Chronicle (C) a. 943 (ed. WHITELOCK S. 71): 'and the same year, after a
fairly big interval, he stood sponsor to King Ragnald at his confirmation'; SMYTH, Scandina-
vian York and Dublin 2, S. 11 If.
27
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 113f.
28
Anglo-Saxon Chronicle a. 948 (ed. WHITELOCK S. 72); ANGUS, Christianity S. 157;
LAMB, Archbishopric of York S. 125f; Heimskringla, Die Geschichte von Hakon dem Guten 3
(Thule 14, S. 139).
29
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 180f.
30
ANGUS, Christianity S. 158ff; LAMB, Archbishopric of York S. 125ff.
31
MÜSSET, Etude comparative S. 41, 46.
272 Bekehrung und Seßhaftmachung der Normannen

Mit Erich Blutaxt fand das Reich von York sein Ende. England erlebte eine
längere Friedensperiode, bis um die Jahrtausendwende neue dänisch-norwegische
Wikingerscharen das Land heimsuchten. Der Norweger Olaf Tryggvasson erfocht
991 bei Maldon in Essex den Sieg über König Aethelred (978-1016), der den Bei-
namen "the Unready" — der Unberatene — trägt. Drei Jahre später erschien Olaf
zusammen mit dem Dänenkönig Sven Gabelbart; doch sah er sich zum Frieden
genötigt, weil er nach Norwegen zurückgerufen wurde. Wie die Angelsachsen-
Chronik zum Jahre 994 berichtet, fand sich Olaf zu Andover ein, wo Aethelred
die Patenschaft bei seiner Firmung übernahm und ihn königlich beschenkte 32 .
Wie schon für die angelsächsische Bekehrungszeit müssen wir auch für die
Periode der Normanneneinfälle feststellen, daß immer wieder die bis zur Formel-
haftigkeit typisierten Berichte über Königstaufen und königliche Patenschaften
erscheinen, welche in Verträge und Friedensbündnisse eingebunden sind. Schauen
wir dabei noch einmal auf König Athelstan zurück, bei dem am deutlichsten
sichtbar wird, wie sehr der Patronat dem Aufbau einer politischen Oberherrschaft
dienstbar gemacht wurde. Schon zwei Jahre nach seinem Regierungsantritt, im
Jahre 926, ließ sich Sigtrygg in seiner Gegenwart taufen, und 927 wurde der
König Pate über einen Sohn des schottischen Konstantin. Ein anderes bei Athel-
stan nicht zu übersehendes Mittel, politische Verbindungen herzustellen, war
die "Heiratspolitik": Seine Schwester Eadgifu war mit dem westfränkischen Karl
III. verheiratet; 926 vermählte er die Schwester Eadhild mit Hugo von Francien,
und eine dritte, Eadgyth, wurde 929 Gemahlin Ottos I.33 . Wenn die Angelsachsen-
Chronik bereits Edward den Älteren 'Vater und Herrn' der Schotten, Waliser,
Nordhumbrier, Dänen und Nordleute nennt 34 , so wird man dies wohl im Sinne
einer Völker-Vaterschaft, ja einer Oberhoheit, interpretieren dürfen. Vor allem
Athelstan hat diese Oberhoheit weiter befestigt und auch in seinen Titulaturen
deutlich dokumentiert. Die Angelsachsen-Chronik vermeldet zum Jahre 927, daß
er die Könige der Insel unter seine Herrschaft gebracht habe: den Waliser-König
Hywel, den Schotten-König Konstantin, den Gwenter-König Owain und endlich
Ealdered von Bamburgh 35 . In den Königsurkunden wurde schon seit Alfred dem
Großen die Oberhoheit der Westsachsen über andere Gentilverbände zum Aus-
druck gebracht 36 . Bei Athelstan erreichte diese "imperiale" Selbstdarstellung
einen ersten Höhepunkt: Seine "hegemonialen Titulaturen [reflektieren] die ober-

32
Anglo-Saxon Chronicle a. 994 (ed. WHITELOCK S. 83): 'And they then brought Olaf to
the king at Andover with much ceremony, and King Ethelred stood sponsor to him at confir-
mation, and bestowed gifts on him royally. And then Olaf promised — as also he performed —
that he would never come back to England in hostility.'
33
SMYTH, Scandinavian York and Dublin 2, S. 82; LEYSER, Ottonen und Wessex S. 73-97.
34
Anglo-Saxon Chronicle (A) a. 920 (ed. WHITELOCK S. 67f): 'And then the king of the
Scots and all the people of the Scots, and Ragnald, and the sons of Eadwulf and all who live in
Northumbria, both English and Danish, Norsemen and others, and also the king of the Strath-
clyde Welsh and all the Strathclyde Welsh, chose him as father and lord.'
35
Anglo-Saxon Chronicle (D) a. 926 (ebd. S. 68f); KLEINSCHMIDT, Englisches Königtum
S. 66.
36
KLEINSCHMIDT, Englisches Königtum S. 50-64.
§ 42 In England 273

herrschaftliche Stellung ... gegenüber anderen Königen auf der Britischen Insel" 37 .
Am häufigsten verwandten er und seine Nachfolger den Titel 'basileus', aber auch
'gubernator et rector', 'archons' und 'imperator'38 .

c) Mission in Norwegen
Ob dabei wirklich, wie man gefolgert hat, "die Formulierung der hegemonialen
Urkunden-Titulaturen eine auf die Britische Insel beschränkte Intention verfolg-
te"39 , bleibt fraglich. Jedenfalls hat es den Anschein, daß Athelstan den Taufpa-
tronat, wie er ihn schon zur Bestärkung seiner Oberherrschaft im eigenen Land
einsetzte, so auch missionarisch außerhalb der britischen Insel zu nutzen suchte.
An seinem Hof war der schon erwähnte Gegner von Erich Blutaxt, Hakon der
Gute (935-959), erzogen worden, der darum auch als sein Ziehsohn galt (Athel-
stanfostre) 40 ; möglicherweise war der König auch sein Pate41. Als Hakon Erich
Blutaxt aus Norwegen vertrieben hatte, begann er dort, das Christentum einzu-
führen 42 . Die Missionare aber kamen aus England. Darüber berichten nicht nur
die Sagas43, dies läßt sich vielmehr auch aus historischen Quellen wahrscheinlich
machen 44 . Noch deutlicher zeigt sich der englische Einfluß zur Zeit Olaf Trygg-
vassons (995-1000). Dieser hatte 994 zu Andover unter dem Patronat König
Aethelreds die Firmung empfangen 45 . Als er in seiner Heimat das Christentum
durchzusetzen begann, holte auch er die Missionare aus England46. Da aber Nor-
wegen zu den vom Erzbistum Bremen-Hamburg beanspruchten Missionsgebieten
zählte 47 , wurden durch die englischen Missionare die Interessen der deutschen
Reichskirche tangiert, zumal Agapet II. 948 in einem Privileg die Zugehörigkeit
des ganzen Nordens zu Bremen-Hamburg bestätigt hatte 48 . So konnte denn
auch Adam von Bremen seine Ungehaltenheit über die englischen Eindringlinge
nur "großzügig" überspielen. Nach Norwegen sei als erster Bischof Johannes aus
England gekommen, der den König bekehrt und mitsamt dem Volk getauft
habe 49 . In einem Scholion aber verrät Adam seine ganze Empfindlichkeit: Zuvor

37
Ebd. S. 70.
38
Ebd. S. 40ff.
39
Ebd. S. 103.
40
S. Anm. 28.
Dies kann aber nur erschlossen werden aus der Verwandtschaft von Ziehvaterschaft und
Patenschaft.
42
Übersicht bei GERHARDT - HUBATSCH, Norwegische Geschichte S. 50-79; TRILLMICH,
Nordgermanisches Heidentum S. 27-43; WOLF, Olaf Tryggvason S. 9-32.
43
Heimskringla, Die Geschichte von Hakon dem Guten 13 (Thule 14, S. 149).
44
BIRKELI, Missionary activities S. 28ff.
45
S. Anm. 32.
46
MAURER, Bekehrung des Norwegischen Stammes l, S. 282f.
47
SEEGRÜN, Erzbistum Hamburg S. 110 mit anschließender Übersicht.
48
S. $ 44 Anm. 17.
49
Adam von Bremen, Gesta pontificum IV 34 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 2686): In
Nortmanniam primus ab Anglia venit quidem lohannes episcopus, qui regem conversum cum
populo baptizavit.
274 Mission und Kirchen organisation unter den Ottonen

hätten 'von den Unsrigen' Liafdag, Odinkar und Poppo dem Volke gepredigt.
'Wir können also sagen, die Unsrigen haben die Arbeit getan, aber in ihre Arbeit
haben sich die Angeln eingedrängt.'50 Doch die Mutterkirche Hamburg sehe es
ohne Neid, sofern nur ihren Kindern, selbst von Eindringlingen, Gutes widerfah-
re51 . Der ganze Vorgang erweist wiederum die große Bedeutung der Missionars-
entsendung für die jeweilige kirchliche Zuständigkeit; undenkbar, daß dies den
angelsächsischen Königen, die sich so stolz 'basüeus' nannten, nicht bewußt ge-
wesen sein soll. Tatsächlich sprechen denn auch die nachfolgenden Ereignisse
eine beredte Sprache. Olaf der Heilige (1015-1030) holte ebenfalls die Missionare
aus England; doch schickte er später seinen Bischof Grimkil nach Bremen zu
Erzbischof Unwan52 . Das Motiv dürfte darin zu suchen sein, daß Olaf, der in stän-
digem Krieg mit Knut von Dänemark lag, sich der kirchlichen Oberhoheit Eng-
lands, wo sein dänischer Rivale ebenfalls regierte, entziehen wollte53.

4. Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

$ 43 Otto der Große

Schon 936 bei seiner Königskrönung und ebenso 962 bei der Kaiserkrönung
suchte Otto der Große bewußt den Rückbezug auf Karl den Großen1 . Ähnlich
steht es mit der Missionspolitik. Wie schon bei Karl "war Ottos Vorgehen durch
die Gleichrichtung von Mission und Herrschaft bestimmt" 2 ; es war wiederum eine
"Kombination von staatlicher Expansion und kirchlicher Mission"3 .
Hier interessiert vor allem, ob Otto erneut auch den Taufpatronat eingesetzt
hat. In seinem Bemühen um den Ausgleich im Innern des Reiches sehen wir ihn
tatsächlich als Compater agieren. So nennt der König in einem Diplom des Jahres
940 den Mindener Bischof Evergis seinen fidelis compater4 ; doch bleiben uns die

50
Ebd. Scholion 147 (S. 268 11 ).
51
Ebd. II 37 (S. 98 6 ).
52
Ebd. II 57 (S. 117f); IV 34 (S. 268 8 J: Grimkil episcopus, qui tunc fuit ad Unwanum archi-
episcopum Olaph regis legatus.
53
SEEGRÜN, Papsttum S. 51; GERHARDT - HUBATSCH, Norwegische Geschichte S. 72f.

1
SCHRAMM, Renovatio S. 68ff; HAUCK, Ottonen und Aachen S. 39-53.
2
FLECKENSTEIN, Reich der Ottonen S. 253.
3
BEUMANN, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 43.
4
DO I 34 [940 Sept. 15] (MGH Dipl. reg. et imp. Germ, l, S. 1209): Eberisus venerabilis
episcopus nosterque fidelis computer. ORTMANNS, Bistum Minden S. 23f.
f 43 Otto der Große 275

näheren Umstände, warum und auf welche Weise dieses besondere Verhältnis zu-
standegekommen ist, unbekannt. Weiter hören wir, daß Otto den Sohn Siegfrid
des Markgrafen Gero (+ 965) aus der Taufe gehoben hat 5 . Gero, der im Ostharz
begütert war und jenseits von Elbe und Saale im Kampf gegen die Slawen hervor-
getreten ist, hat sich immer als überaus treue Stütze ottonischer Politik erwiesen;
Otto nennt ihn in seinen Urkunden fidelis und dilectus6 . Walter Schlesinger deu-
tet die Güterübertragung jener Urkunde, die uns von der Patenschaft Mitteilung
macht, als das königliche Patengeschenk an den Patensohn 7 . Endlich wird noch
Bischof Adalbero I. von Metz (929-965) als computer angeführt 8 . Dieser ent-
stammte einem bedeutenden lothringischen Geschlecht; 929 war er als Kandidat
des Metzer Kapitels auf den Bischofsstuhl gekommen und dann von Heinrich I.,
allerdings nur mit Zögern, anerkannt worden. Im Jahre 939 beteiligte sich der
Bischof an der Erhebung des lothringischen Herzogs Gieselbert, und er verschloß
sich zunächst auch nach dem Tode des Rebellen noch einer Einigung mit Otto.
Bei der zweiten, von Konrad dem Roten im Jahre 951 entfachten Aufstandsbe-
wegung blieb Adalbero jedoch treu auf Seiten des Königs. Nach der Niederwer-
fung erhielt sein Bruder Friedrich die herzogliche Würde. Einen bleibenden Namen
hat sich der Bischof mit dem Titel 'pater monachorum' erworben, gehörte er doch
zu den entscheidenden Förderern der Gorzer Abtei und ihrer monastischen Aus-
strahlung9 . In einem Diplom für das Peterskloster in Metz, das von einem Kano-
nissenstift zu einem Benediktinerinnenkloster umgewandelt wurde, tritt der Bi-
schof mit seinem Bruder Friedrich als Intervenient auf, und bei dieser Gelegen-
heit wird er der computer Ottos genannt. Auf welche Weise die Kompaternität
zustandegekommen ist, bleibt wiederum unbekannt. Wie schon bei Gero dürfte
dieselbe auch bei Adalbero bewußt als Mittel der gegenseitigen Verpflichtung
angesehen worden sein. Ganz sicher gilt dies für einen weiteren Fall, als nämlich
Ottos Gemahlin Adelheid den nachmals als Abt berühmten Wilhelm von Dijon
aus der Taufe hob; der Vater des Täuflings, der im Dienst König Berengars II.
(950-964) stehende Graf Robert, hatte im Sommer 962 die Festung San Giulio
im Ortasee gegen Otto zunächst verteidigt, dann aber bald übergeben. Es muß
ein Ausdruck der Versöhnung gewesen sein, als anschließend die Kaiserin den
während der Belagerung geborenen Wilhelm aus der Taufe hob10 .

5
DO I 40 [941 Juni 7] (MGH Dipl. reg. et imp. Germ, l, S. 12624J: flagitationibus dilectissi-
mi marchionis nostri Geronis ceterorumque comitum nostri eiusdem Geronis filio, nostro autem
spiritali filiolo, videlicet Sigifrido quem sacri baptismatis fönte levavimus.
6
DO I 56 (ebd. S. 139 1 ), 65 (S. 14611+19), 76 (S. 15611), 105 (S. 189 11 ), 130 (S. 21l 6 ),
132 (S. 21342), 298 (S. 414 21 ).
7
SCHLESINGER, Gero S. 312ff; ferner FISCHER, Politiker um Otto den Großen S. 82-87;
SCHMID, Verständnis des Adels S. 211-223.
8
DO I 210 (MGH Dipl. reg. et imp. Germ, l, S. 28937).· compater noster Adalbero.
9
RENN, Luxemburger Grafenhaus S. 28-31; HALLINGER, Gorze - Kluny l, S. 51-112;
EWIG, Adalbero I. S. 40. S. auch OEXLE, Dreiteilung der Gesellschaft S. 16f.
10
Rodulfus Glaber, Vita Guillelmi 2 (MIGNE PL 142, Sp. 703f): Rotbertus ... suggessit impera-
tori ut filium, quem ei uxor sua intra ipsius obsidionem castri pepererat, catechumenum fieri
per manum imperialem praeciperet. Quad ille libentissime annuens, ut monitus fuerat impleri
mandavit, ac propria puerum sustulit dextera, eique nomen indixit Willelmum, quem scilicet
276 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

Otto der Große hat also die Patenschaft gekannt und als Mittel politischer Ver-
bundenheit genutzt. Da er sich von seinem herrscherlichen Selbstverständnis
auch als Propagator des Christentums betätigte 11 , möchte man erwarten, ihn
ebenso als missionarischen Taufpaten agieren zu sehen. Hierfür aber gibt es keinen
sicheren Beleg. Was hingegen bei Otto besonders augenfällig hervortritt, ist seine
Initiative zur Gründung von Bistümern. Für das Jahr 948 sind gleich fünf Neugrün-
dungen bezeugt; es sind die drei dänischen Sitze in Schleswig, Aarhus und Ripen
sowie die ostelbischen Sitze Havelberg und Brandenburg. Eine weitere Phase setz-
te 955 nach der siegreichen Lechfeld-Schlacht ein. Ottos Bemühungen zielten fort-
an auf die Schaffung eines Erzbistums für die Sclavinia. Mit der Errichtung des
Erzsitzes in Magdeburg wurden 968 zugleich die Bistümer Merseburg, Zeitz und
Meißen gegründet. Für die Abodriten endlich wurde ein Sprengel mit Sitz in Ol-
denburg eingerichtet. Zuletzt ist auch noch das Bistum Prag zu nennen, das 973,
noch in Ottos Todesjahr, errichtet wurde. — Insgesamt ergibt sich die stolze Zahl
von zehn Bistümern und einem Erzbistum 12 . Zum Vergleich ist nur wieder Karl
der Große zu nennen, dem in Sachsen eine fast ähnlich hohe Zahl nachzurühmen
ist.

§ 44 Dänemark

Mit Heinrich I., dem ersten deutschen König aus ludolfingischem Geschlecht,
begann ein neuer Abschnitt der Ost- und Missionspolitik. Nach den Quellen ist
es nicht unwahrscheinlich, daß Heinrich auch Königspate gewesen ist. Doch lassen
es die Bekundungen darüber an der letzten Klarheit fehlen-
Der deutlichste Fall ist aus dem Norden zu berichten. Heinrich unterwarf
im Jahre 934 König Gnupa, einen Kleinkönig aus schwedischem Geschlecht, der
im Gebiet beiderseits der Schlei um den bekannten Handelsplatz Haithabu die
Herrschaft innehatte. Er veranlaßte den Besiegten, sich taufen zu lassen; ob dabei
der Sieger die Patenschaft übernahm, wird nicht mitgeteilt 1 . Haithabu wurde, weil
auf der deutsch-dänischen Grenze gelegen, in der Folgezeit von beiden Seiten so
heftig angegriffen, daß es bald seine Selbständigkeit verlor 2 .

postmodum regina, conjux illius, ex sacro fönte suscepit baptismatis. BULST, Klosterreformen
Wilhelms von Dijon S. 22f.
11
BRACKMANN, Ostpolitik Ottos d. Gr. S. 140-153; BEUMANN, Kaisertum Ottos d. Gr.
S. 39-44; SCHMID, Otto I. S. 70-106.
12
Übersichten bei SCHLESINGER, Kirchengeschichte Sachsens l, S. 20-70; BÜTTNER,
Ostwärts der Elbe S. 145-181.

1
Widukind, Res gestae I 40 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 60, S. 59 ): Demos, qui navali
latrocinio Fresones inc.ursabant, cum exercitu adiit vicitque, et tributaries faciens, regem eorum
nomine Chnubam baptismum percipere fecit; BÖHMER, Regesta Imperii 2/1, Nr. 47b S. 29;
SCHEEL, Haithabu S. 299-303; ANER, Schwedenherrschäft S. 37-56, vor allem S. 38-42 (zur
Quellenlage); ferner JANKUHN, Haithabu bes. S. 42ff; DERS., Frühgeschichte S. 186-203;
JORDAN, Deutsche Könige S. 24.
2
SCHLESINGER, Schleswig/Haithabu S. 70-91.
$ 44 Dänemark 277

Einer Unterwerfungstaufe in geradezu klassischer Form soll sich laut Adam


von Bremen 3 König Harald Blauzahn (ca. 940-ca. 985) unterzogen haben. Dieser
machtvolle Dänenherrscher, nach seinem Vater Gorm der zweite der berühmten
Jelling-Dynastie4, habe nach einer Niederlage durch Otto I. sein Reich von diesem
zu Lehen genommen und dabei die Einführung des Christentums geloben müssen.
Er selbst sei mit seiner Familie getauft worden, und der deutsche König habe dem
Sohn des Dänen beim Aufheben aus der Taufe den Namen Sven-Otto gegeben 5 .
Nun wird der Dänenzug Ottos I. von der Forschung schon seit langem ins Legen-
däre verwiesen6 . An der Tatsache der Taufe kann allerdings nicht gezweifelt wer-
den. Bereits in der vor 969 abgefaßten Vita des Erzbischofs Brun (955-965)
schreibt deren Verfasser Ruotger, daß 'zu der Zeit' — der Amtszeit Bruns — Ha-
rald von Dänemark Christ geworden sei 7 ; wann genau dies geschehen ist, darüber
sind allerdings nurmehr Vermutungen möglich 8 . Zudem überliefert uns jener
Runenstein, den Harald an seinem Königssitz Jelling zu Ehren seiner Eltern hat
aufstellen lassen, folgendes Selbstzeugnis: 'König Harald ließ dieses Gedenkzei-
chen errichten für seinen Vater Gorm und seine Mutter Thyre, jener Harald, der
ganz Dänemark an sich brachte, und Norwegen, und der die Dänen zu Christen
machte' 9 . Haralds persönliche Annahme des Christentums wie auch eine entspre-
chende Bekehrungspolitik in seinem Volk können demnach als hinreichend ge-
sichert gelten. Seine Christianisierungspolitik muß in ihrer Auswirkung auch des-
wegen hoch veranschlagt werden, weil Harald, wie er von sich selbst aussagt, nicht
nur die Einigung Dänemarks herbeiführte, sondern zeitweilig sogar nach Norwegen

3
Zu Adam von Bremen und seiner Hamburgischen Kirchengeschichte s. TRILLMICH, Adam
von Bremen S. 137-158; das Werk ist zwischen 1073 und 1080 verfaßt. Zum Namen 'Blauzahn'
s. MÜLLER, Harald Gormsson S. 132.
4
HOFFMANN, Geschichte Dänemarks S. 147-155. Die Daten der Regierungszeit sind nur
annähernd auszumachen; hier werden die "durchschnittlichen" Angaben übernommen.
5
Adam von Bremen, Gesta pontificum II 3 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 63 13 ):
Tandemque condicionibus ad pacem inclinatis Haroldus Ottoni subicitur, et ab eo regnum susci-
piens christianitatem in Dania recipere spopondit. Nee mora baptizatus est ipse Haroldus cum
uxore Gunhild et filio parvulo, quem rex noster a sacro fönte susceptum Sueinotto vocavit.
Eo tempore Dania cismarina, quam Indiana incolae appellant, in tres divisa episcopatus Hamma-
burgensi episcopatui subiecta est.
6
GRUND, Kaiser Otto S. 561-592; JORDAN, Deutsche Könige S. 25.
7
Vita Brunonis 40 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 10, S. 43 5 J: eodem tempore et rex eorum
Haroldus cum magna sue multitudine gentis regi regum Christo colla summittens ...
In der Literatur werden unterschiedliche Angaben gemacht; HAUCK, Kirchengeschichte 3, S.
101 Anm. 5: Zeit unsicher; UHLIRZ, Otto II. S. 55: 965; HAENDLER, Frühmittelalter E 71:
947; GLAESKE, Hamburg-Bremen S. 16: Mitte der 60er Jahre; KEMPF, Abendländische Völker-
gemeinschaft S. 264: um 960; HOFFMANN, Geschichte Dänemarks S. 152: Pontifikat Bruns.
Übersetzung übernommen von MÜLLER, Harald Gormsson S. 118; zur Entstehung des
Harald-Steines und zur Verläßlichkeit der Inschrift CHRISTENSEN, Jelling Monuments S. 7-26.
Ebd. S. 11: "The text and the interpretation of the text are thus, as far as it goes, clear and
unambiguous, but problems arise as soon as we try to relate inscriptions to reality." Ebd. S. 12:
"The words ['made the Danes Christian'] must thus answer to a royal proclamation that went
with the official change to Christianity." Doch rechnet der Autor bei diesem letzten Teil der
Inschrift mit der Möglichkeit einer späteren, aber zeitgenössischen Hinzufügung.
278 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

auszugreifen vermochte 10 . Unsicher bleibt hingegen das Urteil über die von Adam
überlieferte Patenschaft. Dessen Schilderung entspräche ganz und gar einem glat-
ten, historisch nicht weiter greifbaren Idealtypus, wenn nicht der Name Sven-Otto
einen gewissen Anhalt böte; der Name könnte tatsächlich auf einen von Otto
nach Patenmanier verliehenen Namen hindeuten. Doch muß festgestellt werden,
daß nur Adam diesen Namen für Sven Gabelbart anführt 11 . So bleibt seine
Nachricht über die Patenschaft Ottos des Großen ein vereinzeltes Zeugnis12 .
Wie rasch eine solche Taufe im zeitgenössischen Denken eine legendäre Über-
formung erfahren konnte, zeigt die Ausgestaltung, die bereits Widukind von Cor-
vey über Haralds Bekehrung überliefert. Er läßt einen Geistlichen namens Poppa,
der aber inzwischen Bischof geworden sei, den Dänen ansagen, sie sollten ihre
Vielgötterei beenden und den trinitarischen Gott der Christen anbeten. König
Harald habe daraufhin von Poppa das Gottesurteil mit dem glühenden Eisen ver-
langt. Dieser habe nicht gezögert und die Probe mit unversehrter Hand bestanden.
'Daraufhin bekehrte sich der König; er beschloß Christus allein als Gott zu ver-
ehren und befahl seinen heidnischen Untertanen, die Götzen zu verwerfen ,..'13.
Als Poppa-Legende ist der Bericht in die Forschung eingegangen; ihre Überlie-
ferung hat eine weitverästelte Ausformung erfahren 14 .
Mit Sicherheit ist festzuhalten, daß "die ersten Schritte zur Christianisierung
Dänemarks in enger Verbindung zum machtvollen Königtum Ottos des Großen
stehen" 15 . Aber auch Harald scheint bei dem Glaubenswechsel eine persönliche
Initiative entfaltet zu haben, glaubte doch Adam noch zu wissen, daß bereits der
junge König Erzbischof Unni bei seinen Missionsreisen unterstützt habe, als noch
sein Vater Gorm ablehnend gewesen sei16 . Gleich zu Beginn seiner Regierungszeit
öffnete Harald, wiewohl damals selbst noch nicht Christ, sein Land der Mission
und ließ sogar zu, daß im Jahre 948 die neuen, Hamburg-Bremen unterstellten
Bistümer Schleswig, Ripen und Aarhus Bischöfe erhielten, die im Sommer des
genannten Jahres auf der Synode von Ingelheim erschienen, ja vermutlich dort
ihre Weihe erhielten; Papst Agapet II. (946-955) hatte zuvor am 2. Januar 948

10
HOFFMANN, Geschichte Dänemarks S. 150f; MÜLLER, Harald Gormsson S. 123.
11
Eine neben Adam eigenständige Überlieferung des Namens Sven-Otto ist nicht festzustellen;
ich verdanke diese Auskunft Herrn Dr. GUNTER MÜLLER, Münster.
12
Unkritisch SEEGRÜN, Papsttum S. 49.
13
Widukind, Res gestae III 65 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 60, S. 11813); Thietmarvon
Merseburg, Chronicon II 14 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 53f).
14
VON SCHWERIN, Gottesurteil des Poppa S. 69-107; der Autor hält dafür, daß das Ordal
zunächst mit der 826 geschehenen Bekehrung König Haralds verknüpft gewesen und später
dann auf den Zeitgenossen Ottos I. übertragen worden sei. Zur weitverzweigten Überlieferung
s. DEMIDOFF, Poppo Legend S. 39-67; MÜLLER, Harald Gormsson S. 140f.
15
HOFFMANN, Geschichte Dänemarks S. 151.
16
Adam von Bremen, Gesta pontificum I 59 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 57 17 J:
Postquam vero confessor Dei pervenit ad Danos, ubi tunc crudelissimum Worm diximus
regnasse, illum quidem pro ingenita flectere nequivit saevitia; filium autem regis Haroldum sua
dicitur predicatione lucratus. Qiiem ita fidelem Christo perfecit, ut christanitatem, quam
pater eius semper odio habuit, ipse haben publice permitteret, quamvis nondum baptismi
sacramentum percepit.
$ 44 Dänemark 279

dem Erzbischof Adaldag (937-988), einem engen Vertrauten Ottos L, die Zustän-
digkeit für Bischöfe bei den Dänen, Norwegern, Schweden und überhaupt in allen
nordischen Ländern bestätigt 17 .
Wie angesichts dieser Initiative eines deutschen Herrschers die politische Stel-
lung Dänemarks einzuschätzen sei, hat in der Geschichtsschreibung eine durchaus
unterschiedliche Beurteilung erfahren. Oft wird gesagt, daß der deutsche Einfluß
rein kirchlicher Natur gewesen sei und keineswegs eine Oberhoheit eingeschlos-
sen habe 18 . Wer aber die Agilität kennt, mit der die Könige bei ihrer Konversion
immer sofort auch die kirchliche Zuständigkeit angingen, wird die politische Be-
deutung der Zugehörigkeit der dänischen Bischöfe zur deutschen Reichskirche
nicht länger zu minimalisieren vermögen. Hier wurde vielmehr, für jedermann
sichtbar, die Eingliederung in die Reichskirche vollzogen und das gewiß nicht
ohne das Interesse des deutschen Königs. Selbst wenn man den Vorgang auf das
"rein Kirchliche" einschränken wollte, er konnte auf die Dauer nicht ohne politi-
sche Folgen bleiben. Daß dann Otto I. die drei Bischofssitze in marca vel regno
Danorum im Jahre 965 urkundlich ab omni censu vel servitio nostri iuris befreite
und ihnen die Immunität verlieh, erweist denn auch seine tatsächlich ausgeübte
Hoheit 19 .
So dürfte es denn auch im zeitgenössischen Rechtsempfinden durchaus als
schlüssig empfunden worden sein, daß Adam seinem Bericht über die angeblich
von König Otto an Harald vollzogene Patronatstaufe die Aufteilung Dänemarks
in die drei Bistümer und deren Unterstellung unter Hamburg-Bremen folgen läßt,
wobei er sogar darauf hinweisen kann, in Bremen lägen noch die königlichen
Urkunden darüber vor, daß König Otto Herrschaftsrechte über das Dänenreich

17
BÖHMER, Regesta Imperii 2/5, Nr. 215 S. 81; MAY, Regesten Nr. 107 S. 30; HOFFMANN,
Geschichte Dänemarks S. 152; GLAESKE, Hamburg-Bremen S. 8. — Die Namen der drei
dänischen Bischöfe sind in der Unterzeichner-Liste der Ingelheimer Synode als letzte auf-
geführt: Liopdago Ripensis ecclesiae episcopo, Oredo Sliewiccensis ecclesiae episcopo, Regin-
brando Arhuswensis ecclesiae episcopo (Synodus Ingelheimensis. Gesta synodalia [MGH Const,
l, S. 1329]). H. FUHRMANN (Generalsynode S. 52f) sieht die Liste nach dem Weihealter ge-
ordnet und möchte die Mitteilung in der Urkunde Papst Agapets vom 2. Januar 948, in der die
Rechte von Hamburg-Bremen gegen Köln bestätigt, dabei aber die Bischöfe von Halberstadt
und Hildesheim zur Unterstützung Erzbischofs Adaldag bei seinem sacerdotale ministerium auf-
gefordert werden (CURSCHMANN, Papsturkunden des Erzbistums Hamburg Nr. 17 S. 41;
BÖHMER, Regesta Imperii 2/5, Nr. 215 S. 81; MAY, Regesten Nr. 106 S. 30), als eine Auffor-
derung ansehen, mit dem Hamburger Erzbischof, der selbst nicht über Suffragane verfügte, die
anstehenden Bischofsweihen mitzuvollziehen, für die bekanntlich drei Konsekratoren, normaler-
weise Komprovinziale, erforderlich waren. Weiter möchte FUHRMANN (S. 52f) aus der Anord-
nung der Bischöfe nach dem Weihealter folgern, daß die drei dänischen Bischöfe, weil sie am
Ende der Liste stehen, überhaupt erst auf der Ingelheimer Synode ihre Weihe erhalten haben.
18
HOFFMANN, Geschichte Dänemarks S. 152; JORDAN, Deutsche Könige S. 25: "Das Im-
munitätsprivileg ... trug der Tatsache Rechnung, daß sie [die drei Bistümer] zwar kirchenrecht-
lich zum Erzbistum Hamburg-Bremen, politisch aber zu Dänemark gehörten."
19
DO I 294 (MGH Dipl. reg. et imp. Germ, l, S. 41l 22 ). O. GSCHWANTLER (Bekehrung und
Bekehrungsgeschichte. Der Norden S. 195) hält gleichfalls dafür, "daß von den deutschen Kai-
sern der Übertritt zum Christentum als Anerkennung der deutschen Oberhoheit verstanden
wurde".
280 Mission und Kirchen organisation unter den Ottonen

ausgeübt und infolgedessen auch die Bistümer habe ausstatten können 20 . Das
bereits erwähnte Privileg Papst Agapets vom 2. Januar 948 weiß er ebenfalls anzu-
führen. Erzbischof Adaldag, so schreibt er weiter, habe die Bischöfe der drei
Diözesen geweiht21 . Man wird schwerlich bestreiten können, daß all diese Punkte
bestens geeignet erscheinen mußten, um sie unter dem Ritual des imperialen Tauf-
patronates zusammenzufassen, denn so entsprach es der geläufigen Zeitvorstel-
lung.
Angesichts des unbestreitbaren deutschen Einwirkens auf die dänischen Ver-
hältnisse entspricht es nur der politischen Logik, daß nach Ottos Tod — wie Thiet-
mar von Merseburg berichtet — die Dänen rebelles geworden seien 22 . Mit Recht
wird man daraus schließen dürfen, "daß es das Ziel des Dänenkönigs war, sich aus
Bindungen gleich welcher Art an das benachbarte deutsche Großreich zu lösen" 23 .
Otto II. brachte jedoch Harald Blauzahn eine Niederlage bei24 , die möglicherweise
auch noch dazu geführt hat, daß Hakon Jarl, der für Harald in Norwegen wirkte
und gegen den Kaiser mitgekämpft hatte, zur Taufe veranlaßt wurde 25 . Ob aber
der Getaufte deswegen der "verlängerte Arm des kaiserlichen Missionswerkes"
genannt werden darP 6 , muß dahingestellt bleiben. Denn allein die späteren Sagas
berichten von der Taufe Hakons und seiner Beauftragung zur Mission in Norwe-
gen: Nach Snorri Sturloson ist dabei Harald der Promotor dieser Taufe gewesen27 ;
nach der Jomsvikinga-Saga aber soll es der Kaiser selbst gewesen sein28 . Doch der
Getaufte, so wissen beide Sagas, habe noch auf der Rückkehr nach Norwegen mit
neuen Raubzügen begonnen und dabei die ihm mitgegebenen Missionare aus-
gesetzt.
Gegen Ende seines Lebens mußte Harald, dem ein halbes Jahrhundert lang zu
regieren vergönnt war 29 , erleben, daß der eigene Sohn Sven-Otto, wie Adam be-
richtet, gegen ihn intrigierte und sich mit denen zusammentat, die der Vater zum
Glauben gezwungen hatte 30 . Wie so manches Mal in der Bekehrungsgeschichte
suchte der Sohn wieder das Bündnis mit der antichristlichen Partei.
20
Adam von Bremen, Gesta pontificum II 3 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 643J:
Servantur in Bremensi ecclesia precepta regis, quae signant Ottonem regem in sua ditione reg-
num Danicum tenuisse, adeo ut etiam episcopatus ille donaverit.
21
Ebd. II 4 (S. 6414J: Igitur beatissimus pater noster primus ordinavit episcopos in Daniam,
Horitum (Haredum) ad Sliaswig, Liafdagum ad Ripam, Regjnbrondum ad Harusam. Quibus
etiam commendavit illas ecclesias, quae trans mare sunt, in Fune, Seland et Scone ac in Sueonia.
22
Thietmar von Merseburg, Chronicon III 6 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 10226).
23
HOFFMANN, Geschichte Dänemarks S. 152.
24
Ebd. JORDAN, Deutsche Könige S. 25f; SCHLESINGER, Schleswig/Haithabu S. 82f.
25
GSCHWANTLER, Bekehrung und Bekehrungsgeschichte. Der Norden S. 197; MAURER,
Bekehrung des norwegischen Stammes l, S. 185ff.
26
SEEGRÜN, Papsttum S. 45.
27
Heimskringla, Die Geschichte von König Olaf Tryggvissohn 27 (Thule 14, S. 226ff).
28
Jomsvikinga Saga 6 (ed. BLAKE S. 8).
29
A. CHRISTENSEN (Jelling Monuments S. 10) rechnet bei den 50 Jahren, die Adam als
Herrschaftszeit Haralds angibt (Gesta pontificum II 28 [MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S.
889]), mit einer "runden" Zahl.
30
Adam von Bremen, Gesta pontificum II 27 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 874J:
Nam tunc Suein Otto, filius magni Haroldi, regis Danorum, multas in patrem molitus insidias,
$ 44 Dänemark 281

Sowohl Sven Gabelbart (986/88-1014) wie stärker noch Knut der Große
(1014/18-1035) bemühten sich um die kirchliche Verselbständigung ihres Lan-
des31 . Sven, der nach Wikingerart erneut England angriff und dort sogar die Aner-
kennung als König erlangte, ließ Missionare und einen Bischof von der Insel
herüberkommen 32 . Der Nachfolger Knut suchte ausdrücklich die Versöhnung
mit der englischen Kirche; 1022 weihte der Erzbischof Ethelnod von Canterbury
drei Bischöfe für Dänemark 33 , sehr zum Unwillen des Hamburger Erzbischofs
Unwan 34 . Doch kam 1025 ein Ausgleich zustande, wobei der deutsche König
Konrad II. auf Expansionsansprüche im Norden verzichtete und Knut die Rechte
der Hamburger Kirche anerkannte 35 . Der Däne nahm 1027 an Konrads II. Kaiser-
krönung in Rom teil36 und dürfte bei dieser Gelegenheit wohl auch über seine
Probleme mit Hamburg beraten haben 37 . Knut ließ sich dazu herbei, daß wie in
England auch in Dänemark der Peterspfennig erhoben wurde 38 . Ein anderer
Punkt, an welchem dem König offenbar gelegen war, soll das specialius patro-
cinium des heiligen Petrus gewesen sein39. Es kann darum gar kein Zweifel sein,
daß Knut sich um ein näheres Verhältnis zum Papsttum bemüht hat 40 . Das wich-
tigste Ziel, das damit erreicht werden sollte, finden wir bei seinem Nachfolger zum
ersten Mal ausdrücklich benannt: Adam berichtet, daß Sven Estridson (1047-
1076) ein Erzbistum für Dänemark angestrebt habe. Zunächst einmal vermehrte
Sven die Bistümer in seinem Reich 41 , was dann die Forderung nach einem däni-
schen Erzbistum nur um so natürlicher erscheinen lassen mußte. Weiter be-
richtet Adam dann, daß der Dänenkönig, weil sich das Christentum bis zu den
Enden der Erde ausgebreitet habe, für sein Reich die Errichtung eines Erzbistums
verlangt habe und — für Hamburg besonders bedrohlich — daß die Verwirklichung
aufgrund einer Vollmacht des apostolischen Stuhles auch schon beinahe gesichert

quomodo eum iam longaevum et minus validum regno privaret, consilium habuit et cum his,
quos pater eius ad christianitatem coegit invitos. MÜLLER, Harald Gormsson S. 125-142.
31
GLAESKE, Hamburg-Bremen S. 37f£.
32
Adam von Bremen, Gesta pontificum II 41 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 10l10):
Tunc etiam Gotebaldum quendam ab Anglia venientem episcopum in Scania posuit doctorem.
BARLOW, EngKsh Church S. 233.
33
Adam von Bremen, Gesta pontificum II 55 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 11511):
episcopos ab Anglia multos adduxit in Daniam. De quibus Bernardum posuit in Sconiam,
Gerbrandum in Seland, Reginbertum in Fune. BARLOW, English Church S. 233.
34
SEEGRÜN, Papsttum S. 58; GLAESKE, Hamburg-Bremen S. 38.
35
Adam von Bremen, Gesta pontificum II 56 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 116 ):
Cum rege Danorum vel Anglorum mediante archiepiscopo fecit pacem. GLAESKE, Hamburg-
Bremen S. 38f.
36
Wipo, Gesta Chuonradi 16 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 61, S. 36 23 ).
37
SEEGRÜN, Papsttum S. 60ff.
38
Ebd. S. 63f.
39
LIEBERMANN, Gesetze der Angelsachsen l, Nr. l und 4 S. 276; SEEGRÜN, Papsttum
S. 60f.
40
SEEGRÜN, Papsttum S. 56-62.
41
Adam von Bremen, Gesta pontificum III 25 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 167f).
282 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

gewesen sei42. Erzbischof Adalbert muß sich in eine dramatische Lage versetzt
gesehen haben, ersann er doch einen geradezu abenteuerlichen Plan, nämlich ein
Patriarchat zu schaffen, welches sowohl das neue Erzbistum in Dänemark wie
auch das auf das deutsche Reichsgebiet eingeschränkte Erzbistum Hamburg, das
er unter zwölf Suffragane aufteilen wollte, umgreifen sollte43 . Papst Alexander II.
muß von diesem Patriarchatsplan gewußt haben 44 . Aber er und seine Nachfolger
begünstigten die dänische Verselbständigung. Gregor VII. schickte an Sven Estrid-
son Legaten, 'die dir auf das, was du zur Auszeichnung deines Reiches hinsicht-
lich eines Metropolitansitzes wie auch hinsichtlich einiger anderer Angelegenhei-
ten zur Zeit unseres Herrn Papstes Alexander vom Apostolischen Stuhl gefordert
und dafür versprochen hast, antworten ...'4S. Wahrscheinlich ist damals die Erhe-
bung von Lund, das für den Erzsitz ausersehen worden war, an der Person des
dortigen Bischofs, der den Reformvorstellungen Gregors ganz und gar nicht
entsprach, gescheitert46. Aber nach 1100 war es dann so weit: Lund wurde Erz-
bistum für Dänemark und — wenigstens zunächst — für den gesamten Norden 47 .
Solange aber die dänischen Bischöfe Suffragane von Hamburg waren, blieben
sie Mitglieder der Reichskirche. Tatsächlich ließen sich einzelne Bischöfe auch
persönlich in die Reichskirche einbinden: So soll zum Beispiel der aus vornehmem
dänischen Königsgeschlecht stammende Bischof Odinkar von Ripen, wie Adam
mitteilt, von Bischof Adaldag getauft worden sein und auch dessen Namen erhal-
ten haben; in Bremen sei er auf der Schule gewesen und dann von Liäwizo (988-
1013) zum Bischof von Ripen geweiht worden 48 . Mit seinem Erzbischof finden
wir Odinkar dann auf der Dortmunder Synode von 1005, wo er sich der großen
Gebetsverbrüderung Heinrichs II. anschloß49 .

§ 45 Abodriten und Bistum Oldenburg

Wie im Norden bei König Gnupa von Haithabu soll Heinrich I. einiger Annalen-
Nachrichten zufolge auch die Taufe eines namentlich nicht benannten Königs der

2
Ebd. III 33 (S. 175 ): quoniam rex Danorum christianitate iam in fines terrae dilatata de-
sideravit in regno suo fieri archiepiscopatum.
Ebd. S. 175 : Metropolitanus igitur his rerum successibus elatus, et quadpapam vel cesarem
suae voluntati pronos videret, multo studio laboravit in Hammaburg pa.triarcha.tum constituere.
Ebd. Z. 12: Disposuit vero patriarchatui subicere XH episcopatus. FUHRMANN, Mittelalter-
liche Patriarchate (3) S. 120-170.
44
FUHRMANN, Mittelalterliche Patriarchate (3) S. 160ff.
45
Gregorii VII registrum II 51 (MGH Epp. sei. 2/1, S. 19329).
46
SEEGRÜN, Papsttum S. 82-86.
47
Ebd. S. 108-129; CHRISTENSEN, Archbishop Asser S. 25-42. Zu der eine Generation später
versuchten Suppression s. BEUMANN, Päpstliches Schisma S. 479-500; GORSKI, Lund et
Gniezno S. 47ff, 50f.
48
Adam von Bremen, Gesta pontificum II 36 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 96).
49
BÖHMER, Regesta Imperii 2/4, Nr. 1597a S. 915; WOLLASCH, Dortmunder Versammlung
S. 58.
J 45 Abodriten und Bistum Oldenburg 283

Abodriten veranlaßt haben 1 . Die Abodriten waren ursprünglich ein Verband von
slawischen Kleinstämmen, die nach ihrem Zusammenschluß zu einer Gesamtherr-
schaft eine bedeutende politische Kraft darstellten 2 . Leider bleibt unklar, ob der
getaufte König bereits dem in der Folgezeit für die Samtherrschaft wichtigen
Geschlecht der "Nakonen" angehörte. Diese Dynastie wurde spätestens mit dem
um die Jahrtausendwende regierenden Mstislaw christlich 3 . Am besten bekannt
ist ein Gottschalk (+ 1066), der wohl als Geisel ins billungischen Hauskloster
Sankt Michael zu Lüneburg kam, dort dann eine christliche Erziehung erhielt und
dabei den Namen des dortigen Klosterleiters, des Götenbischofs Gottschalk, an-
nahm 4 . Daß aber die Namensgleichheit des Abodritenprinzen mit dem Kloster-
leiter eher gegen als für eine dort vollzogene Taufe sprechen soll, ist schwer
einzusehen 5 . Die bei der Untersuchung der Patenschaft 6 offen gelegten Praktiken
lassen bei Namensgleichheit viel eher darauf schließen, daß Bischof Gottschalk
gerade in Ausübung einer Patenschaft den eigenen, für einen Fürsten gewiß unge-
wöhnlichen (Mönchs-)Namen Gottschalk verliehen haben könnte; zu einer mögli-
chen Patenschaft oder gar Taufe seitens des Prälaten paßt bestens auch die von
Adam bezeugte Erziehung des Prinzen im Lüneburger Kloster. Gottschalk aber
verließ das Kloster, um seinen von einem Sachsen ermordeten Vater zu rächen;
am Ende freilich erwies er sich nicht nur als guter Christ, sondern sogar als Missio-
nar seines Volkes 7 .
Ein Bistum wurde für die Abodriten in Oldenburg errichtet, dem vormaligen
heidnischen Burg- und Kultort Starigard 8 . Wie H. Beumann jüngst dargelegt hat,
zielte Ottos des Großen Missionspolitik seit 948 auf "zwei in ethnischer Hinsicht
geschlossene Missionsgebiete, das skandinavische und das slawische jenseits von
Elbe und Saale"9. Diese Konzeption hätte dann Hamburg die bis dahin ausgeübte
Zuständigkeit für das Abodritengebiet gekostet; aber das 968 errichtete Bistum
Oldenburg — so Beumann — sei dann doch noch zu Lebzeiten Ottos dem Hambur-
ger Erzsitz unterstellt worden 10 . Die endgültige Christianisierung des Landes hat
sich erst im 12. Jahrhundert vollzogen 11 .

1
Herimanni Augiensis chronicon a. 931 (MGH SS 5, S. 11314); Adalbert! Continuatio Regi-
nonis a. 931 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 50, S. 158): Henricus rex regem Abotridorum et
regem Danorum efficit christianos. FRITZE, Abodritische Stammes- und Reichsverfassung S.
157 f.
2
FRITZE, Abodritische Stammes- und Reichsverfassung S. 141-219.
3
Ebd. S. 158-163.
4
Adam von Bremen, Gesta pontificum II 66 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 2, S. 125f);
FRITZE, Abodritische Stammes- und Reichsverfassung S. 167; KAHL, Heidnisches Wendentum
S. 81 ff.
5
KAHL, Heidnisches Wendentum S. 81 Anm. 30.
6
S. $ 18.
7
KAHL, Heidnisches Wendentum S. 81-85.
8
Helmold, Cronica Slavorum I 12 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 32, S. 2330); DIECK,
Slawenbistümer S. 18-21.
9
BEUMANN, Bistum Oldenburg S. 68; PETERSOHN, Ostseeraum S. 18-22.
10
BEUMANN, Bistum Oldenburg S. 68f.
11
LOTTER, Christianisierung der Abodriten S. 395-442.
284 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

§ 46 Bistümer Havelberg und Brandenburg

Im Osten zielten die Vorstöße Heinrichs I. gegen die Heveller. Am besten


bekannt ist sein Winterfeldzug von 928/29, bei dem er die Brennaburg eroberte 1 .
Später berichtet Widukind von Corvey zum. Abschluß der ersten Slawenkriege
Ottos I. rückschauend davon, daß seit König Heinrichs Zeiten ein Slawe namens
Tugumir in Sachsen zurückgeblieben sei, der in seinem Heimatland bei den Hevel-
lern als rechtmäßiger Erbe der Herrschaft gegolten habe. Ihn nun habe man mit
viel Geld und großen Versprechungen dafür gewinnen können, sein Land auszu-
liefern. Um dies zu bewerkstelligen, sei er als angeblicher Flüchtling in seine Hei-
mat zurückgekehrt, habe Aufnahme in die Brennaburg gefunden und sei vom
ganzen Volk als Herrscher anerkannt worden; dabei habe er seinen Neffen, den
einzigen weiteren Überlebenden seines Geschlechtes, heimtückisch getötet und
zuletzt dann Burg und Land dem deutschen König ausgeliefert; daraufhin hätten
sich alle barbarischen Völkerschaften bis zur Oder zu Unterwerfung und Tribut
bereitgefunden 2 . Man hat vermutet, daß "Tugumir zweifellos Christ gewesen"
sei3. Dies lege sich nahe wegen des Aufenthaltes in Sachsen, ferner auch wegen
der Tatsache, daß die 948 auf der Hevellerburg errichtete Bischofskirche bereits
einen Vorgängerbau gehabt habe und endlich wegen der Einschreibung von Tu-
gumirs Sterbetag in den Nekrolog des Stiftes Möllenbeck 4 . Eine Schwester Tugu-
mirs soll übrigens jene vornehme Slawin gewesen sein, mit der Otto I. zeitweilig
verbunden war und aus deren Verbindung der Sohn Wilhelm stammte, der nach-
mals Erzbischof von Mainz wurde 5 . Im Blick auf die Missionspolitik ist festzu-
stellen, daß wir hier auf ein Vorgehen treffen, wie es ähnlich schon beim bairi-
schen Herzog Odilo in der Behandlung der Karantanen festzustellen war; deren
Herzog Boruth mußte sich bekanntlich zur Anerkennung der bairischen Oberho-
heit bereitfinden und seine möglichen Nachfolger ausliefern, wobei aber er selber
im Amt bleiben konnte 6 . So hat man auch für Tugumirs Vater vermutet, daß er,
natürlich als Vasall, in seiner Stellung belassen worden sei, aber seine Kinder habe
ausliefern müssen 7 . Und wie schon die beiden Karantanenprinzen sich unerschüt-
terlich zur bairischen Oberhoheit bekannten und auch unbeirrte Verfechter des
Christentums wurden, so möglicherweise auch Tugumir.
Die von ihm anerkannte Oberhoheit der Ottonen wie auch die eingeleitete
Christianisierung der Heveller schienen bald in einem solchen Grade gefestigt,
daß 948 in Brandenburg8 wie auch in Havelberg9 Bischofssitze errichtet werden
1
Widukind, Res gestae I 35 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 60, S. 48ff).
2
Widukind, Res gestae II 21 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 60, S. 85); LUDAT, An Elbe
und Oder S. lOff; BRÜSKE, Lutizenbund S. 20ff; DRALLE, Slaven S. 130ff.
3
KAHL, Heidnisches Wendentum S. 86; LUDAT, An Elbe und Oder S. 12.
4
LUDAT, An Elbe und Oder S. 12 mit Anm. 30; ENGELS, Mission S. 208f.
5
LUDAT, An Elbe und Oder S. 12; DRALLE, Slaven S. 129f.
6
S. S 35.
7
LUDAT, An Elbe und Oder S. 12.
8
WENTZ, Bistum Havelberg S. 16-19; SCHLESINGER, Stiftungsurkunde S. 413-446; D1ECK,
Slawenbistümer S. 9-15; BRÜSKE, Lutizenbund S. 22f.
9
Das original erhaltene Gründungsdipolm DO I 105 [Magdeburg 948 Oktober 1] (MGH Dipl.
$ 4 7 Erhebung Magdeburgs zum Erzbistum 285

konnten. Beide Bistümer gehörten zum Erzbistum Mainz 10 . Der große Slawen-
aufstand von 983 zerstörte jedoch das begonnene Werk. Für zwei Jahrhunderte
vermochte sich das slawische Heidentum weiter zu behaupten. Bis 1150/57 blieb
auf dem Harlangerberg bei Brandenburg das Triglaw-Heiligtum erhalten, ein alter
slawischer Kultmittelpunkt 11 . Als weiteres, für unsere Thematik bemerkenswer-
tes Ereignis ist aus dem 12. Jahrhundert noch zu verzeichnen, daß nach dem Tode
des letzten Wendenfürsten Pribislaw-Heinrich der Südteil von dessen Brandenbur-
ger Herrschaftsgebiet, die Zauche, an den Askanier Albrecht den Bären überging;
es sei dies, wie bezeugt wird, ein Patengeschenk des erbenlosen Wendenfürsten für
seinen askanischen Taufsohn gewesen 12 .

§ 47 Erhebung Magdeburgs zum Erzbistum

Auf dem Lechfeld, angesichts der heidnischen Ungarn, hatte Otto der Große
die Stiftung eines Bistums in Merseburg gelobt1 . Der Sieger löste sein Gelöbnis
mit der Errichtung des Erzbistums Magdeburg ein 2 . Nach Ottos Vorstellung soll-
ten alle östlich der Elbe zu gründenden Slawenbistümer dem neuen Erzsitz unter-
stellt werden 3 . Der Heidensieg also wurde für die Mission und zugleich für die
Reichserweiterung fruchtbar gemacht. Wenn außerdem ein "ursächlicher Zusam-
menhang zwischen Ottos Ungarnsieg und seiner Kaiserwürde"4 anzunehmen ist,
so dokumentiert sich der imperiale Zug ottonischer Politik offenkundig gerade

reg. et imp. Germ, l, S. 187ff); ABB - WENTZ, Bistum Brandenburg l, S. 8-13; KAHL, Bistum
Brandenburg S. 54-79; DIECK, Slawenbistümer S. 15ff; BRÜSKE, Lutizenbund S. 22f.
10
S. $ 47 Anm. 14.
11
KAHL, Triglaw von Brandenburg S. 68-76; DERS., Slawen und Deutsche l, S. 328-350.
12
DERS., Slawen und Deutsche l, S. 30f, 50-61.
1
Thietmar von Merseburg, Chronicon II 10 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 48 26 J:
si Christus dignaretur sibi eo die tanti intercessione preconis dare victoriam et vitam, ut in civi-
tate Merseburgiensi episcopatum in honore victoris ignium construere domumque suimet
magnam noviter inceptam sibi ad aecclesiam vellet edificare. BÖHMER, Regesta Imperü 2/1
Nr. 240f-g, S. 120ff.
Wir erfahren von dem Plan des Magdeburger Erzbistums zuerst in einem Protestbrief Wilhelms
von Mainz aus dem Jahre 955 (ed. QUITER, Anhang III, S. 155ff). Thietmar von Merseburg,
Chronicon II 11 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. SO19,): statuit rex abbaciam in Magada-
burgiensi civitate, incipiens aecclesiam mirum in modum in loco, ubi sancta requiescit Aedith et
iuxta quam post obitum suimet pausare desideraverat ipse. Ibi etiam episcopatum facere cona-
tus, apud Bernardum, sanctae Halverstidensis aecclesiae antistitem VII, in cuius diocesi urbs
prefata iacet, quamdiu vixit, impetrare non potuit. Zu der Frage des Gelübdes für Merseburg
und der schon 955 eingeleiteten Gründung eines Erzbistums in Magdeburg ausführlich BEU-
MANN, Laurentius und Mauritius S. 238-275. Ebd. S. 274: "Gleichwohl kann sich der König
nach dem Ungarnsieg auch dem hl. Mauritius, seinem speziellen Patron, verpflichtet gefühlt
haben, ohne ihn in dem öffentlichen Gebetsgelübde zu berücksichtigen. An die Stelle eines
Gelübdes trat hier die unverzügliche Tat ..."
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 88: Ein entsprechendes Zugeständnis Papst Agapets II.
(946-955) spiegelt sich in den Briefen Erzbischof Wilhelms von Mainz.
4
BEUMANN, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 30.
286 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

auch in der Missionspolitik: "Ottos gesamte Ost- und Missionspolitik ..., deren
Anfänge mit den Anfängen seiner Regierung zusammenfallen, [ist] in eine imperia-
le Beleuchtung getaucht."5
Noch im Jahre 955 wurde Abt Hadamar von Fulda nach Rom gesandt, um die
päpstliche Zustimmung zu Ottos Plänen zu erwirken 6 . Aber die Hemmnisse, die
der Verwirklichung entgegenstanden, erwiesen 'sich als äußerst hinderlich. Bei der
Kaiserkrönung im Jahre 962 fügte es sich wie ein besonderer Glanzpunkt in die
neue imperiale Herrlichkeit ein, daß Otto unmittelbar nach dem feierlichen Akt
ein Privileg Papst Johannes' XII. erhielt, das die Gründung des Erzbistums gut-
hieß7 . Der Papst erinnerte ausdrücklich an den Ungarnsieg und an die Besiegung
noch anderer Barbarenvölker8. "Der enge Zusammenhang zwischen der Begrün-
dung des Erzbistums und dem Angriff auf das noch nicht bezwungene Slawen-
land liegt auf der Hand."9 Die imperiale Missionspolitik erfuhr dabei eine Bestä-
tigung, die den kaiserlichen Vorstellungen vollauf entsprochen haben muß: Die
Unterstellung aller unter den Slawen zu gründenden Bistümer unter den neuen
Erzsitz Magdeburg wurde darin verbrieft 10 . "Die Urkunde Johannes' XII. bedeu-
tete für den Kaiser nicht nur eine Anerkennung seiner Stellung als Leiter der Sla-
wenmission, sondern er erhielt auch die Befugnis, die kirchliche Organisation des
Slawenlandes selbständig einzurichten."11 Daß aber seit Gelöbnis und Sieg auf
dem Lechfeld sieben Jahre vergangen waren, verdeutlicht noch einmal die Schwie-
rigkeiten, die überwunden werden mußten: zunächst mit Ottos eigenem Sohn,
Erzbischof Wilhelm von Mainz 12 , und dann noch mit Bischof Bernhard von
Halberstadt13. Erst während des im Sommer 966 begonnenen Italienaufenthaltes
konnte der Magdeburg-Plan zum Abschluß gebracht werden. Zu Ostern 967 trafen
sich Otto und Papst Johannes XIII. auf einer Synode in Ravenna. Für Magdeburg
wurde eine neue Urkunde ausgestellt: Die Bischöfe von Brandenburg und Havel-
berg, bislang unter Mainz stehend, wurden Suffragane von Magdeburg; desgleichen
sollte der neue Erzbischof die Bischöfe in Merseburg, Zeitz und Meißen einset-
zen14 . Auffallend ist dabei, daß die Urkunde Johannes' XIII. dem Kaiser eine

5
Ebd. S. 39.
6
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 69.
7
ISRAEL - MÖLLENBERG, ÜB Magdeburg l, Nr. 28 S. 41ff.
8
Ebd. S. 41: devictis barbaris gentibus, Auaribus scilicet ceterisque quam pluribus.
9
BRACKMANN, Ostpolitik Ottos d. Gr. S. 143.
10
ISRAEL - MÖLLENBERG, ÜB Magdeburg l, Nr. 28 S. 42: Cum vero omnipotens deus per
pretaxatum servum suum invictissimum inperatorem suumque jilium regem successoresque
eorum vicinam Sclauorum gentem ad cultum Christiane fidei perduxerit, per eosdem in conve-
nientibus locis secundum oportunitatem episcopatus constitui et in eisdem per consensum
predictorum quinque archipresulum successorumque eorum ab archiepiscopo Magdaburgensi
episcopos consecrari volumus suffraganeos.
11
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 89. A. BRACKMANN (Magdeburg als Hauptstadt
S. 13) glaubte es sogar im Superlativ ausdrücken zu sollen: "In der deutschen Geschichte gibt
es nur wenige Dokumente von größerer Bedeutung."
12
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 75ff.
13
Ebd. S. 81ff.
14
ISRAEL - MÖLLENBERG, ÜB Magdeburg l, Nr. 52 S. 74: Suffraganeos vero eidem metro-
$ 47 Erhebung Magdeburgs zum Erzbistum 287

wesentlich geringere Rolle zuerkennt als die seines Vorgängers von 962. Über-
haupt erscheint hier die Mission als Initiative des Papstes, dem sich der Kaiser
untergeordnet hat 15 . "Die Urkunde Johannes' XIII. zeigt in der Frage der Mission
gegenüber derjenigen seines Vorgängers eine einschneidende Gewichtsverlagerung
zwischen regnum und sacerdotium."16 Ein Bericht über eine 968 ebenfalls in Ra-
venna abgehaltene "Synode", die sogenannte Narratio erectionis ecclesiae Magde-
burgensis, sieht den Kaiser wieder als Initiator sowohl der Mission wie der Er-
richtung des Erzsitzes in Magdeburg 17 . Im übrigen aber vermeldet dieser Bericht
eine gütliche Vereinbarung mit Halberstadt und Mainz18. Sowohl der Halberstäd-
ter Bischof Bernhard wie auch Wilhelm von Mainz waren im Frühjahr 968 verstor-
ben19 . Ihre Nachfolger zeigten sich den kaiserlichen Plänen gefügig. Die Zustim-
mung Hattos von Mainz, sogar mit dem ausdrücklichen Verzicht auf Brandenburg
und Havelberg, ist erhalten20 . In einer besonderen Weisung zur Durchführung der

poli omnes unanimiter preordinavimus Brandeburgensem episcopum et Hauelbergensem ...


episcopos ordinäre, nominative nunc et presentaliter Merseburc, Cici et Misni.
15
Ebd. S. 73: inperator ardentissimo cepit amore perquirere, quomodo nostra apostolica aucto-
ritate a primordio nomen christianitatis in aquilonalibus partibus dilataretur. CLAUDE, Erz-
bistum Magdeburg l, S. 89.
16
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 90.
17
ISRAEL - MÖLLENBERG, ÜB Magdeburg l, Nr. 61 S. 84: imperator Otto cesar augustus,
qui eandem sanctum synodum ob communem imperil sui salutem congregaverat, plurimas
Sclauorum nationes ultra flumen Albie in confinio Saxonie multo se labore et maximis sepe
periculis ad Christum convertisse coram omnibus retulit ...; sancta synodus eundem piissimum
imperatorem summa devotione petiit, ut eius auctoritate, quia canonicum et deo acceptabile
erat, illic archiepiscopalem sedem statui canonica ordinatione annueret, in qua archiepiscopus
ordinatus ultra flumen Albie episcopos, qui ordinati sunt et ordinandi futuris post temporibus
erunt, subiectos habeat et in convenientibus locis episcopos statuat. Zu diesem Bericht s.
ENGELS, Kirchenprovinz Magdeburg S. 136-158.
18
ISRAEL - MÖLLENBERG, ÜB Magdeburg l, Nr. 61 S. 85: Eo igitur revoluto anno et altero
dimidio transacto cum Hattonem archiepiscopum Mogontiacensem et Hilduuardum episcopum
Alberstatensem Rauennam convenire contingeret, sanctissimus imperator, si bona voluntate
commutationem parrochie Albarstatensis ecclesie ad Magadaburgensem fieri vellent, coram
archiepiscopo Rauennate et episcopis conprovincialibus eos omni dilectione convenit. Wilhelm
scheint seinen Widerstand schon früher aufgegeben zu haben. H. BEUMANN (Laurentius und
Mauritius S. 254f) denkt an das Jahr 961, in dem der Erzbischof als Intervenient für Magdeburg
auftritt und die Obhut über Otto II. erhielt. D. CLAUDE (Erzbistum Magdeburg l, S. 76) sieht
den Zeitpunkt in dem Regensburger Hoftag von Weihnachten 960. Wilhelm sei gewonnen wor-
den durch die Verleihung des primatialen Vorrangs vor den anderen deutschen Metropoliten
und durch die Gewährung des Krönungsrechtes der deutschen Könige. H. BÜTTNER (Ostwärts
der Elbe S. 176; DERS., Mainzer Erzbischöfe S. 20-23) hingegen hält dafür, daß Wilhelm seinen
Widerstand gegen das Erzbistum Magdeburg lebenslang aufrecht erhalten habe.
19
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 84.
20
ISRAEL - MÖLLENBERG, ÜB Magdeburg l, Nr. 59 S. 82: Ad dilatandos quippe fidei
Christiane terminos et Sclauorum indomitas gentes ultra Albiam et Salam iugo Christi subden-
das, in Magdeburg sedem archiepiscopalem fieri et ordinari permittimus et consentimus. Sed et
in Merseburg episcopum Magadaburgensi ecclesie subiciendum et ab eius archiepiscopo ordi-
nandum archiepiscopali nostra auctoritate censemus et instituimus. Episcopos vero ultra Al-
biam, Brandoburgensem scilicet et Haualbergensem, nostre hactenus ecclesie subiectos, a debita
nobis obedientia absolvimus et prescripte Magadaburgensi ecclesie eiusque archiepiscopo
obedituros eque permittimus et consentimus.
288 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

Magdeburger Gründung gibt allerdings Otto zu erkennen, daß er selbst an seinen


weitgesteckten Zielen festhielt; den Tätigkeitsbereich des neuen Erzbischofs
wollte er auf alle slawischen Stämme ausgedehnt wissen21 . Am 18. Oktober 968
erhielt der erste Erzbischof Adalbert seine päpstliche Ernennung zusammen mit
dem Pallium22 . In der entsprechenden Urkunde erscheint wiederum, sogar in kir-
chenrechtlicher Idealität 23 , der päpstliche Standpunkt: In Absehung vom tat-
sächlichen Gang der Dinge wird die Gründung der Stadt Magdeburg dem Kaiser,
die Errichtung des Erzsitzes aber der Initiative Hattos von Mainz und Hildewards
von Halberstadt sowie ihrer Komprovinzialen zugesprochen; auch werden für die
Magdeburger Zuständigkeit nur die bereits unterworfenen Slawen genannt 24 .
Die hier aufscheinende Differenz zwischen dem Kaiser und dem Papst ist inso-
fern erstaunlich, als Otto gerade zu Johannes XIII., dessen Verbleiben und Wirken
in Rom er sichergestellt hatte 25 , in ansonsten besten Beziehungen gestanden hat;
Hagen Keller konstatiert sogar eine "weitgehende Übereinstimmung von Kaiser
und Papst"26 . U n d dennoch, so H. Beumann, "kann es nicht zweifelhaft sein, daß
es im Ringen zwischen Otto dem Großen und Papst Johannes XIII. um die Frage
gegangen ist, wem von beiden die 'auctoritas post deum' bei der Begründung und
Besetzung des Magdeburger Stuhles zukomme" 27 . Im Ergebnis blieb das Erzbis-
tum Magdeburg für den Kaiser ein "Kompromiß"28 : Die Päpste beharrten darauf,
daß "die Mission ... allein Sache Roms"29 sei. Wenn der Kaiser den Tätigkeitsbe-
reich des Magdeburger Oberhirten auf alle slawischen Stämme ausgedehnt wissen
wollte, so mußte er hier ein deutliches Zögern seitens Johannes' XIII. hinnehmen.
Offenbar wollten die Päpste — wohl im Hinblick auf die soeben sich formierende
Herrschaft des Polen Mieszko — keine vollendeten Tatsachen schaffen 30 .
Und noch ein weiteres: Gelegentlich ist vermerkt worden, daß erst der Wider-
stand Wilhelms von Mainz es dem Papst ermöglicht habe, seine Autorität in der
Magdeburger Frage zur Geltung zu bringen 31 . Nun ist aber nichts verfehlter als die
21
Ebd. Nr. 67 S. 97: archiepiscopum et metropolitanum totius ultra Albiam et Salam Sclauo-
rum gentis modo ad deum converse vel convertende fieri decrevimus; CLAUDE, Erzbistum
Magdeburg l, S. 93.
22
ISRAEL - MÖLLENBERG, ÜB Magdeburg l, Nr. 62 S. 88ff; CLAUDE, Erzbistum Magde-
burg l, S. 116.
23
S. die Anweisung Nikolaus' I. in den Consulta Bulgarorum,.zitiert in S 40 Anm. 27.
24
ISRAEL - MÖLLENBERG, ÜB Magdeburg l, Nr. 62 S. 89: Hatto, sancte Magunciensis
ecclesie archiepiscopus, et Hildiuuardus, Halberstatensis ecclesie episcopus, et comprovinciales
episcopi, sicut per consentaneas et petitorias litteras ab ipsis propriis manibus roboratas, que in
presentia nostra ante corpus beati Petri apostoli relecte sunt, didicimus, in predicta Magadaburg
civitate archiepiscopalem sedem privilegio apostolice sedis statui ordinaverunt.
25
ZIMMERMANN, Parteiungen und Papstwahlen S. 380-400.
26
KELLER, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 273-295, Zitat S. 293.
27
BEUMANN, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 46; ferner ZIMMERMANN, Parteiungen und Papst-
wahlen S. 400ff.
28
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 95; vorher schon BRACKMANN, Ostpolitik Ottos
d. Gr. S. 144-151; zustimmend auch BEUMANN, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 44-50.
29
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg S. 92.
30
Ebd. S. 92f.
31
KELLER, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 273; QUITER, Kirchenprovinz Magdeburg S. 86.
$ 48 Rus 289

Annahme einer gemeinsamen antikaiserlichen Allianz von Erzbischof und Papst.


Denn beider Intentionen waren durchaus verschieden ausgerichtet. Die päpstliche
Missionspolitik zielte ja schon seit alters darauf ab, jedem Volk oder — in kirch-
lich-rechtlicher Terminologie — jeder Provinz in der Form des Erzbistums eine
angemessene Eigenständigkeit zu verleihen. Wenn Johannes XIII. wirklich die
Ostgrenze Magdeburgs wegen des sich formierenden Polenstaates nur bis zur Oder
ausgedehnt wissen wollte 32 , so hätte er ganz im Sinne dieses alten päpstlichen
Grundsatzes gehandelt. Wilhelm von Mainz aber war weit entfernt von dieser
Auffassung. Er dachte "reichskirchlich" und war darin gewissermaßen kaiserlicher
als der Kaiser. Denn ihm ging es ja nicht einmal darum, daß die östlich der Elbe
neu errichteten Diözesen unter einem eigenen Erzbistum zusammengefaßt wur-
den; vielmehr sollten dieselben Mainz unterstellt werden. Und wie Wilhelm so
dachten auch seine Nachfolger. Als Mainz zugunsten Magdeburgs verzichten
mußte, sah man es nur als rechtens an, dafür anderwärts "entschädigt" zu werden:
mit Böhmen und der Unterstellung des dort errichteten Bistums Prag unter
Mainz 33 . Ja, von solcher Sicht fällt auch noch Licht auf Wilhelms Aktivität bei
der Erwählung eines Bischofs für die Rus (von deren Bitte um Missionare bei Otto
dem Großen noch zu sprechen ist 34 ); möglicherweise sollte hier von vorneherein
ein Anspruch der Mainzer Metropole manifestiert werden.

S 48 Rus

Die Frühgeschichte der Rus ist nicht leicht zu durchschauen. Ostslawische


Stammesverbände und lokale Herrschaftsbildungen durch Skandinavier müssen
den Anfang gebildet haben. Das Reich von Kiew gewann dabei den bedeutendsten
Rang. Es schuf sich eine Verbindung bis weit in den Norden, bis nach Smolensk
und Nowgorod, so daß für den Handel eine durchgehende Verbindung von der
Ostsee bis zum Schwarzen Meer entstand, und das heißt von Skandinavien bis
Byzanz1 . Im Jahre 860 attakierten die Rus, bis dahin unbekannte Gegner, Kon-
stantinopel; Patriarch Photios, der über diesen Angriff zwei Predigten gehalten
hat 2 , vermeldet nur wenig später, im Jahre 867, daß das Volk, welches unlängst
noch wild und barbarisch gewesen sei, sich zum christlichen Glauben bekehrt und
einen Bischof angenommen habe 3 . Kaiser Basileios I. (867-886) soll ihnen sogar
einen Erzbischof gesandt haben 4 . In den Jahren 911 und 944 wurden Handels-
32
BRACKMANN, Ostpolitik Ottos d. Gr. S. 249; CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 93f.
33
HILSCH, Bischof von Prag S. 12f.
34
S. $ 48 Anm. 11.

1
Grundlegend RÜSS, Reich von Kiev S. 199-429; zur Frühgeschichte: S. 267-282; HELL-
MANN, Kiever Reich S. 398-414.
2
Photius, Homilie 3 u. 4 (MANGO S. 74-110 englische Übersetzung mit Erläuterungen).
3
Photius, Epistolarum liber I 13,35 (MIGNE PG 102, S. 736f).
4
Theophanes Continuatus V 97 (De Basilio Macedone) (CSHB 48, S. 342f); MÜLLER, Byzan-
tinische Mission S. 30 mit Anm. 6; TINNEFELD, Angriff der Rhos S. 243-250. H. AHRWEI-
LER (Relations, VII S. 44-70) will die 860 bezeugten Rus von den Kiewer Rus trennen.
290 Mission und Kirchen organisation unter den Ottonen

vertrage mit Byzanz geschlossen; aus letzterem geht — im Gegensatz zum erste-
ren — hervor, da nicht wenige der Rus bereits Christen waren 5 .
Eine durchgreifende Christianisierung hat unter der Regentin Olga begonnen,
die seit 945 regierte. ber ihre eigene Taufe gibt es drei Versionen6 . Es ist einmal
die bald nach 1110 entstandene Nestor-Chronik, in der auch lteres Material ver-
arbeitet ist. Die Bekehrung Olgas wird darin ganz "typisch" dargestellt. Die F r-
stin sei zum Kaiser gekommen und habe dessen Wertsch tzung gefunden. Der
Basileus habe sie zusammen mit dem Patriarchen 'getauft'; dabei sei ihr der Name
Helena gegeben worden. Dann aber habe der Kaiser sie heiraten wollen, was Olga
freilich unter Hinweis auf die geistliche Verwandtschaft abgelehnt habe. Erstaunt
ob ihrer 'List', habe der Kaiser sie reichbeschenkt entlassen und der Patriarch sie
nochmals gesegnet 7 . Es ist also wiederum eine Taufe unter dem Patronat des
Kaisers; aber wie etwa an der von Olga so "schlau" abgelehnten Heirat ersichtlich
wird, bereits in legend r ausgestalteter Form8 .
Weiter ist zu erw hnen Johannes Skylitzes. Er berichtet — freilich in einem Ab-
stand von mehr als 200 Jahren —, Olga sei als verwitwete Russenf rstin nach Kon-
stantinopel gekommen; sie habe die Taufe empfangen und sich sehr eifrig in der
Fr mmigkeit gezeigt, dann sei sie ehrenvoll wieder nach Hause zur ckgekehrt 9 .
Endlich ist auch eine westliche Quelle anzuf hren: die Fortsetzung der Chronik
des Regino von Pr m; diese hat jenen Adalbert zum Autor, der von Otto dem Gro-
en 961 als Bischof zu den Rus geschickt wurde, dort aber scheiterte und dann
zum ersten Erzbischof von Magdeburg aufstieg 10 . Er berliefert zum Jahre 959,
da Gesandte Olgas zu Otto dem Gro en gekommen seien, und macht dabei eine
Reihe von detaillierten Angaben: Er nennt die K nigin der Rus bei ihrem Tauf-
namen Helena und l t deren Taufe in Konstantinopel geschehen sein11. Wenn
er aber daf r die Zeit 'unter Kaiser Romanos' angibt, ist zu bedenken, da Roma-
nos zum Zeitpunkt von Olgas Taufe, die ja nach seinen Angaben vor 959 statt-
gefunden haben mu , nur Mitregent war und erst seit Herbst 959, in eben dem
Jahr der von Adalbert vermeldeten Gesandtschaft, Kaiser wurde 12 .
5
R SS, Reich von Kiev S. 214ff, 291; M LLER, Byzantinische Mission S. 31f.
6
S. dazu OSTROGORSKY, F rstin Olga S. 35-52.
7
Nestor-Chronik a. 955 (TRAUTMANN S. 40 M -41 29 ); WATTENBACH - HOLTZMANN -
SCHMALE, Geschichtsquellen 2, S. 814f; ebd. 3, S. 231 *f.
8
OSTROGORSKY, F rstin Olga S. 42.
9
Johannes Skylitzes, Synopsis historiarum [zu Konstantinos VII.] 6 (ed. THURN S. 240):
Kot τ? του ποτέ κατά 'Ρωμαίων βκπλεύσαντος άρχοντος των 'Ρώς γαμέτη, Έλγα τοΰνομα,
τον ανδρός αυτής αποθανόντος παρεγβ>ετο ev Κωνσταντινουπόλει. και βαπτισθείσα και προ-
αίρεση ειλικρινούς επιδεικνυμένη πίστεως, αξΐως τιμηθεϊσα της προαιρέσεως έπ' οίκου άνέδ-
ραμε.
10
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg l, S. 114-135. Zur Chronik s. WATTENBACH - HOLTZ-
MANN - SCHMALE, Geschichtsquellen l, S. 166-170; HAUCK, Erzbischof Adalbert S. 276-353.
11
Adalbert! continuatio Reginonis a. 959 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 50, S. 170): Legati
Helenae reginae Rugorum, quae sub Romano imperatore Constantinopolitano Constantinopoli
baptizata est, ficte, ut post claruit, ad regem venientes episcopum et presbiteros eidem genti
ordinari petebant.
12
M LLER, Byzantinische Mission S. 32 Anm. 5; zur Chronologie der Herrschaft s. D LGER,
Regesten l, S. 80, Nr. 657 S. 82, Nr. 685 S. 88.
$ 48 Rus 291

Am heftigsten geht die Diskussion darum, ob die Taufe Olgas wirklich in By-
zanz stattgefunden hat 13 . Bestritten wird dies von all denjenigen, welche das von
Kaiser Konstantinos Porphyrogennetos verfaßte Zeremonienbuch für die eigent-
lich wichtigste Quelle halten. Dieses Buch enthält nicht nur Anweisungen für das
am Hof und im Umgang mit auswärtigen Gesandten einzuhaltende Zeremoniell,
es enthält darüber hinaus auch Berichte über tatsächlich abgestattete Besuche und
die dabei veranstalteten Empfänge und so auch über die Fürstin der Rus14 . Wenn
aber Olga bei diesem ihren Besuch getauft worden sei — so argumentiert zum
Beispiel G. Ostrogorsky — dann hätte das Zeremonienbuch diese wichtige Hand-
lung nicht übergehen können: "Wenn man sich vorstellt, was für ein Ereignis für
die byzantinische Hauptstadt und für die Kaiserfamilie selbst die Taufe der Kiewer
Fürstin während ihres Aufenthaltes in Konstantinopel gewesen wäre, wenn man
dazu in Betracht zieht, was die Taufe als solche für jeden Byzantiner ideologisch
bedeutete, so kann man das Schweigen, scheint mir, nur damit erklären, daß Olga
nicht in Konstantinopel getauft wurde, sondern schon als Christin in Byzanz
ankam, und daß ihre Bekehrung zu dieser Zeit schon eine Sache ziemlich ferner
Vergangenheit war."15 Die Einmütigkeit anderer Quellen bedeute nicht viel, weil
das Wissen um Olgas Annahme des Christentums und ihres Besuches in Konstan-
tinopel eine dortige Taufe sozusagen selbstverständlich habe erscheinen lassen16.
Auch seien die unterschiedlichen Zeitangaben zu beachten: Die Nestor-Chronik
lasse die Taufe 955 geschehen, während der Besuch in Konstantinopel 957 statt-
gefunden habe. Und so lautet die Konsequenz: "Olga ließ sich nicht zur Zeit ihres
Aufenthaltes in Konstantinopel taufen, sondern 954/55 in Kiew, so daß zwischen
ihrer Taufe und ihrer Reise nach Konstantinopel einige Jahre vergangen waren."17
Doch melden sich neuerdings auch wieder Autoren, die eine Taufe zu 957 in By-
zanz für wahrscheinlicher halten; die Begründungen sind freilich wenig durch-
schlagend18 .

13
OSTROGORSKY, Fürstin Olga S. 36-44.
14
Ebd. S. 37-41.
15
Ebd. S. 41.
16
Ebd. S. 42.
17
Ebd. S. 43f, Zitat S. 44; so auch MÜLLER, Byzantinische Mission S. 32; RÜSS, Reich von
Kiev S. 292; VLASTO, Entry S. 250; BECK, Orthodoxe Kirchen D 130.
18
D. OBOLENSKY (Byzantine Commonwealth S. 189) hält daran fest, daß die Taufe Olgas
während ihres Besuches 957 in Byzanz geschehen sei; ebenso DVORNIK, Slavs S. 201; eine
Begründung wird jeweils nicht gegeben. Weiter ist zu nennen CH. HANNICK mit seinem großen
Beitrag über "Die byzantinischen Missionen". Er entscheidet sich nach Abwägung vielfältiger
Überlegungen für folgende Lösung: "Für die feierliche Taufzeremonie begab sich Olga mit
ihrem Mentor im Glauben, dem Priester Grigorij, nach Konstantinopel, wo sie die Taufe vom
Patriarchen Theophylaktos empfing." (S. 345f). Dies ist aber wegen der Chronologie nicht auf-
recht zu erhalten, jedenfalls nicht für 957. Nur wenige Seiten vorher (S. 342) ist — richtig — als
Todesdatum des Patriarchen Theophylaktos der 22. Februar 956 angegeben (GRUMEL, Re-
gestes l/l, S. 222). Der Annahme, die Taufe Olgas habe in Kiew stattgefunden, stellt HAN-
NICK die Frage entgegen, wieso dann ihr unmündiger Sohn Svjatoslav Heide geblieben sei (By-
zantinische Missionen S. 343). Das Phänomen der ungetauften Kinder gerade in Familien sich
bekehrender Herrscher habeji wir als ein nahezu allgemeines und für viele Herrscherbekehrungen
292 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

Bedeutsam ist für uns die Feststellung, daß Olga geistliche Tochter des byzan-
tinischen Kaisers geworden sein dürfte und ihr damit all jene Konsequenzen auf-
erlegt waren, die wir schon so oft kennengelernt haben: Es ist nicht zu bezweifeln,
so schreibt G. Ostrogorsky, "daß die Taufe der Regentin der Kiewer Rus unter der
Ägide der byzantinischen Kirche erfolgte. Deshalb nahm sie bei der Taufe auch
den Namen der byzantinischen Kaiserin Helene an, der Gattin Konstantins Por-
phyrogennetos."19 Und noch deutlicher: "Die so [im Zeremoniell gegenüber Olga]
unterstrichene Nähe zeigt, daß die Regentin der Rus, nachdem sie sich dem Chri-
stentum angeschlossen hatte, zur 'geistigen Tochter' der byzantinischen Kaiserin
geworden war, sich in die Familie der vom byzantinischen Kaiser angeführten
christlichen Herrscher eng eingefügt hatte und im byzantinischen hierarchischen
System einen Ehrenplatz einnahm."20 Doch muß man sich bewußt bleiben, daß
dies mehr aus dem allgemein üblichen Verfahren, wie es in Byzanz Tradition war,
abgeleitet werden muß, denn aus den konkreten Nachrichten.
Gleichermaßen wichtig sind für uns die Schilderungen über Olgas Empfänge, die
ihr zu Ehren vom byzantinischen Hof am 9. September und am 18. Oktober 957
veranstaltet wurden. Hier wird genauestens beschrieben, was es bedeutete, Patri-
kios oder Patrikia zu sein, welche Rolle Kaiser und Kaiserin bei solchen Empfän-
gen spielten und welche Geschenke verteilt wurden. Dabei erfahren wir auch nähe-
re Einzelheiten über genau jene Dinge, die sonst meist nur formelhaft mitgeteilt
werden. Am 9. September wurde Olga zuerst vom Kaiser empfangen, also von
Konstantinos Porphyrogennetos selbst; die Fürstin stand an der Spitze ihres Ge-
folges, und alles verlief, wie das Zeremonienbuch vermerkt, nach üblicher Weise.
Ausführlicher beschrieben wird der Empfang durch die Kaiserin Helena, die auf
einem reichverzierten Thron saß, der auf einem erhöhten Podium stand; an diesem

normales Faktum anzusehen. Auch soll gegen die Taufe in Kiew sprechen, daß Olga damit auf
die begehrte Ehre der Aufnahme in die Familie der Könige verzichtet hätte. Wie aber die Taufe
des Khan Boris-Michael, die sicher in dessen Land stattfand, deutlich macht, mußte der Akt
nicht in Konstantinopel stattfinden, um in die Familie der Könige aufgenommen zu werden.
HANNICK, der sich selbst diesen Einwand macht, erklärt die Bulgaren-Taufe zu seinem sin-
gulären Fall (ebd. S. 344f). Für die Taufe Vladimirs sieht A. POPPE (Baptism of Rus' S. 241)
keine Bedenken, eine prokuratorisch vorgenommene Patenschaft des byzantinischen Kaisers
anzunehmen (s. Anm. 38). Die unterschiedlichen Jahresangaben der Quellen, ob Olgas Taufe
955 oder 957 stattgefunden hat, möchte HANNICK mit dem Eintritt ins Katechumenat und
dem erst später folgenden Taufakt erklären — zweifellos eine bedenkenswerte Möglichkeit,
aber historisch nicht beweisbar. Zu nennen ist ferner T. WASILEWSKI (Etat russe S. 46), der
Olga — wie schon HANNICK — als Katechumene 957 in Byzanz ankommen läßt. — Ein neues
Datum schlägt J.-P. ARRIGNON vor. Mit OSTROGORSKY lehnt er 957 als Taufdatum ab,
akzeptiert aber ebensowenig 955. Da die Taufe 959 aufgrund der Notiz in der Continuatio Re-
ginonis als vollzogen anzusehen ist, kommt er zu einer Datierung zwischen 957 und 959 (Rela-
tions S. 177). Es müßte sich demnach also innerhalb von zwei Jahren Folgendes abgespielt ha-
ben: ehrenvoller Empfang Olgas in Byzanz, bald darauf die Taufe sowie die Hinwendung zum
Westkaiser. Dies alles so eng zusammengedrängt zu sehen wirkt wenig wahrscheinlich.
19
OSTROGORSKY, Fürstin Olga S. 44. OBOLENSKY, Byzantine Commonwealth S. 189:
"... she was baptised by the Byzantine patriarch, adopting the name, symbolic of her new spiri-
tual and political relationship with the imperial house, of the reigning Empress Helen ..."
20
OSTROGORSKY, Fürstin Olga S. 50.
$ 48 Rus 293

Empfang nahm auch die Schwiegertochter Theophano teil, die Gemahlin des
Thronfolgers Romanos II., die etwas abseits von der Kaiserin auf einem goldenen
Sessel saß. Wie beim Kaiserempfang erschienen vor Beginn des Eintritts bei der
Kaiserin die Würdenträgerinnen in hierarchischer Ordnung, und auch Olga mußte
den weiblichen Teil ihres Gefolges entsprechend ordnen. Nach Beendigung dieser
offiziellen Empfänge wurde die Fürstin in den engeren Familienkreis eingeladen;
sie durfte deswegen die inneren Gemächer der Kaiserin betreten; dort "setzte sich
der Kaiser mit der Augusta [der Kaiserin] und mit seinen purpurgeborenen Kin-
dern, und es wurde die Archontissa [die Fürstin Olga] gerufen ..., und sie setzte
sich auf Geheiß des Kaisers und redete mit dem Kaiser, worüber sie wollte."21
Weiter wurde zu Ehren der russischen Fürstin ein großes Essen gegeben. Bevor
man zu Tisch ging, saß die Kaiserin mit ihrer Schwiegertochter auf dem Thron,
die Archontissa Olga aber stand beiseite, so daß die hierarchische Position bei den
einzelnen Personen genau sichtbar wurde. Immerhin wurde der Russin zugestan-
den, daß sie bei ihrem Eintritt nur eine Kopfverneigung vor den Kaiserinnen zu
machen brauchte, während ihre Begleitung die Proskynese vollziehen mußte. Bei
Tisch erhielt Olga einen Rang, welcher der Position der ersten Hofdame entsprach,
der Zoste; erst darauf folgten die Magistrissai und Patrikiai. Für das Gefolge fand
eigens ein Essen statt, wobei die Teilnehmer je nach Rang Geschenke erhielten,
wie auch Olga zum Schluß reich beschenkt wurde. "Diese Begegnungen im Fami-
lienkreis ... spiegeln eine Nähe, die in der blasierten Atmosphäre, in der steifen
zeremoniellen Starre des Kaiserhofes recht ungewöhnlich und unerwartet er-
scheint." 22
Demgegenüber muß das nächste, was uns die Quellen berichten, erstaunen. Es
ist die Nachricht aus der Fortsetzung der Regino-Chronik über Olgas Gesandt-
schaft des Jahres 959, die Otto den Großen um einen Bischof und eine Anzahl
von Priestern für die Rus bat 2 3 . Diese so kurz nach dem Aufenthalt in Konstan-
tinopel ausgesprochene Bitte wirkt rätselhaft: Einen Bischof kann Byzanz unmög-
lich verweigert haben. Der Grund könnte eher darin zu suchen sein, "daß man in
Kiew nicht bereit war, sich den geistlichen und politischen Vorherrschaftsansprü-
chen der Byzantiner unterzuordnen" 24 . Wie aber ist es dann zu erklären, daß Olga
einen Bischof von Otto anzunehmen bereit gewesen sein soll? Denn ein solcher
hätte sich doch gleichfalls "unterordnen" müssen, nur eben unter einen westli-
chen Erzbischof. Möglicherweise spielt aber der deutsche Bericht, indem er nicht
von einem Erzbischof, sondern nur von einem Bischof spricht, die russischen Wün-
sche absichtlich herunter, weil es so vorzüglich in die eigenen Vorstellungen paßte.
Wenn nämlich die reichskirchliche Missionspolitik von Hamburg aus bis nach Nor-
wegen und Schweden auszugreifen bereit war, warum sollte da ein reichskirchli-
cher Erzbischof nicht auch die Oberhoheit über einen Bischof von Kiew ausüben
können? Otto den Großen muß jedenfalls das Ersuchen Olgas zu größten Hoff-
nungen beflügelt haben, betrieb er doch damals die Erhebung Magdeburgs zum
21
Constantinus Porphyrogenitus, De ceremoniis aulae Byzantinae II 15 (CSHB 7, S. 596 17 ~ 20 ).
22
OSTROGORSKY, Fürstin Olga S. 50; RÜSS, Reich von Kiev S. 292f.
23
S. Anm. 11.
24
RÜSS, Reich von Kiev S.. 293.
294 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

Erzbistum, dem alle für die Slawen östlich der Elbe zu gründenden Bistümer unter-
stellt werden sollten. Für ihn muß sich darum bei der Ankunft der russischen Ge-
sandten die "visionäre Vorstellung eines christlichen Imperiums, das vom 'ewigen
Rom' bis zu den Toren Kiews reichte", aufgetan haben; was er damals wollte,
gehörte, so A. Brackmann, "zu den umfassendsten Plänen ..., die je ein deutscher
Staatsmann im Osten verfolgt hat" 25 .
Um so kläglicher war das Scheitern. Die Wahl des Kaisers fiel auf Libutius,
einen Mönch aus dem Mainzer Albanskloster. Adaldag von Bremen weihte ihn
zum Bischof. Die Abreise aber verzögerte sich, bis Libutius am 15. Februar 961
verstarb 26 . Auf Vorschlag Erzbischof Wilhelms von Mainz wurde dann der dem
Trierer Maximinuskloster angehörende Mönch Adalbert geweiht 27 . Der Erkorene
war allerdings kein Mann, der sich bereiten Herzens für das Evangelium geopfert
hätte. Adalbert, der über seine Mission in der von ihm verfaßten Fortsetzung der
Regino-Chronik selbst berichtet, scheut nicht die Anklage: Von Wilhelm habe er
Besseres erwarten dürfen. Schon 962 meldet er seine erfolglose Rückkehr: Er habe
sich vergeblich bemüht; nur mit Not sei er dem Tod entronnen, den einige seiner
Begleiter hätten erleiden müssen. Mit Befriedigung vermerkt er die ihm von Wil-
helm zuteil gewordenen 'Güter und Vergünstigungen', die eine Genugtuung dafür
seien, daß der Erzbischof ihm diese beschwerliche Reise "eingebrockt" habe 28 .
Aber auch auf Otto selbst dürfte das Scheitern nicht ohne Nachwirkung geblieben
sein. So gibt H. Beumann zu bedenken, daß Otto gerade "am Vorabend der Kai-
serkrönung das byzantinische Kaisertum als Rivalen auf dem von ihm beanspruch-
ten östlichen Missionsfelde erlebt habe" 29 . Daß aber Adalbert erfolglos blieb, muß
nicht allein seiner Person zugeschrieben werden. Wahrscheinlich fand er in Kiew
eine für ihn hoffnungslose Situation vor; Olga dürfte von ihrem heidnisch geblie-
benen Sohn Svjatoslav entmachtet worden sein30 . Auch wäre es möglich, daß man
in Kiew enttäuscht war angesichts der Tatsache, nur einen Bischof erhalten zu
haben. Denn wenn man dort nicht bereit gewesen sein soll, sich der politischen
und kirchlichen Oberhoheit von Byzanz unterzuordnen, warum sollte man da eine
Abhängigkeit von der Metropole Magdeburg und den ottonischen Kaisern akzep-

25
BRACKMANN, Magdeburg als Hauptstadt S. 13.
26
Adalbert! continuatio Reginonis a. 960 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 50, S. 170): Libu-
tius ex coenobitis sancti Albani a venerabili archiepiscopo Adaldago genti Rugorum episcopus
ordinatur. Zum Tod s. ebd. a. 961.
27
Ebd. a. 961 (S. 170): Adalbertus ex coenobitis sancti Maximini machinatione et consilio
Willihelmi archiepiscopi, licet meliora in eum confisus fuerit et nihil umquam in eum deli-
querit, peregre mittendus in ordinatione successit. Quem piissimus rex solita sibi misericordia
omnibus, quibus indigebat, copiis instructum genti Rugorum honorifice destinavit.
28
Ebd. a. 962 (S. 172): Hodem anno Adalbertus Rugis ordinatus episcopus nihil in his, proprer
quae missus fuerat, proficere valens et inaniter se fatigatum videns revertitur et quibusdam
ex suis in redeundo occisis ipse cum magno labore vix evasit. Et ad regem veniens caritative
suscipitur et a Deo amabili Willihelmo archiepiscopo pro retributione tarn incommodae ab eo
sibi machinatae peregrinationis bonis omnibus et commodis, quasi frater a fratre, amplectitur
et sustentatur.
29
BEUMANN, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 44.
30
RÜSS, Reich von Kiev S. 293.
$ 48 Rus 295

tiert haben? 31 Erstaunlicherweise hat aber der nächste Regent, Svjatoslavs Sohn
Jaropolk (972-978/80), der ebenfalls ungetauft war, im Jahre 973 noch einmal
eine Gesandtschaft zu Otto dem Großen nach Quedlinburg geschickt 32 .
Erst der Nachfolger Vladimir (+ 1015) leitete mit seiner Taufe die endgültige
Bekehrung des Rus-Reiches ein33 . Die Quellen bieten folgendes Bild: Kaiser Basi-
leios II. bat im Herbst 987 Vladimir um militärische Hilfe bei der Niederwerfung
einer Revolte. Als Gegenleistung forderte dieser die Hand einer purpurgeborenen
Prinzessin. Der Kaiser stimmte der ungewöhnlichen Forderung unter der Bedin-
gung zu, daß Vladimir sich zuvor taufen lasse. Dieser ging darauf ein und wurde
wahrscheinlich Anfang 988 in oder bei Kiew getauft. Eine Truppe von 6000 Mann
half dem bedrängten Kaiser aus seiner Notlage. Die traditionelle Deutung läßt die
Ereignisse sich dann so fortentwickeln, daß der Kaiser gezögert habe, sein außer-
gewöhnliches Versprechen zu erfüllen; Vladimir sei darum 989 gegen Cherson ge-
zogen und habe es erobert; daraufhin sei ihm erst die griechische Prinzessin zuge-
sandt worden, so daß er sich mit ihr habe vermählen können 34 . Demgegenüber
hat A. Poppe anhand chronologischer Überlegungen klargelegt, daß Taufe und
Heirat Vladimirs nicht zu trennen sind und folglich der Zug gegen Cherson nicht
als Rachehandlung, sondern als Kampf gegen die kaiserfeindlichen Revoltierer
zu verstehen sei 35 .
Hinsichtlich der Taufe Vladimirs kommt Poppe zu folgendem Ergebnis: Eine
byzantinische Gesandtschaft, darunter ein Bischof, habe sich seit Herbst 987 in
Kiew aufgehalten und die Taufe vorbereitet. Mit den einzelnen liturgischen Akten
habe man aller Wahrscheinlichkeit nach an Weihnachten begonnen und dann an
Epiphanie des Jahres 988 die Taufe vollzogen 36 . Wichtig ist, daß Vladimir den
Namen Basileios erhielt 37 , den Namen also des älteren der beiden damals regieren-
den Kaiser, woraus Poppe schließt, daß dieser als Patron über der Konversion
Vladimirs gestanden habe und auf prokuratorischem Wege dessen Taufpate gewor-
den sei38.
31
Ähnlich ARRIGNON, Relations S. 174ff.
32
Lampert von Hersfeld, Annales a. 973 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 38, S. 42 3 ).
33
RÜSS, Reich von Kiev S. 302-315; HELLMANN, Herrscherbild S. 224-236.
34
So noch HANNICK, Byzantinische Missionen S. 351.
35
POPPE, Baptism of Rus' S. 195-244; zustimmend auch RÜSS, Reich von Kiev S. 307 und
PODSKALSKY, Christentum S. 17-24.
36
POPPE, Baptism of Rus' S. 240f.
7
G. LAEHR (Anfänge des russischen Reiches S. 113) konstatiert bei der Untersuchung der
Quellen zur Taufe Vladimirs "das einstimmige Zeugnis der russischen Quellen, daß Wladimir
bei seiner Taufe den Namen des Byzantinischen Kaisers Basileios (Wasilij) annahm". S. auch
OBOLENSKY, Byzantine Commonwealth S. 198: "... his assumption at baptism of the name
Basil, in honour of his imperial godfather ..."
38 p O pp E; Baptism of Rus' S. 241. Erst der um die Wende des 11./12. Jhs. schreibende Ke-
drenos nennt Vladimir 'Bruder des Kaisers'; der fast gleichzeitige Skylitzes (Synopsis historia-
rum [ed. THURN S. 354 ]), den Kedrenos ausgeschrieben hat und dessen Chronik erst vor
wenigen Jahren ediert wurde, spricht von 'Schwager'. Die Folgerungen, die T. WASILEWSKI
(Etat russe S. 47) aus dem Brudertitel zieht, verlieren damit an Bedeutung. S. ferner OBO-
LENSKY, Byzantine Commonwealth S. 200: "... he became by baptism, at which he was chri-
stened Basil, his spiritual son."
296 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

Die Eingliederung Vladimirs und seines Rus-Reiches in die geistliche und poli-
tische Sphäre von Byzanz war endgültig. Der Aufenthalt Bruns von Querfurt in
Kiew blieb missionspolitisch ohne Wirkung 39 . Thietmar von Merseburg weiß
bereits von der Existenz eines archiepiscopus in Kiew 40 . Daß die dortigen Metro-
politen von Anfang an dem konstan tin opeler· Patriarchat zugehörten, dürfte trotz
vielfältiger anderer Deutungsversuche die am besten begründete Annahme sein41.
Wahrscheinlich hat Kaiser Basüeios II. den Bischof Theophylaktos von Sebasteia,
der bereits an den byzantinisch-russischen Verhandlungen beteiligt war 42 , zu
Vladimir entsandt; jedenfalls ist dieser "der erste glaubwürdig bezeugte Metropolit
von Kiew"43.

§ 49 Polen

Mit den Anfängen der Geschichte Polens fällt auch die Missionsgeschichte des
Landes zusammen. Mit Mieszko I. tritt Polen in die Geschichte ein; unter ihm
wurde auch die Christianisierung eingeleitet.

a) Mieszko

In einem Bericht über den sächsischen Grafen Wichmann (+ 967), der, im eige-
nen Land verfemt, zu den Slawen übergegangen war, spricht Widukind von dessen
Kämpfen mit einem Slawenvolk namens Licicaviki; deren König Misaca sei dabei
zweimal überwunden worden 1 . Bei einem neuerlichen Kampf aber habe Mieszko
zwei Reiterabteilungen seines Schwiegervaters, des Königs Boleslaw von Böhmen,
zur Verfügung gehabt, und Wichmann sei zur Flucht genötigt worden; überra-
schenderweise bezeichnet Widukind dabei Mieszko als amicus imperatoris2.
Anders dagegen stellt es Thietmar von Merseburg dar, dessen 1012/18 geschriebe-
ne Chronik allerdings jünger ist, das Geschehen aber gelegentlich nach Zeugenbe-
richten wiederzugeben vermag3 . Zum Jahre 963 vermeldet er, daß Markgraf Gero
(937-965) 'den Mieszko mit seinen Untertanen der kaiserlichen Herrschaft unter-

39
HELLMANN, Vladimir der Heilige S. 400-408; WIDERA, Brun von Querfurt S. 365-381;
PODSKALSKY, Altrussische Theologie S. 195-201.
40
Thietmar von Merseburg, Chronicon VIII 32 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 530 13 ).
41
MÜLLER, Hierarchischer Status S. 42-47; POPPE, Kirche und Staat der Rus S. 64-75; POD-
SKALSKY, Christentum S. 24-30.
42
RÜSS, Reich von Kiev S. 308.
43
MÜLLER, Hierarchischer Status S. 77; DERS., Russen in Byzanz S. 96f.

1
Widukind, Res gestae III 66 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 60, S. 14l 15 ): Misacam regem,
cuius potestatis erant Sclavi qui dicuntur Licicaviki, duabus vicibus superavit. Dazu BRÜSKE,
Lutizenbund S. 29-32; LUD AT, Polnischer Staat S. 24-32.
2
Widukind, Res gestae III 66 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 60, S. 1441). Der flüchtende
Wichmann bittet, als er auf der Flucht gestellt wird, sein Schwert seinem Feind als Siegestrophäe
zu übergeben, damit dieser es seinem 'Freund, dem Kaiser' übersenden könne (ebd. S. 145 19 ).
3
WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen l, S. 54f.
J 49 Polen 297

worfen' habe 4 . Geros Nachfolger Hodo, so weiß Thietmar weiter noch, habe er-
neut Mieszko angegriffen, Obwohl dieser dem Kaiser treu war und bis zur Warthe
Tribut zahlte'; der Kaiser habe aus Italien den weiteren Kampf untersagt 5 .
So begrüßenswert und wichtig diese Nachrichten sind, die Forschung6 sieht
sich dabei vor schier unlösbare Probleme gestellt: Denn wie soll man es zusam-
menbringen, daß Mieszko einerseits r ex und amicus genannt wird, andererseits
aber zugleich auch tributarius? Die Frage verschärft sich noch weiter, wenn wir
später wiederum Thietmar berichten hören, daß Mieszko 986 dem jungen Otto
III. gehuldigt habe 7 . Eine Lösung wird darin gesucht, daß die Tributpflicht nur
auf dem Westteil des polnischen Reiches, auf dem Gebiet zwischen Warthe und
Oder, gelegen habe 8 . Hinsichtlich der Huldigung, die Mieszko zum "Vasallen"
machte, denkt W. Schlesinger daran, daß allein "die Form der Ergebung ... va-
sallitisch" gewesen sei; man müsse deswegen nicht an ein Lehnsband denken, das
Polen dem Reich eingegliedert habe 9 . H. Ludat hinwiederum hält es für wahr-
scheinlich, daß Mieszko nach dem Tod des Markgrafen Dietrichs von der Nord-
mark (+ 985), des Vaters seiner zweiten Frau Oda 10 , als der geeignete Vertreter
der Reichsinteressen in der 983 verlorengegangenen Mark angesehen worden sein
könnte und hierfür die vasallitische Huldigung geleistet habe 11 .
Mit den politischen Nachrichten verbinden sich solche über die Anfänge des
Christentums. Zunächst einmal weiß Thietmar Einzelheiten über die schon von
Widukind erwähnte böhmische Gemahlin Mieszkos zu berichten: Ihrem Namen
Dubrawa, die 'Gute', habe sie alle Ehre gemacht 12 , denn sie habe ihren Gemahl
dazu bewogen, die Taufe anzunehmen 13 ; Jordan sei der erste Bischof gewesen14.
Wiederum ergibt sich ein ganzes Bündel von Fragen. Für die Taufe geben die
polnischen Annalen das Jahr 966 an 1 5 . Die Heirat mit Dubrawa scheint ein Jahr
vorher stattgefunden zu haben 16 . Am wichtigsten aber ist für uns die Frage nach
4
Thietmar von Merseburg, Chronicon II 14 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 54 13 ).
5
Ebd. II 29 (S. 74 ): Miseconem inperatori fidelem tributumque usque in Vurta fluvium
solventem.
6
Übersicht bei STASIEWSKI, Christianisierung Polens S. 332-349; BRACKMANN, Ostpolitik
Ottos d. Gr. S. 140ff; DERS., Polnischer Staat S. 154-159; LUDAT, Polnischer Staat S. 33-37;
DERS., An Elbe und Oder S. 34-37.
7
Thietmar von Merseburg, Chronicon IV 9 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 14024J:
Miseco semet ipsum regi dedit.
8
LUDAT, Mieszkos Tributpflicht S. 185-192; DERS., Warthe oder Netze S. 193-201; HELL-
MANN, Osthälfte Europas S. 907.
9
SCHLESINGER - BEUMANN, Urkundenstudien S. 374 Anm. 228; anders BRACKMANN,
Polnischer Staat S. 156f: "Lehnserneuerung".
10
S. Anm. 28 u. 30.
11
LUDAT, An Elbe und Oder S. 45-51.
12
Thietmar von Merseburg, Chronicon IV 55 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 19412).
13
Ebd. IV 56 (S. 194ff).
1
Ebd. S. 196 : lordan, primus eorum antistes.
ls
Annales capituli Posnaniensis a. 965 (MGH SS 29, S. 438 8 ); STASIEWSKI, Christianisierung
Polens S. 361-374; VLASTO, Entry S. 115f.
16
H. LUDAT (An Elbe und Oder S. 137 Anm. 266) weist auf Überlegungen hin, daß die Heirat
möglicherweise "zwischen -Ostern 963 und den Anfang des folgenden Jahres zu setzen" sei;
298 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

den Motiven und Umständen der Taufe. Hat vielleicht Gero, als er Mieszko zum
Tribut zwang, die Taufe gefordert? Wurde Mieszko deswegen als 'Freund' des
Kaisers angesehen, weil er sich — gar unter kaiserlichem Patronat — hatte taufen
lassen? Aber davon verlautet nichts, nicht einmal in nachträglicher legendärer
Ausgestaltung. Thietmar schreibt die Taufe allein den Bemühungen der aus dem
frommen Hause der Pfemysliden 17 stammenden Dubrawa zu. Wahrscheinlich war
sie es auch, die den von Thietmar erwähnten Bischof Jordan mit ins Land brach-
te 18 . Über dessen Herkunft wissen wir, trotz vielerlei Spekulationen, nichts 19 .
Das von Paul Kehr herausgestellte Faktum, daß Jordan nie unter die Magdeburger
Suffragane gezählt worden ist, macht es unwahrscheinlich, daß er aus der Reichs-
kirche stammte: "Das Christentum in Polen, woher es immer gekommen sein mag,
ist keine Magdeburger Gründung."20 Vielleicht müssen für die Zurückhaltung, die
hier schon bei den Anfängen des polnischen Christentums gegen das benachbarte
Magdeburg spürbar wird, wiederum die altbekannten Gründe angeführt werden,
daß wohl Mieszko schon damals entschlossen gewesen sei, "sich bei der untrenn-
baren Verbindung von Missions-, Kirchen- und Machtpolitik nicht über Magdeburg
in das 'regnum' einbeziehen zu lassen"21. Doch in der Folgezeit hat der Pole ein
sogar zunehmend besseres Verhältnis zum Reich gewonnen22 . So ist es auch nicht
verwunderlich, daß in Posen als Jordans Nachfolger ein Deutscher namens Unger,
der anscheinend zuvor Abt des Klosters Memleben war, anzutreffen ist 23 . Dieser
freilich sollte sich später als eindeutiger Verfechter reichskirchlicher Interessen
erweisen.
Als besonders bedeutsam ist in der frühen polnischen Kirchengeschichte ein
"sonst nicht bezeugter Rechtsakt"24 zu erwähnen: die Übereignung der Herr-
scherfamilie mitsamt dem Polenlande an Papst Johannes XV. (985-996). Von der
darüber ausgestellten Urkunde ist in der 1086/87 angefertigten Kanones-Samm-
lung des Kardinals Deusdedit (+ 1099) das vieldiskutierte Regest 'Dagone iudex'

folglich läge dann die Taufe Mieszkos "drei Jahre später" (ebd. S. 36), so daß der älteste Sohn
Boleslaw noch vor diesem Zeitpunkt geboren wäre. M. HELLMANN gibt in seinem repräsenta-
tiven Artikel für das Handbuch der Europäischen Geschichte (Osthälfte Europas S. 907) annä-
hernd 'die traditionellen Daten wieder: "daß Mieszko sich 965/66 mit Dubrawa ... vermählte
und 966/67 das lateinische Christentum annahm". VLASTO, Entry S. 115: Heirat 964.
17
STASIEWSKI, Christianisierung Polens S. 349ff.
18
SAPPOK, Bistum Posen S. 71-74; STASIEWSKI, Christianisierung Polens S. 367ff.
19
Die Erwägung von H. LUDAT (An Elbe und Oder S. 37), "daß die Taufe Mieszkos in erster
Linie mit Hilfe der für Böhmen zuständigen Regensburger Kirche vorbereitet worden ist und
vielleicht sogar in Regensburg stattgefunden hat", ist beachtenswert, hat aber nur Wahrschein-
lichkeitswert. Andere denken wegen des Lambert genannten Mieszko-Sohnes (s. Anm. 28) an
eine Herkunft aus dem lothringischen Raum. S. dazu STASIEWSKI, Christianisierung Polens
S. 375-382. — Zu den vielfach angestellten Erwägungen über Jordans kirchenrechtlichen Status
s. WARNKE, Schenkung Polens S. 136f.
20
KEHR, Erzbistum Magdeburg S. 23; s. auch ENGELS, Mission S. 211 Anm. 41.
21
WARNKE, Schenkung Polens S. 147.
22
LUDAT, An Elbe und Oder S. 18-32.
23
SAPPOK, Bistum Posen S. 74-78; CLAUDE, Erzbistum Magdeburg S. HOff. VLASTO, En-
try S. 118.
24
HELLMANN, Osthälfte Europas S. 907; VLASTO, Entry S. 121f.
$ 49 Polen 299

erhalten geblieben 25 . Die Urkunde scheint der Sprache nach von einem Angehöri-
gen der römischen Kirche abgefaßt worden zu sein 26 . Dem Kardinal hat noch die
Originalurkunde oder doch eine originalgetreue Abschrift vorgelegen 27 . Trotz der
Entstellung einiger Namen sind die Angaben hinreichend klar: Dagone iudex et
Ote senatrix et filii eorum Misica et Lambertus leguntur beato Petra contulisse
unam civitatem in Integra quae vocatur Schinesne cum omnibus suis pertenentiis
infra has affines ...28 "An der Echtheit des Aktes und einer Verbindung Mieszkos
mit Rom ist nicht zu zweifeln", urteilt Harald Zimmermann 29 . So sind von den
Personenangaben mindestens zwei gut verifizier bar. Ote senatrix und deren erst-
genannter Sohn Misica werden beide auch bei Thietmar erwähnt; Ota, Tochter
des Markgrafen Dietrich und zunächst Nonne zu Calbe, war Mieszkos zweite Frau,
die ihm drei Söhne gebar, von denen aber Thietmar nur zwei namentlich zu nen-
nen weiß: Miseco und Suentepulcus30. Desgleichen läßt die Umschreibung des
Landes eindeutig Polen erkennen; erwähnt werden Pruzze, Russe, Craccoa, flumen
Oddere und Milze31. Die Diskussionen darüber, ob mit Schinesne Stettin oder
Gnesen gemeint sei, dürfte zugunsten von letzterem entschieden sein 32 . Schwieri-
ger und bis heute ungelöst ist die Frage nach dem Dagone iudex33. Die früher
favorisierte Lösung, in dem Namen Dagone stecke ein zweiter, nordischer Name
Mieszkos, ist heute aufgegeben 34 . Auffallen muß das Fehlen von Mieszkos älte-
stem Sohn Boleslaw, dem Sohn der Dubrawa. Dieser soll jüngeren Nachrichten
zufolge im Frühjahr 973 — damals mußte er vermutlich als Geisel an den deut-
schen Hof gehen35 — in feierlicher Zeremonie in den päpstlichen Schutz gegeben
worden sein; es wird berichtet, daß man die dem Sohn abgeschnittenen Haare dem
Papst übersandt habe 36 . Ob das Fehlen im Regest mit dieser Schutzunterstellung

25
BÖHMER, Regesta Imperil 2/5, Nr. 703 S. 279f.
26
WARNKE, Schenkung Polens S. 129.
27
LEITSCH, Deusdedit S. 166-185.
28
Deusdedit, Kanonessammlung III 199 (ed. VON GLANVELL S. 359 12 ). Eine verbesserte
Ausgabe von R. HOLTZMANN (Böhmen und Polen S. 18); daraus nachgedruckt STASIEW-
SKI, Untersuchungen S. 38; jüngste Ausgabe KÜRBISOWNA, Dagome iudex S. 394-397 [Pa-
ralleldruck der verschiedenen Überlieferungen] S. 395.
29
BÖHMER, Regesta Imperil 2/5, Nr. 703 S. 280 [Kommentar].
30
Thietmar von Merseburg, Chronicon IV 57 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 196 16 + 31 );
STASIEWSKI, Untersuchungen S. 93-103.
31
Deusdedit (ed. HOLTZMANN, Böhmen und Polen, S. 18; ed. KÜRBISOWNA S. 395); STA-
SIEWSKI, Untersuchungen S. 53-81; WARNKE, Schenkung Polens S. 171f. W. SCHLESINGER
(SCHLESINGER - BEUMANN, Urkundenstudien S. 371) verweist darauf, daß diese Grenzbe-
schreibung die von Mieszko neugewonnenen Gebiete einschließt, wohl um "für diese Grenzen
mit dem päpstlichen Schutz gleichsam die Garantie des Hl. Stuhles zu erlangen".
32
STASIEWSKI, Untersuchungen S. 49-53.
33
Ebd. S. 81-93.
34
HOLTZMANN, Böhmen und Polen S. 36; STASIEWSKI, Untersuchungen S. 86-90; BRACK-
MANN, Polnischer Staat S. 157-161; KOSSMANN, Herrscher Polens S. 31-45; HENSEL, Früh-
geschichte Polens S. 270.
35
BÖHMER, Regesta Imperil 2/1, Nr. 562d S. 247; Annales Altahenses maiores a. 973 (MGH
SS rer. Germ, in us. schol. 4, S. 11): Miszego ... filium mittit obsidem.
36
STASIEWSKI, Untersuchungen S. 105ff; WARNKE, Schenkung Polens S. 168f.
300 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

oder aber mit Erbauseinandersetzungen zu erklären ist, braucht hier nicht ent-
schieden zu werden.
Wohl aber stellt sich die Frage, was mit diesem Akt insgesamt erreicht werden
sollte37. Zu Recht kann angenommen werden, daß Mieszko sich in der Spätphase
seiner Herrschaft zu sichern suchte "gegenüber der Tendenz, ihn über die Kirchen-
organisation in das [deutsche] 'regnum' zu integrieren"38 . Wollte er die volle poli-
tische Eigenständigkeit gewinnen, brauchte er dazu einen eigenen Erzbischof; dies
um so dringlicher, als Magdeburg seine Ansprüche gegenüber Polen nicht aufgab39 .
Mit der urkundlich fixierten Auftradierung an den Papst vollzog allerdings Mies-
zko etwas Neues: "Zum ersten Mal standen ein Land, sein Fürst und seine gesamte
Bevölkerung unter dem besonderen Schutz des heiligen Petrus und seiner Vikare,
beziehungsweise waren sie sein Eigen."40 So sehr aber ein neuartiger Vorgang zu
konstatieren ist, so artikuliert sich in der Übergabe an den heiligen Petrus doch
nur ein altbekanntes Ziel neubekehrter Fürsten: "die Errichtung einer dem Apo-
stolischen Stuhl direkt unterstellten polnischen Kirchenprovinz"41 . Die Päpste
trugen auf diese Weise "entscheidend zu einem festeren Zusammenschluß der
jungen polnischen Gebilde bei und festigten deren Position gegenüber den imperia-
len Mächten der Zeit" 42 . Der ganze Vorgang hatte demnach durchaus eine Stoß-
richtung gegen das imperiale deutsche Reich und seine Kirchenpolitik 43 .

b) Akt von Gnesen


Mieszko war einerseits treuer "Vasall" der Ottonen, zuletzt aber auch mit
seiner Familie und seinem Land Untergebener des Papstes, was immer diese bei-
den Rechtsverhältnisse im einzelnen zu bedeuten hatten. Bei dem in der For-

37
STASIEWSKI, Untersuchungen S. 104-117; WARNKE, Schenkung Polens S. 150-177.
38
WARNKE, Schenkung Polens S. 150.
39
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg S. 196ff.
40
WARNKE, Schenkung Polens S. 163. Wenn die Autorin Mieszkos Vorgehen mit der Politik
Swatopluks vergleicht (ebd. S. 161ff) und dabei feststellt, Swatopluk habe sein Land nicht dem
Apostelfürsten schenken können, weil es als Teil des alten Sirmium jenem bereits gehört habe,
so wird man diese Überlegung nicht gelten lassen können. Die Folgerung, im östlichen Mittel-
europa sei es notwendig gewesen, "daß dem heiligen Petrus das Land übereignet wurde, damit
sein Vikar sichere Rechte an ihm gewann" (ebd. S. 166), provoziert die Frage, ob etwa vor
Errichtung eines Erzbistums das Gebiet "staatsrechtlich" an den Papst geschenkt werden muß-
te. J. FRIED (Päpstlicher Schutz S. 44 Anm. 31) hält den in Dagome iudex festgehaltenen Akt
"nicht für eine nach weltlichem Recht vollzogene Auftragung Polens an den Apostolischen
Stuhl, sondern für die Zuordnung einer künftigen polnischen Kirchenprovinz oder Diözese un-
mittelbar unter Rom zur Abwehr Magdeburger Ansprüche".
41
WARNKE, Schenkung Polens S. 167.
42
Ebd. S. 164.
43
Anders H. LUDAT (An Elbe und Oder S. 163 Anm. 410), der den "Schenkungsakt Mieszkos
nicht als politischen Schlag gegen das Reich" werten möchte. Differenzierter hatte schon A.
BRACKMANN (Polnischer Staat S. 173f) geurteilt: In dieser Schenkung eine schwere Schädi-
gung der deutschen Interessen zu sehen sei richtig, aber doch ein Urteil ex even tu; die in der
Schenkung bewirkte Stärkung des polnischen Staates sei von deutscher Seite zunächst als Hilfe
empfunden worden im Kampf gegen die heidnischen Lutizen.
$ 49 Polen 301

schung viel erörterten "Akt von Gnesen" des Jahres 1000 suchte der Nachfolger
Boleslaw Chrobry (+ 1025) eine neue Umschreibung des Verhältnisses sowohl
zum Kaiser wie auch zum Papst zu erreichen. Die Quellen spiegeln freilich erneut
keinen vollkommen klaren Befund, so daß die Deutung mühsam und bis heute
umstritten ist.
Den ausführlichsten Bericht liefert Thietmar von Merseburg: Von Rom habe
der Kaiser zusammen mit dem Patricius Ziazo, dem Oblationarius Robert sowie
einer Reihe von Kardinalen seinen Weg über Regensburg, Zeitz und Meißen nach
Polen genommen, wo ihm Boleslaw an dem Bober entgegengekommen sei. Das
letzte Stück sei der Kaiser zu Fuß gegangen; Bischof Unger habe ihn empfangen
und in die Kirche geleitet, in der Otto unter Tränen den heiligen Adalbert um
seine Fürbitte angerufen habe. 'Dann errichtete er unverzüglich ein Erzbistum',
fügt Thietmar unvermittelt an; Radim, der Halbbruder des Märtyrers, sei als Erz-
bischof eingesetzt worden über die Bischöfe Reinbern von Kolberg, Poppo von
Krakau und Johannes von Breslau; doch sei Bischof Unger von Posen ausgenom-
men geblieben. Berühmt ist Thietmars Zwischenbemerkung, er könne nur hoffen,
daß diese Erhebung rechtens geschehen sei, da der zuständige Bischof nicht sein
Einverständnis gegeben habe 44 .
Den ältesten Bericht bieten sodann die um 1007/8 begonnenen Quedlinburger
Annalen 45 , die aber von den kirchenpolitischen Ereignissen keine Notiz nehmen.
Otto sei von Rom mit großem Gefolge, darunter nicht wenigen aus dem römi-
schen Senat, über die Alpen nach Polen zum Grab des Märtyrers Adalbert geeilt
und sei dort von Boleslaw mit großem Aufwand empfangen worden. Auf der
Rückreise habe er die Kartage wie auch die Osterwoche bei seiner Schwester in
Quedlinburg verbracht, um dann über Aachen nach Rom zurückzukehren 46 .
Die Hildesheimer Annalen, deren erhaltene Fassung aus einem zeitgenössischen,
aber verlorenen Annalenwerk schöpft 47 , beschreiben zunächst deutlicher den
Weg und die Termine: Zur Fastenzeit sei Otto in die Sclavinia gereist, habe den
Palmsonntag in Magdeburg, Ostern in Quedlinburg und Pfingsten in Aachen ge-
feiert. In der Schilderung der kirchenpolitischen Ereignisse wird der Ort des Ge-
schehens mit Prag verwechselt. Dann aber folgen einige bedeutsame Punkte: Eine
Synode habe sieben Bistümer eingerichtet und Gaudentius, den Bruder des Mär-
tyrers Adalbert, zum Erzbischof bestellt; dies sei mit 'Erlaubnis des römischen
Pontifex' und 'auf Verlangen Boleslaws' geschehen 48 .
Der längste Bericht findet sich in der Anfang des zwölften Jahrhunderts von
einem "anonymen Gallier" verfaßten Chronik der Polenfürsten 49 . Boleslaw habe
den Pruzzen den Leichnam Adalberts abgekauft und ihn in Gnesen beigesetzt.
Unter Berufung auf eine — heute verlorene — Adalbert-Passio50 wird dann vom

44
Thietmar von Merseburg, Chronicon IV 44-46 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 1829).
45
WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen l, S. 44f.
46
Annales Quedlinburgenses a. 1000 (MGH SS 3, S. 77 1 ).
47
WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen l, S. 42ff.
48
Annales Hildesheimenses a. 1000 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 8, S. 27f).
49
WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen 2, S. 812f; 3, S. 230*f.
50
WENSKUS, Brun von Querfurt S. 232ff; BEUMANN, Laurentius und Mauritius S. 270.
302 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

Besuch Kaiser Ottos berichtet: Der Kaiser sei von dem Glanz und Reichtum Bo-
leslaws ganz überwältigt gewesen, so daß er denselben nicht länger als princeps
oder dux, sondern als König habe sehen wollen. Die eigene Krone habe er genom-
men und sie Boleslaw zum Bündnis der Freundschaft aufgesetzt. Als Siegeszeichen
habe er ihm einen Nagel vom Kreuz Christi und die Lanze des heiligen Mauritius
geschenkt, wofür ihm als Gegengabe ein Arm des heiligen Adalbert ausgehändigt
worden sei. Der Kaiser habe Boleslaw zum frater und cooperator imperii berufen
und ihn amicus populi Romani genannt. Die kirchlichen honores, soweit sie dem
Reich zustünden, habe er Boleslaw und seinen Nachfolgern überlassen, was Papst
Silvester in einem Privileg bestätigt habe. So sei also Boleslaw vom Kaiser zum
König erhoben worden; das festliche convivium habe drei Tage gedauert 51 .
In der naturgemäß vielfältigen und bis heute nicht einhelligen Deutung der
Gnesener Vorgänge52 hat schon seit langem die Idee der "Familie der Könige"
eine bedeutsame Rolle gespielt. So schreibt H. Ludat, daß Boleslaw zum "eben-
bürtigen 'frater' " und Polen "zu einem eigenen, dem deutschen Reich nebenge-
ordneten 'regnum' innerhalb des Imperiums erhoben" worden sei; "die Parallele
zur byzantinischen 'Familie der Könige' ist unverkennbar" 53 . Diesen Gedanken
hat T. Wasilewski durch den Hinweis auf byzantinische Vergleichsfälle verstärkt
und daraus den ganz ähnlichen Schluß gezogen, daß Boleslaw mit seinem Staat
zur Würde der Bruderschaft, dem höchsten Rang in der Familie der Könige, auf-
gestiegen sei. Die Sclavinia habe damit im Imperium eine Stellung wie Roma,
Gallia und Germania erhalten. Bei kleineren Völkern sei demgegenüber eine ganz
andere Methode der Aufnahme in die Familie der Könige angewandt worden:
die Taufpatenschaft, wie es am Beispiel der Dogen von Venedig ersichtlich sei 54 .
Tatsächlich lassen sich die Argumente für die Deutung des Aktes von Gnesen
als einer Aufnahme in die Familie der Könige noch weiter präzisieren und auch
vermehren. Als erstes ist anzuführen, daß Boleslaws jüngster Sohn, dessen Geburt
für das Jahr 1000 angesetzt wird, bei der Taufe offenbar den Namen Otto er-
hielt55 . Wenn auch von einer kaiserlichen Patenschaft nicht die Rede ist, so
51
Gallus anonymus, Cronica et Gesta Ducum sive Principum Polonorum I 6 (Monumenta
Poloniae Historica. Nova Series 2, S. 16ff).
52
BRACKMANN, Polnischer Staat S. 164-187; UHLIRZ, Otto III. S. 316-326; GIEYSZTOR,
Christiana Respublica S. 54-60; LUDAT, An Elbe und Oder S. 69-79; VLASTO, Entry S. 124-
127.
53
LUDAT, An Elbe und Oder S. 41f.
54
WASILEWSKI, Couronnement S. 471. Der Autor hat sich freilich aus den zahlreichen by-
zantinischen Beispielen nur solche ausgewählt, die seiner "differenzierenden" Deutung entge-
genkommen. Daß in Byzanz bei der Aufnahme in die Familie der Könige gerade Taufe und
geistliche Verwandtschaft von erheblicher Bedeutung waren, wird nicht dargelegt. Daß etwa der
Lazenfürst Tzath der Taufsohn des Kaisers wurde und dabei doch eine Krone erhielt, macht
nicht eben wahrscheinlich, daß die Patenschaft nur der niedrigere Ritus gewesen sei. Auch ist
es unzutreffend zu unterstellen, daß erst Otto III. die Vorstellung und das Zeremoniell der
Familie der Könige im Westen bekannt gemacht und praktiziert habe; man erinnere sich nur
Ludwigs des Frommen und seiner Patenschaft über Harald von Dänemark ($ 32).
55
Thietmar von Merseburg, Chronicon IV 58 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 19813J.·
Peperit ha.ec [Emnildis] duos filios, Misecone.m et alium, quern dilecti senioris sui nomine pater
vocavit. Die Frage ist freilich, wer der senior ist, ob der Vater oder der Lehnsherr. Die Vermu-
$ 49 Polen 303

müssen Taufe und Namensgebung doch als wichtiges Indiz angesehen werden. Fer-
ner scheint schon damals eine Heirat in Aussicht genommen worden zu sein, daß
nämlich Boleslaws noch unmündiger Sohn Mieszko die kaiserliche Nichte Richeza
zugesprochen erhielt, eine Tochter des Pfalzgrafen Ezzo und Mathildens, der
Schwester Ottos 56 . Unbezweifelbar ist ferner die politische Rangerhöhung des
Polen, glaubte doch Thietmar beklagen zu müssen, derselbe sei vom tributarius
zum dominus befördert worden 57 . Daß der Kaiser aber Boleslaw zum König er-
hoben habe, wie es Gallus Anonymus will58 , wird durchgehend in Zweifel gezo-
gen. Da nämlich Boleslaw sich erst nach Heinrichs II. Tod die Königswürde vin-
dizierte 59 , kann man dem Gallus Anonymus schwer darin folgen, daß der Pole
schon im Jahre 1000 zu dieser Würde erhoben worden sei. Aber die Forschung
sieht dennoch in Boleslaws Krönung mit dem Diadem des Kaisers einen historisch
durchaus wahrscheinlichen Ritus, nämlich die Erhebung zum Patricius. Otto habe,
so wird argumentiert, von seinem Selbstverständnis her, wie es in dem gerade wäh-
rend der Gnesen-Reise geführten Titel 'servus Jesu Christi' zum Ausdruck kom-
me60 , einen Rechtsanspruch auch auf den römisch-päpstlichen Besitz angemel-
det61 ; dies habe ihm dann erlaubt, in dem vom deutschen Reich wie auch — seit
Mieszkos Tradierung — vom Papst abhängigen Polen tätig zu werden. Denn es
"mußte auch für diesen Besitz der Rechtssatz gelten, daß Kaiser und Papst als
Stellvertreter des Apostels seine irdischen Verwalter waren, und damit erhalten
wir nunmehr auch den Schlüssel zur Beurteilung des Gnesener Aktes"62 . Als
berufener Hüter des päpstlichen Besitzes habe dann Otto in Polen dasselbe getan,
was schon zuvor in Rom geschehen sei: zur Wahrung des Kirchenbesitzes die
Ernennung eines Patricius. Tatsächlich hat Otto 998 in Rom einen sächsischen
Adeligen namens Ziazo als Patricius eingesetzt63 . In Polen habe dann diese Würde
Boleslaw erhalten 64 . Endlich scheint demselben auch eine Nachahmung der Lanze
des heiligen Mauritius zusammen mit einem Nagel vom heiligen Kreuz überreicht
worden zu sein 65 .

tung, daß es Otto 111. gewesen ist, wird dadurch bestärkt, daß Thietmar später einen Boleslaw-
Sohn namens Otto erwähnt (ebd. VIII l, S. 494'). S. dazu H. LUDAT (An Elbe und Oder S. 72
mit Anm. 426), der wie selbstverständlich davon spricht, daß "Boleslaws jüngster Sohn in der
Taufe den Namen des Kaisers" empfing. S. auch ebd. die genealogische Tafel im Anhang.
56
LUDAT, An Elbe und Oder S. 72, 77, 84f; LEWALD, Ezzonen S. 127f; HLAWITSCHKA,
Königin Richeza S. 237-240.
57
Thietmar von Merseburg, Chronicon V 10 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 232 22 ).
58
Gallus anonymus, Cronica et Gesta Ducum sive Principum Polonorum I 6 (Monumenta Po-
loniae Historica. Nova Series 2, S. i914): Et accipiens imperiale diadema capitis sui, capiti
Bolezlaui in amicicie fedus inposuit.
59
HELLMANN, Osthälfte Europas S. 910.
60
SCHRAMM, Renovatio S. 135-146.
61
BRACKMANN, Polen und Ungarn S. 243-249:
62
Ebd. S. 244f.
63
ERDMANN, Ideenwelt des Frühmittelalters S. 93-96.
64
Ebd. S. 99-102. Bedenken gegen eine Patricius-Ernennung bei UHLIRZ, Otto III. S. 320f,
454ff; GIEYSZTOR, Christiana Respublica S. 58.
65
BRACKMANN, Mauritius-Verehrung S. 211-241; SCHRAMM, Herrschaftszeichen 2, S. 502f.
S. auch HAUCK, Erzbischof Adalbert S. 299-344.
304 Mission und Kirchen organisation unter den Ottonen

Wir sehen hier ein zweifellos eindrucksvolles Ensemble von politischen Riten
beisammen, wie sie bestens der Aufnahme in die Familie der Könige entsprachen.
Die Forschung hat sich in vielfältiger Weise mit den einzelnen Vorgängen befaßt,
allerdings recht unterschiedliche Deutungen vorgetragen. Im Blick auf die hier
behandelte Thematik interessiert vor allem - die Patenschaft. Wenn in Gnesen,
wie es nicht unwahrscheinlich ist, ein Sohn Boleslaws getauft und dabei auch noch
Patensohn Ottos geworden ist, so wäre dem ganzen Geschehen ein klarer Akt
von geistlicher Verwandtschaftsbildung mit sogar einer bezeichnenden Akzen-
tuierung zugrunde gelegt worden. Während wir nämlich in Byzanz vor allem die
Sohnschaft samt ihren geistlichen und politischen Konsequenzen betont finden,
müßte für Otto und Boleslaw stärker die verbindende und zur Gleichberechtigung
tendierende Kompaternität als das Besondere angesehen werden. Dies aber würde
sich bestens in den allgemeinen Deutungsbefund des Gnesener Aktes einfügen,
daß nämlich Boleslaw vom Kaiser eine mehr eigenständige Rolle zugesprochen
erhielt.
Ist schon das Ensemble der politischen Akte als höchst bedeutsam anzusehen,
so nicht weniger die kirchenpolitischen Vorgänge: Polen erhielt damals ein eigenes
Erzbistum, womit, wie in der Forschung schon immer gesehen worden ist, "ein
eminent politischer Beitrag für die staatliche Konsolidierung Polens"66 geleistet
wurde. Gerade hier wird sichtbar, daß die Ereignisse von Gnesen, wie auch nicht
anders vorstellbar, bereits vorher eingeleitet und beschlossen worden sein müssen:
Der zum Erzbischof ernannte Radim, Halbbruder des heiligen Adalbert und mit
lateinischem Namen Gaudentius geheißen, erscheint denn auch schon mit seinem
Amtstitel in einer am 2. Dezember 999 ausgestellten Urkunde Ottos III. für das
Kloster Farfa 67 . Wie aus den Quellen weiter ersichtlich wird, fand in Gnesen dann
eine Synode statt, auf der die endgültige Erhebung durchgeführt wurde 68 . Das
Land erhielt, wie Thietmar berichtet, drei Bistümer, deren Sitze in Kolberg, Bres-
lau und Krakau standen 69 . Die dort eingesetzten Bischöfe waren alle Deutsche70 ;
vielleicht hoffte man in der Reichskirche, auf diese Weise die Verbindung mit
Polen aufrechterhalten zu können. Gegen die Bestellung des Erzbischofs und
seiner Suffragane protestierte freilich Bischof Unger von Posen 71 , dessen Sprengel
das polnische Kernland umfaßte. Die kirchliche Neuordnung war sozusagen eine
Konstruktion um ihn herum: Nicht Posen, sondern Gnesen, das bereits das Adal-
bert-Grab erhalten hatte, wurde Erzsitz, und die Suffragane wirkten in Gebieten,
66
LUDAT, An Elbe und Oder S. 70.
67
DO III 339 (MGH Dipl. reg. et imp. Germ. 2/2, S. 76920,).· Gaudentius archiepiscopus sancti
Adelberti martyris. Zu Radim-Gaudentius s. UHLIRZ, Otto III. S. 539ff.
68
Thietmar von Merseburg, Chronicon IV 45 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 1844J.'
Nee mora, fecit ibi archiepiscopatum, ut spero legitime, sine consensu tarnen prefati presulis,
cuius diocesi omnis haec regio subiecta est, committens eundem predicti martyris fratri Ra-
dimo.
69
Ebd. S. 1848: eidemque subiciens Reinbernum, Salsae Cholbergiensis aecclesiae episcopum,
Popponem Cracuaensem, lohannem Wrotizlaensem, Vungero Posnaniensi excepto. Zu Kolberg
s. PETERSOHN, Ostseeraum S. 42ff.
70
CLAUDE, Erzbistum Magdeburg S. 112.
71
SAPPOK, Bistum Posen S. 74-78.
S 50 Ungarn 305

die erst seit kurzem f r Polen erobert worden waren — was brigens deutlich
macht, da die kirchliche Neuordnung nicht nur die Eigenst ndigkeit gegen ber
der deutschen Reichskirche sichern, sondern auch die Konsolidierung des soeben
arrondierten politischen Herrschaftsgebietes bewirken sollte.
Das so vielen Herrschern in ihrer Missions- und Kirchenpolitik vorrangige Ziel,
ein eigenes Erzbistum zu haben, hat f r Polen im Akt von Gnesen seine Verwirk-
lichung erfahren 72 . Erstaunlich ist daran nur, da hier ein Kaiser, dessen Vorg n-
ger immer eine entschieden imperiale Missionspolitik betrieben hatten, die Los-
l sung von der deutschen Reichskirche nicht nur zulie , sondern sogar aktiv
bef rderte. Otto III. schwenkte mit dieser Politik auf eine Linie ein, wie sie der
schon lange von den P psten vertretenen Auffassung entsprach, n mlich jedem
Volk eine relative Eigenst ndigkeit zu geben. Buchmalereien des Reichenauer
Scriptoriums zeigen in entsprechender Weise aufgebaute Bilder: Roma, Gallia,
Germania und Slavinia in Huldigung vor dem Kaiser 73 .

§ 50 Ungarn

Ein politisches Wechselspiel zwischen Ost und West, wiederum bei Anwendung
der Taufpatenschaft, zeigt auch die Christianisierung Ungarns 1 . Die Ungarn, der
finno-ugrischen V lkerfamilie zugeh rig, drangen gegen 900 in die gro e Ebene
an der mittleren Donau ein, zerst rten das gro m hrische Reich und beunruhigten
f r ein halbes Jahrhundert Deutschland und Norditalien. Um die Jahrhundertmit-
te lie en sich zwei Ungarnf rsten in Konstantinopel taufen. Der erste war Bulcsu
(Bulosudes); Kaiser Konstantinos (913-959) hob ihn aus der Taufe, verlieh ihm
den Rang eines Patrikios und zeichnete ihn ehrenvoll mit Geschenken aus. Wenig
sp ter geschah die Taufe des F rsten Gyula (Gyla), der dabei ebenfalls mit Ehren
und Geschenken ausgezeichnet wurde und dem ein zum 'Bischof Turkiens' ge-
weihter M nch namens Hierotheos mitgegeben wurde 2 . Tats chlich hat Gyula im

72
Zu der von Kaiser Lothar I I I . im Verein mit Papst Innozenz II. versuchten Degradierung
Gnesens s. BEUMANN, P pstliches Schisma S. 479-500; GORSKI, Lund et Gniezno S. 49f, 51f.
73
WEIZS CKER, Imperator S. 815-831; HOFFMANN, Herrscherbild S. 324-341. S. auch
BEUMANN, Kaisertum Ottos d. Gr. S. 336f.

1
BECK, Christliche Mission S. 671f; MORAVSCIK, Byzantium 102-108; RIPOCHE, Hongrie
S. 9-23.
2
Georgius Cedrenus, Historiarum Compendium (CSHB 14, S. 3283): Ob δΐέλιπον δε και oi
Τούρκοι είσβολάς εις την 'Ρωμαίων ποιούμενοι και ταύτην δηούντες, μέχρις ου Βουλοοονδης
ο τούτων αρχηγός την των Χριστιανών πίστιν άσπάξεσθαι ΰποκριβείς κατειλήφει την Κων-
σταντίνου- και βαπτισθείς υπό τον βασιλέως ανεδέχεται Κωνσταντίνου, τί) των πατρικίων
αξία τιμηθείς και πλείστων χρημάτων νπάρξάς κύριος, εΙτ' αύθις οίκαδε υποστρέφας. μετ'
ου πολύ δε και Γυλάς, άρχων ων και αυτός των Ίούρκων, έισεισιν εις την βασιλίδα και
βαπτίζεται, των ίσων αξιωθείς και αυτός ευεργεσιών και τιμών, ανελάβετο δε μεθ' εαυτού
και τίνα μοναχόν Ίερόθεον τοΰνομα, δόξαν ευλάβειας έχοντα, επίσκοπον Τουρκίας παρά τον
Θεοφύλακτου χειροτονηθέντα, ος έκεϊσε -γενόμενος πολλούς από της βαρβαρικής πλάνης εις
τον χριστιανισμόν επανήγαΎεν. αλλ' ό μεν Π;λάς ενέμεινε τη πίστει ... Βονλοσουδής δε τάς
προς θεόν συνθήκας ηθετηκώς πολλάκις συν παντί τω έθνει κατά 'Ρωμαίων εξήλασε. το δ '
306 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

Verein mit seinem Bischof tatkr ftig f r die Bekehrung seines im Osten des Un-
garnlandes gelegenen Herrschaftsgebietes Sorge getragen 3 . Bulcsu dagegen, so
wei die berlieferung, habe nur Glauben vorget uscht und sei h ufig in das rho-
m ische Reich eingedrungen; als er dieses dann auch den Franken gegen ber ver-
sucht habe, sei er in Gefangenschaft geraten, und der K nig der Franken, Otto,
habe ihn pf hlen lassen. Tats chlich d rfte Bulcsu der Ungarnf hrer in der
Schlacht auf dem Lechfeld gewesen sein, der dann nach deren vernichtendem Aus-
gang geh ngt wurde 4 .
Die endg ltige Missionierung der Ungarn wurde — berraschenderweise — vom
Westen her durchgef hrt. Im Jahre 973 waren unter den vielen Gesandtschaften,
die der kurz vor dem Tod stehende Otto der Gro e noch empfing, auch Ungarn 5 .
Der Gro f rst Geza (+ 997) ffnete sein Land f r Missionare aus dem Reich des
Westkaisers6 . Eine der ersten Amtshandlungen Ottos II. d rfte die Entsendung des
Bischofs Brun von Verden nach Ungarn gewesen sein 7 . Anfang 972 ist schon der
heilige Wolfgang f r kurze Zeit dort gewesen, bevor er im Dezember 972 zum Bi-
schof von Regensburg erkoren wurde 8 . Eigentlich h tte das neu zu missionierende
Gebiet an Salzburg anwachsen m ssen; aber der dortige Erzbischof Friedrich mu -
te zusehen, wie sein eigener Neffe, Bischof Pilgrim von Passau, mit Hilfe gef lsch-
ter Papst- und Kaiserurkunden die Vorrechte eines angeblich r mischen Erzbi-
stums Lauriacum zu vindizieren suchte: Diesem von ihm beanspruchten Sprengel
sollte das neue Missionsgebiet zugeschlagen werden 9 . Schon bald aber scheiterte
der Bekehrungseifer an innerdeutschen K mpfen, an dem Aufstand Heinrichs des

αυτό τούτο κα£ κατά φράγγων ποιήσαι δκιΐΌηΟεις και αλοϋς ανεσκολοπισοτ? υπό Ιωάννου
TOU βασιλέως αυτών. Zu dieser Quelle s. MORAVCSIK, Byzantinoturcica l, S. 273ff. S. auch
die Adressenliste bei Constantinus Porphyrogenitus, De administrando imperio 40 (ed. MO-
RAVCSIK, transl. JENKINS S. 187 51 ); D LGER, Ungarn S. 163; MORAVCSIK, Byzantine
Church S. 328ff.
3
HOMAN, Ungarisches Mittelalter l, S. 147f.
4
Annales Sangallenses maiores a. 955 (MGH SS l, S. 79): Otto rex cum Agarenis pugnabat
in festivitate sancti Laurentii, eosque Deo auxiliante devicit. Et erat numerus eorum 100 milia
et multi illorum comprehensi sunt cum rege eorum nomine Pulszi, et suspensi sunt in patibu-
lis. Gesta episcoporum Cameracensium I 75 (ebd. 7, S. 428 ): rex Bulgio — sie enim dicebatur.
Zu Bulcsu als F hrer auf dem Lechfeld s. LEYSER, Battle at the Lech S. 51f u. 63f. S. ferner
MORAVCSIK, Byzantium S. 106f; HOMAN, Ungarisches Mittelalter l, S. 146f; WEINRICH,
Lechfeldschlacht S. 295; L TTICH, Ungarnz ge S. 146 u. 164.
5
Annales Altahenses maiores a. 973 (MGH SS rer. Germ, in us. schol. 4, S. 11): Illuc venere ...
XII primates Ungarorum; B HMER, Regesta Imperii 2/1, Nr. 562d S. 247.
6
HOMAN, Ungarisches Mittelalter l, S. 154-166; UHLIRZ, Otto II. S. 94ff.
7
DO I 434 (MGH Dipl. reg. et imp. Germ, l, S. 586f); B HMER, Regesta Imper 2/1, Nr.
569 S. 249.
8
KELLER, Kloster Einsiedeln S. 51.
Pilgrim von Passau, Ep. 6 (ed. LEHR S. 44): A qua ergo prefata Ungrorum gente multis
precibus ipse invitabar venire aut missos meos in opus evangelii illuc dirigere. Zu den F lschun-
gen s. LEHR, Piligrim [dort die Papst-Texte]; DOPSCH, Karolinger und Ottonen S. 209ff;
FICHTENAU, Urkundenf lschungen Pilgrims S. 157-179; DERS., Urkundenwesen S. 122ff;
HEUWIESER, Bistum Passau l, S. 60-89. S. auch B HMER, Regesta Imperii 2/5, Nr. 120
S. 47; Nr. 513-515 S. 205ff.
$ 50 Ungarn 307

Zänkers gegen Otto II., dem Pilgrim die Treue hielt 10 . In der ungarischen Bekeh-
rungsgeschichte muß ferner der heilige Adalbert erwähnt werden. Der dem Ge-
schlecht der Slavnikinger entstammende Vojtech-Adalbert war seit 982 Bischof
von Prag, mußte aber in den Auseinandersetzungen seiner Familie mit dem Premy-
sliden weichen. Nach längerem Aufenthalt in Rom dürfte er im Spätherbst und
Winter 996/ 997 in Ungarn gewesen sein, um dann nach Polen weiterzureisen; Art
und Umfang seiner Missionstätigkeit lassen sich indes nicht eindeutig bestimmen 11 .
Nur mühsam sind die Nachrichten zu interpretieren, die auf die Taufe des da-
mals regierenden Fürsten Geza und seines Sohnes Waik hindeuten. Wichtigste
Quelle ist die erst 1083 entstandene Legenda maior des damals heiliggesprochenen
Königs Stephan I. 1 2 . Darin wird zunächst die Taufe Gezas vermeldet 13 und wei-
ter, nach Ankunft des heiligen Adalbert in Ungarn, die des Sohnes Waik; eigens
wird gesagt, daß dem Fürsten ein Sohn geboren worden sei, den dann Adalbert
crismali baptismate eingetaucht habe und dabei auch dessen susceptor geworden
sei 14 . In der Forschung haben diese Angaben recht unterschiedliche Deutungen
gefunden. Entweder hat man den Adalbert-Aufenthalt zum Eckdatum der Inter-
pretation erhoben oder aber den Heiligen beiseite gelassen und die Taufe früher
angesetzt. So vertritt beispielsweise Balint Homan in seiner großen Geschichte des
ungarischen Mittelalters die Ansicht, daß einer der von Pilgrim nach 973 entsand-
ten Geistlichen sowohl Geza wie auch dessen 969 geborenen Sohn Waik getauft
habe 15 ; die Nachricht von dessen crismale baptisma durch Adalbert deutet er als
Firmung 16 . Ähnlich argumentiert Thomas von Bogyay, der allerdings einen ersten,
um zehn Jahre früheren Aufenthalt Adalberts in Ungarn annehmen möchte 17 .
Ganz anders dagegen Mathilde Uhlirz; sie betrachtet als "festen Punkt" den auf
996 anzusetzenden Aufenthalt Adalberts in Ungarn. Zugleich hält sie entschieden
daran fest, daß der Heilige an Waik die Taufe vollzogen habe, weswegen sie die in
der Legenda maior vorgenommene Verknüpfung von Geburt und Taufe als legen-
10
REINDEL, Bayern S. 221-227.
11
MACHILEK, Adalbert von Prag S. 410-414; ebd. S. 412: Chronologie und Umfang der Mis-
sion in Ungarn sind "offen". HOMAN, Ungarisches Mittelalter l, S. 162ff.
12
WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen l, S. 817.
13
Legenda maior Stephan! regis Ungariae 2 (Scriptores rerum Hungaricarum 2, S. 3791 ):
credidit ipse [= Geiza] cum familiaribus suis et baptizatus est, omnes ditioni sue subditos se
pollicens Christiana nomini mancipaturum.
14
Ebd. 5 (S. 38024J.· Nascitur interea predictus a domino principis filius ... Hüne deo dilectus
Adalbertus episcopus crismali baptismate secundum credulitatis sue veritatem intinxit et sus-
ceptor eius fuit. Nomen sibi inpositum est Stephanus.
15
HOMAN, Ungarisches Mittelalter l, S. 155; DERS., König Stephan I. S. 94f.
16
DERS., Ungarisches Mittelalter l, S. 163; DERS., König Stephan I. S. 96. Gegen diese Deu-
tung ist freilich einzuwenden, daß der ganze Kontext, insbesondere die Zuordnung von Geburt
und crismale baptisma eine solche Deutung ausschließt. Der Neugeborene mußte selbstverständ-
lich zuerst getauft werden; die Firmung, die längst ein eigener, von der Taufe abgetrennter Ritus
geworden war, konnte nur erst später, meist nach Vollendung des Kindesalters, empfangen wer-
den. Auch lexikographisch kann 'chrismalis' als 'auf die Taufe bezogen' verstanden werden; s.
NIERMEYER, Lexicon S. 177 s.v. (3); BLAISE, Lexicon S. 174 s.v. (4); MITTELLATEINI-
SCHES WÖRTERBUCH 2, Sp. 552 s.v. Iba.
17
VON BOGYAY, Adalbert von Prag S. 24ff.
308 Mission und Kirchenorganisation unter den Ottonen

dar ansieht; wenn Waik wirklich 96918 geboren worden sei, so habe er doch erst
im Alter von 27 Jahren seine Taufe erhalten. Diese ihre Lösung sieht M. Uhlirz
durch eine weitere Quelle gestützt, nämlich durch Ademar von Chabannes. In des-
sen nach 1028 abgeschlossener Historia finden sich, allerdings in einer nicht gut
beleumdeten erweiterten Fassung19, bemerkenswerte Nachrichten über die Chri-
stianisierung Ungarns20 . Kaiser Otto III. habe Gezas Sohn Waik aus der Taufe ge-
hoben und mit dem Vorrecht ausgezeichnet, nach Kaiserart eine heilige Lanze
mitsamt den Reliquien der Kreuznägel und der Mauritius-Lanze tragen zu dürfen.
Wenn dabei Bischof Brun von Augsburg als Taufspender auftritt, möchte Uhlirz
nach der Legenda maior korrigieren, daß also Adalbert im Verlauf seine Ungarn-
aufenthaltes getauft habe. Da bei Ademar weiter berichtet wird, daß die Taufe
Waiks am Stephanustage stattgefunden habe, sei folglich der 26. Dezember 996
als Tauftag anzusehen; da weiter Otto III. der Taufpate gewesen sei, müsse man in
dessen Itinerar den Weihnachtsaufenthalt feststellen, als welcher für 996 Köln
bezeugt sei. Daraus ergibt sich dann die Folgerung, "daß am 26. Dezember 996
in Köln der feierliche Taufakt im Beisein Brunos, des Bruders der Braut als Ver-
treter des bayrischen Herzogshauses, durch Adalbert von Prag ... vollzogen wurde.
Aber auch die Nachrichten von der Patenschaft des Kaisers und der Übergabe
einer heiligen Lanze ... fügen sich ... ohne Widerspruch in den Rahmen der von
dem Kaiser befolgten Politik."21
Dies erscheint nun doch eher als mühselige Konstruktion denn als Lösung. Daß
der wohl 969 geborene Waik zunächst ungetauft geblieben wäre, muß nicht un-
wahrscheinlich sein. Aber ist er seiner Taufe wegen nach Köln gezogen? Diesen
Zug deswegen zu unterstellen, weil Otto III. das Weihnachtsfest 996 in Köln ge-
feiert hat und dessen Anwesenheit bei der Taufe für erforderlich gehalten wird,
dürfte nicht angehen, konnte doch die Patenschaft, wenn auch nur in Einzelfällen
bezeugt, durch Stellvertretung und durch Symbolhandlungen wahrgenommen
werden. Aber dies ist nicht der einzige Punkt, der die Konstruktion fragwürdig
macht. Als gewichtigster Einwand ist festzustellen, daß die beiden ausführlichsten
Quellen, nämlich die Legenda maior sowie die Nachrichten bei Ademar von Cha-
bannes, sich direkt widersprechen; während die Legenda Adalbert als Taufspender
und Paten hinstellt, sollen sich nach Ademar der Augsburger Bischof Brun und der
Kaiser diese Aufgaben geteilt haben. Bei solcher Widersprüchlichkeit und ange-

18
Zum Geburtsjahr s. GYÖRFFY, Gedächtnis Stephans S. 2; s. auch VON BOGYAY, Stepha-
nus Rex S. 8.
19
WATTENBACH - HOLTZMANN - SCHMALE, Geschichtsquellen l, S. 310ff; 3, S. 99*f;
sehr kritisch DEER, Krone Ungarns S. 196 Anm. 38.
20
Ademar, Historia C 31 (ed. LAIR S. 158): Sanctus autem Brunus convertit ad fidem Un-
griam provintiam ... Regem Ungrie baptizavit, qui vocabatur Gouz, et mutato nomine in bap-
tismo Stephanum vocavit, quem Oto imperator a baptismate excepit, et regnum ei liberrime
habere permisit, dans ei licentiam ferre lanceam sacram ubique, sicut ipsi imperatori mos est...
Rex quoque supradictus filium suum baptizare jussit sancto Bruno, imponens ei nomen sicut
sibi Stephanum. Et ipsi filio ejus Stephana, Oto imperator sororem Eenrici, postea imperatoris,
in conjugio dedit.
21
UHLIRZ, Otto III. S. 503-510 (Exkurs: Die Taufe Stephans von Ungarn und die Verleihung
der heiligen Lanze); Zitat S. 509f.
$ 50 Ungarn 309

sichts des gänzlichen Fehlens besserer Zeugnisse dürfte Vorsicht geboten sein.
Man wird in Betracht ziehen müssen, daß die Nachricht von dem Patronat Ottos
III. allein in der nicht zuverlässigen Erweiterung bei Ademar überliefert ist und
möglicherweise nur die Erklärung für die von den Ungarn vollzogene Westorien-
tierung darstellt. So wie es über die Hinwendung der Bulgaren zum Papsttum bald
eine westliche Tauf- und Patenschaftslegende gab22 , so mag eine ähnliche Deutung
auch für die Ungarn nahegelegen haben, die dann mit dem Taufpatronat Ottos III.
erklärt wurde.
Festzuhalten aber bleibt die hinreichend gut bezeugte Tatsache, daß Otto III.
auf die Christianisierung Ungarns eingewirkt hat 2 3 . Weiter ist der Legenda maior
darin beizupflichten, daß Waik-Stephan eine bairische Prinzessin zur Frau hatte 24 .
Auch findet in der Forschung die von Ademar berichtete Übergabe einer Lanze
eine gewisse Anerkennung 25 . Schließlich besitzen wir noch das wichtige Zeugnis
von Gregor VII., der in einem Brief des Jahres 1074 davon spricht, daß schon
König Stephan Ungarn dem heiligen Petrus übertragen habe: regnum Ungarie
sancte Romane ecclesie proprium est a rege Stephana olim beato PETRO cum
omni iure et potestate sua oblatum et devote traditum.26 Durch diese Angabe,
daß also Ungarn dem heiligen Petrus übereignet worden sei, "wird der Grün-
dungsakt der ungarischen Kirche in Parallele zu dem Übereignungsakt Mieszkos I.
gerückt" 27 ; überhaupt drängt sich der Eindruck auf, als seien alle für den Akt von
Gnesen bezeugten Vorgänge in Ungarn wiederholt worden, so daß die "Paralle-
lität beider Akte ... nicht zu verkennen" ist 28 . Ja, in der Kronenübergabe, die
gerade auch Thietmar bezeugt 29 , scheint noch ein zusätzliches Moment vollzo-
gen worden zu sein, daß nämlich Waik-Stephan sogar die Königswürde erhielt 30 .
Die schon im Politischen auffallende Parallelität mit Polen hat in der Kirchen-
organisation ihre Fortsetzung erfahren. Thietmar berichtet, daß Waik-Stephan in
seinem Reich Bischofssitze errichtet habe31 . Tatsächlich aber geschah noch mehr,
nämlich, wie schon in Polen, die Errichtung eines Erzbistums. Über den Hergang
der Gründung sind wir nur wenig unterrichtet. Als erster Erzbischof amtierte
Astrik (Ascherik), der deutscher Herkunft war und vielleicht identisch ist mit

22
S. $ 40 Anm. 20.
23
BÖHMER, Regesta Imperil 2/3, Nr. 1217c S. 645f.
24
Thietmar von Merseburg, Chronicon 59 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 19819j: gener
Heinrici, ducis Bawariorum, Waic. Weitere Belege wie voraufgehende Anm.
25
BRACKMANN, Polen und Ungarn S. 255f; SCHRAMM, Herrschaftszeichen 2, S. 503f; kri-
tisch DEER, Krone Ungarns S. 196 Anm. 38.
26
Gregorii VII registrum II 13 (MGH Epp. sei. 2/1, S. 145 2 ); DEER, Krone Ungarns S. 199.
27
BRACKMANN, Polen und Ungarn S. 255.
28
Ebd. S. 256.
29
Thietmar von Merseburg, Chronicon IV 59 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 19818J:
Inperatoris autem predicti gratia et hortatu ... Waic ... coronam et benediccionem accepit.
Legenda maior Stephani regis Ungariae 9 (Scriptores rerum Hungaricarum 2, S. 384 s ).
30
UHLIRZ, Otto III. S. 572-582; DEER, Krone Ungarns S. 195-200; GYÖRFFY, Ungarische
Kirchenorganisation S. lOlff; DERS., Gedächtnis Stephans S. 4f.
31
Thietmar von Merseburg, Chronicon IV 59 (MGH SS rer. Germ. Nova Series 9, S. 19819j:
Waic in regno suimet episcopates cathedras faciens.
310 Ergebnis

einem Mönch Anastasius, der mehrere Jahre in der Umgebung des heiligen Adal-
bert verbracht hat; seine Ernennung zum Erzbischof dürfte wohl im Jahre 1001
geschehen sein 32 . Erwähnenswert sind noch einige Beobachtungen, die bei der
kirchenorganisatorischen Durchführung sichtbar werden: Die Anfänge der diöze-
sanen Aufgliederung gingen vom Hof aus; femer wurden die Bistümer dort errich-
tet, wo Mitglieder der königlichen Familie eine ständige Pfalz hatten, und endlich
waren es Hofgeistliche bzw. am Hof wirkende Missionsbischöfe, die die ersten
Bischofssitze einnahmen 33 . Es ist also erneut die alte, schon in der Merowinger-
Zeit feststellbare Kombination von Herrschaft und Mission.

5. Ergebnis

§ 51 Imperialer Taufpatronat und päpstliches Erzbistum

Ausgangspunkt der Untersuchung ist die verchristlichte Form der alten Idee
der "Familie der Könige", wie sie zuerst F. Dölger für Byzanz festgestellt hat. Die
christliche Form ist darin zu sehen, daß der Basileus mittels der geistlichen Vater-
schaft, die er im Taufpatronat über andere Könige und Fürsten erwarb, sich zum
Vater der Völkerfamilie machte und der jeweilige geistliche Sohn sich zugleich als
politischer Sohn verstehen muße. Hatte Dölger dies nur fallweise am Beispiel der
byzantinisch-bulgarischen Geschichte herausgearbeitet, so haben in weiterführen-
den Untersuchungen G. Moravscik und — begrenzt für die Zeit Justins und Justi-
nians — Isrun Engelhardt den "modellhaften" Charakter dieses Verfahrens unter-
strichen: In nahezu gleichartigen Formeln wird immer wieder mitgeteilt, daß der
Basileus über bekehrungswillige Fürsten am Rande des Reiches der Pate wurde,
sodann seinen geistlichen Sohn mit politischen Würden, zumeist dem Patriziat,
oder auch mit politischen Insignien 'ehrte', wobei Zeremonien der Herrschafts-
oder Waffeninvestitur angewandt wurden. Der 'Geehrte' mußte sich unter die
Oberhoheit des Kaisers beugen und wurde auf diese Weise als "Vasall" dem Rei-
che eingegliedert, behielt dabei aber eine gewisse Selbständigkeit und wurde oft
mit Verteidigungsaufgaben an der Reichsgrenze betraut. Neben diesen politischen
Aspekten zog die geistliche Vaterschaft aber auch missionspolitische Konsequen-
zen nach sich. Der Kaiser gab, ganz wie es seiner Patenaufgabe entsprach, seinem
Sohn 'geistliche Lehrer' mit, die den Neugetauften im christlichen Glauben zu
festigen und dessen Volk zu bekehren hatten. In Wirklichkeit bedeutete die Ent-
sendung von Missionaren die kirchliche Eingliederung in die byzantinische Reichs-
kirche. So hatte also die Vaterschaft des Basileus sowohl politische wie kirchliche
Folgen: Der geistliche Sohn gehört samt seinem Volk zum Reich wie auch zur
Reichskirche.
Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, diesem "Modell" im Westen
nachzugehen. Das Ergebnis lautet, daß die Patenschaft im Westen in ähnlicher
Weise praktiziert worden ist: Sie bewirkte wie im Osten eine geistliche und zu-
32
GYÖRFFY, Ungarische Kirchenorganisation S. 99ff.
33
Ebd. S. 98f.
$51 Imperialer Taufpatronat und päpstliches Erzbistum 311

gleich politische Sohnschaft. Mit der geistlichen Vaterschaft des Patenrituals


verbanden sich weiter auch Formen der Herrschaftsinvestitur und der Waffen-
sohnschaft, wie es besonders deutlich etwa für Ludwig den Frommen und Harald
von Dänemark bezeugt ist. Desgleichen ergaben sich missionspolitische Konse-
quenzen.
Um die Quellen, die im Westen ebenso wie im Osten beim Taufpatronat meist
nur eine formelhafte Sprache verwenden, vollauf erschließen zu können, ist zu-
nächst die Tauf- und Patenschaftspraxis des frühen Mittelalters untersucht wor-
den. Hier bereits zeigt sich eine Fülle von — oftmals unaufgearbeiteten — Aspek-
ten. Ein Beispiel ist etwa die Bekehrung "von oben nach unten". Wiewohl diese in
der missionsgeschichtlichen Literatur geradezu zum Topos geworden ist, sind der
Forschung dabei doch wichtige Aspekte entgangen. So zeigt sich bei den Königs-
konversionen, daß oftmals der zur Nachfolge berechtigte Sohn nicht mitgetauft
wurde; offenbar wollte man bei einem Sieg der heidnischen Partei dieser noch
einen genehmen Kandidaten präsentieren können. Gelegentlich ist freilich auch
der umgekehrte Fall anzutreffen, daß der König selbst bei der angestammten Reli-
gion blieb, den Sohn aber taufen ließ.
Grundlegend sind für unsere Untersuchung ferner der Taufritus und die Paten-
schaft. Liturgie- und dogmengeschichtliche Untersuchungen informieren darüber,
beachten aber in der Regel zu wenig die wirkliche Taufpraxis, in der allzuoft —
angeblich aus der "Volksreligiosität" oder aus dem "heidnischen Erbe" bedingte
— Verformungen, ja Mißbräuche, festgestellt werden, die man nicht zum Eigent-
lichen der Taufe zählt und folglich glaubt übergehen zu können. In Wirklichkeit
aber sind oftmals diese der Zeit typischen Ausgestaltungen die tragenden und
treibenden Vorstellungen gewesen: so etwa der Ritualismus und der Dämonismus.
Daß Karl der Große selbst sich um den genauen Ritus der Taufspendung bemühte,
ja daß die Herrscher die Taufe noch heidnischer Völker als wichtiges Ziel ihrer
Politik verstanden, resultiert aus dem zeitüblichen Heilsverständnis, daß in der
Taufe das Teufelsreich, die verderbliche Quelle allen geistlichen und leiblichen
Unheils, eingedämmt wurde. Deshalb diente ein Herrscher in geistlicher wie zu-
gleich in weltlicher Hinsicht dem Wohl seines Volkes, ja der ganzen Christenheit,
wenn er 'taufte'. Ohnehin galten schon lange Verteidigung und Ausbreitung des
Glaubens als vorrangige religiöse Aufgaben des christlichen Herrschers. Dieser
konnte deswegen im zeitgenössischen Verständnis mit dem religionsgeschichtlich
so wichtigen Ideal eines 'rex et sacerdos' beschrieben werden. Doch war dem
christlichen 'Priesterkönig' in der Liturgie nur eine vergleichsweise schmale Rolle
zugestanden. Am besten bekannt ist sein Auftreten in der liturgischen Funktion
eines Diakons bei der Evangelienverkündigung. Von unserer Thematik her eröffnet
sich noch ein weiterer Bereich herrscherlicher Liturgie: in der Taufpatenschaft.
Diese konnte zwar von jedermann übernommen werden, gewann aber im Patronat
über andere Herrscher eine besondere Dimension.
In der Erforschung des Patenamtes ist generell wenig geschehen. Die Lücken
sind eklatant und dementsprechend häufig die Mißverständnisse in der Literatur.
Ursprünglich hat es ein Patenamt nicht gegeben; nur allmählich hat sich dasselbe
aus verschiedenartigen Bräuchen und Notwendigkeiten heraus entwickelt. Schon
312 Ergebnis

früh verlangte die Gemeinde bei den Taufbewerbern einen Bürgen, der die Ernst-
haftigkeit der Bekehrung bestätigen konnte. Ferner gab es Diakone und Diakonis-
sen, die beim Taufakt, besonders beim Aus- und Einkleiden, behilflich waren und
zuletzt den Getauften aus dem 'Brunnen aufnahmen'. Endlich kannte man 'geist-
liche Väter' und ebenso 'geistliche Mütter', die für die weitere Belehrung und eine
geistliche Assistenz in der christlichen Lebensführung bereitstanden. Um die Wen-
de des 5. zum 6. Jahrhundert tritt uns das Patenamt in vollentwickelter Form
entgegen. Zunächst ist es rein religiös bestimmt, wie etwa die Predigten des Cäsa-
rius von Arles erkennen lassen. Doch gewinnt es noch im Laufe des 6. Jahrhun-
derts, wie dann bei Gregor von Tours sichtbar wird, zusätzliche Aspekte familien-
rechtlicher Art. Grundlegend ist dabei die geistliche Verwandtschaft, die aus der
Patenschaft erwächst: Durch Gottes heiligen Geist sahen sich die geistlich Ver-
wandten mittels eines 'vinculum spiritale' verbunden. Glaubte man dieses geist-
liche Band zunächst nur zwischen dem Paten und seinem Taufkind wirksam, so
verband es bald auch den 'compater' bzw. die 'commater' mit den leiblichen
Eltern des Täuflings. Um diese doppelte Bindung der geistlichen Verwandtschaft
zu unterscheiden, mag es förderlich sein, von einer "vertikalen" und einer "hori-
zontalen" Bindung zu sprechen: Zuerst mit dem Täufling und dann mit dessen
Eltern. Besonders wichtig ist dabei, daß die geistliche Verwandtschaft höher als
die "fleischliche" eingeschätzt wurde. Sie bildete ein Ehehindernis und führte
darüber hinaus noch zu einer Vielzahl weiterer Verpflichtungen. Zunächst einmal
galt der Pate, der in der Taufe stellvertretend für sein Taufkind die Teufelsabsage
und das Glaubensbekenntnis gesprochen hatte, als dessen "Erzieher", jedenfalls
als mitverantwortlich für den späteren christlichen Werdegang. Mit dieser geistli-
chen Aufgabe verbanden sich rasch zusätzliche Pflichten: Der Taufsohn war
gleichsam 'adoptiert', und sein Leben mußte der Pate höher achten als das der
Blutsverwandten; überhaupt mußte der Pate seinem geistlichen Sohn in 'religiöser
Liebe' ein Höchstmaß an Fürsorge angedeihen lassen. So sehen wir beispielsweise,
daß in den Thronkämpfen der Merowinger die Taufkinder geschont wurden.
Die jüngere, "horizontal" ausgerichtete Compaternitas zwischen geistlichen und
leiblichen Eltern, die sich in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts durchgesetzt
hat, wurde gleichfalls als eine besondere, weil göttlich gestiftete Bindungsform
aufgefaßt. Doch hatte sie von vornherein eine andersgeartete Auswirkung. Wohl
bestand auch hier zwischen den geistlichen und leiblichen Eltern ein von Gott
gestiftetes geistliches Band, das die Partner gleichfalls in höchstmöglicher Weise
verband und verpflichtete: das 'pactum compaternitatis'. Während aber die ur-
sprüngliche Patenbindung vornehmlich auf die geistlichen Erziehungsaufgaben
abzielte, konnte dies bei der erweiterten horizontalen Kompaternität entfallen;
bei ihr ging es einzig um die Verbrüderung, und diese aller religiösen Erziehungs-
pflichten ledige Bündnisform, die aber gleichfalls als göttlich gestiftet und heilig
galt, erfreute sich besonderer Hochschätzung zur politischen Bündnisbildung; sie
vermochte sogar bald die alten, paganen Formen der Blutsbrüderschaft zurückzu-
drängen.
Ein eigenes Kapitel bildet in der westlichen Taufgeschichte die Firmung. Als in
der karolingischen Liturgiereform auch die römische Taufliturgie für den Norden
$ 51 Imperialer Taufpatronat und päpstliches Erzbistum 313

zur Norm erhoben wurde, hat sich die zweite postbaptismale Salbung, die allein
der römischen Liturgie eigentümlich war, vom Taufritus gelöst; denn in den
großen Diözesen des Nordens konnte der Bischof, dem ausschließlich die Spen-
dung oblag, nicht mehr überall persönlich bei den Taufen dabeisein und sofort
seine Salbung anschließen. So entstand ein eigener, abgetrennter Ritus, eben die
Firmung. Für unser Thema ist wichtig, daß dabei auch eine Patenschaft notwendig
war, mit der alle Eigenschaften und Forderungen verbunden wurden, wie wir sie
schon von der Taufe her kennen. Vor allem schuf die Firmpatenschaft erneut eine
geistliche Verwandtschaft. In der politischen Alltagswelt hatte das zur Folge, daß
im Fall einer Bündnisschließung auch die Firmpatenschaft eingesetzt werden
konnte. Gegenüber Byzanz stellt dies eine westliche Besonderheit dar.
In der Mission ist die jüngere "horizontale" Kompaternität nur gelegentlich
von Bedeutung gewesen. Hier behielten vielmehr die geistliche Vater- und Sohn-
schaft ihre primäre Bedeutung. Zunächst einmal galt auch hier die Forderung
nach einer 'besonderen Liebe', in der Pate und Taufsohn miteinander verbunden
sein sollten. Chris die her se its knüpfte man daran die Hoffnung, daß ein getaufter
Heidenfürst seine 'Wildheit' ablege und sich im Religiösen wie im Politischen als
treuer und friedfertiger Sohn erweise. Nicht immer freilich erfüllte sich diese Er-
wartung. Besonders seit den Normannenkämpfen mehrten sich die Klagen über die
'infidelitas' der Neugetauften. Was im letzten erstrebt wurde, war die 'fidelitas
Dei et regis', daß nämlich der Glaube an Gott zugleich auch Treue zum christ-
lichen Herrscher bedeutete. Für diese doppelte 'fidelitas' war die Taufe unter der
Patenschaft des christlichen Herrschers genau das rechte Ritual: im Credo das
Bekenntnis zu Gott und in der Patenschaft die Treue zum christlichen Kaiser oder
König; immer war der Taufsohn zugleich vor Gott wie vor seinem Herrscher-
Paten gebunden. Aber auch der christliche Patenkönig ging eine Verpflichtung
ein. Er hatte seinen Täufling als 'Sohn' zu behandeln, dem ein gewisses Maß an
Freiheit und Eigenständigkeit erhalten bleiben mußte. Keineswegs war dieser nur
ein besiegter Feind.
Dennoch ist nicht zu verkennen, daß der Taufpatronat dem christlichen Herr-
scher bedeutende Vorteile zu verschaffen vermochte. Als Pate war er gehalten,
seinem Taufsohn 'Erzieher' mitzugeben, was faktisch die Eingliederung von dessen
Herrschaftsgebiet und Volk in die eigene Landes- oder Reichskirche bedeutete.
Den Taufpatronat kann man darum als wirklich "imperial" bezeichnen; er ver-
sprach die Ausdehnung der eigenen Herrschaftssphäre. Wenn Hartmut Hoffmann
die politisch-kirchliche Ausdehnung, wie sie die Karolinger und Ottonen im Nor-
den und Osten ihres Reiches betrieben haben, in der Weise zu generalisieren ver-
sucht hat, daß er zunächst von einem "deutschen Einfluß im kirchlichen Bereich"
spricht 1 , so deckt sich dieser Befund genau mit dem hier erörterten imperialen
Taufpatronat; denn dieser war eines der Mittel, auf Grund deren der christli-
che Herrscher eine religiöse Schutzhoheit über das Land seines Täuflings bean-
spruchte.
In der politischen Realisierung dieser zunächst religiösen Hoheit läßt sich eine
ganze Vielfalt von Lösungen beobachten. Im angelsächsischen England suchte der
1
HOFFMANN, Böhmen S, 52ff.
314 Ergebnis

Bretwalda durch Taufpatenschaften seine Oberhoheit zu konkretisieren bzw. aus-


zubauen. Auf dem Kontinent waren es die Karolinger, die ganz Ähnliches versuch-
ten. Mission und Reichsausweitung gingen bei ihnen zusammen. Karl der Große
hat dabei auch Patenschaften übernommen, so über Widukind und mindestens
einen, wahrscheinlich sogar zwei Awaren-Fürsten. Ludwig der Fromme setzte
diese Politik fort; seine Patenschaft über Harald von Dänemark ist uns dank Er-
molds Lobgedicht auf den Kaiser in einem ungewöhnlichen Detailreichtum über-
liefert. Weiter hat der Taufpatronat bei den Normannen eine große Bedeutung
gehabt. Bekannte Beispiele sind die Patenschaft Kaiser Karls III. über den Nor-
mannen Gottfried sowie die Taufe Rollos in der Normandie. Ferner muß noch-
mals England erwähnt werden, wo die seit Alfred dem Großen führende Dynastie
von Wessex, deren Könige sich sogar Basileus nannten, schwere Kämpfe gegen die
Normannen zu bestehen hatten, aber mehrmals auch eine Patenschaft über frie-
dens- und bekehrungswillige Gegner eingingen.
Demgegenüber muß auffallen, daß die Ottonen den Taufpatronat, wiewohl sie
denselben kannten und ausübten, in ihrer Missionspolitik weniger konsequent an-
gewendet haben. Am ehesten ist noch an Heinrich I. zu denken, der den Klein-
könig Gnupa und einen Abodriten-König 'taufen ließ'. In abgewandelter Form
könnte ihn auch noch Otto III. benutzt haben, wenn er tatsächlich als Pate von
Boleslaw Chrobry's Sohn Otto anzusehen ist; im Kontext des Aktes von Gnesen
aber wäre dann die gemeinsame Kompaternität mit dem Vater vorrangig gewesen.
Eine beachtenswerte Rolle hat ferner von früh an Baiern gespielt. Im Franken-
reich hat es seine Eigenständigkeit am längsten und erfolgreichsten zu verteidigen
gewußt und dann im 9. Jahrhundert als Kernland des ostfränkischen Reiches neu
auszuspielen vermocht. Schon gegenüber den Karantanen betrieben die Baiern
eine politische wie missionarische Subordinationspolitik, wobei aber dem ange-
stammten Herzogshaus nach Annahme des Christentums die Herrschaft belassen
wurde. Freilich begannen dann die Karolinger, diese Missionsbewegung unter ihre
Kontrolle zu nehmen.
Im 9. Jahrhundert wäre es den ostfränkischen Karolingern von Baiern aus fast
gelungen, bei der Bulgaren-Mission bis in die unmittelbare Nachbarschaft von
Byzanz vorzustoßen. Doch trat ihnen der Basileus erfolgreich entgegen, unter
dessen Patronat der Bulgaren-Khan Boris-Michael die Taufe empfing. Eine ähnli-
che Konkurrenz ist noch einmal bei den Ottonen angesichts der Bekehrung der
Rus und der Ungarn festzustellen. Während sich bei den Rus der Basileus den Vor-
sprung sicherte, erfolgte die Christianisierung Ungarns von Westen her.
Aber nicht allein den Basileus erfuhr die bairisch-reichskirchliche Mission als
Konkurrenten. Das erstarkende großmährische Reich konnte sich kirchenpoli-
tisch deswegen von Baiern lösen und verselbständigen, weil der Papst den 'König'
Swatopluk zu seinem 'geistlichen Sohn' machte. Tatsächlich sehen wir neben dem
Ost- und Westkaiser auch noch den Papst die Rolle eines geistlichen Vaters einneh-
men, und sogar in zweifacher Weise. Einmal konnten die Stellvertreter Petri selber
Patenschaften übernehmen. So waren sie die geistlichen Väter der Karolinger; die-
se wurden mittels der Patenschaft ihre geistlichen Söhne und dabei auch noch zu
Patriziern und Königen erhoben. Die Päpste haben damit das Verfahren des Basi-
§51 Imperialer Taufpatronat und päpstliches Erzbistum 315

leus, als Vater der Völkerfamilie aufzutreten, auch für sich beansprucht. Doch ist
dies nur für die Zeit von der Königserhebung Pippins bzw. von dem Besuch Papst
Stephans II. im Frankenreich bis zur Kaisererhebung Karls des Großen festzu-
stellen.
Daß die Päpste in der Missionspolitik den deutschen Kaisern entgegenwirkten,
war noch anders begründet. Die Päpste, so ist festzustellen, interpretierten ihre
geistliche Vaterschaft in grundsätzlicher und umfassender Weise. Die römische
Kirche galt ihnen, weil von Apostelfürsten begründet, als die erstrangige Kirche.
Aus dem Anspruch der römischen Mutterkirche, 'mater omnium ecclesiarum' zu
sein, folgte für die Päpste ein gleichfalls universaler Anspruch. Das Mittel, diese
Autorität auch in der Mission durchzusetzen, bildete das Erzbistum. Wohl war es
den Herrschern bei ihrer imperialen Missionsbewegung weiterhin möglich, Diöze-
sen zu gründen, nicht jedoch Erzbistümer, denn hierfür war eine besondere päpst-
liche Erlaubnis notwendig. Die Päpste verfolgten dann in der Vergabe der Erz-
bistümer ihre eigene Missionspolitik. Die römische Kirche verstand sich als die
wahre Quelle, von der das Heil zu allen Völkern floß. Von diesem Bewußtsein her
waren die Päpste bereit, jeder "Provinz" bzw. jedem politisch eigenständigen
Volk ein Erzbistum zu gewähren. Ein Herrscher aber, dessen Gebiet kirchlich als
Erzbistum organisiert war, verfügte über eine eigene, relativ autarke Landeskirche.
Nicht zufällig dürfte schon 716 der bairische Herzog Theoto die von den angel-
sächsischen Missionaren eben erst auf dem Kontinent propagierte Einrichtung
von Erzbistümern für sich zu nutzen gesucht haben. Für die karolingische Mis-
sionspolitik ist es bezeichnend, daß Erzbistümer zunächst nicht zugelassen wur-
den. In Utrecht entstand kein Erzsitz, obwohl Willibrord zum Erzbischof der
Friesen geweiht worden war. Auch Bonifatius scheiterte mit seinem Plan der Re-
aktivierung erzbischöflicher Sitze in Gallien. Erst Karl der Große ließ die Entste-
hung fester Erzbistümer zu, von denen aber einige ganz in den Dienst der imperia-
len Mission gestellt wurden. Die Sitze in Köln, Mainz und Salzburg fungierten als
kirchenrechtliche Instrumente, um die in Sachsen und Karantanien gegründeten
Bistümer an in der Reichskirche verankerte Sitze anzubinden; nicht aber entstan-
den Erzbistümer in den Missionsgebieten selbst. Insbesondere Salzburg mit seinem
Ausgriff bis weit nach Pannonien kann als das Exempel erfolgreichster imperialer
Mission bezeichnet werden. Tatsächlich entschied sich deren Gelingen wie auch
ihr Mißlingen am Erzbistum. Die in karolingischer Zeit neugeschaffenen Erzsitze
in Salzburg und Hamburg-Bremen konnten noch missionspolitisch für das Reich
vereinnahmt werden, da alle im Vorland zu gründenden Bistümer diesen Metro-
polen angegliedert wurden oder doch angegliedert werden sollten; durch die Me-
tropolitensitze in Salzburg und Hamburg-Bremen sicherte sich die deutsche
Reichskirche ein Vorrecht auf den balkanischen Südosten und ebenso auf den
skandinavischen Norden. Bei Magdeburg hingegen mißlang der große Ausgriff.
Indem Otto III. dann Gnesen und Gran für Polen und Ungarn zu Erzbistümern
erhob, war die imperiale Missionspolitik beendet.
Verzeichnis der Quellen—Siglen

CChr.CM — Corpus Christianorum. Continuatio Mediaeualis


CChr.SL — Corpus Christianorum. Series Latina
CSEL — Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum
CSHB — Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae
MANSI - G.D. MANSI (Hg.), Collectio Conciliorum
MGH — Monumenta Germaniae Historica
AA — Auctores antiquissimi
Capit. — Capitularia regum Francorum
Cone. — Concilia
Const. — Constitutiones et acta publica imperatorum
et regum
Dipl. Karol. — Diplomata Karolinorum
Dipl. reg. Germ. Karol. — Diplomata regum Germaniae ex stirpe
Karolinorum
Dipl. reg. et imp. Germ.— Diplomata regum et imperatorum Germaniae
Epp. — Epistolae
Epp. sei. — Epistolae selectae
Form. — Formulae Merovingici et Karolini aevi
Ldl - Libelli de lite
LL - Leges
Necr. — Necrologia
Poetae Lat. — Poetae Latini medii aevi
SS — Scriptores
SS rer. Germ. Nova — Scriptores rerum Germanicarum. Nova Series
Series
SS rer. Germ, in us — Scriptores rerum Germanicarum in usum
schol. scholarum
SS rer. Langob. — Scriptores rerum Langobardicarum et
Italicarum
SS rer. Merov. — Scriptores rerum Merovingicarum
MIGNE PG - J.-P. MIGNE (Hg.), Patrologia. Series Graeca
MIGNE PL - J.-P. MIGNE (Hg.), Patrologia. Series Latina

Die außerhalb dieser Sammlungen erschienenen Quellen sind im Literaturverzeichnis unter dem
Namen des Editors aufgeführt.
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Haus: 919-1024, 4. Abt.: Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich II. 1002-1024,
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Abbanus, irischer Hl.,58, 62, 141 Alfred d. Gr., 177, 245, 267, 268, 269,
Abbo, Verwandter Widukinds, 207, 208 272, 314
Abraham, 51 Alkuin, 3, 4, 34, 35, 39, 41, 42, 43, 44, 48,
Adalbero, Bf. v. Augsburg, 117, 118 53, 54, 56, 87, 88, 89, 99, 140, 143, 158, 200,
Adalbero, Bf. v. Metz, 275 205, 218, 232, 233
Adalbert, Bf. v. Prag, 301, 302, 304, Altfnd, nordhumbr. Kgssohn, 136
307, 308, 310 Amalar, Bf. v. Metz, 39, 42, 43, 44, 87, 88, 89,
Adalbert, Ebf. v. Hamburg-Bremen, 282 93, 94, 95, 101, 141
Adalbert, Ebf. v. Magdeburg, 283, 288, Amalwin, Gesandter Karls d. Gr., 207
290, 294 Amandus, Bf. v. Maastricht, 117, 138, 146,
Adaldag, Ebf. v. Hamburg-Bremen, 279, 147, 175, 176
280, 282, 294 Ambrosius, Bf. v. Mailand, 25, 27, 30
Adalgar, Ebf. v. Hamburg, 225 Anarawd ap Rhodri, walisischer Kg., 269
Adalram, Ebf. v. Salzburg, 239 Anastasius Bibliothecarius, 253, 254
Adalvitus, Hofkaplan, 217 Anastasius, Ks., 9, 171, 172, 173
Adalwin, Ebf. v. Salzburg, 242 Anastasius, Mönch, 310
Adam v. Bremen, 273, 277, 278, 279, 281, Anaulfus, Ks. v. Persien, 10, 11
282, 283 Andreas, Abt v. Luxeuil, 207
Adda, Priester, 192 Andreas v. Bergamo, Chronist, 250
Adelheid, Frau Ottos L, 275 Andronikos, HL, 242
Ademar v. Chabannes, 308, 309 Angilmodus, Bf. v. Soissons 39, 89 '
Adrowaldus, Täufling des Audomarus, 68 Angilram, Bf. v. Metz, 137, 206
Aelle, Kg. v. Sussex, 177 Anna, Kg. v. Ostanglien, 180, 184, 185
Aericus (= Erich), Mgf. v. Friaul, 233 Anno, Bf. v. Freising, 244
Aethelberg, Frau Edwins, 178 Ansbert, HL, 130, 132
Aethelberht, Kg. v. Kent, l, 69, 177, 179, Anschisus ( = Ansegisil), 62
180, 182, 186, 187, 189, 194, 195, 204 Anselm v. Laon, 96
Aethelnoth, westsächs. Ealdorman, 268 Ansgar, Ebf. v. Hamburg-Bremen, 146, 223,
Aethelred, Kg. v. England, 272, 273 224, 225, 226
Aethelred, Kg. v. Mercia, Ealdorman, Antonius, Einsiedler, 127
268, 269 Arbeo, Bf. v. Freising, 130, 228
Aethelwald, Kg. v. Ostanglien, 185 Arichis II., Hg. v. Benevent, 9, 121
Aethelwalh, Kg. v. Sussex, 69, 185 Arn, Ebf. v. Salzburg, 39, 56, 231, 235, 236
Aethelward, westsächs. Ealdorman, 268 Arnulf, Bf. v. Metz, 57, 62, 64
Agapet II., Papst, 273, 278, 279, 280, 285 Arnulf, Bf. v. Soissons, 110
Agathos, Papst, 161 Arnulf v. Kärnten, 118, 226, 238, 243, 244
Agerich, Bf. v. Verdun, 107, 108 Arnulfus Oldenardensis, 110
Agnellus v. Ravenna, Geschichts- Artoald, Ebf. v. Reims, 123
schreiber, 125 Asser, Biograph Alfreds d. Gr., 268, 269
Aidan, Abtbf., 190, 191 Astrik ( = Ascherik), Ebf. v. Ungarn, 309
Akum, Magister militum, 7 Astronomus, Biograph Ludwigs d. Fr., 159,
Albeus, irischer Hl., 62, 136 216, 220
Albrecht der Bär, 285 Athanasius, Bf. v. Alexandria, 127
Alchfleda, Tochter Oswius, 184 Athelstan, Kg. v. England, 269, 270, 271,
Alchfried, Sohn Oswius, 184 272, 273
Aldgisil, Friesenkg., 196 Audofleda, Schwester Chlodwigs L, 171
370
Audoin, Bf. v. Rouen, 130, 140 Bonifatius, Bf. v. Cataqua, 99
Audomar, Missionar, 68 Bonitus, Bf. v. Clermont, 84
Audovera, Frau Chilperichs L, 100, 101 Boris (-Michael), Bulgarenkhan, 6, 17, 245,
Augustinus, 23, 25, 57, 67, 92, 95, 98, 99, 246, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 254,
100, 101, 117, 129, 133 255, 256, 257, 292, 314
Augustinus, Ebf. v. Canterbury, 47, 188, Bonvo), Böhmenfürst, 243
189, 198 Boruth, Karantanenhg., 230, 284
Autbert, Mönch, 223 Braulio, Bf. v. Saragossa, 80, 81
Autharius, austrasischer Adeliger, 143, Brigida, irische HL, 132, 141
144, 145 Brun, Bf. v. Augsburg, 308
Avitus, Bf. v. Vienne, 3, 4, 32, 63, 64, 147, Brun, Bf. v. Verden, 306
163, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171 Brun, Ebf. v. Köln, 277
Brun v. Querfurt, 296
Barrus, irischer Hl., 62, 136 Brunichild, Frau Sigiberts I, 107, 112, 143
Basileios L, Ks., 255, 289 Bulcsu (Bulosudes), Ungarnfürst, 305, 306
Basileios II., Ks., 295, 296 Burchhard, Bf. v. Würzburg, 35, 152
Baturato, Bf. v. Paderborn, 224 Burgundofara, Klostergründerin u.
Beda, 3, 47, 51, 54, 55, 69, 70, 81, 82, 86, Äbtissin, 143
153, 176, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, Burkhard, Bf. v. Worms, 53
185, 187, 188, 189, 190, 191, 193, 194, 196,
197, 198
Benedikt II., Papst, 121, 161 Caedwalla, Kg. v. Wessex, 54, 153, 154, 190
Benedikt v. Aniane, 35, 48 Caelin, Kg. v. Wessex, 177
Benedikt, Bf. v. Mähren, 244, 246 Caesara, Frau d. Anaulfus, 10
Benedikt v. Nursia, 48, 127, 130, 147 Caesarius, Bf. v. Arles, 31, 32, 92, 95, 107, 108,
Berachus, irischer Hl., 141 117, 147, 312
Berchar, Abt, 147 Camniccus, irischer HL, 58,
Berengar II., Kg. v. Italien, 275 Carthagus, inscher HL, 62, 141
Bernhard v. Aquitanien, 115, 119 Cassiodor, 9, 10
Bernhard, Bf. v. Halberstadt, 285, 286, 287 Cathwulf, angelsächs. Mönch, 3
Bernhard, Bf. v. Schonen, 281 Catillus, legendärer Normanne, 266
Berta, Frau Aethelberhts, 69, 179, 194, 195 Ceadrag, Abodritenfürst, 215
Berthefrid, austrasischer Großer, 108 Cedd, Bf. v. Essex, 185, 191, 192
Berthram, Bf. v. Bordeaux, 110 Cenwalh, Kg. v. Wessex, 184
Bertinus, Hl., 121, 144 Ceollach, Bf. v. Mercien, 192
Bertwald, Ebf. v. Canterbury, 197, 198 Ceolwulf, Kg. v. Nordhumbrien, 193
Betti, Priester, 192 Childebert I., 172
Birinus, Bf. v. Wessex, 180, 183
Childebert II., 107, 108, 111, 112, 113,
Boeccus, irischer Hl., 68
139, 173
Boecius, irischer HL, 145
Childebert III., 197
Boleslaw L, Hg. v. Böhmen, 296
Childebert, Grimoaldsohn, 111
Boleslaw Chrobry, 298, 301, 302, 303,
304, 314 Childebert, Sohn Teuderichs II., 116
Boleslaw, Sohn Mieszkos, 299 Chilperich L, 100, 101, 111, 112, 113, 115,
Bonifatius, 16, 27, 28, 34, 35, 36, 37, 39, 144, 145
46, 47, 56, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 90, 91, 101. Chlodowintha, Schwester Childeberts II., 112
104, 105, 133, 134, 137, 138, 149, 150, 151, Chlodwig L, l, 3, 4, 19, 32, 60, 61, 63, 64, 69,
152, 154, 196, 200, 201, 202, 203, 205, 213, 72, 105, 163, 165, 167, 168, 169, 170, 171, 172,
214, 228, 229, 235, 315 173, 174
Bonifatius V., Papst, 189 Chlothar L, 73, 113
371
Chlothar II., 38, 110, 112, 113, 115, 116, Dudo v. St. Quentin, Geschichtsschreiber,
144, 175, 195 122, 220, 263, 264, 265, 266
Chrodechilde, Frau Chlodwigs L, 60,
61, 110 Eadbald, Kg. v. Kent, 179, 188
Chrodegang, Bf. v. Metz, 132, 137, 150, Eadfrid, Sohn Edwins, 178
152, 235 Eadgifu, 2. Frau Karls III., 269, 272
Clemens L, Papst, 150 Eadgyth, 1. Frau Ottos I., 272, 285
Clemens, Ire, 217 Eadhild, Frau Hugos v. Francien, 272
Coemgenus, irischer Hl., 58 Eadwulf, nordhumbr. Großer, 272
Coifi, heidn. Oberpriester, 178 Eanfrid, Kg. v. Bernicia 181
Coinwalch, Sohn Cynegiis v. Wessex, 180 Eberulf, fränkischer Großer, 102
Colmanus, irischer Hl., 46, 141, 142 Ebo, Ebf. v. Reims (Bf. v. Hildesheim),
Coloman, Abtbf. v. Lindisfarne, 192, 193 215, 222, 223, 224, 225, 226
Columba, Gründer v. lona, 190, 191 Ecgfrieth, Kg. v. Nordhumbrien, 193
Columban, Gründer v. Luxeuil, Eddius Stephanus, 136, 196
18, 128, 132, 142, 143, 147, 179 Eddo ( = Heddo), Ebf. v. Straßburg, 35, 152
Condedus, irischer HL, 130 Edmund, Kg. v. Wessex, 270, 271
Corbinian, Bf. v. Freising, 130, 143, 228 Edward d. Altere, Kg. v. Wessex, 269, 272
Corbus, Sohn Theudrichs II., 116 Edwin, Kg. v. Nordhumbrien, 69, 177, 178,
Crispus, Ebf. v. Mailand, 154 179, 180, 183, 189, 190
Cudberht, Bf. v. Canterbury, 36, 150 Egbert, Ebf. v. York, 193
Cuthbert, Abtbf. v. Lindisfarne, 81, 82 Egbert, Kg. v. Kent, 193
Cuthred, Kg. v. Wessex, 183 Eigil, Abt v. Fulda, 212, 213
Cynegil, Kg. v. Wessex, 180, 183 Einhard, 56, 64, 205, 206, 207, 208, 209, 217,
Cyniburga, Tochter Pendas, 184 219, 220, 237
Ekkehard v. St. Gallen, 120
Dadanus, Bf. v. Erfurt (?), 152 Eldred, Kg. v. Wessex, 271
Dado( = Audoin), 146, 175 Elias, Prophet, 51
Dagobert L, 138, 146, 175, 201 Eligius, Bf. v. Noyon, 146, 175
Dagone iudex (Regest), 299, 300 Eorpwald, Sohn Raedwalds, 180, 183
Daniel, mährischer Bf., 244, 246 Erchinoald, neustrischer Hausmeier, 143, 144
Darerca, irische HL, 129 Erich Blutaxt, 271, 272, 273
Decentius, Bf. v. Gubbio, 47, 76 Erik, Kg. v. Dänemark, 170
Declanus, irischer HL, 46, 142 Ermenlandus, Klostergründer u. Abt, 130
Desiderius, Bf. v. Cahors, 147 Ermenrich, Bf. v. Passau, 251
Deusdedit, Ebf. v. Canterbury, 193 Ermoldus Nigellus, Dichter, 44, 216, 217, 218,
Deusdedit, Kardinal, 298, 299 219, 220, 221, 222, 223, 314
Dhuoda, Frau Bernhards v. Aquitanien, Erwig, Kg. d. Westgoten, 149
115, 119 Ethelnod, Ebf. v. Canterbury, 281
Dietrich, Mgf., 297, 299 Etherius, Metropolit v. Lyon, 79
Dionysms, HL, 156 Eugenius, Bf. v. Toledo, 80
Dionysius Aeropagita, 97, 98 Eutharich, Ostgotenkönig, 9
Dionysius Exiguus, 27, 28, 211 Evergis, Bf. v. Minden, 274
Diuma, Bf. v. Mercien, 191, 192 Ewald, Missionar (1), 70
Dominicus, Priester, 240 Ewald, Missionar (2), 70
Donar, germanischer Gott, 56 Ezzo, Bf. v. Oldenburg, 96
Donatus, Bf. v. Besancon, 117, 142, 143 Ezzo, Gf., 303
Drogo, Bf. v. Metz, 89, 223, 224, 226 Faro, Bf. v. Meaux, 90, 144, 205
Drogo, Hg. d. Champagne, 198 Faustus, Bf. v. Riez, 78
Dubrawa, Frau Mieszkos L, 297, 298, 299 Felix, Bf. v. Ostanglien, 184
372
Ferreolus, Bf. v. Uzes, 147 Gotebald, Bf. v. Schonen, 281
Finan, Abtbf. v. Lindisfarne, 184, 191, 192 Gotfnt, Normanne v. Dublin, 270
Fintanus, irischer HL, 142 Gottfried, Normannenführer, 260, 261,
Flavia, Frau d. Waldelenus, 18 262, 265, 314
Flodoard, Chronist, 122, 123, 261, 263, 265 Gottschalk, Abodritenprinz, 283
Formosus, Bf. v. Porto, 252, 253 Gottschalk, Götenbf., 283
Franco, Ebf. v. Rouen, 264 Gozbald, Bf. v. Würzburg, 224
Fredegar, Chronist, 10, 11, 60, 110, 113, Gozbert, Bf. v. Osnabrück, 224
115, 116, 138, 169 Gregor I, Papst, 14, 33, 47, 48, 53, 55,
Fredegund, 100, 101, 109, 110, 112, 113 69, 79, 86, 127, 151, 187, 188, 189, 193, 195,
Fridolin, Hl., 142 198, 204,
Fridugis, Abt v. Tours, 218 Gregor II., Papst, 34, 35, 82, 84, 149, 154,
Friedrich I., 2 155, 202, 227
Friedrich, Ebf. v. Salzburg, 306 Gregor III., Papst, 82, 85, 228
Friedrich, Hg. v. Lothringen, 275 Gregor IV., Papst, 224, 225, 226
Fulco, Ebf. v. Reims, 263 Gregor VII, Papst, 153, 282, 309
Fuldrad, Abt v. St. Denis, 206 Gregor v. Nazianz, 140
Furseus, 143, 144 Gregor, Bf. v. Tours, 3, 32, 60, 61, 69,
102, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 115,
Gallus, Klostergründer, 133 116, 138, 139, 140, 141, 144, 165, 166, 171,
Gandulph, Kanonist in Bologna, 100 172, 194, 312
Gaudentius (- Radim), Ebf. v. Gnesen, Grepes, Herulerfürst, 6, 7
301, 304 Grifo, Sohn Karl Martells, 230
Gaugericus, Bf. v. Cambrai, 57 Grimkil, Bf. v. Norwegen, 274
Gebhard, Bf. v. Speyer, 225 Grimo, Ebf. v. Rouen, 84 .
Gelasius I., Papst, 98 Grimoald L, Hausmeier, 111
Genesius, Bf. v. Lyon, 249 Grimoald II, Hausmeier, 198, 199
Georgius Cedrenus, 7, 8, 305 Grod, Hunnenkg, 6, 7
Georgios Monachos, 248 Gunthar, Ebf. v. Köln, 225
Geraldus, irischer Mönch, 62 Gunthram, Kg, 3, 107, 109, 110, 111,
Gerberga, Schwester Ottos L, 122 112, 113, 115
Gerbrand, Bf. v. Roskilde, 281 Gunthram-Boso, merow. Großer,
Geremarus, Klostergründer u. Abt, 140 102, 107, 108
Germanus, Bf. v. Auxerre, 63 Guttorm (-Athelstan), 267, 268
Germanus, Bf. v. Paris, 84 Gyula (Gyla), Ungarnfürst, 305
Gero, Mgf., 275, 296, 297, 298
Gero, Präfekt Karls d. Gr., 231 Hadamar, Abt v. Fulda, 286
Gesimund, Ostgote, 9 Hadrian I, Papst, 9, 17, 33, 34, 40, 43,
Geza v. Ungarn, 306, 307, 308 56, 64, 121, 157, 158, 159, 162, 206, 207,
Gieselbert, Hg. v. Lothringen, 275 211, 212, 219, 234
Gisela, Tochter Karls d. Gr., 141 Hadrian II, Papst, 240, 242, 252, 253
Gisela, Tochter Pippins d. Jüngeren, Haito, Bf. v. Basel, 42, 87, 95
103, 156 Hakon, d. Gute, 271, 273
Gisla, Frau d. Normannen Gottfried, Hakon Jarl, 280
261, 262, 264, 265 Harald Blauzahn, 277, 278, 279, 280
Gnupa, Kg. v. Haithabu, 276, 282, 314 Harald (Klak), 12, 44, 75, 209, 215, 217,
Goduinus, Ebf. v. Lyon, 197 218, 219, 220, 221, 222, 223, 239, 260,
Göttrik, Dänenkg., 215 261, 302, 311, 314
Gorazd (Cacatius), Karamanenfürst, 230 Harald Schönhaar, 271
Gorm, Kg. v. Dänemark, 277, 278 Hardeknut, Kg. v. Dänemark, 110
373
Hartwig, Bf. v. Passau, 239, 251 laruman, mercischer Bf., 185
Hasting, Normannenfürst, 266, 267, 268 Ida, irische Hl., 132
Hatto, Ebf. v. Mainz, 117, 118, 287, 288 Ignatios, Patriarch, 253, 255
Heinrich L, 220, 275, 276, 282, 283, Ildefons, Bf. v. Toledo, 80, 108
284, 314 Ine, Kg. v. Wessex, 82
Heinrich II., 124, 282, 303, 308 Ingebodus, Gf., 116
Heinrich III., 146 Ingo, Fürst im karantamschen
Heinrich IV., 96, 118, 125, 146 Missionsgebiet, 73
Heinrich d. Zänker, 306, 309 Ingo, Gefolgsmann Kg. Odos, 266
Helene, byz. Kaiserin, Frau Konstan- Ingoberga, Frau Chariberts L, 194
tins VII., 292 Innozenz L, Papst, 47, 76, 78, 80, 81,
Helisachar, Kanzler Ludwig d. Fr., 218 82,84
Helmold v. Bosau, 283 Innozenz II., Papst, 305
Hemming, Dänenkg., 215 Isidor, Bf. v. Sevilla, 81, 241
Hemmo ( = Haimo), Bf. v. Halberstadt, 224 Ittherius, Abt, 206
Heraklios, Ks., 7, 220
Heraklios, byz. Prinz, 121, 161 Jaropolk, Fürst v. Kiew, 295
Herard, Bf. v. Tours, 88, 95 Jesse, Bf. v. Amiens, 39, 42, 81, 89
Heribert, Ebf. v. Köln, 141 Joannes Zonares, Chronist, 7, 8
Heriveus, Ebf. v. Reims, 265 Johannes L, Papst, 45
Hermann v. Reichenau, 283 Johannes VIII., Papst, 100, 243, 244, 245,
Hieronymus, 76 253, 254, 255
Hierotheos, Bf. v. Turkien, 305 Johannes IX., Papst, 244
Hilarius, Bf. v. Poitiers, 68 Johannes X., Papst, 265
Hildebald, Ebf. v. Köln, 137 Johannes XII., Papst, 16, 286
Hildeger, Bf. v. Meaux, 145 Johannes XIII., Papst, 16, 286, 287, 288, 289
Hildeger, Ebf. v. Köln, 201 Johannes XV., Papst, 298
Hildeward, Bf. v. Halberstadt, 287, 288 Johannes, Apostel, 76, 82
Hilduin, Abt v. St. Denis, 217 Johannes, Bf. v. Belluno, 124
Hinkmar, Ebf. v. Reims, 4, 42, 64, 170, Johannes, Bf. v. Breslau, 301, 304
247, 250, 260 Johannes, Bf. v. Norwegen, 273
Hippolyt, 22, 25, 26, 27, 29, 50, 91, 92 Johannes, Ebf. v. Mähren, 244, 246
Hodo, Mgf, 297 Johannes, röm. Märtyrer, 211
Honorius L, Papst, 183, 189, 190 Johannes Cassianus, 129, 130
Honorius, Ebf. v. Canterbury, 189, 190 Johannes Diaconus, 23, 30, 39, 42, 43, 44,
Hored, Bf. v. Schleswig, 279, 280 45, 52, 53, 87, 88, 99
Horik, Dänenkg., 259 Johannes Diaconus, Chronist, 123, 124
Hotimir (Cheitmar), Neffe Boruths, 230, Johannes dux, 123
231, 232 Johannes Malalas, 6, 7
Hrabanus Maurus, Ebf. v. Mainz, 41, 42, Johannes Orseolo, 124
58, 91, 224 Johannes Skylitzes, 7, 290, 295
Hüben, Bf. v. Maastricht, 89, 130 Johannes d. Täufer, 5, 32, 211
Hugo Capet, Hg. v. Francien, 122 Jonas, Abt v. Bobbio, 18, 73, 115, 128,
Hugo, Abt v. Cluny, 118, 146 130, 132, 142, 143, 175
Hugo d. Große, Hg. v. Francien, 272 Jonas, Bf. v. Orleans, 96
Hugo, Sohn Lothars II., 261, 262 Jordan, Bf. v. Posen, 297, 298
Hukbert, Hg. v. Baiern, 228 Jordanes, Geschichtsschreiber, 9, 10, 170
Huncdeus, Normanne, 262, 263 Judith, Frau Ludwigs d. Fr., 216,
Hunimund, Suevenführer, 10 217, 220
Hywel, Waliserkg, 272 Justin L, oström. Ks., 6, 7, 9, 173, 310
374
Justinian L, oström. Ks., 6, 7, 172, Landelinus, Abt v. Lobbes, 131
173, 174, 220, 310 Lantechilde, Schwester Chlodwigs L, 171
Justinian II., byz. Ks., 121 Lanto, Bf. v. Augsburg, 225
Justus, Bf. v. Rochester u. Ebf. v. Canter- Lasrianus, irischer HL, 58
bury, 188, 195 Laurentius, Missionar, Ebf. v. Canterbury,
179, 188, 189
Karl III., 260, 261, 262 Lebuin, angelsächs. Missionar, 203, 204
Karl III., d. Einfältige, 262, 263, 264, Leidrad, Ebf. v. Lyon, 39, 40, 42, 81, 89
265, 272, 314 Leo L, Papst, 148
Karl d. Gr., 2, 3, 4, 5, 15, 17, 33, 34, 36, 38, Leo II, Papst, 149, 162
39, 40, 43, 46, 48, 54, 56, 64, 87, 88, 95, Leo III, Papst, 3, 158, 219, 235, 241
99, 119, 121, 123, 137, 139, 140, 141, 155, Leodegar, Bf. v. Autun, 130, 147
157, 158, 159, 200, 204, 205, 206, 207, 208, Leon III., Ks, 154
209, 210, 211, 212, 213, 214, 220, 226, 231, Leon IV, Ks, 7
232, 233, 234, 235, 237, 274, 276, 311, Liafdag, Bf. v. Ripen, 279, 280
314, 315 Liafdag, Missionar, 274
Karl d. Kahle, 220, 260 Libutius, Missionsbischof für Rus, 294
Karl Martell, 120, 136, 140, 151, 162, 200, Liudhard, fränkischer Bf. in Kent, 176,
201, 202, 203, 205, 228 194, 195
Karlmann, Frankenkg., 155, 157 Liutbert, Ebf. v. Mainz, 225, 260
Karlmann, Hausmeier, 35, 36, 37, 105, 151, Liutbrand, Langobardenkg, 120, 121
152, 160, 200, 201, 203, 228, 229 Liutpram, Ebf. v. Salzburg, 240
Karlmann, Sohn Ludwigs d. Deutschen, Liutward, Bf. v. Vercelli, 261
240, 243, 244 Liäwizo, Ebf. v. Bremen, 282
Karlmann-Pippin, Sohn Karls d. Gr., 157, Lothar, Sohn Ludwigs IV, .122
158, 159, 160, 234 Lothar I, Ks, 123, 216, 217, 220, 260
Kedrenos, Chronist, 295 Lothar II, Kg, 261, 262
Kegen, Petschengenfürst, 7, 8 Lothar III, Kg, 305
Kilian, Missionar, 89 Ludwig II, Ks, 123
Knut d. Gr., Dänenkg, 274, 281 Ludwig IV, Kg. v. Westfranken, 122
Kocel, Slavenfürst, 239, 241, 242 Ludwig d. Deutsche, 237, 238, 239, 240,
Konrad, Sohn Heinrichs IV., 96 241, 243, 245, 246, 247, 248, 251, 259, 260
Konrad I., Kg., 220 Ludwig d. Fromme, 12, 44, 64, 75, 158,
Konrad II., 281 159, 160, 214, 215, 216, 217, 218, 220,
Konrad d. Pfaffe, 54 221, 222, 224, 226, 234, 237, 238,
Konrad d. Rote, Hg. v. Lothringen, 302, 311, 314
122, 275 Ludwig d. Kind, 117, 118
Konstantin, Schottenkg., 270, 272 Lul, Ebf. v. Mainz, 4, 204, 206, 214
Konstantin d. Gr., 3, 8, 42, 61, 90, 162 Lupo, salzburgischer Priester, 231, 232
Konstantinos IV., Ks., 161
Konstantinos VII., Ks., 257, 290, 291, Magnerich, Abt v. St. Denis, 206
292, 293, 305, 306 Magnerich, Bf. v. Trier, 102, 108
Konstantinos (-Kyrillos), Missionar, 241, Magnus, Bf. v. Sens, 39, 42
242, 246 Maioranus, salzburgischer Priester, 231, 232
Konstantinos Monomachos, byz. Ks., 7 Marchhere, mährischer Großer, 244
Marcus, Evang, 124, 250
Lambert, Abt v. St. Lorenz, 141 Marinus, röm. Diakon, 252
Lambert, Bf. v. Lüttich, 130 Martin, Ebf. v. Braga, 28, 51
Lambertus, Sohn Mieszkos, 299 Martin v. Tours, 55, 102, 128, 129,
Lampen v. Hersfeld, 96, 295, 298 131, 137, 165
375
Mathilde, Schwester Ottos III., 303 Olga (-Helene), Großfürstin v. Kiew,
Maurikios, byz. Ks., 10, 11, 173, 174 290, 291, 292, 293, 294
Maurilius, Hl, 38 Orseolo (Otto), Sohn des Petrus Orseolo
Mauritius, HL, 285, 302, 303, 308 II, 124
Maxentius, Patriarch v. Aquileja, 39, 42 Osbald, Karantanenbf, 236
Maximus, Bf. v. Turm, 25 Osfried, Sohn Edwins v. Nordhumbrien,
Mellitus, Bf. v. London, 180, 182, 188, 189 178, 179
Merowech, Sohn Theuderichs II, 115, 116 Osric, Kg. v. Deira, 181
Methodios, Missionar, 241, 242, 243, Oswald, Kg. v. Nordhumbrien, 69, 177,
244, 246, 180, 183, 184, 190, 191
Michael III, byz. Ks., 6, 240, 241, Oswiu, Kg. v. Nordhumbrien, 177, 184,
248, 249 191, 192, 193
Mieszko I, Hg. v. Polen, 288, 296, 297, Ota, 2. Frau Mieszkos I, 299
298, 299, 300, 309 Otgar, Bf. v. Eichstätt, 225
Mieszko II, Hg. v. Polen, 302, 303 Otloh v. St. Emmeran, 141
Mochoemog, irischer Hl, 58 Otto I, 2, 4, 15, 16, 122, 272, 274, 275,
Modestus, Karantanenbf, 231, 235, 236 276, 277, 278, 279, 280, 283, 284, 285,
Mojmir I, mährischer Fürst, 239, 240 286, 287, 288, 289, 290, 293, 294, 295,
Moling, irischer Hl, 46, 58 305, 306
Moses, 51, 155, 158 Otto II, 280, 287, 306, 307
Mstislaw, Abodritenfürst, 283 Otto III, 15, 16, 123, 124, 297, 301, 302,
303, 304, 305, 308, 309, 314, 315
Otto, Sohn Boleslaws, 302, 303, 314
Nennius, Geschichtsschreiber, 63 Owain, Gwenter-Kg, 272
Nestor, Chronist, 290, 291
Nicephorus. Chronist, 7
Pardulfus, Hl, 84, 140
Nicetius, Bf. v. Trier, 165
Paschalis I, Papst, 223
Nikolaos Mystikos, Patriarch, 257, 258
Patricius, Missionar, 57
Nikolaus I, Papst, 70, 71, 73, 74, 104, 118,
Paul I, Papst, 103, 155, 156, 159,
211, 225, 226, 236, 240, 247, 249, 250, 251,
162, 236
253, 254, 255, 256, 288
Paul V, Papst, 66
Nivard, Bf. v. Reims, 147
Paul VI, Papst, 90
Notker Balbulus, 267
Paulinus, Missionar, 179, 189
Novatian, röm. Gegenbf, 86
Paulus, Apostel, 22, 76, 153, 211, 255
Paulus, Märtyrer, 211
Oda, Frau Mieszkos I, 297 Paulus Diaconus, 11, 62, 120, 150
Odilbert, Bf. v. Mailand, 39, 42 Paulus Warnefried, 62
Odilia, Hl, 57 Peada, Kg. v. Mercien, 184, 191
Odilo, Hg. v. Baiern, 228, 229, 230, 284 Pelagius I, Papst, 172
Odinkar, Bf. v. Ripen, 282 Pelagius, britischer Mönch, 129
Odinkar, Missionar, 274 Penda, Kg. v. Mercien, 180, 184, 185,
Odo, Gf. v. Paris, westfränk. Kg, 263, 266 190, 191, 192
Odoaker, 171 Peter, Bulgarenks, 258
Odwin, Priester, 39, 42 Petronilla, Hl, 156
Olaf I. Tryggyasson, Kg. v. Norwegen, Petrus, Abt v. St. Peter Canterbury, 195
272,273 Petrus, Apostel, 33, 34, 47, 63, 76, 82,
Olaf II, d. Heilige, Kg. v. Norwegen, 274 103, 121, 149, 150, 153, 154, 156, 159,
Olaf Gotfritsohn, Normanne aus Dublin, 270 162, 202, 211, 212, 227, 228, 235,
Olaf Sigtrygsson ( = Cuaran), Normanne 245, 246, 250, 251, 252, 253, 254, 255,
aus Dublin, 270, 271 256, 281, 288, 299, 300, 309, 314
376
Petrus, Bruder d. Boris, 252, 253, 254 Richarius, HL, 145
Petrus Cantor, 125, 126 Richer v. Reims, Chronist, 122, 266, 265
Petrus Orseolo II., 124, 125 Richeza, Frau d. Hgs. Mieszko II., 303
Philippus, ml. Diakon, 22, 76, 82 Ricula, Schwester Saberhts, 182
Photios, Patriarch v. Konstantinopel, 250, Riculf, Bf. v. Soissons, 39
289, 251 Rigobert, Ebf. v. Reims, 140
Pilatus, 241 Rimbert, Ebf. v. Hamburg-Bremen, 146,
Pilgrim, Bf. v. Passau, 239, 306, 307 170, 222, 223, 224, 225, 226
Pippin d. Jüngere, 34, 35, 36, 37, 38, 64, Robert, Gf. v. Meaux und Troyes, 275
83, 103, 104, 105, 120, 137, 140, 151, 152, Rodulf, Erulerkg., 10
153, 155, 156, 157, 159, 160, 162, 200, 203, Rodulfus Glaber, 275
228, 229, 230, 231, 232, 234, 315 Roger v. Wendover, 269, 270
Pippin d. Mittlere, 131, 136, 140, 143, 151, Rollo, Wikingerführer, Gf. v. Rouen,
197, 198, 199, 227, 228, 245 220, 263, 264, 265, 314
Pippin, Sohn Karls d. Gr., 64 Romanes II., byz. Ks., 290, 293
Pirmin, 28, 90, 140 Rorik, Wikingerführer, 261, 262
Poppa, Bf. v. Dänemark, 278 Rozo, Bf. v. Treviso, 124
Poppo, Bf. v. Krakau, 301, 304 Ruotger, Biograph Bruns v. Köln, 277
Poppo, Missionar in Norwegen, 274
Praetextus, Bf. v. Rouen, 115 Saberht, Kg. v. Essex, 180, 182, 188
Praxedis, 96 Salomon, Bf. v. Konstanz, 225
Pribina, Mährerfürst, 239, 240, 241, 246 Salvian v. Marseille, 168
Pribislaw-Heinrich, Wendenfürst, 285 Samuel, Bf. v. Worms, 224
Sclaomir, Abodritenfürst, 214, 215
Queonburga, mercische Kgstochter, 178 Sebbi, Kg. v. Essex, 185
Sergius L, Papst, 153, 154, 198, 201
Radbod, Friesenkg, 41, 54, 71, 196, 199, 200 Sergius, Legat, 228
Radim (-Gaudentius), Ebf. v. Gnesen, Severin v. Noricum, 127
301, 304 Sexbald, Vater Swidhelms v. Essex, 185
Raedwald, Kg. v. Ostanglien, 3, 177, 180, Siegfrid, Sohn d. Mgf. Gero, 275
182, 183, 186 Sigeberht, Kg. v. Essex, 180, 184, 185, 192
Ragnvald, Kg. v. Dublin u. York, 269, 272 Sigfrid, Normannenführer, 261, 262
Ragnvald Gutfntson, Normanne Sigibert I., 113
aus Dublin, 271 Sigibert III., Ill, 175
Rantgar, heidn. Friese, 199 Sigibert, Sohn Theuderichs II., 116
Rastislaw, Mährerfürst, 238, 240, 241, 242, Sigiwald, merowingischer Großer, 116
243, 246, 247 Sigtrygg, Normanne aus Dublin, 269,
Ratbod, baierischer Mgf., 239 270, 272
Ratramnus v. Corbie, Theologe, 89 Silvester L, Papst, 42, 86
Regenfrid, Bf. v. Köln, 35, 152 Snorn Sturloson, 280
Reginbert, Bf. v. Fünen, 281 Stephan I., Kg. v. Ungarn, 307
Reginbrand, Bf. v. Aarhus, 279, 280 Stephan II., Papst, 34, 153, 155, 157, 159,
Reginfred, Sohn des Dänenkgs. Hem- 162, 201, 232, 234, 236, 315
ming, 215 Stefan III., Papst, 162
Reginfrid, Diakon, 147 Stefan V., Papst, 245, 246
Reginhar, Mährerfürst, 239 Stephanus, Märtyrer, 308
Regino v. Prüm, 243, 256, 261, 290, 292, Sturmi, Abt v. Fulda, 212
293, 294 Suidbert, Missionsbf. in Friesland, 197, 198
Reinbern, Bf. v. Kolberg, 301, 304 Sulpicius Severus, 55, 128, 131
Remigius, Ebf. v. Reims, 64, 165, 170 Sunikas, Heerführer, 7
377
Sven Estridson, 281, 282 Urolf, Bf. v. Passau, 239
Sven (-Otto) Gabelbart, 272, 277, 278, Ursio, austrasischer Gr., 108
280, 281
Vedastus, Hl, 73
Svjatoslaw v. Kiew, 291, 294, 295
Venantius Fortunatus, 168
Swatopluk, Mährerfürst, 238, 240, 242, 243,
Veranus, Bf. v. Cavaillon, 139, 140
244, 245, 246, 254, 299, 300, 314
Virgil, Bf. v. Salzburg, 229, 231, 236
Swidhelm, Kg. v. Essex, 185
Vitalian, Papst, 193
Symeon, Bulgarenks., 256, 257, 258
Vladimir (-Basileios) v. Kiew, 256, 292,
295, 296
Tassilo II., Hg. v. Baiern, 17, 163, 209,
231, 232, 234 Waik (-Stephan) v. Ungarn, 307, 308, 309
Telerig, Bulgarenkhan, 7 Wala, Abt v. Corbie, 223
Tertullian, 22, 31, 45, 76, 81, 92, 169 Walafrid Strabo, 41, 45, 58, 81, 93, 95,
Thegan, Chorbf. v. Trier, 216, 219 100, 101
Theoderich, Karantanenbf., 231, 235 Waldelenus, alemanischer Dux, 18
Theoderich d. Gr., 9, 10, 171, 172 Waldo, Diakon, 110
Theodo, Hg. v. Baiern, 17, 227, 234, 315 Waltbert, Gf, 121, 144
Theodor, Ebf. v. Canterbury, 84, 193, 194 Waltgarius, Bf. v. Verden, 225
Theodulf, Bf. v. Orleans, 39, 40, 42, 81, 95 Waltunc, Karantanenfürst, 231
Theophanes, Chronist, 7 Wamba, Westgotenkg, 210
Theophano, Frau d. Ks. Romanos II., 293 Wealdhere, Bf. v. London, 187
Theophylaktos, Bf. v. Sebasteia, 296 Weland, Normannenführer, 260, 268
Theophylaktos, Patriarch v. Konstanti- Wetti, Reichenauer Mönch, 133
nopel, 291 Wiching, Bf. v. Passau, 244
Theophylaktos, Bf. v. Sebasteia, 296 Wichmann, sächs. Gf, 296
Theotmar, Ebf. v. Salzburg, 244 Wido, Bf. v. Rouen, 265
Theudebert L, 116, 172 Widukind, Sachsenführer, 59, 69, 138, 206,
Theudebert II., 108, 112, 175, 195 207, 208, 209, 210, 211, 218, 232, 233, 314
Theuderich L, 116 Widukind v. Corvey, 220, 276, 278, 284,
Theuderich II., 112, 115, 140, 143, 175, 195 296, 297
Theudesinda, Tochter Radbods, 199 Wikbert, Missionar, 196
Thietmar, Bf. v. Merseburg, Chronist, 278, Wilchar, Bf. v. Sens, 137, 206, 235
280, 285, 296, 297, 298, 299, 301, 302, Wilfrid, Bf. v. York, 136, 185, 193, 196,
303, 304, 309 197, 199
Thietmar, Ebf. v. Salzburg, 244 Wilhelm, Abt v. St. Benigne in Dijon, 275
Thiudimir, Ostgotenkg., 9 Wilhelm, Ebf. v. Mainz, 284, 285, 286,
Thomas, Ebf. v. Mailand, 141 287, 288, 289, 294
Thyre, Mutter Haralds v. Dänemark, 277 Wilhelm, Hg. v. Aquitanien, 115, 119
Tiberios II, Ks, 174 Wilhelm Langschwert, 122
Tiberios, Sohn Konstans' II, 161 Wilhelm v. Malmesbury, Chronist,
Tigernacus, inscher Hl, 141 269, 270
Trudo, Hl, 131, 140, 143, 145 Willibald, Biograph d. Bonifatius, 56, 83,
Tuda, Bf. v. York, 193 84, 89, 196, 202
Tugumir, Hevellerfürst, 284 Willibald, Bf. v. Eichstätt, 35, 152
Tyrach, Petschengenfürst, 7, 8 Willibrord (-Clemens), Ebf. v. Utrecht, 15,
Tzath, Lazenkg, 6, 7, 10, 172, 302 16, 54, 70, 84, 85, 90, 136, 152, 197, 198,
199, 200, 201, 205, 214, 227, 315
Unger, Bf. v. Posen, 298, 301, 304 Wintanus, Bf. v. Büraburg, 35, 152
Unni, Ebf. v. Hamburg-Bremen, 278 Wipo, Chronist, 281
Unwan, Ebf. v. Hamburg-Bremen, 274, 281 Wolfgang, Bf. v. Regensburg, 306
378
Wolfram v. Eschenbach, 54, 55
Wulfhere, Kg. v. Mercien, 185, 194
Wulfram, Hl., 71, 197
Wulfstan, Ebf. v. York, 270, 271

Yffi, Sohn Ostrids, 179

Zacharias, Papst, 28, 104, 134, 160,


229, 236
Zeno, oström. Ks., 9, 171
Ziazo, sächs. Gf., 301, 303
Zoe, Frau Ks. Leons VI., 257
Zwentibold, Kg. v. Lothringen, 238, 243

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