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Manfred Pfaff

Schiffsbetriebstechnik
2. Auflage
Schiffsbetriebstechnik
Manfred Pfaff

Schiffsbetriebstechnik
2., überarbeitete und erweiterte Auflage
Manfred Pfaff
Abfallstromkontrolle
Bezirksregierung Detmold
Detmold, Deutschland

ISBN 978-3-658-27051-3 ISBN 978-3-658-27052-0 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0

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Lektorat: Thomas Zipsner

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Vorwort zur zweiten Auflage

Umfasste noch zum 1. Januar 2015 die Welthandelsflotte 50.422 Schiffe1 mit >300
BRZ2 und einer Tragfähigkeit von 1661 Mio. dwt3, so belief sie sich zum 1. Januar 2016
auf 51.405 Einheiten über 300 BRZ mit einer Tragfähigkeit von 1716,1 Mio. dwt4. Den
Hauptanteil bildeten dabei die Massengutschiffe gefolgt von den Rohöltankern. Dieser
Anstieg bestätigt den immer noch weiter anhaltenden Trend einer weltweit expandierenden
Seeschifffahrt.
Steigende Anforderungen an die Energieeffizienz, den maritimen Umweltschutz und
die Schiffssicherheit sowie steigende Komplexität der Anlagen prägen die Herausforde-
rung an die Schiffsingenieure. Vom Schiffsingenieur bzw. dem Schiffsbetriebstechniker
werden interdisziplinäre Kenntnisse hinsichtlich der Überwachung und der Wartung von
Schiffmaschinenanlagen verlangt. Allgemeine Kenntnisse auf den Gebieten der Physik,
Mathematik, Elektrotechnik und des Maschinenbaus sind daher erforderlich, vertiefend
u. a. auch in den Bereichen Anlagentechnik, Maschinendynamik, Kälte- und Klimatech-
nik sowie Schiffselektronik.
Dieses Lehrbuch beschäftigt sich neben den für die Schiffsbetriebstechnik notwendi-
gen grundlegenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten mit einigen kurzen Ausführungen
zum Schiffbau und den Grundlagen der verschiedenen Antriebssysteme mit den Hilfs-
systemen und Hilfsmaschinen, Aggregaten, Rettungsmitteln, der Schiffssicherheit und
vielem mehr – eben mit dem, was aus dem Kasko erst das Schiff zum Schiff macht. Die-
ses Buch ergänzt insofern weitere Literatur, die sich mit dem eigentlichen Schiffsentwurf
und der schiffstechnischen Konstruktion sowie mit der Antriebstechnik von Schiffen
befasst.

1Marinekommando, Jahresbericht 2015, S. 31.


2Abkürzung für Bruttoraumzahl, ein Maß für die Schiffsvermessung.
3deadweight tonnage = Gesamttragfähigkeit eines Handelsschiffs.

4https://dmkn.de/wp-content/uploads/2016/12/2_3_Entwicklung_der_Welthandelsflotte_Jahresbe-

richt2016.pdf (Abrufdatum 15.11.2018).

V
VI Vorwort zur zweiten Auflage

Bei den verschiedenen hier vorgestellten Systemen, Einrichtungen, Anlagen und


Maschinen werden deren Charakteristika und Bedeutung für das Gesamtsystem „Schiff“
beleuchtet und einfache Berechnungen mit Hilfe von „Faustformeln“ durchgeführt.
Wo erforderlich, werden die den genannten Einrichtungen zugrunde liegenden
wesentlichen rechtlichen und technischen Normen genannt und Auslegungen bzw.
Dimensionierungen anhand dieser Vorschriften beispielhaft vorgenommen.
Damit soll es dem Leser ermöglicht werden, mit einfachen Mitteln überschlägig die für
die Auslegung notwendigen Daten wie Wärmetauscherfläche, überschlägige Ermittlung
von Antriebsleistung, Tauwerks- und Kettendurchmesser und vieles mehr zu ermitteln.
Fragen, wie z. B. welche Art der Lichterführung für welche Wasserfahrzeuge erforderlich
sind, werden beantwortet. Hinweise zum Umweltschutz und zur Schiffssicherheit runden
das Werk ab.
Im Anhang finden sich Tabellen, die für die schiffsbetriebstechnische Praxis hilfreich
sein können.
Mit der vorliegenden zweiten Auflage halten Sie nunmehr ein vollständig überarbeitetes
und ergänztes Werk zur erfolgreichen ersten Auflage in der Hand.
Ein herzlicher Dank gilt dem Lektorat Maschinenbau des Springer Vieweg Verlags,
namentlich Herrn Dipl.-Ing. Thomas Zipsner, Frau Ellen-Susanne Klabunde und Frau
Imke Zander. Die vielfältigen Hinweise und Anregungen von Herrn Zipsner und Frau
Klabunde sowie die stete Unterstützung mit Rat und Tat durch das Team des Lektorats
haben ganz entscheidend auch zum Gelingen dieser zweiten Auflage beigetragen.
Ferner gilt mein Dank den zahlreichen Firmen und Privatpersonen, die mich bei
­meinen Recherchen für dieses Buch umfangreich unterstützten. Ganz besonders möchte
ich hier meine Tochter Ramona sowie die Reederei AIDA Cruises und Herrn Michael
Grund von der Firma Ocean Clean nennen.
Und nun, viel Erfolg beim Lesen und Anwenden, für die weitere Ausbildung, das
­Studium und natürlich auch im Beruf.

Lage Dr.-Ing. Manfred Pfaff


Mai 2019
Vorwort

Am 01.01.2015 umfasste die Welthandelsflotte 50.422 Schiffe5 mit >300 BRZ6 und einer
Tragfähigkeit von 1661 Mio. dwt7. Den Hauptanteil bildeten dabei die Massengutschiffe
gefolgt von den Rohöltankern.
Damit diese Schiffe die Weltmeere sicher befahren können, kommt einer funktionie-
renden Schiffsbetriebstechnik eine besondere Bedeutung zu.
Dieses Fachbuch „Schiffsbetriebstechnik“ beschäftigt sich neben einigen kurzen
­Ausführungen zum Schiffsbau und den Grundlagen der verschiedenen Antriebssysteme
mit den Hilfssystemen und Hilfsmaschinen, Aggregaten, Rettungsmitteln, der Schiffssi-
cherheit und vielem mehr – eben mit dem, was aus dem Kasko erst das Schiff zum Schiff
macht. Dieses Buch ergänzt insofern weitere Literatur, die sich mit dem eigentlichen
Schiffsentwurf und der schiffstechnischen Konstruktion sowie mit der Antriebstechnik
von Schiffen befasst.
Bei den verschiedenen hier vorgestellten Systemen, Einrichtungen, Anlagen und
Maschinen werden deren Charakteristika und Bedeutung für das Gesamtsystem „Schiff“
beleuchtet und einfache Berechnungen mithilfe von „Faustformeln“ durchgeführt.
Wo erforderlich, werden die den genannten Einrichtungen zugrunde liegenden
wesentlichen rechtlichen und technischen Normen genannt und Auslegungen bzw.
Dimensionierungen anhand dieser Vorschriften beispielhaft vorgenommen.
Damit soll es dem Leser ermöglicht werden, mit einfachen Mitteln überschlägig die
für die Auslegung notwendigen Daten wie Wärmetauscherfläche, überschlägige Ermitt-
lung von Antriebsleistung, Tauwerks- und Kettendurchmesser und vieles mehr zu
ermitteln. Fragen, wie z. B. welche Art der Lichterführung für welche Wasserfahrzeuge
erforderlich ist, werden beantwortet. Hinweise zum Umweltschutz und zur Schiffssicher-
heit runden das Werk ab.

5SieheMarinekommando (2015) Jahresbericht, Rostock 2015, S. 31.


6Abkürzung für Bruttoraumzahl, ein Maß für die Schiffsvermessung.
7„deadweight tonnage“ = Gesamttragfähigkeit eines Handelsschiffs.

VII
VIII Vorwort

Im Anhang finden sich Tabellen, die für die schiffsbetriebstechnische Praxis hilfreich
sein können.
Ein herzlicher Dank gilt dem Lektorat Maschinenbau des Springer-Vieweg-Verlags,
namentlich Herrn Dipl.-Ing. Thomas Zipsner, Frau Ellen-Susanne Klabunde und Frau
Imke Zander. Die vielfältigen Hinweise und Anregungen von Herrn Zipsner und Frau
Klabunde sowie die stete Unterstützung mit Rat und Tat durch das Team des Lektorats
haben ganz entscheidend zum Gelingen dieses Buches beigetragen.
Ferner gilt mein Dank den zahlreichen Firmen und Privatpersonen, die mich bei mei-
nen Recherchen für dieses Buch umfangreich unterstützten. Ganz besonders möchte ich
hier meine Tochter Ramona sowie die Reederei AIDA Cruises und Herrn Michael Grund
von der Firma Ocean Clean nennen.
Und nun, viel Erfolg beim Lesen und Anwenden, für die weitere Ausbildung, das
­Studium und natürlich auch im Beruf.

Lage Dr.-Ing. Manfred Pfaff


Juni 2017
Inhaltsverzeichnis

1 Physikalische Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 Mechanik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.1.1 Statik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.2 Dynamik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
1.1.3 Mechanische Arbeit und Leistung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
1.1.4 Energie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
1.1.5 Impuls. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
1.1.6 Festigkeitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
1.2 Schwingungen und Wellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
1.2.1 Schwingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
1.2.2 Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
1.3 Hydrostatik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
1.3.1 Verbundene Gefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
1.3.2 Druck in Flüssigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
1.4 Gase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
1.4.1 Das Gesetz von Gay-Lussac . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
1.4.2 Das ideale Gasgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
1.4.3 Das Boyle-Mariottesche Gesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
1.5 Wärmelehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
1.5.1 Temperatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
1.5.2 Ausdehnung von Festkörpern und Flüssigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . 85
1.5.3 Wärmeenergie und Wärmemenge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
1.6 Strömungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
1.6.1 Reibungsfreie Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
1.6.2 Innere Reibung in Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
1.6.3 Strömungswiderstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
1.6.4 Reynoldssches Ähnlichkeitsgesetz, Froude-Zahl. . . . . . . . . . . . . . . 97

IX
X Inhaltsverzeichnis

1.7 Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
1.7.1 Reflexionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
1.7.2 Lichtbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
1.7.3 Linsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
1.8 Elektrizitätslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
1.8.1 Stromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
1.8.2 Elektrischer Strom, elektrische Ladung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
1.8.3 Spannung, elektrische Leistung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
1.8.4 Elektrischer Widerstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
1.8.5 Widerstände beim Wechselstrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
1.9 Messunsicherheiten und Fehlerrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
2 Tätigkeitsbild des Schiffsbetriebstechnikers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
3 Regelwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
3.1 Gesetzes- und Normenhierarchie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
3.2 Völkerrechtliche Regelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
3.2.1 SOLAS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
3.2.2 MARPOL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
3.2.3 Kollisionsverhütungsregeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
3.3 Vorschriften der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
3.4 Deutsche Gesetze und Verordnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
3.5 Bauvorschriften der Klassifikationsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
3.6 Technische Normen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr,
Korrosionsschutz und Decksbeläge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
4.1 Schiffsrumpf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
4.1.1 Schwimmfähigkeit und Stabilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
4.1.2 Wichtige Bezeichnungen und Hauptabmessungen . . . . . . . . . . . . . 138
4.2 Aufbauten, Deckshäuser, Schornstein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
4.3 Nicht integrierte Fundamente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
4.3.1 Exkurs zum Thema Schwingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
4.4.1 Ankergeschirr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
4.4.2 Auslegung bzw. Dimensionierung von Anker und Kette. . . . . . . . . 154
4.4.3 Leinen und Tauwerk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
4.4.4 Poller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Inhaltsverzeichnis XI

4.5 Leitern, Treppen, Reling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168


4.5.1 Leitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
4.5.2 Steigleitern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
4.5.3 Treppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
4.5.4 Reling. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
4.6 Korrosionsschutz und Decksbeläge/Fußböden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
4.6.1 Korrosionsschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
4.6.2 Decksbeläge/Fußböden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
5 Antriebsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
5.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
5.2 Schiffswiderstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
5.2.1 Volkswirtschaftliche Aspekte der Schifffahrt. . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
5.2.2 Vorbilder aus der Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
5.2.3 Strömungsmechanische Betrachtungen
am Schiffsrumpf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
5.2.4 Die Auswirkungen des Wulstbugs auf den
Schleppwiderstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
5.2.5 Erforderliche Antriebsleistung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
5.2.6 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
5.3 Leistungserzeugung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
5.3.1 Verbrennungsmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
5.3.2 Gasmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
5.3.3 Turbinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
5.3.4 Elektroantrieb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
5.3.5 Brennstoffzellenantrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
5.3.6 Segelantrieb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
5.4 Leistungsübertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
5.4.1 Direktantrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
5.4.2 Propeller. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
5.4.3 Antriebswellenanlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
5.4.4 Stevenrohrabdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
6.1 Ruderanlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
6.1.1 Größe der Ruderfläche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
6.1.2 Berechnung der Ruderkraft und des
Rudermoments. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
6.1.3 Kortdüse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
XII Inhaltsverzeichnis

6.2 Stabilisierungssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340


6.2.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
6.2.2 Schlingerkiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
6.2.3 Flossenstabilisatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
6.2.4 Rolldämpfungstanks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
6.3 Krängungsausgleich und Ballastwassersysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
6.4.1 Pumpen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
6.4.2 Rohrleitungen und Armaturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
6.5 Wärmeübertrager. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
6.5.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
6.5.2 Arten von Wärmeübertragern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372
6.5.3 Bauweise von Wärmeübertragern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
6.5.4 Kennzahlen von Wärmetauschern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . 382
6.6.1 Kältetechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
6.6.2 Lüftungs- und Klimatechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
6.6.3 Heizungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
6.7 Frisch- und Trinkwassererzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414
6.7.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414
6.7.2 Frischwassererzeugung durch Verdampfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 415
6.7.3 Frischwassererzeugung durch Umkehrosmose . . . . . . . . . . . . . . . . 417
6.7.4 Trinkwasseraufbereitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419
6.7.5 Trink- und Warmwassersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420
6.7.6 Bunkern von Trinkwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421
6.8 Umschlaganlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
6.8.1 Bordkräne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
6.8.2 Umschlag von Schüttgütern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437
6.8.3 Fahrzeugrampe an Fährschiffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
6.8.4 Tankschiffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
6.8.5 RAS-Einrichtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
6.8.6 Passagierschiffe: Gangway/Stelling. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453
7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele. . . . . . . . . . . . . . 457
7.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
7.2 Bordseitige Stromerzeugung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
7.2.1 Generatoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459
7.3 Landstromversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460
7.3.1 Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461
7.3.2 Technik der Landstromversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461
7.4 Das Bordnetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462
Inhaltsverzeichnis XIII

7.5 Elektrische Schaltungsbeispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467


7.5.1 Ausschaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467
7.5.2 Wechselschaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
7.5.3 Bewegungsmelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
7.6 Elektronische Schaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472
8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473
8.1 Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Schiffssicherheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474
8.1.1 SOLAS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477
8.2 Brandschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483
8.2.1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483
8.2.2 Einführung in die Brandlehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484
8.2.3 Baulicher Brandschutz, Anforderungen an
Bauteile und Materialien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490
8.2.4 Branderkennung und Alarmierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492
8.2.5 Feuerlöscheinrichtungen und -anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493
8.2.6 Brandbekämpfung durch Feuerlöschtrupps. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499
8.3 Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz,
Schiffssicherheitsleitsystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504
8.3.1 Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504
8.3.2 Sicherheitsleitsystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506
8.4 Lenzsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510
8.4.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510
8.4.2 Grundsätzliche Anforderungen, Auslegungshinweise. . . . . . . . . . . 510
8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512
8.5.1 Navigationseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513
8.5.2 Lichterführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
8.5.3 Funkausrüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519
8.6 Überlebensfähigkeit von Kriegsschiffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527
8.7 Tätigkeiten an Bord. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
8.7.1 Umgang mit künstlichen Mineralfasern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534
9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537
9.1 Umweltschutzvorschriften im Seeverkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537
9.2 Mögliche Umweltbeeinträchtigungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540
9.2.1 Verschmutzung durch Öl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540
9.2.2 Verschmutzung durch Schiffsabwässer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541
9.2.3 Verschmutzung durch Schiffsmüll. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542
9.2.4 Luftverunreinigung durch Schiffsabgase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543
9.2.5 Verschleppung von Organismen durch Ballastwasser. . . . . . . . . . . 543
XIV Inhaltsverzeichnis

9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . 544


9.3.1 Abfallmanagement an Bord. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544
9.3.2 Abgasemissionen der Antriebs- und
EDiMot-Anlagen, LNG-Antrieb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586
9.4 Abwassermanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594
9.4.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594
9.4.2 Einleitbestimmungen für Schiffsabwasser
nach MARPOL Anlage IV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595
9.4.3 Abwasseranfall an Bord. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
9.4.4 Abwasserspeicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
9.4.5 Abwasserbehandlungsanlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602
9.4.6 Bewertung der vorhandenen Technologien
hinsichtlich ihrer erreichbaren Einleitwerte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612
9.5 Bilgenwasserbehandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613
9.5.1 Bilgenwasserbehandlungsanlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614
9.6 Ballastwasserbehandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624
9.6.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624
9.6.2 Ballastwasseraustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626
9.6.3 Ballastwasserbehandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 626
Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630

Tabellen, Diagramme und Übersichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635

Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685
Physikalische Grundlagen
1

Damit Schiffe unsere Weltmeere sicher befahren können, kommt einer funktionierenden
Schiffsbetriebstechnik eine besondere Bedeutung zu. Diese zum Teil hochmodernen und
komplexen Anlagen erfordern qualifiziertes Fachpersonal – die Schiffsbetriebstechniker.
Für den Zugang zu den Tätigkeiten als Technische/r Schiffsoffizier/in wird eine
abgeschlossene Fachschulausbildung an einer Seefahrtschule oder ein abgeschlossenes
Fachhochschulstudium der Schiffsbetriebstechnik bzw. des Schiffsbetriebs sowie ein ent-
sprechendes gültiges Befähigungszeugnis vorausgesetzt.1 Im Internetauftritt der Deutschen
Marine [19] wird die Verwendung des Schiffsbetriebstechnikers wie folgt beschrieben:
„Schiffsbetriebstechniker sind die Spezialisten, die für Bedienung und Instandhaltung
der modernen Betriebsanlagen, zum Beispiel der Kälte-, Klima- und Umweltschutzanlagen,
der Feuerlösch-, Kraftstoff- und Sprühanlagen sowie der Kräne, Aufzüge und Hebezeuge,
die Betrieb- und Einsatzfähigkeit eines Schiffes oder Bootes gewährleisten, zuständig sind.“
Der „Chef“ der Betriebstechniker an Bord von Marineeinheiten ist der Schiffs-
technische Offizier (STO). Für die Antriebsanlage ist bei der Deutschen Marine der ANO
(Antriebsoffizier) mit seinem Personal (im Marinejargon Heizer genannt) zuständig.
An Bord ziviler Schiffe wird der leitende Schiffsingenieur „Chief“ genannt. Ihm
obliegt die Verantwortung und Instandhaltung aller technischen Anlagen und deren
Betrieb. Technischen Schiffsoffizieren untersteht zudem die Ausbildung der Mitarbeiter
im Bereich des technischen Schiffsbetriebs. Sie sind ferner für die Durchführung des
Arbeits- und Brandschutzes sowie die entsprechende Sicherheitsunterweisung in den
Betriebsräumen und nicht zuletzt auch für die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften
zuständig. Zu allen Fragen des technischen Schiffsbetriebes und dem Einsatz der
Maschinenanlage beraten sie den Kapitän und die übrigen nautischen Offiziere.

1Näheres unter [11].

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 1
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_1
2 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.1 Teilansicht eines schiffstechnischen Leitstandes. (Foto: AIDA)

Aufgrund der umfangreichen technischen Kenntnisse von „A wie Antriebsanlagen“


bis „Z wie Zylinderdeckel“, der Erwartung des Schiffsführers an den Chief bzw. den
STO und ANO, dass das Schiff mit seinen Aggregaten und technischen Einrichtungen
jederzeit funktionsbereit und sicher ist, kann die Rolle des schiffstechnischen Personals
auch als „Hausmeister“ der Einheit gesehen werden (Abb. 1.1).
Das komplexe System „Schiff“ mit seiner Vielzahl von Maschinen und Anlagen und
seiner umfangreichen Automatisierungs- und Steuerungstechnik basiert letztlich auf
den physikalischen Grundlagen der Naturgesetze. In diesem Kapitel werden die für die
Schiffsbetriebstechnik grundlegenden physikalischen Aspekte aufgezeigt. Darüber hinaus
werden – soweit erforderlich – in den einzelnen Abschnitten dieses Buches im Rahmen der
dort behandelten Themen die zugehörigen physikalischen Gesetzmäßigkeiten erläutert.
Ferner sind die hier vorgestellten Experimente „mit Bordmitteln“ durchführbar und
erheben insofern keinen Anspruch auf die Qualität von Laborversuchen. Vielmehr soll es
für Jedermann ohne großen Aufwand möglich sein, angesprochene Gesetzmäßigkeiten
mit einfachen Mitteln nachzuvollziehen.

1.1 Mechanik

Die Mechanik ist das Teilgebiet der Physik, in dem man die Wirkung von Kräften und
die Bewegung der Körper untersucht. Sie ist die Lehre von der Statik, Kinematik und
Kinetik fester, flüssiger und gasförmiger Stoffe. Die Methoden der Mechanik arbeiten
1.1 Mechanik 3

Abb. 1.2 Kräfte mit gleicher F1 F2 F1 F2 F3


Wirkungslinie

FR FR

deduktiv, d. h., es werden aus bekannten Gesetzmäßigkeiten, z. B. aus der Physik, mit-
hilfe theoretischer Überlegungen Folgerungen abgeleitet, um das verhalten definierter
mechanischer Systeme (Geräte, Maschinen etc.) voraussagen zu können. Entsprechend
den unterschiedlichen Eigenschaften der betrachteten Körper unterscheidet man
­zwischen der Elasto-, der Fluid-, Plasto- und Stereomechanik.2

1.1.1 Statik

Die Statik behandelt die äußeren Kräfte und die Gleichgewichtsbedingungen der star-
ren Körper sowie die Bestimmung von unbekannten Kräften (z. B. Auflagerkräfte an
Brückenlagern). Statische Probleme lassen sich rechnerisch (analytische Statik) oder
zeichnerisch (grafische Statik) lösen. Ein mechanisches System ist statisch bestimmt,
wenn alle in ihm auftreffenden Kräfte anhand von Gleichgewichtsbedingungen
berechnet werden können; bei statisch unbestimmten Systemen muss die Verformung des
Materials berücksichtigt werden.3

1.1.1.1 Zusammensetzung von Kräften


Kräfte sind vektorielle Größen. Sie sind bestimmt durch Betrag, Richtung und Lage der
Wirkungslinie. Dargestellt werden sie durch Pfeile, deren Spitze die Richtung angibt und
deren Länge ein Maß für die Größe der Kraft ist. Wirken mehrere Kräfte auf einen Kör-
per, kann man diese zu einer Resultierenden (Ersatzkraft) zusammensetzen. Die Einzel-
kräfte werden hierbei Komponenten genannt. Das Vereinigen der Komponenten zu einer
Resultierenden erfolgt durch geometrische Addition.

a) Kräfte mit gleicher Wirkungslinie


Besitzen mehrere Kräfte eine gemeinsame Wirkungslinie, so findet man die Resultierende
als Summe oder Differenz aller Einzelkräfte durch algebraische Addition (Abb. 1.2):

→ →
FR = Σ Fi (1.1)

2Definition aus [7, S. 624].


3Ebd. S. 926.
4 1 Physikalische Grundlagen

Beispiel
Das Hubseil und der Lasthaken eines Bordkrans kann mit 10 kN belastet werden. Mit
diesem sollen als Ladung Rohre verladen werden. Zum sicheren Heben der Rohre
werden diese in eine Ladetraverse mit G = 250 kg eingehängt. Wie schwer darf das zu
hebende Rohr maximal sein?

Lösung: Gewichtskraft FT der Ladetraverse:

FT = 250 kg · 9,81 m/s2

FT = 2,5 kN
Für die zeichnerische Lösung gilt 1 kN entspricht 1 cm (hier nicht maßstäblich
gezeichnet!).
FT Gewichtskraft Traverse = 2,5 kN
FL  ax. Gewichtskraft der Ladung, hier Rohr, abgemessen 7,5 kN
m
FR resultierende Kraft, hier max. Tragfähigkeit Hubseil und Kranhaken (Abb. 1.3)
Rechnerische Lösung durch algebraische Addition unter Vorzeichenbeachtung:
FR = FT + FL
Umstellung nach FL liefert die max. Gewichtskraft der zu hebenden Last, hier der Rohre:

FL = FR − FT
FL = 10 kN − 2,5 kN
FL = 7,5 kN

b) Zwei Kräfte mit gemeinsamem Angriffspunkt


Greifen zwei Kräfte unter einem Winkel α > 0 in einem Punkt an, so werden sie mithilfe
des Kräfteparallelogramms durch Parallelverschiebung der beiden Komponenten zu
einer Resultierenden vereinigt. Die Diagonale des Parallelogramms gibt dann Größe und

Abb. 1.3 a) statisches a b


System; b) zeichnerische
FR FT
Lösung
FR
FR
FT FR FL
FT FL

FL
FL
1.1 Mechanik 5

Richtung der resultierenden Kraft an. Auch hierbei gilt für die grafische Lösung, dass ein
Kräftemaßstab festgelegt werden muss (z. B. 1 kN entspricht 1 cm). Die Bestimmung
der Resultierenden erfolgt durch vektorielle bzw. geometrische Addition (Abb. 1.4):

→ → →
FR = F1 + F2 (1.2)

Die Resultierende kann auch berechnet werden, wobei α der Winkel zwischen den bei-
den Komponenten F1 und F2 ist. Dann gilt nach dem Cosinussatz:

FR = F12 + F22 − 2F1 F2 cos(180◦ − α) (1.3)

Beispiel
Ein auf Grund gelaufenes Schiff kann durch zwei Schlepper S1 und S2 freigeschleppt
werden. Erforderlich ist, dass Schlepper 1 hat einen Pfahlzug von 150 t und Schlepper
2 einen Pfahlzug von 97 t hat; deren am Bug des Havaristen H angebrachte Schlepp-
trossen bilden einen Winkel von 35° (Abb. 1.5). Welchen Pfahlzug müsste ein Schlep-
per aufbringen, wenn nur ein Bergungsschiff zum Einsatz kommen soll?

Lösung rechnerisch: Mit Gl. 1.3 folgt



FR = 15002 + 9702 − 2 · 1500 · 970 · cos(180◦ − 35◦ ) kN

FR = 2361 kN
Ein einzelner Bergungsschlepper müsste demnach einen Pfahlzug von 236 t aufbringen.

c) Mehrere Kräfte mit gemeinsamen Angriffspunkt


Greifen mehr als zwei Kräfte in einem Punkt an, dann wird zur grafischen Ermittlung
der resultierenden ein Krafteck (auch Kräftezug oder Kräftepolygon genannt) gezeichnet.

Abb. 1.4 Zwei in einem F1


Punkt angreifende Kräfte

α FR
F2

Abb. 1.5 Kräfteplan H S1


Bergungsschlepper

S2
6 1 Physikalische Grundlagen

Hierbei reiht man alle Kräfte unter Beachtung ihrer Größe und Richtung aneinander
(geometrische bzw. vektorielle Addition – Gl. 1.4 (vgl. auch Gl. 1.1)).

→ →
FR = Σ Fi (1.4)

Die Resultierende ist dann die Verbindung zwischen Anfangspunkt der ersten Kraft und
Endpunkt der letzten Kraft (Abb. 1.6). Die resultierende Kraft verschiebt den Körper, an
dem sie angreift mit entsprechender Größe in die angezeigte Richtung. Ist das Krafteck
hingegen geschlossen, d. h., ergibt sich keine Resultierende, dann sind alle Kräfte im
Gleichgewicht, ihre Wirkungen heben sich gegeneinander auf, der Körper befindet sich
in Ruhe (Abb. 1.7).

d) Parallele Kräfte
Die Wirkungslinien paralleler Kräfte besitzen keinen Schnittpunkt. Um die Lage der
Resultierenden zu bestimmen, wird das Seileckverfahren angewendet (Abb. 1.8):
Im Kräfteplan des betrachteten Körpers (Abb. 1.8a) die Wirklinien der gegebenen
Kräfte zeichnen. Maßstab festlegen (z. B.: 1 cm entspricht 1 m). Krafteck (Abb. 1.8b) der
gegebenen Kräfte durch Parallelverschiebung der Wirklinien aus dem Kräfteplan zeich-
nen, unter Festlegung eines Kräftemaßstabs (z. B. 1 cm entspricht 1 kN). Die Resultie-
rende FR ist die algebraische Addition der Einzelkomponenten Fi. Damit liegen Betrag
und Richtung von FR fest. Polpunkt P im Krafteck beliebig wählen und Polstrahlen zeich-
nen. Seilstrahlen zum Seil-eck im Kräfteplan durch Parallelverschiebung der Polstrah-
len konstruieren; dabei ist der Anfangspunkt beliebig. Anfangs- und Endseilstrahl zum
Schnittpunkt S bringen. Der Schnittpunkt der Seilzugenden ergibt die Lage von FR im
Kräfteplan, die Größe und Richtung von FR ist aus dem Krafteck zu entnehmen.

Abb. 1.6 a) Kräfteplan; b) a b


Krafteck F1
F2 F2 F3
F2 Fa Fa F4
FR
F4
F1 FR
F3 FR
F4

Abb. 1.7 Krafteck F2


F1
geschlossen, Körper in Ruhe F3
F4 F2
F1
F4
F3
F1
F4
1.1 Mechanik 7

a b
F2

0
FR F1
FR P
F1 F1
1
F1 2
3
0 3 F3 F2 2
1 S
Polstrahl

FR F3
Seilstrahl
FR

Abb. 1.8 a) Kräfteplan; b) Krafteck m. Polstrahlen

Rechnerisch wird die Resultierende nach Gl. 1.1 unter Berücksichtigung des Vor-
zeichens ermittelt. Ihre Wirkungslinie teilt den Abstand der einzelnen Wirklinien der
Kräfte F1 im umgekehrten Verhältnis:
F1 :F2 · · · Fi = li · · · l2 :l1 (1.5)
Die Abstände li sind dabei die Abstände der jeweilig zugehörigen Wirklinie der Kraft Fi
zur Wirklinie der Resultierenden FR.
Bei der Betrachtung paralleler, nicht auf der Zeichenebene zum Schnitt zu bringende
Kräfte, ist auch noch das Schlusslinienverfahren zu nennen.

Beispiel
Auf einem zweifach gelagerten Träger wirkt neben seiner Eigenlast Fe noch eine wei-
tere Last F1 ein. Wie groß sind die Auflagerreaktionen FA und FB?

Lösung: Im Lageplan (Abb. 1.9a) des freigemachten Körpers, hier des Trägers mit den
Auflagerreaktionen FA und FB, die Wirklinien der angreifenden Kräfte zeichnen. Krafteck
aus den gegebenen Belastungsfällen, hier F1 und F2, zeichnen (Abb. 1.9b). Pol P beliebig
wählen und Polstrahlen, hier 0 bis 2, im Krafteck ziehen. Polstrahlen als Seilstrahlen
durch Parallelverschiebung in den Lageplan übertragen. Anfangs- und Endseilstrahl
durch Schlusslinie S mit den Wirklinien der Auflagerreaktionen FA und FB zum Schnitt
bringen (vgl. Abb. 1.9a). S durch Parallelverschiebung ins Krafteck übertragen. Hier
schneidet S eine der angreifenden Kräfte, in diesem Beispiel F1. Dieser Schnittpunkt –
auch Teilpunkt genannt – ist Anfangs- bzw. Endpunkt der Auflagerkräfte.
8 1 Physikalische Grundlagen

a b

F1 F2 FB
F1 0

FA FB 1 P
F2
S FA
2 2
0
1

Abb. 1.9 Schlusslinienverfahren

a b
F2 F1
FR
F3 2 1 F1 0
3
1
F3 P
3 0
2
S F2
FR

Abb. 1.10 Mehrere Kräfte mit beliebigem Angriffspunkt

e) Mehrere nicht parallele Kräfte mit beliebigem Angriffspunkt


Auch hier kommt das Seileckverfahren zur Anwendung.
Zunächst Krafteck zeichnen und Pol P beliebig wählen und Polstrahlen zeichnen
(Abb. 1.10b). Seilstrahlen zum Seileck im Kräfteplan (Abb. 1.10a) durch Parallelver-
schiebung der Polstrahlen konstruieren; dabei ist der Anfangspunkt beliebig. Anfangs-
und Endseilstrahl zum Schnittpunkt S bringen. Der Schnittpunkt der Seilzugenden ergibt
die Lage von FR im Kräfteplan, die Größe und Richtung von FR ist aus dem Krafteck
(Abb. 1.10b) zu entnehmen.

1.1.1.2 Zerlegen von Kräften


Soll eine Kraft in zwei Komponenten zerlegt werden, muss von diesen die Richtung oder
Größe bekannt sein. Meist kennt man die Richtungen der zu ermittelnden Komponenten;
ihre Wirkungslinien zieht man durch den Angriffspunkt der zu zerlegenden Kraft und
konstruiert das Parallelogramm.

Beispiel
Im Beispiel des geschleppten Schiffes aus oben b) (Abb. 1.5) wird nun gefragt: Ein
Schlepper S mit einem bestimmten Pfahlzug FS soll durch zwei Schlepper S1 und S2
ersetzt werden (Abb. 1.11), dessen Schlepptrossen dann in einem Winkel von 35° am
Bug des Havaristen angeschlagen sind. Welchen Pfahlzug FS1 und FS2 müssen diese
Schlepper mindestens haben?
1.1 Mechanik 9

Abb. 1.11 Zerlegen einer FS1


Kraft in ihre Komponenten FS
FS2

Abb. 1.12 Zerlegung einer y


Kraft im rechtwinkligen F
Koordinatensystem Fy

α
x
Fx

Oftmals sollen Kräfte in zueinander senkrechte Komponenten zerlegt werden. In


Anlehnung an ein ebenes Koordinatensystem mit den Achsen x und y werden die
Komponenten daher auch häufig mit Fx und Fy bezeichnet Abb. 1.12).
Wenn
F die zu zerlegende Kraft,
Fy die Komponente in y-Richtung,
Fx die Komponente in x-Richtung, rechtwinklig zu F1 und
α der Winkel zwischen F und Fx ist,
dann gilt:
Fx = F · cos α (1.6)
und
Fy = F · sin α (1.7)

Beispiel
Ein Freifallrettungsboot (Abb. 1.13) mit einer Gesamtmasse m = 3900 kg (Boots-
gewicht + 16 Personen Besatzung) ist auf einer 40° zur Waagerechten geneigten
Ablaufbahn arretiert. Welche Kraft wirkt auf die Arretierung der Aussetzvorrichtung,
wenn Reibungskräfte vernachlässigt werden?

Lösung: Zunächst wird eine Systemskizze mit der Zerlegung der Kräfte gezeichnet
(Abb. 1.14).
Die zu zerlegende Gewichtskraft FG ist das Produkt aus der Masse des Bootes m
multipliziert mit der Erdbeschleunigung g; die Gewichtskraft wird hier überschlägig
mit FG = 39 kN angenommen. Durch die Zerlegung von FG findet sich einmal die
Normalkraft FN. Diese wirkt rechtwinklig zur Auflagerfläche. Zum anderen ergibt
sich aus der Kraftzerlegung die sog. Hangabtriebskraft FH. Diese wirkt in die
Bewegungsrichtung des Körpers. Soll der Körper sich nun in Ruhe befinden, muss
10 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.13 Freifallrettungsboot

Abb. 1.14 Systemskizze FA


FH

FN
α
FG

eine der Hangabtriebskraft mit gleicher Größe aber entgegengesetzter Richtung wir-
kende Kraft am Körper angreifen: Das ist die Kraft FA, mit der das Boot von der Arre-
tierung der Aussetzvorrichtung gehalten werden muss. Aus Gl. 1.6 folgt dann:

FA = FH = FG · sin α
FA = 39 kN · sin 40◦
FA = 25 kN
1.1.1.3 Drehmoment
Wirkt eine Kraft F auf einen drehbaren Körper, erzeugt sie ein Drehmoment. Das
Drehmoment M ist das Produkt aus dieser Kraft und dem senkrechten Abstand l ihrer
1.1 Mechanik 11

Abb. 1.15 Drehbare Platte


mit Kraftangriff
D

l
F

Abb. 1.16 Kräfte


und Momente am M
F
Drehmomentschlüssel
l

Wirkungslinie vom Drehpunkt. In der Abb. 1.15 wird dieses verdeutlicht. An einer in D
drehbar gelagerten Platte greift die Kraft F an. Der Abstand der Wirklinie von F zu D ist l.
Das Drehmoment ist dann
M=F· l [Nm] (1.8)

Beispiel
Verschraubungen einer Hydraulikeinheit müssen mit einem Drehmoment M von
95 Nm angezogen werden. Der hierfür verwendete Drehmomentschlüssel hat
eine Länge l = 530 mm (Abb. 1.16). Wie groß ist die vom Schiffsmechaniker auf-
zuwendende Kraft F?

Lösung: Aus Gl. 1.8 folgt durch Umstellen nach F:


F = M/l = 95 Nm/0,53 m
F = 179 N

1.1.1.4 Gleichgewichtsbedingungen
Die auf einen starren Körper einwirkenden Kräfte können sowohl eine fortschreitende
Bewegung (Translation) als auch eine Drehbewegung (Rotation) erzeugen. Soll ein Kör-
per aber in Ruhe sein, sich also im Gleichgewicht befinden, so müssen die Summe aller
wirkenden Kräfte gleich Null (demnach die Resultierende gleich Null) und die Summe
aller Drehmomente gleich Null sein:
  
Fx = 0; Fy = 0; Mi = 0 (1.9)
12 1 Physikalische Grundlagen

Beispiel
Träger auf zwei Stützen (vgl. Abb. 1.9)
An diesem Träger greifen keine Horizontalkräfte an, insofern ist ∑ Fx= 0. Die
Summe der Vertikalkräfte FA, F1, F2 und FB ist ebenfalls Null (vgl. Abb. 1.9b). Ferner
ist die Summe aller Momente um das Auflager „A“ des Balkens Null (rechtsdrehende
Momente positiv, linksdrehende negativ). Dabei gilt für den Träger aus Abb. 1.9a:

F1 = 1,09 kN
F2 = 1,75 kN
FB = 1,84 kN
l1 = 2,30 m (Abstand Auflager A zur Wirklinie F1)
l2 = 3,40 m (Abstand Auflager A zur Wirklinie F2)
lTräger = 4,60 m

M(A) = 0 = F1 · l1 + F2 · l2 −FB · lTrager
..


M(A) = 0 = 1,09 kN · 2,30 m + 1,75 kN · 3,40 m−1,84 kN · 4,60 m

Somit sind alle drei Gleichgewichtsbedingungen erfüllt, der Träger befindet sich in
Ruhe.

1.1.1.5 Anwendungen aus der Technik


Soll eine Kraft verkleinert werden, muss dafür der Weg (z. B. Hebelarm – s. Dreh-
momentschlüssel (Abb. 1.16)) größer werden („goldene Regel der Mechanik“).

a) Hebel
Ein Hebel ist eine starre um eine Achse drehbarer Körper. Hierbei ist zwischen dem ein-
seitigen und zweiseitigen Hebel zu unterscheiden: Beim zweiseitigen Hebel liegt der
Drehpunkt zwischen den angreifenden Kräften (Abb. 1.17), beim einseitigen Hebel liegt
der Drehpunkt an einem Ende des Hebels (Abb. 1.18). Die mathematische Beschreibung
eines solchen Systems im Drehmoment-Gleichgewicht wird als Hebelgesetz bezeichnet:
Ein Hebel befindet sich im Gleichgewicht, wenn die Summe aller an ihm anliegenden
Drehmomente bezüglich desselben Bezugspunktes (nicht notwendigerweise der Dreh-
punkt) gleich Null ist:
  
Mi = 0 = li × Fi (1.10)

Bilden beide Hebelarme eines zweiseitigen Hebels einen Winkel < 180°, spricht man von
ei-nem Winkelhebel. Auch bei diesem sind lK und lF die senkrechten Abstände der Kräfte
vom Drehpunkt. Typischer „Vertreter“ eines Winkelhebels ist das sog. Nageleisen, auch
Kuhfuß oder Brecheisen genannt (Abb. 1.19).
1.1 Mechanik 13

Abb. 1.17 zweiseitiger


Hebel. (Darstellung: studi111)

Abb. 1.18 einseitiger Hebel lL


FL
FK

FAuf lK

Abb. 1.19 Brecheisen. (Foto:


Isabelle Grosjean (CC BY-SA
3.0))

b) Feste und lose Rolle


Eine feste Rolle wirkt wie ein zweiseitiger Hebel mit gleichlangen Hebelarmen
(s. Abb. 1.20). Die auf beiden Seiten wirkenden Drehmomente sind gleich, somit auch
die beiden an den Seilenden wirkenden Kräfte. Für die feste Rolle gilt – unter Ver-
nachlässigung von Reibungskräften in der Rollenlagerung:
Kraft = Last; FZ = FL (1.11)
Insofern kann mit einer festen Rolle nur die Richtung der erforderlichen Kraft geändert
werden (Beispiel: Holepunkt der Fockschot einer Segeljacht).
Um eine Last um einen bestimmten Hubweg h anzuheben, ist die Länge s des über
die Rolle zu ziehenden Zugseils gleich h (vgl. Abb. 1.20). Somit gilt hinsichtlich der
Seilwege für die feste Rolle:

h=s (1.12)
Die lose Rolle wirkt wie ein einseitiger Hebel (Abb. 1.20). Bezogen auf einen Drehpunkt
D wirken folgende Drehmomente, die im Falle des Gleichgewichts gleich sein müssen:
14 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.20 lose und


feste Rolle . (Darstellung:
User:Prolineserver [Licenced
GFDL and CC-BY-2.5])

FZ · 2r = FL · r.
Daraus folgt:
Kraft = halbe Last; FZ = FL /2 (1.13)
Die Länge des über die Rolle zu ziehenden Seils s ist dabei doppelt so lang wie der
­Hubweg h; es gilt:

s = 2h (1.14)
c) Flaschenzug bzw. Talje
Wird ein Seil durch mindestens eine feste und eine lose Rolle geschleift, spricht man von
einem Flaschenzug, in der Seefahrt auch Talje genannt (Abb. 1.21). In der Regel werden
die Rollen der Ober- und Unterflasche jeweils auf einer Achse gelagert (vgl. Abb. 1.21).
Besteht die Talje aus n Rollen, so verteilt sich die Last ebenfalls auf n Seilstränge. Es
gilt für die Zugkraft F:
F = FL /n (1.15)
Für die Länge des Zugtrums s gegenüber dem Hubweg h gilt:

s=n·h (1.16)
Hinsichtlich der in den vorstehenden Betrachtungen gemachten Kräfte sind diese nur
theoretischer Natur. Vielmehr treten in der Praxis Verluste durch Reibung in der S
­ eilrolle
und durch einen gewissen Schlupf zwischen Seil und Rolle sowie durch den sog. Reck
im Seil auf. Hier werden in der Praxis folgende Werte angenommen, wobei F die
­Zugkraft der Seile darstellt:
1.1 Mechanik 15

Abb. 1.21 Flaschenzug bzw.


Talje (Foto: Wualex)

• Schlupf und Reck (abhängig von Konstruktion und Belastung):


FSch ≈ 0,01F (1.17)
• Reibung der Lagerung:
FR = µ · (d/D) · FN (1.18)
Wobei
FN = 2sin (β/2) · F (1.19)
μ der Reibungskoeffizient,
FN ist die senkrecht zum Mittelpunkt der Rolle wirkende Kraft und
β der Umschlingungswinkel des Seils um die Rolle
Für die Gesamtverluste ergeben sich daher

FVerl = FSch + FR
FVerl = 0,01F + 2µ · (d/D) · sin (β/2) · F
(1.20)
FVerl = [0,01 + 2µ · (d/D) · sin (β/2)] · F
16 1 Physikalische Grundlagen

Der Wirkungsgrad η ergibt sich daraus zu

η = F/(F + FVerl )
η = F/(F + 0,01F + 2µ · (d/D) · sin (β/2) · F) (1.21)
η = 1/(1,01 + 2µ · (d/D) · sin (β/2))

In der Praxis liegt der Wirkungsgrad einer Rolle bei folgenden Werten:

• Wälzlagerung η ≈ 0,97
• Gleitlagerung: η ≈ 0,95

d) Keil
Ein Keil ist ein Körper, der aus zwei mit der Basis zusammengefügten schiefen Ebenen
besteht. Beim Eintreiben des Keils beispielsweise in einen Baumstamm, um diesen zu
spalten, stehen die von seinen Flanken ausgehenden Kräfte (Normalkräfte) senkrecht zu
den Flanken (Abb. 1.22).
Wenn
F auf die Basis des Keils wirkende Kraft,
FN Flankenkräfte,
b Breite des Keilrückens,
s Länge einer Flanke,
α halber Keilwinkel,
dann gilt (ohne Berücksichtigung von Reibungskräften):
s F
FN = F · = (1.22)
b 2sin α
e) Schraube
Eine Schraube ist prinzipiell eine um eine Achse gewickelte schiefe Ebene (Abb. 1.23).

Abb. 1.22 Kräfte am Keil b

F 90° F
s
F

α
1.1 Mechanik 17

Abb. 1.23 Schraube und


schiefe Ebene. (Darstellung
aus [6, S. 42])

Mit
Anzugsmoment M der Schraube (z. B. mittels Drehmomentschlüssel erzeugt –
F1 · R
vgl. oben, Abschn. 1.1.3)
F2 in Achsrichtung wirkende Kraft
h Ganghöhe bzw. Steigung der Schraube
r Gewinderadius
b 2 · π · r = Schraubenumfang
α Neigungswinkel der abgewickelten schiefen Ebene
folgt:
F1 : F2 = h : b = tan α (1.23)

Beispiel
Mit einer Knebelschraube M 10 × 1,5 (Abb. 1.24) soll auf eine Platte Druck ausgeübt
werden. Welche maximale Kraft (theoretische Kraft) übt die Schraube auf die Druck-
platte aus, wenn sie mit 20 Nm angezogen wird?

Lösung: Die Kraft berechnet sich (theoretisch, da hier Reibungskräfte vernachlässigt


werden) über

• das eingebrachte Moment M


• den Radius des Gewindes r und
• die Steigung h

Hier wird die Reibung vernachlässigt. So ergibt die Rechnung die maximal mögliche
Kraft – die tatsächliche Kraft ist immer deutlich kleiner.
Das Drehmoment von 20 Nm ergibt auf dem Gewindedurchmesser von 10 mm
eine (mittlere) tangentiale Kraft F1 von:

F1 = M/r
F1 = 20000 Nmm/5 mm
F1 = 4000 N
18 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.24 Knebelschraube


M

Abb. 1.25 Körperschwerpunkt mit z


y
angreifender Gewichtskraft

0 F x

Aus Gl. 1.23 ergibt sich nun durch Umstellen nach F2:

F2 = F1 · b/h = F1 · 2πr/h
F2 = 4000 N · 2π · 5 mm/1,5 mm
F2 = 83,8 kN
1.1.1.6 Schwerpunkt
Die Gewichtskraft eines Körpers greift in seinem Schwerpunkt an (Abb. 1.25). Die
Gewichtskraft eines Körpers ist dabei gleich der Summe der Gewichtskräfte seiner
­Teilchen. Der Schwerpunkt eines Körpers ist der Angriffspunkt der Resultierenden aller
Teilgewichtskräfte. Er kann auch außerhalb des Körpers liegen. Anders ausgedrückt:
Man kann sich die Gewichtskraft eines (auch zusammengesetzten) Körpers (vgl.
Abb. 1.27) konzentriert in seinem Schwerpunkt angreifend vorstellen.
Zur rechnerischen Bestimmung des Schwerpunktes wird der Momentensatz heran-
gezogen. Danach muss bezüglich jeder Raumachse das vom Körpergewicht im Schwer-
punkt erzeugte Moment gleich der Summe der Momente aller Teilgewichte xi · FGi sein.

xS · FG = xi · FGi

yS · FG = yi · FGi

zS · FG = zi · FGi

Mit
..
 
FG = m · g m = Masse des Korpers in kg; g = 9,81 m/s2
1.1 Mechanik 19

folgt:

xS · m = xi · mi usw.

Für homogene Körper (seine Dichte ρ ist an allen Stellen gleich) vereinfachen sich die
vorstehenden Gleichungen wegen m = V · ρ (V ist das Gesamtvolumen des Körpers) mit
xi, yi und zi den jeweiligen Koordinaten der Teilvolumina Vi zu

xS · V = xi · Vi

yS · V = yi · Vi

zS · V = zi · Vi

bzw. bei einer Fläche A (vgl. auch Abb. 1.27) zu



xS · A = xi · Ai

yS · A = yi · Ai

Insofern sind die Koordinaten für den Schwerpunkt eines homogenen zusammen-
gesetzten Körpers nach Gl. 1.24 bestimmbar:
  
xi · Vi yi · Vi zi · Vi
xs = ys = zs = (1.24)
V V V
Für die Koordinatenbestimmung des Schwerpunkts einer zusammengesetzten Fläche gilt
dann:
 
xi · Ai yi · Ai
xs = ys = (1.25)
A A
Beispiel
Bestimmung eines Flächenschwerpunktes (zweidimensional) (Abb. 1.26). Eine ent-
sprechende Vorgehensweise ist zur Bestimmung bei dreidimensionalen Körperschwer-
punkten vorzunehmen.
Gegeben:

x1  = 1 cm
x2  = 7 cm
y1  = 8 cm
y2  = 1 cm
A1 = 32 cm2
A2 = 10 cm2
A    = 42 cm2
20 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.26 zusammengesetzte y


Fläche. (Skizze nicht
maßstäblich zur
Beispielaufgabe!) A1

S1
xS S
y1 A2
y
S2
y2
x
x2
x1

Lösung: Die Gesamtfläche A aus Abb. 1.26 ist in die Teilflächen A1 und A2 zu zer-
legen. Aus Gl. 1.25 folgt dann:
 
xS = 1 cm · 32 cm2 + 7 cm · 10 cm2 /42 cm2
xS = 2,4 cm
 
yS = 8 cm · 32 cm2 + 1 cm · 10 cm2 /42 cm2
yS = 6,3 cm

1.1.1.7 Standfestigkeit
Ein Körper ist standsicher bzw. standfest, soweit sein Körperschwerpunkt S lotrecht
oberhalb seiner Strandfläche liegt (stabiles Gleichgewicht – vgl. Abb. 1.27). Liegt der
Schwerpunkt oberhalb der Kippkante des Körpers, bedarf es nur einer kleinen Störung
von außen und er kippt um (labiles Gleichgewicht). Maß für die Standfestigkeit ist das
Standmoment, das mindestens so groß wie das zum Kippen erforderliche Kippmoment
sein muss (Abb. 1.27).
MS ≥ MK bzw. FG · lS ≥ FK · lK (1.26)

Abb. 1.27 Standmoment und FK


Kippmoment

S lK

lS
FG
1.1 Mechanik 21

Abb. 1.28 Bordkran


F

lK
F lS

Anders ausgedrückt: Ein Körper ist dann standsicher, wenn MK< MS.
Das Verhältnis von MS zu MK wird Standsicherheit s genannt.

Beispiel
Wie groß muss das Standmoment Ms des in Abb. 1.28 gezeigten Bordkrans mindes-
tens sein, wenn die max. Tragfähigkeit 4 t, die Kipplänge lK 4 m beträgt und eine
Sicherheit s von 1,3 gefordert wird.4

Lösung: Aus Gl. 1.26 folgt zunächst:

MS = F · l K
MS = 40000 N · 4 m
MS = 160 kNm

Da eine Sicherheit gegen Kippen mit s = 1,3 gefordert wird, muss


MS ≥ 160 kNm · 1,3
MS ≥ 208 kNm
sein.
Hinweis: Die geforderte Standfestigkeit wird bei (drehbaren) Bordkranen nach
Abb. 1.28 nicht allein durch das Eigengewicht des Krans und unter Berücksichtigung
der vorhandenen Kippkante bewirkt. Vielmehr wird der Kran in einem Drehkranz
gelagert, der mittels eines Flansches mit entsprechend dimensionierten Schrauben auf
seinem Fundament fixiert wird.

1.1.1.8 Reibung
a) Allgemeine Überlegungen
Wird eine Kiste mit der Gewichtskraft FG mit konstanter Geschwindigkeit über den
Boden geschoben, so muss dafür eine Kraft F aufgewendet werden (Abb. 1.29). Dabei
tritt eine Reibungskraft FR auf, die durch die Schubkraft F überwunden werden muss.

4Näheres zum Kranbau s. DIN 15 018.


22 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.29 Reibungskraft


F
FR

FG

So lange F < FR ist, verharrt die Kiste im Ruhezustand. Man spricht hier von der sog.
Haftreibung. Sobald sich die Kiste in Bewegung setzt und mit konstanter Geschwindig-
keit über den Boden gleitet (F = FR) spricht man von der Gleitreibung. Anders aus-
gedrückt: Damit sich die Kiste mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, braucht man
eine Schubkraft, welche mit der Reibungskraft im Gleichgewicht ist.

Merke

• Die Reibungskraft wirkt stets parallel zur Berührungsfläche bzw. Aufstandsfläche und
ist der (beabsichtigten) Bewegungsrichtung entgegengesetzt.
• Die Reibung ist unabhängig von der Größe der Aufstandsfläche. Sie ist abhängig von
der Gewichtskraft des Körpers und den Materialpaarungen Körper/Aufstandsfläche.

Zwischen der Gewichtskraft und der Reibungskraft besteht folgender Zusammenhang


(Coulombsches Reibungsgesetz):
FR = µ · FG (1.27)
Der Faktor μ ist die sog. Reibungszahl oder auch Reibungskoeffizient und berücksichtigt
die Materialpaarungen. Im Allgemeinen beschreibt μ0 den Haftreibungskoeffizienten
und μ den Gleitreibungskoeffizienten. Die Reibungszahl wird experimentell ermittelt.
Richtwerte finden sich im Anhang 11.

Versuch An einem auf einer Tischplatte liegenden Holzklotz wird eine Federwaage
befestigt und langsam Zug auf diese parallel zur Tischplatte ausgeübt (Abb. 1.30). Was
kann beobachtet werden?

Ergebnis Wird die Kraft F von Null langsam erhöht, so steigt zunächst F, ohne dass
sich der Klotz bewegt. Erreicht F einen bestimmten Wert, setzt sich der Klotz plötzlich
in Bewegung; F hat dann den Wert FG · μ0 erreicht und die Haftreibung überwunden –
der Körper beginnt zu gleiten. In dem Augenblick sinkt F drastisch ab und erreicht den
Wert FG · μ; zwischen Klotz und Aufstandsfläche wirkt nun die Gleitreibung. Dieser Wert
muss beibehalten werden, damit der Klotz nun mit einer gleichförmigen ­Geschwindigkeit

Abb. 1.30 Versuch zur Haft-


und Gleitreibung
1.1 Mechanik 23

Abb. 1.31   F-t-Diagramm F


der Haft- und Gleitreibung FG · µ0

Gleitreibungsgrenze

Gleitreibung
FG · µ

Haftreibung

bewegt wird. Ein zusätzlicher Zug an der Federwaage würde zu einer Beschleunigung
­führen.

Vorstehende Beobachtung kann in einem F-t-Diagramm dargestellt werden (Abb. 1.31):


Der Übergang von Haft- zur Gleitreibung passiert aber in der Regel nicht sprunghaft.
Vielmehr können für einen kurzen Augenblick Haft- und Gleitreibung zugleich oder
abwechselnd auftreten – der Klotz setzt sich kurz in Bewegung, kommt wieder kurz zum
Stillstand, um sich dann erneut in Bewegung zu setzen. Dieser periodische Übergang
zwischen Haft- und Gleitreibung wird als Stick-Slip-Effekt bezeichnet.

Beispiel
Die unter Abschn. 1.1.2.2 b) im dortigen Beispiel beschriebene Fregatte befindet
sich auf der dort aufgezeigten Kurvenfahrt (Abb. 1.53). In der Messe ist der Kaffe
für die Mannschaft bereitgestellt (Tasse mit Kaffe m = 0,2 kg). Die Tassen stehen auf
dem Tisch der Messe; als Haftreibungskoeffizient kann für die Paarung Tasse/Tisch
µ0 = 0,2 angenommen werden. Werden die Tassen bei dieser Kurvenfahrt vom Tisch
rutschen?

Lösung: Das Schiff befindet sich auf einer Kurvenfahrt. Somit wirkt auf jede Tasse
eine Zentrifugalkraft. Ist aber die Reibungskraft größer als die Zentrifugalkraft, wer-
den die Tassen nicht ins Rutschen geraten.
Daher gilt nach Gl. 1.27
FR = µ0 · FG = 0,2 · 2 N = 0,4 N
und mit Gl. 1.87 für die Zentrifugalkraft (s. Abschn. 1.2.2.2)

FF = m · v2 /r = 0,2 kg · (20 sm/h · 1852 m/sm)2 /350 m = 0,06 N


Aus den Ergebnissen ist zu erkennen, dass FR > FF ist. Somit werden die Tassen nicht
vom Tisch rutschen.
24 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.32 Gleitlager.


(Foto: Dodge Manufacturing
Company)

Abb. 1.33 Tragzapfenreibung MW

r
F
MR

FR
FN

b) Zapfenreibung
Die Zapfenreibung tritt an Wellen und Wellenenden auf, die in einem Gleitlager
(Abb. 1.32) gelagert sind.
In Abb. 1.33 sind die Verhältnisse bei der ruhenden Tragzapfenreibung dargestellt. Bei tro-
ckener (Anlauf) und halbflüssiger Reibung (Mischreibung) verlagert sich der Angriffspunkt
von FN um einen bestimmten Betrag entgegen der Wellendrehrichtung (Abb. 1.34) – der
Zapfen bzw. die Welle „wandert“ aufgrund des Lagerspiels im Lager entgegen der Lauf-
richtung aufgrund der Haftreibung solange „bergauf“, bis der Übergang von Haftreibung
zur Gleitreibung erfolgt. Bei rotierender Welle bildet sich bei Flüssigkeitsreibung (Lage-
rung ist ölgeschmiert) ein Schmiermittelfilm zwischen ­Zapfen bzw. Welle und Lagerschale.
Es bildet sich ein Ölkeil aus, der den Zapfen in Drehrichtung verlagert und anhebt.
Der tan α entspricht dabei dem Haftreibungskoeffizienten µ0.
1.1 Mechanik 25

Abb. 1.34 Verschiebung des


Zapfens in Lagerschale bei
Anlauf

Lagerschale
α
FN
F

FR

Tatsächlich sind die Verhältnisse bei der Gleitlager- bzw. Zapfenreibung sehr komplex5,
es gilt jedoch allgemein:
FR = µ0 · F [N] (1.28)

M R = F · µ0 · r [Nm] (1.29)
Dreht sich der Zapfen bzw. die Welle im Gleitlager mit der Umfangsgeschwindigkeit
v = ω · r = 2π · r · n (ω ist die Winkelgeschwindigkeit, n die minütliche Drehzahl), so
beträgt die Reibleistung (bzw. der Leistungsverlust durch Reibung) PR:
PR = MR · ω = (F · µ0 · r · π · n)/30 [Nm/s = W] (1.30)
mit µ dem Gleitreibungskoeffizienten.

Beispiel
Wie groß ist der Leistungsverlust durch Reibung im hinteren Gleitlager aus Abb. 1.35
(im Bild das rechte Lager), wenn die Belastung F = 20 kN beträgt, die Drehzahl der
Welle bei 120 min−1 liegt und µ = 0,1 (aus Anhang 11) ist?6 Der Wellendurchmesser
wird mit 300 mm angegeben.

Lösung: Durch Einsetzen in Gl. 1.30 folgt:


 
PR = 20000 N · 0,1 · 0,15 m · π · 120 min−1 /30
PR = 3770 W

c) Rollwiderstand
In Folge der Haftreibung zwischen Rad bzw. Wälzkörper und Unterlage bzw. Wälzfläche
kann das Rad oder der Wälzkörper rollen.

5Näher dazu s. [2, S. C 34].


6Zur Berechnung von Lagerkräften s. a. Abschn. 5.4.3.6 und 5.4.3.7d).
26 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.35 Antriebswelle einer Schiffsschraube in zwei radialen Gleitlagern. (Foto: Claudio Elias)

Der Rollwiderstand (auch Rollreibung genannt) FR ist die Kraft, die beim Abrollen
eines Rades oder eines Wälzkörpers entsteht und der Bewegungsrichtung entgegen-
gesetzt wirkt. Der Rollwiderstand ist proportional zur Normalkraft N bzw. FN.
Kennwert ist der Rollwiderstandskoeffizient cR, auch Rollwiderstandsbeiwert oder
Rollreibungskoeffizient genannt.:
FR = cR · FN (1.31)
Die Werte für die Rollwiderstandskoeffizienten sind verglichen mit den passenden
Werten für Gleitreibung erheblich kleiner. Daher sind Wälzlager (z. B. Kugellager)
­
gegenüber Gleitlagern diesbezüglich im Vorteil.
Der Rollwiderstandskoeffizient cR hängt neben der Materialpaarung auch vom Radius
des Rollkörpers ab.
Die Kraft, die überwunden werden muss, um einen Rollkörper (beispielsweise ein
Rad) aus dem Stillstand in rotierende Bewegung zu versetzen, wird Anfahrwiderstand
genannt.
Beim Abrollen treten sowohl am Wälzkörper selbst als auch an der Wälzkörperbahn –
und zwar am Berührungspunkt oder an der Berührungslinie – Verformungen auf. Ob sich
nun der Walzkörper oder die Walzfläche stärker deformiert, hängt von der Härte des jewei-
ligen Materials ab. Im Wesentlichen sind dieses elastische Verformungen. Ferner wird in
Bewegungsrichtung eine „Aufwulstung“ vor dem Wälzkörper hergeschoben, vergleichbar
mit einem Autoreifen bei der Fahrt durch Schnee (Abb. 1.36).
Durch die Verformung beim Abrollen wird die Kontaktkraft zwischen Körper und Unter-
lage asymmetrisch (Abb. 1.36). Der Ersatz der Kontaktkräfte durch statisch äquivalente
Einzelkräfte ergibt eine Normalkraft FN, welche um die Strecke d in Bewegungsrichtung
verschoben ist, und eine Reibungskraft FR, die entgegen der Bewegungsrichtung wirkt.
1.1 Mechanik 27

Abb. 1.36 Kräfte während d


des Rollens
v

FK

r FN K
a
F

FR

Aus den Gleichgewichtsbedingungen folgt für Wälzkörper mit Radius r bei konstanter
Geschwindigkeit v:

d
FR = · FN (1.32)
r
Der Quotient d/r ist der Rollreibungskoeffizient cR.
Damit lässt sich die Gl. 1.32 für die Rollreibung FR wie folgt umschreiben:
FR = cR · FN (1.33)
Dieser Koeffizient ist wie alle Reibungskoeffizienten eine dimensionslose Zahl, der
von den Materialeigenschaften (insbesondere der Härte und der Oberflächenrauigkeit),
der Geometrie des abrollenden Körpers und dem Einsatz von Schmiermitteln abhängt.
Typische Zahlenwerte des Rollwiderstandskoeffizienten liegen um ein bis über zwei
Größenordnungen unter denen des Gleitreibungskoeffizienten. So liegt der Rollreibungs-
koeffizienten für Kugellager, wobei Kugeln und Lager aus gehärtetem Stahl gefertigt
sind, bei 0,0005–0,001.
Weiterhin muss das Rad oder der Wälzkörper nun fortwährend über diese „Kipp-
kante“ K gekippt werden (Abb. 1.36). Aus der Momentengleichgewichtsbedingung um
die Kippkante K erhält man:

M(K) = 0 = FK · a − F · d (1.34)

Die Differenz zwischen dem Kippabstand a und dem Radius r ist vernachlässigbar,
sodass
a = r gesetzt werden kann; durch Umstellen der Gl. 1.34 erhält man somit aus dem
Radius des Wälzkörpers r und der Gewichtskraft F die Kippkraft (auch Rollkraft
genannt) FK:

d
FK = F · [N] (1.35)
r
28 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.37 Seilreibung


(Grafik aus: http://
maschinenbau-student.de/
seilhaftung.php)

Den Wert d bezeichnet man als „Hebelarm der Rollreibung“. Er ist, wie cR, abhängig von
der Materialpaarung. Je größer der Radradius r, umso kleiner ist die Rollkraft FK.

d) Seilreibung7
Seilreibung (Abb. 1.37) liegt vor, wenn um eine gegen Drehung gesicherte Scheibe ein
Zugmittel (Seil, Band) liegt. Durch die Reibungskraft FR zwischen Scheibe und Zug-
mittel wird die Seilkraft am ziehenden (ablaufenden) Trum S1 größer als die Seilkraft S2
am gezogenen (auflaufenden) Trum, mit dem eine Last gehoben werden soll. Anderer-
seits gilt, dass aufgrund der Seilreibung ein Gewicht, dass eine Seilkraft S2 bewirkt
(Abb. 1.37), mit einer geringeren Kraft S1 gegen ablassen gehalten werden kann (S1< S2).
Die Differenz ist die Seilreibung FR:
FR = S1 − S2 (1.36)
Bei Gleichgewicht (das System ist gerade in Ruhe) gilt:

S1 = S2 · eµα (1.37)
Gl. 1.37 ist die sog. Euler-Eytelwein-Formel, auch Seilreibungsformel genannt.
In Gl. 1.37 ist der Umschlingungswinkel α im Bogenmaß einzusetzen:
α = 2π · α°/360° = α°/57,3°. Ferner ist µ0 der Haftreibungskoeffizient Seil/Scheibe und e
die Euler’sche Zahl e = 2,718.
Somit gilt:

FR = S2 · (eµ0 α − 1) (1.38)

S2 = FR /(eµ0 α − 1) (1.39)

7Vgl. dazu auch Abschn. 4.4.4.


1.1 Mechanik 29

eµ0 α
S1 = FR · (1.40)
eµ0 α−1
Im Falle, dass das Seil nicht über die feststehende Scheibe rutscht bzw. rutschen soll, ist
für den Reibungskoeffizienten der Haftreibungskoeffizient µ0 einzusetzen.

Beispiel
Wie oft muss das Tragseil eines Aufzugs in einem Kreuzfahrtschiff um die Antriebs-
trommel geschlungen werden, wenn die Kabine eine Masse von 250 kg und eine
Nennlast von 450 kg aufnehmen soll und am anderen Ende das Gegengewicht hängt?
Als Haftreibungskoeffizient kann µ0 = 0,15 angenommen werden (s. Abb. 1.38).

Lösung: Es ist insofern nach dem Umschlingungswinkel α gefragt.


Zunächst sind die Seilkräfte zu bestimmen: S1 ergibt sich aus der Summe von
Kabinengewicht und Nutzlast zu 7000 N.
S2 ergibt sich aus der Gewichtskraft des Gegengewichts: Das Gegengewicht eines
Aufzugs kompensiert i. d. R. die mit halber Nennlast beladene Aufzugkabine. So
braucht der Antrieb im Wesentlichen nur darauf ausgelegt zu sein, die andere Hälfte
heben zu können. Bei halb beladener Kabine muss der Antrieb nur noch die innere
Reibung des Aufzugsystems überwinden. Dieser Gleichgewichtszustand ist damit
der Punkt der geringsten Energieaufnahme. Die höchste Stromaufnahme ergibt sich,
wenn eine voll beladene Kabine aufwärts oder eine leere Kabine abwärts fährt, da
dann das schwerere Gegengewicht hochgezogen werden muss [16]. S2 beträgt somit
0,5 · 4500 N = 2250 N.
Da das Tragseil nicht über die Antriebsrolle rutschen darf, muss insofern Gleich-
gewichtszustand herrschen; es gilt Gl. 1.37: S1 = S2 · eµ0 α. Diese ist nun nach α
umzustellen:
   
S1 7000 N
ln S2 ln 2250 N
α= = = 7,57 rad
µ0 0,15

Abb. 1.38 Prinzip Aufzug Antriebstrommel


mit Gegengewicht

S2
S1

Gegengewicht

Korb
30 1 Physikalische Grundlagen

Daraus folgt der Umschlingungswinkel in Grad:

α = α ◦ /57,3◦
α ◦ = α · 57,3◦ = 7,57 rad · 57,3◦
α ◦ = 433,7◦

Der erhaltene Wert wird durch 360° dividiert – so erhält man die Anzahl der erforder-
lichen Umschlingungen n:
n = 433,7◦ /360◦
n = 1,2
Die Antriebstrommel muss also mindestens 1,2 mal mit dem Tragseil umschlungen
werden, hier also konstruktionsbedingt 1,5-fach.

e) Bandbremsen
Bandbremsen wirken nach dem Prinzip der Seilreibung (vgl. vorstehend) durch Band-
reibung auf umspannter Bremstrommel. Wichtigster Einsatz der Bandbremse auf Schiffen
findet sich am Ankerspill (Abb. 1.39).
Im Wesentlichen sind drei Bautypen von Bandbremsen bekannt: Die einfache Band-
bremse, die Summenbremse und die Differenzbremse.8 Als Spillbremse wird in der Regel
die einfache Bandbremse verwendet. Die durch die Hebelkraft FZ in Abb. 1.40 generier-
ten Bandkräfte F1 und F2 erfolgen baulich durch einen Spindeltrieb (Abb. 1.41).
Für die Zugkräfte F1 und F2 gelten folgende Beziehungen:
2MB 1
F1 = · µα (1.41)
d (e − 1)

2MB eµα
F2 = · µα (1.42)
d (e − 1)
Mit
F1, F2 Bandkräfte [N]
MB Bremsmoment [Nm]
d Trommeldurchmesser [m]
µ = µ0 Haftreibungskoeffizient
α Umschlingungswinkel [rad]

8Vertiefend zu den einzelnen Bandbremstypen s. a. [2, S. C 38 und K 29].


1.1 Mechanik 31

Abb. 1.39 Ankerspill und


Verholwinde mit Bandbremse

Abb. 1.40 Kräfte an der


einfachen Bandbremse (Grafik
ebd., S. K 29)

Beispiel
Durch das Ankergewicht wird am Ankerspill ein Bremsmoment von 3000 Nm
erforderlich. Wie groß sind die Bandkräfte F1 und F2 an der in Abb. 1.41 gezeigten
Bandbremse? Trommeldurchmesser d = 0,8 m. Der Umschlingungswinkel beträgt
270°, das entspricht α = 4,71 rad. Die Materialpaarung des Reibbandes ist Leder auf
Stahl mit µ0 = 0,5 (s. Anhang 11).

Lösung: Die Gleichungen 1.41 und 1.42 liefern durch Einsetzen die gesuchten Band-
kräfte:
2MB 1
F1 = · µα
d (e − 1)
32 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.41 bauliche


Ausführung einer einfachen
Bandbremse

F2

F1

2 · 3000 Nm 1
F1 = ·  0,5·4,71 
0,8 m e −1

F1 = 787 N

2MB eµα
F2 = · µα
d (e − 1)

2 · 3000 Nm e0,5·4,71
F2 = ·  0,5·4,71 
0,8 m e −1

F2 = 8286 N

1.1.2 Dynamik

In der Dynamik werden die Kräfte als Ursache der Bewegungsänderung untersucht. Im
Folgenden werden hier nur die Bewegungen fester Körper dargestellt. Die Wirkungen in
Gasen und Flüssigkeiten (Strömungsmechanik) wie auch thermodynamische Zustands-
änderungen sind nicht Bestandteil der folgenden Ausführungen.
1.1 Mechanik 33

1.1.2.1 Kinematik
Der Kinematik werden die Bewegungsgesetze ohne Berücksichtigung der bei der
Bewegung auftretenden Kräfte zugeordnet. Es wird zwischen translatorischen
Bewegungen (fortschreitende Bewegungen) und Rotationsbewegungen (Bewegungen auf
der Kreisbahn) unterschieden.

a) Translation
Die Beziehung zwischen der Geschwindigkeit v, dem Weg s und der Zeit t ist bei
Translationsbewegungen aus dem Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm (v-t-Diagramm –
s. Abb. 1.42) zu entnehmen. Es zeigt, welche Geschwindigkeit zu den verschiedenen
Zeiten vorliegt und welcher Weg (das ist die Fläche unter der Funktionslinie im
betrachteten Zeitintervall) bis dahin zurückgelegt wurde. Ferner beschreiben das
Weg-Zeit-Diagramm (s-t-Diagramm) und das Beschleunigungs-Zeit-Diagramm (a-t-­
­
Diagramm) die gesetzmäßigen Verbindungen der genannten Größen.

gleichförmige Translation
Eine Translation ist – zumindest in einem betrachteten Zeitabschnitt – gleichförmig,
wenn die Geschwindigkeit in diesem Zeitabschnitt konstant ist. Im v-t-Diagramm ergibt
sich hierfür eine horizontale Gerade, im s-t-Diagramm eine stetig ansteigende Gerade
(vgl. Abb. 1.43a und b).
Wenn
v Geschwindigkeit (im betrachteten Zeitintervall konstant),
s d er im Zeitintervall zurückgelegte Weg und
t die Zeit (Zeitintervall), die für den Weg s benötigt wird,
dann gilt (weil s dem Inhalt der Rechteckfläche unter der v-t-Geraden entspricht):
s=v·t
oder
v = s/t (1.43)

Abb. 1.42 v-t-Diagramm v


einer ungleichmäßigen
Geschwindigkeit s
t

Abb. 1.43 gleichförmige a b


Translation v s

t t
34 1 Physikalische Grundlagen

Beispiel
Nachdem ein Kreuzfahrtschiff die Elbmündung verlassen hat, nimmt es mit einer
Geschwindigkeit von 28 kn9 direkten Kurs auf New York. Die Entfernung kann mit
3285 sm angenommen werden. Wie lange braucht das Schiff für diese Strecke?

Lösung: Gl. 1.43 nach t umgestellt liefert:


t = s/v = 3285 sm/28 kn = 3285 sm/28 sm/h
t = 117 h
gleichmäßig beschleunigte Translation
Eine geradlinige Bewegung ist gleichmäßig beschleunigt, wenn sie eine konstante
Beschleunigung a besitzt, somit ihre Geschwindigkeit v sich gleichmäßig ändert. Ist
a > 0, spricht man von Beschleunigung; ist a < 0 (negative Beschleunigung), spricht
man von Verzögerung (Beispiel: Das Abbremsen eines Fahrzeugs ist eine negative
Beschleunigung). Hierbei lassen sich zwei Fälle unterscheiden: Die Beschleunigung
ohne und mit Anfangsgeschwindigkeit (s. Abb. 1.44 und 1.45). Grundsätzlich gilt für
die (momentane) Beschleunigung:
a = (vt − v0 )/�t = �v/�t (1.44)
Mit t = s/v (vgl. Gl. 1.43) lässt sich Gl. 1.44 auch in folgender Form schreiben:

a = (vt2 − v02 )/2�s (1.45)


mit
vt Endgeschwindigkeit zum betrachteten Zeitpunkt t
v0 Anfangsgeschwindigkeit (wird aus der Ruhelage heraus beschleunigt, ist
 v0 = 0; dann vereinfacht sich Gl. 1.44 zu: a = v/t)
Δv vt – v0
Δs im betrachteten Zeitintervall zurückgelegter Weg
Für die Endgeschwindigkeit gilt:

vt = v0 + v = v0 · a · t = v02 + 2as (1.46)

Der Wegabschnitt in Gl. 1.46 errechnet sich nach folgenden Gleichungen:

v0 + vt a · t 2 v2 − v02
s = · t = v0 · t + = t (1.47)
2 2 2a
Bei einer Beschleunigung aus der Ruhephase (v0 = 0) oder bei einem Abbremsen
zum Stillstand vereinfacht sich Gl. 1.47 zu s = (v · t)/2 bzw. s = (a · t2)/2. Hieraus ist

91 kn = 1 sm/h; sm = Seemeile; 1 sm = 1852 m.


1.1 Mechanik 35

Abb. 1.44 a) gleichförmige a b


Beschleunigung mit v v
Anfangsgeschwindigkeit
vt vt
b) gleichförmige Beschleunigung v0
ohne Anfangsgeschwindigkeit
0 t 0 t
t t

Abb. 1.45 a) gleichförmige a b


Verzögerung mit v v
Endgeschwindigkeit vt v0
b) gleichförmige Verzögerung v0
mit Endgeschwindigkeit vt=0 vt
0 t 0 t
t t

Abb. 1.46   s-t-Diagramm der s


gleichmäßigen Beschleunigung

erkennbar, dass die gleichmäßige Beschleunigung eine quadratische Funktion ist, mit
s der Abhängigen von der Variablen t und der Beschleunigung a als Konstante der
Funktion (Abb. 1.46).
Der Zeitabschnitt, in dem von einer Anfangsgeschwindigkeit v0 gleichförmig auf
eine Geschwindigkeit vt zum Zeitpunkt t mit der Beschleunigung a beschleunigt oder
verzögert wird, errechnet sich nach Gl. 1.48:
 
v0 2 2�s
�t = (vt − v0 )/a = −(v0 /a) ± + (1.48)
a a

Beispiel
a) Nach dem Ablegen beschleunigt ein Schiff innerhalb von 10 min auf 18 kn10.

a) Wie groß ist seine Beschleunigung?


b) Vor einer Hafeneinfahrt muss ein Schiff seine Geschwindigkeit auf 5 kn herab-
setzen. Es fährt mit 23 kn. Zum Abbremsen wird eine Zeit von 15 min benötigt.

101 kn = 1 sm/h = 1852 m/h; 1 sm = 1852 m (kn = Knoten; sm = Seemeile).


36 1 Physikalische Grundlagen

Wie groß ist die Verzögerung und in welcher Entfernung vom Hafen muss der
Schiffsführer den Bremsvorgang einleiten?

Lösung:
Zu a)
Aus Gl. 1.44 ergibt sich durch Einsetzen
a = (18 sm/h · 1852 m/sm/3600 s/h)/(10 min · 60 s/min)
a = 0,02 m/s2

Zu b)
Hier wird nach der negativen Beschleunigung, also der Verzögerung gefragt. Mit
Δv = v – v0 = 5 – 23 = –18 kn und Δt = 15 min = 900 s folgt durch Einsetzen in
Gl. 1.44:
a = −(18 sm/h · 1852 m/sm/3600 s/h)/(15 min · 60 s/min)
a = −0,01 m/s2
Weiterhin wird nach dem Bremsweg s gefragt. Durch Einsetzen in Gl. 1.47 ergibt sich
23 kn + 5 kn
s = · 15 min = 14 sm/h · 15 min = 14 sm/h · 1852 m/sm · 0,25 h
2
s = 6482 m
Der Schiffsführer muss demnach mit dem Abbremsen 6482 m bzw. 3,5 sm vor der
Hafeneinfahrt beginnen.

b) Kreisbewegung (Rotation)
Betrachtet wird hierbei eine um ihren Mittelpunkt drehbare Scheibe (Abb. 1.47), z. B.
Schwungrad eines Motors. Der Drehwinkel ϕ (Winkel im Bogenmaß rad), die Winkel-
geschwindigkeit ω sowie die Winkelbeschleunigung α haben für alle Punkte den glei-
chen Wert. Bei der gleichförmigen Drehbewegung ist ω =const., bei der gleichmäßig
beschleunigten Drehbewegung ist α = const.
Es gilt:
Umfangsgeschwindigkeit vu = 2 · r · π · n [m/s] (1.49)

vu = r · ω (1.50)

Drehzahl n [1/s]

Winkelgeschwindigkeit ω =2·π ·n [ω in 1/s] (1.51)

ω = �ϕ/�t (1.52)
1.1 Mechanik 37

Abb. 1.47 Kreisbewegung vu , a t

an

r n

s und r in m, Drehwinkel ϕ im Bogenmaß rad 1 rad = 57,3◦


  
Umfangsweg s=r·ϕ
(1.53)
 
Winkelbeschleunigung α > 0 1/s2
(1.54)
α = (ωt − ω0 )/�t

Hinweis: Erfolgt die Beschleunigung der Drehbewegung aus der Ruhe heraus, ist ω0 = 0
zu setzen. Δt ist die für den Beschleunigungsvorgang benötigte Zeit in Sekunden.
Tangentialbeschleunigung at = α · r = r · �ω/�t = �vu /�t (1.55)

Winkelverzögerung α<0
(1.56)
α = (ω0 − ωt )/�t

Tangentialverzögerung at = −α · r = −r · �ω/�t = −�vu /�t (1.57)


Hinweis: Das Minuszeichen steht kennzeichnend für die Verzögerung.

Zentripetalbeschleunigung an = ω2 · r = vu2 /r (1.58)

Beispiel
Schwungrad bzw. Schwungscheibe eines Schiffsmotors. Schwungrad bzw. Schwung-
scheibe verbinden die Kurbelwelle kraftschlüssig über die Kupplung mit dem
Antriebsstrang. Hauptaufgabe des Schwungrads ist der Ausgleich von Drehunförmig-
keiten an der Kurbelwelle. Hierdurch wird die Übertragung von Motorschwingungen
auf den Antriebsstrang deutlich reduziert. Weitere Aufgabe der Schwungscheibe ist
die Aufnahme von Kupplung mit Mitnehmerscheibe und Druckplatte. Über den außen
aufgeschrumpften Zahnkranz greift das Ritzel des Anlassers zum Starten des Motors
[20].
38 1 Physikalische Grundlagen

Nenndrehzahl n = 333 1/min, Durchmesser d = 430 mm.

a) Wie groß ist die Umfangsgeschwindigkeit am äußersten Punkt der Scheibe?


b) Wie groß ist die Winkelgeschwindigkeit bei Nenndrehzahl?
c) Wie groß ist die Winkelbeschleunigung, wenn von der Drehzahl Null auf Nenn-
drehzahl 5 s benötigt werden?

Lösung: Durch Einsetzen in Gl. 1.49 ergibt sich für vu:


333 min
vu = 2 · 0,215 m · π ·
min · 60 s
vu = 7,5 m/s
Die Winkelgeschwindigkeit ω errechnet sich durch Umstellen von Gl. 1.50:
ω = vu /r = 7,494 m/s / 0,215 m

ω = 34,9 1/s
Die Winkelbeschleunigung bestimmt sich dann durch Einsetzen nach Gl. 1.54 mit
ωt= ω zu:
α = (34,9 1/s)/5 s

α = 7 1/s2
c) Freier Fall
Eine besondere Art der gleichmäßig beschleunigten Bewegung ist der freie Fall. Beim
freien Fall im luftleeren Raum fallen alle Körper aufgrund der fehlenden Luftreibung
gleich schnell. Die Beschleunigung beim freien Fall wird durch die Erdanziehung
bewirkt. Aufgrund der örtlich unterschiedlichen Magnetkräfte des Erdmagnetfeldes ist
die Erdbeschleunigung g auch örtlich unterschiedlich – sie wird aber im Mittel mit
g = 9,81 m/s2 angenommen.
Gemäß den Gl. 1.46–1.48 gilt speziell für den freien Fall mit der Erdbeschleunigung
(ohne Berücksichtigung der Luftreibung):
Endgeschwindigkeit v nach der Fallzeit t:
v =g·t [m/s] (1.59)
Fallhöhe s:

s = 1/2 · v · t = 1/2 · g · t 2 [m] (1.60)


Fallzeit t:

t= 2s/g [s] (1.61)
1.1 Mechanik 39

Beispiel
Bei einer Rettungsübung in der Rettungshalle müssen die Teilnehmer aus 3 m Höhe
ins Becken springen. Mit welcher Geschwindigkeit tauchen sie ins Wasser und wie
lange dauert der freie Fall?

Lösung: Aus Gl. 1.61 und 1.59 folgt durch Einsetzen:



t = 2 · 3,00 m/9,81 m/s2
t = 0,78 s

v = 9,81 m/s2 · 0,78 s


v = 7,67 m/s = 27,6 km/h

Beim Fall auf der geneigten Bahn mit α = Neigungswinkel der Ablaufbahn zur
Waagerechten (z. B. Freifallrettungsboot nach Lösen der Haltevorrichtung – vgl.
Abb. 1.13 und 1.14) ist
Beschleunigung a:
a = g · sin α (1.62)
Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t:
v = g · sin α · t (1.63)
Wegstrecke s (vgl. Gl. 1.34):

s = 1/2 · v · t = 1/2 · a · t 2 = 1/2 · (g · sin α) · t 2 (1.64)

Beispiel
Ein Freifallrettungsboot (Abb. 1.13) mit einer Gesamtmasse m = 3900 kg (Boots-
gewicht + 16 Personen Besatzung) ist auf einer 6,50 m langen und 40° zur Waagerech-
ten geneigten Ablaufbahn arretiert. Welche Beschleunigung erfährt das Boot und mit
welcher Geschwindigkeit verlässt es die Aussetzvorrichtung nach Lösen der Haltevor-
richtung?

Lösung: Durch Einsetzen in Gl. 1.62 und 1.63 folgt:

a = 9,81 m/s2 · sin 40◦


a = 6,31 m/s2

v = 9,81 m/s2 · sin 40◦ · t


40 1 Physikalische Grundlagen

Hierin ist t, die Ablaufzeit, noch unbekannt. Sie ergibt sich durch Umstellen von
Gl. 1.64:

t = 2s/(g · sin α)

t = 2 · 6,50 m/(9,81 m/s2 · sin 40◦ )
t = 1,44 s

Daraus folgt dann für v:

v = 9,81 m/s2 · sin 40◦ · 1,44 s


v = 9,08 m/s

Freier Fall mit Luftwiderstand:


Bei fallenden Körpern aus größeren Höhen mit größerem Querschnitt ist der Luft-
widerstand nicht mehr zu vernachlässigen. Im Gegensatz zum freien Fall, bei dem der
Luftwiderstand vernachlässigt wird, wirkt hier neben der in Fallrichtung wirkenden
Gewichtskraft des Körpers FG die Luftwiderstandskraft FL entgegen (Abb. 1.48).
Die Luftwiderstandskraft FL wird durch die umströmende Luft am Körper bewirkt
und ist abhängig von der Form des Körpers, die mit dem Widerstandsbeiwert cw
beschrieben wird, von der projizierten Fläche A (im Falle einer Kugel ist das ein Kreis)
von der Geschwindigkeit v, mit der sich der Körper bewegt und von der Dichte ρ des
durchströmten Mediums. Die Luftwiderstandskraft FL wird nach Gl. 1.65 berechnet:

FL = 1/2 · cw · ρ · A · v2 (1.65)
Unter der Wirkung der Erdbeschleunigung wächst die Geschwindigkeit v des Körpers.
Mit der Geschwindigkeit v nimmt auch, wie aus Gl. 1.65 ersichtlich, der Luftwider-
stand FL zu, der FG entgegengerichtet ist. Die resultierende Kraft aus beiden ist somit:
FR = FG − FL (1.66)
Wenn die Geschwindigkeit so groß ist, dass FL= FG ist, wird die resultierende Kraft
FR = 0, d. h. der Körper bewegt sich kräftefrei, also gleichförmig mit konstanter
Geschwindigkeit in Richtung Erdmittelpunkt.
Aus FL = FG lässt sich durch Umstellen der Gl. 1.65 nach v die theoretische End-
geschwindigkeit vend berechnen:

2 mg
vend = (1.67)
ρAcw

Abb. 1.48 Kräfte am Körper im FL


freien Fall mit Luftwiderstand

FG
1.1 Mechanik 41

d) Wurf
Der Wurf ist durch eine parabelförmige Flugbahn (Wurfparabel) des betrachteten Kör-
pers gekennzeichnet (quadratische Funktion). Es wird zwischen dem waagerechten
(Abb. 1.49) und dem schrägen Wurf (Abb. 1.50) unterschieden.

Waagerechter Wurf
Der waagerechte Wurf ist wie folgt gekennzeichnet:

• Wurfwinkel α = 0°
• Anfangsgeschwindigkeit v0 > 0 m/s
• in s-Richtung gleichförmige Bewegung mit v0
• in h-Richtung gleichmäßig beschleunigte Bewegung (mit Erdbeschleunigung
g = 9,81 m/s2)

Da g und v0 konstant sind, ist die Wurfbahn eine Parabel.


Mithilfe der Bewegungsgesetze kann man zu jedem Zeitpunkt die s- und die h-
Koordinaten des Körpers bestimmen („t“ ist die Wurfzeit):
Zeit-Weg-Gesetz für die s-Komponente (gleichförmige Bewegung):

2h
st = v0 · t = v0 · (1.68)
g

Zeit-Weg-Gesetz für die h-Komponente (gleichmäßig beschleunigte Bewegung – vgl.


„freier Fall“):

ht = −1/2 · g · t 2 (1.69)
mit g der Erdbeschleunigung von 9,81 m/s2.

Abb. 1.49 waagerechter Wurf v0 s

Abb. 1.50 schräger Wurf h


vB
v0

H
s
L
42 1 Physikalische Grundlagen

Hinweis: Das Minuszeichen in Gl. 1.69 gibt an, dass es sich bei dieser Funktion um
eine negative quadratische Funktion handelt, da die Funktionskurve nach unten geöffnet
ist.
Mit t = s/v0 ergibt sich daraus die Bahngleichung h(s) für den waagerechten Wurf:
 
h(s) = −1/2 · g · s2 /v02 (1.70)

Ferner kann die Bahngeschwindigkeit vt nach Ablauf der Wurfzeit t bestimmt werden:

vt = v02 + g2 · t 2 (1.71)

Hinweis: Der Luftwiderstand bleibt bei den vorstehenden Gesetzen unberücksichtigt.

Schräger Wurf
Er ist zusammengesetzt aus einer gleichförmigen Translation unter dem Abwurfwinkel α
zur Waagerechten und einem freien Fall.
Es gilt:
Zeit-Weg-Gesetz für die s-Komponente:
st = v0 · t · cos α (1.72)
Zeit-Weg-Gesetz für die h-Komponente:
 
ht = v0 · t · sin α− 1/2 · g · t 2 (1.73)

Bahngeschwindigkeit vt nach Ablauf der Wurfzeit t:



vt = v02 − 2gh (1.74)

Bahngleichung h(s) für den schrägen Wurf:


   
h(s) = s · tan α− g · s2 / 2v02 · cos2 α (1.75)

bzw.

h(s) = v0 · sin α · t − 1/2 · g · t 2 (1.76)


Da v0, α und g = const. sind, ist auch die Wurfbahn des schrägen Wurfs eine nach unten
geöffnete Parabel.
Allgemein gilt für die zu erreichende Wurfweite L unter dem Abwurfwinkel α
 
L = (1/g) · v02 · sin 2α (1.77)
1.1 Mechanik 43

und für die Wurfzeit tL bis zum Punkt L


tL = (1/g) · (2v0 · sin α). (1.78)
Desgleichen gilt für die Wurfhöhe H
 
H = v02 /2g · sin2 α (1.79)

und für die Wurfzeit tH bis zur erreichbaren Höhe H


tH = (v0 /g) · sin α (1.80)
Hinweis: Die vorstehenden Gesetzmäßigkeiten berücksichtigen nicht den Luftwider-
stand, stellen also den Idealfall (im luftleeren Raum) dar. So lässt sich die maxi-
male Wurfweite nach Gl. 1.77 unter einem Abwurfwinkel von 45° erreichen, da dann
sin 2α = 1 ist. Die größte Höhe ist bei einem Abwurfwinkel von α = 90° zu erzielen (vgl.
Gl. 1.79). Ferner ist aus vorstehenden Gleichungen erkennbar: Die Wurfweite wächst
quadratisch mit der Abwurfgeschwindigkeit; das bedeutet, dass die doppelte Abwurf-
geschwindigkeit zu einer vierfachen Wurfweite führt.

Schräger Wurf mit Anfangshöhe h0:


Die Herleitung der Gleichung für die Wurfweite L mit einer Anfangshöhe (beispiels-
weise das Abfeuern einer Granate aus dem Bordgeschütz eines Kriegsschiffs) ist nicht
trivial – hierzu wird auf weiterführende Literatur verwiesen.11
Allgemein gilt für den schrägen Wurf mit Anfangshöhe h0 folgende Gleichung:
  
v0 · cos α · v0 · sin α + v02 · sin2 α + 2gh0
(1.81)
L=
g

Beispiel
Zum Festmachen müssen die Festmacherleinen von Bord an Land übergeben wer-
den. Dazu werden an diese Wurfleinen (auch Bola genannt), beschwert mit einem
kleinen Sandsack (Wurfbeutel), befestigt (Abb. 1.51). Diese Wurfleine wird vom
Bordpersonal an Land geworfen; das Festmacherpersonal an Land zieht dann an der
Wurfleine die Festmacherleinen über und belegt sie dann an den Pollern. Der Abwurf-
winkel kann mit 38°, die Abwurfgeschwindigkeit mit 11 m/s und die Abwurfhöhe
gegenüber der Pier mit 7 m angenommen werden. Wie weit wird der Wurfbeutel theo-
retisch ohne Berücksichtigung von Widerständen aus Luftreibung und mitzuziehender
Wurfleine fliegen?

11So z. B. [28].
44 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.51 Wurfleine an Festmacher. (Foto: Rolf Krahl/CC BY 4.0)

Lösung: Aus Gl. 1.81 folgt durch Einsetzen:


  
11 m/s · cos 38◦ · 11 m/s · sin 38◦ + 112 m2 /s2 · sin2 38◦ + 2 · 9,81 m/s2 · 7 m
Ltheor =
9,81 m/s2

Ltheor = 17,94 m

1.1.2.2 Kinetik
Die hier besprochene Kinetik ist die Lehre von den Gesetzmäßigkeiten bewegter Körper
[7, S. 507].

a) Kräfte bei Translation


1. Newtonsche Bewegungsgesetz (Trägheitssatz):
Ein Körper verharrt in Ruhe oder in geradliniger, gleichförmiger Bewegung,
solange er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, diesen Bewegungs-
zustand zu ändern.
Dieses Phänomen wird Beharrungsvermögen eines Körpers genannt; man spricht
auch von der Trägheit eines Körpers.
Aus dem 1. Bewegungsgesetz folgt, dass die Ursache jeder Änderung des
Bewegungszustandes das Wirken von Kräften ist. Hierbei gilt, dass.
die wirkende Kraft und die erzielte Beschleunigung einander proportional sind:
F ~ a.
Dieses ist das 2. Newtonsche Bewegungsgesetz.
1.1 Mechanik 45

Aus diesem wiederum folgt, dass das Verhältnis der wirkenden Kraft zur erzielten
Beschleunigung für jeden Körper eine konstante Größe ist – es ist seine Masse:
Masse = Kraft/Beschleunigung
Wenn
F die Kraft ist, die auf den Körper beschleunigend wirkt,
m seine Masse und
a die erzielte Beschleunigung ist,
dann spricht man vom Kraftwirkungsgesetz, dem Grundgesetz der Dynamik:
 
F =m·a F in N, min kg, a in m/s2 (1.82)

Insofern ist 1 N die Kraft, die einer Masse von 1 kg eine Beschleunigung von 1 m/s2
erteilt.
Auf alle Körper im Bereich der Erdanziehung wirkt die Schwerkraft der Erde. Diese
ruft eine Beschleunigung entsprechend Gl. 1.66 hervor. Man spricht von der Fall-, Erd-
oder Schwerebeschleunigung g.
Es gilt dann für die Gewichtskraft G eines Körpers:
G=m·g (1.83)
Versuch Aus etwa 2 m Höhe wird ein Tennisball o. ä. fallengelassen. Was ist zu
beobachten?
Solange der Ball festgehalten wird, ist seine Geschwindigkeit Null. Er beharrt in sei-
nem Ruhezustand (1. Newtonsches Bewegungsgesetz). Nachdem er losgelassen wird,
fällt er durch die Erdanziehungskraft beschleunigt Richtung Boden (2. Newtonsches
Bewegungsgesetz).
Aufgrund der nicht exakt kugeligen Gestalt der Erde und ihres lokal unterschiedlich
starken Erdmagnetfeldes ist auch g örtlich unterschiedlich. Im Allgemeinen wird mit der
Erdbeschleunigung g = 9,81 m/s2 gerechnet [17, 23].

b) Kräfte bei der Rotation12


Ohne äußere Kraft behält ein Körper seinen Bewegungszustand bei, das heißt, er bleibt
in Ruhe oder in geradlinig gleichförmiger Bewegung.
Bei einem Körper, der sich auf einer Kreisbahn bewegt, ändert sich jedoch ständig
die Richtung. Es muss auf ihn also eine Kraft in Richtung Zentrum der Kreisbewegung
wirken, die den Körper auf diese Kreisbahn zwingt. Diese Kraft wird Radialkraft oder
Zentripetalkraft FZ genannt.

12Zum Folgenden auch [24].


46 1 Physikalische Grundlagen

Beispiel hierfür ist der Hammerwerfer. Durch seine Körperrotation zwingt er die an
einem Drahtseil befestigte Kugel auf eine Kreisbahn. in seinen Händen verspürt er die
dabei auftretende Zentripetalkraft.
Allerdings wirkt auf den Körper eine weitere Kraft, die bestrebt ist, den Körper von
seiner Kreisbahn zu bringen; das ist die Zentrifugalkraft FF oder auch Fliehkraft. Sie
wirkt der Zentripetalkraft entgegen und ist gleich groß: FZ = FF. Beispiel ist wieder der
Hammerwerfer. Lässt er das Drahtseil los, wird durch die Zentrifugalkraft der Hammer
von seiner Kreisbahn gebracht und fortgeschleudert und zwar geradlinig und tangential
zur Kreisbahn (Abb. 1.52).
Aufgrund der Zentripetalkraft ändert sich bei einer Kreisbewegung ständig die Rich-
tung des Geschwindigkeitsvektors. Bei der Änderung einer Geschwindigkeit spricht
man von Beschleunigung. Die Beschleunigung macht sich bei der gleichförmigen
Kreisbewegung nicht in einer Erhöhung oder Verringerung der Geschwindigkeit
bemerkbar, sondern in einer Änderung ihrer Richtung. Die Zentripetal- oder Radial-
beschleunigung az beschreibt die Geschwindigkeitsänderung bei einer Kreisbewegung.
Für den Zusammenhang zwischen Kraft und Beschleunigung gilt allgemein Gl. 1.82.
Somit für a:
a = F/m (1.84)
und für die Zentripetalbeschleunigung insofern:
aZ = FZ /m (1.85)
Damit sich ein Körper auf einer Kreisbahn bewegen kann, muss auf ihn – wie vorstehend
ausgeführt – die Zentripetalkraft wirken. Dafür hier ein paar Beispiele:

• Bei der Bewegung des Mondes um die Erde wirkt die Gravitationskraft (Massen-
anziehung zwischen Mond und Erde) als Zentripetalkraft.
• Bei dem Hammerwerfer wird die Zentripetalkraft vom Drahtseil (bzw. von den Hän-
den, die dieses festhalten) aufgebracht.
• Auf dem Schiff wirken Zentrifugal- und Zentripetalkraft bei Kurvenfahrt: So kann
Ladung durch Einwirkung der Zentrifugalkraft verrutschen. Um das zu verhindern,
muss die Ladung entsprechend gesichert sein – durch die Zentripetalkraft, die zum

Abb. 1.52 Kräfte an einem v


FF
Körper bei Rotation

FP
1.1 Mechanik 47

Mittelpunkt des Kreisbogens wirkt und gleich der Zentrifugalkraft ist, bleibt die
Ladung im Gleichgewicht.

Um berechnen zu können, welche Kraft für eine Kreisbewegung erforderlich ist bzw.
wie groß die Kraft ist, die auf einen sich auf einer Kreisbahn bewegenden Körper (z. B.
Schiff in der Bogenfahrt) wirkt, müssen zunächst die Größen identifiziert werden, von
denen die Zentripetalkraft abhängt.
Das sind:

• die Bahngeschwindigkeit v (und damit auch die Umlaufdauer T, die Drehfrequenz f


sowie die Winkelgeschwindigkeit ω
• der Bahnradius r
• die Masse m des rotierenden Körpers.

Es gilt:

• Die Zentripetalkraft ist proportional zum Radius: FZ ~ r


• Die Zentripetalkraft ist proportional zum Quadrat der Drehfrequenz: FZ ~ f2
• Da die Winkelgeschwindigkeit ω proportional zur Frequenz f ist (es gilt: ω = 2 πf),
muss die Zentripetalkraft auch proportional zum Quadrat der Winkelgeschwindigkeit
sein: FZ ~ ω2
• Die Zentripetalkraft ist proportional zur Masse: FZ ~ m

Aus den vorstehenden Proportionalitäten folgt, dass FZ ~ m · f2 · r bzw. FZ ~  · ω2 · r ist. Der
Quotient aus beiden Seiten ist damit konstant. Aus empirischer Ermittlung folgt, dass die
Konstante gleich 1 ist. Somit gilt für die Berechnung der Zentripetalkraft:

FZ = m · ω2 · r (1.86)
Zur Berechnung der Zentripetalkraft in Abhängigkeit von der Bahngeschwindigkeit folgt
aus dem Zusammenhang v = ω · r durch Einsetzen in Gl. 1.86:

FZ = m · v2 /r (1.87)
Für die Zentripetalbeschleunigung aZ gilt:

aZ = v2 /r bzw. aZ = ω2 · r (1.88)
48 1 Physikalische Grundlagen

FF

FZ

Abb. 1.53 Fregatte F 222 in Kurvenfahrt. (Quelle: 2016 Bundeswehr/Carsten Vennemann)

Beispiel
Eine Fregatte der Deutschen Marine (Abb. 1.53; Verdrängung 7200 t) führt ein
Wendemanöver durch. Die Geschwindigkeit beträgt 20 kn, der Drehkreisdurch-
messer13 liegt bei 700 m. Wie groß ist die Zentrifugalkraft, die auf das Schiff wirkt?

Lösung: Da FF = FZ ist, folgt aus Gl. 1.87 mit 1 kn = 1852 m/h:

FF = FZ = 7200000 kg · ((20 sm/h/3600 s/h) · 1852 m/sm)2 /350 m


FF = 2178 kN

Wie aus Abb. 1.53 ersichtlich, führt diese Zentrifugalkraft offensichtlich zu einer
Krängung des Schiffes nach außen. Dieser Sachverhalt erklärt sich wie folgt: FF greift
im Körperschwerpunkt KS an, die dieser Kraft entgegengerichtete Kraft FZ greift im
Schwerpunkt der Lateralfläche LS14 an (vgl. Abb. 1.53 und 1.54).
Bei kleinen Krängungswinkeln (Neigungswinkeln um die Längsachse) wird
näherungsweise davon ausgegangen, dass sich das Schiff um die Hauptträgheitsachse
seiner Wasserlinienfläche dreht, was bei symmetrischen Schiffen die Symmetrie-
linie der Wasserlinenfläche in Längsrichtung ist. Damit die Fliehkraft ein Moment
bewirkt, welches das Schiff nach außen krängt, muss der Kraftangriffspunkt (der

13Dieserauch taktische Durchmesser genannter Durchmesser soll nicht > 5 Schiffslängen betragen
[26].
14Die Lateralfläche, auch Lateralplan, ist die seitliche Projektion des Unterwasserschiffs. Der

Flächenschwerpunkt des Lateralplans wird als Lateralschwerpunkt oder auch als Lateraldruck-
punkt bezeichnet.
1.1 Mechanik 49

Abb. 1.54 Körper- und


Lateralschwerpunkt

KS

LS

­ assenschwerpunkt des Schiffes) über der Wasserlinienfläche liegen. Dies ist bei allen
M
großen Schiffen der Fall [30]. Somit erzeugen beide Kräfte dieses krängende Moment.
Um das krängende Moment so gering wie möglich zu halten wird angestrebt, den
Körperschwerpunkt möglichst tief zu verlagern. Gerade bei Leerfahrt werden dann
sog. Ballasttanks mit Ballastwasser gefüllt, was den Schiffsschwerpunkt nach unten
verlagert.
Insbesondere bei Sportbooten mit Motor ist aber zu erkennen, dass diese sich bei
Kurvenfahrt zur Kurveninnenseite neigen. Es könnte daher angenommen werden,
dass hier der Körperschwerpunkt tiefer als der Lateraldruckpunkt liegt. Das allerdings
nicht der Fall. Bei dem hier angesprochenen Phänomen kommt ein anderer Aspekt
zum Tragen:
Bei plötzlichem Einlenken z. B. eines Außenbordmotors ist das durch die Schub-
kraft unterhalb der Wasserlinie erzeugte Moment größer als das durch die Fliehkraft
entstehende Moment und zudem diesem entgegen gerichtet. Dadurch neigt sich ein
kleines Boot nach innen [31].

1.1.3 Mechanische Arbeit und Leistung

Wird ein Körper bewegt oder verformt, wird Arbeit geleistet. Das Produkt aus der in
Bewegungsrichtung wirkenden Kraft F [N] und dem zurückgelegten Weg s [m] ist die
Arbeit W:
W =F·s [J = Joule; 1 J = 1 Nm] (1.89)
Die pro Zeiteinheit verrichtete Arbeit ist die Leistung P [W]:
P = W /t (1.90)

Beispiel
Der Bordkran hebt in 20 s das Bereitschaftsboot (800 kg) 4 m hoch.

a) Welche Arbeit verrichtet der Kran?


b) Welche Leistung muss der Hubmotor – ohne Berücksichtigung von Reibungs- und
Getriebeverlusten – mindestens haben?
50 1 Physikalische Grundlagen

Lösung:
a) Durch Einsetzen in Gl. 1.89 folgt:
W = 8000 N · 4 m
W = 32 kJ
b) Mit der errechneten Arbeit ergibt sich durch Einsetzen in Gl. 1.90 die erforderliche
Mindestleistung des Hubmotors:
P = 32 kJ/20 s
P = 1,6 kW
Die vorstehenden Gesetzmäßigkeiten gelten nicht nur für die Bewegung fester Kör-
per, sie finden auch Anwendung z. B. bei der Förderung von Flüssigkeiten mittels
Pumpe. Bei der Pumpenleistung handelt es sich um eine mechanische Leistung.
Um z. B. die (träge) Masse m von einem Liter Wasser (= 1 kg, entspricht einer
Gewichtskraft FWasser von 9,81 N, weil F = m ∙ g)15 in einer Sekunde um die Förder-
höhe s von einem Meter zu heben, bedarf es gemäß Gl. 1.89 und 1.90 der nach-
folgenden Leistung:
P = W /t = (FWasser · s)/t = (m · g · s)/t
 
P = 1 kg · 9,81 m/s2 · 1 m /1 s
P = 9,81 W

Beispiel
Die Feuerlöschpumpe eines Seenotrettungskreuzers fördert stündlich 140 m3 Lösch-
wasser. Die Dichte des (Ostsee)Wassers16 kann mit ρ = 1015 kg/m3 angenommen
werden. Die Förderhöhe beträgt 5 m. Wie groß muss die Pumpenleistung bei Ver-
nachlässigung von Druckverlusten in den Rohrleitungen mindestens sein?17

Lösung: Durch Einsetzen in Gl. 1.89 und 1.90 folgt:

Pmind = (140 m3 · 1015 kg/m3 · 9,81 m/s2 · 5 m)/3600 s


Pmind = 1936,11 W

15Giltfür „Süßwasser mit der Dichte ρ = 1 kg/m³“; Dichte für Seewasser s. Anhang 2.
16Aus Anhang 2.
17Vgl. auch Abschn. 6.4
1.1 Mechanik 51

1.1.4 Energie

Unter Energie (hier mechanische Energie) versteht man die Fähigkeit eines Körpers,
Arbeit zu verrichten. Mechanische Energie kommt in drei Formen vor:

• Lageenergie (potenzielle Energie) Epot besitzt ein Körper, der auf ein bestimmtes
Höhenniveau angehoben wurde
• Bewegungsenergie (kinetische Energie) Ekin besitzt ein Körper, der sich bewegt (z. B.
ein fallender Ball)
• Spannungsenergie Es hat ein gedehnter oder gestauchter elastischer Körper (z. B.
Spiralfeder)

Nach dem Gesetz von der Erhaltung der Energie geht diese nicht verloren; Energie wird
von einer Energieform in eine andere umgewandelt.

1.1.4.1 Lage- und Bewegungsenergie

Beispiel
Ein Ball, der auf ein bestimmtes Höhenniveau gehoben wird, besitzt potenzielle Ener-
gie. Fällt er zu Boden, nimmt dabei die potenzielle Energie ab, gleichzeitig nimmt die
Bewegungsenergie um denselben Betrag zu.
Aus Vorstehenden folgt:

Epot = Ekin = m · g · h = 1/2 · m · v2 oder g · h = 1/2 v2 (1.91)


Mit
m der Masse des Körpers in kg
g der Erdbeschleunigung (im Durchschnitt 9,81 m/s2)
h der Höhe in Meter
v der Geschwindigkeit des Körpers in m/s

Beispiel
Ein Anker mit der Masse von 350 kg hängt in der Ankerklüse 4 m über dem Wasser-
spiegel. Bei „Fallen Anker“ fällt dieser frei ins Wasser. Mit welcher Geschwindigkeit
v trifft er auf die Wasseroberfläche (Reibung bleibt unberücksichtigt)?

Lösung: In der Ankerklüse hängend besitzt der Anker die potenzielle Energie Epot.
Beim Fallen wird diese in kinetische Energie umgewandelt. Nach der Beziehung
gemäß Gl. 1.91 errechnet sich v durch Umstellen:

v= 2gh
v = 8,86 m/s
52 1 Physikalische Grundlagen

Die Hubarbeit W, die die Ankerwinde verrichten muss, um den Anker von der Wasser-
oberfläche in die Ankerklüse zu ziehen, entspricht gemäß Gl. 1.91 der potenziellen
Energie, die der Anker besitzt, wenn er von der Wasseroberfläche in die Ankerklüse
gezogen wird:
W = F · s = Epot = m · g · h
hier mit s = h und F = m · g

W = 350 kg · 9,81 m/s2 · 4 m


W = 13,7 kJ

Beispiel
Aufgrund eines Steuerfehlers fährt ein Schiff mit der Masse m = 7450 t mit der
Geschwindigkeit v = 2 kn = 3,7 km/h18 frontal mit dem Bug gegen die Beton-Kai-
mauer (Abb. 1.55). Dabei wird der Bug um 0,7 m eingedrückt. Ein Teil des Bug-
bereichs (Vorpiek) wird i. d. R. durch ein Schott nach achtern hin abgeschottet. Dieses
Schott wird als Kollisionsschott19 bezeichnet und soll den Einbruch größerer Wasser-
mengen in das Schiffsinnere bei Verletzung der Außenhaut im Bugbereich verhindern.
Weiter dient dieser Bereich dem Abbau der Kollisionsenergie.
Wie groß ist

a) die Kollisionsenergie,
b) die Verformungsarbeit an der Vorpiek in diesem Bereich und
c) die Verzögerung beim Aufprall?

Lösung:
a) Nach Gl. 1.91 besitzt das Schiff eine kinetische Energie von

Ekin = 1/2 · 7450000 kg · 1,0282 m2 /s2


Ekin = 3828 kNm

b) Beim Aufprall auf die Kaimauer wird durch die Verformung der Vorpiek diese
kinetische Energie aufgrund des Energieerhaltungssatzes vollständig in Ver-
formungsarbeit umgewandelt:
Ekin = W = 3828 kNm

181kn entspricht 1,852 km/h.


19Das vorderste Querschott eines Schiffes, das nach Kollision mit Bugschaden das Fluten grö-
ßerer Teile des Schiffes verhindern soll. Es muss 5 % der Schiffslänge hinter dem Vordersteven
angeordnet sein.
1.1 Mechanik 53

Abb. 1.55 frontale Kollision


mit Kaimauer

c) Die Verzögerung ist der negative Wert einer Beschleunigung (vgl. Abschn. 1.1.2.1).
Die Verzögerung a errechnet sich nach Gl. 1.45:

a = v2 /2s
a = 1,0282 m2 /s2 /(2 · 0,7 m)
a = 0,74 m/s2

Hinweis: Korrekter Weise müsste vorstehendes Ergebnis mit a = –0,74 m/s2


angegeben werden, da es sich hierbei um eine Verzögerung handelt.
Wenn man bedenkt, dass bei einem Pkw, der mit 50 km/h auf ein festes Hinder-
nis fährt, Verzögerungswerte von etwa 19 bis 20 fachen der Erdbeschleunigung auf-
treten20, kann eine derartige Kollision für die Besatzung vergleichsweise glimpflich
ablaufen.

1.1.4.2 Spannungsenergie
Elastisch verformte Körper besitzen potenzielle Energie in Form von Spannungsenergie
Es. Solche Körper kehren in ihren Ausgangszustand zurück, sobald die verformenden
Kräfte entfallen. Als Beispiel kann hier eine zusammengedrückte oder gedehnte Spiral-
feder herangezogen werden. Die in dem elastischen Körper gespeicherte Energie ist
dabei von zwei Faktoren abhängig:

• der Federkonstante c [Nm−1]


• dem Verformungsweg |Δs| = s–s0 [m]

Zur Bestimmung der Federkonstante einer Feder wird sie mit einer Kraft F gedehnt
(Zugfeder) bzw. gestaucht (Druckfeder) und die Längenänderung gemessen. Daraus
ergibt sich die Federkonstante c zu
c = F/�s (1.92)

20Vgl. z. B. [12].
54 1 Physikalische Grundlagen

Der Verformungsweg |Δs| ist die Differenz zwischen der Läge s der gelängten bzw.
gestauchten Feder und ihrer Anfangslänge s0. Insofern ist aus Gl. 1.92 zu entnehmen,
dass „harte“ bzw. „steife“ Federn eine große Federkonstante aufweisen, „weiche“ hin-
gegen kleine c-Werte haben.
Die Spannungsenergie berechnet sich nach Gl. 1.93:
Es = 1/2 · c · |�s| (1.93)

1.1.5 Impuls

Der Bewegungszustand eines Körpers ist abhängig von seiner Masse m und seiner
Geschwindigkeit v. Ein schwerer, sich schnell bewegender Körper prallt mit größerer
„Wucht“ gegen ein Hindernis, als ein leichter Körper, der sich nur langsam bewegt. Mit
„Wucht“ ist der physikalische Begriff Impuls gemeint; er ist das Produkt aus der Masse
eines Körpers und seiner Geschwindigkeit:
 
p=m·v Ns bzw · kgms−1 (1.94)

Wirkt auf einen Körper eine Kraft – gleichgültig, ob sich der Körper in Ruhe befindet
oder sich bewegt – so ändert sich sein Impuls. Das Produkt aus der einwirkenden Kraft
Ft und der Einwirkungsdauer t wird als Kraftstoß oder Antrieb bezeichnet; es ist gleich
der Impulsänderung Δp, die der Körper erfährt:
p = Ft · t (1.95)
Mit Gl. 1.94 lässt sich Gl. 1.95 auch wie folgt schreiben:
�(m · v) = Ft · t (1.96)
Wenn grundsätzlich gilt, dass F = m · a und v = a · t ist so gilt für die einwirkende Kraft
Ft:
Ft = �p/t = �(m · v)/t = m · a (1.97)
In Gl. 1.97 ist a die Beschleunigung des Körpers.
Gl. 1.97 gilt nur bei konstanter Kraft. Ist diese jedoch eine Funktion der Zeit F(t), so
gilt:
t2
m · v = Fdt (1.98)
t1

Die Impulsänderung bzw. der Kraftstoß ist das Zeitintegral der Kraft (Abb. 1.56).
1.1 Mechanik 55

Abb. 1.56 Impulsänderung F F(t)


als Zeitintegral der Kraft
p

t1 t2 t

Beispiel
Das Schiff aus dem Beispiel in Abschn. 1.1.4.1 erfährt durch seinen Aufprall auf die
Kaimauer eine Impulsänderung. Wie groß ist die dabei auf das Schiff durchschnittlich
einwirkende Kraft?

Lösung:Durch Einsetzen der gegebenen Daten in Gl. 1.95 errechnet sich die Kraft wie
folgt:

F = −m · a
 
F = − 7450000 Kg · 0,74 m/s2
F = −5513 kN
Das Minuszeichen in vorstehender Rechnung gibt an, dass es sich hierbei um eine
negative Beschleunigung – also Verzögerung – handelt, bei der das Schiff eine
Geschwindigkeitsänderung Δv von v1 = 1 m/s auf Stillstand (v0 = 0 m/s) erfährt.

1.1.6 Festigkeitslehre

Die Festigkeitslehre spielt eine große Rolle im Bereich der Technischen Mechanik. Sie
erörtert, welche inneren mechanischen Spannungen und welche Verformungen ein Kör-
per erfährt, sobald von außen Kräfte und Drücke sowie Temperaturänderungen auf ihn
einwirken.

1.1.6.1 Spannungen
Spannungen werden auf Querschnittsebene zu resultierenden Kräften und Momenten
zusammengefasst. Hier sind folgende Größen für die Statik von Bedeutung:

a) Normalkraft N,
b) Querkraft Q,
c) Biegebeanspruchung bzw. Biegemoment MB und
d) Torsionsbeanspruchung bzw. Torsionsmoment MT.
56 1 Physikalische Grundlagen

N N

Abb. 1.57 Zugbeanspruchung und Druckbeanspruchung

Die Verteilung dieser Belastungen im Inneren des Körpers wird durch die Spannung
wiedergegeben [5]:
..
Spannung = Kraft/Flache
a) Normalkraft
Die in Richtung des Normalenvektors wirkende Normalkraft N erzeugt

• Druck- bzw.
• Zugspannung (σD bzw. σZ – s. Abb. 1.57).

Sie ist insofern die Längskraft, die parallel zur Stabachsenrichtung wirkt:

N = σ · dA (1.99)

Aus Gl. 1.99 folgt, dass die im Bauteil vorhandene Spannung σvorh in Längsrichtung die
Normalkraft N je Querschnittsfläche A ist:
σvorh = N/A (1.100)
Diese Spannung muss stets kleiner als die für das jeweilige Material festgelegte
zulässige Spannung σzul sein σvorh≤ σzul.21 Aus der Kenntnis der einwirkenden Normal-
kraft N und der zul. Spannung σzul lässt sich für den entsprechenden Belastungsfall die
erforderliche Querschnittsfläche berechnen:
Aerf ≥ N/σzul (1.101)
b) Querkraft bzw. Scherkraft
Mit Querkraft Q wird die Kraft bezeichnet, die einerseits

• auf einen stabförmigen Querschnitt (z. B. Balken bzw. Träger) als senkrecht zu seiner
Längsachse gerichtete Belastung wirkt, und die andererseits
• in einer Querschnittsfläche des Balkens liegt und dort dessen Beanspruchung auf
Scherung darstellt.

Im Balken verläuft die Querkraft senkrecht zur Stabachse (Abb. 1.58).

21Zulässige Spannungen sind den einschlägigen Tabellenwerken zu entnehmen.


1.1 Mechanik 57

Abb. 1.58 Quer- bzw. Q


Scherkraft


Q= τ · dA (1.102)

Aus Gl. 1.100 folgt, dass die im Bauteil vorhandene Scherspannung τvorh die senkrecht
zur Stabachse wirkende Querkraft V je Querschnittsfläche A ist, die kleiner als die für
das Material zulässige Scherspannung τzul sein muss:22
τvorh = Q/A ≤ τzul (1.103)
c) Biegung
Als Biegemoment MB wird ein Moment in Folge einer Kraft F bezeichnet, das ein
schlankes oder dünnes Bauteil belastet und somit biegt (Abb. 1.59). In Folge dessen tre-
ten innerhalb des Balkenquerschnitts Druck- und Zugspannungen auf (Abb. 1.60).
Das Biegemoment an der Stelle x, an der die Kraft F angreift, wird:
MB(x) = F · x (1.104)
Für Festigkeitsbetrachtungen an einem Träger, Balken o. Ä. muss die maximale Biege-
spannung σB in diesem bekannt sein. Sie wird aus dem gegebenen Biegemoment MB
und dem sog. Widerstandsmoment W der Querschnittsfläche A ermittelt.
Das erforderliche Widerstandsmoment Werf errechnet sich nach Gl. 1.105:
Werf ≥ MB, max /σB, zul (1.105)
Mit
MB, max dem maximalen Biegemoment
σB, zul der für das Material zulässigen BiegespannungAus einschlägigen Tabellenwerken
zu entnehmen, z. B. Roloff/Matek, Maschinenelemente: Normung, Berechnung,
Gestaltung, 23. Auflg., Springer Vieweg, Wiesbaden

d) Torsionsbeanspruchung
Als Torsionsmoment Mt wird ein Moment bezeichnet, wodurch ein damit belasteter Kör-
per (Stab, Balken, Welle) verdreht (tordiert) wird (Abb. 1.61). Die im Körper auftretende
Spannung, die dem Torsionsmoment das Gleichgewicht hält, wird Torsionsspannung
(auch Schubspannung) τt genannt.

22Zulässige Scherspannungen sind wieder den einschlägigen Tabellenwerken zu entnehmen.


58 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.59 Durchbiegung in F


Folge einer Kraft F
x

Abb. 1.60 Zug- und F


Druckspannung über den
Querschnittsverlauf eines Zug
Kragbalkens

Druck

Abb. 1.61 Torsionsbeanspruchung am


eingespannten Stab
F

F Mt

Die vorhandene Schubspannung τt, vorh ist proportional dem Torsionsmoment Mt und
wächst linear mit dem maximalen senkrechten Abstand amax der Randfaser zur neutra-
len Faser (beim Kreisquerschnitt oder Rohr ist das r = d/2). Proportionalitätsfaktor ist der
Kehrwert des polaren Flächenträgheitsmoments Ip:
τt, vorh = (Mt · amax )/Ip = Mt /Wp ≤ τt, zul (1.106)
Mit
Wp dem polaren Widerstandsmoment
τt, zul der zulässigen Torsionsspannung für das Material des Bauteils.23
Am äußersten Rand eines Rohres oder runden Stabes ist die Torsionsspannung am größ-
ten. Daraus folgt, dass es zur Aufnahme von Torsionskräften oftmals ausreichend ist ein
Rohr an statt eines Vollstabes zu wählen, was sich positiv auf das Gewicht der Konstruk-
tion auswirkt (Abb. 1.62).

23Aus einschlägigem Tabellenwerk zu entnehmen, z. B. [9]


1.1 Mechanik 59

Abb. 1.62 Verlauf der Torsionsschubspannung am kreisförmigen Querschnitt. (Grafik: Masur)

Der Verdrehwinkel α ist zum Torsionsmoment proportional und wächst linear mit der
Stablänge L (Abb. 1.61). Proportionalitätsfaktoren sind die Kehrwerte des Schubmoduls
G des Materials und des polaren Flächenträgheitsmoments des Profils:
L
α= · Mt (1.107)
G · Ip

1.1.6.2 Verzerrungen
Aufgrund der auf einen Körper einwirkenden Kraft und mit der damit verbundenen
Spannung im Querschnitt wird dieser mehr oder weniger stark verformt bzw. verzerrt.
Die bekanntesten Verzerrungen sind die Dehnung und Stauchung.
Allgemein ist die Verzerrung ε der Quotient von Längenänderung Δl zu Ursprungs-
länge l0 [8]:
ε = �l/l0 = (l−l0 )/l0 [%] (1.108)
Versuch Aus Knetmasse wird ein etwa 3 cm langer Stab mit einem Durchmesser von
etwa 1 cm gerollt. Dieser wird zwischen zwei Holzbrettchen gelegt. Langsam wird die
Kraft genau zentrisch auf den Stab erhöht (Abb. 1.63).

Beobachtung Mit zunehmender Kraft wird der Stab zusammengedrückt, wobei er am


Durchmesser zunimmt.

Abb. 1.63 Stauchung eines F1


Stabes F2
60 1 Physikalische Grundlagen

1.1.6.3 Knicken von Druckstäben


Sehr schlanke Stäbe, neigen zu einem schlagartigen Versagen durch seitliches Weg-
knicken, sobald eine kritische Last (Eulersche Knicklast) FK erreicht wird. Dieser Effekt
wird als Knicken bezeichnet.

Versuch Versuchdurchführung nach Abschn. 1.1.6.2. Diesmal ist die Säule aus Knet-
masse ein etwa 8 cm langer Stab mit einem Durchmesser von etwa 0,5 cm.

Beobachtung Bei einer bestimmten Kraft knickt der Stab seitlich aus.
Für die statische Auslegung eines Knickstabes reicht es i. d. R. nicht aus, dass FK ein-
fach nur unterhalb der Belastung des Stabes gehalten wird, da durch werkstoffliche oder
konstruktive Unvollkommenheiten ein Knicken schon vor Erreichen von FK eintreten
kann. Die kritische Last eines Einzelstabes, der ausschließlich auf Normalkraft (Druck-
kraft) beansprucht wird, wird bestimmt durch (Euler-Gleichung):
 
FK = E · Imin · π 2 /s2 (1.109)

Mit
E Elastizitätsmodul (s. Tab. 1.1),
I Flächenträgheitsmoment des Querschnitts,
s der freien Knicklänge, die von den sog. Euler-Knickfällen abhängig ist
Die vier Euler-Fälle unterscheiden sich in den Lagerungen der Stäbe – s. Abb. 1.64 von
links nach rechts:

• Fall 1 einseitig eingespannter Stab


• Fall 2 beidseitig gelenkig gelagert
• Fall 3 unten eingespannt, oben gelenkig gelagert
• Fall 3 unten und oben eingespannt

Für die freie Knicklänge s ergibt sich aus Tab. 1.1:


In Tab. 1.1. ist L die Gesamtlänge des Stabes.
Das erforderliche Trägheitsmoment eines Knickstabes errechnet sich nach Gl. 1.108:
 
Ierf = Imin = υ · F · s2 )/(E · π 2 (1.110)

mit ʋ der Sicherheit gegen Knicken:24

24Im Maschinenbau wird häufig eine Sicherheit zw. 3 … 10 gewählt.


1.1 Mechanik 61

Tab. 1.1  Eulerscher Eulerscher Knickfall Freie Knicklänge s


Knickfall und zugehörige freie
1 2L
Knicklänge
2 L
3 0,707 L
4 0,5 L

Abb. 1.64 Eulersche


Knickfälle

υ = FK /F = σK /σD, vorh (1.111)

wobei F die zulässige Betriebslast ist.


Die Knickspannung σK wird nach Gl. 1.110 ermittelt:
 
σK = E · π 2 /2 (1.112)

In Gl. 1.110 ist λ der Schlankheitsgrad, der nach Gl. 1.111 ermittelt wird:
 = s/i (1.113)
Hierin ist i der Trägheitsradius:

I
i= (1.114)
A
Aus Gl. 1.110 ist ersichtlich, dass die Knickspannung nur vom E-Modul und dem
Schlankheitsgrad λ abhängig ist. Bei gedrungenen Stäben schließt sich unterhalb eines
Grenzschlankheitsgrades λ0 ein Bereich des Knickens an, der nicht mehr alleine durch
die Elastizität des Materiales gekennzeichnet ist. Auch dieser lässt sich durch Umstellen
von Gl. 1.110 errechnen, wobei σK durch σP ersetzt wird. σP ist die Grenzspannung
(Proportionalitätsgrenze) des Stabes, bis zu der eine elastische Beanspruchung nach dem
Hookschen Gesetz erfolgt; aus Tab. 1.2 sind die Grenzschlankheitsgrade für div. Materia-
lien aufgelistet.
62 1 Physikalische Grundlagen

Tab. 1.2  Elastizitätsmodule und Grenzschlankheitsgrade verschiedener Materialien


Werkstoff E-Modul [N/mm2] Grenzschlankheitsgrad λ0
Nadelholz 10 000 100
Grauguss 100 000 80
S235JR (früher St 37-2, USt 37-2 und RSt 210 000 105
37-2) Werkstoffnummern DIN EN 10027–2:
1.0036 bis 1.0038
E295 und E335 (früher St 50-2 und St 60-2) 210 000 89
Werkstoffnummern DIN EN 10027-2: 10050
und 1.0060
Nickelstahl (< 5 % Ni) 210 000 86
Legierung Al-Cu-Mg 70 000 66
Legierung Al-Mg 3 70 000 110

1.2 Schwingungen und Wellen

1.2.1 Schwingungen25

Neben mechanischen Schwingungen (z. B. Pendel) gibt es weitere Vorgänge, bei denen
sich physikalische Größen in Abhängigkeit von der Zeit periodisch ändern (Spannung,
Stromstärke, elektrische Feldstärke, magnetische Feldstärke, Energie des elektrischen
Feldes und Energie des magnetischen Feldes). Diese Schwingungen werden elektro-
magnetische Schwingungen genannt. Ferner gibt es im Bereich der Molekular- und
Atomphysik Schwingungen: Die einzelnen Atome eines Moleküls können zu Molekül-
schwingungen angeregt werden, sowie Atome, Ionen oder Moleküle im Gitter eines Fest-
stoffs (Gitterschwingungen).

Allgemein gilt Schwingungen sind periodische Änderungen einer physikalischen Größe.

1.2.1.1 Mechanische Schwingungen
Damit ein Oszillator (= schwingfähiges System) zu schwingen beginnt, muss im Falle
der mechanischen Schwingungen einem Körper Energie zugeführt werden, wodurch er
aus seiner Ruhelage ausgelenkt wird. Er erhält dadurch potenzielle Energie – Beispiel:
Federpendel (Abb. 1.65).
In Abb. 1.65 ist an einer Feder mit der Federkonstante c ein Körper mit der Masse
m aufgehängt und befindet sich in Ruhelage. Wird der Körper angehoben oder nach
unten gezogen, wird er durch diese Kraft aus der Ruhelage bewegt – er erhält potenzielle

25Siehe dazu vertiefend auch Abschn. 4.3.1


1.2 Schwingungen und Wellen 63

Abb. 1.65 Federpendel

y
m
y

­ nergie, die gleich der Spannungsenergie der Feder ist (vgl. Abschn. 1.1.4.2). Lässt man
E
den Körper los, wandelt dieser Oszillator bei seiner Schwingung fortwährend potenzielle
und kinetische Energie ineinander um. Im Idealfall setzt sich dieser Vorgang unendlich
fort – der Körper schwingt jedes Mal mit der Auslenkung (Elongation) s um seine Ruhe-
lage (ungedämpfte Schwingung). In der Realität treten aber Verluste durch Luftreibung
und Molekülbewegungen im Material der Feder auf, die die Bewegungsenergie in
Wärme umwandeln. Insofern liegt eine gedämpfte Schwingung vor. In der Technik ist es
sogar häufig wünschenswert, dass ein schwingfähiges System gedämpft wird; es werden
dann in das System Schwingungsdämpfer eingebaut (Beispiel: Stoßdämpfer beim Auto).

a) Harmonische Schwingung
Die im Idealfall als ungedämpfte Schwingung des Federpendels nach Abb. 1.65
angenommene harmonische Schwingung kann als Projektion einer gleichförmigen
Kreisbewegung angesehen werden. Stellt man die Schwingung als Weg-Zeit-Diagramm
grafisch dar, zeigt sich ein sinusförmiger Verlauf der Schwingung (Abb. 1.66).
Die maximale Auslenkung wird Amplitude genannt. Bei der ungedämpften Schwin-
gung bleibt die Amplitude mit ihrer maximalen Auslenkung y0 über den zeitlichen Ver-
lauf der Schwingung konstant; bei der gedämpften Schwingung nimmt der Maximalwert
der Amplitude über die Zeit ab.

Abb. 1.66 Harmonische


ungedämpfte Schwingung.
(Grafik: Debenben, CC0)
64 1 Physikalische Grundlagen

Mit Gl. 1.113, der Schwingungsgleichung, werden die Zusammenhänge der


ungedämpften Schwingung beschrieben; mit ihr kann die Auslenkung y(t) zum Zeitpunkt
t einer Schwingung errechnet werden:
y(t) = y0 · sin ωt (1.115)
Der Winkel ωt ist der Phasenwinkel ϕ (im Bogenmaß). Er entspricht der projizier-
ten Kreisbewegung der Pendelschwingung; ω = 2πf ist die Winkelgeschwindigkeit der
Kreisbewegung, mit f der Frequenz der Schwingung.
Hinweis: Der Phasenwinkel ϕ = ωt ist zur Bestimmung des Sinus in Grad umzu-
rechnen: 1 rad = 57,3°.
Die Frequenz f ist die Anzahl der Schwingungen, die pro Sekunde ausgeführt werden:
f = 1/T (1.116)
Sie ist der Kehrwert der Schwingungsdauer T. Die Schwingungsdauer T (auch Periode
genannt) ist die Zeit, die für eine vollständige hin-und-her-Bewegung benötigt wird.
Zwischen Schwingungsdauer T, Masse des schwingenden Körpers m und der sog. Richt-
größe D besteht folgender Zusammenhang:

m
T = 2π (1.117)
D
Weiterhin ist festzuhalten, dass beim Durchgang durch die Mittellage der schwingende
Körper seine größte Geschwindigkeit hat; in den Umkehrpunkten ist sie Null. Insofern
ändert der Körper während des Schwingens permanent seine Geschwindigkeit v. Hier
gelten folgende Zusammenhänge:
v = y0 · ω · cos ϕ = vmax · cos ϕ (ϕ im Bogenmaß!) (1.118)

vmax = ω · y0 = 2πf · y0 (1.119)


Unter einer linearen Schwingung, wie dem hier beschriebenen Federpendel, versteht man
eine Schwingung, die ein elastischer Körper (die Spiralfeder) entlang einer Geraden aus-
führt. Der Grad seiner Elastizität drückt sich in der sog. Richtgröße D aus. Sie ist das
Verhältnis der dehnenden Kraft F zur Dehnung Δl und ist im Falle eines Federpendels
gleich seiner Federkonstante c:
D = F/�l = c (1.120)
Weiterhin gilt für die harmonische Schwingung die Bewegungsgleichung; sie besagt,
dass bei einer harmonischen Schwingung in jedem Augenblick die zur Mittellage hin
gerichtete Kraft proportional dem Abstand von der Mittellage y(t) ist:

F(t) = m · a(t) = −ω2 · m · y(t) = −ω2 · m · y0 · sin ϕ = −D · y(t) (1.121)


1.2 Schwingungen und Wellen 65

b) Drehschwingung
Bei Schiffsantrieben mit Verbrennungsmotor werden Drehschwingungen durch die
periodische Anregung der Gaskräfte im Verbrennungsraum über die Pleuelstange erzeugt
und führen somit zu einem ungleichmäßigen Abtriebsdrehmoment an der Kurbelwelle,
die sich letztlich auch auf die Antriebswelle übertragen. Diese Drehschwingungen sind
unerwünscht, da sie die Ursache von Bauteilversagen, störendem Schall oder Vibration
sind. Sie müssen daher entsprechend gedämpft werden, was z. B. durch den Einbau von
Kupplungen im Antriebsstrang erfolgen kann.
Drehschwingungen folgen, wie lineare Schwingungen auch, dem Hookeschen Gesetz.
Dieses beschreibt die elastische Verformung von Festkörpern, wenn deren Verformung
proportional zur einwirkenden Belastung ist (linear-elastisches Verhalten). Insofern sind
auch Drehschwingungen harmonische Schwingungen.
In Abb. 1.67 wird eine Drehschwingung dargestellt: Der Torsionsstab tordiert harmo-
nisch im und gegen den Uhrzeigersinn.
Der Grad der Elastizität drückt sich in der Winkelrichtgröße τ [Nm] (auch Direktions-
moment oder Richtmoment genannt) aus. Diese ist das Verhältnis des wirksamen Dreh-
momentes zum Drehwinkel:
 
τ = M/ϕ = G · Ip /l (1.122)
In Gl. 1.122 sind
M wirksames Drehmoment
Φ Drehwinkel, hervorgerufen durch M
G Schubmodul des Torsionsstabes
Ip polares Flächenträgheitsmoment des Torsionsstabes
l Länge des Torsionsstabes
Wird die Schwungscheibe in Abb. 1.67 durch ein Moment um einen bestimmten Win-
kel gedreht und dann losgelassen, so schwingt sie mit einer bestimmten Frequenz f
(Gl. 1.116) bzw. benötigt für jede Schwingung die Zeit T:

J
T = 2π (1.123)
τ
mit J dem Massenträgheitsmoment des schwingenden Körpers, in Abb. 1.67 die
Schwungscheibe.

Abb. 1.67 Drehschwinger


66 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.68 Graph einer


gedämpften harmonischen
Schwingung. (Grafik nach
Jahobr)

c) Schwingungsdämpfung
Als Dämpfung bezeichnet man die Erscheinung, dass bei einem schwingfähigen Sys-
tem die Amplitude von Schwingung zur nächsten kontinuierlich mit der Zeit abnimmt
(Abb. 1.68).
Wie bereits vorstehend ausgeführt, beruht eine Schwingung nach einmaliger
Anregung auf der Wechselbeziehung zweier Energieformen; beim Federpendel z. B.
werden kinetische Energie und potentielle Energie gegenseitig ausgetauscht. Hierbei
wird Energie in eine dritte Energieform Wärme umgewandelt, welche die Ursache der
Dämpfung ist.
Technisch kann das dadurch erreicht werden, dass Systeme federnd gelagert werden,
sodass die Energie von den Federn aufgenommen wird. In Abb. 1.69 wird ein sog. Draht-
seildämpfer gezeigt.

Abb. 1.69 Drahtseildämpfer eines RAM-Starters


1.2 Schwingungen und Wellen 67

Abb. 1.70 Feder-Masse- F


Dämpfungssystem
x

D
c

Zusätzlich kann ein federnd gelagertes Feder-Masse-System ganz gezielt gedämpft


werden, wenn die Amplitude von ihrem Maximalwert innerhalb einer bestimmten Zeit
auf einen Minimalwert reduziert werden soll. Das geschieht durch den Einsatz von
Schwingungsdämpfern. Ein Schwingungsdämpfer ist ein Bauteil zur Dämpfung von
mechanischen Schwingungen (z. B. Vibrationen, Erschütterungen, Stößen) – vgl. Stoß-
dämpfer beim Auto. Auch hier wird Bewegungsenergie in Wärmeenergie umzuwandeln.
Man spricht dann auch vom Feder-Masse-Dämpfer. Abb. 1.70 zeigt das Ersatzschaltbild
eines solchen Dämpfungssystems
Die Feder hat dabei die Federkonstante c, der Dämpfer die Dämpfungskonstante D.
Eine von außen auf den Körper mit der Masse m angreifende Kraft F führt zu einer
Auslenkung x des Körpers.26 Dieser Kraft F wirken die Kräfte der Masse Fm, der elas-
tischen Feder Fc und des Dämpfers FD entgegen. Die Summe aller Kräfte ergeben Null,
wobei die angegebenen Kräfte dabei einzeln betrachtet werden können:

Feder: Kraft ist proportional zum Weg Fc(t)= c ∙ x(t)


Masse: Kraft ist proportional zur Beschleunigung Fm(t)= m ∙ a(t)
Dämpfer: Kraft ist proportional zur Geschwindigkeit FD(t)= D ∙ v(t)

Somit ergibt sich folgende Gleichung:


F(t) − Fc (t) − Fm (t) − FD (t) = F(t) − c · x(t) − m · a(t) − D · v(t) = 0
Umstellen nach F(t):
F(t) = m · a(t) + D · v(t) + c · x(t) = m · ẍ · +D · ẋ + c · x(t) (1.124)
Aus vorstehender Gleichung ist ersichtlich, dass man das Feder-Masse-Dämpfungs-
system als lineare Differenzialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten schrei-
ben kann.

26Das Folgende aus [14].


68 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.71 Einfacher Kondensator


elektrischer Schwingkreis

Spule

1.2.1.2 Elektromagnetische Schwingungen
Ein elektromagnetischer Schwingkreis kann Energie abstrahlen. Dabei lösen sich ein
magnetisches und ein elektrisches Feld, die sich beide periodisch ändern, ab. Auf diese
Weise können sich elektromagnetische Schwingungen im Raum ausbreiten, die zu
elektromagnetischen Wellen führen. Beispiele hierfür sind Radiowellen (Funk), Mikro-
wellen, Licht und auch Röntgenwellen.
Im Folgenden wird die Entstehung von Radiowellen und deren Empfang näher
betrachtet.27
Zum Erzeugen von Radiowellen ist ein elektrischer Schwingkreis erforderlich (Abb.
1.71). Er besteht aus einer Spule mit der Induktivität L und einem Kondensator mit der
Kapazität C. Man spricht hier von einem elektromagnetischen Oszillator.
Er kann natürlich nicht wie ein mechanisches Pendel per Hand zum Schwingen
angeregt werden; hierzu ist eine elektrische Ladung erforderlich, z. B. ein kurzer Strom-
stoß. Dieser lädt die Kondensatorplatten auf: die eine Platte ist positiv geladen, die
andere negativ. Damit ist der elektrische Schwingkreis angeregt. Der geladene Kon-
densator, zwischen dessen Platten die Spannung U anliegt, entlädt sich über die Spule.
Dabei fließt ein Strom I, der mit der Zeit schwächer wird. Dieser Strom baut in der Spule
ein Magnetfeld auf, gleichzeitig wird in dieser eine Spannung induziert. Infolge dieser
induzierten Spannung fließen die Ladungen weiter, sodass sich der Kondensator mit
umgekehrter Polung wieder neu auflädt. Dieser Vorgang beginnt von neuem – es entsteht
ein sinusförmiger Wechselstrom. Der Oszillator erzeugt eine harmonische Schwingung,
die eine gedämpfte Schwingung ist: Aufgrund des Ohm’schen Widerstandes in den elekt-
rischen Leitern erfolgt eine Dämpfung der Schwingung.
Wird bei einem Pendel die Fadenlänge verändert, so ändert sich die Schwingungs-
dauer. Beim elektrischen Schwingkreis kann die Schwingungsdauer durch Änderung von
C oder L bewirkt werden.
Die Schwingungsdauer (Periode) T berechnet sich nach der Thomson’schen
Schwingungsgleichung:

T = 2π · L · C (1.125)

27Weiterführend [10].
1.2 Schwingungen und Wellen 69

Der Quotient aus 1/T wird Frequenz f genannt:


f = 1/T [Hz] (1.126)
In der Radio- bzw. Funktechnik wird mit der Einheit Hertz [Hz] die Anzahl der Schwin-
gungen pro Sekunde des elektrischen Schwingkreises angegeben. Funkt also eine See-
funkstelle mit der Frequenz 157,000 MHz (= 157 000 000 Hz), so heißt das, dass der
Schwingkreis der Funkanlage 157 000 000 Schwingungen in der Sekunde ausführt.
Ein einfaches Beispiel zum elektrischen Schwingkreis aus der Radiotechnik ist der
Diodenempfänger (Abb. 1.72).
Der Schwingkreis liefert eine Schwingung mit permanenter Polungsumkehr. Mit der
Diode wird eine Halbwelle der Hochfrequenzspannung abgeschnitten. Dieses Signal
kann direkt mit dem Kopfhörer wiedergegeben werden.
Funktionsweise des Diodenempfängers: Der Sender strahlt als sog. Träger eine hoch-
frequente harmonische Schwingung aus. Auf diese wird die Welle von Sprache oder
Musik (Tonwechselspannung) überlagert (aufmoduliert). Diese modulierte Welle kommt
an der Antenne des Empfängers an und erzeugt dort eine kleine Spannung, die zum
Schwingkreis gelangt. Diejenige Frequenz, mit der der Schwingkreis schwingt, wird
seine Eigenfrequenz f0 genannt. Diese berechnet sich nach Gl. 1.127:

f0 = 1/(2π · L · C) [Hz] (1.127)
Da die Tonwechselspannung der Hochfrequenzspannung aufmoduliert ist, wird in
einem direkt an den Schwingkreis angeschlossenen Kopfhörer das hochfrequente Sig-
nal nicht zu hören sein, da dieser nur Tonwechselspannungen hörbar macht. Die zwi-
schen Schwingkreis und Kopfhörer geschaltete Diode bewirkt aber, dass nur eine Hälfte
der modulierten Hochfrequenzwelle den Kopfhörer erreicht – der Hochfrequenzstrom
wechselt nun nicht mehr ständig seine Richtung, sondern fließt nur noch in eine Rich-
tung; eine Hälfte der Schwingung wird quasi abgeschnitten. Man nennt diesen Vorgang
Demodulation. Für den Kopfhörer wirkt diese Hochfrequenz nun wie ein Gleichstrom,
dem die Tonspannung überlagert ist, die jetzt hörbar ist.

Abb. 1.72 Einfacher


Diodenempfänger. (Bild: Arne
Nordmann, CC BY-SA3.0)
70 1 Physikalische Grundlagen

1.2.2 Wellen

Eine Welle ist eine sich räumlich ausbreitende periodische Schwingung (s. Abschn. 1.2.1)
oder eine Störung (= zeitliche Veränderung eines Gleichgewichtszustands eines Systems)
bezüglich mindestens einer orts- und zeitabhängigen physikalischen Größe, die sich mit
einer bestimmten Geschwindigkeit im Raum ausbreitet. Sie transportiert Energie, es fin-
det jedoch kein Stofftransport statt. Das heißt, dass benachbarte Oszillatoren die Störung
durch den Raum transportieren, ohne sich selbst im zeitlichen Mittel fortzubewegen.
Es wird zwischen mechanischen Wellen und solchen, die sich im Vakuum ausbreiten
können, unterschieden.
Mechanische Wellen sind können sich nur in Materie ausbreiten, die Störung ist eine
mechanische Bewegung.
Beispiel: Ein Seil ist mit einem Ende fest angeschlagen, das andere Ende wird in der
Hand gehalten. Lenkt man das freie Ende einmal ruckartig aus, überträgt es Energie auf
ein „benachbartes Seilstück“ (benachbarter Oszillator), welches dann seinerseits aus-
gelenkt wird, während das Anfangsstück in seine Ruhelage zurückkehrt. Das benach-
barte Seilstück reicht seine Energie wiederum an „seinen nächsten Nachbarn“ weiter und
kehrt dann auch in die Ruhelage zurück usw.
Erfolgt die Anregung wiederkehrend, spricht man von einer periodischen Welle, also
von einer Schwingung. Beispiel: Das Seil wird permanent mit der Hand am freien Ende
ausgelenkt.
Elektromagnetische Wellen können sich auch im Vakuum fortpflanzen. Hierbei besteht
die Störung in einer zeitlichen Änderung des magnetischen und elektrischen Feldes. Bei-
spiel für elektromagnetische Wellen sind Radiowellen (Schiffsfunk).

1.2.2.1 Wellenarten
Störungen, die sich quer zur Ausbreitungsrichtung der Welle bewegen werden Quer-
oder Transversalwellen genannt. Die Welle aus dem vorstehenden Beispiel mit dem Seil
ist eine Transversalwelle. In Transversalwellen wechseln Wellenberge und Wellentäler
(Abb. 1.73).
In Abb. 1.73 bewegt sich die Welle in x-Richtung, die Teilchen (blau) quer dazu in
y-Richtung.
Schwingen die Teilchen in der Ausbreitungsrichtung der Welle, so wird diese Längs-
oder Longitudinalwelle genannt. In ihr findet kontinuierlich ein Wechsel von Verdichtung
und Verdünnung der Teilchen statt.
Beispiel: Eine senkrecht hängende, sich auf- und abbewegende Schraubenfeder
(Abb. 1.65); bei Längung wird ihr Durchmesser kleiner, bei Kontraktion wird er größer.

Abb. 1.73 Quer- bzw. y


Transversalwelle. (Grafik:
Pajs)
x
1.2 Schwingungen und Wellen 71

In Abb. 1.74 findet keine Bewegung in y-Richtung statt. In x-Richtung ist eine perio-
dische Verdichtung und Verdünnung der Teilchenmenge erkennbar.

Merke Wellen in Gasen und Flüssigkeiten sind grundsätzlich Longitudinalwellen, da


diese keine Scherkräfte übertragen können. Wellen in Festkörpern können sowohl trans-
versal als auch longitudinal sein. Hier ist auch die Mischform Torsionswelle möglich.
Wellen im Vakuum sind grundsätzlich transversal [15].
Das Echolot arbeitet daher mit Longitudinalwellen, ebenso auch Schallwellen: Schall-
wellen sind sich fortpflanzende Luftdruckstöße.
Elektromagnetische Wellen dagegen sind grundsätzlich Transversalwellen. Somit
arbeitet das Radar mit Transversalwellen, da von diesem elektromagnetische Wellen aus-
gesendet und wieder empfangen werden. Gleiches gilt für Funkanlagen.
Wellenberg und Wellental bzw. Verdichtung und Verdünnung ergeben zusammen
die Wellenlänge λ. Bei einer harmonischen Schwingung mit einer Sinuskurve ist das
beispielsweise der Abstand von einer Amplitude y zur nächsten. Anders ausgedrückt:
Die Wellenlänge λ ist der Abstand zweier Teilchen in gleicher Schwingungsphase
(Abb. 1.75).

1.2.2.2 Wellenbewegung
Zur Beschreibung der Wellenbewegung sind folgende Größen von Bedeutung:

• Amplitude (Elongation eines beliebigen Teilchens im Abstand x vom Erregerzentrum


zum Zeitpunkt t) y(t, x) und Maximalwert der Amplitude ymax
• Frequenz f bzw. Schwingungsdauer T = 1/f
• Ausbreitungsgeschwindigkeit c und
• Wellenlänge λ.

Abb. 1.74 Longitudinalwelle y

Abb. 1.75 Wellenlänge λ


und Amplitude y. (Grafik:
Krishnavedala, CC0)
72 1 Physikalische Grundlagen

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c errechnet sich nach Gl. 1.126:


c = /T =  · f (1.128)
Für die Elongation des erregenden Teilchens gilt:
y(t, x) = ymax · sin ω(t−(x/t)) (1.129)
Vorstehende Gl. 1.127 wird Wellengleichung genannt. Mit der Kreisfrequenz ω = 2πf
kann die Wellengleichung auch wie folgt geschrieben werden:
y(t, x) = ymax · sin ω(2π · ((t/T)−(x/))) (1.130)

1.2.2.3 Reflexion
Trifft eine Welle auf ein Hindernis, in dem sie sich nicht ausbreiten kann, wird diese von
dem Hindernis zurückgeworfen (reflektiert). Dabei gilt, dass der Einfallswinkel α gleich
dem Reflexionswinkel α‘ ist (Abb. 1.76).
Das Reflexionsgesetz α = α‘ gilt auch für elektromagnetische und akustische Wel-
len. So macht sich das Sonar wie auch das Echolot das Reflexionsgesetz zunutze. Eine
Sonaranlage dient zur Ortung von Gegenständen im Raum und unter Wasser mittels aus-
gesandter Schallimpulse, wobei sowohl Richtung als auch Entfernung des zu ortenden
Objektes detektiert werden. Ein Echolot (Abb. 1.77) dient in der Schifffahrt zur elektro-
akustischen Messung der Wassertiefe.

Abb. 1.76 Reflexion einer


Welle

Abb. 1.77 Schallausbreitung


beim Echolot. (Grafik: Sgbeer,
CC BY-SA 3.0)
1.2 Schwingungen und Wellen 73

Gemessen wird dabei die verstrichene Zeit zwischen Aussenden und Empfang der
vom Gewässerboden reflektierten Schallwelle. Insofern wird über die gemessene Zeit,
die der Schallimpuls unter Wasser zwischen Aussenden und Empfang zurücklegt, auf
die Wassertiefe geschlossen. Schall breitet sich unter Wasser mit einer Geschwindig-
keit von etwa 1450 m/s aus, wobei diese sowohl von der Wassertemperatur T, der Dichte
des Wassers ρ (Meerwasser, Süßwasser) und dem Druck p (Wassertiefe) abhängt. Für
genaue Messungen müssen diese Parameter jeweils bestimmt und bei der Umrechnung
der Laufzeit in eine Wassertiefe berücksichtigt werden. Für Messungen mit einem ver-
tretbaren Tiefenfehler von 5 % kann im Meerwasser aber mit einer Schallgeschwindig-
keit von 1480 m/s gerechnet werden. An Echoloten, bei denen die Schallgeschwindigkeit
eingestellt werden kann, sollte im Süßwasser die Schallgeschwindigkeit auf 1450 m/s
reduziert werden.

Beispiel
Ein Echolot sendet ein Signal aus, was nach t = 0,8 s wieder empfangen wird. Die
Schallgeschwindigkeit v betrage 1470 m/s. Welche Wassertiefe H zeigt das Echolot
an?

Lösung: Mit v = s/t folgt durch Umstellen nach s:


s = v/t = 1470 m/s/0,8 s
s = 1838 m
Dieses ist aber der gesamte Weg, den das Signal zurücklegt: Einmal vom Sender zum
Meeresboden und aufgrund der Reflexion vom Meeresboden zurück zum Empfänger.
Somit muss das vorstehende Ergebnis noch halbiert werden:
H = s/2
H = 919 m

1.2.2.4 Brechung
Tritt eine Welle schräg von einem Medium in ein anderes ein (z. B. Luft – Wasser), so
ändert diese im zweiten Medium sowohl ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit c wie auch
ihre Ausbreitungsrichtung (Abb. 1.78).
Es gilt das Brechungsgesetz:
sin α/sin β = c1 /c2 (1.131)

1.2.2.5 Beugung
Trifft eine Welle auf eine Wand mit einer kleinen Öffnung, breitet sie sich dahinter
fächerförmig aus – die Welle wird gebeugt. Dieses Phänomen wird als Huygens’sches
Prinzip bezeichnet und gilt für jede Art von physikalischen Wellen. Die Abb. 1.79 und
1.80 zeigen verschiedene Erscheinungsformen von Beugungen:
74 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.78 Brechung α

Grenzfläche

Abb. 1.79 Entstehung von


Kugelwellen durch Beugung
an Lochblende. (Grafik:
Inductiveload)

Abb. 1.80 Entstehung


von Zylinderwellen durch
Beugung am Spalt. (Grafik:
Inductiveload)
1.3 Hydrostatik 75

• Wenn der Lochdurchmesser in der Wand << kleiner ist als die Wellenlänge λ, ent-
stehen dahinter Kugelwellen.
• Wenn die Schlitzbreite in der Wand << kleiner ist als die Wellenlänge λ, entstehen
dahinter Zylinderwellen.

1.3 Hydrostatik

Charakteristisch für Flüssigkeiten ist die gegenseitige Verschiebbarkeit der Moleküle, im


Gegensatz zu Festkörpern, bei denen die Moleküle i. d. R. in einem Gitter angeordnet
sind. Aufgrund dieser Verschiebbarkeit der Moleküle stellt sich der Spiegel einer ruhen-
den Flüssigkeit in einem Gefäß unter dem Einfluss der Schwerkraft stets horizontal, d. h.
auf gleiche Höhe ein (Abb. 1.81).

1.3.1 Verbundene Gefäße

Das gilt auch dann, wenn mehrere Gefäße durch sog. kommunizierende Röhren mit-
einander verbunden sind. Die Form der Gefäße, die miteinander verbunden sind, spielt
dabei keine Rolle (Abb. 1.82).
Diesen Effekt macht man sich in der Schifffahrt z. B. für den Krängungsausgleich
zunutze (s. Abschn. 6.2.4).

Abb. 1.81 Flüssigkeitsstand


im geneigten Gefäß
76 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.82 Kommunizierende


Gefäße mit kommunizierenden
Röhren. (Bild: Bd)

1.3.2 Druck in Flüssigkeiten

Wird eine Flüssigkeit in einem Gefäß eingeschlossen, wirkt auf die Gefäßwand überall
derselbe Druck p. Das erklärt sich dadurch, dass die zu allen Seiten schwingenden Mole-
küle auf die Gefäßwand eine Kraft ausüben. Dies gilt auch für eingeschlossene Gase
(Gasflasche).

1.3.2.1 Druck in einer Flüssigkeitssäule


Die vorstehende Aussage gilt, solange das Gefäß nicht allzu hoch ist. Bei hohen Gefäßen
macht sich der Einfluss der Schwerkraft, der sog. Schweredruck, bemerkbar; es gilt:
p=ρ·g·h (1.132)
In Gl. 1.132 ist
p der am Fuße der Flüssigkeitssäule herrschende Druck [Pa = N/m2],
ρ die Dichte der Flüssigkeit [kg/m3],
g die Erdbeschleunigung [9,81 m/s2]
Wie aus Gl. 1.132 ersichtlich, ist der Druck in der Flüssigkeitssäule nur von der Dichte
der Flüssigkeit und der Höhe der Flüssigkeitssäule in Form einer linearen Funktion
abhängig.

Beispiel
Zu Überprüfungszwecken taucht der Schwimmtaucher einer Deutschen Fregatte, die
sich im Mittelmeer aufhält, den Schiffsrumpf ab. Dazu begibt er sich auf eine maxi-
male Tauchtiefe von 6,5 m. Welcher Druck herrscht auf dem Taucher bei waagerech-
ter Schwimmlage?

Lösung: Der Wasserdruck in 6,5 m Tiefe errechnet sich nach Gl. 1.132. Die Dichte ρ
des Mittelmeer-Seewassers kann mit 1,025 kg/l angenommen werden (s. Anhang 2,
„Tabellen, Diagramme, Übersichten“). Somit folgt durch Einsetzen:

p = 1025 kg/m3 · 9,81 m/s2 · 6,5 m


p = 65359,13 N/m2 = 0,65 bar
1.3 Hydrostatik 77

Tatsächlich wirkt auf den Taucher aber ein effektiver Druck von etwa 1,65 bar, da
noch der auf die Wasseroberfläche wirkende Luftdruck, vereinfachend mit 1 bar
angenommen, dem hydrostatischen Druck zugerechnet werden muss.

1.3.2.2 Kolbendruck
Wird von außen über einen Kolben auf eine Flüssigkeit eine Kraft ausgeübt, setzt sich
diese aufgrund der Verschiebbarkeit der Flüssigkeitsmoleküle in dieser fort. Die Kraft
wirkt somit auf die die Flüssigkeit einschließende Gefäßwand (Abb. 1.83). Das Verhält-
nis Kraft F zur Fläche A wird als Druck p bezeichnet:
p = F/A (1.133)

Beispiel
Der Hydraulikzylinder des Wippwerks eines Bordkranes soll eine Kraft von 100 kN
aufbringen. Der Kolbendurchmesser auf der größeren Kolbenflächenseite, die durch
Öl beaufschlagt wird, damit der Kolben ausfährt, beträgt 100 mm. Mit welchem
Druck muss der Zylinder beaufschlagt werden? (Abb. 1.84)

Lösung: Einsetzen in Gl. 1.133 liefert:


 
p = 100000 kg m/s2 / 0,12 m2 · π/4
p = 12732395 kg/ms2 = 12732395 N/m2
p = 127 bar
Für den Druck p einer mit zwei Kolben unterschiedlicher Durchmesser di bzw. Flä-
chen Ai eingespannten Flüssigkeit gilt:

F1 /F2 = A1 /A2 = d1 2 /d2 2 (1.134)


Oder:
p = F1 /A1 = F2 /A2 (1.135)

Abb. 1.83 Kolbendruck F

Kolben m. Fläche A

Abb. 1.84 Doppeltwirkender


Hydraulikzylinder
(Differenzialzylinder). (Bild:
MovGP0, CC BY 3.0)
78 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.85 Hydraulische A2


Presse A1

F1
F2

Beispiel
Abb. 1.85 – Auf den Kolben 1 mit der Fläche A1 = 10 cm2 wirkt eine Kraft
F1 = 3000 N. Wie groß ist die Kraft F2 auf der Kolbenseite 2 (A2 = 55 cm2), mit der
der Kolben 2 eine entsprechende Last bewegen könnte?

Lösung: Durch Umstellen der Gl. 1.134 nach F2 folgt durch Einsetzen:
 
F2 = (F1 · A2 )/A1 = 3000 N · 55 cm2 /10 cm2
F2 = 16,5 kN

1.4 Gase28

Gase sind im Vergleich zu Flüssigkeiten kompressibel. Diese Kompressibilität führt zu


besonderen Gesetzmäßigkeiten.

1.4.1 Das Gesetz von Gay-Lussac

Versuch Eine Injektionsspritze, die ausreichend lange bei Umgebungstemperatur (z. B.


21 °C) gelagert wurde, wird mit ihrer Öffnung für längere Zeit z. B. in einen Kühl-
schrank bei beispielsweise 7 °C in ein dortiges Becherglas mit Wasser – was kann
beobachtet werden? Mit der Zeit steigt der Flüssigkeitsspiegel in der Spritze an.
Das anfängliche Volumen V1 ändert sich unter Temperaturänderung zum Volumen V2.
Es findet bei konstantem Umgebungs-Luftdruck eine Volumenänderung ΔV statt. Das
Luftvolumen im Zylinder der Injektionsspritze wurde kleiner:
V2 = V1 ± V (1.136)

28Unter Mitarbeit v. Pfaff. N.


1.4 Gase 79

Das Operationszeichen „ ± “ deutet an, dass es sich bei diesen Vorgängen sowohl um
Abkühlungs- als auch Erwärmungsprozesse handeln kann. Die Volumenänderung ist
dabei linear abhängig von der Temperaturänderung Δt [K]:
�V = V1 · α · �t (1.137)
mit α dem thermischen Ausdehnungskoeffizienten (Luft: α = 0,00367 1/K). Somit wird
Gl. 1.136:
V2 = V1 · (1 ± α · �t) (1.138)
Vorstehender Zusammenhang wir das Gesetz von Gay-Lussac genannt:
V1 /T1 = V2 /T2 (1.139)
Die vorstehend beschriebene Volumenänderung wird durch das sog. Teilchenmodell
erklärt, was die Aggregatzustände und die damit einhergehende Molekülbewegung in
Stoffen beschreibt [1]. Die Moleküle befinden sich in ständiger Bewegung, wobei ihre
Geschwindigkeit und Bewegungswege von der Temperatur abhängig sind. Bei fes-
ten Stoffen hat jedes Molekül i. d. R.29 einen festen Gitterplatz, sie schwingen nur
vergleichsweise wenig. Bei Flüssigkeiten hat sich der kristalline Verband gelöst, die Teil-
chen lassen sich leicht gegeneinander verschieben und nehmen jede ihnen zur Verfügung
gestellte Form an. Sie liegen aber immer noch eng beieinander. Bei Gasen hingegen
befinden sich die Moleküle in einer ständigen ungeordneten Bewegung – sie besitzen
eine gewisse kinetische Energie. Bei höheren Temperaturen bewegen sich die Teilchen
heftiger, ihre kinetische Energie nimmt zu. Aus zufälligen Zusammenstößen der Mole-
küle mit der Behälterwandung entsteht das, was wir den Druck des Gases nennen.
Da nun alle Kräfte versuchen ein Gleichgewicht herbeizuführen, muss demnach die
auf die Spritze wirkende Kraft des Luftdrucks (F = p · A, mit F der Kraft, p dem äußeren
Luftdruck und A der Oberfläche der Spritze, auf die der Luftdruck wirkt) gleich der Kraft
des Druckes der in der Spritze eingeschlossenen Luft sein. Da nun die Teilchenbewegung
bei gleicher Teilchenmasse in der Spritze mit abnehmender Temperatur kleiner wurde,
musste sich insofern auch das Gasvolumen verringern. Damit nun aber innerhalb und
außerhalb der Spritze die gleiche Kraft wirkt, sich der Druck aber sowohl außerhalb als
auch innerhalb der Spritze nicht ändert, muss sich das Volumen in der Spritze durch Auf-
ziehen von Wasser soweit verringern, bis sich in ihr der Druck eingestellt hat, der dem
äußeren Luftdruck entspricht.
In der Schifffahrt ist das Gesetz von Gay-Lussac z. B. beim Transport von LPG und
LNG30 von Bedeutung (s. Abb. 1.86). Dabei werden diese Gase zum Teil bis zur Ver-
flüssigung abgekühlt, damit sie weniger Raum einnehmen.

29Ausnahmen: z. B. Glas – dieser Feststoff hat keine kristalline Struktur; er wird als unterkühlte

Flüssigkeit bezeichnet.
30LPG = liquefied petroleum gas, LNG = liquefied natural gas.
80 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.86 Flüssiggastanker. (Foto: JoachimKohlerBremen, CC BY-SA 4.0)

1.4.2 Das ideale Gasgesetz

Volumen, Temperatur und Druck werden Zustandsgrößen eines Gases genannt. In der
vorstehend genannten Injektionsspritze war eine definierte Luftmasse m [kg] ein-
geschlossen, die sich trotz veränderter Volumina und Temperaturen nicht änderte.

1.4.2.1 Herleitung des idealen Gasgesetzes


Unter Abschn. 1.4.1 wurde ausgeführt, dass die Volumenänderung ΔV linear abhängig
von der Temperaturänderung ΔT ist (vgl. Gl. 1.137); insofern kann geschrieben werden:
�V /�T = k bzw. �V = k · �T (1.140)
wobei k die Steigung der Geraden angibt.
Tatsache ist, dass auch der Luftdruck als Zustandsgröße schwankend ist. Somit kann
geschrieben werden:
p · V = p · k · T

bzw. p · V = p · k · T (1.141)
Das Produkt „p ∙ k“ wird durch den Faktor F ersetzt:
p·V =F·T (1.142)
Im Beispiel der v. g. Injektionsspritze war eine definierte Luftmasse m eingeschlossen,
die sich im Rahmen der Beobachtungen nicht änderte. Insofern kann F in Gl. 1.142
durch m und einen weiteren Faktor R ersetzt werden – das ist das ideale Gasgesetz:
p·V =m·R·T (1.143)
R ist die sog. Gaskonstante, die von der Gasart abhängt; Einheit: J/kgK.
1.4 Gase 81

Das ideale Gasgesetz sagt aus, dass das Produkt aus dem Druck und dem Volumen
eines Gases gleich seiner Masse und der dabei herrschenden Temperatur sowie der dem
Gas eigenen Gaskonstante ist.

1.4.3 Das Boyle-Mariottesche Gesetz

Gl. 1.143 lässt sich wie folgt umschreiben:


p · V /T = m · R (1.144)
Wenn nun in einem geschlossenen System ein Gas enthalten ist (z. B. Luft in einer
Taucherflasche), ist aus Gl. 1.144 ersichtlich, dass sich bei Erwärmung des Systems das
Volumen nicht ändert, soweit sich das Gas nicht ausdehnen kann. Die Gasmasse m bleibt
auch konstant, ebenso R. Somit muss sich bei Temperaturerhöhung der Druck im System
erhöhen (der Druck in der Taucherflasche steigt an!). Es gilt:
p · V /T = konst. (1.145)
Anders ausgedrückt:
p1 · V1 /T1 = p2 · V2 /T2 (1.146)
Hieraus ist zu entnehmen, dass für eine Temperaturänderung bei konstantem Druck
(p1 = p2) wieder das Gesetz von Gay-Lussac gilt – s. Abschn. 1.4.1:
V1 /T1 = V2 /T2 (Gl. 1.139 Nr. aus Abschn. 1.4.1)
Ebenso gilt bei einer Druckänderung unter konstanter Temperatur (T1 = T2) aus
Gl. 1.146:
p1 /p2 = V2 /V1 (1.147)
Gl. 1.147 wird Boyle-Mariottesches Gesetz genannt.

Beispiel
Eine typische Druckluftflasche eines Atemschutzgerätes der Feuerwehr hat ein Volu-
men von 6 L und wird mit 300 bar Luft gefüllt. Für den Atemschutzgeräteträger ist es
interessant zu wissen, wie lange er bei einem Luftverbrauch von 50 Litern pro Minute
in den Einsatz gehen kann.

Lösung: Nach dem Gesetz von Boyle-Mariotte gilt Gl. 1.147 mit p1 = 300 bar
Flaschendruck und V1 = 6 L Flaschenvolumen. Da der Feuerwehrmann letztlich auf
82 1 Physikalische Grundlagen

Umgebungsdruck ausatmet (ca. 1 bar), ist in Gl. 1.147 p2 = 1 bar einzusetzen. V2


ist dann der Luftvorrat, den er bei 1 bar zum Atmen zur Verfügung hat. Insofern ist
Gl. 1.147 nach V2 umzustellen:
V2 = (p1 · V1 )/p2 = (300 bar · 6 l)/1 bar
V2 = 1800 l
Wenn der Feuerwehrmann im Einsatz 50 Liter pro Minute veratmet, kann er somit
maximal
1800 l/50 l/min = 36 min
eingesetzt werden. Da bereits bei einem Restdruck von 50 bar ein Alarmsignal für den
Rückzug ertönt, verringert sich seine Einsatzzeit entsprechend.

1.5 Wärmelehre

1.5.1 Temperatur

Die Temperatur T eines Körpers, einer Flüssigkeit oder eines Gases wird von der
Wärmeenergie bestimmt. Sie äußert sich in der kinetischen Energie der Moleküle. Die
Temperatur gibt an, wie „warm“ der Stoff oder Gegenstand ist. Gemessen wird sie
i. d. R. in Grad Celsius [°C], bei technischen Berechnungen wird in aller Regel aber die
Temperatur in Kelvin [K] angegeben, wobei 0 °C = 273,15 K entspricht.
Hinweis: Die Temperatur eines Stoffes oder Gegenstandes ist nicht zu verwechseln
mit seiner Wärme!

1.5.1.1 Der absolute Nullpunkt


Unter Abschn. 1.4.1 und 1.4.2.1 wird ausgeführt, dass Temperatur und Volumen eines
Gases linear voneinander abhängig sind. Ausgehend von der Überlegung, dass alle
Stoffe in Abhängigkeit von der Temperatur grundsätzlich alle drei Aggregatzustände
(fest, flüssig, gasförmig) einnehmen können, müssen sich bei hinreichender Abkühlung
irgendwann alle Gase verflüssigen. Würde der Versuch mit der unter Abschn. 1.4.1
beschriebenen Injektionsspritze unter Laborbedingungen durchgeführt werden,
würde die Gerade im V-T-Diagramm die Temperaturachse bei etwa −270 °C (genau:
−273,15 °C) schneiden. Die Gase hätten dann kein Volumen mehr (V = 0 L). Nach dem
Teilchenmodell (vgl. Abschn. 1.4.1) würden die Gasteilchen dann keinen Platz mehr für
ihre Bewegung beanspruchen – die Bewegung wäre zum Erliegen gekommen, die kineti-
sche Energie aller Teilchen wäre 0 J. Somit könnte die Temperatur des Gases nicht wei-
ter sinken. Anders ausgedrückt: Es gibt keine tiefere Temperatur als −273,15 °C. Man
nennt diese Temperatur den absoluten Nullpunkt.
1.5 Wärmelehre 83

Abb. 1.87 Prinzipskizze


Bimetall. (Darstellung: Virtual
gamma, CC BY-SA 3.0)

1.5.1.2 Temperaturmessungen
Im Folgenden werden die gängigsten in der Schifffahrt benutzten Temperaturmessver-
fahren vorgestellt.31

a) Flüssigkeitsthermometer
Die Flüssigkeit füllt ein kleines Vorratsgefäß aus Glas vollständig aus. An dieses Vor-
ratsgefäß ist eine evakuierte Glaskapillare angeschmolzen. Mit dem Flüssigkeits-
thermometer macht man sich die Eigenschaft der Volumenänderung von Stoffen unter
Temperatureinfluss zunutze. Flüssigkeitsthermometer, auch Ausdehnungsthermometer
genannt, sind nur für einen begrenzten Temperaturbereich verwendbar. Sie kommen nur
zur örtlichen Ablesung infrage, eine Übertragung des Messwertes in den Leitstand ist
nicht möglich.

b) Bimetall-Thermometer
Bimetall-Thermometer besitzen einen zur Spirale gerollten Streifen aus Bimetall, der
sich je nach Temperatur mehr oder weniger einrollt und über ein Zahnrad- und Hebel-
werk den Zeiger über eine Temperaturskala bewegt. Hierbei macht man sich die unter-
schiedliche Längenausdehnung zweier Metalle zunutze: Da zwei unterschiedliche
Metalle mit unterschiedlichen Längenausdehnungskoeffizienten fest miteinander ver-
bunden sind, führt die unterschiedliche Längenänderung der Streifen bei Temperatur-
änderung zu einer Verformung des Bimetallstreifens (Abb. 1.87).

c) Elektrische Widerstandsthermometer
Sie eignen sich für Temperaturbereiche zwischen −220 °C und +550 °C und sind als
fernanzeigende Thermometer geeignet. Die Messung beruht darauf, dass sich der elek-
trische Widerstand bestimmter Metalle in genau bekannter Weise mit der Temperatur
ändert: Er wird mit steigender Temperatur größer, mit fallender Temperatur kleiner. Der
Messwertaufnehmer wird als Drahtwicklung ausgeführt und wird mit einem Wider-
standsmesser (Ohmmeter) verbunden, der in Grad Celsius oder auch in einer anderen
Temperatureinheit kalibriert oder auch geeicht ist. Für die Messung wird eine Gleich-
stromquelle geringer Spannung benötigt.

31Vertiefend [4].
84 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.88 Widerstandsthermometer in Schutzrohr mit Anschlusskopf. (Foto: Dressel GmbH,


Biebertal, CC BY-SA 3.0)

Für Temperaturen bis 150 °C kommen Wicklungen aus Nickel zum Einsatz. Für Tem-
peraturen bis 550 °C (in Sonderfällen bis 750 °C) und für sehr niedrige Temperaturen
werden Platinwicklungen verwendet (Abb. 1.88).

d) Thermoelement
Thermoelemente sind für Temperaturmessungen bis etwa 1600 °C geeignet. Das
Thermoelement enthält zwei Drähte aus unterschiedlichen Materialien, die an einem
Ende miteinander verschweißt oder verlötet sind (s. Abb. 1.89). Wird die Verbindungs-
stelle erwärmt, entsteht dort eine Thermospannung, deren Größe von den verwendeten
Materialien/Materialpaarungen und vom Temperaturunterschied zwischen der Ver-
bindungsstelle (Messstelle) und dem kalten Ende (Vergleichsstelle) abhängt. Die
Thermospannung wird von einem Millivoltmeter mit Temperaturskala zur Anzeige
gebracht.

Abb. 1.89 Schematische Messschaltung „Thermoelement“. (Grafik: Arne Hückelheim)


1.5 Wärmelehre 85

Abb. 1.90 Berührungsloses


Messen an unter Spannung
stehenden Anlagen (Foto:
Trtec-gmbh)

e) Strahlungspyrometer
Strahlungspyrometer für eine berührungslose Temperaturmessung kommen insbesondere
bei sehr hohen Temperaturen (bis zu 3000 °C) zum Einsatz. Diese Geräte erfassen die
Strahlungsintensität der Wärmestrahlung (Abb. 1.90).

1.5.2 Ausdehnung von Festkörpern und Flüssigkeiten

Im Folgenden wird beschrieben, wie sich Festkörper und Flüssigkeiten unter Einfluss
von Temperaturänderungen ausdehnen oder zusammenziehen.

1.5.2.1 Ausdehnung von Festkörpern


Bei Erwärmung fester Stoffe nimmt die Schwingungsweite der Moleküle des Stoffes zu,
sie benötigen mehr Raum. Feste Körper dehnen sich in alle Richtungen aus.

a) Längenausdehnung
Bei schlanken Bauteilen wie z. B. Wellen, Achsen etc. wirkt sich die Ausdehnung vor
allem in der Läge aus. Es gilt:
�l = l0 · α · �t (1.148)
Mit
Δl Längenänderung
l0 Anfangslänge
α Längenausdehnungskoeffizient [1/K]
Δt = t1 – t0 Temperaturänderung
86 1 Physikalische Grundlagen

Der Längenausdehnungskoeffizient α ist materialabhängig und nur gering temperatur-


abhängig, sodass die gängigen Tabellenwerte im Bereich von 0 °C bis 100 °C hin-
reichend genau sind [6]. Tab. 1.3 enthält für einige Werkstoffe die zugehörigen
Längenausdehnungskoeffizienten α:

Beispiel
Die Pleuelstange eines Schiffsmotors aus geschmiedetem Stahl (Länge Pleuel-
schaft = 216 mm) wird beim Betrieb von 20 °C auf über seine Länge gesehen durch-
schnittlich 120 °C erwärmt. Um wieviel mm längt sich die Pleuelstange?

Lösung: Die Lösung ergibt sich aus Einsetzen der gegebenen Werte in Gl. 1.148. Aus
Tab. 1.3 ist der Längenausdehnungskoeffizient für Stahl mit α = 11 ∙ 10−6 1/K zu ent-
nehmen:

�l = l0 · α · �t = 216 mm · 11 · 10−6 1/K · 120 ◦ C − 20 ◦ C


 

�l = 216 mm · 11 · 10−6 1/K · 100 K


�l = 0,2 mm

Hinweis: Der Längenausdehnungskoeffizient trägt die Einheit 1/K; Die Tempera-


turen wurden in Gl. 1.148 in °C eingesetzt. Das ist an dieser Stelle unschädlich, da
1 °C = 273,15 K ist, Das heißt, dass bei der Temperaturdifferenzbildung trotz vor-
heriger Umrechnung der Temperaturen von °C in K der zahlenwertmäßig gleiche
Betrag errechnet wird.

Tab. 1.3  Längenaus- Werkstoff α [10−6/K]


dehnungskoeffizienten ver-
Aluminium 23,1
schiedener Werkstoffe
Blei 28,9
Eisen 11,8
Glas 8,5
Gold 14,2
Kupfer 16,5
Polyethylen 170
Polypropylen 150
PVC 52
Quarzglas 0,54
Silber 18,9
Stahl 11 … 13
Titan 8,6
Zink 30,2
Zinn 22
1.5 Wärmelehre 87

b) Volumenausdehnung
Die Volumenausdehnung lässt sich als eine Längenausdehnung in drei Dimensionen deuten.
Mit
V0 Anfangsvolumen des Körpers,
V1 Endvolumen des Körpers,
ΔV Volumenänderung V1 – V0
Δt Temperaturänderung t1 – t0 [K]
α Längenausdehnungskoeffizient [1/K]
gilt für einen Würfel mit der Kantenlänge l:

�V = V1 − V0 = l13 − l03 = l03 (1 + α�t)3 − l03


 
�V = l03 1 + 3α�t + 3α 2 (�t)2 + α 3 (�t)3 − l03

Wegen des sehr kleinen Zahlenwertes von „α“ können die Glieder 2. und 3. Grades ver-
nachlässigt werden:

�V = l03 (1 + 3α�t) − l03 = l03 3α�t


(1.149)
�V = V0 3α�t

1.5.2.2 Ausdehnung von Flüssigkeiten


Für die Ausdehnung von Flüssigkeiten gilt:
�V = V0 · γ �t (1.150)
Mit
ΔV V1 – V0= Volumenänderung
V0 Anfangsvolumen
V1 Endvolumen
Δt t1 – t0=Temperaturänderung (bei Abkühlung ist Δt negativ)
γ stoffspezifischer Raumausdehnungskoeffizient [1/K]
Der Volumenausdehnungskoeffizient ist leicht temperaturabhängig. Für alltägliche
Berechnungen sind jedoch die gängigen Tabellenwerte – i. d. R. angegeben für 20 °C –
hinlänglich genau.
Tab. 1.4 enthält Raumausdehnungskoeffizienten einiger Flüssigkeiten bei 20 °C,
soweit dort nicht eine andere Temperatur genannt ist. Anzumerken ist, dass in den unter-
schiedlichen Tabellen zum Teil geringfügig voneinander abweichende Zahlenwerte
angegeben werden.
88 1 Physikalische Grundlagen

Tab. 1.4  Raumausdehnungskoeffizienten verschiedener Flüssigkeiten


Stoff Raumausdehnungs-koeffizient [10−3/K]
Benzin 1,06
Benzol 1,23
Diesel 0,95
Ethanol 1,10
Heizöl 0,70
Methanol 1,19
Mineralöl, Hydrauliköl 0,70
Rohöl 0,84
Toluol 1,08
Wasser 0,207
Wasser bei 100 °C 0,782

Beispiel
Ein Tanker wird mit 370.000 m3 Dieselkraftstoff bei einer Temperatur von 21 °C
beladen. Der Kraftstoff wird am Zielhafen bei 15 °C entladen. Wieviel Kubikmeter
Diesel wird abgegeben?

Lösung: Mit Hilfe von Gl. 1.150 wird zunächst die Volumenänderung unter dem Ein-
fluss der Temperaturänderung ermittelt; der Volumenausdehnungskoeffizient für Die-
sel ist der Tab. 1.4 zu entnehmen:

�V = V0 · γ �t = 370.000 m3 · 0,95 · 10−3 1/K · 21 ◦ C − 15 ◦ C


 

�V = 370.000 m3 · 0,95 · 10−3 1/K · 6 K


�V = 2109 m3
V1 = V0 −V = 370.000 m3 −2109 m3
V1 = 367.891 m3

1.5.3 Wärmeenergie und Wärmemenge

Wärme ist eine Form von Energie, die Wärmeenergie. Soll der Wärmezustand eines
Stoffes verändert werden, so ist eine entsprechende Wärmeenergie (Wärmemenge) zu-
bzw. abzuführen Sie wird in Joule [J] angegeben.
Die Wärmeenergie resultiert aus der Bewegungsenergie der Moleküle, aus denen der
Stoff besteht. Je stärker sich diese Teilchen bewegen, desto wärmer ist der Körper.
1.5 Wärmelehre 89

Die zur Erwärmung bzw. Abkühlung notwendige Wärmemenge ist proportional der
Masse des Stoffes und der entsprechenden Temperaturdifferenz:
Q = m · c · t (1.151)
Mit
ΔQ zu- bzw. abgeführte Wärmemenge [kJ]
m Masse [kg]
c spezifische Wärmekapazität [kJ/kgK]
Δt Temperaturdifferenz [K]
Hinweis [6, S. 177]: Die spezifische Wärmekapazität ist stoff- und temperaturabhängig.
In den gängigen Tabellenwerken ist daher eine mittlere spezifische Wärmekapazi-
tät angegeben, häufig für eine Temperatur von 20 °C;32 sie gelten bei festen Kör-
pern im Bereich von etwa 0 bis 100 °C und bei Flüssigkeiten von etwa 0 bis 40 °C mit
genügender Genauigkeit.
Bei Gasen sind zwei Arten des spezifischen Wärmekapazität zu unterscheiden:

• Die Erwärmung bewirkt eine Volumenvergrößerung, der Druck bleibt konst.: cv


• Die Erwärmung bewirkt einen Druckanstieg, das Volumen bleibt konst.: cp

Tab. 1.5 gibt für eine Auswahl von Materialien die mittlere spezifische Wärmekapazität
an.
cp − cv = R (1.152)
R ist die spezielle Gaskonstante des Gases und einschlägigen Tabellenwerken zu ent-
nehmen.33

Beispiel
Im Frischwassertank eines Schiffes befinden sich 320 L Wasser bei 21 °C. Es werden
680 L Frischwasser mit einer Temperatur von 15 °C nachgebunkert. Auf welche Tem-
peratur stellt sich die Wassermenge von 1m3 im Frischwassertank ein? Die Dichte des
Wassers beträgt 1 kg/dm3.

Lösung: Die spezifische Wärmekapazität wird auch für die Mischtemperatur von zwei
und mehr Stoffen benötigt: Werden z. B. zwei Stoffe unterschiedlicher Temperatur
miteinander vermischt, so gibt der Stoff mit der höheren Temperatur Wärme an den
Stoff mit niedriger Temperatur ab. Der kältere Stoff wird dadurch wärmer, der wär-
mere kälter. Dieser Vorgang läuft solange ab, bis beide Stoffe die gleiche Temperatur

32Vgl. Tabellen unter [27].


33Zum Beispiel wieder [6, S. 372].
90 1 Physikalische Grundlagen

Tab. 1.5  Spezifische Material Spez. Wärmekapazität c [kJ/kgK]


Wärmekapazität verschiedener
Aluminium 0,903
Stoffe
Beton 0,920
Dieselkraftstoff 1,926
Eis (0 °C) 2,060
Eisen 0,442
Ethanol 2,430
Glas 0,779
Holz 1,700
Kupfer 0,382
Leichtbenzin 2,100
Petroleum 2,140
Polystyrol 1,400
Mineral. Schmieröl 2,090
Wasser 4,183
Seewasser 3,993
Gase cap
Kohlendioxid 0,846
Kohlenmonoxid 1,047
Methan 2,158
Sauerstoff 0,917
Stickstoff 1,038
Wasserstoff 14,269
Wasserdampf (100 °C) 2,080
Luft (20 °C, trocken) 1,009
aspezifischeWärmekapazität bei konstantem Druck. Zwischen cp
und cv besteht folgender Zusammenhang

erreichen. Die abgegebene Wärme ist gleich der aufgenommenen Wärme. Die Misch-
temperatur lässt sich wie folgt berechnen:
TM = (m1 · c1 · T1 + . . . + mi · ci · Ti )/(m1 · c1 + . . . + mi · ci ) (1.153)
Mit
TM Mischtemperatur [°C]
c1 spezifische Wärmekapazität des ersten Stoffes [kJ/kgK]
ci spezifische Wärmekapazität des i-ten Stoffes
m1 Masse des ersten Stoffes [kg]
1.6 Strömungslehre 91

mi Masse des i-ten Stoffes


T1 Temperatur des ersten Stoffes [°C]
Ti Temperatur des i-ten Stoffes
Sofern c1 = c2 ist, also zwei gleiche Stoffe vermischt werden und damit die gleiche
spezifische Wärmekapazität aufweisen, vereinfacht sich Gl. 1.153 zu:
TM = (m1 · T1 + . . . + mi · Ti )/(m1 + . . . + mi ) (1.154)
Durch Einsetzen ergibt sich dann:
 
TM = 320 dm3 · 1 kg/dm3 · 21 ◦ C + 680 dm3 · 1 kg/dm3 · 15 ◦ C /1000 kg
TM = 17 ◦ C

Beispiel
In der Kombüse sollen Kartoffeln in 5 L Wasser gekocht werden. Dazu wird das Was-
ser von 17 °C zunächst einmal auf 100 °C aufgekocht. Welche Wärmemenge Q ist
dafür erforderlich? Aufgrund der Dichte des Wassers von 1 kg/dm3 sind in dem Koch-
topf 5 kg Wasser enthalten.

Lösung: Durch Einsetzen in Gl. 1.151 erhält man mit c = 4,183 kJ/kgK (aus Tab. 1.5):
Q = 5 kg · 4,183 kJ/kgK · (100 − 17) K
Q = 1736 kJ

1.6 Strömungslehre

Unter einer Strömung versteht man die Bewegung von Fluiden. Für eine Gasströmung
gelten die Gesetze für strömende Flüssigkeiten entsprechend, solange die Strömungs-
geschwindigkeit des Gases unter der Schallgeschwindigkeit bleibt, d. h. das strömende
Gas als praktisch inkompressibel angenommen werden kann.

1.6.1 Reibungsfreie Strömung

Sieht man von Wirbelbildungen und inneren Reibungen (laminare oder turbulente Strö-
mungen im Strömungskanal ab, spricht man von einem idealen Fluid, einer reibungs-
freien Strömung.
92 1 Physikalische Grundlagen

1.6.1.1 Ausfluss aus Gefäßen


Die Ausflussgeschwindigkeit hängt nur von der Höhe der drückenden Flüssigkeitssäule
ab (s. Abb. 1.91):

v = 2gh (1.155)
Mit
v Strömungsgeschwindigkeit [m/s]
h Höhe der Flüssigkeitssäule über der Ausflussöffnung [m]
g Erdbeschleunigung [9,81 m/s2]
In der Realität ist die Ausflussgeschwindigkeit vor allem bei scharfkantigen Ausström-
öffnungen zum Teil deutlich kleiner; das wird durch die Ausflusszahl μ berücksichtigt:

v = µ · 2gh (1.156)
Bei scharfkantigen Öffnungen liegt μ bei etwa 0,6, bei gut gerundeten Öffnungen bei ca. 1.

Beispiel
Ein Binnenschiff fährt gegen die Kanalböschung, wobei der Rumpf in einer Tiefe von
1 m auf einer Länge von 0,75 m aufgerissen wird. Der Spalt ist 0,07 m breit. Durch
das nach innen eingebogene Material der Schiffshaut kann eine gerundete Spalt-
öffnung mit μ = 0,9 angenommen werden. Mit welcher Geschwindigkeit strömt Was-
ser durch das Leck.

Lösung: Den Lösungsansatz liefert das Gesetz über den Ausfluss aus Gefäßen, hier
nur anders herum: Wasser strömt in ein „Gefäß“ hinein. Es gilt Gl. 1.156; durch Ein-
setzen erhält man:
 
v =µ· 2gh = 0, 9 · 2 · 9,81 m/s2 · 1 m
v = 4 m/s

Abb. 1.91 Ausfluss aus


einem Gefäß. (Abbildung:
LimoWreck; CC BY 2.5)
1.6 Strömungslehre 93

1.6.1.2 Durchfluss durch Röhren


Der Volumenstrom Q eines durch ein Rohr strömenden Fluids errechnet sich nach
Gl. 1.157:

Q = V̇ = dV /dt = A · v (1.157)
Mit
Q = V̇  Volumenstrom [m3/s]
V Volumen [m3]
t Strömungszeit [s]
V̇ Ableitung des Volumens nach der Zeit
A Querschnittsfläche des Rohres [m2]
v Strömungsgeschwindigkeit [m/s]

Beispiel aus Abschn. 1.6.1.1


Ab V = 50 m3 Wassereinbruch droht dem Schiff eine instabile Schwimmlage. In wel-
cher Zeit t muss das Leck zumindest provisorisch abgedichtet sein, um das zu ver-
hindern?

Lösung: Es gilt V = V̇ ∙ t; nach t umgestellt ergibt sich t = V/V̇ .


V̇ wiederum errechnet sich nach Gl. 1.157 zu

V̇ = A · v = 0,75 m · 0,07 m · 4 m/s


V̇ = 0,21 m3 /s

Es strömen also 0,21 Qubikmeter Wasser pro Sekunde in das Schiffsinnere. Somit
wird der kritische Zustand nach

t = V /V̇ = 50 m3 /0,21 m3 /s
t = 238 s = 4 min
erreicht.
Strömt durch ein Rohr mit veränderlichen Querschnitten (Abb. 1.92) ein Massen-
strom ṁ eines Fluides, so bleibt dieser konstant. Das bedeutet, dass der in die Strom-
röhre einfließende Massenstrom gleich dem aus der Stromröhre ausfließenden
Massenstrom ist: ṁ1 = ṁ2.
Dieses Prinzip der Massenerhaltung wird durch die Kontinuitätsgleichung
(Gl. 1.158) ausgedrückt:
ṁ1 = ṁ2 = ρ · V1 Punkt = ρ · V2 Punkt = ρ · A1 · v1 = ρ · A2 · v2
Da ρ = konst. ergibt sich:
A1 · v1 = A2 · v2 ; A · v = konst. (1.158)
94 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.92 Rohrleitung mit A1


A2
veränderlichem Querschnitt
v1 v2

1.6.1.3 Druck in Strömungen
In einer Strömung existieren zwei Druckarten, der statische Druck pstat (er wirkt quer
zur Strömungsrichtung) und der Staudruck oder dynamische Druck pdyn (er wirkt
in Strömungsrichtung), der die Differenz aus dem Gesamtdruck pges und pstat ist (vgl.
Abb. 1.93).
Mit Änderung von v ändern sich auch pdyn und pstat. Es gilt:
pdyn + pstat = konst. = pges (1.159)
In Gl. 1.159 entspricht pges dem hydrostatischen Druck der ruhenden Flüssigkeit.
Vorstehender Zusammenhang nach Gl. 1.159 ist das Gesetz von Bernoulli.
Die Bernoulli-Gleichung ist eine Energiegleichung für ideale Fluide; sie lässt sich
über den Energiesatz aus der Mechanik herleiten:

Eges = Ekin + Epot + E0 = 1/2 · m · v2 + m · g · h + E0


E0 ist dabei z. B. eine externe Energie die hinzugegeben oder abgeführt wird, wie bei den
Stößen in der Mechanik. Wird nun diese Gleichung durch ein Volumen dividiert, so wird
sie in eine Energiedichte bzw. in einen Druck überführt:

Energie/Volumen = J/m3 = N/m2 = Druck


Mit ρ = m/V wird aus oben stehender Energiegleichung

pges = 1/2 · ρ · v2 + ρ · g · h + p0 (1.160)

Abb. 1.93 Druck in pges


Strömungen
pdyn
pstat
1.6 Strömungslehre 95

In einem strömenden idealen Fluid (inkompressibel, reibungsfrei) bleibt dieser Gesamt-


druck konstant (s. Gl. 1.160) und bildet damit die „Energieerhaltung“ der Fluide. Der
Term mit der Geschwindigkeit ist der dynamische oder Staudruck pdyn; p0= pstat.34

1.6.2 Innere Reibung in Strömungen

Strömungen mit innerer Reibung, aber ohne Wirbelbildung, bezeichnet man als laminare
Strömungen. Die innere Reibung ist eine Folge der Kraftwirkung zwischen den Molekü-
len (Viskosität bzw. Zähflüssigkeit).
Man stelle sich zwei übereinander liegende parallele Platten mit der Fläche A im
Abstand d vor, zwischen denen sich eine Flüssigkeit befindet. Wird die obere Platte mit
der Geschwindigkeit v bewegt, so bewegt sich die an ihr aufgrund von Adhäsion haf-
tende Grenzschicht ebenfalls mit der Geschwindigkeit v. Da die untere Platte ruht, ruht
auch ihre Grenzschicht. Die innenliegenden Flüssigkeitsschichten gleiten mit unter-
schiedlichen Geschwindigkeiten aneinander vorbei (Abb. 1.94). Um die obere Platte zu
bewegen, ist eine Kraft F – die sog. Reibungskraft – erforderlich.
Es gilt:
F = (η A · v)/d (1.161)
Mit
F innere Reibungskraft [N]
ƞ d ynamische Viskosität [Ns/m2]
A Fläche der eingetauchten Platte [m2]
v Geschwindigkeit der Platte beim Herausziehen [m/s]
d Abstand Platte – Gefäßwand
Den Quotienten „v/d“ bezeichnet man als Geschwindigkeitsgefälle. Bei linearer
Abhängigkeit gilt Gl. 1.161. Nicht immer ist der Geschwindigkeitsverlauf innerhalb der
Schicht jedoch linear, sodass Gl. 1.161 wie folgt geschrieben wird:
F = (η A) · dv/dy (1.162)
Mit der Schubspannung τ = F/A folgt:
τ = η · dv/dy (1.163)
Neben der dynamischen Viskosität ist auch die kinematische Viskosität in der Technik
gebräuchlich; sie ist der Quotient aus der dynamischen Viskosität und der Dichte des
Fluids:
υ = η/ρ (1.164)

34Zum Vorstehenden s. a. [13].


96 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.94 Laminare


Strömung und Viskosität.
(Bild: Suvroc, CC BY 3.0)

1.6.3 Strömungswiderstand

Wird in eine Strömung ein Körper getaucht oder wird ein Körper durch ein ruhen-
des Fluid bewegt (Schiff im Wasser), so greift an diesem eine der Bewegungs- bzw.
Strömungsrichtung entgegenwirkende Kraft – Strömungswiderstand FR35 an, die die
Bewegung bremst. Diese Kraft ist abhängig von der Form des Körpers, der Dichte des
Fluids und nimmt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zu; es gilt:

FR = cW · A · ρ/2 · v2 (1.165)
Mit
FR Strömungswiderstand [N]
cW Widerstandsbeiwert
A  größter der Strömung entgegenstehender Körperquerschnitt/projizierte Quer-
schnittsfläche [m2]
ρ Dichte des Fluids [kg/m3]
v Relativgeschwindigkeit zw. Körper und Fluid [m/s]
Gl. 1.165 nach cW umgestellt ergibt cW= 2FR/(A ∙  ρ ∙  v2). Der Term „ρ ∙  v2“ ist der Stau-
druck q der Anströmung. Somit lässt sich zur Bestimmung von cW schreiben:
cW = 2FR /(q · A) (1.166)
Der Strömungswiderstand ist bei der Konstruktion von Schiffen von besonderer
Bedeutung, da er bestimmender Faktor für die Antriebsleistung P ist: 36

P = cW · A · ρ/2 · v3 (1.167)
Die Leistung an der Schiffsschraube, die letztlich das Schiff gegen seinen Strömungs-
widerstand mit der angestrebten Geschwindigkeit durch das Wasser bewegt, ist danach
vom Widerstandsbeiwert abhängig. Die Leistung wächst mit der dritten Potenz der
Geschwindigkeit!

35Zum Teil auch mit „R“ aus dem engl. „Resistance“ bezeichnet.
36Vertiefend s. a. Abschn. 5.2.
1.6 Strömungslehre 97

Widerstandsbeiwerte und Strömungswiderstände werden durch Versuche an Modellen


der zu bauenden Schiffe im Schlepptank ermittelt. Dabei kommt der Reynolds- wie auch
der Froude-Zahl eine besondere Bedeutung zu (vgl. näher dazu Abschn. 1.6.4).

1.6.4 Reynoldssches Ähnlichkeitsgesetz, Froude-Zahl

Mit Hilfe von Schlepptankversuchen möchte man von strömungstechnischen Gegeben-


heiten eines Schiffsmodells auf das Original schließen.

1.6.4.1 Reynoldssches Ähnlichkeitsgesetz
Für inkompressible Strömungen gilt, dass der Widerstandsbeiwert cW von der Rey-
nolds-Zahl Re abhängt: cw= f (Re).
Diese Aussage ergibt sich, wenn man davon ausgeht, dass der Strömungswiderstand
FR eines Körpers in einer bestimmten Lage abhängig von der Anströmgeschwindigkeit
v, der Dichte ρ und der Viskosität (Zähflüssigkeit) ƞ des Fluids sowie einer charakte-
ristischen Länge l des Körpers ist. Diese ist eine bestimmte geometrische Abmessung,
deren Quadrat l2 in einem festen Verhältnis zur Bezugsfläche A steht. Somit gilt für den
Strömungswiderstand FR:
FR = f (v, ρ, η, l)
Mittels einer Dimensionsanalyse nach dem Buckinghamschen Π-Theorem lässt sich
ableiten, dass die zwei Ähnlichkeitskennzahlen cW und Reynoldszahl Re ausreichen, um
den Strömungswiderstand eines bestimmten Körpers zu beschreiben.
Re = (lρv)/η (1.168)
Hinweis: Erreicht Re einen bestimmten Wert, so schlägt eine laminare Strömung in eine
turbulente um; für die Strömung in einem glatten Rohr liegt der Wert bei Re =1160.
Aus Gl. 1.168 ist ersichtlich, dass bei gleicher Reynoldszahl vom Modell auf das Ori-
ginal geschlossen werden kann, wenn entsprechend l, v und/oder ƞ verändert werden. Es
gilt das sog. Ähnlichkeitsgesetz: „Geometrisch ähnliche Körper besitzen gleiche Wider-
standsbeiwerte, wenn sie in der Reynoldszahl übereinstimmen.“

1.6.4.2 Froude-Zahl37
Um bei Untersuchungen an einem Schiffsmodell im Schlepptank bezüglich der Wel-
len (die ebenfalls von besonderer Bedeutung für den Gesamtwiderstand eines in Fahrt
befindlichen Schiffes sind – vgl. Abschn. 5.2) vergleichbare Strömungsverhältnisse
wie beim Original einzustellen, muss die Froude-Zahl Fr von Original und Modell
übereinstimmen. Das ist der Fall, wenn das Verhältnis der Länge l zum Quadrat der
Geschwindigkeit v2 identisch ist.

37Aus [22]
98 1 Physikalische Grundlagen

v
Fr = √ (1.169)
g·l

mit g der Erdbeschleunigung von 9,81 m/s2.


Wenn Kräfte infolge Viskosität nur einen untergeordneten Einfluss haben, kann man
das Verhalten eines Schiffes an der Flüssigkeitsoberfläche im Modellversuch bei gleicher
Froude-Zahl darstellen und die unterschiedlichen Messgrößen wie folgt umrechnen:

• Längen mit dem Längenmaßstab


• Zeiten mit der Quadratwurzel aus dem Längenmaßstab
• Kräfte mit der dritten Potenz des Längenmaßstabs (gleiche Dichte des Fluids voraus-
gesetzt).
• Beschleunigungen sind bei Modell und Original gleich.

1.7 Optik

Optik ist die Wissenschaft vom Licht, seiner Entstehung, Ausbreitung und seiner Wahr-
nehmung.
Licht wird von Lichtquellen erzeugt (Sonne, Leuchtmittel etc.) und breitet sich stets
geradlinig aus (Lichtstrahlen). Verhindert ein lichtundurchlässiger Gegenstand im Licht-
strahl seine geradlinige weitere Ausbreitung, wird der Lichtstrahl von diesem reflektiert,
hinter dem Gegenstand entsteht ein Schatten.
Licht breitet sich wellenförmig aus38. Lichtwellen sind ihrem physikalischen Charak-
ter nach elektromagnetische Wellen kleiner Wellenlänge λ und damit großer Frequenz
f, wobei der für den Menschen sichtbare Bereich Wellenlängen zwischen 390 nm und
780 nm hat [18]. Lichtwellen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit c aus – es gilt:
c=·f (1.170)
Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum beträgt 299.792,458 km/s ≈ 300.000 km/s. In Luft
ist die Lichtgeschwindigkeit nur unwesentlich kleiner – sie hat dort einen durchschnitt-
lichen Wert von 299.711 km/s.
Lichtwellen können wie andere Arten von Wellen reflektiert, gebrochen oder
von Stoffen absorbiert werden. Darüber hinaus treten bei Licht unter bestimmten
Bedingungen folgende wellentypischen Erscheinungen auf:

• Lichtwellen können gebeugt werden.


• Lichtwellen können sich überlagern (interferieren).
• Lichtwellen können polarisiert werden.

38Das Folgende aus [17].


1.7 Optik 99

1.7.1 Reflexionen

Trifft ein Lichtstrahl in einem Einfallswinkel α auf eine ebene, glatte Oberfläche (z. B.
Spiegel), wird er mit dem Ausfallswinkel β reflektiert, wobei gilt (vgl. auch Abb. 1.76,
1.96 und 1.97):
α=β (1.171)
Hierbei spricht man von einer gerichteten Reflexion. Der Zusammenhang in Gl. 1.171
wird Reflexionsgesetz genannt.
Diesen Effekt macht man sich z. B. beim U-Boot-Periskop zunutze. Abb. 1.95 zeigt
das Funktionsprinzip eines Sehrohres mit Spiegeln (a) und Umkehrprismen (b).
Die beiden Spiegel sind in einem Winkel von 45° zur Sehrohrachse angeordnet. Der
Lichtstrahl fällt immer im Winkel von 45° zur Senkrechten der Spiegelfläche ein, wird
insofern auch wieder in einem Winkel von 45° zu dieser senkrechten reflektiert.
Trifft Licht allerdings auf eine raue Oberfläche wie Papier, verputzte Wände etc.,
werden die Lichtstrahlen diffus reflektiert – sie streuen. Man spricht in diesem Fall von
ungerichteter Reflexion(Abb. 1.96).
Trifft Licht (parallele Lichtstrahlen) auf einen Hohlspiegel (sphärischer Konkav-
spiegel) wird jeder Lichtstrahl gemäß dem Reflexionsgesetz an der Spiegeloberfläche
reflektiert. Die reflektierten Strahlen vereinigen sich im Brennpunkt f des Spiegels.
Der Brennpunkt liegt auf der optischen Achse, der Abstand des Brennpunktes von der
Spiegelfläche ist abhängig von seiner Wölbung (Radius r der Spiegelkrümmung):
f = r/2 (1.172)
Bei einem ebenem Spiegel wird f = ∞.

Abb. 1.95 Funktionsprinzip


Periskop. (Darstellung:
Christian Schirm)
100 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.96 Diffuse Reflexion.


(Darstellung: Marcelo Reis;
CC BY-SA 3.0)

1.7.2 Lichtbrechung

Hinweis: Licht, das von einem optisch dünneren Stoff (Luft) in einen optisch dichte-
ren Stoff (z. B. Wasser, Glas) eintritt, wird zum Einfallslot hin gebrochen, ein Teil wird
reflektiert. Bezüglich der Reflexion gilt: α1= α2 (s. Abb. 1.97).
Geht Licht in einen optisch dünneren Stoff hinein, erfolgt die Brechung vom Lot weg,
der Brechungswinkel β ist größer als der Einfallswinkel α, aber nicht größer 90°.39
Es gilt:
sin α/sin β = c1 /c2 = n (1.173)
Mit
α Einfallswinkel
β Brechungswinkel
c1 Lichtgeschwindigkeit im Medium 1 (z. B. Luft oder Vakuum)
c2 Lichtgeschwindigkeit im Medium 2
n Brechzahl
Einige Brechzahlen können Tab. 1.6 entnommen werden:

Beispiel
Der Lichtstrahl der Sonne fällt in einem Winkel von α = 30° durch das Fenster der
Brücke eines Schiffs. Die Brechzahl des Fensters n2 wird mit 1,45 angegeben. Wie
groß ist der Winkel β des gebrochenen Lichtstrahls?

Lösung: Aus Gl. 1.173 erhält man durch Umstellen sin β, daraus schließlich den
Winkel β. Da sich das Sonnenlicht zunächst durch die Luftschicht bewegt, also vom

39Siehe auch [3, S. 2].


1.7 Optik 101

Abb. 1.97 Lichtbrechung einfallender Strahl

α1 α2 reflektierter Strahl

Medium 1
Medium 2

Brechungswinkel β

gebrochener Strahl

Tab. 1.6  Brechzahlen Stoff Brechzahl


verschiedener Stoffe und
Diamant 2,417
Medien
Flintglas 1,613
Glas, allgemein 1,450 … 2,140
Plexiglas 1,510
Quarzglas 1,460
Luft (1013 mbar) 1,000272
Wasser 1,333

d­ ünneren Medium Luft auf das dichtere Medium Glas fällt, wird noch die Brechzahl
für Luft benötigt – sie beträgt ≈ 1.
Gl. 1.173:

sin α/sin β = c1 /c2 = n2 /n1


β = asin (sin α/n2 ) = asin sin 30◦ /1,45
 

β ≈ 20◦

1.7.3 Linsen

Optische Systeme sind in der Schifffahrt weit verbreitet, wie z. B. das bereits genannte
Periskop, Kamerasysteme bei Kriegsschiffen zur optischen Aufklärung wie auch das
bekannte Fernglas. Sie alle haben eins gemeinsam – sie bestehen aus einem System
unterschiedlicher Linsenarten. Hierbei wird zwischen Konvexlinsen (Sammellinsen) und
Konkavlinsen (Zerstreuungslinsen) unterschieden.
Konvexlinsen sind in der Mitte dicker als am Rand, Konkavlinsen sind am Rande
dicker als in der Mitte. Innerhalb dieser beiden Linsentypen wird jeweils zwischen
bikonkav, plankonkav und konvexkonkav differenziert (Abb. 1.98).
102 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.98 Optische Linsen. (Darstellung: User.Rainald62; CC BY-SA 3.0)

Sammellinsen zeichnen sich dadurch aus, dass das parallel zur optischen Achse ein-
fallende Lichtstrahlenbündel idealerweise in einem Punkt hinter der Linse, dem Brenn-
punkt oder Fokus F, gesammelt wird. Die Brennweite f der Sammellinse ist positiv,
wobei die Brennweite der Abstand der Hauptebene der Linse (oder auch eines gewölbten
Spiegels) und dem Fokus bzw. Brennpunkt ist (s. a. Abb. 1.99).
Zerstreuungslinsen zeichnen sich dadurch aus, dass das parallel zur optischen Achse
O einfallende Lichtstrahlenbündel hinter der Linse so auseinander läuft, als käme es von
einem Punkt auf der Einfallseite des Lichts. Die Brennweite ist negativ (Abb. 1.100).
Vereinfachend gesagt: Eine konvexe Linse sammelt das Licht, eine konkave Linse
zerstreut das Licht.

Abb. 1.99 Strahlengang der


Sammellinse. (Darstellung:
Michael Schreiter; CC BY-SA
3.0)
1.7 Optik 103

Abb. 1.100 Strahlengang der Sammellinse. (Darstellung: Petr.adamek; CC BY-SA 3.0)

Vorstehende Linsentypen werden auch sphärische Linsen genannt: Die beiden optisch
aktiven Flächen sind Oberflächenausschnitte einer Kugel. Daneben gibt es die sog.
asphärischen Linsen, die weitere Freiheitsgrade beim Design aufweisen und von der
idealen Kugeloberfläche abweichen. Diese werden hier nicht näher betrachtet.
Dünne sphärische Linsen werden durch folgende geometrische Merkmale und
Materialeigenschaften gekennzeichnet:

• Krümmungsradien der Eintritts- und der Austrittsfläche R1 und R2


• Brechungsindex n′ des Linsenmaterials.

Aus diesen lassen sich in Verbindung mit dem Brechungsindex n des Umgebungsstoffs
(z. B. Luft) die Brennweite f und der Brechwert D als wichtigste optische Eigenschaften
beschreiben:
D = 1/f = n′ − n /n · [(1/R1 ) − (1/R2 )]
  
(1.174)
Dicke sphärische Linsen – das sind insbesondere Linsen, die an ihrer dünnsten Stelle
eine endliche Dicke haben – erfordern zusätzlich die Angabe der Dicke der Linse in
der Mitte d. Dicke Linsen weisen bei sonst gleichen Parametern andere Brennweiten
als dünne Linsen auf; weiterhin entstehen zwei nicht mehr aufeinanderliegende Haupt-
ebenen, da der Strahlversatz beim (nicht achsparallelen) Durchgang durch die Linse
nicht mehr vernachlässigt werden kann; sie werden mit Gl. 1.175 beschrieben:

D = 1/f = n′ − n /n · [(1/R1 ) − (1/R2 )] + [((n′ − n)2 d)/(nn′ R1 R2 )] (1.175)


  

Bezeichnet man mit


n′ − n /n · (1/R1 )
  
D1 =
104 1 Physikalische Grundlagen

und
D2 = − n′ −n /n · (1/R2 )
  

die Brechwerte von Vorder- und Rückseite der Linse, so lässt sich der Gesamtbrechwert
der Linse wie folgt schreiben:
D = D1 + D2 − n/n′ · (dD1 D2 )
  
(1.176)
Gl. 1.176 wird als Gullstrand-Formel bezeichnet.
Für Sensoren der optischen Aufklärung, wie Ferngläser, Fernrohre ist die Brennweite
einer Linse und der Abbildungsmaßstab A von besonderer Bedeutung: Mit der Linsen-
gleichung bzw. Abbildungsgleichung wird für die optische Abbildung mittels einer
Linse der Zusammenhang zwischen Gegenstandsweite g, Bildweite b und Brennweite f
beschrieben (vgl. Abb. 1.101):
1/f = 1/b + 1/g (1.177)

A = B/G = b/g = (b−f )/f (1.178)


Vorstehend beschriebene Linsensysteme kommen nicht nur in optischen Geräten zur
Aufklärung zum Einsatz; sie finden auch in der Leuchtfeuertechnik Verwendung.

1.7.3.1 Kepler-Fernrohr [29]
Mittels eines Fernrohrs (auch Linsenfernrohr oder Refraktor genannt), erscheinen
entfernte Objekte um ein Vielfaches näher oder größer. Dies wird durch eine Ver-
größerung des Sehwinkels durch ein Linsensystem erreicht. Die Vergrößerung V des
Kepler-Fernrohrs ist gleich dem Verhältnis der Brennweiten fObj und fOk:
V = fObj /fOk (1.179)

Abb. 1.101 Bilddarstellung mittels Sammellinse. (Darstellung: Anastasius zwerg; CC BY-SA


3.0)
1.8 Elektrizitätslehre 105

Prismen und Spiegel dienen dazu, das Bild aufzurichten oder die Baulänge des Fernrohrs
zu verkleinern (Fernglas).
Das Okular ist eine konvexe Sammellinse mit geringerer Brennweite. Okular und
Objektiv stehen im Abstand ihrer addierten Brennweiten, d. h. ihre Brennpunkte fallen
zwischen den Linsen zusammen. Da sich der Strahlengang im Fernrohr kreuzt, erzeugt
das Objektiv ein auf dem Kopf stehendes und seitenverkehrtes, also um 180° gedrehtes
reelles Bild des betrachteten Gegenstands, das mittels des Okulars – nach dem Prinzip
der Lupe – vergrößert betrachtet wird.
Die seitenverkehrte Darstellung des Bildes wird mit weiteren Linsen oder Prismen
behoben:
Um das Bild gleich dem Original auszurichten, gibt es folgende Möglichkeiten der
„Umkehroptik“:

• zwei in den Strahlengang gelegte geneigte Spiegel (in der Regel um 45°)
• zwei Prismen, deren rückseitige Flächen durch Totalreflexion wie Spiegel wirken
• eine dritte Sammellinse (Umkehrlinse) zur erneuten Umkehrung des Bildes (sog. ter-
restrische Umkehrsätze u. ä.) – z. B. bei Zielfernrohren

Bei Prismenferngläsern (Feldstechern) und Spektiven wird das umgedrehte Bild des
Kepler-Fernrohrs mittels Prismensysteme um 180° gedreht.

Beispiel
Ein Kepler-Fernrohr hat ein Objektiv mit einer Brennweite von fObj = 32 cm und ein
Okular mit einer Brennweite von fOk = 4 cm. Welche Vergrößerung V hat das Fern-
rohr insgesamt?

Lösung: Die Vergrößerung errechnet sich aus Gl. 1.179:


V = fObj /fOk
Einsetzen der Zahlenwerte in Gl. 1.179 liefert:
V = fObj /fOk = 0,32 m/0,04 m
V =8

1.8 Elektrizitätslehre

Im Folgenden werden einige Grundbegriffe und Gesetzmäßigkeiten der Elektrizitätslehre


beschrieben. Spezielle thematische Aspekte der Elektrotechnik und Elektronik werden in
den entsprechenden Kapiteln dieses Buches vertiefend behandelt.
106 1 Physikalische Grundlagen

1.8.1 Stromkreis

Ein Stromkreis, in dem elektrischer Strom seine Arbeit verrichten kann, besteht immer
aus

• einer Strom- bzw. Spannungsquelle


• einem oder mehreren Verbrauchern (z. B. Lampe, Elektromotor, elektr. Heizung, elek-
tronischen Bauelementen)
• elektrischen Leitern (Kabel, Drähte)
• Schalter zur Unterbrechung des Stromflusses

Zum Zeichnen elektrischer Schaltpläne werden genormte Schaltzeichen benutzt (in


Deutschland nach DIN EN-60617 bzw. IEC 60617).40
Hinsichtlich der Flussrichtung des Stroms im Gleichstromkreis wird zwischen tech-
nischer (auch „konventionelle“ Stromrichtung genannt) und tatsächlicher Stromrichtung
unterschieden:

Tatsächliche Stromrichtung Die Elektronen (negativ geladen) fließen vom Minus- zum
Pluspol der Stromquelle.

Technische Stromrichtung Vom Plus- zum Minuspol der Stromquelle.


Im Wechselstromkreis hingegen wechselt die Flussrichtung in regelmäßiger Wieder-
holung.

1.8.2 Elektrischer Strom, elektrische Ladung

In einem Leiter (Kupferdraht o. ä.), der mit beiden Polen einer Stromquelle verbunden
ist, fließt ein elektrischer Strom I. Er besteht aus freien Elektronen, die sich aus dem
Atomverband des Leitungsmaterials gelöst haben. Die Einheit der Stromstärke ist
Ampere [A].
Unter elektrischer Ladung, auch Ladungsmenge Q, versteht man das Produkt aus
Stromstärke und Zeit t; die Einheit ist Coulomb [1 C = 1 As].
Q=I ·t (1.180)
Durch Umstellen von Gl. 1.180 nach I folgt: I = Q/t. Da I während der Zeit t keinesfalls
konstant sein muss, gilt für die augenblickliche Stromstärke:
I = dQ/dt (1.181)

40Eine Übersicht der gebräuchlichen Zeichen findet sich auch unter [21] oder auch unter [30].
1.8 Elektrizitätslehre 107

1.8.3 Spannung, elektrische Leistung

Zwischen den Polen einer Spannungsquelle wird mit dem Spannungsmesser eine Span-
nung gemessen – die sog. Klemmen- oder Urspannung. Wird zwischen den Anschluss-
klemmen eines elektrischen Bauteils oder auch einer Maschine die Spannung gemessen,
misst man eine Spannung, die ein Teil der Urspannung ist. Man spricht vom sog.
Spannungsabfall U. Er ist das Verhältnis zu der in diesem Bauteil umgesetzten Leistung
zu dem durch das Bauteil fließenden Stroms:
U = Pel /I (1.182)
Umstellen von Gl. 1.182 nach Pel liefert die elektrische Leistung eines Verbrauchers, an
dem die Spannung U anliegt und durch den der Strom I fließt:
Pel = U · I (1.183)
Die Gl. 1.182 und 1.183 gelten allerdings nur für den Gleichstrom, da hier der Span-
nungs- und Stromverlauf über die Zeit konstant sind (Abb. 1.102). Bei einer Wechsel-
spannung hingegen haben Spannung und Stromstärke über die Zeit einen sinusförmigen
Verlauf (vgl. Abb. 1.103, die den Spannungsverlauf darstellt).
Zur Berechnung der effektiven Leistung bei Wechselspannung mit Gl. 1.183 kön-
nen nicht die Maximal- bzw. Scheitelwerte für U und I eingesetzt werden („1“ in
Abb. 1.103). Daher vergleicht man den Wechselstrom mit einem Gleichstrom gleicher
Leistung und bestimmt so die effektiven (wirksamen) Werte für Spannung und Strom-
stärke („3“ in Abb. 1.103; „2“ ist der Spitze-Tal-Wert und „4“ die Periodendauer t = 1/f
mit der an Bord von Schiffen üblichen Frequenz f = 50 oder 60 Hz). Es gilt:
Imax
Ieff = √ (1.184)
2
sowie
Umax
Ueff = √ (1.185)
2

Abb. 1.102 Gleichstrom: +


Strom- und Spannungsverlauf U
über die Zeit
I
t


108 1 Physikalische Grundlagen

Abb. 1.103 Wechselstrom:


Spannungsverlauf U über die
Zeit t. (Darstellung: Saure)

Beispiel
In den Kabinen eine Kreuzfahrtschiffs sind elektr. Haartrockner (Föns) installiert. Auf
dem Typenschild steht die Leistungsaufnahme „1000 W“ vermerkt. Die Klemmen-
spannung an der Anschlussdose beträgt Umax = 230 V. Wie hoch ist der maximale
Strom Imax, der durch den Leiter in der Anschlussdose fließt? Wie groß ist die Wirk-
leistung eines Föns?

Lösung: Die Angabe „1000 W“ bezieht sich auf die max. mögliche Leistung, die
Scheinleistung
S = U · I. Aus Gl. 1.183 folgt durch Umstellen und Einsetzen:
Imax = S/Umax = 1000 W/230 V
Imax = 4,3 A
Da Spannungs- und Stromstärkeverlauf im Wechselstromnetz Nulldurchgänge auf-
weisen, liegen die Effektivwerte für Spannung und Stromstärke unter den Maximal-
werten von U und I (s. Abb. 1.103). Die tatsächlich zur Verfügung stehende
Wirkleistung P ergibt sich daher aus Gl. 1.183 durch Ersetzen von U und I durch Ueff
und Ieff.
√ √
P = Ueff · Ieff = U/ 2 · I/ 2 = 230 V · 0,707 · 4,3 A · 0,707
P = 494 W
Im Wechselstromnetz sind die Sinusverläufe von Spannung und Stromstärke zeitlich
versetzt; man spricht von der sog. Phasenverschiebung:
1.8 Elektrizitätslehre 109

• Bei einer Induktivität L (ideale Spule) folgt die Stromstärke der Spannung
um 90° nach (die Spannung eilt der Stromstärke um 90° vor). Der Phasenver-
schiebungswinkel Δϕ wird positiv angegeben; er ist unabhängig von der Frequenz
(Abb. 1.104).
• Bei einer Kapazität C (idealer Kondensator) folgt die Spannung der Stromstärke
um 90° nach. Der Phasenverschiebungswinkel wird negativ angegeben; er ist eben-
falls unabhängig von der Frequenz (Abb. 1.105).
• Beim ohmschen Widerstand R sind Spannung und Stromstärke immer gleich-
phasig.
• Bei einer Kombination von R, L und C kann der Phasenverschiebungswinkel
beliebige Werte zwischen −90° und +90° annehmen; er hängt von der Frequenz
ab.

Hinsichtlich der elektrischen Leistung bedeutet das, dass die Leistung eines reinen
ohmschen Widerstandes nach Gl. 1.183 berechnet werden kann.
Wird ein induktiver bzw. kapazitiver Widerstand an eine Wechselspannung
angeschlossen, so tritt zusätzlich noch ein Blindanteil in Erscheinung. Der Blindanteil

Abb. 1.104 Phasenverschiebung bei Induktivität. (Grafik: Hyperstryke)

Abb. 1.105 Phasenverschiebung bei Kapazität. (Grafik: Hyperstryke)


110 1 Physikalische Grundlagen

kommt durch die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung der Induktivi-
tät bzw. der Kapazität zustande. Dieser Anteil der Leistung wird als Blindleistung
Q bezeichnet. Seine Einheit ist var.
Der Wirkanteil wird als Wirkleistung P bezeichnet. Seine Einheit ist Watt [W].
Die Gesamtleistung im Wechselstromkreis ist die Scheinleistung S. Sie hat die Ein-
heit Voltampere [VA].
Zur besseren Unterscheidbarkeit der drei Leistungsarten werden die vorstehend
genannten Einheiten benutzt.
Zwischen der Wirkleistung P und der Blindleistung Q gibt es eine Phasenver-
schiebung von 90°.
Das Leistungsdreieck (Abb. 1.106) verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen den
drei Leistungsarten.
Die einzelnen Leistungen werden wie folgt berechnet:

S =U ·I (1.186)

P = U · I · cos ϕ (1.187)

Q = U · I · sin ϕ (1.188)
Der Kosinus ϕ wird als Wirkleistungsfaktor oder kurz als Leistungsfaktor bezeichnet.
Er gibt insofern an, welcher Teil der Scheinleistung in die gewünschte Wirkleistung
umgesetzt wird. Er findet sich i. d. R. auf den Typenschildern von Elektromotoren. Er
ist das Verhältnis zwischen P und S:
cos ϕ = P/S (1.189)
Der Blindleistungsfaktor sin ϕ gibt das Verhältnis zwischen Q und S an:
sin ϕ = Q/S (1.190)

1.8.4 Elektrischer Widerstand

Jedes Bauteil, jeder elektrische Leiter hat einen Widerstand. Stromstärke I und Spannung
U in einem Stromkreis bzw. in einem Bauteil sind zueinander proportional. Das Verhält-
nis von I und U ist der elektrische Widerstand R mit der Einheit Ohm [Ω].
R = U/I (1.191)

Abb. 1.106 Leistungsdreieck


Wechselstromkreis S
Q

P
1.8 Elektrizitätslehre 111

Der Widerstand eines elektrischen Leiters ist von seinem Material und von seiner Länge
abhängig:
R = (ρ · l)/A (1.192)
Mit
ρ spezif. Widerstand des Leitermaterials [Ωmm2/m]
l Leiterlänge [m]
A Leiterquerschnitt [mm2]

Beispiel
An Bord eines Schiffes wurden insgesamt ca. 1700 km Kupferleitungen verlegt. Im
Durchschnitt kann von einem Kabelquerschnitt von 1,5 mm2 ausgegangen werden.
Wie groß ist der Widerstand der verlegten Kabel? Der spez. Widerstand für Kupfer
beträgt 0,0171 Ωmm2/m.

Lösung: Durch Einsetzen in Gl. 1.192 folgt:


 
R = (ρ · l)/A = 0,0171 Ωmm2 /m · 1700000 m /1,5 mm2
R = 19380 Ω = 19,38 kΩ
Weiterhin ist der spezif. Widerstand eines Leiters, und somit der Gesamtwiderstand
eines Leiters, temperaturabhängig – er wächst mit steigender Temperatur; es gilt.
ρt = ρ20 1 + α t − 20 ◦ C
  
(1.193)
mit
ρt spezifischer Widerstand bei der Temperatur t [Ωmm2/m]
ρ20 spezifischer Widerstand des Leitermaterials bei 20 °C [Ωmm2/m]
α Temperaturkoeffizient für 20 °C
t Temperatur, für die der spez. Widerstand bestimmt werden soll [°C]
Werte für ρ20 und α sind einschlägigen Tabellenwerken zu entnehmen.

1.8.5 Widerstände beim Wechselstrom

Der Widerstand eines elektrischen Leiters nach Gl. 1.192 ist für Gleich- und Wechsel-
strom der gleiche. Man bezeichnet ihn als ohmschen Widerstand bzw. als Wirkwider-
stand. Er wird durch das Leitergefüge hervorgerufen. Zusätzlich zu diesem Widerstand
existieren im Wechselstromkreis noch sog. Blindwiderstände. Blind- und Wirkwider-
stand bilden zusammen den Scheinwiderstand.
112 1 Physikalische Grundlagen

1.8.5.1 Induktiver Widerstand
Die Induktivität, die jeder stromdurchflossene Leiter besitzt, erzeugt einen Selbst-
induktionsstrom, der dem eigentlichen Strom entgegengerichtet ist und insofern wie ein
zusätzlicher Widerstand (induktiver Blindwiderstand) wirkt. Es gilt:
XL = ωL = 2πfL (1.194)
Mit
XL induktiver Widerstand [Ω]
ω Kreisfrequenz = 2πf [1/s]
L Induktivität des Leiters [H = Vs/A]
Der induktive Widerstand ist, wie aus Gl. 1.194 ersichtlich, frequenzabhängig. Für
Gleichstrom (f = 0) ist daher XL=0.
Sind in einem Wechselstromkreis nur induktive Widerstände enthalten, berechnet sich
der Strom in diesem Stromkreis nach Gl. 1.195:
I = U/(ωL) (1.195)

1.8.5.2 Kapazitiver Widerstand
Ein Kondensator stellt in einem Wechselstromkreis einen zusätzlichen kapazitiven
Widerstand dar; es gilt:
XC = 1/(ωC) = 1/(2πfC) (1.196)
Mit
XC kapazitiver Widerstand [Ω]
ω Kreisfrequenz = 2πf [1/s]
C Kapazität des Kondensators [F = As/V]
Der kapazitive Widerstand ist, wie aus Gl. 1.196 ersichtlich, ebenso frequenzabhängig
wie der induktive Widerstand. Für Gleichstrom (f =  0) ist daher XC = ∞.
Sind in einem Wechselstromkreis nur kapazitive Widerstände enthalten, berechnet
sich der Strom in diesem Stromkreis nach Gl. 1.197:

I = UωC (1.197)
1.8.5.3 Blindwiderstand
Kapazitiver und induktiver Widerstand eines Wechselstromkreises ergeben zusammen
den Blindwiderstand X des Stromkreises.
Bei der Zusammenschaltung der L-C-Glieder unterscheidet man zwischen einer
Reihenschaltung und Parallelschaltung von induktiven und kapazitiven Widerständen.

a) L und C in Reihenschaltung (Abb. 1.107)


Der Blindwiderstand errechnet sich nach Gl. 1.198:
X = XL − XC = ωL − (1/(ωC)) (1.198)
1.8 Elektrizitätslehre 113

Abb. 1.107   L und C in C


Reihenschaltung I L

UL
UC
U

Abb. 1.108   L und C in C


Parallelschaltung IC

IL
L

Für die anliegende Klemmenspannung41 U gilt:


U = UL − UC = I · X (1.199)
mit I der Stromstärke des durch die in Reihe geschalteten L-C-Glieder fließenden
Stroms.

b) L und C in Parallelschaltung (Abb. 1.108)


Für den Blindwiderstand X gilt:
1/X = 1/XL − 1/XC = (1/(ωL)) − ωC (1.200)
Für die Gesamtstromstärke I gilt:
I = IL − IC = U · ((1/(ωL)) − ωC) = U/X (1.201)

1.8.5.4 Scheinwiderstand
Jeder Stromkreis besitzt einen ohmschen Wirkwiderstand (Wirkwiderstand), der bei der
Bestimmung des Gesamtwiderstandes (Scheinwiderstand) berücksichtigt werden muss.
Mit
Z Scheinwiderstand
R ohmscher Widerstand
X Blindwiderstand
Y Scheinleitwert = 1/Z
G Wirkleitwert = 1/R
B Blindleitwert = 1/X.

41Die Klemmenspannung ist die Summe der Spannungsabfälle an den einzelnen Widerständen.
114 1 Physikalische Grundlagen

gilt für R und X in Reihe:



Z= R2 + X 2 (1.202)

U = UR2 + UX2 (1.203)

und für R und X parallel:

1/Z 2 = 1/R2 + 1/X 2 (1.204)


Mit Y = 1/Z, G = 1/R, B = 1/X und Y2 = G2 + B2 wird aus Gl. 1.204:

1/Z = Y = G2 + B2 (1.205)
und

I= IR2 + IX2 = U/Z = U · Y (1.206)

1.9 Messunsicherheiten und Fehlerrechnung

In den vorstehenden Kapiteln wurde eine Vielzahl physikalischer Größen vorgestellt, die
entweder messtechnisch erfasst werden können, oder aus solchen Werten zu berechnen
sind.
Es ist praktisch nicht möglich, reproduzierbare immer exakte Messwerte zu ermitteln.
Wenn die Messung einer Größe x unter gleichen Bedingungen wiederholt wird, stellt
man i. d. R. fest, dass die Einzelmesswerte differieren – sie streuen. Das liegt daran, das
jeder Messvorgang von Natur aus mit einer Ungenauigkeit behaftet ist, die als Fehler
bezeichnet wird.
Es stellt sich die Frage, was denn der wahre Wert einer Messung ist? Den wird man
nie kennen. Bei einer Vielzahl von Messungen einer Größe wird der wahre Wert xwahr
immer irgendwo im Bereich der Einzelmesswerte xi liegen.
Damit der einzelne Messwert überhaupt interpretieren werden kann, ist es nötig, die
Ungenauigkeit, mit der die Messung behaftet ist, mit anzugeben.

Beispiel
Im Rahmen der Qualitätssicherung werden aus der laufenden Produktion stichproben-
artig 10 Kugellager entnommen und deren Außendurchmesser da, der 30,000 mm
betragen soll, durch Messungen überprüft; es sollte insofern bei jeder Messung die-
ser Wert ermittelt werden. Die Arbeit wird von unterschiedlichen Personen mit
unterschiedlichen Messwerkzeug (Mikrometerschrauben) durchgeführt. Folgende
Messwerte werden dabei ermittelt: 30,001 mm, 30,001 mm, 29,999 mm, 30,002 mm,
29,999 mm, 29, 998 mm, 30,000 mm, 30,003 mm 29,997 mm und 30,001 mm.
1.9 Messunsicherheiten und Fehlerrechnung 115

Welches ist nun der wahre Wert des Durchmessers? Die Unterschiede lassen
sich auf Ungenauigkeiten im Messwerkzeug, auf unterschiedliche Umgebungs-
temperaturen und nicht zuletzt auf zufällige Fehler durch die Messenden bei der
Handhabung des Messwerkzeugs und beim Ablesen des Messwertes zurückführen.

Messabweichungen werden auch als Messfehler oder Messunsicherheit bezeichnet. Jeder


Fehler eines Messwerts fällt in eine der folgenden beiden Kategorien:42

a) Statistische Fehler
Diese Fehler beeinflussen das Messergebnis auf eine Art und Weise, die nicht vorher-
sehbar und nicht kontrollierbar sind. Man spricht deshalb auch von Zufallsfehlern.
Ursachen können in der Unzulänglichkeiten der menschlichen Sinnesorgane (etwa das
begrenzte Auflösungsvermögen des Auges, wenn es um die Frage geht, ob zwei haar-
feine Linien übereinander oder leicht nebeneinander liegen), fehlerhafte Benutzung von
Messgeräten und Ablesefehler (z. B. Parallaxefehler), äußere Einflüsse (Erschütterungen
am Messtisch, Temperatur, Luftfeuchtigkeit etc.).
Diese Fehler lassen sich mathematisch mit den Methoden der Statistik behandeln.
Diese Fehler tragen beiderlei Vorzeichen: ± .
Bei mehrfachen Messungen (vgl. Beispiel oben) streuen die einzelnen Mess-
ergebnisse um einen Mittelwert. Dieser Mittelwert wird wahrscheinlich nicht der tatsäch-
liche Wert sein, der gesucht wird. Je größer aber eine Messreihe ist, umso weiter nähert
sich der Mittelwert dem tatsächlichen Wert an. Erst wenn man die Genauigkeit des
Messverfahrens durch viele Wiederholungen ermittelt hat, ist bekannt, wie die Ergeb-
nisse der Einzelmessungen um eine Näherung für den wahren Wert schwanken.

b) Systematische Fehler
Systematische Fehler zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich auf alle Einzelmessungen
in der gleichen Weise auswirken. Sie sind reproduzierbar, d. h. bei wiederholten Mes-
sungen unter gleichen Bedingungen treten sie in gleicher Größe und mit gleichem Vor-
zeichen auf.
Wodurch werden systematische Fehler bei Messung verursacht? Hier spielen bei-
spielsweise Eichfehler von Messgeräten eine Rolle (z. B. wenn die Mikrometerschraube
zur Durchmessermessung nicht Null anzeigt, wenn sie völlig zusammengedreht wird).
In einer Fehlerrechnung werden grundsätzlich nur die statistischen, aber nicht die sys-
tematischen Fehler behandelt!

c) Häufigkeit, Mittelwert und Standardabweichung von Messergebnissen


Bei der im o. g. Beispiel vorgenommenen Durchmessermessung eines Kugellagers ist
auffällig, dass es mehrere identische Messwerte gab. Die Messwerte „Durchmesser“
seien x, die gesamte Anzahl der durchgeführten Messungen (hier 10), sei N. Das

42Zum Folgenden vertiefend [25].


116 1 Physikalische Grundlagen

­Messergebnis der i-ten Messung heißt xi. Die Zahl Ni gibt dann an, bei wie vielen der N
Messungen das Messergebnis xi vorliegt. Teilt man Ni durch die Gesamtzahl der Messun-
gen N, erhält man die relative Häufigkeit n(xi) des Messwertes xi:
n(xi ) = Ni /N (1.207)

Beispiel
Wie groß ist die relative Häufigkeit des Messwertes 30,001 mm aus der Messreihe für
das o. g. Kugellager?

Lösung: Der Messwert „30,001 mm“ wurde in der Messreihe mit N = 10 Messungen
dreimal (= Ni) ermittelt. Somit erfolgt durch Einsetzen in Gl. 1.207:
 
n x30,001 = 3/10
 
n x30,001 = 0,33

Der wahre Wert einer gemessenen Größe x ergibt sich als arithmetischer Mittelwert
im Grenzfall einer unendlichen Anzahl von Messungen N, d. h. einer unendlich lan-
gen Messreihe; es gilt:

N
1 
xwahr = lim xi (1.208)
N→∞ N
i=1

In der Praxis können natürlich keine unendlich langen Messreihen aufgenommen


werden – es wird nur eine endliche Zahl N von Messungen durchgeführt. Hierbei
spricht man von der sog. Stichprobe.
Hierbei ist von Interesse, möglichst genaue Aussagen zu erhalten über

• eine möglichst gute Schätzung als Mittelwert x̄ für den wahren Wert,
• die Standardabweichung σx, die angibt, wie die einzelnen Messwerte um den
Mittelwert x̄ streuen und
• die Ungenauigkeit bzw. Standardabweichung σx̄ des Mittelwertes x̄, die besagt, wie
dieser um den wahren Wert streut(auch Varianz genannt).

Für eine Schätzung als Mittelwert x̄ für den wahren Wert wird der arithmetische
Mittelwert aus allen Messergebnissen gebildet; das geschieht nach Gl. 1.209:

N
1  x1 + x2 + . . . + xN
x̄ = xi = (1.209)
N N
i=1
1.9 Messunsicherheiten und Fehlerrechnung 117

Im Falle des o. g. Kugellagerbeispiels wäre das für den mittleren Durchmesser,


hier mit x̄ bezeichnet:

N
1  30,001 mm + . . . + 30,001 mm
x̄ = d̄a = xi =
N 10
i=1

da = 30,0001 mm
Eine Größe, die angibt, wie die Ergebnisse der einzelnen Messungen xi um den
Mittelwert x̄ streuen, ist die Standardabweichung σx. Sie gibt den Mittelwert des
Quadrats der Entfernung eines Messergebnisses vom Mittelwert x̄ an. Die Standard-
abweichung wird auch als Stichprobenfehler bezeichnet und wird nach folgender
Gleichung ermittelt:


 1 N

σx =  · (xi − x̄)2 (1.210)
N −1
i=1

Beispiel
Wie groß ist der Stichprobenfehler (Standardabweichung) für das o. g. Kugellagerbei-
spiel?

Lösung: Durch Einsetzen in Gl. 1.210 folgt:



1
σx = · (30,001 mm − 30,0001 mm)2 + . . . + (30,001 mm − 30,0001 mm)2
10 − 1
σx = 0,0019 mm
Ebenso wie es einen Wert für das Streuen um den errechneten Mittelwert x̄,
die Standardabweichung σx, gibt, existiert eine Größe die angibt, wie „sicher“ der
errechnete Mittelwert ist. Diese Größe heißt Varianz des Mittelwertes, deren Wurzel
auch als Standardabweichung des Mittelwertes σx̄ bezeichnet wird. Diese Ungenauig-
keit bzw. Standardabweichung σx̄ des Mittelwertes x̄ berechnet sich wie folgt:
1
σx̄ = √ · σx (1.211)
N
Für das „Kugellagerbeispiel“ gilt somit für die Ungenauigkeit bzw. Standardab-
weichung σx̄ des Mittelwertes x̄:
1
σx̄ = √ · 0,0019 mm = 6,0083 · 10−4 mm
10
d) Fehlerfortpflanzung
Häufig wird ein Messergebnis y aus einer oder mehreren Messgrößen x1, x2, … xi, die mit
den Fehlern Δx1, Δx2, … Δxi behaftet sind (vgl. vorstehend), mittels einer bekannten
118 1 Physikalische Grundlagen

Gleichung berechnet. Bei fehlerhafter Bestimmung der Messgröße(n) wird auch das zu
berechnende Messergebnis somit fehlerbehaftet sein, denn die Einzelabweichungen wer-
den mit der Gleichung
y = f (x) bzw. y = f (x1 , x2 , . . . xi )
übertragen. Man nennt dieses Fehlerfortpflanzung.

Beispiel
Ein Schiff fährt die Strecke s =100 sm in der Zeit t =7 h. Beide Werte werden mess-
technisch erfasst: Die zurückgelegte Strecke mit dem Log, die Zeit mit der Schiffsuhr.
Die zu ermittelnde Geschwindigkeit v = y ist eine Funktion von s und t:
..
v = y = f (s, t), namlich: v = s/t = 100 sm/7 h = 14,3 kn
Es ist ersichtlich, dass, wenn die Messungen von s und t fehlerbehaftet sind, somit
auch das Ergebnis der Geschwindigkeit v fehlerbehaftet ist.
Der Fehler – besser die Ungenauigkeit einer physikalischen Größe y – wird oft als
∆y bezeichnet.
Fehlerwerte können

• absolut (∆y),
• relativ (∆y/y) oder
• prozentual ((∆y/y) · 100 %)

angegeben werden.
Für die Fehlerbetrachtung interessiert nun, wie sich die Größtfehler Δx1, Δx2, …
(oder die Messunsicherheiten) der einzelnen Größen auf den Fehler Δy der Größe y
auswirken. Unter der Voraussetzung kleiner Fehler (gegenüber den Messwerten) lässt
sich der gesuchte Fehler mittels einer Reihenentwicklung (Taylorreihe) und Abbruch
der Entwicklung nach dem ersten Glied berechnen:

y = f (x1 + �x1 , x2 + �x2 , . . .)


= f (x1 , x2 , . . .) + (∂f /∂x1 ) · �x1 + (∂f /∂x2 ) · �x2 . . . (1.212)
= y + �y

Die Größen ∂f /∂x1, ∂f /∂x2 usw. stehen dabei für partielle Ableitungen.43 Es wird
in der Fehlerfortpflanzung allerdings immer der Betrag der partiellen Ableitungen
gewählt, um eine gegenseitige Kompensation von Fehlern zu vermeiden und somit zu
einer Pessimalabschätzung zu gelangen:
�y = �x1 · |∂y/∂x1 | + �x2 · |∂y/∂x2 | + . . . (1.213)

43Ableitungsregeln s. Anhang 32.


Literatur 119

Hierbei sind:
∆y Gesamtfehler Fy des Ergebnisses y (im vorstehenden Beispiel ist das Ergebnis
y die Geschwindigkeit v)
∆xi Fehler Fi der Eingangsgröße xi (im vorstehenden Beispiel sind die Eingangs-
größen x1 und x2 die Strecke s und die Zeit t)
Die Fehler der Eingangsgrößen sind i. d. R. der Messgerätebeschreibungen zu ent-
nehmen.
Es wird für die Schiffsuhr im v. g. Beispiel eine Genauigkeit von ± 0,001 Stunden
angenommen, der Fehler des Logs betrage ± 0,1 Seemeile. Damit wird Gesamtfehler
für die ermittelte Geschwindigkeit:
Fy = �y = �s · |∂v/∂s| + �t · |∂v/∂t|

∂v/∂s = 1/t = 1/7 h = 0, 143 1/h

∂v/∂t = −s/t2 = −100 sm/49 h = −2,041 sm/h2

Fy = �y = 0,1 sm · 0,143 1/h + 0,001 h · 2,041 sm/h2


Fy = �y = 0,017 sm/h

Literatur

Printmedien

1. Bergmann, F.: Einführung in die Physik – Sekundarstufe 1. Verlag Diesterweg, Frankfurt a. M.


(1979)
2. Böge, A., Böge, W.: Handbuch Maschinenbau. Springer Vieweg, Wiesbaden (2015)
3. Gondesen, B.: Physik auf einen Blick – Optik und Elektrizität. Klett/SVK, Stuttgart (2005)
4. Hartmann & Braun AG (Hrsg.): Elektrische und wärmetechnische Messungen. Hartmann &
Braun, Frankfurt a. M. (1961)
5. Hibbeler, R.-C.: Technische Mechanik 2 – Festigkeitslehre, 8. Aufl. Pearson Deutschland,
München (2013)
6. Kuchling, H.: Physik – Formeln und Gesetze. VEB Fachbuchverlag, Leipzig (1972)
7. Institut, Lexikographisches: Lexikon der Technik, Bd. 2. Lexikographisches Institut, München
(1986)
8. Markert, B.: Mechanik 2 Elastostatik – Statik deformierbarer Körper, 2. Aufl. Institut für All-
gemeine Mechanik Aachen, Aachen (2015)
9. Wittel, H., Jannasch, D., Voßiek, J., Spura, C.: Roloff/Matek: Maschinenelemente – Normung,
Berechnung, Gestaltung. Springer Vieweg, Wiesbaden (2017)
10. Zierl, R.: Wir bauen Rundfunkempfänger. Telekosmos-Verlag Franckh’sche Verlagshandlung,
Stuttgart (1972)
120 1 Physikalische Grundlagen

Internet

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15. Nov. 2018
12. http://doerrhoefer-technik.de/unfallmechanik/unfallmechanik.html. Zugegriffen: 20. Febr.
2019
13. https://www.ep1.ruhr-uni-bochum.de/~ jonas/Maschinenbau/Uebungen/Ergaenzung_j.pdf.
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14. https://gerhardy.net/technik/feder-masse-daempfer-system/. Zugegriffen: 25. Febr. 2019
15. http://home.edvsz.fh-osnabrueck.de/~ ludemann/tmp/Physik/wellen/wellen.html. Zugegriffen:
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19. www.marine.de. Zugegriffen: 20. Aug. 2016
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22. https://physik.cosmos-indirekt.de/Physik-Schule/Froude-Zahl. Zugegriffen: 21.März 2019
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29. https://de.wikipedia.org/wiki/Fernrohr. Zugegriffen: 25. März 2019
30. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Schaltzeichen_(Elektrik/Elektronik). Zugegriffen: 27.
März 2019
31. https://www.wissenschaft-im-dialog.de/projekte/wieso/artikel/beitrag/warum-neigen-sich-
groessere-schiffe-bei-kurvenfahrt-nach-aussen-boote-und-kleinere-schiffe-hingegen-na/.
Zugegriffen: 25. Jan. 2019
Tätigkeitsbild des
Schiffsbetriebstechnikers 2

Für den Zugang zu den Tätigkeiten als Technischer Schiffsoffizier werden eine
abgeschlossene Fachschulausbildung an einer Seefahrtschule oder ein abgeschlossenes
Fachhochschulstudium der Schiffsbetriebstechnik bzw. des Schiffsbetriebs sowie ein ent-
sprechendes gültiges Befähigungszeugnis vorausgesetzt.1
Je nach Funktion, die innerhalb der Offiziersbesatzung eingenommen wird, sind für
den Technischen Wachoffizier im Einzelnen folgende Befähigungszeugnisse notwendig:

• das Befähigungszeugnis „Technische/r Wachoffizier/in auf Schiffen mit unbeschränkter


Maschinenleistung“,
• das Befähigungszeugnis „Zweiter technischer Offizier“.

Im Internetauftritt der Deutschen Marine (http://www.marine.de) wird die Verwendung


des Schiffsbetriebstechnikers wie folgt beschrieben:

Schiffsbetriebstechniker sind die Spezialisten, die für Bedienung und Instandhaltung der
modernen Betriebsanlagen, zum Beispiel der Kälte-, Klima- und Umweltschutzanlagen, der
Feuerlösch-, Kraftstoff- und Sprühanlagen sowie der Kräne, Aufzüge und Hebezeuge, die
Betrieb- und Einsatzfähigkeit eines Schiffes oder Bootes gewährleisten, zuständig sind.

Die Hauptaufgaben sind:


• Überwachen und Bedienen der schiffsbetriebstechnischen Anlagen und Geräte wie Len-
zanlage (eingedrungenes Wasser wieder außenbords pumpen), Feuerlöscheinrichtungen,
Kraftstoffübernahme- und Lagereinrichtungen, Aufbereitungsanlage für Frischwasser
und Destillat, Kälte-, Klima- und Umweltschutzanlagen;
• Durchführen von Pflege-, Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten (zum Beispiel Aus-
tauschen von Baugruppen der Steuer- und Regeleinrichtungen);

1Näheres unter [1].

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 121
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_2
122 2 Tätigkeitsbild des Schiffsbetriebstechnikers

• Führen eines Schiffsicherungstrupps;


• Durchführen von Sofortmaßnahmen in der Leck-, Brand- und ABC-Abwehr sowie im
Rettungs- und Bergungsdienst;
• Taucherdienst in Zweitverwendung.

Der „Chef“ der Betriebstechniker an Bord von Marineeinheiten ist der Schiffstechnische
Offizier (STO). Für die Antriebsanlage ist bei der Deutschen Marine der ANO (Antriebs-
offizier) mit seinem Personal (im Marinejargon Heizer genannt) zuständig.
An Bord ziviler Schiffe wird der leitende Schiffsingenieur „Chief“ genannt. Ihm
obliegt die Verantwortung und Instandhaltung aller technischen Anlagen und deren
Betrieb. Darunter fällt beispielsweise auch die Versorgung mit den erforderlichen
Betriebsstoffen, Wasser, Arbeitsmaterial, Ersatzteilen, Werkzeugen und anderen Bedarfs-
gütern des technischen Schiffsbetriebs, die er nach Absprache mit der Schiffsführung
rechtzeitig vor Reiseantritt bestimmt und sich um deren Organisation kümmert.
Technischen Schiffsoffizieren untersteht zudem die Ausbildung der Mitarbeiter
im Bereich des technischen Schiffsbetriebs. Sie sind ferner für die Durchführung des
Arbeits- und Brandschutzes sowie die entsprechende Sicherheitsunterweisung in den
Betriebsräumen und nicht zuletzt auch für die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften
zuständig.
Zu allen Fragen des technischen Schiffsbetriebes und dem Einsatz der Maschinen-
anlage beraten sie den Kapitän und die übrigen nautischen Offiziere.
Aufgrund der umfangreichen technischen Kenntnisse von „A wie Antriebsanlagen“
bis „Z wie Zylinderdeckel“, der Erwartung des Schiffsführers an den Chief bzw. den
STO und ANO, dass das Schiff mit seinen Aggregaten und technischen Einrichtungen
jederzeit funktionsbereit und sicher ist, kann die Rolle des schiffstechnischen Personals
auch als „Hausmeister“ der Einheit gesehen werden. Abb. 2.1 zeigt eine Teilansicht eines
schiffstechnischen Leitstandes, dem Hauptarbeitsplatz des „Chiefs“.
Steigende Anforderungen an die Energieeffizienz, den maritimen Umweltschutz
und die Schiffssicherheit sowie steigende Komplexität der Anlagen prägen die Heraus-
forderung an die Schiffsingenieure. Vom Schiffsingenieur bzw. dem Schiffsbetriebs-
techniker werden interdisziplinäre Kenntnisse hinsichtlich der Überwachung und der
Wartung von Schiffsmaschinenanlagen verlangt. Sie sind für das Funktionieren der
Technik an Bord eines Schiffs zuständig. Allgemeine Kenntnisse auf den Gebieten der
Physik, Mathematik, Elektrotechnik und des Maschinenbaus sind daher erforderlich,
vertiefend u. a. auch in den Bereichen Anlagentechnik, Maschinendynamik, Kälte- und
Klimatechnik sowie Schiffselektronik.
Literatur 123

Abb. 2.1 Teilansicht eines schiffstechnischen Leitstandes. (Foto: AIDA)

Literatur

1. http://www.deutsche-flagge.de/de/befaehigung/ausbildung/ausbildungsstaetten. Zugegriffen: 28.


Apr. 2017
Regelwerke
3

Bau und Betrieb von Schiffen, Booten und anderen Wasserfahrzeugen unterliegen
umfangreichen Normen, Gesetzen und anderen Vorschriften. Die folgenden Aus-
führungen wollen versuchen etwas Licht in den Dschungel des Vorschriftenwesens zu
bringen und deren grundsätzliche Systematik aufzuzeigen. Eine Übersicht über die wich-
tigsten beim Bau von deutschen Schiffen heranzuziehenden Vorschriften hat die Berufs-
genossenschaft für Transport und Verkehrswesen aufgestellt1 (s. Anhang 1).

3.1 Gesetzes- und Normenhierarchie

Das Zusammenleben in einer Gemeinschaft regelt der Staat durch Gesetze sowie durch
diese konkretisierende Verordnungen. In der Rangfolge steht in Deutschland unser
Grundgesetz (GG) über allen anderen Gesetzen und Verordnungen. Neben den unmittel-
bar geltenden Gesetzen und Verordnungen kann die Bundesregierung auch sog. Ver-
waltungsvorschriften erlassen. Deren Inhalte binden zunächst nur die Verwaltung, also die
Vollzugsbehörden. Damit sie für den Bürger eine unmittelbare Wirkung entfalten, müssen
sie per Einzelanordnung durch die entsprechend zuständige Behörde umgesetzt werden.
Nun ist Deutschland aber auch eingebunden in die Europäische Union (EU). Die EU
hat ebenfalls die Möglichkeit, das Zusammenleben in dieser Staatengemeinschaft zu
regeln. Dazu kann sie EU-Verordnungen verabschieden. Diese sind unmittelbar geltend in
jedem Mitgliedstaat. Daneben kann die EU auch EU-Richtlinien erlassen. Diese bedürfen
zur unmittelbaren Rechtswirkung in einem Mitgliedstaat der dortigen Umsetzung in das
jeweilige nationale Recht durch entsprechende Rechtssetzungsverfahren.

1Siehe http://www.deutsche-flagge.de/de/download/bau-und-ausruestung/neu-und-umbau/ueber-
sicht/rechtsvorschriften.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 125
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_3
126 3 Regelwerke

Völkerrecht

EU-Verordnungen EU-Richtlinien

Klassifizierungsgesell-
GG
u. sonst. Normen, Un-
fallverhütungsvorschrif-
Gesetze
ten u.Ä.

Verordnungen

Abb. 3.1 Übersicht „Normenhierarchie“

Darüber hinaus gibt es völkerrechtliche Regelungen. Quellen des Völkerrechts sind


bi- oder multilaterale völkerrechtliche Verträge, Völkergewohnheitsrecht und allgemeine
Rechtsgrundsätze (s. auch Abb. 3.1).
Neben Gesetzen, Verordnungen und anderen Rechtssätzen finden sich Anforderungen
an den Schiffbau und den Schiffsbetrieb in den unterschiedlichsten technischen Regel-
werken. Allen voran sind hier sicherlich die Bauvorschriften der Klassifizierungs-
gesellschaften wie DNV GL2, ABS ( American Bureau of Shipping) oder im Bereich
der Deutschen Marine auch die Bauvorschriften für Schiffe der Deutschen Marine
(BV-Hefte) des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der
Bundeswehr, kurz BAAINBw, zu nennen. In diesem Buch wird vielfach noch Bezug auf
die ehemaligen Bauvorschriften des ehemaligen Germanischen Lloyd genommen, die
mittlerweile durch Bauvorschriften der Klassifizierungsgesellschaft DNV GL abgelöst
wurden.3 Dennoch beinhalten sie nach wie vor wertvolle Anregungen und Hilfen für die
Planung und Dimensionierung eines Schiffskörpers und seiner Ausrüstung.
Daneben finden sich Bestimmungen in DIN-, VDI- und VDE-Normen4 und in Vor-
schriften und Merkblättern der Berufsgenossenschaften. Hier kommen den Regelwerken
der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft besondere Bedeutung zu,
wie z. B. der „Unfallverhütungsvorschrift Seeschifffahrt – UVV See“.

2Zusammenschluss der Klassifizierungsgesellschaften Det Norske Veritas (DNV) und Germani-


scher Lloyd (GL).
3Siehe unter: https://rules.dnvgl.com/ServiceDocuments/dnvgl/#!/industry/1/Maritime/1/DNV%20

GL%20rules%20for%20classification:%20Ships%20(RU-SHIP).
4Das Deutsche Institut für Normung, der Verein Deutscher Ingenieure und der Verband der

Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. erlassen technische Normen.


3.2 Völkerrechtliche Regelungen 127

3.2 Völkerrechtliche Regelungen

Völkerrechtliche bzw. internationale Übereinkommen im Bereich der Schifffahrt wer-


den von den maritimen Dachorganisationen, allen voran die IMO (International Mari-
time Organisation) und die ILO (International Labour Organisation), beides Organe
der Vereinten Nationen, getroffen. Im Wesentlichen geht es hier um die Erarbeitung
von Standards zur Schiffssicherheit und zum maritimen Umweltschutz. Die in diesem
Zusammenhang zu nennenden wichtigsten schiffstechnischen Abkommen sind SOLAS
(International Convention for the Safety of Life at Sea), MARPOL (Marine Pollution –
International Convention for the Prevention of Pollution from Ships) mit seinen bisher
sechs Anhängen und die Kollisionsverhütungsregeln (KVR).5

3.2.1 SOLAS

Bereits am 20.01.1914 stimmten Vertreter aus 13 Ländern der ersten „International Con-
vention for the Safety of Life at Sea“ zu. Dieses internationale Übereinkommen zum
Schutz des menschlichen Lebens auf See legt grundsätzliche Anforderungen zur Schiffs-
sicherheit fest [3, S. 27 f.].
Im Folgenden werden einige wichtige Aspekte zur Schiffssicherheit angeführt, zu
denen im SOLAS-Übereinkommen Anforderungen definiert werden.6
Ein Aspekt sind Maßnahmen zur Lecksicherheit. So ist eine Unterteilung des Schiffs-
körpers durch wasserdichte Schotten vorgesehen. Ein Schott ist Teil des konstruktiven
Schutzes von Schiffen, der aus ausgesteiften, senkrechten Zwischenwänden besteht,
die den Schiffskörper zur Sicherheit in wasserdichte Abteilungen unterteilen und ihm
zugleich Festigkeit verleihen. Je nach Anordnung der Wände – längs oder quer zur Mitt-
schiffsachse – sprechen wir von Längs- oder Querschotten. Durch diese konstruktive
Schutzmaßnahme wird die Sinksicherheit im Falle des Leckschlagens erhöht.
Ferner finden sich hier Regelungen über die Beschaffenheit dieser wasserdichten
Schotte, über Öffnungen in diesen Schotten, in der Außenhaut und über den Einbau von
Doppelböden.
Anforderungen über Maschinen und elektrische Anlagen beziehen sich im Wesent-
lichen auf ausreichende Reserve- und Notstromquellen. Ferner müssen nach SOLAS
elektrische Anlagen so beschaffen sein, dass ein ausreichender Schutz gegen Unfälle
durch elektrischen Strom gegeben ist.
Weiterhin finden sich Regelungen über Ruderanlagen, da ihre sichere Funktion exis-
tenziell für eine sichere Manövrierfähigkeit des Schiffes ist.

5Erles, N.-G., in: [2, S. 1037 ff.].


6Ergänzend s. auch: http://www.imo.org.
128 3 Regelwerke

Ein weiterer Regelungsbestandteil dieses Abkommens sind Maßnahmen zum Brand-


schutz, zur Branderkennung und zur Brandbekämpfung.
Kap. III enthält Anforderungen über Anzahl, Art und Beschaffenheit von an Bord
mitzuführenden Rettungs- und Seenotsignalmitteln (u. a. Rettungsboote, tragbare Funk-
geräte, Rettungswesten, Leinenwurfgeräte, Signalmunition).
Ausführungen u. a. über Sprechfunk- und Navigationsmittel und das Automatic Iden-
tification System ( AIS) runden den Regelungsinhalt dieser Vorschrift ab.
Darüber hinaus werden für Highspeed-Crafts besondere Maßnahmen vorgeschrieben.
Als Reaktion auf bestehende Terrorismusgefahren finden sich Regelungen zur Ver-
besserung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen („ ISPS Code“ – Inter-
national Ship and Port Facility Security Code).

3.2.2 MARPOL

MARPOL – Marine Pollution. Auch in der Seefahrt gewinnt der Umweltschutz


zunehmend an Bedeutung.
Zu den wichtigsten Regelungen der IMO7 gehört u. a. das MARPOL-Abkom-
men. Dieses internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung
durch Schiffe formuliert schiffbauliche, schiffsbetriebliche und schiffstechnische
Anforderungen zum maritimen Umweltschutz [3, S. 26 f.].
Es wurde bereits 1973 verabschiedet, 1978 modifiziert und seitdem ständig erweitert.
Inzwischen umfasst es insgesamt sechs Sonderregelungen (Annex I–VI), etwa zum
Schutz vor Verschmutzung durch Öl, zu dem Transport verpackter Schadstoffe oder zur
Vermeidung von Schiffsmüll [1, S. 18].
Die jüngste Erweiterung von MARPOL (Annex VI) regelt die Emissionen von Luft-
schadstoffen; in der dortigen Regel 16 beschreibt dieser Annex u. a. auch Anforderungen
an Schiffsmüllverbrennungsanlagen.

3.2.3 Kollisionsverhütungsregeln

Die Kollisionsverhütungsregeln (KVR)8 – offiziell „Internationale Regeln von 1972


zur Verhütung von Zusammenstößen auf See“ (Conventions on the International Regu-
lations for Preventing Collisions at Sea – COLREGs) – stellen internationales See-
verkehrsrecht dar. Sie sind der grundlegende rechtliche Rahmen zur Regelung der

7„International Maritime Organization“.


8Die KVR finden sich z. B. auch unter: https://www.elwis.de/schifffahrtsrecht/seeschifffahrtsrecht/
kvr/.
3.3 Vorschriften der Europäischen Union 129

Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf hoher See und den damit verbundenen
Gewässern. Die KVR dienen der Vermeidung von Schiffszusammenstößen und gelten
für alle Schiffe, auch für Sportboote.
Die KVR sind die grundlegenden Regeln des Seeschiffsverkehrs (nicht Binnenschiff-
fahrt) und enthalten folgende Regelungsbereiche:

• Teil A: Allgemeines (Regeln 1–3, u. a. Anwendungsbereiche, Verantwortlichkeit und


allgemeine Begriffsbestimmungen),
• Teil B: Ausweich- und Fahrregeln,
• Teil C: Lichter und Signalkörper (Regeln 20–31, u. a. Lichter, Navigationslichter und
Signalkörper),
• Teil D: Schall- und Lichtsignale (Regeln 32–37, u. a. Darstellung der Schallsignale,
Schallsignalgeräte),
• Teil E: Befreiungen (Regel 38),

mit den Anlagen I–IV, in denen weitere Einzelheiten über die Anordnung und techni-
sche Ausführung der Lichter und Signalkörper, über Zusatzsignale für nahe beieinander
fischende Fahrzeuge, über technische Einzelheiten der Schallsignalanlagen und über
Notzeichen formuliert sind.

3.3 Vorschriften der Europäischen Union

Für den Schiffsbetriebstechniker ist hinsichtlich europäischer Vorgaben die Schiffsaus-


rüstungsrichtlinie von Bedeutung. 1996 hat die Europäische Union die Schiffsaus-
rüstungsrichtlinie ( Maritime Equipment Directive – MED) als Richtlinie 96/98/EG
erarbeitet, um den freien Warenverkehr von Schiffsausrüstung innerhalb der EU sicher-
zustellen. Diese Richtlinie trat am 01.01.1999 in Kraft.
Im Anhang A der Richtlinie ist die Schiffsausrüstung aufgeführt, die unter diese
Richtlinie fällt. Für Schiffsausrüstung des Anhangs A.1 gibt es international harmoni-
sierte Prüfnormen; für Schiffsausrüstung des Anhangs A.2 gibt es diese international har-
monisierten Prüfnormen noch nicht.
Seit dem Inkrafttreten dieser Richtlinie unterliegt Schiffsausrüstung nach dem
Anhang A.1 einem EG-Konformitätsbewertungsverfahren und muss von einer „benannten
Stelle“ („notified body“) zugelassen werden. Sie kann dann im gesamten EU-Raum ohne
weitere nationale Zulassung installiert und benutzt werden. Der Hersteller bringt ein sym-
bolisiertes Steuerrad als Konformitätskennzeichen, die Kennnummer der benannten Stelle
und die letzten beiden Ziffern des Jahres der Kennzeichnung am Gerät an.
Die in den Anhängen A.1 und A.2 genannte Schiffsausrüstung und die ent-
sprechenden Prüfnormen unterliegen ständigen Änderungen, die jährlich in neuen Ver-
sionen der Schiffsausrüstungsrichtlinie umgesetzt werden. So hat am 09.04.2015 die
130 3 Regelwerke

EU-Kommission eine weitere Änderung der Schiffsausrüstungsrichtlinie (Richtlinie


96/98/EG) beschlossen und als Richtlinie 2015/559/EU im Amtsblatt der EU (L95
vom 10.04.2015) veröffentlicht. Diese Richtlinie trat in Deutschland am 30.04.2016 in
Kraft.9

3.4 Deutsche Gesetze und Verordnungen

Die vorgenannten völkerrechtlichen und europarechtlichen Regelungen müssen, damit


sie unmittelbare Rechtswirkung in Deutschland, in den deutschen Hoheitsgewässern
(„12 sm-Zone“10) und auf Schiffen unter deutscher Flagge entfalten, durch nationale
Rechtssetzungsakte in deutsches Recht umgesetzt werden.
So haben die KVR für Deutschland Geltung durch die „Verordnung zu den Inter-
nationalen Regeln von 1972 zur Verhütung von Zusammenstößen auf See“ gewonnen.
Mit dem Schiffssicherheitsgesetz sind – neben weiteren völkerrechtlichen und
EU-rechtlichen Regelungen11 – u. a. SOLAS und MARPOL in deutsches Recht
umgesetzt worden.
Die Schiffssicherheitsverordnung ist in Ergänzung zum Schiffssicherheitsgesetz
die nationale Umsetzung von SOLAS in deutsches Recht. Sie behandelt Sicherheits-
standards von Schiffen, deren Ausrüstung und Besatzung. Diese Verordnung dient inso-
fern neben der Sicherheit auf See, einschließlich des Arbeitsschutzes von Seeleuten und
des Umweltschutzes, der wirksamen Anwendung des Schiffssicherheitsgesetzes. Sie
enthält u. a. Vorschriften über die Ausführung von Dampfkesselanlagen, Funkanlagen
und Schiffsausrüstung.
Die Berufsgenossenschaft (BG) für Transport und Verkehrswesen ist sog. Beliehene
des Staates. Ihr obliegt in weitem Umfang die Durchführung der vorgenannten Vor-
schriften auf dem Gebiet der Schiffssicherheit und des Meeresumweltschutzes. Dane-
ben ist sie Trägerin der gesetzlichen Unfallverhütung nach dem Sozialgesetzbuch. Sie
umfasst die Verhütung von Arbeits- und Betriebsunfällen, Berufskrankheiten und arbeits-
bedingten Gesundheitsgefahren. Dazu erlässt diese BG gesonderte Bestimmungen, wie
Unfallverhütungsvorschriften, Richtlinien, Merkblätter, Handbücher und Leitfäden [2,
S. 1041].
Die Unfallverhütungsvorschriften der BG haben Satzungscharakter; Verstöße gegen
diese Vorschriften kann die BG mit Bußgeldern sanktionieren.

9http://www.bsh.de/de/schifffahrt/berufsschifffahrt/schiffsausruestungsrichtlinie/

10Die Einheit sm = Seemeile; 1 sm = 1852 m.


11Siehe dazu die Anhänge zum Schiffssicherheitsgesetz.
3.6 Technische Normen 131

3.5 Bauvorschriften der Klassifikationsgesellschaften

Auch die Klassifikationsgesellschaften (in Deutschland z. B. DNV GL oder auch


Bureau Veritas) geben Bauvorschriften heraus, die Regelungen über die erforder-
liche Festigkeit des Schiffskörpers und die sichere Funktionsfähigkeit der techni-
schen Systeme enthalten. Das bereits eingangs erwähnte Bundesamt für Ausrüstung,
Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) erarbeitet darüber
hinausgehende Bauvorschriften für die deutschen Marineschiffe, die die besonderen
Anforderungen eines Kriegsschiffes berücksichtigen.
Die Bauvorschriften sind i. d. R. auch vertraglicher Bestandteil zwischen Auftrag-
geber des Schiffs und der Bauwerft.
Die Einhaltung der Bauvorschriften der Klassifikationsgesellschaften ist inso-
fern von Bedeutung, als nach Bau und erfolgreicher Probefahrt diese Gesellschaft ein
Klassenzertifikat ausstellt, aus dem sich der zulässige Fahrtbereich des Schiffes ergibt.
Soll die sog. Klasse dem Schiff erhalten bleiben, muss es in regelmäßigem Turnus zu
Besichtigungen vorgeführt werden, bei denen der vorschriftsmäßige Zustand des Fahr-
zeugs überprüft wird; man sagt, „das Schiff erneuert seine Klasse“. Im Prinzip ist das
Erteilen des Klassenzertifikats vergleichbar mit der Zulassung eines Autos, die regelmä-
ßige Überprüfung des Schiffes zum Klassenerhalt die Vorführung des Kfz beim TÜV.

3.6 Technische Normen

Internationale und deutsche technische Normen werden von Verbänden und Vereinen
erlassen. Grundsätzlich sind solche Regelwerke keine verbindlichen Normen, können
aber durch Vertrag z. B. zwischen Reeder und Werft, durch Verbindlicherklärung in
Gesetzen oder Verordnungen, aber auch über behördliche Anordnungen gegenüber dem
Betroffenen (in der Regel dem Schiffseigner) als unmittelbar verbindlich erklärt werden.
Insofern haben sie eher den Charakter von Empfehlungen. Diese Regelwerke geben den
jeweiligen aktuellen Stand der Technik wieder.
International bedeutsame Organisationen für Normungen sind die ISO (International
Organization for Standardization) und auf dem Gebiet der Elektrotechnik die IEC (Inter-
national Electrotechnical Commission).
In Deutschland sind es das Deutsche Institut für Normung (DIN), der Verein Deut-
scher Ingenieure (VDI) und der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informations-
technik e. V. (VDE), die technische Normen herausgeben. Über die Normenstelle
Schiffs- und Meerestechnik (NSMT)12 im DIN kann der jeweils aktuelle Stand der Nor-
mung hinsichtlich relevanter Normen für die Schifffahrt erfragt werden.

12http://www.nsmt.din.de
132 3 Regelwerke

Literatur

1. AIDA: AIDAcares – Nachhaltigkeitsbericht (2009)


2. Bernhardt, F., Meier-Peter, H. (Hrsg.): Handbuch Schiffsbetriebstechnik. Seehafen, Hamburg
(2008)
3. Verband für Schiffbau und Meerestechnik e. V.: Schiffstechnik und Schiffbautechnologie. See-
hafen, Hamburg (2006)
Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten,
Ankergeschirr, Korrosionsschutz und 4
Decksbeläge

Form, Abmaße und sonstige konstruktive Elemente des Schiffskörpers sind von der vor-
gesehenen Verwendung des Schiffes abhängig. Eine einfache Einteilung der Schiffe nach
irgendwelchen Grundsätzen ist nicht ohne Weiteres möglich; so kann eine Differenzierung
nach Art des Antriebs vorgenommen werden: Segel oder Maschine, innerhalb der maschinen-
getriebenen Fahrzeuge nach der Art der Krafterzeugung: zum Beispiel Dieselmotoren oder
dieselelektrische Krafterzeugung, kombinierter Diesel- und Gasturbinenantrieb. Auch
Dampfmaschinen zur Krafterzeugung finden wir noch bisweilen. Es kann aber auch eine
Unterscheidung nach Fahrtgebiet vorgenommen werden: Binnen- oder Seeschifffahrt (z. B.
Revier- und Küstenfahrt, Hochsee). Nach Art der Ladung kann differenziert werden: Flüssige
Stoffe in Tankern, Massengutfrachter oder Stückgutfrachter, Passagierschiff oder Fähre.
Weitere Differenzierungsmerkmale zielen direkt auf die Rumpfformen ab: Gleiter oder
Verdränger, Einrumpffahrzeug, Doppelrumpf (Katamaran, s. Abb. 4.1, oder auch SWATH –
Small Waterplane Area Twin Hull) oder Fahrzeug mit drei Rümpfen (Trimaran).1
Im Rahmen dieses Buches soll jedoch nicht näher auf diese Aspekte und auf Fragen
der Konstruktion des Schiffskörpers eingegangen werden; hierzu wird auf einschlägige
Literatur verwiesen.

4.1 Schiffsrumpf

Als Boots- bzw. Schiffsrumpf bezeichnet man den Teil eines Boots oder Schiffs, der ihm
die Schwimmfähigkeit verleiht. Der Kasko ist der fertige, schwimmfähige Rumpf ohne die
enthaltene Technik. In der Binnenschifffahrt wird der Schiffsrumpf auch als Schiffsschale
bezeichnet [32].

1Ergänzend auch Lehmann, E., in [1, S. 876 ff.].

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 133
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_4
134 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.1 Doppelrumpffahrzeug

Den unter Wasser liegenden Teil des Schiffskörpers nennt man Unterwasserschiff,
dessen Form, von der Seite betrachtet, bezeichnet man als Lateralplan. Der Lateralplan
(von lateral: seitlich) ist insofern die seitliche Projektion der Unterwasserfläche.

4.1.1 Schwimmfähigkeit und Stabilität

Für die Schwimmfähigkeit von Schiffen ist das archimedische Prinzip von Bedeutung:
Der Auftrieb ist gleich der Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeit.
Der Vektor der Gewichtskraft des Schiffs FG wirkt senkrecht zur Wasserlinie durch
den Schwerpunkt S des Fahrzeugs (vgl. Abb. 4.2). Das vom Schiffskörper verdrängte
Wasser (Verdrängungsvolumen) hat die Gewichtskraft FGWasser. Diese Wassermenge
erzeugt entsprechend dem archimedischen Prinzip eine Auftriebskraft FA, die gleich
der Gewichtskraft des verdrängten Wassers ist. Für ein schwimmendes Schiff (auch bei
­tauchenden U-Booten) gilt:
FG = FA . (4.1)
So befindet sich das Fahrzeug in einer schwimmenden Gleichgewichtslage, da beide
Vektoren mit gleichem Betrag direkt entgegengesetzt wirken und somit null werden.
FA = FG Wasser, verdrangt
.. , (4.2)

FG Wasser, verdrangt
.. = VWasser, verdrangt
.. · ρWasser · g (4.3)
4.1 Schiffsrumpf 135

Abb. 4.2 Schwimmfähigkeit Schiff. FA Auftriebskraft; FG Gewichtskraft Schiff; S Schwerpunkt

mit g der Erdbeschleunigung und ρWasser der Dichte des Wassers, welche von seinem
Salzgehalt abhängig ist (s. Anhang 2).
Im Schiffbau werden folgende Formelzeichen verwendet:

• Unterwasservolumen (Verdrängungsvolumen) des Schiffskörpers ∇ VWasser, verdrängt,


• Gesamtgewicht (Verdrängungsgewicht) des Schiffes ΔF FG,
• Außenhautfaktor (Shell Plating Coefficiant)2 aH.

Damit ergibt sich für die Berechnung der Masse des verdrängten Wassers die Formel:

�F = ∇ (m3 ) · ρWasser (kg/m3 ) · g (m/s2 ) in Newton. (4.4)


Für überschlägige Berechnungen können die Dichtewerte für Wasser aus dem Anhang 2
entnommen werden.
Beim Entwurf wird auch mit der Masse des verdrängten Wassers (= Gesamtmasse
des Schiffes) gerechnet; Die sog. Entwurfsgleichung lautet:
�F = Light Ship Weight + Deadwight = LPP · B · CB · ρWasser · (1 + aH ). (4.5)
„CB“ ist der sog. Blockkoeffizient. Dieser gibt das Verhältnis des Volumens des Unter-
wasserschiffes zum umschreibenden Quader an; er kennzeichnet die Wasserverdrängung
und damit die Tragfähigkeit des Schiffs.

CB = (4.6)
LPP · B · T

2Berücksichtigt die tatsächliche Verdrängung gegenüber der „Verdrängung auf Spanten“, für über-

schlägige Berechnungen oft mit 0,003 in Ansatz gebracht.


136 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.3 Metazentrum/


Stabilität. FA Auftriebskraft;
FG Gewichtskraft; B,
B′ Formschwerpunkt
FA
Unterwasserschiff;
G Gewichtsschwerpunkt; hm M
K Kiel; M Metazentrum; hm
G
metazentrische Höhe

B B`

K
FG

„LPP“ ist die Länge zwischen den Loten, d. h. der Abstand zwischen Mittellinie Ruder-
schaft und Schnittpunkt Wasserlinie-Vordersteven auf Konstruktionswasserlinie.
Je kleiner CB, desto „schlanker“ das Schiff. Schnelle Schiffe haben meist einen kleinen
CB-Wert. Der Blockkoeffizient wird auch als Völligkeit bezeichnet.3
Hinsichtlich der Stabilität von Wasserfahrzeugen ist Folgendes wichtig: Um auch
in Bewegung betriebssicher zu sein, muss ein Rumpf neben einem ausreichenden Frei-
bord über ein Wiederaufrichtungsvermögen verfügen – Stichwort: metazentrische Höhe.
Der senkrechte Abstand zwischen dem Vektor der Gewichtskraft des Schiffes und der
Auftriebskraft bestimmt das aufrichtende Moment. Die Auftriebskraft verläuft durch die
metazentrische Höhe. Für eine ausreichende Stabilität des Wasserfahrzeugs muss inso-
fern das Metazentrum bei einem formstabilen Schiff oberhalb seines Schwerpunktes
­liegen (s. Abb. 4.3).

Beispiel zum Auftrieb


Ein Schiff befindet sich auf hoher See, wobei die Dichte des Meerwassers 1,03 g/cm3
beträgt. Das Schiff fährt dann in den Hafen ein. Die Dichte des Hafenwassers beträgt
lediglich 1,00 g/cm3. Nachdem das Schiff 600 t Last abgeladen hat, liegt es genauso
tief im Wasser wie auf hoher See. Welche Masse hat das Schiff ohne die Ladung?
Vereinfachung: Anstelle der Gewichtskraft wird die Masse verwendet.
Ein Schiff schwimmt, wenn die Masse des verdrängten Wassers gleich der Masse
des Schiffes ist. Es taucht immer so tief ein, bis dieser Gleichgewichtszustand her-
gestellt ist. Da die Dichte von Salzwasser größer ist als die Dichte von Süßwasser
(Hafenwasser), wiegt das gleiche Volumen Salzwasser auch mehr als Süßwasser und
das Schiff taucht nicht so tief ein.

3Zum genaueren Studium der Vermessung s. auch [8] bzw. [6, Chap. 1 General principles].
4.1 Schiffsrumpf 137

Fährt das Schiff in den Hafen, muss es mehr Wasser als im Meer verdrängen, denn die
Masse des Schiffes ändert sich ja nicht – es taucht tiefer ein. Nach der Entladung taucht
es wieder aus, der Tiefgang und somit das verdrängte Volumen verringern sich wieder.
Es gelten somit folgende Gleichungen:

1. Salzwasser, Schiff beladen:


..
Masse des Schiffes + Masse der Ladung = Masse des verdrangten Salzwassers,

mSchiff + mL = mMW , (4.7)

mSchiff + mL = ρMW · V . (4.8)


2. Süßwasser, Schiff entladen:
..
Masse des Schiffes = Masse des verdrangten Hafenwassers,

mSchiff = mHW , (4.9)

mSchiff = ρHW · V . (4.10)


3. Da nach dem Entladen die Eintauchtiefe gleich geblieben ist, gilt (Auftrieb ist
gleich der Masse der verdrängten Flüssigkeit m = ρ/V): Volumen des verdrängten
Salzwassers vor dem Entladen = Volumen des verdrängten Süßwassers nach dem
Entladen. Insofern ist V = konst.

In den beiden Gl. 4.8 und 4.10 treten das Volumen und die Masse des Schiffes als
unbekannte Größen auf. Da das verdrängte Wasservolumen in beiden Fällen gleich ist,
stellt man diese nach V um, setzt sie gleich und berechnet die Masse des Schiffs:

mSchiff + mL mSchiff
= ,
ρMW ρHW
mSchiff · ρHW + mL · ρHW = mSchiff · ρMW ,
mL · ρHW
mSchiff = ,
ρMW − ρHW
600 t · 1,00 g/cm3
mSchiff =   = 20.000 t.
1,03 g/cm3 − 1,00 g/cm3

Antwort: Das Schiff hat eine Masse von 20.000 t.


138 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

9
7 10

6 8

5 2

Abb. 4.4 Gebräuchliche Bezeichnungen am Schiff: 1 Bug ist das Vorderteil des Schiffsrumpfes;
2 Bugwulst – auch Wulstbug genannt – dient zur Verbesserung der Strömungseigenschaften, senkt
die erforderliche Antriebsleistung und reduziert insofern den Treibstoffverbrauch; 3 der Anker hält
das Schiff im Wasser, z. B. wenn es auf Reede liegt, er dient darüber hinaus der Schiffssicherheit
bei Manövrierunfähigkeit; 4 Steuerbord ist die – vom Heck zum Bug gesehen – rechte Seite des
Schiffes (nachts oder bei schlechter Sicht durch grünes Licht gekennzeichnet), die Backbordseite
ist die – vom Heck zum Bug hin gesehen – linke Seite des Schiffes (durch rotes Licht gekenn-
zeichnet); 5 Heck bezeichnet den hinteren (achternen) Teil des Fahrzeugs; 6 der Schornstein ist
für die Ableitung der Abgase aus Antriebs- und anderen Verbrennungseinrichtungen notwendig;
7 die Aufbauten und Deckshäuser bezeichnen alle Aufbauten oberhalb des Oberdecks [15, S. 47];
8 Oberdeck, auch Hauptdeck, ist das Deck, das den Rumpf nach oben abschließt, schiffbaulich ist
das Hauptdeck auch dasjenige, in dem sich die oberen auf ganzer Länge durchlaufenden Festig-
keitsverbände des Schiffsrumpfs befinden; 9 Brückennock (in der Regel die breiteste Stelle des
Schiffs); 10 Brücke

4.1.2 Wichtige Bezeichnungen und Hauptabmessungen

In Abb. 4.4 werden einige wenige gebräuchliche Bezeichnungen am Schiff benannt.


Zu den wesentlichen den Schiffsentwurf bestimmenden Hauptabmessungen zählen
neben der Geschwindigkeit [10, S. 855]; [13, S. 2 f.],4

• Länge, Breite, Tiefgang, Seitenhöhe bis Freiborddeck5,


• Blockkoeffizient (s. Abschn. 4.1.1),

4Hierzu näher [6]; ferner: [8, H. Begriffsbestimmung], [6, Chap. 2 General arrangement design],
http://www.risp-duisburg.de/files/technik.pdf.
5Das Freiborddeck (auch Vermessungsdeck genannt) ist in der Regel das oberste dem Wetter und

der See ausgesetzte durchlaufende Deck, das für alle Öffnungen in seinem freiliegenden Teil feste
Verschlussvorrichtungen aufweist und unterhalb dessen alle Öffnungen in den Schiffsseiten mit
festen wasserdichten Verschlussvorrichtungen versehen sind (s. http://www.uni-protokolle.de/lexi-
kon/freiborddeck.html; Internationales Freibord-Übereinkommen von 1966, Anlage I).
4.2 Aufbauten, Deckshäuser, Schornstein 139

• Hauptspantvölligkeit; sie bezeichnet das Verhältnis der auf Mallkante bezogenen Haupt-
spantfläche zu dem Rechteck aus Breite und Tiefgang. Die Mallkante ist die Innenkante
der Außenhaut. Hauptspant ist der Spant an der größten Breite des Schiffes [34],

• Spantarealkurve, insbesondere Bugwulst und die Lage der Schultern.

Hinsichtlich der Hauptabmessungen sind die in Tab. 4.1 aufgeführten Angaben üblich.
Insbesondere wird bei den Längenangaben noch weiter differenziert, wie LC, L∗
und LS; hierbei handelt es sich um spezielle Längenangaben aus Bauvorschriften der
Klassifikationsgesellschaften.

4.2 Aufbauten, Deckshäuser, Schornstein

Aufbauten sind Bauten auf dem Freiborddeck, die von Bord zu Bord reichen oder deren
Seitenbeplattung um <0,04 B6 von der Außenhaut eingerückt ist. Sogenannte wirksame
Aufbauten sind solche, die sich im Bereich von 0,4 L7 mittschiffs erstrecken und >0,15 L
sind; hierbei wird die Seitenbeplattung als Außenhaut und das Deck als Gurtungsdeck
konstruktiv mit dem Rumpf zu einem Gesamtverband verbunden (vgl. Abb. 4.5).
Deckshäuser sind dagegen Bauten über dem Gurtungsdeck, deren Seitenbeplattung
>0,04 B von der Außenhaut eingerückt ist; sie werden auf den Rumpf aufgesetzt
(s. Abb. 4.6).
Bei Seeschiffen werden Abgasleitungen in der Regel nach oben aus dem Schiff
geführt8 und enden, um eine ungestörte Ableitung der Abgase zu ermöglichen, über dem
obersten Deck. Die Verkleidung der Abgasrohre ist der Schornsteinmantel, das gesamte
Bauteil der Schornstein (s. Abb. 4.6 und 4.7). Der Schornstein hat folgende Aufgaben:

6B =  Konstruktionsbreite (s. Tab. 4.1).


7L =  Länge zwischen den Loten (s. Tab. 4.1).
8Zur Vermeidung einer Infrarotdetektion erfolgt bei Marineschiffen die Ableitung der Abgase in

der Regel seitlich oder achtern aus dem Rumpf, knapp oberhalb oder auch unterhalb der Wasser-
oberfläche. Bei Sportbooten und Jachten ist diese Art der Abgasführung ebenfalls üblich.
140 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Tab. 4.1  Übliche Hauptabmessungen im Schiffbau


Abkürzung Engl. Bedeutung Beschreibung
Bezeichnung
KWL CWL Konstruktionswasser- Schwimmwasserlinie bei ­Sommerfreibord
linie
HL AP Hinteres Lot Meist Ruderachse
VL FP Vorderes Lot Schnitt des Vorstevens mit der KWL
LAD Länge an Deck Vom vordersten zum hintersten festen
Punkt (Vorderkante Vorsteven – Hinterkante
Achtersteven auf Deckshöhe)
LÜA LOA Länge über alles Für die Kaibelegung von Bedeutung; Maß
vom äußersten vordersten Teil des Schiffs
(bei Großseglern z. B. Nock des Bugspriets)
bis zum äußersten achternen Ende des
Schiffs (kann z. B. die Nock des über das
Heck hinausragenden Flaggenstocks sein)
LWL Länge in der (KWL; Vorderkante Vorsteven – Hinterkante
Schwimmwasserlinie Achtersteven in der KWL einschließlich
Ruderblatt)
LZDL LPP Länge zwischen den Länge vom hinteren Lot (AP), welches
Loten die Drehachse des Ruders ist, und dem
vorderen Lot (FP) als dem Schnittpunkt der
Konstruktionswasserlinie mit der Vorder-
kante des Vorstevens gemessen (Länge
zwischen den Perpendikeln)
B Konstruktionsbreite Üblicherweise Breite der Konstruktions-
wasserlinie (BDWL); sie ist die größte Breite
der Konstruktionswasserlinie, auf Mallkante
gemessen
BÜA BOA Breite über alles Breite zwischen den äußersten Punkten des
Schiffes an Backbord und Steuerbord, in der
Schiffsmitte gemessen
D od. Seitenhöhe Höhe von Mallkante Seite Deck des obers-
auch H ten durchlaufenden Decks über der Basis auf
halber Länge zwischen den Loten
F Freibord Gemessen von KWL bis Oberkante Deck-
belag an der Seite des Schiffes auf halber
Schiffslänge
T Konstruktionstiefgang Gemessen auf Unterkante Bodenwrange bei
Stahlschiffen auf halber Länge zwischen
den Loten (LPP)
Tg Größter Tiefgang
V Verdrängung des
Schiffes auf Spanten
4.2 Aufbauten, Deckshäuser, Schornstein 141

Abb. 4.5 MSC ARMONIA – Aufbauten ziehen sich fast über die gesamte Schiffslänge

Abb. 4.6 Deckshaus eines Containerschiffs von achtern gesehen

• Verbesserung der Ableitung der Abgase (zur Vermeidung einer Beeinträchtigung von
Passagieren und Besatzung durch Ruß und Geruch, Vermeidung von Verschmutzung
des Decks durch Rußpartikel),
• Vermeidung der Berührung der heißen Oberflächen der Rauchgasleitungen,
• optischer Aspekt; häufig ist der Schornstein in den Reedereifarben gestrichen, in der
Regel findet sich auf ihm auch das Reedereilogo (s. Abb. 4.7b).
142 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.7 Schornstein der MSC ARMONIA (a und b)

4.3 Nicht integrierte Fundamente

Auf Schiffen finden sich eine Vielzahl von Fundamenten zur Aufstellung von Maschinen
und Apparaten. Sie sollen die Massen und Kräfte auf die Raumstruktur übertragen und
eine sichere Befestigung der Komponenten ermöglichen. Bei ihrer Konstruktion wird
eine hohe Steifigkeit angestrebt, um Deformationen an den aufzunehmenden Aggregaten
unterhalb schädlicher Grenzen zu halten.
Darüber hinaus sollen Schwingungen, die von der Maschine oder dem Apparat aus-
gehen können, durch das Fundament auf die Schiffsstruktur verhindert werden, die durch
Schwingungsanregung in den Schiffsstrukturen zu Belästigungen für Mannschaften und
Passagiere führen können (Frequenz 1–80 Hz). Zu den Ganzkörperschwingungen zählen
auch niederfrequente Schwingungen (<1 Hz), denen Besatzung und Reisende ausgesetzt
sind; sie können bei ihnen die sog. Seekrankheit (Kinetose) verursachen.
In Deutschland gibt die „Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung“9 zum Schutz
von Arbeitnehmern, insofern von Besatzungsangehörigen unter deutscher Flagge fah-
render Schiffe, unter § 9 Expositionsgrenzwerte und Auslösewerte für Vibrationen10
(Schwingbeschleunigung bezogen auf einen 8-h-Arbeitstag – a8) verbindlich vor [4]:

(1) Für Hand-Arm-Vibrationen beträgt


a) der Expositionsgrenzwert a8 = 5 m/s2 und
b) der Auslösewert a8 = 2,5 m/s2.

9Verordnung vom 06.03.2007 (BGBl. I, S. 261), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung
vom 19.07.2010 (BGBl. I, S. 960).
10Der Expositionsgrenzwert ist die absolute Grenze für die Einwirkung, bei Erreichen des Aus-

lösewertes muss der Arbeitgeber weitere Untersuchungen/Maßnahmen zur Expositionsbegrenzung


vornehmen.
4.3 Nicht integrierte Fundamente 143

(2) Für Ganzkörpervibrationen beträgt


a) der Expositionsgrenzwert a8 = 1,15 m/s2 in x- und y-Richtung und a8 = 0,8 m/s2
in z-Richtung und
b) der Auslösewert a8 = 0,5 m/s2.

Die x- und y-Koordinaten geben die Richtung der Schwingung in der horizontalen, die
z-Koordinate in der vertikalen Richtung an.
Vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind die Beschäftigten
auf Seeschiffen nur dann, soweit dafür Rechtsvorschriften bestehen, die gleichwertige
Regelungen enthalten. Hier kann z. B. wieder die GL-Bauvorschrift „I Schiffstechnik“
herangezogen werden. Unter Zif. I-1-1 wird unter „F. Schwingungen“ ausgeführt:11

Schwingungsgrenzwerte auf Schiffen können in mehrerer Hinsicht festgelegt werden.


Soweit nicht die Anwendung anderer nationaler oder internationaler Vorschriften oder Nor-
men zwingend vorgeschrieben ist, werden folgende Richtlinien und Regularien empfohlen:
Für Schwingbelastung, der die Besatzung ausgesetzt ist

• Messverfahren, Auswertung: entsprechend ISO 6954, ed. 2000


• Grenzwerte: in Anlehnung an ISO 6954, differenziert nach Schiffstyp und Örtlichkeit
• Schiffe unter deutscher Flagge: Richtlinien und UVVen der BG Verkehr [2]
• Schwingbelästigung von Passagieren: GL-Klassenzeichen „Harmony Class“, GL Rules
on Rating Noise and Vibrations for Comfort, Cruise Ships (I-1-16)
• Schwingungen von Maschinen, Geräten und sonstigen Einrichtungen:
GL Vorschriften für Maschinenanlagen (I-1-2), Abschn. 1.

Diese Ausführungen zeigen, dass es in der Tat unterschiedliche Normen zur Beurteilung
der Frage gibt, ob eine Schwingung als belästigend anzusehen ist oder nicht. Hier kommt
es im Einzelfall auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Kunde und Werft oder
auch hinsichtlich gesetzlicher Regelungen bzw. Anforderungen der Klassifikationsgesell-
schaften an.
Darüber hinaus können die Schwingungen der Maschinen und Apparate lokal auch
zu Rissbildungen aufgrund der Wechselbeanspruchung in den Bauteilen der Schiffs-
konstruktion führen. Daher werden schwingungsrelevante Aggregate in der Regel
schwingungsgedämpft aufgestellt (s. Abb. 4.8 und 4.9). Eine Auswahl von Schwingungs-
dämpfern wird exemplarisch im Anhang 3 dargestellt.12
Von nichtintegrierten Fundamenten spricht man, wenn diese als besondere Bauteile
eigens zur Aufnahme von Maschine oder Apparaten gefertigt werden und dann in die
Grundkonstruktion „Schiff“ integriert werden (s. Abb. 4.10). Die zu gründenden Aggre-
gate werden also in diesen Fällen nicht direkt mit der eigentlichen schiffstechnischen
Konstruktion verbunden.

11Siehe auch Anhang 4.


12Zum Vorstehenden u. a. [26].
144 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.8 Luftverdichter für


Anlassdruckluft auf Fundament
mit Schwingungsdämpfer
(nichtintegriertes Fundament)

Gummischwingungsdämpfer

Abb. 4.9 Elastische Lagerung


eines Antriebsmotors
4.3 Nicht integrierte Fundamente 145

Abb. 4.10 Lagerung


bzw. Aufstellung einer
Feuerlöschpumpe
(ungedämpfte Montage)

Integrierte Fundamente sind dagegen solche, wenn Teile der normalen Schiffs-
struktur – ggf. auch in verstärkter Ausführung – direkt der Aufnahme von Baugruppen
dienen (s. Abb. 4.11).
Eine Einteilung der Fundamente kann wie folgt vorgenommen werden [15, S. 48]:

• Fundamente für Hauptmaschinen,


• Fundamente für Deckshilfsmaschinen,
• Fundamente für Hilfsmaschinen und sonstige Apparate.

Fundament

Abb. 4.11 Fundament einer Hauptantriebsmaschine


146 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

4.3.1 Exkurs zum Thema Schwingungen

Durch die Kolbenbewegungen in den Antriebsdieseln, durch Unwuchten bei Rotations-


kolbenmaschinen (z. B. Pumpen, Gebläse) usw. werden diese Aggregate in Schwingungen
(Vibrationen) versetzt. Diese übertragen sich, soweit sie nicht durch Dämpfungselemente
ausgekoppelt werden, auf die Schiffsstruktur.
Eine wichtige Eigenschaft einer schwingenden Bewegung ist ihre Frequenz, d. h. die
Anzahl der pro Sekunde ausgeführten Schwingungen. Für die Frequenz verwendet man
das Symbol f, die SI-Einheit ist Hertz (Hz), wobei 1 Hz eine Schwingung pro Sekunde
ist (s. auch Abb. 4.12). Mit der Frequenz verknüpft ist die Schwingungsdauer T:
1
T= . (4.11)
f
Eine Bewegung, die sich in regelmäßigen Abständen wiederholt, bezeichnet man als
periodische Schwingung oder periodische Bewegung. Wird diese Schwingung regelmäßig
angeregt, spricht man von einer erzwungenen Schwingung.
Bei dieser Bewegung lässt sich die Auslenkung eines schwingenden Masseteilchens
von seiner Ursprungslage als Funktion der Zeit ausdrücken:
y(t) = y0 · cos(ωt + ϕ). (4.12)
Hierbei ist y0, die maximale Auslenkung des schwingenden Masseteilchens von seiner
Ruhelage und wird Amplitude genannt (häufig wird als Index auch m für „maximal“ ver-
wendet); ω ist die sog. Winkelgeschwindigkeit oder Kreisfrequenz (bei einer erzwungenen
Schwingung durch die erregende Kraft hervorgerufen) und ϕ der Phasenwinkel. Den Term
(ωt + ϕ) nennt man Phase der Bewegung.
Die Kreisfrequenz oder Winkelgeschwindigkeit wird durch folgende Gleichung
beschrieben:

ω= = 2ωf . (4.13)
T

Abb. 4.12 Harmonische


Schwingung. (Grafik:
Debenben, CC0 1.0)
4.3 Nicht integrierte Fundamente 147

Die SI-Einheit für die Kreisfrequenz ist der Radiant pro Sekunde (aus Konsistenz-
gründen muss ϕ daher auch in Radiant angegeben werden).
Nun wird aber nach den einschlägigen Tabellenwerken als Grenzwert für die Zumutbarkeit
von Schwingungen nicht nur nach der Amplitude gefragt; auch ist die Schwingbeschleunigung
als Grenzwert vorgegeben. Die Beschleunigung a ist ganz allgemein die erste Ableitung der
Geschwindigkeit v nach der Zeit t:
dv(t)
a(t) = . (4.14)
dt
Die Schwinggeschwindigkeit v ergibt sich nun wieder aus der ersten Ableitung der
Funktionsgleichung für die harmonische Schwingung nach der Zeit:
dy(t) d 
v(t) = = y0 cos(ωt + φ) , (4.15)
dt dt

v(t) = −ωy0 sin(ωt + ϕ). (4.16)


Somit ergibt sich dann für die Schwingbeschleunigung, auch Beschleunigungsamplitude
genannt:

a(t) = −ω2 y0 cos(ωt + ϕ) = ω2 y(t). (4.17)


Ist die Beschleunigung eines Teilchens als Funktion der Zeit bekannt, kann mithilfe
des newtonschen Gesetzes auch die Kraft ermittelt werden, die dem Teilchen diese
Beschleunigung erteilt. Das ist z. B. interessant für die Frage, welche Kraft eine vibrie-
rende Masse auf sein Fundament ausübt:
 
F = m · a = − m · ω2 · y. (4.18)

Das Ergebnis, eine rücktreibende Kraft proportional zur Auslenkung, aber mit entgegen-
gesetztem Vorzeichen, ist das sog. Hook’sche Gesetz für die Federkraft:
FF = −k · y. (4.19)
Hier ist die Federkonstante k = mω2. So ist sofort ersichtlich, dass bei einer harmonischen
Schwingung die Kraft linear proportional zur Amplitude y ist. Die Kreisfrequenz ω der
harmonischen Schwingung des Teilchens hängt insofern von der Federkonstanten k und
der Masse m ab:

k
ω= . (4.20)
m
Für die Periodendauer erhält man somit:

m
T = 2π · . (4.21)
k
148 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Nun müssen harmonische Dauerschwingungen eventuell gedämpft werden, um die vor-


gegebenen Grenzwerte nicht zu überschreiten. Unser schwingendes Feder-Masse-System
muss durch eine äußere Kraft (z. B. durch einen Gummipuffer) gedämpft werden. Wir
reden dann von gedämpften harmonischen Schwingungen. Wir nehmen an, dass für das
Zusammendrücken des Gummidämpfers eine Kraft FG erforderlich ist, die proportional
zum Betrag der Geschwindigkeit unserer Masse ist; es gilt dann:
FG = −D · v, (4.22)
wobei durch das negative Vorzeichen dargestellt wird, dass die Kraft entgegen der Kraft
der schwingenden Masse wirkt. D ist der Dämpfungskoeffizient (manchmal auch b, wie
im Folgenden auch weiter verwendet). Die von der Feder auf das Gewicht ausgeübte
Kraft ist FF = −ky. Ferner nehmen wir an, dass die Gravitationskraft auf das Gewicht
im Verhältnis zu FG und FF vernachlässigbar ist. Nach dem zweiten newtonschen Gesetz
gilt dann:
−Dv − ky = ma. (4.23)
Durch Einsetzen und Umstellen erhält man:

d2 y dy
m 2
+ b + ky = 0. (4.24)
dt dt
Die Lösung dieser Differenzialgleichung lautet [9, S. 19]:

y(t) = y0 e−bt/2m cos(ω′ + ϕ). (4.25)


In Gl. 4.25 ist „e“ die Eulersche Zahl, ω′ ist die Kreisfrequenz des gedämpften Systems;
sie ist gegeben durch:
  
b2

′ k
ω = − . (4.26)
m 4 m2

Wie oben ausgeführt, führen Unwuchten rotierender Systeme zu Schwingungen, die


sich über die Bauteile übertragen (Problem der Resonanzen!).13 Wir betrachten hier zur
Erläuterung einiger grundsätzlicher Begriffe das einfachste Modell für Biegeschwingungen,
nämlich eine Einzelscheibe mit der Masse m, mittig auf einer masselosen Welle angebracht,
bei starrer Lagerung und ohne Dämpfung. Dieses System kann als Feder-Masse-System mit
einem Freiheitsgrad aufgefasst werden und vollführt erzwungene, durch Unwucht erregte
Schwingungen.
Eine Schwerpunktsexzentrizität e (= Abweichung von der Wellenmitte) hat eine mit
der Winkelgeschwindigkeit ω = 2πf umlaufende Fliehkraft der Größe Fu = meω2 zur
Folge, wobei das Produkt aus Masse mal Exzentrizität als Unwucht U = me bezeichnet

13Zum Folgenden [28].


4.3 Nicht integrierte Fundamente 149

wird. Die Lösung der Bewegungsgleichungen ergibt eine ausgebogene, stationär


umlaufende Welle wobei sich die Durchbiegung des Wellenmittelpunktes ergibt zu:

w = eη2 /(1 − η2 ). (4.27)


Hierin ist η das sog. Frequenzverhältnis, also das Verhältnis von Erregerfrequenz ω zur
Eigenfrequenz ω0 also: η = ω/ω0. Die Eigenfrequenz ω0 ist eine sehr wichtige Kenng-
röße jedes schwingungsfähigen Systems und berechnet sich in diesem Fall aus der ein-
fachen Beziehung ω02 = k/m, wobei im betrachteten Beispiel k die Biegesteifigkeit der
Welle darstellt ist. Ganz allgemein ist beim Feder-Masse-System k die Federkonstante.
Bei rotierenden Maschinen wird üblicherweise die entsprechende Frequenz als kritische
Drehzahl angegeben:

nkrit = 30 · ω0 /π [min−1 ]. (4.28)


Man erkennt unschwer, dass für η ⇒ 1, oder ω ⇒ ω0 die Durchbiegung unendlich groß
wird (w ⇒ ∞), man spricht von Resonanz.
Obwohl bei realen Systemen die Auslenkung nicht nach unendlich geht, da Reibungs-
einflüsse (⇒ Dämpfung) die Amplituden auf ein endliches Maß beschränken, muss die-
ser Zustand entweder gänzlich vermieden oder zumindest bei An- und Abfahrvorgängen
einer Maschine schnell durchfahren werden, um ein Überbeanspruchen der Bauteile oder
ein Anstreifen der Läufer im Gehäuse zu verhindern.
Der Bewegungszustand η < 1 wird als „unterkritisch“ bezeichnet, wobei der Wellen-
mittelpunkt W innerhalb des Schwerpunktes S zu liegen kommt, das heißt, die Fliehkraft-
erregung und die Ausbiegung der Welle sind in gleicher Phase.
Bei „überkritischem Bewegungszustand“ η > 1 kommt dagegen der Schwerpunkt S
innerhalb des Wellenmittelpunktes W zu liegen, das heißt Auslenkung und Erregung sind
in Gegenphase.
Für (η ⇒ ∞) wandert der Schwerpunkt in den Ursprung, der Wellenmittelpunkt läuft
mit der Exzentrizität e um.

Beispielaufgabe
Ein Elektromotor der Gesamtmasse m und einer Betriebsdrehzahl n ist auf einer elas-
tischen Unterlage montiert. Er läuft mit einer Unwucht, die einer Masse mu mit einer
Exzentrizität e entspricht.

mu
150 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Gegeben: mges = 40 kg, mu = 0,7 kg, e = 0,4 mm, n = 3000 min−1, η = 4.


Gesucht:
a) Federkonstante k, sodass sich bei ungedämpften Schwingungen ein
Eigenkreisfrequenzverhältnis von η = ω/ω0 = 4 ergibt,
b) Kraft, die im Betriebszustand auf das Fundament ausgeübt wird.
c) Überprüfen Sie, ob die Schwingbeschleunigung im Betriebszustand kriti-
sche Werte hinsichtlich bestehender Grenzwerte erreicht.

Lösung14

a)
ω/ω0 = 4, daraus folgt: ω0 = ω/4,
n = 3000 min−1 = 50 sec−1 ,
ω = 2πf = 2π · 50 sec−1 = 314 sec−1 ,
ω0 = 314 sec−1 /4 = 78,5 sec−1 ,
k = mges · ω02 = 40 kg · (78,5 sec−1 )2 = 246.490 kg/sec2 .

b) Der Betrag der Kraft, die die elastische Unterlage den Schwingungen entgegen-
setzt, ist proportional der maximalen Amplitude, die diese Unterlage erfährt; der
Proportionalitätsfaktor ist die Federkonstante:
|F| = k · y,
wobei
mu · η2 ..
y =e· , „e“ ist die Exzentrizitat,
mges (1 − η2 )
somit

0,7 kg · 42 / 40 kg(1 − 16) = |0,008 mm|,


   
y = 0,0004 m
daraus folgt

|F| = 246.490 kg/sec2 · 0,000008 m, F = 1,84 N.


c)
a = ω02 · y = 78,52 sec−2 · 0,008 mm = 49 mm/sec2 .
Damit sind sämtliche Grenzwerte nach den einschlägigen Regelwerken eingehalten
(s. vorstehende Ausführungen in Abschn. 4.3).

14Siehe zu dieser Aufgabe vertiefend auch [27].


4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 151

4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk

Um das Schiff auf See, z. B. auf Reede, auf einer festen Position zu halten oder an der
Pier sicher festzumachen, muss es mit ausreichendem Ankergeschirr und Festmachern
ausgerüstet sein.

4.4.1 Ankergeschirr

Das Ankergeschirr besteht aus einem Anker und der Ankerkette. Die Kette wird mittels
des Ankerschäkels (oft ein Wirbelschäkel) mit dem Anker verbunden. Die Ankerkette
kann auf kleineren Schiffen durch einen kürzeren Kettenvorlauf (einige Meter Kette
direkt am Anker) und eine Ankertrosse (Ankerleine) ersetzt werden. Da das Gewicht
der Ankertrosse bzw. der Ankerkette eine wesentliche Rolle bei der Haltekraft des
Ankergeschirrs spielt, finden sich gelegentlich bei der ausschließlichen Verwendung
von Trossen Leinen mit eingearbeiteten Bleigewichten, um das geringere Gewicht der
Trosse zur Kette auszugleichen. Zu diesem Zweck können auch Reitgewichte an der
Trosse befestigt werden. Diese Maßnahmen finden aber eher in der Sportschifffahrt
Anwendung. In der Seeschifffahrt sind ausschließlich Anker und Kette gebräuchlich.
Hinsichtlich der Art des Ankers wird nach dem Ankergrund differenziert. Dem liegt die
Erkenntnis zugrunde, dass je nach Ankergrund die optimale Ankerform gewählt ­werden sollte.
Historische Funde geben Zeugnis über uralte Ankersteine (s. Abb. 4.13).
Der heute auf Seeschiffen gebräuchliche Anker ist der Patentanker (s. Abb. 4.14),
der als Kompromisslösung hinsichtlich der Haltbarkeit bei den unterschiedlichen Anker-
gründen am besten gerecht wird, wobei hinsichtlich seiner Detailgestaltung Nuancen in
der Ausführung gegeben sind (z. B. Hallanker, Inglefield-Anker u. a. m.).
Dieser Anker erzielt seine Haltekraft dadurch, dass er sich bei annähernd waagerech-
tem Zug der Ankerkette in den Boden eingräbt. Um diesen waagerechten Zug zu gewähr-
leisten, muss beim Ankern je nach Wind und Seegang ausreichend Kette gesteckt werden
(s. weiter unten).
Patentanker gehören zu den stocklosen Ankern. Das heißt, sie haben am oberen
Ende des Schaftes, unterhalb des Rorings, keinen quer zu den Flunken stehenden Stock.
­Weiteres Merkmal der Patentanker sind die drehbaren Flunken.

Abb. 4.13 Ankerstein


152 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.14 Patentanker in Ankerklüse

Die wesentlichen Bauteile des Patentankers sind in Abb. 4.15 zu erkennen.


Neben dem Patentanker kommt auch heute noch der Stock- oder Admiralitätsanker
(s. Abb. 4.16) bei kleineren Fischereifahrzeugen, insbesondere aber (wohl aus Nostalgie-
gründen) in der Segelschifffahrt, zur Anwendung.
Die Kette selbst ist aus Längen von 27 m zusammengesetzt, die durch Schäkel mit-
einander verbunden sind. Jeder Schäkel ist mit einer hellen Farbe markiert, um beim Ket-
testecken15 beim Ankern die ausgelaufenen Schäkel leichter zählen zu können; so wird
bestimmt, wie viel Ankerkette bereits gesteckt wurde. Die Ankerkette läuft durch die
Ankerklüse auf das Schiffsdeck, von dort weiter durch einen mechanischen Kettenstop-
per über das Zugrad (die Kettennuss) der Ankerwinde und weiter in den Kettenkasten.
Neben der Sicherung des Ankers mittels Kettenstopper befindet sich an der Anker-
winde noch eine Bandbremse zur Arretierung.
Der in Abb. 4.17 dargestellte Drahtseilstropp (s. roter Pfeil) dient zur zusätzlichen
Sicherung von Anker und Kette außerhalb der Revierfahrt.
Die Ankerkette oder Trosse muss so lang gesteckt (ausgefahren) sein, dass der Anker
auch bei Zugbelastung über die Ankerkette noch flach auf dem Grund liegen bleibt,
da er sonst aus dem Boden herausgerissen wird und nicht mehr hält. Ist dies nicht der
Fall, so liegt das Schiff kurzstag. Dies sollte nur unmittelbar vor dem Lichten (Aus-
brechen aus dem Grund) und Hieven (Hochziehen) der Fall sein, da die Haltekraft des
Ankers dann nur noch gering ist. Insofern wird überschlägig angenommen, dass die
drei- bis fünffache Wassertiefe an Kette bzw. Ankertrosse zu stecken ist; bei schwerer

15Unter Kette stecken versteht der Seemann das Fieren (Herablassen) der Ankerkette.
4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 153

Abb. 4.15 Patentanker.


Der Patentanker besteht aus
dem Schaft (a) und dem
Kettenschäkel (b). Die beiden b
d
Arme (c) mit den Händen
oder Spaten (d) sind mit dem
Schaft durch einen Bolzen (e)
verbunden

c a

Abb. 4.16 Admiralitäts- oder


Stockanker

See und/oder extremen Windverhältnissen entsprechend mehr. Die Bauvorschriften


der Klassifikationsgesellschaften können hier abweichende Annahmen vornehmen
(s. Abschn. 4.4.2).
Seeschiffe haben üblicherweise zwischen 10 und 12 Schäkel (1 Schäkel entspricht
heute 27 m – s. o.) Kettenlänge je Seite (Backbord und Steuerbord); insofern beträgt die
insgesamt mitzuführende Kettenlänge etwa 600 m [25].
Die Länge der gesteckten Kette wird insofern in Schäkeln angegeben. So kann die
Anweisung zum Ankern lauten: „5 Schäkel zu Wasser“ oder „3 Schäkel am Spill“. Sie hängt
154 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.17 Anker- und


Verholwinde mit Ankerkette

hauptsächlich von der Wassertiefe am Ankerplatz und der Bodenbeschaffenheit (Schlick,


Sand, Schill, Steine, Bewuchs etc.) ab. Auf den ersten Metern liegt die Kette auf dem
Meeresgrund und führt dann in einem Bogen (einer „e-Funktion“ ähnlich) nach oben zum
Schiff. Das Gewicht der am Boden liegenden Kette trägt erheblich zur Haltekraft bei. Die
Bucht, in der die Kette vom Schiff zum Grund hängt, wird bei kurzzeitiger Krafteinwirkung
auf das Schiff, z. B. durch Stampfbewegungen bei Seegang oder Dünung, etwas gestreckt
und wirkt so als Stoßdämpfer gegen Kraftspitzen, die sonst zu Schäden am Ankerspill oder
zum Brechen der Kette führen könnten. Bei nachlassender Krafteinwirkung sinkt die Kette
oder Trosse durch ihr Gewicht wieder zum Boden und das Schiff wird damit wieder an den
ursprünglichen Ort gezogen. Je größer die erwarteten Kräfte auf das Schiff (durch Wind-
druck, Strom, Seegang, Eisgang) sind, desto mehr Kette muss gesteckt werden. Wird statt der
Kette eine leichtere Trosse verwendet, so ist diese entsprechend länger zu wählen.
Als Ankerkette kommen im Allgemeinen Stegketten zur Anwendung (s. Abb. 4.18).

4.4.2 Auslegung bzw. Dimensionierung von Anker und Kette

In der Seeschifffahrt erfolgt heute die Auslegung der Ankerkette nach den Vorschriften
der Klassifikationsgesellschaften, wie z. B. des ehemaligen Germanischen Lloyd.16 Hier

16Vgl. dazu näher [8, Kap. 1 Schiffskörper, Abschn. 18]. Hinweis zu den ehemaligen GL-­
Bauvorschriften: Diese können von Bauvorschriften anderer Klassifizierungsgesellschaften
abweichend sein. Obwohl durch den DNV ⋅ GL – der Nachfolgeorganisation des GL – neue
­Bauvorschriften erlassen wurden, geben die alten Regelungen nach wie vor wertvolle Hinweise zur
Planung, Ausrüstung und Dimensionierung von Schiffskörpern und Bauteilen.
4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 155

Abb. 4.18 Ankerkette

sind Bauart (normale Kette oder Stegkette), Festigkeit, Länge usw. anhand von Tabellen
festgelegt. Ebenso sind auch Größe, Gewicht und Anzahl der Anker aus diesen Tabel-
len zu entnehmen. Maßgebend für die Auslegung der Kette und Anker ist die sog. Aus-
rüstungsleitzahl (engl. „equipment number“ – EN).
In der Binnenschifffahrt sind die Ankerketten und der Anker so ausgelegt, dass sie das
Schiff beim Ankern gegen den Strom halten können.
Die Formel zur Berechnung der Ausrüstungsleitzahl für die Bestimmung der Aus-
rüstung gemäß der ehemaligen GL-Bauvorschrift basiert auf der Annahme, dass die
Strömungsgeschwindigkeit des Wassers 2,5 m/s, die Windgeschwindigkeit 25 m/s und
die Länge der Ankerkette das 6- bis 10-Fache der Wassertiefe beträgt. Es wird davon
ausgegangen, dass das Schiff unter normalen Umständen nur mit einem Anker und einer
Ankerkette ankert.
Die Ausrüstungsleitzahl Z1 für Anker und Ketten berechnet sich nach Gl. 4.29:17

Z1 = EN = D2/3 + 2hB + (A/10), (4.29)


mit D Verdrängung auf Spanten [t] in Seewasser mit einer Dichte von 1,025 t/m3 auf
Sommerfreibord18 (Freibordmarke s. Abb. 4.19).

17Siehe [8, Kap. 1 Schiffskörper, Abschn. 18, S. 18–1]; diese wurde abgelöst durch [6, Chap. 11,
Hull equipment, supporting structure and appendages].
18Aus Stabilitätsgründen darf ein Schiff nicht tiefer als bis zu seiner Freibordmarke beladen wer-

den. Vertiefend zu den Freibordmarken s. a. See-Berufsgenossenschaft Hamburg, „D2 Merkblatt –


Über die Bedeutung der Freibordmarken“, i. d. F. vom 18. September 1987.
156 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.19 Freibordmarke der Klassifizierungsgesellschaft Bureau Veritas. TF Frischwasser


(­Tropen); F Frischwasser (Sommer); T Tropen; S Sommer; W Winter; WNA Winter im Nord-
atlantik; h wirksame Höhe von der Sommertiefladelinie bis zum obersten Deckshaus = a + hi;
a Abstand, gemessen mittschiffs, von der Sommertiefladelinie bis Seite Hauptdeck (m), Σhi
Summe der Deckhöhen von Aufbauten und Deckhäusern auf dem Hauptdeck mit einer Breite
größer als B/4, gemessen auf Mitte Schiff (m), etwa vorhandener Deckssprung ist nicht zu
berücksichtigen; falls das Hauptdeck im Bereich des untersten Aufbaus oder des untersten
Deckhauses örtlich unterbrochen oder abgestuft ist, so ist vom ideellen Deck auf Mitte Schiff
zu messen; A Lateralfläche (m2) von Schiffskörper, Aufbauten und Deckhäusern, die ober-
halb der Tiefladelinie und innerhalb der Länge L liegen und deren Breite größer als B/4 ist;
B Konstruktionsbreite, üblicherweise Breite der Konstruktionswasserlinie (BDWL), sie ist die größte
Breite der Konstruktionswasserlinie, auf Mallkante gemessen. (Foto: Wualex)

Eine Übersicht der einschlägigen Normen im Zusammenhang mit Ankerketten findet


sich beim Normenausschuss „Rundstahlketten“.19

Beispiel zur Dimensionierung von Anker und Kette


Auf Ihrer Werft wird ein Kreuzfahrtschiff gebaut. Ermitteln Sie die erforderliche
Anzahl und Art der Anker sowie die erforderliche Ankerkette nach der einschlägigen
Bauvorschrift des GL. Folgendes Datenmaterial wird Ihnen von der Entwurfsabteilung
zur Verfügung gestellt:

D = 71.100 t
h = 28 m
B = 30 m
A = 6720 m2
Einsetzen der genannten Daten in die Gleichung für die Ausrüstungsleitzahl (Gl. 4.29)
„EN = D2/3 + 2hB + (A/10) “ liefert: EN = 4068.

19Normenausschuss Rundstahlketten (NRK) im DIN Deutsches Institut für Normung e. V. (www.

din.de).
4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 157

Aus Tab. 1 Bauvorschrift DNV ⋅ GL „Rules for Classification – Ships, Part 3 Hull,
Chap. 11 Hull equipment, supporting structure and appendages“ folgt (s. Anhang 5):
Es sind zwei Anker mit einem Gewicht von je 12,3 t erforderlich; die Gesamtlänge
der Ankerkette (Stegkette) muss mind. 687,5 m betragen. Zwei der drei Anker sind
mit den Ketten zu verbinden, ein dritter Anker muss in Reserve liegen.

4.4.3 Leinen und Tauwerk

Auf Schiffen kommen Leinen und Tauwerk (zum Aufbau von Tauwerk s. Abb. 4.20)
zu unterschiedlichen Zwecken und aus unterschiedlichen Materialien zum Einsatz. Die
wichtigsten Einsatzgebiete sind die Verwendung als Festmacherleinen und Schlepptros-
sen. Es wird aber auch nach dem Einsatzzweck zwischen Tauwerk und Leinen für das
stehende Gut als auch für das laufende Gut unterschieden. Als stehendes Gut bezeichnet
man Tauwerk von Schiffen (i. d. R. bei Segelschiffen), das an Deck oder in der Take-
lage mit beiden Enden fest angeschlagen ist (z. B. zur Absteifung von Masten wie Wan-
ten, Stage, Pardunen, aber auch Strecktaue). Der Name erklärt sich dadurch, dass diese
bei Manövern meist nicht bewegt werden. Das laufende Gut ist jenes Tauwerk, das
üblicherweise durch Blöcke geschoren und bewegt wird (z. B. Flaggenleinen, Fallen und
Schoten, aber auch Verhol-, Festmacher-, Schlepp- und Ankerleinen).

dreikardeelige
geschlagene Leine

Kardeel

Garn

geflochtene Leine
Faser

Seele
Faden
Mantel

Abb. 4.20 Aufbau von Tauwerk


158 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.21 Geschlagenes


dreikardeeliges Tauwerk

Tauwerk20 ist der Oberbegriff für alle geschlagenen und geflochtenen Seile aus
Natur- und synthetischen Fasern. Eine besondere Gruppe des Tauwerkes bildet das Her-
kulestauwerk, das eine Seele (Kern) aus Drahtseil hat.
Geschlagenes Tauwerk (s. Abb. 4.21) beruht auf dem Zusammendrehen von
abwechselnd links- und rechtsherum gedrehten Seilsträngen. Somit sind bei den meist
gebräuchlichen Seilen drei Kardeele rechtsherum verdreht, die ihrerseits linksherum aus
einer Vielzahl von Garnen zusammengesetzt sind. Die Garne sind wieder rechtsherum
aus einzelnen Fäden zusammengesetzt, die ihrerseits wieder aus linksherum gedrehten
einzelnen Fasern zusammengesetzt sind.

Terminologie
• Faser = Grundelement eines Fadens
• Faden = aus mehreren verdrillten Fasern zusammengesetzt
• Garn = aus mehreren entgegengesetzt verdrillten Fäden zusammengesetzt
• Kardeel oder Bändsel = aus mehreren entgegengesetzt verdrillten Garnen zusammen-
gesetzt
• Seil = aus mehreren entgegengesetzt verdrillten Kardeelen zusammengesetzt
• Trosse = aus mehreren entgegengesetzt verdrillten Seilen zusammengesetzt

Geflochtenes Tauwerk (s. Abb. 4.22) gibt es in drei Ausführungen [22]:

• als Quadratgeflecht (Squareline): Acht Kardeele werden miteinander verflochten.


Von diesen ist jeweils die Hälfte links- bzw. rechtsherum gedreht, sodass sich ein
etwa quadratischer Tauwerksquerschnitt ergibt. Diese Flechtart hat den Vorteil, dass
derartige Seile sehr dehnbar und handlich sind (häufig in der Seeschifffahrt als Fest-
macher eingesetzt – s. a. Abb. 4.23).

20Das Folgende (im Wesentlichen) aus [33].


4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 159

Abb. 4.22 Geflochtenes


Tauwerk (Festmacherleine)

Abb. 4.23 Längsseitsliegen


an der Pier

• Als Hohlgeflecht: Diese Leine besteht nur aus lasttragenden Fasern und ist dadurch
sehr leicht und auch leicht zu spleißen.
• Als Kern-Mantel-Geflecht: Der lasttragende Teil der Leine wird von einem Mantel
umgeben, der den Kern vor Abrieb und Witterungseinflüssen schützt.

Weitere Unterscheidungskriterien sind Tab. 4.2 zu entnehmen.

Tauwerksarten
Naturfasertauwerk (aus Hanf, Manila, Sisal, Kokos, Baumwolle oder Flachs) wird in der
Seefahrt wegen des hohen Verschleißes und der teuren, aufwendigen Herstellung kaum
noch verwendet (Ausnahme: Traditionsschifffahrt). Heute hat sich in der Berufsschiff-
fahrt Tauwerk aus Kunstfasern oder Draht durchgesetzt. Kunstfasertauwerke haben den
großen Vorteil der Verrottungsbeständigkeit, können aber anfällig gegen Chemikalien
sein. Folgende Materialien sind verbreitet (zum Tauwerksmaterial und seiner Anwendung
s. auch Tab. 4.3):21

21Zur farblichen Kennzeichnung von Fasertauwerk s. Anhang 9.


160 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Tab. 4.2  Unterscheidungskriterien für Tauwerk nach seinem Durchmesser


Sehr starkes Tauwerk ∅ >22 mm Trosse
Schwaches Tauwerk ∅ bis 22 mm Leine
Dünnes Tauwerk ∅ bis 6 mm Bändselgut (auch Hüsing, Schiemannsgarn)

Tab. 4.3  Tauwerksarten und ihre Verwendung


Tauwerksart Gebräuchliche Handelsnamen Verwendung
Naturfaser Weitestgehend durch Kunstfasertauwerk
abgelöst; Verwendung auf Traditionsschiffen
Polyamid Perlon, Nylon Festmacher, Flaggleinen, Schlepptrossen
Polypropylen Toplon, Polyprop Schwimmfähig; Rettungsleine, Festmacher
Polyester Trevira, Diolen, Dacron Festmacher, Ankerleine, Fallen, Schoten
Polyethylen Marlex Festmacher, Schlepptrosse
Drahttauwerk Als stehendes Gut für Wanten und Stage

• Polypropylen (PP) – i. d. R. für Festmacher eingesetzt,


• Polyamid (PA),
• Polyester (PES),
• Aramid und Dederon.
• Bei Drahttauwerk (Drahtseilaufbau s. Abb. 4.24) ist mittlerweile nichtrostendes Mate-
rial weitverbreitet.

Tab. 4.3 stellt Tauwerksarten und ihre Verwendung übersichtlich dar.


Äußere Einflüsse, Einwirkung von Chemikalien, aber auch der Umgang mit dem Tau-
werk kann bei diesem zu einem Festigkeitsverlust22 führen, der wie folgt angenommen
werden kann:

• durch Spleiße: ca. 10 %,


• vernähtes Auge: ca. 20 %,
• durch Knoten: ca. 60–65 %,
• durch äußere Erwärmung aufgrund von Reibung,
• durch innere Erwärmung aufgrund von Arbeitsaufnahme (Reck),
• durch Wärmeeinwirkung aufgrund von Sonnenstrahlung oder Heizung.

Zum Festmachen des Schiffes an Pollern, Ringen, Pfählen etc., zum Verbinden von Leinen
usw. kommen in der Seefahrt diverse Knoten und Steke zur Anwendung (umgangssprach-
lich auch Seemannsknoten genannt; s. auch Anhang 8). Knoten und Steke müssen leicht zu

22Überschlägige Bruchlasten für Tauwerk, s. Tabellen im Anhang 6.


4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 161

Abb. 4.24 Drahtseilaufbau.


(Bild: Tachymètre, CC
BY-SA 3.0)

stecken sein, unter Belastung sicher halten und sich (ohne Last) leicht und schnell wieder
lösen lassen.
In der Regel kommt ein Längsseitsfestmachen an der Pier infrage (s. Abb. 4.23).
Damit das Schiff sicher liegt, wird es je nach Größe mit einer oder mehreren Vorleinen,
Achterleinen, Vor- und Achterspringleinen an Land festgemacht. Große Schiffe werden
teilweise zwischen Vor-/Achterleine und Springleine jeweils zusätzlich mit einer Brust-
oder Querleine sowie mit Kopf- und Heckleine stabilisiert. Deutlich sind in Abb. 4.23
zwei Vorleinen (auf einem Poller) und vier Vorspringleinen (Leinen, die von vorn nach
achtern führen) zu erkennen.
Die Festmacher werden durch eine Klüse im Schiff geführt und auf Pollern belegt. Bei
größeren Schiffen werden die Leinen häufig auch mittels einer Seilwinde durchgesetzt.
Zur Frage der Anzahl, Länge und Bruchkraft von Festmachern formulieren die ein-
schlägigen Bauvorschriften der Klassifizierungsgesellschaften die entsprechenden
Anforderungen. So finden sich beispielsweise unter Tab. 1 der DNV ⋅ GL-Vorschrift
„Rules for Classification – Ships, Part 3 Hull, Chap. 11 Hull equipment, supporting
structure and appendages“ Hinweise zur Auswahl von Ankern, Schlepptrossen und
Festmacherleinen. Deren Anzahl, Länge und Bruchkraft bestimmt sich nach der Aus-
rüstungsnummer (s. auch Tabelle im Anhang 5; [24]).
Nach der genannten Bauvorschrift können für Schlepp- und Festmachetrossen sowohl
Drahtseile als auch Faserseile sowie Seile, die aus Stahldraht- und Faserlitzen bestehen,
verwendet werden. Die in der dortigen Tab. 1 angegebenen Bruchkräfte gelten für Stahl-
und Faserseile.
Wenn in Tab. 1 der genannten Vorschrift Festmachetrossen mit Bruchkräften über
490 kN angegeben sind, können auch Trossen mit geringeren Bruchkräften vor-
gesehen werden, wenn die Trossenzahl vergrößert wird, sodass das Produkt aus Bruch-
kraft × Trossenzahl nach Tab. 1 nicht unterschritten wird. Die Bruchkraft der einzelnen
Trosse sollte jedoch nicht weniger als 490 kN betragen. Ebenfalls darf die Trossenzahl
verringert werden, bei gleichzeitiger Erhöhung der Trossenbruchkraft, wenn das Produkt
aus Bruchkraft × Trossenzahl nach Tab. 1 nicht unterschritten wird. Es sollten jedoch
mindestens sechs Festmachetrossen an Bord sein.
Unabhängig von der in Tab. 1 empfohlenen Bruchkraft sollte der Durchmesser eines
Faserseiles nicht kleiner als 20 mm sein [24].
162 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Beispiel zur Bemessung von Festmacherleinen


Das fiktive Schiff aus Abschn. 4.4.2 muss auch noch mit Festmachern ausgerüstet
werden. Der Kunde möchte dazu Tauwerk aus PP einsetzen. Ermitteln Sie nach der
einschlägigen Bauvorschrift des DNV ⋅ GL das Erforderliche. Für „h“ sind hier aller-
dings 40 m und für „A“ 7120 m2 anzunehmen.
Die Ausrüstungszahl für die empfohlene Auswahl der Trossen sowie für die
Bestimmung der Entwurfslast auf schiffsfeste Schlepp-, Verhol- und Festmacheinrich-
tungen und deren Unterbauten berechnet sich analog nach Gl. 4.29; es werden aller-
dings andere Werte für „h“ und „A“ in Ansatz gebracht (sie liegen ggf. höher – wie
in diesem Beispiel. Das berücksichtigt den Windangriff auf das Überwasserschiff:
Während ein vor Anker liegendes Schiff um diesen schwojen kann, kann ein an der
Pier liegendes Fahrzeug dem Winddruck nicht nachgeben).

EN = D2/3 + 2hB + (A/10). (4.30)


Mit den gegebenen Daten ergibt sich eine Ausrüstungsleitzahl EN = 4828.
Aus Tab. 1 der Bauvorschrift (siehe Anhang 5) „Rules for Classification – Ships,
Part 3 Hull, Chap. 11 Hull equipment, supporting structure and appendages“ ergeben
sich danach sieben Festmachertrossen mit einer Länge von je 200 m; die Bruchkraft
muss 686 kN betragen.
Hinweis: Zwischen der Seilfestigkeitsklasse und der Mindestbruchfestigkeit
besteht ein relativ komplexer Zusammenhang, der in der DIN EN 12385-4 näher
erläutert wird.
Die Seilbruchkraft von Drahtseilen wird vom Durchmesser (d) in mm, dem Füll-
faktor (f), dem Verseilfaktor (k) und der Zugfestigkeit (Rm) des Stahls bestimmt. Als
Durchmesser (d) gilt der größte Außendurchmesser des Seils (Kantenmessung). Der
Füllfaktor bestimmt den Anteil des Stahlquerschnitts am Gesamtquerschnitt. Der
Verseilfaktor ist bauartbedingt; Seile haben immer eine um etwa 5–15 % niedrigere
Festigkeit als die Festigkeit der Summe der einzelnen Drähte.
Die Mindestbruchkraft (MBK), das heißt die Kraft, die das Seil im Zugversuch
mindestens erreichen muss, wird dann nach folgender Formel berechnet:

f · Rm · k · d 2 · π
Fmin = [N]. (4.31)
4
Für die viel verwendeten Parallelschlagseile mit Stahleinlage und der Seilfestigkeits-
klasse Rm = 1770 N/mm2 beträgt zum Beispiel die Mindestbruchkraft nach DIN-EN
12385: Fmin = 630 d2 [29].
4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 163

Beispiel zur Bemessung einer Schlepptrosse


Ein Hafenschlepper (s. Abb. 4.25) ist mit einer Drahtschlepptrosse als Vorläufer aus-
zurüsten. Die Pfahlzugkraft des Schleppers beträgt 30 t. Der maximale Seilwinkel
zum geschleppten Anhang soll 45° betragen. Wählen Sie das erforderliche Drahtseil
aus (vgl. auch Abb. 4.25, wobei hier der Zugwinkel deutlich < 45◦ ist).
Der Pfahlzug ist die horizontale Kraft, die der Schlepper ausübt. Da die Schlepp-
trosse jedoch unter einem Winkel α von max. 45° vom Schlepper zum Bug des
Anhangs verläuft, ist für diesen Fall ein sog. Kraftdreieck zu zeichnen, da Kräfte
­Vektoren sind:

FS Fv

FPf

Die Zugkraft in der Schleppleine hat insofern die horizontale Komponente des Pfahl-
zugs (FPf) und eine vertikal gerichtete Komponente (Fv). Aus der Vektoraddition folgt:

→ → →
FS = F v + F Pf . (4.32)

Diese Vektoraddition lässt sich über die Winkelfunktion

Abb. 4.25 Schlepptrosse. (Foto: Buonasera, CC BY-SA 3.0)


164 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …


F Pf
cos α = → (4.33)
FS

beschreiben:
FPf 30 t
FS = = = 42 t.
cos α 0,7071
Das entspricht einer Kraft von FS = 412 kN. Unter Berücksichtigung eines Sicher-
heitsfaktors f = 1,3 für dynamische Seilbeanspruchungen aus Wind und Wellenschlag
ergibt sich eine erforderliche Bruchlastfestigkeit für die Schlepptrosse von 536 kN.
Laut Katalog z. B. des Herstellers Carl Stahl GmbH München23 ist ein Seildurch-
messer von d = 32 mm zu wählen (Rundlitzenseil Konstr. 6 × 36 WS-IWRC, DIN EN
12385-4 (DIN 3064)).
Nach Nr. C 4.3 des Abschn. 25 – Schlepper – der ehemaligen GL-Bauvorschrift
„I Schiffstechnik 1 Seeschiffe“ ist die erforderliche Mindestbruchkraft Fmin der
Schlepptrosse auf Basis der Entwurfskraft T (die Entwurfskraft T entspricht der vom
Betreiber geforderten Schleppkraft oder dem Pfahlzug, falls die Zugkraft nicht defi-
niert ist – vgl. Abschn. 25, Nr. 2.1 dieser Bauvorschrift) und des Faktors K für den
Gebrauchswert wie folgt zu bestimmen:
Fmin = K · T (4.34)
mit
..
K = 2,5 fur T ≤ 200 kN und
..
K = 2,0 fur T ≥ 1000 kN
(für Werte von T zwischen 200 und 1000 kN ist linear zu interpolieren).
Nach GL ist insofern die erforderliche Mindestbruchkraft der Schlepptrosse wie
folgt zu bestimmen: Da T = 30.000 kg · 9, 81 m/s2 = 294 kN beträgt, ist der K-Wert
zunächst linear zu interpolieren.

Exkurs zur linearen Interpolation [7, S. 195 f.]


Die von Isaac Newton begründete lineare Interpolation ist am einfachsten und wird wohl
in der Praxis am häufigsten benutzt. Hier werden zwei gegebene Datenpunkte (x0, f0) und
(x1, f1) durch eine Strecke verbunden.

23Siehe Anhang 7 „DIN-Seile der Fa. Carl Stahl München“.


4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 165

f(x)

Es gilt:
f1 − f0 x1 − x x − x0
f (x) = f0 + (x − x0 ) = f0 + f1 . (4.35)
x1 − x0 x1 − x0 x1 − x0
Unter Nutzung der vorstehenden Gleichung mit
f (x) = K
f0 = 2,5
f1 = 2,0
x0 = 200 kN
x1 = 1000 kN
x = 294 kN
folgt für K294 = 2,4 somit
Fmin = 2,4 · 294 kN
Fmin = 706 kN.
Ein Vergleich der beiden Ergebnisse zeigt, dass nach GL für unseren Schlepper
eine Schlepptrosse mit einer höheren Mindestbruchlast zu wählen ist; nach dem
Katalog der Fa. Carl Stahl München wäre demnach ein Seil der Seilfestigkeits-
klasse Rm = 1770 mit ∅ 36 mm zu wählen. Es ist insofern von Bedeutung, welche
­Lastannahmen in Einzelfall getroffen werden bzw. nach welcher Bauvorschrift die
Auslegung eines Bauteils erfolgen soll.

4.4.4 Poller

Die Festmacher- oder auch Schleppleine wird bordseitig an Pollern belegt. Dabei nutzt
man die sog. Seilreibung aus (s. Abb. 4.26), um das Schiff mit wenigen Umschlingungen
der Leine um den Poller sicher zu halten.
Bordseitig sind Poller meist als Schweißkonstruktion ausgeführt, oben mit einer
gegossenen oder geschweißten Verdickung versehen und paarweise vorhanden. Ein bord-
seitiger Doppelpoller dient nicht nur dazu, die Festmacherleine zu belegen (achtförmig
mit Kopfschlag – s. Abb. 4.27), sondern kann auch als Bremse unter Ausnutzung der Seil-
reibung benutzt werden, um das Schiff mit der zuerst übergegebenen Festmacherleine, in
166 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.26 Seilreibung


α
F1
r

F2

Abb. 4.27 Kopfschlag auf


Doppelpoller

Abb. 4.28 Doppelkreuzpoller

der Regel die Vorspring, abzubremsen. Hierzu wird sie mit nur wenigen Törns belegt, mit
dem losen Ende wird von Hand gefühlvoll gefiert. Man bezeichnet dies auch als schricken.
Eine Variante des Doppelpollers ist der Doppelkreuzpoller (Abb. 4.28). Er findet vor-
nehmlich auf kleineren Wasserfahrzeugen Verwendung.
Auf einem Einfachpoller (s. Abb. 4.29) wird eine Leine mittels Palstek, Webleinstek
oder festem (gespleißtem) Auge belegt.
4.4 Ankergeschirr, Leinen und Tauwerk 167

Abb. 4.29 Einfachpoller

Beispiel zur Seilreibung am Poller


Die „Euler-Eytelwein-Formel“, auch Seilreibungsformel genannt, wurde von Leonhard
Euler (1707–1783) und Johann Albert Eytelwein (1764–1848) entwickelt.
Wenn ein Seil einen Poller umschlingt und an einem Seilende gezogen wird, so
genügt das Halten des anderen Endes mit geringerer Kraft, um das Rutschen des Seils
um den Poller zu verhindern. Denn längs des berührten Pollerumfangs entwickeln
sich tangential Haftreibungskräfte, die das Halten unterstützen.
Für das Verhältnis von ziehender Kraft Fz und der haltenden Kraft Fh gilt:
Fz ≤ Fh · eµH ·α , (4.36)
wobei α den Umschlingungswinkel (im Bogenmaß) beschreibt, mit dem das Seil um
den runden Gegenstand geschlungen ist, und μH der Haftreibungskoeffizient ist.
Wenn das Seil auf dem Poller rutscht, ist der Haftreibungskoeffizient μH durch den
Gleitreibungskoeffizienten μG zu ersetzen.
Wie sich erkennen lässt, steigen die Kräfte sehr schnell mit dem Umschlingungs-
winkel an. Ein Stahlseil, welches über einen Poller aus Stahl mit μH ≈ 0,15 gelegt
wird, um ein Schiff zu halten, benötigt bei einer Umschlingung nur noch etwa
Fh ≈ 40 % der Kraft zum Halten der Kraft Fz, die eine Bewegung bewirken will. Bei
drei Umschlingungen reichen bereits 5,9 % aus.
Berechnungsbeispiel: Ein Schiff übt auf die Vorspring Fz = 50 kN aus. Das Schiff
soll von Hand abgestoppt werden (Annahme Fh = 0,3 kN). Die Festmacherleine ist
aus Polypropylen (μH = 0,2). Wie viele volle Umschlingungen sind um einen Poller
∅ 40 cm erforderlich?
Aus obiger Gleichung erfolgt durch Umstellen und Einsetzen für α im Bogenmaß

Fz
ln Fh
α= , (4.37)
µH
168 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

α = 25,6.
Durch Umrechnung von Bogenmaß in Gradmaß mit

360◦ · 25,6
α◦ = = 1468◦ . (4.38)

Durch Division mit 360° erhält man die Anzahl der Umschlingungen =4.

4.5 Leitern, Treppen, Reling

Um von einem Deck auf das andere zu gelangen, werden diese Höhen durch Leitern, Steig-
leitern und Treppen überbrückt. Sowohl ihre konstruktive Durchbildung und Gestaltung
wie auch erforderliche Festigkeiten unterliegen technischen Regelungen. Die folgenden
Abschnitte geben einen Überblick über die baulichen Ausführungen dieser Einrichtungen.

4.5.1 Leitern

Grundlegende Bestimmungen für Leitern finden sich insbesondere in folgenden Vor-


schriften:

• BGV24 D 19 „Wasserfahrzeuge mit Betriebserlaubnis auf Binnengewässern“,


• BGV D 36 „Unfallverhütungsvorschrift Leitern und Tritte“,
• Sicherheitsregeln für Steigeisen und Steigeisengänge (ZH 1/542),
• DIN EN 131-1 „Leitern; Benennungen, Bauarten, Funktionsmaße“,
• DIN EN 131-2 „Leitern; Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung“,
• DIN 4567 „Leitern; Bemessungsgrundlagen für Leitern für den besonderen beruf-
lichen Gebrauch“,
• DIN 24532 „Senkrechte ortsfeste Leitern aus Stahl“,
• DIN 83200 „Leitern auf Schiffen; Übersicht, Einbau“,
• DIN 83202 „Steigleitern auf Schiffen“.

Hinsichtlich der Laderaumleitern auf Binnenschiffen wird in § 5 der BGV D 19 ausgeführt:

(1) Wasserfahrzeuge, deren Laderäume begangen werden, müssen mindestens eine, bei
mehr als 20 m Laderaumlänge mindestens zwei fest eingebaute Leitern je Laderaum
haben, die diagonal versetzt angeordnet sein müssen.
(2) Leitern und Treppen müssen ein sicheres Ein- und Aussteigen auch vom Gangbord aus
ermöglichen. Anlegeleitern müssen Sicherungen gegen Abgleiten und Umstürzen haben.

24Berufsgenossenschaftliche Vorschrift.
4.5 Leitern, Treppen, Reling 169

Ortsfeste Leitern aus Metall erfüllen diese Forderung, wenn sie in einer Flucht geführt
werden oder an der Unterbrechungsstelle sichere Übergänge haben. Im Übrigen erfüllen
sie diese Forderung, wenn sie

• DIN 83200 „Leitern auf Schiffen; Übersicht, Einbau“,


• DIN 83202-1 „Steigleitern auf Schiffen; leichte Bauart“,
• DIN 83202-2 „Steigleitern auf Schiffen; mittelschwere Bauart“,
• DIN 83202-3 „Steigleitern auf Schiffen; schwere Bauart“

entsprechen.
Sprossengänge erfüllen diese Forderung, wenn sie in einer Flucht geführt werden
oder an der Unterbrechungsstelle sichere Übergänge haben. Im Übrigen erfüllen sie
diese Forderung, wenn sie ISO 9519 „Schiffbau und Meerestechnik; Wand- und Metall-
sprossen“ entsprechen [11].

4.5.1.1 Festigkeit von Leitern


Die erforderliche Festigkeit von Leitern ergibt sich aus der statischen Berechnung. Die
berufsgenossenschaftliche Vorschrift D 36 gibt dazu entsprechende Hinweise:

Der statischen Berechnung wird im Regelfall eine in Gebrauchsstellung der Leiter an sta-
tisch ungünstigster Stelle lotrecht wirkende Kraft von 1500 N zugrunde gelegt. Bei der sta-
tischen Berechnung von Leitern und Tritten aus Metall ist ein Sicherheitsfaktor von 1,75,
bezogen auf die Streckgrenze, zu berücksichtigen.
Zulässige Biegespannungen für Leitern siehe DIN EN 131-2 „Leitern; Anforderungen,
Prüfung, Kennzeichnung“.

Durchbiegung
Die Durchbiegung wird nach DIN EN 131-2 „Leitern; Anforderungen, Prüfung, Kenn-
zeichnung“ ermittelt.
Die Forderung nach Sicherung gegen übermäßiges Durchbiegen ist erfüllt, wenn die
Durchbiegung f in Abhängigkeit von der Stützweite L folgende Werte nach Tab. 4.4 nicht
überschreitet.
Die Stützweite L ist die Leiterlänge abzüglich eines Überstandes an den Leiterenden
von je 200 mm.
In Abb. 4.30 [11] ist die zulässige Durchbiegung f in Abhängigkeit von der Stütz-
weite L dargestellt.
Maßnahmen gegen übermäßiges Durchbiegen, insbesondere bei Leitern mit mehr als
12 m Länge, sind z. B. Holmabstützungen oder Verspannungen.

Tab. 4.4  Stützweite und zulässige Durchbiegung von Leitern


Stützweite L (mm) Zulässige Durchbiegung f (mm)
≤5000 5L 2 · 10−6
>5000–≤12.000 0,043L − 90
170 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

400
→Durchbiegung f(mm)

300

200

100

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Stützweite L(m) →

Abb. 4.30 Zulässige Durchbiegung von Leitern

4.5.2 Steigleitern

Der Unterschied zwischen einer Leiter und einer Steigleiter liegt darin, dass eine L
­ eiter
in einem Anlegewinkel von etwa 65–75° zur Waagerechten angelegt, eine Steigleiter
dagegen senkrecht aufgestellt wird.
Bestimmungen für Steigleitern werden im § 15 der BGV D 36 formuliert [5]:

(1) Steigleitern sind nur zulässig, wenn der Einbau einer Treppe betrieblich nicht möglich
oder wegen der geringen Unfallgefahr nicht notwendig ist.
(2) Steigleitern müssen fest angebracht sein.
(3) Steigleitern müssen an ihrer Austrittsstelle eine Haltevorrichtung haben.
(4) Steigleitern mit möglichen Absturzhöhen von mehr als 5 m müssen, soweit es betrieb-
lich möglich ist, mit Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz von Personen ausgerüstet
sein.
(5) Steigleitern mit Absturzhöhen von mehr als 10 m müssen mit Einrichtungen ausgerüstet
sein, die den Einsatz von Steigschutz ermöglichen.
(6) An Steigleitern mit mehr als 80° Neigung zur Waagerechten müssen in Abständen von
höchstens 10 m Ruhebühnen vorhanden sein.

Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz von Personen sind z. B. (vgl. [5])

• Einrichtungen für den Einsatz zwangsläufig zur Wirkung kommender Steigschutzein-


richtungen (s. DIN EN 353-1 „Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz; Teil 1:
Steigschutzeinrichtungen mit fester Führung“),
4.5 Leitern, Treppen, Reling 171

• ein durchgehender Rückenschutz beginnend in höchstens 3,00 m Höhe über der


Standfläche oder 2,20 m Höhe über Bühnen oder Podesten (Abb. 4.31 und 4.32) oder
• Bauteile oder Streben, die einen waagerechten Abstand von höchstens 700 mm von
der Vorderkante der Sprossen haben und aufgrund ihrer Anordnung und Beschaffen-
heit geeignet sind, den vorgehend genannten Rückenschutz zu ersetzen.

Bild 5 der Durchführungsanweisung zu § 15 der BGV D 36 (Abb. 4.31) zeigt die konst-
ruktive Durchbildung einer Steigleiter.

Abb. 4.31 Steigleiter mit


Rückenschutz
172 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.32 Steigleiter mit


Rückenschutz auf Bootsdeck
der AIDAmar

4.5.3 Treppen

Treppen finden sich sowohl im Außenbereich als auch im Innenbereich von Schiffen.
Insbesondere auf Kreuzfahrtschiffen werden oft Treppen besonderen Designs eingebaut.
Abb. 4.33 zeigt Treppenabschnitte auf der AIDAmar.
Grundlegende Bestimmungen für Treppen finden sich insbesondere in folgenden Vor-
schriften:

• DIN EN 13056:2000 „Treppen mit Steigungswinkeln von 30° bis <45◦ “,


• DIN EN 790:1994 „Treppen mit Steigungswinkeln von 45° bis 60°“,
• DIN 83214 „Treppen und Treppengeländer für den Außen- und Innenbereich von
Seeschiffen – Grundsätzliche Anforderungen“,
• DIN 83215 „Treppen und Treppengeländer für den Außen- und Innenbereich von
Seeschiffen – Treppen“.
(Treppen nach diesen Normen werden im Außen- und Innenbereich von Schiffen und
von schwimmendem Gerät der Deutschen Marine eingesetzt, sie sind nicht für den
Passagierbereich auf Passagierschiffen gedacht. Es sind die Einzelteile, Stufentiefe,
4.5 Leitern, Treppen, Reling 173

Abb. 4.33 a, b Treppen im Schiff AIDAmar

Laufbreite und die lichten Durchgangsmaße festgelegt. Darüber hinaus werden unter
anderem Festlegungen zur Nutzlast, zur Rutschhemmung der Stufen und zum Einbau
der Treppen getroffen.)
• DIN 83217 „Treppen und Geländer in Ladetanks von Schiffen – Grundsätzliche
Anforderungen“.
Wesentliche Anforderungen nach dieser Norm: Stützenabstand von 1500 mm,
Geländerhöhe an der Treppe 1000 mm.
• Richtlinie 2009/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.05.2009
über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe.

Nach dieser EU-Richtlinie gelten folgende Mindestanforderungen für Treppen:

1. Die lichte Breite der Treppen darf nicht weniger als 900 mm betragen. Treppen müs-
sen auf jeder Seite mit Handläufen versehen sein. Die lichte Mindestbreite der Trep-
pen muss, wenn die Anzahl der Personen, für die sie vorgesehen sind, 90 übersteigt,
für jede dieser weiteren Personen um 10 mm vergrößert werden. Sind Treppen breiter
als 900 mm, so darf die lichte Breite zwischen den Handläufen höchstens 1800 mm
betragen. Als Gesamtanzahl der über diese Treppen zu evakuierenden Personen sind
174 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

zwei Drittel der Besatzung und die Gesamtanzahl der Fahrgäste in den Bereichen, für
die diese Treppen vorgesehen sind, anzunehmen. Die Breite der Treppen muss mindes-
tens dem von der IMO-Entschließung A.757(18) angenommenen Standard entsprechen.
2. Alle Treppen, die für mehr als 90 Personen vorgesehen sind, müssen in Schiffslängs-
richtung angeordnet sein.
3. Türöffnungen und Gänge sowie dazwischenliegende Treppenabsätze, die zu Flucht-
wegen gehören, müssen die gleichen Abmessungen wie die Treppen haben.
4. Die senkrechte Ausdehnung der Treppen darf ohne Vorhandensein eines Treppen-
absatzes 3,5 m nicht überschreiten und der Neigungswinkel der Treppen darf nicht
größer als 45° sein.
5. Die Treppenvorflächen auf jeder Decksebene müssen eine Grundfläche von mindes-
tens 2 m2 haben und müssen, wenn sie für mehr als 20 Personen vorgesehen sind, für
jeweils weitere 10 Personen 1 m2 größer sein, brauchen jedoch insgesamt nicht grö-
ßer als 16 m2 zu sein, mit Ausnahme derjenigen Treppenvorflächen, bei denen ein
unmittelbarer Zugang von Gesellschaftsräumen zum Treppenschacht besteht.

Grundsätzlich gilt für Treppen (s. Abb. 4.34), dass sie

Abb. 4.34 Treppe gemäß


vorstehender Anforderungen
4.5 Leitern, Treppen, Reling 175

a) möglichst längsschiffs verlaufen,


b) mindestens die gleiche Breite aufweisen sollen, wie die Öffnungen oder die anderen
Verkehrswege, zu denen sie hinführen.

Sind Treppen Teil einer Arbeitsstätte, was in der gewerblichen Schifffahrt immer anzu-
nehmen ist, unterliegen sie auch den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung
(ArbStättV).
Die BG Transport und Verkehr, Dienststelle Schiffssicherheit, führt unter „D.1
Maschinenbauliche und elektr. Einrichtungen“ mit Stand 02/2012 unter 3.2 aus [17]:

Treppen in Betriebsräumen sollen nach DIN 83206 aus Stahl hergestellt sein. Sie sollen
möglichst in Schiffslängsrichtung angeordnet sein. Treppen in Maschinenräumen bis zu vier
Stufen und über Wellenleitungen dürfen in Schiffsquerrichtung eingebaut sein.
Die Treppenneigung, bezogen auf die Waagerechte, darf 60° nicht überschreiten. Die
lichte Höhe über den Treppen muss, gemessen an Vorkante Stufe, 2,00 m betragen. Ist die
maximale Höhe zwischen zwei Treppenabsätzen größer als 3,70 m, müssen diese durch
Podeste unterteilt werden. Die Auftrittsflächen vor Treppen und von Treppenabsätzen dür-
fen 600 mm × 600 mm nicht unterschreiten. Die Stufenhöhe soll höchstens 230 mm, die
Stufenbreite 140 mm betragen. Der Stufenabstand muss vollkommen gleichmäßig sein. Die
oberste Stufe ist entsprechend DIN 83206 mit 250 mm Breite auszuführen. Unter den Trep-
pen, die über freien Räumen und Verkehrswegen angeordnet sind, sind Schmutzfangbleche
(Schutzbleche) nach DIN 83208 anzuordnen. Am oberen Treppenzugang dürfen keine Fuß-
leisten bzw. Stoßkanten zur Vermeidung von Stolpergefahren vorhanden sein. Vergleiche
DIN 83204, 83205, 83206, 83207, 83208.
Auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von mehr als 6000 sind Treppen in Betriebs-
räumen, in denen Querschubanlagen angeordnet sind, vorzusehen. Auf Schiffen mit einer
Bruttoraumzahl bis 6000 sind – soweit möglich – Treppen anzuordnen. Eine Steigleiter
kann bis 3,00 m über Oberkante des Querstrahlkanals angeordnet werden.

Weitere Anforderungen an Treppen (vgl. auch Abb. 4.35) finden sich in der Arbeits-
stättenrichtlinie (ASR) „A1.8 – Verkehrswege“.25 Dort werden unter Nr. 4.5 folgende
Anforderungen formuliert:

(1) Treppen sind so zu gestalten, dass diese sicher und leicht begangen werden können.
Das wird erreicht durch ausreichend große, ebene, rutschhemmende, erkennbare und
tragfähige Auftrittsflächen in gleichmäßigen, mit dem Schrittmaß übereinstimmenden
Abständen.
(2) Die Steigungen und Auftritte einer Treppe, die zwei Geschosse verbindet, dürfen nicht
voneinander abweichen. Die Treppenstufen sollen kontrastreich und möglichst ohne stö-
rende Blendung des Benutzers ausgeleuchtet sein (siehe ASR A3.4 „Beleuchtung“).
(3) Unter Berücksichtigung der Unfallgefahren sind Treppen mit geraden Läufen solchen
mit gewendelten Läufen oder gewendelten Laufteilen vorzuziehen. Im Verlauf des ersten
Fluchtweges sind gewendelte Treppen und Spindeltreppen unzulässig (siehe ASR A2.3
„Fluchtwege und Notausgänge, Flucht-und Rettungsplan“).

25Arbeitsstättenrichtlinien können unter [16] heruntergeladen werden.


176 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Treppenhandlauf

a Auftritt

Handlaufhöhe
Stufentiefe
h

u
Steigung

u Unterschneidung
s

a Auftritt geschlossene Stufe

α
Steigungswinkel

Abb. 4.35 Maße und Bezeichnungen einer Treppe

(4) Für Treppen … ergibt sich als Beziehung zwischen Schrittlänge (SL), Auftritt (a) und
Steigung (s) die Schrittmaßregel 2 · s + a = SL. Für eine gute Begehbarkeit einer Treppe
soll die Schrittlänge zwischen 59 und 65 cm betragen.

In Arbeitsstätten darf die Steigung (s) zwischen 14 bis 19 cm, der Auftritt (a) zwischen 26
bis 32 cm und der Steigungswinkel (α) zwischen 24° bis 36° variieren.
Als besonders sicher begehbar haben sich Treppen erwiesen, deren Stufen einen Auftritt
von 29 cm und eine Steigung von 17 cm aufweisen.

Tab. 4.5 gibt einen Überblick über die einzelnen Auftrittstiefen und Steigungen.
Eine besondere Art einer Außentreppe bei Schiffen ist die Gangway oder Stelling.
Außenbordtreppen müssen DIN EN 1502 „Außenbordtreppen; Anforderungen, Bauarten“
entsprechen.

4.5.4 Reling

Die Reling kann man als Geländer bezeichnen, welches um ein frei liegendes Deck oder
um Decksöffnungen verläuft. Es werden geschlossene, offene, feste, abnehmbare und
klappbare Geländer unterschieden.
Eine geschlossene Reling wird als Verschanzung oder Schanzkleid bezeichnet. Dieses
besteht aus einem über dem Schergang um das Schiff laufenden Plattengang. Der obere
4.5 Leitern, Treppen, Reling 177

Tab. 4.5  Auftrittstiefe und Anwendungsbereich Auftritt (a) (cm) Steigung (s) (cm)
Steigung von Treppen
Freitreppen 32–30 14–16
Versammlungsstätten 31–29 15–17
Gewerbliche Bauten 30–26 16–19

Abschluss wird durch das Relingprofil gebildet. Auf Aufbaudecks ist dieses Profil viel-
fach mit einer Teakholzleiste abgedeckt, auf Segelschiffen und Jachten ggf. auch auf dem
Hauptdeck.
Eine offene Reling (Abb. 4.36) besteht aus einer Reihe von senkrecht stehenden Stützen
und waagerechten Zwischenstäben; den oberen Abschluss bildet das Relingprofil.

Höhe von Reling und Schanzkleid


Im Abschn. 21 „O. Geländer“ der Klassifikations- und Bauvorschriften I Schiffstechnik –
1 Seeschiffe – des GL26 finden sich Grundanforderungen an Geländer. Danach muss
deren Höhe mindestens 1,0 m über Deck betragen. Die Höhe unterhalb des niedrigsten
Relingdurchzuges muss ≤230 mm, der Abstand zwischen den übrigen Durchzügen muss
≤380 mm sein (vgl. Abb. 4.36). Hinsichtlich der Geländerkonstruktion wird auf die
DIN 81702 oder gleichwertige Normen hingewiesen.
Die Höhe des Schanzkleides muss nach Abschn. 6 „K. Schanzkleid“ der v. g.
GL-Bauvorschrift mind. 1,0 m betragen.
Bezüglich der Binnenschifffahrt ist die DIN EN 711 „Fahrzeuge der Binnenschiff-
fahrt; Geländer für Decks; Anforderungen, Bauarten“ einschlägig.
Nach § 11.02 Schutz vor Sturz und Absturz der Regel „Technische Mindestvor-
schriften für Schiffe auf dem Rhein und auf Binnenwasserstraßen der Zonen 1, 2,
3 und 4 für Fahrzeuge, die ein Schiffsattest beantragen (Anhang II zur Binnenschiffsun-
tersuchungsordnung)“27 wird folgende Regelung für die Binnenschifffahrt getroffen:

Außenkanten der Decks sowie solche Arbeitsbereiche, bei denen die Fallhöhe mehr als 1 m
betragen kann, müssen mit Schanzkleidern oder Lukensüllen von jeweils mindestens 0,70 m
Höhe oder mit Geländern entsprechend der europäischen Norm EN 711 versehen sein, die
aus Handlauf, Zwischenzug in Kniehöhe und Fußleiste bestehen. Bei Gangborden muss
eine Fußleiste und ein durchlaufender Handlauf am Lukensüll vorhanden sein. Sind Gang-
bordgeländer vorhanden, die nicht umlegbar sind, kann auf den Handlauf am Lukensüll ver-
zichtet werden.
In Arbeitsbereichen, in denen die Fallhöhe mehr als 1 Meter beträgt, kann die Unter-
suchungskommission geeignete Einrichtungen und Ausrüstungen zum sicheren Arbeiten
fordern.

26Stand 2012.
27In der Fassung der Änderung vom 16.06.2014 (BGBl. I, S. 748).
178 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.36 Reling

Nach Anhang 1 Nr. B. 24 „Sicherheitsanforderungen an neue und vorhandene in der


Inlandfahrt eingesetzte Fahrgastschiffe“, der Richtlinie 2010/36/EU der Kommission
vom 01.06.2010 muss die Reling mindestens 1,10 m hoch sein.
Nach der Arbeitsstättenrichtlinie (ASR) A2.1 „Schutz vor Absturz und herabfallenden
Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen“ gelten nach Nr. 5.1 folgende Geländer-
höhen:

Die Umwehrungen müssen mindestens 1,00 m hoch sein. Die Höhe der Umwehrungen
darf bei Brüstungen bis auf 0,80 m verringert werden, wenn die Tiefe der Umwehrung min-
destens 0,20 m beträgt und durch die Tiefe der Brüstung ein gleichwertiger Schutz gegen
Absturz gegeben ist.
Beträgt die Absturzhöhe mehr als 12 m, muss die Höhe der Umwehrung mindestens
1,10 m betragen.

Beispiel zur Bestimmung der Relinghöhe


Auf einem Kreuzfahrtschiff liegt das Sonnendeck 15 m oberhalb des Wasserspiegels.
Welche Relinghöhe ist zu wählen?
Antwort: 1,10 m. Da die Bauvorschrift des GL mindestens 1,0 m fordert, das
Schiff aber auch eine Arbeitsstätte ist und vorliegend eine Absturzhöhe von >12,0 m
gegeben ist, ist die Regelung der ASR A2.1 einschlägig, weil spezieller.

Hinweise zur Statik


Zur Gestaltung des Schanzkleides werden in der v. g. Bauvorschrift des GL im
Abschn. 6 „K. Schanzkleid“ verbindliche Aussagen getroffen.
Die Dicke des Schanzkleides darf danach nicht kleiner sein als:

 
L ..
t = 0,75 − · L bei Schiffslangen L ≤ 100 m (4.39)
1000
und
4.5 Leitern, Treppen, Reling 179

√ ..
t = 0,65 · L bei Schiffslangen L > 100 m, (4.40)
wobei für L kein größerer Wert als 200 m eingesetzt zu werden braucht.
Das Schanzkleid, das im Vorschiffsbereich besonders dem Seeschlag von vorn
ausgesetzt ist, soll die Dicke der Backseitenbeplattung gemäß einer besonderen
Berechnungsvorgabe nach Abschn. 16, B.1. dieser Bauvorschrift entsprechen.
Das Schanzkleid muss an jedem zweiten Spant eine Stütze erhalten. In der Regel soll
das Widerstandsmoment des am Deck angeschlossenen Querschnitts der Stütze nicht
kleiner sein als:

W ≥ 4 · p · e · l2 [mm3 ] (4.41)
mit
e S
 tützenabstand in Meter,
l S
 tützenlänge in Meter.
Die Belastung p ist mit mindestens 15 kN/m2 anzusetzen.28
Hinsichtlich der Statik der Reling ist Folgendes zu beachten: Die Relingstütze ist
statisch wie ein eingespannter Stab zu betrachten. Dieser wird in horizontaler Richtung
durch das Gegenlehnen von Personen auf Biegung beansprucht. Windlasten sind zusätz-
lich zu berücksichtigen, soweit die Reling ausgefacht ist. In Anlehnung an die DIN 1055
„Lastannahmen für Bauten“ müssen, je nach Montage der Reling am Schiffskörper, auch
noch vertikale Lasten aus dem Eigengewicht des Geländers angenommen werden. Hin-
sichtlich der besonders relevanten Horizontallasten gibt es in dieser DIN 21 Nutzungs-
kategorien mit drei verschiedenen Anprallasten. So gilt beispielsweise für Privathäuser
eine horizontale Belastung von 0,5 kN/m (entspricht rd. 50 kg je Meter Geländer). In
öffentlichen Gebäuden sind es 1,0 kN/m, für Gebäude mit Menschenansammlungen
2,0 kN/m. Die Lasten sind an der obersten Stelle bzw. dem Handlauf anzusetzen. Für
ein Kreuzfahrtschiff, vergleichbar einem Gebäude mit Menschenansammlungen, sollten
insofern 2,0 kN/m in Ansatz gebracht werden.
Ausgehend von der zu wählenden Horizontalkraft sind dann die Abstände der
Relingstützen und das Biegemoment am Fuß der Relingstütze (wie bereits vorstehend
gesagt, ist der Fuß der Relingstütze als Einspannung anzusehen; s. Abb. 4.37), welches
konstruktiv in den Schiffskörper eingeleitet werden muss, zu ermitteln.
Auch die Wanddicke der verwendeten Profile ergibt sich durch die statische Berechnung.

Beispiel zur Dimensionierung einer Relingstütze


Es sei eine offene Reling, wie in Abb. 4.37 gezeigt, zu entwerfen. Der Abstand der
Relingstützen soll 2 m betragen, die Relingstütze selbst soll aus einem Flachstahl
hergestellt werden. Als Querkraft Q werden 2 kN/m in Ansatz gebracht. Höhe der

28Weitere Einzelheiten sind der genannten Bauvorschrift zu entnehmen.


180 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.37 Detail Fußausbildung


(Einspannung) einer Relingstütze

Reling: 1,1 m. Als Stahl ist normaler Schiffbaustahl zu nehmen. Es ist der Querschnitt
des Flachstahls zu bestimmen.
Das statische System ist eine eingespannte Stütze, an der am oberen Ende eine
horizontale Kraft angreift.

FQ

Die Querkraft auf die Stütze FQ errechnet sich aus der Streckenlast multipliziert mit
dem Stützenabstand s:

FQ = Q · s
FQ = 2 kN/m · 2 m (4.42)
FQ = 4 kN.

Das maximale Biegemoment eines Kragarms an der Einspannung errechnet sich mit
der Gleichung
M b = FQ · h (4.43)
mit „h“ der Relinghöhe zu
4.5 Leitern, Treppen, Reling 181

Mb = 4 kN · 1,1 m
Mb = 4,4 kNm.
Die an der Einspannung somit auftretende Biegespannung σB errechnet sich aus dem
Quotienten des Biegemomentes und des axialen Widerstandsmomentes des Stützen-
querschnitts. Die vorhandene Biegespannung muss kleiner sein als die für den Werk-
stoff zulässige Biegespannung σB,zul. Diese ist diversen Normblättern zu entnehmen.
Die GL-Bauvorschrift I Schiffstechnik, 1 Seeschiffe gibt unter Abschn. 2 A. für
normalfesten Schiffbaustahl eine Streckgrenze von ReH von mindestens 235 N/mm2
vor. Sie kann hier als zulässige Biegespannung eingesetzt werden.
MB
σB = ≤ σB,zul . (4.44)
W
Durch Umstellen erhält man mit den gegebenen Werten für W:

W = 18.723 mm3 .
Das axiale Widerstandsmoment für einen Rechteckquerschnitt wird wie folgt
bestimmt:

Für ein Rechteck mit der Breite b parallel zur y-Achse und der Höhe h ist das Wider-
standsmoment bezüglich der Horizontalachse

b · h2
Wy = . (4.45)
6
Für dasselbe Rechteck ist das Widerstandsmoment bezüglich der Vertikalachse

h · b2
Wz = . (4.46)
6
Insofern käme z. B. ein Flachstahl 110 × 10 mm S235JR+AR DIN EN 10058 infrage
(mit Wy = 20.167 mm3).
182 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

4.6 Korrosionsschutz und Decksbeläge/Fußböden

Wind, Wetter und See setzen dem Schiff zu. Metallische Teile neigen zur Korrosion, das
Deck kann durch Wasser und ggf. Eis rutschig werden. Insofern sind hinsichtlich des
Korrosionsschutzes aus Gründen der Arbeitssicherheit und zum Schutz der Passagiere
diesbezüglich Anforderungen zu stellen.

4.6.1 Korrosionsschutz

Korrosion29 ist eine durch chemischen Angriff hervorgerufene Schädigung eines Werk-
stoffs; dabei erfolgt der Angriff von der Oberfläche her.
Die Korrosion teilt sich in zwei Hauptgebiete auf:

1. reine Oxidation,
2. elektrochemische Zersetzung des Metalls.

Unter der reinen Oxidation versteht man die Verbindung des Fe-Metalls mit dem Luft-
sauerstoff. Die Oxidation wird durch elektrochemische (elektrolytische) Vorgänge
„unterstützt“.
Da Seewasser ein sehr guter Elektrolyt ist, begünstigt es die elektrolytische Zer-
setzung überall da, wo es präsent ist. Besonders gut korrodieren Stellen, die ständig der
Luft und dem Seewasser ausgesetzt sind.
Der eigentliche „Schauplatz“ der Korrosion ist die Grenzfläche Werkstoff/Elektrolyt.
Bei den Grenzflächenreaktionen gibt der metallische Werkstoff Elektronen ab und wird
dadurch gelöst (sog. anodische Metallauflösung): M → M+ + e−. Gleichzeitig laufen
an dem Werkstück eine kathodische Metallabscheidung (M+ + e− → M), eine kathodi-
sche Wasserstoffentwicklung (2 H+ + 2e− → H2) oder eine kathodische Hydroxylionen-
bildung (1/2 O2 + 2 H2 O + 2e− → 2 OH−) ab. Welche dieser Reaktionen vorherrscht,
hängt von der Umgebung und den beteiligten Metallen ab.
Die Korrosion kann auch über unterschiedliche Lokalelemente verlaufen. Hier-
bei liegen zwei unterschiedliche Metalle direkt aneinander, ein Elektrolyt tritt dazu
(z. B. Bronzegleitlager in Stahlgehäuse im Meerwasser). Man spricht dann von elektro-
chemischer Korrosion [13]. Die beiden sich berührenden Metalle ergeben zusammen mit
der Elektrolytlösung ein kurzgeschlossenes galvanisches Element, das Lokalelement.
Wie bei jedem galvanischen Element fließen vom unedleren Metall zum edleren Metall
Elektronen. Das unedlere Metall (z. B. Eisen) geht in Form von Ionen in Lösung. Am
edleren Metall (z. B. der Bronzebuchse) werden Kationen aus der Lösung entladen
(im Falle von Meerwasser Wasserstoffionen). Das heißt, dass das unedlere Metall mit

29Zur Definition s. [13, S. 527]; [10, S. 55 f.].


4.6 Korrosionsschutz und Decksbeläge/Fußböden 183

der Zeit zerstört wird. Der Grad der elektrochemischen Reaktionen ist abhängig von
der elektrochemischen Spannungsreihe.30 Je größer der Abstand zwischen den elektro-
chemischen Standardpotenzialen zwischen dem edleren und unedleren Material, desto
größer und stärker ist die Zersetzung des unedleren Metalls.
Bei der Rostbildung, der Reaktion von Eisenmetallen und Sauerstoff zu Eisenoxiden,
laufen Metallauflösung und kathodische Hydroxylbildung in stark sauerstoffhaltigen
Umgebungen ab (Regenwasser, Meerwasser, fließende Gewässer). Als Rost bezeichnet
man das Korrosionsprodukt aus Eisen oder Stahl durch Oxidation mit Sauerstoff.
Unter Korrosionsschutz werden alle Maßnahmen verstanden, die Korrosionen ver-
hindern. Sie müssen also dazu geeignet sein, die oben beschriebenen Korrosionsmechanis-
men zu verhindern [3].
Ein wirksamer Korrosionsschutz des Unterwasserschiffes setzt sich aus einer Beschichtung
(Coating) – passiver Korrosionsschutz – und einem kathodischen Schutz mit galvanischen
Opferanoden oder Fremdstromanoden – aktiver Korrosionsschutz – zusammen.

4.6.1.1 Kathodischer Korrosionsschutz
Der kathodische Korrosionsschutz wird im Metallschiffbau immer verwendet. Aufbau
und Prinzip entsprechen dem eines galvanischen Elementes. Die Wirkung des katho-
dischen Korrosionsschutzes beruht auf der Kompensation der oxidationsbedingten
Ströme auf der Metalloberfläche durch Schutzstrom. Die Aufgabe eines kathodischen
Korrosionsschutzes im Schiffbau besteht darin, die korrosiven Einflüsse am Unter-
wasserschiffskörper zu kompensieren, d.h. den Stahl des Schiffsrumpfes im Bereich der
Schad- und Fehlerstellen des Anstrichsystems sowie die unbeschichteten Metallflächen
(z. B. Propeller, Wellen) vor Korrosion zu schützen. Der Schutzstrom kann – wie bereits
gesagt – entweder mit galvanischen Opferanoden oder durch Fremdstromschutzanoden
und Gleichstromquelle erzeugt werden.

Kathodischer Schutz mit galvanischen Opferanoden


Das Prinzip beruht darauf, dass das zu schützende Unterwasserschiff mit einem
unedleren Metall im Kurzschluss verbunden wird, wobei der Stahl zur Kathode und
das unedlere Metall zur Opferanode werden. Beim Korrosionsschutz mit Opferanoden
(Abb. 4.38) ist keine Anpassung an den erforderlichen Schutzstrom möglich. Zinkopfer-
anoden stellen nur einen Teilschutz dar, d. h., bei größeren, freigescheuerten Außen-
hautflächen reicht der Schutz nicht aus. Ein vergleichbarer Vollschutz mit Opferanoden,
wie er mit potenzialgesteuerten Fremdstromanoden erreicht wird, ist aus Gewichts- und
Kostengründen nicht zu vertreten. Öffnungen in der Außenhaut, wie Seekästen, Bugs-
trahlruder und auch die Ballastwassertanks sind zusätzlich durch galvanische Anoden zu
schützen. Wenn sich die Opferanoden abgetragen haben, müssen sie erneuert werden;
das ist in der Regel nach etwa zwei Jahren der Fall.

30Vgl. dazu z. B. [30]; elektrochemische Spannungsreihen diverser Elemente s. Anhang 10.


184 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.38 Opferanoden im Bereich Stevenrohr und Ruderblatt

Auslegung des Materialbedarfs für galvanische Opferanoden für den Außen-


schutz (nach VG-Norm 81256-1) Am Anfang der Berechnung des Materialbedarfs
steht die Ermittlung der Größe der zu schützenden Fläche. Soweit es sich um den
Korrosionsschutz der Unterwasserfläche von Schiffen handelt, ist die Fläche meist den
Bauunterlagen zu entnehmen. Ist das nicht der Fall, so kann die Größe der Fläche mit
hinreichender Genauigkeit nach folgender Gleichung berechnet werden:

AU = LCWL · (BCWL + 2TCWL ) · δ (4.47)


mit:
AU Unterwasserfläche (benetzte Oberfläche des Schiffes; m2),
LCWL Länge auf Konstruktionswasserlinie in (m),
BCWL Breite auf Konstruktionswasserlinie auf Mallkante Spant bei 0,5 LCWL (m),
TCWL Konstruktionstiefe auf 0,5 LCWL bezogen auf die Basis (m),
δ Völligkeitsgrad der Verdrängung (s. a [34]),
wobei δ = B ⋅ T ist, mit B der Schiffsbreite auf Hauptspant und T dem Tiefgang.
Die errechnete Unterwasserfläche gilt nur für den Schiffsrumpf, für die Ermittlung der
zu schützenden Gesamtfläche AU,ges müssen die Anhänge, Propeller und Wellen nach den
Bauunterlagen gesondert berechnet und zum Wert für AU addiert werden.

Gesamtschutzstrom Der erforderliche Gesamtschutzstrom ist:

IG = AU,ges · IS (4.48)
mit:
4.6 Korrosionsschutz und Decksbeläge/Fußböden 185

IG Gesamtschutzstrom (A),
AU,ges zu schützende Gesamtfläche (m2),
IS Schutzstromdichte (A/m2).

Schutzstromdichte Für Einpropellerschiffe aus Schiffbaustahl wird für die Berechnung


des benötigten Gewichtes der Anodenlegierung eine Schutzstromdichte von 0,015 A/
m2 zugrunde gelegt. Für Mehrpropellerschiffe und Schiffe der Bundeswehr (jeweils aus
Schiffbaustahl) ist für die Auslegung eine Schutzstromdichte von 0,02 A/m2 anzusetzen.
Bei Einsatz in vorwiegend tropischen Gewässern können höhere Schutzstromdichten
erforderlich werden.
Für Schiffe aus Schiffbaustahl, die für Fahrten im Eis eingesetzt werden, sind auf-
grund der zu erwartenden Beschichtungsschäden erheblich höhere Schutzstromdichten
erforderlich. In Abhängigkeit vom Fahrtgebiet ist mit 0,06 A/m2 zu rechnen.

Ermittlung des Gesamtanodengewichtes

AU,ges · IS · tS IG · tS
mG = = (4.49)
QG QG
Mit:
mG erforderliches Gesamtanodengewicht (kg),
IG Gesamtschutzstrom (A),
IS Schutzstromdichte (A/m2),
tS Schutzdauer (h),
QG Strominhalt (Ah/kg).
Der theoretische Strominhalt des Anodenmaterials kann z. B. aus Abschn. 7 B der Bau-
vorschrift des GL „VI Ergänzende Vorschriften und Richtlinien – 10 Korrosionsschutz“
entnommen werden. Für Zinkanoden ist dort ein Wert von 780 Ah/kg zu entnehmen.
Nun ist der Zinkeintrag ins Meer aus Umweltschutzaspekten nicht unproblematisch.
Insofern ist auch aus diesem Grund der kathodische Korrosionsschutz durch Fremdstrom
verbreitet.

Kathodischer Korrosionsschutz durch Fremdstrom


Beim Fremdstromschutz ist die Überwachung des Korrosionsschutzes am Unterwasserschiff
einfacher. Die automatisch arbeitende, potenzialgesteuerte elektrische Korrosionsschutzanlage
passt sich dem jeweiligen Zustand des zu schützenden Unterwasserschiffes an. Die Schutz-
stromstärke richtet sich nach den elektrolytischen Eigenschaften des Seewassers, dem Zustand
der Außenhaut und den Gegebenheiten des Liegeplatzes (Streuströme durch Kaianlagen).

Funktion Die Mess- und Steuerelektroden werden isoliert in die Außenhaut eingebaut
und sind mit der Regeleinrichtung des Schutzstromgerätes verbunden. Sie messen das
186 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Istpotenzial. Das Signal der Steuerelektrode (= Differenz zum Sollpotenzial) wird zum
Regeln des erforderlichen Schutzstromes verwendet. Die Steuerelektroden werden je
nach Typ des Schutzstromgerätes durch einen Strom unterschiedlicher Größe belastet.
Bei Schiffen müssen die Schutzstromgeräte besonders robust und resistent gegenüber
Erschütterungen sein. Die Regelung erfolgt mit Magnetverstärkern, über Stelltrafos mit
Servomotor oder über Phasenansschnittsteuerung mit Thyristoren. Die Versorgungs-
anlagen enthalten ferner Strom- und Potenzialmessgeräte für die einzelnen Fremdstrom-
anoden und Messelektroden. Bei größeren Anlagen werden die wichtigsten Daten auch
mitgeplottet. Wegen der verhältnismäßig hohen Leistung werden vorzugsweise Silicium-
gleichrichter eingesetzt. Zum Schutz gegen Überlastung bei niederohmigem Kontakt zu
großflächig geerdeten Anlagen, zum Beispiel im Hafen, muss eine Strombegrenzung
oder Stromabschaltung vorgesehen sein. Im letzten Fall muss durch optische oder akus-
tische Warnsignale angezeigt werden, wann nach Aufheben des Kontaktes die Anlage
wieder eingeschaltet werden muss. Entsprechend kann auch eine Spannungsbegrenzung
vorgesehen werden, wenn die Fremdstromanoden dies erfordern.
Je nach Schiffsgröße können auch zwei Fremdstromanlagen installiert werden, die
dann unabhängig voneinander die Bereiche Heck/Mittelschiff und das Vorschiff katho-
disch schützen.
Die Anoden werden auf den Schiffsrumpf appliziert oder in die Außenhaut ein-
gelassen. Anhänge wie Ruder oder Stabilisatoren sind über flexible Kabel mit dem
Schiffsrumpf elektrisch leitend verbunden, sodass die vom Seewasser benetzten Flächen
mit in den kathodischen Schutz integriert werden. Propeller und Wellen werden über
Schleifringe elektrisch leitend mit dem Schiffsrumpf verbunden und werden dadurch in
den Kathodenschutz einbezogen (Abb. 4.39).

Abb. 4.39 Schematische Anordnung einer Fremdstromanlage. (Quelle: Klassifikations- und


­Bauvorschriften GL, VI Ergänzende Vorschriften und Richtlinien, 10 Korrosionsschutz)
4.6 Korrosionsschutz und Decksbeläge/Fußböden 187

Schutzstromdichte für Fremdstromschutzanlagen Bei der Festlegung der Schutz-


stromdichten für die Unterwasserfläche ist auch die Geschwindigkeit des Schiffes maß-
gebend. Für beschichtete Unterwasserflächen sind die in Tab. 4.6 (Schutzstromdichten
nach VG-Norm 81259 Teil 1) angegebenen Mindestwerte anzusetzen.
Für Schiffe, die für Fahrten im Eis eingesetzt werden, sind aufgrund der zu
erwartenden Beschichtungsschäden erheblich höhere Schutzstromdichten erforderlich. In
Abhängigkeit vom Fahrtgebiet ist mit mindestens 0,06 A/m2 zu rechnen.

Berechnung des Gesamtschutzstrombedarfs IS

IS = ISi · Ai (4.50)
Mit:
ISi  chutzstrombedarf pro Quadratmeter (A/m2),
S
Ai Fläche (m2).

4.6.1.2 Feuerverzinkung
Feuerverzinken ist das Aufbringen eines metallischen Zinküberzugs auf Eisen oder Stahl
durch Eintauchen in geschmolzenes Zink (bei etwa 450 °C). Dabei bildet sich an der
Berührungsfläche eine widerstandsfähige Legierungsschicht aus Eisen und Zink und dar-
über eine fest haftende reine Zinkschicht [31].
Einzelne Stahlbauteile werden zum Korrosionsschutz auch feuerverzinkt. Hierdurch
werden diese auf zweierlei Weise geschützt: Zum einen durch die Wirkung des aktiven
kathodischen Korrosionsschutzes, zum anderen wird durch den Komplettüberzug eine
Abschirmung des Bauteils gegen Wasser und Sauerstoff bewirkt.

4.6.1.3 Galvanische Trennung zweier unterschiedlicher Metalle


Zur Verhinderung der elektrochemischen Korrosion eines Stahlrumpfes durch direkten
Kontakt mit dem eingebrachten Bleiballast bei Segelschiffen – z. B. Gorch Fock – (Blei
ist „edler“ als Eisen – s. Anhang 10) ist dieser Bereich des Rumpfes beispielsweise mit
einer Schicht aus Polyester- oder Epoxidharz zu beschichten.

4.6.1.4 Beschichtungen/Anstriche
Das Unterwasserschiff wie auch das Überwasserschiff werden nicht nur aus optischen
Gründen mit einem Anstrich versehen. Durch den Anstrich bzw. durch die Beschichtung
wird verhindert, dass das Elektrolyt Wasser und Sauerstoff Metalle berühren können.

Tab. 4.6  Schutzstromdichte Schiffsgeschwindigkeit (kn) Schutzstromdichte (A/m2)


in Abhängigkeit der
≤20 0,015
Schiffsgeschwindigkeit
>20 ≤ 25 0,030
>25 0,040
188 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

­ ielfach findet sich in den auf Kunstharzbasis bestehenden Anstrichstoffen metalli-


V
sches Zink. So werden beide Schutzprinzipien vereint: aktiver Schutz durch kathodi-
schen Korrosionsschutz und passiver Korrosionsschutz durch Barriere für Wasser und
­Sauerstoff.
Hinweis: Hinsichtlich durchzuführender Wartungsarbeiten an Anstrichen mit Lacken
und Beschichtungsstoffen sind grundsätzlich die Herstellerangaben zu beachten. Das
gilt insbesondere für die Hinweise zum Arbeits- und Gesundheitsschutz (Lacke können
brennbare Flüssigkeiten sein, unter bestimmten Voraussetzungen auch explosionsfähige
Atmosphären bilden; Hautkontakt ist ebenso wie das Einatmen von Lackdämpfen zu
vermeiden). Ganz allgemein gilt für die Verarbeitung von Lacken, dass der Untergrund
sauber, trocken, staub- und fettfrei sein muss. Auch wenn vereinzelt Hersteller angeben,
dass der Anstrichstoff direkt auf losen Rost appliziert werden kann, ist es dennoch ratsam,
Rost und lose Anstriche zu entfernen; Rost ist in der elektrochemischen Spannungsreihe
das „edlere Element“ gegenüber Eisen oder Stahl. Feste Lackschichten sind aufzurauen.
Insbesondere „kleinere“ Bauteile werden anstelle mit flüssigen Lacken pulver-
beschichtet.31 Die zur Pulverbeschichtung verwendeten Pulverlacke bestehen im All-
gemeinen aus trockenen, körnigen Partikeln, die zwischen 1 und 100 μm groß sind.
Chemisch basieren diese meist auf Epoxid- oder Polyesterharzen. Daneben sind Hybrid-
systeme verbreitet, die sowohl Epoxid- als auch Polyesterharze als Bindemittel ent-
halten. Diese werden mittels einer Sprühpistole elektrostatisch auf das zu beschichtende
Bauteil appliziert.
Zur Pulverbeschichtung existieren mehrere Normen. Insbesondere sind die DIN 55633
und die EN 15773 zu nennen. Die DIN 55633 bezieht sich auf den Korrosionsschutz und
die Bewertung von beschichteten Stahlbauten. Die EN 15773 bezieht sich auf die Pulver-
beschichtung von feuerverzinkten und sherardisierten32 Gegenständen aus Stahl.
Eine wesentliche Bedeutung kommt der Beschichtung des Unterwasserschiffs zu.
Hierbei ist neben dem Korrosionsschutz auch das Vermeiden von tierischem und pflanz-
lichem Bewuchs (z. B. Seepocken, Algen), dem Fouling, von Interesse. Dieser Bewuchs
erhöht den Schiffswiderstand beträchtlich, was zu einem erhöhten Treibstoffverbrauch
führt (s. dazu auch Abschn. 5.1).
Wurden noch vor einigen Jahren Anstriche auf Zinnbutylbasis (Tributylzinn-
hydrid/ TBT) eingesetzt, sind diese Stoffe allerdings heute durch die EU-Verordnung
782/2003 verboten, da die Stoffe ins Wasser entweichen, sich im Sediment anreichern
und zu erheblicher Schwermetallbelastung der Meere führen. Auch ist ein Verbot für
die Verwendung von kupferhaltigen Farben vorgesehen. Als Ersatz für TBT werden
heute verschiedene andere, angeblich umweltfreundlichere Biozide verwendet. Ver-
bunden wird der Einsatz von Bioziden mit SPC-Systemen (Self Polishing Copolymer),

31Zur Pulverbeschichtung vertiefend s. [12].


32Sherardisieren ist ein Zinkdiffusionsverfahren, um Zink-Eisen-Schichten auf eisenhaltigen Werk-
stücken zu bilden.
4.6 Korrosionsschutz und Decksbeläge/Fußböden 189

die eine konstante Biozidfreisetzung bei einer permanenten Polierrate bewirken. Neu-
este Entwicklungen im Bereich der Antifouling-Systeme basieren auf Silikonen, den
sogenannten Silikon-FRC (Silicone Fouling Release Coatings). Diese Systeme zeichnen
sich durch eine extrem glatte Oberfläche, in einem hohen Maß flexible, kälteunempfind-
liche, nichterodierende und seewasserbeständige Eigenschaften mit einer hohen Lebens-
dauer aus. Eine noch recht neue Methode, um gegen das Fouling vorzugehen, kommt
aus der Werkstoffforschung. So wurde die Haut von Haien untersucht, da sie im Gegen-
satz zur Haut von Walen nicht durch Parasiten befallen wird. Es wird versucht mit einer
silikonartigen Schiffsfarbe, die beim Aushärten bestimmte kleine Strukturen bildet, dem
biologischen Vorbild nachzueifern. Der Vorteil dieser Methode ist, dass keine giftigen
Substanzen zum Einsatz kommen.
Forschungen haben gezeigt, dass winzige Nanopartikel aus Vanadium(V)-oxid
(Vanadiumpentoxid) den Bewuchs an Grenzflächen unterbinden. Vanadium(V)-oxid wirkt
hierbei als Katalysator, der für Mikroorganismen hochtoxische Verbindungen bildet.
Ein neuartiger Anstrich basiert auf Nanokompositlacken, die unterschiedliche elek-
trische Leitfähigkeiten aufweisen und in einem Mehrschichtsystem auf den Schiffs-
rumpf aufgebracht werden. Man lässt schwache Ströme im Bereich von 0,1 mA/cm2
durch diese Schichten fließen. In bestimmten Zeitintervallen werden die Ströme dann
umgepolt. Aufgrund elektrolytischer Prozesse ändert sich dadurch der pH-Wert des Was-
sers an der Grenzschicht, was einem Anwachsen von Muscheln, Algen und Seepocken
entgegenwirkt. Mit einem Boot der Fischereiaufsicht in Mecklenburg-Vorpommern
wurde 2012 die Wirksamkeit getestet [18].33
Zum Schutz der Ballastwassertanks gegen Korrosion werden ein oder zwei Schich-
ten einer Zwei-Komponenten-Epoxidharz-Beschichtung verwendet.
Die Beschichtung der Laderäume richtet sich nach dem einzubringenden Ladegut;
die Beschichtungsmaterialien müssen entsprechend beständig gegen das Ladegut sein.
Hier ist entweder eine chemische Beständigkeit (Chemikalientanker oder auch Gefahrgut-
frachter) bzw. auch eine Beständigkeit gegen mechanische Beanspruchung vordergründig
(beispielsweise Schüttgutfrachter).34

Beispiel zur Bestimmung von Opferanoden


Ein Schlepper der Deutschen Marine soll zum Schutz gegen Korrosion mit Opfer-
anoden aus Zink am Unterwasserschiff bestückt werden. Die Schutzdauer ist auf zwei
Jahre (=17.520 h) festgelegt. Die zu schützende Gesamtfläche des Unterwasserschiffs
beträgt 490 m2. Das Gewicht einer Anode soll 10 kg betragen. Wie viele Opferanoden
werden benötigt?
Die Ermittlung des erforderlichen Anodengewichts bestimmt sich nach Gl. 4.49:

33Siehe ferner div. Produktinformationen, z. B. unter [22].


34Vertiefend zu den Beschichtungen im Ballastwasser- und Laderaumbereich s. a. [15, S. 56 f.].
190 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

AU,ges · IS · tS IG · tS
mG = =
QG QG
mit
mG erforderliches Gesamtanodengewicht (kg),
IG Gesamtschutzstrom (A),
tS Schutzdauer = 17.520 h,
QG Strominhalt = 780 Ah/kg.
Der erforderliche Gesamtschutzstrom ergibt sich aus sinngemäßer Anwendung der
Gl. 4.50 mit
IG = AU,ges · IS (4.51)
mit
IG Gesamtschutzstrom (A),
AU,ges zu schützende Gesamtfläche = 490 m2,
IS Schutzstromdichte 0,02 A/m2 zu

IG = 490 m2 · 0,02 A/m2 = 9,8 A.


Somit errechnet sich ein erforderliches Anodengewicht von
mG = 9,8 A · 17.520 h/780 Ah/kg,
mG = 220 kg.
Bei einem Stückgewicht von 10 kg pro Anode sind insofern 22 Opferanoden (11 auf
jeder Seite des Rumpfes) anzubringen und alle zwei Jahre auszuwechseln.

4.6.2 Decksbeläge/Fußböden

Decksbeläge sollen nicht nur optisch ansprechend sein (z. B. das Teakdeck einer
Motorjacht, Abb. 4.40)35; vor allem müssen sie eventuell auftretenden mechanischen
Beanspruchungen standhalten und aus Gründen der Arbeitssicherheit ausreichend rutsch-
fest ausgeführt sein.
Unter Rutschsicherheit oder auch Trittsicherheit werden Eigenschaften eines Boden-
belags in Bezug auf gleitfördernde Stoffe, wie beispielsweise Wasser, zusammengefasst.
Die Rutschsicherheit von Personen ist insbesondere auf nassen und glatten Böden
gefährdet, weil beim Begehen ein Aquaplaningeffekt auftreten kann.
Ferner dienen Decksbeläge dem Korrosions- und Schallschutz als auch der Wärme-
isolierung. Die einzusetzenden Materialien und Werkstoffe orientieren sich daher an den
zu erfüllenden Anforderungen.

35Mittlerweile werden auch Decksbeläge in Teakoptik auf PU-Basis angeboten (siehe z. B. [20]).
4.6 Korrosionsschutz und Decksbeläge/Fußböden 191

Abb. 4.40 Teakdeck einer Motorjacht

Mit dem Decksbelag GISA TEX Antislide beispielsweise werden sowohl Rutsch-
festigkeit als auch Abdichtung gegen Wasser und Feuchtigkeit erreicht. Die Oberfläche
von GISA TEX Antislide besteht aus PVC und ist damit temperatur-, salzwasser- und
UV-beständig. Die pyramidale Struktur seiner Oberfläche verleiht dem Belag Rutsch-
festigkeit bei gleichzeitiger Trittweichheit [19].
Ein Maßstab für den Grad der Rutschhemmung ist die sog. R-Gruppe. Bodenbeläge
werden in Abhängigkeit von ihrer Rutschhemmung in fünf R-Gruppen (von R 9 bis
R 13) unterteilt, wobei Bodenbeläge mit der R-Gruppe R 9 den geringsten und mit der
R-Gruppe R 13 den höchsten Anforderungen an die Rutschhemmung genügen. Eine
ausreichende Rutschhemmung ist jedoch nicht nur für den Bereich der Außendecks
gefordert; grundsätzlich müssen alle Fußböden ausreichend rutschsicher gestaltet sein.
Die Anforderungen an einzelne Räume richten sich dabei nach der Technischen Regel
für Arbeitsstätten – Fußböden (ASR A1.5/1,2)36, die die diesbezüglichen grundsätz-
lichen Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung konkretisiert. Demnach müssen im
Küchen- und Kombüsenbereich Fliesen mit einer Rutschfestigkeitskennzahl von mindes-
tens R 12 verlegt werden (Abb. 4.41).
Insbesondere in Arbeitsbereichen, in denen fettige, pastöse oder faserig-zähe Stoffe
auf den Boden gelangen können, müssen Fliesen gegebenenfalls neben der erforder-
lichen Rutschhemmung auch noch einen „Verdrängungsraum“ besitzen. Das ist der zur
Gehebene hin offene Hohlraum unterhalb der Gehebene zur Aufnahme oder Ableitung

36ZurTechnische Regel für Arbeitsstätten – Fußböden (ASR 1.5/1,2) siehe [16]; eine Auswahl von
Rutschfestigkeitskennwerten nach dieser ASR findet sich im Anhang 12.
192 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.41 Fliesen im Kombüsenbereich

von gleitfördernden Stoffen. Dieser wird in vier V-Klassen unterteilt. Ein V-Wert gibt an,
welche Flüssigkeitsmenge in cm3 der Boden auf einem Quadratdezimeter mindestens
aufzunehmen vermag (s. Tab. 4.7).37
Nach der ASR A1.5/1,2 wäre beispielsweise für den Küchen- bzw. Kombüsenbereich
eines Schiffes eine Fliese mit den Kennbuchstaben R 12/V4 zu wählen.
Rutschfeste Decksausführungen (R 11/R 12) können z. B. unter Verwendung von
Riffelblechen (auch Tränen- oder Raupenbleche genannt) aus Stahl, Edelstahl oder
­Aluminium hergestellt werden (s. Abb. 4.42).38
Derartige Bleche aus Stahl sind in der DIN 59220 genormt. Riffelbleche werden laut
dieser Norm in den Bestellangaben mit dem Kennbuchstaben „R“ bezeichnet, Tränen-
bleche mit dem Kennbuchstaben „T“. Stahlbleche sind im Dickenbereich von 3–10 mm
genormt. Edelstahlbleche sind in der DIN 5220 genormt. Aluminiumbleche mit ein-
gewalzten Mustern sind in der europäischen EN 1386 genormt. Hier wird unterschieden
zwischen den Musterarten „Duett“, „Quintett“, „Diamant“, „Gerstenkorn“ und „Mandel“.
Blechdicken sind hier im Bereich von 1,2–20 mm genormt.
Auch ist zum Erreichen oder Erhöhen der rutschhemmenden Eigenschaften ein
Bekleben des Decks, von Fußböden und Treppen im gefährdeten Bereich mit besonders
rutschhemmenden Folien (R 11–R 13) oder Bändern möglich.39

37Nach Arbeitsstättenrichtlinie„Fußböden“ (ASR A1.5/1,2).


38Vgl. dazu beispielsweise [23].
39Siehe z. B. [14, S. 286].
4.6 Korrosionsschutz und Decksbeläge/Fußböden 193

Tab. 4.7  V-Klasse für Fliesen Gruppe Mindestvolumen (cm3/dm2)


V4 4
V6 6
V8 8
V10 10

Abb. 4.42 Decksbelag aus „Riffelblech“

Üblich ist im Decksbereich auch das Aufbringen von rutschhemmenden Anstrich- und
Beschichtungsstoffen in der Regel auf Zweikomponenten-Polyurethan- oder Epoxid-
harz-Basis (vgl. Abb. 4.43).40
Der TBS-Belag besteht aus Polyurethan in Verbindung mit Polyurethangranulat. Eine
widerstandsfähige Kombination, die elastisch ist und eine sichere Arbeitsfläche bietet,
sowohl im trockenen als auch im nassen Zustand. TBS bietet ein Maximum an Komfort
beim Gehen und Sitzen durch die weiche, hautsympathische Oberfläche. Die TBS-Bah-
nenware verlegt sich wie ein Teppich und eignet sich besonders für den Sportboot-
bereich. Auch PVC-Beläge mit Noppenstruktur und Korkbeläge sind im Sportboot- und
Jachtbereich weitverbreitet.41
Dem Coating können auch mineralische Bestandteile beigefügt werden, um Rutsch-
hemmung zu erreichen (Besanden genannt). Geeignet ist feuer-getrockneter Quarzsand
der Körnung 0,1/0,3 mm (Abb. 4.44).

40Siehe z. B. [20, 21].


41Siehe beispielsweise [14, S. 286].
194 4 Schiffskörper, Tauwerk, Aufbauten, Ankergeschirr …

Abb. 4.43 Rutschhemmende Zwei-Komponenten-Beschichtung im Bereich der Verkehrsfläche


an Deck

Abb. 4.44 Rutschhemmung durch „Besanden“ im Jachtbau

Beispiele zur Fußbodengestaltung


Ein Kunde bittet um Beratung hinsichtlich der Bodengestaltung des Erste-Hilfe-­
Raumes seines Containerschiffneubaus. Was würden Sie ihm grundsätzlich raten?
Der Erste-Hilfe-Raum sollte leicht zu pflegen und muss ausreichend rutsch-
hemmend sein. Zur Realisierung dieser beiden Aspekte bietet sich ein Kunststoff- oder
Feinsteinzeugbelag an, der die Rutschfestigkeitsklasse R 9 hat.
Literatur 195

Auf einem Kreuzfahrtschiff soll der Decksbelag im Bereich des Bootsdecks


erneuert und in Teakoptik ausgeführt werden. Welche Anforderung an die Rutsch-
festigkeit muss in diesem Bereich gegeben sein?
Nach Zif. 30.1 des Anhangs 2 der ASR A1.5/1,2 muss hier die Rutschfestigkeits-
klasse R 11 erfüllt werden. Obwohl für Gehwege R 10 ausreichend wäre, sollte hier
auf die höhere Rutschfestigkeit hingewirkt werden, da im Notfall mit einem hohen
Personenaufkommen zu rechnen ist. Widrige Witterungsumstände (Regen, Schnee-
fall) begünstigen das Ausrutschen. Gestürzte Personen erhöhen dann in solchen Lagen
die Gefahr, dass weitere Personen über diese stolpern können, was letztlich auch das
Risiko einer Panik beinhaltet.

Literatur

Printmedien

1. Bernhardt, F., Meier-Peter, H. (Hrsg.): Handbuch Schiffsbetriebstechnik. Seehafen, Hamburg


(2008)
2. Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr)
(Hrsg.): Richtlinien für zulässige mechanische Schwingungen auf Seeschiffen (2003)
3. Bornemann, S., Harbrecht, J.-P., Kaps, H.: Umweltforschungsplan des Bundesministers für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Forschungsbericht UBA FuE-Vorhaben: FKZ
102 04 416, Entwicklung eines Kriterienkatalogs für die Vergabe des Prädikats „Umwelt-
freundliches Schiff“, GAUSS, gem. Gesellschaft für Angewandten Umweltschutz und Sicher-
heit im Seeverkehr mbH in Kooperation mit der Hochschule Bremen, Fachbereich Nautik, im
Auftrag des UBA, Juli (1999)
4. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.): Handlungsanleitung für die arbeits-
medizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 46 „Belastungen
des Muskel- und Skelettsystems einschließlich Vibrationen“. DGUV Information 240-460,
vormals BGI 504-46/GUV-I 504-46 (2009)
5. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: DGUV Information 208-032 „Auswahl und
Benutzung von Steigleitern“, vormals BGI/GUV-I 5189“ (2013)
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2015, Amended January (2017)
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Germanischer Lloyd, Hamburg (2012)
9. Koch, St.-W. (Hrsg. der deutschen Übersetzung) von Halliday, D., Resnick, R., Walker, J.:
Physik – 16 Schwingungen. Wiley-VCH, Universität Marburg (2009)
10. Lexikographisches Institut: Lexikon der Technik Bd. 1. 2. Lexikographisches Institut, M
­ ünchen
(1986)
11. Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft: Unfallverhütungsvorschrift UVV „Leitern
und Tritte“ – BGV D36 (2006)
12. Pietschmann, J.: Industrielle Pulverbeschichtung. Springer, Wiesbaden (2013)
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buchverlag, Leipzig (1977)
14. SVB Spezialversand für Yacht- & Bootszubehör, Katalog 2012, Bremen
15. Verband für Schiffbau und Meerestechnik e. V.: Schiffstechnik und Schiffbautechnologie.
­Seehafen, Hamburg (2006)

Internet

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26. www.sd-dresden.de
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31. http://de.wikipedia.org/wiki/Feuerverzinken. Zugegriffen: 20. Aug. 2016
32. http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsrumpf. Zugegriffen: 20. Aug. 2016
33. http://de.wikipedia.org/wiki/Tauwerk. Zugegriffen: 20. Aug. 2016
34. http://www.wissen.de/lexikon/voelligkeitsgrad. Zugegriffen: 18. Juli 2017

Weiterführende Literatur (Internet)

35. http://www.din.de. Zugegriffen: 22. Dez. 2017


36. http://www.svb.de: Katalog „Technisches Wassersportzubehör“
37. https://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsmaße. Zugegriffen: 20. Aug. 2016
Antriebsanlagen
5

5.1 Einführung

Bei seiner Fahrt durch das Wasser muss das Schiff gegen Wind und Wellen arbeiten.
Das Wasser am Unterwasserschiff sowie die Luft am Überwasserschiff bewirken durch
ihr Strömungsverhalten Reibungswiderstände am Schiffskörper, die letztlich durch die
Antriebsanlage zu überbrücken sind. Die Dimensionierung und Auslegung dieser Anlage
und insbesondere des Leistungserzeugers (s. a. Abb. 5.1) ist vom Schiffswiderstand
abhängig.
Die auf das Schiff einwirkenden Widerstände werden im Folgenden näher dargestellt,
bevor die gängigen Konzepte zur Leistungserzeugung beschrieben werden.

5.2 Schiffswiderstand1

Der von der Antriebsanlage zu überbrückende Gesamtwiderstand, den Luft und Was-
ser der Bewegungsrichtung des Schiffes entgegensetzen, ist komplex und setzt sich aus
diversen Einzelwiderständen zusammen. Die Bedeutung des Schiffswiderstandes sowohl
aus ökologischer wie auch aus ökonomischer Sicht sowie die einzelnen Widerstands-
komponenten werden nachfolgend näher betrachtet.

1Siehe zum Folgenden auch: [27, S. 38 ff.].

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 197
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_5
198 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.1 MAK-Antriebsdiesel

5.2.1 Volkswirtschaftliche Aspekte der Schifffahrt

Über die See läuft 90 % des Weltgüterhandels.2 Allein die deutsche Handelsflotte besteht
heute aus ca. 3350 Schiffen [33]!
Ein Großteil des deutschen Außenhandels erfolgt über die Meere. Auch der Sektor
der Kreuzfahrtbranche boomt. Bekannte Reedereien sind hier MSC, COSTA oder auch
die deutsche AIDA-Gruppe. Vor dem Hintergrund der steigenden Nachfrage nach Fracht-
raum und Passagierplätzen entsteht am Markt eine Konkurrenz zwischen den Reede-
reien. Um konkurrenzfähig zu bleiben, ist es wichtig, u. a. die Betriebskosten3 für ein
Schiff zu senken. Dabei sind zwei Aspekte von besonderer Bedeutung. Erstens: „Zeit
ist Geld“. Das bedeutet, dass ein Frachtgut möglichst schnell seinen Bestimmungs-
ort erreichen muss. Ziel muss es demnach sein, Schiffen bei größtmöglichem Lade-
volumen4 eine größtmögliche Geschwindigkeit zu verleihen. Zum anderen sind die
Treibstoffkosten für eine Überfahrt ein erheblicher finanzieller Faktor. In der Regel
benötigen die Schiffe Diesel oder Schweröl für ihre Antriebsmaschine. Wenn hier eine

2Fregattenkapitän Sauerborn im Rahmen eines Vortrages an der Führungsakademie der Bundes-


wehr am 14.01.2010 in Hamburg.
3Die Betriebskosten setzen sich neben den Treibstoffkosten u. a. aus Heuer für die Mannschaft,

Abzahlung von Krediten, Reparatur- und Wartungskosten, Vertragsstrafen bei verspäteter Liefe-
rung und vielem mehr zusammen; vertiefend hierzu [54].
4Was im Einzelfall hierbei möglich ist, ist von vielen Faktoren abhängig, wie z. B. das vorgesehene

Fahrtgebiet (so beschränkt allein ein Durchfahren des Panamakanals die Ausmaße eines Schiffes),
aber auch letztlich der Investitionswille des Reeders.
5.2 Schiffswiderstand 199

Abb. 5.2 Wulstbug

­ nergieeinsparung erzielt werden kann, schlägt sich das positiv auf die Marktfähigkeit
E
des Reeders nieder. Nicht zuletzt wird durch eine Treibstoffeinsparung auch ein Beitrag
zur Verringerung des CO2-Ausstoßes und somit zum Klimaschutz erreicht.5
Insofern muss es Aufgabe der Schiffbaukonstrukteure sein, in besonderem Maß
auch den beiden vorstehend genannten Aspekten Aufmerksamkeit zu widmen. Sie müs-
sen versuchen, die Schiffe geschwindigkeits- und energieoptimiert zu entwickeln. Der
Wulstbug (s. Abb. 5.2), die Gestaltung und Beschichtung des Unterwasserschiffs tragen
wesentlich dazu bei, diese Forderungen zu erfüllen.

5.2.2 Vorbilder aus der Natur

Wenn es um innovative technische Problemlösungen geht, liefert die Natur interessante


Vorbilder. Mittlerweile hat sich eine echte Wissenschaft entwickelt, die die Vorbilder der
Natur genauer untersucht, um sie für technische Vorhaben zu nutzen: die Bionik. Das
Wort verbindet sprachlich die beiden Disziplinen Biologie und Technik.
Der Leitgedanke der Bionik kann unter dem Motto „Lernen von der Natur“
zusammengefasst werden. Das Interessante dabei ist nämlich: Die Natur erreicht ihre
Ziele ökonomisch mit einem Minimum an Energie.

5Bei jeder Verbrennung entsteht u. a. das klimarelevante Gas CO2.


200 5 Antriebsanlagen

Die folgenden Beispiele sollen aufzeigen, wie die Natur das oben beschriebene öko-
nomische Prinzip umgesetzt hat, wobei Ähnlichkeiten mit dem Wulstbug nicht von der
Hand zu weisen sind.

Der Pottwal
Große Pottwalbullen erreichen Längen von 18 m und ein Gewicht von 50 t. Auf ihren
Wanderungen legen sie weite Strecken zurück. Der Wal würde schnell ermüden, wenn er
sich nicht kräftesparend durchs Wasser bewegen könnte. Beobachtet man einen Pottwal
beim Schwimmen, scheint er quasi schwerelos mit leichten Flunkenbewegungen durch
das Meer zu ziehen. Auffällig ist sein markanter, langer Kopf! Dieser verleiht dem Pott-
wal seine strömungstechnisch günstige Körperform.

Der Delfin
Auch der Delfin hat eine Schnauze, die dem Wulstbug ähnelt. Nehmen wir den Delfin als
Vorbild für eine Schiffskonstruktion, so muss ganz vorne am Bug am Unterwasserschiff
eine längliche, nach vorne hin halbkugelförmige „Nase“ angebracht sein.

Haihaut
Die Haut von Haien ist mit vielen kleinen Zähnen besetzt. Diese machen es See-
pocken und Muscheln schwer, auf der Haut Halt zu finden. Dadurch verhindert die
Natur die Bildung von Verwirbelungen auf der Hautoberfläche und senkt somit den
Reibungswiderstand zwischen Wasser und Haihaut. Dieses Phänomen ist für den
Aspekt des Reibungswiderstandes6 am Schiffsrumpf von Interesse und kann somit
Vorbild für die Oberflächenbeschaffenheit bzw. Oberflächenbeschichtung des Unter-
wasserschiffs sein.
Muscheln und Seepocken am Schiffsrumpf machen das Schiff langsamer – der
Reibungswiderstand im Wasser kann um bis zu 15 % steigen. Von daher werden
heute insbesondere in der Großschifffahrt, vor dem Hintergrund des Verbots von
Zinnbutylanstrichen als Antifoulingfarben [71], vielfach Silikonunterwasseranstriche
verwendet [35].

5.2.3 Strömungsmechanische Betrachtungen am Schiffsrumpf

Das Schiff erfährt bei seiner Fahrt durchs Wasser eine seiner Bewegungsrichtung
entgegenwirkende Widerstandskraft R7. Das ist die Kraft, die das Wasser am Rumpf
und die Luft an den Aufbauten und ggf. der Ladung der Vorwärtsbewegung des

6Siehe Abschn. 5.2.3.


7Aus dem engl. „resistance“.
5.2 Schiffswiderstand 201

Wasserfahrzeugs entgegensetzen. Der Widerstand8 von Körpern in einem strömenden


Fluid wird allgemein mit folgender Gleichung beschrieben:
ρ 2
R=C·A· ·v (5.1)
2
mit
R Widerstandskraft,
C Widerstandsbeiwert,
A der Strömung entgegenstehender Körperquerschnitt, auch Referenzfläche genannt,
die definitionsabhängig ist. Üblicherweise ist sie gleich der Stirnfläche des
angeströmten Körpers.
ρ Dichte des strömenden Fluids (Wasser am Rumpf, Luft an Aufbauten und ggf. Ladung),
v Relativgeschwindigkeit zwischen Schiff und Wasser bzw. zwischen Schiff und
umgebender Luft.
Der Widerstandsbeiwert C ist nur schwer zu ermitteln, da sich der auf das Schiff wir-
kende Widerstand R aus mehreren Einzelwiderständen zusammensetzt. Die einzelnen
Widerstandskomponenten werden nachfolgend genauer beschrieben.

5.2.3.1 Die einzelnen Anteile des Widerstandes


Nach Meier-Peter9 setzt sich der Gesamtwiderstand R aus dem Wellenwiderstand RW,
dem Reibungswiderstand RF, dem Form- oder Druckwiderstand RPV, dem Luftwiderstand
RL und sonstigen, nicht genauer zu definierenden zusätzlichen Widerstandsanteilen RZ
zusammen, der durch den Schiffsantrieb zu überbrücken ist (Abb. 5.3):
R = RL + RZ + RW + RF + RPV . (5.2)
Der an Aufbauten und ggf. Ladung angreifende Luftwiderstand RL ist im Verhältnis zu
den anderen Widerstandsgrößen von untergeordneter Bedeutung. Wie aus Gl. 5.1 hervor-
geht, ist die Dichte eine der bestimmenden Größen für den Widerstand. Da die Dichte
von Luft jedoch ca. drei Zehnerpotenzen niedriger als die des Wassers und die Windge-
schwindigkeit von null bis Orkanstärke – mal in Fahrtrichtung, mal gegen Fahrtrichtung
wirkend – der Schiffsgeschwindigkeit vektoriell zuzurechnen ist, wird der Luftwider-
stand häufig nur mit einem prozentualen Zuschlag von 2–4 % zum Gesamtwiderstand
erfasst10.

8Allgemein auch Strömungswiderstand genannt.


9Meier-Peter in [18, S. 354]; daneben gibt es häufig auch vereinfachte Ansätze, auf die hier nicht
näher eingegangen werden soll.
10Meier-Peter in [18, S. 356].
202 5 Antriebsanlagen

Zusätzliche Widerstandsanteile RZ, die prozentual berücksichtigt werden, sind:11

• Steuerwiderstand (infolge von Kurskorrekturen am Ruderblatt),


• Widerstand durch Propeller, Lagerböcke, Ruderblatt und Bewuchs (Muscheln und
Seepocken),

zusammen mit etwa 10–20 %.

5.2.3.2 Die Widerstände am Unterwasserschiff


Die Vorhersage der Widerstände am Unterwasserschiff werden experimentell an einem
Modellrumpf durch den sog. Schleppversuch im Strömungskanal ermittelt, wobei die
zum Schleppen erforderliche Kraft gemessen und alsSchleppwiderstand RT bezeichnet
wird. Durch Modellrechnungen werden die gewonnenen Ergebnisse auf das zu konst-
ruierende Originalschiff übertragen.12 Diesen Modellrechnungen liegt die Erkenntnis
zugrunde, dass ein starrer Körper und ein Modell dieses Körpers, die Wellen ver-
ursachen, indem sie sich durch eine Flüssigkeit bewegen, oder den Wellen einer Flüssig-
keit ausgesetzt sind, auf der Erde genau dann vergleichbar sind, wenn das Verhältnis der
Längen zum Quadrat der Geschwindigkeit identisch ist. Dieser Zusammenhang wird
durch die Froude-Zahl beschrieben (s. dazu weiter unten in diesem Kapitel).
Nach Froude wird der Schleppwiderstand RT in den Wellen- (RW), Reibungs- (RF)
und Druck- oder Formwiderstand (RPV) eingeteilt:
RT = RW + RF + RPV . (5.3)
Die Summe aus dem Reibungs- und dem Druck- oder Formwiderstand wird auch als
ZähigkeitswiderstandRV bezeichnet:13
RF + RPV = RV . (5.4)
Er entsteht durch die Bewegung des Schiffskörpers im Wasser und ist abhängig von der
Schiffsgeschwindigkeit, von der Größe und Rauigkeit des Unterwasserschiffs, von der
Form des Rumpfes sowie der Zähigkeit des Wassers. Er stellt bei den üblichen Handels-
schiffen mit 75–80 % den größten Anteil des Gesamtwiderstands dar [6, Band I, S. 326].
Die in RV enthaltene Komponente desReibungswiderstandes RF ist nur von der Größe
und Rauigkeit der benetzten Oberfläche des Unterwasserschiffs abhängig. Er unterliegt
der grundsätzlichen Gesetzmäßigkeit nach Gl. 5.1, wird aber mit Indizes versehen:
ρ 2
RF = CF · AS · · v · 10−3 [kN]. (5.5)
2

11Meier-Peter in [18, S. 356].


12Meier-Peter in [18, S. 356 f.].
13Meier-Peter in [18, S. 354].
5.2 Schiffswiderstand 203

Abb. 5.3 Darstellung des


Gesamtwiderstandes auf ein R
Schiff
v

Abb. 5.4 Laminare Strömung

Abb. 5.5 Strömungsablösung


mit Turbulenzbildung

Hierin ist CF der dimensionslose Widerstandsbeiwert, der in dieser Gleichung die Rauig-
keit des Unterwasserschiffs beschreibt, ρ die Dichte von Wasser14 in kg ∕ m3 und v die
Schiffsgeschwindigkeit in m ∕ s. AS ist in dieser Formel die Oberfläche des sich im Wasser
befindlichen Schiffsteils und wird oft nur durch Näherungsformeln bestimmt. Diese For-
meln ergeben gute Werte, wenn es sich um übliche Schiffsformen handelt, bei Sonder-
formen ist eine mühsame Bestimmung der Oberfläche erforderlich [32].
Eine übliche Näherungsgleichung für AS lautet:

AS = 2,6 · V · LWL, (5.6)
wobei V die Verdrängung des Schiffs in t bzw. m3 und LWL die Schiffslänge in der
Wasserlinie in Meter ist.
Direkt an der „Kontaktstelle“ Wasser/Schiffsrumpf werden die Wassermoleküle
durch Adhäsion festgehalten. Der Übergang von der Geschwindigkeit „null“ auf den
vollen Wert der vorbeiströmenden Wasserteilchen findet im engen Bereich der sog.
Grenzschicht statt. Diese kann laminar (Abb. 5.4) oder turbulent (Abb. 5.5) sein.15 Bei
anliegender laminarer Strömung setzt sich der Widerstand nur aus den in der Grenz-
schicht übertragenen Schubspannungen zusammen, während bei Abriss der Strömung
und der damit verbundenen Turbulenzbildung (z. B. durch den genannten Bewuchs) der
dadurch verursachte Unterdruck den Widerstand erhöht [6, Band I, S. 303, 323].16
Der Widerstandsbeiwert CF hängt bei einer glatten Platte, die parallel angeströmt
wird (vgl. Abb. 5.4 und 5.5) nur von der dimensionslosen Reynolds-Zahl ab:17
CF = f (Re), (5.7)

14Frischwasser bei 20 °C 1000 kg ∕ m3, Seewasser bei 20 °C etwa 1026 kg ∕ m3.


15Turbulente Strömung = wirbelige Strömung; laminare Strömung = die Stromlinien verlaufen par-
allel zur Hauptbewegung.
16Bei großen Schiffen liegen die Reynolds-Zahlen im Bereich bis zu 109.

17Vertiefend dazu Eck in [6, Band I, S. 322, 300 ff.].


204 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.6 Strömungsabriss


am Heck

Abb. 5.7 Laminare Strömung

wobei
w·l
Re = (5.8)
v
mit w der kennzeichnenden Strömungsgeschwindigkeit, l einer typischen Längen-
abmessung (hier der Plattenlänge) und ν der kinematischen Zähigkeit (hier von Was-
ser18).
Der Widerstandbeiwert CF wird für die üblichen Schiffsformen wie folgt beschrieben
[6, Band I, S. 326]:
0,075
CF = . (5.9)
(lg Re − 2)2
Der Formwiderstand RPV verdankt seine Herkunft ebenfalls der Zähigkeit des Wassers,
ist aber im Wesentlichen abhängig von der Rumpfform. Er kann durch eine gute Form-
gebung des Unterwasserschiffs kleingehalten werden. Dabei kommt der Bug- und Heck-
gestaltung eine besondere Bedeutung zu: Am Heck muss ein Strömungsabriss, der zur
Turbulenzbildung und damit einhergehend dort zu einem „bremsenden“ Unterdruck
führt, vermieden werden (Abb. 5.6 und 5.7).
RPV unterliegt prinzipiell der gleichen Gesetzmäßigkeit wie der Reibungswiderstand:
ρ 2
RPV = CPV · A · · v · 10−3 [kN]. (5.10)
2
Mit CPV wird hier der Druckwiderstandsbeiwert des Rumpfes beschrieben. Dieser kann
nur schwer ermittelt werden, da im Strömungskanal bei einem Schleppversuch ja immer
die Reibungs-, Form- und Wellenwiderstandskräfte gemeinsam zur Wirkung kommen. In
Gl. 5.10 ist A die projizierte „Schattenfläche“ des Unterwasserschiffs von vorne gesehen.
Der Ausdruck ρ2 · v2 wird „Staudruck“ genannt, der durch die Schiffsgeschwindigkeit auf
die „Schattenfläche“ wirkt.
DerWellenwiderstand RW entsteht durch die schräg nach beiden Seiten vom Schiff
ablaufenden Wellensysteme, die durch Bug- und Heckwelle hervorgerufen werden
(Abb. 5.8). Bei Fahrt durchs Wasser tritt an Bug und Heck eine Aufweitung, im ersten

18Bei 10 °C etwa 1,3 · 10−6 m2 /s.


5.2 Schiffswiderstand 205

Abb. 5.8 Typisches


Wellenbild eines Bootes in
Verdrängerfahrt (an Bug und
Heck: Wellenberg, in der
Mitte: Wellental)

Drittel bis mittschiffs eine Zusammendrängung der Stromlinien auf, was entsprechend
der Bernoulli-Gleichung19 an Bug und Heck eine Geschwindigkeitsverminderung der
relativen Wasserströmung und damit einen Druckanstieg, etwa in der Schiffsmitte
dagegen eine erhöhte Geschwindigkeit und dementsprechend eine Druckabsenkung zur
Folge hat. An der Wasseroberfläche entsteht durch die Druckabsenkung ein Wellental,
während der Druckanstieg einen Wellenberg verursacht [32].
Die damit zusammenhängenden Wellenerhebungen bewegen sich mit dem Schiff
und zur Seite, sodass ein Wellenfeld entsteht, in dem sich das Schiff bewegt. Die
Wellenlänge  der schräg ablaufenden Systeme ist proportional zum Quadrat der
­Schiffsgeschwindigkeit:

 = 0, 64 · ν 2 . (5.11)
Das heißt, schnelle Schiffe machen längere Wellen. Die Wellen können sich so über-
lagern, dass Wellenberg auf Wellenberg fällt, wodurch der Widerstand zunimmt (Reso-
nanz). Fällt dagegen ein Wellental des einen Systems auf einen Wellenberg des andern,
verringert sich der Widerstand (Interferenz).20 Dieser Effekt wird durch einen Wulstbug
erreicht (s. Abschn. 5.2.4). Aufgrund dieser Ausführungen kann geschlussfolgert werden:
Ein Schiff, das wenig Wellen erzeugt, hat einen niedrigeren Wellenwiderstand.
Ferner erzeugt das Schiff bei Stampfbewegungen durch das Eintauchen des Bugs
beim Überfahren der anrollenden Welle eine starke Bugwelle, die ebenfalls einen

19Satz von der Erhaltung der Energie. Die B.-G. besagt, dass in einer stationären Strömung die

Summe aus statischem und dynamischem Druck konstant ist und dem Gesamtdruck der ruhenden
Flüssigkeit entspricht; näheres dazu [20, S. 108].
20Meier-Peter in [18, S. 355].
206 5 Antriebsanlagen

beträchtlichen Widerstand gegen die Bewegungsrichtung ausübt. Der Wulstbug redu-


ziert das starke Eintauchen beim Stampfen (und somit eine hohe Bugwelle), da durch
die Bugwulst dem Bugbereich eine zusätzliche Auftriebskomponente verliehen wird,
wodurch das Eintauchen sanfter erfolgt.
Ermittelt wird derWellenwiderstand im Schleppversuch als Differenz zwischen dem
gemessenen Schleppwiderstand RT und dem berechneten Zähigkeitswiderstand RV. Bei
heutigen Schiffen beträgt der Wellenwiderstand etwa 20–25 % des Gesamtwiderstands
[6, Band I, S. 326].
Als kennzeichnende Größe für den Wellenwiderstand verwendet man dieFroud’sche
Zahl:21
v
Fr = √ . (5.12)
g · LWL

mit g = 9,81 m/s2 und LWL = Länge des Schiffs in der Konstruktionswasserlinie. LWL
ist für die Betrachtung des Wellenwiderstands und der damit auch verbundenen maximal
erreichbaren Schiffsgeschwindigkeit in Verdrängerfahrt von besonderer Bedeutung, wie
in Abschn. 5.2.4 noch beschrieben wird.

Beispiel zur Anwendung der Froud’schen Zahl


Es soll ein Containerschiff mit einer Länge von LWLO = 321 m und einer
Geschwindigkeit von vO = 25 kn = 13 m/s konstruiert werden. Zur Bestimmung
der Widerstandskräfte wird ein Modell benötigt, welches insofern ein vergleichbares
Wellenbild zu dem späteren Original erzeugen muss. Wie schnell (vM) muss dann das
(gewählte) 5 m lange Modell (LWLM) durch den Strömungskanal gezogen werden?
Aus Gl. 5.12 folgt mit
vO vM
Fr = √ = 0, 23 = √ ⇒ vM = 1, 62m/s.
g · LWLO g · LWLM

5.2.4 Die Auswirkungen des Wulstbugs auf den


Schleppwiderstand

Um die Antriebsenergie zu minimieren, müssen die zu überbrückenden Widerstände


verkleinert werden. Bei vorgegebenen Schiffshauptabmessungen wie Länge, Breite,
Tiefgang und Geschwindigkeit bleibt nur noch, wie bereits aus Gl. 5.1 ersichtlich ist,
den Widerstandsbeiwert C zu minimieren.22 Im Bereich des Unterwasserschiffs können

21Näheres dazu Eck in [6, Band I, S. 326]; sie liegt im Allgemeinen zw. 0,20 und 0,35.
22In der Literatur wird als Gesamtwiderstandsbeiwert für heutige Schiffe ein C-Wert zwischen
0,03 und 0,05 angegeben (vgl. a. [27]).
5.2 Schiffswiderstand 207

durch einen Wulstbug (Vorbilder aus der Natur!) der Wellen- und Formwiderstandsbei-
wert deutlich reduziert werden, was letztlich den Schleppwiderstand verringert und in
Summe somit auch den Gesamtwiderstand des Schiffes.
Das vorstehend beschriebene Wellenbild ist stark abhängig von der Rumpfform. Die
Wulst verschiebt das Wellenbild eines fahrenden Schiffes durch Interferenz. Sie erzeugt
quasi ein zweites Wellensystem, das die Bug- und Heckwelle durch Überlagerung ver-
kleinert, im Idealfall fast aufhebt [13, S. 96 ff.].
Daneben hat diese „Tropfenform“ eine strömungsgünstige Form, die die Strömungs-
fäden idealisierter um den Rumpf führt und somit den Formwiderstand verringert.
Interessant ist hierbei, dass nicht alle Boote und Schiffe mit einem Wulstbug aus-
gerüstet werden, wenn doch hierdurch der Gesamtwiderstand reduziert werden kann.
Das liegt an den zwei grundsätzlich verschiedenen Schiffs- und Bootstypen: Es gibt-
Verdränger23 undGleiter. Ob ein Wasserfahrzeug Verdränger oder Gleiter ist, hängt von
seiner Rumpfform ab. Ein Gleiter kann aufgrund einer besonderen Bug- und Rumpf-
konstruktion bei genügend starker Antriebsleistung sein Wellenbild „überholen“, um
dann sozusagen auf seiner eigenen Bugwelle zu „reiten“ (was sehr hohe Geschwindig-
keiten erlaubt und daher im Sportbootbau verbreitet ist). Ein Verdränger verdrängt
durch den Rumpf genauso viel Wasser, wie es seiner Masse entspricht. Mit steigender
Geschwindigkeit steigt nur der Widerstand durch die eigene Bug- und Heckwelle; er
kann sein Wellensystem aber nicht verlassen. Daraus folgt, dass ein Verdränger – hat er
auch eine noch so starke Motorisierung – niemals eine maximal mögliche Geschwindig-
keit überschreiten kann. Das ist die sog. Rumpfgeschwindigkeit. Ist sie erreicht, lie-
gen Bug und Heck auf einem Wellenberg (s. Abb. 5.8). Diese maximal erreichbare
Geschwindigkeit eines Verdrängers errechnet sich nach Gl. 5.13:

vtheor, max = 2,42 · LWL in Knoten (1 kn = 1 Knoten entspricht 1,852 km/h).
(5.13)

Als Beispiel diene hier einmal ein kleines Containerschiff mit LWL von 110 m,
Annahme: kein Wulstbug! Nach Gl. 5.13 beträgt seine max. Geschwindigkeit dann
25,4 kn. Erhält das Schiff jedoch einen Wulstbug von ca. 7 m Länge, ist seine Wasser-
linienlänge dann 117 m, was zu einer maximalen Rumpfgeschwindigkeit von 26,2 kn
führt. Das ergibt auf der Seeroute Hamburg nach Taiwan (ca. 5300 sm24) eine Zeiterspar-
nis nach Gl. 5.14 von ungefähr 7 h:
v = s/t (5.14)
mit s der Distanz und t der Zeit.
Bedenkt man, wie häufig diese Route pro Jahr befahren wird, ist das für den Reeder
auf jeden Fall ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt für seine Kalkulationen.

23Alle üblichen Schiffe der Großschifffahrt wie Passagierschiffe, Frachter etc.


241 sm = 1 Seemeile = 1,852 km.
208 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.9 Abhängigkeit der P


Geschwindigkeit von der theor. max.
Antriebsleistung Rumpfgeschw.

5.2.5 Erforderliche Antriebsleistung

Die zur Aufrechterhaltung der Vorwärtsbewegung erforderliche Maschinenleistung hängt


direkt mit dem Widerstand zusammen:
R·v
PM = [kW] (5.15)
ηP
mit ηP =  Gütegrad der Propulsion, dem Gesamtwiderstand R in kN (s. Gl. 5.2), Schiffs-
geschwindigkeit v in m ∕ s und R · v = PP (die zur Überbrückung des Gesamtwider-
standes erforderliche Propellerleistung).
Betrachtet man allein Gl. 5.15, könnte geschlussfolgert werden, dass eine Erhöhung der
Leistung zu einer quasi unbeschränkten Geschwindigkeitserhöhung führen muss. Dass ist
aber nur bis zur maximal theoretischen Rumpfgeschwindigkeit der Fall (s. Abschn. 5.2.4).
Mithin wird sich die erreichbare Geschwindigkeit zunächst mit steigender Maschinen-
leistung dem Grenzwert der Rumpfgeschwindigkeit nähern, um sich dann – bei weiterer
Leistungserhöhung – diesem asymptotisch anzunähern (vgl. Abb. 5.9).
Mit dem Gütegrad der Propulsion, auchAntriebswirkungsgrad genannt, wird
das Verhältnis zwischen Leistung am Schiffspropeller (PP) und der Maschinenleistung
beschrieben:25
ηP = PP /PM . (5.16)
Hierdurch wird berücksichtigt, dass zwischen Maschine und Propeller diverse Verluste
z. B. in Lagerungen auftreten.
Aus Gl. 5.15 ist ersichtlich, dass der Widerstand die Antriebsleistung, diese somit
die Brennstoffkosten und diese wiederum, genau wie die Geschwindigkeit, die

25Meier-Peter in [18, S. 354]; dieser liegt etwa zw. 0,65 und 0,75; s. auch [41].
5.2 Schiffswiderstand 209

­ irtschaftlichkeit des Schiffes beeinflussen. Daher liefert der Wulstbug auch diesbezüg-
W
lich einen positiven Beitrag.

5.2.6 Zusammenfassung

Die Schiffsgeschwindigkeit und die erforderliche Antriebsleistung sind direkt abhängig


vom (komplexen) Widerstand, den Luft und Wasser dem Fahrzeug entgegensetzen. Hin-
sichtlich der Widerstandskomponenten Form- und Wellenwiderstand kommt dem Wulst-
bug eine besondere Bedeutung zu. Optimal konstruiert (durch Strömungsversuche am
Modell und durch Computersimulationen) kann er die Widerstände am Unterwasser-
schiff minimieren: Zum einen wird eine Verschiebung der Bugwelle und somit eine
Reduzierung des Wellenwiderstands erreicht. Ein weiterer Effekt kann durch den Wulst
beobachtet werden: Hierdurch ergibt sich eine bessere Umströmung des Unterwasser-
schiffs und dadurch eine Verringerung des Formwiderstands. Beide Effekte führen im
Ergebnis zu einer Reduzierung des Unterwasserwiderstandes um bis zu 10 % [43], wobei
allein der Anteil des Wellenwiderstands um bis zu 50 % minimiert werden kann [37].
Eine Geschwindigkeitssteigerung ist dadurch und wohl auch durch die Verlängerung
der Länge der Wasserlinie (LWL), um ca. 1 kn zu erreichen.26

Beispiel zum Schiffswiderstand


Es sei hier einmal die erforderliche Antriebsleistung für die Queen Mary 2 nach-
gerechnet.
Daten:27 345 m lang (LWL ca. 330 m mit Wulstbug), Breite B = 41 m, Tiefgang
T = 10,3 m, Maximalgeschwindigkeit 26,5 kn = 13,6 m/s, Antriebsleistung 86 MW
[14, S. 237], kinematische Zähigkeit für Meerwasser bei 10 ◦ C = 1,356 · 10−6 m2 /s,
Dichte von Seewasser = 1026 kg/m3.

Lösung: Der Gesamtwiderstand, der ausschlaggebend für die erforderliche Antriebs-


leistung ist, errechnet sich aus Gl. 5.2
R = RL + RZ + RW + RF + RPV
unter der Annahme:28 RW = 15 %, RZ = 1 % und RL = 1 % des Gesamtwiderstandes R.

26Meier-Peter in [18, S. 357].


27Siehe auch [48].
28Der niedrige Ansatz von R und R beruht zum einen darauf, dass dieses Schiff keine Ruder-
Z L
blätter für Steuerbewegungen hat, sondern mit Propellern versehene um 360° drehbare Gondeln,
zum anderen dürfte der geringe Luftwiderstand aufgrund der doch ziemlich strömungstechnisch
optimal gestalteten Aufbauten gerechtfertigt sein; ferner Eck in [6, Band I, S. 326].
210 5 Antriebsanlagen

Ermittlung der einzelnen Größen:


a) Reynolds-Zahl (Gl. 5.8):

Re = (w · l)/ν,
13,6 m/s · 330 m
Re = ,
1,356 · 10−6 m2 /s
Re = 3,31 · 109 .

b) Reibungswiderstandsbeiwert (Gl. 5.9):

CF = 0,075/(lg Re − 2)2 ,
0,075
CF = ,
(lg 3.309.734.513 − 2)2
CF = 0,0013.

Dies deckt sich mit dem Diagramm nach ITTC zur Ermittlung des CF -Wertes im
Schiffbau (s. [32]).
c) benetzte Oberfläche (Gl. 5.6):

AS = 2,6 · V · LWL
mit der Verdrängung V ≈ B · T =

AS = 2,6 · 41 · 10,3 m3 · 330 m = 971 m2 .
d) Reibungswiderstand RF aus diesen Daten (Gl. 5.5):
ρ 2
RF = CF · AS · · v · 10−3 ,
2
RF = 0,0013 · 971 m2 · 513 kg/m3 · 13,62 m2 /s2 · 10−3 = 120 kN.
e) Druck- bzw. Formwiderstand (Gl. 5.10):
ρ 2
RPV = CPV · A · · v · 10−3
2

mit A = B · T = 41 m · 10,3 m = 422,3 m2 und einem angenommenen Wert29 für CPV


von 0,11 errechnet sich RPV zu:

RPV = 0,11 · 422,3 m2 · 513 kg/m3 · 13,62 m2 /s2 · 10−3 ,


RPV = 4408 kN.

29Aus [6, Band I, S. 324] für reempfindliche Körperform.


5.3 Leistungserzeugung 211

Somit ergibt sich aus Gl. 5.2 unter Berücksichtigung der v. g. prozentualen Ansätze
der übrigen Widerstandsanteile ein Gesamtwiderstand (R) von (Gl. 5.2):
R = RL + RZ + RW + RF + RPV = 17 % + 120 kN + 4408 kN,
R = 5455 kN.
Aus Gl. 5.1
ρ 2
R=C·A· · v · 10−3
2
mit A = 10,3 m · 41 m = 422,3 m2 errechnet sich hier durch Umstellung ein
Gesamtwiderstandsbeiwert C für die Queen Mary 2 von C = 0,14.30 Bei einem
Antriebswirkungsgrad von 85 %31 ergibt sich aus Gl. 5.15 eine erforderliche
Maschinenleistung PM von (Gl. 5.15)
R·v 5,455 MN · 13,6 ms
PM = = = 87 MW.
ηP 0,85
Diese Rechnung zeigt, dass die gemachten Annahmen real sind und eine sehr gute
Übereinstimmung mit der installierten Antriebsleistung der Queen Mary 2 wiedergeben.

5.3 Leistungserzeugung

Hauptbauteil der gesamten Antriebsanlage eines Schiffes ist das Aggregat zur Leistungs-
erzeugung (Hauptmaschine). In der Regel sind das Diesel-32 oder Elektromotoren, Gas-
oder Dampfturbinen, Gasmotoren oder Dual-Fuel-Antriebe, Motoren, die für den Betrieb
sowohl mit herkömmlichem Dieselkraftstoff als auch mit Flüssigerdgas (LNG, engl.
„liquified natural gas“) versorgt werden können. Erfolgt die Leistungsübertragung oft
direkt vom Antriebsmotor auf die Welle zum Propeller, werden insbesondere im Kreuz-
fahrt- und Marineschiffbau häufig kombinierte Systeme eingesetzt. Zu den kombinierten
Systemen zählen:

 CODAD-Antrieb (Combined Diesel and Diesel): Dieses Antriebskonzept


wird genutzt, wenn viel Kraft benötigt wird, jedoch keine Gasturbinen ver-
wendet werden. Es werden zwei – auch verschiedene – Dieselmotoren über
­Kupplungen und ein Sammelgetriebe auf die Antriebswelle geschaltet. Der

30Das ist ein realistischer Wert – die Titanic hatte einen Widerstandsbeiwert von C = 0,3; viel-

fach wird für überschlägige Berechnungen nur nach Gl. 5.1 mit der projizierten Unterwasserquer-
schnittsfläche verfahren, ohne nach den einzelnen Widerstandsanteilen zu differenzieren, was für
die Praxis hinreichend genaue Ergebnisse liefert [32, 38].
31Annahme aufgrund des besonders effizienten „Gondelantriebs“.

32Selten – eher im Sportbootbereich – auch Ottomotoren.


212 5 Antriebsanlagen

Vorteil dieser Antriebsart ist der geringe Treibstoffverbrauch, nachteilig ist das
komplizierte Sammelgetriebe (Abb. 5.10).

 CODOG-Antrieb (Combined Diesel or Gas): Antriebskonzept, bei dem ein


Dieselmotor für Marschfahrt oder eine Gasturbine für Höchstgeschwindigkeit
auf die Antriebswelle geschaltet werden können. Der Vorteil des CODOG-An-
triebs ist die relativ einfache Ausführung des Hauptgetriebes. Nachteile sind
sowohl das zusätzliche Gewicht der jeweils nicht im Betrieb befindlichen
Antriebskomponente als auch das für die Gasturbine erforderliche Unter-
setzungsgetriebe. Die Fregatten der Klasse F122 der Deutschen Marine
besitzen beispielsweise eine derartige Antriebsanlage. Auf ihnen sind zwei
General Electric LM2500 Gasturbinen mit je ca. 15 MW, zwei Antriebsdiesel-
motoren (AnDiMot) mit je 3820 kW auf zwei Wellen mit Verstellpropellern ins-
talliert [52] (Abb. 5.11).

 CODAG-Antrieb (Combined Diesel and Gas): Antriebskonzept, bei dem zwei


Dieselmotoren und eine Gasturbine zusammen auf die Antriebswelle(n) mit
Verstellpropeller geschaltet werden. Die Zusammenschaltung erfolgt über
mehrstufige Getriebe und einem sogenannten Crossconnect-Getriebe über
Kupplungssysteme. Für die Zuschaltung der Gasturbine ist ein Untersetzungs-
getriebe erforderlich Die ersten Schiffe, die mit diesem System gebaut wur-
den, waren die Fregatten der Klasse F120 der Deutschen Marine. Auch die
zurzeit in Fahrt befindliche neueste Fregattenklasse F124 (Sachsen-Klasse) ist
mit einem CODAG-Antrieb ausgerüstet. Der Vorteil dieses Antriebkonzepts
liegt im geringeren Treibstoffverbrauch durch die Antriebsdiesel in Ver-
bindung mit kurzfristig zuschaltbaren Gasturbinen für Höchstgeschwindig-
keit. Nachteilig ist die komplizierte Auslegung des Sammelgetriebes, da
sehr unterschiedliche Leistungen gleichzeitig verarbeitet werden müssen

Abb. 5.10 Prinzip eines CODAD-Antriebs. (Aus: [16]/Grafik: Brückler)


5.3 Leistungserzeugung 213

Abb. 5.11 Prinzip eines CODOG-Antriebs. (Aus: [16]/Grafik: Brückler)

(­Größenordnung: Diesel einige Tausend kW, Gasturbinen einige Zehntausend


kW, in Summe bis zu 80 MW) (Abb. 5.12).

 CODLAG-Antrieb (Combined Diesel-Electric and Gas): Hierbei handelt es sich


um eine Weiterentwicklung des CODAG-Systems [16, S. 616] (Abb. 5.13).
Hierbei liefern Dieselgeneratoren Strom für die Elektrofahrmotoren. Zur
Erreichung der Höchstgeschwindigkeit wird eine Gasturbine über Getriebe
und Kupplungen zugeschaltet. Der Vorteil dieses Systems liegt darin, dass
nur ein Typ von Dieselgeneratoren für die gesamte Stromversorgung des
Schiffes benötigt wird, was den Wartungs- und Instandsetzungsaufwand
minimiert. Ferner hat dieses Antriebskonzept den weiteren Vorteil, dass die
Dieselgeneratorsätze (Elektrodieselmotoren – EDiMot) nicht direkt mit der
Antriebswelle verbunden sind und somit an den bestgeeigneten Plätzen im
Schiffsinneren eingebaut werden können [16, S. 616].
Die neuen Fregatten der Klasse F125 der Deutschen Marine sind mit einem
CODLAG-Antrieb ausgerüstet. Bis ca. 20 kn treibt jeder der beiden Elektro-
motoren eine Welle direkt ohne Getriebeuntersetzung an. Der Gasturbinen-
antrieb wird zugeschaltet, um die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen [1, S. 8 ff.].

 COGLAG-Antrieb (Combined Gasturbine and Gasturbine): Dieser Antrieb wird


beispielsweise bei der neuen japanischen Zerstörerklasse 25DD eingebaut.
Es wird auf Gasturbinen zurückgegriffen. Bei wenig Energiebedarf (Langsam-
fahrt) wird Strom erzeugt, mit dem über die E-Fahrmotoren die Antriebswelle
214 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.12 Prinzip eines CODAG-Antriebs. (Aus: [16]/Grafik: Brückler)

angetrieben wird. Bei „voller Fahrt“ wird die Gasturbine über ein Getriebe und
Kupplungssystem direkt auf die Antriebswelle(n) geschaltet. Diese Antriebs-
art soll bei niedrigen Geschwindigkeiten Treibstoff sparen und die Signatur33
reduzieren [16, S. 616] (Abb. 5.14).

 COGOG-Antrieb (Combined Gas or Gas), Antrieb, bei dem zwei verschiedene


Gasturbinen auf die Antriebswellen mittels Untersetzungsgetriebe (Reduc-
tion Gearboxes) geschaltet werden können. Eine leistungsschwächere
Turbine wird für die Marschfahrt verwendet (Cruise Gas Turbine), eine
leistungsstärkere Turbine kommt für hohe Geschwindigkeiten (High-speed
Gas Turbine) zum Einsatz. Der Vorteil besteht im reduzierten Treibstoffver-
brauch, da eine kleine Turbine, die für die Marschfahrt ausgelegt ist, bei 100 %
Leistung weniger Treibstoff verbraucht als eine doppelt so leistungsstarke (für
Highspeed), die bei Marschfahrt dann nur mit 50 % Leistung gefahren wird.
Nachteilig ist das aufwendige Getriebe (Abb. 5.15).

33Erkennbarkeit für feindliche Detektionssysteme (z. B. Infrarotsignatur durch Wärmeabstrahlung,

Geräuschsignatur durch akustische Kopplung).


5.3 Leistungserzeugung 215

Abb. 5.13 Prinzip eines CODLAG-Antriebs. (Aus: [16]/Grafik: Brückler)

Abb. 5.14 COGLAG-Antrieb. (Aus: [16]/Grafik: Brückler)


216 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.15 Prinzip


eines COGOG-Antriebs.
(Darstellung: Alureiter)

 COGAG-Antrieb (Combined Gasturbine and Gasturbine): Bei dieser Antriebs-


art werden zwei leistungsgleiche Turbinen im Gegensatz zum COGOG-Antrieb
auf die Antriebswelle geschaltet. Diese Antriebe stellen hohe Leistungen zur
Verfügung. Bis 80 MW Leistung kann erzeugt werden. Das System ist jedoch
aufgrund des Getriebes sehr aufwendig und verbraucht viel Treibstoff [16, S.
615] (Abb. 5.16).

 IEP-Antrieb: Im Unterschied zum CODLAG-Antrieb wird ein System von


Dieselmotoren und/oder Gasturbinen, die nur Strom für die Fahrmotoren
erzeugen und keine mechanische Verbindung mit den Schraubenwellen
besitzen, als integrierter elektrischer Antrieb (engl. „integrated electric pro-
pulsion“ IEP bzw. „integrated full electric propulsion“ IFEP) bezeichnet. Mit
einem derartigen Antrieb ist beispielsweise die AIDAluna ausgerüstet (je
zwei Elektrofahrmotoren mit je 12,5 MW; [14, S. 254]). Der Hapag-Neubau
Orizaba (4354 BRT) war das erste Frachtschiff mit turboelektrischem Antrieb
(17.05.1939; [34]) (Abb. 5.17).

Darüber hinaus sei hier noch der POD-Antrieb, auch Azipod-Antrieb34, genannt
(s. Abb. 5.18 und 5.19). Ein Generator liefert elektrischen Strom auf den Elektro-
antriebsmotor, der in einer um 360° drehbaren Gondel unter dem Schiffsrumpf ein-
gebaut ist. Vorteile: Bei diesem Antriebssystem erübrigt sich ein Ruderblatt, da die
Richtungsänderung des Schiffes durch das Drehen der Gondeln erreicht wird. Ferner
können sie an beliebigen, geeigneten Positionen unter dem Schiff angebracht werden,
haben einen besseren Wirkungsgrad als Dieselmotoren mit fester Welle, sind leiser und
erzeugen weniger Vibration.

34Aus dem engl. „pod“ = Gehäuse; „azi“ ist eine Anleihe aus dem Arabischen und soll ausdrücken,

dass die Gondel in alle Winkel (360°) drehbar ist.


5.3 Leistungserzeugung 217

Abb. 5.16 Prinzip des COGAG-Antriebs. (Aus: [16]/Grafik: Brückler)

Beispiel zur Dimensionierung einer Antriebsanlage


Die Nennleistung eines Schiffes mit zwei gleichsinnig drehenden Dieselantriebs-
motoren (Zweitaktmotoren, Drehzahl jeweils n = 960 min−1), die ihre Leistung über
ein entsprechendes zweistufiges Sammelgetriebe an der Antriebswelle (Vergütungs-
stahl C45, Werkstoff-Nr. 1.0503, EN 10083-1) zusammenführen (CODAD-Antrieb),
soll 12.600 kW betragen. Der Betriebsfaktor35 fB des Getriebes beträgt 1,2.

a) Wie groß muss die Nennleistung jedes Motors sein, wenn für jede Getriebestufe
ein Wirkungsgrad von η = 0,95 angenommen werden kann?
b) Welche Drehzahl hat die Propellerwelle, wenn die Gesamtübersetzung des
Getriebes mit iges = 4,0 angegeben wird?
c) Wie groß sind Nenn- und Betriebsdrehmoment an der Propellerwelle?
d) Ermitteln Sie überschlägig den Durchmesser der Propellerwelle bei einer
geforderten zweifachen Sicherheit.
Zu a): 
PN = 2 · PN,Motor · η2 (5.17)
(Die Wirkungsgrade jeder Stufe werden multipliziert!)

35Um eine einheitliche Lebensdauer von Getriebe und Motor zu erreichen, müssen die erforder-
lichen Drehmomente M um den jeweiligen Betriebsfaktor fB bei den verschiedenen Betriebslasten
erhöht werden, um das maximal zulässige Getriebedrehmoment nicht zu überschreiten.
218 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.17 Prinzip eines IEP-Antriebs der Daring Klasse der brit. Royal Navy. (Aus: [16]/Grafik:
Brückler)

Abb. 5.18 Prinzip eines


POD-Antriebs
5.3 Leistungserzeugung 219

Abb. 5.19 POD-Gondeln mit Propellernabe

Daraus folgt:

PN,Motor = PN /(2 · η2 ),
PN,Motor = 12.600 kW/(2 · 0,952 ),
PN,Motor = 6981 kW.

Zu b): 
iges = nAntrieb /nAbtrieb (5.18)

nAbtrieb = nAntrieb /iges

nAbtrieb = 960 min−1 /4,0

nAbtrieb = 240 min−1


Zu c): Das Drehmoment ist abhängig von der Drehzahl: M = f ( n )
 llgemein berechnet sich das Drehmoment nach folgenden Gleichungen:36
A

a) Zweitaktmotor
Vh · pme
M= (5.19)

36Siehe zum Folgenden auch Abschn. 5.3.1.


220 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.20 Beispielhafte


Motorkennlinie. (Quelle: www.
kfztech.de)

b) Viertaktmotor
Vh · pme
M= (5.20)

mit Vh dem Hubvolumen des Motors und pme dem effektiven Mitteldruck
in den Zylindern.

Der Mitteldruck ist eine Rechengröße zur Beurteilung des Wirkungsgrades


und des Ladungswechsels von Hubkolbenmotoren. Der effektive Mitteldruck
pme (der bei Dieselmotoren bis zu 25 bar betragen kann) errechnet sich aus
dem abgegebenen Drehmoment M:
pme = Zn · 2 · π · M/Vh , (5.21)

(Zn = 2 bei Viertaktmotoren; Zn = 1 bei Zweitaktmotoren).


Bei Übertragung einer Leistung P über eine rotierende Welle interessiert die
Abhängigkeit des dabei wirkenden Drehmomentes M von der Drehzahl n
(Drehmomentkurve). Dafür ist der Zustand konstanter Drehzahl herzustellen.
Gemessen werden Leistung und Drehzahl. Die Auswertung erfolgt (über-
schlägig in gewissen Drehzahlbereichen) mit der Formel
P
M= . (5.22)
2·π ·n
5.3 Leistungserzeugung 221

Das Messen der Leistung erfolgt mithilfe einer sogenannten Leistungs-


bremse. Aus Gl. 5.22 geht hervor, dass nun das Drehmoment mit steigender
Drehzahl bei gegebener Leistung fällt. Tatsächlich ist dieser Zusammenhang
doch deutlich komplizierter:37 Aus der unten gezeigten Motorkennlinie (Abb.
5.20) ist ersichtlich, dass der in den obigen Formeln dargestellte rechnerische
Zusammenhang nur in einem Teil des Drehzahlbereichs gilt. Das höchste
Drehmoment liegt an, wenn bei einer bestimmten Drehzahl n, der optima-
len Drehzahl, der Füllgrad des Zylinders am höchsten ist und damit auch der
maximale mittlere Arbeitsdruck und der maximale Wirkungsgrad erreicht
sind. Darüber hinaus sinkt das Drehmoment aufgrund des schlechteren Gas-
wechsels wieder ab (bedingt durch die höhere Drehzahl).
 
Die Kolbengeschwindigkeit beeinflusst maßgeblich die Gasgeschwindig-
keit. Da bei einem Verbrennungsmotor von einer schwingenden Gassäule
gesprochen wird, kann der Prozess dahin gehend optimiert werden (Ventil-
überschneidung, Länge des Ansaugtraktes usw.), dass bei einem bestimmten
Drehzahlbereich der Füllgrad höher ist als das Gesamtvolumen des Zylin-
ders, womit quasi eine leichte „Aufladung“ erreicht wird. Auch in diesem
Fall hätte der Motor hier seinen größten Wirkungsgrad. Das Drehmoment
wird bei genauer Betrachtung der vorstehenden Gleichungen durch etliche
Faktoren bestimmt und steht insofern in proportionalen Abhängigkeiten

– zum mittleren inneren Kolbendruck,


– zum Gesamthubraum bzw.
– zum Kraftstoffverbrauch,
– zum spez. Heizwert des Gemisches,
– zum Nutzwirkungsgrad.

Somit hier:

MN = PN /(2 · π · nAbtrieb ),
MN = 12.600.000 W/(2 · π · 240 min−1 ),
MN = 501.592 Nm.

Auch ist folgende Zahlenwertgleichung gebräuchlich, die lästiges


Umrechnen vermeidet, wenn mit folgenden Einheiten gerechnet wird:
M = 9550 (P/n)

37Siehe zum Folgenden [57].


222 5 Antriebsanlagen

mit
M in Nm,
P in kW,
n in min−1.
 ur Berechnung des Betriebsdrehmomentes an der Welle ist der Betriebs-
Z
faktor zu berücksichtigen:
MB = M N · f B . (5.23)
Somit:
MB = 501.592 Nm · 1,2,
MB ≈ 602 kNm.
Zu d):  ie Propellerwelle unterliegt einer Torsionsbelastung. Der Durchmesser der
D
Welle muss so gewählt werden, dass die durch diese Beanspruchung hervor-
gerufene Torsionsspannung im Wellenquerschnitt kleiner als die zulässige
Spannung ist. Die Torsionsspannung bei Betriebslast wird nach folgender
Gleichung berechnet:

τB = MB /Wp ≤τB,zul . (5.24)

Wp ist das polare Widerstandsmoment der Welle, also einer Kreisfläche:

Wp ≈ d 3 /5, also τB = 5MB /d 3 . (5.25)


Die zulässige Torsionsspannung für C45 beträgt 170 N ∕ mm2. Da aber eine
zweifache Sicherheit gefordert wird, darf insofern die zulässige Betriebs-
torsionsspannung nur die Hälfte der normalerweise zulässigen Torsions-
spannung betragen:

τB,zul = τzul /2,


τB,zul = 85 N/mm2 . Notiz: Wp = d3 /5 = MB /τB,zul .

Somit ergibt sich durch Einsetzen in Gln. 5.24 und Umstellen der Gl. 5.25
nach „d“:

3
derf = MB /(0,2 · τB,zul ),
derf = 328 mm, gewählt d = 330 mm (nach DIN EN 10250).

5.3.1 Verbrennungsmotoren

Dieselmotoren sind in der Schifffahrt die häufigste Antriebsart, vom Hilfsmotor bei
Segelschiffen bis hin zu Aggregaten mit mehreren Tausend Kilowatt [10, 62]. Sie werden
5.3 Leistungserzeugung 223

auch in absehbarer Zukunft ihren Platz im Schiffbau behaupten, da sie vor allem im Ver-
gleich zu Turbinenantrieben über eine relativ hohe Effizienz verfügen [16, S. 618].
Als Kraftstoff dient bei Großmotoren auch heute noch vielfach meist preis-
wertes, ungereinigtes Dieselöl oder Schweröl. Aufgrund von Beschlüssen der IMO zur
Emissionsminderung aus Antriebsmaschinen werden aber zunehmend schwefelarme
Dieselkraftstoffe („marine Diesel“) eingesetzt, um somit auch ein Befahren der sog.
Emission Control Areas (ECAs) möglich zu machen, in denen nur ein Schwefelanteil im
Kraftstoff von 1 % erlaubt ist; in EU-Häfen gelten noch strengere Anforderungen: 0,1 %
Schwefelanteil im Kraftstoff.38
Besonders die größeren Schiffsdieselmotoren mit Wirkungsgraden bis 50 % sind
für einen Betrieb mit niedrigen Drehzahlen ausgelegt. Es werden für kleine und mitt-
lere Leistungen Viertaktmotoren (bis 24 MW bei 400 min−1 bis max. 2000 min−1 –
sog. Mittelschnellläufer) und bei großen und größten Leistungen Zweitaktmotoren
(bis 100 MW pro Motor, Umdrehung 60–250 min−1 – sog. Langsamläufer) einge-
setzt.Schnellläufer mit Drehzahlen > 2000 min−1 sind vor allem im Bereich der Sport-
und Freizeitschifffahrt verbreitet, kommen aber auch in den Fast Rescue Boats (schnelle
Rettungsboote) an Bord von Berufs- und Marineschiffen zum Einsatz, obwohl sich dort
bereits auch der Jetantrieb für diese Boote mehr und mehr durchsetzt.
Im Rahmen dieses Buches sollen jedoch nicht alle Einzelheiten der Verbrennungs-
motortechnik erörtert werden; dazu wird auf die einschlägige Literatur zur Antriebs-
technik verwiesen.39 An dieser Stelle soll vielmehr das ein oder andere für die Praxis
Relevante nochmals wiederholt oder auch ergänzt werden [10].40
Der BegriffDiesel leitet sich vom Arbeitsprozess ab, der in der Maschine stattfindet –
nicht vom Kraftstoff. Der von Rudolf Diesel entwickelte Motor (1893–1898) ist die im
Wirkungsgrad unerreichte Wärmekraftmaschine. Das verdankt der Motor der beim Ver-
dichten im Arbeitsraum erzielten hohen Kompression, die dadurch ermöglicht wird,
dass er im Gegensatz zum Ottomotor reine Luft und kein Luft-Kraftstoff-Gemisch ver-
dichtet; das brennbare Gemisch wird beim Dieselprozess erst am Ende der Verdichtung
durch Einspritzen des Kraftstoffs in den Zylinder erzeugt. Der eingespritzte Kraftstoff
verbrennt unter der Wirkung der hohen Verdichtungstemperatur normalerweise ohne
besondere Zündvorrichtung selbstständig.41 Man spricht insofern beim Dieselmotor auch
von einem Selbstzündungsmotor. Im Gegensatz dazu findet beim Ottomotor die Zündung
des Kraftstoff-Luft-Gemisches über eine fremdgesteuerte Zündeinrichtung statt. Hierbei
werden allgemein elektrisch arbeitende Zündkerzen verwendet, die zu dem eingestellten
Zeitpunkt das angesaugte Gemisch zünden.

38Näherdazu auch [49].


39Sieheauch eine zwar alte, aber interessante Zusammenstellung in [5].
40Ausführlich zu Schiffsdieseln s. a. Behrens und Boy „Schiffsdieselmotoren“ in [23, S. 22 ff.].

41Kraemer „Dieselmaschinen“ in [6, Band II, S. 141 f.].


224 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.21 „Idealer“ Diesel- p


bzw. Gleichdruckprozess
2 3

Die Zündungsart des Gemisches (Otto- oder Dieselprozess) bestimmt daher die Art
des Brennstoffs in der Weise, dass beim Dieselmotor Brennstoffe mit guten Selbst-
zündungseigenschaften, beim Ottomotor jedoch zur Vermeidung der Selbstzündung
vor dem beabsichtigten Zündzeitpunkt Brennstoffe mit geringerer Neigung zur Selbst-
zündung notwendig werden.
Als Arbeitsverfahren sind das Zweitakt- und das Viertaktverfahren bekannt. Beim
Viertaktverfahren umfasst eine Arbeitsperiode bzw. ein Arbeitstakt vier Kolbenhübe bzw.
zwei Kurbelwellenumdrehungen. Beim Zweitaktmotor findet ein Arbeitstakt bereits bei
einer Kurbelwellenumdrehung statt bzw. besteht aus zwei Kolbenhüben.
Im Folgenden soll der Dieselprozess etwas näher beleuchtet werden, da in der Groß-
schifffahrt unter den Verbrennungsmotoren ausschließlich der Dieselmotor zum Einsatz
gelangt.
Der Dieselprozess ist (vereinfacht als idealer Kreisprozess dargestellt – Abb. 5.21)
gekennzeichnet durch vier Schritte.

1. Ansaugen von Verbrennungsluft und deren isentrope Komprimierung (1–2)


Energiebilanz:
w12 = −mcv · (T2 − T1 ) < 0, q12 = 0 (5.26)
Hierbei wird Kompressionsarbeit in das System hineingesteckt. Der Wärmeeintrag ist
„0“, da es sich um einen isentropen Vorgang handelt.

2. Isobare Verbrennung – Selbstzündung nach dem Einspritzen des Kraftstoffs


(2–3)
Energiebilanz:
w23 = 0, q23 = mcv · (T3 − T2 ) > 0 (5.27)
3. Isentrope Expansion
Es handelt sich bei diesem Schritt um eine isentrope Expansion: Der Kolben geht nun
nach unten und es kommt zu einer Volumenausdehnung bei gleichzeitiger Druckver-
ringerung im Kolbenraum.
5.3 Leistungserzeugung 225

Abb. 5.22 MaK-Schiffsdiesel. MaK = Maschinenbau Kiel, übernommen in die Caterpillar


Motoren GmbH & Co. KG

Energiebilanz:
w34 = −mcv · (T4 − T3 ) > 0, q34 = 0 (5.28)
4. Ausstoßen der Verbrennungsgase und Neuansaugen (4–1)
Energiebilanz:

w41 = 0, q41 = mcv · (T1 − T4 ) < 0 (5.29)

Es erfolgt eine isochore Rückführung in den Ausgangszustand, d. h., verbranntes


Gemisch wird ausgestoßen um wieder frische Verbrennungsluft anzusaugen.
Dieselmotoren (Abb. 5.22) zeichnen sich durch ihre Betriebssicherheit und Zuver-
lässigkeit aus. Gegenüber den mit deutlich höherer Drehzahl laufenden Ottomotoren42
verfügen sie über eine wesentlich höhere Lebensdauer. Ein weiterer Vorteil liegt in ihrem
Vermögen, auch über lange Strecken unter Volllast laufen zu können. Ihr spezifischer
Kraftstoffverbrauch liegt bei etwa 180 g ∕ kWh (Viertaktmotor), bei Zweitaktmotoren
sogar nur bei etwa 170 g/kWh. Ein niedriger Anschaffungspreis im Vergleich zu anderen
Antriebssystemen sowie die Möglichkeit eines hohen Automatisierungsgrades („wach-
freier Betrieb“: Alarme und andere Ereignisse werden mittels elektronischer Datenver-
arbeitung direkt auf die Brücke oder den Leitstand übertragen, von wo aus die Maschine
gefahren wird) sind weitere positive Aspekte des Dieselmotors (Abb. 5.23).

42Zum Beispiel als Außenborder bei kleinen Sportbooten eingesetzt.


226 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.23 Vorkammerverfahren.


1 Einspritzdüse, 2 Vorkammer,
3 Glühstift. (Quelle: kfztech.de)

Gemischbildung [10, 21, S. 261] Ein guter Wirkungsgrad des motorischen Prozesses
kann vor allem durch eine vollständige Ausnutzung der Brennstoffenergie, d. h. durch
eine vollständige Verbrennung, erzielt werden. Die vollständige Verbrennung des Brenn-
stoffs im Motor setzt wiederum eine gute Gemischbildung hinsichtlich Menge und
Verteilung von Brennstoff und Luft im Brennraum voraus. Weiterhin muss die Gemisch-
bildung auf verschiedene, vom Motorprozess bedingte Betriebszustände abgestimmt
werden können.
Die bei Ottomotoren überwiegend genutzte Vergasertechnik zur Gemischbildung soll
hier nicht weiter betrachtet werden, da sie bei den in der Großschifffahrt eingesetzten
Dieselmotoren nicht zur Anwendung kommt. Insofern soll hier die Gemischbildung bei
Dieselmotoren etwas näher betrachtet werden; hier erfolgt die Gemischbildung mittels
Einspritzung.
Hierbei wird der Brennstoff in die angesaugte Luft oder direkt in den Brennraum ein-
gespritzt. Die Einspritzmenge kann genau dosiert werden. Damit wird ein dem jewei-
ligen Betriebszustand angepasstes, optimales Brennstoff-Luft-Gemisch erzielt, was
wiederum zur besseren Nutzung der Brennstoffenergie führt. Darüber hinaus sorgt
eine möglichst vollständige Kraftstoffverbrennung auch zu einer sog. „sauberen“ Ver-
brennung.
Die Steuerung der Einspritzmenge kann elektrisch oder mechanisch erfolgen. Für
eine gute Gemischbildung im Zylinder, die Voraussetzung für eine gute Brennstoffaus-
nutzung ist, muss eine intensive Verwirbelung der Luft und des eingespritzten Kraftstoffs
bewirkt werden. Dieses erreicht man durch geeignete Gestaltung des Brennraums. Die
gebräuchlichsten Bauausführungen werden im Folgenden kurz dargestellt:

• Beim Vorkammerverfahren, ein bis in die 1990er-Jahre weitverbreitetes Einspritzver-


fahren für Dieselmotoren, ist ein kleiner Teil des Brennraums (die sog. Vorkammer)
durch eine Verengung (den Schusskanal) vom Hauptraum getrennt. Der Kraftstoff
wird mit mäßigem Druck (etwa 100 bar) in die Vorkammer eingespritzt, entzündet
sich und verbrennt dort zum Teil; der entstehende momentane Überdruck bläst unter
5.3 Leistungserzeugung 227

heftig zerstäubender und durchwirbelnder Wirkung das brennende Gemisch durch den
Schusskanal in die luftreiche Hauptbrennkammer. Heute ist dieses Verfahren weit-
gehend von der Direkteinspritzung verdrängt worden und kommt nur noch in kleine-
ren Dieselgeneratoren zur Anwendung.
• Beim Wirbelkammermotor (Abb. 5.24; [10, S. 298]) wird durch die Luftführung in
der Wirbelkammer eine gute Gemischbildung erzielt. Der Brennstoff wird tangential
in Wirbelrichtung eingespritzt. Zeitpunkt der Brennstoffzufuhr, Zündung und Ver-
brennungsablauf erfolgen analog zum Vorkammermotor.
• Beim Luftspeichermotor (Abb. 5.25; [10, S. 298]) erfolgt die Einspritzung wieder
kurz vor OT. Der Brennstoffstrahl ist auf den Eingangskegel der Luftdüse des Spei-
chers gerichtet, sodass der eingespritzte Brennstoff von der in die Vorkammer ein-
strömenden Luft mitgerissen wird. Die Zündung setzt in der Vorkammer ein, es findet
eine Teilverbrennung und das Überströmen mit starker Verwirbelung in den Zylinder-
raum statt.
Das Luftspeichervolumen beträgt bei modernen Konstruktionen etwa 20–25 % des
gesamten Verdichtungsraums, der Einspritzdruck liegt bei ca. 10–13 MPa.
• Bei der Direkteinspritzung, wobei der Brennraum teilweise oder ganz im Kolben-
boden liegen kann (Abb. 5.26), erfolgt die Einspritzung des Kraftstoffs ­unmittelbar
in den Verdichtungsraum durch eine Einspritzdüse, die ein oder mehrere kleine

Abb. 5.24 Wirbelkammereinspritzung

Abb. 5.25 Luftspeichermotor


228 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.26 Direkteinspritzung.


1 Kolben mit Kugelkalotte,
2 Hesselmann-Kolben,
3 MWM-Bauart, 4 Bauart
Hercules bzw. Saurer

Löcher (∅ 0,1–0,3 mm) enthält. Die Einspritzdrücke liegen bei 400 bar und mehr,
um eine feinste Verteilung und Zerstäubung des Kraftstoffs in der Verbrennungsluft
zu erzielen.43 Eine geeignete Formgebung des Kolbens unterstützt die Wirkung der
Düsenanordnung [10, S. 300].
• Das MAN-M-Verfahren („M“ steht für Mittelkugel) ist durch die typische Aus-
bildung des Kolbens mit dem eingelassenen Brennraum in Form einer Kugel gekenn-
zeichnet (Abb. 5.27). Durch die spezielle Gestaltung des Einlasskanals wird ein
Luftwirbel in der Kugel erzeugt, indem der Kraftstoff durch eine Einlochdüse tangen-
tial in die kugelförmige Vertiefung im Kolben gespritzt wird. Er verteilt sich dadurch
zu etwa 95 % als Film auf der Wandoberfläche; er verdampft erst während der Ver-
brennung und wird außerdem vom Luftwirbel abgetragen. Die Zündung erfolgt mit
dem geringen Restanteil Brennstoff, der bereits direkt mit der Luft ein Gemisch
gebildet hat. Nun verdampft der auf die heiße Brennraumoberfläche aufgespritzte
Brennstoff und mischt sich kontinuierlich dem Luftwirbel zu. Es läuft eine sehr wei-
che und relativ vollständige Verbrennung ab [10, S. 299].

Dieses Verfahren kommt bei den sog. Vielstoffmotoren zum Einsatz.44

43Zu den vorstehenden Verfahren s. a. Kraemer in [6, Band II, S. 142].


44Kraemer in [6, Band II, S. 145].
5.3 Leistungserzeugung 229

Abb. 5.27 4-Zylinder-Dieselmotor der ZT-300er-Reihe, M-Verfahren. (Foto: Sauerlaender, CC


BY-SA 3.0)

Bei den genannten Verfahren werden verschiedene Pumpensysteme zum Aufbau der
Einspritzdrücke verwendet:

• bei Motoren mit Vorkammer- oder Wirbelkammereinspritzung:


– Einzeleinspritzpumpe,
– Verteilereinspritzpumpe,
– Reiheneinspritzpumpe,
• bei Motoren mit Direkteinspritzung:
– Einzeleinspritzpumpe, u. a. in der Bauart als Einzelstempelpumpe, umgangssprach-
lich häufigSteckpumpe genannt,
– Reiheneinspritzpumpe,
– Verteilereinspritzpumpe,
– Pumpe-Düse-Einspritzsysteme,
– Common-Rail-Einspritzung.

Das Pumpe-Düse-System Kennzeichnend für das Pumpe-Düse-System ist die separate


Einspritzpumpe für jeden Zylinder, die über sehr kurzen Druckleitungen mit der Einspritz-
düse verbunden ist. Die Pumpen (sog. Plungerpumpen – Kolbenpumpen) werden durch je
einen eigenen Nocken auf der Nockenwelle und einen Kipphebel betätigt (Abb. 5.28).
230 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.28 Pumpe-Düse-Element. (Grafik: deckermedia GbR, Rostock)

Um einen für den Einspritzprozess günstigen Druckverlauf zu erhalten, ist ein über
die Zeit steiler Druckanstieg erforderlich. Dazu ist die Kinematik der Betätigungsbahn
des Arbeitsnockens so ausgeführt, dass sich der Kolben nach starker Beschleunigung
mit hoher Geschwindigkeit bewegt. Erzielt wird dies rein mechanisch durch eine ovale
Nockenform.
Der Druckaufbau im sog. Plungerraum kann durch Öffnen und Schließen eines
Magnetventils oder eines durch einen Piezoaktor betätigten Ventils gesteuert werden.
Ist das Ventil geschlossen, baut der Kolben Druck auf und der Kraftstoff wird durch das
Einspritzventil eingespritzt. Durch Öffnen des Steuerventils wird der Einspritzvorgang
abgebrochen, wobei eine optimale Verbrennung durch ein möglichst abruptes Abbrechen
des Einspritzvorganges mit schnellem Druckabfall ermöglicht wird. Piezoaktoren arbei-
ten dabei bis zu dreimal schneller als Magnetventile [76].
5.3 Leistungserzeugung 231

Abb. 5.29 Common-Rail-Einspritzanlage. (Grafik: deckermedia GbR, Rostock)

Common-Rail-Einspritzung Bei der Common-Rail-Einspritzung (wörtlich übersetzt:


gemeinsame Leitung; Abb. 5.29), die auch Speichereinspritzung genannt wird, handelt es
sich um Einspritzsysteme für Verbrennungsmotoren, bei denen eine Hochdruckpumpe den
Kraftstoff auf ein hohes Druckniveau bringt. Der unter Druck stehende Kraftstoff füllt ein
Rohrleitungssystem, das während des Betriebs des Motors ständig unter Druck steht. Hier
sind Einspritzmenge und -dauer unabhängig vom Kurbelwinkel elektronisch steuerbar und
damit auch Vor-, Haupt- und Nacheinspritzungen möglich; es können bis zu acht getrennte
Teileinspritzungen pro Arbeitstakt des Motors realisiert werden. Die Voreinspritzung dient
vornehmlich der Reduzierung des Verbrennungsgeräusches, die Nacheinspritzung wird zur
innermotorischen Partikelreduzierung oder zum Erhöhen der Abgastemperaturen in den
Freibrennzyklen bei zu hohem Druckverlust der Feinstaubfilter (Rußpartikelfilter) in der
Abgasanlage verwendet [74].45.

Zündvorgang und Zündzeitpunkt Die den Verbrennungsprozess einleitende Zündung


erfolgt – wie bereits oben erwähnt – beim Dieselmotor durch Selbstzündung, wobei der
Einspritzzeitpunkt für das Zündverhalten entscheidend ist [10]. Beim fremdgezündeten

45Vertiefend auch [56].


232 5 Antriebsanlagen

Ottomotor dagegen besitzt die Einstellung des Zündzeitpunktes die entscheidende


Bedeutung für den gesamten Verbrennungsvorgang. Die Verbrennung des Brennstoffs
sollte im Idealfall im oberen Totpunkt (OT) der Kolbenstellung erfolgen. Da jedoch
die Verbrennungsgeschwindigkeit endlich ist (etwa 15–30 m ∕ sec) und im Wesentlichen
abhängig von Drehzahl und Luftverhältnis, muss die Zündung vor Erreichen des OT
stattfinden. Je nach Motorausführung und Lastpunkt setzt die Zündung bei ca. 0 bis 40°
Kurbelwinkel vor dem OT ein.
Durch eine nichtbeabsichtigte und unkontrollierte Selbstzündung wird der Motor
mechanisch unnötig beansprucht und der Wirkungsgrad herabgesetzt. Bei falschem
Zündzeitpunkt wird allgemein der Wirkungsgrad erniedrigt, weil bei vorzeitiger Zün-
dung der Kolbenhub Richtung OT abgebremst wird. Bei verspäteter Zündung erreicht
der Druck im Verbrennungsraum aufgrund von Volumenvergrößerung nicht mehr sein
Optimum. Da die Kraft F auf den Kolben der Quotient aus Brennraumdruck und Kolben-
fläche ist, ist sofort ersichtlich, dass hierdurch die Leistung der Maschine verringert wird.
Beim Dieselmotor wird durch den Zeitpunkt der Einspritzung ein definierter Ver-
brennungsbeginn herbeigeführt. Der Brennstoff muss dabei kurz vor der beabsichtigten
Zündung eingespritzt werden, da von dem Zeitpunkt der Einspritzung bis zur Zündung
noch eine bestimmte Verzugszeit vergeht. Dieser sog. Zündverzug ist hauptsächlich
vom Brennstoff, insbesondere seiner Dichte und Flüchtigkeit, und von der Drehzahl des
Motors abhängig; er beträgt ca. 0,0007–0,003 s.

Anlassen des Schiffsdiesels46 Große Schiffsdiesel haben eine solch hohe Kompres-
sion und einen so großen Hubraum, dass sie mit Elektrostartermotoren nicht angelassen
werden können. Hier wären überdimensional große E-Motoren mit riesigen Anlasszahn-
kränzen erforderlich. Derartige Dieselmotoren werden daher mittels Anlassluft gestartet;
das geschieht mittels verdichteter Luft. Diese wird mittels eines Kompressors in große
Druckluftflaschen gepumpt (Abb. 5.30).
Soll der Dieselmotor gestartet werden, wird aus dem Leitstand der automatisierte
Startvorgang der Hauptmaschine eingeleitet. Dazu wird die Luftleitung von den Flaschen
zum Motor hin mittels angesteuerter Ventile freigegeben. Dabei wird jeder Zylinder
entsprechend seiner Position (kurz hinter OT – oberem Totpunkt) und der Zündreihen-
folge mit Anlassluft beaufschlagt. Die entsprechenden Kolben werden aufgrund der im
Zylinderraum expandierenden Luft nacheinander heruntergedrückt und die Motordreh-
zahl auf Zünddrehzahl angehoben. Ein Regler zieht die Einspritzpumpen auf „Füllung“,
Kraftstoff wird eingespritzt und es kommt zur ersten Selbstzündung. Für diesen Vorgang
ist eine starkes Anlassdruckluftsystem (üblicherweise 30 bar Nenndruck) notwendig.
Diesen Vorgang des Startens der Maschine nennt man auch „anblasen“.

46Siehe auch [73].


5.3 Leistungserzeugung 233

Abb. 5.30 Verdichteranlage


für Anlassluft

Darüber hinaus wird die Maschine auch beim Stillstand meist weiterhin durch das
Hochtemperatur-(HT-)Kühlwassersystem und eine Vorheizpumpe konstant auf unterer
Betriebstemperatur gehalten, um den Startvorgang zu erleichtern bzw. zu beschleunigen.
Bei Schiffen mit einem Verstellpropeller wird die Maschine langsam auf Nenndreh-
zahl hochgefahren. In diesem Zustand wird die Maschine einige Minuten im Leer-
lauf belassen, um Temperaturen und Drücke zu stabilisieren. Nach dem Erhöhen auf
Konstantdrehzahl wird die Kontrolle der Maschine an die Brücke übergeben (Remote
Control) und von dort per Knopfdruck akzeptiert und angenommen.
Schiffe ohne Verstellpropeller werden nur sehr langsam beschleunigt. Der Grund ist
der Anstellwinkel des Propellers, der auf die Maximalgeschwindigkeit ausgelegt ist. Der
Beschleunigungsvorgang ist daher vergleichbar mit dem Anfahren eines Autos im höchs-
ten Gang: Eine zu schnelle Beschleunigung bei hoher Übersetzung würde den Motor
abwürgen.

Nutzleistung und einige Kenngrößen des Dieselmotors47


a) Grundüberlegungen
Große Leistungen werden entweder mittels schnell laufender Motoren, die mehrere
Reihen kleiner kurzhubiger kreuzkopfloser Arbeitszylinder in V- oder W-Form ver-
einigen, oder mittels langsam laufender langhubiger (Zweitakt-)Großmotoren in
Reihenbauart mit wenigen Zylindern großen Durchmessers erreicht.

47Siehe dazu vertiefend wieder Kraemer in [6, Band II, S. 147 ff.], ferner [36].
234 5 Antriebsanlagen

Die vielzylindrigen Schnellläufer, die mehrere Reihenmotoren auf einer Kurbelwelle


vereinigen, haben den Vorteil größter Literleistung und geringsten Aufwands an Raum
und Gewicht. Sie werden daher für Schnellboote bevorzugt. So bestand der Antrieb
der Schnellboote der Klasse A 143 der Deutschen Marine aus vier schnell laufenden
Viertakt-16-Zylinder-Reihendieselmotoren mit Abgasturboaufladung (MTU 16 V 956)
mit einer Motordauerleistung von je 4000 PS (2942 kW; [45]).
Die Großmotorenbauart hat den Vorteil der Geräuscharmut, langen Lebens-
dauer, Tauglichkeit zur Verwendung von Schweröl, Roh- und Teeröl. Geringere
Anforderungen an laufende Betriebsüberwachung und Instandhaltung (aufgrund der
überschaubaren Anzahl an Ventilen, Düsen, Pumpen u. Ä.) sind weitere Aspekte, die
für diese Motoren in der Großschifffahrt sprechen.
b) Berechnung der Nutzleistung bzw. der effektiven Leistung Pe [10]
Die Leistung eines Zylinders eines Verbrennungsmotors folgt aus der Kolbenarbeit
dWi. Die Kolbenarbeit einer kleinen endlichen Kolbenbewegung ds (Abb. 5.31) ergibt
sich aus der Differenz der Volumenänderungsarbeiten im System Zylinder p ⋅ dV und
im System Umgebung pu ⋅ dV:
dWi = p · dV − pu · dV = (p − pu ) · dV. (5.30)
Mit dV = A · ds erhält man die Beziehung
dWi = (p − pu ) · A · ds. (5.31)
Die innere Arbeit während eines Arbeitstaktes ergibt sich durch Integration längs des
dabei zurückgelegten Kolbenwegs:

Wi = − (p − pu ) · A · ds = −�pmi · A · s. (5.32)

Für die weitere Berechnung führt man zur Vereinfachung anstelle des wirklichen
Druckverlaufs während eines Arbeitstaktes einen mittleren indizierten Innendruck
Δpmi ein, dessen Verlauf als konstant über den Kolbenhub angenommen wird. Die
Größe des Drucks wird so gewählt, dass sich die wirkliche geleistete Arbeit einer

Abb. 5.31 System Zylinder


und Kolben
pu

ds
5.3 Leistungserzeugung 235

gesamten Arbeitsperiode als Produkt aus Δpmi und dem Hubvolumen VH = A · s


ergibt.
Die Leistung, die sich durch die Verbrennung des Kraftstoffs und des dabei ent-
stehenden Gasdrucks auf die Kolben in den Zylindern ergibt, ist die sog.indizierte
Leistung oder InnenleistungPi; diese berechnet sich dann zu
N
Pi = Wi · (5.33)
ZN
mit ZN = Umdrehung pro Arbeitstakt Zweitaktmotor ZN = 1, ZN = Umdrehung pro
Arbeitstakt Viertaktmotor ZN = 2.
Anders ausgedrückt:
pmi · A · s · N pmi · VH · N
Pi = − =− . (5.34)
ZN ZN
Die Nutzleistung bzw. die effektive Leistung des Motors Pe (die an der Kurbelwelle
abgenommen werden kann) wird bestimmt durch die Innenleistung Pi pro Zylinder
und den mechanischen Wirkungsgrad ηm der Maschine:
Pe = Pi · ηm . (5.35)
Der mechanische Wirkungsgrad ηm berücksichtigt die im Motor auftretenden
Reibungsverluste Pr, ist insofern der Quotient aus der an der Kurbelwelle effektiv
abzugreifenden Leistung Pe und der inneren Leistung Pi:
ηm = Pe /(Pe + Pr ) = Pe /Pi . (5.36)
Berechnung der Leistung über Kolbenweg bzw. -geschwindigkeit:
Allgemein gilt: Leistung = Kraft mal Weg durch Zeit (P = F · s/t)
oder anders ausgedrückt: Leistung = Kraft mal Geschwindigkeit (P = F · v).
Somit wäre die Leistung das Produkt aus der Kraft, die der Explosionsdruck auf den
Kolben ausübt, und der Kolbengeschwindigkeit. Hier ist aber eine mittlere Kolben-
geschwindigkeit vm einzusetzen, da diese im Zylinder nicht konstant ist: Die lineare
Bewegung des Kolbens ist an die rotierende Bewegung der Kurbelwelle gekoppelt.
Deswegen ergibt sich ein ungefähr sinusförmiger Verlauf der Kolbengeschwindig-
keit bei jedem Hub. Sie ist v = 0 am oberen und unteren Totpunkt und erreicht eine
Maximalgeschwindigkeit etwa in Hubmitte. Der in etwa sinusförmige Verlauf wird
in der praktischen Rechnung insofern in die mittlere Kolbengeschwindigkeit vm
umgewandelt; somit lässt sich die Motorleistung wie folgt definieren:
P = F · vm . (5.37)
Leistung ist aber auch verrichtete mechanische Arbeit pro Zeiteinheit (P = W/t).
236 5 Antriebsanlagen

Bei einer Kreisbewegung, wie sie die Kurbelwelle ausübt, ist die Geschwindigkeit
eines Punktes auf einer Kreisscheibe seine Umfangsgeschwindigkeit:

v = d · π · n. (5.38)
Wird nun in Gl. 5.38 d durch 2r (mit r in Metern) ersetzt und für den Ausdruck F ⋅ r
das Drehmoment (Arbeit) M in Nm geschrieben, so ist die Leistung in Watt:

P = M · 2 · π · n. (5.39)
Häufig wird anstelle des Terms „2 ⋅ π ⋅ n“ die Kreisfrequenz ω geschrieben:

P = M · ω. (5.40)
Berechnung der indizierten bzw. Innenleistung Pi:
Wie vorstehend bereits ausgeführt, gilt allgemein für die Leistung:
P = F · s/t. (5.41)
Darüber hinaus bewirkt der Druck p, der auf eine Kolbenfläche A wirkt, eine Kraft:
F = A · p. (5.42)
Die Kraft, die dann vom (mittleren) Zylinderinnendruck pmi auf die Kolbenfläche A
ausgeübt wird, ist dann:
F = A · pmi . (5.43)
Die indizierte Innenleistung bzw. Innenleistung Pi eines Motors entspricht der vom
Verbrennungsgas freigesetzten Energie. Da sie nicht direkt an der Kurbelwelle mess-
bar ist, wird zunächst mittels Druckmessung im Zylinder und der Aufnahme eines
p-V-Diagramms aus der entstehenden Diagrammfläche der indizierte Mitteldruck pmi
bestimmt.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass nicht die gesamte durch die Verbrennung des
Kraftstoffs bereitgestellte Leistung zur Bildung der indizierten Innenleistung zur Ver-
fügung steht – sie unterliegt Verlusten, die durch den indizierten (inneren) Wirkungs-
grad beschrieben werden:
ηi = Pi /(ṁB · hu ). (5.44)
Ferner wird noch folgende Überlegung angestellt: Ein Arbeitsspiel sind bei einem
Viertaktmotor vier Takte, die innerhalb von zwei Umdrehungen ausgeführt werden;
Hinweis: Das Treibstoff-Luft-Gemisch wird nur bei jeder 2. Umdrehung gezündet!
Bei einem Zweitaktmotor werden zwei Arbeitstakte innerhalb einer Kurbelwellenum-
drehung ausgeführt. Insofern gilt: ZN =  Umdrehungen pro Arbeitsspiel mit ZN =   bei
Zweitaktmotoren und ZN = 2 bei Viertaktmotoren (s. o.). Der Weg s entspricht dem
5.3 Leistungserzeugung 237

Tab. 5.1  Effektive Motor Druck (bar)


Mitteldrücke diverser
Größere Dieselschnellläufer 6–28
Motoren
Dieselmittelschnellläufer 15–25
Kreuzkopfmotoren 9–15,4
(2-Takt-Diesel)

Kolbenhub. Durch Einsetzen in die oben stehende allgemeine Gleichung für die Leis-
tung erhält man dann die Innenleistung eines Zylinders Pi:
Pi = (A · pm,i · s · n)/ZN . (5.45)
Bei mehrzylindrigen Motoren ist die gesamte Innenleistung das Produkt aus Pi multi-
pliziert mit der Zylinderzahl z:
Pi = (A · pm,i · s · n) · z/ZN . (5.46)
Somit errechnet sich die effektive Nutzleistung Pe des Motors dann unter Berück-
sichtigung des mechanischen Wirkungsgrades zu (s. eingangs):
Pe = Pi · ηm . (5.47)
Typische Werte für ηm liegen für Viertaktmotoren zwischen 0,8 und 0,85 und zwi-
schen 0,75 und 0,9 bei Zweitaktmaschinen [62].
Aus der Kenntnis der effektiven Leistung Pe, der zugeführten Brennstoffmenge und
des unteren Heizwerts des Kraftstoffs kann auch der effektiveWirkungsgrad ηe der
Maschine bestimmt werden:
|Pe |
ηe = (5.48)
ṁB · Hu
mit ṁB der Brennstoffmenge pro Zeiteinheit und Hu dem unteren Heizwert des Brenn-
stoffs (für Dieselkraftstoff: 42,5 MJ ∕ kg bzw. 11,8 kWh ∕ kg oder auch 35 MJ ∕ l; [75]).
Analog zur Formel für Pi kann die Nutzleistung bzw. effektive Leistung Pe auch
direkt errechnet werden, wenn der effektive Mitteldruck pme bekannt ist:
Pe = (pme · Vh · n · z)/ZN , (5.49)
wobei Vh das Hubvolumen A ⋅ s ist (mit A der Kolben- bzw. Zylinderfläche und s dem
Kolbenhub).
Anhaltswerte für effektive Mitteldrücke zeigt Tab. 5.148 ; die hier angegebenen Drü-
cke müssen aber, um in die vorstehende Gleichung eingesetzt werden zu können, in
N ∕ m2 umgerechnet werden: 1 bar = 1 · 105 N/m2.

48Vgl. auch [69].


238 5 Antriebsanlagen

Tab. 5.2  Mittlere Kolbengeschwindigkeiten


Art des Motors Mittlere Kolbengeschwindigkeit (m ∕ s)
Größere Dieselschnellläufer 7–16
Mittelschnellläufer (Diesel) 5,3–9,5
Kreuzkopfmotoren 5,7–7
(2-Takt-Diesel)

Der effektive Mitteldruck pme lässt sich aus dem abgegebenen Drehmoment M, wel-
ches an der Kurbelwelle messbar ist, auch direkt errechnen:
pme = ZN · 2 · π · M/Vh (5.50)
(mit ZN = 2 bei Viertaktmotoren; ZN = 1 bei Zweitaktmotoren).
Eine weitere interessante Kenngröße einer Verbrennungsmaschine ist ihr spezifischer
Brennstoffverbrauchbe; er ist definiert als der Quotient aus der zugeführten Brenn-
stoffmenge und der effektiven Nutzleistung des Motors:
be = ṁB /Pe . (5.51)
Weiterhin zählt die mittlere Kolbengeschwindigkeit vm zu den wichtigen Kenngrößen
eines Motors:
vm = 2 · s · n (5.52)
mit s dem Kolbenhub und n der Motordrehzahl; übliche Werte sind in Tab. 5.2
wiedergegeben [36].

Beispiel zur Dimensionierung eines Antriebsmotors


Wie groß ist das Gesamthubvolumen des Motors „MTU 16 V 956 TB91“, der auf den
Schnellbooten der Klasse A 143 der Deutschen Marine eingebaut wurde? Folgende
Daten sind bekannt:
Hersteller MTU Friedrichshafen
Typ Dieselmotor
Anordnung 2 × 8 Zylinder 60°
Zylinderbohrung d 220 mm
Kolbenhub s 230 mm
Das Hubvolumen eines Zylinders Vh ist die Differenz zwischen größtem und kleins-
tem Verbrennungsraum eines Arbeitszylinders. Es ergibt sich aus dem Durchmesser
der Zylinderbohrung und dem Kolbenhub:

Vh = (d 2 · π/4) · s. (5.53)
5.3 Leistungserzeugung 239

Die Summe der Hubvolumina aller Arbeitszylinder des Motors ist das Gesamthub-
volumen VH:

VH = (d 2 · π/4) · s · z,
VH = (2,22 dm2 · π/4) · 2,3 dm · 16,
VH = 139,9 L.

Wie groß ist das Hubbohrungsverhältnis dieses Motors? Handelt es sich um einen
„Langhuber“, „Quadrathuber“ oder um einen „Kurzhuber“?
Das Verhältnis von „Kolbenhub zu Zylinderbohrung“ wird Hubbohrungsverhältnis
„α“ genannt:
α = s/d, (5.54)

α = 230 mm/220 mm,

α = 1,05.
Bei diesem Motor handelt es sich um einen „Langhuber“:

Hubbohrungsverhältnis „a“:
Langhuber  a > 1,
Quadrathuber 
a = 1,
Kurzhuber  a < 1.
Das Verdichtungsverhältnis dieser Maschine liegt bei 13 : 1; wie groß ist der Ver-
dichtungsraum dieses Motors?
Der Verdichtungsraum Vc ist das kleinste Volumen des Verbrennungsraumes. Die
Summe aus Verdichtungsraum und Hubvolumen eines Zylinders ist das größte Volumen des
Verbrennungsraumes bzw. das „Zylindervolumen“. Das Verhältnis „größter Verbrennungs-
raum zu kleinstem Verbrennungsraum“ wird Verdichtungsverhältnis „ε“ genannt:
ε = (Vh + Vc )/Vc . (5.55)
Das Verdichtungsverhältnis gibt an, auf den wievielten Teil das angesaugte Kraft-
stoff-Luft-Gemisch bzw. die angesaugte Luft zusammengedrückt wird. Es beeinflusst
den thermischen Wirkungsgrad und die Leistung des Motors.
Durch Umstellen erhält man
VH
Vc = Vh /(ε − 1) = /(ε − 1),
z
Vc = 8,7 L/(13 − 1),
Vc = 0,73 L.
Wie groß ist das Gesamtzylindervolumen des Motors VZyl,ges?
240 5 Antriebsanlagen

Das Zylindervolumen eines Zylinders VZyl ist die Summe aus dem Verdichtungs-
raum Vc und dem seines Hubvolumens Vh; das Gesamtzylindervolumen des Motors
wird durch Multiplikation des Zylindervolumens mit der Zylinderzahl ermittelt:
VZyl,ges = (Vh + Vc ) · z, (5.56)

VZyl,ges = (8,74 L + 0,73 L) · 16,

VZyl,ges = 152 L.
Es ist der effektive Mitteldruck des Motors des Schnellbootes Typ A143 zu ermitteln.
Es sind die nachstehenden Daten zu nutzen.

Typ 4-Takt-Dieselmotor
Zylinder 16
Dauerleistung 4000 PS (2942 kW) bei 1515 min−1
Zylinderbohrung 220 mm
Kolbenhub 230 mm

Aus der Gl. 5.49 zur Ermittlung der effektiven Motorleistung eines Viertaktmotors
(mit ZN = 2)
Pe = (pme · Vh · n · z)/ZN
erhält man durch Umstellen nach pme:
pme = ZN · Pe /(Vh · n · z)
mit

Pe = 2.942.000 W,
Vh = 0,0087 m3 (Berechnung s. o.),
n = 1515 L/min : 60 sec/min = 25,25 sec−1 ,
z = 16,
pme = 2 · 2.942.000 Nm/s/(0,0087 m3 · 25,25 sec−1 · 16),
pme = 16,7 bar.

5.3.2 Gasmotoren

Für den Einsatz von LNG49 kommt der Gasmotor oder der Dual-Fuel-Motor infrage.
Dieser Motor ist als Hubkolbenmotor dem Otto- oder Dieselmotor vergleichbar

49LNG, engl. „liquefied natural gas“.


5.3 Leistungserzeugung 241

a­ ufgebaut. Die Zündung des Kraftstoff-Luft-Gemisches erfolgt bei Aggregaten auf Basis
von Ottomotoren durch Fremdzündung mittels Zündkerze, bei Aggregaten auf Basis von
Dieselmotoren durch Selbstzündung geringer eingespritzter Mengen Zündöls (Diesel-
kraftstoff). Die Firma Wärtsilä arbeitet bei der Hochdruckgaseinspritzung mit einem
Motor nach dem Dieselprinzip, also mit Selbstzündung des direkt mit hohem Druck in
den Brennraum injizierten Brenngases. Die nach diesem Verfahren arbeitenden Motoren
erzielen die höchsten Mitteldrücke aller Verbrennungskraftmaschinen.
Die Firma MAN hat das „PGI-Verfahren“ entwickelt. Dieses Verfahren funktioniert
nach dem gleichen Verfahren wie das Zündstrahlprinzip, umgeht allerdings den Nachteil
des zusätzlich benötigten Kraftstoffs, da es als Piloteinspritzmenge für die Einleitung der
Zündung das vorhandene Gas nutzt. Bauteile sind ein „Pilot-Gas-Hochdruckeinspritz-
ventil“ und eine Starthilfe (Glühkörper), die in einer gekühlten Vorkammer integriert
sind. Das direkt gesteuerte Einspritzventil spritzt kurz vor OT50 eine kleine Menge Pilot-
gas mit einem von einem Kompressor erzeugten Vordruck von 230 bar in die Vorkammer
ein. Dort stellt sich ein annähernd stöchiometrisches Gemisch ein, welches sich an der
heißen Oberfläche des Glühkörpers entzündet, die nur während der Startphase elektrisch
beheizt wird. Der Zündzeitpunkt wird bei diesem Verfahren somit direkt über den Ein-
spritzzeitpunkt des Pilotgases gesteuert [70].
Eine äußere Gemischbildung kann durch Gasmischeinheiten vor oder nach einem
eventuellen Turbolader erfolgen, innere Gemischbildungen sind durch separate Gasein-
lassventile oder Injektionsnadeln möglich.

5.3.3 Turbinen

Der Einsatz von Turbinen zur Leistungserzeugung im Schiffbau ist nicht neu. Waren
es früher in der Regel Dampfturbinen51, finden heute überwiegend Gasturbinen für den
Hauptantrieb Verwendung (s. Abb. 5.32). Diese ähneln denen im Flugzeugbau.
Die Turbinenanlage ist eine Strömungskraftmaschine mit rotierendem Antriebsteil
(Läufer) zur Umsetzung der Energie eines strömenden Mediums in mechanische Ener-
gie. Sie wird in axialer Richtung vom Fluid durchströmt, wobei dieses seine Energie auf
den Läufer abgibt. Die Drehzahlen liegen im Bereich um etwa 3500 min−1.
Vielfach werden Gasturbinen auch in Verbindung mit Dieselmotoren als kombinier-
ter Antrieb eingesetzt (vgl. Abschn. 5.3) oder auch als Energieerzeuger zum Antrieb
eines Generators, der die erforderliche Spannung für einen Elektroantriebsmotor liefert
(so z. B. bei der Celebrity Constellation, einem Kreuzfahrtschiff der Reederei Celebrity
Cruises).

50OT= oberer Totpunkt des Kolbens.


51Wiebei den heute bereits außer Dienst gestellten Lenkwaffenzerstörern der Deutschen Marine
LÜTJENS, MÖLDERS und ROMMEL.
242 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.32 Schiffsgasturbine an Bord der amerikanischen Fregatte USS FORD. (Foto: US Navy)

5.3.3.1 Funktion der Gasturbine


Im Prinzip handelt es sich bei der Schiffsturbinenanlage um die Hintereinanderschaltung
zweier Fluidenergiemaschinen, nämlich dem Verdichter und der Turbine (s. Abb. 5.33):
Die aus dem Freien angesaugte Luft wird im Verdichterteil vorverdichtet, vorgewärmt
und der Brennkammer zugeführt, in der der eingespritzte Treibstoff verbrannt wird.
Hierzu muss die Verbrennungsluft unter höherem Druck als dem Verbrennungsdruck in
die Brennkammer getrieben werden. Das erfolgt durch einen mehrstufigen Verdichter,
der von der Turbine selbst angetrieben wird. Die Brennkammer selber ist nicht radial
um den Läufer zwischen Verdichter und Entspannungsteil angeordnet (wie bei Strahl-
triebwerken im Flugzeugbau); bei den Schiffsgasturbinen ist eine externe Brennkammer
vorhanden mit Gasleitungen vom Verdichter und zum Expansionsteil (der eigentlichen
Turbine) hin. Hier erfolgt dann die Entspannung des Abgases unter Energieabgabe an
den Läufer. Im Generator wird die Nutzarbeit des Prozesses in elektrische Energie für
den Fahrmotor umgewandelt.
Zum Erreichen hoher Wirkungsgrade wird die Wärme des Abgases über einen Reku-
perator an die aus dem Verdichter kommende kältere Luft übertragen, bevor sie der
Brennkammer zugeführt wird (in Abb. 5.33 nicht dargestellt).
Dieser Prozess kann mit guter Näherung als offener Joule-Prozess in einem Tempera-
tur-(t-)Entropie-(s-)Diagramm betrachtet werden (s. Abb. 5.34).

5.3.3.2 Grundlagen der Gasturbinenberechnung

Fluidgeschwindigkeit in der Maschinenstufe


Sowohl die Verdichtung als auch die Energieabgabe des Fluids erfolgt über ein Schaufel-
system innerhalb des Verdichters und der Turbine. Wir sprechen dabei von stehenden
5.3 Leistungserzeugung 243

Brennstoff
Brennkammer

Verdichter
Elektromotorantrieb

Turbine Generator

Abgas

Abb. 5.33 Gasturbinenanlage

Abb. 5.34 t-s-Diagramm des Joule-Prozesses „offene Gasturbine“. A → B isobare innere Ver-
brennung; B → C Expansion in der Turbine, Neigung der Linie gegen die Senkrechte gibt die
Entropiezunahme durch Verluste an; C → D Entzug der Wärme im Rekuperator; D → E isobarer
Wärmeentzug beim Gasaustritt aus der Turbine; E Ansaugen frischer Luft; E → F Verdichtung
der angesaugten Frischluft, wobei Neigung der Linie die Entropiezunahme durch Verluste im Ver-
dichter darstellt; F → A Zufuhr der dem Abgas längs C–D entzogenen Wärme. Da der Wärmeüber-
träger ein Temperaturgefälle benötigt, liegen die Punkte von CD bei höheren Temperaturen als die
entsprechenden der Kurve AF. (Quelle: [30])

Schaufeln (Leitschaufeln oder Leitgitter – Le) und den rotierenden Schaufeln (Lauf-
rädern – La; vgl. Abb. 5.35). In diesem Schaufelsystem findet sowohl der Arbeits-
austausch zwischen den rotierenden Maschinenteilen und dem Fluid als auch eine
Energieumwandlung zwischen kinetischer und potenzieller Energie innerhalb des Fluids
statt. Eine einzelne Stufe besteht aus einem Lauf- und einem Leitrad. Bei den Schiffs-
turbinenanlagen hat sowohl der Verdichter als auch die eigentliche Turbine mehrere Stu-
fen, die bei diesen Axialmaschinen (weil das Fluid die Maschine axial durchströmt) in
Strömungsrichtung hintereinander angeordnet sind.
244 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.35 Mehrstufiger


Verdichter. La/Le: Lauf-/
Leitrad. (Quelle [9])

Dieses Schaufelsystem bildet Strömungskanäle, auch Schaufelgitter genannt. Diese


Schaufeln sind ähnlich dem Tragflügel eines Flugzeugs gekrümmt. Für die Beschreibung
der Strömungsvorgänge vor und hinter einem Laufrad ergibt sich zwischen der Absolut-
geschwindigkeit c und der Relativgeschwindigkeit w  , wenn der Koordinatenursprung
von dem Absolut- und dem mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotierenden Relativ-
system zusammenfällt, über die Umfangsgeschwindigkeit u des Relativsystems der
­Zusammenhang

c� = w
� + u�. (5.57)
Werden diese Geschwindigkeitsvektoren jeweils mit dem repräsentativen Stromfaden
am Ein- und Austritt des Relativsystems „Laufrad“ addiert, so ergeben sich sogenannte
Geschwindigkeitsdreieckean diesen Punkten (s. Abb. 5.36).

Kontinuitätsgleichung für die eindimensionale Strömung (Stromfadentheorie)


Sowohl der Verdichter- als auch der Turbinenteil können jeweils als eigene Systeme
mit Systemgrenzen betrachtet werden (s. Abb. 5.37), über die ein Stoff-, Wärme- und
Impulsübergang stattfindet.

Abb. 5.36 Geschwindigkeitsdreiecke


am Ein- und Austritt einer Axialver-
dichterbeschaufelung. [9, S. 313]
5.3 Leistungserzeugung 245

Abb. 5.37 System „Turbine“ Systemgrenze


mit Systemgrenze. ṁi =
Massenstrom pro Zeiteinheit
(kg ∕ s), ci = Geschwindigkeit A1
des Fluids, Ai = Kreisfläche m 1 m 2
der Systemgrenze

c1 c2

A2

Die Kontinuitätsgleichung (Konti-Gleichung) besagt, dass bei offenen durchströmten


Systemen ṁ1 = ṁ2 gilt. Mit der Dichte ρ des Fluids und seinem Volumenstrom V̇ folgt
bei konstanter Dichte für den Massenstrom des Fluids:

ṁ1 = ṁ2 = ρ · V̇1 = ρ · V̇2 = ρ · c1 · A1 = ρ · c2 · A2 . (5.58)


Aus Gl. 5.58 ist erkennbar, dass auch gilt: V̇1 = V̇2.
Mithin sind die Strömungsgeschwindigkeiten umgekehrt proportional der Strömungs-
querschnitte am Ein- und Ausgang des Systems:
c1 /c2 = A2 /A1 . (5.59)

Turbinenleistung
Zum Abschätzen der Turbinenleistung bietet sich folgende Vorgehensweise unter
Anwendung der „Euler’schen Turbinengleichung“ an.52
Beim Arbeitsaustausch zwischen dem Fluid und dem Schaufelgitter treten an den
benetzten Oberflächen der Schaufeln Druck- und Schubkräfte auf (Fp und Fτ). Die
Umfangskomponenten dieser Kräfte erzeugen das Drehmoment am Rotor, die Kräfte, die
dabei in axialer Richtung wirken, müssen vom Drucklager der Maschine aufgenommen
werden. Durch Integration der in Abb. 5.38 an dem Turbinenrad angreifenden Kräfte an
einem Schaufelflächenelement dO über die benetzte Rotoroberfläche O ergeben sich die
wirkenden Kräfte und aus deren Umfangskomponenten ergibt sich durch Multiplikation
mit der jeweiligen örtlichen Umfangsgeschwindigkeit die Rotorleistung als innere Leis-
tung Pi. Im Allgemeinen ist aber eine Bestimmung der Rotorleistung auf diesem Weg
kaum von praktischer Bedeutung; in der Regel wird ein Zusammenhang zwischen der
inneren Leistung und den Geschwindigkeiten vor und hinter dem Laufrad hergeleitet
(vgl. Abb. 5.38), der ohne detaillierte Kenntnisse der örtlichen Strömungsvorgänge
den Arbeitsumsatz beschreibt. Hierbei wird vom Impulsmomentensatz (Drallsatz) aus-
gegangen.

52Vertiefend dazu [9, S. 336 ff.].


246 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.38 Geschwindigkeitskomponenten der Schaufelsysteme Verdichter und Turbine. (Grafik:


VK, CC BY-SA 3.0)

Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass in dem System Turbine (oder Verdichter)
ein stationärer Fließprozess stattfindet, bei dem die Zustandsgrößen und Geschwindig-
keiten an jeder Stelle des Systems von der Zeit unabhängig sind. Der Drehimpuls lässt
sich wie folgt beschreiben:

D=m·c·r (5.60)
mit
D Drehimpuls in Nms oder kg · m2 · s−1,
m Masse des Fluids in kg,
c Geschwindigkeit des Fluids in m ∕ s,
r mittlerer Abstand des Stromfadens von Mitte der Drehachse in m.
Die Veränderung des Impulses innerhalb eines Teilsystems (hier: die Turbinenschaufeln)
erzeugt ein Drehmoment um das Zentrum der Turbine:
dD dc
M= = ·m·r in Nm. (5.61)
dt dt
Sinnvollerweise können nur Anteile der Strömungsgeschwindigkeit des Fluids einen
Anteil zum Drehmoment liefern, die senkrecht im Sinne des Hebelgesetzes zum
Turbinendrehpunkt stehen. Solche Anteile werden mit dem Index u gekennzeichnet.
Eine Integration der Gl. 5.61 liefert folgendes Ergebnis:
 t2  2
M · dt = m · r · dcu . (5.62)
t1 1
5.3 Leistungserzeugung 247

Aus dem Zusammenhang zwischen Drehmoment M und der Drehzahl n errechnet sich
die Innenleistung Pi:

Pi = M · 2 · π · n = M · ω in Nms−1 . (5.63)
(Der Term „2 ⋅ π ⋅ n“ ist die Winkelgeschwindigkeit ω.)
Somit:
m · r · ω · dcu m · u · dcu
Pi = = (5.64)
dt dt
mit u als der größtmöglichen Umfangsgeschwindigkeit in einem betrachteten Quer-
schnitt.
Eine erneute Integration liefert
 2
Pi = ṁ · u · dcu (5.65)
1

bzw.

Pi
 2
= u · dcu = W. (5.66)
ṁ 1

Mit dem bei stationären Strömungen konstanten Massenströmen vor und hinter dem
Laufrad ergibt sich mit ṁ1 = ṁ2 = ṁ das Drehmoment M zu:
M = ṁ(r2 · c2u − r1 · c1u ). (5.67)
Mit der Winkelgeschwindigkeit ω des Laufrades ergibt sich die mit dem Fluid aus-
getauschte spezifische technische Arbeit W (auch spezifische Schaufelarbeit genannt):
M ·ω
W= (5.68)

und somit
W = ω · (r2 · c2u − r1 · c1u ), (5.69)

W = u2 · c2u − u1 · c1u . (5.70)

Hierbei gilt gemäß Vorzeichenvereinbarung für den Verdichter W > 0


und für die Turbine W < 0.
Die letzte Gleichung (Gl. 5.70) wird Euler’sche Turbinengleichung genannt, mit u der
Umfangsgeschwindigkeit der sich drehenden Schaufelspitze am Eintritt (Index 1) und
Austritt (Index 2), desgleichen die nutzbare Fluidgeschwindigkeit cu am Ein- und ­Austritt.
Die Umfangsgeschwindigkeiten u werden bezogen auf den mittleren Radius des
Schaufelgitters rm (s. Abb. 5.39):
u = ω · rm .
248 5 Antriebsanlagen

Die axiale Strömungsgeschwindigkeit im betrachteten Querschnitt der Turbinenstufe cax


wird wie folgt berechnet:
cax = ṁ/(2 · π · rm · h · ρ). (5.71)
In dieser Gleichung ist
ṁ Massenstrom des Abgases,
ρ Dichte des Abgases,
h Schaufelhöhe bzw. Höhe des Strömungskanals im betrachteten Querschnitt,
2πrmh Näherung für die Kreisringfläche des Strömungsquerschnitts.
Hinreichend genau im Rahmen einer Abschätzung kann die Abgasdichte ρ aus der
Zustandsgleichung für ideale Gase ermittelt werden:
ρ = p/(R · T ) (5.72)
mit
R spezifische Gaskonstante [J ∕ kg K]; für Luft: 287,09 J ∕ kg K,
T Abgastemperatur (K).
Auch kann mit hinreichender Genauigkeit im Rahmen einer Abschätzung für die spezi-
fische Gaskonstante die für Luft angenommen werden. Genau genommen müsste die
spezifische Gaskonstante des Abgases eingesetzt werden. Diese ergibt sich als Quo-
tient aus der allgemeinen Gaskonstante und der mittleren Molmasse des Abgases.
Die mittlere Molmasse lässt sich jedoch nur berechnen, wenn entweder die genaue
Abgaszusammensetzung bekannt ist oder die genaue Zusammensetzung des Brenn-
­
stoffes sowie der Luftüberschuss λ gegeben sind.
Die Arbeitsleistung des Turbinenlaufrades wird mit der Euler’schen Turbinen-
gleichung errechnet:

Pi = Ẇ = ṁ · ω · rm · (cu1 − cu2 ) bzw.: (5.73)

Pi = ṁ · (cu1 − cu2 ) · u. (5.74)

Leitschaufel
Gehäuse

Laufschaufel
rm

Rotor

Abb. 5.39 Mittlerer Radius eines Turbinenlaufrades


5.3 Leistungserzeugung 249

Aus der Konti-Gleichung folgt für den Massenstrom ṁ:


ṁ = A · ρ · cax . (5.75)

5.3.3.3 Störungsmatrix Gasturbine
Wie alle mechanisch und thermisch beanspruchten Teile wie Anlagen und Maschinen-
teile unterliegen auch die Gasturbinen einem Verschleiß, der zu Betriebsstörungen führen
kann. Um die Gefahr von Betriebsstörungen möglichst gering zu halten, sind die War-
tungs- und Inspektionshinweise aus den Betriebshandbüchern der Hersteller und Liefe-
ranten einzuhalten; das gilt nicht zuletzt auch dem Schutz von Garantieansprüchen.
Mögliche Störungen und deren Ursachen sind in der Tab. 5.3 aufgezeigt.

Beispiele zur Auslegung von Gasturbinen


Eine Schiffsturbine GE LM 2500+ arbeitet zwischen den Drücken
p1 = p4 = 1 bar und p2 = p2′ = p3 = 23,1 bar. Die Anfangstemperatur betrage
t1 = 20 ◦ C = 293,15 K. Ferner seien folgende Wirkungsgrade für Verdichter und Tur-
bine angenommen: ηS,V = 0,85 und ηS,T = 0,91. Die Anlage verarbeitet einen Luft-
massenstrom von ṁ = 85,9 kg/s. In der Brennkammer wird das Gas auf t3 = 1450 ◦ C
erwärmt. Die Änderung des Massenstromes durch die Einspritzung von Brennstoff soll
vernachlässigt werden. Die Turbine expandiert das Gas auf (annähernd) Umgebungs-
druck. Anschließend wird das Gas als Abgas ausgestoßen (vgl. Abb. 5.40). Luft soll als
ideales Gas mit RLuft = 287 J/kg K, cp = 1004 J/kg K und κ = 1,4 behandelt werden.
Die Nutzturbinendrehzahl beträgt 3600 min−1 bei einer Leistung von 30.200 kW.

a) Es sind die fehlenden Temperaturen und Drücke zu berechnen.


b) Welche Leistung Pges kann die Anlage abgeben, und welchen Wirkungsgrad
erreicht sie?

Vorbemerkung zur Lösung: Der reale Gasturbinenprozess unterscheidet sich durch die
Irreversibilität der Zustandsänderungen (1–2, 3–4) vom theoretischen Joule-Prozess.
Darüber hinaus treten Druckverluste in der Brennkammer (2–3) auf. Die Druckänderung
durch die Wärmeverluste in der Brennkammer können heutzutage durch geeignete
Maßnahmen (hochtemperaturfeste Keramik) minimiert werden. Die genannten Unter-
schiede sind anschaulich im p-V-Diagramm (p – Druck, V – Volumen; Abb. 5.41) und im
T-s-Diagramm darstellbar (T – Temperatur, s – spezifische Entropie; Abb. 5.42).
Zu a): Zunächst wird die Temperatur T2′ am Ende der (fast) isentropen Verdichtung
von p1 nach p2 berechnet:

T1 /T2′ = (p1 /p2′ )((κ−1)/κ) , (5.76)

T2′ = T1 /(p1 /p2′ )((κ−1)/κ) ,

T2′ = 745,58 K.
250 5 Antriebsanlagen

Tab. 5.3  Störungsmatrix Gasturbinen


Störung/Schaden Mögliche Ursache Maßnahme
Leistungsabfall der Verschmutzung Zuluftfilter Druckverlust am Zuluftfilter zu hoch?
Anlage Filter reinigen oder austauschen
Leistungsabfall der Ablagerungen auf dem Optische/endoskopische Überprüfung
Anlage Schaufelsystem des Schaufelsystems. Reinigen der
zugänglichen Schaufeln; wenn Störung
dadurch nicht beseitigt: Werftaufenthalt
zur Reinigung des gesamten Schaufel-
systems; ggf. Schaufeln austauschen
Leistungsabfall der Kavitations-a/Erosionsschäden Optische/endoskopische Überprüfung
Anlage oder Rissbildung am Schaufel- des Schaufelsystems. Zuluftfilter defekt,
system; sonstige mechanische dadurch Fremdkörpereintrag in Anlage?
Beschädigung Druckverlust des Filtersystems prüfen:
Druckverlust gegen null! Werftaufent-
halt – Schaufeln austauschen
Leistungsabfall der Undichtigkeiten im Labyrinth- Werftaufenthalt: Austausch Labyrinth-
Anlage dichtungssystem; Spaltabstand dichtung und beschädigte Schaufeln
am Schaufelsystem zu groß
Leistungsabfall der Kraftstoffzufluss in Brenn- Brennstoffzufuhr überprüfen; reinigen
Anlage kammer gestört der Brennstoffdüsen ggf. austauschen
Leistungsabfall der Aussetzen der Zündspannung Verkokte Kontakte; reinigen bzw. aus-
Anlage am Brennkammersystem tauschen
Rissbildung am Überhitzung Kühlsystem überprüfen und instand
Schaufelsystem setzen
„Unnormale“ Unwucht des Läufers durch Kontrolle des Schaufelsystems; ggf.
­Laufgeräusche Verschmutzung/Erosion der Schaufeln ersetzen
Laufschaufeln
„Unnormale“ Lagerschäden durch hohe Schmierung Lager überprüfen, ggf.
­Laufgeräusche Lagertemperaturen oder defektes Lager ersetzen
Verschleiß
aZur Kavitation siehe auch Abschn. 5.4.2.7.

Brennstoff

2
3

1 4

Abgas

Abb. 5.40 Gasturbinenanlage


5.3 Leistungserzeugung 251

Abb. 5.41 p-V-Diagramm p


Gasturbine
2 3
p2

p1
1 4

Nach der Definition des isentropen Verdichterwirkungsgrades gilt mit


ηS,V = 0,85:
ηS,V = (T2′ − T1 )/(T2 − T1 ). (5.77)
Durch Umstellen erhält man T2:
T2 = (T2′ − T1 + ηS,V · T1 )/ηS,V ,
T2 = 825,42 K.
Mit dieser Temperatur gelangt die verdichtete Luft in die Brennkammer,
wo ihr (annähernd) isobar Wärme zugeführt wird auf eine Temperatur
T3 = 1723,15 K.
Entsprechend errechnet sich nun die Temperatur T4′ nach einer (annähernd)
isentropen Entspannung der heißen Abgase auf den Umgebungsdruck:

T4′ /T3 = (p4′ /p3 )((κ−1)/κ) , (5.78)

T4′ = T3 · (p4′ /p3 )((κ−1)/κ) = 693,23 K.


Nach der Definition des isentropen Turbinenwirkungsgrades gilt:
ηS,T = (T3 − T4 )/(T3 − T4′ ). (5.79)

T 3
3 Q zu

p2 2
2’ 4
2
4 4’
p1
1
1 Q ab

Abb. 5.42 T-s-Diagramme idealer und realer Gasturbinenprozess


252 5 Antriebsanlagen

Durch Umstellen erhält man T4:


T4 = T3 − ηS,T (T3 − T4′ ),
T4 = 1723,15 K − 0,91(1723,15 K − 693,23 K) = 785,92 K = 513 ◦ C.

Im Firmenprospekt wird die Abgastemperatur für diese Gasturbine mit 518 °C


angegeben [53] – insofern eine gute Übereinstimmung.
Zu b): Es gilt für die Leistung der Anlage:

P = Ẇt,ges = ṁ · (wt,34 + wt,12 ) = ṁ · cp · (T4 − T3 + T2 − T1 ), (5.80)

P = Ẇt,ges = 85, 9kg/s · 1004J/kg K


· (785, 92K − 1723, 15K + 825, 42K − 293, 15K),

|P| = |Ẇt,ges | = 34.925 kW.


In der Literatur finden sich für diese Turbine die Angaben von etwa
30.200 kW [53].
Insofern liefert auch hier die Rechnung mit den gemachten Annahmen eine
gute Übereinstimmung. Die etwa 10 %ige Abweichung lässt sich durch die
in der Aufgabenstellung gemachten Annahmen erklären, die von der Realität
sicherlich abweichend sind. So ist fraglich, ob die gemachten Annahmen für
die Wirkungsgrade der Turbine und des Verdichters exakt zutreffend sind. Wei-
ter führt die Vernachlässigung der Änderung des Massenstromes durch die Ein-
spritzung von Brennstoff zu Abweichungen im Ergebnis. Auch die Annahme,
dass die Turbine das Gas auf Umgebungsdruck expandiert, führt zu weiteren
Ungenauigkeiten; das gilt auch für die Luft, die als ideales Gas angenommen
wird, ihr Realgasverhalten insofern keine Berücksichtigung findet.
Der (thermische) Wirkungsgrad der Anlage ist der Quotient aus zugeführter
Wärmemenge und abgegebener Leistung:

η = P/Qzu = P/Q2−3 (vgl. Abb. 5.40). (5.81)


Die in der Brennkammer zugeführte Wärmemenge Qzu = Q2−3 berechnet
sich wie folgt:

Q̇zu = ṁL · cpL · (T3 − T2 ) = ṁB · Hu , (5.82)

Qzu = ṁ · cp · (T3 − T2 ), (5.83)

Qzu = 85,9 kg/s · 1004 J/kg K · (1723,15 K − 825,42 K) = 77.424 kW.


5.3 Leistungserzeugung 253

Insofern hat diese Turbine einen Wirkungsgrad von


η = 34.925 kW/77.424 kW = 45 %.
In einem Firmenprospekt dieser Turbine wird zwar der thermische Wirkungs-
grad mit > 39 %, aber eben nicht mit 45 % angegeben. Hierbei wird allerdings
auch eine Nutzleistung von lediglich 30.200 kW in Ansatz gebracht [53].
Die Abweichungen der Rechnungen zu den Prospektangaben resultieren auch
aus den in der Aufgabenstellung gemachten Annahmen: Sie sind zwar realis-
tisch, doch nicht 100 %ig real.
Aus einem Firmenprospekt geht hervor: Gasturbine LM 2500, 22,4 MW
Leistung, Abgasstrom 69,8 kg ∕ s, Abgastemperatur 524 °C, Drehzahl
3000 min−1. Welches Drehmoment ist an der Turbinenwelle abgreifbar?
Das Drehmoment errechnet sich aus Gl. 5.63 durch Umstellen:
P = M · 2 · π · n,
M = P/(2 · π · n).
Mit den gegebenen Zahlenwerten ergibt sich somit das Drehmoment zu:

M = 22.400.000 W/(2 · π · 50 s−1 ) = 71.301 Nm.

5.3.4 Elektroantrieb

Häufig kommen auch Elektromotoren als Antriebsaggregat (Fahrmotor) zum Einsatz,


wie beispielsweise auch bei der AIDAmar (2 Siemens DTMSZ 3352-16YS-Elektromoto-
ren mit je 12,5 MW bei 130 min−1).53
Der erforderliche elektrische Strom wird durch einen Generatorsatz (Dieselmotor und
Generator oder Turbine und Generator – wie in einem Kraftwerk) erzeugt (Abb. 5.43).
Obwohl hier die Verluste zwischen zugeführter Brennstoffenergie und an der Schiffs-
schraube abgegebener Nutzleistung etwa 8 % höher sind als bei direkten mechanischen
Antrieben, hat dieses System der Leistungserzeugung auch etliche Vorteile: Die Strom-
erzeugung kann auf mehrere Generatorsätze verteilt werden, was die Betriebssicherheit
erhöht. Hierbei sind dann die einzelnen Verbrennungsmaschinen kleiner, was Vorteile bei
Wartungsarbeiten und eventuellem Austausch mit sich bringt. Elektromotoren sind gut
regelbar – die Geschwindigkeit wird direkt über die Drehzahl der Motoren geregelt. Fer-
ner kann problemlos von „Voll Voraus“ auf „Voll Achteraus“ umgeschaltet werden.
Auf wechselnden Leistungsbedarf kann einfach durch Zu- oder Abschalten von
Generatorsätzen reagiert werden, sodass diese quasi immer im optimalen Drehzahl-
bereich arbeiten können.

53Siehe zu den Anwendungsbereichen und zu speziellen Ausführungen auch [72].


254 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.43 Dieselelektrischer Dieselmotor / Turbine


Antrieb Generator

E-Motor

Um den tendenziell etwas schlechteren Gesamtwirkungsgrad zu kompensieren,


werden die Elektroantriebsmotoren häufig auch in „Gondeln“ unter dem Schiffsrumpf
angebracht (vgl. Abschn. 5.3) – sog. Azipod- oder POD-Antriebe.
Folgende Motorenarten kommen zum Einsatz:

• Drehstromasynchronmotor,
• Synchronmotor,
• Gleichstrommotor.

Zunächst werden im Folgenden die wichtigsten Normen im Zusammenhang mit


­Herstellung, Inbetriebnahme und Betrieb von E-Motoren genannt (Tab. 5.4).

Tab. 5.4  Wichtige Normen Elektromotoren


Titel EN/DIN VDE IEC
Allgemeine Bestimmungen für drehende elektrische EN 60034-1 IEC 60034-1
Maschinen IEC 60085
Wirkungsgradgrenzwerte von Asynchronmaschinen IEC 60034-30
Drehende elektrische Maschinen, Ermittlung der Verluste DIN EN 60034-2-1 IEC 60034-2-1
und des Wirkungsgrades
Drehstromasynchronmotoren für den Allgemeingebrauch EN 50347 IEC 60072
mit standardisierten Abmessungen und Leistungen
Baugrößen 56–315
Anschlussbezeichnungen und Drehsinn für umlaufende EN 60034-8 IEC 60034-8
elektrische Maschinen
Drehende elektrische Maschinen, Bezeichnungen für EN 60034-7 IEC 60034-7
Bauformen und Aufstellung
Eingebauter thermischer Schutz DIN EN 60079-14 IEC 60034-11
Drehende elektrische Maschinen, Kühlverfahren EN 60034-6 IEC 60034-6
Drehende elektrische Maschinen, Schutzarten EN 60034-5 IEC 60034-5
Drehende elektrische Maschinen, mechanische Schwin- EN 60034-14 IEC 60034-14
gungen
Drehende elektrische Maschinen, Geräuschgrenzwerte EN 60034-9 IEC 60034-9
Drehende elektrische Maschinen, Anlaufverhalten von EN 60034-12 IEC 60034-12
Käfigläufermotoren bei 50 Hz bis 660 V
IEC-Normspannungen VDE 0175 IEC 60038
5.3 Leistungserzeugung 255

5.3.4.1 Drehstromasynchronmotor
Der Asynchronmotor mit Kurzschlussläufer zählt zu den am weitesten verbreiteten
Motortypen (s. a. Abb. 5.44) [63]. Er ist einfach herzustellen, robust und praktisch
wartungsfrei.

Funktion des Asynchronmotors


Im Ständer des Asynchronmotors sind drei um 120° gegeneinander versetzte Wicklun-
gen angeordnet. Der Läufer besteht aus einem genuteten Blechpaket. Durch Druckguss
wird in die Nuten ein Käfig aus Aluminium eingebracht, bei neueren Motoren besteht
der Käfig aus Kupfer. Aus elektrischer Sicht bildet dieser Käfig ein System von kurz-
geschlossenen elektrischen Leitern.
Fließt in den Wicklungen des Ständers ein sinusförmiger elektrischer Strom und
besteht zwischen den Strömen eine Phasenverschiebung von 120°, bildet sich im Ständer
des Motors ein rotierendes Magnetfeld heraus. Dieses Magnetfeld durchsetzt auch den
Läufer. Das rotierende Magnetfeld induziert in den Leitern des Läufers eine elektrische
Spannung (Induktionsgesetz).Da die Leiter aufgrund ihrer Ausführung als Käfig kurz-
geschlossen sind, bewirkt die induzierte Spannung einen Stromfluss im Läufer.
Der Läuferstrom baut ein eigenes Magnetfeld auf, das mit dem rotierenden Magnet-
feld des Ständers in Wechselwirkung tritt. Als Ergebnis wirkt auf den Läufer ein Dreh-
moment. Der Läufer reagiert, führt eine Drehbewegung aus und folgt der Rotation des
Ständerfeldes.
Der Läufer folgt dem Ständerfeld jedoch nicht synchron, sondern dreht sich mit einer
geringeren Geschwindigkeit. Dies ist erforderlich, da nur unter dieser Bedingung ein

Abb. 5.44 Käfigläufer und Ständer eines kleinen Asynchronmotors. (Foto: Zureks, CC BY-SA
3.0)
256 5 Antriebsanlagen

Stromfluss im Läufer zustande kommt und der Läufer sein eigenes Magnetfeld aufbauen
kann. Der Läufer dreht sich insofern „asynchron“ zum Ständerfeld.
Zwischen der Frequenz des Ständerfeldes und der Drehfrequenz des Läufers tritt ein
Schlupf auf. Die Größe des Schlupfes ist belastungsabhängig. Im Leerlauf ist der Schlupf
nur sehr gering.

Mechanische Drehzahl und Polpaare


Wird das 3-phasige Wicklungssystem von Strömen durchflossen, bildet sich im Motor
ein Ständerfeld mit einem Nord- und einem Südpol heraus. Der Motor weist ein
sogenanntes Polpaar auf und hat die Polpaarzahl 1. Die Polpaarzahl ist damit eine durch
die Motorkonstruktion festgelegte Größe.
Durch mehrfache Anordnung des 3-phasigen Wicklungssystems und Reihenschaltung
der entsprechenden Phasen entstehen Motoren mit mehr als einem Polpaar. Werden bei-
spielsweise die Wicklungen in einer Anordnung mit zwei Polpaaren von Strom durch-
flossen, entstehen über den Umfang des Ständers verteilt zwei Nord- und zwei Südpole.
Der Motor hat die Polpaarzahl 2.
Durchwandert der Strom in den Ständerwicklungen eine volle zeitliche Periode, dreht
sich das Magnetfeld des Ständers um eine volle Polteilung (ein Nord- und ein Süd-
pol) weiter. Bei zwei Polpaaren im Ständer entspricht das einer Drehung von 180°. Die
Rotationsgeschwindigkeit des Ständerfeldes ist gegenüber der im Motor mit einem Pol-
paar auf die Hälfte abgesunken, obwohl sich die Frequenz des speisenden Stromes nicht
geändert hat.
Mithin hat die Polpaarzahl des Motors Einfluss auf die Drehfrequenz des Ständer-
feldes und damit auf die Drehzahl bzw. Drehfrequenz des Läufers, der dem Magnetfeld
asynchron folgt. Sie sinkt insofern mit steigender Polpaarzahl. Üblich sind Motoren mit
1–4 Polpaaren.

Elektrische und mechanische Leistung des Asynchronmotors


Die aufgenommene elektrische Leistung errechnet sich nach folgender Gleichung:

Pel = 3 · U · I · cos φ (5.84)

mit

3 dem sog. Verkettungsfaktor,
U der Klemmenspannung,
I dem Klemmenstrom und
cos ϕ dem Leistungsfaktor.
Der Leistungsfaktor (auch Wirkleistungsfaktor genannt) ist das Verhältnis von Wirk-
leistung P zu Scheinleistung S. Er ist gleich dem Kosinus des Phasenverschiebungs-
winkels ϕ (s. Abb. 5.45) und liegt zwischen 0 und 1 (in der Regel bei etwa 0,8). Die
Wirkleistung P ist das Produkt aus Klemmenspannung U und Klemmenstrom I, die
5.3 Leistungserzeugung 257

Scheinleistung S setzt sich zusammen aus der tatsächlich umgesetzten Wirkleistung P


und einer zusätzlichen Blindleistung Q und berechnet sich nach dem Satz des Pythagoras
(s. Abb. 5.45):

S = P 2 + Q2 . (5.85)
Zu Wirk-, Schein- und Blindleistung [50]:
Wird ein induktiver bzw. kapazitiver Widerstand an eine Wechselspannung
angeschlossen, so tritt analog zu den Widerständen neben dem schon vorhandenen Wirk-
anteil zusätzlich noch ein Blindanteil in Erscheinung.
Der Blindanteil kommt durch die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung
der Induktivität bzw. der Kapazität zustande. Bei einem rein ohmschen Widerstand lie-
gen Strom und Spannung in gleicher Phase, daher hat ein rein ohmscher Widerstand kei-
nen Blindanteil.
Die Einheit der Blindleistung ist var. Die Wirkleistung P hat die Einheit „Watt“ (W).
Die Gesamtleistung im Wechselstromkreis ist die Scheinleistung S, sie hat die Einheit VA.
Die abgegebene mechanische Leistung entspricht der aufgenommenen elektrischen
Leistung, abzüglich des Verlustleistungsanteils PV, welcher aus Kupfer- und Eisenver-
lusten sowie aus Reibungsverlusten besteht:
Pmech = ω · M (5.86)
mit
ω der Kreisfrequenz (= 2 · π · n), wobei n die Drehzahl pro Sekunde ist, und
M dem abgeforderten Drehmoment.
Das Verhältnis von abgegebener mechanischer Leistung zu aufgenommener elektrischer
Leistung ist der Wirkungsgrad der Maschine:
η = Pmech /Pel . (5.87)
Start und Drehzahlregelung des Asynchronmotors
Da der Einschaltstrom großer Motoren, so eben auch der Fahrmotoren, sehr hoch ist,
würde der Einschaltstrom zu einem starken Einbruch im Bordnetz führen. Das kann
dadurch vermieden werden, indem die Statorwicklungen im Anfahrvorgang im Stern,

Abb. 5.45 Phasenverschiebungswinkel

Q
S

P
258 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.46 Stern-Dreieck-


Schaltung

nach erfolgtem Hochfahren im Dreieck geschaltet werden (Stern-Dreieck-Anlass-


schaltung; Abb. 5.46). Neben anderen Verfahren zum Anlassen von Elektromotoren54 ist
dieses gerade bei großen Motoren das gängigste Verfahren [7].
Durch diese Methode wird der Anlaufstrom auf ein Drittel gegenüber dem direkten
Anlauf reduziert. Nachteilig ist, dass auch das Anlaufmoment auf ein Drittel reduziert
wird [25].
Die Drehzahlregelung und Drehsinnänderung der Elektrofahrmotoren erfolgen
heute überwiegend durch Frequenzumrichter (Pulswechselrichter).55 Auch ein Sanft-
anlauf ist über den Frequenzumrichter möglich.
Die Drehzahlregelung beruht darauf, dass die Drehfelddrehzahl nd von der Frequenz f
des Netzes und der Polpaarzahl p abhängig ist:
f
nd = 60 · (5.88)
p
mit
nd Drehfelddrehzahl,
f Frequenz,
p Polpaarzahl.
Wird die Frequenz f geändert, dann ändert sich auch die Drehfelddrehzahl nd und somit
(bei konstantem Schlupf) die Rotordrehzahl n.

54Siehe z. B. [29].
55Das Folgende aus [42]; zum Pulswechselrichter näher auch [40, 44].
5.3 Leistungserzeugung 259

Abb. 5.47 Wendeschützschaltung. (Bild: wdwd, CC BY-SA 3.0)

Bei einem Frequenzumrichter handelt es sich um eine elektronische Schaltung, bei


der an der Eingangsseite eine Spannung U1 mit einer Frequenz f1 zugeführt und in eine
Spannung U2 umgewandelt wird, die die gleiche Amplitude, aber eine andere Frequenz f2
besitzt. Die Frequenz f2 kann sowohl kleiner als auch größer als f1 sein.
Durch Frequenzverstellung lässt sich die Drehzahl in einem großen Bereich regeln.56
Da nur geringe Verluste auftreten, kann diese Methode auch bei großen Leistungen ein-
gesetzt werden. Weitere Vorteile:

• relativ geringe Verluste,


• großer Regelbereich,
• Drehzahlen höher als die Drehfelddrehzahl des Netzes sind möglich,
• für Kurzschlussläufermotoren geeignet.

Einziger Nachteil ist der hohe schaltungstechnische Aufwand für die Realisierung des
Frequenzumrichters.
Die Drehrichtungsumkehr kann auch mittels Wendeschützschaltung erfolgen (Abb. 5.47).
Durch die genannten Verfahren entfallen aufwendige mechanische Drehrichtungs-
umkehreinheiten wie Wendeuntersetzungsgetriebe oder Verstellpropelleranlagen.

56Zu Funktion und Aufbau von Frequenzumrichtern siehe vertiefend [46].


260 5 Antriebsanlagen

5.3.4.2 Synchronmotor
Der Synchronmotor trägt seinen Namen aufgrund seiner Betriebseigenschaft: Der Läu-
fer rotiert exakt synchron mit dem durch die Netzfrequenz vorgegebenen Statordrehfeld.
Das unterscheidet Synchronmaschinen von Asynchronmaschinen, deren Läufer dem
Drehfeld im Motorbetrieb nach- und im Generatorbetrieb voreilen. Ein weiteres Unter-
scheidungsmerkmal ist, dass im Gegensatz zu Asynchronmaschinen für den Betrieb von
Synchronmaschinen ein Erregerfeld benötigt wird [8, S. 291 ff.].
Bevor eine Synchronmaschine ans Netz geschaltet wird, muss sie mit dem Netz syn-
chronisiert werden. Die Drehzahländerung und -umkehrung erfolgen mittels der sog.
Leistungselektronik mit Frequenzumrichtern [8, S. 324 ff.].
Ein Drehgeber erfasst im Betrieb ständig die Läuferstellungsänderung. Daraus
ermittelt die Steuerungselektronik die tatsächliche Drehzahl. Bei Belastung läuft der Läu-
fer des Synchronmotors dem Drehfeld im Winkel, dem sog. Polradwinkel57, hinterher.

Aufbau und Funktion des Innenpolsynchronmotors


Synchronmotoren werden als Außen- oder Innenpolmaschinen gefertigt, wobei im
Schiffbau bei großen Leistungen Innenpolmaschinen zum Einsatz kommen. Beide
Maschinentypen haben gemeinsam, dass sie, wie alle Drehstrommaschinen, über einen
Läufer und einen Stator verfügen. In jedem Fall wird eine Erregereinrichtung für den
Betrieb der Maschinen benötigt. Wegen der besonderen Bedeutung der Innenpolma-
schine für den Schiffbau wird im Folgenden auf diesen Motortyp näher eingegangen.

a) Ständer Die Ständerwicklung besteht aus drei um 120◦ /p (p = Polpaarzahl) ver-


setzten Wicklungssträngen, die mit U, V und W bezeichnet werden. Sie sind in Stern-
oder Dreieckschaltung verschaltet. Über die Ständerwicklung wird die elektrische
Energie aus dem Bordnetz zugeführt. Der Ständer wird auch Anker genannt und die
Ständerwicklung dementsprechend Ankerwicklung.

b) Läufer Der Läufer kann als Schenkelpolläufer oder Vollpolläufer ausgeführt sein.
Rotor oder auch Polrad sind ebenfalls gebräuchliche Bezeichnungen für beide Läuferbau-
formen. Der Vollpolläufer wird zudem als Walzenläufer und Volltrommelläufer bezeichnet.
Der Läufer trägt die Erregerwicklung. Diese ist in die Nuten des Vollpolläufers eingebracht.
Schenkelpolläufer besitzen ausgeprägte Polschuhe und Schenkel, weswegen sie einen gro-
ßen Durchmesser besitzen. Die Erregerwicklung ist auf die Schenkel des Läufers gewickelt.

c) Erregung Eine Möglichkeit der Erregung ist die statische Erregung. Hierbei sind die
Enden der Erregerwicklung mit Schleifringen verbunden, die sich auf der Läuferwelle
befinden. Über Kohlebürsten wird die Erregerspannung an die Erregerwicklung gelegt
(Abb. 5.48 und 5.49).

57Zum Polrad s. weiter unten.


5.3 Leistungserzeugung 261

Abb. 5.48 Schenkelpolmotor.


(Grafik: Biezl)

Abb. 5.49 Vollpolmotor.


(Grafik: Biezl)

Handelt es sich um eine permanentmagneterregte Synchronmaschine (PSM), trägt der


Läufer Permanentmagnete zur Erregung. Die Permanentmagneterregung gewinnt immer
mehr an Bedeutung [8, S. 287 ff.]; [11, S. 331].
Weitergehende Erregermöglichkeiten sind der einschlägigen Literatur zu entnehmen [4].58

Kenndaten des Synchronmotors


Wie vorstehend ausgeführt, ist für den Betrieb eine Erregerwicklung oder ein Permanent-
magnet notwendig, um ein Erregerfeld zu erzeugen. Ferner muss über die Ständer-
wicklungen elektrische Energie zugeführt werden, damit der Motor ein Drehmoment an
der Welle abgeben kann.
Die aufgenommene elektrische Leistung berechnet sich wie folgt:

Pel = 3 · US · IS · cos φ (5.89)
mit

3 dem sog. Verkettungsfaktor,
US der Ständerspannung,
IS dem Ständerstrom und
cos ϕ dem Leistungsfaktor.

58Ferner z. B. auch [67].


262 5 Antriebsanlagen

Die abgegebene mechanische Leistung Pmech entspricht der aufgenommenen elektri-


schen Leistung, abzüglich des Verlustleistungsanteils PV, welcher aus Kupfer- und Eisen-
verlusten sowie aus Reibungsverlusten besteht und berechnet sich nach Gl. 5.90:
Pmech = ω · M (5.90)

ω der Kreisfrequenz (=2 ⋅ π ⋅ n), wobei n die Drehzahl pro Sekunde ist,
mit 
und 
M dem abgeforderten Drehmoment.
Das Verhältnis von abgegebener mechanischer Leistung zu aufgenommener elektrischer
Leistung drückt den Wirkungsgrad der Maschine aus:
η = Pmech /Pel . (5.91)
Drehzahlregelung und Drehsinnänderung
Auch beim Synchronmotor erfolgen die Drehzahlregelung und Drehrichtungsumkehr im
Allgemeinen durch Frequenzumrichter (vgl. Abschn. 5.3.4.1).

5.3.4.3 Gleichstrommotor
Der Einsatz von Gleichstrommotoren findet in der Großschifffahrt vergleichsweise
geringe Bedeutung und beschränkt sich auf spezielle Anwendungen, z. B. für besonders
geräuscharme oder batteriebetriebene Antriebe (beispielsweise im U-Boot-Bau).

Aufbau
Der Ständer besitzt ausgeprägte Nord- und Südpole, die durch einen Magneten erzeugt
werden können (permanent erregter Motor) oder durch Erregerwicklungen. Die Wick-
lung des Läufers ist so aufgebaut, dass an den Stirnseiten des Läufers stets Leiter, die
sich im Bereich eines magnetischen Nordpols des Stators befinden, mit solchen Leitern
verbunden werden, die sich an der entsprechenden Stelle eines Südpols befinden. An den
Stirnseiten des Läufers, der aufgrund der Wirbelströme aus einem Blechpaket besteht, ist
der Wicklungszug an die Lamellen eines Kommutators (Stromwenders) angeschlossen;
dieser ist ein zylindrischer Körper, der aus sektorförmigen, voneinander isolierten
Kupferlamellen aufgebaut ist.
Abb. 5.50 zeigt einen kleinen Niedervoltelektromotor mit Permanenterregung durch
Hufeisenmagneten.

Drehrichtungsumkehr, Drehzahländerung
Die Umsteuerung erfolgt bei Gleichstrommotoren so, dass entweder die Stromrichtung
in der Ankerwicklung oder die Stromrichtung in der Erregerwicklung umgekehrt wird.
Im Normalfall wird die Umkehr der Stromrichtung in der Ankerwicklung vor-
genommen, da in diesem Fall nicht der gesamte Stator ummagnetisiert werden muss.
Schaltungstechnisch erfolgt das durch die Polwendeschaltung (Abb. 5.51).
Hierdurch wird die am Motor anliegende Spannung über ein Relais umgepolt, sodass
er vor- oder rückwärts läuft.
5.3 Leistungserzeugung 263

Abb. 5.50 Gleichstrom-E-Motor

Abb. 5.51 Einfache Relais


Polwendeschaltung

Motor

Die Drehzahländerung beim Gleichstrommotor erfolgt über die angelegte


Klemmenspannung.

Beispiel Berechnung E-Antriebsmotor


Die Antriebsleistung eines Drehstromantriebsmotors beträgt 12,5 MW. Es liegt eine
Klemmenspannung von 3610 V an. Der Leistungsfaktor cosϕ dieser Maschine beträgt
0,8, der Wirkungsgrad η ist 0,85. Wie groß ist der aufgenommene Strom I?
Die Leistung eines Drehstrommotors (Klemmleistung bzw. Wirkleistung) wird
nach Gl. 5.89 ermittelt:

Pel = 3 · U · I · cos φ.
„cos ϕ“ wird als Wirkungsfaktor oder als Leistungsfaktor bezeichnet. Er wird auf
den Typenschildern von Wechselstrom- und Drehstrommotoren angegeben. Der
264 5 Antriebsanlagen

Leistungsfaktor ist das Verhältnis zwischen Wirkleistung P und Scheinleistung S und


berechnet sich nach folgender Gleichung:
cos ϕ = P/S. (5.92)
In dieser Gleichung ist P die Wirkleistung und S die Scheinleistung (S = U ⋅ I). Der
Leistungsfaktor gibt insofern an, welcher Teil der Scheinleistung in die Wirkleistung
umgesetzt wird.
Mit dem Winkel ϕ wird die sog. Phasenverschiebung zwischen zwei Sinus-
schwingungen beschrieben: Sie sind gegeneinander phasenverschoben, wenn deren
Periodendauern zwar übereinstimmen, die Zeitpunkte ihrer Nulldurchgänge aber
nicht. In der Elektrotechnik verwendet man den Begriff Phasenverschiebung in
einem Wechselstromkreis im Zusammenhang mit Stromstärken und Spannungen:

• Bei einer Induktivität (ideale Spule) folgt die Stromstärke der Spannung um 90°
nach (die Spannung eilt der Stromstärke um 90° vor).
• Bei einer Kapazität (idealer Kondensator) folgt die Spannung der Stromstärke um
90° nach (s. Abb. 5.52).
• Beim ohmschen Widerstand sind Spannung und Stromstärke immer gleichphasig.
• Bei einer Kombination von R, L und C kann der Phasenverschiebungswinkel
beliebige Werte zwischen −90◦ und +90◦ annehmen; er ist dabei von der Frequenz
abhängig.

Bei einem Drehstrommotor mit einer Drei-Phasen-Wechselspannung besteht diese aus


drei um je 120° gegeneinander versetzt schwingenden Wechselspannungen (Abb. 5.53).

Der Wirkungsgrad ist (Gl. 5.91) η = Pmech /Pel.


Somit errechnet sich Pel durch Umstellen: Pel = 12,5 MW/0,85 = 14,7 MW.
Umstellen der Gl. 5.89 nach „I“ liefert:
Pel 14.700.000
I=√ =√ = 2,9 kA.
3 · U · cos φ 3 · 3610 · 0,8

Abb. 5.52 Phasenverschiebung


kapazitiv zwischen Spannung und
Stromstärke
5.3 Leistungserzeugung 265

Abb. 5.53 Drei-Phasen-


Wechselspannung

Beispiel Drehmoment und Drehfelddrehzahl Synchronmotor


Die AIDAmar verfügt über zwei Synchronmotoren des Typs DTMSZ 3352-16YS. Aus
dem Typenblatt geht hervor:
Ausgangsleistung: 12.500 kW,
Frequenz: 17,46 Hz,
Polpaarzahl: 8.
Wie hoch ist die Drehfelddrehzahl nd des Motors? Lösungsansatz ist Gl. 5.88:
f 17,46
nd = 60 · = 60 · = 131 min−1 .
p 8
Wie hoch ist das abgreifbare mechanische Drehmoment? Lösungsansatz ist Gl. 5.90, aus
Pmech = ω · M
folgt mit

ω = 2 · π · n.
Durch Einsetzen und Umstellen vorstehender Gleichungen ergibt sich:

Pmec 12.500 kW
M= = −1 = 911,2 kNm.
2·π ·n 2 · π · 13160min
sec
min

5.3.5 Brennstoffzellenantrieb

Der Vollständigkeit halber sei hier noch auf den Brennstoffzellenantrieb eingegangen.
Obwohl sich der Brennstoffzellenantrieb bis jetzt noch nicht in der Großschifffahrt
durchsetzen konnte, ist er doch revolutionär für U-Boot-Antriebe. So sind beispielsweise
die U-Boote der Klasse 212A der Deutschen Marine und die Nachfolgeklasse 214 mit
dieser Technologie ausgerüstet. Ferner fährt auf der Alster in Hamburg ein Personen-
schiff mit dieser Antriebsart.
266 5 Antriebsanlagen

Diese Boote der Klasse 212A und 214 setzen auf den Hybridantrieb.
Nach wie vor werden auch diese U-Boote, genau wie alle anderen U-Boote auch,
durch Elektromotoren angetrieben. Der nötige elektrische Strom dazu wird bei herkömm-
lichen U-Booten durch Dieselgeneratoren oder beim Atomantrieb durch Kernspaltung zur
Dampferzeugung für eine Turbine gewonnen.
Bei den genannten U-Booten geschieht dies mithilfe des Hybridantriebs. Hybrid-
antrieb bedeutet, dass zwei oder mehr verschiedene Antriebsarten eingesetzt werden.
In diesen U-Booten kommt daher neben dem herkömmlichen Dieselgeneratorsatz die
Brennstoffzelle als Stromlieferant zum Einsatz.

5.3.5.1 Aufbau und Funktion der Brennstoffzelle


In der Brennstoffzelle läuft der umgekehrte Prozess einer Elektrolyse ab. Die Brennstoff-
zelle kehrt diesen Prozess um und gewinnt aus der Reaktion von Sauerstoff und Wasser-
stoff zu Wasser elektrische Energie [60].
Die eigentliche Zelle besteht aus zwei Elektroden in einem Elektrolyten (z. B. Kali-
lauge). In den beiden Elektroden (Anode und Kathode) werden die sogenannten
Reaktanten Wasserstoff (anodenseitig) und Sauerstoff (kathodenseitig) kontinuierlich aus
Speichern im Boot zugeführt, solange der Prozess läuft.
Je nach Brennstoffzellentyp können als Brennstoff auch Methan, Methanol oder
Glukoselösung zum Einsatz kommen. Kathodenseitig kann als Oxidationsmittel auch
Wasserstoffperoxid oder Kaliumthiocyanat eingesetzt werden.
Die beiden Elektroden einer Zelle bestehen aus einem Stoff mit Katalysatoreigen-
schaften, z. B. Platin. Das bedeutet, dass dieser Stoff die abzulaufenden Reaktionen
begünstigt.
Im Elektrolyten wandern die positiv geladenen Wasserstoffionen zur Kathode und
verbinden sich dort mit dem Sauerstoff zu Wasser. An der Kathode entsteht ein posi-
tives Potenzial. Der Elektronenausgleich erfolgt über den Stromkreis über einen
angeschlossenen Verbraucher unter Arbeitsleistung. Abb. 5.54 verdeutlicht den Prozess
der Stromerzeugung in der Brennstoffzelle.
Ablauf der chemischen Reaktion in der Brennstoffzelle mit basischem Elektrolyt
(z. B. Kalilauge) bei den genannten U-Booten:

Reaktionsgleichung Art der Reaktion



Anode (Minuspol) 2 H2 + 4 OH → 4 H2 O + 4 e− Oxidation/Elektronenabgabe
Kathode (Pluspol) O2 + 2 H2 O + 4 e− → 4 OH− Reduktion/Elektronenaufnahme
Gesamtreaktion 2 H 2 + O 2 → 2 H2 O Redoxreaktion/Zellreaktion

Der Brennstoff, hier H2, wird an der Anode katalytisch unter Abgabe von Elektronen
oxidiert und dabei in Ionen (H+) umgewandelt. Die Elektronen werden aus der Brenn-
stoffzelle abgeleitet und fließen über einen elektrischen Verbraucher (zum Beispiel
ein Ladegerät für Akkus oder Antriebsmotor) zur Kathode. An der Kathode wird das
5.3 Leistungserzeugung 267

elektrischer Strom

– – – –
– –
– –
2

– –
2
+ +
H+
Wasser H2O
+ +

Anode Elektrolyt Kathode

Abb. 5.54 Prinzip Brennstoffzelle. (Grafik: Patrick Schnabel, www.elektronik-kompendium.de)

Oxidationsmittel, hier O2, durch Aufnahme der Elektronen zu Anionen (O2−) reduziert
und reagiert gleichzeitig mit den durch den Elektrolyten zur Kathode gewanderten Proto-
nen zu Wasser.
Insofern wird in der Brennstoffzelle die im Wasserstoff gespeicherte chemische Ener-
gie in elektrische Energie und Wärmeenergie umgewandelt. Die Brennstoffenergie wird
bei der Verbrennung des Brennstoffs als Reaktionswärme frei; pro Mol Wasserstoff wird
eine Energiemenge von etwa 286 kJ freigesetzt. Dieser Wert wird als Reaktionsenthalpie
ΔH oder bei konstantem Druck und T = 298,15 K als Heizwert bezeichnet.
2 H2 + O2 → 2 H2 O �H0 = 285,8 kJ/mol
Der Wirkungsgrad dieser Brennstoffzellen ist im Vergleich zum Dieselgenerator sehr
hoch. Er beträgt ca. 65 %. Gute Dieselgeneratoren haben bestenfalls einen Wirkungsgrad
von ca. 30 %.
Die gelieferte Spannung liegt bei der H2-O2-Zelle theoretisch bei 1,23 V und einer
Leistungsabgabe von 0,1 W ∕ cm2 Elektrodenfläche [20, S. 148] bei einer Temperatur von
25 °C. In der Praxis werden jedoch nur Spannungen von 0,5–1 V erreicht („elektroni-
sche Reibungsverluste“): Die Spannung ist vom Brennstoff, der Reinheit der Reaktanten,
von der Qualität der Zelle und von der Temperatur abhängig. Um eine höhere Spannung
zu erhalten, müssen daher mehrere Zellen zu einemStack (engl. für „Stapel“) in Reihe
geschaltet werden.
Die theoretisch maximal erreichbare Zellspannung UΔH errechnet sich als Quotient
aus dem Brenn- oder Heizwert des Brennstoffs, der Faraday-Konstante (Produkt aus
268 5 Antriebsanlagen

Avogadro-Zahl [NA = 6,023 · 1023 1/mol] und Elementarladung [e = 1,6 · 10−19 C])
und den ausgetauschten Elektronen:
H
UH = − . (5.93)
n·F
Für die Brennstoffzelle auf U 212A:

Wasserstoff: n = 2 freie Elektronen,


ΔHo = −285,8 kJ/mol; �Hu = −241,8 kJ/mol,
F = 96.485 C/mol.

Daraus folgt für UHo = 1,48 V, für UHu = 1,25 V.

Unterscheidung oberer und unterer Heizwert (Ho bzw. Hu)


Der obere Heizwert Ho ist ein Maß für die spezifisch je Bemessungseinheit in
einem Stoff enthaltene thermische Energie. Er gibt die chemisch gebundene Energie
(Reaktionsenthalpie) an, die bei der Verbrennung und anschließender Abkühlung der
Verbrennungsgase auf 25 °C sowie deren Kondensation freigesetzt wird.
Ho berücksichtigt sowohl die notwendige Energie zum Aufheizen der Verbrennungs-
luft und der Abgase als auch die Kondensationsenthalpie der bei der Abkühlung konden-
sierenden Flüssigkeiten, insbesondere des bei der Verbrennung von wasserstoffhaltigen
Brennstoffen entstehenden Wassers. Im Gegensatz dazu bezeichnet der untere Heizwert
Hu die Energie, die bei der Verbrennung und anschließenden Abkühlung auf die Aus-
gangstemperatur des brennbaren Gemisches frei wird, wobei das Verbrennungswasser
noch gasförmig vorliegt. Der Heizwert von wasserreichen Brennstoffen ist deshalb deut-
lich geringer als deren Brennwert, und zwar um den Betrag der Kondensationsenthalpie
des vorliegenden Wasserdampfes.
Die von der Brennstoffzelle gelieferte Stromstärke berechnet sich aus der sog. Strom-
dichte. Diese ist der Quotient aus der Stromstärke I und der aktiven Elektrodenfläche A:

j = I/A (A/cm2 ), (5.94)


in der Praxis etwa 0,8 A ∕ cm2.

5.3.5.2 Vorzüge des Brennstoffzellenantriebs für U-Boote


Diese Art der Energiegewinnung für den Antrieb bietet große Vorteile in der
U-Boot-Technologie. Im Vergleich zum Dieselaggregat ist der Geräuschpegel erheblich
geringer sowie auch die Wärmeabstrahlung, die sonst durch Dieselgeneratoren entsteht.
Hierdurch wird die Ortung eines solchen U-Bootes um ein Vielfaches schwieriger. Hierzu
trägt auch bei, dass bei dieser Art der Energiegewinnung als einziges Abfallprodukt reines
Wasser entsteht und keine feststellbaren Rückstände (sog. Signaturreduzierung).
Des Weiteren bietet der Hybridantrieb den Vorteil, dass die Tauchzeiten deutlich
länger ausfallen können als bei herkömmlichen U-Boot-Antrieben. Dieselmotoren
5.3 Leistungserzeugung 269

benötigen Luftsauerstoff zum Betrieb, sodass diese Boote öfters zu sogenannten


Schnorchelzeiten näher an die Oberfläche kommen müssen, um diesen aufzunehmen.
Die U-Boote der Klasse 212A führen reinen Sauerstoff und Wasserstoff für die Brenn-
stoffzellen in Tanks mit, mit dem sie von der Außenluftzufuhr unabhängig sind.
Da beim Betrieb der Brennstoffzelle reines Wasser emittiert wird, ist dieser Antrieb
besonders umweltfreundlich. Dies gilt insbesondere gegenüber dem Atomantrieb, bei
dem radioaktiver Abfall entsteht, der einen hohen sicherheitstechnischen Aufwand in
der Entsorgung und im Betrieb erfordert. Hinzu kommen der hohe Platzbedarf sowie die
erhebliche Geräuschabstrahlung bei der Kühlung der Reaktoren. Durch die Wärme- und
Geräuschabstrahlung und ihre Größe aufgrund des Platzbedarfes sind Atom-U-Boote
zudem sehr viel leichter zu orten.
Um die Leistungsfähigkeit der neuen U-Boote der Klasse 212A voll auszunutzen,
sind sie für einen eventuellen Spurt bei Überwasser- bzw. Schnorchelfahrt zusätzlich mit
einem Dieselgenerator ausgestattet, der die Fahrbatterie speist und bei Bedarf wieder
auflädt [60].

5.3.5.3 Zukunft des Brennstoffzelleneinsatzes in der Schifffahrt


Langfristig angelegte Schiffbauforschung befasst sich bereits intensiv mit dem Thema
Brennstoffzelle. Unternehmen der Schiffbauindustrie und Hochschulen arbeiten im
„Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie“ (NIP)
an der Kraftstoff- und Antriebstechnologie von übermorgen. Mit dem Verbundvorhaben
„e4ships – Brennstoffzellen im maritimen Einsatz“ wird einerseits der emissionsfreie
Schiffsbetrieb der Zukunft vorbereitet, aber auch praxistaugliche, modulare Lösungen
für die Bordstromversorgung und den Hafenbetrieb der Gegenwart werden entwickelt.
Aufbauend auf den Erfolgen der Demoprojekte Pa-X-ell (Fahrgastschiffe) und SchiBZ
(Frachtschiffe) werden nun im neuen Projekt Rivercell Hybridantriebe, bestehend aus
Gasverbrennungsmotor, Brennstoffzelle, Solarzellen und Energiespeicher, für Fluss-
kreuzfahrtschiffe entwickelt [22, S. 72 f.].
Außer bei den U-Booten der Klasse 212A und 214 hat sich die Brennstoffzelle –
gerade in der Schifffahrt –, von Einzelvorhaben abgesehen, noch nicht durchsetzen kön-
nen: Auf der Hamburger Alster verkehrt seit 2007 ein Fahrgastschiff für 100 Passagiere,
das durch Strom (ca. 100 kW) aus Brennstoffzellen angetrieben wird. Die Kosten der
Brennstoffzellen betrugen 3 Mio. €, das komplette Schiff kostete 5 Mio. €.
Wasserstoffbetriebene Hochseeschiffe befinden sich verschiedentlich in der
Erprobung. So ist beispielsweise die norwegische Viking Lady, ein Versorgungsschiff,
im Jahr 2009 zusätzlich zum dieselelektrischen Antrieb mit einer Brennstoffzelle aus-
gerüstet worden [61].

Beispielaufgabe Brennstoffzelle
Eine einzelne Brennstoffzelle liefert eine Nennspannung von 0,8 V und eine Strom-
stärke von 1,0 A. Für die Versorgung eines Ladegeräts für einen Batterieblock wird
eine Leistung von 100 W bei einer Betriebsspannung von etwa 25 V benötigt.
Wie viele Zellen benötigt man und wie muss man sie schalten?
270 5 Antriebsanlagen

Lösung: Anzahl der Zellen n: Bei Reihenschaltung von Spannungsquellen (Abb. 5.55)
gilt
Uges = U1 + U2 + · · · + Un . (5.95)
Somit
Uges 25 V
n= = = 32 Zellen. (5.96)
Ui 0,8 V
Um die Ladespannung von 25 V zu erzielen, müssen 32 Zellen in Reihe geschaltet
werden. Diese liefern aber nur 1 A Strom. Um die erforderliche Leistung von 100 W
für das Ladegerät zu erreichen, folgt aus der Beziehung von Leistung, Stromstärke
und Spannung
U
P= (5.97)
I
und durch Umstellen nach I:
P 100 VA
I= = = 4 A.
U 25 V
Da eine Zelle nur einen Strom von 1 A liefert, müssen 4 Packs zu je 32 in Reihe
geschalteten Zellen parallel geschaltet werden (bei Parallelschaltung von Spannungs-
quellen addiert sich die Stromstärke! – Abb. 5.56).
Für den Betrieb eines Brennstoffzellensystems werden in einem Wasserstofftank
5000 L H2 bei 250 bar mitgeführt. Wie viel Energie ist im Tank gespeichert?

Abb. 5.55 Reihenschaltung


von Gleichspannungsquellen

U1 U2 U3

Abb. 5.56 Parallel- und


Reihenschaltung von
Gleichspannungsquellen

Iges
5.3 Leistungserzeugung 271

Lösung: Wasserstoff hat einen unteren Heizwert von 10,8 MJ ∕ Nm3.59 Ein Liter
Wasserstoff von 1 bar hat insofern einen Heizwert von 10,8 kJ bei 0 °C.
Ein Liter H2 von 250 bar hat somit den 250-fachen Betrag an Energieinhalt:
10,8 kJ · 250 = 2,70 MJ.
Da der Tank 5000 L des komprimierten Wasserstoffs enthält, gilt für die gesamte im
Tank gespeicherte und somit nutzbare Energie:
E = 5000 · 2,70 MJ = 13,5 GJ.

5.3.6 Segelantrieb

Der Vollständigkeit halber soll hier auch noch auf den Wind als Antrieb eingegangen
werden. Neben dem Segelsport mit Jachten und Jollen sind auch heute noch Großsegler
in Fahrt, vielfach als Traditionssegler, aber auch insbesondere bei den Marinen der Welt
zu Ausbildungs- und Repräsentationszwecken (so bei der Deutschen Marine die Gorch
Fock).
Dass Rückenwind schiebt, ist eine altbekannte Tatsache, die ein jeder beim Radfahren
selber spüren kann. Nach diesem Prinzip wird ein Segelschiff oder auch ein Segelboot
vorgetrieben, wenn der Wind direkt von achtern kommt. Dieser Effekt ist auch noch der
vorherrschende auf Raumschotkursen, also wenn der Wind schräg von achtern einfällt
(s. a. Abb. 5.57).
Die Segel setzen dem Wind einen Widerstand entgegen. Die Luftströmung wird
abgebremst und unterbrochen. Je größer die Widerstandsfläche – also die Segelfläche –
ist, umso mehr Luftmasse wird abgebremst, umso größer ist der Schub für den Vortrieb.
Die optimale Form zum Aufbau eines entsprechenden Staudrucks ist eine hohle Halb-
kugel. Daher sind spezielle Vorm-Wind-Segel, wie Rahsegel bei Großseglern (Abb. 5.58)
oder Spinnaker auf Jollen von ihrem Profil her sehr „bauchig“ genäht.
Jedoch segeln Großsegler wie auch Jachten und Jollen nicht ausschließlich auf Raum-
schotkursen (vor dem Wind und raumer Wind), sondern auch auf Kursen, bei denen der
Wind mehr oder weniger in einem Winkel von 90° zur Längsschiffsachse auftritt (halber
Wind) oder gar schräg von vorne einfällt (am Wind). Für alle Kurse ab halber Wind und
vorlicher sind Rahsegel nicht geeignet. Hierfür sind Segel erforderlich, denen das Prinzip
„Vortrieb durch Auftrieb“ zugrunde liegt. Diese Segel sind vom Profil her geschnitten
wie der Tragflügel eines Flugzeugs (s. Abb. 5.59) und werden Schratsegel genannt.
Derartige Segel werden auf den besagten Kursen als umströmtes Profil betrachtet.
Das Segel erzeugt nach dem bernoullischen Prinzip eine Auftriebskraft. Diese Auftriebs-
kraft entsteht durch einen Unterdruck auf der Oberseite bzw. beim Segel auf der Leeseite

59Das Normvolumen wird bezogen auf den physikalischen Normzustand: 273,15 K = 0 ◦ C und
p = 1,01325 bar.
272 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.57 Kurse zum Wind

am Wind

halber Wind

raumer Wind

vor dem Wind

Abb. 5.58 Pinta – Schiff des


Christoph Kolumbus

Abb. 5.59 Schratsegel


5.3 Leistungserzeugung 273

Abb. 5.60 Kräfte am Segel FA FAb-

FV

Wind

des Profils und einen Überdruck auf der Unterseite bzw. Luvseite. Der Druckunterschied
basiert auf der durch die Wölbung auf der Leeseite höheren Luftgeschwindigkeit als auf
der Luvseite. Für inkompressible Medien gilt nach Bernoulli:
2
vLee pLee v2 pLuv
+ = konstant = Luv + (5.98)
2 ρ 2 ρ
mit
v Strömungsgeschwindigkeit der Luft am Profil,60
p Druck auf den Profilseiten,
ρ Dichte der Luft.
Wenn vLee > vLuv muss demnach pLuv > pLee sein, wodurch der Auftrieb FA erzeugt wird.
Insofern bewirkt die Druckdifferenz p = pLuv − pLee – die aufgrund der unterschied-
lichen Strömungsgeschwindigkeiten auf den beiden Segelseiten entsteht – diese Auf-
triebskraft.
Durch Vektorzerlegung folgt aus der Auftriebskraft FA eine Kraft, die das Segelfahr-
zeug seitlich versetzt – Abdrift (FAbdrift) genannt – und die Vortriebskraft FV (s. Abb. 5.60).
Der Abdrift wirkt am Unterwasserschiff eine Kraft entgegen, die den seitlichen Ver-
satz des Seglers auf etwa 4° reduziert.
Der Vortriebskraft FV wirkt die Reibungskraft FR an Rumpf und Takelage entgegen (s.
Abschn. 5.2). Folgende Zustände sind am Segelschiff zu betrachten:

a) Segelschiff befindet sich noch gerade in Ruhe, hat die Geschwindigkeit v = 0; die
Segelkraft (Vortriebskraft) ist maximal:

FV

60Windgeschwindigkeiten nach der Beaufort-Skala s. Anhang 13.


274 5 Antriebsanlagen

b) Segelschiff wird beschleunigt, leichter Reibungswiderstand FR:



FV
 
Fres FR

c) Beschleunigung nimmt ab, Schiff nähert sich seiner max. Geschwindigkeit, Reibungs-
kraft nimmt weiter zu:

FV


 FR
Fres

d) Vortriebs- und Reibungskraft sind gleich groß, Segler hat seine maximale
Geschwindigkeit erreicht (stationärer Zustand):

Fres = FV - FR = 0

FV

FR

Die Windkraft wird über das Rigg auf den Schiffsrumpf übertragen. Unter dem Rigg
eines Seglers wird die Gesamtheit der Takelage mit Masten, Rahen, Segeln, laufendem
Gut (Schoten und Fallen etc.) und stehendem Gut (Wanten, Pardunen, Stage) etc. ver-
standen.
Einen Überblick über die Takelungsarten von Großseglern, Jachten und Jollen gibt
Anlage 14.
Die Auslegung und Gestaltung eines Riggs mit Materialauswahl und Lastannahmen
für Großsegler kann, soweit der Kunde keine anderen Anforderungen stellt, z. B. nach
den Bauvorschriften des ehemaligen GL in „Klassifikations- und Bauvorschriften – I
Schiffstechnik, 4 Riggtechnik, 1 Großsegler-Riggs“ durchgeführt werden. Mit der fol-
genden Beispielaufgabe soll die Anwendung dieser Bauvorschrift an den Riggdetails
Rah und Hangerkette verdeutlicht werden.

Beispielaufgabe „Rigg“
An einer Dreimastbark müssen die Großrah und ihre Hangerkette ersetzt werden. Die
Großrah hat eine Länge von 24 m und ist fest (also nicht heb- und senkbar) am Mast
angeschlagen. Welche Maße muss die Rah haben und welche Kette ist für die Hanger-
kette zu wählen?
5.3 Leistungserzeugung 275

Lösung: Die Abmessungen der Rahen sind der Tab. 1.4 der genannten Bauvorschrift
zu entnehmen – Auszug:

Länge In der Mitte Bei dem 1. Bei dem 2. Bei dem 3. An den
Viertel Viertel Viertel Nocken
Durch- Dicke Durch- Dicke Durch- Dicke Durch- Dicke Durch- Dicke
messer messer messer messer messer
m mm mm mm mm mm mm mm mm mm mm
24 480 8,5 470 8,0 430 7,5 360 6,5 240 5,0

Die Befestigung einer festen Rah ist in Abb. 5.61 und in der Abb. 1.12 der genannten
Bauvorschrift zu sehen.

Die Hangerkette wie auch die Hangerstange dienen zur Aufnahme der vertikalen Kraft
(Eigengewicht und Segelwinddruckkomponente), die auf die Rah wirkt. Sie leitet diese
Kraft in den Mast bzw. in die Stenge weiter. Die anzunehmende Belastung der Hanger-
kette ist der Tab. 1.5 der Bauvorschrift zu entnehmen – Auszug:

Hangerkette

Hangerstange
mit Hangerkette

Abb. 5.61 Aufhängung Rahen am Mast


276 5 Antriebsanlagen

Länge der Rah Belastung der Hangerkette


(m) (kN)
… …
24 65,8
… …

Für die Hangerkette ist somit eine Kette mit einer Mindestbruchlast von 65,8 kN zu wäh-
len, wobei eine Stahlkette mit einer Zugfestigkeit von 400–490 N ∕ mm2 zugrunde gelegt
werden soll (vgl. Zif. 1.1 der genannten Bauvorschrift). Hier käme z. B. eine Rundstahl-
kette nach DIN 766 mit einer Nenndicke von >13 mm zum Einsatz.61

Beispielaufgabe „Vortriebskraft“
Die Gorch Fock segelt auf einem Vor-Wind-Kurs mit maximaler Geschwindigkeit.
Wie groß ist die Segelkraft bzw. Vortriebskraft in horizontaler Richtung, die das
Schiff erfährt?

Daten:
Länge Wasserlinie (LWL): 70,4 m,
Breite: 12 m,
Tiefgang: 5,35 m,
max. Geschwindigkeit: 18 kn = 33 km ∕ h (unter Segel),
Anzahl Segel: 23,
Gesamtsegelfläche: 2037 m2.
Lösung: Die Gorch Fock befindet sich laut Aufgabenstellung im oben beschriebenen
stationären Zustand, in dem Segelkraft bzw. die Vortriebskraft und Reibungskraft den
gleichen Betrag haben und direkt entgegengerichtet sind:
FV = FR .
Zur Ermittlung der Widerstandskraft werden hier sehr vereinfachende Annahmen
getroffen; zur detaillierten Berechnung des Gesamtwiderstandes auf das System
Schiff wird auf Abschn. 5.2 verwiesen. Festzuhalten ist an dieser Stelle aber, dass
hinsichtlich der Widerstandskraft das Überwasserschiff in der Regel vernachlässig-
bar ist, da die Dichte der Luft überschlägig drei Zehnerpotenzen niedriger ist als die
von Meerwasser. Allerdings hat ein Segelschiff aufgrund seiner strömungsdynamisch
ungünstigeren Eigenschaften des Überwasserschiffs durch seine Takelage gegenüber
Passagierschiffen einen doch höheren Luftwiderstand, der bei der überschlägigen
Annahme des cw -Wertes berücksichtigt wird. Ferner verfügt die Gorch Fock nicht

61Siehe z. B. Fa. Ketten-Fuchs [78].


5.4 Leistungsübertragung 277

über einen Wulstbug, der die strömungstechnischen Eigenschaften des Unterwasser-


schiffs positiv beeinflussen würde.
Die Reibungskraft errechnet sich nach Gl. 5.1 (s. Abschn. 5.2):
1
FR = · ρ · v2 · A · cw .
2
Mit

ρ = 1,025 kg/L (überschlägige Dichte von Meerwasser bei 25 °C),


v = vmax unter Segeln = 22 km ∕ h,
A= 12 m · 5,35 m = 64,2 m2 (projizierte Querschnittsfläche bzw. Hauptspantfläche),
cw = 0,4 (überschlägig angenommen)

folgt insofern

sec  2
 
kg 22.000 m 
FR = 0,5 · 1025 3 · 64,2 m2 · 0,4 · : 3600 ,
m h h
FR = 491.507 kg/m sec2 = 491,507 kN.

Da die Vortriebskraft im stationären Zustand gleich der Widerstandskraft ist, also


FV = FR, ergibt sich somit eine Vortriebskraft von FV = 491,507 kN, die über das
Rigg auf das Schiff übertragen wird. Um die horizontale Vortriebskraft für die jewei-
ligen Segel zu bestimmen, müssen sie mit ihren jeweiligen prozentualen Flächen-
anteilen an der Gesamtsegelfläche berücksichtigt werden.
Annahme: Die Segelfläche des Großsegels der Gorch Fock betrage 6 % der Gesamt-
segelfläche. Insofern wirken 6 % der gesamten Vortriebskraft auf das Großsegel, also
etwa 30 kN.
Dies ist aber wiederum nur eine vereinfachende Annahme, da hierbei
Abschattungen der vorderen Segel durch die achterlichen nicht berücksichtigt werden.

5.4 Leistungsübertragung

Die durch Verbrennungsmotor oder Turbine oder Elektromotor erzeugte Energie wird ent-
weder direkt über eine Welle dem Schiffspropeller als eigentlichem Antriebsorgan oder über
ein Getriebe zugeführt. Die Welle wird durch das Stevenrohr aus dem Schiffsrumpf nach
außen geführt. Die Stevenrohrabdichtung (s. auch Abb. 5.75 und Abschn. 5.4.4) verhindert,
dass an dieser Wellendurchführung Wasser in den Rumpf eindringt.
Der Wasserstrahlantrieb (Abb. 5.62) wird hier nicht näher betrachtet. Er kommt
für schnelle Fahrzeuge zum Einsatz (Sportboote, Jetski, Behörden- und Lotsenfahr-
zeuge). An dieser Stelle nur so viel: Es handelt sich um einen Antrieb, bei dem das Was-
ser durch eine Ansaugöffnung im Rumpfboden zu einer Pumpe mit axialem Durchfluss
278 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.62 Prinzip Wasserstrahlantrieb. (Aus: [16]/Grafik: Brückler)

geführt wird. Diese Pumpe beschleunigt das Wasser auf eine um ein Vielfaches höhere
Geschwindigkeit als die Einlaufgeschwindigkeit. Das Wasser wird durch eine Düse
ausgestoßen, wodurch der Vorschub erreicht wird. Das Vortriebsprinzip ähnelt dem der
Strahldüse eines Raketenantriebs. Durch Drehen der Düse wird das Fahrzeug gesteuert
und auch die Fahrtrichtung von vorwärts auf achteraus geändert (s. a. Abb. 5.63).
Der Voith-Schneider-Propeller besteht aus einer horizontal im Schiffsboden drehbar
eingebauten runden Scheibe, an der vier bis sechs senkrecht stehende Spatenflügel dreh-
bar gelagert sind (Abb. 5.64). Durch eine Exentersteuerung werden die Anstellwinkel
dieser tragflügelförmigen Spatenflügel bei Drehung der Scheibe permanent so ver-
stellt, dass durch die an diesen Flügeln auftretenden Auftriebskräfte das Fahrzeug in die
gewünschte Richtung bewegt wird. So kann bei gleichem Drehsinn der Kreisscheibe in
alle Richtungen manövriert werden (Anwendung: Schlepper, Fähren, Arbeitsschiffe und
Ähnliche).

5.4.1 Direktantrieb

Beim Direktantrieb wird die Antriebsleistung der Antriebsmaschine direkt über eine
starre Welle, die durch das sog. Stevenrohr nach außenbords geführt wird, auf den Pro-
5.4 Leistungsübertragung 279

Abb. 5.63 Wasserstrahlantrieb


mit Umlenkblechen
(Deflektorkappen). (Bild:
Doclecter; CC BY-SA 3.0)

Abb. 5.64 Voith-Schneider-


Antrieb. (Bild: Voith AG,
Heidenheim)

peller übertragen. Diese Antriebsart findet in der Regel bei sog. „Langsamläufern“ –
Antriebsdiesel mit Drehzahlen zwischen 60 min−1 und 250 min−1 – Anwendung.
Die Drehrichtung des Propellers kann, z. B. für die Rückwärtsfahrt, hier nur durch die
Umsteuerung des Motors verändert werden. Der Motor muss dann aus der Vorausfahrt
gestoppt, durch Verschieben der Nockenwelle umgesteuert und für die Rückwärtsfahrt
neu angelassen werden.
280 5 Antriebsanlagen

Eine weitere Möglichkeit zur Geschwindigkeits- und Fahrtrichtungsänderung besteht


im Einsatz eines Verstellpropellers: Zur Veränderung der Schiffsgeschwindigkeit sowie
für die Voraus- bzw. Rückwärtsfahrt wird der Anstellwinkel (Steigung, engl. „pitch“) der
einzelnen Propellerflügel verändert. Der Motor dreht dabei mit konstanter Drehzahl.
Die Welle wird in der Regel direkt mittels einer elastischen Kupplung an der Kurbel-
welle des Motors angeflanscht.
Sogenannte Mittelschnellläufer-4-Takt-Dieselmotoren mit einem Drehzahlbereich
bis 1200 min−1 werden vorrangig auf kleineren bis mittleren Frachtschiffen, Passagier-
schiffen sowie im Marineschiffbau eingesetzt.
Schnellläufer mit Drehzahlen > 2000 min−1 findet man im Bereich der Binnenschiff-
fahrt und in der Sport- und Freizeitschifffahrt. Diese Drehzahlbereiche erfordern eine
Getriebeuntersetzung häufig auch in Verbindung mit Verstellpropellern.

5.4.2 Propeller

5.4.2.1 Allgemeine Grundlagen
Die durch die Antriebsmaschine erzeugte Rotationsenergie wird über die Welle auf den
Schiffspropeller übertragen, der diese Energie zum Großteil in Vorschub umwandelt
[20, S. 851 f.]. Ein Schiffspropeller hat heute zwischen drei und – bei besonders kavi-
tations- und somit geräuscharmen Propellern – bis zu sieben Flügel. Die Flügelform ist
strömungsgünstig gestaltet.
Im Folgenden werden grundlegende Aspekte zur Propellertheorie aufgezeigt, die im
Wesentlichen für alle gängigen Propellerarten Gültigkeit besitzen. Da der Festpropeller
(s. Abb. 5.65) nach wie vor der gebräuchlichste Propeller ist, wird er auch für die folgen-
den Ausführungen herangezogen.

Abb. 5.65 Rechtsdrehender


Propeller
5.4 Leistungsübertragung 281

Abb. 5.66 Verstellpropeller

Hinsichtlich der von den allgemeingültigen Ansätzen der Propellertheorien


abweichenden Besonderheiten anderer Propellerarten (z. B. Voith-Schneider, Verstell-
propeller, Jetantrieb) wird auf weiterführende Literatur verwiesen.
In der Propellertheorie62 wird nachgewiesen, dass ein Schiffspropeller auf der vorde-
ren Seite das Wasser ansaugt und auf der rückwärtigen wegstößt. Nach den Gesetzen der
Hydrodynamik (bernoullische Gleichung) entsteht dabei auf der Vorderseite ein Unter-
druck und auf der Rückseite ein Überdruck. Der Unterdruck „saugt“ Propeller und Schiff
nach vorn, der Überdruck drückt es in die gleiche Richtung. Die Saugseite leistet etwa
60 %, die Druckseite ca. 40 % der Vortriebsarbeit.
Der Schub T hängt von der Drehzahl ab. Bei Schiffen mit Direktantrieb wird die
Änderung der Propellerdrehzahl mit einer Änderung der Motordrehzahl erreicht. Auch
die Umsteuerung von vorwärts auf achteraus kann nur durch Drehrichtungsumkehr des
Motors erreicht werden, soweit die Propellerwelle direkt an der Kurbelwelle des Motors
angeflanscht ist und kein Wendegetriebe verwendet wird. Wegen der großen Massen, die
sich im Motor bewegen, geht dies alles nur mit zeitlicher Verzögerung nach Ansteuerung
über den Maschinentelegrafen.
Dieser Nachteil kann mit dem bereits genannten Verstellpropeller vermieden
­werden.63 Die Propellerflügel sind so an der Propellernabe gelagert, dass durch Servo-
motoren die Steigung der Flügel verändert werden kann (Abb. 5.66 und 5.67); damit
ändert sich die vortreibende Kraft. Motor und Propeller behalten somit immer die

62Dazu vertiefend [19, 77].


63So z. B. auch bei den Fregatten der Kl. F 124 der Deutschen Marine.
282 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.67 Modell einer Verstellpropelleranlage

g­ leiche optimale Drehzahl. Für Fahrt achteraus werden die Flügel soweit verstellt, dass
sich ihre Steigung umkehrt [20, S. 850 ff.].

5.4.2.2 Der Radeffekt
Durch den Drehsinn des Propellers kommt es bei der symmetrischen Bauweise des
Schiffshecks insbesondere bei Einschraubenschiffen durch den sog. Radeffekt zu einem
unsymmetrischen Strömungsverlauf im Bereich des Propellers. Das heißt, dass das
Heck die Tendenz hat, in Drehrichtung des Propellers auszuwandern (Abb. 5.68). Ist
dieser Effekt bei Vorwärtsfahrt noch relativ unbedeutend und kaum spürbar, macht er

Abb. 5.68 Radeffekt bei


Achterausfahrt
5.4 Leistungsübertragung 283

sich doch bei Achterausfahrt bemerkbar, da eine Anströmung des Ruderblatts durch den
Schraubenstrahl kaum gegeben ist, der aber für die Ruderwirkung begünstigend ist.
Dieser Effekt wird jedoch bei Anlegemanövern ausgenutzt: Dreht der Propeller zum
Aufstoppen des Schiffes beispielsweise nach rechts, also von achtern gesehen im Uhr-
zeigersinn, wird das Heck nach Steuerbord versetzt. Insofern wäre für dieses Schiff die
Steuerbordseite die „Schokoladenseite“ zum Anlegen (vgl. Abb. 5.68).
Versuchsweise hat man, um diesen Radeffekt zu vermeiden, das Heck von Schiffen
asymmetrisch gestaltet, um, unter Berücksichtigung des Drehsinns des Propellers, einen
symmetrischen Zustrom des Wassers zu erreichen. Wie gesagt, es hat Versuche gegeben;
durchgesetzt hat sich das asymmetrische Heck allgemein nicht, da bei Vorausfahrt der
Effekt vernachlässigbar ist und gerade beim Anlegen sogar geschickt genutzt werden
kann.
Weiterhin wird der Radeffekt durch Doppelpropelleranlagen ausgeglichen. Hierbei
laufen der Backbord- und Steuerbordpropeller in entgegengesetzte Richtungen.

5.4.2.3 Wirkungsweise des Propellers


Der Wirkungsweise des Schiffspropellers, dessen Aufgabe darin besteht, eine Dreh-
leistung in Schubleistung umzusetzen, liegen diverse Lösungs- bzw. Betrachtungsansätze
zugrunde:64

• Tragflügelbetrachtung: Die Wirkungsweise eines Propellers entspricht der eines Trag-


flügels. Der erzeugte Auftrieb entspricht dabei dem Schub. Das Tragflügelmodell
erklärt die Propellerwirkung an den einzelnen Flügelschnitten [68].
• Froude-Rankine’sche Propellertheorie65 bzw. Strahltheorie [68]: Der Propeller
erzeugt in seiner Drehebene einen Drucksprung, der bewirkt, dass die Strömungs-
geschwindigkeit hinter dem Propeller höher als vor dem Propeller ist. Die damit ein-
hergehende Impulsänderung ergibt den Schub.

5.4.2.4 Kenngrößen
Eine wichtige Größe im Zusammenhang mit Betrachtungen am Propeller ist das
Flächenverhältnis. Es beschreibt die tatsächliche Fläche, die die Flügel beschreiben,
bezogen auf die Propellerkreisfläche A0:
π
A0 = · D2 (5.99)
4
mit D = Durchmesser des Propellers.
Im Zusammenhang mit der Propellergeometrie wird sowohl das projizierte Flächen-
verhältnis AP  ∕A0 benutzt, wobei AP die projizierte Flügelfläche ist, als auch die gestreckte

64Vertiefend zum Folgenden s. a. Meier-Peter in [23, S. 260 ff.].


65Lehmann in [23, S. 892 ff.].
284 5 Antriebsanlagen

bzw. abgewickelte Propellerfläche AE (E für engl. „expanded“ = abgewickelt, gestreckt),


also AE ∕ A0 (üblicher Weise 0,3–1,5).
Die projizierte Fläche ist die auf eine senkrecht zur Propellerachse stehende Ebene
projizierte Fläche aller Flügel (ohne Nabe), also der Schatten der Flügel auf einer senk-
recht dazu stehenden Fläche. Die gestreckte Flügelfläche ist die auf eine senkrecht zur
Propellerachse projizierte Propellerfläche ohne Steigung. Das Flügelblatt ist praktisch
flach auf eine Ebene gelegt worden (vgl. Abb. 5.69).
Eine weitere wichtige Kenngröße des Propellers ist seine Steigung P (engl. „pitch“).
Die Steigung gibt die Strecke an, die ein fester Punkt auf einem Propellerflügel, z. B.
am äußeren Rand eines Blattes, bei einer Umdrehung in einem festen Medium in axia-
ler Richtung zurücklegen würde. Zwischen der Steigung P, dem Radius r und dem
zugehörigen Flügelwinkel bzw. Anstellwinkel des Flügels δ besteht der folgende
Zusammenhang:

P = 2 · π · r · tan δ. (5.100)
Im Wasser ist der tatsächliche Propellerweg allerdings kleiner als der theoretisch mög-
liche. Das Verhältnis dieser Differenz zum theoretisch möglichen Weg wird Slip
genannt; er liegt bei etwa 20 %. Der Slip stellt eine Beziehung zwischen der Drehzahl
der Propellerwelle und somit des Propellers und der Schiffsgeschwindigkeit her. Dem
liegt die vorgenannte Überlegung zugrunde, dass sich der Propeller im Wasser wie eine
Schraube mit Gewinde in einem festen Material (z. B. Holzschraube in Holz) fortbewegt.
So kann man die theoretische Fortschrittsgeschwindigkeitvth als Produkt der Drehzahl
mit der Propellersteigung angeben:
vth = n · P. (5.101)
Das Wasser fließt dem Propeller tatsächlich aber mit einer geringeren Anström-
geschwindigkeit vA, auch tatsächliche Fortschrittsgeschwindigkeit genannt (engl. „speed
of advance“), zu. Setzt man diese beiden Geschwindigkeiten ins Verhältnis, erhält man
den nominellen Slip sR:
vth − vA vA
sR = =1− . (5.102)
vth n·P

Abb. 5.69 Projizierte a b


gestreckte Flügelfläche

projizierte gestreckte
Flügelfläche
5.4 Leistungsübertragung 285

Dieser gibt an, um wie viel Prozent der theoretischen Geschwindigkeit der Propeller
relativ zum Wasser fortschreitet.
Setzt man die theoretische Fortschrittsgeschwindigkeit zur Schiffsgeschwindigkeit vS
ins Verhältnis, erhält man den scheinbaren Slip sA:
vth − vs vs
sA = =1− . (5.103)
vth n·P
Nomineller und scheinbarer Slip sind durch den Nachstrom w miteinander verknüpft:
1 − sR
sA = 1 − . (5.104)
1−w
Werte für den Nachstrom werden den Propeller-Slip-Diagrammen entnommen und expe-
rimentell bestimmt (Beispiel s. Abb. 5.70).
Da sich die Steigungüber den Radius verändert, wird in der Regel als Referenzwert
für die Propellersteigung der Wert bei 0,7 r verwendet und auf den Durchmesser bezogen
(Steigungsverhältnis P ∕ D). Daher bezeichnet P ∕ D das Steigungsverhältnis auf 0,7 r.
Üblicherweise werden für Frachter, Tanker u. ä. Fahrzeuge Steigungsverhältnisse von
0,5–1,5 gewählt.
Ferner ist die Drehzahl von Bedeutung für die Propellergeometrie. Ein Punkt auf
einem Flügelblatt eines Propellers bewegt sich mit der Umfangsgeschwindigkeit vu, die
abhängig ist vom Radius r und der Drehzahl n:
vu = f (r, n) = 2 · r · π · n. (5.105)

15
%

SA
10
w=

%
%
15

10
%
20

%
25

5
%

%
30

35

0
10 15 20 25 30 35 40
SR %

–5

–10

Abb. 5.70 Beispiel eines Propeller-Slip-Diagramms. (Quelle: [18])


286 5 Antriebsanlagen

Allgemein kann bei tragflügelähnlichen Profilen gesagt werden, dass bei niedrigen
Anströmgeschwindigkeiten eine größere Steigung als bei höheren Geschwindigkeiten
gewählt wird. Daher ändert sich auch beim Schiffspropeller die Steigung eines Propeller-
flügels von einem größeren Anstellwinkel an der Nabe hin zu einem geringen Anstell-
winkel am Außendurchmesser des Propellers.
Bezüglich des tragflügelähnlichen Profils des Propellerblattes gilt: Je höher die
Anströmgeschwindigkeit, desto schlanker das Profil. Daher ist das Profil des Propeller-
flügels an der Nabe ausgeprägter und wird nach außen hin schlanker.
Die Flügelzahl z der Schiffsschraube richtet sich nach dem Durchmesser, den
Kavitationseigenschaften66 und dem Schwingungsverhalten des gesamten Vortriebs-
systems und beträgt zwischen z = 2…7 Flügeln (z. B. der geräuscharme Skew-Back-Pro-
peller bei modernen U-Booten).
Zur Abschätzung des erzeugten Schubs wird nach wie vor häufig die klassische
Strahltheorie angewendet. Der Schub wird durch eine Impulsänderung ΔI der bewegten
Wassermasse m erzeugt:

I = m · v. (5.106)
Eine angetriebene Schraube, die sich mit der Geschwindigkeit v frei im Wasser bewegt,
beschleunigt den von ihr erfassten Teil der Strömung um den Betrag Δv (Abb. 5.71).
Nach dem Impulssatz drückt die Schraube mit der Kraft (dem Schub T)

T = ṁ · v (5.107)
(mit ṁ der beschleunigten Masse Wassers in kg ∕ sec) und bewirkt eine Kontraktion des
erfassten Strahls. In der Schraubenebene ist eine Mittelgeschwindigkeit von v + v
2 vor-
handen.
Die Schraube erzeugt ferner einen statischen Drucksprung (Abb. 5.72) der Größe
 
�v
�p = ρ · �v · v + in N/mm2 . (5.108)
2
Der Schub T lässt sich nun wie folgt schreiben:
 
�v
T = A0 · �p = A0 · ρ · �v · v + in N (5.109)
2
mit A0 der Kreisfläche der Schraube.
Die Nutzleistung ist demnach T ⋅ v; andererseits geht die kinetische Energie ṁ · �v2 /2
verloren. So lässt sich der Wirkungsgrad η der Schraube berechnen:
T ·v T ·v v
η= 2
= �v
= . (5.110)
T · v + ṁ · �v /2 T ·v+T · 2
v + �v/2

66Vgl. Abschn. 5.4.2.7.


5.4 Leistungsübertragung 287

Abb. 5.71 Beschleunigung A0


des Wasserstrahls

v+Δv
v

Abb. 5.72 Drucksprung in


Schraubenebene
Δp

Schraubenebene

Zur genaueren Abschätzung der Propellereigenschaften unter Heranziehung der vor-


genannten Betrachtungsweisen bzw. Theorien wären demnach genaue Kenntnisse über
den Widerstand des Schiffs wie auch genauere Angaben zu den Strömungsverhältnissen
am Propeller, insbesondere am einzelnen Propellerflügel, wichtig, die im normalen Bord-
betrieb nicht vorhanden sind. Daher begnügt man sich zur Abschätzung des Propeller-
schubs T in der Praxis mit diversen Faustformeln, z. B.:
T = 1450 · P · ηD /vA . (5.111)
T ist der Schub in Newton, P die Motorleistung in PS, ηD der Propulsionswirkungsgrad
und vA die Fortschrittsgeschwindigkeit des Propellers in Knoten.
Diese Formel eignet sich ausschließlich zur Berechnung des Schubs bei Motornenn-
leistung und der entsprechenden Fahrt des Schiffes. Der statische Schub, der sich zum
Beispiel bei dem sogenannten Pfahlzugversuch ergibt, lässt sich mit dieser Formel nicht
berechnen, da hier durch null dividiert werden müsste (weil das Schiff dabei keine Fahrt
macht und vA insofern null ist). Für diese Fälle existiert die nachfolgende Formel, mit der
die Schubkraft des Propellers annähernd bestimmbar ist:
T = 279 · (P · D/12) · 0,67 (5.112)
mit D dem Propellerdurchmesser in Zoll!
Aus beiden Gleichungen geht deutlich hervor, dass der Schub bei gegebener Motor-
leistung ausschließlich vom Propellerdurchmesser bestimmt wird.
Weiterhin ist folgende Faustformel zur Abschätzung des Schubs gebräuchlich:
P
T =k· . (5.113)
vS
288 5 Antriebsanlagen

In dieser Formel liegt der Faktor k zwischen 1,5 und 2,0 und berücksichtigt den effek-
tiven Nachstrom67 und den Wirkungsgrad des frei fahrenden Propellers sowie die
Umrechnung der Schiffsgeschwindigkeit von m/s in Knoten (1 kn = 0,5144 m/s). Die
Leistung P ist in kW, die Geschwindigkeit des Schiffs vS in kn einzusetzen.
Für die Propulsionsprognose wird der effektive Nachstrom auf die effektive Nach-
stromziffer w reduziert. Zur Bestimmung der effektiven Nachstromziffer wird das Ver-
hältnis der Differenz der Schiffsgeschwindigkeit vS zur Fortschrittsgeschwindigkeit vA
mit eben der Schiffsgeschwindigkeit gebildet [39]:
vS − vA vA
w= =1− . (5.114)
vS vS
Weiterhin sind zur Beschreibung des Schiffspropellers folgende Kennzahlen gebräuch-
lich (mit T in N, auf die Schraube übertragenes Drehmoment Md in Nm und Dichte des
Wassers ρ in kg ∕ m3):

Belastungszahl
T
cs = ρ , (5.115)
2 · v2 · A
Drehmomentzahl
Md
kd = ρ d (5.116)
2 · u2 · A · 2

bzw. auch geschrieben als


Md
kd = (5.117)
ρ · n2 · d 5
mit u der Umfangsgeschwindigkeit des Propellers mit dem Durchmesser d,

Schubzahl

T
ks = ρ . (5.118)
2 · u2 · A0

Ferner sind noch die folgenden allgemeinen Beziehungen zwischen den Kennzahlen
gebräuchlich:

67Der Nachstrom wird als Prozentwert der Schiffsgeschwindigkeit angegeben.


5.4 Leistungsübertragung 289

Wirkungsgrad
2 ks
η= √ =J· , (5.119)
1 + 1 + cs kd

Schubzahl

ks = cs · J 2 . (5.120)
In Gl. 5.120 ist J der sog. Fortschrittsgrad und gibt das Verhältnis zwischen der
Geschwindigkeit der sich frei bewegenden Schraube im Wasser und ihrer Umfangs-
geschwindigkeit an mit n als Drehzahl in 1 ∕ s und D als Propellerdurchmesser:
v v
J= bzw. J = . (5.121)
n·D u

5.4.2.5 Auswahlkriterien für Propeller

a) Propellerzahl Für die Verwendung von zwei – oder vielleicht auch drei oder vier –
Propellern können folgende Gründe sprechen [19, S. 218 ff.]:

• Tiefgangsbeschränkung/hohes Breiten-Tiefgangs-Verhältnis am Hinterschiff,


• ein besserer Schubbelastungsgrad und ein besserer Propellerwirkungsgrad,
• die Verbesserung der Manövrierfähigkeit,
• größere Betriebssicherheit (Ausfall eines Propellers oder Antriebsstranges führt nicht
zur Manövrierunfähigkeit des Schiffs, wichtig insbesondere auch im Kriegsschiffbau;
vgl. z. B. Fregatten der Kl. F 124 der Deutschen Marine mit Doppelwellenanlage),
• größere Kavitationssicherheit,
• Vermeidung der Schwingungserregung.

Gegen die Anordnung von mehreren Propellern können allerdings folgende Aspekte
sprechen:

• ein höherer Leistungsbedarf,


• höhere Herstellungskosten,
• höherer Personalaufwand für Betrieb und Wartung.

b) Flügelzahl Übliche Flügelzahlen werden in der Tab. 5.5 dargestellt.

c) Flächenverhältnis Die Propeller werden mit dem Flächenverhältnis AE /A0 = 0,40 –1,50
gebaut. Typische Werte des Verhältnisses sind in Tab. 5.6 aufgezeigt.
Die Erhöhung des Verhältnisses AE ∕ A0 vermindert zwar die Kavitationsgefahr, gleich-
zeitig aber sinkt der Wirkungsgrad des Propellers. So sinkt er beispielsweise bei einer
Erhöhung des Verhältnisses um 10 % um ca. 1,5–2 %.
290 5 Antriebsanlagen

Tab. 5.5  Übliche Propellerflügelzahlen


Flügelzahl Schiff
2 Segel, kleine Motorboote, Fischkutter
3 In der Regel Doppelschrauber, Küstenmotorschiffe
4 Für Einschrauber der Normalfall
5 Einschrauber, aus Schwingungssicherheitsgründen, Senkung der Kavitations-
belastung (vgl. Abschn. 5.4.2.7)
6 Einschrauber, aus Schwingungssicherheitsgründen, Senkung der Kavitations-
belastung
7 Einschrauber, aus Schwingungssicherheitsgründen, Senkung der Kavitations-
belastung, Senkung der Geräuschsignatur (z. B. U 212A der Deutschen Marine)

Tab. 5.6  Übliche Flächenverhältnis Schiff


Propellerflächenverhältnisse
0,55…0,65 Frachtschiffe
0,6…0,7 Schlepper
0,9…1,4 Schnelle Schiffe

d) Steigungsverhältnis Der folgende Zusammenhang kann in einer ersten Entwurfs-


phase für einen Propeller unter Zugrundelegung des Steigungsverhältnisses P ∕ D genutzt
werden:
u P
· ≈ 5. (5.122)
vA D
In Gl. 5.122 sind u die Umfangsgeschwindigkeit des Propellers auf dem Bezugsradius
bzw. mittleren Radius = r/R = 0,7 und vA die Fortschrittsgeschwindigkeit.

5.4.2.6 Anpassung des Motors und des Antriebs


Bei der Verwendung von Festpropellern müssen Schiff, Motor und Propeller sorgfältig auf-
einander abgestimmt sein. Das heißt, dass die Drehzahl des Propellers so gewählt werden
muss, dass die vorgesehene Motorleistung für die vorgesehene Schiffsgeschwindigkeit
effektiv genutzt werden kann. Bei der direkten Übertragung der Motorleistung auf den Pro-
peller ist daher Drehzahl der Motorwelle = Drehzahl Propeller. Außerdem ist darauf zu ach-
ten, dass das von der Maschine abzugebende Drehmoment Md unter Berücksichtigung der
Reibungsverluste an der Welle dem am Propeller entgegenwirkenden hydrodynamischen
Drehmoment Qd gleich ist: Md = Qd.
Das hydrodynamische Moment wird aus der Definition des Drehmomentenbeiwertes
KQ berechnet:

Qd = KQ · ρ · n2 · D5 , (5.123)
5.4 Leistungsübertragung 291

wobei KQ vom Fortschrittsgrad J und von der Propellersteigung P ∕ D abhängig ist. Das
von der Maschine abzugebende Drehmoment kann in der gleichen Form dargestellt wer-
den:

Md = KQ′ · ρ · n2 · D5 , (5.124)

wobei der Beiwert K′Q nur von der Drehzahl abhängig ist. Für Frachtschiffe ist die
Abhängigkeit der Drehzahl von der Schiffsgeschwindigkeit in gewissen Bereichen in der
Regel linear (vgl. Abb. 5.73):
vS = c1 · n (5.125)
mit c1 = Steigung der Geraden.
Deshalb ändern sich der Fortschrittsgrad J = vS /(n · D) und der Drehmomenten-
beiwert KQ bei konstanter Steigung P ∕ D kaum. Als Folge ist die vom Propeller auf-
genommene Leistung PD proportional der Drehzahl n mit der dritten Potenz:

PD = 2 · π · n · Qd = 2 · π · KQ · ρ · n3 · D5 = c2 · n3 . (5.126)
In Gl. 5.126 ist ρ die Dichte des Wassers in kg ∕ m3; der Term 2 · π · n · KQ · ρ · D5 wird
mit c2 bezeichnet.

5.4.2.7 Kavitation
Jeder Stoff kann in Abhängigkeit von Druck und Temperatur in allen drei Aggregat-
zuständen auftreten [9, S. 215 ff.]. Für die Fluidenergiemaschine „Schiffspropeller“ sind
nur der flüssige und dampfförmige Zustand von Bedeutung. Insofern ist hier die Dampf-
druckkurve, die den für den Stoff eigentümlichen Zusammenhang zwischen Dampf-
druck und Temperatur beschreibt, von Wasser von Interesse. Der Dampfdruck ist der
Druck, der sich einstellt, wenn sich in einem abgeschlossenen System ein Dampf mit
der zugehörigen flüssigen Phase im thermodynamischen Gleichgewicht befindet. Der
Dampfdruck steigt bei allen Fluiden mit der Temperatur exponentiell an (Abb. 5.74).
Wird in einer Flüssigkeitsströmung, wie hier an dem Schiffspropeller, örtlich der sta-
tische Druck unter den der Fluidtemperatur entsprechenden Dampfdruck gesenkt, so bil-
den sich dort mit Dampf gefüllte Hohlräume, welche, durch die Strömung in Gebiete
höheren Drucks transportiert, schlagartig innerhalb von Millisekunden zusammenfallen.
Dieser Vorgang wird Kavitation genannt.

Abb. 5.73 Abhängigkeit vS


Schiffsgeschwindigkeit von der
Propellerdrehzahl

n
292 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.74 Dampfdruckkurve für 1,0


Wasser
p in bar flüssig

0,5

Dampf

0
0 50 100
t in °C

Diese Dampfblasenbildung wirkt sich sowohl auf das Betriebsverhalten als auch auf das
Material des Schiffspropellers aus:

• In Wandnähe der Propellerflügel wird die Grenzschicht abgelöst. Die Kavitations-


gebiete engen den freien Strömungsquerschnitt ein, was sich auch im Abknicken der
Maschinenkennlinien äußert.
• Durch die wandnahe Implosion der Dampfblasen wird der vormalige Gasraum durch
einen mikrofeinen Flüssigkeitsstrahl im Bereich der Schallgeschwindigkeit des Was-
sers gefüllt, was auf Dauer zu einer Erosion am Propeller durch Herauslösen von Teil-
chen aus seiner Werkstoffmatrix führt. Die Einwirkung des einzelnen Mikrostrahls liegt
dabei im Bereich weniger Millisekunden.
• Als Folge des hohen Drucks beim Einsturz einer Dampfblase kann es in sauerstoff-
haltigen Flüssigkeiten zu intensiven Kontakten zwischen O2 und dem Propellerwerk-
stoff und damit zu gesteigerten oxidativen Prozessen kommen.

Ein hoher Anteil an freien und gelösten Gasen im Wasser begünstigt im Allgemeinen
den Kavitationsbeginn und das Blasenwachstum. Ferner begünstigen raue Oberflächen
insbesondere an der Saugseite des Propellers und im Bereich der Blattkanten die
Kavitationsneigung erheblich. Als Folge beginnender Kavitation werden Strömungs-
ablösungen und Verminderung des Auftriebs am Profil des Propellerblatts festgestellt.
Insofern ist bei der Herstellung der Propeller auf eine besonders sorgfältige Oberflächen-
bearbeitung und Gestaltung der Blattkanten zu achten.

5.4.2.8 Ursachen für Schubverlust während der Fahrt


In der Bordpraxis kann es zu feststellbaren Schubverlusten führen, die nicht auf die
Antriebsanlage, also den Schiffsmotor zurückzuführen sind; sie sind dann beim Propeller
zu suchen. Mögliche Ursachen sind in Tab. 5.7 dargestellt.
5.4 Leistungsübertragung 293

Tab. 5.7  Ursachen für Schubverlust


Ursache Abhilfemaßnahme
Einzug von Fischernetz oder Tauwerk in Netz oder Tauwerk durch Taucher entfernen; vor-
den Propeller beugende Maßnahme: hinter dem Propeller an der
Propellerwelle Tauschneider montieren
Kavitationsschäden Propeller nicht optimal ausgelegt; beim nächsten
Werftaufenthalt ggf. austauschen
Bewuchs Beim nächsten Werftaufenthalt vom Bewuchs befreien
Mechanische Beschädigung, z. B. durch Beim nächsten Werftaufenthalt Propellerblätter ggf.
Grundberührung nacharbeiten. Dabei kann es aber zu nicht hinnehm-
baren Unwuchten am Propeller kommen. Bei zu
starker Beschädigung muss der Propeller gewechselt
werden
Propellernabe rutscht teilweise auf dem Propellermutter hat sich gelöst – nachziehen; hydrauli-
Konus der Propellerwelle (Schlupf) sche Spannbuchse defekt – überprüfen
Plötzlicher Schubverlust, einhergehend Scherstift aufgrund Grundberührung abgeschert;
mit plötzlichem Drehzahlanstieg des Keil- oder Passfederverbindung Propellernabe/Welle
Motors defekt; Verlust des Propellers. Schiff ist bei einer Ein-
propelleranlage manövrierunfähig: Werftaufenthalt

5.4.3 Antriebswellenanlage

5.4.3.1 Allgemeines
Die Wellenanlage (engl. „marine shaft device“) dient der Übertragung der Drehbewegung/
Drehleistung der Antriebsmaschine auf den Propeller sowie zur Aufnahme des Propeller-
schubs und seiner Überleitung auf den Schiffskörper. Die Wellenanlage kann aus einem oder
mehreren parallelen Antriebssträngen bestehen (Mehrschraubenschiffe; vgl. Abb. 5.75).
Ist die Antriebsmaschine nicht sehr weit achtern untergebracht, handelt es sich bei der
Wellenanlage in der Regel um ein in mehrere Segmente geteiltes System. Zur Wellen-
anlage gehören die durch das Stevenrohr geführte Propellerwelle, auch Schwanzwelle
genannt (1), die Leitungs- oder Antriebswelle (2), die Druckwelle (3), die Wellen-
kupplungen, die Lager und das Stevenrohr mit der Stevenrohrabdichtung.

Stevenrohr
2 3 4 Motor

Lager Drucklager

Abb. 5.75 Wellenanlage


294 5 Antriebsanlagen

Der Schiffspropeller sitzt auf der Propellerwelle (1), die im Stevenrohr mittels wasser-
geschmiertem Gleitlager geführt wird. Mindestens zur Innenseite des Schiffs ist das Ste-
venrohr mit einer Abdichtung versehen, um Eindringen von Wasser ins Schiffsinnere zu
vermeiden. Die Antriebs- oder Leitungswelle (2), auf Lagerböcken in Gleit-, Kugel- oder
Rollenlagern gelagert, ist an der Druckwelle (3) angeflanscht. Diese ist mit einem Druck-
flansch versehen und leitet über das Drucklager den Propellervorschub in den Schiffs-
rumpf ein. Die Druckwelle wiederum ist mit der Kurbelwelle der Antriebsmaschine
(4) verbunden. Bei Schiffen mit durchgehender Welle kann das Drucklager auch in der
Antriebsmaschine oder in einem ggf. vorhandenen Getriebe integriert sein; dann entfällt
das hier gezeigte Drucklager.
Aus Wartungs- und Montagegründen werden lange Wellenanlagen aus mehreren Teil-
wellen bestehend ausgeführt. Die saubere Ausrichtung der Antriebswelle ist wichtig, um
optimale Betriebsbedingungen für den Schiffsantrieb zu gewährleisten. Eine ungenaue
Ausrichtung der Antriebswelle kann zu Vibrationen des Schiffes und Schäden an den
Lagern der Welle führen.
Bei sehr langen Wellenanlagen umgibt ein begehbarer Wellentunnel beim Durch-
queren von Laderäumen oder anderen Schiffsräumen die Wellenanlage.
Oft sind Getriebe Bestandteil der Wellenanlage. Diese dienen dazu, die Motordreh-
zahl zu untersetzen, da für einen günstigen Antriebswirkungsgrad in der Großschiff-
fahrt Drehzahlen unter 200 Umdrehungen pro Minute, wenn möglich sogar unter 100
Umdrehungen pro Minute angestrebt werden. Darüber hinaus verfügen die Getriebe
häufig über weitere Abtriebe zum Betreiben von Hilfsmaschinen wie Generatoren oder
­Pumpen.
Bei komplexen Antriebsanlagen nehmen die Getriebe der Wellenanlage eine zentrale
Rolle ein, da hier mehrere Motoren und evtl. Turbinen mit sehr unterschiedlichen Dreh-
zahlen auf eine oder mehrere Wellen geschaltet werden müssen (s. auch Abschn. 5.3).

5.4.3.2 Vor- und Nachteile von Wellenanlagen


Die Mehrzahl aller Schiffe – insbesondere Frachtschiffe – werden auch heute noch mit
Wellenanlagen ausgestattet. Das liegt daran, dass die direkte Übertragung der Dreh-
leistung nur sehr geringe Leistungsverluste hervorruft: Nur etwa 1 % der übertragenen
Leistung geht durch Reibungsverluste in den Lagerungen verloren. Bei Einfachgetrieben
sind die Verluste mit 2–3 % immer noch sehr gering. Im Vergleich dazu hat ein Z-Ge-
triebe wie im Schottel-Ruderpropeller bereits 5 % an Verlusten. Die Verluste eines elekt-
rischen Antriebes liegen noch höher.
Die Wellenanlage beinhaltet normalerweise keine Manövrierorgane, wie z. B. Ruder.
Andere Antriebssysteme ohne Wellenanlage haben diese mit integriert (s. POD-Antrieb,
Voith-Schneider-Antrieb).
Nachteile von Wellenanlagen sind das Umsteuern von Vorausfahrt auf Achterausfahrt,
was nur langsam und dosiert erfolgen kann: Zum Rückwärtsfahren, dem sogenannten
Umsteuern, muss entweder der Motor selbst oder das Getriebe umsteuerbar bzw. der
Propeller selber muss als Verstellpropeller ausgeführt sein. Das Umsteuern der ­Motoren
5.4 Leistungsübertragung 295

ist in der Regel mit hohen Belastungen für den Motor (bei Verbrennungsmotoren;
Elektromotoren sind gegen das Umsteuern unempfindlich) und einem Zeitverzug (durch-
aus von mehreren Minuten) verbunden. Verstellpropeller und Getriebe zum Umsteuern
sind in der Anschaffung teuer.
Weiterer Nachteil: Insbesondere bei Wellenanlagen mit nur einem Propeller führt das
Anfahren nach achteraus aufgrund des sog. Radeffekts des Propellers zu einem starken
seitlichen Versatz des Hecks. Diesem kann mit Ruderlegen allerdings nur äußerst gering
entgegengewirkt werden, da bei Achterausfahrt die Ruderwirkung nur sehr gering ist
(vgl. Abschn. 5.4.2.2)!
Bei Wellenanlagen mit zwei Propellern ist die Drehrichtung beider Propeller gegen-
läufig, sodass nahezu kein Radeffekt auftritt und die Manövrierfähigkeit wesentlich ver-
bessert werden kann.

5.4.3.3 Gestaltungshinweise der Wellenanlage


Als Werkstoff kommen in der Regel einfache Vergütungsstähle (Ck 35, Ck 45 mit Zugfes-
tigkeiten von Rm > 700 N/mm2) oder Vergütungsstähle höherer Festigkeit zum Einsatz.68
Hinsichtlich der Herstellung soll aus Gründen der Festigkeit der Welle diese
geschmiedet werden. Dadurch werden insbesondere bei Durchmesseränderungen Unter-
brechungen im Faserverlauf des Werkstoffes vermieden, was bei Drehteilen der Fall
wäre. Die Oberfläche wird nachgedreht, geschliffen, poliert oder geläppt; an den Lager-
stellen der Welle sind Rautiefen von etwa 2 μm anzustreben (schleifen, polieren).
Häufig kommen auch Hohlwellen zum Einsatz, nicht nur beim Einsatz von Verstell-
propellern. Hohlwellen mit di = 0,5 d weisen nur 75 % des Gewichts, aber 94 % des
Widerstandsmoments von Vollwellen auf!
Soweit ein Schiff der Klassifizierung durch den DNV GL unterzogen werden soll,
finden sich Anforderungen für die Wellenanlage in deren Klassifikations- und Bauvor-
schriften „I Schiffstechnik, 1 Seeschiffe, 2 Maschinenanlagen, (GLRP I-1-2), Abschn.
4“.
Grundsätzlich gilt, dass Durchmesseränderungen mittels Konus oder großer Aus-
rundung ausgeführt werden sollen. Die Radien sollen mindestens der Durchmesser-
änderung entsprechen. Das heißt, dass bei einer Änderung des Wellendurchmessers von
500 auf 550 mm der Radius der Ausrundung am Durchmesserübergang mit r = 50 mm
ausgeführt werden soll.
Für Zwischen- und Drucklagerwellen soll der Ausrundungsradius von
angeschmiedeten Flanschen mindestens 8 % des rechnerischen Mindestdurchmessers für
eine Vollwelle an der betreffenden Stelle betragen.
Am hinteren Propellerwellenflansch soll der Ausrundungsradius mindestens 12,5 %
des rechnerischen Mindestdurchmessers für eine Vollwelle an der betreffenden Stelle
betragen.

68Ausführlich zu Wellenberechnungen s. a. Böge et al. in [3].


296 5 Antriebsanlagen

Hinsichtlich der Bemessung von Wellen wird zunächst auf folgende Normen hin-
gewiesen:
DIN 743-1 Tragfähigkeitsberechnung von Wellen und Achsen – Grundlagen, Einführung,
DIN 743-2 Tragfähigkeitsberechnung von Wellen und Achsen – Kerbwirkungs- und
Formzahlen,
DIN 743-3 Tragfähigkeitsberechnung von Wellen und Achsen – Werkstoff-Festigkeits-
werte,
DIN 743-4 Tragfähigkeitsberechnung von Wellen und Achsen – Dauerfestigkeit, Zeit-
festigkeit,
DIN 748-1 zylindrische Wellenenden – Abmessungen, Nennmomente,
DIN 1448 kegelige Wellenenden mit langem Kegel (1 : 10) und Gewindezapfen sowie
mit kurzem Kegel und Gewindezapfen,
VDI 3840 schwingungstechnische Berechnungen.
Konkrete Berechnungsgrundlagen für Wellenanlagen von Schiffen finden sich unter
den vorne genannten Bauvorschriften des DNV GL. Eine Werft ist also hinsichtlich der
Bemessung der Wellenanlage ggf. auch vom Kundenwunsch abhängig. Im Folgenden
wird eine Propellerwelle zunächst einmal nach DIN 748, dann nach Bauvorschrift GL
berechnet, um zu sehen, welche Unterschiede hier auftreten.

Beispiel zur Dimensionierung einer Antriebswelle


Für ein Containerschiff mit einer Maschinenleistung von 20.000 kW, Drehzahl der
Welle = 120 min−1, ist die Propellerwelle zu dimensionieren.
Die Propellerwelle stellt jenes Bauteil dar, an welchem die über den Antriebsmotor
direkt oder die über das Getriebe eingeleitete Antriebsleistung Pan an seinem Wellen-
ende in Form der Propellerleistung Pab abgegriffen wird:
Pab = 2 · π · n · Mab . (5.127)
Da in Gl. 5.127 sowohl die Leistung Pab als auch die Drehzahl n bekannt ist, kann das
zugrunde liegende Drehmoment Mab berechnet und mithilfe der DIN 748, in der das
übertragbare Drehmoment dem jeweiligen Durchmesser d des Wellenendes gegen-
übergestellt ist, auf den Durchmesser desselben geschlossen werden.
Auszug aus DIN 748 Blatt 1 zum Zusammenhang zwischen Drehmoment und
Wellendurchmesser:

Spalte a Spalte b Spalte c


Übertragung eines reinen Gleichzeitige Übertragung eines Gleichzeitige Übertragung eines
Drehmomentes Drehmomentes und eines ent- Drehmomentes und eines nicht
M = 9,8065·π
4 · 10−3 · d 3 sprechenden bekannten Biege- bekannten Biegemomentes:
in Nm momentes: M = 27,45862 · 10−5 · d 3,5
(d in mm) M = 58,8399 · 10−5 · d 3,5 in Nm
in Nm (d in mm)
(d in mm)
5.4 Leistungsübertragung 297

Vorstehende DIN 748 berücksichtigt, dass eine Antriebswelle durch das zu über-
tragende Drehmoment nicht nur einer Torsionsbeanspruchung unterliegt; aufgrund
ihres Eigengewichts hat sie zwischen den Lagern eine Durchbiegung, die zu einer
zusätzlich zu berücksichtigenden Biegebeanspruchung der Welle führt.

Lösung: Durch Umstellen der Gleichung aus Spalte c (Durchmesser und somit Durch-
biegung der Welle sollen ja erst noch ermittelt werden – somit ist das Biegemoment
nicht bekannt) nach d ergibt sich

3,5 M
d= .
27,45862 · 10−5

M wiederum ergibt sich durch Umstellen der Gl. 5.39 für die Nutzleistung eines
Dieselmotors69

9550 · P
M=
n
mit
M in Nm,
P in kW,
n in min−1,

9550 · 20.000
M= = 1.591.667 Nm.
120
Durch Einsetzen und Lösen der obigen Gleichung für d ergibt sich: d = 616 mm.
Auslegung nach „GL I Schiffstechnik, 1 Seeschiffe, 2 Maschinenanlagen, Abschn.
4 C.2“:
Der Berechnung liegt dort folgende Gleichung zugrunde:
d minimal erf. Außendurchmesser der Welle (mm),

  PW

da ≥ d ≥ F · k ·   4  CW ,
3 (5.128)
n · 1 − ddai


da ausgeführter Außendurchmesser der Welle (mm),


di ausgeführter Durchmesser der Wellenbohrung (mm); wenn di ≤ da ist, kann
 4
1 − ddai = 1 gesetzt werden.

69Siehe Abschn. 5.3 und auch „Nutzleistung und einige Kenngrößen des Dieselmotors“, Abschn.

5.3.1.
298 5 Antriebsanlagen

PW Nennleistung (kW) des Antriebsmotors ohne Lager und Getriebeverluste,


n Wellendrehzahl (min−1) bei Nennleistung,
F Faktor für die Art des Antriebs
a) Propellerwellen 100 (für alle Anlagen),
b) Zwischenwellen und Drucklagerwellen 95 (für Turbinenanlagen, Dieselmotoren-
anlagen mit hydraulischen Schlupfkupplungen, Antriebe durch E-Motoren), 100
(für alle übrigen Antriebsanlagen),
CW Werkstofffaktor, zu berechnen aus
560
CW = , (5.129)
Rm + 160
spezifizierte Mindestzugfestigkeit des Wellenwerkstoffes (N ∕ mm2; s. hierzu
Rm 
Abschn. B.1 dieser Bauvorschrift),
k Faktor für die Art der Welle; nach genannter Bauvorschrift werden für
Zwischenwellen Werte zwischen 1,00 und 1,20 – je nach Wellenausführung –
angegeben. Für Druckwellen liegt „k“ bei 1,10 und für Propellerwellen – je
nach Ausführung und Lagerung – zwischen 1,15 und 1,40.
Hier wird k = 1,26 gewählt (Propellerwelle, auf der der Propeller mittels Konus und
Passfeder befestigt wird).
Durch Einsetzen in Gl. 5.128 folgt:

3 20.000
da ≥ d ≥ 100 · 1,26 · · CW ,
120 · 1
wobei CW sich mit Rm = 600 N/mm2 errechnet zu:
560
CW = = 0,74.
600 + 160
Hinweis: Für Rm sind nach B.1 dieser GL-Vorschrift folgende Werte einschlägig:

• 600 N ∕ mm2 für Propellerwellen (Ausnahmen benötigen die ausdrückliche


Zustimmung des GL),
• 760 N ∕ mm2 für Wellen aus Kohlenstoff- oder Kohlenstoff-Mangan-Stahl außer
Propellerwellen,
• 800 N ∕ mm2 für Wellen aus legiertem Stahl außer Propellerwellen.

Somit errechnet sich da ≥ d ≥ 627 mm.


Ein Vergleich beider Rechnungen zeigt eine leichte Abweichung im ermittelten
Durchmesser. Die DNV-GL-Bauvorschrift sorgt durch die Faktorisierung in
der Durchmesserberechnung für eine bessere Berücksichtigung spezifischer
Beanspruchungen der Wellenteile aufgrund ihrer konstruktiven Ausbildung und Ein-
bau- bzw. Lagerarten.
5.4 Leistungsübertragung 299

5.4.3.4 Lagerung der Welle


Das Lagersystem der Antriebswelle besteht aus einem Festlager und einem oder mehre-
ren Loslagern. Das Festlager (sog. zweiwertige Lagerung) nimmt sowohl Kräfte in radia-
ler als auch in axialer Richtung auf. Das Drucklager (s. Abb. 5.76) erfüllt in der Regel
diese Aufgabe.
Es können für das Festlager aber auch ein reines Axiallager (reines Drucklager) und
in unmittelbarer Nähe davon angeordnet ein Radiallager diese Aufgabe erfüllen. Die
weiteren Lager vom Drucklager aus gesehen in Richtung Propeller werden als Los-
lager ausgeführt, um axiale Längenänderungen der Welle, insbesondere aufgrund von
Temperaturschwankungen, auszugleichen.

Beispiel Längenänderung Antriebswelle


Eine Antriebswelle von 10 m Länge wird bei 15 °C montiert. Während des Schiffs-
betriebs erhöht sich die Temperatur der Welle auf 45 °C. Um wie viel cm dehnt sich
die Welle in axialer Richtung aus?

Lösung: Die Längenausdehnung Δl eines Körpers errechnet sich nach der Gleichung
�l = l0 · α · �t (5.130)
mit
l0 der Anfangslänge,
α  dem Werkstoff spezifischen Längenausdehnungskoeffizienten (für Stahl
11,7 · 10−6 1/K; weitere Längenausdehnungskoeffizienten finden sich im
Anhang 15),
Δt der Temperaturdifferenz.

Abb. 5.76 Drucklager (Ölschmierung) der AIDAmar. (Foto: AIDA)


300 5 Antriebsanlagen

Somit ergibt sich die Längenausdehnung dieser Welle:

�l = 10.000 mm · 11,7 · 10−6 /K · 30 K,


�l = 3,51 mm.

Der Lagerabstand la bei langen Wellen soll erfahrungsgemäß ungefähr liegen bei70

la ≈ 300 d (5.131)
mit d als Wellendurchmesser. Wichtig bei der Wahl des Lagerabstandes ist aber, dass alle
Lager möglichst gleichmäßig belastet werden. Dazu sollte eine gedrängte Bauweise mit
kleinen Lagerabständen angestrebt werden. Dadurch hat die Welle ein kleineres Biege-
moment, was wiederum zu einem kleineren Wellendurchmesser und somit auch zu klei-
neren Lagern führt. Diese können grundsätzlich als Gleit- oder Wälzlager ausgeführt
werden.
Hinsichtlich der Schmierungder Lager wird zwischen Öl- und Fettschmierung unter-
schieden. Soweit Gleitlager eingebaut werden, kommt überwiegend die Ölschmierung
zum Tragen, Wälzlager hingegen können bei der Lagerung von Antriebswellen auch fett-
geschmiert sein. Wartungsfreie Wälzlager sind mit Wälzlagerfett gefüllt, der Lagerkäfig
beidseitig mit Dichtscheiben abgedichtet. Dadurch kann kein Fett aus dem Lager austreten,
Eindringen von Schmutz wird verhindert. In Abb. 5.77 wird die Lagerung einer Antriebs-
welle mittels Wälzlager und Ölschmierung gezeigt. Das Lagergehäuse ist mit Öl gefüllt,
über das Sichtfenster oben kann visuell eine Kontrolle des Ölstands vorgenommen werden.
Rechts am Lagergehäuse ist ein Messingthermometer zu erkennen, mit dem die Öltempe-
ratur – neben einer Aufzeichnung im Leitstand – visuell vor Ort überwacht werden kann.
Die Ölschmierung der Gleitlager dient zum einen dazu, dass die Welle im Lager
„schwimmt“, zum anderen dient das Öl der Wärmeabfuhr, die durch die Lagerreibung
entsteht. Der hierbei entstehende Ölverlust muss ausgeglichen werden. Bei kleinen
Lagern kommen daher Deckelöler, Dochtöler, Tropföler oder Ähnliche zur Anwendung.
Gebräuchlich bei großen Wellenanlagen mit Gleitlagerung sind jedoch Umlauf-
schmiersysteme. Durch eine Pumpe (für jedes Lager ein eigenes Schmiersystem oder
als Zentralschmierung für alle Gleitlager) wird das Schmieröl durch die obere Lager-
schale dem/den Gleitlager(n) zugeführt, im Lagertiefsten wieder abgeführt und gereinigt
(gefiltert) und im Kreis gepumpt. Verluste werden durch den Vorratsbehälter aus-
geglichen.
Hierdurch wird ein gleichmäßiger erforderlicher Ölzulauf erreicht.
Zunächst wird die Lagerung der Propellerwelle im Stevenrohr betrachtet. Durch die-
ses führt die Propellerwelle ins Schiffsinnere. Als Lagerung kommt in der Regel ein
wasser- oder ölgeschmiertes Gleitlager zur Anwendung, bei Gondelantrieben (POD-­
­
Antrieb) auch Wälzlager.

70Vgl. dazu auch Böge et al. in [3, S. I 119 ff.].


5.4 Leistungsübertragung 301

Abb. 5.77 Lagerung Antriebswelle in Wälzlager. (Foto: AIDA)

Bei den hier in der Regel zur Anwendung kommenden Gleitlagern71 soll der Lager-
werkstoff immer weicher sein als der Wellenwerkstoff, damit die Welle nicht angegriffen
wird und sich in den Lagerwerkstoff frisst. Von daher kommen für die Auskleidung der
Lagerbuchse Kunststoffe, Spezialgummis, Bronze (Kupfer-Zinn-Gusslegierungen), Weiß-
blech (Blei-Zinn-Gusslegierungen) oder vereinzelt auch Gusseisen (EN-GJL-250 und
EN-GJL-300) zur Anwendung. In den Lagerschalen finden sich konstruktiv geschickt ein-
gearbeitete Nuten, die für eine optimale Benetzung der Lagerflächen mit Wasser oder Öl
sorgen.
Bei einer wassergeschmierten Lagerung hat das Stevenrohr in der Regel nur eine
innere Stevenrohrabdichtung. Bei ölgeschmierter Lagerung muss das Stevenrohr auch
nach außen abgedichtet sein. Zum einen aus Umweltschutzgründen, zum anderen muss
vermieden werden, dass sich das eintretende Wasser mit dem Öl suspendiert, was die
Schmiereigenschaften des Öls herabsetzt.
Moderne wassergeschmierte Stevenrohrgleitlager haben auch nach außen hin eine
Abdichtung, da sie mit gefiltertem kalten Seewasser aus dem See-Kühlwasser-System
der Maschinenanlage geschmiert werden.
Kunststoffe oder Spezialgummis habe zwar niedrige Verschleißraten und weisen
günstige Gleiteigenschaften auf, haben aber nur geringe Notlaufeigenschaften, da sie
empfindlich auf hohe Temperaturen (durch Reibung) reagieren.
Bronze und Blei-Zinn-Legierungen verfügen dagegen über wesentlich bessere Not-
laufeigenschaften.

71Vertiefend zu Gleitlagern s. a. Böge et al. in [3, S. I 177 ff.].


302 5 Antriebsanlagen

Tab. 5.8  Anhaltswerte für Wellendurchmesser Lagerspiel (mm)


Lagerspiel (mm) Gummi Weißmetall/Bronze
100–200 0,3–0,8 0,2–0,3
200–300 0,8–1,0 0,3–0,4
300–400 1,0–1,2 0,4–0,5
400–500 1,2–1,5 0,5–0,6
500–600 1,5–1,7 0,6–0,7
600–700 1,7–1,9 0,7–0,8
700–800 ∼ 2,0 0,8–0,9
800–900 0,9–1,0
900–1000 1,0–1,1
1000–1100 1,1–1,2

Damit sich ein ausreichender Schmierfilm im Lager ausbilden kann, ist ein Mindest-
maß an Lagerspiel erforderlich; die Tab. 5.8 enthält Anhaltswerte für das Lagerspiel in
Abhängigkeit vom Lagerwerkstoff.
Das deutlich größere Lagerspiel bei Gummi ergibt sich dadurch, dass dieses Material
zum Quellen neigt – zum einen durch Wasser- oder Ölaufnahme, zum anderen auch durch
die im Betrieb vorhandenen thermischen Belastungen (Volumenausdehnung). Dadurch
würde bei zu engen Lagerspalten die Reibung innerhalb des Lagers zu groß werden.
Neben den Gummilagern sind heute Lagerschalen aus Vesconite [82] weitverbreitet. Die-
ser thermoplastische Kunststoff hat gute Trockenlaufeigenschaften (durch eingelagertes
Molybdänsulfid als Schmierstoff), nimmt wenig Wasser auf und quillt dadurch nur wenig
auf. Er ist ähnlich belastbar wie Weißmetall. Hinsichtlich des erforderlichen Lagerspiels
können daher vergleichbare Werte wie für die metallischen Gleitlager angenommen werden.
Hinsichtlich des erforderlichen Lagerspiels sind jedoch immer die Herstellerangaben
zu beachten.
Auch die Antriebswellen – und ggf. bei langen Wellensystemen auch die Zwischen-
wellen – können ebenfalls in Gleitlagern geführt werden. Neben Gleitlagern kommen
auch Wälzlager72, z. B. Pendelrollen- oder Rillenkugellager (vgl. oben, Abb. 5.77), zum
Einsatz (s. Abb. 5.78) mit den Baugruppen:

• 1 Welle,
• 2 Nutmutter nach DIN 981,
• 3 Sicherungsblech nach DIN 5406,
• 4 Außen- und Innenring, Rollen bzw. Kugeln und Rollen- bzw. Kugelkäfig,
• 5 Spannhülse nach DIN 5415.

72Vertiefend zu Wälzlagern Böge et al. in [3, S. I 156 ff.].


5.4 Leistungsübertragung 303

Abb. 5.78 Pendelrollenlager.


(Bild: Silberwolf,
CC-BY-SA-2.5)

Die Lager sind auf Lagerböcken montiert, die mit der Schiffskonstruktion über sog. inte-
grierte Fundamente verbunden sind (vgl. Abb. 5.76).
Die Druckwelle schließlich überträgt den Propellerschub bei der Voraus-, aber auch
bei Achterausfahrt über das Drucklager auf das Schiff. Hierbei findet ein Wälzlager Ver-
wendung (z. B. zweiseitig wirkendes Axialrillenkugellager oder Kippsegmentdrucklager73),
welches die axialen Kräfte des Vorschubs aufnimmt. Ist ein Getriebe zwischen Motor und
Welle eingebaut, so ist das Drucklager im Getriebe integriert. Bei Direktantrieben ist das
Drucklager mit seinem Lagerbock direkt mit der Schiffskonstruktion über ein integriertes
Fundament verbunden; zum Teil wird es auf der Motorgrundplatte montiert.

5.4.3.5 Montage von Lager und Welle


Zur Montage der Wellenanlage in ihre Gleitlager wird diese durch Einschaben der
Lagerschalen optimal eingepasst. Ziel des Verfahrens ist es, die gegenüber der idealen
Ebene erhabenen Stellen der Lagerschale abzutragen. Da sich alle gleichmäßig über die
Gesamtfläche verteilten tragenden Punkte einer Fläche auf einer Ebene befinden, kann
eine bestmögliche gleichmäßige Verteilung der Last erreicht werden. Die jeweilige Güte
der Oberfläche wird durch Tuschieren mit Tuschierfarbe festgestellt. Dazu wird in die
mit Tuschierfarbe eingestrichene Lagerschale die Welle eingelegt und von Hand gedreht.
Die Farbe verbleibt in den Vertiefungen, also den nichttragenden Stellen. Die blanken
Stellen, also die Stelen, wo die Tuschierfarbe durch das Drehen der Welle abgetragen
wurde, werden mit dem Schaber nachgearbeitet. Dieser Vorgang wird so lange wieder-
holt, bis eine optimale Auflagefläche erreicht ist. Erreichbar sind Ebenheitstoleranzen
von 0,001 mm [15, S. 522].

73Siehe beispielsweise [79].


304 5 Antriebsanlagen

Durch kreuzweisen Wechsel der Richtung des Schabers entsteht das typische Schab-
muster. Es dient einerseits der optischen Verbesserung der Oberfläche, andererseits ver-
bleibt in den Vertiefungen in hydrodynamisch geschmierten Gleitlagern der Schmierfilm
aus Öl oder Wasser (im Stevenrohr) besser aufrechterhalten.
Am langsamen Verschwinden des Musters kann der Verschleiß abgeschätzt werden.
Zur Montage und Demontage von Wälzlagern ist grundsätzlich Folgendes zu
beachten:74
Vor Beginn der (De-)Montage sollte ein Schema der einzelnen Arbeitsgänge aufgestellt
werden. Information über die erforderlichen Anwärmtemperaturen, die Kräfte zum Auf-
und Abziehen der Lager und die erforderliche Fettmenge müssen vorhanden sein.75
Wälzlager sind mit einem Korrosionsschutzöl konserviert. Bei der Montage der
Lager braucht dieses nicht ausgewaschen zu werden. Es verbindet sich im Betrieb mit
dem Schmierstoff und gewährleistet beim Anlauf kurzzeitig eine ausreichende Schmie-
rung. An den Sitz- und Anlageflächen wird das Korrosionsschutzöl vor der Montage
abgewischt. Aus kegeligen Lagerbohrungen dagegen sollte der Korrosionsschutz vor
dem Einbau ausgewaschen werden, um einen sicheren, festen Sitz auf der Welle oder
Hülse zu gewährleisten. Nach dem Auswaschen mit Kaltreiniger wird die Bohrung mit
einem Maschinenöl mittlerer Viskosität dünn benetzt. Gebrauchte und verschmutzte
Lager sind vor dem Einbau in Waschpetroleum oder in Kaltreiniger auszuwaschen
und anschließend sofort wieder einzuölen oder einzufetten. Wälzlager sind unter allen
Umständen vor Schmutz und Feuchtigkeit zu schützen, da auch kleinste Teilchen, die in
das Lager eindringen, die Laufflächen beschädigen können. Daher muss der Montage-
platz staubfrei und trocken sein. Auch auf die Sauberkeit der Welle und des Gehäuses ist
zu achten. An den Sitzstellen des Lagers auf der Welle und im Gehäuse sind Rostschutz-
überzüge und Farbrückstände sorgfältig zu entfernen. Grate und scharfen Kanten an Wel-
len und Gehäusen müssen entfernt und gebrochen werden.
Alle zur Lagerung gehörenden Teile sind vor dem Zusammenbau auf ihre Maß- und
Formgenauigkeit zu kontrollieren. Grundsätzlich sollten beide Wälzlagerringe durch
die Sitzfläche gut unterstützt und daher möglichst fest gepasst sein. Das ist jedoch nicht
immer möglich, weil der Ein- und Ausbau dadurch erschwert wird oder weil ein Ring
bei Loslagern leicht verschiebbar sein muss. Das Übermaß bei festen Passungen führt zu
einer Aufweitung des Innenrings bzw. zu einer Einschnürung des Außenrings und damit
zu einer Verringerung der Radialluft. Deshalb muss die Radialluft auf die Passungen
abgestimmt sein.
Für den Einbau der Wälzlager wird auf Folgendes hingewiesen:
Aufgrund unterschiedlicher Bauarten und Größen können Wälzlager nicht alle nach
der gleichen Methode montiert werden. Man unterscheidet zwischen mechanischen, hyd-
raulischen und thermischen Montageverfahren.

74Vertiefend dazu: „FAG – Montage von Wälzlagern“ [80].


75Das Folgende aus [47].
5.4 Leistungsübertragung 305

Da die gehärteten Lagerringe gegen Schlagbeanspruchung empfindlich sind, darf bei


der mechanischen Montage nicht mit dem Hammer unmittelbar auf die Ringe geschlagen
werden. Beim Einbau nichtzerlegbarer Lager müssen die Montagekräfte immer an dem
fest gepassten Ring angreifen. Dieser Ring wird auch zuerst montiert. Am lose gepassten
Ring angreifende Kräfte würden von den Rollkörpern übertragen, wodurch Laufbahnen
und Rollkörper beschädigt werden könnten. Lager bis ca. 80 mm Bohrungsdurchmesser
können bei dem üblichen Festsitzen kalt auf die Welle gepresst werden. Hierzu sollte
eine mechanische oder hydraulische Presse verwendet werden. Steht keine Presse zur
Verfügung, kann das Lager bei nicht zu festen Passungen notfalls auch mittels einer
Schlagbüchse oder eines Rohres mit leichten Hammerschlägen auf die Welle getrieben
werden.
Sind bei zylindrischen Sitzen feste Passungen auf der Welle vorgeschrieben, wird
das thermische Montageverfahren gewählt. Hierbei werden die Lager zur Montage
angewärmt, um unter Ausnutzung der Wärmeausdehnung den Innendurchmesser des
Lagers temporär zu erhöhen. Eine ausreichende Aufweitung erzielt man bei Temperatu-
ren um 80–100 °C. Sie darf jedoch nicht über 120 °C liegen, da dann die Gefahr besteht,
dass sich das Metallgefüge der Lagerteile verändert. Das kann zur Folge haben, dass die
Härte abfällt und sich die Lagermaße ändern. Für Lager mit Massivkäfigen aus glasfaser-
verstärktem Polyamid gelten die gleichen Temperaturgrenzen wie für rein metallische
Wälzlager. Lager mit Deckscheiben und mit Dichtscheiben sind bereits mit Fett gefüllt.
Sie dürfen beim Einbau bis maximal 80 °C angewärmt werden, jedoch nicht im Ölbad.
Behelfsmäßig kann man Wälzlager auf einer temperaturgeregelten Heizplatte anwärmen.
Dabei ist das Lager mehrmals zu wenden, damit es gleichmäßig warm wird.
In der Regel werden die Lager in einem temperaturgeregelten Ölbad angewärmt.
Bei dieser Methode ist eine gleichmäßige Erwärmung gewährleistet und die Montage-
temperatur von 80–100 °C kann sicher eingehalten werden. Nach dem Anwärmen muss
das Öl gut abtropfen. Alle Pass- und Anlageflächen sorgfältig abwischen!
Das Lager dann schnell und ohne Verkanten in einem Zug bis zum Anschlag an der
Sitzstelle aufschieben. Eine leicht schraubende Drehung beim Aufsetzen auf die Welle
erleichtert das zügige Montieren. Bei der Montage zum Schutz vor Verbrennungen der
Hände geeignete Schutzhandschuhe tragen!
Muss der Außenring des Lagers im Gehäuse stramm sitzen, wird dieses angewärmt.
Bei sperrigen und großen Gehäusen stößt das mitunter auf Schwierigkeiten; in die-
sem Fall muss das Lager in einer Mischung aus Trockeneis und Alkohol gekühlt wer-
den. Dabei darf eine Temperatur von −50 ◦C nicht unterschritten werden. Das beim
Temperaturausgleich entstehende Kondenswasser muss mit Öl restlos aus den Lagern
herausgespült werden, da sonst Korrosionsgefahr besteht.
Beim (aufwendigeren) Hydraulikverfahren wird Maschinenöl oder Öl mit rost-
lösenden Zusätzen zwischen die Passflächen gepresst. Der Ölfilm hebt die Berührung
der Passteile weitgehend auf, sodass sie mit geringem Kraftaufwand ohne Gefahr einer
Oberflächenbeschädigung gegeneinander verschoben werden können.
306 5 Antriebsanlagen

Beim Ausbauvon Wälzlagern ist Folgendes zu beachten:


Sollen die Lager wiederverwendet werden, ist beim Ausbau mit Sorgfalt vorzugehen;
vor allem ist das Abziehwerkzeug an dem Ring anzusetzen, der abgezogen werden soll,
da sich sonst die Rollkörper in die Laufbahnen eindrücken und das Lager beschädigen.
Darüber hinaus besteht bei dünnwandigen Außenringen Bruchgefahr. Bei nichtzer-
legbaren Lagern wird zuerst der mit Schiebesitz gepasste Ring von seiner Sitzfläche
abgezogen. Anschließend wird der mit Festsitz gepasste Ring abgepresst. Die Kraft, die
man beim Abpressen aufwenden muss, ist meist beträchtlich größer als die Aufpress-
kraft, da sich der Ring im Laufe der Zeit festsetzt. Auch bei lose gepassten Ringen kann
der Ausbau schwierig sein, wenn sich nach langen Betriebszeiten Passungsrost gebildet
hat. Hilfsweise kann die Welle gekühlt (vor und hinter dem Lagersitz mit in Kältemittel
– s. vorstehend – getränkten Lappen) und – insbesondere bei kleineren Lagern – das
Wälzlager mit einem Heißluftfön über den Außenring erwärmt werden.

5.4.3.6 Lagerberechnung
Nachdem der erforderliche Wellendurchmesser ermittelt wurde, sind die entsprechenden
Lager zu wählen. Dabei ist auf die Kataloge der Lagerhersteller zurückzugreifen.
Ausschlaggebendes Kriterium für die Wahl des „richtigen“ Wälzlagers ist seine
zu erwartende Lebensdauer, die mit dem Lebensdauerfaktor fL beschrieben wird. Der
Lebensdauerfaktor soll für Schiffsdrucklager bei 3…4 und für Schiffswellenlager bei
4…6 liegen. Er wird nach folgender Gleichung bestimmt:

C
fL = fn (5.132)
P
mit
C der dynamischen Tragzahl (s. weiter unten),
P der dynamischen äquivalenten Lagerbelastung (s. unten),
fn dem Drehzahlfaktor (aus Herstellerkatalog).
Folgende Rechenschritte nach ISO 281 sind durchzuführen:

a) Bestimmung der dynamischen äquivalenten Belastung


Unter der dynamischen äquivalenten Belastung versteht man die rein radiale, bei
Axiallagern die rein axiale Belastung (hervorgerufen durch den Propellerschub), die
das Lager unter den tatsächlich vorliegenden Betriebsverhältnissen auch erreicht.
Wird ein Radiallager allein durch eine Radialkraft belastet, dann wird die dynamische
äquivalente Lagerbelastung
P = Fr . (5.133)
Zur Berechnung der Radialkräfte, die auf die einzelnen Lager wirken, kann ein
Wellensystem wie ein zwei- oder mehrfach gelagerter Träger (vgl. Abb. 5.83) nach
den Gesetzmäßigkeiten der Statik berechnet werden. Hierbei geht das Eigengewicht
5.4 Leistungsübertragung 307

der Welle als Streckenlast in die Berechnung ein, der Propeller erzeugt zusätzlich
noch eine Einzellast an einem Kragarm (vgl. Abb. 5.84). Ein Beispiel zur Ermittlung
der Lagerkräfte findet sich in Abschn. 5.4.3.7 d).
Für radial mit einer Radialkraft Fr und axial mit einer Axialkraft Fa belastete Radial-
lager beträgt die dynamische äquivalente Lagerbelastung
P = XFr + YFa . (5.134)
X ist der Radialfaktor, der das Verhältnis Radial- zur Axialkraft berücksichtigt, Y ist
der Axialfaktor zur Umrechnung der Axialkraft in eine gleichwertige (äquivalente)
Radialkraft. Diese Faktoren können den Lagerkatalogen der Hersteller entnommen
werden.
b) Dynamische Tragzahl und Lebensdauer
Die Lebensdauer eines Wälzlagers ist die Anzahl der Umdrehungen oder Stunden,
bevor sich erste Anzeichen für einen Verschleiß an Wälzkörper oder Rollbahn zeigen.
Die dynamische Tragzahl C ist die Belastung, die eine nominelle Lebensdauer von
L = 106 Umdrehungen bzw. Lh = 500 h bei n = 33 1/3 min−1 erwarten lässt. C ist den
Herstellerkatalogen zu entnehmen.
Berechnung der Lebensdauer in Millionen Umdrehungen bei 10 % Ausfall-
wahrscheinlichkeit:
 p
C
L10 = (5.135)
P
mit p dem Lebensdauerexponenten (p = 3 für Kugellager; p = 10 ∕ 3 für alle anderen
Wälzlager).
Berechnung der Lebensdauer in Stunden bei 10 % Ausfallwahrscheinlichkeit:
  p
106

16.666 C
L10h = · L10 = · . (5.136)
60 · n n P

Beispiel zur Wälzlagerauswahl


Auf das Loslager einer Antriebswelle wirkt eine Radialkraft von 12 kN. Die Welle
dreht sich im Betrieb mit 160 min−1. Dieses Lager soll ein Zylinderrollenlager sein.
Es soll mindestens 10.000 h Lebensdauer erreichen.

Lösung: Um ein Lager auszuwählen, welches diese Last tragen kann, muss zuerst die
notwendige dynamische Tragzahl bestimmt werden:
Für die Lagerbauart „Zylinderrollenlager“ finden sich im Lagerkatalog des
gewählten Herstellers die Werte X = 1 und Y = 0.
Aus Gl. 5.134 folgt:
P = XFr + YFa = 1 · 12 kN + 0 · Fa = 12 kN.
308 5 Antriebsanlagen

Durch Umstellen der Gleichung für L10h (Gl. 5.136) nach C folgt nun:

 1  3
L10h · 60 · n p 10.000 · 60 · 160 10
C= ·P = · 12 = 47,2 kN.
106 106

Die dyn. Tragzahl sollte insofern mind. 47,2 kN betragen. Hiermit lässt sich aus dem
Herstellerkatalog ein geeignetes Lager auswählen.

Überprüfung der Lebensdauer: Für fn findet sich im Herstellerkatalog für das


Zylinderrollenlager bei einer Drehzahl der Welle von 160 min−1 ein Wert von 0,625.
Somit errechnet sich fL nach Gl. 5.132 zu:
C 47,2 kN
fL = fn = · 0,625 = 2,458.
P 12 kN
Wie eingangs jedoch ausgeführt, sollte fL Werte zwischen 4…6 erreichen. Das ist hier
nicht der Fall. Insofern müsste ein Rollenlager mit einer höheren dynamischen Trag-
zahl als 47,2 kN ausgewählt werden; durch Umstellen der Gl. 5.132 nach C folgt:
fL · P 5 · 12
C= = = 96 kN.
fn 0,625
Das gewählte Lager sollte demnach eine dynamischen Tragzahl von 96 kN haben.

Bei der Gestaltung von Gleitlagern ist die zulässige spezifische Lagerbelastung aus-
schlaggebende Größe zur Dimensionierung der Lager.76 Grundsätzlich darf die zulässige
spezifische Lagerbelastung (Flächenpressung) nicht überschritten werden; es gilt:
F
p= ≤ pzul (5.137)
b·d
mit
p spez. Lagerbelastung (N ∕ mm2),
pzul zul. spez. Lagerbelastung (N ∕ mm2),
F Radialkraft auf die Lagerschale (N),
d Durchmesser der Lagerschale (mm),
b Breite Lagerschale (mm).
Aus dem ermittelten Wellendurchmesser, der in Gl. 5.137 mit d eingeht, kann dann mit
der zulässigen spezifischen Lagerbelastung durch Umstellen der Gleichung die erforder-
liche Lagerschalenbreite errechnet werden.
Tab. 5.9 enthält Richtwerte für pzul.

76Ausführlich dazu auch wieder Böge et al. in [3, I 181 ff.].


5.4 Leistungsübertragung 309

Tab. 5.9  Richtwerte für die Lagerwerkstoff pzul (N ∕ mm2)


zulässige Lagerbelastung für
Gleitlager PbSn-Legierung 12,5
Bronze CuSn7Zn4Pb7-C 20
CuSn12-C 25

5.4.3.7 Wellenkupplungen
Selten ist die Propellerwelle direkt mit dem Getriebe oder der Kurbelwelle des Motors
verbunden. In der Regel sind die Wellenanlagen insbesondere aus Gründen der Montage-
freundlichkeit geteilt (vgl. Abschn. 5.4.3.1). Die Verbindung der einzelnen Wellen
wird konstruktiv durch Wellenkupplungen vorgenommen. Dabei können sowohl feste
(starre) – Abb. 5.79 – als auch elastische Kupplungen zum Einsatz kommen. Ferner
wird unterschieden zwischen schaltbaren Kupplungen (die das Zu- und Abschalten des
Antriebsstranges zum Motor ermöglichen) und nichtschaltbaren Kupplungen. Schalt-
bare Kupplungen arbeiten nach dem Prinzip des Reibschlusses. Weiter gibt es hydrau-
lische und elektromagnetische Kupplungen. Auf alle Besonderheiten der Vielfalt der
Kupplungssysteme näher einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen – es wird dies-
bezüglich auf einschlägige Literatur verwiesen, z. B. [2, 24, 26].

Abb. 5.79 Feste bzw. starre


Wellenkupplung. (Foto: AIDA)
310 5 Antriebsanlagen

Im Folgenden werden feste (starre) und elastische Kupplungen näher betrachtet, die
zur Verbindung der einzelnen Wellensegmente eingesetzt werden.
Beim Einsatz fester bzw. starrerKupplungen ist auf eine exakte Ausrichtung der
Wellenkomponenten zu achten!
Elastische Kupplungensind dagegen in der Lage, Abweichungen in Längsrichtung –
hervorgerufen durch Temperaturänderungen oder veränderliche Schubkräfte – zu kom-
pensieren. Sie gleichen Wellenbewegungen in radialer Richtung aus, hervorgerufen
durch Biegemomente (Eigengewicht, Drehschwingung). Auch können sie geringe
Winkelabweichungen zwischen zwei Wellen ausgleichen. Darüber hinaus kompensieren
sie abrupte Drehmomentschwankungen auf (z. B. durch rasche Drehzahländerungen); die
elastischen Kupplungen können derartige Stoßbelastungen durch vorübergehendes Auf-
speichern mechanischer Arbeit mildern.
Für die Berechnung von Kupplungen ist das maximal zu übertragende Drehmoment
Mt,max maßgeblich, wobei
Mt,max = k · Mt,normal (5.138)
ist, mit k dem sog. Stoßbeiwert. Der Stoßbeiwert berücksichtigt Anfahr- und Betriebs-
verhalten der Antriebsanlage; mit guter Näherung kann er im Allgemeinen mit 1,1…2,5
angenommen werden [28, S. 64 ff.].77

a) Grundlegende Normen Für Kupplungen an Antriebswellenanlagen wesentliche


technische Normen sind:

• DIN 115 Schalenkupplungen,


• DIN 116 Scheibenkupplungen,
• DIN 740 nachgiebige Wellenkupplungen,
• VDI 2240 Wellenkupplungen.

b) Schalenkupplung Schalenkupplungen gehören zu den festen Kupplungen und kom-


men bei Verbindungen von Wellen zu langen starren durchgehenden Wellenanlagen
und einem Drehmoment bis 2500 Nm zum Einsatz. Die Schalen werden auf die Wellen-
enden geklemmt, sodass das Drehmoment durch Reibungsschluss übertragen wird. Häu-
fig erfolgt eine zusätzliche Sicherung durch Passfedern (Abb. 5.80). Der Vorteil dieser
Kupplungen ist der, dass sie einen einfachen Ein- und Ausbau ohne gleichzeitigen Aus-
bau von Wellenteilen erlauben. Maße und Anzahl der Klemmschrauben sind den ein-
schlägigen Hersteller- und Lieferantenkatalogen zu entnehmen. Auswahlkriterium ist das
zu übertragende Drehmoment Mt,max:

Mt,max = FS · n · µ · D (5.139)

77Werte für k s. a. [6, Band I, S. 739].


5.4 Leistungsübertragung 311

Abb. 5.80 Schalenkupplung. (Quelle: [3])

mit
FS Anpresskraft der einzelnen Schraube,
n A nzahl der Schrauben,
μ Haftreibungskoeffizient Material Welle/Kupplung,
D Wellendurchmesser.

c) Scheibenkupplung78 Sie werden sowohl als feste (s. Abb. 5.81) wie auch als elasti-
sche Kupplungen ausgeführt (s. Abb. 5.82).
Auf jedem Wellenende ist eine Flanschnabe (Scheibe) befestigt (aufgeschrumpft mit
Keil oder geschweißt). Beide Elemente werden miteinander verschraubt. Für den rich-
tigen Sitz sorgt ein Zentrieransatz zwischen den beiden Scheiben. Die Wellen müssen
absolut fluchten (bei Kupplungen mit Zentrierbund). Die Kraftübertragung erfolgt auf-
grund der Haftreibung zwischen den beiden Kupplungsflächen (Haftreibungszahl μ ≈ 0,2
bei geschruppten Reibflächen), Momentübertragung durch Haftreibung und Formschluss
bei Verwendung von Passschrauben.
Bei Scheibenkupplungen mit elastischem Zwischenring können Lagetoleranzen aus-
geglichen werden. Sie sollten aber möglichst an der Stelle der Welle eingebaut werden,
wo ihr Biegemoment null ist (s. dazu weiter unten unter d).
In unmittelbarer Nähe von Flanschverbindungen müssen die Wellen gelagert sein.
Weitere Details:

• Vorteil gegenüber Schalenkupplung: bei gleichem Wellendurchmesser höhere Dreh-


momente übertragbar; Nachteil: Demontage schwieriger,
• für stoßhafte und wechselnde Belastung, axiale Kräfte sowie Biegebeanspruchung
geeignet (Kupplung mit elastischem Zwischenring),

78Siehe auch [58].


312 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.81 Feste Scheibenkupplung

Abb. 5.82 Elastische


Scheibenkupplung. (Quelle:
http://www.reich-kupplungen.
com)

• für hoch beanspruchte Wellen lieferbar bis 1.450.000 Nm,

• Drehzahl bei ∅Welle = 25 mm bis n = 6850 min−1,


• für Wellen bis 500 mm,

• Drehzahl bei ∅Welle = 500 mm bis n = 750 min−1.


Berechnung:

Mt,max = 0,5 · FS · n · µ · D1 (5.140)


5.4 Leistungsübertragung 313

Abb. 5.83 Welle als „Träger FH


auf zwei Stützen“

FV
FV

mit
FS Anpresskraft der einzelnen Schraube,
n Anzahl der Schrauben,
μ Haftreibungskoeffizient Material Kupplungsscheiben,
D1 Schraubenkreisdurchmesser.

d) Statische Aspekte zur Wahl der Kupplungsart Aus statischer Sicht ist bei der Wahl
der Kupplungsart zu beachten:79 Eine Welle ist statisch bestimmt gelagert, wenn die
Summe der vertikalen Kräfte, die Summe der horizontalen Kräfte und die Summe der
angreifenden Momente null ist. Eine Welle, die als ein durchlaufender Träger angesehen
werden kann (Abb. 5.83), ist daher statisch bestimmt gelagert (äußerlich statisch
bestimmt), wenn nicht mehr als drei unbekannte Auflagerreaktionen vorhanden sind.
Soll also eine Welle (Träger) auf zwei Lagern (Stützen) statisch bestimmt gelagert wer-
den, so müssen ein festes (zwei Lagerreaktionen – in Abb. 5.83 das rechte Lager –, z. B.
das in axialer und radialer Richtung wirkende Drucklager an der Kurbelwelle des Motors)
und ein bewegliches Auflager (eine Lagerreaktion – in Abb. 5.83 das linke Lager –, z. B.
das Stevenrohrlager) vorhanden sein, denn nur dann sind im ganzen 2 + 1 = 3 unbekannte
Lagerreaktionen vorhanden.
Statisch unbestimmt nennt man dagegen ein System, wenn mehr als drei unbekannte
Größen auftreten. Das ist bei langen Wellenanlagen häufig der Fall. Um unzulässige
Durchbiegungen der Welle zu verhindern, müssen zwischen Stevenrohrlager und End-
lager Zwischenlager vorgesehen werden. Das führt zur statischen Unbestimmtheit (je
nach der Anzahl der Zwischenlager zu einer entsprechenden statischen Überbestimmt-
heit: bei einem Zwischenlager einfach statisch überbestimmt, bei zwei Zwischenlagern
zweifach statisch überbestimmt usw.). Ein statisch überbestimmtes System kann zum
Teil stabiler in sich sein als ein statisch bestimmtes, ist aber komplizierter zu berechnen.
Für die Wahl der Kupplungen ist Folgendes von Bedeutung: Werden feste Kupplungen
benutzt, ist ihre Einbaustelle konstruktiv zu wählen (hier zählen in aller Regel Zweckmä-
ßigkeitsaspekte, wie z. B. Montagefreundlichkeit). Elastische Kupplungen in statisch über-
bestimmten Systemen müssen allerdings dort angeordnet werden, wo die Momentenlinie
im Lastfall Eigengewicht-Welle einen Nulldurchgang aufweist, da diese Kupplungen kaum
radiale Kräfte aufnehmen können – sie wirken als Gelenke wie in einem Gerberträger.
Durch entsprechende Anzahl und Anordnung elastischer Kupplungen kann dann
eine mehrfach gelagerte Welle wieder zu einem statisch bestimmten Wellensystem

79Vgl. vertiefend zum Folgenden auch [55].


314 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.84 Wellenanlage Drucklager

Zwischenlager

­ erden, sodass zwischen den einzelnen Teilen keine aus der Durchbiegung der Teile
w
entstehenden Kräfte übertragen werden. Die Welle ist statisch bestimmt, wenn folgende
Regeln befolgt werden:

• Die Anzahl der Gelenke (elastischen Kupplungen) ist um Eins kleiner als die Anzahl
der Felder.
• In Mittelfeldern dürfen höchsten zwei Gelenke angeordnet werden, in Endfeldern
höchstens eins.
• An Mittelfeldern mit zwei Gelenken angrenzende Mittelfelder dürfen höchstens ein
Gelenk haben.
• An Mittelfeldern mit zwei Gelenken angrenzende Endfelder dürfen kein Gelenk haben.

Der statische Aspekt der mehrfach gelagerten und unterteilten Wellenanlage wird nach-
folgend etwas näher beleuchtet.

Beispielaufgabe „Statik des Wellensystems“80


Eine 10 m lange Welle ist motorseitig in einem zweiwertigen Drucklager gelagert.
Weiter finden sich zwischen dem Drucklager und der Stevenrohrlagerung zwei wei-
tere Zwischenlager. Der Propeller (Gewicht 1,3 t) sitzt auf einem 0,4 m langen Wellen-
ende. Die gesamte Welle weist einen gleichbleibenden Durchmesser auf und kann als
gleichförmig angesehen werden mit einem Eigengewicht von 12 kN ∕ m.
Wie groß sind die Lagerkräfte? Wo befinden sich Momentennullpunkte? Das stati-
sche System kann der Abb. 5.84 entnommen werden.

Lösung: Hierbei handelt es sich statisch gesehen um einen Dreifeldträger mit


Kragarm mit ungleichen Stützweiten. Als Belastung können eine gleichförmige
Streckenlast (aus Eigengewicht der Welle) sowie eine Einzellast am Kragarmende
(Eigengewicht des Propellers) angesetzt werden.
Zur Lösung solcher und ähnlicher Belastungsfälle (z. B. gleiche Stützweiten, unter-
schiedliche Streckenlasten infolge Durchmesserunterschiede der Welle) finden sich in
der einschlägigen Literatur zur Statik81 entsprechende Lösungsansätze.

80Unter Mitarbeit v. Pfaff, R., B. Eng.


81Zum Beispiel [17] oder auch [31].
5.4 Leistungsübertragung 315

StatischesSystem und Belastungen:

Systemvereinfachung und Belastungen: Zunächst ist nur der Kragarm zu betrachten.


Infolge der angegebenen Belastung entstehen am Stevenrohrlager ein Moment und
eine Vertikalkraft.

Moment aus Streckenlast am Kragarm:

q · lK2 12 kN/m · (0,4 m)2


MK,q = − =− = −0,96 kNm.
2 2
Moment aus Propellergewicht am Kragarm:
MK,Pr = −F · lK = −13 kN · 0,4 m = −5,20 kNm.
GesamtmomentMK:
MK = MK,q + MK,Pr = −6,16 kNm.
Vertikalkraft aus Streckenlast am Kragarm:
VK,q = q · lK = 12 kN/m · 0,4 m = 4,80 kN.
Vertikalkraft aus Propellergewicht am Kragarm:
VK,Pr = F = 13 kN.
VertikalgesamtkraftVK:
VK = VK,q + VK,Pr = 17,80 kN.

VK = 17,80 kN

MK
316 5 Antriebsanlagen

Nunmehr handelt es sich statisch gesehen um einen Dreifeldträger ohne Kragarm mit
vorstehender Belastung.

Stützmomente:
Stützmomente aus Streckenlast q: Die Bestimmung der Stützmomente aus Strecken-
last erfolgt für den symmetrischen Dreifeldträger mit symmetrischer Belastung nach
folgender Gleichung [17, S. 2.14] und Einsetzen der Zahlenwerte:

ql13 + ql23 12 kN/m · (4 m)3 + 12 kN/m · (2 m)3


MB = M C = − =−
4(2l1 + 3l2 ) 4(2 · 4 m + 3 · 2 m)
= −15,43 kNm.

Stützmomente aus VK: MB = MC = 0.


Stützmomente aus MK: Hier werden die Berechnungsgleichungen für einen all-
gemeinen Dreifeldträger mit beliebigen Stützweiten und beliebiger Belastung heran-
gezogen; es gilt [17, S. 2.13]:

L3 · l3 · l2
MB =
K
und

L3 · 2l3 · (l1 + l2 )
MC = −
K
mit

K = 4(l1 + l2 ) · (l2 + l3 ) − l22 ,


K = 4(4 m + 2 m) · (2 m + 4 m) − (2 m)2 ,
K = 140 m2
und

L = −MK · (1 − 3 · β 2 )
mit
β = b/l [17, S. 2.10].
In dieser Gleichung ist l die Länge eines betrachteten Trägers, b der Abstand vom
Trägerende bis zu dem Punkt, an dem das Moment angreift. Da im vorliegenden Fall
das Moment am Trägerende angreift, ist β insofern null. Somit errechnet sich L zu:

L = −6,16 kNm · (1 − 3 · 02 ) = −6,16 kNm.


Durch Einsetzen in die vorstehenden Gleichungen für MB und MC folgt für diese:
MB = −0,35 kNm und MC = 2,11 kNm.
5.4 Leistungsübertragung 317

Insgesamt ergeben sich somit die Stützmomente MB und MC zu:


MB = −15,43 kNm − 0,35 kNm = −15,78 kNm,
MC = −15,43 kNm + 2,11 kNm = −13,32 kNm.
Berechnung der Schnittgrößen [17, S. 2.14]:
Vertikalkräfte und Feldmomente:
q · l1 MB
Va = + ,
2 l1
12 kN/m · 4 m −15,78 kNm
Va = + = 20,06 kN,
2 4m
q · l1 MB
Vbl =− + ,
2 l1
12 kN/m · 4 m −15,78 kNm
Vbl =− + = −27,95 kN,
2 4m
V2
M1 = bl + MB ,
2q
(−27,95 kN)2
M1 = − 15,78 kNm = 16,77 kNm,
2 · 12 kN/m
q · l2 Mc − MB
Vbr = + ,
2 l2
12 kN/m · 2 m −13,32 kNm + 15,78 kNm
Vbr = + = 13,23 kN,
2 2m
q · l2 Mc − MB
Vcl =− + ,
2 l2
12 kN/m · 2 m −13,32 kNm + 15,78 kNm
Vcl =− + = −10,77 kN,
2 2m
V2
M2 = br + MB ,
2q
(13,23 kN)2
M2 = − 15,78 kNm = −8,49 kNm,
2 · 12 kN/m
q · l3 MK − MC
Vcr = + ,
2 l3
12 kN/m · 4 m −6,16 kNm + 13,32 kNm
Vcr = + = 25,79 kN,
2 4m
q · l3 MK − MC
Vd =− + ,
2 l3
12 kN/m · 4 m −6,16 kNm + 13,32 kNm
Vd =− + = −22,21 kN,
2 4m
V2
M3 = cr + MC ,
2q
(25,79 kN)2
M3 = − 13,32 kNm = 14,39 kNm.
2 · 12 kN/m
318 5 Antriebsanlagen

Momentennullpunkte [17, S. 2.17] (bevorzugte Stellen zum Einbau von Kupplungen,


insbesondere elastischer Kupplungen):
Feld 1:
2MB 2(−15,78 kNm)
a1 = − =− = 0,6575 m,
q · l1 12 kN/m · 4 m
x = l1 − a1 = 4 m − 0,6575 m = 3,3425 m.
Feld 3:
 
Vcr 2M3 25,79 kN 2 · 14,39 kNm
x1,2 = ± = ± ,
q q 12 kN/m 12 kN/m

daraus folgt x1 = 0,60 m und x2 = 3,70 m.

Darstellung der Schnittgrößen Mi und Vi:


Ohne zeichnerische Darstellung des Kragarms

Mit zeichnerischer Darstellung des Kragarms

Aus der Darstellung der Schnittgrößen können die Lagerkräfte, die zur Dimensionie-
rung und Auswahl der Gleit- bzw. Wälzlager ausschlaggebend sind, ermittelt werden:
Drucklager A = 20,1 kN,
Zwischenlager B = 27,9 kN + 13,2 kN = 41,1 kN,
Zwischenlager C = 10,8 kN + 25,8 kN = 36,6 kN,
Stevenrohrlager D = 22,2 kN + 17,8 kN = 40,0 kN.

5.4.4 Stevenrohrabdichtung

Die Antriebs- oder Propellerwelle wird durch das Stevenrohr aus dem Schiffsrumpf
nach außen geführt (s. Abb. 5.75). Um den Wassereintritt in das Schiffsinnere durch
das Stevenrohr zu unterbinden, kommen verschiedene Stevenrohrdichtungssysteme zur
Anwendung.
5.4 Leistungsübertragung 319

Eine absolute Dichtheit im physikalischen Sinne gibt es nicht. Man muss sich ver-
ständigen, was man im konkreten Fall unter „dicht“ verstehen will (Moleküle, Feuchtig-
keit, Tropfen…). Diese „Dichtheit“ bezeichnet man als technische Dichtheit. Wird die
Fuge zwischen zwei abzudichtenden Teilen (hier Welle und Stevenrohr) mit einem
geeigneten Hilfsstoff (Dichtung) gefüllt und wird dieser Hilfsstoff so stark verpresst,
dass sowohl seine internen „Poren“ als auch die Mikrospalte zwischen Dichtung und
abzudichtenden Teilen so klein werden, dass der zurückzuhaltende Stoff nicht mehr
durchdringen kann, ist eine berührendeDichtung realisiert. Dichtungen, welche ohne
mechanische Berührung der beiden Teile und ohne einen festen „Zwischenstoff“ aus-
kommen, werden berührungsfreieDichtungen (auch Spaltdichtungen) genannt, die hier
jedoch nicht näher betrachtet werden.
Folgende Systeme kommen in der Schifffahrt bei Stevenrohrabdichtungen zum Einsatz:

• Gleitringdichtung,
• Radialwellendichtring.

Die Stopfbuchse findet sich allenfalls noch bei kleinen Booten oder in historischen
Fahrzeugen. Daher wird im Folgenden nur auf die Systeme Gleitringdichtung und Radi-
alwellendichtring näher eingegangen.

5.4.4.1 Gleitringdichtung
Gleitringdichtungen (GLRD) konnten sich im Laufe der Zeit – vor allem wegen ihrer
vergleichsweise geringen Leckage und Reibung – als Wellendichtungen im Bereich der
Schifffahrt durchsetzen.82
Hauptkomponenten des Systems Gleitringdichtung (Abb. 5.85) sind zwei aufeinander
gleitende Ringe (Gleitring und ein Gegenring), die axial durch eine Feder aneinander-
gepresst werden und zwischen denen sich durch hydrostatische und hydrodynamische
Effekte ein Dichtspalt mit einem Spaltmaß <  1 μm bildet. In diesem Dichtspalt befindet
sich ein Schmierfilm aus dem abzudichtenden Stoff (hier Wasser oder Öl), der die Funk-
tion der Gleitringdichtung maßgeblich beeinflusst. Der Abstand zwischen den zwei Flä-
chen hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem die Beschaffenheit
der Gleitflächen, der abzudichtende Druck sowie die Gleitgeschwindigkeit. Der Schmier-
film führt zu einer Verringerung der Reibung, was einen Verschleiß der Gleitflächen
praktisch verhindert [59].
Ein möglicher Verschleiß der Gleitflächen wird durch Nachrücken aufgrund des
Federdrucks automatisch ausgeglichen; GLRD sind somit wartungsfrei.
Einer der beiden Ringe sitzt starr im Stevenrohr, der andere ist mithilfe von Verdreh-
sicherungsstiften auf der Welle befestigt. Gleitwerkstoffe sind in der Regel aus Kohlen-
stoffgraphitwerkstoffen, Metall, Keramik, Kunststoff oder kunstharzgebundenem
Kohlenstoff.

82Zum Folgenden näher auch [12].


320 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.85 Schnitt durch eine


drehrichtungsunabhängige,
einfachwirkende
Gleitringdichtung. 1
Gewindestift, 2 O-Ring
(Sekundärdichtung), 3
Spannstift als Verdrehsicherung
für den Gleitring (4), 4
Gleitring, 5 Gegenring, 6
O-Ring (Sekundärdichtung), 7
Gehäusewand bzw. Stevenrohr
(nur angedeutet), 8 Spannstift
als Verdrehsicherung für den
Gegenring (5), 9 Antriebs-
bzw. Propellerwelle, 10
Federn. (Quelle: Silberwolf,
CC BY-SA 2.5)

Zum Teil sind Gleitringdichtungen so konzipiert, dass sie ohne Trockendockaufent-


halt gewartet werden können [51].
Während die zu erwartende Leckage aufgrund der vielfältigen Einflüsse nur schwer
zu berechnen ist, lässt sich die Reibleistung P zwischen den Gleitflächen von Stan-
dard-GLRD und damit das Moment mittels der Beziehung
P = f · κ · �p · v · A (5.141)
und
pf
κ =k+ (5.142)
�p

mit
f Reibungszahl,
κ Belastungsfaktor,
Δp Druckdifferenz,
v Gleitgeschwindigkeit,
A Gleitfläche,
pf Federpressung,
k Flächenverhältnis
5.4 Leistungsübertragung 321

Abb. 5.86 Bereich 1

Reibungszahl f
der Reibungszahlen von
Standardgleitringdichtungen.
(Quelle: [12, S. 22])

0,1

0,01
10–8 10–7 10–6 10–5

(κ, pf, A und k sind Kenngrößen der GLRD) sowie dem Diagramm (Abb. 5.86)
abschätzen.
Die vorstehenden Gleichungen verdeutlichen, dass schmale Gleitflächen (kleines
A) und entlastete Gleitringdichtungen (Flächenverhältnis k < 1) zu höheren Leistungs-
grenzen (p-v-Wert) führen. Deshalb kommen für Drücke >  1,5 MPa praktisch nur ent-
lastete GLRD zum Einsatz.

5.4.4.2 Radialwellendichtringe
Radialwellendichtringe [12] sind Lippendichtungen, wobei die Primärdichtlippe radial
an einem drehenden Teil anliegt. Das klassische, bekannteste und sehr häufig eingesetzte
Element dieser Gruppe ist der Elastomerradialwellendichtring RWDR, landläufig
auch Simmerring genannt (s. Abb. 5.87). Bei gut schmierender Flüssigkeit, optimaler
Umspülung und geeignetem Werkstoff sind RWDR bis 35 m ∕ s Gleitgeschwindigkeit ein-
setzbar. Die Dichtwirkung des RWDR basiert auf einem elastohydrodynamischen Rück-
fördereffekt. Dieser beruht auf den beiden unterschiedlichen Dichtkantenwinkeln α und
β und einem charakteristischen Berührflächenverschleiß. Die abzudichtende Flüssigkeit
muss immer auf der Seite mit dem größeren Dichtkantenwinkel α sein. Wird auf der
Seite mit dem kleineren Dichtkantenwinkel β Flüssigkeit angeboten, so wird diese auf
die Seite mit dem großen Dichtkantenwinkel gepumpt. Radialwellendichtringe sind also
aktive Dichtelemente und können deshalb leckagefrei abdichten.
Abb. 5.88 zeigt einige Bauformen von RWDR nach DIN.
Form A mit gummiertem Versteifungsring bringt bessere Sekundärdichtheit und
geringere Toleranzempfindlichkeit. Form AS und Form D haben sogenannte Schutz-
lippen (AS berührungsfrei, D flach gestellt mit geringer Anpressung). Schutzlippen min-
dern den Flüssigkeits- und Schmutzanfall von der Bodenseite her.
322 5 Antriebsanlagen

Gehäuse

Versteifungsring

Membran
Zugfeder Stirnseite
Bodenseite
abzudichtende
Flüssigkeit

β α
Welle

Federhebelarm hf
Berührbreite b

Abb. 5.87 Elastomerradialwellendichtring (RWDR) mit wichtigen Bezeichnungen. (Quelle: [12,


S. 16])

Abb. 5.88 Bauformen nach


DIN 3760/3761. (Quelle: [12,
S. 16]) Form A Form AS Form D

Alle RWDR-Bauformen gibt es auch mit Drall. Drall sind makroskopische Rückför-
derstrukturen auf der Bodenseite der Dichtkante (Winkel β). Sie verbessern das Dichtver-
mögen von RWDR wesentlich.
RWDR nach DIN 3760/3761 und ähnliche Elemente sind nur zur Abdichtung nahezu
druckloser Flüssigkeiten geeignet. Sind mehr als ca. 0,02 MPa (was beispielsweise bei
Kreuzfahrt- oder Containerschiffen mit Tiefgängen von zum Teil >  7 m der Fall sein
kann) abzudichten, kommen Radialwellendichtringbauformen, wie in Abb. 5.89 gezeigt,
zum Einsatz.
Typ a (Abb. 5.89) ist ein RWDR mit verkürzter und verstärkter Membran, Typ b ein
Sonderring aus Elastomer ohne Federanpressung und Typ c eine Manschettendichtung
mit einer Manschette aus PTFE-Compound. Diese Ringe sind deshalb druckbelastbar,
weil sie eine „kleine“ druckbelastete Wirkfläche (gegeben durch Abstand x zwischen
Dichtkante und niederdruckseitiger Wand) und eine größere Stabilität haben. Mit die-
sen Dichtelementen sind Drücke bis 1 MPa bei relativ geringer Gleitgeschwindigkeit
beherrschbar. Mit Dichtsystemen wie d und e mit Dichtringen aus PTFE sind aufgrund
ihrer besonderen Gestaltung (kleiner Wert x) Drücke bis 3 MPa bei Gleitgeschwindig-
keiten bis 12 m ∕ s (gleichzeitig) abdichtbar.
5.4 Leistungsübertragung 323

Abb. 5.89 Druckbelastbare a b c


Radialwellendichtungen.
x
(Quelle: [12, S. 17])

d e

PTFE p

Entlastung

PTFE-Manschettendichtungen kommen immer dann zum Einsatz, wenn die


Temperaturstabilität oder die chemische Beständigkeit elastomerer Werkstoffe nicht
mehr ausreicht oder wenn schlecht schmierende Fluide abzudichten sind (so auch Meer-
wasser).

Die Wellenlauffläche [77] DieWellenoberfläche, auf der die Dichtkante des Wellen-
dichtrings läuft, ist entscheidend für die Dichtigkeit des Systems. Sie muss so glatt
sein, dass ein übermäßiger Verschleiß durch Abrieb an der Dichtlippe vermieden wird.
Üblicherweise werden Oberflächenrauigkeiten von Ra = 0,2–0,8 μm (Rz = 1–5 μm,
Rmax < 6 μm) empfohlen. Derartige Oberflächengüten werden z. B. durch drallfreies
Schleifen im Einstich erreicht (vgl. DIN 3760/3761).
Hinsichtlich der Härte der Wellenoberfläche wird mindestens 55 HRC83 empfohlen.

Reibleistungsverlust Durch die Reibung der Dichtlippe auf der Welle tritt ein Reib-
leistungsverlust auf, der nach folgender Gleichung berechnet werden kann:
P = f · pm · π · b · d · v · n (5.143)

83Härte-Rockwell-Cone, ein Härteprüfverfahren, bei dem ein kegelförmiger Prüfkörper zur Mes-

sung der Eindringtiefe benutzt wird.


324 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.90 Reibungszahlbereich 1


von RWDR mit ω = Flüssigkeits-
Winkelgeschwindigkeit und reibung

Reibungszahl f
0.5
η = dynamische Viskosität im
Dichtspalt. (Quelle: [12, S. 18]) 0.3
Mischreibung
0.2

0.1
10–8 10–7 10–6 10–5
G=η·ω/pm

mit
f Reibungszahl,
pm mittlere Flächenpressung,
b Berührbreite,
d Abdichtdurchmesser,
v Umfangsgeschwindigkeit,
n Anzahl der Lippendichtungen.
Die Reibungszahl f ist abhängig von der „Gümpelzahl“ G. Abb. 5.90 zeigt den Reibungs-
zahlbereich von RWDR in Abhängigkeit von G. Hiermit kann die Reibleistung P eines
RWDR abgeschätzt werden.
Für eine erste Abschätzung kann von einer mittleren Flächenpressung pm = 1 N/mm2
bei einer Berührbreite von b = 0,15 mm ausgegangen werden.

Beispiel
Wellenanlage mit drei Lippendichtungen; d = 350 mm, n = 150 min−1, f = 0,4. Wie
groß sind Reibmoment und Reibleistung?

Lösung: Aus Gl. 5.143 folgt unter Einsetzen der gegebenen Werte:

P = 0,4 · 1 N/mm2 · π · 0,15 mm · 350 mm · 2749 mm/sec · 3,


P = 544 W,

wobei

v = d · π · n = 350 mm · π · 150/60 sec−1 = 2749 mm/sec.

Weitverbreitet sind Lippendichtungssysteme, bei denen das Stevenrohr sowohl nach


außen zum Wasser hin als auch nach innen zum Maschinenraum abgedichtet wird
(Abb. 5.91). Der Zwischenraum ist über einen Behälter, der sich oberhalb der Wasser-
linie befindet, mit Öl gefüllt. Hierdurch wird zweierlei erreicht: Zum einen wird das
5.4 Leistungsübertragung 325

Mit Öl gefüllter Hoch-


behälter oberhalb des
Wasserspiegels

Laufbuchse/Gleitlager

Abb. 5.91 Prinzip der inneren und äußeren Stevenrohrabdichtung mit Lecküberwachung durch
Ölfüllung

Dichtungssystem mit Öl geschmiert, zum anderen zeigt ein fallender Ölstand im Hoch-
behälter eine Undichtigkeit im Dichtungssystem an. Durch das Anbringen des Hoch-
behälters oberhalb der Wasserlinie herrscht im Raum zwischen der inneren und äußeren
Dichtung, gegenüber dem Wasserdruck von außen, ein minimal höherer Druck. Bei einer
Undichtigkeit würde somit Öl nach außen austreten.
Bekannte Vertreter dieser Einbauart sind Stevenrohrabdichtungen nach den SIM-
PLEX-Systemen [64]. Abb. 5.92 zeigt die automatische Überwachungseinheit einer
SIMPLEX-Compect-Stevenrohrabdichtung.
Die SC2, auch Simplex-Compact 2000 genannt, gehört zu den letzten Entwicklungen
der ölgeschmierten Stevenrohrabdichtungen; sie ist die zurzeit bevorzugte Technologie
in Hochseeschiffen. Hauptmerkmale der SC2 sind [65]:

• Umfangsgeschwindigkeit der Laufbuchsen bis zu 10 m ∕ s,


• uneingeschränkter Tiefgang der Schiffe,
• Tolerieren von Axial- und Radialverschiebungen,
• Betriebszeiten bis zu 6000 h ∕ Jahr,
• Klassifizierungszeiträume bis zu 10 Jahre.

Die SC2-Abdichtung kann auch als komplett geteilte Version geliefert werden, um einen
Austausch der gesamten Abdichtung inklusive der Laufbuchse ohne das Ziehen der
Welle zu ermöglichen. Das Gehäuse der hinteren Abdichtung ist außerdem axial geteilt.
Die geteilten Abdichtungskomponenten erlauben einen einfachen und schnellen Service
und sind daher ideal, um Zeit und Kosten im Trockendock zu sparen.
326 5 Antriebsanlagen

Abb. 5.92 Überwachungseinheit der SIMPLEX-Compact-Stevenrohrabdichtung. (Bild: AIDA)

Die SC2-Abdichtungen sind in unterschiedlichen Grundausführungen erhältlich und


können entsprechend besonderen Anforderungen angepasst werden.
Eine Abwandlung der in Abb. 5.91 dargestellten prinzipiellen Lecküberwachung mit-
tels Hochbehälter (bei der bei einer Undichtigkeit der äußeren Abdichtung Öl ins Wasser
austreten würde) ist das „Leakproof“-System von SIMPLEX. Hierbei ist der Stevenrohr-
hochtank in einer Weise angeordnet, dass der Öldruck im Stevenrohr etwas unterhalb
des Seewasserdrucks liegt. Die Ölkammer der Abdichtung ist über zwei Leitungen durch
das Stevenrohr mit einem 50-Liter-Setztank verbunden. Bei rotierender Welle bewirkt
der Zirkulator ein Zirkulieren des Öls. Wasser, welches bedingt durch extreme Betriebs-
bedingungen des Schiffes oder durch Leckage in die Ölkammer eingedrungen ist, wird
durch die Leitungen zum Setztank abgeleitet, von wo aus es in die Bilge entleert werden
kann.
Die Materialwahl für die Dichtungsringe ist hauptsächlich abhängig von den Einsatz-
bedingungen des Schiffes. Dazu zählen der Öldruck im Stevenrohr, die Dichtringgröße,
der Abstand zwischen der Mitte der Welle und der Tiefladelinie sowie die Wellendreh-
zahl.
Folgende SC2 Dichtringmaterialien kommen zum Einsatz:

• P Perbunan, max. Druck 1 bar,


• P+ Perbunan mit Druckregulierung, max. Druck 1,6 bar,
• VB+ Viton Blank mit Druckregulierung, max. Druck 2,4 bar,
• VB-Pod+ Viton Pod mit Druckregulierung, max. Druck 2,4 bar, für Anlagen mit
hohen Temperaturen und aggressiven Ölen (normalerweise in POD-Antrieben und bei
Einsatz von speziellen Bioölen (EAL–VGP 2013)),
• VS+ Viton Superlip mit Druckregulierung, Druck mehr als 2,4 bar.
Literatur 327

Ferner haben sich wassergeschmierte Gleitringdichtungen etabliert, die gegenüber der


o. g. Ölkammerdichtung den Vorteil haben, dass im Falle einer Undichtigkeit kein Öl ins
Gewässer austritt.

Einbau von Radialwellendichtringen Damit die Dichtringe im Betrieb einwandfrei


funktionieren, sind bei der Installation Sachkenntnis, geeignete Werkzeuge wie auch die
Sauberkeit von besonderer Bedeutung. Welle und Stevenrohr müssen sauber und frei von
Spänen, Staub etc. sein.
Um einen einfachen Einbau des Dichtrings und bei Anlaufen der Propellerwelle eine
Anfangsschmierung sicherzustellen ist es empfehlenswert, den Dichtring vor dem Ein-
bau nach Herstellerangaben einzufetten. Während der Außendurchmesser von Wellen-
dichtringen mit Metallgehäuse für einen einfacheren Einbau leicht geschmiert werden
kann, sollte der Außendurchmesser von Dichtungen mit Elastomeraußenmantel stets
geschmiert werden.
Bei Dichtringen mit schleifender Schutzlippe kann der Raum zwischen Dicht- und
Schutzlippe mit einem Schmierfett gefüllt werden, um das Reibungsmoment zu redu-
zieren. Dies gilt nicht für Dichtringe aus Silikonkautschuk bzw. mit hydrodynamischer
Dichthilfe, mit Ausnahme der SKF-WAVE-Dichtlippenkonstruktionen.
Zum Einpressen der Dichtringe in die Gehäusebohrung wird die Verwendung einer
hydraulischen Einpressvorrichtung und geeigneter Einpresswerkzeuge empfohlen. Dabei
ist grundsätzlich darauf zu achten, dass die Einbaukraft möglichst nahe und gleichmäßig
verteilt am Außenmantel des Dichtrings angreift.
Beim Pressen von Dichtungen gegen eine Schulter oder einen Sicherungsring sollten
Werkzeuge verwendet werden. Beim Einbau von Dichtringen auf abgesetzten Wellen,
deren Schulter nicht mit der empfohlenen Anfasung bzw. Abrundung versehen werden
kann, muss eine Montagehülse verwendet werden. Wenn der Dichtring über Federnuten,
Gewinde oder eine Verzahnung montiert werden muss, sorgen dünnwandige Montage-
hülsen für die Unversehrtheit der Dichtkante. Der Außenmantel der Montagehülsen ist
mit dem gleichen Schmierstoff einzustreichen wie der Dichtring und die Gegenlauf-
fläche. Radialwellendichtringe aus Silikonkautschuk sind stets mit Montagehülse zu ins-
tallieren [66].
Im Anhang 16 wird eine Matrix zur Störungsursachenklärung im SIMPLEX-COM-
PACT-Stevenrohrabdichtungssystem für den Schiffsbetrieb dargestellt.

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Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme
6

Das Bild eines Maschinenraums im Schiff wird außer dem/den Antriebsmotor(en), der/
den Antriebswelle(n) und ggf. den Getrieben auch von Rohrleitungen, Ventilen, Pum-
pen und anderen Aggregaten bestimmt. Als wesentliche Manövriereinrichtung ist die
Ruderanlage zu nennen. Ferner gehören weitere zum Teil spezielle auf den Schiffstyp
und auf sein Aufgabenspektrum bezogene Einrichtungen und Anlagen zum Betrieb des
Schiffes.
Die wichtigsten Hilfssysteme und Betriebsanlagen werden in den folgenden
Abschnitten beschrieben.

6.1 Ruderanlage

Durch das Ruder wird ein Schiff in die Lage versetzt, seinen Kurs zu halten oder die
Richtung zu ändern. Die Steuerwirkung auf das Schiff wird durch das gelegte Ruder
im Fahr- und im Propellerstrom erreicht (s. Abb. 6.1). Im Anhang 17 findet sich eine
Auswahl konstruktiver Ruderausführungen.
Die bei gelegtem Ruder wirkenden Steuerkräfte ergeben sich aus der Druckverteilung
um das Ruderblatt, welches heute überwiegend eine Tropfenform hat. Der Ruderlage-
winkel wird allgemein mit dem Formelzeichen δ bezeichnet (Abb. 6.2). Der optimale
Ruderlagewinkel, bei dem das Ruder seine maximale Ruderkraft erwirkt, liegt – je nach
Ruderblattform – bei etwa 35–38°.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 331
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_6
332 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.1 Ruder eines


Frachters, direkt hinter dem
Propeller angeordnet. (Foto:
Brosen, CC BY 2.5)

Abb. 6.2 Schiff mit gelegtem


Ruder

6.1.1 Größe der Ruderfläche

Die Ruderfläche A ist überschlägig abhängig von der Lateralfläche des Schiffs (verein-
facht: Schiffslänge LWL multipliziert mit seinem Tiefgang T; [63]).1
Für völlige Schiffe gilt
1 1
A= bis LWL · T , (6.1)
30 40
für scharfe Schiffsschnitte gilt
1
A= LWL · T . (6.2)
50

1Die Bauvorschriften der Klassifizierungsgesellschaften können hiervon abweichende Gleichungen


vorsehen.
6.1 Ruderanlage 333

Abb. 6.3 Kräfte am CR


Ruderblatt
FR YR

XR Schiffslängsachse

6.1.2 Berechnung der Ruderkraft und des Rudermoments

Durch die Schräganströmung des gelegten Ruders entsteht eine Kraft senkrecht zur
Ruderfläche, die Ruderkraft FR.2
Die Ruderwirkung wird von der Ruderseitenkraft YR (senkrecht zur Schiffslängs-
richtung) und einer Kraft in Schiffslängsrichtung XR bestimmt (vgl. Abb. 6.3). Die
Ruderkraft FR stimmt näherungsweise mit der Ruderquerkraft CR (der Auftriebskraft am
profilierten Ruderblatt) überein (für Plattenruder kann daher FR = CR gesetzt werden).
Zur Berechnung der Ruderkraft, auch Ruderdruck, gibt es in der Literatur verschiedene
Lösungsansätze, die in der Regel empirisch gewonnen wurden. Die Bauvorschriften der
Klassifizierungsgesellschaften weisen zum Teil weitere, abweichende Formeln dazu auf,
mit dem Ergebnis, dass – je nachdem, welchem Ansatz gefolgt wird – zum Teil erhebliche
Abweichungen zu verzeichnen sind.
Weitverbreitet ist der Ansatz nach Joessel [10, S. 248].
Diese Gleichung ist jedoch zu modifizieren, da die Joessel-Gleichung die Ruderkraft
noch in kg ermittelt; mithin ist das Ergebnis noch mit der Erdbeschleunigung g zu multi-
plizieren:

20 · A · v2 · sin δ kg m
FR = · 9,81 2 [N]. (6.3)
0,2 + 0,3 · sin δ s
Die auf das Ruderblatt in seinem Flächenschwerpunkt wirkende Ruderkraft FR (bzw.
beim profilierten Ruder CR) ist hierbei also abhängig von der Ruderfläche A (m2), dem
Ruderlagewinkel δ und der Schiffsgeschwindigkeit v (m/s).
Ein weiterer Ansatz geht von der Theorie des Widerstandes umströmter Körper in
einem Fluid aus. Hierbei findet sowohl die Dichte des Wassers (Meer- oder Süßwasser;
s. Tabelle in Anhang 2) und eine von der Ruderblattgestaltung abhängige Konstante K
Eingang:

2Vertiefend dazu auch [22].


334 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Tab. 6.1  Werte der Fahrtbereich Wellenhöhe H (m)


signifikanten Wellenhöhe
IN (0) 0
IN (0,6) 0,6
IN (1,2) bis IN (2,0) 1,2–2,0

ρ 2
FR = · v · sin 2δ · A · K [N]. (6.4)
2
Die Konstante K bestimmt sich wie folgt:
� · (� + 0,7)
K = 2π · · sin δ, (6.5)
(� + 1,7)2
wobei � = h2 /A das Seitenverhältnis des Ruders ist [22, S. 4].
A ist die Gesamtfläche des Ruderblatts, h die Ruderhöhe.
Eine andere Möglichkeit zur Berechnung der Ruderkraft CR (N) für Binnenschiffe
erfolgt nach einer Formel des ehemaligen GL3:

CR = 28,86 · (1 + n)0,15 · A · v2 · r1 · r2 · r3 [N] (6.6)


mit
n  = Navigationskoeffizient = 0,85 · H (H ist die signifikante Wellenhöhe – s. Tab. 6.1),
v  = der Schiffsgeschwindigkeit (km/h),
r1 = Formfaktor, wie folgt:
+2
r1 = , (6.7)
3
Λ = Faktor (nicht größer als 2), wie folgt:

h2
= . (6.8)
A
h   = durchschnittliche Höhe der Ruderfläche (m),
A   = Ruderfläche (m2),
r2 = Koeffizient, zu ermitteln aus Tab. 6.2,
r3 = Koeffizient, wie folgt:
 = 0,8 für Ruder außerhalb des Propellerstrahls (Mittelruder bei Zweischrauben-
schiffen oder ähnliche Fälle),
 = 1,15 für Ruder hinter einer festen Propellerdüse,
 = 1,0 in anderen Fällen.

3Vgl. Bauvorschrift GL I 2 Schiffstechnik – Binnenschiffe Abschn. 7, Nr. 3.


6.1 Ruderanlage 335

Tab. 6.2  Faktoren r2 für diverse Ruderprofile


Ruderprofiltypen r2 für Vorausfahrt r2 für Rückwärtsfahrt
NACA 00 – Göttinger Profile 1,10 0,80

Hohlprofile 1,35 0,90

Profile ohne Wölbung 1,10 0,90

Hochleistungsruder 1,70 1,30

Fischschwanzprofile 1,40 0,80

Einplattenruder 1,00 1,00


336 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Ein Vergleich beider Lösungsansätze zeigt, dass in Gl. 6.3 der Ruderlagewinkel als
bestimmende Größe Einfluss auf die Ruderkraft hat, Gl. 6.4 und 6.6 dagegen im Wesent-
lichen die Profilierung des Ruders berücksichtigen.
Für Seeschiffe sieht die GL-Bauvorschrift I-1-1 eine weitere Berechnungsgleichung vor:

CR = 132 · A · v2 · κ1 · κ2 · κ3 [N] (6.9)


mit
A  Rudergesamtfläche (m2),
=
v = Schiffsgeschwindigkeit (kn),
κ1 = Faktor, abhängig vom Seitenverhältnis Λ des Ruderblatts,
κ2 = Ruderprofilfaktor (s. Tab. 6.2),
κ3 = Ruderanordnungsfaktor (s. oben Werte für r3).
Wurden früher die aufzuwendenden Kräfte vom Steuerrad auf das Ruderblatt durch
­Ketten- oder Seilzüge erreicht (heute eigentlich nur noch bei kleinen Traditionsfahr-
zeugen oder im Sportbootbereich; s. Abb. 6.4), kommen heute hydraulische Ruder-
maschinen zum Einsatz (Abb. 6.5).
Das von der Rudermaschine zu erzeugende Rudermoment MR ergibt sich aus dem
Hebelarm r und der Ruderkraft FR bzw. CR:
MR = FR · r [Nm]. (6.10)

Abb. 6.4 Übertragung der Steuerraddrehung auf das Ruder mittels Kettenzug
6.1 Ruderanlage 337

Abb. 6.5 Hydraulische Rudermaschine

Der Hebelarm r ergibt sich aus dem Abstand zwischen dem Flächenschwerpunkt
(Druckpunkt) des Ruders und der Drehachse (Mitte Ruderschaft) mit
 
AF
r =b· α− . (6.11)
A
(Hinweis: Der Hebelarm r ist nicht kleiner als 0,1b für Vorausfahrt anzunehmen.)
b  = mittlere Breite der Ruderfläche (m),
α  = 0,33 für Vorausfahrt,
α  = 0,66 für Rückwärtsfahrt,
AF = Fläche (m2) des Ruderblattes vor der Mittellinie des Ruderschafts (s. rote Fläche
in Abb. 6.6),
A  = Gesamtfläche des Ruderblattes (s. rote und blaue Fläche in Abb. 6.6).

6.1.3 Kortdüse

Eine Kortdüse ist ein konisch zulaufender, tragflügelähnlich profilierter Ring, der den Pro-
peller umgibt. Durch den Einsatz einer Kortdüse werden die Strömungsverhältnisse an den
Enden der Propellerblätter optimiert, wodurch ein höherer Massenstrom erzielt wird. Dies
führt zu einer Steigerung des Wirkungsgrades. Sowohl durch den größeren Massenstrom
als auch durch den ruhigeren Nachstrom erfolgt eine optimale Anströmung des Ruders.
338 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.6 Flächenanteile


Ruderblatt

Kortdüsen können drehbar gelagert und somit direkt als Ruder verwendet werden
(Abb. 6.7). In der Sportschifffahrt und bei anderen Kleinfahrzeugen nutzt man Kortdü-
sen oft auch als Schutzvorrichtung für den Propeller gegen Beschädigung durch Treibgut
und/oder Grundberührung.

Berechnungsbeispiel Ruder
Ein Einschraubenmotorschiff wird angegeben mit einer Länge Lwl von 107 m und einem
Tiefgang T = 5,45 m; Höchstgeschwindigkeit v = 17 kn (= 31,5 km/h = 8,75 m/s). Das
Ruder kann als Hohlprofil (s. Tab. 6.2) angenommen werden. Der effektive Ruderlage-
winkel δ liegt bei 35°. Wie groß sollte seine Ruderfläche sein?

Lösungsansatz: Das Schiff kann als scharf geschnitten angesehen werden. Nach Gl.
6.2 ergibt sich demnach eine Fläche von
1 1
A= Lwl · T = A = 107 m · 5,45 m,
50 50
A = 11,6 m2 .
Wie groß ist die Ruderkraft (zu ermitteln nach GL-Gleichung für Seeschiffe) bei
Vorausfahrt?
Aus Gl. 6.9, Tab. 6.2 und oben stehenden Ausführungen zu r3 folgt:

CR = 132 · A · v2 · κ1 · κ2 · κ3 = 132 · 11,6 m2 · 172 kn2 · κ1 · 1,35 · 1.


6.1 Ruderanlage 339

Abb. 6.7 Drehbare Kortdüse

Der Faktor κ1 ist abhängig vom Seitenverhältnis Λ des Ruderblatts; hier wie folgt
angenommen (vgl. Gl. 6.7 und 6.8 für Binnenschiffe):
�+2 2+2
r1 = κ1 = = = 1,3.
3 3
Somit ergibt sich eine Ruderkraft CR = 777 kN.
Eine Rechnung nach der modifizierten Joessel-Gleichung (6.3) liefert folgendes
Ergebnis:

20 · A · v2 · sin δ kg m
FR = · 9,81 2 ,
0,2 + 0,3 · sin δ s
20 · 11,6 m2 · 8,752 m2 /s2 · sin 35◦ kg m
= ◦
· 9,81 2 ,
0,2 + 0,3 · sin 35 s
FR = 269 kN.

Diese beiden Rechnungen verdeutlichen die unterschiedlichen Ergebnisse, je nachdem,


welchem Lösungsansatz gefolgt wird.
340 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

6.2 Stabilisierungssysteme

6.2.1 Einleitung

Die Rollbewegungen eines Schiffes4 erschweren zum einen das Kurshalten des Schif-
fes, zum anderen können sie bei Passagieren und der Besatzung die Seekrankheit hervor-
rufen. Vor allem auf Passagierschiffen finden sich daher Stabilisierungssysteme, um
den Passagieren und der Besatzung einen höheren Komfort zu bieten. Aber auch auf
Fähren und Frachtschiffen, bei denen durch Verrutschen der Ladung (sog. Übergehen
der Ladung) größere Schäden entstehen könnten oder gar ein Kentern des Schiffes zu
befürchten wäre, kommen derartige Systeme zum Einsatz. Ferner ist bei Kriegsschiffen
von Bedeutung, dass mit Stabilisatoren die Sicherheit bei Landung von Flugzeugen oder
Hubschraubern verbessert wird und die Treffgenauigkeit der Waffensysteme größer ist,
je weniger das Schiff im Augenblick des Abschusses rollt.

6.2.2 Schlingerkiele

Schlingerkiele sind an beiden Seiten eines Schiffes fest angeschweißte flache Stahl-
profile, die die rollenden Bewegungen des Schiffes um dessen Längsachse dämpfen sol-
len (Abb. 6.8). Meist wird ein senkrecht auf den Rumpf aufgeschweißtes Hollandprofil5
als Schlingerkiel verwendet. Die Schlingerkiele sind in der Position der Kimm, also dem
Übergang des Schiffsbodens in den Seitenwänden angebracht. Sie verlaufen meist nur im
Bereich des parallelen Mittelschiffes, also auf der größten Breite des Schiffsrumpfes.

6.2.3 Flossenstabilisatoren

Hierbei handelt es sich um beidseitig im Rumpf versenkbar angebrachte, bewegliche


stromlinienförmige Flossen, wobei das Prinzip des Auftriebs um einen umströmten Trag-
flügel genutzt wird (s. Abb. 6.9).
Die Anstellwinkel der Flossen werden elektrohydraulisch an die Rollbewegung des
Schiffes angepasst. Dabei wird anhand von Geschwindigkeit, Krängungswinkel, Winkel-
geschwindigkeit und Winkelbeschleunigung des Schiffes die Flossenstellung optimiert. Die
Parameter ändern sich mit der Größe, dem Gewicht und der Zuladung des Schiffes. Die-
ses System besticht durch seine gute Wirksamkeit, hat jedoch den Nachteil, dass sich bei
abnehmender Schiffsgeschwindigkeit auch die Auftriebswirkung der Flossen verringert.

4Drehungen um die Schiffslängsachse.


5Profil nach EN 10067.
6.2 Stabilisierungssysteme 341

Abb. 6.8 Schlingerkiel am Modell des Schlachtschiffs Bismarck

6.2.4 Rolldämpfungstanks

Dem Rollen wird durch einen regulierbaren Austausch von Wasser über mit Roh-
ren verbundene Tanks auf der Steuerbord- und Backbordseite entgegengewirkt (Abb.
6.10). Diese Tanks sind unten mit einem Überlaufkanal und oben mit einer Luftpendel-
leitung verbunden. Aufgrund der Rollbewegung fließt das Wasser stets von einem Tank
in den anderen. Die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers in den Verbindungsrohren
der Tanks wird abhängig vom Krängungswinkel, der Winkelgeschwindigkeit und der
Winkelbeschleunigung optimal angepasst. So wird erreicht, dass immer in dem Tank,
dessen Seite sich durch das Rollen gerade aufwärtsbewegt, die größere Wassermasse ent-
halten ist als im anderen Tank (vgl. Abb. 6.10). Dadurch wird der Rollbewegung ent-
gegengewirkt. Die optimale Steuerung der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers wird
durch eine computergesteuerte Regelung der Überstromventile in der Luftpendelleitung
erreicht.
Eigenschaften des Rolldämpfungstanks:

• weniger effektiv als Flossenstabilisatoren,


• funktioniert auch, wenn das Schiff keine Fahrt durchs Wasser macht,
• hoher Platzbedarf innerhalb des Schiffes,
• auch Ausgleich von Krängung bei Kurvenfahrt und durch Ladung.
342 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.9 Wirkprinzip der


Flossenstabilisatoren (Fin
Stabilizer). (Bild: Tosaka, CC
BY-SA 3.0)

Abb. 6.10 Prinzipskizze eines Rolldämpfungstanks

6.3 Krängungsausgleich und Ballastwassersysteme

Bei Leerfahrt oder Fahrt mit nur sehr wenig Ladung kann die Stabilität der Schiffs-
struktur, insbesondere bei schwerem Wetter, durch die Zustände Sagging und Hogging
durch hohe Druck- und Zugspannungen gefährdet sein.
Sagging (Abb. 6.11a) lässt sich mit „Durchsacken“ übersetzen. Es beschreibt die Biege-
belastung, die auf die Struktur eines Schiffes wirkt, wenn die Wellenlänge etwa der des
Schiffes entspricht. Hierbei befinden sich Bug und Heck zugleich auf den Wellenbergen.
Infolgedessen steigt dort lokal die Auftriebskraft des Wassers, während in der Schiffs-
mitte, im Wellental, die Auftriebskraft deutlich abnimmt. Hierdurch treten Biegekräfte auf,
6.3 Krängungsausgleich und Ballastwassersysteme 343

Abb. 6.11 a Sagging,


b Hogging

Abb. 6.12 Prinzip des Ballastwassersystems. (Bild: Mxxl 2, CC BY-SA 3.0)

­ elche im Bereich des Kiels zu hohen Zugkräften und im Decksbereich (Hauptgurtung) zu


w
Stauchungskräften führen. Hogging (Abb. 6.11b) beschreibt den Zustand, in welchem sich
Heck und Bug im Wellental und die Schiffsmitte auf dem Wellenberg befinden.
Um diese Zustände zu vermeiden, wird Ballastwasser aufgenommen. Geflutet und
gelenzt werden die Ballasttanks über Seeventile, die zweckmäßigerweise über den See-
kästen (Öffnungen in der Schiffswand unterhalb der Wasserlinie) angeordnet sind. Die
Ballastwasserpumpe befindet sich unterhalb der Wasserlinie und braucht daher nicht
selbstansaugend ausgeführt werden.
Ballastwassertanks befinden sich überwiegend im Doppelboden des Schiffes, können
aber auch seitlich angeordnet sein (s. Abb. 6.10 und 6.12). Durch gezieltes Füllen und
344 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Lenzen der Boden- und seitlichen Hochtanks (ähnlich der Rolldämpfungstanks – vgl.
Abschn. 6.2.4) kann auch ein Längstrimm und ein Krängungsausgleich (Quertrimm),
erforderlich durch entsprechende Ladungszustände, vorgenommen werden.
Hinsichtlich der Auslegung von Pumpen und Rohrleitungen wird auf Abschn. 6.4
­verwiesen.

6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen

6.4.1 Pumpen

An Bord von Schiffen findet sich eine Vielzahl von Pumpen, um die verschiedensten
Medien zu fördern: Kühlwasser, Öl im Schmiermittelkreislauf, Brauchwasser, Lösch-
wasser, Ballastwasser etc. Je nach Einsatzgebiet und Aufgabe kommen unterschiedliche
Pumpensysteme zum Einsatz.

6.4.1.1 Allgemeines über Pumpen


Die Aufgabe von Pumpen besteht in der Förderung von Flüssigkeiten von einem nied-
rigeren auf ein höheres Niveau oder aus einem Raum niedrigen Drucks in einen Raum
höheren Drucks. Das niedrige Niveau ist in der Schifffahrt durch den Flüssigkeitsspiegel
des befahrenen Gewässers, eines Raumes im Schiff (z. B. die Bilge) oder eines Behälters
gegeben, dem die Flüssigkeit entnommen wird. Das höhere Niveau wird durch den
Flüssigkeitsspiegel eines Hochbehälters (z. B. Seitenballastwassertanks, Ladetanks) oder
durch die Druckleitung (z. B. Feuerlöschleitung) bestimmt, in die die Pumpe fördert.
Pumpen werden nach ihrem Funktionsprinzip in zwei Hauptgruppen unterteilt: Ver-
drängerpumpen und Strömungspumpen. In diesen Gruppen erfolgt eine weitere Unter-
teilung nach der Bauart; im Schiffbau überwiegend gebräuchlich sind die Kreisel-,
Zahnrad- und Kolbenpumpe.

6.4.1.2 Theoretische Grundlagen
Die theoretische Förderhöhe (Saughöhe) Hth (das ist die theoretisch maximale
Saughöhe) einer Pumpe liegt bei Wasser und zur freien Atmosphäre hin geöffnetem
Saugbehälter bei etwa 10 m. Das ergibt sich aus folgender Beziehung:
Die hydrostatische Grundgleichung wird nach der Höhe h umgestellt:
p1 = p0 + ρ · g · h, (6.12)

p1 − p0
h= , (6.13)
ρ·g

mit h = Hth folgt


6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 345

�p
Hth = (6.14)
ρ·g
mit
ρ  = Dichte des Fördermediums in kg/m3 (z. B. Wasser = 1 kg/m3),
g  = der örtlichen Erdbeschleunigung in m/s2 (als Durchschnittswert 9,81 m/s2),
p1 = Luftdruck, der von außen auf die Flüssigkeitssäule wirkt (z. B.
1 bar = 101,325 · 103 Pa),
p0 = Druck durch Ansaugen über dem Medium (bei absolutem Vakuum im Pumpen-
raum = 0 bar),
somit:
101,325 · 103 Pa − 0 Pa
Hth = = 10,33 m.
1000 kg/m3 · 9,81 m/s2
Die theoretische Saughöhe ist demnach von den lokal herrschenden Bedingungen des
Luftdrucks und der örtlichen Erdbeschleunigung wie auch von der Dichte des Förder-
mediums abhängig; reale Saughöhen für Wasser liegen bei ca. 7 m.

Beispiel
Eine Lenzpumpe soll aus der Bilge Wasser fördern. Die Dichte des Bilgenwassers
kann mit 1021 kg/m3 angenommen werden, der herrschende Luftdruck beträgt
1023 mbar. Das Schiff befindet sich gerade am Äquator – dort beträgt die Erd-
beschleunigung6 nur 9,78 m/s2. Wie groß ist die theoretische Saughöhe Hth?

Lösung: Durch Einsetzen der gegebenen Zahlenwerte in Gl. 6.12 ergibt sich:

1,023 · 105 kg · m3 · s2
Hth = = 10,2 m.
m · s2 · 1021 kg · 9,78 m
Die theoretische Saughöhe läge demnach bei 10,2 m.

Die Nutzförderhöhe HN ist der Höhenunterschied zwischen dem Saug- und Druckflüssig-
keitsspiegel. Die Nutzförderhöhe setzt sich aus der Saughöhe HS und der Druckhöhe HD
zusammen (Abb. 6.13).
HN = HS + HD . (6.15)
Die Saughöhe bei Kolbenpumpen ist der senkrechte Abstand zwischen dem Flüssigkeits-
spiegel im Saugbehälter bzw. der freien Flüssigkeitsoberfläche (z. B. das umgebende
Meerwasser) und der Dichtfläche des Druckventils. Die Druckhöhe ist der senkrechte

6Vgl. dazu auch [48].


346 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.13 Saughöhe und


Druckhöhe
HD

HS

Abstand vom Druckventil zum Flüssigkeitsspiegel des Druckbehälters, des Hoch-


behälters bzw. des freien Auslaufs der Druckleitung.
Bei Kreiselpumpen ist die Saughöhe der senkrechte Abstand zwischen dem Flüssig-
keitsspiegel im Saugbehälter bzw. der freien Flüssigkeitsoberfläche (z. B. das umgebende
Meerwasser) und der Mitte der Pumpenwelle. Die Druckhöhe ist der senkrechte Abstand
von der Wellenmitte zum Flüssigkeitsspiegel des Druckbehälters, des Hochbehälters
bzw. des freien Auslaufs der Druckleitung.
In den Rohrleitungen sind Widerstände zu überwinden, die sich als Druckverluste
bemerkbar machen (vgl. dazu auch Abschn. 6.4.2). Sie sind abhängig von der

• Art des Rohres,


• Rohrlänge,
• dem Rohrdurchmesser bzw. der Strömungsgeschwindigkeit des Fluids,
• Anzahl und Art der Ventile und Armaturen,
• Anzahl von Rohrbögen,
• Art des Saugkorbs.

Die Summe der in den Rohrleitungen auftretenden Widerstände wird als Verlusthöhe HV
bezeichnet:
HV = HVS + HVD (6.16)
mit
HVS   Widerstände der Saugleitung in m,
HVD Widerstände der Druckleitung in m.
Die manometrische Förderhöhe Hman ist die Summe der Nutzförderhöhe HN und der
Widerstände der Saug- und Druckleitungen, also der Verlusthöhe HV:
Hman = HN + HV . (6.17)
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 347

Hat man die manometrische Förderhöhe errechnet und sind die inneren Widerstände der
Pumpe bekannt, kann die Gesamtförderhöhe, also die maximal mögliche Förderhöhe von
Flüssigkeitsoberfläche des anzusaugenden Mediums bis zum höchsten Punkt der Druck-
leitung bzw. des Flüssigkeitsspiegels im Hochbehälter, bestimmt werden:
H = Hman + Z, (6.18)
wobei Z die inneren Widerstände der Pumpe als Druckverluste in m angegeben werden.

6.4.1.3 Nutzleistung von Pumpe und Leistung des Pumpenmotors


Sind die Gesamtförderhöhe H, die Fördermenge Q und die Dichte ρ der Flüssigkeit
bekannt, kann die Nutzleistung der Pumpe PW, das ist die Pumpenwellenleistung, nach
folgender Gleichung berechnet werden:
PW = (Q · �p)/η = (Q · ρ · g · H)/η (6.19)
mit
PW Leistung an der Pumpenwelle (W),
Q Fördervolumen (m3/s),
ρ Dichte des Fördermediums (kg/m3)
Δp Gesamtdruckverlust (Pa),
g Erdbeschleunigung (9,81 m/s2),
H Förderhöhe der Pumpe,
η Wirkungsgrad der Pumpe.
Die erforderliche Leistung des Pumpenmotors errechnet sich dann wie folgt:
PM = PW /ηM (6.20)
mit ηM dem Wirkungsgrad des Motors.

6.4.1.4 Verdrängerpumpen
Verdrängerpumpen sind Pumpen, bei denen ein hin- und hergehender (oszillierender)
Kolben (Verdränger) die Flüssigkeit ansaugt und fortdrückt. Dazu wird das Medium
durch in sich geschlossene Volumina gefördert, eine Verhinderung des Zurückströmens
wird durch Rückschlagventile oder -klappen erreicht. Außer durch konstruktionsbe-
dingte Undichtigkeiten kann somit das Fluid auch im Stillstand die Pumpe nicht gegen
die Förderrichtung durchströmen. Verdrängerpumpen sind in der Regel selbstansaugend,
wobei die maximale Ansaughöhe (geodätische Saughöhe) durch das erreichbare
Vakuum, den örtlichen Luftdruck, die Dichte des Mediums und die zu überwindenden
Strömungswiderstände begrenzt wird. Verdrängerpumpen sollten auf der Druckseite
nicht abgesperrt werden, sofern nicht z. B. durch Überdruck- oder Bypassventile ver-
hindert wird, dass sich ein unzulässig hoher Druck im System aufbaut. An Bord werden
sie z. B. als Lenz- und Speisewasserpumpen eingesetzt.
348 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.14 Prinzip


Kolbenpumpe

patm

Bekannter Vertreter dieses Pumpentyps ist die (Hub-)Kolbenpumpe.7


Ihre Saugwirkung beruht dabei auf der treibenden Kraft des atmosphärischen Luft-
drucks, die das Wasser in den Pumpenraum drückt (Abb. 6.14). Trotz unterschiedlicher
Bauweisen folgen alle Kolbenpumpen demselben Funktionsprinzip:
Erster Takt: Ansaugen. Dabei wird durch die Kolbenbewegung das Volumen des
Zylinderraums vergrößert, in dem System entsteht ein Unterdruck. Das Einlassventil öff-
net sich, der atmosphärische Druck lässt das Fördermedium nachströmen (Prinzip der
Herstellung thermodynamischer Gleichgewichte).
Zweiter Takt: Der Kolben bewegt sich in den Zylinderraum hinein und verringert sein
Volumen. Das Saugventil schließt, das Auslassventil öffnet und das Fluid wird heraus-
gedrückt.
Das theoretische Fördervolumen Qth bei absoluter Dichtheit, druckverlustfreier
Förderung und theoretischer Inkompressibilität errechnet sich nach folgender Zahlen-
wertgleichung:

d2 · π n
Qth = ·s· ·z [m3 /s] (6.21)
4 60
mit
d = Zylinderdurchmesser in m,
s   = Kolbenhub in m,
n = Drehzahl des Exzentertriebs in min−1,
z   = Anzahl der Zylinder.
Da in der Praxis weder absolute Dichtheit (Dichtungen, Ventile) noch völlige
Inkompressibilität aufgrund der in den Flüssigkeiten gelösten Gase vorliegen, wird der

7Näher dazu und zu den unterschiedlichen Bauarten der Kolbenpumpe s. a. [19, S. 213] sowie Bouché

„Kolbenpumpen“ in [6, Band II, S. 247].


6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 349

dadurch entstehende Unterschied zwischen dem theoretischen Fördervolumen und dem


tatsächlichen Fördervolumen Q durch den Liefergrad oder den volumetrischen
Wirkungsgrad ηL bzw. ηV berücksichtigt:
Q
ηL = . (6.22)
Qth
Übliche Werte für ηL liegen bei 0,9–0,98.
Der hydraulische Wirkungsgrad ηH einer Kolbenpumpe ist das Verhältnis der tat-
sächlichen Förderhöhe zur theoretischen Förderhöhe und berücksichtigt in der Pumpe
auftretende Druckverluste, Reibungsverluste und Undichtigkeiten:
H
ηH = . (6.23)
Hth
Übliche Werte für ηH liegen zwischen 0,85 und 0,98.
Der mechanische Wirkungsgrad ηM ist das Verhältnis der indizierten Pumpen-
leistung Pi zur Antriebsleistung PM:
Pi
ηM = . (6.24)
PM
Die mechanischen Verluste sind Reibungsverluste in den beweglichen Pumpenteilen
(Kolbenabdichtung, Lagerreibung u. a.). Übliche Werte für ηM liegen bei 0,88–0,95.
Die indizierte Pumpenleistung Pi wird vom Pumpenhersteller bestimmt und ergibt
sich aus dem indizierten Pumpendruck pi, welcher messtechnisch ermittelt wird.
Zur Vermeidung von Beschleunigungsverlusten, hervorgerufen durch die Beschleunigung
der Flüssigkeitssäulen in der Saug- und Druckleitung, werden bei Kolbenpumpen häufig
Windkessel installiert. Die Druck- und Volumenschwankungen durch den oszillierenden Kol-
ben werden dadurch ebenfalls gemindert. Der Windkessel besteht aus einem Speicher mit
Luftpolster.
Weitere Bauformen von Verdrängerpumpen sind:

• Doppelkolbenpumpe,
• Membranpumpe,
• Axialkolbenpumpe,
• Radialkolbenpumpe,
• Schlauchpumpe,
• Zahnradpumpe,
• Schraubenpumpe,
• Drehkolbenpumpe.

Häufigster Vertreter der rotierenden Verdrängerpumpen ist die Zahnradpumpe (Abb. 6.15).
Bei diesen Pumpen drehen zwei kämmende Zahnräder, wobei die Zähne das Förder-
medium verdrängen. Die Abdichtung vom Druck- zum Saugraum erfolgt im Innern der
350 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.15 Geöffnete


Zahnradpumpe

Pumpe durch das Kämmen der Zähne, im Außenraum zwischen der Zahnoberkante und
dem Gehäuse. Ventile und Windkessel sind nicht erforderlich. Sie kommen hauptsächlich
im Schmierstoffkreislauf zum Einsatz.
Das theoretische Fördervolumen Q̇th errechnet sich nach folgender Gleichung:
π2
 
π
Q̇th = · dK2 − c2 − dg2 · ·b·n (6.25)
2 3 · Z3
mit
dK = Kopfkreisdurchmesser in m,
c = Achsabstand in m,
dg 
= Grundkreisdurchmesser in m,
Z = Zähnezahl,
b = Breite des Zahnrades in m,
n = Drehzahl in 1/s.
Der tatsächliche Volumenstrom Q ist kleiner als der theoretische Volumenstrom, da ein
Teil des Fördermediums über die kämmenden Zähne und über den Umfang der Räder
in den Saugraum zurückfließt und ein geringer Teil über Lager und Dichtungssystem
nach außen tritt. Diese Verluste werden durch den Liefergrad oder auch volumetrischen
Wirkungsgrad ηL definiert:

ηL = . (6.26)
Q̇th
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 351

Elektroantriebsmotor
Druckstutzen
Wellendichtung

Saugstutzen

Pumpenrad

Grundplatte Spiralgehäuse

Abb. 6.16 Prinzip Kreiselpumpe mit Antriebsmotor. (Abbildung: Mokery J., CC BY-SA 3.0)

6.4.1.5 Strömungspumpen
Bekanntester Vertreter der Strömungspumpen und an Bord von Schiffen häufig anzu-
treffen ist die Kreiselpumpe (Abb. 6.16).
Sie nutzt die Fliehkraft, um die Flüssigkeit zu fördern. Aus diesem Grund wird sie
auch Zentrifugalpumpe genannt. Das zu fördernde Medium tritt über das Saugrohr in
die Kreiselpumpe (Spiralgehäuse) ein, wird vom rotierenden Pumpenrad erfasst und auf
einer Spiralbahn nach außen getragen. Die dadurch aufgeprägte nach außen abnehmende
Radialgeschwindigkeit der Flüssigkeit führt zu einem nach außen zunehmenden Druck
innerhalb der Pumpe, der die Flüssigkeit in das tangential am Spiralgehäuse angeordnete
Druckrohr befördert. Bei entsprechender Gestaltung von Laufrad und Gehäuse können
auch mit Feststoffen vermischte Flüssigkeiten (z. B. Schmutzwasser) gefördert werden.
Ein Maß für die zulässige Feststoffgröße ist der sogenannte Kugeldurchgang, angegeben
als maximaler Durchmesser der Kugel, die die Pumpe passieren könnte.
Standardkreiselpumpen sind, anders als die Verdrängerpumpen, nicht selbst-
ansaugend. Sie müssen daher vor dem Anlaufen mit dem Fluid gefüllt sein. Dazu werden
sie im Zustrom des zu fördernden Mediums installiert. Ist das nicht möglich, müssen die
Pumpe und die Saugleitung z. B. mittels einer Kolbenpumpe vor dem Anlaufen gefüllt
werden. Eine Sonderbauform der Kreiselpumpe, die Seitenkanalpumpe (Abb. 6.17), ist
allerdings selbstansaugend; ein Befüllen vor dem Anlaufen ist nicht notwendig.
Kreiselpumpen8 haben aber gegenüber den Kolbenpumpen den Vorteil, dass sie
kontinuierlich fördern und die Fördermenge stufenlos bei konstanter Antriebsdrehzahl
(durch Drosselung) oder durch Änderung der Drehzahl geregelt werden kann.
Trotz unterschiedlicher Ausführungen des Pumpengehäuses, Anordnung von Saug-
und Druckstutzen, Anzahl und Form der Laufräder und Leiteinrichtungen in der Pumpe

8Vertiefend dazu [2].


352 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.17 Seitenkanalpumpe


mit NPSH-Vorstufe. (Foto:
Chris1207/SERO, CC BY-SA
3.0)

Abb. 6.18 Schnitt durch eine einstufige Kreiselpumpe mit E-Motor. (Quelle: Bich und Kaselow
[2])

folgen sie alle einem grundsätzlichen Aufbauprinzip. Es umfasst im Allgemeinen zwei


Schaufelsysteme, von denen das eine mit dem Gehäuse (Leiteinrichtung) verbunden ist
und ruht, während das andere mit der Antriebswelle verbunden ist und umläuft (Laufrad).
In Abb. 6.18 ist eine einstufige Kreiselpumpe dargestellt; einstufig deshalb, weil
nur ein Laufrad vorhanden ist, dem das Fördermedium zuströmt. Mit einer einstufigen
Pumpe können im Durchschnitt Förderhöhen von etwa 150 m WS erreicht werden [9, S.
8], was einem Druck von ca. 15 bar entspricht.
Nach der Erreichbarkeit des maximalen Druckes spricht man auch von
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 353

• Niederdruckpumpen: bis etwa 1 bar,


• Mitteldruckpumpen: bis etwa 6 bar,
• Hochdruckpumpen: >6 bar.

Der Fördervorgang einer Kreiselpumpe, deren Gehäuse und Saugrohr mit dem
Fördermedium gefüllt sein muss, da sie nicht selbstansaugend ist, erfolgt wie folgt: Wird
das Laufrad gedreht, so wird infolge der Zentrifugalkraft das im Laufrad befindliche
Fluid nach außen gefördert und gelangt durch die Leiteinrichtung in die Druckleitung.
In der Laufradmitte entsteht gegenüber dem Druck auf der Oberfläche des Flüssigkeits-
spiegels der anzusaugenden Flüssigkeit ein Unterdruck, durch den weitere Flüssigkeit
über die Saugleitung der Pumpe zuströmt.
Ist die verlangte Förderhöhe bzw. der verlangte Druck so groß, dass eine einstufige
Pumpe nicht ausreichend ist, so schaltet man mehrere Laufräder hintereinander und
bezeichnet solche Pumpen als mehrstufige Kreiselpumpen.
Die Kennlinie einer Kreiselpumpe beschreibt den Zusammenhang zwischen Druck-
erhöhung bzw. Förderhöhe und Fördermenge (s. Abb. 6.19). Der höchste Druck wird
bei einer Kreiselpumpe theoretisch bei der Fördermenge null erzeugt. Das ist dann der
Fall, wenn die Pumpe gegen einen geschlossenen Schieber fördert. Kombiniert mit der
Kennlinie des angeschlossenen Rohrnetzes ergibt sich der Arbeitspunkt als Schnittpunkt
von Pumpen- und Rohrnetzkennlinie. Durch Hintereinanderschaltung mehrerer Kreisel-
pumpen addiert sich der Förderdruck, durch Parallelschaltung die erzielbare Förder-
menge. Drehzahländerungen der Pumpen verändern sowohl die Fördermenge als auch
den Druck und damit die Leistungsaufnahme.
Abhängigkeitsgesetze von Förderstrom, Förderhöhe und Antriebsleistung einer Pumpe
von ihrer Drehzahl:

• Q ∼ n,
• h ∼ n2,
• P ∼ n3.

Abb. 6.19 Kennlinie einer


Förderhöhe h[m]

Kreiselpumpe. (Grafik:
Konwiki, CC BY-SA 3.0)
Druck/

Rohrkennlinie/
Netzkennlinie

Arbeitspunkt/ Betriebspunkt
hgeo.
Kennlinie der Pumpe

. .
Fördermenge Q oder V [m3/h]

hgeo. = geodätische Höhe


354 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Die Förderhöhe im Arbeitspunkt einer Pumpe ergibt sich aus dem Schnittpunkt der Kennlinie
der Pumpe mit der Kennlinie der Rohrleitung, die sich aus dem statischen (geodätischen)
Höhenunterschied (Hgeo) und den reinen Strömungsverlusten HV zusammensetzt.
Folgende Parameter charakterisieren die Kreiselpumpe:

Fördermenge Q (m3/h)
Förderhöhe H (m)
Kupplungsleistung P (W)
Wirkungsgrad η
Haltedruckhöhe NPSH am Eintritt (m)
Drehzahl n (min−1)

Weiterhin ist der sog. NPSH-Wert charakteristischer Parameter einer Kreiselpumpe.


Nach DIN EN ISO 12723 lautet der Begriff Haltedruckhöhe. NPSH (m) ist die
Abkürzung für die englische Bezeichnung Net-Positive-Suction-Head (zu Deutsch:
„nettopositive Saughöhe“ oder auch „Gesamthaltedruckhöhe“; [44]).
Der NPSH ist verknüpft mit dem Begriff der Kavitation; er stellt neben Förderhöhe,
Fördermenge und Leistungsbedarf eine der wichtigsten Betriebsgrößen einer Pumpe dar.
Man unterscheidet den NPSH der Anlage (NPSHA oder NPSHvorh) und den NPSH der
Pumpe (NPSHP oder NPSHerf). Durch einfachen Vergleich von NPSHvorh mit NPSHerf
ist es möglich zu beurteilen, ob die Betriebssicherheit einer ausgewählten Pumpe für die
betreffende Anlage gegeben ist oder nicht. Für einen kavitationsfreien Betrieb muss gelten:
NPSHvorh > NPSHerf . (6.27)
Diese Forderung muss über den gesamten zulässigen Förderbereich einer Pumpenanlage
erfüllt sein; sie ist es, wenn NPSHvorh um einen Sicherheitszuschlag – üblicherweise
0,5 m – größer ist als der Wert für NPSHerf.

6.4.1.6 Wartung und Pflege von Kreiselpumpen


Grundsätzlich sollte das Fördermedium bestimmte Strömungsgeschwindigkeiten in Rohr-
leitungen und in der Pumpe selbst zum Schutz vor Ablagerungen nicht unterschreiten [2].
Das gilt insbesondere für Kreiselpumpen, die Fördermedien mit Feststoffen fördern:

• Wasser normal verschmutzt: 1,0 m/s,


• Wasser mit Sand (Sandpartikel < 0,1 mm): 1,5 m/s,
• Wasser mit Sand (Sandpartikel < 0,6 mm): 2,5 m/s.

Weiterhin ist bei Wartung und Betrieb von Pumpen Folgendes zu beachten:
Saugleitung und Kreiselpumpe müssen vor Inbetriebnahme gefüllt werden. In der
Regel werden Kreiselpumpen daher – soweit möglich – unterhalb des Spiegels der zu
fördernden Flüssigkeit installiert. Beim Befüllen müssen die sich am höchsten Punkt
der einzelnen Pumpenstufen befindlichen Entlüftungsventile geöffnet und so lange
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 355

Tab. 6.3  Störungsmatrix für Pumpen


Störung Ursache
Pumpe fördert nicht Nicht richtig aufgefüllt; zu geringe Drehzahl; Wellendichtung undicht;
Fußventil (Saugventil) der Kolbenpumpe undicht
Zu geringer Zu geringe Drehzahl; Wellendichtung undicht; falsche Drehrichtung; star-
­Förderstrom ker Verschleiß der Innenteile (Kavitation); Viskosität der Flüssigkeit zu
hoch; Fuß- und/oder Druckventil der Kolbenpumpe undicht
Lagererwärmung Undichte Wellenabdichtung; trockengelaufenes Lager; Pumpe zum Motor
schlecht ausgerichtet; ungenügende Schmierung
Wellenabdichtung Stopfbuchse als Wellenabdichtung undicht: Packung verbraucht; Welle
undicht bzw. Wellenhülse hat Riefen, schiefes Anziehen der Stopfbuchsbrille;
Unwucht in der Welle; bei Gleitringdichtung: Dichtung defekt, wechseln
Knatterndes Geräusch Luft in der Pumpe, Fördermenge ist zu groß
in der Pumpe

o­ffengehalten werden, bis Flüssigkeit herausfließt. Bei selbstansaugenden Kreisel-


pumpen und bei Kolbenpumpen ist das Füllen nur bei der ersten Inbetriebnahme oder
nach längerem Stillstand erforderlich.
Beim Anfahren einer Kreiselpumpe muss der Druckschieber geschlossen sein. Erst
wenn der Betriebsdruck erreicht ist (Druckanzeige!), kann der Schieber geöffnet werden.
Auf ausreichende Schmierung der Lager ist zu achten (Ölstandsanzeige prüfen!).
Kreiselpumpen mit sog. Sperrflüssigkeit in der Wellenabdichtung müssen vor Inbetrieb-
nahme mit Sperrflüssigkeit gefüllt werden. Der gesonderte Sperrflüssigkeitskreislauf ist
zu entlüften und auf Dichtheit zu prüfen. Der richtige Drehsinn der Kreiselpumpe (in
der Regel durch Pfeil auf dem Pumpengehäuse kenntlich gemacht) ist unbedingt ein-
zuhalten. Das ist insbesondere nach Austausch des Elektroantriebsmotors zu prüfen
(Polung und Drehrichtung des Motors!).
Ferner darf eine Pumpe nicht trocken laufen, da dann die Gefahr des Undichtwerdens
der Wellenabdichtung bzw. der Kolbendichtung bei Kolbenpumpen besteht. Die Dicht-
heit der Dichtungen ist z. B. beim Rondengang optisch zu prüfen.
Tab. 6.3 zeigt häufige Ursachen für Störungen des Pumpenbetriebs auf.

Beispiel Pumpenberechnung
Eine Pumpe mit einer Leistung von 1 kW soll 4000 L Wasser (ρ = 1 kg/m3) 5 m
hochpumpen. Der Gesamtwirkungsgrad der Anlage beträgt 80 %. Wie lange dauert
der Pumpvorgang?

Lösung: Heranzuziehen ist hier Gl. 6.19. Der Volumenstrom Q ist das zu fördernde
Volumen von 4000 L in der gesuchten Zeit t. Insofern ist in Gl. 6.19 „Q“ durch „V/t“
zu ersetzen und diese Gleichung nach „t“ umzustellen:

1000 kg · 9,81 m · 5 m · 4 m3
t= = 245,45 s = 4,1 min.
1000 W · m3 · s2 · 0,8
356 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

6.4.2 Rohrleitungen und Armaturen

6.4.2.1 Rohrleitungen

a) Allgemeines
Rohre und Rohrleitungen werden nach ihren Nennweiten (Innendurchmesser bzw. lichte
Weite des Rohres) und nach ihren zulässigen Betriebsdrücken eingeteilt.
Die Angabe der Nennweite erfolgt nach EN ISO 6708 durch die Bezeichnung DN (frz.
„diamètre nominal“), gefolgt von einer ungefähr dem Innendurchmesser in Millimeter
entsprechenden dimensionslosen Zahl. Sie ist eine Kenngröße für zusammengehörige
Teile, wie Rohre, Flansche, Formstücke und Armaturen.
Beispiel: DN 125 nach DIN EN 10357-Reihe 2 ist ein Rohr mit dem Außendurch-
messer von 129 mm und einer Wanddicke von 2 mm (Innendurchmesser somit 125 mm).
Oder ein Rohr mit folgender Bezeichnung: DN 125 nach EN ISO 1127-Reihe 1 ist
ein Rohr mit dem Außendurchmesser von 139,7 mm und einer Wanddicke von 2,6 mm
(Innendurchmesser somit 134,5 mm).
Wie die Beispiele zeigen, kann der tatsächliche Innendurchmesser von der Nenn-
weite oft um einige Millimeter abweichen. Insofern kann nur dann mit Sicherheit davon
ausgegangen werden, dass sich Rohre verschiedener Hersteller kombinieren lassen,
wenn die Angabe der Nennweite unter Hinweis auf die gleiche Norm geschieht. Die
Abweichungen erklären sich dadurch, dass die Wanddicken der traditionell für Sanitär-
installationen genutzten Stahlrohre mit steigender Druckstufe nach innen wachsen, d. h.,
der freie Querschnitt nimmt ab. Da so der Außendurchmesser gleich bleibt, können auf
Rohre mit gleicher Nennweite die gleichen Gewinde geschnitten werden. Dadurch lassen
sich für alle Druckstufen auch die gleichen Rohrmuffen (Fittings) benutzen.
Nur bei sehr dickwandigem Rohr für sehr hohen Druck wächst der Außendurchmes-
ser. Dasselbe gilt für Leitungen aus glasfaserverstärktem Kunststoff (meistens Kunst-
harz): Diese werden um einen Dorn oder ein Kunststoffrohr (Inliner) gewickelt; deshalb
muss hier die Wanddicke nach außen wachsen.
Nach ANSI9 wird die Nennweite in NPS (Nominal Pipe Size) in Zoll angegeben. Ein
Rohr von NPS 2 entspricht in etwa der Nennweite DN 50.
Neben der Nennweite ist auch der Nenndruck eine das Rohr beschreibende Angabe.
Die Angabe erfolgt nach DIN, EN, ISO durch die Bezeichnung PN (Pressure Nomi-
nal) gefolgt von einer dimensionslosen ganzen Zahl, die den Auslegungsdruck in bar
bei Raumtemperatur (20 °C) angibt. Der bei einer bestimmten Temperatur zulässige
Betriebsdruck wird üblicherweise in Prozent des Nenndruckes angegeben. Bei höheren
und tieferen Temperaturen ist, bedingt durch die Abnahme der zulässigen Werkstoff-
kennwerte (Streckgrenze), der zulässige Druck entsprechend geringer. PN 10 zum Bei-
spiel bezeichnet eine Rohrleitung mit dem höchstzulässigen Druck von 10 bar bei einer
Fluidtemperatur von 20 °C.

9ANSI = American National Standards Institute.


6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 357

Nach EN 1333 sind bestimmte Nenndruckstufen festgelegt: PN 2,5, PN 6, PN 10, PN


16, PN 25, PN 40, PN 63, PN 100, PN 160, PN 250, PN 320 und PN 400. Nach der
Nenndruckstufe richten sich die Wanddicke der Rohre und auch die Abmessungen der
Flansche innerhalb der Rohrleitung.
Im amerikanischen Normensystem (ASME B 16.5) sowie auch als Alternative in
europäischen Normen kann statt PN die Bezeichnung Class verwendet werden. In die-
sem Normensystem bedeutet die Class-Bezeichnung eine Belastbarkeit des Rohres durch
die Angabe von festgelegten Druck-Temperatur-Kombinationen. Bei den Class-Angaben
erfolgten die Druckangaben ursprünglich in psi, heute jedoch auch in bar.
Class-Stufen: Class 25, Class 75, Class 150, Class 250, Class 300, Class 600, Class
900, Class 1500, Class 2500 und Class 4500.

b) Kennzeichnung von Rohrleitungen nach dem Durchflussstoff


DieKennzeichnung von Rohrleitungen auf Schiffen ist wichtig, um die Sicherheit zu
jeder Zeit zu gewährleisten. Unfälle, Verletzungen und Schäden an Maschinen und Aus-
rüstung können durch Personen verursacht werden, die nicht über die durch die Rohre an
Bord fließenden Medien Kenntnis haben.
Wird beispielsweise in der chemischen Industrie die Kennzeichnung von Rohr-
leitungen nach ihrem Durchflussstoff nach DIN 2403 vorgenommen, schreibt die
Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehr, Dienststelle Schiffssicherheit, die
Kennzeichnung nach DIN EN ISO 14726 vor10. Danach müssen Rohrleitungen in
Betriebsräumen eindeutig und dauerhaft gekennzeichnet sein, wenn durch Verwechseln
in Verbindung mit Inhalt, Temperatur oder Druck Gefahren entstehen können. Da die
Rohrleitungen bei der Indienststellung des Schiffes einheitlich in hellen Farbtönen aus-
geführt werden, ist – um Verwechslungen vorzubeugen – eine zusätzliche farbliche
Kennzeichnung erforderlich. Diese soll ein schnelles Erkennen der in der Rohrleitung
beförderten Betriebsstoffe und der Strömungsrichtung ermöglichen.
Die DIN EN ISO 14726-1 spezifiziert die Basisfarben für die Kennzeichnung von Subs-
tanzen in Rohren. DIN EN ISO 14726-2 spezifiziert zusätzliche Farbkodierungen, die
eine detaillierte Kennzeichnung der Stoffe ermöglicht.
Die genannte ISO-Norm gilt für Schiffe mit Kiellegung am oder nach dem 01.10.2004.
Vorhandene Standards von Werften oder Reedereien werden nach der genannten BG-­
Vorschrift weiterhin akzeptiert, wenn die Hauptfarben der ISO-Norm entsprechen.
Die Kennzeichnung kann durch farbliche Klebestreifen (Abb. 6.20) oder durch
Anstrich der gesamten Leitung in der entsprechenden Farbe erfolgen.
Wenn für die Gruppe der Brennstoffe, Öle und Schlämme/Abwässer eine weitere
Unterscheidung über die Hauptfarben hinaus erfolgen soll, so sind weitere Kennfarben
gemäß dem Anhang zu der genannten BG-Vorschrift zu verwenden (Abb. 6.20 und
Anhang 19).

10D.6 Kennzeichnung von Rohrleitungen auf Seeschiffen – Anhang 5, BG Verkehr, Dienststelle


Schiffssicherheit, Stand 02/2012, Fundstelle: [34].
358 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.20 Kennzeichnung


eines Rohres nach dem
Durchflussstoff – hier
Ballastwasser. (Foto: AIDA)

In Tab. 6.4 sind die Medien mit den zugehörigen Hauptfarben dargestellt.
Hinweise zur Rohrkennzeichnung:

• mindestens eine Markierung in jedem Raum,


• an jedem Punkt, an dem die Rohre durch eine Wand, Decke oder Boden verlaufen,
• in der Nähe eines jeden Ventils,
• alle drei bis fünf Meter (manchmal verlangen die Behörden/Klassifikationsgesell-
schaften zusätzliche Markierungen),
• Pfeile, um die Fließrichtung anzuzeigen,
• eine zusätzliche Angabe des Mediums in Form von Text macht den Inhalt des Rohres
noch deutlicher.

In Anlehnung an die Norm DIN ISO 14726:2010-10 wird zur farblichen Kennzeichnung
von Rohrleitungen an Bord folgende Farbgebung von der ebu11 empfohlen (Tab. 6.5).

c) Druckverluste in Rohrleitungssystemen
Der Druckverlust (auch Druckabfall) in Rohrleitungssystemen ergibt sich aus den
Einzelverlusten (hervorgerufen durch Wandreibung und Dissipation) aller Rohrleitungs-
teile, wie Rohre, Formstücke und Armaturen, ferner aus dem Einfluss der geodätischen
Höhe und aus Querschnittsänderungen.

11ebu = European Barge Union, „Empfehlung zur farblichen Kennzeichnung von Rohrleitungen

für Tankschiffe“ [37].


6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 359

Tab. 6.4  Hauptfarben und Hauptfarbe Medium RAL-Nr.


Medien
Schwarz Verschmutzte Mediena 9005
Blau Frischwasser 5015
Braun Kraftstoff 8001
Grün Seewasserb 6018
Grau Nichtbrennbare Gase 7001
Rotbraun Massen (trocken u. feucht)c 8015
Orange Öle, andere als Kraftstoffe 2003
Silber Dampf 9006
Rot Feuerlöschmedien 3000
Violett Säuren, Laugen 4001
Weiß Luft in Lüftungsanlagen 9010
Gelb-Ocker Brennbare Gase 1021
a Schwarzwasser, Grauwasser, Altöl, Abgas
b für Schiffe mit unterschiedlichen Fahrtgebieten (See-/Fluss-
schiffe) alles Wasser von Außenbords
c ausgenommen Pulver und Schaum zur Feuerbekämpfung

Tab. 6.5  Kennzeichnung von Rohrleitungen an Bord von Tankschiffen


Inhalt der Leitung Hauptfarbe/Zusatzfarbe RAL-Nr.
Feuerlöschwasser Rot/Grün/Rot 3000/6018/3000
Sprühwasser (Berieselung) Rot/Violett/Rot 3000/4001/3000
Trinkwasser Blau/Grün/Blau 5015/6018/5015
Ballastwasser Grün/Violett/Grün 6018/4001/6018
Dieselkraftstoff Braun/Gelb/Braun 8001/1021/8001
Abdampf Silber/Weiß/Silber 9006/9010/9006
Zudampf Silber/Gelb/Silber 9006/1021/9006
Gasabfuhr Gelb (nur Hauptfarbe) 1021
Stickstoff Grau/Grün/Grau 7001/6018/7001
Druckluft Grau/Orange/Grau 7001/2003/7001
Atemluft Grau/Weiß/Grau 7001/9010/7001
Thermalöl Orange/Blau/Orange 2003/5015/2003
Hydraulikflüssigkeit Orange/Grau/Orange 2003/7001/2003

Bei Gasen ist noch die Volumenänderung durch Expansion zu berücksichtigen. Sie kann
jedoch vernachlässigt werden, sofern der Druckabfall nur einige Prozent des absoluten
Drucks beträgt. Unter dieser Voraussetzung können die Berechnungen der Druckverluste
für flüssige und gasförmige Medien nach gleichen Ansätzen vorgenommen werden.
360 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Ganz allgemein berechnet sich der Druckverlust nach folgender Gleichung:

�p = C · (ρ · w2 )/2 (6.28)
mit
C =  · l/d (6.29)
ergibt sich für den Druckverlust aus Wandreibung für Rohre:

�p =  · (l/d) · (ρ · w2 /2). (6.30)


Der Ausdruck C =  · l/d wird auch als Form- oder Proportionalitätsfaktor bezeichnet.
In den vorstehenden Gleichungen sind
Δp Druckverlust in Pa (Pascal); Umrechnung Pa in bar: 1 bar = 1 · 105 Pa,
ρ Dichte des Fluids in kg/m3,
w mittlere Strömungsgeschwindigkeit des Fluids in m/s,
l charakteristische Rohrlänge in m,
d Rohrinnendurchmesser in m,
C Form- oder Proportionalitätsfaktor, dimensionslos,
λ Rohrreibungszahl, dimensionslos (s. Abb. 6.21).
Im Rohrreibungsdiagramm (Abb. 6.21) ist k die Rauigkeit von Rohren (Tab. 6.6).

Abb. 6.21 Rohrreibungsdiagramm


6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 361

Tab. 6.6  Rauigkeitswerte
Werkstoff und Rohrart Zustand des Rohres k (mm)
Neue gezogene u. gepresste Rohre aus Cu, Ms, Technisch glatt 0,001–0,0015
Bronze, Al, Glas, Kunststoff
Neue nahtlose Stahlrohre, gewalzt oder gezogen Neu 0,25–0,5
Handelsüblich angerostet 1,0–1,5
Verkrustet 1,5–3,0
Neue längsgeschweißte Stahlrohre Mit Walzhaut 0,04–0,1
Neue Stahlrohre mit Überzug Metallspritzung 0,08–0,09
Tauchverzinkt 0,07–0,1
Handelsüblich verzinkt 0,1–0,16
Galvanisiert ca. 0,008
Gebrauchte Stahlrohre Gleichmäßige Rostnarben ca. 0,15
Leichte Verkrustung 0,15–0,4
Mittlere Verkrustung ca. 1,5
Starke Verkrustung 2,0–4,0
Gummidruckschlauch Neu, nicht versprödet 0,0016

Der Druckverlust Δp in Armaturen und Formstücken ist proportional dem Staudruck


ρ · v2 /2. Als Proportionalitätsfaktor wird der Widerstandsbeiwert oder auch Widerstands-
zahl ζ eingeführt, der Tabellenwerken entnommen werden kann (s. Anhang 19 – Tabelle
ausgewählter Widerstandsbeiwerte). Es gilt dann: C = ζ. Somit wird der Druckverlust in
Armaturen und Formstücken nach folgender Gleichung berechnet:

�p = ζ · (ρ · w2 )/2. (6.31)
Die Widerstandszahl selbst ist vom Volumenstrom, der Geometrie, Reynolds-Zahl usw.
abhängig.
In einer anderen gebräuchlichen Schreibweise wird C auch durch ζ · a ersetzt, mit a
dem sog. Körperfaktor. Für Rohre gilt a = l/d, bei Armaturen und Formstücken ist a = 1.
Somit ergibt sich aus Gl. 6.28 die Gleichung für den Druckverlust in Rohren (ohne
Armaturen etc.) zu

�p = ζ · l/d · (ρ · w2 /2). (6.32)


Die Reynolds-Zahl Re ist eine dimensionslose Kenngröße und gibt das Verhältnis von
Tragfähigkeitskräften zu Zähigkeitskräften an. Sie gibt Auskunft über die Art der vor-
liegenden Strömung: Eine Strömung ist laminar bei Re < 2000, unter Umständen turbu-
lent bei Re ≥ 2000, in der Regel turbulent bei Re > 2320 in technischen Rohrleitungen.

ρ·w·d w·d 4 · ρ · V̇
Re = = = . (6.33)
η ν π ·η·d
Dabei ist ρ die Dichte des Fluids, w die Strömungsgeschwindigkeit des Fluids gegenüber
dem Körper und d die charakteristische Länge des Körpers. Die charakteristische Länge,
362 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

auch Bezugslänge genannt, ist für die jeweilige Problemstellung definiert bzw. zu defi-
nieren. Bei Strömungskörpern wird üblicherweise die Länge des Körpers in Strömungs-
richtung gewählt. Bei Widerstandskörpern wird meist die Breite oder Höhe quer zur
Strömungsrichtung, bei Rohrströmungen in der Regel der Innendurchmesser des Rohres
und bei Gerinnen die Tiefe oder die Breite an der Gerinneoberfläche als charakteristische
Länge genommen. Die kinematische Viskosität ν des Fluids unterscheidet sich von der
dynamischen Viskosität η = ν · ρ durch den Faktor ρ.
Die Geschwindigkeit der Strömung kann durch den Term


w= (6.34)
A
beschrieben werden, wobei A die lichte Querschnittsfläche des Rohres ist.
Der durch die Reibung in einem Rohr entstehende Druckverlust Δp ist proportional
der spezifischen Rohrlänge l/d und proportional dem Staudruck der Strömung ρ · w2 /2.
Als Proportionalitätsfaktor dient die Rohrreibungszahl λ (vgl. Gl. 6.29 und 6.30). Die
Rohrreibungszahl wiederum ist eine Funktion der Reynolds-Zahl Re. Im Falle einer
laminaren Strömung ist die Rohrreibungszahl allein abhängig von der Reynolds-Zahl
(λ = f (Re ) ) und bestimmt sich für eine voll ausgebildete Strömung in einem kreisrunden
Rohr nach dem Gesetz von Hagen-Poiseuille zu:
 = 64/Re. (6.35)
Wenn die Strömung jedoch turbulent ist, geht insbesondere auch die Rauigkeit der Ober-
fläche mit ein – es wird von einem hydraulisch rauen Rohr gesprochen. Der Wert für
λ errechnet sich dann, unter Berücksichtigung der tatsächlichen Rauigkeit nach Prandtl
und v. Karman wie folgt12:
 
1 k
= −2 log . (6.36)
 3,71 · d
Einige Werte für die Rauigkeit k sind Tab. 6.6 zu entnehmen:13
Bei mehreren Einzelwiderständen (Rohrbogen, Absperrarmatur, Rückschlagventil
etc.) gleicher Nennweite wird der Druckverlust für diese Bauteile unter Anwendung von
Gl. 6.31 wie folgt ermittelt:

�p = ζi · ρ · w2 /2. (6.37)

Der Widerstandsbeiwert ζ wird experimentell ermittelt und ist einschlägigen Tabellen-


werken zu entnehmen (s. Anhang 19 – Tabelle ausgewählter Widerstandsbeiwerte).

12In der Literatur werden bisweilen für unterschiedliche Reynolds-Bereiche unterschiedliche

Berechnungsansätze gewählt (vgl. dazu auch [51]).


13In Anlehnung an [31].
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 363

Der Druckverlust in einem Rohrleitungselement kann auch ohne den Widerstandsbei-


wert über den gleich großen Reibungsverlust eines äquivalenten geraden Rohrleitungs-
stückes bestimmt werden. Für die sog. gleichwertige Rohrlänge l gilt dann:
l = (ζ · d)/. (6.38)
Mit dieser gleichwertigen Rohrlänge kann, zuzüglich der tatsächlich gegebenen Rohr-
länge, der Druckverlust der gesamten Rohrleitung nach Gl. 6.39 in einem Gang
berechnet werden. Dazu wird vorstehender Term in Gl. 6.32 eingesetzt. Es ergibt sich
nach Darcy-Weisbach:
ρ · w2
 
l 
�p = · · + ζi . (6.39)
2 d
Bei einer vertikalen Rohrleitungsführung verändert sich die potenzielle Energie des
durchströmenden Mediums. Nach dem Gesetz von der Erhaltung der Energie (Bernoul-
li’sches Gesetz für reibungsfreie Strömungen14) ändert sich demzufolge auch der Druck
in der Leitung (Einfluss der geodätischen Höhe auf den Druckverlust). Beispiel: Der
Druckverlust aus der geodätischen Höhe, den eine Pumpe überwinden muss, ist nach
folgender Gleichung zu berücksichtigen:
�p = ρ · g · h (6.40)
mit
Δp Druck in Pa,
ρ der Dichte des Fluids in kg/m3,
g der Erdbeschleunigung in m/s2,
h Höhe der Flüssigkeitssäule in m.
Rohrreibungswiderstände werden mitunter auch als Widerstandshöhen Hv in m (Druck-
höhenverluste) angegeben (vgl. Abschn. 6.4.1.2); unter Zugrundelegung vorstehender
Gleichungen gilt dann:

Hv = C · w2 /(2g) in m, (6.41)

�p = Hv · ρ · g in Pa. (6.42)
d) Empfohlene Strömungsgeschwindigkeit in Rohren
Um einerseits Druckstöße durch Beschleunigungen oder Verzögerungen zu vermeiden,
sollte die Strömungsgeschwindigkeit in Rohrleitungen konstant gehalten werden. Weiter-
hin ausschlaggebend für die Dimensionierung ist die wirtschaftliche Geschwindigkeit. Sie
ergibt sich aus dem Optimum der Summe aus den Investitionskosten für die Rohrleitung,
den Investitionskosten der Maschinenanlage (Pumpen, Verdichter) und den Energie- und

14Vertiefend [49].
364 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Wartungskosten über die gesamte Betriebszeit. Weiterhin ist die Strömungsgeschwindig-


keit des Mediums so hoch zu wählen, dass keine Ablagerungen im Rohrsystem statt-
finden. Andererseits soll eine partikelbeladene Strömung aber auch nicht zu einer
verstärkten Erosion der Rohrinnenwand durch zu hohe Strömungsgeschwindigkeiten bei-
tragen. Ferner ist die Strömungsgeschwindigkeit des Fluids von der Frage abhängig, ob
eine laminare oder turbulente Strömung im Rohr gewünscht wird.
Im Anhang 20 findet sich eine Übersicht empfohlener Strömungsgeschwindigkeiten.

e) Kompensation von Längenänderungen in Rohrleitungssystemen


Dehnungen der Rohrleitungen durch Temperaturänderungen oder Verschiebungen ihrer
Aufhängungen infolge von Schiffsverformungen sind durch Rohrbögen (z. B. „geschickte“
Anordnung von 90°-Bögen oder durch U-Bögen), Kompensatoren (s. Abb. 6.22 und 6.23)
oder flexible Rohrverbindungen (z. B. Schläuche) auszugleichen [62]. Hierbei ist auf eine
geeignete Anordnung von Festpunkten zu achten.15
Die Berechnung der Längenänderung aufgrund von Temperaturänderungen erfolgt
nach Gl. 6.43:
�l = l0 · α · �T (6.43)
mit
Δl Längenänderung in m,
l0 Ausgangslänge in m,
α Längenausdehnungskoeffizient in 1/K16,
ΔT Temperaturänderung in K,

f) Rohrverbindungen
Die Wahl der Rohrverbindung ist von mehreren Randbedingungen abhängig, wie z. B.:

• Rohrwerkstoff,
• Montagefreundlichkeit,
• Wartungsfreundlichkeit (soll eine lösbare oder unlösbare Verbindung hergestellt werden),
• Kundenwunsch.

Folgende Verbindungen von Rohren können gewählt werden:17

• voll durchgeschweißte Stumpfnähte mit/ohne Maßnahmen zur Verbesserung der Güte


der Wurzel,
• Muffenschweißungen in angemessener Kehlnahtdicke und ggf. nach anerkannten
Normen,

15Germanischer Lloyd, Bauvorschrift I-1 Schiffstechnik/Seeschiffe, S. 11–19, Ausgabe 2014.


16EinschlägigenTabellenwerken zu entnehmen (s. auch Anhang 15).
17Germanischer Lloyd, Bauvorschrift I-1 Schiffstechnik/Seeschiffe, S. 11–19, Ausgabe 2014.
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 365

Abb. 6.22 Kompensation


von Rohrlageänderungen.
(Bild: Witzenmann GmbH,
Pforzheim)

Abb. 6.23 Gummikompensator. (Foto: Yeti)

• Flansche aus Stahl können unter Berücksichtigung der in den zugehörigen Normen
festgelegten zulässigen Drücke und Temperaturen verwendet werden,
• mechanische Verbindungselemente (Rohrverschraubungen, Rohrkupplungen, Press-
verbindungen, Schneidringverschraubungen usw.) zugelassener Bauart.
366 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Zur Montage von Flanschverbindungen (s. Abb. 6.24) finden sich im „Leitfaden zur
Montage von Flanschverbindungen in verfahrenstechnischen Anlagen“ [20] wertvolle
Hinweise.
So sind temporäre Beschichtungen, z. B. als Schutz vor Korrosion, von den Flansch-
dichtflächen vor der Montage rückstandsfrei zu entfernen (z. B. mit Reinigungsmittel,
geeigneter Drahtbürste). Beim Austausch einer Dichtung muss darauf geachtet wer-
den, dass die alte Dichtung vollständig von der Flanschdichtfläche entfernt wird,
ohne dass diese beschädigt wird. Die Flanschdichtflächen müssen sauber und frei von
Beschädigungen sein; das Gleiche gilt für die Dichtung. Ein besonderes Augenmerk gilt
dem Gewinde und den Auflageflächen der Flanschschrauben, die nicht beschädigt sein
dürfen. Zur Minimierung der Reibkräfte und auch im Hinblick auf eine ggf. wieder zu
lösende Flanschverbindung sind die Schraubengewinde, Muttern und Unterlegscheiben
vor dem Anziehen mit geeigneten Schmierstoffen zu behandeln (z. B. Molykote). Die
Dichtung ist passgenau zu zentrieren. Die Schrauben sind gleichmäßig über Kreuz mit
den angegebenen Anzugsmomenten zu verschrauben.
Schneidringverschraubungen (z. B. System ERMETO) sind nach EN ISO 8434 bzw.
DIN 2353 genormt und werden vor allem zur Verbindung von Hydraulikleitungen ein-
gesetzt. Die Bestandteile einer Schneidringverschraubung sind (s. Abb. 6.25a, b)
Überwurfmutter, Klemmkonus und Schneidring. Die Verschraubung besitzt einen
24°-Dichtkegel, die Mutter hat ein metrisches Gewinde.

Abb. 6.24 Rohrverbindung mit Vorschweißflanschen DIN/EN 1092-1/ASME. (Quelle: LINNE-


MANN GmbH, 72070 Tübingen, Rohrverbindungen und Edelstahlarmaturen)
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 367

Abb. 6.25 Schneidringverschraubung. a Vor dem Anziehen, b festgezogen. 1 Überwurfmutter, 2


Klemmkonus, 3 Schneidring, 4 Rohrwand. (Bilder: Lindecke, Chr., CC BY-SA 3.0)

Durch das Anziehen der Überwurfmutter, die innen konisch zuläuft, wird der
Schneidring zusammengedrückt, wodurch die keilförmige Ringinnenseite in die Rohr-
wand einschneidet und einen dichten Formschluss herstellt.

Beispiel Pumpe und Druckverlust18


Eine Feuerlöschpumpe (Kreiselpumpe) fördert einen Volumenstrom Q = 300 L/min
durch ein 18 m langes Rohr mit der lichten Weite von 52 mm und einer Rauigkeit von
k = 0,2 mm zur Zapfstelle in Form eines Eckventils zum Anschluss eines C-Schlauchs.
Die Pumpe liegt einen Meter unter dem Meeresspiegel, die Zapfstelle 15 m oberhalb
des Meeresspiegels. Die Dichte des Wassers kann mit 1020 kg/m3 angenommen wer-
den. Im Laufe der Rohrleitung befinden sich 4 Rohrbögen 90° (mit einem Verhältnis
von Rohrbiegedurchmesser zu Rohrinnendurchmesser von jeweils 2 und einer Wider-
standzahl ζglatt = 0,14; s. Anhang 19). Druckverluste in der Ansaugleitung und in der
Pumpe selbst können mit 0,2 bar angenommen werden.

a) Wie groß ist die Einlaufgeschwindigkeit am Saugstutzen der Kreiselpumpe?


b) Wie groß ist der Druckverlust in der Druckleitung?
c) Wie groß ist die erforderliche Pumpenwellenleistung bei einem Pumpenwirkungs-
grad von 0,85?

Lösung:

a) Aus der Kontinuitätsgleichung für inkompressible Strömungen folgt durch


Umstellen der Bernoulli-Gleichung:

Q = w · A = const.,
Q Q·4 0,05 m3 · 4
w= = 2 = = 23,6 m/s.
A d ·π 0,0522 m2 s · π

18Siehe zur Planung und Ausführung von Feuerlöschanlagen auch [55].


368 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

b) Gl. 6.39 liefert den Lösungsansatz.


ρ · w2
 
l 
�p = · · + ζi .
2 d
Die Summe der Einzelwiderstände ergibt sich mit den Daten aus Anhang 19:
ζRohrbogen
.. = 4 · 0,14 = 0,56,
ζEckventil = 2,00,

→ ζi = 2,56.

Die Rohrreibungsverluste λ sind über die Reynolds-Zahl nach Gl. 6.36 zu ermitteln:
   
1 k 0,2 mm
= −2 log = −2 log = 5,97 → = 0,17.
 3,71 · d 3,71 · 52 mm
Somit ergibt sich der Druckverlust aufgrund von Reibungs- und Formwiderständen
zu:
1020 kg · 23,62 m2
 
18 m
p = · 0,17 · + 2,56 = 284.111 Pa = 2,84 bar.
2 · m3 · s2 0,052 m
c) Aus Gl. 6.19 kann die Pumpenleistung ermittelt werden. In dieser Gleichung ist
Δp allerdings der vorstehend ermittelte Druckverlust zuzüglich des Druckverlustes
aufgrund des zu überbrückenden geodätischen Höhenverlustes sowie der Druck-
verluste saugseitig und in der Pumpe selber.
PW = (Q · �p)/η
mit

�p = 2,84 bar + 1,50 bar + 0,20 bar = 4,44 bar,


PW = (0,05 m3 /s · 444.000 kg/ms2 )/0,85 = 26,118 kW.

Da an die Zapfstelle noch ein Feuerlöschschlauch angeschlossen wird und das


Strahlrohr noch eine bestimmte Wurfweite erreichen muss, wird die Pumpen-
leistung noch deutlich höher liegen müssen. Für die Brandbekämpfung wird am
Strahlrohr ein löschkräftiger Wasserstrahl benötigt. Sowohl bei der Verwendung
von Wasser- als auch bei Schaumrohren wird ein Strahlrohrdruck von mind. 5 bar
benötigt.
So hat ein CM-Strahlrohr mit einem Düsendurchmesser von 9 mm und einem
Druck am Strahlrohr von 5 bar eine Wurfweite von etwa 25 m. Die Fördermenge
liegt dort bei ca. 30 L/min [29].
Der Druckverlust in einem C-Schlauch (52 mm) kann für 100 m mit 0,7 bar bei
einem Förderstrom von 200 L/min angenommen werden.
6.4 Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen 369

Unter Berücksichtigung dieser Angaben würde sich Δp noch um


0,7 bar/4 = 0,175 bar erhöhen, wenn ein 25-m-C-Schlauch angeschlossen wird.
Zusätzlich sind noch 5 bar Mindestdruck am Strahlrohr zu berücksichtigen:
p = 2,84 bar + 1,50 bar + 0,20 bar + 0,18 bar + 5 bar = 9,62 bar.
Somit wird dann die erforderliche Pumpenwellenleistung

PW = (0,05 m3 /s · 962.000 kg/ms2 )/0,85 = 57 kW.

Beispiel Wurfweite Feuerlöschmonitor


An Bord eines Feuerlöschbootes (Einsatzgebiet Ostsee – Dichte des Wassers kann
mit 1023 kg/m3 angenommen werden) befindet sich ein Löschmonitor mit folgenden
Daten:

• Düsendurchmesser A = 150 mm,


• Arbeitsdruck im Strahlrohr 10 bar,
• Durchflussmenge Q = 20.000 L/min.

Wie groß ist die theoretische maximale Wurfweite s und die theoretisch maximale
Wurfhöhe h des Löschmonitors?

Lösung: Der Wurfweite des Löschmonitors liegt die Gesetzmäßigkeit des „schrägen
Wurfs“ zugrunde, da hier die Wurfweite eines Wasserteilchens betrachtet werden
kann. Der schräge Wurf ist zusammengesetzt aus einer gleichförmigen Translation
unter dem Winkel α zur Waagerechten und einem freien Fall; die maximalen Werte
für Wurfweite und -höhe berechnen sich nach folgenden Gleichungen [8, S. L8]:

s = v02 · sin 2α/g (6.44)


und

h = v02 · sin2 α/2 g (6.45)


mit
s = Wurfweite,
v0 = Austrittsgeschwindigkeit des Wasserteilchens,
g = Erdbeschleunigung 9,81 m/s2.
Aus Gl. 6.45 ist ersichtlich, dass die maximale Wurfweite bei einem Abwurfwinkel
α von 45° erreicht wird, wobei das Wasserteilchen eine Parabel beschreibt, die maxi-
male Höhe wird bei 90° erzielt (da sin 90◦ = 1 ist).
Die Austrittsgeschwindigkeit an der Düse des Löschmonitors wird nach Gl. 6.46
berechnet [8, S. N7]:
370 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme


p ..
v0 = φ · 2· u (6.46)
ρ
mit
ϕ  = Flüssigkeitsreibungswert – zum Teil auch Geschwindigkeitszahl genannt (für
Wasser ϕ = 0,97),
pü = Überdruck gegenüber Außendruck,
ρ  = Dichte (für Wasser je nach Fahrtgebiet; s. Anhang 2).
Der im Monitor oder auch innerhalb eines Strahlrohres eines Löschschlauches wir-
kende Überdruck ist die treibende Kraft, die dem Wasserteilchen den Impuls verleiht,
mit der korrespondierenden Geschwindigkeit v0 die Systemgrenze „Austrittsöffnung“
zu verlassen.
Die Anfangsgeschwindigkeit v0 lässt sich auch über die Konti-Gleichung
Q = A · v = const. bestimmen. Dann gilt: v0 = Q/A mit Q. Je scharfkantiger die
Düsenöffnung, desto stärker schnürt sich der Strahl ein; d. h., dass der Lösch-
strahl am Düsenaustritt einen kleineren Querschnitt A2 hat als der Düsenquerschnitt
A1 : A2 < A1. Das Verhältnis von A2 zu A1 wird Kontraktionszahl μ genannt:
µ = A2 /A1 . (6.47)
Das Produkt aus der Kontraktionszahl und dem Flüssigkeitsreibungswert ist die Aus-
flusszahl α:
α =µ·ϕ (6.48)
mit

Q=α· 2 · g · pu.. · A1 (6.49)
und v0 = Q/A könnte somit v0 auch über die Kenntnis der Durchflussmenge und dem
Strahlrohraustrittsquerschnitt ermittelt werden.
Durch Einsetzen der genannten Zahlenwerte in die Gl. 6.46 und 6.44 erhält man
für v0 = 43 m/s und somit für die theoretisch maximale Wurfweite s = 188 m; die
theoretische Wurfhöhe des Löschmonitors beträgt dann h = 94 m (nach Gl. 6.45).
Tatsächlich liegt die maximale Wurfweite in der Realität bei einem deutlich klei-
neren Abwurfwinkel. Das hängt damit zusammen, dass das Wasserteilchen bei sei-
nem Flug Reibungskräften mit der Luft ausgesetzt ist. Die Praxis hat gezeigt, dass
die maximale Wurfweite bei einem Abwurfwinkel von etwa 32° erreicht werden kann
(s. auch Abb. 6.26). So wird für den genannten Löschmonitor eine erreichbare Wurf-
weite von 132 m angegeben [65].
6.5 Wärmeübertrager 371

Abb. 6.26 Feuerlöschmonitore im Einsatz. (Foto: Arcudaki, CC BY-SA 3.0)

6.5 Wärmeübertrager

6.5.1 Einführung

Ein Wärmeübertrager (umgangssprachlich auch Wärmetauscher) ist ein Apparat, der


thermische Energie von einem Stoffstrom auf einen anderen überträgt. So finden sie bei-
spielsweise bei der Kühlung des Schmieröls bei Zentralschmierkreisläufen (Lagerungen
der Antriebswelle) im Rahmen der Klimatechnik (Kaltwassersatz) u. a. m. Anwendung.
In einem Wärmetauscher geht dabei die Wärme von einer warmen Stoffmenge ṁ1
mit seiner spezifischen Wärmekapazität c1, die längs der Oberfläche A einer Trennwand
strömt, an eine kalte Stoffmenge ṁ2 mit seiner spezifischen Wärmekapazität c2, die längs
der anderen Oberfläche der Trennwand strömt, über (z. B. Stoff 1 um ein Rohr, Stoff 2
durch das Rohr). Längs der Trennwand verändert sich der Temperaturunterschied zwi-
schen den beiden Stoffen. Bezeichnen wir im allgemeinen Schema der Abb. 6.27 t1′ und
t1′′ die Temperaturen des warmen Stoffes und t2′ und t2′′ die Temperaturen des kalten Stof-
fes an den in Abb. 6.27 angegebenen Stellen der Wand, so ist die längs der Fläche A
übergehende Wärmemenge Q̇:

Abb. 6.27 Temperaturen an ṁ1


t‘1 t‘‘1
der Wärmetauscherwand

t‘2 ṁ2 t‘‘2
t‘‘2 Gleichstrom Gegenstrom t‘2
372 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Q̇ = ṁ1 · c1 · (t1′ − t1′′ ) = ṁ2 · c2 · (t2′′ − t2′ ) = k · A · �tm (6.50)


mit
Q  = Wärmemenge in kJ/s oder kW,
ṁi = Massenstrom in kg/s,
tii = Temperaturen in K,
ci  = spezifische Wärmekapazität des Mediums in kJ/(kg K; Werte s. Anlage 22),
Δtm = mittlere logarithmische Temperaturdifferenz in K (s. dazu Ausführungen weiter
unten),
k  = Wärmedurchgangskoeffizient der Trennwand in W/m2K (s. dazu Ausführungen
unter Abschn. 6.5.4.2).

6.5.2 Arten von Wärmeübertragern

Gebräuchlich sind im Schiffbau Rohrbündel- und Plattenwärmetauscher.

6.5.2.1 Rohrbündelwärmetauscher
Prinzipiell handelt es sich bei einem Rohrbündelwärmetauscher um einen Hohlzylinder
(s. Abb. 6.28 und 6.29), in dessen Inneren sich ein Bündel aus Rohren befindet.
Das Rohrbündel ist eine Baugruppe, die aus parallel angeordneten Rohren besteht.
Sie sind in runden Platten mit Löchern, den Rohrböden, eingewalzt, eingelötet oder ein-
geschweißt. Rohrbündelwärmetauscher haben zwei voneinander getrennte Räume, den
Rohrraum und den Mantelraum. Durch das Rohrbündel, dem Rohrraum, strömt das eine

Abb. 6.28 Rohrbündelwärmetauscher (s. a. Abschn. 6.5.2.1)


6.5 Wärmeübertrager 373

Abb. 6.29 Prinzip Rohrboden


Rohrbündelwärmetauscher

Rohrbündel
Klöpperboden

Abb. 6.30 U-Rohr-


Wärmetauscher

Medium, das andere strömt zwischen den Rohren im Mantelraum. Leitbleche können
eingebaut sein und das Fluid im Mantelraum umlenken, um so den Wärmeaustausch zu
verbessern. Bei einem Gas- bzw. Dampf- und Flüssigkeitsaustausch strömt gewöhnlich
die Gas- bzw. Dampfphase um die Rohre, die Flüssigkeit durch die Rohre.
Es gibt Wärmetauscher mit zwei Rohrböden (Abb. 6.29) und Wärmetauscher mit
U-Rohren (Abb. 6.30) und einem Rohrboden.
Anwendbare DIN-Normen:

• DIN 28008 Toleranzen und Grenzabmaße für Rohrbündelwärmeaustauscher,


• DIN 28183 Rohrbündelwärmeaustauscher – Benennungen,
• DIN 28184 Rohrbündelwärmetauscher mit zwei festen Rohrböden,
• DIN 28185 Einbauten für Rohrbündelwärmeaustauscher,
• DIN 28190 Rohrbündelwärmeaustauscher mit geschweißtem Schwimmkopf – Aus-
führungsbeispiele für Rohranordnung und Schwimmkopf.

6.5.2.2 Pflege und Wartung von Rohrbündelwärmetauschern


Aufgrund der engen Rohrabstände zwischen den einzelnen Rohren des Rohrbündels
kann der Durchfluss leicht durch Verschmutzungen und Ablagerungen beeinträchtigt
werden. Das gilt auch für die Rohrinnenwände. Dann müssen die Apparate gespült oder
auf eine andere Art und Weise gereinigt werden. Bei der Spülung werden in der Regel
säurehaltige Lösungen verwendet.
374 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

6.5.2.3 Plattenwärmetauscher
Ein Plattenwärmetauscher besteht aus wellenförmig profilierten Platten (Abb. 6.31), die
so zusammengesetzt sind, dass jeweils in den aufeinanderfolgenden Zwischenräumen
einmal das aufzuwärmende und danach das Wärme abgebende Fluid fließt.
Das Plattenpaket ist nach außen und zwischen den Medien abgedichtet und wird mit
Schrauben zusammengehalten. Vielfach wird auch eine gelötete Bauausführung bevor-
zugt.
Aufgrund ihrer besonderen Bauweise sind diese Übertrager sehr kompakt und gut
erweiterbar und flexibel hinsichtlich der Gestaltung der Strömungsführung, welche durch
die Lage der Dichtungen determiniert ist.

6.5.2.4 Pflege und Wartung von Plattenwärmetauschern


Aufgrund der geringen Abstände zwischen den einzelnen Platten kann der Durchfluss
durch Verschmutzungen und Ablagerungen beeinträchtigt werden. Dann müssen die
Apparate gespült oder auf eine andere Art und Weise gereinigt werden. Auch hier kön-
nen zur Spülung, wie bei den Rohrbündelwärmetauschern, in der Regel säurehaltige
Lösungen zum Einsatz gelangen. Bei massiver Verunreinigung können die geschraubten
Wärmetauscher zur Reinigung zerlegt werden.

Abb. 6.31 Geöffneter


Plattenwärmetauscher
6.5 Wärmeübertrager 375

6.5.3 Bauweise von Wärmeübertragern

Wärmetauscher werden nach dem Gleichstrom-, Gegenstrom- oder Kreuzstromprinzip


betrieben.

6.5.3.1 Gleichstromwärmeübertrager
Hierbei werden beide Fluide so geführt, dass sie auf beiden Wandseiten in gleicher Rich-
tung strömen. Ein Gleichstromapparat kommt immer dann zur Anwendung, wenn eine
schnelle, sichere Kühlung notwendig ist.
Abb. 6.32 zeigt den Temperaturverlauf (in K) des warmen (rot) und kalten Fluids
(blau) über der Wärmeübertragungsfläche A eines Gleichstromwärmeübertragers.

6.5.3.2 Gegenstromwärmeübertrager
Hierbei werden die beiden Fluide auf beiden Plattenseiten so geführt, dass sie entgegen-
kommend strömen. Idealerweise werden die Temperaturen der Stoffströme getauscht,
das heißt, dass das ursprünglich kalte Medium die Temperatur des ursprünglich heißen
Mediums erreicht und umgekehrt (t2 = t2′ ; s. Abb. 6.33). Voraussetzung für diesen Ideal-
fall sind gleiche Wärmekapazitätenströme auf beiden Seiten des Wärmeübertragers. Dar-
über hinaus müsste der Wärmeübertrager einen Wirkungsgrad von 100 % haben, was real

K t1

t2

t‘1 t‘2

Abb. 6.32 Gleichstromwärmeübertrager

K t1

t2
t‘2
t‘1

Abb. 6.33 Gegenstromwärmeübertrager


376 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

nicht der Fall ist; daher ist ein Tausch der Temperaturen in der Praxis nur näherungs-
weise möglich.
In Abb. 6.33 wird der Temperaturverlauf (in K) des warmen (rot) und kalten Fluids (blau)
über der Wärmeübertragungsfläche A eines Gegenstromwärmeübertragers dargestellt.

6.5.3.3 Kreuzstromwärmeübertrager
Hier werden die Stoffströme so geführt, dass sich ihre Richtungen kreuzen. Hinsicht-
lich der Ein- und Austrittstemperaturen liegen diese im Ergebnis zwischen Gegen- und
Gleichstromapparaten.

6.5.4 Kennzahlen von Wärmetauschern

6.5.4.1 Mittlere logarithmische Temperaturdifferenz


Die mittlere Temperaturdifferenz zwischen den beiden Medien längs der Wärmeaus-
tauschfläche wird als mittlere logarithmische Temperaturdifferenz angegeben:
�tm = (�ta − �te )/ ln(�ta /�te ), (6.51)
wobei Δta den Temperaturunterschied zwischen den beiden Medien am Anfang a und
Δte den Temperaturunterschied am Ende e der Wärmeaustauschfläche bedeuten; also ist
..
fur Gleichstrom ta = t1 − t1′ = tgroß , (6.52)

te = t2 − t2′ = tklein , (6.53)


..
fur Gegenstrom ta = t1 − t2′ = tgroß , (6.54)

te = t2 − t1′ = tklein . (6.55)


Ein Blick auf die Gl. 6.52–6.55 und auf die Abb. 6.32 und 6.33 zeigt, dass allgemein-
gültig für die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz gilt (insofern auch für den
Kreuzstromwärmetauscher):
�tm = (�tgroß − �tklein )/ ln(�tgroß /�tklein ). (6.56)
6.5.4.2 Wärmedurchgangskoeffizient k
Unter dem Wärmedurchgang (gekennzeichnet durch den Wärmedurchgangskoeffizienten
k19) durch eine Platte oder ein Rohr versteht man die Zusammenfassung aller am
Wärmetransport beteiligten Einzelvorgänge: Von einem strömenden Fluid wird die
Wärme durch Konvektion an der Oberfläche A übertragen, durch die Wand mit der Dicke
s fortgeleitet und schließlich durch Konvektion von der anderen Wandoberfläche an ein

19In der Bauphysik wird heute das Formelzeichen U für den Wärmedurchgangskoeffizienten ver-

wendet; k ist im Maschinenbau und in der Verfahrenstechnik gebräuchlich.


6.5 Wärmeübertrager 377

Abb. 6.34 Wärmedurchgang s


T
durch eine Wand. t1 stationäre
mittlere Temperatur des
t1
einen Mediums, t2 stationäre
mittlere Temperatur des
zweiten Mediums, tW1,2
Wandtemperaturen der beiden t2
t W1
Seiten einer Wand
t W2

anderes strömendes Fluid übertragen (Abb. 6.34). Der Wärmedurchgangskoeffizient wird


in der Einheit W/m2K angegeben.
Der konvektive Übergang wird mit dem Wärmeübergangskoeffizienten bzw. der
Wärmeübergangszahl α beschrieben.
Der Wärmedurchgang durch die Wand ist gekennzeichnet durch die Wärmeleitfähig-
keit λ des Materials der Wand. Um einen guten Wärmedurchgang zu garantieren, muss
das Material der Wand (des Rohres) eine gute Wärmeleitfähigkeit besitzen.20 Eine Wand
kann auch aus mehreren Schichten bestehen, z. B. eine Schiffswand: 1 cm Aluminium-
blech, 5 cm Hartschaumisolierung, 0,5 cm Sperrholz. Gleiches gilt für ein Rohr im
Wärmetauscher: Durch Verkrustungen kann sich im Rohr und/oder auf seiner Außenseite
eine Schicht bilden, die für den Wärmedurchgang von Bedeutung ist. Gleiches gilt für
beschichtete Rohre.
Der Wärmeübergangskoeffizient wird in W/m2K, die Wärmeleitfähigkeit in W/mK
angegeben.
Für eine einschichtige Wand (Rohr) errechnet sich die Wärmedurchgangszahl k wie
folgt:
1/k = 1/αi + 1/� + 1/αa , (6.57)

1/� = s/ (6.58)


mit
αi und αa Wärmeübergangskoeffizienten an der inneren und äußeren Wandseite,
s Wanddicke.
Für eine mehrschichtige Wand errechnet sich die Wärmedurchgangszahl k dann wie folgt:
1/k = 1/αi + 1/�ges. + 1/αa , (6.59)


1/�ges. = (si /i ). (6.60)

20Tabelle mit Wärmeleitfähigkeitswerten s. Anlage 23.


378 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.35 Maßkonvention


am Rohr

ri

ra

Nach den vorstehenden Gleichungen lässt sich auch der Wärmeverlust aus dem Schiff
heraus in die Umgebung nach außen berechnen, was z. B. für die Auslegung von Heiz-
körpern in Schiffsräumen wichtig ist.

6.5.4.3 Wärmedurchgang durch ein Rohr


Bei der technischen Anwendung der Wärmeübertragung in Wärmetauschern, Vor-
wärmern, Kondensatoren usw. spricht man von Wärmedurchgang und meint damit die
Zusammenfassung folgender Vorgänge:21 Wärmeübertragung vom strömenden Medium
an die eine Rohrwand (z. B. äußere Rohrwand) durch konvektive Vorgänge (beschrieben
durch den Wärmeübergangskoeffizienten αa), Wärmeleitung durch die Rohrwand
(beschrieben durch die Wärmeleitfähigkeit λ) und Wärmeübergang von der anderen
Rohrwand (z. B. der inneren Wand) durch konvektive Vorgänge (beschrieben durch den
Wärmeübergangskoeffizienten αi) auf das andere strömende Medium (vgl. auch Abschn.
6.5.4.2).
Ist eine gleichförmige Wärmeströmung im Apparat erreicht (stationärer Zustand), ist
Q̇ = konst.; es ergibt sich dann durch Einsetzen der Gl. 6.57, 6.58 bzw. 6.59 und 6.60 die
Gl. 6.50:

Q̇ = k · A · tm .
Die Rohrfläche A berechnet sich dabei aus dem mittleren Rohrdurchmesser rm = ra − ri
(s. Abb. 6.35 und Gl. 6.61) und der Gesamtlänge des Rohres bzw. der Summe aller
einzelnen Rohrlängen im Rohrbündel l.
A = 2 · (ra − ri ) · π · l = 2 · rm · π · l. (6.61)
Die Temperaturen thoch und tklein sind die mittleren Temperaturen der Medien im Rohr
und außen um das Rohr herum.

21Zur Herleitung der folgenden Gleichungen s. [32].


6.5 Wärmeübertrager 379

Tab. 6.7  k-Werte
Heizendes Medium Material Rohrwandung Aufzuheizendes Wärmedurchgangszahl k
Medium W/m2K
Wasser Gusseisen Luft (Rauch) 8
Wasser Kupfer Luft (Rauch) 13
Wasser Gusseisen Wasser 291
Wasser Kupfer Wasser 407
Öl Kupfer; Eisenmetalle Wasser 110–350
Öl Kupfer; Eisenmetalle Öl 80–120
Luft (Rauchgas) Gusseisen Luft (Rauchgas) 6
Luft (Rauchgas) Kupfer Luft (Rauchgas) 10
Dampf Gusseisen Luft 12
Dampf Kupfer Luft 16
Dampf Gusseisen Wasser 907
Dampf Kupfer Wasser 1163
Dampf (Kondensation) Wasser 1000–6000
Gas allgemein 1 bar Kupfer; Eisenmetalle Gas allgemein 1 bar 5–35
Gas allgemein Kupfer; Eisenmetalle Gas allgemein 150–500
200–300 bar 200–300 bar

Die Tab. 6.7; [7]22 enthält Anhaltswerte für k-Werte zur überschlägigen Berechnung
von Wärmeübertragern.

6.5.4.4 Wärmeübergangskoeffizient α
Soll der Wärmeübergang genau ermittelt werden, ist die Wärmedurchgangszahl k unter
Berücksichtigung des Wärmeübergangskoeffizienten α zu ermitteln. Der Wärmeüber-
gangskoeffizient α ist u. a. eine Funktion der Strömungsgeschwindigkeit der Medien,
also auch der Reynolds-Zahl Re, insofern davon abhängig, ob die Strömung laminar
oder turbulent verläuft. Bei einer turbulenten Strömung (Re > 2300) ist der Wärmeüber-
gang größer als bei einer laminaren Strömung. Für die Berücksichtigung der beiden
Strömungsarten ist dann eine aufwendige Ermittlung dieser Kenngröße erforderlich.
Hierzu wird auf die einschlägige Literatur verwiesen [6, Band I, S. 470 ff.].
Grundsätzlich ist α abhängig von der Nußelt-Zahl. Sie ist eine dimensionslose Kenn-
zahl aus der Ähnlichkeitstheorie der Wärmeübertragung, die zur Beschreibung des kon-
vektiven Wärmeübergangs zwischen einer festen Oberfläche und einem strömenden
Fluid dient. Sie kann auch als dimensionsloser Gradient der Temperatur an einer Ober-
fläche betrachtet werden.

22Ferner [53, 58].


380 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

a) Für die erzwungene Konvektion im Rohr gilt:


α = Nu · . (6.62)
d
Die Nußelt-Zahl ist nun von der Art der Strömung abhängig.
Für die laminare Strömung (Re < 2300) gilt:
 � � 
d
0,0668 Re · Pr · L

ηFl 0,14

Nu = 3,65 + · . (6.63)
 
�2/3 
ηW

d
1 + 0,045 Re · Pr · L

Für die turbulente Strömung (Re > 2300) gilt:


  2/3  
ηFl 0,14


2/3

1/3 d
Nu = 0,116 Re − 125 Pr · 1 + · . (6.64)
L ηW

Es sind in den vorstehenden Gleichungen:


d Innendurchmesser des Rohres,
L Rohrlänge,
Pr   Prandtl-Zahl = (η · cp )/,
Re Reynolds-Zahl = (ρ · w · d)/η,
ρ Dichte des Fluids bei seiner mittleren Temperatur,
w Strömungsgeschwindigkeit,
η dynamische Zähigkeit (aus einschlägigen Tabellen, z. B. [8]),
ηFl dynamische Zähigkeit bei der mittleren Flüssigkeitstemperatur,
ηW dynamische Zähigkeit bei der Wandtemperatur,
λ Wärmeleitfähigkeit des Fluids.
b) Für die freie Konvektion am waagerechten Rohr gilt:


α = Nu · , (6.65)
D

4
Nu = 0,41 · Gr · Pr, (6.66)

g · β · �t · ρ 2 · D3
Gr = . (6.67)
η2
Es sind hierbei:
D Außendurchmesser des Rohres,
Gr Grashof-Zahl,
g Erdbeschleunigung (9,81 m/s2),
β Volumenausdehnungskoeffizient (aus einschlägigen Tabellen, z. B. [8]),
6.5 Wärmeübertrager 381

Tab. 6.8  Mittelwerte für Wärmeübergangskoeffizient α


Medium Wärmeübergangskoeffizient α W/m2K
Siedendes Wasser bei vertikaler Wand 3489
Siedendes Wasser bei horizontaler Wand 1745
Rauchgas 4,7w0,8
Überhitzter Dampf 52w0,8
Hochverdichtete Luft bei Zwischenkühlern 233w0,8
Luft in Luftvorwärmern 5,8w0,8
Kondensierender Wasserdampf 11.630
Strömendes Wasser in Vorwärmern, Kühlern usw. 3489w0,8

Δt absolute Temperaturdifferenz zwischen Wand und Fluid im thermisch nicht


beeinflussten Bereich.
Wenn λWand bekannt ist, kann zur überschlägigen Bestimmung von k mit den
Tabellenwerten für α gerechnet werden (Tab. 6.8; [7]).

Beispiel
Für die Zentralschmierung der Wälzlager der Antriebswelle soll ein Gegenstromrohr-
bündelwärmetauscher eingesetzt werden.

a) Wie groß muss die erforderliche Wärmetauscherfläche sein, wenn 220 L/h
Schmieröl (ρ = 890 kg/m3) mit einer spezifischen Wärmekapazität von c = 2,1 kJ/
(kgK) von 47 °C auf 25 °C abgekühlt werden sollen? Das dafür benutzte Meer-
wasser wird mit 15 °C dem Wärmetauscher zugeführt und soll sich auf 22 °C
erwärmen.
b) Aus wie vielen Rohren muss das Rohrbündel bestehen, wenn die Rohre einen
Innendurchmesser von 22,3 mm und eine Wandstärke von 1,00 mm haben sollen
und das Rohrbündel aufgrund vorhandener Platzressourcen nicht länger als 1,00 m
betragen darf?

Lösung:
Zu a) Hier liefert Gl. 6.50 den Lösungsansatz:

Q̇ = k · A · tm .
Der abzuführende Wärmestrom Q̇ errechnet sich nach Gl. 6.68:

Q̇ = ṁ · c · �t = V̇ · ρ · c · �t, (6.68)

Q̇ = 0,220 m3 /h · 890 kg/m3 · 2,1 kJ/kgK · 22 K = 9046 kJ/h = 2513 W.


382 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Für die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz Δtm liefern die Gl. 6.54–6.56 den
Lösungsansatz:
�tm = (�tgroß − �tklein )/ ln(�tgroß /�tklein ),
�tm = ((47 ◦ C − 22 ◦ C) − (25 ◦ C − 15 ◦ C))/ ln(25 K/10 K) = 16 K.
Durch Umstellen der Gl. 6.50 nach A mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten
k = 200 W/m2 K (nach Tab. 6.7) folgt nun für die erforderliche Wärmetauscherfläche:
2513 W
A= = 0,8 m2 .
200 W/m2 K · 16 K
Zu b) Die Berechnung der erforderlichen Anzahl der Wärmetauscherrohre erfolgt
durch Umstellen der Gl. 6.61 nach n:

A = n · dm · π · l = n · (da + di )/2 · π · 1,00 m = 0,8 m2 ,


n = A/((da + di )/2 · π · 1,00 m)
= 0,8 m2 /((0,0243 m + 0,0223 m)/2 · π · 1,00 m),
n = 11.

6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen

6.6.1 Kältetechnik

Auf Schiffen werden Kälteanlagen zum Kühlen der Proviantlasten, ggf. der Ladung
und ggf. auch für die Mülllagerräume23 benötigt. Weiter finden sich Kälteanlagen im
Zusammenhang mit dem Betrieb von Klimaanlagen.

6.6.1.1 Kälteanlagen

a) Aufbau und Funktionsweise


Überwiegend kommt die einstufige Kompressionskälteanlage zum Einsatz (Abb. 6.36), wie
sie auch bei Haushaltskühlschränken weitverbreitet ist. Daneben werden auch Absorptions-
kälteanlagen verstärkt in der Schifffahrt eingesetzt. Hier soll aber auf diese Anlagen nicht
näher eingegangen werden, da sie eher noch die Ausnahme bilden. Die grundlegende
Funktionsweise der Absorptionskältemaschine wird in Abschn. 6.6.2.3 beschrieben.
Das Grundprinzip dieser Kälteanlage beruht auf der Verdampfung und Kondensation
eines bei niedrigen Temperaturen siedenden Kältemittels, welches im Kreislauf geführt
wird („Kaltdampfkälteanlage“ – s. Abb. 6.36). Der vom Motor M angetriebene Kom-
pressor K bringt den bei einer tiefen Temperatur T0 und dem tiefen Druck p0 aus dem

23Wie beispielsweise auch auf den Einsatzgruppenversorgern der Deutschen Marine.


6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 383

Dr
3 4
Verdampfer

Verflüssiger

2 K
M

Abb. 6.36 Prinzip einer einstufigen Kompressionskälteanlage. Der Bereich innerhalb der Strich-
linie ist der Kühlraum

­ erdampfer angesaugten Kältemitteldampf auf den höheren Druck p1 (Zustandsänderung


V
1 → 2), sodass dessen Verflüssigungswärme Q̇AB bei der Temperatur T an die Umgebung
(Kühlwasser, Luft) vom Verflüssiger abgegeben werden kann (Zustandsänderung 2 → 3);
hierbei wird der Kältemitteldampf im Verflüssiger verflüssigt (kondensiert). Das ver-
flüssigte Kältemittel strömt über das geregelte Drosselventil Dr, mit dessen Hilfe es wie-
der auf den Druck p0 entspannt wird (Zustandsänderung von 3 → 4), dem Verdampfer
zu, in welchem es unter Wärmezufuhr (Kälteleistung Q̇0) wieder verdampft (Zustands-
änderung 4 → 1).

b) Berechnung der Kältemaschine


Zur Dimensionierung der Kälteanlage ist es wichtig zu wissen, welche Kühlleistung
(Kältebedarf) erforderlich ist.
Sei es nur ein Kühlschrank, sei es ein gekühlter Raum – grundsätzlich setzt sich der
erforderliche Kältebedarf aus mehreren Einzelkomponenten zusammen, u. a.:

• Kältebedarf für die Abkühlung des Kühl- bzw. Gefriergutes,


• Kältebedarf für das Abkühlen der Erneuerungsluft aufgrund von Türöffnungen,
• Kältebedarf für den Wärmeeinfall durch Wände, Decken und Fußböden,
• Kältebedarf für das Wärmeäquivalent durch Personen, Maschinen und Beleuchtung.

Der Anteil des Kältebedarfes zur Abkühlung des Kühlgutes ist in der Regel der größte.
Wird allerdings bereits Gefriergut in einem Tiefkühlraum eingelagert, so kann der Kälte-
bedarf zur Runterkühlung des Gutes vernachlässigt werden. Ähnlich wird auch bei der
Auslegung der Mülllast verfahren werden. Primär wird hier der Kältebedarf zu ermitteln
sein, um die im Raum befindliche Luft auf Lagertemperatur herabzukühlen und auf dieser
Temperatur zu halten.
Werden aber Lebensmittel in einen Kühlraum eingebracht, die z. B. bei 20 °C liegen
und auf 7 °C herabgekühlt werden müssen, ist dafür Energie aufzuwenden. Der zum
Abkühlen des Kühlgutes erforderliche Kältebedarf Q̇AB berechnet sich zu [47]:
384 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Tab. 6.9  Durchschnittliche spez. Wärmekapazitäten zur überschlägigen Berechnung einer Kühl-


raumkälteleistung [12]
Lagertemperatur Spez. Wärmekapazität vor dem Erstarren
(°C) (kJ/kgK)
Obst & Gemüse +2/+18 3,85
Tiefkühlware −18/−22 4,4
Getränke +8/+10 4,2

m · c · T
Q̇AB = [kW] (6.69)
t
mit
m = Masse des Kühlgutes in kg,
c = spez. Wärmekapazität des Kühlgutes beim Abkühlen in kJ/kgK (s. Tab. 6.9),
ΔT = Temperaturdifferenz des Kühlgutes zwischen Einbringtemperatur und gewünschter
Lagertemperatur in K (im vorstehenden Beispiel 293 K − 280 K = 13 K),
t = geforderte Zeit zur Abkühlung (in der Regel 24 h = 86.400 s).
Tab. 6.9 gibt eine Auswahl einiger spezifischer Wärmekapazitäten an.

Beispiel
Wie groß ist der Abkühlwärmestrom für 1000 L (≈1000 kg) diverser Getränke, die bei
einer Einbringtemperatur von 20 °C in der Proviantlast innerhalb eines Tages auf 8 °C
heruntergekühlt werden sollen?

Lösung: Den Lösungsansatz liefert Gl. 6.69:


m · c · �T 1000 kg · 4,2 kJ/kgK · (293 K − 281 K)
Q̇AB = = = 0,6 kW.
t 86.400 s

Ferner muss noch die sog. Atmungswärme Q̇AT von Lebensmitteln (und sicherlich auch
von Abfällen) aufgrund organischer Prozesse berücksichtigt werden. Das erfolgt unter
Einsatz der spez. Atmungswärme des/der Kühlgutes/Kühlgüter qAT:24
m · qAT
Q̇AT = . (6.70)
t
Weiterhin ist die abzuführende Wärmemenge aus dem Verpackungsmaterial in analoger
Anwendung der Gl. 6.71 zu bestimmen, wobei hier der spezifische Wärmeinhalt des Ver-
packungsmaterials im betrachteten Temperaturfenster einzusetzen ist.

24Ist einschlägigen Tabellenwerken der Lebensmittelindustrie zu entnehmen, z. B. in [15].


6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 385

Tab. 6.10  Wärmeabgabe von Personen in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur


Temperatur Kühlraum Wärmeabgabe je Per- Temperatur Kühlraum Wärmeabgabe je
in °C son in W in °C Person in W
20 180 −5 300
15 200 −10 330
10 210 −15 360
5 240 −20 390
0 270 −25 420

Darüber hinaus ist noch der Wärmedurchgang durch Wände, Decken, Fußböden und
Türen analog Abschn. 6.5.4.2 zu berücksichtigen.
Die Wärmeabgabe von Personen, die den Kühlraum betreten, ist zwar sehr gering,
kann aber überschlägig wie folgt in Ansatz gebracht werden:25
i·q·t
Q̇P = (6.71)
24
mit
Q̇P = Wärmeabgabe der Person in W,
q  = Wärmeabgabe einer Person (s. Tab. 6.10),
i  = Anzahl der Personen im Kühlraum,
t  = Aufenthaltszeit einer Person in Stunden pro Tag.
Weiterhin muss die Wärmeabgabe über Beleuchtung und ggf. weitere wärmeabgebende
Maschinen und Einrichtungen in den Kühlräumen berücksichtigt werden. Für Kühl-
häuser an Land kann die Berechnung des Kältebedarfs sehr komplex werden.
Sind alle Wärmeströme erfasst, die in Summe den Gesamtwärmestrom Q̇ ergeben,
kann die weitere Konzeptionierung der Anlage erfolgen.
Die Verdampferleistung Q̇0 ergibt sich aus dem gesamten Wärmestrom zuzüglich
eines Sicherheitszuschlags von etwa 20 % [45].

Q̇0 = Q̇ + 20 %. (6.72)
Zur Beschreibung des Kälteprozesses (Abb. 6.36) wird der Carnot-Kreisprozess als Ver-
gleichsprozess herangezogen (s. Abb. 6.37).
In diesem Diagramm (Abb. 6.37) beschreibt Q̇41 die im Verdampfer zugeführte
Wärmeenergie:

Q̇41 = T0 · ṁ · (s1 − s4 ) (6.73)

25Nach [45].
386 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.37 Carnot- T


Kreisprozess im T-s-Diagramm KP
(= Temperatur-Entropie-
Diagramm)
3 2
T

T0
4 1
s

Abb. 6.38 lg-p-h-Diagramm lg p


für den einstufigen Kälteprozess KP
(KP = „kritischer Punkt“)

3 2
Flüssigkeit
Heißdampf

4 1

Nassdampf

und Q̇23 die im Kondensator abzuführende Wärmemenge:

Q̇23 = T · ṁ · (s3 − s2 ) (6.74)


mit ṁ dem Massenstrom des Kältemittels.
Der kritische Punkt KP beschreibt den thermodynamischen Zustand eines Stoffes
(hier des eingesetzten Kältemittels), der sich durch Angleichen der Dichten von flüssi-
ger und Gasphase kennzeichnet. Die Unterschiede zwischen beiden Aggregatzuständen
hören an diesem Punkt auf zu existieren.
Der Prozess kann auch im lg-p-h-Diagramm (Abb. 6.38) dargestellt werden, welches
für die einzelnen Kältemittel erstellt wurde. In diesem ist der Druck des Kältemittels in der
Anlage in logarithmischer Darstellung über der Enthalpie des Kältemittels aufgetragen. Im
Anhang 23 findet sich ein derartiges Diagramm für das Kältemittel Ammoniak.
Aus diesem Diagramm (Abb. 6.38) ergibt sich:
Erforderliche Verdichterleistung (innere oder indizierte Leistung Pi)
P12 = Pi = ṁ · (h2 − h1 ) (6.75a)
bzw. Verdichterarbeit Wt
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 387

Wt = h 2 − h 1 , (6.75b)
abzuführender Wärmestrom am Kondensator

Q̇23 = Q̇AB = ṁ · (h3 − h2 ) (6.76a)


bzw. abzuführende Wärme (Verflüssigung)
q23 = h3 − h2 , (6.76b)
Verflüssigung des Kältemittels = abzuführender Wärmestrom aus dem Kühlraum

Q̇41 = Q̇0 = ṁ · (h1 − h4 ) (6.77a)


bzw. abzuführende Wärme (Verdampfung)
q41 = h1 − h4 . (6.77b)
Die Entspannung des Kältemittels findet bei gleichbleibender Enthalpie h4 = h3 statt
(adiabate Zustandsänderung).
Der erforderliche Massenstrom des Kältemittels ergibt sich aus der ermittelten
Wärmeabfuhr aus dem Kühlraum und den aus dem für gewählte Kältemittel bestehenden
lg-p-h-Diagramm abgelesenen Enthalpien zu:

ṁ = Q̇0 /(h1 − h4 ), (6.78)


Verdichterantriebsleistung (effektive Leistungsaufnahme an der Verdichterwelle)
Pe = Pi /ηe (6.79)
mit ηe dem Gesamtwirkungsgrad des Verdichters (effektiver Wirkungsgrad). Dieser
setzt sich aus einem inneren bzw. indizierten Wirkungsgrad ηi und dem mechanischen
Wirkungsgrad ηm zusammen:
ηe = η i · η m . (6.80)
Weitere Kennzahlen sind gebräuchlich:
Zur Beschreibung des Kälteprozesses wird der Carnot-Kreisprozess mit der absoluten
Verflüssigungstemperatur T und der absoluten Verdampfungstemperatur T0 herangezogen
(vgl. vorstehende Ausführungen); der sog. Kältegrad εC dieses Prozesses wird wie folgt
beschrieben:
εC = T0 /(T − T0 ). (6.81)
Der tatsächliche Kältegrad ε liegt aufgrund von Exergieanteilen im Prozess unter dem
Carnot’schen Kältegrad; das Verhältnis beider Kältegrade wird als Gütegrad der Kälte-
maschine bezeichnet:

Q̇0 ṁ(h1 − h4 )
ε= = . (6.82)
Pi ṁ(h2s − h1 )
388 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Die Enthalpie „h2s“ kennzeichnet, dass die Verdichtung isentrop verläuft.26


ηG = ε/εC (6.83)
c) Kältemittel
Lange Zeit war Ammoniak das Kältemittel der Wahl. Aufgrund seiner Giftigkeit und
Brennbarkeit wurde nach anderen Kältemitteln gesucht – es kamen die sog. Sicherheits-
kältemittel auf den Markt, die Verbindungen aus Fluorchlorkohlenwasserstoffen sind
(FCKW-Kältemittel). Diese haben aber einen starken Einfluss auf den Abbau der Ozon-
schicht. Mit Inkrafttreten der FCKW-Halon-Verbotsverordnung 1991 hat Deutschland
den schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung dieser vollhalogenierten Kältemittel bis
zum Jahr 1994 abgeschlossen. Es haben verstärkt teilhalogenierte Kohlenwasserstoffe,
die Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) Anwendung gefunden. So werden auf Schiffen häu-
fig R404A und R410A als Kältemittel eingesetzt.
R404A ist ein Gemisch aus 44 % Trifluorethan, 52 % Pentafluorethan und 4 % Tetraf-
luorethan. Es ist ungiftig und nicht brennbar.27 Allerdings ist es ab dem 01.01.2020 ver-
boten, dieses Kältemittel in bestehenden Kälteanlagen zu verwenden [58].
R410A, auch HFC-410A oder Suva 410A, besteht zu 50 % aus R32 (Difluormethan)
und 50 % R125 (Pentafluorethan). Das Kältemittel kann allerdings nicht im Tiefkühl-
bereich eingesetzt werden, da die Verdichtungsendtemperatur zu hoch ist. R410A weist
zwar kein Ozonabbaupotenzial auf, ist aber ein Treibhausgas und trägt somit zur globa-
len Erderwärmung bei.
Daneben kommen nach wie vor (insbesondere auch vor dem Hintergrund des Aus-
stiegs aus der Nutzung halogenierter Kohlenwasserstoffe als Kältemittel) auch CO2
(R744) und Ammoniak (R717) zum Einsatz. CO2 ist zwar ebenfalls ein klimarelevantes
Gas, ist aber nicht giftig und nicht brennbar. Ammoniak (NH3) hat keine klima- und
ozonschichtschädigenden Eigenschaften, ist allerdings brennbar und giftig.

d) Bauteile der Kälteanlage


Als Verdichter kommen Kolben-, Rotations-, Turbo- und Schraubenverdichter zur
Anwendung. Die Verflüssiger sind meist luftgekühlt. Sie bestehen aus Rippenrohren,
die in manchen Fällen durch einen Ventilator angeblasen werden. Bei großen Anlagen
kann zur Verflüssigung das Kältemittel auch durch einen Wärmetauscher geführt wer-
den, in dem Wasser als Rückkühlmittel eingesetzt wird. Bei den Verdampfern kann man
im Schiffbau im Wesentlichen zwei Grundtypen unterscheiden: den Steilrohr- und den
Schlangenrohrverdampfer. Die Drossel ist bei kleineren Anlagen eine Kapillare, bei
­größeren Anlagen ein geregeltes Ventil.

26Als Isentrope bezeichnet man Linien gleicher Entropie.


27Vgl. Produktdatenblatt der Fa. TYCZKA Industrie-Gase.
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 389

Beispiel
Eine Verdichterkältemaschine soll bei einer Verdampfungstemperatur von −10 °C
(Kühlraumtemperatur) und einer Verflüssigungstemperatur von 25 °C mit Ammoniak
betrieben werden. Die Verdichtung verläuft annähernd isentrop28. Wie groß ist der
Kältegrad der Anlage? Auf wie viel bar wird das Kältemittel verdichtet?

Lösung: Aus dem lg-p-h-Diagramm im Anhang 23 und Abb. 6.36 findet man für h1
bei −10 ◦C 1748 kJ/kg. Für h2 liest man bei der Temperatur von 25 °C 1925 kJ/kg ab.
Dazu geht man von h1 entlang der Isentropen bis zur Temperatur 25 °C.
Die abzuführende Wärme ist die Differenz von h2 − h3 (vgl. Gl. 6.76a bzw. 6.76b).
Bei der Wärmeabfuhr im Kondensator wird das Kältemittel verflüssigt. Die Enthalpie
h3 liegt dann auf der Verflüssigungskurve und kann mit h3 = 620 kJ/kg abgelesen
werden. In der Drossel wird das Kältemittel wieder entspannt auf den Punkt 4. Die-
sem korrespondiert die Enthalpie h4 = 620 kJ/kg. Somit errechnet sich der Kältegrad
ε nach Gl. 6.82 zu

Q̇0 ṁ(h1 − h4 ) 1748 − 620


ε= = = = 6,4.
Pi ṁ(h2s − h1 ) 1925 − 1748
Ebenfalls aus dem lg-p-h-Diagramm ist der Druck abzulesen, auf den das Kältemittel
(hier NH3) verdichtet wird: Bei der Temperatur von 25 °C und der Isentropen s = 5,75
ergibt sich auf der linken Ordinate des Diagramms ein Druck von 1 MPa = 10 bar.

6.6.2 Lüftungs- und Klimatechnik

6.6.2.1 Einführung
Die klima- und lüftungstechnischen Verhältnisse auf Schiffen haben, unabhängig vom
Typ des Schiffes, einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden von Besatzung und
Passagieren sowie den störungsfreien Betrieb von Maschinen, Systemen und Anlagen.
Klimaanlagen schaffen in Schiffen die notwendigen Umgebungsbedingungen für
klimaempfindliche technische Anlagen und sorgen für ein angenehmes Raumklima für
die an Bord befindlichen Menschen, was üblicherweise bei einer Temperatur von etwa
20–22 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 40–50 % gegeben ist.
Daneben schreibt die Arbeitsstättenrichtlinie ASR A3.5 „Raumtemperatur“ [30] für
spezielle Arbeitsbereiche differenzierte Raumtemperaturen vor (s. Tab. 6.11).
Für die Klassifizierung der Arbeitsschwere gibt Tab. 2 der genannten ASR folgende
Anhaltspunkte (Tab. 6.12).
Weiterhin soll nach der ASR A3.5 die Lufttemperatur in Arbeitsräumen +26 ◦C
grundsätzlich nicht überschreiten.

28Da Entropie und potenzielle Temperatur direkt miteinander in Beziehung stehen, wird der

Begriff der Isentrope auch synonym für Linien gleicher potenzieller Temperatur gebraucht.
390 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Tab. 6.11  Mindestwerte der Lufttemperatur in Arbeitsräumen nach Tab. 1 der ASR A3.5
Überwiegende Körperhaltung Arbeitsschwere
Leicht (°C) Mittel (°C) Schwer (°C)
Sitzen +20 +19 –
Stehen, Gehen +19 +17 +12

Tab. 6.12  Klassifizierung der Arbeitsschwere nach Tab. 2 der ASR A3.5


Arbeitsschwere Beispiele
Leicht Leichte Hand-/Armarbeit bei ruhigem Sitzen bzw. Stehen verbunden mit
gelegentlichem Gehen
Mittel Mittelschwere Hand-/Arm- oder Beinarbeit im Sitzen, Gehen oder Stehen
Schwer Schwere Hand-/Arm-, Bein- und Rumpfarbeit im Gehen oder Stehen

Ferner wird dort ausgeführt, dass in Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und
Erste-Hilfe-Räumen während der Nutzungsdauer eine Lufttemperatur von mindestens
+21 ◦C herrschen muss; in Toilettenräumen darf die Lufttemperatur durch Lüftungsvor-
gänge, die durch die Benutzer ausgelöst werden, kurzzeitig unterschritten werden. In
Waschräumen, in denen Duschen installiert sind, soll die Lufttemperatur während der
Nutzungsdauer mindestens +24 ◦C betragen.
Wird die Lufttemperatur in einem Raum von +35 ◦C überschritten (was im
Maschinenraum der Fall sein kann), so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung
ohne

• technische Maßnahmen (z. B. Luftduschen),


• organisatorische Maßnahmen (z. B. Entwärmungsphasen) oder
• persönliche Schutzausrüstungen (z. B. Hitzeschutzkleidung), wie bei Hitzearbeit,

nicht als Arbeitsraum geeignet.


Ferner ist das „Wohlfühlen in einem Raum“ neben der Raumtemperatur von einer
dazu korrespondierenden relativen Luftfeuchtigkeit abhängig. Tab. 2 der Arbeitsstätten-
richtlinie ASR A3.6 „Lüftung“ gibt hierzu folgende Werte vor (Tab. 6.13).

6.6.2.2 Lüftungstechnik
Die im vorstehenden Abschnitt genannten Raumtemperaturen und Feuchtigkeitswerte
können durch eine geeignete Lüftung erreicht werden. Hier ist zunächst die freie Lüf-
tung zu nennen. Die einfachste Form der freien Lüftung ist die Fensterlüftung. Sie hat
eine hohe Akzeptanz, falls die Öffnung der Fenster von den an Bord befindlichen Perso-
nen selbst bestimmt werden kann. Andere Formen der freien Lüftung sind z. B. Schacht-,
Dachaufsatz- oder Kaminlüftung (Windhutzen).
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 391

Tab. 6.13  Maximale relative Lufttemperatur Relative Luftfeuchtigkeit


Luftfeuchtigkeit nach Tab. 2 (°C) (%)
der ASR A3.6
+20 80
+22 70
+24 62
+26 55

Tab. 6.14  Mindestöffnungsfläche für kontinuierliche Lüftung und für Stoßlüftung nach Tab. 3 der
ASR A3.6
System Maximal zulässige Raumtiefe Öffnungsflächea zur Sicherung des
bezogen auf die lichte Raum- Mindestluftwechsels
höhe (h) in m Für kontinuier- Für Stoßlüf-
liche Lüftung (m2/ tung (m2/10 m2
anwesende Person) Grundfläche)
I Einseitige Lüftung Raumtiefe = 2,5 × h 0,35 1,05
(bei h > 4 m: max. Raumtiefe
=10 m)
(angenommene Luft-
geschwindigkeit im Querschnitt
= 0,08 m/s)
II Querlüftung Raumtiefe = 5,0 × h 0,20 0,60
(bei h > 4 m: max. Raumtiefe
=20 m)
(angenommene Luft-
geschwindigkeit im Querschnitt
= 0,14 m/s)
aDie angegebenen Öffnungsflächen sind die Summe aus Zuluft- und Abluftflächen

Die freie Lüftung von Räumen kann als Stoßlüftung oder kontinuierliche ­Lüftung
erfolgen. In Arbeitsräumen ist eine ausreichende freie Lüftung nur dann gewähr-
leistet, wenn die erforderlichen Lüftungsquerschnitte und die maximal zulässigen
Raumtiefen nach Tab. 3 der ASR A3.6 eingehalten werden (Tab. 6.14). Von den dort
genannten erforderlichen Lüftungsquerschnitten kann abgewichen werden, wenn die
Anforderungen aus Tab. 6.13 auch bei geringeren Lüftungsquerschnitten erfüllt werden.

Anforderungen an die freie Lüftung


Für die Fensterlüftung sind mindestens Lüftungsquerschnitte nach Tab. 6.14 erforder-
lich, um die Anforderungen an ein angenehmes Raumklima zu erreichen. Die Fenster-
öffnungen sind so anzuordnen, dass eine ausreichend gleichmäßige Durchlüftung der
Räume gewährleistet ist.
392 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.39 Windhutzen an


Bord der Viermastbark Passat

Andere Formen der freien Lüftung durch natürliche Ventilation (z. B. Lüftungskamine,
Windhutzen; Abb. 6.39) sind entsprechend auszulegen.
Dauer und Intensität des Luftaustausches bei freier Lüftung sind so zu gestalten, dass
Zugluft möglichst vermieden wird.

Raumlufttechnische Anlagen29
Die freie Lüftung – natürliche Ventilation – wird nur noch in Ausnahmefällen auf klei-
nen Schiffen angewendet. Üblicherweise erfolgt heute die Luftver- und Entsorgung als
Überdruckbelüftung mittels raumlufttechnischer Anlagen (RLT-Anlagen). Dazu wird die
Zuluft mit elektromotorischen Lüftern in die zu belüftenden Bereiche (insbesondere der
Maschinenraum, Laderäume auf Fährschiffen) gefördert. Die Abluft wird über Abluft-
kamine (Abb. 6.40), Klappen oder Jalousien nach außen geleitet.
Bei RLT-Anlagen muss die Zuluft (Außenluft/Umluft) vor der Zuführung in die zu
lüftenden Bereiche entsprechend den Anforderungen hinsichtlich der Nutzung der
Räume durch Luftfilter nach dem Stand der Technik gereinigt werden. Die RLT-Anlage

29Vertiefend zur Raumlufttechnik: FVLR-Richtlinie „Natürliche Lüftung großer Räume“ [41].


6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 393

Lüftungsrohre

Abb. 6.40 Zu- und Abluftkamine eines Fährschiffs

darf nicht selbst zur Gefahrenquelle (z. B. durch Gefahrstoffe, Bakterien, Schimmelpilze
oder Lärm) werden.
Der Außenluftvolumenstrom ist nach dem Stand der Technik so auszulegen, dass
Raumluftlasten (Stoff-, Feuchte-, Wärmelasten) zuverlässig abgeführt werden.
Abluft aus Räumen mit Lasten (Stoff-, Feuchte-, Wärmelasten) darf als Umluft nur
dann genutzt werden, wenn Gesundheitsgefahren und Belästigungen ausgeschlossen
werden können. Abluft aus Sanitärräumen, Raucherräumen (Fischereifabrikschiffe) und
Küchen darf nicht als Zuluft genutzt werden.
Die RLT-Anlage darf keine unzumutbare Zugluft erzeugen. Zugluft ist vorwiegend
von der Lufttemperatur, der Luftgeschwindigkeit, den Luftturbulenzen im Raum und
der Art der Tätigkeit (d. h. Wärmeerzeugung durch körperliche Arbeit) abhängig. Bei
einer Lufttemperatur von +20 ◦C und einer mittleren Luftgeschwindigkeit <0,15 m/s
tritt bei leichter Arbeitsschwere üblicherweise keine unzumutbare Zugluft auf. Bei grö-
ßerer körperlicher Aktivität und anderen Lufttemperaturen kann der Wert für die mitt-
lere Luftgeschwindigkeit abweichen. Zu hohe Luftgeschwindigkeiten können zu
Zugerscheinungen führen. So sollte die Luftgeschwindigkeit an Büroarbeitsplätzen und
vergleichbaren Räumen (z. B. die Brücke) bei ≤0,2 m/s liegen.
Ferner zielen lüftungstechnische Maßnahmen darauf ab, den CO2-Wert im Raum
in erträglichen Grenzen zu halten. Ein zu hoher CO2-Wert führt zu Müdigkeit,
Konzentrationsschwäche und kann Kopfschmerzen auslösen; das kann bereits bei
CO2-Konzentrationen von 1000 ml/m3 bzw. ppm erfolgen.
394 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

In Räumen, in denen sich eine größere Anzahl von Personen aufhält und die Luft-
qualität den hygienischen Erfordernissen nach DIN 1946, Teil 2 bzw. DIN EN 13779
entsprechen soll, wird der Außenluftvolumenstrom über die Außenluftrate personen-
bezogen bestimmt.
Als Richtwert ist ein Luftbedarf (Frischluftmenge) von 25–36 m3/h je Person anzu-
setzen, wobei 20 m3/h pro Person auch als absolute Mindestluftrate bezeichnet wird und
nicht unterschritten werden soll [54].
Die Außenluftrate bezeichnet, wie oft die Raumluft pro Stunde komplett gegen
Außenluft/aufbereitete Umluft ausgetauscht wird. Mittels der Daten für den Luftbedarf
je Person und der zugehörigen Außenluftrate (ALR) für einen bestimmten Raum lässt
sich auch eine Grobdimensionierung von Raum und Lüftung durchführen [61].
Tab. 6.15 gibt Anhaltswerte für die erforderliche Luftwechselrate (Außenluftrate)
nach DIN 1946, Teil 2. Sie richtet sich nach der Verwendung des Raumes. Daraus wird
nach Gl. 6.84 die benötigte Frischluftmenge pro Stunde ermittelt.

V̇ = P · ALR [m3 /h] (6.84)


mit
V̇ = benötigte Luftmenge in m3/h,
P  = Personenzahl im Raum,
ALR = Außenluftrate pro Person nach Tab. 6.15.

Tab. 6.15  Außenluftrate (ALR) pro Stunde und Person


Art des Raumes ALR in m3/h pro Person
Büroräume 40–60
Besprechungsräume, Konferenzzimmer 20
Dusche 40
Küche, Kombüse/Pantry 40 (kontinuierlicher Betrieb)
150–600 (bedarfsgesteuert)
Speisesäle und Restaurantbereich 40
Raucherräume (DIN EN 13779) 90
Theater, Kino 20
Verkaufsräume 20
WC 10–20 (kontinuierlicher Betrieb)
30 (bedarfsgesteuert)
Wohnräume (Mannschafts- und Passagierkabinen), 30
Ruheräume
Messen und Aufenthaltsräume („Kantine“) 30
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 395

Beispiel
Die Brücke eines kleinen KüMos (Küstenmotorschiffs) ist mit drei Personen besetzt.
Welche Luftmenge muss stündlich ausgetauscht werden?

Lösung: Die Brücke kann als Büroraum angesehen werden. Aufgrund der hohen Auf-
merksamkeit, die vom Brückenpersonal verlangt wird, sollte daher eine Luftwechsel-
rate bzw. Außenluftrate von 60 m3/h pro Person angenommen werden. Nach Gl. 6.84
ergibt sich dann eine benötigte Luftmenge, die pro Stunde auszutauschen ist:

V̇ = 3 Pers. · 60 m3 /h pro Person = 180 m3 /h.

Neben der Frischluftmengenermittlung über die Außenluftrate, die auf die in einem
Raum befindliche Anzahl von Personen bezogen ist, kann die Luftmengenermittlung
auch mittels Luftwechselraten (LWR) berechnet werden.30 Wichtig ist hierbei, zunächst
die Art und die Bestimmung (Verwendung) eines Raumes zu definieren. Zur Entlüftung
beispielsweise einer Passagierkabine wird eine niedrigere Luftmenge erforderlich sein
als in einem Badezimmer.
Die LWR (stündliche Luftwechselrate – wie oft wird die Raumluft in der Stunde
­ausgetauscht) ist als Empfehlung aus Tab. 6.16 zu entnehmen und wird in die Gl. 6.85
eingesetzt:

V̇ = VR · LWR [m3 /h] (6.85)


mit
V̇ = benötigte Luftmenge pro Stunde in m3/h,
VR  = Raumvolumen in m3,
LWR = empfohlene Luftwechselrate nach Tab. 6.16.

Beispiel zur Frischluftmengenermittlung mittels LWR


Die Brücke im vorstehenden Beispiel hat ein Raumvolumen von VR = 45 m3. Wie
groß ist die benötigte Luftmenge pro Stunde?

Lösung: Die Brücke kann als Büroarbeitsplatz gewertet werden. Da hier aber erhöhte
Anforderungen an die Konzentration des Brückenpersonals zu stellen sind, sollte eine
LWR von 7/h herangezogen werden. Aus Gl. 6.85 folgt:

V̇ = 45 m3 · 7/h = 315 m3 /h.


Hiernach ergibt sich eine deutlich höhere Luftmenge gegenüber der Luftmengen-
ermittlung mittels ALR pro Person. Hieraus kann aber auch geschlossen werden, dass

30Zum Folgenden [60].


396 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Tab. 6.16  Empfohlene Art des Raumes LWR/h


Luftwechselraten [60]
Badezimmer 5–7
Batterieräume (Ex-Bereich) 5–10
Besprechungsräume 5–8
Büroräume 4–8
Duschen 15–25
Küche, Kombüse, Pantry 15–30
Kabinen, Wohnräume 3–6
Raucherräume bis 20
Restaurantbereiche, Messen 6–8
Schwimmbad 3–4
Sportstudio, Gym 4–8
Theater, Kino 5–8
Toilette (in Kabine) 5–8
Toiletten öffentlich 5–15
Werkstatt mit geringer Luftverschlechterung 4–6
Werkstatt mit starker Luftverschlechterung 10–20

ein 45 m3 großer (Brücken-)Raum auch mit deutlich mehr als drei Personen besetzt
werden kann, bevor unzuträgliche Arbeitsbedingungen insbesondere durch CO2-­
Belastungen auftreten.

Beispiel
Wie viele Soldaten können in der Operationszentrale (OPZ) eines Kriegsschiffs
Dienst tun, damit hier für sie erträgliche Arbeitsbedingungen herrschen? Die
Lüftungsanlage entspricht dem Stand der Technik, die OPZ hat ein Raumvolumen
von 150 m3.

Lösung: Die OPZ kann als Konferenzraum gemäß Tab. 6.15 und 6.16 angesehen wer-
den, in der hohe Aufmerksamkeit von den Soldaten verlangt wird. Daher: LWR/h = 8,
ALR = 20 m3 /h pro Person.
Da sowohl Gl. 6.84 als auch Gl. 6.85 die erforderliche Frischluftmenge ermitteln,
können beide gleichgesetzt und nach der Personenzahl umgestellt werden:

P = (VR · LWR)/ALR = (150 m3 · 8/h)/20 m3 /h und Person = 60 Personen.


Im Ergebnis könnten maximal 60 Personen in der OPZ unter den genannten
Lüftungsbedingungen arbeiten (was in einer OPZ dieser Größe aber nicht der Fall
ist!).
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 397

Die erforderliche elektrische Lüfterleistung Pel errechnet sich nach folgender Gleichung:

�p · V̇L
Pel = (6.86)
ηL
mit
Δp = Differenzdruck (N/m2),
= Luftvolumenstrom (m3/s),
V̇L 
ηL = Lüfterwirkungsgrad.
Da die elektrische Energie durch Dieselgeneratorsätze oder durch Wellengeneratoren
zur Verfügung gestellt wird (vgl. Abschn. 6.8), ist es aus Gründen des Umweltschutzes
(­Verminderung des Schadstoffausstoßes der Dieselaggregate) und aus Gründen der
Kostenminimierung beim Kraftstoffverbrauch anzustreben, auf eine Reduzierung des
E-Bedarfs für die Lüfter hinzuwirken. Dazu muss die Lüfterleistung reduziert werden.
Aus Gl. 6.86 ist ersichtlich, dass das durch eine Verringerung des Druckverlustes im
System der Lüftungskanäle und durch eine Erhöhung des Lüfterwirkungsgrades erfol-
gen kann. Der Luftvolumenstrom kann nur eingeschränkt reduziert werden, da er ja
­vorgegeben ist (vgl. vorstehende Ausführungen).

Zum Wirkungsgrad
Da die Lüfter überwiegend Dauerläufer sind, sollte auf gute Wirkungsgrade bei Lüfter
und Antriebsmotor geachtet werden. Bei üblichen Maschinenraumlüftungsanlagen bei-
spielsweise von 60 kW Nennleistung ergibt eine Wirkungsgradverbesserung von 5 % eine
jährliche Ersparnis der elektrischen Energie von ca. 25.000 kWh.

Zum Differenzdruck
Die Geometrie der Lüfterkanäle ist auf geringe Verluste zu optimieren. Dazu ist der
Querschnitt so groß wie möglich zu wählen, möglichst geradlinige Kanalführungen sind
anzustreben. Hier müssen jedoch aufgrund schiffbaulicher Gegebenheiten Kompromisse
eingegangen werden.

6.6.2.3 Klimaanlagen
Mit Klimaanlagen werden die vorstehend geforderten Raumluftbedingungen (Tempera-
tur, Feuchte, Reinheit und CO2-Gehalt) auf dem Schiff erzeugt. Sie haben die Aufgabe,
die Luft eines Raumes in einen bestimmten Zustand zu bringen und zu halten („kondi-
tionieren“). Da in der Schiffsklimatisierung mit extremen Luftkonditionen und korrosi-
ver Seeluft zu rechnen ist, müssen diese Anlagen höchsten Qualitätsansprüchen genügen.
Hier ist großer Wert auf die Materialtauglichkeit hinsichtlich des Korrosionsverhaltens
zu legen. Metallische Teile werden daher vielfach pulverbeschichtet [26] oder gleich in
Edelstahl ausgeführt. Im Bereich der Hochseeschifffahrt werden nicht selten alle Klima-
zonen der Erde durchfahren – die Klimaanlagen müssen daher stets zuverlässig die
genannten Raumluftwerte zum Wohlfühlen über einen weiten Klimabereich garantieren.
398 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Wärmetauscher und
Mischkammer

Kältemittelkompressor

Abb. 6.41 Teilansicht Klimaanlage eines Tankers

Die DIN EN ISO 7547:2009-09 „Schiffe und Meerestechnik – Klimatisierung und


Lüftung von Unterkunftsräumen auf Schiffen – Grundlagen für Entwurf und Auslegung“
enthält Vorgaben zum Entwurf und zur Auslegung von Schiffsklimaanlagen.
Die Funktionen einer Klimaanlage sind demnach:

1. Änderung der Lufttemperatur (heizen oder kühlen),


2. Änderung der Luftfeuchtigkeit (befeuchten oder trocknen),
3. Entfernen von Luftbestandteilen (filtern oder austauschen),
4. Verändern der lokalen Luftgeschwindigkeit.

Kleinere Klimaanlagen (z. B. in einzelnen Schiffskabinen installierte dezentrale Anlagen)


beherrschen oft nicht alle v. g. Funktionen.

Aufbau von Schiffsklimaanlagen31


Kernkomponente jeder Klimaanlage ist das Zentralgerät (Abb. 6.41 und 6.42), in dem
die Behandlung und Einstellung der Zuluftparameter geschieht. Auf Schiffsneubauten
werden heute fast nur noch modular aufgebaute Einheiten eingesetzt. Sie bestehen aus

• Mischkammer, hier wird Frischluft und Rückluft gemischt, für die Besatzung wird
100 % Frischluft und keine Umluft verwendet,
• Filter (zum Teil auch Aktivkohlefilter) zur Luftreinigung von Schmutz, Staub, Bakte-
rien und Gerüchen,

31Zum Folgenden auch: [5, 1, S. 49–114, 21].


6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 399

Abb. 6.42 Schematische Darstellung einer typischen Klimaanlage auf Handelsschiffen. (Zeichnung:
Hochhaus, K.-H.)

• Luftvorwärmer, Heizmedien können Warmwasser (Temperatur 80–90 °C), Thermalöl,


Dampf oder elektrische Heizstäbe sein,
• Luftkühler/ Luftentfeuchter: Die gefilterte Luft gelangt in den Luftkühler, Abkühlung
auf Temperaturen von ca. 12–14 °C. Dabei findet eine Entfeuchtung statt. Das Kon-
densat wird unter dem Kühler aufgefangen und dem Drainagesystem des Schiffes
zugeführt. Bei dem Luftkühler unterscheidet man den direkten und indirekten Kälte-
prozess:
– direkter Kälteprozess: Das Kältemittel verdampft direkt im Luftkühler (Einsatz
vorwiegend auf Frachtschiffen),
– indirekter Kälteprozess: Kaltwasser wird dem Kühler mit einer Eintrittstemperatur
von etwa 6–7 °C zugeführt, Abkühlung des Kaltwassers im Verdampfer (Einsatz
vorwiegend auf Fähr- und Kreuzfahrtschiffen).
• Befeuchter: Die Luft hat nach Verlassen des Vorwärmers eine relative Feuchte von
ca. 20–30 %; eine Anreicherung mittels Wasserdampf oder Sprühbefeuchtung auf
50–60 % ist notwendig. Aus hygienischen Gründen ist die Wasserdampfbefeuchtung
vorzuziehen.
• Wasserabscheider: Dieser scheidet aus dem Luftkühler mitgerissene oder von der
Luftbefeuchtung herrührende Wassertropfen ab.
400 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

• Nachheizung,
• Lüfter: Der Lüfter ist das einzig bewegte Teil der Klimaanlage (vorwiegend Radial-
lüfter). Der Antrieb erfolgt mittels Elektromotor (meistens frequenzgeregelt oder
polumschaltbar).
• Verteilerkammer: Der den Lüfter verlassende Luftstrom wird in der Verteilerkammer
den einzelnen Zuluftkanälen (Anzahl von der Schiffsgröße abhängig) zugeführt.
• Zur Energieeinsparung werden teilweise Wärmerückgewinnungsanlagen eingebaut
(Regenerator, Wärmerad).

Abb. 6.42 zeigt das Prinzipbild einer Schiffsklimaanlage.


Prinzipiell wird zwischen Ein- oder Zweikanalanlagen unterschieden.

Einkanalanlage mit elektrischer Nacherhitzung und Wärmerückgewinnung (s. a.


Abb. 6.42) Hierbei wird ein Luftkanal vom zentralen Klimagerät zu den Luftaustritts-
öffnungen in den Räumen geführt. Somit fällt die gesamte notwendige Luftbehandlung
(Filterung, Luftkühlung/-erwärmung, Befeuchtung) im Zentralgerät an. In den Austritts-
geräten der Kabinen wird der Volumenstrom geregelt. Ferner kann dort auch eine elekt-
rische Nacherhitzung erfolgen. Damit erhält jeder Raum einen variablen Volumenstrom
sowie in engen Grenzen eine Nachregelung der Temperatur.
Die Abluft wird über die Korridore (und Treppenhäuser) aus den Kabinen gesaugt und
als Umluft der neu zugeführten Frischluft im zentralen Klimagerät wieder beigemischt.
Die Abluft der Sanitär- und Küchenbereiche wird gesondert nach außen abgeführt.

Zweikanalanlage mit Umluftanteil Hierbei versorgen zwei getrennte Luftstränge (je


einer für Kalt- und Warmluft) die Räume. Die Grundkonditionierung erfolgt im Zentral-
gerät. Der Warmluftstrom erfährt durch einen Nacherhitzer eine Temperaturerhöhung,
während der Kaltluftstrom direkt zu den Austrittsgeräten geführt wird. Im Austrittsgerät
werden dann Warm- und Kaltluftstrom gemäß der am Raumthermostaten eingestellten
Raumtemperatur gemischt.

Klimaanlagen auf Passagier- und Fährschiffen


Passagier- und Fährschiffe verlangen im Vergleich zu Handelsschiffen einen höheren
Grad an Komfort [46]. Dies erfordert ein höheres Maß an technischem Aufwand, ins-
besondere bei der Systemregelung. Prinzipiell stehen auch die bei Handelsschiffen
verwendeten Systeme zur Verfügung. Resultierend aus den Nachteilen der Ein- und
Zweikanalanlagen hat sich in den letzten Jahren beim Bau großer Kreuzfahrtschiffe eine
dritte Variante, die Fan-Coil-Anlage (Gebläsekonvektoranlage) etabliert.
Dieser Anlagentyp beruht auf dem Prinzip der Dezentralisierung der Luftkonditionierung.
Im Klimaraum wird über deutlich kleinere Zentralgeräte die Vorkonditionierung durch-
geführt. Die vorkonditionierte Luft gelangt über ein Einkanalsystem in die Räume. In jedem
Raum befindet sich statt der üblichen Austrittsgeräte ein Fan-Coil-Gerät, welches die Luft
lokal erwärmen und kühlen kann. Dieses besteht aus einem Filter für Sekundärluft, einem
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 401

Luftkühler mit Regelventil, einem elektrischen Nacherhitzer und einem Ventilator (mindes-
tens dreistufig).32 Die Fan-Coil-Geräte sind entweder stehend in bzw. an der Nasszelle oder
liegend in bzw. an der Kabinendecke montiert und besitzen einen Kondensat- sowie Kalt-
wasseranschluss. Die aus den Kanälen kommende Primärluft wird entweder druck- oder
saugseitig zugemischt.
Eines der wichtigsten Argumente für eine auf dezentralen Geräten basierende Klima-
tisierung ist der geringe Platzbedarf von Gebläsekonvektoren.

Klimaanlagen mit direkter Kühlung


Bei Klimaanlagen für Frachtschiffe wird in der Regel mit direkter Kühlung gearbeitet,
d. h., der Verdampfer befindet sich direkt im zentralen Klimagerät.

Klimaanlagen mit indirekter Kühlung


Bei Klimaanlagen über ca. 400 kW und mehreren verzweigten Klimageräten oder bei
Nutzung von Absorptionskälteanlagen (s. unten) bietet sich der Einsatz von zentralen
Flüssigkeitskühlsätzen an (Abb. 6.42 und 6.43). Als Kälteträger zur Versorgung der
Klimakühlgeräte wird üblicherweise Wasser mit einer Vorlauftemperatur von ca. +6 ◦C
gewählt.

Kaltwassernetz Für den Aufbau des Kaltwassernetzes kommen eine Reihenschaltung


der Wärmetauscher (Abb. 6.44) mit einer gemeinsamen Pumpe, eine Parallelschaltung
der Wärmetauscher (Abb. 6.43) mit einer gemeinsamen Pumpe oder eine Parallel-
schaltung der Wärmetauscher mit Einzelpumpen infrage.
Neben der Kälteerzeugung mittels Verdichterkälteanlage wird als innovative Technik
auch eine Hybridkälteerzeugung genutzt (Abb. 6.45).
Hybridklimaanlagen bestehen aus zwei Kälteanlagen (Verdichter- und Absorptions-
anlage). Bei Kompressionskälteanlagen erfolgt die Energiezufuhr in Form von mecha-
nischer Energie im Kältemittelverdichter (vgl. zu der Technik der Verdichterkälteanlage
auch Abschn. 6.6.1). In der Absorptionskälteanlage erfolgt die Energiezufuhr dagegen
durch thermische Energie (Dampf aus dem Abgaskessel, heißes Kühlwasser) im Kocher.
Neben dem Kältemittel ist ein Absorptionsmittel erforderlich, das die Fähigkeit
besitzt, den Kältemitteldampf aufzusaugen (zu absorbieren, Arbeitsstoffpaare). Das
geschieht in einem zusätzlichen Bauteil, dem Absorber.
Absorptionskälteanlagen haben gegenüber Verdichterkälteanlagen einen höheren
Energieverbrauch und damit einen schlechteren Wirkungsgrad. Dies ist kein Nachteil,
wenn die Abwärme kostenlos zur Verfügung steht. Wenn die Abwärme, wie auf einem
Schiff, mit kurzen Wegen nutzbar ist, lässt sich Primärenergie einsparen und damit die
CO2-Emission verringern.

32Ergänzend auch [18].


402 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.43 Indirektes Klimasystem für Passagier- und Fährschiffe. (Zeichnung: Hochhaus, K.-H.)

Abb. 6.44 Wärmetauschersatz eines Kaltwassersatzes


6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 403

Abb. 6.45 Hybridklimaanlage bestehend aus zwei Kälteanlagen (Verdichter- und Absorptions-
anlage) eines Kreuzfahrtschiffs. (Zeichnung: Hochhaus, K.-H.)

Zur Klimatisierung wird das Arbeitsstoffpaar Lithiumbromid/Wasser eingesetzt (das


Arbeitsstoffpaar Wasser/Ammoniak wird für tiefe Temperaturen verwendet). Die Vor-
teile sind der geräuschlose Betrieb und die hohe Lebensdauer, da die Aggregate außer
Kreiselpumpen keine mechanisch bewegten Teile und damit praktisch keine Verschleiß-
teile enthalten. Voraussetzung für einen störungsfreien Betrieb ist allerdings eine sehr
sorgfältige Verarbeitung beim Schweißen, Spülen und Füllen der Aggregate, damit es
nicht zur Schlammbildung und Verstopfung im Rohrleitungssystem kommt.

6.6.3 Heizungsanlagen

Wohn- und Aufenthaltsräume, aber auch Arbeitsräume auf Schiffen müssen beheizt wer-
den. Wie vorstehend ausgeführt, kann das mittels einer Klimaanlage erfolgen. Ist eine
Klimaanlage jedoch nicht vorgesehen, müssen die erforderlichen Temperaturen (diese
sind der Arbeitsstättenrichtlinie ASR A3.5 – Raumtemperatur33 – zu entnehmen) auf

33Die Arbeitsstättenrichtlinien finden sich auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz

und Arbeitsmedizin [64].


404 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

andere Weise erzeugt werden. Insbesondere kann während der Fahrt die Wärme aus
dem Kühlwasserkreislauf der Antriebsmaschine oder auch die Wärme des Abgases der
Antriebsmaschine zu Heizungszwecken genutzt werden. Aber auch während der Liege-
zeiten vor Anker oder an der Pier müssen Warmwasser und die Möglichkeit zur Raum-
heizung zur Verfügung stehen.

6.6.3.1 Wärmeerzeugung
Dazu kommen diverse Arten von Heizanlagen, von der normalen Warmwasserheizungsanlage
mit einem ölbefeuerten Kessel bis zur Elektroheizung, Dampfheizung oder einer Warmluft-
heizung, zum Einsatz. Welches System gewählt wird, hängt im Wesentlichen von der gesam-
ten Elektro- und Wärmebilanz des Schiffes ab. Mit den Heizungsanlagen kann auch das
erforderliche Brauchwasser zum Waschen und Duschen erwärmt werden (s. Abb. 6.46).
Alle Wärmeerzeuger habe die Gemeinsamkeit, dass sie die Wärme einer offenen
Flamme oder die Abwärme anderer Systeme zur Erwärmung von Wasser nutzen. Die
Flamme wird dabei von einem Wärmetauscher umgeben, der vom Wasser durchströmt wird.
Die Wärmetauscher im Kessel sollten dabei im Verhältnis zur Brennerleistung (das ist
näherungsweise die Wärmeleistung der Flamme) möglichst groß sein. Dies gewährleistet,
dass die Verbrennungsluft der Flamme sehr stark gekühlt wird. Niedrige Abgastemperaturen
gewährleisten, dass die Wasseranteile im Abgas kondensieren. Den gewünschten Effekt
nennt man Brennwerttechnik.
Zur Auslegung einer Heizungsanlage ist der Wärmebedarf, der durch die Anlage
bereitgestellt werden muss, die ausschlaggebende Größe. Zunächst wird der Leistungs-
bedarf für die Brauchwassererwärmung betrachtet [33]:
Der Wärmeleistungsbedarf für die Trinkwarmwasserbereitung und die Auslegung
eines installierten Warmwasserspeichers hängt von der Nutzung des Schiffes (Passagier-
schiff, Fähre, Frachter, Marineschiff u. a.) und den damit verknüpften Anforderungen
an den Warmwasserkomfort, von dem Gesamtverbrauch an warmem Wasser sowie der
eingesetzten Systemtechnik (mit und ohne Wasserbevorratung im Speicher) ab. Zur
Bemessung der Leistung für die Warmwasserbereitung wird in der Regel eine Kalt-
wassertemperatur von 10 °C angenommen. Warmwassertemperaturen schwanken je nach
Art der Entnahmequelle. Anhaltswerte sind 45 °C für Waschbecken, Duschen, Bade-
wannen und 60 °C für Küchenzwecke und Sanitätsbereiche.

Abb. 6.46 Prinzip einer mit H


Öl befeuerten Heizungsanlage
mit Brauchwassererwärmung.
A P
A Abgaskamin, B Brenner, W
H Heizkörper zur
Raumheizung, K Heizkessel, M
P Heizkreispumpe, S
Speicher für Brauchwasser, W
Brauchwasser warm, Z Zulauf Z
Brauchwasser kalt B
S K
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 405

Tab. 6.17  Zapfstellenwärmebedarf w. (Nach WOLF GmbH, Mainburg, „Planungsunterlage


Mittelkessel bis 1017 kW“, Tab. 2)
Zapfstelle mit Entnahme pro Benutzung Wärmebedarf w (kWh)
(L)
Badewanne 140 5,82
Kleinraumbadewanne 120 4,89
Brausekabine 40 1,63
Brausekabine 100 4,07
Waschtisch 17 0,70
Bidet 20 0,81
Spüle 33 1,16

Die an einem Tag verbrauchte Warmwassermenge kann mithilfe verschiedener Ver-


fahren bestimmt werden, die allerdings für Wohngebäude gelten. Für die Schifffahrt kön-
nen sie jedoch als Anhaltspunkt herangezogen werden. Gebräuchlich ist das Verfahren
nach DIN 4708. Hierbei wird die Leistung für die Warmwasserbereitung eines Gebäudes
anhand einer Bedarfskennzahl N ermittelt. Diese wird bezogen auf eine Wohnung mit
Einheitsausstattung. Eine solche hat bei einer Belegung von 3,5 Personen in vier Räu-
men einen Wärmebedarf von w = 5,82 kWh/d und eine Bedarfskennzahl N = 1. Die
Bedarfskennzahl eines Wohngebäudes wird nach Gl. 6.87 bestimmt:

(n · P · v · w)
N= (6.87)
3,5 · 5,82
mit
n   = Anzahl der gleichartigen Wohneinheiten,
P   = Personenbelegung der Wohneinheiten,
v  = Zahl der relevanten Zapfstellen,
w = Wärmebedarf der Zapfstellen gemäß Tab. 6.17.

Beispiel
Auf einem Containerschiff befinden sich 3 Einzelkammern und 5 Doppelkammern mit
jeweils einer dazugehörigen Nasszelle mit Waschbecken und Dusche. In der Kombüse
gibt es eine Zapfstelle für Warmwasser. Wie hoch ist die Bedarfskennzahl N?
Aus Gl. 6.87 und Tab. 6.17 folgt:
(3 · 1 · 1 · 1,63) + (5 · 2 · 1 · 1,63) + 1,16
N= = 21,25.
3,5 · 5,82
Berücksichtigt (relevant) wird pro Wohneinheit nur die Zapfstelle mit dem größten
Leistungsbedarf. Demzufolge sind in Gl. 6.87 nur die Duschen, nicht aber die Wasch-
tische berücksichtigt worden.
406 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Tab. 6.18  Anhaltswerte für Nkorr


Nkorr nach DIN 4708 10 20 30 40 50 100 200
Nkorr für überwiegend Doppelkabinen mit Wannen 47 80 111 140 165 280 480
Nkorr für überwiegend Einzelkabinen mit Wannen 39 68 90 116 140 240 400
oder Duschen
Nkorr für überwiegend Einzelkabinen mit Duschen 30 54 72 88 105 180 320

Für wohnähnliche Gebäude wie Hotels (zu denen beispielsweise Kreuzfahrtschiffe, ggf.
auch Fährschiffe gezählt werden können) muss mit einer erhöhten gleichzeitigen Nut-
zung der Zapfstellen gerechnet werden. Die für Wohngebäude berechnete Bedarfskenn-
zahl N muss in diesem Fall nach praktischen Erfahrungen korrigiert werden. Es können
Anhaltswerte für Nkorr nach Tab. 6.18 herangezogen werden.
Entsprechend der errechneten Bedarfskennzahl N wird die Leistungszahl NL des
Warmwasserspeichers gemäß Herstellerangaben gewählt, wobei NL ≥ N sein muss. Ist
der Warmwasserspeicher gewählt, ergibt sich für diesen Speicher aus den Hersteller-
angaben die dafür erforderliche Wärmeleistung in kW.34

Beispiel
Für das im vorstehenden Beispiel genannte Containerschiff ist eine Bedarfskennzahl
von N = 21,25 ermittelt worden. Es soll ein entsprechender Speicher installiert wer-
den. Aus dem Datenblatt für den Speicher ist zu entnehmen (Auszug):

Leistungskennzahl NL nach DIN 4708:

Speicherinhalt in Liter 300 500 750


NL bei Heizwasservorlauftemperatur
90°C 9,7 21,0 40,0
80°C 9,3 19,0 34,0

Gemäß diesem Datenblatt ist ein Speicher mit der Leistungskennzahl NL 34,0 und
einer Heißwasservorlauftemperatur von 80°C zu wählen. Aus den einschlägigen
Datenblättern der Hersteller können auch die zugehörigen Speichervolumina und
deren Leistung in kW abgelesen werden.

Ferner muss zur Dimensionierung der Heizungsanlage auch die Wärmeleistung zu


Heizzwecken bestimmt werden. In den zu heizenden Räumen wird die Wärme mittels
Heizkörper zur Verfügung gestellt. Die Heizleistung der erforderlichen Heizkörper ist
abhängig von der Transmission der Wärme durch die Raumbegrenzungsflächen (Wände,

34Siehe z. B. [50].
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 407

Decke, Fußböden, Türen, Fenster) des zu heizenden Raums (Wärmedurchgang). Sie


berechnet sich nach der Gleichung:

Q̇ = k · A · T (6.88)
mit
Q̇ 
= Leistung in W,
k = Wärmedurchgangskoeffizient in W/m2K,
A = Fläche in m2,
 Ti − Ta (Ti bzw. Ta = Innen- bzw. Außentemperatur) in K.
ΔT =
Der Wärmedurchgang ist für jede Teilfläche gesondert zu ermitteln. Für den betrachteten
Raum sind dann die Einzelwerte zu einem Gesamtwärmedurchgang zu addieren. ­Ferner
müssen zur Dimensionierung von Heizungsanlagen die Lüftungswärmeverluste (freie
Lüftung oder RLT-Anlage), eine eventuelle Nachtabsenkung der Heizungsanlage,
­Wiederaufheizvorgänge etc. im Rahmen berücksichtigt werden.
Für den Wärmedurchgangskoeffizienten k (im Bauwesen auch „U-Wert“ genannt)
durch eine Wand, die aus mehreren Schichten bestehen kann (Außenhaut, Isolierung,
Innenverkleidung) gilt:

i=n
1 1 s 1
= + + (6.89)
k α1  i α2
i=1

mit
α = Wärmeübergangskoeffizient innen bzw. außen in W/m2K,
λ = Wärmeleitfähigkeit des jeweiligen Wandmaterials in W/m K,
s   = jeweilige Wanddicke in m.
Der Temperaturverlauf durch eine mehrschichtige Wand ist in Abb. 6.47 dargestellt.
Tab. 6.19 zeigt λ-Werte diverser Materialien.
Tab. 6.20 gibt Anhaltswerte für α für verschiedene Zustände des Wärmeübergangs
Luft/Wand an.
Als überschlägige k-Werte im Bauwesen können die Werte in Tab. 6.21 angenommen
werden [25].

Abb. 6.47 Temperaturverlauf


Ti
durch eine mehrschichtige
Wand

Ta
408 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Tab. 6.19  λ-Werte ausgewählter Materialien im Schiffbau


Material Wärmeleitfähigkeit λ
Aluminium 200
Glas 0,8
Holz 0,2
Holzfaserplatte weich/hart 0,06/0,17
Luft, ruhend (z. B. zw. zwei Glasscheiben) 0,02
Mineraldämmplatte 0,045
Polyurethanhartschaum (PUR) 0,027
Stahl 60
Steinwolle 0,04
Vakuumisolationspaneel 0,006

Tab. 6.20  Werte für den Wärmeübergangskoeffizienten α


Wärmeübergangskoeffizient α (W/m2K)
Luft senkrecht zur Metallwand Ruhend 3,5…35
Luft senkrecht zur Metallwand Mäßig bewegt 23…70
Luft längs zur ebenen Metallwand v<5 5,8 + 4 · v
(Schiff in Fahrt mit Geschwindigkeit
v in m/s)
Luft längs zur ebenen Metallwand v>5 7,14 · v0,78
(Schiff in Fahrt mit Geschwindigkeit
v in m/s)

Das Verfahren zur Ermittlung der jeweiligen Heizleistung eines Raumes mittels
des Wärmedurchgangs ist sehr aufwendig.35 Es müssen die Lage und Beschaffenheit
des Raumes berücksichtigt werden: Innen- oder Außenkabine (bei Innenkabinen sind
Wärmedurchgänge durch die Wände, Decken und Fußböden vernachlässigbar, wenn die
umliegenden Räume gleiche Temperaturen aufweisen), Wärmeverlust durch Lüftungs-
anlagen, Wärmezufuhr durch Personen und/oder elektrische Geräte (z. B. in einer
Operationszentrale eines Kriegsschiffs) und anderes mehr.
In der Praxis wird daher häufig mit überschlägigen Größen gerechnet. Hierbei wird
eine überschlägige Wärmeleistung pro Quadratmeter Raum angenommen, wobei die
Art des Raumes, insbesondere seine Dämmung, ausschlaggebend ist. Für überschlägige
Rechnungen wird man wohl 170 W/m2 für schlecht gedämmte Schiffe und 70–100 W/m2

35Unter diesem Link [59] findet sich ein „U-Wert-Rechner“, mit dem der k- bzw. U-Wert für

diverse Materialkompositionen und Vorgänge Luft-Wand ermittelt werden kann.


6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 409

Tab. 6.21  k-Werte im k = 1,2 Gute Isolation


Bauwesen
k = 2,2 Gebäude ab 1975
k=3 Altbauten
k=4 Keine oder fast keine Isolation

für gut gedämmte Schiffe (moderne Kreuzfahrtschiffe) annehmen können. Für Sanitär-
bzw. Duschräume sollte ein Zuschlag von 10 % angenommen werden.36
Die Richtwerte beziehen sich auf eine Heizungsanlage nach der Norm EN 442 mit
einer Vorlauftemperatur von 75 °C und einer Rücklauftemperatur von 65 °C. Bei anderen
Vor- und Rücklauftemperaturen sind folgende Zuschläge in Ansatz zu bringen:

• bei 70 °C/55 °C Faktor 1,24,


• bei 55 °C/45 °C Faktor 1,94.

Es können aber auch Überschlagswerte für das Raumvolumen angenommen werden,


z. B. für Jachten 120…200 W/m3 [39].
Weiterhin wird vereinfachend häufig auch nur der k-Wert der Wand, bestimmt durch
seine Wärmeleitfähigkeit und Wanddicke, ohne Wärmeübergangsanteile innen und
außen (α1 und α2) zur Bestimmung des Wärmedurchgangs berücksichtigt. Diese Ver-
einfachung wird gemacht, da die konvektiven Anteile in einem Raum vernachlässigbar
sind, außen bei einem Schiff – auch wenn es sich in Fahrt befindet – vergleichsweise
niedrig sind. Sicherlich ist der so ermittelte Wärmedurchgang geringer, als wenn er auf
einer exakten Berechnung nach Gl. 6.88 und 6.89 beruht. Dieser Fehler wird aber bei
der Wahl des Heizkörpers berücksichtigt, indem ein Heizkörper mit der nächst höhe-
ren Wärmeleistung nach Herstellerangaben gewählt wird. Eine dadurch ggf. bestehende
Überdimensionierung des Heizkörpers kann hingenommen werden, da die gewünschte
Raumtemperatur durch einen geringeren Warmwasserdurchfluss erreicht werden kann.
Soweit Schiffe noch Schweröl als Kraftstoff einsetzen, ist ferner eine Tankheizung
erforderlich, um das zähflüssige Schweröl pumpfähig zu machen (ca. 60…70 °C). Zu
diesem Zweck sind in den Schweröltanks am Boden Heizschlangen verlegt. Weiterhin
dienen der Erwärmung des Schweröls um den Saugstutzen angeordnete Heizkörper. Die
Heizschlangen am Tankboden bestehen in der Regel aus stählernen Rohren, bei alten
Schiffen auch aus Gussrohren. Zur Vergrößerung der Heizfläche sind die Rohre mit Rip-
pen versehen; Gussrohre müssen lose gehaltert werden (2 mm Luft), um ein Brechen der
Rohre infolge von Schiffskörperbewegungen zu verhindern. Stählerne Heizschlangen
werden in großen Längen zusammengeschweißt, um eine möglichst geringe Anzahl von
Rohrverschraubungen zu erhalten. Die einzelnen Rohrstücke werden miteinander ­mittels

36Im Bauwesen wird überschlägig mit 100 W/m2 bei Neubauten und 150 W/m2 bei schlecht isolier-
ten Altbauten mit Einfachverglasung gerechnet (vgl. [42]).
410 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Flansch- oder Muffenverbindung zusammengesetzt und etwa alle 2 m gehaltert. Mit


Rücksicht auf die Tankreinigung werden sie in einer Höhe von etwa 150 mm über dem
Tankboden angeordnet. Die Größe der Heizfläche richtet sich dabei nach der Lage der
einzelnen Tanks (Außentanks benötigen mehr Heizfläche, Innentanks weniger), nach der
Art des Öls, das gefahren werden soll, und nach der Route, auf der das Schiff eingesetzt
werden soll. Als Mittelwert für die Größe der Heizfläche kann angenommen werden:

• 0,03 m2 pro Kubikmeter Laderaum für Mitteltanks,


• 0,04 m2 pro Kubikmeter Laderaum für Seitentanks.

Tankheizungen werden in der Regel mit Dampf betrieben, der meist einem sog. Dampf-
umformer entnommen wird. Das dabei anfallende Kondensat läuft über Kontrollein-
richtungen und Ölabscheider zu ihm zurück [14].
Sind alle Wärmemengen ermittelt, sind sie zu addieren und bestimmen insofern die
erforderliche Leistung der Heizungsanlage.

6.6.3.2 Wärmeverteilung
Im Schiff wird die Energie des Wärmeerzeugers mithilfe eines Rohrleitungssystems,
durch welches das erwärmte Wasser strömt, den Heizkörpern zugeführt [43]. Geregelt
wird die Verteilung mittels Ventile. Zur Temperatureinstellung des zu wärmenden Rau-
mes finden Thermostatventile, die am jeweiligen Heizkörper den Wasserdurchfluss
regeln, Anwendung. Es kann auch eine Regelung der Heizungsventile über einen im
Raum angebrachten Thermostaten erfolgen (s. Abb. 6.48).
Bei den Thermostatventilen am Heizkörper (Abb. 6.49) wird ein Medium im Kopf des
Ventils durch die Raumtemperatur beeinflusst. Hierbei wird die Eigenschaft genutzt, dass

Abb. 6.48 Raumthermostat


für Fußbodenheizung
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 411

Abb. 6.49 Handtuchheizkörper


mit Thermostatventil

sich Stoffe temperaturabhängig dehnen. Die Kraft dieser Dehnung wird auf einen klei-
nen Stift übertragen, der den Rohrleitungsquerschnitt beeinflusst. Weil die Kraft für die
Dehnung aus der Energie der Raumluft gewonnen wird, spricht man beim Thermostat-
ventil auch von einem Ventil ohne Hilfsenergie, da kein zusätzlicher Stromanschluss
­notwendig ist.
Ebenfalls gängige Ventile findet man unmittelbar an der Warmwasserverteilung. Diese
Ventile regeln für gewöhnlich weniger die Verteilung als das Temperaturniveau, mit dem
das Wasser durch die Rohrleitungen fließt. Für die Effizienz einer Heizungsanlage ins-
gesamt sind diese Regelorgane sehr wichtig, da mit sehr niedrigen Temperaturen hohe
Wirkungsgrade erreicht werden können. Die hauptsächliche Einflussgröße ist hierbei
die Außentemperatur; es wird dann von einer „witterungsgeführten Vorlauftemperatur“
gesprochen.
Bei einem Kälteeinbruch reagiert die außentemperaturgeführte Vorlaufregelung
mit höheren Vorlauftemperaturen. Gleichzeitig werden die Brennerlaufzeiten pro Ein-
schaltung höher.

6.6.3.3 Rohrleitungen
Bei der Verteilung des erwärmten Wassers mittels Rohrleitungen kommen Stahl-,
Kupfer- oder Edelstahlrohre zum Einsatz, die an ihren Verbindungen geschweißt
oder verlötet werden [43]. Durchgesetzt hat sich neuerdings aufgrund einer schnelle-
ren Montagetechnik bei Edelstahl- und Kupferrohren die sog. Pressverbindung. Dabei
werden die Metalle an den Verbindungsstellen so geformt, dass die Dichtigkeit mittels
O-Ring-Einlage und Verformung gegeben ist (s. Abb. 6.50). Zum Teil kommen auch
412 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Lötverbindung

Pressverbindung

Abb. 6.50 Löt- und Pressverbindungen an Wasserleitung

Kunststoffrohre zum Einsatz, diese aber mehr im Jachtbau. Kunststoffe haben den Vor-
teil, dass sie biegsamer sind. Als Verbindungstechnik sind Verschraubungen und Kleben
üblich. Kunststoffleitungen werden gerne bei Flächenheizungen (Fußbodenheizung) ein-
gesetzt – z. B. im Bereich der Brücke. Hier erhält die Rohrleitung neben der Funktion der
Wärmeverteilung zusätzlich die Funktion des klassischen Wärmespenders oder Wärme-
verbrauchers.

Exkurs „Löten von Kupferrohren“


Wasserrohre werden durch sog. Weichlöten miteinander verbunden. Hierbei beträgt die
Löttemperatur max. 450 °C. Wird bei höheren Temperaturen gelötet, spricht man vom
Hartlöten. Entsprechend der unterschiedlichen Löttemperaturen kommen unterschied-
liche Lötmittel – Weich- bzw. Hartlote – zum Einsatz.
Nach dem Ablängen der Rohre sind die Enden vom Grat mittels Feile oder z. B. auch
Dreikantschaber zu entgraten. Danach sind die Rohrenden an der Lötstelle mit Stahl-
wolle oder Schmirgelpapier zu säubern. Wichtig ist, dass das Kupferrohr an der Lötstelle
absolut sauber und fettfrei ist. Anschließend wird die Lötstelle mit Weichlotpaste oder
einem anderen Weichlotflussmittel eingestrichen. Dieses Fluss- und Antioxidations-
mittel bewirkt, dass das Lötzinn aufgrund der Kapillarwirkung in den Lötspalt zwischen
Kupferrohr und Fitting gezogen wird und die Kupferrohre an den Lötstellen durch die
Wärmeeinwirkung nicht oxidieren, was den Lötmittelfluss beeinträchtigen würde. Dann
6.6 Kälte-, Lüftungs- und Klimatechnik, Heizungsanlagen 413

werden Rohr und Fitting unter Drehen zusammengefügt, damit sich das Flussmittel noch
besser verteilt.
Rohr und Fitting werden mit der Gasflamme erhitzt. Dabei ist darauf zu achten, dass
beide Werkstücke gut und gleichmäßig erhitzt werden. Hält man den Brenner nur an das
Rohr, wird dieses zwar schnell heiß, aber das Fitting hat dann noch nicht die erforder-
liche Temperatur. Die richtige Temperatur der Werkstücke ist erreicht, wenn das Lot
beim Heranführen an den Lötspalt von selbst abschmilzt und in diesen hineingezogen
wird (ist das nicht der Fall, ist die Temperatur noch zu niedrig; dann keinesfalls die
Brennerflamme auf das Lötzinn halten, sondern die Lötstelle nachwärmen). Die Lötstelle
ist ausreichend mit Lötzinn gefüllt, wenn sich ein deutlich sichtbarer Lötzinnrand an der
Lötstelle ausbildet, der nicht weiter in den Lötspalt eingezogen wird (vgl. Abb. 6.48).
Bei waagerecht verlegten Rohren kann sich dann auch an der Unterseite der Lötstelle
ein kleiner Tropfen Lötzinn bilden. Anschließend wird die Lötstelle mit einem Tuch
gesäubert.

6.6.3.4 Heizkörper
Unter den Wärmeverbrauchern findet man natürlich den klassischen Heizkörper, die
Fußbodenheizung oder die Wandheizung [43]. Aber auch Wärmetauscher an Lüftungsan-
lagen zählen dazu.
Die Heizkörper (Wärmeverbraucher) übertragen die Wärme auf die Luft eines
­Raumes. Die Übertragung findet dabei auf zwei Wegen statt: erstens durch Konvektion.
Hierunter versteht man die direkte Aufwärmung der Luft. Zweitens mittels Strahlung:
Hierbei wird von der Fläche des Heizkörpers Energie in Form von Strahlungswärme
abgegeben. Strahlung nimmt in Abhängigkeit des Temperaturunterschiedes stärker zu
bzw. ab als die Wärmeübertragung mittels Konvektion.
Sehr effektiv arbeiten daher Heizkörper, die ihre Wärme sowohl konvektiv als auch
durch Strahlung abgeben. Sie übertragen die Wärme in der Regel zu ca. 75 % durch Kon-
vektion und zu ca. 25 % über Strahlung an den Raum. Die optischen Variationen für der-
artige Heizkörper sind äußerst vielfältig. Interessant zu wissen ist, dass Heizkörper mit
gleichen Oberflächen dann leistungsfähiger sind, wenn sie hochkant statt längs montiert
werden. Das hängt damit zusammen, dass die zu erwärmende Raumluft entlang des
Heizkörpers zunehmend an Auftrieb erfährt und sich damit der Wärmeübergang zwi-
schen Heizkörper und Luft verbessert.
Andere Heizkörper sind multifunktionell, wie zum Beispiel ein Handtuchheizkörper
(Abb. 6.49) oder eine beheizte Garderobe, die auch als Designelement fungiert. Der
Kreativität sind keine Grenzen gesetzt: So sind bei den Designheizkörpern Formen wie
flach, rund, symmetrisch oder asymmetrisch am Markt zu erhalten.
„Designneutral“ sind Flächenheizungen. Meist in Form von Bodenheizungen liefern sie
bei relativ niedrigen Temperaturen eine angenehme Wärme. Gerade Fußbodenheizungen
sorgen bei angenehmer Fußwärme in Wohnbereichen für eine freie Gestaltung der Räume,
ohne dass auf den Platz und die Optik von Heizkörpern Rücksicht genommen werden
muss. Flächenheizungen arbeiten dann effizient, wenn der Fußbodenbelag möglichst
414 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

wenig dämmt. Daher sind wärmeisolierende Korkböden oder Holzböden nicht so sehr
geeignet wie der sonst eher als kalt empfundene Stein- oder Fliesenbelag. Allen Flächen-
heizungen gemein ist, dass sämtliche Fixierungsarbeiten in Abhängigkeit der Bohrtiefe
wohl überlegt sein müssen. Die Beschädigung des Systems durch eine falsch platzierte
Bohrung in den Fußboden führt zu einem enormen Reparaturaufwand. Diese Art der
Beheizung hat einen höheren Wirkungsgrad gegenüber den konventionellen Wandheiz-
körpern. Das hat mit der großen Wärmetauscherfläche zu tun, die bei gleicher Leistung
eine wesentlich geringere Vorlauftemperatur erlaubt.

6.7 Frisch- und Trinkwassererzeugung

6.7.1 Einführung

Die Frisch- bzw. Trinkwasserversorgung besteht aus der Wassererzeugung, der Wasser-
aufbereitung, der Wasserbevorratung in speziellen Wassertanks (Bunkersysteme) und
dem (Trink-)Wasserversorgungssystem.37
Frischwasser (Süßwasser) wird in Trink- und Brauchwasser unterteilt, wobei für jede
Wasserart ein separates System mit Vorratstanks, Rohrleitungen, Drucktanks und Pumpen
benötigt wird.
Trinkwasser dient zur Speisezubereitung, zum Trinken, Waschen und Geschirrspülen.
Das Spülwasser der WC-Einrichtungen ist Brauchwasser. Als Brauchwasser wird nicht
nur nach dem Gebrauch gereinigtes Trinkwasser, sondern zum Teil auch aufbereitetes
Seewasser verwendet.
Daneben wird Frischwasser als Kesselspeisewasser, zum Nachfüllen des Frischkühl-
wassers und in der Bordwäscherei benötigt.
Auf Schiffsneubauten wird heute in der Regel allerdings nur noch ein gemeinsames
Frischwassersystem für Trink- und Brauchwasser installiert. Damit werden zusätzliche
Rohrleitungen, Tanks und Einrichtungen eingespart. Zur überschlägigen Ermittlung des
benötigten Frischwassers zur Auslegung des Gesamtsystems sind der Bedarf für tech-
nische Zwecke und der Trinkwasserbedarf zu ermitteln: Für Trinkwasser werden pro
Person und Tag je nach Schiffstyp (Handelsschiff, Fährschiff, Kreuzfahrtschiff) etwa
200–500 L angenommen. Zur genaueren Ermittlung der Wassermenge, besonders für
Passagierschiffe, wird auf Erfahrungswerte der Reedereien und Werften zurückgegriffen.
In Häfen erfolgt die Frischwasserversorgung an Bord durch Bunkern des Wassers von
Land, auf hoher See hingegen erfolgt die Versorgung durch Seewasserverdampfung in
speziell für den Schiffseinsatz entwickelten Frischwassererzeugern [16, S. 63].
Daneben kann auch das Verfahren der Mikrofiltration (Umkehrosmose) zur Frisch-
wassererzeugung zum Einsatz gelangen.

37Vertiefend [11].
6.7 Frisch- und Trinkwassererzeugung 415

6.7.2 Frischwassererzeugung durch Verdampfung

Seewasser wird in Verdampfern verdampft (s. Abb. 6.51). Der in diesen Anlagen erzeugte
Dampf wird anschließend kondensiert, aufbereitet und den Verbrauchern zugeführt. Im See-
wasser gelöstes Salz bleibt bei dem Verdampfungsprozess in der sogenannten Sole zurück.
Das von außenbords angesaugte Seewasser wird mit nichtverdampftem Wasser des
Frischwassererzeugers vermischt. Hierdurch wird die thermische Energie der Sole
zurückgewonnen. Dieses Gemisch durchläuft anschließend den im Frischwassererzeuger
installierten Wärmetauscher. Diese dienen der Abfuhr der Kondensationswärme, um
den im Frischwassererzeuger gebildeten Wasserdampf zu kondensieren. In den Wärme-
tauschern nimmt das Seewasser die Kondensationswärme auf, wodurch es sich weiter
aufheizt. Nach der Vorwärmung gelangt das Wasser zu einem weiteren Wärmetauscher,
welcher mit dem Kühlwasser der Hauptmaschinen betrieben wird. Nach Verlassen die-
ses Wärmetauschers besitzt das Seewasser eine Temperatur von rund 80 °C. Anschließend
durchläuft das Seewasser mehrere hintereinander geschaltete Entspannungsverdampfer,
wobei der Druck jeder Stufe im Vergleich zur vorherigen Stufe weiter vermindert ist. Von
Stufe zu Stufe beginnt das Seewasser bei geringeren Temperaturen zu sieden. In der letz-
ten Stufe ist der Druck so gering, dass das Wasser bereits bei T < 40 ◦C siedet [16, S. 63].
Dampf als Heizmedium für die Verdampfer wird heute auf Frachtschiffen selten ver-
wendet, ist auf Kreuzfahrtschiffen demgegenüber die Regel.
Das gewonnene Kondensat bzw. Destillat wird je nach Verwendungszweck (Trink-
wasser oder Brauchwasser) aufbereitet. Für die Aufbereitung zum Trinkwasser werden
Entkeimungsanlagen (z. B. UV-Anlage, Chlorierungsanlage) und Filter zur Aufhärtung
installiert.

Abb. 6.51 Seewasserverdampfer. (Foto: AIDA)


416 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

In diesen sog. Entspannungsverdampfern erfolgt die Beheizung außerhalb des Ver-


dampfers in einem separaten Wärmetauscher. Nach der Aufheizung wird das Seewasser
in einem Entspannungsventil auf den im Verdampfer herrschenden niedrigeren Druck
entspannt und verdampft. Zur besseren Abwärmenutzung werden, wie vorstehend aus-
geführt, mehrere Entspannungsverdampfer hintereinander geschaltet (s. Abb. 6.52).
Neben dem Entspannungsverdampfer kommen noch Tauchrohr- und Plattenver-
dampfer wie auch Sprühfilmverdampfer zum Einsatz. Das Grundprinzip ist aber immer
das Gleiche: Seewasser wird verdampft, das Kondensat abgezogen und weiter auf-
bereitet, die angereicherte Sole kann außenbords gegeben werden.
Beim Tauchrohrverdampfer (Abb. 6.53) erfolgt die Erwärmung des Seewassers durch
eine Heizschlange im Verdampfertopf. Die Heizschlange wird durch Motorkühlwasser
oder Heißdampf durchströmt. Bei Erreichen der Verdampfungstemperatur verdampft das
Seewasser. Im Kondensator wird der Dampf verflüssigt. Das Destillat wird im Destillat-
sammler aufgefangen, von dort weiter zur Aufbereitung geleitet.
Beim Plattenverdampfer erfolgt die Verdampfung des Seewassers in einem Platten-
wärmetauscher.
Beim Sprühfilmverdampfer wird mittels eines Düsensystems das Seewasser feinst ver-
sprüht in den Verdampfer eingedüst. Durch die feinsten Wassertröpfchen hat nun das zu
verdampfende Seewasser eine sehr große Oberfläche. Aufgrund der großen Oberfläche
verdampft es in sehr kurzer Zeit an den Wärmetauscherflächen.
Ein Maß für die Wirksamkeit der Seewasserverdampfung zur Frischwassererzeugung
ist der Wirkungsgrad der Anlagen:
ṁR
η= (6.90)
ṁR + ṁK
mit ṁR dem Reinwassermassenstrom (dem Destillat) und ṁK dem Konzentrat, also der
Sole.

Abb. 6.52 Prinzip eines Entspannungsverdampfers. (Grafik: Hochhaus, K.-H.)


6.7 Frisch- und Trinkwassererzeugung 417

Abb. 6.53 Frischwasseraufbereitung. (Foto: AIDA)

6.7.3 Frischwassererzeugung durch Umkehrosmose

Da auf Passagierschiffen der Trinkwasserverbrauch sehr hoch ist, werden oft auch
leistungsfähige Umkehrosmoseanlagen eingesetzt (s. Abb. 6.54).
Der Prozess der Osmose [17] tritt dann auf, wenn in einem System eine reine Lösung
(niedrige Konzentration) durch eine semipermeable Membran von einer Lösung hoher
Konzentration getrennt ist. In einem solchen System wird die Lösung geringer Konzent-
ration durch die Membran in die konzentrierte Lösung diffundieren und diese dadurch ver-
dünnen. Die Diffusion wird bis zum Konzentrationsausgleich aufrechterhalten, wenn das
System einige Zeit unbeeinflusst stehen bleibt. Die resultierende Differenz der unterschied-
lich hohen Flüssigkeitssäulen ist ein Maß für den natürlichen osmotischen Druck. Dieser
steht direkt in Relation zur Konzentration der angereicherten Lösung (vgl. Abb. 6.55).
Wird der Druck, der höher als der osmotische Druck sein muss, entgegen der Rich-
tung des natürlichen osmotischen Drucks ausgeübt (bei der Meerwasserentsalzung etwa
50…100 bar; [53]), läuft der Prozess der Umkehrosmose (Reverse Osmosis – RO) ab.
Auf der Seite der hohen Konzentration wird der Druck aufgebaut, reine Lösung wird
durch die Membran gedrückt, wodurch sich die Konzentration der Lösung auf der
Seite der hohen Konzentration weiter erhöht. Dieses Konzentrat (Salzwassersole) wird
418 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.54 Umkehrosmoseanlage

osmot. Druck

hohe Konz.
niedrige Konz.

Membran Diffusionsrichtung

Abb. 6.55 Osmosevorgang

kontinuierlich abgezogen, das sog. Permeat – das Frischwasser – wird der weiteren Auf-
bereitung zugeführt.
Das Herz einer Umkehrosmoseanlage ist die Umkehrosmosemembran. Am häufigsten
wird eine Dünnschichtpolyamidmembran verwendet, die aus zwei Schichten aufgebaut
ist. Die „aktive“ Ionen abscheidende Komponente der Membran ist eine sehr dünne
Schicht, die auf ein Stützgewebe mit offener Struktur aufgebracht ist. Die Membran wird
in der Regel als Spiralwickelmodul, das durch die große Membranoberfläche kompakt
gebaut werden kann, eingesetzt (Abb. 6.56). Die Porengröße der Membran ist abhängig
6.7 Frisch- und Trinkwassererzeugung 419

Abb. 6.56 Umkehrosmose –


Membrane als Wickelmodul.
(Foto: Shankbone, D., CC BY
3.0)

von den zurückzuhaltenden Stoffen bzw. Ionen und liegt bei der Umkehrosmose zwi-
schen etwa 0,002 µm und 0,16 µm.
Die Leistungsfähigkeit eines Umkehrosmosemoduls berechnet sich wie folgt:

a) Ionenrückhaltung:

.. ..
.. Leitfahigkeit Rohwasser − Leitfahigkeit Permeat
% Ionen-Ruckhalt = .. · 100 %
Leitfahigkeit Rohwasser
(6.91)

b) Ausbeute:
Fließrate Permeat
% Ausbeute = · 100 % (6.92)
Fließrate Rohwasser

6.7.4 Trinkwasseraufbereitung

Die Trinkwasservorratstanks befinden sich vorwiegend in Doppelbodentanks, aber auch


in speziellen Bunkertanks. Die Tanks sind mit einer Beschichtung ausgekleidet und mit
Ansaug-, Befüll-, Luft- und Peilrohren versehen. Das Leitungssystem besteht aus Stahl,
verzinktem Stahl oder Edelstahl. Mit der bordeigenen Frischwassererzeugung steht ein
Destillat, also sehr weiches Wasser zur Verfügung. Sehr hartes, aber auch sehr weiches
Wasser kann für den menschlichen Genuss ohne Schaden verwendet werden. Weiches
Wasser hat jedoch einen faden, matten Geschmack. Destilliertes Wasser sollte jedoch
nicht in größeren Mengen und nicht regelmäßig getrunken werden, da diesem wichtige
Mineralstoffe fehlen. Dem Trinkwasser wird daher oft Calciumbikarbonat über Aufhärte-
filter zugegeben, um einen angenehmen erfrischenden Geschmack zu erreichen.
420 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Zur Aufbereitung als Trinkwasser sind weiterhin Aktivkohlefilter und Desinfektions-


einrichtungen vorgesehen. Zur Desinfektion werden auf Schiffen folgende chemische
und/oder physikalische Verfahren eingesetzt:

• Chlorierung,
• Ozonierung,
• Silberionenbehandlung,
• UV-Bestrahlung,
• Filtration,
• Erhitzung.

6.7.5 Trink- und Warmwassersystem

Das Trinkwasser wird auf Frachtschiffen mit der Trinkwasserpumpe aus dem Frisch-
wasservorratstank in den Trinkwasserdrucktank gefördert. In dem Drucktank wird mit-
hilfe eines Luftpolsters ein Überdruck gehalten, der abhängig von der Größe des Schiffes
und Ausdehnung des Trinkwassersystems 4–7 bar beträgt. Von diesem Kaltwasserdruck-
tank werden die Kaltwasserzapfstellen versorgt. Sinkt der Druck unter einen am Druck-
schalter eingestellten Druck ab, wird die Trinkwasserpumpe durch den Druckschalter
ein- und bei Erreichen eines oberen Druckes wieder ausgeschaltet. Mit dieser einfachen
Zweipunktregelung ist eine zuverlässige Wasserversorgung möglich, solange der Vorrats-
tank genug Trinkwasser enthält.
Große Passagierschiffe, wie Kreuzfahrt- und Fährschiffe mit hohen Aufbauten, ver-
fügen über umfangreiche Trinkwassersysteme, die in der Regel keine Drucktanks mehr
enthalten. Hier ist die Trinkwasserdruckpumpe ständig in Betrieb. Die in der Regel von
der Tageszeit abhängigen Verbrauchsvolumenströme werden im einfachsten Fall über
eine druckgesteuerte Bypassleitung in den Vorratstank zurückgeleitet. Häufig werden
jedoch Parallelschaltungen von Pumpen mit gleichen oder verschiedenen Volumen-
strömen gewählt. Eine andere technische Möglichkeit zur Anpassung der Volumenströme
an den Verbrauch sind polumschaltbare oder drehzahlverstellbare elektrische Antriebs-
motoren der Pumpen. Auf Passagierschiffen werden außerdem Umwälzpumpen ein-
gesetzt, um stehendes Trinkwasser in den Leitungen zu vermeiden (zur Prävention der
Legionellenbildung!).
Das Warmwassersystem wird während der Fahrt in der Regel mit einem dampf-
beheizten, selten Thermalölbeheizten Wärmetauscher erwärmt. Dabei wird die gewünschte
Temperatur (ca. 60 °C) an einem Thermostaten eingestellt, der die Beheizung beeinflusst.
Die Druckhaltung erfolgt über das Kaltwassersystem. Mit dieser bordüblichen Warm-
wasserbeheizung wird die Abwärme der Abgase ausgenutzt, zusätzlich wird eine elektri-
sche Beheizung oder eine Heizungsanlage mit Ölfeuerung (s. Abschn. 6.6.3.1) installiert,
um auch im Hafen bei stehendem Hauptmotor oder in der Werft die Warmwasserver-
sorgung zu gewährleisten.
6.7 Frisch- und Trinkwassererzeugung 421

Damit aus den Warmwasserzapfstellen sofort warmes Wasser fließt, sind die Warm-
wasserverbraucher an eine Ringleitung angeschlossen, worin eine ständige Umwälzung
erfolgt. Dazu wird eine Umwälzpumpe benötigt.

6.7.6 Bunkern von Trinkwasser

Neben der Frischwassererzeugung kommt auch das ausschließliche Bunkern von Frisch-
wasser in Trinkwassertanks (aus geschmacksneutralem Kunststoff, mit Kunststoff
beschichteten Stahltanks oder rostfreien Edelstahltanks) insbesondere für Schiffe mit
kurzer Stehzeit auf See infrage.
Eine Voraussetzung für reines Frisch- bzw. Trinkwasser an Bord ist eine gute Trink-
wasserqualität. Das Wasser muss frei von Keimen und Krankheitserregern sein. Grund-
sätzlich kann davon ausgegangen werden, dass das Trinkwasser in Nordeuropa von guter
Qualität ist. Über die zulässigen Werte diverser Inhaltsstoffe in unserem Trinkwasser gibt
die Trinkwasserverordnung Auskunft.38 Sie ist insofern auch auf das Trinkwassersystem
der Schiffe anzuwenden.
Zur Vorkehrung von Verkeimungen des Trinkwassers an Bord sollten einige grund-
sätzliche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden:39

• Schläuche, die für die Betankung mit Trinkwasser verwendet werden, sind gegen
Verschmutzung geschützt zu lagern. Vor dem Verstauen müssen die Schläuche voll-
ständig entleert sein. Die Schlauchkupplungen müssen verschlossen sein, damit zwi-
schen den Betankungen keine Tiere, Insekten oder Schmutz eindringen können.
• Bei Beginn der Betankung sollte zunächst der Inhalt einer Schlauchlänge nicht in den
Trinkwassertank geleitet werden. Das gilt insbesondere dann, wenn der Füllschlauch
landseitig übernommen wird und nicht sichergestellt ist, dass er völlig entleert war;
in Restmengen Wasser, die sich im Schlauch befinden, kann insbesondere bei warmer
Witterung ein rasantes Keimwachstum stattfinden.
• Es sollte ein Desinfektionsplan für die regelmäßige Desinfektion des Schlauches und
des Wassertanks aufgestellt werden. Schläuche mit Kupplungen und Trinkwassertanks
sollten mit entsprechenden (chlorfreien) Mitteln desinfiziert werden.
• Lufteintrittsfilter an den Belüftungsrohren der Tanks sind regelmäßig zu wechseln.
• Trinkwassertanks können mit einer Dauerdosiereinrichtung zur Desinfektion versehen
werden.
• Grundsätzlich ist an der Entnahmeleitung des Trinkwassertanks druckseitig ein Trink-
wasserfilter (Gewebe- und/oder Aktivkohle) zu installieren.

38Trinkwasserverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.03.2016 (BGBl. I S. 459).


39Zum Folgenden weiterführend [27].
422 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Für die Reinigung und Desinfektion des Frischwasserleitungssystems inklusive der


Filter, Druckbehälter u. a. ist das gesamte System, ggf. abschnittsweise, mit einem
geeigneten Desinfektions- und Reinigungsmittel zu füllen. Die Einwirkzeit richtet sich
nach den Datenblättern der Hersteller bzw. Vertreiber (in der Regel zwölf Stunden).
Danach ist das Leitungssystem gründlich mit sauberem Wasser zu spülen.
Hinsichtlich des Wechsels der Wasserfilter sollte auf Folgendes geachtet werden:
Reinigung und Desinfektion des Filtergehäuses mit geeignetem Reinigungs- und Des-
infektionsmittel, anschließend mit sauberem Wasser abspülen. Neue Filterpatronen nur
mit sauberen Gummihandschuhen anfassen.
Zur Kontrolle der Wasserqualität auf Einhaltung der Trinkwasserverordnung sollten
regelmäßig Wasserproben entnommen werden. Auf dem Markt werden verschiedene
Schnelltests für die relevanten Stoffe angeboten, auch zum Nachweis coliformer Keime.
Diese Proben können jedoch nicht die vorgeschriebenen Wasserproben ersetzen,
die ein akkreditiertes Labor nehmen muss. Nach den Internationalen Gesundheitsvor-
schriften (IGV) müssen die Gesundheitsbehörden Schiffe alle sechs Monate auf die Ein-
haltung der Schiffshygiene kontrollieren. Werden keine Mängel festgestellt, stellt die
Behörde oder eine staatlich autorisierte Stelle eine Schiffshygienebescheinigung (Ship
Sanitation Certificate) aus. In Deutschland sind die Hafenärztlichen Dienste der Länder
für die Durchführung der Schiffshygieneüberprüfungen zuständig [36].

6.8 Umschlaganlagen

Je nach Schiffstyp erfolgt seine Be- und Entladung (Laden und Löschen) durch unter-
schiedliche Umschlageinrichtungen. Diese können land- als auch schiffgebunden sein. Als
landgebundene Umschlaganlagen sind beispielsweise Containerbrücken für den Container-
umschlag oder z. B. auch pneumatische Fördereinrichtungen sowie Gurtförderer für das
Be- und Entladen von Getreide und ähnlichen Schüttgütern zu nennen. In diesem Abschnitt
sollen aber wichtige bordeigene Umschlageinrichtungen näher betrachtet werden.

6.8.1 Bordkräne

Stückgut, Schüttgut oder auch Container können durch bordeigene Krananlagen an und
von Bord gehievt werden.40 Bevorzugt werden Borddrehkräne (auch Deckkräne genannt)
mit Seilwippwerken eingesetzt (Abb. 6.57); Drehkräne mit >150 t Tragkraft werden als
Schwergutkräne bezeichnet, die bis zu 800 t tragen können [23, S. 23].
Mit dem Wippwerk wird die Neigung des Kranauslegers variiert. Die Statik ist dabei
so ausgelegt, dass die Neigung unter Last verändert werden kann. Mit dem Drehwerk

40Näher dazu auch [23].


6.8 Umschlaganlagen 423

wird der Ausleger um die Kranachse geschwenkt. Sind mehrere Kräne an Bord vor-
handen, sind sie so angeordnet, dass sich ihre Förderbereiche überschneiden, um so die
gesamte Deckfläche bedienen zu können, wie in Abb. 6.57 gut zu erkennen ist.
In Abb. 6.58 sind noch einmal das Seilwippwerk, der Drehkranz und das Lastauf-
nahmemittel – der Kranhaken – detaillierter zu erkennen.
Neben dem Seilwippwerk kommen auch hydraulische Wippwerke zum Einsatz
(Abb. 6.59).

Abb. 6.57 Bordkräne eines Stückgutfrachters

Drehkranz

Abb. 6.58 Bordkran mit Seilwippwerk


424 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.59 Bordkran


eines Binnenschiffs mit
Hydraulikwippwerk

Hydraulikzylinder
für Wippwerk

Um bei einer Änderung der Ausladung des Kranarms zusätzliche Hubarbeit durch
eine vertikale Lastbewegung zu vermeiden, wird während des Wippens der Lastweg-
verlauf möglichst waagerecht gehalten. Das wird durch eine geschickte Seilführung von
Trag- und Wippseilen erreicht.41
Krantragwerke werden in Vollwand- oder Fachwerkbauweise ausgeführt. Zur Ersteren
zählen sowohl die aus Normalprofilen oder Stegblechträgern bestehenden als auch die
in Zellen-, Kasten- oder Schalenbauweise gefertigten Tragwerke. Fachwerke werden aus
Dreiecken statisch bestimmt aufgebaut und als ebene Fachwerke betrachtet.
Um die Ladung von bzw. an Bord zu hieven, muss ein Drehen des Kranauslegers um
die senkrechte Kranachse möglich sein. Das erfolgt durch das Drehwerk des Krans. In die-
sem befindet sich die Lagerung des drehbaren Turms wie auch der Antrieb des Drehwerks.

Berechnung des Drehwerkmotors


Das größte Motormoment MM,max entsteht beim Drehbeschleunigen des Kranoberteils
mit Ausleger unter Last und Gegenwind.

Die Reibkraft der Turmlagerung (Drehwiderstand) bewirkt ein Drehwiderstandsmoment MD:


D
MD = µ · (V + H) · (6.93)
2
mit
V  Vertikalkraft auf das Turmdrehlager,
=
H  Horizontalkraft auf das Turmdrehlager,
=
D = mittlerer Rollkreisdurchmesser der Lagerung,
μ  Reibbeiwert (übliche Werte: 0,005–0,01).
=

41Näheres dazu Vierling in [6, Band II, S. 599 f.].


6.8 Umschlaganlagen 425

Dieses ist jedoch im Verhältnis zu den wichtigeren Momenten zum Beschleunigen der
drehenden Massen MR und zur Überwindung des durch Winddruck auf den Ausleger wir-
kenden Momentes MW in der Regel von untergeordneter Bedeutung.
Zur Berechnung von MR (bezogen auf die Krandrehachse) brauchen als Schwung-
massen nur diejenigen der Last Q, des Auslegers QA und die Summe sonstiger größerer
zusammenliegender Kranmassen Gm (z. B. Gegengewicht – wenn vorhanden) angesetzt
zu werden. Rotierende Massen von Getriebe und Motor sind vernachlässigbar. Zur
Berechnung von MR gliedert man das mit der Winkelgeschwindigkeit ω drehende Krano-
berteil in einzelne Massen mi, bestimmt deren Schwerpunktabstände ri zur Krandrehachse
und deren Massenträgheitsmomente J0i um den eigenen Schwerpunkt. Somit gilt:
 
MR = mi ri2 + J0i · ω/ta (6.94)

mit ω = 2 · π · n und n der Krandrehzahl (0,02–0,05 s−1); übliche Werte für die
Beschleunigungszeit ta liegen bei 5–10 s.
Bei geringer Ausdehnung der Massen mi in horizontaler Richtung kann J0i ver-
nachlässigt werden (z. B. Last am Lasthaken Q oder auch Gegengewicht, wenn vorhanden).
Insofern bleibt das Massenträgheitsmoment in der Regel nur noch für den Kranausleger zu
berücksichtigen:
   ω
MR = Q · rL2 + QA · rA2 + J0A + Gm mi2 · (6.95)
t
a

mit
ω =2 · π · n,
ri 
= Schwerpunktabstände Lasten – Drehachse,
mi = Abstände Schwerpunkte sonstiger Lasten – Drehachse.
Das Windmoment MW wird aus einem Winddruck w mit in der Regel 150 N/m2 (soweit
keine anderen Vorgaben gemacht werden) auf die links und rechts der Drehachse liegen-
den Kranflächen A1 und A2 bestimmt zu (A1 > A2; Schwerpunktabstände der Flächen: s1
bzw. s2):
MW = A1 · s1 − A2 · s2 . (6.96)
Das maximale Motormoment ist dann:
MM,max = (MD + |MW | + MR )/(i1 · (1 − i2 ) · η). (6.97)
Es sind i1 die Übersetzung des Drehwerkgetriebes und i2 die Standübersetzung zwi-
schen Zahnkranz und Drehwerkritzel. Der Gesamtwirkungsgrad von Zahnkranz/Ritzel
und Getriebe kann überschlägig mit η = 0,85 angenommen werden. Das erforderliche
Motorenmoment ist überschlägig MM,erf. ≤ MM,max /1,7.
426 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Somit ergibt sich die Motornennleistung PMotor, nenn (mit der Drehzahl n) zu:
PMotor, nenn = 2 · π · n · MM,erf. /η. (6.98)
Mit der Motornennleistung PMotor, nenn und der Einschaltdauer ED = 25 % bei leichtem,
ED = 40 % bei flottem Stückgutbetrieb und ED = 60 % bei schwerem Greiferbetrieb lässt
sich der erforderliche Motor aus den einschlägigen Motorenkatalogen wählen. Es muss
PMotor (ED) ≥ PMotor, nenn sein.42

Berechnung des Hubmotors


Soll eine Last G (kN) mit der Geschwindigkeit v (m/min) gehoben werden, so ist die
vom Motor im Beharrungszustand aufzubringende Leistung (Volllastbeharrungsleistung)

G·v
P= [kW], (6.99)
60 · ηH
wobei der Gesamtwirkungsgrad ηH des Windenwerks beim Heben zunächst schätzungs-
weise und später zur Kontrolle als Produkt der Einzelwirkungsgrade der Hubwerksbau-
teile ermittelt wird; üblicherweise kann ein Wirkungsgrad von ηH ≈ 0,9 angenommen
werden. Der Wirkungsgrad beim Senken ηS ist ≈ ηH, wenn die Einzelwirkungsgrade der
Hubwerksbauteile 0,9 nicht unterschreiten.
Maßgebend für die Wahl der Motorgröße ist die zulässige Erwärmung. Da die Voll-
lastbeharrungsleistung beim aussetzenden Betrieb der Windenwerke nur während eines
Teils der Zeitdauer für ein Arbeitsspiel aufzubringen ist, wird der Motor nach seiner
relativen Einschaltdauer ED gewählt:

Einschaltzeiten
ED =   · 100 %. (6.100)
Einschaltzeiten + stromlose Pausen
Die in den Listen der Kranmotorenhersteller angegebenen Motornennleistungen für 20,
40 und 60 % ED entsprechen den zulässigen Volllastbeharrungsleistungen.43
Hinsichtlich weiterer Anforderungen an Auslegung und Berechnungsgrundlagen für
Krane und Hebezeuge wird u. a. auf die Bauvorschrift der DNV GL „Klassifikations- und
Bauvorschriften: VI Ergänzende Vorschriften und Richtlinien 2 – Hebezeuge“ verwiesen.

Beispielaufgabe Kran
Der Kran in Abb. 6.60 soll eine Last von 1000 kg mittels des angeschlagenen
Flaschenzuges bewegen. Der Flaschenzug hat in der Ober- und Unterflasche je drei
Rollen. Es ist die Seilkraft am ziehenden Trumm zu ermitteln, die Reibungskräfte in
den Rollenlagern können vernachlässigt werden. Ferner sind die Stabkräfte des Krans

42Zum Vorstehenden: Vierling in [6, Band II, S. 589 ff.].


43Zum Vorstehenden: Vierling in [6, Band II, S. 556 f.].
6.8 Umschlaganlagen 427

Abb. 6.60 Kran an Bord der


Passat

wie auch die horizontale und vertikale Kraft am kombinierten Stütz- und Halslager
(sog. dreiwertige Lagerung) zu bestimmen.

Lösung: Für die Zugkraft entscheidend ist die Anzahl der tragenden Seile n, auf die
sich die Last FL verteilt. Die Gewichtskraft der zu bewegenden Masse wird daher
gleichmäßig auf alle Verbindungen zwischen den unteren und den oberen Rollen, den
tragenden Seilen, verteilt. Die Zugkraft berechnet sich zu:
FZ = FL /n (6.101)
und somit durch Einsetzen:

FZ = FL /n = 1000 kg · 9,81 m/s2 /6 = 1635 N.


Die Stabkräfte werden zeichnerisch durch das Krafteckverfahren bestimmt. Dazu
wird zunächst das Stabsystem maßstäblich aufgezeichnet. Dann wird ein Kraft-
eck gezeichnet, wobei die Kraftverläufe den Richtungen des Stabsystems und der
angreifenden Last folgen – die Kräfte können dann direkt aus dem so entstandenen
Krafteck abgelesen werden (Hinweis: Die Skizze Abb. 6.61 ist nicht maßstäblich!).
Aus dem Krafteck kann für die Stütze 1 abgeleitet werden: Summe der vertikalen
Kräfte muss null sein. Daraus folgt, dass die Kraft in der Stütze gleich der Last sein
428 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.61 Statisches System 2


und Krafteck
L
L
3
3
1
2

muss, also F1 = FL = 9810 N. Für den Zugstab 2 kann eine Kraft von F2 = 11.000 N
und für den Druckstab F3 = 15.500 N abgelesen werden.
Die vertikale Kraft am Stütz- und Halslager beträgt 9810 N, da sie der Last ent-
gegenwirken muss. Die horizontale Kraft am Halslager errechnet sich aus dem
Kosinus der Stabkraft F3, die unter einem Winkel von 45° auf die Stütze 1 wirkt:
cos 45◦ = FH /F3 .
Daraus ergibt sich durch Umstellen FH = 10.960 N.

6.8.1.1 Lasthaken, Hakenflaschen
Als Lastaufnahmemittel kommen bei Bordkranen neben Greifern, Lasthebemagneten
u. a. insbesondere Lasthaken und Hakenflaschen in verschiedenen Ausführungen
(abhängig von der Traglast) zur Anwendung.
Der Haken ist, wenn er an einer Unterflasche befestigt und nicht direkt an einem Seil
oder an einer Kette angeschlagen ist, drehbar gelagert. Zwischen der gesicherten Haken-
mutter und der Traverse des Geschirrs bzw. der Unterflasche wird zur leichten Drehbar-
keit des Hakens ein Axialrillenkugellager eingebaut. Bei der einfachen Ausführung der
Lagerung wird die Kugellaufbahn in Mutter und Traverse eingearbeitet und gehärtet.
Um Unfälle durch unbeabsichtigtes Aushängen von Anschlagsmitteln (Ketten, Seile,
Gurtbänder) aus dem Haken zu vermeiden, soll der Haken mit einer Hakensicherung
(auch Falle genannt) versehen sein (Anhang 1, Abs. 2.5 der Betriebssicherheitsver-
ordnung). Bei Lasten >15 t überwiegen Doppelhaken (Abb. 6.62).
Um Unfälle zu vermeiden, müssen folgende Mängel zur sofortigen Außerbetrieb-
nahme des Hakens führen [23, S. 29]:

• Anrisse,
• Abnutzungserscheinungen >5 %,
• grobe Verformungen sowie Aufweitung des Hakenmauls ε > 10 %.

Zur Ermittlung der Aufweitung des Hakenmauls werden am Haken zwei Markierungen
z. B. mittels eines Körners angebracht (Abb. 6.63) und deren Abstand im Kran- bzw.
Hakenprüfbuch vermerkt. Die Dehnung ε bestimmt sich wie folgt:
6.8 Umschlaganlagen 429

Abb. 6.62 Doppelhaken


mit Hakensicherung. (Foto:
Stahlhammer Bommern
GmbH)

Abb. 6.63 Markierungen


zur Messung der Dehnung des
Hakenmauls. (Ergänzung eines
Fotos der Fa. Stahlhammer
Bommern GmbH)

gefährdeter Querschnitt

eakt. − e0
ε= · 100 % (6.102)
e0
mit
e0  = Abstand der Markierungen im Neuzustand des Hakens,
eakt. = aktuell gemessener Abstand der Markierungen.
Berechnungsgrundlage: Der Haken wird im Zapfenquerschnitt auf Zug, in den stark
gekrümmten Teilen auf Biegung und Zug berechnet. Der Hakenquerschnitt wird als Tra-
pez mit abgerundeten Ecken ausgeführt.
430 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Beispiel Berechnung Lasthaken


An dem in Abb. 6.63 gezeigten Haken aus dem Baustahl St 37 sei eine Last von 1,5 t
angeschlagen. Es ist für den gefährdeten Querschnitt

a) die reine Zugspannungsverteilung,


b) die reine Biegespannungsverteilung und
c) die zusammengesetzte Spannungsverteilung zu berechnen.

Der gefährdete Querschnitt kann näherungsweise als ein Trapez angenommen werden
(s. Abb. 6.63 und 6.64) mit a = 20 mm, b = 45 mm und h = 50 mm.

Lösung:

a) Bestimmung der reinen Zugspannungsverteilung:


Die Zugspannung verteilt sich gleichmäßig über den Querschnitt
F
σZ = (6.103)
ATrapez
mit

a+b 20 mm + 45 mm
ATrapez = ·h= · 50 mm = 1625 mm2 .
2 2
Somit errechnet sich durch Einsetzen in Gl. 6.103: σZ = 9 N/mm2.
b) Bestimmung der reinen Biegespannungsverteilung:
Die Spannungsverteilung über den betrachteten Trapezquerschnitt entspricht einer
Hyperbel44.
Ermitteln der Randfaserspannungen (Randfaserspannungen = max. Biegespannung)
Mb
σb1 = , (6.104)
−W1

Mb
σb2 = (6.105)
W2
mit dem Biegemoment (vgl. Abb. 6.65)
Mb = F · (s + m). (6.106)
Wobei die Schwerpunktlage m eines Trapezes wie folgt berechnet wird:
h b + 2a
m= · . (6.107)
3 b+a

44Vgl. auch Vierling in [6, Band II, S. 546].


6.8 Umschlaganlagen 431

Abb. 6.64 Gefährdeter h


Querschnitt D
y
C
S
a b

B
y
A
m

Abb. 6.65 Lastangriff am


Lasthaken (hier s = 23 mm).
(Ergänzung eines Fotos der
Fa. Stahlhammer Bommern
s
GmbH)

Durch Einsetzen der o. g. Werte ergibt sich: m = 21,79 mm. Damit errechnet sich
durch Einsetzen in Gl. 6.106 das Biegemoment: Mb = 671,85 Nm.
Bestimmung der Widerstandsmomente W1 und W2:
Iyy
W1 = , (6.108)
m

Iyy
W2 = . (6.109)
(h − m)
Das axiale Flächenmoment 2. Ordnung bezogen auf die Schwereachse y–y (Iyy)
bestimmt sich für das in Abb. 6.63 dargestellte Trapez nach Gl. 6.110:45

6a2 + 6a · (b − a) + (b − a)2 3
Iyy = ·h . (6.110)
36 · (2a + (b − a))
Mit den o. g. Zahlenwerten ergibt das: Iyy = 321.848 mm4.

45Vertiefend zum Flächenmoment 2. Grades siehe u. a. auch [3, S. D 25 ff.].


432 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Durch Einsetzen in die Gl. 6.108 und 6.109 liefert W1 = 14.771 mm3 und
W2 = 11.409 mm3. Somit ergibt sich für die Randfaserspannungen durch Einsetzen
in die Gl. 6.104 und 6.105: σb1 = −46 N/mm2 und σb2 = 59 N/mm2.
c) Zusammengesetzte Spannungsverteilung
Zugspannung und Biegespannungen sind Normalspannungen und addieren sich,
wenn sie gemeinsam auftreten. Die zusammengesetzte Normalspannung ergibt
sich folglich zu

σi = σz + σbi . (6.111)
Somit ergibt sich:

σ1 = 9 N/mm2 + (−46 N/mm2 ) = −83 N/mm2


und

σ2 = 9 N/mm2 + 59 N/mm2 = 68 N/mm2


Demnach ist die maximale zusammengesetzte Normalspannung
σmax = 83 N/mm2. Für einen Festigkeitsnachweis für den Lasthaken muss gelten:
σmax ≤ σzul = 160 N/mm2.46 Insofern liegt für den hier betrachteten Lasthaken
eine etwa zweifache Sicherheit vor.

6.8.1.2 Anschlagmittel
Anschlagmittel sind nicht zum Hebezeug gehörende Einrichtungen, die eine Verbindung
zwischen Tragmittel (z. B. dem Lasthaken oder auch fest mit dem Kran verbundene Grei-
fer, Traversen, Zangen) und Last oder Tragmittel und Lastaufnahmemittel herstellen. Das
Herstellen dieser Verbindung wird „anschlagen“ genannt und wird vom sog. Anschläger
vorgenommen. Von seinem Können und seinen Fähigkeiten ist ein sicherer Ladungs-
umschlag abhängig!47
Lastaufnahmemittel sind ebenfalls nicht zum Hebezeug gehörende Einrichtungen, die
zum Aufnehmen der Last mit dem Tragmittel des Hebezeuges verbunden werden können.
Zu den Lastaufnahmemitteln gehören z. B. Containergeschirre, Gehänge, Greifer,
Klemmen, Kübel, Lasthebemagnete, Palettengeschirre, Traversen, Vakuumheber oder
auch Zangen.
Lastaufnahmemittel können auch mittels Kupplungen, die für ein häufiges Lösen
bestimmt sind, mit dem Hebezeug verbunden werden.

46Sigwart in [6, Band I, S. 534 f.].


47Näheres zum sicheren Anschlagen von Ladungen s. BG-Information „Anschläger“ der Ver-
einigung der Metall-Berufsgenossenschaften [28].
6.8 Umschlaganlagen 433

Zu den Anschlagmitteln gehören Ketten, Seile (Naturfaser-, Kunstfaser- und Draht-


seile) sowie Hebebänder und Hebegurtschlingen aus Kunstfasergewebe mit und ohne
Drahteinlage. Rundschlingen (ein Band oder Seil zu einer Endlosschlinge verbunden)
werden umgangssprachlich auch „Schlupf“, „Stropp“ oder auch „Grummets“ genannt.
Auf allen Anschlagmitteln ist die zulässige Tragfähigkeit (in Kilogramm oder Tonnen)
anzugeben und wird international mit Working Load Limit (WLL) bezeichnet. Sie ergibt
sich aus der Mindestbruchkraft des Anschlagmittels MBL, multipliziert mit einem Last-
anschlagfaktor LF:

WLL = MBL · LF. (6.112)


Hebebänder und Rundschlingen
Gemäß der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG müssen Anschlagmittel besonders gekenn-
zeichnet sein. Demnach sind vom Hersteller folgende Angaben zu machen, die sich in
der Regel bei Gurten und Hebebändern auf einer angenähten Etikettfahne finden:

• Firmenname und vollständige Anschrift des Herstellers,


• Bezeichnung des Anschlagmittels,
• CE-Kennzeichnung,
• Baureihen- oder Typenbezeichnung,
• gegebenenfalls Seriennummer,
• Baujahr,
• Tragfähigkeit.

Die Tragfähigkeit von Hebebändern und Gurtschlingen wird durch einen Farbcode
gekennzeichnet (DIN 1492-1 und 1492-2; Tab. 6.22).
Weiterhin gibt die Farbe des Etiketts Auskunft über den Werkstoff des Hebebandes
oder des Schlupfes:

Tab. 6.22  Farbcode Tragfähigkeit von Tragfähigkeit


Hebebändern/Rundschlingen Farbcode
[kg]
500 rosa
1000 lila
1500 dunkelgrün
2000 hellgrün
3000 gelb
4000 grau
5000 rot
6000 braun
8000 blau
> 10.000 orange
434 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

• grünes Etikett = PA, Polyamid (überwiegend laugenbeständig),


• blaues Etikett = PES, Polyester (überwiegend gegen mineralische Säuren beständig),
• braunes Etikett = PP, Polypropylen (gut beständig gegen Säuren und Laugen, aber
nicht gegen Lösemittel).

Stahlketten, Drahtseile
Stahlketten zum Anschlagen von Lasten sollen den Normen DIN 695 oder EN 818
entsprechen. Stahlketten sind vielseitig einsetzbar. Kettenstränge können mit Ver-
kürzungsklauen schnell in ihrer Länge angepasst werden, um z. B. eine Last waagerecht
auszurichten. Ketten sind auszusondern bei

• Bruch oder Verformung eines Kettengliedes,


• Anrissen oder starken Korrosionsnarben,
• Dehnung von mehr als 5 %,
• Abnahme der Kettenglieddicke um 10 %.

Drahtseile sind verschleißfest und relativ flexibel. Die Verschleißmerkmale sind leicht
sicht- und fühlbar. Drahtseile sind auszusondern bei

• Knicken und Klinken im Seil,


• Bruch einer Litze,
• Quetschungen des Seils in der freien Länge,
• Quetschung am Seilauge oder an der Presshülse am Augende [23, S. 32].

Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall hat mit den Berufsgenossenschaftlichen


Informationen BGI 622 „Belastungstabellen“ für Anschlagmittel aus Rundstahlketten,
Stahldrahtseilen, Rundschlingen, Chemiefaserhebebändern, Chemiefaserseilen und
Naturfaserseilen in Abhängigkeit der Anschlagart die zulässigen Belastungen für die
genannten Anschlagmittel in Tabellenform dargestellt (s. Beispiel in Abb. 6.66 für einen
Anschlag mit Rundstahlkette).
Für die unterschiedlichen Anschlagarten werden von den Herstellern der Anschlag-
mittel darüber hinaus eigene Angaben zur Tragfähigkeit angegeben; sie werden
durch den Lastfaktor LF berücksichtigt (vgl. oben Gl. 6.112 und Abb. 6.67, welche
die Anwendung von einer bzw. zwei Rundschlingen darstellt; die LF-Werte können
als Anhalt für Anschläge mit Seilen und Ketten herangezogen werden). Bei einem
Anschlagwinkel β ≤ 45◦ kann der höhere LF, bei Winkeln bis max. 60 ° muss der klei-
nere LF gewählt werden. Anschlagwinkel >60◦ sind unzulässig.

6.8.1.3 Ladungssicherung durch Niederzurren


Damit Stückgutladung (Kisten, Container u. a.) bei rauer See nicht verrutschen und somit
zu kritischen Stabilitätslagen für das Schiff führen kann, ist sie entsprechend zu sichern.
6.8 Umschlaganlagen 435

Abb. 6.66 Belastungstabelle Anschlag mit Rundstahlkette

Abb. 6.67 Lastanschlagfaktoren LF für Rundschlingen

Eine Möglichkeit der Ladungssicherung ist das Sichern durch Niederzurren ­ mittels
Spanngurten (Abb. 6.68). Diese werden über die zu sichernde Ladung gelegt und mit
Spannmitteln (z. B. Ratsche) festgezurrt. Dabei ist auf eine ausreichende Zurrkraft zu
achten, die sowohl von den Beschleunigungswerten des Schiffes beim Rollen, Stamp-
fen und bei überlagerten Bewegungen abhängig ist wie auch von den Materialpaarungen
der Standfläche (also z. B. Holzkiste auf Stahlboden oder Kiste auf Stahlboden mit
dazwischenliegender Antirutschmatte).
Die Tab. 6.23, 6.24 und 6.25 sowie die Gl. 6.113 bis 6.115 geben hierzu ent-
sprechende Hinweise.
436 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.68 Ladungssicherung


durch Niederzurren
α

Tab. 6.23  Gleitreibbeiwert μ Materialpaarung Trocken Nass Fettig


gemäß VDI 2700
Holz/Holz 0,20–0,50 0,20–0,25 0,05–0,15
Metall/Holz 0,20–0,50 0,20–0,25 0,02–0,10
Metall/Metall 0,10–0,25 0,10–0,20 0,01–0,10
Beton/Holz 0,30–0,60 0,30–0,50 0,10–0,20

Tab. 6.24  Weitere Gleitreibbeiwerte


Antirutschmatte >0,50
Großsäcke (IBC) auf Holzplatte 0,30
Pappschachtel auf Pappschachtel oder Pappschachtel auf Holzpalette 0,35
Europalette aus Holz auf Siebdruckboden 0,25
Metallgitterbox auf Siebdruckboden 0,25

Notwendige Vorspannkraft bei Zurrwinkel α annähernd 90° (vgl. Abb. 6.67):


C − µ FG
FV = · (6.113)
µ · sin α k
mit
FV  = Vorspannkraft auf der Ratschenseite in daN48,
C  = Beschleunigungsbeiwert (s. Abb. 6.66 und Tab. 6.25),
μ  = Gleitreibwert z. B. nach Tab. 6.23 oder 6.24,
FG  = Gewichtskraft des zu sichernden Transportguts in daN (entspricht dem
Ladungsgewicht in kg),
k  = Übertragungsbeiwert (ohne Katenschoner 1,5; dieser Faktor berücksichtigt,
dass die Vorspannkraft auf der Ratschenseite größer ist als an der anderen Zurr-
mittelseite),
sinα = Sinus des Zurrwinkels α (s. Abb. 6.68) zwischen Zurrmittel und Ladefläche.

481 daN = 10 N.
6.8 Umschlaganlagen 437

Tab. 6.25  Beschleunigungs- Nach vorn und nach achtern bis 0,4


beiwerte
Bug aufwärts bis 1,0
Bug abwärts bis 2,0
Heck auf- und abwärts bis 1,0
Mittschiffs auf- und abwärts bis 0,5
Seitenbeschleunigung mittschiffs bis 0,8

Die erforderliche Anzahl n der Spanngurte ergibt sich aus der zul. Spannkraft FVzul eines
Gurtes zu:
FV
n= . (6.114)
FV zul
Vereinfachte Berechnung (hierbei werden beide Seiten der Zurrung einzeln berechnet):
C−µ
FV eine Seite = ·G (6.115)
µ · sin α
mit G = Ladungsgewicht in kg bzw. in daN.
Abb. 6.69 und Tab. 6.25 geben einen Anhalt49 zur Benutzung der C-Werte (TUL50
-Belastung Schiff).

6.8.2 Umschlag von Schüttgütern

Schüttgüter (lose Massengüter) werden unverpackt als Schüttgut (z. B. Erz, Kohle, Bau-
xit, Phosphat, Zement oder Getreide) in Massengutfrachtern (auch Bulkcarrier oder
Schüttgutfrachter genannt) transportiert. In der Regel werden die Schiffe mit landseitigen
intermittierenden Fördermitteln (z. B. Greiferbagger) oder stetigen Fördermitteln (z. B.
Gurtförderer, Schneckenförderer, Strömungsförderer51) beladen und gelöscht. Derartige
Fördereinrichtungen können aber auch bordseitig vorhanden sein, z. B. Bordkran mit
Baggerschaufel, wie auch die genannten Stetigförderer.
Zur Erhöhung der Umschlaggeschwindigkeit werden im Laderaumtiefsten Stetig-
förderer fest installiert, die das Schüttgut stetig zu den Aufnahme- oder Abgabestellen
der Vertikalfördereinrichtungen befördern.
Welches Fördermittel am sinnvollsten zum Einsatz kommt, ist nicht zuletzt auch
abhängig vom zu fördernden Schüttgut. Anhang 25 enthält für ausgewählte Schüttgüter

49UnterZif. 5.3 des CTU-Codes [35] finden sich genauere C-Werte in Abhängigkeit von Wellen-
höhe und Seegebiet.
50TUL = Transport Umschlag Lagerung.

51Pneumatische Förderung oder mit Wasser als Transportmedium.


438 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.69 Beschleunigungsbeiwerte (C-Werte)

Angaben zu Dichte, Schüttdichte und dem Böschungswinkel im Laderaum beim Abkippen


des Gutes.

6.8.2.1 Rechengrößen

a) Förderarbeit (Hubarbeit W)

W =G·h (6.116)
mit
G = Nutzlast,
h   = Förderhöhe.

b) Fördergeschwindigkeit
Die augenblickliche Geschwindigkeit v ist die Ableitung des Weges s nach der Zeit t:

v = ds/dt. (6.117)
Die mittlere Geschwindigkeit v ist der Quotient aus Weg und Zeit:
v = s/t. (6.118)
c) Förderleistung
Die Förderleistung P ist das Produkt aus Förderarbeit W in der Zeiteinheit t:

P = W · t. (6.119)
6.8 Umschlaganlagen 439

d) Fördermenge und Mengendurchsatz


Sie ist die Masse G oder Menge V des zu bewegenden oder bewegten Fördergutes. Der
Mengendurchsatz Ṁ ist die Fördermenge je Zeiteinheit innerhalb eines bestimmten Bereiches:

Ṁ = G/t bzw. V /t. (6.120)


e) Füllungsgrad F bei Greifern oder Becherförderwerken
Er definiert sich als Quotient aus der tatsächlichen Greifer- bzw. Becherfüllung und dem
max. Greifer- bzw. Bechervolumen.

6.8.2.2 Stetigförderer
In DIN 15201 „Stetigförderer“ sind den Fördergutarten (Schüttgut und Stückgut) Stetig-
förderer zugeordnet, für die diese allein oder gemeinsam geeignet sind. Daraus ergibt
sich die Einteilung der Stetigförderer, die

• nur für Schüttgut,


• für Schütt- und Stückgut,
• nur für Stückgut

eingesetzt werden.
Danach kommen im Schiffsbetrieb für die Förderung von Schüttgut insbesondere fol-
gende Stetigförderer zum Einsatz:

• Becherwerk (Senkrecht- und Schrägbecherwerke),


• Schneckenförderer,
• pneumatische Förderer.

Für die Förderung von Schütt- und Stückgut eignen sich Bandförderer.
Für Lösch- und Ladevorgänge von Stückgütern kommen häufig Rollbahnen oder auch
Schleppkettenförderer als Stetigförderer zum Einsatz.

Schneckenförderer
Wie in Abschn. 6.8.2 bereits ausgeführt, finden sich häufig zur Erhöhung der Umschlag-
geschwindigkeit im Laderaumtiefsten Stetigförderer, die das Schüttgut stetig zu den Auf-
nahme- oder Abgabestellen der Vertikalfördereinrichtungen befördern. Daher wird hier
näher auf diese Fördererart eingegangen.
Das Förderprinzip beruht auf einem Fortschieben des Fördergutes in einem halbkreis-
förmigen Trog oder in einem Rohr (ähnlich einem „Fleischwolf“) durch eine teilbeauf-
schlagte Wendelfläche aus Blech, der eigentlichen Schnecke, die ein- oder mehrgängig
ausgeführt sein kann. Abb. 6.70 zeigt mögliche Ausführungsformen von Förderschnecken.
Der Antrieb der Schnecke erfolgt in der Regel durch einen stirnseitig über ein
Getriebe angeflanschten Elektromotor; die Schneckenwelle wird durch den Fördervor-
gang auf Zug beansprucht.
440 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

a Vollschnecke b Bandschnecke c Rührschnecke

Abb. 6.70 Schneckenformen. a Vollschnecke, b Bandschnecke, c Rührschnecke

Förderleistung Die Förderleistung (geförderte Menge pro Zeiteinheit) errechnet sich


nach Gl. 6.121:

π · D2
Q̇ = ·s·φ·n (6.121)
4
mit
= v der Fördergeschwindigkeit (0,2–0,4 m/s),
s · n 
D  = Schneckendurchmesser,
s  = Steigung des Schneckengewindes,
ϕ  = Füllungsgrad (0,15–0,45 %) = AFG /ASch (vgl. Abb. 6.71),
AFG  = projizierte Fläche Fördergut,
ASch = projizierte Schneckenfläche.
Der Füllungsgrad ist zum einen abhängig von der Materialklasse (Tab. 6.26).

Abb. 6.71 Füllungsgrad


Schneckenförderer
ASch

AFG

Tab. 6.26  Füllungsgrad Schneckenförderer


A (≈ 45 %) B (≈ 30 %) C (≈ 15 %)
Leicht, frei fließend, z. B. Feinkörnig bis kleinstückig, nicht Zäh, faserig, große Stücke,
frei fließend, z. B. fließend, z. B.
Getreide Steinkohle Koks
Mehl Grobes Salz Kies
Kohlenstaub Zement Sand
6.8 Umschlaganlagen 441

Tab. 6.27  Verschiebewiderstand Fördergut k Mat.-Klasse


ausgewählter Materialien
Graphitpulver 2,0 A
Gerste 2,3 Av
Braunkohle, trocken 3,0 B
Erde, trocken 4,0 B
Flugasche 5,0 C

Weiterhin ist der Füllungsgrad abhängig von der Art der Materialaufgabe: stetig oder
intermittierend.

Antriebsleistung Die Antriebsleistung an der Schneckenwelle errechnet sich nach


Gl. 6.122:

Pa = Q̇ · L · k (6.122)
mit
L  Förderlänge,
=
k = Verschiebewiderstand (dimensionslose Zahl: Quotient aus Widerstandkraft gegen
Verschieben und Gewichtskraft Fördergut; vgl. Tab. 6.27).
Bei ansteigender Förderung ist ein Leistungszuschlag vorzusehen: bei einer Steigung bis
15° etwa 25 %, bei einer Steigung bis 30° etwa 30 %. Bei Neigungen >30◦ kann eine
Förderung aufgrund rein translatorischer Verschiebung nicht mehr erfolgen; hier muss
dann eine Mindestdrehzahl der Schnecke gegeben sein, um das Schüttgut durch die
Zentripetalkraft am Förderrohr zu halten, damit es nicht nach unten abgleitet.52

6.8.3 Fahrzeugrampe an Fährschiffen

Zum Be- und Entladen besitzen RoRo- und RoPax-Fähren53 Bug-, Seiten- oder Heck-
luken (s. a. Abb. 6.72), durch die die Fahrzeuge über Rampen an Bord fahren können.
Die Bugrampe befindet sich hinter der verschlossenen Bugklappe (auch Bugvisier
genannt; in Abb. 6.73 geöffnet). Das Öffnen und Schließen der Bugklappe erfolgt
­hydraulisch mittels zweier Hydraulikzylinder.
Das Öffnen und Schließen der Rampen kann mittels Hydraulikzylinder oder auch
über ein Seilzugsystem (Flaschenzugprinzip) erfolgen.

52Näher zur Auslegung und Dimensionierung von stark geneigten Schneckenförderern s. [40].
53RoRo = engl. „roll on/roll off“; RoPax = Abkürzung für RoRo-Fähre mit Passagiertransport.
442 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.72 Geschlossene Heckklappe

Hydraulikzylinder

Abb. 6.73 Geöffnete Bugklappe einer Fähre

Die Vorteile des RoRo-Verfahrens liegen in den kurzen Lade- und Löschzeiten und im
schonenden Ladungsumschlag, da die Ladung auf dem Beförderungsmittel – Lkw oder
Bahn – verbleiben kann. Nachteilig sind die höheren Baukosten – RoRo-Schiffe sind
Spezialschiffe und oft auf speziellen Reederwunsch hin gebaut worden (kein Schiff „von
der Stange“). Zudem ist die Laderaumnutzung nicht optimal lösbar.
Fähren sind aus Sicherheitsüberlegungen heraus nicht unproblematisch. Ihre Öff-
nungen für die Laderampen stellen große Öffnungen in der Außenhaut dar. Dies kann
insofern ein Risiko darstellen, als im Falle von Störungen oder Fehlbedienung die Ram-
pen nicht dicht verschlossen sind, sodass durch diese Öffnungen große Wassermengen
6.8 Umschlaganlagen 443

e­ indringen könnten. In Verbindung mit den großen, schlecht zu teilenden Laderäumen


kann dies zu einer kritischen Stabilitätslage und gefährlichen Krängungszuständen füh-
ren. Durch große Krängungen können Außenhautöffnungen, die nicht wasserdicht aus-
geführt sind (z. B. Lüftungsschächte und -kanäle, Versorgungsluken) unter Wasser
geraten. Die Folge sind Sekundärflutungen, durch die noch mehr Wasser nachströmt und
das Schiff schließlich zum Kentern und Sinken bringen können. Hier sei z. B. an den
Untergang der Fähre Estonia am 28.09.1994 in der Ostsee gedacht. Aus diesem Grund
schreibt SOLAS54 u. a. mehrfach redundante Sicherungssysteme vor.

6.8.4 Tankschiffe

Tankschiffe sind Spezialschiffe zum Transport von flüssigen oder von gasförmigen Stof-
fen. Als Beispiele sind zu nennen: Rohöl, Kraftstoffe, flüssige Chemikalien, Flüssiggas,
aber auch Wasser oder Säfte.
Auf Beschluss der IMO (Internationale Seeschifffahrts-Organisation) im Jahr 1992
im Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch
Schiffe (MARPOL) müssen alle Tanker, die ab 1996 gebaut wurden und über 5000 t
Transportgewicht haben, mit einer Doppelhülle ausgestattet sein. Weiterhin hat die IMO
beschlossen, dass ab 2015 nur noch Öltanker mit doppelwandigen Außenhüllen die Welt-
meere befahren dürfen.
Tankschiffe werden sowohl über bordeigene als auch über an Land befindliche
Pumpen- und Rohrleitungssysteme befüllt und gelöscht; das Löschen erfolgt in der
­
Regel mit bordeigenen Tauchpumpen, wobei bei sog. Supertankern die Förderleistungen
der einzelnen Ladepumpen bei >10.000 t/h liegen können.
Hinsichtlich der Ausführungen und Berechnungen von Pumpen und Rohrleitungen
wird auf Abschn. 6.4 verwiesen.
Die Verbindung Schiff-Land erfolgt mittels Schlauchleitungen. Diese werden durch
den mittschiffs montierten Manifoldkran von Land an Bord gehievt (s. Abb. 6.74), um
sie mit dem Leitungssystem des Schiffes zu verbinden.
Die Schlauchanschlussstellen werden Manifold genannt (s. Abb. 6.75).
Die Lade- und Löschtätigkeiten werden mittels Ladungsrechner überwacht. Dieser
erlaubt eine Vorhersage über die Verteilung der Kräfte (der Auftrieb und das Gewicht
der Ladung), die auf das Schiff einwirken. Ferner wird hiermit die Füllstandshöhe in
den Tanks überwacht. Abb. 6.76 zeigt den Blick in einen Tank eines Binnenschiffs zur
Beförderung von Diesel und Heizöl mit mechanischer Füllstandsüberwachung.
Wie eingangs beschrieben, befördern Tanker auch entflammbare Ladung, die zur
Bildung explosionsfähiger Atmosphären neigen. Daher sind ihre Pumpen- und Rohr-
leitungssysteme in diesen Fällen in sog. Ex-Schutz-Ausführung zu installieren.

54International Convention for the Safety of Life at Sea, 1974 (SOLAS; deutsch: Internationales

Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See).
444 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Manifoldkran

Abb. 6.74 Tanker mit Manifoldkran mittschiffs. (Foto: Eweht)

Abb. 6.75 Manifold eines Binnentankers

Bei derartigen Ladungen werden darüber hinaus die Leerräume der Tanks, also ober-
halb der Ladung, mit Inertgas befüllt. Dieses verdrängt die vorherige sauerstoffhaltige
Tankatmosphäre. So wird verhindert, dass sich die Ladungsgase entzünden können.
Das Inertgas kann ein speziell aufbereitetes, auf dem Schiff hergestelltes Verbrennungs-
gas (Auspuffgas) sein. Es kann aber auch jedes andere Inertgas, das mit der jeweiligen
Ladung kein reaktionsfähiges Gemisch bildet, verwendet werden (z. B. Stickstoff).
6.8 Umschlaganlagen 445

Abb. 6.76 Tankraum mit Füllstandsanzeige eines Binnenschiffs

Füllgrad
Weiterhin darf bei der Beförderung gefährlicher Güter ein bestimmter Füllgrad nicht
überschritten werden. Nach Kap. 3, Tab. C des Europäischen Übereinkommens über die
internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen (ADN) ist in
der Binnenschifffahrt der maximale Füllgrad abhängig vom beförderten Gefahrgut. Die-
ser liegt beispielsweise für Ethanol und Benzin (UN-Nummer 3475) bei 97 %. Für die
Beförderung in der Seeschifffahrt geben die Klassifikationsgesellschaften den jeweiligen
maximalen Füllgrad vor.
Bei Erreichen von 94 % des maximal zulässigen Füllstands (High Load) muss ein Vor-
alarm ausgelöst werden, bei Erreichen von 98 % maximale Füllhöhe ein Füllstandsalarm
(Overflow; s. auch Abb. 6.76; [4, S. 843]).

Laderate
Die Laderate (LR) des Ladetanks darf den folgenden Wert nicht überschreiten:

LR = 3600 · U/t [m3 /h], (6.123)


wobei
U  das freie Volumen (m3) bei dem Füllstand ist, bei dem die Überfüllsicherung aus-
=
gelöst wird,
= die Zeit (s) ist, die vom Auslösen der Überfüllsicherung bis zur völligen
t 
Beendigung des Ladungsflusses in den Ladetank benötigt wird; die Zeit ist die
Summe der Einzelzeiten, die für die nacheinander getroffenen Maßnahmen benötigt
wird, wie z. B. Reaktionszeit des Bedienungspersonals, Abschaltzeit für die Pumpen
und Schließzeit der Absperrarmaturen.
446 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.77 LNG-Tanker „Arctic Princess“. (Foto: Joachim Kohler, CC-BY-SA 4.0)

Eine Besonderheit bilden Gastanker (Abb. 6.77). Sie dienen dem Transport verflüssigter
Gase in fest installierten Ladetanks. Transportierte Gase sind neben technischen Gasen
vor allem Flüssigerdgas (LNG Liquefied Natural Gas) und Flüssiggas (LPG Lique-
fied Petroleum Gas). Durch die Verflüssigung der Gase kann eine erhebliche Volumen-
reduzierung und somit eine Vergrößerung der Masse des zu befördernden Gases erreicht
werden (bei LPG – Verflüssigung durch Verdichten – etwa 1/260, bei LNG – verflüssigen
durch Temperaturabsenkung – 1/600).

Beispiel
Das an Land von 20 °C auf −162 °C herabgekühlte Erdgas soll mit dem zurzeit größ-
ten Erdgastanker Mozah transportiert werden. Seine Tanks haben ein Gesamtvolumen
von 266.000 m3 [24].
Wie viel Kubikmeter Erdgas können landseitig verflüssigt und in die Tanks des
Schiffes gefüllt werden?

Lösung: Erdgas ist ein Gasgemisch, welches größtenteils aus Methan besteht. Die
Dichte ρ1 von flüssigem Erdgas (Siedepunkt bei etwa −162 °C) liegt bei etwa 450 kg/
m3 [38], im gasförmigen Zustand bei 20 °C bei ρ2 = 0,66 kg/m3. Somit liegt ein
Dichteverhältnis von 450 : 0,66 = 682 vor. Bei einer landseitigen Verdichtung (bei
etwa 20 °C) kann somit ein Dichteverhältnis zwischen Gas und flüssiger Phase von
ca. 1 : 680 angenommen werden. Da das Volumen V = m · ρ ist und sich die Masse des
Gases bei der Verflüssigung nicht ändert, kann somit landseitig eine etwa 600-fache
Menge gasförmigen Erdgases verflüssigt dem Tankschiff zugeführt werden:
V1 /ρ1 = V2 /ρ2 . (6.124)
6.8 Umschlaganlagen 447

Umstellen der Gl. 6.124 nach V1 liefert:

V1 = V2 · ρ1 /ρ2 = 266.000 m3 · 680 = 180,9 Mio. m3 .

International verbindliche Standards über die Konstruktion und Ausrüstung von Flüssig-
gastankern sind von der IMO im IMO Gas Code (IGC) festgelegt worden:

• Typ 1G-Tanker: Chlor, Ethylenoxid, Methylbromid,


• Typ 2G-Tanker: Ethan, Ethylen, Methan (LNG, z. B. LNG-Tanker)
• Typ 2G/2PG-Tanker: Acetaldehyd, Ammoniak, Butadien, Butylene, Dimethylamin
(z. B. LPG-Tanker), Ethylamin, Ethylchlorid, Methylchlorid, Propylen, Vinylchlorid
und Butan, Propan (LPG),
• Typ 3G-Tanker: Stickstoff, verschiedene Sicherheitskältemittel.

Jeder Tank muss über eine eigene Umschlageinrichtung verfügen. Diese besteht aus der
Ladepumpe mit der angeschlossenen Flüssiggasleitung, einer Restlenzeinrichtung mit
der Entleerungsleitung (dieses System führt bis zum tiefsten Punkt des Tanks) und der
Dampfleitung zur Ableitung der aufgrund des Dampfdrucks des Gases anfallenden gas-
förmigen Phase [4, S. 847].

6.8.5 RAS-Einrichtung

Ein Güter- bzw. Warenumschlag besonderer Art ist das RAS-Manöver (Replenishment
at Sea), auch Underway Replenishment (UNREP) genannt. Dieses von den Marinen der
Welt praktizierte Manöver dient zur Versorgung der Einsatzkräfte auf See während der
Fahrt. Hierbei geht es darum, die Kriegsschiffe von Versorgern (auch Tender genannt)
aus mit Munition, Betriebsmitteln und Kraftstoffen, Wasser, Lebensmitteln u. a. zu ver-
sorgen. Auf dem Versorgungsschiff befindet sich der sog. RAS-Baum (s. Abb. 6.78), an
dem ein Tragseil angeschlagen ist, welches zu dem zu versorgenden Schiff übergeben
wird. Über dieses Tragseil werden z. B. Tankschläuche zum zu versorgenden Schiff
geführt. Zum Ablauf des Manövers siehe weiter unten.
Der in Abb. 6.78 gezeigte EGV Bonn kann über seinen RAS-Baum gleichzeitig zwei
Schiffe versorgen – sowohl an seiner Steuerbord- als auch an seiner Backbordseite (sog.
Doppel-RAS-Manöver).
Bei diesem Manöver fahren der Versorger und bis zu zwei weitere Schiffe auf einem
Parallelkurs mit einer Geschwindigkeit von etwa 12–16 kn (22–30 km/h; s. Abb. 6.79).
Der Abstand beider Schiffe liegt zwischen 30 und 60 m und ist sowohl von der Fahrt-
geschwindigkeit wie auch von ihrer Größe abhängig (je höher die Geschwindigkeit und
je größer die Fahrzeuge, desto größer der Abstand). Ein gewisser Mindestabstand der
parallel fahrenden Schiffe darf nicht unterschritten werden:
448 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

RAS-Baum

Abb. 6.78 RAS-Baum des EGV (Einsatzgruppenversorger) „Bonn“ der Deutschen Marine

Abb. 6.79 Betankung zweier Fregatten durch das französische Tankschiff Mame A630. (Foto: ©
2016 Bundeswehr/Torsten Kraatz)

Bei der Parallelfahrt zweier Schiffe während des RAS-Manövers kann es aufgrund
des Bernoulli-Effekts zwischen den beiden Fahrzeugen zu Interaktionen kommen, die ein
unerwünschtes Gierverhalten oder auch das aneinander „Heransaugen“ beider Schiffe
zur Folge haben kann. Das Ausmaß der Interaktionswirkungen hängt von mehreren Fak-
toren ab, die sich in die Kategorien Wassertiefe, Schiff (Schiffsabmessungen, Tiefgang,
Verdrängung, Schiffsform und Schiffsgeschwindigkeit – absolut) und Passagekriterien
6.8 Umschlaganlagen 449

(Größendifferenz hinsichtlich der Schiffslängen, Tiefgangsdifferenz zwischen den Schif-


fen und zwischen Tiefgang und Wassertiefe) einteilen lassen.55
Durch die Rumpfform der parallel fahrenden Schiffe bildet sich zwischen ihnen verein-
fachend die Form einer Venturi-Düse aus (Abb. 6.80): Am Bug der jeweiligen Schiffe tritt
die Strömung in die Öffnung der „Venturi-Düse“ ein, die engste Stelle der Düse befindet
sich etwa in Schiffsmitte, um sich dann zum Heck der Schiffe wieder aufzuweiten.
Fließt durch die Venturi-Düse ein Fluid (hier Wasser), so ist an der engsten Stelle der Düse
der dynamische Druck (Staudruck) maximal und der statische Druck minimal (Abb. 6.80).
Aufgrund der Kontinuitätsgleichung steigt die Geschwindigkeit des strömenden Fluids im
Verhältnis der Querschnitte beim Durchströmen des eingeschnürten Teils an:
ṁ = ρ · A2 · w2 = ρ · A1 · w1 . (6.125)
Die Druckdifferenz zwischen den Bereichen der ungestörten Anströmung der Düse
(A1 und w1) und in der Querschnittsverengung (A2 und w2) wird durch die Bernoulli-­
Gleichung beschrieben, nach dem Gesetz von Bernoulli gilt

p1 + (ρ/2) · w12 = p2 + (ρ/2) · w22 (6.126)


mit
w1  Strömungsgeschwindigkeit des Wassers im Bereich des Bugs (vereinfacht die
=
Fahrtgeschwindigkeit der Schiffe),
ρ = Dichte des Wassers,
p1 
= statischer Druck an der Stelle 1, also im Bereich des Düseneintritts (Bugbereich
beider Schiffe),
p2 
= statischer Druck an der Stelle 2, also im Bereich der engsten Stelle beider
Schiffe,
w2 
= Strömungsgeschwindigkeit des Wassers im Bereich der engsten Stelle zw. den
Schiffen, etwa mittschiffs.
Gl. 6.126 lässt sich wie folgt verallgemeinern (vgl. Abb. 6.80):

p + (ρ/2 · w2 ) = p0 (konstanter Gesamtdruck), (6.127)


wobei p0 der Druck des ungestörten umgebenden Wassers ist, gemessen auf etwa halber
Eintauchtiefe der Schiffe.
Der Term (ρ/2 · w2) in Gl. 6.127 gibt den dynamischen Druck an.
Da hier eine inkompressible Strömung vorliegt, ist die Dichte ρ konstant. Der Druck-
unterschied zwischen Bug und Mittschiffs kann durch Umschreiben der Gl. 6.126 wie
folgt dargestellt werden:

�p = p1 − p2 = ρ/2 · (w22 − w21 ). (6.128)

55Vgl. auch zur Parallelfahrt von Schiffen [56].


450 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.80 Venturi-Düse mit


Druckverläufen

1 2
w

p
Staudruck

statischer Druck

Länge der Düse; hier Schiffslängen

Da die Dichte und somit der Massenstrom des Wassers beim Durchströmen zwischen
den beiden Schiffsrümpfen während des RAS-Manövers konstant bleibt, kann aus Gl.
6.125 folgende Beziehung für die Wassergeschwindigkeit an der engsten Stelle zwischen
den Rümpfen hergeleitet werden – die Kontinuitäts- oder kurz Konti-Gleichung:
w2 = (A1 /A2 ) · w1 . (6.129)
Für die Querschnittsflächen Ai für die an sich runde Querschnittsform einer Venturi-Düse
können hier vereinfachend die Rechteckflächen zwischen den Rümpfen eingesetzt wer-
den, die sich aus dem Tiefgang der Schiffe und den jeweiligen Abständen am Bug und an
der engsten Stelle ergeben.
Ist also die Fahrtgeschwindigkeit beider parallel fahrenden Schiffe bekannt, kann so
aus den Abständen zwischen dem Bug der Schiffe und der engsten Stelle zwischen den
Schiffsrümpfen sowie mit dem Tiefgang der Fahrzeuge die Strömungsgeschwindigkeit
des Wassers w2 an der engsten Stelle ermittelt werden.
Aus Gl. 6.126 ist erkennbar: Fahren beide Schiffe zu dicht nebeneinander, erhöht sich die
Strömungsgeschwindigkeit des zwischen den Schiffen hindurchströmenden Wassers, wodurch
der Wasserdruck an dieser Stelle aufgrund des Venturi-Effekts abnimmt. Dies kann dazu füh-
ren, dass die beiden Schiffsrümpfe trotz Gegensteuern aneinander gesaugt werden. Daher ist
auf jeden Fall während des RAS-Manövers auf einen erforderlichen Mindestabstand beider
Schiffe zu achten!
6.8 Umschlaganlagen 451

Ablauf des RAS-Manövers


Das zu versorgende Schiff läuft von achtern an den Versorger heran; befinden sich die
Schiffe auf einer Höhe mit dem vorgeschriebenen Abstand, werden von den Fahrzeugen
Kurs und Geschwindigkeit beibehalten (Abb. 6.81; [13, S. 474]).
Um die Schiff-Schiff-Verbindung herzustellen, wird zunächst eine Leine von einem
zum anderen Schiff übergebracht. Das kann händisch mittels Wurfleine erfolgen. Diese
Sorgleine kann aber auch mittels eines Gewehrs zum anderen Schiff herübergeschossen
werden. Mittels dieser Leine wird ein Drahtseil übergeholt, das zwischen dem höchsten
Punkt des zu versorgenden Schiffs und dem sog. RAS-Baum des Versorgers gespannt
wird. Dieses Drahtseil dient als Tragseil, an welchem z. B. der Tankschlauch entlang-
läuft (Abb. 6.82). Zusätzlich wird in der Regel auch eine sog. Abstandsleine von Bug zu
Bug zwischen den beiden Schiffen gespannt, an der sich Fähnchen als Abstandsmarken
befinden. Diese Leine mit den Fähnchen dient den Rudergängern während des Manövers
als Orientierungshilfe zur Einhaltung des vorgeschriebenen Abstands.
Zur Abschätzung der Zeit, die für ein RAS-Manöver einzuplanen ist, können folgende
Anhaltswerte herangezogen werden:

• Annäherung des zu versorgenden Schiffs: 5–11 min,


• Herstellung der Schiff-Schiff-Verbindungen: 9–12 min für Treibstoff, 12 min für
Fracht.

Die Dauer der eigentlichen Versorgungstätigkeit selbst ist von der Art und Menge der zu
übergebenden Fracht abhängig. Hinsichtlich der Übergabe von Flüssigkeiten wie Was-
ser oder Treibstoff ist hier die jeweilige Pumpenförderrate die ausschlaggebende Größe.

Abb. 6.81 Fregatte Hamburg (unten), EGV Berlin und Fregatte Hessen (oben) bei der Vorbereitung
zum RAS-Manöver. (Foto: © 2008 Bundeswehr/Ricarda Schönbrodt)
452 6 Schiffsbetriebsanlagen/Hilfssysteme

Abb. 6.82 Korvette Braunschweig wird vom EGV Bonn mit Treibstoff versorgt (deutlich erkennbar
das Drahttragseil). (Foto: © 2015 Bundeswehr/Matthias Letzin)

Für US-Schiffe kann als Anhalt gelten: Ein US-Flugzeugträger übernimmt pro Tank-
schlauch etwa 11.241 L Flugzeugtreibstoff pro Stunde. Von US-Versorgungsschiffen
können zum Teil bis zu drei Tankschläuche übergeben werden, zu Kreuzern und Zer-
störern wird ein Schlauch gespannt. Für die Übernahme von Fracht mittels Seilbahn
(„Manila-­Highline-Verfahren“) kann eine Leistung von 35 t/h angenommen werden.
Es können auch Personen zwischen den Schiffen mittels des Manila-Highline-Verfahrens
ausgetauscht werden.
Gefahrenhinweis: Für die Zeit der Treibstoff- und Munitionsübergabe herrscht Rauch-
verbot auf dem gesamten Schiff.

6.8.6 Passagierschiffe: Gangway/Stelling

Über die Gangway, auch Stelling oder Landgang genannt, gelangen Passagiere und
Besatzung an und von Bord von Schiffen (Abb. 6.83). Sie kann manuell, z. B. mit einem
Handkran, oder auch hydraulisch bewegt werden. Als separates Bauteil, ähnlich einer
Brücke, kann sie auch zwischen Pier und Schiff angelegt werden. Diese Zugänge müssen
mindestens 600 mm breit, mit Geländer, Mindesthöhe 1000 mm, versehen und für eine
Flächenlast von 4000 N/m2 ausgelegt sein.56 Ein Sicherheitsnetz zwischen Bordwand
und Kai unterhalb der Gangway entspricht weiteren Sicherheitsvorschriften.57

56Näheres zu Konstruktion und Ausführung s. ISO 7061: 1993 und ISO 5488: 2015.
57vgl. ISO 7061: 1993, Nr. 6.16 i. V. m. DGUV Regel 101-011.
Literatur 453

Abb. 6.83 Gangway/Stelling

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Bordstromversorgung und elektrische
Schaltungsbeispiele 7

7.1 Einführung

Die elektrische Ausrüstung ist ein wichtiger, aber auch komplexer Bestandteil des Schif-
fes, da Elektro- und elektronische Anlagen an Bord in praktisch allen Bereichen zum
Einsatz kommen. Grundsätzlich gilt, dass für die Installation der elektrischen Anlagen an
Bord die Vorschriften der Normenreihe VDE 0100 nicht zur Anwendung gelangen; hier
sind vielmehr die Vorschriften der Klassifikationsgesellschaften einschlägig. So ist bei-
spielsweise die Klassifikations- und Bauvorschrift „I Schiffstechnik – 2 Binnenschiffe,
3 Maschinenanlagen, Systeme und Elektrische Anlagen“ des GL zu nennen [8].
Sind in diesen Klassifikations- und Bauvorschriften für konkrete Fälle jedoch keine
Anforderungen enthalten, ist auf die VDE-Normenblätter zurückzugreifen.
Ein Schiff hat einen permanent hohen Strombedarf für seine für den Betrieb erforder-
lichen Anlagen wie Beleuchtung, Klimatisierung, Pumpen, Lüfter, Bug- und Heckstrahl-
ruder, Navigationsanlegen usw.
Mit einer E-Bilanz wird der voraussichtliche elektrische Leistungsbedarf für ver-
schiedene Betriebszustände (See, Revier, Hafen, u. U. Sommer- und Winterbetrieb, mit
und ohne Kühlcontainer) abgeschätzt. Außerdem geht mit dem Gleichzeitigkeitsfaktor
ein, ob es sich um ständige oder Kurzzeitverbraucher handelt. Die Gleichzeitigkeits-
faktoren liegen dabei üblicherweise zwischen g = 0,1 bis g = 1,0. Außerdem werden
wichtige, unwichtige und Notverbraucher unterschieden. Auf dieser Grundlage werden
die E-Erzeuger ausgewählt.
Für die Erzeugung des erforderlichen Strombedarfs gibt es mehrere Möglichkeiten,
die zum Teil auch in Kombination zur Anwendung kommen:

• EDiMot-Anlagen (Elektrodieselmotoranlage; dieselmotorbetriebener Generator),


• Wellengenerator (Stromgenerator wird direkt oder indirekt über die Antriebswelle
angetrieben, Abb. 7.1),

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 457
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_7
458 7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele

Abb. 7.1 Wellengenerator. (Foto: Karl-Heinz Hochhaus, CC BY 3.0)

• abgasbetriebene Turbogeneratoren,
• Landstromanschluss (Möglichkeit der Stromversorgung, wenn das Schiff an der Pier
liegt).

7.2 Bordseitige Stromerzeugung

Für die elektrische bordeigene Stromerzeugung stehen in Abhängigkeit von der Haupt-
antriebsanlage mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:

• Besteht die Hauptantriebsanlage aus einer Dampfturbine mit Getriebe und Fest-
propeller, wird zum Antrieb der Drehstromgeneratoren ein Wellengenerator und/oder
auch eine Dampfturbine gewählt. Schiffe mit Atomantrieb erhalten ebenfalls Turbo-
generatorsätze.
• Ist der Hauptantrieb ein Dieselmotor, werden auch hier der Wellengenerator oder
ein bzw. mehrere Elektrodieselaggregate (EDiMot-Anlagen bzw. auch Hilfsdiesel
genannt) eingesetzt (Abb. 7.2).
• Gasturbinenschiffe werden mit EDiMot-Anlagen ausgerüstet [4, S. 93].

In der Regel werden drei bis vier EDiMot-Anlagen installiert. Hierbei kommen hauptsäch-
lich mittelschnell laufende (720–900 min−1), selten schnell laufende 4-Takt-Dieselmotoren
(1200–1800 min−1) zum Einsatz. Die Drehzahl ergibt sich aus der gewählten Frequenz
und Polpaarzahl. Der mit diesen Generatorsätzen erzeugte Dreiphasenwechselstrom
(„Drehstrom“) wird für den Antrieb von Motoren benötigt; Beleuchtung, Navigations-
anlagen usw. werden mit 230-V-Einphasenstrom oder als sog. Niedervoltanlagen (12–
24 V) betrieben.
7.2 Bordseitige Stromerzeugung 459

Abb. 7.2 EDiMot-Anlage. (Foto: AIDA)

Diese Generatorsätze wurden früher als „Jockel“ bezeichnet. Daraus resultiert auch
heute noch das ab und zu benutzte „Jockeln“, wenn von der Stromerzeugung mit einem
Dieselgeneratorsatz gesprochen wird [2, S. 122].
Wellengeneratoren werden über ein Getriebe von der Antriebswelle angetrieben.
Eine Variante ist, den Generator direkt in die Wellenleitung einzubinden. Der Vorteil
einer Wellengeneratoranlage liegt in dem niedrigen spezifischen Brennstoffverbrauch der
Hauptmaschine.
Gasturbogeneratoren sind auf Handelsschiffen die Ausnahme, wurden aber z. B. auf
den Kreuzfahrtschiffen der Millenniumklasse der Reederei Celebrity Cruises installiert.
Bei abgasbetriebenen Turbogeneratoren wird die Energie des Abgases in einem
Turbosatz zur elektrischen Leistungserzeugung genutzt. Dazu wird den Schiffsantriebs-
dieseln ein Abgas- oder Abhitzekessel nachgeschaltet. In diesem wird mittels der Abgas-
wärme überhitzter Dampf erzeugt, der in einem Dampfturbogenerator Strom erzeugt.

7.2.1 Generatoren

Ein Generator ist eine Maschine zur Umwandlung von mechanischer Energie – die in
Form von Drehung des Rotors dem Generator zugeführt wird – in elektrische Energie
durch Induktion. Der Generator arbeitet nach dem umgekehrten Prinzip des Elektro-
motors – insofern wird auf Abschn. 5.3.4 verwiesen. Ähnlich dem E-Motor kann auch
der Generator als Außenpolmaschine (Induktionsspule auf dem Rotor, Erregerwicklung
oder Dauermagnet auf dem Stator) oder als Innenpolmaschine (Induktionswicklung
460 7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele

auf dem Stator, Erregerwicklung oder Dauermagnet auf dem Rotor) ausgeführt sein.
Die Erregerwicklung kann von einem Hilfsgenerator (Fremderregung) oder von selbst-
erzeugtem Strom (Eigenerregung) gespeist werden [5, S. 385 f.].
Es ist sinnvoll, Generatoren so auszulegen, dass der elektrische Energiebedarf im See-
betrieb etwa 60–80 % der Leistung eines Generators entspricht. Damit kann der Hilfs-
diesel im Seebetrieb in einem Arbeitsbereich mit gutem Wirkungsgrad arbeiten [4, S. 94].
Bei Wechselstrom- und Drehstromgeneratoren wird der Strom über Schleifringe
(Außenpolgenerator) oder direkt an der Statorwicklung (Innenpolgenerator) abgegeben.
Die Frequenz des erzeugten Wechsel- oder Drehstroms hängt von der Drehzahl und der
Anzahl der Erregerwicklungen ab.
Die häufigsten Bauarten des Wechselstromgenerators sind der Synchrongenerator, der
in seinem Aufbau dem Synchronmotor entspricht, und der Asynchrongenerator.
Beim Gleichstromgenerator, der immer als Außenpolmaschine ausgeführt wird,
wird anstelle von Schleifringen ein Kommutator (Stromwender) verwendet, der den
erzeugten Wechselstrom entsprechend der Frequenz ständig umpolt und somit gleich-
richtet. Vielpolige Gleichstromgeneratoren erzeugen einen relativ geglätteten techni-
schen Gleichstrom.
Ebenfalls gibt es, wie beim E-Motor auch, bei der Wicklung der Generatoren ver-
schiedene Schaltungsarten:

• die Nebenschlussschaltung – hierbei ist die erzeugte Spannung relativ belastungs-


unabhängig –,
• die Reihenschlussschaltung – hierbei steigt die Spannung mit zunehmender Belastung –,
• die Doppelschlussschaltung – sie ist eine Kombination aus der Neben- und Reihen-
schlussschaltung, die so konzipiert werden kann, dass die Ausgangsspannung des
Generators völlig belastungsunabhängig ist.

Die erzeugte elektrische Leistung Pel ist gleich der mechanischen Leistung Pmech abzüglich
der auftretenden Verluste Pv infolge mechanischer Reibung, Kupfer- und Eisenverluste.
Daraus folgt die Leistungsgleichung eines elektrischen Generators:
Pel = Pmech − Pv . (7.1)

7.3 Landstromversorgung

Durch die Landstromversorgung [3, S. 105 ff.]1 von Schiffen, auch Cold Ironing genannt,
zum Teil werden auch die Begriffe Alternative Maritime Power (AMP), Shore Power,
High Voltage Shore Connection (HVSC) oder auch Onshore Power Supply (OPS)

1Zum Folgenden ergänzend auch [10].


7.3 Landstromversorgung 461

benutzt, soll während des Aufenthalts im Hafen die Luftverschmutzung durch Emissionen
aus den bordeigenen Stromerzeugern verringert werden. Das Problem der Landstromver-
sorgung liegt zurzeit allerdings noch darin, dass es keine einheitlichen Schnittstellen für
die Kabelverbindungen Land-Schiff gibt. Mit einer Norm soll diesem Hindernis Abhilfe
geschaffen werden: IEC/PAS 60092-510:2009 Electrical Installations in Ships – Special
Features – High Voltage Shore Connection Systems (HVSC-Systems) beschreibt Spezi-
fikationen für Landanschlusssysteme für Schiffe.

7.3.1 Hintergründe

In Häfen wird mit der seit dem 01.01.2010 gültigen Richtlinie 2005/33/EG des Europäi-
schen Parlaments und des Rates vom 06.07.2005 zur Änderung der Richtlinie 1999/32/
EG hinsichtlich des Schwefelgehalts von Schiffskraftstoffen, gemeinsam mit der MAR-
POL Anlage VI, das Ziel gesetzt, Schiffskraftstoffe mit maximal 0,1 % Schwefelgehalt
zu verwenden oder ein am Hafen verfügbares Landstromversorgungssystem zu nut-
zen. In kalifornischen Häfen ist die Nutzung von Landstrom bereits seit 2014 Pflicht.
Bis 2020 sollen die meisten Schiffe auf die Möglichkeit der Landstromversorgung
umgestiegen sein [1, S. 22].

7.3.2 Technik der Landstromversorgung

Der aus dem öffentlichen Netz gelieferte Strom wird im Umformer an der Pier auf die
Spannung und Frequenz, die an Bord des Schiffes benötigt wird, umgewandelt (vgl.
Abb. 7.3). An Land müssen entsprechende Trafostationen errichtet werden, von denen
die entsprechenden Landstromkabel an Bord gebracht und an einer oder mehreren Ein-
speisungsstellen angeschlossen werden.

50 / 60 Hz
vom Netzbetreiber
20 - 110 kV

6-20 kV

Abb. 7.3 Prinzip der Landstromversorgung


462 7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele

Die Anschlussleistungen für Kreuzfahrtschiffe schwanken in Abhängigkeit von der


Größe der Schiffe und liegen heute bei Schiffen mit 3000–4000 Passagieren um 10 MVA
bis etwa 12 MVA (Megavoltampere), für Kühlcontainerschiffe und große Container-
schiffe mit 6000–12.000 TEU bis 6,5 MVA und für große RoRo-Schiffe und Fähren
bei 2–4 MVA. Bei den Fähren ist der Bedarf an elektrischer Energie abhängig von der
Anzahl der Kühlcontainer und der Auflieger mit Kühlladung, da diese häufig an das
Bordnetz angeschlossen werden.
Im Hamburger Hafen ist seit 2015 die LNG-Hybridbarge Hummel in Betrieb, auf
der mit mit Flüssigerdgas (LNG) betriebenen besonderen Caterpillar-Motoren über
fünf Generatoren von Zeppelin Power Systems Strom mit einer Leistung von 7,5 MW
(50/60 Hz) erzeugt werden kann. Diese Barge kann in die Nähe des Liegeplatzes der zu
versorgenden Schiffe (zunächst der AIDA-Flotte) gebracht werden. Über eine Kabelver-
bindung Barge-Schiff wird der Strom zum zu versorgenden Schiff geführt [6].

7.4 Das Bordnetz

Das Bordnetz wird überwiegend als Drehstromnetz mit einer Frequenz von 60 Hz aus-
geführt. In der Regel ist das Bordnetz eines Seeschiffes so aufgebaut, dass Verbraucher
direkt oder über Unterverteilungen von der Hauptschalttafel gespeist werden. Die Netz-
spannung in den Verteilernetzen beträgt 400 V bei einer Netzfrequenz von 50 Hz oder
440 V bei einer Netzfrequenz von 60 Hz. Schiffe mit Bordnetzleistungen von >8 MW
weisen eine zusätzliche Mittelspannungsebene von 3,3 kV, 6,6 kV oder 10 kV auf. Diese
werden bei Passagierschiffen und großen Containerschiffen mit vielen Kühlcontainern
eingesetzt. Soweit andere Spannungen erforderlich sind, müssen sie durch Trans-
formatoren heruntertransformiert werden. Ebenso gibt es an Bord vielfach elektrische
Verbraucher, die Gleichstrom benötigen. Dazu ist die Wechselspannung über Gleich-
richter gleichzurichten.
Die Verteilung der elektrischen Leistung erfolgt mittels einer Hauptschalttafel
(Abb. 7.4) über eine darin befindliche Sammelschiene in das Netzt zu den Verbrauchern.
Aus Gründen der Schiffssicherheit gibt es zumindest ein Hauptnetz und ein Notnetz.
Dieses wird über ein Notstromaggregat und eine Not- oder Hilfsschalttafel außerhalb des
Maschinenraums gespeist. Über das Notnetz werden alle schiffssicherheitsrelevanten
Verbraucher angeschlossen. Dazu gehören z. B. die Notbeleuchtung und Navigations-
geräte. Im normalen Schiffsbetrieb werden allerdings auch die sicherheitsrelevanten
Verbraucher über das Hauptstromnetz gespeist. Bei Ausfall der Hauptstromversorgung
startet die Notstromversorgung selbstständig. Über moderne Steuerpaneele erfolgen eine
Überwachung und auch die Schaltung der einzelnen Stromkreise (vgl. Abb. 7.5).
Abb. 7.6 zeigt eine schematische Darstellung eines einfachen Bordnetzes.
Mit dem Gleichstrombordnetz für Schiffe hat die ABB AG eigenen Angaben zufolge
das bis dato flexibelste Energieversorgungs- und Antriebssystem für Schiffe entwickelt.
Das System fasst die verschiedenen Gleichstromverbindungen (DC-Verbindungen) an
7.4 Das Bordnetz 463

Abb. 7.4 Hauptschalttafel mit dahinter befindlicher Sammelschiene älterer Bauart

Abb. 7.5 Anzeigepaneel eines Bordnetzes. (Foto: AIDA)

Bord des Schiffes zusammen und verteilt die elektrische Energie über einen e­inzigen
1000 V Gleichstromkreis. So kann auf die üblichen Wechselstromschaltanlagen
(AC-Schaltanlagen), dezentralen Gleichrichter und Stromrichtertransformatoren ver-
zichtet werden.
Das DC-Bordnetz verbindet die Vorteile von AC- und DC-Komponenten und -Systemen,
erfüllt die relevanten Bestimmungen und Vorschriften für Selektivität und Geräteschutz,
kann für elektrische Leistungen bis 20 MW eingesetzt werden und arbeitet mit einer Nenn-
spannung von 1000 V DC [7].
464 7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele

Abb. 7.6 Schematische Darstellung eines einfachen Bordnetzes. (Quelle: Karl-Heinz Hochhaus,
CC BY 3.0)

Abb. 7.7 Kleinsttransformator

Beispiel
Der SEATEC-Kartenplotter NAV-6/NAV-6i soll mit 24 V DC betrieben werden. Auf
der Brücke liegen 230 V AC vor. Welche technischen Maßnahmen sind erforderlich?
Die Spannung muss von 230 V zunächst auf 24 V herabtransformiert werden.
Anschließend ist die Wechselspannung gleichzurichten. Das geschieht üblicherweise
mit einem Netzteil, in dem Trafo (Abb. 7.7) und Gleichrichter (Abb. 7.8) integriert
sind.
7.4 Das Bordnetz 465

Abb. 7.8 Flachbrückengleichrichter

Abb. 7.9 Schaltbild U1 U2


Transformator
N1 N2

Beispiel: Auslegung des Trafos und Gleichrichters für den vorstehenden Kartenplotter
Die Windungszahl und die Spannung auf der Primärseite (N1, U1) des Trafos ver-
halten sich zu Windungszahl und Spannung auf der Sekundärseite (N2, U2) (Abb. 7.9)
wie folgt:
N1 /U1 = N2 /U2 . (7.2)
Wird beispielsweise ein Trafo mit 958 Windungen auf der Primärseite gewählt, so
bestimmt sich für den vorstehenden Kartenplotter die erforderliche Windungszahl auf
der Sekundärseite durch Umstellen der Gl. 7.2 nach N2 und Einsetzen der gegebenen
Werte:
U2 · N1 24 V · 958
N2 = = = 100.
U1 230 V
Die Spannung von 24 V, die an der Sekundärseite des Trafos anliegt, ist eine Wechsel-
spannung. Sie muss daher noch gleichgerichtet werden. Das erfolgt mittels eines Gleich-
richters. Standardgleichrichter für Einphasenwechselstrom ist der Brückengleichrichter,
auch Graetz-Schaltung oder Zweipulsbrückenschaltung genannt. Die Schaltung wird von
vier Dioden gebildet (Abb. 7.10).
Abb. 7.8 zeigt die bauliche Ausführung eines Brückengleichrichters in Form
eines sog. Flachbrückengleichrichters. Das hier gezeigte Bauteil mit den Maßen
2,3 cm × 1,8 cm (ohne Anschlussdrähte) ist auf der Wechselstromseite für 1000 V und
6 A ausgelegt.
Die in Abb. 7.10 links anliegende Wechselspannung (Abb. 7.11a) wird in eine pul-
sierende Gleichspannung (Abb. 7.11b) umgewandelt.
466 7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele

Abb. 7.10 Brückengleichrichter

Abb. 7.11 Legendenplatzhalter.


a Wechselspannung, b pulsierende
Gleichspannung

Abb. 7.12 Brückengleichrichter mit Glättungskondensator. T Transformatorsekundärwicklung,


G Brückengleichrichter, C Glättungskondensator, R Lastwiderstand. (Bild: Saure, CC BY-SA 3.0)

Da es sich dabei um eine Zweiweggleichrichtung handelt, erscheint die negative


Halbschwingung der Wechselspannung im Gleichstromkreis positiv. Die untere Halb-
welle wird quasi durch die Gleichrichtung „hochgeklappt“. Die Welligkeit hat die
doppelte Frequenz der Eingangsspannung, wodurch sich der nachfolgende Filter-
aufwand verringert. Dieser wird durch einen Elektrolytkondensator vorgenommen
(Abb. 7.12).
Brückengleichrichter für Wechsel- und Drehstrom werden oft als bereits mit-
einander verschaltete Dioden im gemeinsamen Gehäuse angeboten. Bei höheren Strö-
men enthalten sie eine Kühlfläche sowie eine Bohrung zur Befestigung auf einem
Kühlkörper [11].
Welche Dioden nun zum Einsatz kommen, ist abhängig von der anliegenden Span-
nung U und der Leistung P des angeschlossenen Gerätes. Die elektrische Leistung ist
das Produkt aus Spannung und Stromstärke I:

P = U · I. (7.3)
Angenommen, der Plotter hat einen Stromverbrauch von 200 mA, dann benötigt das
Gerät eine elektrische Leistung von P = U · I = 24 V · 0,2 A = 4,8 W.
Hier kämen insofern vier Zenerdioden ZD-5W 24 V infrage [12].
Bei einem Brückengleichrichter (auch B2U-Gleichrichter) wird der Glättungs-
kondensator immer nach einer halben Netzperiodendauer, also bei 50 Hz alle 10 ms,
7.5 Elektrische Schaltungsbeispiele 467

aufgeladen. Soll die Spannung während dieser Zeit Δt nur um ΔU absinken, ist die
Kapazität C nach Gl. 7.4 zu errechnen (mit „I“ dem elektrischen Strom):
t
C=I· . (7.4)
U
Angenommen ΔU soll 0,1 V betragen, so beträgt nach Gl. 7.4 die Kapazität für den
Glättungskondensator in der vorliegenden Schaltung:
t 0,01
C=I· = 0,2 · = 0,02 F (7.5)
U 0,1

7.5 Elektrische Schaltungsbeispiele

Nachfolgend werden gebräuchliche an Bord vorzufindende elektrische Schaltungen für


Verbraucher, z. B. Beleuchtung, dargestellt.

7.5.1 Ausschaltung

Diese Schaltung wird überall dort eingesetzt, wo ein Verbraucher ein- und ausgeschaltet
werden soll. Bei der Bordinstallation werden meistens Kippschalter mit zwei Schalt-
stellungen (ein/aus) verwendet, um beispielsweise eine Lampe zu schalten.
Nachfolgend werden der Schaltplan und der Anschluss des Ausschalters im Wechsel-
stromnetz beschrieben (s. a. Abb. 7.13).
Ausgehend von einer Verteilerdose 3, in der Phase (L), Null- (N) und Schutz-
leiter (PE) anliegen, wird die Verdrahtung vorgenommen. Der Ausschalter 2 besitzt
zwei Anschlüsse. An dem dort mit dem Buchstaben L gekennzeichneten Anschluss
wird die Phase angeschlossen, an den mit einem ↑ gekennzeichneten Kontakt wird
das geschaltete Kabel zum Licht angeklemmt. Wie aus dem dargestellten Schaltplan
ersichtlich, wird durch den Schalter 2 die Phase L unterbrochen. An der Lampe 1 wer-
den der Nullleiter N und der Schutzleiter PE angeschlossen. Es sollte immer nur die
Phase L geschaltet werden, da die Lampe ansonsten unter Strom steht, auch wenn der

Abb. 7.13 Ausschaltung

L N PE 3
468 7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele

Schalter ausgeschaltet ist. An der Lampe sollte der geschaltete L-Leiter am Fußkontakt
angeklemmt werden, während an die Lampenfassung der Nullleiter N angeschlossen
wird, damit die Lampenfassung beim Wechseln des Leuchtmittels nicht unter Spannung
steht. Der Schutzkontakt PE wird an das Metallgehäuse der Lampe angeschlossen. Die
Kabel sind normalerweise farblich gekennzeichnet. In der Regel ist die Phase L schwarz,
der Nullleiter N blau und der Schutzleiter PE gelb/grün.

7.5.2 Wechselschaltung

Soll ein Verbraucher, beispielsweise eine Lampe, von zwei unterschiedlichen Stellen an-
und ausgeschaltet werden können (z. B. an der Kabinentür und am Bett), ist das mittels
der Wechselschaltung realisierbar.

Anleitung zur Verdrahtung


Ein Wechselschalter hat drei Anschlussklemmen. Ein Kontakt (L) wird für das strom-
führende Kabel (Außenleiter oder Phase genannt) verwendet. Beim zweiten Wechsel-
schalter wird dieser Kontakt für die Ader, die zur Leuchte geht, verwendet; darum wird
dieser auch oft als „Lampendraht“ bezeichnet. Die anderen zwei Kontakte am Wechsel-
schalter sind mit einem Pfeil oder mit dem Buchstaben „K“ gekennzeichnet. Diese bei-
den Kontakte werden mit den zwei Kontakten des zweiten Wechselschalters mit zwei
Drähten (Korrespondierende) verbunden.
Eine Zuleitung, z. B. Kabel NYM-J 3 × 1,52, wird zur ersten Abzweigdose gezogen.
Von dieser wird ein zweites Kabel, z. B. NYM-J 5 × 1,52, zur zweiten Abzweigdose
gezogen. Von dieser wird ein Kabel, z. B. NYM-J 3 × 1,52, zur Lampe geführt, von den
Abzweigdosen Kabel NYM-J 5 × 1,52 zu den Wechselschaltern gelegt, der braune Draht
der Zuleitungen auf Klemme L der Wechselschalter aufgelegt, vom NYM-J 5 × 1,52
der schwarze und der graue Draht als „Korrespondierende“ verwendet und an beiden
Wechselschaltern die Klemmen mit „Pfeil“ oder mit „K“ bezeichnet benutzt.
In den Abzweigdosen werden die Drähte gemäß Abb. 7.14 verbunden und die Lampe
entsprechend angeschlossen.

7.5.3 Bewegungsmelder

Ein Bewegungsmelder ist ein elektronischer Sensor, der Bewegungen in seiner nähe-
ren Umgebung erkennt und dadurch als elektrischer Schalter arbeiten kann. Hauptsäch-
lich wird er zum automatischen Einschalten einer Beleuchtung (z. B. beim Betreten
von Räumen oder Gängen) oder zum Auslösen eines Alarms (z. B. bei unbefugten
Zutritten) eingesetzt. Das Schaltbild in Abb. 7.15 zeigt die Schaltung einer Lampe mit-
tels Bewegungsmelder.
7.5 Elektrische Schaltungsbeispiele 469

Abb. 7.14 Wechselschaltung Abzweigdosen

PE
N

Lampe

L L

Wechselschalter

Abb. 7.15 Schaltung Abzweigdose Bewegungsmelder


einer Lampe über
Bewegungsmelder L

Lampe
N L N
PE

Neben anderen Sensoren ist der PIR-Sensor (englisch „passive infrared“) der am häu-
figsten eingesetzte Typ von Bewegungsmeldern.
Bewegungsmelder sind meist in der Empfindlichkeit einstellbar und mit einem eben-
falls justierbaren Dämmerungsschalter gekoppelt. Durch Vorsatzblenden kann ein Teil
der Sichtsektoren abgedeckt und das Sensormodul eventuell auch verschwenkt werden.
Bewegungsmelder können über Leitungen (direkt oder über ein Bussystem) oder
mittels eines Funkmoduls miteinander gekoppelt werden. Wenn einer der vernetzten
Bewegungsmelder reagiert, schalten alle angeschlossenen Melder ihre Verbraucher
(Beleuchtung, Alarm) ein [9].
Gerade beim Betreten längerer Gänge und Flure kann der Erfassungsbereich eines
Bewegungsmelders nicht ausreichend sein, sodass ein zweiter erforderlich wird. Dieser
ist dann parallel zum ersten zu schalten. Das Schaltbild in Abb. 7.16 zeigt die Parallel-
schaltung zweier Bewegungsmelder (BM) – von der Unterverteilung (UV) ausgehend –
sowie zweier parallel geschalteter Leuchtmittel.
470 7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele

Abb. 7.16 Parallelschaltung BM 1


zweier Bewegungsmelder und
Leuchtmittel
L PE N LS

L
PE
N
Lampen

L PE N LS

BM 2

7.6 Elektronische Schaltungen

Vor vielen Jahren bestanden elektronische Schaltungen aus einer Vielzahl elektronischer
Bauelemente wie Transistoren, Widerstände, Dioden und Kondensatoren. Mit diesen
Bauteilen wurden Schaltungen zur Kommunikation (Sende-/Empfangsanlagen, Netz-
geräte, Schaltungen zu Steuer- und Regelungszwecken u. a. mehr) aufgebaut.
Heute wird in vielen Fällen auf speziell entwickelte integrierte Schaltkreise (ICs)
zurückgegriffen, die mehrere der genannten Bauelemente in einem Bauteil vereint
beinhalten. Abb. 7.17 zeigt die Platine einer elektronischen Schaltung mit IC und weite-
ren Bauteilen wie Widerstand, Dioden, Kondensatoren und Transistoren.
Nachfolgend wird eine rein elektronische Schaltung zur Temperaturüberwachung
beschrieben und gezeigt (Abb. 7.18).
Mit dieser Schaltung können Temperaturänderungen z. B. in Kühllasten sicher über-
wacht werden. Der Temperaturfühler, ein NTC-Widerstand (der Widerstand dieses Bau-
teils ist temperaturabhängig), wird mittels Kabelverbindung an der Stelle montiert, an
der die Temperaturüberwachung vorgenommen werden soll. Die Leuchtdiode (LED)
leuchtet, wenn die eingestellte Temperatur unterschritten wird. Das heißt, die LED
leuchtet so lange, wie die eingestellte Temperatur (Sollwert) gehalten wird oder unter-
halb dieses Wertes liegt. Steigt die Temperatur über den Sollwert im Kühlraum an, fängt
die LED zunächst zu blinken an, um dann ganz zu erlöschen. Für diesen Zweck bietet
sich die Verwendung einer grünen LED an.
Andererseits kann mit dieser Schaltung aber auch eine unzulässige Abkühlung
detektiert werden: Die LED leuchtet nicht, soweit die Solltemperatur ein bestimmtes
Niveau hält; sinkt sie ab, fängt die LED zunächst zu blinken an, um dann gänzlich zu
leuchten. Für diesen Fall ist die Verwendung einer roten LED zu empfehlen.
7.6 Elektronische Schaltungen 471

Kondensatoren
Widerstand

Transistor

Dioden

IC

Abb. 7.17 Platine mit integriertem Schaltkreise (IC) und weiteren elektronischen Bauteilen

Abb. 7.18
Temperaturwächter

Es ist bei dieser Schaltung zu berücksichtigen, dass der NTC-Widerstand ca. 30 s


braucht, bis er sich auf die augenblickliche Temperatur eingestellt hat.
Stückliste:

• T1, T2: 2 Transistoren BC 237B,


• LED: 1 Leuchtdiode,
• P: 1 Trimmpotenziometer 50 K,
• C1: 1 Elektrolytkondensator 100 μF, 25 V,
• C2: 1 Elektrolytkondensator 47 μF, 16 V,
• NTC: 1 wärmeempfindlicher Widerstand (ca. 47 K bei 20 °C),
• R1, R2, R5: 3 Widerstände 2,87 K (rot/grau/violett/braun/rot),
• R3, R7: 2 Widerstände 150 Ω (braun/grün/braun/gold),
472 7 Bordstromversorgung und elektrische Schaltungsbeispiele

• R4: 1 Widerstand 47 Ω (gelb/violett/schwarz/gold),


• R6: 1 Widerstand 2,2 K (rot/rot/rot/gold),
• 1 Platine etwa 27 × 55 mm2.

Literatur

Printmedien

1. Astoria Kreuzfahrten-Zentrale (Hrsg.), „Energie aus der Steckdose“ in Kreuzfahrt-Zeitung


November 2016, Osnabrück (2016)
2. Gebauer, J., Krenz, E.: Marine-Enzyklopädie. Brandenburgisches Verlagshaus. Tosa, Wien
(2003)
3. Hildebrandt, M., Reinicke, H.: Reduction of emissions from cruise ships in ports – perspectives
from Hamburg. Z. Hansa 6, 105 (2011)
4. Hochhaus, K.-H.: Vorlesungsskript Schiffshilfsmaschinen, TU Hamburg-Harburg, Stand 10/90
5. Lexikographisches Institut: Lexikon der Technik Bd. 1. Lexikographisches Institut, München
(1986)

Internet

6. http://www.hamburg.de/hamburger-hafen/4385644/lnghybridbarge/. Zugegriffen: 28. Dez. 2016


7. http://www.konstruktion.de/topstory/containerschiff-emma-maersk-mit-110-000-ps-uber-die-
ozeane/. Zugegriffen: 23. Juli 2017
8. http://rules.dnvgl.com/docs/pdf/gl/maritimerules2016Jan/gl_i-2-3_d.pdf. Zugegriffen: 6. Jan.
2016
9. http://de.wikipedia.org/wiki/Bewegungsmelder, mit weitergehenden Ausführungen. Zugegriffen:
23. Juli 2017
10. http://de.wikipedia.org/wiki/Cold_Ironing, m. w. N. Zugegriffen: 27. Juli 2017
11. http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichrichter. Zugegriffen: 23. Juli 2017
12. www.reichelt.de. Zugegriffen: 23. Juli 2017
Arbeitsschutz und Schiffssicherheit,
Brandschutz 8

Seit es die Schifffahrt gibt, passieren Unfälle auf See. Spektakuläre Schiffsunglücke wie
die der Titanic, Pamir, Exxon Valdez, Estonia, Prestige oder Pallas haben viel Leid für
Mensch und Umwelt ausgelöst, aber ohne sie hätte es die großen Fortschritte bei den
Sicherheitsvorschriften nicht gegeben.
Haben sich früher die Sicherheitsvorschriften häufig von Flaggenstaat zu Flaggenstaat
unterschieden, wird heute die Schiffssicherheit im Wesentlichen durch weltweite Regeln
von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO bestimmt. Bereits seit 1913 gibt
es das Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See –
SOLAS-Übereinkommen.1 Seitdem ist diese Konvention immer weiter fortentwickelt
worden. Ferner gehören zu den einschlägigen internationalen Regelungen beispiels-
weise der International Safety Management Code (ISM), der Sicherheitsaspekte im ope-
rativen Schiffsbetrieb sicherstellt, und der International Ship and Port Facility Security
Code (ISPS), der seit 2002 die Einhaltung weltweiter Sicherheitsanforderungen gegen
Gefahren von außen (z. B. Piraterie, Terrorismus) vorgibt [26].
Neben den vorgenannten völkerrechtlichen Regelungen dienen aber auch eine schier
unübersehbare Menge an nationalen rechtlichen und technischen Normen dem Schutz
der Mannschaften, Passagiere und dem Schiff selbst. Eine detaillierte Ausführung würde
hier den Rahmen sprengen. In diesem Kapitel werden die wesentlichen Aspekte zum
Arbeitsschutz an Bord und zur Schiffssicherheit, zu der auch der Brandschutz an Bord
gehört, aufgezeigt.

1International
Convention for the Safety of Life at Sea, 1974 (SOLAS; deutsch: Internationales
Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 473
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_8
474 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

8.1 Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Schiffssicherheit

Hinsichtlich der Frage der Erkenntnisquellen zu den Aspekten des Arbeitsschutzes und
der Schiffssicherheit gilt der Grundsatz „Lex specialis vor Lex generalis“. Das heißt,
soweit spezielle technische und rechtliche Regelungen zum Arbeitsschutz und für die
Schiffssicherheit bestehen, ist auf diese zurückzugreifen; die übrigen insbesondere
nationalen Regeln zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz sind nur subsidiär
anwendbar.
So wird im Schiffssicherheitsgesetz, konkretisiert durch die Schiffssicherheitsver-
ordnung, bestimmt, dass völkerrechtliche und EU-rechtliche Regelungen zur Schiffs-
sicherheit grundsätzlich Anwendung finden.
Darüber hinaus wird der Arbeitsschutz auch mit dem Arbeitsschutzgesetz
geregelt. Nach § 1 Abs. 2 ArbSchG gilt dieses jedoch nicht für den Arbeitsschutz von
Beschäftigten auf Seeschiffen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn und soweit hierfür
entsprechende Rechtsvorschriften in anderen Vorschriften, z. B. im SchSG, bestehen.
Das heißt, dass nur dann das ArbSchG keine Anwendung findet, soweit in einer anderen
Regelung Lex specialis für die Seeschifffahrt entsprechende Regelungen zum Arbeits-
schutz enthalten sind.
Insofern scheint dann das SchSG Lex specialis zur Anwendung zu kommen. Zur
Frage jedoch, ob und inwieweit das ArbSchG bzw. das SchSG anzuwenden ist, bedarf es
einer genaueren Betrachtung der Regelungsinhalte beider Vorschriften.
So wird im § 1 Abs. 1 ArbSchG Ziel und Anwendung dieser Vorschrift wie folgt for-
muliert:

Dieses Gesetz dient dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der
Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Es gilt in allen
Tätigkeitsbereichen …

Hieraus wird Folgendes deutlich: Das ArbSchG will die Sicherheit und den Gesundheits-
schutz ausschließlich für Beschäftigte sichern und verbessern.
Durch das Schiffssicherheitsgesetz – SchSG – (und durch die aufgrund dieses Geset-
zes erlassenen Schiffssicherheitsverordnung SchSV) soll auf einen sicheren Betrieb des
Schiffes hingewirkt werden. Dazu gehört insbesondere, dass es samt seinem Zubehör in
betriebssicherem Zustand gehalten und sicher geführt wird und dass die notwendigen
Vorkehrungen zum Schutz Dritter vor Gefahren aus dem Betrieb sowie zum Schutz der
Meeresumwelt und der Luft vor Gefahren oder widerrechtlichen Beeinträchtigungen
aus dem Betrieb getroffen werden. Dies umfasst auch, dass Personen, die in dem Schiff-
fahrtsunternehmen und auf dem Schiff hierfür beauftragt werden, wirksam ausgewählt,
angeleitet, unterrichtet, beobachtet und unterstützt werden (vgl. § 3 SchSG).
Die Zielrichtung ist hier demnach nicht nur auf den Arbeitsschutz gerichtet, sondern
wesentlich weitreichender: Durch einen sicheren Schiffsbetrieb, zu dem neben techni-
schen Anforderungen auch Anforderungen organisatorischer Art gehören (insbesondere
8.1 Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Schiffssicherheit 475

Auswahl und Überwachung von Leitungspersonal), zielt das Gesetz auch auf den Schutz
der Meeresumwelt und der Luft ab. Ferner wird auf eine sichere Schiffsführung hin-
gewirkt, was neben personellen Anforderungen auch Anforderungen an Navigations-
anlagen beinhaltet. Daneben sollen Dritte vor Gefahren aus dem Schiffsbetrieb geschützt
werden. Dritte sind dabei nicht nur die an Bord befindlichen Beschäftigten, sondern auch
andere Personen (Passagiere, andere Verkehrsteilnehmer). Das soll, wie bereits vor-
stehend ausgeführt, durch die verbindliche Anwendung internationaler Normen erfol-
gen – vgl. Wortlaut des § 1 Abs. 1 SchSG:

Dieses Gesetz bestimmt, welche Maßnahmen bei der Durchführung der jeweils geltenden
internationalen Regelungen zur Schiffssicherheit und zum Umweltschutz auf See vorzu-
nehmen sind …

Im § 1 Abs. 2 SchSG wird definiert, welche internationalen Vorschriften hierunterfallen:

Diese sind die in den Abschn. A bis C der Anlage zum SchSG aufgeführten Vorschriften
des innerstaatlich geltenden Völkerrechts und die in Abschn. D der Anlage aufgeführten
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union in der jeweils
angegebenen Fassung. Internationale Schiffssicherheitsnormen im Sinne dieses Gesetzes
sind die in Abschn. E der Anlage aufgeführten in Deutschland als anwendbare anerkannte
Regeln der Technik oder der seemännischen Praxis bekanntgemachten Vorschriften in der
jeweils angegebenen Fassung. Zu den Schiffssicherheitsregelungen im Sinne des Satzes 1
gehören auch die internationalen Vorschriften, die die Abwehr äußerer Gefahren regeln,
soweit auf diese Vorschriften in Übereinstimmung mit den nachfolgenden Bestimmungen in
der Anlage Bezug genommen ist.

Insofern bedeutet das vor dem Hintergrund des Spezialitätsprinzips, dass das ArbSchG
dann verpflichtend anzuwenden ist, soweit dortige Regelungen nicht im SchSG enthalten
sind.
Wesentliche Bestimmungen des ArbSchG, die nicht im SchSG enthalten sind, sind
die Vorschriften zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) und deren
Dokumentation (§ 6 ArbSchG).

Die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG2


Der Gesetzgeber räumt dem Arbeitgeber einen breiten Spielraum zur Umsetzung des
Arbeitsschutzgesetzes ein. So ist z. B. auch nicht gesetzlich festgeschrieben, wie die
Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist; es werden nur Grundsätze benannt. Das
bedeutet, dass eine Gefährdungsbeurteilung individuell die jeweiligen Arbeitsplätze und
Tätigkeiten betrachten muss.

Allgemeine Regeln Der Umfang Gefährdungsbeurteilung orientiert sich an den betrieb-


lichen Anforderungen und Gegebenheiten. Zu berücksichtigen sind alle voraussehbaren

2Weiterführende Hinweise und Hilfen zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung s. unter [24].
476 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Arbeitsabläufe auf dem Schiff. Dazu gehören auch Ereignisse und Aufgaben, die außer-
halb der „normalen“ Arbeitsabläufe stattfinden, wie zum Beispiel bei Betriebsstörungen.
Die Gefährdungsbeurteilung ist so zu strukturieren, dass alle erkennbaren Gefahren
und Gefährdungen untersucht werden. Das ArbSchG verweist beispielhaft auf folgende
Gefahrenquellen: Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe, Arbeitszeiten, unzureichende Quali-
fikation und Unterweisung der Beschäftigten. Sobald eine Gefährdung identifiziert
wird, ist in der Gefährdungsbeurteilung darzustellen, wie die Gefährdung beseitigt oder
gemindert werden kann.
Eine Gefährdungsbeurteilung ist für jede ausgeübte Tätigkeit bzw. jeden Arbeits-
platz an Bord erforderlich. Bei gleichartigen Tätigkeiten, gleichen Arbeitsverfahren und
gleichen Arbeitsplätzen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes, -verfahrens oder einer
Tätigkeit ausreichend.3
Ferner gehört auch die Belehrungspflicht nach §§ 9, 12 ArbSchG und § 11 „Arbeits-
medizinische Vorsorge“ zu den anwendbaren Vorschriften. Pflichten und Rechte der
Beschäftigten (§§ 15, 17) gehören auch zu den anwendbaren Vorschriften des ArbSchG.
§ 7 ArbSchG bezüglich der Übertragung von Aufgaben auf Beschäftigte wird im
Wesentlichen sinngemäß auch durch den § 7 SchSG geregelt, sodass Lex specialis § 7
ArbSchG auf Seeschiffen nicht anwendbar ist.
Hier ist noch festzuhalten, dass das ArbSchG durch etliche Verordnungen konkreti-
siert wird. Von besonderer Bedeutung für die Schifffahrt sind dabei die nachfolgend
­aufgelisteten:

• Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV),


• Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV),
• Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV),
• Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV),
• Biostoffverordnung (BioStoffV),
• Gefahrstoffverordnung (GefStoffV),
• Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV),
• Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV),
• PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV),
• Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen wird deutlich, dass die in Rede ste-
henden Vorschriften nur zum Teil inhaltsgleiche Regelungen enthalten. Nur dann gilt Lex
specialis dem SchSG der Vorzug. Im ganz überwiegenden Fall haben beide Gesetze doch
voneinander abweichende Regelungsinhalte: So ist das ArbSchG auf jeden Fall anwend-
bar, soweit es sich um eine Beurteilung und Dokumentation der Gefährdung am Arbeits-
platz und auf eine sich daraus ergebende Unterweisungspflicht handelt. Ferner sind die

3Vertiefend [28].
8.1 Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Schiffssicherheit 477

aufgrund des ArbSchG vorgenannten Verordnungen anwendbar, soweit nicht – aus-


nahmsweise – inhaltsgleiche Regelungen in internationalen Vorschriften enthalten sind,
die dann über das SchSG verbindlich wären. Das SchSG beinhaltet bauliche/technische
und organisatorische Regelungen zum sicheren Schiffsbetrieb, die auch arbeitnehmer-
schützend sind; dieses Gesetzt ist dann insofern einschlägig. Nur bei diesbezüglichen
Regelungslücken darf dann wieder auf das ArbSchG zurückgegriffen werden.
Neben den vorstehenden Gesetzen und Verordnungen sind aber auch eine Viel-
zahl von Unfallverhütungsvorschriften, Merkblättern und Richtlinien der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung (früher: Hauptverband der gewerblichen Berufs-
genossenschaften) einschlägig. Hier ist insbesondere die UVV See (DGUV Vorschift 84
– Unfallverhütungsvorschrift Seeschifffahrt) von Bedeutung. Als weiteres Beispiel für in
der Schifffahrt zu berücksichtigende Unfallverhütungsvorschriften sei auch die Vorschrift
DGUV 52 (BGV D6) Krane genannt, die Anforderungen an den Betrieb und die Prü-
fung von Kranen enthält. Eine Übersicht aller Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung findet sich unter www.dguv.de.

8.1.1 SOLAS

Wie in Abschn. 8.1 ausgeführt, werden internationale Übereinkommen zur Schiffssicher-


heit durch das SchSG in Deutschland als verbindlich erklärt. In diesem Zusammenhang
hat das SOLAS-Übereinkommen ein besonderes Gewicht. Es enthält Mindeststandards
für die Sicherheit auf Handelsschiffen. Die letzte Ergänzung trat 2016 in Kraft [25].
SOLAS beschreibt in 14 Kapiteln technische und organisatorische Maßnahmen zum
Arbeitsschutz, zur Schiffssicherheit und zum maritimen Umweltschutz:

Abb. 8.1 Rettungsboot an Bootsdavit (rechts), Bereitschaftsboot (links)


478 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

1. allgemeine Bestimmungen: Schiffstypen, Ausstellung von Dokumenten,


2. Konstruktion: Unterteilung des Schiffskörpers, Stabilität, Maschinen und elektrische
Anlagen, Brandschutz, Brandmeldung und Brandbekämpfung,
3. Rettungsmittel und -einrichtungen,
4. Funkeinrichtungen: Umsetzung des Global Maritime Distress and Safety System
(GMDSS) mit UKW-Funk (DSC-Controler = Digital Selectiv Call), Satelliten-See-
notfunkbaken (Emergency Position-Indicating Radio Beacons – EPIRBs) sowie
Search-and-Rescue-Radar-Transpondern (SART),
5. Sicherheit der Navigation: Besatzung,
6. Beförderung von Ladung (ausgenommen Flüssigkeiten und Gase),
7. Beförderung von Gefahrgütern: Einhaltung des International Maritime Dangerous
Goods Code (IMDG-Code),
8. Atomschiffe (Schiffe mit Nuklearantrieb): Einhaltung des Code of Safety for Nuclear
Merchant Ships,
9. Management der sicheren Schiffsführung: Umsetzung des International Safety
Management Code (ISM-Code),
10. Sicherheitsmaßnahmen für Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge: Verpflichtung zur Ein-
haltung des International Code of Safety for High-Speed Craft (HSC-Code),
11. besondere Maßnahmen zur Verbesserung der Seeverkehrssicherheit (u. a. auch
Umsetzung des ISPS-Codes – International Ship and Port Facilities Security Code),
12. zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für Massenguttransporte: strukturelle Anforderungen
für Frachter mit mehr als 150 m Länge,
13. Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften: Seit dem 01.01.2016 verpflichten sich
die IMO-Mitgliedstaaten an einem Auditschema teilzunehmen.
14. Sicherheitsmaßnahmen für Schiffe in polaren Gewässern: Verpflichtende Einhaltung
des Codes für Schiffe, die in polaren Gewässern agieren (International Code for
Ships Operating in Polar Waters – The Polar Code).

Nachfolgend werden einige Aspekte aus dem SOLAS-Übereinkommen näher betrachtet.

8.1.1.1 Rettungsboote, Rettungsflöße bzw. Rettungsinseln


Rettungsboote und Rettungsflöße (auch Rettungsinseln genannt) sind kollektive Rettungs-
mittel (Gruppenrettungsmittel). Rettungsboote werden über eine spezielle Aussetzvorrichtung
zu Wasser gelassen (Bootsdavit, Abb. 8.1; Freifalleinrichtung, Abb. 8.2).4 Die Aussetzvor-
richtung muss so beschaffen sein, dass die Fiergeschwindigkeit der Rettungsboote folgender
Formel entspricht:
v = 0,4 + 0,02 · H, (8.1)

4Vertiefend zu Rettungsbooten und deren Aussetzvorrichtungen [10].


8.1 Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Schiffssicherheit 479

Abb. 8.2 Freifallrettungsboot

wobei v der Zahlenwert der in m/s gemessenen Fiergeschwindigkeit und H der Zahlen-
wert des in m gemessenen Höhenunterschieds zwischen Bootsdeck und Ballastlinie ist.
Bei v ist eine Abweichung von +/−10 % zulässig.
Hinsichtlich der erforderlichen Anzahl und Anordnung dieser kollektiven Rettungs-
mittel gilt grundsätzlich:5
Rettungsboote müssen auf Frachtschiffen an jeder Seite oder am Heck Platz für alle
an Bord befindlichen Personen bieten. Auf Fahrgastschiffen muss Platz für alle Perso-
nen in Booten und Rettungsflößen/Rettungsinseln (Abb. 8.3) auf beiden Seiten sein. Auf
Frachtschiffen unter 1600 BRT6 muss mindestens ein Rettungsboot an Bord sein. Ret-
tungsflöße bzw. -inseln mit Platz für alle an Bord Befindlichen müssen auf beiden Seiten
des Schiffes sein, falls die Rettungsboote am Heck angeordnet sind. Auf Frachtschiffen
<1600 BRT müssen Rettungsflöße/-inseln für alle Personen auf jeder Seite vorgesehen
werden; Rettungsflöße müssen mit einem zugelassenen Wasserdruckauslöser ausgerüstet
sein (Abb. 8.4).

5Einzelheitensind dem SOLAS-Übereinkommen zu entnehmen.


6Die Bruttoregistertonne ist eine veraltete Maßeinheit für Seeschiffe. Sie entspricht genau 100 eng-
lischen Kubikfuß und rund 2,83 Kubikmetern.
480 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.3 Rettungsflöße bzw. -inseln

Abb. 8.4 Wasserdruckauslöser der Rettungsinseln

Als gleichwertiger Ersatz von Rettungsmitteln gilt für Frachtschiffe von 500–1600
BRT, mit Ausnahme von Tankschiffen, folgende Ausrüstung mit Rettungsmitteln:

• ein Motorrettungsboot für alle Personen, das die Anforderungen an Bereitschaftsboote


(Abb. 8.1; Bereitschaftsboote dienen vorwiegend der Rettung und Bergung über Bord
Gefallener) erfüllt, auf einer Seite und
8.1 Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Schiffssicherheit 481

• auf der anderen Seite ein oder mehrere fierbare Rettungsflöße für alle Personen und
• frei aufschwimmende Rettungsflöße/Rettungsinseln für alle Personen [17].

Darüber hinaus müssen Rettungsinseln bzw. -flöße (Abb. 8.3) für weitere 25 % der Pas-
sagiere und Crewmitglieder an Bord vorhanden sein [27].
Dass Rettungsinseln als weiteres Rettungsmittel zum Rettungsboot mitgeführt wer-
den müssen, liegt daran, dass es Situationen gibt, in denen nicht alle Rettungsboote aus-
gebracht werden können, wie die Havarie der Costa Concordia zeigte.
So verfügt beispielsweise das Schiff Mein Schiff 1 (1924 Passagiere, 780 Besatzungs-
mitglieder) über folgende Kapazitäten [22]:

• 12 Rettungsboote für jeweils 150 Personen,


• 2 Rettungsboote für jeweils 61 Personen,
• 4 Tenderboote für jeweils 150 Personen,
• 63 Rettungsinseln für jeweils 25 Personen.

An die Bauweise der Rettungsboote auf Tankern werden wegen der möglicherweise
hohen Brandtemperaturen und giftigen Gase an Bord weitere Anforderungen gestellt. So
finden sich bei Frachtern generell, insbesondere aber bei Gefahrgutfrachtern, Freifall-
rettungsboote, die aufgrund ihrer Konstruktion das Verlassen des Gefahrenbereichs in
einem geschützten Rettungsboot über eine Freifalleinrichtung ermöglichen (Abb. 8.2).
Derartige Boote befinden sich achtern im Bereich des Deckshauses, häufig ein Rettungs-
boot an Steuerbord, eines an Backbord.
Nach dem Besteigen und Verschließen des Freifallrettungsbootes schnallt sich die
Crew auf ihren Sitzen an. Nach Auslösen der Haltevorrichtung des Bootes gleitet es auf
einer schiefen Ebene im freien Fall mit seinem Bug voran ins Meer, wodurch der Auf-
prall auf der Wasseroberfläche gemildert wird [34].

8.1.1.2 Rettungsringe, Rettungswesten
Die Hälfte aller Rettungsringe (auf Fahrgastschiffen mindestens jedoch sechs) müssen
mit selbstzündenden Lichtern versehen sein, die nicht durch Wasser gelöscht werden
können und mindestens 45 min leuchten (Abb. 8.5).
Die Anzahl der erforderlichen Rettungsringe ist abhängig von der Art des Schiffes
und der Schiffslänge (vgl. Tab. 8.1).
Rettungswesten müssen für jede an Bord befindliche Person vorhanden sein; für
Kinder müssen zusätzliche geeignete Westen vorgehalten werden. Auf Fahrgastschiffen
müssen darüber hinaus Rettungswesten für 5 % aller an Bord befindlichen Personen mit-
geführt werden, die an einem deutlichen Platz an Deck aufbewahrt werden müssen [17].
Für den SOLAS-Bereich zugelassene Rettungswesten auf europäischen Schiffen müs-
sen mit dem Steuerradzeichen gekennzeichnet sein. Es bestätigt, dass die Anforderungen
der Vorschriften erfüllt werden, wie beispielsweise in Doppelkammersystemen aus-
gelegte Schwimmkörper, die Ausstattung mit Rettungswestenlichtern oder die erforder-
liche Anzahl von Reflexstreifen [33].
482 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.5 Rettungsring mit Leuchte

Tab. 8.1  Mindestanzahl Rettungsringe


Schiffslänge (m) Mindestzahl Schiffslänge (m) Mindestzahl
Frachtschiff Rettungsringe Fahrgastschiff Rettungsringe
<50 4
≥50 6 <60 8
<100 8 60 < 120 12
100 < 150 10 120 < 180 18
150 < 200 12 180 < 240 24
≥200 14 ≥240 30

8.1.1.3 Stelling, Landgänge
Über die Stelling, Gangway oder den Landgang (vgl. Abb. 6.83) gelangen Personen an
und von Bord. Für die Beleuchtung der Ein- und Ausstiegsmittel, der Position an Deck,
an der Personen ein oder aussteigen können, und zur Kontrolle der Anordnung ist eine
ausreichende Beleuchtung vorzusehen. Ein Rettungsring, der mit einem selbstzündenden
Licht und einer schwimmenden Rettungsleine ausgestattet ist, sollte in der Nähe der
Ein- und Ausschiffungsanlage während des Betriebs sofort einsatzbereit sein. Der direkte
Zugang zwischen der Stelling und dem Schiffsdeck sollte durch die Anordnung einer
Plattform realisiert werden, die durch Handläufe bzw. Handgriffe sicher und ausreichend
geschützt ist. Die Leiter muss fest am Schiff befestigt sein, um ein Umkippen zu ver-
hindern (vgl. hierzu wieder Abb. 6.83).
8.2 Brandschutz 483

Abb. 8.6 Brandschutz­ Brandschutz auf


maßnahmen Seeschiffen

baulicher Brandschutz abwehrender Brandschutz


(auch passiver bzw.
vorbeugender Brandschutz genannt)
Brandschutz genannt)

Jede Gangway sollte an jedem Ende eindeutig mit einer Kennzeichnung versehen
sein, auf der u. a. der maximal und minimal zulässige Neigungswinkel im Betrieb,
die Konstruktionslast sowie die maximale Belastung angegeben sind. Die maximale
Belastung liegt unter der Auslegungs- bzw. Konstruktionslast; sie sollte auch auf dem
Kennzeichnungsschild angegeben werden.
Gangways sollten nicht in einem Neigungswinkel von >30° zur Horizontalen ver-
wendet werden, sog. Unterbringungsleitern sollten nicht in einem Winkel von >55° zur
Horizontalen verwendet werden, es sei denn, sie sind für den Einsatz unter Winkeln grö-
ßer als diese konstruiert und konstruiert und entsprechend als solche gekennzeichnet.
Unter bzw. rechts und links neben der Stelling ist ein Sicherheitsnetz anzubringen, in
dem eine Person möglicherweise von den Ein- und Ausschiffungsmitteln oder zwischen
dem Schiff und dem Kai herunterfallen kann (vgl. wieder Abb. 6.83).7
Einrichtungen wie Landgänge und Fallreepstreppen sind unter entsprechender
Anwendung von SOLAS Regel III/20.7.2 monatlich zu besichtigten und zu warten.
Weitere Kontrollen sind immer dann durchzuführen, wenn diese verwendet werden.
Hinsichtlich der Instandhaltung wird auf MSC.l/Circ.1331 verwiesen. Die verwendeten
Drahtseile sind entsprechend den Vorgaben für Läufer von Aussetzeinrichtungen immer
zu wechseln, wenn dieses aufgrund von Abnutzungserscheinungen oder Beschädigungen
erforderlich ist, spätestens jedoch nach fünf Jahren (SOLAS Regel II- 1/3-9/siehe
ISM-Rundschreiben 02/2010).8

8.2 Brandschutz

8.2.1 Einleitung

Feuer an Bord ist ein immer sehr ernst zu nehmender Schadensfall [9]. Kann ein klei-
ner Entstehungsbrand vielleicht noch rechtzeitig gelöscht werden, können sich zu einem

7Aus MSC.l/Circ.1331, „Guidelines for construction, installation, maintenance and inspection/sur-

vey of means of embarkation and disembarkation“.


8Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr, „ISM-Rundschreiben Nr.: 03/2012“.
484 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Großbrand ausgeweitete Szenarien zu katastrophalen Folgen führen. Auch die Brand-


bekämpfung mittels Wasser ist bei einem Großfeuer an Bord nicht unproblematisch, da
hier das Schiff mit mehr oder weniger großen Wassermengen geflutet wird, die – soweit
das Lenzsystem nicht in der Lage ist, dieses Wasser wieder abzupumpen – das Schiff
schnell in einen kritischen Stabilitätszustand bringen können. Daher kommt dem Brand-
schutz an Bord eine große Bedeutung zu. Grundsätzlich wird dabei zwischen dem bau-
lichen und abwehrenden Brandschutz unterschieden (Abb. 8.6).
Mit Maßnahmen des baulichen Brandschutzes (Verwendung unbrennbarer und
schwer entflammbarer Baustoffe, Einteilung des Schiffes in Brandabschnitte etc.) soll
primär das Entstehen eines Brandes verhindert werden. Ein bereits ausgebrochener
Brand wird durch bauliche Maßnahmen an einer weiteren Ausbreitung gehindert. Fer-
ner soll durch diese Maßnahmen im Falle eines Brandes eine sichere Evakuierung von
Besatzung und Passagieren aus den betroffenen Bereichen ermöglicht werden.
Unter dem abwehrenden Brandschutz wird nicht nur die eigentliche Brand-
bekämpfung durch Feuerlöschtrupps verstanden; hierzu zählen auch die Installation
von Branderkennungstechnik und Feuerlöschanlagen (Sprinkler, HI-FOG) und -ein-
richtungen (Handfeuerlöscher, Wandhydranten, Feuerlöschpumpen u. a. m.).
Die Maßnahmen zum Brandschutz sind in umfangreichen technischen und rechtlichen
Normen geregelt. Im Wesentlichen sei aber auf Folgendes hingewiesen: Im Internationalen
Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (International
Convention for the Safety of Life at Sea – SOLAS) werden unter Kap. II Anforderungen
zum Brandschutz beschrieben.9 Darüber hinaus enthalten auch die einschlägigen Bau-
vorschriften der Klassifizierungsgesellschaften ergänzende Regelungen.10 Besondere
Anforderungen an Marineschiffe können in Bauvorschriften der Bundeswehr enthalten sein.
Gemäß Arbeitsschutzgesetz sind die Anforderungen, die sich aus speziellen Rege-
lungen für die Schifffahrt ergeben, einschlägig. Soweit allerdings Bereiche des Arbeits-
schutzes bzw. der Arbeitssicherheit – wozu auch der Brandschutz zu zählen ist – dort
nicht geregelt sind, ist auf andere Normen und Vorschriften des Brandschutzes zurück-
zugreifen.

8.2.2 Einführung in die Brandlehre

8.2.2.1 Exotherme Reaktion
Bei der Verbrennung handelt es sich um eine chemische Reaktion, bei der sich der bren-
nende Stoff mit Sauerstoff zu den Verbrennungsprodukten verbindet.11 Wie jede chemi-
sche Reaktion ist auch die Verbrennung mit einem Energieumsatz verbunden. Es wird

9Hierzu auch [29].


10So z. B. [4].
11Zur Brandlehre siehe [19].
8.2 Brandschutz 485

dabei zwischen exothermen und endothermen Reaktionen unterschieden. Bei einer exo-
thermen Reaktion wird Energie freigesetzt, bei einer endothermen Reaktion ist dem
System Energie zuzuführen, damit die chemische Reaktion ablaufen kann. Bei einer Ver-
brennung handelt es sich um eine exotherme Reaktion: Es wird Wärme frei.

8.2.2.2 Triebkraft der Verbrennung


Eine Verbrennung läuft nach Einleitung (Entzünden) so lange selbstständig ab, bis der
brennbare Stoff oder der Sauerstoff verbraucht ist.

Hierzu ein Versuch


Wird über ein brennendes Teelicht ein Glas gestülpt, erlischt nach kurzer Zeit die
Flamme, weil der unter dem Glas befindliche Verbrennungssauerstoff aufgebraucht
wurde. Es lief dabei folgende chemische Reaktion ab (ohne Berücksichtigung stöchio-
metrischer Verhältnisse):

AC + O2 → A′ + CO2 + H2 O. (8.2)
In dieser Reaktionsgleichung ist AC eine beliebige Verbindung eines oder mehrerer
Stoffe (A) mit Kohlenstoff (C); das Verbrennungsprodukt ist A′, Kohlendioxid (CO2)
und Wasser (H2O). Bei jeder vollständigen, unter stöchiometrischen Bedingungen
ablaufenden Verbrennung entsteht das Verbrennungsprodukt, CO2 und H2O.
Triebkraft einer solchen selbstständig ablaufenden Reaktion sind zwei grundlegende
Naturgesetze:

• Die Natur ist bestrebt, den energieärmsten Zustand einzunehmen.


• Die Natur ist bestrebt, den Zustand größtmöglicher Unordnung anzunehmen.

Um die Triebkraft einer Reaktion genauer zu beschreiben, müssen beide Tatsachen mit-
einander verknüpft werden.
Der Energiezustand eines Systems wird beschrieben durch seine Enthalpie (H), der
Unordnungszustand durch die Entropie (S). Beide wirken gegeneinander, wie das am
Beispiel der Verdampfung einer Flüssigkeit am Siedepunkt (z. B. Wasser bei 100 °C)
deutlich wird. Die Flüssigkeit verdampft, da S beim Übergang von der flüssigen in die
Gasphase stark zunimmt. Gleichzeitig muss aber laufend Energie von außen zugeführt
werden, was den Enthalpieinhalt des Systems erhöht. Wird der Enthalpieinhalt des Sys-
tems vermindert (Energieentzug durch Ausschalten der Wärmezufuhr), so kondensiert
ein Teil des Dampfes, was gleichzeitig den Entropieinhalt verringert. Eine Zustands-
größe, die dieses Gegeneinanderwirken von H und S beschreibt, ist die freie Enthalpie,
auch Gibbs’sche Enthalpie G. Bei einer chemischen Reaktion sind die Enthalpien und
Entropien der Endprodukte verschieden von denen der Ausgangsstoffe. Ob eine Reaktion
486 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

selbstständig abläuft, hängt davon ab, wie groß die Änderung, also die Differenz ­dieser
Werte ist. Die Änderung der freien Enthalpie ΔG wird durch die Gibbs-Helmholtz-
­Gleichung beschrieben:
�G = �H − (T · �S) (8.3)
mit T der Temperatur des Systems (bei Großbränden liegt T zwischen 800 und 1000 °C)
[14, S. 17].
Eine Reaktion läuft solange selbstständig ab, wie ΔG negativ ist, d. h. dem System
freie Enthalpie entzogen werden kann (negatives Vorzeichen von ΔG). Ist die Differenz
der freien Enthalpien gleich null, so ist kein Antrieb für die Reaktion mehr vorhanden,
d. h., die Reaktion kommt zum Stillstand – es herrscht Gleichgewicht.

8.2.2.3 Verbrennungsgeschwindigkeit
Als Reaktionsgeschwindigkeit vRG bezeichnet man die Änderung der Konzentration der
an der Reaktion beteiligten Stoffe in Abhängigkeit von der Zeit. Für die Konzentrations-
abhängigkeit der Verbrennungsgeschwindigkeit gilt:
vRG ∼ cn (8.4)
mit
c  Konzentration der an der Verbrennung beteiligten Stoffe,
=
n = Exponent, der den Reaktionstyp beschreibt.
Vom Grundsatz her unterscheidet man hinsichtlich der Verbrennungsgeschwindigkeit
zwischen folgenden Fällen [14, S. 26 f.]:

• Verbrennung: exotherme Reaktion unter Beteiligung von Sauerstoff,


• Deflagration = Verpuffung: gewissermaßen eine schwache Explosion, die nur mit
geringer Druckentwicklung verläuft, Zündgeschwindigkeit in der Größenordnung von
cm/s (langsamer als Schallgeschwindigkeit),
• Explosion: außerordentlich schnell verlaufende Oxidationsreaktion unter plötzlicher,
starker Wärme- und Druckentwicklung, Zündgeschwindigkeit in der Größenordnung
von m/s,
• Detonation: Verbrennungsgeschwindigkeit in der Größenordnung von km/s (schneller
als Schallgeschwindigkeit).

8.2.2.4 Voraussetzungen der Verbrennung


Als Voraussetzung zum Ablauf einer Verbrennung müssen vorhanden sein (vgl.
a. Abb. 8.7)

1. ein brennbarer Stoff,


2. Sauerstoff,
3. Zündtemperatur und Mindestverbrennungstemperatur.
8.2 Brandschutz 487

Abb. 8.7 Verbrennungsdreieck.


(Bild: Stefan-Xp, CC BY-SA 3.0)

Tab. 8.2  Beispiele von Zündtemperatur in °C


Zündtemperaturen in Luft
Gase
Acetylen 305
Butan 630
Kohlenoxid 605
Dämpfe
Dieselkraftstoff 220…350
Heizöl ca. 250
Toluol 535
Feste Stoffe
Fichtenholz 280
Steinkohle 350
Zeitungspapier 185

Die Verbrennung wird durch den Vorgang der Entzündung eingeleitet. Die Entzündung
tritt ein, wenn ein brennbarer Stoff auf eine gewisse Temperatur, die Zündtemperatur
(Beispiele s. Tab. 8.2; [14, S. 29 f.])., erwärmt wird. Sie ist die niedrigste Temperatur
einer erhitzten Wand oder Oberfläche, an der ein brennbarer Stoff in Berührung mit Luft-
sauerstoff nach max. fünf Minuten gerade noch zum Brennen angeregt wird.
Darüber hinaus müssen der brennbare Stoff und der Verbrennungssauerstoff im richti-
gen Mengenverhältnis zueinander (Stöchiometrie) vorliegen.
Insofern ist es das Ziel einer jeden Brandbekämpfung, auf das Eliminieren einer der
drei Voraussetzungen hinzuwirken! So zielt der Einsatz von Wasser im Wesentlichen
darauf ab, dem Feuer Wärme zu entziehen, es also so weit abzukühlen, dass die Zünd-
temperatur unterschritten wird. Schaum und Löschgase (N2 , CO2) bewirken ein Ver-
drängen von Umgebungsluft, verhindern insofern den Zutritt von Sauerstoff an den
488 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Brandherd. Schließlich kann auch durch Eliminieren brennbarer Stoffe die Brandlast ver-
ringert werden.

8.2.2.5 Brandklassen
In der Praxis werden die brennbaren Stoffe gemäß der Europäischen Norm EN 2 „Brand-
klassen“ in fünf Brandklassen eingeteilt (s. Tab. 8.3). Diese Klassifikation dient dazu,
eine richtige Auswahl entsprechender Löschmittel in Abhängigkeit vom brennbaren Stoff
bereitzuhalten und einzusetzen.

8.2.2.6 Phasen der Verbrennung


Brände lassen sich in mehrere Brandphasen einteilen (Abb. 8.8).
Zur Charakterisierung eines Brandes können folgende Aspekte herangezogen werden:

• Energiefreisetzung,
• Brandausbreitungsgeschwindigkeit und Brandausdehnung,
• Menge toxischer Bestandteile im Brandrauch,
• Rauchmenge,
• Temperatur (maximale Temperatur, Temperaturverlauf),
• bestimmte Zeitparameter wie Schwelbrandphase, Entstehungsbrandphase, Zeit bis
zum Flashover,
• Wärmefreisetzungsrate.

Die Wärmefreisetzungsrate (Heat Release Rate) Q wird oft als wichtigste Kenngröße
herangezogen und wird durch Gl. 8.5 beschrieben [16]:

Q = α · t2 (8.5)
mit
Q = Wärmefreisetzungsrate (kW),

Wärmefrei- voll entwickelter


setzungsrate Brand

Feuerübersprung
(Flashover)
abklingender Brand

Entzündung

Zeit
Schwelbrand- Bereich der Brand-
bereich ausbreitung

Abb. 8.8 Phasen eines Brandes


8.2 Brandschutz 489

Tab. 8.3  Brandklassen nach EN 2. (Piktogramme: KØLUMBUS)


Brandklasse Beschreibung Beispiel Löschmittel Bildzeichen
A Brände fester Holz, Papier, Wasser, wässrige
Stoffe, haupt- Kohle, einige Lösungen, Schaum,
sächlich organi- Kunststoffe (vor ABC-Pulver, Lösch-
scher Natur, die allem Duro- gel, verschiedene
normalerweise plaste), Textilien Kleinlöschgeräte, wie
unter Glutbildung z. B. Löschdecke oder
verbrennen Feuerpatsche
B Brände von Benzin, Ethanol, Schaum, ABC-Pulver,
flüssigen oder Teer, Wachs, viele BC-Pulver, CO2
flüssig werden- Kunststoffe (vor
den Stoffen allem Thermo-
plaste), Ether,
Lacke, Harz

C Brände von Acetylen, Wasser- ABC-Pulver, BC-Pul-


Gasen stoff, Erdgas, ver, CO2 nur in Aus-
Methan, Propan, nahmefällen (hier gibt
Butan es speziell konstruierte
Sonderlöschanlagen
mit Gasstrahldüse),
Gaszufuhr durch
Abschiebern unter-
brechen
D Brände von Aluminium, Mag- Metallbrandpulver
Metallen nesium, Natrium, (D-Pulver), trockener
Kalium, Lithium Sand; auf keinen
und deren Legie- Fall Wasser oder
rungen Schaum!

F Brände von Speiseöle und Fettbrandlöscher mit


Speise- Speisefette Speziallöschmittel (zur
ölen/-fetten Verseifung neigen-
(pflanzl. od. des Löschmittel),
tierische Öle geeignetes Löschspray,
u. Fette) in Löschdecke;
Frittier- und Fett- auf keinen Fall
backgeräten und Wasser!
anderen Küchen-
einrichtungen
und -geräten
490 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Tab. 8.4  Parameter des Zunahmemechanismus der Wärmefreisetzung α


Fall α (kW/s2) tcharakt (s) Beispiele
Sehr langsam 0,0007 1200 –
Langsam 0,0028 600 Dicht gepackte Holzwaren
Mittel 0,0111 300 Polyestermatratze, massive Holzmöbel
Schnell 0,0444 150 Holzpalettenstapel, gefüllte Postsäcke
Sehr schnell 0,1778 75 Leichte Gardinen, einige Polstermöbel
Extrem schnell 0,7111 37,5 –

α = Parameter des Zunahmemechanismus der Wärmefreisetzung (kW/s2),


 Branddauer ohne Schwelbrandphase (s). Der Parameter α beschreibt die
t =
Geschwindigkeit der Zunahme der Wärmefreisetzungsrate und wird grundsätzlich
in vier Stufen unterteilt: langsam, mittel, schnell und sehr schnell. Die in Tab. 8.4
genannten Fälle „sehr langsam“ und „extrem schnell“ wurden auf Basis der vier
Standardstufen extrapoliert [7].

8.2.3 Baulicher Brandschutz, Anforderungen an Bauteile und


Materialien

SOLAS formuliert Anforderungen an Bauteile und Baustoffe hinsichtlich ihrer Feuer-


widerstandsfähigkeit [16, S. 20 f.].
SOLAS Kap. II-2, Abschn. A, Regel 3 stuft trennende Bauteile (Wände, Türen,
Schotte) in drei unterschiedliche Klassen ein. Anforderungen an deren Widerstands-
kraft sind in Tab. 8.5 zusammengestellt. Je nachdem, wie lange die Kriterien maxi-
maler Temperaturanstieg und Höchsttemperatur erfüllt werden müssen, wird die
Typbezeichnung für das Bauteil um eine Zeit in Minuten ergänzt: A-0, A-15, A-30,
B-0, B-15. Wegen fehlender Anforderungen bezüglich dieser Kriterien entfällt eine
Erweiterung bei Typ C.
Verbindungstüren und andere Öffnungen in Wänden der Klassen A und B müssen den
gleichen Feuerwiderstand wie die Trennwände selbst aufweisen und selbstschließend
sein.
Die Bauordnungen der Bundesländer beispielsweise, die u. a. auch brandschutz-
technische Anforderungen an Gebäuden formulieren, verwenden zur Einteilung und
Abstufung folgende deutsche bauaufsichtliche Benennungen:

• feuerhemmend entspricht einem Funktionserhalt von mind. 30 min (F 30),


• hochfeuerhemmend entspricht einem Funktionserhalt von mind. 60 min (F 60),
• feuerbeständig entspricht einem Funktionserhalt von mind. 90 min (F 90).
8.2
Brandschutz

Tab. 8.5  Übersicht der Brandwiderstandsklassen nach SOLAS II-2, Abschn. A, Reg. 3


Widerstands- Baustoff Geeignete Wärmedurchgang Verhinderung des Durch- SOLAS
klasse Aussteifung gangs von Kap. II 2,
erforderlich Isolation Max. Höchst- Rauch Feuer Part A, Reg. 3
Temperatur- temperatur
anstieg (durch- (punktuell)
schnittl.)
A Stahl od. X Mit zugel. Δ140 °C Δ180 °C X X .2
gleichwert. nichtbrennba- (60 min) (60 min)
Material ren Baustoffen
B Zugel. nicht- – – Δ140 °C Δ225 °C – X .4
brennbare (30 min)
Baustoffe
C Zugel. nicht- – – – – – – .10
brennbare
Baustoffe
491
492 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Lacke, Farben und andere Mittel zur Oberflächenbehandlung in Innenräumen dürfen


keine exzessiven Mengen an Rauch und anderen toxischen Stoffen freisetzen. In Auf-
enthalts- und Betriebsräumen dürfen nur Bodenbeläge verwendet werden, welche das
Risiko für Brände, Explosionen oder Freisetzung toxischer Stoffe nicht erhöhen (SOLAS
II-2, Abschn. B, Reg. 6).
Daneben wird in SOLAS zur Eingrenzung und Verhinderung einer Ausbreitung von
Bränden gefordert, Schiffe in vertikale Hauptbrandabschnitte (Main Vertical Zones,
MVZ) zu unterteilen: Die Länge zwischen diesen Abschnitten soll 40 m nicht über-
schreiten. Zur Gewährleistung einer ausreichenden Feuerwiderstandskraft sind Unter-
teilungen mit Bauteilen des Typs A-60 (vgl. vorstehende Ausführungen) anzufertigen
(SOLAS II-2, Abschn. C, Reg. 9). Auf Schiffen mit mehreren Decks kann die Länge
der Hauptbrandabschnitte auf höchstens 48 m erweitert werden. Dadurch kann gewähr-
leistet werden, dass sie in einer Ebene mit den wasserdichten Querschotten liegen. Diese
Erweiterung ist ebenfalls für die Schaffung großer öffentlicher Räume (z. B. Restaurants
oder auch Theater auf Kreuzfahrtschiffen) bis maximal 1600 m2 zulässig (SOLAS II-2,
Abschn. C, Reg. 9).

8.2.4 Branderkennung und Alarmierung

Um eine nach SOLAS II-2, Abschn. C, Reg. 7 wirkungsvolle Branddetektion zu


gewährleisten, müssen Brandmelder und Alarmierungseinrichtungen für den jeweili-
gen Anwendungsbereich, dessen Größe und das Schadenpotenzial angemessen sein.
Ergänzend zu automatischen Brandmeldern sollen manuell bedienbare Meldeein-
richtungen leicht erreichbar installiert werden. Die Alarmierung soll visuell und akus-
tisch (im schiffstechnischen Leitstand und auf der Brücke) erfolgen und muss klar zu
anderen Signalen abzugrenzen sein.
SOLAS unterscheidet zwischen Schiffen, die mehr bzw. weniger als 36 Passagiere
fassen. Im Folgenden wird auf die Regularien eingegangen, die Schiffe mit mehr als
36 Passagieren betrachten.
Einrichtungen zur Branddetektion und -meldung sollen in Aufenthaltsräumen, Fluren,
Treppenräumen und Fluchtwegen angebracht werden (vgl. Abb. 8.9).
Des Weiteren werden Anforderungen für Bereiche mit keinem bzw. geringem Brand-
risiko dahingehend erleichtert, dass keine Brandmelder vorhanden sein müssen. Ein
Anhalt für die Anzahl und Positionierung von Rauchmeldern ist im FSS-Code12 zu fin-
den und in Tab. 8.6 dargestellt.
Innerhalb von Treppenhäusern müssen Rauchmelder mindestens an der höchsten
Stelle und in jeder zweiten Etage angebracht sein.

12International Code for Fire Safety Systems.


8.2 Brandschutz 493

Abb. 8.9 Rauchmelder an Kabinendecke

Tab. 8.6  Anzahl benötigter Rauchmelder nach FSS-Code


Detektortyp Max. Fläche pro Detektor Max. Abstand zwischen Max. Entfernung von
(m2) den Zentren (m) Schotten (m)
Wärme/Feuer 37 9 4,5
Rauch 74 11 5,5

8.2.5 Feuerlöscheinrichtungen und -anlagen

Als Ziel von festen und tragbaren Feuerlöscheinrichtungen nennt SOLAS II-2,
Abschn. C, Reg. 10 die Niederhaltung und Löschung des Brandes im Entstehungsraum.
Hierzu ist vorgesehen, Sprinkleranlagen zu installieren, die dem Brandausbreitungs-
potenzial im jeweiligen Raum angemessen sind. Handelt es sich um ein Schiff mit
mehr als 36 Passagieren, so ist eine automatische Sprinkleranlage in allen Aufenthalts-
und Betriebsräumen, Fluren und Treppen einzubauen. Anforderungen für Bereiche mit
keinem bzw. geringem Brandrisiko13 werden dahingehend reduziert, dass keine auto-
matische Feuerlöschanlage vorhanden sein muss [16, S. 30].
Zusätzlich zu ortsfesten Feuerlöschanlagen sollen leicht zugängliche Handfeuer-
löscher und Wandhydranten bereitgestellt werden. Anschlüsse von Hydranten sollen
leicht erreichbar und leicht mit Schläuchen zu verbinden sein. Der Schutz vor Frost muss
gewährleistet werden.

13Leerräume, Toiletten, CO2-Räume u. Ä.


494 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Geeignete tragbare Löschgeräte sollen in ausreichender Zahl vorhanden sein.


Bei einer Bruttoraumzahl (BRZ) von mehr als 1000 ist eine Mindestanzahl von fünf
Löschern vorgesehen. Diese müssen einfach zu bedienen, gut sichtbar und jeder-
zeit erreichbar sein. Eine Einschränkung in der Benutzung durch Wetter, Vibrationen
oder andere Faktoren soll ausgeschlossen sein. Je vorgesehenen Raum soll sich ein
Löschgerät am Eingang befinden. Die Vorhaltung von bestimmten Mengen an Ersatz-
befüllungen ist der meist abgeschiedenen Lage von Schiffen geschuldet.
Die Bauvorschrift „Rules for Classification – Ships – Part 4: Systems and Compo-
nents, Chap. 11: Fire Safety, Edition October 2015“ der Klassifizierungsgesellschaft
DNV⋅GL differenziert die Anforderungen hinsichtlich des Brandschutzes nach der
Größe und Art der Schiffe: Frachtschiffe <500 BRZ bzw. Frachtschiffe >500 BRZ und
Passagierschiffe; hierzu einige Ausführungen aus dieser Bauvorschrift:14

Abschnitt 2 – Brandschutzmaßnahmen für Cargoschiffe von weniger als 500 BRZ

2.1 Feuerlöschpumpen
Schiffe mit >150 BRZ müssen mit mindestens einer vom Hauptstromnetz unabhängig
betriebenen Feuerlöschpumpe ausgerüstet sein. Schiffe mit ≤150 BRZ müssen mit mindes-
tens einer motorgetriebenen Feuerlöschpumpe ausgerüstet sein, die von der Hauptmaschine
angetrieben werden kann.
Die Leistung der Hauptfeuerlöschpumpe (vgl. Abb. 8.10) muss bei Schiffen mit einer
Bruttoraumzahl ≥500 (s. SOLAS-Kap. II-2/10.2.2) mindestens 25 m3/h betragen. Ferner
muss jede Feuerlöschpumpe in der Lage sein, mindestens zwei Löschschläuche mit den
erforderlichen Durchflussmengen und Drücken zu beliefern.
Der erforderliche Druck der Hauptfeuerlöschpumpe ist so zu wählen, dass die
Anforderungen nach SOLAS Kapitel II-2/10.2.1.6 erfüllt sind. Alternativ dazu muss auf
Schiffen mit <300 BRZ sichergestellt sein, dass jedes Strahlrohr in der Lage ist, einen
Wasserstrahl horizontal über 12 m zu werfen.
Bei Schiffen mit >150 BRZ ist eine zusätzliche motorgetriebene Feuerlöschpumpe
außerhalb des Raumes zu installieren, in dem die Hauptfeuerlöschpumpe untergebracht ist.
Auf Schiffen mit <150 BRZ kann diese Pumpe handbetätigt sein.
Die Zusatzpumpe muss über eine ausreichende Förderkapazität und einen ausreichenden
Druck verfügen, um einen 6-m-Wasserstrahl mit mindestens 9 mm Durchmesser an der
Düse des Strahlrohrs zu gewährleisten.
Der Wasserstrahl muss auf jeden Teil des Schiffes gerichtet werden können.
Bei Schiffen mit <100 BRZ ist keine zusätzliche Feuerlöschpumpe erforderlich.

2.2 Feuerlöschleitungen und Hydranten


Die Feuerhauptlöschleitung muss einen ausreichenden Durchmesser aufweisen, um eine
gleichmäßige Verteilung und einen gleichmäßigen Druck im Netz aufrechtzuerhalten.
Eine ausreichende Anzahl von Hydranten ist vorzusehen und so zu lokalisieren, dass
mindestens ein Strahlrohr angeschlossen werden kann, mit dem das Erreichen aller

14Aus dem englischen Original entnommen und ins Deutsche übersetzt.


8.2 Brandschutz 495

Abb. 8.10 Feuerlöschpumpe.


(Foto: AIDA)

normalerweise zugänglichen Teile des Schiffes möglich ist. Mindestens ein Hydrant ist im
Maschinenraum vorzusehen.
Es müssen mindestens drei Feuerlöschschläuche von mindestens 15 m Länge, komplett
mit Kupplungen und Strahlrohr, bereitgehalten werden.
Die Strahlrohre müssen absperrbar sein. Sie müssen die Möglichkeit bieten, von Sprüh-
strahl auf Vollstrahl umzuschalten. Der Strahldurchmesser muss 12 mm betragen; er kann
bei handbetriebenen Feuerlöschpumpen auf 10 mm reduziert werden.

2.3 Feuerlöscher
Jeder Pulver- oder CO2-Löscher muss eine Kapazität von mindestens 5 kg, jeder
Schaumlöscher muss ein Fassungsvermögen von mindestens 9 L haben.
Im Messe- und Servicebereich sind mindestens drei tragbare Feuerlöscher vorzusehen.
Mindestens zwei tragbare Feuerlöschgeräte, die zum Löschen von Ölbränden geeignet
sind,15 sind für jeden Kesselraum, Ladungspumpenraum und Räume vorzusehen, die Teile
einer Ölkraftstoffanlage enthalten.
In Maschinenräumen mit Verbrennungsmaschinen muss ein tragbarer Feuerlöscher pro
375 kW installierter Maschinenleistung bereitgehalten werden.

2.4 Feste Feuerlöschanlagen


Für Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von >150 BRZ soll im Maschinenraum und in
Ladungspumpenräumen eine feste Feuerlöschanlage installiert werden. Für Schiffe mit
≥500 BRZ ist eine derartige Anlage erforderlich (s. SOLAS-Kap. II-2/10.4).

15Das sind Feuerlöscher der Brandklasse B.


496 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Kampfschiffe der Marine verfügen darüber hinaus häufig auch über eine Außensprü-
hanlage. Diese dient zum einen der Bekämpfung von Bränden aufgrund von Waffenein-
wirkung im Gefecht. So braucht die zur Schadensabwehr eingeteilte Mannschaft nicht
den schützenden Schiffsraum während der Kampfhandlungen zur Brandbekämpfung
verlassen. Zum anderen dient die Sprüheinrichtung auch der Dekontamination von durch
Kampfhandlungen an außenbords gelangten ABC-Kampfstoffen.
Als feste Feuerlöschanlage kommen Wassersprinkleranlagen zum Einsatz, wie
sie auch in Gebäuden an Land vorgesehen sind. Der Einsatz von Wasser bedingt aber
auch Wasserschäden, sodass gerade in empfindlichen Bereichen (Elektrotechnik, Leit-
stand, Maschinenraum) in der Regel CO2-Löschanlagen installiert werden. Das Gas
wird in Druckgasflaschen an Bord mitgeführt. Je nach Spühkopfgestaltung erfolgt der
Gasaustritt direkt als Gas, um den infrage kommenden Raum zu fluten und somit den
Luftsauerstoff zu verdrängen (Löschwirkung durch Ersticken), oder als Schnee (Lösch-
wirkung durch Kühlen und Ersticken).16 Da CO2 aufgrund seiner erstickenden Wirkung
für den Menschen nicht unproblematisch ist (Möglichkeit des rechtzeitigen Verlassens
des zu flutenden Bereichs), hat sich in letzter Zeit das sog. HI-FOG-System insbesondere
auf Kreuzfahrtschiffen durchgesetzt. Hierbei handelt es sich um ein Wassernebelbrand-
bekämpfungssystem.17
Wasservernebelungsanlagen stellen in der Entwicklung von automatischen Lösch-
anlagen eine noch relativ junge Technologie dar. Im Gegensatz zu herkömmlichen
Sprinkleranlagen wird hierbei der Löscheffekt von sehr kleinen Wassertropfen (Wasser-
nebel, engl. „fog“) genutzt.
Der Wassernebel besteht aus kleinsten Wassertropfen. Der Durchmesser eines Nebel-
tropfens beträgt ca. 50 μm. Unter hohem Druck (>35 bar, daher die Bezeichnung „HI“
vom engl. „high“) wird Löschwasser durch Edelstahlleitungen bis zu den Löschdüsen
gepresst. Durch das spezielle Design der Düsen (Abb. 8.11) wird der Wassernebel
erzeugt.
Der nötige Druck wird durch Hochdruckpumpen oder alternativ durch Druckgas-
flaschen (Stickstoff) erzeugt (Abb. 8.12).
Die Kombination aus optimaler Tropfengröße und Verteilung der Tropfen unter
hohem Druck sichert ein tiefes Eindringen des Wassernebels in den Brandherd und
ein schnelles Abkühlen der Rauchgase. Zusätzlich werden Rauchgase aus der Luft
gewaschen und ermöglichen ein früheres Betreten des Löschraumes durch Einsatzkräfte
der Feuerwehr.
Die Löschwirkung beruht auf folgenden Effekten:

• Kühlung,
• Absorption der Strahlungswärme (Hitzeabschirmung),
• Inertisierung (lokale Sauerstoffverdrängung).

16Detaillierte Hinweise zur Dimensionierung von CO2-Löschanlagen s. [20].


17Zur Anwendung in der Schifffahrt s. a. [32].
8.2 Brandschutz 497

Abb. 8.11 Sprühdüse einer HI-FOG-Anlage

Abb. 8.12 Flaschenbatterie HI-FOG-Anlage. (Foto: AIDA)


498 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Der Vorteil von Vernebelungsanlagen gegenüber Sprinkleranlagen besteht im geringen


Wasserverbrauch; d. h., gegenüber einer Sprinkleranlage ist eine kleinere Wasserbevor-
ratung notwendig. Im Falle der Aktivierung wird daher auch ein wesentlich geringerer
Wasserschaden verursacht [23].
Auch findet kein zusätzlicher Wassereintrag in das Schiff statt, da das benötigte
Löschwasser bereits in Tanks an Bord mitgeführt wird.
Das HI-FOG-Brandschutzsystem [31] kann prinzipiell in vier Systemtypen eingeteilt
werden:

• Nassrohrsystem,
• Sprühflutsystem,
• Trockensprinklersystem,
• vorgesteuertes Brandunterdrückungssystem.

Typischerweise werden Nassrohrsysteme in Unterkunfts- und ähnlichen Bereichen, in


denen die brennbaren Medien aus festen Materialien bestehen, eingesetzt. Sobald die
Umgebungstemperatur das angegebene Limit erreicht, zerbricht das Glasfässchen im
Sprinkler und der Wassernebel wird von diesem speziellen Sprinkler ausgelöst.
Ein Sprühflutsystem hat üblicherweise offene Sprühköpfe; der Wasserdurchlass wird
von Ventilen im Wasserverteilungsnetz kontrolliert. Wenn ein Ventil geöffnet wird, wird
der Wassernebel von jedem Sprühkopf in der Sektion, der vom Ventil kontrolliert wird,
ausgelöst. Sprühflutanlagen werden normalerweise in Bereichen, in denen Treibstoff-
brände wahrscheinlicher eintreten, eingesetzt.
Trockensprinklersysteme funktionieren ähnlich wie Nassrohrsysteme, allerdings wird
das Wasser in diesem Fall durch ein geschlossenes Ventil auf der Pumpenseite gehalten.
Die Rohre werden stattdessen mit Druckluft gefüllt und überwacht: Ein Druckluftver-
lust weist auf ein defektes Sprinklerglasfässchen hin. Das Wasser wird dann vom akti-
vierten Sprinkler/von den aktivierten Sprinklern herausgelassen.
Trockensprinklersysteme werden typischerweise in frostgefährdeten Bereichen vor-
gesehen.
Das vorgesteuerte Brandunterdrückungssystem ist im Wesentlichen vergleichbar mit
einem Trockensprinklersystem, außer dass es mit einer Brandmeldeanlage verbunden ist.
Eine Auslösung erfordert daher sowohl das Bersten des Glasfässchens als auch den von
der unabhängigen Brandmeldeanlage ausgelösten Alarm.
Vorgesteuerte Systeme werden für den Schutz von Räumlichkeiten eingesetzt, in
denen das Risiko einer Fehlauslösung oder einer Leckage auf ein absolutes Minimum
begrenzt werden muss.
8.2 Brandschutz 499

8.2.6 Brandbekämpfung durch Feuerlöschtrupps

Soweit Brände nicht bereits in der Entstehungsphase durch Handfeuerlöscher oder durch
automatische Brandbekämpfungssysteme gelöscht werden können, muss die Brand-
bekämpfung durch Löschtrupps vorgenommen werden. Das sind speziell für die Brand-
bekämpfung ausgebildete Besatzungsmitglieder. Sie müssen insbesondere zum Tragen
von schwerem Atemschutz geeignet sein. Das setzt ein regelmäßiges Training unter
schwerem Atemschutzgerät und das Bestehen der arbeitsmedizinischen Grundsatz-
untersuchung G 26 für das Tragen von Atemschutzgeräten [21] voraus. Die Ausstattung
der Brandschutztrupps orientiert sich dabei an der der Feuerwehren an Land; für einen
Innenangriff werden in der Regel benötigt:

• Kübelspritze/Feuerlöscher,
• Schlauchtragekorb,
• C-Strahlrohr,
• Handscheinwerfer,
• Sprechfunkgerät für den Funkverkehr an Bord,
• Feuerwehrleine (u. a. zur Sicherung des Rückwegs),
• Totmannmelder,
• Helmleuchte,
• Brechstange,
• Feuerwehraxt,
• Ramme zum Öffnen von Türen,
• Fluchthaube für zu rettende Personen,
• Pressluftatmer.

8.2.6.1 Hinweise zur Brandbekämpfung


In der überwiegenden Zahl finden Brandereignisse im Schiffsinnern statt; Brände an
Oberdeck sind die Ausnahme. Daher kommt dem Löschangriff im Innern eine besondere
Bedeutung zu: Der sogenannte Innenangriff in geschlossenen Räumen ist eine komplexe,
schwierige Aufgabe. Die speziell ausgebildeten Besatzungsmitglieder lernen im Rah-
men von Lehrgängen die erforderlichen Taktiken und Techniken zur Brandbekämpfung.
Nachstehend werden nur kurz allgemeine Aspekte zur Eigensicherung beim Öffnen einer
Tür oder eines Schotts genannt, hinter denen ein Brand vermutet wird.18
Sofern geschlossene Türen oder Schotte geöffnet werden müssen, ist zur Eigen-
sicherung wie folgt vorzugehen:

• Den Handrücken langsam der Tür/dem Schott nähern und von unten nach oben vor-
sichtig auf Erwärmung prüfen.
• Ebenso mit dem Handrücken die Klinke/Vorreiber prüfen.

18Zur Brandbekämpfung im Innenangriff [30].


500 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

• Geht die Tür zum Öffnenden hin auf, ist sie in hockender Stellung durch Gegenlehnen
von der Scharnierseite her zu öffnen.
• Geht die Tür vom Öffnenden weg auf, ist sie in hockender Stellung im Schutz der
danebenliegenden Wand zu öffnen. Sofern griffbereit und möglich, sollte ein Zeiser
um die Klinke gelegt werden, um die Tür ggf. wieder schließen zu können, ohne in
den Brandraum greifen zu müssen.
• In der Regel sollte mit Sprühstrahl die Decke des Raumes gekühlt werden, um einen
Flashover zu vermeiden.

Mit einem „Schaumangriff“ werden in der Regel Flüssigkeitsbrände bekämpft. Schaum


ist im Gegensatz zu Wasser leichter als alle brennbaren Flüssigkeiten und daher geeignet,
die Oberfläche von Flüssigkeiten schwimmend zu bedecken und abzuschließen. Die
Hauptlöschwirkung beruht auf Ersticken; die dichte Schaumdecke verhindert die weitere
Entwicklung von Brennstoffdämpfen. Der Brand erlischt daher aus Mangel an brenn-
barem Stoff. Aufgrund seines Wassergehalts ist der Schaum aber auch in der Lage, in
gewissem Umfang abkühlend zu wirken, also auch Brände fester, glutbildender Stoffe,
wie Holz, Papier etc., zu löschen.
Löschschaum besteht grundsätzlich aus den Komponenten Wasser, Schaummittel
(an Bord in Kanistern mitgeführt) und Füllgas, das die Schaumbläschen aufbläht. Als
Füllgas dient im einfachsten Fall Luft. Zunächst wird dem zu verschäumenden Wasser
mittels eines „Zumischers“ ein bestimmter Prozentsatz (3–5 %) eines Schaummittels
zugesetzt. Diese Mischung wird bei einem Druck von mind. 5 bar im Schaumstrahlrohr
versprüht und saugt dabei die benötigte Luft durch Injektorwirkung von außen her an.
Der Schaum entsteht durch Verwirbelung des Wasser-Schaummittel-Gemisches mit der
angesaugten Luft im Inneren des Schaumstrahlrohres (Abb. 8.13; [14, S. 57 f.]).
Nachfolgend wird noch kurz auf die Handhabung von tragbaren Feuerlöschern ein-
gegangen:

• Tragbare Feuerlöscher sind im Allgemeinen einmal jährlich, mindestens alle zwei


Jahre einer Prüfung zu unterziehen. Ein Vermerk der Prüfung ist auf dem Löscher
anzubringen (Prüfmarke).
• Die Funktionsdauer ist abhängig von der Füllmenge; Tab. 8.7 stellt die Mindestspritz-
zeiten dar, die nach DIN EN 3-4: 1995 Anhang A erreicht werden müssen.

Warnhinweise für die Brandbekämpfung mittels Handfeuerlöscher:

• Vorsicht bei elektrischen Anlagen: Wasser- und Schaumlöscher nur bis 1000 V,
Mindestabstand 3 m; ABC- und D-Pulverlöscher nur bis 1000 V, Mindestabstand 1 m;
BC-Pulverlöscher bis 1000 V, Mindestabstand 1 m (>1000 V VDE 0132 beachten!),
• CO2-Löscher: Vorsicht bei Verwendung in engen, schlecht belüfteten Räumen;
Mindestabstand 1 m bei elektrischen Anlagen bis 1000 V.
8.2 Brandschutz 501

Abb. 8.13 Modernes Mittelschaumrohr. (Foto: Magnus Mertens, CC BY-SA 2.0 de)

Tab. 8.7  Funktionsdauer Füllmenge Minimale Funktionsdauer


in Abhängigkeit von der (kg oder L) (s)
Füllmenge
Bis 3 6
Über 3–6 9
Über 6–10 12
Über 10 15

Regeln zur Brandbekämpfung:

• Feuer immer in Windrichtung stoßweise angreifen, niemals gegen die Windrichtung,


da Sie dann gegen die Flammen ankämpfen müssen und so den Brandherd (Glut)
nicht erreichen können.
• Flächenbrände von vorn beginnend ablöschen, nicht in die Flammen spritzen, sondern
von unten in den Brandherd. Somit sind Sie vor Flammen geschützt.
• Tropf- und Fließbrände von oben nach unten löschen! Von der Austrittstelle bis zum
Boden ablöschen.
• Genügend Löscher auf einmal einsetzen! Feuerlöscher niemals nacheinander ver-
wenden, da ansonsten der Löscherfolg durch die hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit
des Feuers nicht gegeben ist.
• Vorsicht vor Wiederentzündung! Es können Rückzündungen das Feuer wieder ent-
flammen lassen.
502 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.14 Druckluftflaschen


der Atemschutzgeräteträger

Für die Praxis des Innenangriffs unter schwerem Atemschutzgerät (Abb. 8.14) ist es von
Interesse zu wissen, wie lange der Luftvorrat in den Flaschen des Atemschutzgerätes des
Truppmanns ausreicht.19 Hierzu gibt das Boyle-Mariotte’sche Gesetz Antwort. Aus-
gehend vom idealen Gasgesetz
p·V =m·R·T (8.6)
mit
R  Gaskonstante,
=
p  Druck,
=
V = Gasvolumen,
T = Gastemperatur,
m = Masse des Gases
lässt sich Gl. 8.6 wie folgt umschreiben:
V
p· = m · R. (8.7)
T
Wenn nun in einem geschlossenen System ein Gas enthalten ist (z. B. Luft in einer
Flasche eines Atemschutzgerätes), ist bei Betrachtung von Gl. 8.7 erkennbar, dass bei
Erwärmung des Systems sich das Volumen nicht ändern kann, soweit das Gas sich nicht

19Das Folgende unter Mitarbeit von Pfaff, N.


8.2 Brandschutz 503

ausdehnen kann (wie eben in der geschlossenen Atemluftflasche). Die Masse bleibt kon-
stant, ebenso R. Somit muss sich bei Temperaturerhöhung der Druck im System erhöhen
(der Druck in der Atemluftflasche steigt an!). Man kann also sagen:
V
p· = konst. (8.8)
T
Anders ausgedrückt:
V1 V2
p1 · = p2 · . (8.9)
T1 T2
Hieraus ist zu entnehmen, dass für eine Temperaturänderung bei konstantem Druck
(p1 = p2) wieder das Gesetz von Gay-Lussac gilt:
V1 V2
= . (8.10)
T1 T2
Ebenso gilt bei einer Druckänderung unter konstanter Temperatur (T1 = T2):
p1 V2
= . (8.11)
p2 V1
Beispiel zur Berechnung der Einsatzzeit unter schwerem Atemschutz
Häufig kommen Atemschutzgeräte mit zwei Flaschen à 4 L mit einem jeweiligen
Fülldruck von 200 bar zum Einsatz. Der Luftverbrauch (Atemminutenvolumen) kann
mit 50 L pro Minute im Einsatz angenommen werden.
Es ist zu ermitteln, wie viele Liter Luft dem Feuerwehrmann bei einem
Umgebungsdruck von etwa 1 bar zur Verfügung stehen. Nach Boyle-Mariotte gilt
Gl. 8.11:
p1 V2
= .
p2 V1
Der Flaschendruck p1 beträgt 200 bar, das Flaschenvolumen V1 ist 2 × 4 L, also 8 L.
Der Umgebungsdruck ist p2 = 1 bar, die für die Atmung zur Verfügung stehende Luft-
menge ist V2. Somit ist durch Umstellen von Gl. 8.11:
 
p1
V2 = · V1 .
p2
Das Einsetzen der o. g. Zahlenwerte liefert V2 = 1600 L.
Wenn der Feuerwehrmann im Einsatz 50 L pro Minute veratmet, kann er somit
maximal
1600 L/50 L/min = 32 min
eingesetzt werden. Da bereits bei einem Restdruck von 50 bar ein Alarmsignal für den
Rückzug ertönt, verringert sich seine Einsatzzeit entsprechend.
504 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

8.3 Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz,


Schiffssicherheitsleitsystem

8.3.1 Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz

Zweck jeglicher Sicherheitskennzeichnung ist es, schnell und unmissverständlich


die Aufmerksamkeit auf Gegenstände und Sachverhalte zu lenken, die Gefahren ver-
ursachen können. Die Systematik der Sicherheitskennzeichnung wird in mehreren Vor-
schriften zum Arbeitsschutz geregelt. Grundsätzlich erfolgt die Kennzeichnung nach
der BGV A 8 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz“
(BGV = berufsgenossenschaftliche Vorschrift, erlassen vom Hauptverband der gewerb-
lichen Berufsgenossenschaften). Ferner ist ergänzend die DIN 81220 „Schiffe und
Meerestechnik – Zeichen und Schilder für Brandschutz, Rettungsmittel und Flucht-
wege“ der Normenstelle Schiffs- und Meerestechnik im DIN zu berücksichtigen.
Für den Bereich der deutschen Marineschiffe sind die dortigen Besonderheiten in den
VG-Normenblättern der Reihe 81226 der Normenstelle Schiffs- und Meerestechnik im
DIN ­einschlägig.
Gemäß der Unfallverhütungsvorschrift BGV A 820 des Bundesverbandes der gewerb-
lichen Berufsgenossenschaften werden zur Sicherheitskennzeichnung Farben gewählt,
die eine optimale Kontrastierung bieten und bedeutende psychologische Eigenschaften
haben. Die Sicherheitsfarbe vermittelt Gefahr, Gebote, Verbote oder Hinweise. Die
Signalwirkung und Aussagekraft werden durch die Form der Sicherheitszeichen und die
darauf verwendeten Symbole konkretisiert. Hinsichtlich der Kennzeichnung ist zu unter-
scheiden zwischen

• Sicherheitszeichen,
• Verbotszeichen,
• Warnzeichen,
• Gebotszeichen,
• Rettungszeichen,
• Brandschutzzeichen,
• Hinweiszeichen,
• Zusatzzeichen,
• Kombinationszeichen.

Erst in Kombination von geometrischer Form und Sicherheitsfarbe zusammen mit dem
Bildzeichen entsteht das in seiner Aussage unverwechselbare und damit eindeutige
Sicherheitszeichen (s. auch Abb. 8.15). Ergänzende Hinweise werden auch in den
Berufsgenossenschaftlichen Regeln „Optische Sicherheitsleitsysteme“ (einschließlich

20Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz.


8.3 Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz, Schiffssicherheitsleitsystem 505

Abb. 8.15 Hinter dieser


Tür befinden sich: Hydrant
mit Wasserschlauch und
Pulverfeuerlöscher 6 kg

Sicherheitsbeleuchtung) – BGR 216 – des Hauptverbandes der gewerblichen Berufs-


genossenschaften gegeben.
Tab. 8.8 stellt übersichtlich die Systematik der Sicherheitskennzeichnung am Arbeits-
platz dar. Obwohl diese Unfallverhütungsvorschrift nicht für den öffentlichen Binnen-
und Seeverkehr Anwendung findet, ist sie jedoch für den rein gewerblichen Binnen- und
Seeverkehr sehr wohl anwendbar.
Gemäß Anhang 1.3 der Arbeitsstättenverordnung sind Sicherheits- und Gesundheits-
schutzkennzeichnungen einzusetzen, wenn Gefährdungen der Sicherheit und Gesundheit
der Beschäftigten nicht durch technische oder organisatorische Maßnahmen vermieden oder
ausreichend begrenzt werden können; die Umsetzung dieser Forderung erfolgt durch die
Arbeitsstättenrichtlinie ASR A1.3. Diese Richtlinie folgt der vorstehenden Kennzeichnungs-
systematik und enthält in ihrem Anhang 1 eine Zusammenstellung der im gewerblichen
Bereich genutzten Sicherheitskennzeichnungen nach DIN EN ISO 7010 und DIN 4844-2.
Die letztgenannten DIN-Normen wie auch die ISO 7001, ISO 24409 sind auch für
die öffentliche Schifffahrt (Beförderung von Passagieren) einschlägig, folgen aber im
Wesentlichen der vorgenannten Systematik. Hier finden sich insbesondere Ergänzungen
hinsichtlich der verwendeten Bildzeichen, die die Besonderheiten der Schifffahrt
beschreiben (vgl. Abb. 8.16).21

21EineÜbersicht über die zurzeit gültigen Sicherheitskennzeichen findet sich z. B. bei der Fa.
A-SPE [38].
506 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Tab. 8.8  Systematik der Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz


Sicherheitsfarbe Form Bedeutung Anwendungsbeispiel
Rot Verbotszeichen Zutrittsverbot

Brandschutzzeichen Feuerlöscher

Gelb Warnzeichen Gefahrenhinweise (hier:


Explosion)

Grün Rettungszeichen Kennzeichnung von Rettungs-


wegen

Sammelstelle

Blau Gebotszeichen Tragen von Gehörschutz

Eine Auswahl von Kennzeichnungsschildern findet sich im Anhang 25.

8.3.2 Sicherheitsleitsystem

Das Sicherheitsleitsystem (SLS) macht bei Ausfall der Haupt- und Ersatzbeleuchtung
und bei Verqualmung den Fluchtweg bis zum gesicherten Bereich und die sanitätsdienst-
lichen, sicherheits- und brandschutztechnischen Einrichtungen erkennbar (s. a. Abb. 8.17
und 8.18). Für bodennahe Markierungen (Abb. 8.19) gelten die Normenblätter der Reihe
8.3 Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz, Schiffssicherheitsleitsystem 507

Abb. 8.16 Kennzeichnung


Sammelplatz „U“ auf Deck 4,
dem Rettungsbootsdeck

Abb. 8.17 Fluchtwegrichtung


zum Sammelplatz

DIN 81230 „Bodennahes Sicherheitsleitsystem“ sowie ergänzend die Norm ISO 15370
„Schiffe und Meerestechnik – Bodennahes Sicherheitsleitsystem auf Fahrgastschiffen –
Anordnung“ der Normenstelle Schiffs- und Meerestechnik im DIN. Ergänzend ist die
Norm VG 81226-10 Kennzeichen und Kennzeichnungsschilder – Teil 10: Bodennahes
Sicherheitsleitsystem (SLS) der Normenstelle Schiffs- und Meerestechnik im DIN für
wehrtechnische Anforderungen zu berücksichtigen.
508 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.18 Fluchtwegkennzeichnung


unter der Decke

lumineszierendes Leuchtband

Abb. 8.19 Bodennahes Sicherheitsleitsystem


8.3 Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz, Schiffssicherheitsleitsystem 509

Das SLS besteht aus ausreichend lang nachleuchtenden Leitmarkierungen, Rettungs-


zeichen, Schildern (Abb. 8.17 und 8.18) und Zeichen für die Schiffssicherung und für Sani-
tätseinrichtungen. Die Leitmarkierungen weisen mit durchgehenden Linien an den Wänden
in ca. 30–40 cm über dem Flur oder auf dem Fußboden sowie mit Einzelsymbolen auf dem
Fußboden den kürzesten Weg in einen gesicherten Bereich. Die integrierten Pfeile in den
Linien und einzelne Pfeilsymbole auf dem Fußboden zeigen die einzige Fluchtwegrichtung
an; bei Linien ohne Pfeil ist der Fluchtweg in beide Richtungen begehbar.
Türen, Türrahmen, Treppen, Hindernisse usw. sind im Verlauf des Fluchtweges zu
kennzeichnen. Türöffner der Zentralverriegelung und die Vorreiber sind durch flächige
Hinterlegung erkennbar zu machen; die Öffnungsrichtung wird angezeigt.
Bei sicherheits- und brandschutztechnischen Einrichtungen sind die Bedienelemente
in lang nachleuchtender Ausführung zu gestalten oder durch flächige Hinterlegung
erkennbar zu machen.
Die Aufbewahrungsorte der Schiffssicherungs- und Sanitätseinrichtungen sind mit
lang nachleuchtenden Schildern und Zeichen gekennzeichnet.
Die Leuchtdichte muss der ISO 15370 entsprechen.
Zum Sicherheitsleitsystem gehört auch ein Flucht- und Rettungsplan, der an
exponierten Stellen ausgehängt wird (auf Kreuzfahrtschiffen z. B. auch in jeder Kabine),
auf dem der jeweilige Standort und der Fluchtweg eingezeichnet sind. Angaben zu
­Rettungs- und Brandbekämpfungsmitteln ergänzen den Plan (s. Abb. 8.20).

Abb. 8.20 Flucht- und


Rettungsplan
510 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Hinweis: Flucht- und Rettungswege dürfen nicht durch abgestellte Gegenstände


eingeengt, Flucht- und Rettungstüren dürfen nicht abgeschlossen sein. Flucht- und
Rettungstüren müssen in Fluchtrichtung aufschlagen. Brandschutztüren müssen selbst-
schließend sein und dürfen nicht durch Verkeilen offen gehalten werden.

8.4 Lenzsysteme

8.4.1 Einführung

Obwohl von der reinen Systematik her die Lenzsysteme zu den Schiffsbetriebsanlagen
und Hilfssystemen zu zählen sind und von daher im Kap. 6 hätten behandelt wer-
den können, werden sie jedoch in diesem Abschnitt behandelt, da sie von wesentlicher
Bedeutung für die Schiffssicherheit sind [12, S. 79]: Wassereinbruch durch Leckschlagen
oder durch Übernahme von Wasser bei schwerer See wie auch im Rahmen der Brand-
bekämpfung birgt immer die Gefahr, dass das Schiff in eine kritische Stabilitätslage
kommt, die letztlich zum Sinken führen kann. Daher ist ein ausreichend dimensionier-
tes, redundantes Lenzsystem für jede wasserdichte Abteilung des Schiffes zu installieren,
über welches ins Schiffsinnere eingedrungenes Wasser außenbords gepumpt wird.
Das System dient zum Lenzen der sogenannten Lenzbrunnen und Bilgen in Maschi-
nen- und Laderäumen. Das Lenzwasser muss aus Umweltschutzgründen zum Separieren
von Öl über einen sog. Bilgenwasserentöler geleitet werden. Das Lenzsystem erstreckt
sich über die gesamte Schiffslänge. Das Wasser, welches sich in den Lenzbrunnen sam-
melt, entstammt Leckagen und Kondensationsvorgängen an der Außenhaut.

8.4.2 Grundsätzliche Anforderungen, Auslegungshinweise

Das Rohr- und Pumpensystem muss so projektiert werden, dass das Wasser aus jeder
Abteilung des Schiffes auch bei ungünstiger Trimmlage gelenzt werden kann. Saugkörbe
in den Saugern und Schlammkästen in den Hauptlenzleitungen sollen Schmutzteile
zurückhalten und so die Pumpen schützen.
Die Lenzpumpen müssen selbstansaugend sein (z. B. Tauchpumpen, Kolbenpumpen,
Vakuumanlage, selbstansaugende Kreiselpumpe) und die Absperrorgane der einzelnen
Ableitungen müssen als Rückschlagventil oder Rückschlagklappe ausgebildet sein, um
das Volllaufen einer Abteilung aus einer anderen durch das Lenzsystem zu verhindern.
Jede kraftbetriebene Lenzpumpe muss Wasser durch das vorgeschriebene Hauptlenz-
rohrsystem mit einer Geschwindigkeit von mindestens 2 m/s pumpen können.22

22Vgl. Kap. 1, Teil C, Zif. 3.2.4 der Richtlinie 2010/36/EU, Amtsblatt der EU L 162/1
v. 29.06.2010.
8.4 Lenzsysteme 511

Lenzsysteme sollen als automatisch arbeitende Systeme ausgeführt werden: Beim


Erreichen eines oberen Punktes (Wasserstand im Lenzbrunnen) werden die Absperr-
armaturen geöffnet und die Pumpen eingeschaltet (Anzeige auf Brücke und/oder Leit-
stand). Erreicht der Wasserspiegel den unteren Punkt, werden die Pumpen abgeschaltet,
die Absperrorgane wieder geschlossen. Wichtig ist, dass die Ballastpumpen in das Lenz-
system eingebunden sind, um größere Wassereinbrüche mit Unterstützung dieser Pum-
pen bewältigen zu können.
Die Dimensionierung der Rohrleitungen und Pumpen23 erfolgt nach einschlägigen
rechtlichen Vorschriften sowie nach den Vorschriften der Klassifizierungsgesellschaften.
Grundsätzlich gilt: Das Lenzsystem muss im Vergleich zum Feuerlöschsystem grö-
ßer ausgelegt sein, da sonst im Falle einer Brandbekämpfung die Gefahr der Selbstver-
senkung droht.
In Kap. 8 des Anhangs II zur Anlage der Binnenschiffsuntersuchungsverordnung24
werden Anforderungen an Lenzsysteme für Binnenschiffe definiert:
1. Jede wasserdichte Abteilung muss für sich lenzbar sein. Dies gilt nicht für wasser-
dichte Abteilungen, die gewöhnlich luftdicht geschlossen gefahren werden.
2. Auf Schiffen, für die eine Besatzung vorgeschrieben ist, müssen zwei unabhängige
Lenzpumpen vorhanden sein, die nicht in demselben Raum aufgestellt sein dürfen
und von denen mindestens eine durch einen Motor angetrieben werden muss. Haben
diese Schiffe jedoch eine Antriebsleistung von weniger als 225 kW oder eine Trag-
fähigkeit von weniger als 350 t oder bei Schiffen, die nicht zur Güterbeförderung
bestimmt sind, eine Wasserverdrängung von weniger als 250 m3, genügt eine Hand-
oder Motorlenzpumpe.
Jede der vorgeschriebenen Pumpen muss für jede wasserdichte Abteilung verwend-
bar sein.
3. Die Mindestfördermenge Q1 der ersten Lenzpumpe ist nach folgender Formel zu
berechnen:

Q1 = 0,1 · d12 [L/min]. (8.12)


d1 ist nach folgender Formel zu berechnen:

d1 = 1,5 · L · (B + H) + 25 [mm]. (8.13)
4. Die Mindestfördermenge Q2 der zweiten Lenzpumpe ist analog Gl. 8.12 zu berechnen,
d2 ist nach folgender Formel zu ermitteln:

d2 = 2 · L · (B + H) + 25 [mm]. (8.14)
Jedoch braucht das Maß d2 nicht größer als das Maß d1 zu sein.

23Vgl. zur Berechnung auch Abschn. 6.4.


24In der Fassung vom 06.12.2008, BGBl. I. 2450.
512 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Bei der Bemessung von Q2 bezieht sich L auf die längste wasserdichte Abteilung. In
diesen Formeln bedeuten:
L Länge der betreffenden wasserdichten Abteilung in m,
d1 rechnerischer innerer Durchmesser des Hauptlenzrohres in mm,
d2 rechnerischer innerer Durchmesser des Zweiglenzrohres in mm.
1. Sind die Lenzpumpen an ein Lenzsystem angeschlossen, müssen die inneren Lenz-
rohrdurchmesser mindestens das Maß d1 in mm und die inneren Durchmesser der
Zweiglenzrohre mindestens das Maß d2 in mm aufweisen.
Für Schiffe mit L von weniger als 25 m dürfen die Maße d1 und d2 bis auf 35 mm
herabgesetzt werden.
2. Nur selbstansaugende Lenzpumpen sind zulässig.
3. In jeder lenzbaren Abteilung mit flachem Boden und einer Breite von über 5 m muss
an Steuerbord und an Backbord mindestens je ein Sauger vorhanden sein.
4. Die Achterpiek darf über eine leicht zugängliche selbstschließende Armatur zum
Hauptmaschinenraum entwässert werden können.
5. Zweiglenzrohre einzelner Abteilungen müssen durch ein absperrbares Rückschlag-
ventil an das Hauptlenzrohr angeschlossen sein.
Abteilungen oder andere Räume, die als Ballastzellen ausgebildet sind, brauchen
nur über ein einfaches Absperrorgan an das Lenzsystem angeschlossen sein. Dies
gilt nicht für Laderäume, die zur Ballastaufnahme eingerichtet sind. Das Füllen sol-
cher Laderäume mit Ballastwasser muss durch eine von der Lenzleitung getrennte,
fest installierte Ballastleitung oder durch Zweigleitungen erfolgen, die als flexible
Leitungen oder mittels beweglicher Zwischenstücke mit der Hauptlenzleitung
­verbunden werden können. Bodenventile sind hierfür nicht zulässig.
6. Laderaumbilgen müssen mit Peilmöglichkeiten versehen sein.
7. Ist ein Lenzsystem mit fest installierten Rohrleitungen vorhanden, müssen in den
Lenzrohren für Bilgen, die für das Sammeln von ölhaltigem Wasser bestimmt sind,
Absperrorgane angeordnet und in geschlossenem Zustand von einer Untersuchungs-
kommission mit einer Plombe versehen sein. Anzahl und Lage dieser Absperrorgane
müssen in das Schiffsattest eingetragen sein.

Hinsichtlich der Berechnung des Lenzrohrdurchmessers auf Seeschiffen wird bei-


spielsweise auch auf Abschn. 11 der Bauvorschrift „I Schiffstechnik, 1 Seeschiffe,
2 Maschinenanlagen“ des GL verwiesen.

8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk

Zur sicheren Schiffsführung, für die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs,
sind Wasserfahrzeuge je nach Art, Größe und Fahrtgebiet mit Navigations- und Funk-
einrichtungen sowie mit entsprechenden Positionslampen auszurüsten. Die folgenden
Abschnitte geben hierzu einen Überblick.
8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk 513

Abb. 8.21 Flüssigkeitsgelagerter


Magnetkompass. (Foto: PaterMc
Fly, CC BY 3.0)

8.5.1 Navigationseinrichtungen

Für die Bestimmung von Kurs und Standort eines Schiffes sind Navigationsanlagen
erforderlich [15, S. 78 ff.].
Mit dem Kompass (Abb. 8.21) wird die Fahrtrichtung des Schiffes (der Kurs)
ermittelt. Neben einem Kreiselkompass ist auch heute noch der Einbau eines magneti-
schen Kompasses vorgeschrieben, da er bei Stromausfall immer noch sicher den Kurs
anzeigt.
Selbststeueranlagen sind mittlerweile Standard. Computertechnik, die GPS-Signale
in Verbindung mit einer elektronischen Seekarte verarbeiten, erlauben das Eingeben von
Wegpunkten, die das Schiff dann automatisch ansteuert. Versatz aufgrund von Wind und
Strömung gleicht das System selbstständig aus.
Das Echolot ist ein Gerät zur Messung der Wassertiefe auf indirektem Weg. Die
Wirkungsweise des Echolots beruht auf der Messung der Laufzeit zwischen dem
Abstrahlen eines Ultraschallimpulses und dem Empfang des Echosignals, das vom
Meeresboden reflektiert wurde (Abb. 8.22). Bei bekannter Ausbreitungsgeschwindigkeit
des Schalls im Wasser lässt sich damit die Wassertiefe unter dem Kiel bestimmen. Die
Registrierung der Tiefe erfolgt mittels eines Echografen; ferner kann das Echolot auch
mit optischen und akustischen Anzeigegeräten gekoppelt werden [8].
Ähnlich funktioniert ein Sonargerät (Sonar, engl. „sound navigation and ranging“ =
Schallortungsverfahren) zur Ortung von Gegenständen im Raum und unter Wasser. Die-
ses System wird von den Marinen zur U-Boot-Jagd eingesetzt (Abb. 8.23). Hierbei han-
delt es sich nicht um ein Vertikal-, sondern um ein Horizontalecholot. Dieses verfügt
über eine Entfernungs- und Richtungsanzeige. Damit bietet es die Möglichkeit, Objekte
in der Umgebung des U-Jagdschiffes festzustellen. Das Sonargerät ist unter dem Schiffs-
rumpf in der Regel in der Nähe des Bugs im sogenannten Sonardom platziert.
514 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.22 Schallausbreitung


Echolot (schematisch). (Grafik:
Sgbeer, CC BY-SA 3.0)

Abb. 8.23 Sonardom der USS Cowpens. (Foto: Alan Warner, US Navy)

Auch U-Boote verfügen über Sonar, um Unterwasserhindernisse, aber auch feindliche


Über- und Unterwasserfahrzeuge aufzuspüren.
Für die Ermittlung weiterer Navigationsparameter werden auch Windmesser, Ruder-
lageanzeiger, Krängungsmesser und Log zur Geschwindigkeitsmessung eingesetzt.
Die Positionsbestimmung erfolgt heute über GPS (Global Positioning System), wel-
ches mit geostationären Satelliten arbeitet. Die Bestimmung der nördlichen bzw. süd-
lichen Breite mittels Sextant kommt im Prinzip nur noch bei Ausfall der GPS-Anlage in
Betracht.
8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk 515

Abb. 8.24 Radarantennen

Radargeräte werden für die Navigation in Landnähe und für die Kollisionsverhütung
eingesetzt. Radar steht für Radio Detection and Ranging (Funkortung und Abstands-
messung). Eine Radaranlage besteht aus den Komponenten Radarantenne, Sende- und
Empfangseinheit und Bildschirm. Es kommen Nahbereichs- und Fernbereichsradare
zum Einsatz. Allen Geräten ist gemein, dass es sich bei diesen um Rundsichtimpulsra-
dare handelt. Das heißt, sie senden über eine rotierende Antenne (Abb. 8.24; Drehzahl
25–30 min−1) hochfrequente und stark gebündelte elektromagnetische Wellen in sehr
kurzen Impulsen aus. Auf Schiffen ab BRZ 10.000 wird das sogenannte S-Band oder
10-cm-Band, das im Frequenzbereich von 2920–3100 MHz arbeitet und eine Wellen-
länge von etwa 10 cm besitzt, eingesetzt. In der Sportschifffahrt und auf kleineren
Schiffen kommen X-Band-Geräte, auch 3-cm-Band-Geräte genannt, zum Einsatz. Die
Frequenz der Trägerwellen liegt hier zwischen 9320 und 9500 MHz [6, S. 53].
Diese Wellen werden von Objekten reflektiert („Radarecho“) und von der rotierenden
Antenne wieder empfangen. Diese moduliert und verstärkt das Echo und liefert das elek-
trische Signal zum Radargerät. Die Zeit zwischen Aussendung und Empfang der Impulse
ist ein Maß für den Abstand des detektierten Objektes:
s = c · t/2 (8.15)
mit

s = Abstand zum Objekt bzw. Hindernis (m),


c = Lichtgeschwindigkeit (299.792.458 m/s),
t = Laufzeit des Impulses (s).
516 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.25
Rundsichtradarbild Elbe westl.
Hamburg. (Foto: Barbara
Eckholdt)

In der gleichen Geschwindigkeit, wie sich die Antenne dreht, so dreht sich auf dem
Bildschirm der Schreibstrahl, welcher den abgestrahlten Impuls darstellt und alle ein-
treffenden Echos (Pips = Echopunkte) auf dem Bildschirm darstellt: Land als breite
Streifen, Tonnen als kleine Pips, Schiffe je nach Größe als kleine oder größere Pips.
In der Mitte des Bildschirms steht das eigene Schiff. Konzentrische Messringe (in
Abb. 8.25 zwei) stellen Entfernungsstufen dar. Der Messbereich kann verändert werden;
mit ihm variieren auch die Abstände zwischen den Messringen („range“). Am äußeren
Rand des Schirms befindet sich eine 360°-Winkelskala, die ein schnelles, grobes Peilen
erlaubt. Genaue Peilungen können mithilfe eines drehbaren Peillineals durchgeführt wer-
den [6].
Ein Problem bei der Darstellung auf dem Bildschirm ist das „Rauschen“, hervor-
gerufen durch Seegang: Hoher Wellengang kann zu Echos führen, die auf dem Radar-
schirm dargestellt werden; kleinere Objekte wie kleinere Wasserfahrzeuge können in dem
Rauschen untergehen. Durch eine „Rauschunterdrückung“ können hier diese ­Störungen
zum Teil unterdrückt werden.
Grundlage der Navigation ist die Seekarte in Papierform. Neben der Papierseekarte
können die Daten auch in digitalisierter Form als elektronische Seekarte25 vorliegen
und angezeigt werden (Electronic Chart Display and Information System – ECDIS). Auf
dem Bildschirm, der die elektronische Seekarte darstellt, kann das Radarbild überlagert
werden.
Die technische Entwicklung hat zu einer immer weitergehenden Zusammenführung
aller vorgenannten nautischen Geräte zum „Integrierten Navigationssystem“ geführt.

25Siehe auch [2].


8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk 517

8.5.2 Lichterführung

Die Kollisionsverhütungsregeln (KVR, Regel 20-31 und Anlage I1.–14.), die Seeschiff-
fahrtsstraßen-Ordnung (§§ 8 bis 10 SeeSchStrO) und die Schifffahrtsordnung Ems-
mündung (EmsSchO) verpflichten alle Fahrzeuge zur Lichterführung bei Nacht und
verminderter Sicht. Für den Bereich der Binnenschifffahrt finden sich Bestimmungen zur
Lichterführung u. a. in folgenden Vorschriften: BinSchStrO, RheinSchPV, DonauSchPV
und MoselSchPV. Damit sollen die Art des aufkommenden Schiffs und sein Kurs
zum Betrachter hin erkennbar werden, was Kollisionen verhindern hilft. Schiffe, die
berechtigt sind unter deutscher Flagge zu fahren, dürfen nur die vom Bundesamt für
Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) oder von einer vergleichbaren europäischen
Stelle baumustergeprüften Lichter (Positionslampen) führen. Dazu sind die Laternen
mit einer Prüfnummer im Falle einer nationalen Zulassung (z. B. BSH/00/01/00) oder
im Falle einer EU-weiten Zulassung mit einem Steuerrad versehen (Abb. 8.26). Vom
Deutschen Hydrographischen Institut (DHI) zugelassene Geräte behalten ihre Gültigkeit
(Abb. 8.27). Ein CE-Zeichen ersetzt die Zulassung nach den KVR nicht! Durch andere
Mitgliedstaaten der EU zugelassene Laternen werden als gleichwertig behandelt, wenn
mit ihnen das geforderte Schutzniveau gleichermaßen dauerhaft erreicht wird [3].
Die rechtlich vorgeschriebenen Zulassungen für Navigationsleuchten, bezogen auf
den Fahrbereich (See- oder Binnenschifffahrtsstraßen) und die Anwendung (Sportboot
oder Berufsschifffahrt), sind der Tab. 8.9 zu entnehmen [3].
Die wichtigsten Positionslaternen/Navigationslichter sind [6, S. 96 f.] (s. a. Abb. 8.28):

Abb. 8.26 Kennzeichnung


einer Steuerbordlaterne
518 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.27 Zulassungskennzeichnung des DHI

Tab. 8.9  Übersicht über die erforderlichen Zulassungen für Navigationslichter


Seeschifffahrtsstraßen Binnenschifffahrtsstraßen
Rechtsgrundlage SeeSchStrO BinSchStrO; RheinSchPV;
DonauSchPV; MoselSchPV usw.
Berufsfahrzeuge EU-Steuerradzulassung EU-Steuerradzulassung mit
Bestandsschutz für bereits eingebaute
Leuchten mit „Ankerzulassung“ (vgl.
Abb. 8.26)
Sportboote EU-Steuerradzulassung oder natio- Wie Berufsfahrzeuge
nale EU-Zulassung (z. B. nationale
BSH- oder DHI-Zulassung)

• zwei Seitenlichter rot und grün, jedes über einen Sektor von 112,5° scheinend,
• ein Hecklicht weiß, über einen Sektor von 135° scheinend,
• ein oder zwei weiße Topplichter – je nach Länge des Schiffs (auch „Dampferlicht“
genannt, da Fahrzeuge unter Segel diese Lichter nicht führen) – über einen Sektor von
225° scheinend,
• weiße, rote, grüne oder blaue Rundumlichter, die über den ganzen Horizont (360°) fest
scheinen oder funkeln (blaues Funkellicht: Bundespolizei, Wasserschutzpolizei, Zoll,
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung oder Boote des Rettungsdienstes im Einsatz).

Es dürfen nur elektrisch betriebene Lichter geführt werden; als Leuchtmittel haben sich
heute aufgrund ihrer Langlebigkeit und wegen ihres geringen Energieverbrauchs LED
durchgesetzt.
8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk 519

Abb. 8.28 Positionslampen,


Maschinenfahrzeug <50
m. [18]

Die sogenannte Mindesttragweite (Leuchtweite) aller Positionslichter muss nach §


8 SeeSchStrO mindestens 2 sm betragen. Nach Regel 22 der KVR sind folgende Trag-
weiten der Lichter vorgeschrieben (Tab. 8.10).
Um diese genannten Mindesttragweiten sicherzustellen, sind Mindestlichtstärken
erforderlich (Tab. 8.11).26
Eine Übersicht über die in der Binnen- und Seeschifffahrt vorgeschriebene Lichter-
führung findet sich im Anhang 27.

8.5.3 Funkausrüstung

Die Ausrüstung von Schiffen mit Funkeinrichtungen richtet sich nach Art, Größe sowie
Fahrtgebiet (A 1 bis A 4) des Schiffes.27 Kap. IV des SOLAS-Übereinkommens regelt
die Umsetzung des Global Maritime Distress and Safety System (GMDSS) mit Funk-

26Anlage I Nr. 8 der KVR.


27Vertiefend auch [11].
520 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Tab. 8.10  Tragweite der Positionslaternen


Fahrzeug Licht Tragweite (sm)
≥50 m Länge Topplicht 6
Seitenlicht 3
Hecklicht 3
Schlepplicht 3
Weißes, rotes, grünes oder gelbes 3
Rundumlicht
≥12 m <50 m Länge Topplicht 5,
bei Fahrzeugen <20 m Länge: 3
Seitenlicht 2
Hecklicht 2
Schlepplicht 2
Weißes, rotes, grünes oder gelbes 2
Rundumlicht
<12 m Länge Topplicht 2
Seitenlicht 1
Hecklicht 2
Schlepplicht 2
Weißes, rotes, grünes oder gelbes 2
Rundumlicht

Tab. 8.11  Mindestlichtstärke Tragweite (sm) Lichtstärke (Cd)


der Leuchtmittel von
1 0,9
Positionslampen
2 4,3
3 12
4 27
5 52
6 94

anlagen (DSC-Controler = Digital Selectiv Call), Satellitenseenotfunkbaken (Emergency


Position-Indicating Radio Beacons – EPIRBs) sowie Search-and-Rescue-Radartranspon-
dern (SART) und Satellitenkommunikationsanlagen. So müssen beispielsweise Schiffe
im Fahrtgebiet A 1 (dieses umfasst ein von der zuständigen Verwaltung festgelegtes
Gebiet innerhalb der Sprechfunkreichweite mindestens einer UKW28 -Küstenfunkstelle,

28Ultrakurzwellenfunk.
8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk 521

Abb. 8.29 Verschiedene


Seenotfunkbaken. (Foto: US
National Oceanographic and
Atmospheric Association –
NOAA)

die ununterbrochen für DSC-Alarmierungen zur Verfügung steht – in Europa sind das
Küstengebiete bis etwa 30 sm) folgende Funkeinrichtungen mitführen:

• UKW-DSC-Seefunkanlage,
• UKW-DSC-Wachempfänger,
• NAVTEX-Empfänger (Navigational Text Messages), dient weltweit zum Verbreiten
von Sicherheits- und Wetterinformationen (Maritime Safety Information) auf 518 kHz.
Dieser Dienst arbeitet nur im Funkfernschreibverfahren.
• Satellitenseenotfunkbake (EPIRB29 – INMARSAT; EPIRB-COSPAS-SARSAT)
(Abb. 8.29),
• Radartransponder,
• UKW-Handsprechfunkgerät.

National ist die Ausrüstung von Seeschiffen unter deutscher Flagge mit UKW-Seefunk-
anlagen in der Schiffssicherheitsverordnung (SchSV) geregelt. Entsprechend dieser
Verordnung besteht für alle Fahrgastschiffe sowie Frachtschiffe ab BRZ 300 eine Funk-
ausrüstungspflicht.
Eine Übersicht über die Funkausrüstungspflicht nach SOLAS in Abhängigkeit der
Fahrtgebiete findet sich im Anhang 26.

29EPIRB = Emergency Position Indicating Radio Beacon; diese Seenotfunkbaken (INMARSAT:


Sender 1,5 GHz, Peilsender 121,5 MHz; COSPAS/SARSAT 406 u. 121,5 MHz) senden Seenot-
signale aus. Der Notruf wird mechanisch oder durch Eintauchen der Bake ins Wasser ausgelöst [5,
S. 140 f.].
522 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.30 DSC-See- und Binnenfunkanlage der Firma ICOM

8.5.3.1 Technische Merkmale von UKW-Seefunkgeräten


Eine UKW-Sprechfunkanlage besteht aus der Sendeempfangseinheit, dem Bedienteil
(Abb. 8.30) und der Antennenanlage mit der zugehörigen Stromversorgung (12 V oder
24 V). Das Bedienteil kann auch abgesetzt als Handgerät vorhanden sein. Einige Funk-
gerätehersteller bieten auch die Option des Anschlusses mehrerer Bedieneinheiten an. So
kann die Funkanlage von mehreren Stellen an Bord (Brücke und Funkraum) aus bedient
werden.
Für die Stromversorgung müssen eine oder mehrere Ersatzstromquellen vorhanden
sein. Bei Ausfall der Haupt- und Notstromquellen müssen durch die Ersatzstromquelle
(Notbatterie) folgende Anlagen (soweit vorhanden) betrieben werden können:

• UKW-Seefunkanlage (Frequenzbereich: 156–174 MHz),


• GW-/KW-Seefunkanlage30 (Frequenzbereich GW: 1606–3800 kHz, Mindestreich-
weite tags 150 Seemeilen, nachts sogar weiter; Frequenzbereich KW-Seefunk: 4–30
MHz-Bereich, durch Reflektion der Radiowellen an der Ionosphäre quasi weltweiter
Funkverkehr möglich; [5, S. 135]),
• INMARSAT-Schiffserdfunkstelle31 ,
• Beleuchtung der Bedienelemente der Seefunkanlagen,
• Kreiselkompass.

Die maximale Ausgangsleistung im UKW-Bereich darf bei einer Seefunkstelle 25 W nicht


überschreiten. Grundsätzlich sollte die Anlage mit einer Ausgangsleistung von 0,5–1 W
betrieben werden, nur bei Verständigungsschwierigkeiten soll auf 25 W umgeschaltet
werden.

30GW = Grenzwelle, KW = Kurzwelle.


31Inmarsatist ein britisches Unternehmen, das einen Mobilfunkdienst über Satelliten betreibt, der
die Erdoberfläche weitgehend abdeckt.
8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk 523

Zum wechselseitigen Abhören von zwei Kanälen ist die Funktion Dual Watch (DW)
einzuschalten. Dabei kann immer nur ein Arbeitskanal (z. B. Kanal 70) in Verbindung
mit Kanal 16 (dem Seenot- und Anrufkanal) abgehört werden. Sobald auf einem oder
beiden Kanälen Funkverkehr betrieben wird, schaltet das Gerät automatisch auf diesen
Kanal um.
Durch das digitale Selektivrufverfahren (Digital Selectiv Calling) ist es möglich,
einzelne oder bestimmte Gruppen von Seefunkstellen auch dann zu unterrichten, dass
Funkverkehr für sie vorliegt, wenn die Seefunkstelle nicht besetzt ist. Eine Funkstelle
kann so, ähnlich einem Telefon, über seine Rufnummer direkt „angewählt“ werden.
Ultrakurzwellen haben im Vergleich zu anderen Radiowellen eine völlig andere Aus-
breitungscharakteristik, vergleichbar dem Licht – sie breiten sich völlig geradlinig aus.
Es werden keine Spiegelungen oder Reflexionen durch Luftschichten der Atmosphäre
hervorgerufen, wie etwa beim Kurzwellenfunk (KW-Funk). Da sich UKW-Wellen gerad-
linig ausbreiten, ist UKW-Funkverkehr quasi auch nur in Sichtweite zwischen zwei
Funkstellen möglich (20–30 Seemeilen – „quasioptische Reichweite“). Insofern bedarf
die Antennenanlage einer besonderen Beachtung:
Wellenlänge und Länge der Antenne stehen in etwa in folgendem Zusammenhang:
L = /2. (8.16)
Das heißt, dass die Länge L der Antenne in etwa die halbe Wellenlänge λ der ent-
sprechenden Frequenz beträgt. Für den Seefunk-UKW-Bereich – bei einer Frequenz von
ca. 156 bis etwa 174 MHz [5, S. 134] – beträgt die Wellenlänge ungefähr 2 m, insofern
ist die Länge der Antenne etwa 1 m (Abb. 8.31).

Abb. 8.31 UKW-


Funkantenne
524 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Hinsichtlich der Wellenlänge gilt: Elektromagnetische Wellen breiten sich mit Licht-
geschwindigkeit (ungefähr 300.000 km/s) aus. Wellenlänge und Frequenz der Schwin-
gung stehen in folgendem Zusammenhang:
 = 300.000/f (8.17)
mit
λ = Wellenlänge in m,
 Frequenz der Schwingung in kHz.
f =
Aufgrund der geradlinigen Ausbreitung der UKW-Wellen soll die Antenne so hoch
wie möglich auf dem Schiff platziert werden, um eine bessere Abstrahlung zu erreichen.
Auch muss sie vertikal angebracht werden. Metallische Gegenstände im Bereich des
Abstrahlungsfeldes beeinträchtigen die Sendeleistung erheblich.

8.5.3.2 Technische Hintergründe zu UKW-Funkanlagen


Niederfrequente Nutzsignale, wie etwa die Sprache, können nicht direkt über einen
Funkkanal übertragen werden.32 Zur Übertragung muss das Nutzsignal in einen anderen
Frequenzbereich (Hochfrequenz) verschoben werden.
In der Hochfrequenzübertragungstechnik (Funktechnik) können Informationen –
grob unterschieden – analog oder digital übertragen werden. Immer wird jedoch ein
Hochfrequenzträger (im Frequenzbereich von 30 kHz bis 300 GHz und in einem
Wellenlängenbereich von λ = 10 km bis 1 mm; [36]) benötigt, auf den die Information
aufmoduliert wird.
Die gängigen analogen Modulationsarten sind die Amplitudenmodulation (AM) und
die Frequenzmodulation (FM). Auch bei der digitalen Informationsübertragung müssen
die digitalen Daten aufbereitet einem Träger aufmoduliert werden.

Unterschied zwischen Analogen und digitalen Informationen/Daten bzw. Signalen


Daten bzw. Informationen oder auch Signale können analog und digital vorliegen [37].
Analog bedeutet, dass zwischen Maximum und Minimum jeder beliebige Zwischenwert
möglich ist. „Digital“ liefert nur ganz konkrete Werte, keine beliebigen Zwischenwerte.
Man unterscheidet insofern „quantisiert“ und „binär“. Ein gutes Beispiel hierfür ist die
Uhr: Bei einer analogen Anzeige der Uhrzeit (Ziffernblatt mit Uhrzeiger) gibt es bei der
analogen Dateninformation „Uhrzeit“ quasi keine unbelegten Zwischenräume. Anders
bei einer Digitaluhr, die beispielsweise die Uhrzeit auf die Minute anzeigt. Hier kann
immer nur die volle Minute abgelesen werden, nicht aber, ob der Zwischenraum zwi-
schen zwei Minuten eine, zwei oder 59 Sekunden eingenommen hat.
Bei Signalen spricht man von einem analogen Signal, wenn es zu jedem beliebigen
Zeitpunkt einen exakt zuzuordnenden Wert gibt.

32Abschnitt unter Mitarbeit von Pfaff, N.


8.5 Navigationseinrichtungen, Lichterführung, Funk 525

Abb. 8.32 Prinzip der analog A digital D analog


digitalen Übertragung
D A

Digitale Signale setzen sich aus konkreten Werten zusammen. Diese können stu-
fig sein (quantisiert = mehrere unterschiedliche konkrete Werte), wobei die Amplitude
durch einen „Zahlenwert“ übertragen wird (z. B. −2 V, −1 V, 0 V, +1 V, +2 V), oder
binär, wobei es nur zwei Werte („bi“ = zwei) gibt (0 und 1 oder niedrig und hoch oder
ein und aus).

Wandlung analoger in digitale Signale


Um analog vorliegende Informationen, wie z. B. Sprache, Musik, digital per Funk
übertragen zu können (Abb. 8.32), müssen diese im Sender digitalisiert werden. Dazu
wird das analoge Signal zunächst durch den Analog-Digital-Wandler (AD-Wandler) im
Sendegerät in einzelne Stufen zerlegt (quantisiert). Die einzelnen Stufenwerte werden
anschließend in einen Binärcode umgewandelt. Dieses Binärsignal wird auf eine Träger-
frequenz aufmoduliert und ausgesendet.
Auf der Empfängerseite wird das Binärsignal über die Antenne empfangen und mit
einem Digital-Analog-Wandler (DA-Wandler) und anschließenden Filtern wieder in das
ursprünglich analoge Signal zurückgewandelt.
Hardwaremäßig werden die Wandler als integrierter Schaltkreis (IC) ausgeführt
(Abb. 8.33).

Parallele und serielle Datenübertragung


Wenn nun mithilfe des AD-Wandlers das analoge Signal quantisiert und anschließend
binär codiert wurde, steht es als digitaler Wert mit den entsprechenden Spannungs-
zuständen zur Verfügung. Wenn man nun diesen Wert aus beispielsweise 8 Bit auf ein-
mal übertragen möchte, benötigt man 8 Frequenzkanäle (parallele Datenübertragung).
Um mit einem Kanal (einer Frequenz) auszukommen, werden die einzelnen Bits
nacheinander ausgesendet. Dies nennt man serielle Übertragung.
Den Nachteil der seriellen Datenübertragung gegenüber der parallelen Datenüber-
tragung erkennt man sofort: Es wird bei einem 8-Bit-System mindestens eine 8-mal so
lange Zeit benötigt, bei einem 32-Bit-System 32-mal so viel Zeit. Allerdings kommt man
mit einem Kanal aus.

Abb. 8.33 IC-Baustein eines


D-A-Wandlers
526 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die beiden umlaufenden „Schalter“ des
Senders und Empfängers zur gleichen Zeit starten (Startsignal) und dann mit gleicher
Geschwindigkeit (synchron) drehen. Zwischen Sender und Empfänger muss also die
gleiche Schrittgeschwindigkeit (Baudrate, auch Übertragungsrate) eingestellt sein.

Modulation/Modulationsverfahren
Bei der Signalübertragung per Funk geht es darum, möglichst viele Informationen ver-
lustfrei zu übertragen. Bei der Übertragung verschiedener Signale auf demselben Über-
tragungsweg ist ohne eine vorherige Signalaufbereitung kaum eine Signalübertragung
möglich. Deshalb werden verschiedene Modulationsverfahren eingesetzt, um Informa-
tionen und Daten so in elektrische Signale umzuwandeln, damit sie für die Übertragung
geeignet sind.
Was ist Modulation?
Modulation ist:

• Frequenzanpassung,
• Mehrfachausnutzung des Übertragungsmediums,
• Erhöhung der Störsicherheit.

Wie funktioniert Modulation?


Jedes elektrische Signal hat drei Merkmale (Signalparameter): Amplitude, Frequenz
und Phase (Polung). Bei der Modulation wird einer oder mehrere dieser Signalparameter
(des Trägersignals) durch das Informationssignal (Sprache) verändert bzw. moduliert.
Das Informationssignal, auch Modulationssignal genannt, wird dem Trägersignal „auf-
gedrückt“.

Übertragungsarten
Die Übertragungsgeschwindigkeit hängt davon ab, ob man die Daten (Signale) gleich-
zeitig in beiden Richtungen (Duplex) oder nur abwechselnd in einer Richtung senden
und empfangen kann (Simplex) (vgl. auch Abb. 8.34). Im Bereich der Funktechnik wird
also von Duplex gesprochen, wenn Sender und Empfänger unterschiedliche Frequenzen
verwenden; häufig wird in diesem Zusammenhang auch von Senden und Empfangen im
Unter- und Oberband gesprochen.
Um Duplexverkehr durchführen zu können, müssen die Funkgeräte mit einer Duplex-
weiche ausgerüstet sein, um die Geräteantenne gleichzeitig an Sender und Empfän-
ger anzuschalten. Voraussetzung ist die Verwendung eines Duplexkanals. Das ist ein
Frequenzpaar, bei der Sende- und Empfangsfrequenz um einen festen Duplexabstand
versetzt sind. Diese beiden Frequenzen heißen dann Ober- und Unterband [35].
8.6 Überlebensfähigkeit von Kriegsschiffen 527

Abb. 8.34 Simplex- und simplex


Duplexverfahren UB OB

UB OB
duplex
OB UB

8.5.3.3 Grenzwellen- und Kurzwellenfunkanlagen


Aufgrund der beschränkten Reichweiten des UKW-Funks sind in einigen Fahrtgebieten
Grenzwellen- bzw. auch Kurzwellenfunkanlagen nach SOLAS vorgeschrieben (vgl.
Anhang 26). Dem Kurzwellenfunk kommt aber aufgrund der Satellitenkommunikation
(INMARSAT, COSPAS-SARSAT, GPS) nur noch eine untergeordnete Bedeutung zu.

8.5.3.4 Automatic Identification System (AIS)


Das Automatic Identification System (AIS) kennzeichnet ein automatisches Schiffsidenti-
fizierungs- und Überwachungssystem für die weltweite Schifffahrt (Abb. 8.35). Mit AIS
identifizieren sich Schiffe, geben ihre Position, Kurs, Geschwindigkeit sowie weitere
Daten für andere eindeutig bekannt. AIS dient

• der Vermeidung von Kollision auf See,


• dem automatischen Informationsaustausch zwischen Schiffen untereinander und mit
Landstationen,
• den Verkehrszentralen an der Küste als ergänzendes Mittel zur maritimen Verkehrs-
sicherung,
• über spezielle UKW-Sender und -Empfänger werden z. B. Fahrdaten automatisch in
kurzen Zeitabständen ausgetauscht. AIS ermöglicht zudem den Blick über Hinder-
nisse und ergänzt damit die Radarbilddarstellung bzw. die Darstellung in Kombina-
tion mit der elektronischen Seekarte ECDIS. Abhängig von der Antennenhöhe hat
eine AIS-Station eine Reichweite von 20–30 sm.

8.6 Überlebensfähigkeit von Kriegsschiffen

Hinsichtlich der in den vorstehenden Abschnitten beschriebenen Aspekte zum Arbeits-


schutz, zur Schiffssicherheit und zum Brandschutz gelten diese im Großen und Ganzen
auch für Kriegsschiffe [13]. Da diese aber aufgrund ihrer Eigenart (Waffen, Kampfmittel
an Bord, besondere technische Einrichtungen) und insbesondere bei einem bewaffneten
Konflikt nicht 1:1 mit zivilen Schiffen vergleichbar sind (obwohl gerade was den Bau
des Kaskos angeht, heute zum Teil bereits auch auf Handelsschiffstandard zurück-
gegriffen wird), gibt es hier einige Besonderheiten.
528 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Abb. 8.35 AIS-Bedienpaneel. (Foto: Clipper, CC BY 2.5)

Für Kriegsschiffe ist die Gefahr von Bränden und Explosionen als Folge feindlicher
Waffenwirkung oder auch von Unfällen ohne Feindeinwirkung dauernd vorhanden.
Heute ist die Gefährdung für Kriegsschiffe um einiges höher als in früheren Zeiten, da
die Schiffe eine hohe Dichte von einsatzwichtigen Gerätschaften aufweisen, die nach
einem Treffer nicht einfach von der Besatzung wieder instand gesetzt werden können.
Waffensysteme bringen heute eine sehr hohe Wirkung mit sich; bereits im Fall eines ein-
zigen Treffers ist ein Totalausfall eines Kriegsschiffs möglich.
Die wichtigsten Faktoren zur Beschreibung der Überlebensfähigkeit eines Kriegs-
schiffes sind:

• Empfindlichkeit,
• Verwundbarkeit,
• Instandsetzungsfähigkeit.

Die Empfindlichkeit eines Kriegsschiffes wird dadurch bestimmt, wie beispielsweise


Angriffe grundsätzlich abgewehrt werden können bzw. wie überhaupt die Auffassung
als Ziel verhindert werden kann. Das kann durch eine Vielzahl technischer Maßnah-
men erreicht werden. Die frühzeitige Feinderkennung kann mit entsprechender Sen-
sorik (Nah- und Fernradar, optische Aufklärung, Infrarotdetektion, Sonar) erzielt
werden. Um als Ziel gar nicht oder zumindest erst sehr spät erkannt zu werden, wer-
den schiffbauliche Maßnahmen angewendet. Dazu gehört zunächst die sog. Stealth-­
Bauweise („Tarnkappenbauweise“; – s. Abb. 8.36). Diese dient zur Reduzierung der
Entdeckungswahrscheinlichkeit durch Radar. Um eine Reflexion von Radarstrahlen
zum Sender zu vermeiden bzw. die Energie der reflektierten Strahlen zu verringern,
werden die Oberflächen von Rumpf und Aufbauten relativ zum Radarstrahl geneigt
8.6 Überlebensfähigkeit von Kriegsschiffen 529

Abb. 8.36 Deutsche Fregatte der Klasse F124 in Stealth-Bauweise. (Foto: Brian Burnell, CC
BY-SA 3.0)

und Winkelreflektoren und Rundungen vermieden. Durch die Formgebung allein kann
der Radarquerschnitt um den Faktor 10–100 reduziert werden. Ein noch höherer Fak-
tor ist schwierig zu erreichen, da das sog. Huygens’sche Prinzip besagt, dass auch eine
extrem geneigte Platte einen Teil der Radarenergie zum Sender zurückstrahlt. Für eine
weitere Verringerung werden radarabsorbierende Materialien verwendet; diese sind
jedoch gegen Radar im niedrigen Frequenzbereich meist weniger effektiv. Für diese
Beschichtungsstoffe werden Materialien unter dem Namen „Iron ball Paint“ verwendet.
Diese Lackierung enthält kleinste Kugeln, die mit Kohlenstoff oder Eisenoxid über-
zogen sind. Radarwellen erzeugen molekulare Schwingungen innerhalb der Lackschicht,
die zur Umwandlung der Radarenergie in Wärme führt. Die Wärmeenergie wird dann
in die Struktur abgeleitet. Eine weitere Variante entsprechender Beschichtungen ist die
Nutzung von Neoprenpolymerschichten mit Eisenoxid oder Karbonpartikeln. Auch
Beschichtungen mit karbonfaserverstärkten Kunststoffen kommen zur Anwendung.
Die Signaturerfassung durch Infrarotdetektion der Antriebssysteme kann durch die
Anordnung der Abgasanlage nahe an der Wasseroberfläche und nahe am Heck des Schif-
fes reduziert werden. Eine gute Isolation der Schornsteinanlage ist ebenso denkbar wie
die Kühlung der Abgase durch Meerwasser oder das Ausblasen der Abgase unter Wasser.
Um die Geräuschabstrahlung zu verringern, werden spezielle Schiffsschrauben mit
möglichst geringer Kavitationsneigung eingesetzt. Weiterhin muss auf eine gute Ent-
kopplung geräuschintensiver Maschinen zum Rumpf hin geachtet werden, um Körper-
schall, der durch den Rumpf als Resonanzkörper verstärkt werden kann, zu minimieren.
530 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Auch dienen Maßnahmen zur Reduzierung elektromagnetischer Abstrahlungen zur


Verringerung der frühzeitigen Erkennung.
Hinsichtlich der Empfindlichkeit eines Kriegsschiffs sind auch die Art und der
Umfang möglicher Gegenmaßnahmen (Störung der gegnerischen Detektionsmöglich-
keiten) wie auch die Manövrierfähigkeiten des Schiffes an sich zu verstehen.
Zusammenfassend betrachtet folgt der Faktor Empfindlichkeit dem Ansatz: „Ver-
meide, entdeckt zu werden, und wenn doch, dann vermeide es, getroffen zu werden!“
Der Faktor Verwundbarkeit umfasst die Fähigkeit, Treffer auszuhalten und deren
Auswirkungen zu minimieren. Hierbei kommt dem Aspekt des ballistischen Schutzes
Bedeutung zu: Besonders empfindliche Bereiche werden besonders geschützt. Beispiels-
weise wurde auf Schiffe der Oliver-Hazard-Perry-Klasse ein 19 mm starker Kevlar-Lack
aufgebracht.
Je nach Bedrohungslage können auch temporäre ballistische Schutzmaßnahmen
getroffen werden.
Auch werden Kriegsschiffe in der Regel mit deutlich mehreren Schotten in
einzelne Abschnitte unterteilt als Handelsschiffe. Dies dient zum einen dazu, dass bei
Beschädigungen unterhalb der Wasserlinie etwa durch Torpedo- oder Mineneinwirkung
das eindringende Wasser örtlich klein begrenzt werden kann. Aber auch bei ballistischen
Treffern, die zu Explosion oder Brand führen, können kleine abzuschottende Bereiche
ein Ausdehnen von Feuer und Kampfstoffen örtlich begrenzen.
Zum Schutz von Besatzung und empfindlicher, wichtiger Systeme werden z. B. ent-
sprechende Stühle auf Brücke und Operationszentrale wie auch Systemkomponenten
Schock absorbierend gelagert (Feder- oder Gummielemente), um die Folgen der
Explosionswellen zu reduzieren. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird durch sog.
Ansprengversuche getestet.
Die Instandsetzungsfähigkeit beinhaltet das Vermögen, nach einem Schaden wieder
die Einsatzfähigkeit mit Bordmitteln herzustellen.
Weiterhin kommt bei Kampfschiffen der ABC-Abwehr eine besondere Bedeutung zu.
Dabei ist nicht nur der Schutz gegen ABC-Waffen gemeint; aufgrund der neuen Einsatz-
szenarien sind die Schiffe und Besatzungen im Rahmen humanitärer Einsätze auch der
Bedrohung von Epidemien, wie der Schweinepest oder Pocken, ausgesetzt. Die Gefahr
ist immer dann nicht zu unterschätzen, wenn die Lage in Häfen, die zu den Zwecken
angelaufen werden, nicht restlos geklärt ist.
Asymmetrische Angriffe können mit vergleichsweise einfachen Mitteln wie Chlorgas
am Liegeplatz des Schiffes vorgenommen werden. Eine ähnliche Gefährdung geht von
Dirty Bombs oder improvisierten explosiven Kampfmitteln aus.
Essenziell sind zur Erkennung und Abwehr von ABC-Kampfstoffen Analysesysteme,
mit denen die Luft analysiert und rechtzeitig Alarm gegeben werden kann. Luftfilter-
systeme (ABC-Filter) sollten dazu in der Lage sein, entsprechende Gefahrstoffe zu
­filtern und deren Ausbreitung im Schiffsinnern zu verhindern.
8.7 Tätigkeiten an Bord 531

Im Schiff ist über lüftungstechnische Anlagen zumindest in besonders zu definie-


renden Bereichen ein leichter Überdruck zu fahren, damit keine Schadstoffe ins Innere
gelangen können. Diese Bereiche sind über Luftschleusen zu betreten und zu verlassen.
Soldaten, die bei ABC-Alarm das Schiffsinnere verlassen müssen, müssen über eine
adäquate Schutzausrüstung verfügen (Overgarment-Anzug oder Vollschutzanzug); eine
Dekontaminationsmöglichkeit nach dem Außeneinsatz muss vorgehalten werden.
Sprühanlagen zur Brandbekämpfung, die auch zur Dekontamination bei bzw.
nach ABC-Waffeneinwirkung zum Einsatz gelangen, sind bereits in Abschn. 8.2.5
beschrieben worden.

8.7 Tätigkeiten an Bord

Bei ihrer Arbeit an Bord können die Besatzungsmitglieder den unterschiedlichsten


Gefahren ausgesetzt sein. Neben der Gefahr des Überbordgehens bei schwerer See kön-
nen Arbeitsunfälle und Gesundheitsgefahren auch bei Wartungs- und Reparaturarbeiten
auftreten: Quetsch- und Schnittgefahren, das Einatmen von Gefahrstoffen und der Haut-
kontakt mit solchen sind hier nur beispielhaft genannt. In der Kombüse besteht die
Gefahr der Verbrennung an heißen Oberflächen ebenso wie bei Wartungs- und Kontroll-
tätigkeiten in der Maschine. So hat jeder Arbeitsplatz seine spezifischen Gefahren, die im
Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden müssen.33
Alle gefahrenrelevanten Tätigkeiten hier aufzuzeigen und die dafür erforderlichen
organisatorischen, technischen und persönlichen Schutzmaßnahmen zu benennen,
würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Hier wird auf weiterführende Literatur ver-
wiesen.34
Im Folgenden werden einige spezielle Tätigkeiten hinsichtlich ihrer Gefahrenrelevanz
näher betrachtet.

8.7.1 Umgang mit künstlichen Mineralfasern [39]

Zu Dämm- und Isolierungszwecken werden an Bord nicht selten Isoliermaterialien


aus künstlichen Mineralfasern (KMF) verbaut. Diese werden umgangssprachlich als
­Glaswolle, Steinwolle, Mineralwolle, Kamilit oder Kamelit bezeichnet.
KMF ersetzen oft Asbest, da sie ähnliche technologische Eigenschaften besitzen.

33Zur Gefährdungsbeurteilung vgl. oben, Abschn. 8.1.


34Insbesondere auch: BG Verkehr, „Handbuch See – Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in
der Seeschifffahrt und Fischerei“ [1].
532 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

Künstliche Mineralfasern (KMF) sind anorganische Fasern glasiger Struktur, die aus
geschmolzenen Rohstoffen in technischen Verfahren, wie dem Zerblasen oder dem Zer-
schleudern, hergestellt werden. Sie können in Glas-, Stein- und Keramikfasern eingeteilt
werden.
Beim Umgang mit KMF kann es zu Haut- und Atemwegsreizungen kommen. Manche
Fasern verfügen über ein krebserzeugendes Potenzial. Dies gilt für die sog. WHO-Fasern
(nach der TRGS 90535 „alte“ anorganische fasern – ausgenommen Asbest – Fasern mit
einer Länge >5 μm, einem Durchmesser <3 μm und einem Länge-Durchmesser-Verhält-
nis von >3:1).
Seit dem 01.01.2005 gilt die neue europäische Gefahrstoffverordnung. Sie enthält ein
Herstellungs- und Verwendungsverbot von biopersistenten bzw. kanzerogenen Fasern
für Wärme- und Schalldämmungen im Hochbau. Dieses Verbot gilt auch für im Aus-
land hergestellte Erzeugnisse. Für die Einhaltung dieser Verordnung und damit für eine
gute Biolöslichkeit (KI40, Halbwertszeit ≤40 Tage) bürgt das Gütezeichen RAL-GZ 388
„Erzeugnisse aus Mineralwolle“. Bereits seit dem Jahr 2000 gilt ein Herstellungs- und
Inverkehrbringungsverbot von biopersistenten bzw. kanzerogenen Fasern. Somit wird
zwischen „alten“ und „neuen“ Fasern unterschieden.
Insofern kann nicht ausgeschlossen werden, dass an Bord von Schiffen und Boo-
ten die vor 2000 gebaut wurden, u. a. auch Isolierstoffe, die potenziell gesundheits-
gefährdende KMF enthalten, verwendet wurden. In diesem Zusammenhang ist jedoch
festzuhalten, dass verschlossene und unbeschädigte Isolierungen an Bord keine Fasern
freisetzen. Intakte Dämmungen aus Mineralwollen und Keramikfasern müssen in
aller Regel insofern nicht entfernt werden, da die Gefährdung bei ordnungsgemäßer
Anbringung gering ist. Das ist der Fall, wenn die Dämmstoffe mit einer Dampfsperre
mittels Folie abgedeckt sind und hinter Gipskartonplatten, Holzpaneelen oder einer
anderen dichten Verkleidung liegen.
Bei bautechnischen Mängeln oder veralteten Konstruktionen kann es dauerhaft zu
deutlich erhöhten Faserkonzentrationen kommen. Ein Beispiel ist die Beschädigung von
Verkleidungen, die die KMF-Isolierung umgibt. Auch bei der Installation neuer Leitun-
gen oder anderen baulichen Eingriffen können Fasern freigesetzt werden.
Bei der Verarbeitung muss die Emission von Faserstäuben, soweit wie technisch mög-
lich, verringert werden.36 Am sichersten ist es daher, erforderliche Arbeiten – soweit

35TRGS 905 = Technische Regeln für Gefahrstoffe 905 „Verzeichnis krebserzeugender, keimzell-

mutagener oder reproduktionstoxischer Stoffe“, Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Ausgabe März


2016, GMBl. 2016 S. 378–390 (nr.19) v. 03.05.2016, zuletzt geändert u. ergänzt: GMBl. 2018
S. 259 v. 02.05.2018 (Nr.15)“ (Download über die Seite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin – www.baua.de).
36Vgl. Technische Regeln für Gefahrstoffe 521, „Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungs-

arbeiten mit alter Mineralwolle“ (Download über die Seite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin – www.baua.de).
8.7 Tätigkeiten an Bord 533

möglich – von einer Fachfirma ggf. im Rahmen der nächsten Werftliegezeit durchführen
zu lassen. Der Arbeitgeber muss vor den Arbeiten ermitteln, ob Faserstäube mit gefähr-
lichen Eigenschaften freigesetzt werden können. Sind keine Angaben verfügbar, ist
jeweils vom ungünstigsten Fall auszugehen.
Bei der Verarbeitung von Isoliermaterial mit RAL-Gütezeichen müssen Emissio-
nen von Faserstäuben generell verringert werden. Die Fasern sind jedoch nicht krebs-
erzeugend, daher sind lediglich allgemeine Mindestmaßnahmen zum Schutz vor Stäuben
notwendig.37 Diese Maßnahmen schützen vor Haut- und Augenreizungen, Allergien und
vor Reizungen der Atemwege.

Mindestschutzmaßnahmen für die Verarbeitung von KMF mit RAL-Gütezeichen


• Staubentwicklung vermindern: Vorkonfektionierte Dämmstoffe verwenden, Ver-
packungen erst am Arbeitsplatz öffnen, Material nicht werfen, bei schnell laufen-
den Sägen absaugen; um die Dämmstoffmatten auf die gewünschte Form bzw. auf
da erforderliche Maß zu bringen, diese nicht reißen sondern z. B. mit einem Cutter-
messer schneiden.
• Arbeitsplatz: Gut durchlüften, beim Lüften Staubaufwirbelung vermeiden, Stäube
nicht mit Druckluft wegblasen oder trocken kehren, Industriestaubsauger verwenden
oder feucht wischen, regelmäßig reinigen, Abfälle und Verschnitte sofort verpacken,
im Freien mit dem Rücken zum Wind arbeiten.
• Arbeitskleidung: Geschlossene Arbeitskleidung und Schutzhandschuhe tragen.

Bei der Entfernung von „alten“ Isolierungen im Rahmen von Instandsetzungen wird der
Gefährdung von Personen durch Freisetzung von KMF durch das Tragen von persön-
licher Schutzausrüstung (PSA) Rechnung getragen.
Werften sind verpflichtet, im Rahmen von Instandsetzungen bei der Feststellung von
KMF Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter zu ergreifen.
Im Falle von unausweichlichen Eigeninstandsetzungen (Seebetrieb) ist eine
Beschädigung des verbauten Isoliermaterials zu vermeiden. Sofern dies (z. B. aus
Alterungsgründen) nicht möglich ist, sind die nachstehend aufgelisteten Schutzmaßnah-
men zu beachten:

• Tragen einer Atemschutzhalbmaske mit P2-Filter oder partikelfiltrierende Halbmasken


FFP2.
• Bei Überkopfarbeiten Tragen einer Schutzbrille.
• Tragen von Einwegschutzhandschuhen.
• Tragen eines Einwegschutzanzugs Typ 5 (z. B. Ganzkörperanzug UVEX Kategorie III).
• Unterbinden des Durchgangsverkehrs im betroffenen Arbeitsbereich.

37Vgl. Technische Regeln für Gefahrstoffe 500, „Schutzmaßnahmen“, (Download über die Seite

der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – www.baua.de).


534 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

• Bestmögliche Reduktion der lüftungstechnischen Anlage im Arbeitsbereich.


• Zum Abschluss der Instandsetzung sind betroffene Isolierungen, sowohl alte wie neue
Mineralfasern, wieder zu versiegeln (z. B. Verkleben mit Tape bzw. bei Wärmeein-
fluss mit Alu-Tape).
• Nach Arbeitsende: Nassreinigung des Arbeitsbereichs (eine Nutzung von Staub-
saugern ist verboten, da die an Bord verfügbaren Geräte nicht über einen geeigneten
Abluftfilter verfügen).

Die im Rahmen der Arbeiten entstehenden Abfälle und kontaminierte Schutzkleidung


sind luftdicht zu verpacken, eindeutig zu kennzeichnen und einer geeigneten Entsorgung
zuzuführen.
Anschließend ist eine zeitnahe nochmalige fachgerechte Nassreinigung vorzunehmen.
Bei großflächigen Arbeiten an Isolierungsmaterial und daraus resultierender poten-
zieller Kontaminierung durch freigesetzte „alte“ KMF sollte vier Wochen nach
Abschluss der fachgerechten Nassreinigung eine Messung auf Belastung durch KMF
durchgeführt werden.
Den Empfehlungen in der Messauswertung ist grundsätzlich Folge zu leisten.
Bei Auffinden von beschädigten Isolierstoffen, welche aus Mineralwolle bestehen, ist
als Sofortmaßnahme dem Ausbreiten der aufgefundenen Beschädigung durch geeignete
Maßnahmen (z. B. Abkleben mit Folie und Gewebeklebeband) entgegenzuwirken. Hier-
bei sind in jedem Falle Einwegschutzhandschuhe und Atemschutzhalbmaske zu tragen.
Die Anwendung der übrigen Schutzmaßnahmen ist in Abhängigkeit vom Umfang der zu
versiegelnden Isolierung zu entscheiden.38

Literatur

Printmedien

1. Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (Hrsg.): Handbuch See - Arbeits-


sicherheit und Gesundheitsschutz in der Seeschifffahrt und Fischerei. Berufsgenossenschaft
für Transport und Verkehrswirtschaft, Hamburg (2014)
2. Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: Elektronische Seekarten. Bundesamt für
Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg Rostock (2017)
3. Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: Lichterführung und Schallsignalanlagen.
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg Rostock (2017)
4. DNV⋅GL, „RULES FOR CLASSIFICATION – Ships – Part 4: Systems and components,
Chapter 11: Fire safety“, Edition October 2015
5. Donat, H.: Yacht Bordbuch. Delius Klasing, Bielefeld (2004)

38Vgl. zum Vorstehenden auch: Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.), UmweltWissen –

Abfall „Künstliche Mineralfasern“, Augsburg 2018.


Literatur 535

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8. Gebauer, J., Krenz, E.: Marineenzyklopädie. Tosa, Wien (2003)
9. Hahne, J. (Hrsg.): Handbuch Schiffssicherheit. Seehafen, Hamburg, S. 56 (2012)
10. Hank, O.: „Unfallverhütung bei Aussetzvorrichtungen und Rettungsbooten“, Diplomarbeit,
Hochschule Bremen (2010)
11. Hannemann, U.: Beschränkt gültiges Funkbetriebszeugnis (SRC), UKW-Sprechfunkzeugnis
für den Binnenschifffahrtsfunk (UBI). Delius Klasing, Bielefeld (2003)
12. Hochhaus, K.-H.: Vorlesungsskript Schiffshilfsmaschinen, TU Hamburg-Harburg, Stand 10/90
13. Hofbauer, B.-G.: Moderne Seemacht Teil II. Republik Österreich, Bundesminister für Landes-
verteidigung und Sport, Wien (2015)
14. Kaufhold, F.: Verbrennen und Löschen. Kohlhammer, Stuttgart (1993)
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Betrachtung einer schwimmenden Versammlungsstätte“, Bachelorarbeit an der Hochschule f.
Angewandte Wissenschaften Hamburg, Fakultät Life Sciences (2014)
17. Müller, J., Krauß, J.: Handbuch für die Schiffsführung. Springer, Berlin (1980)
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29. https://www.hs-bremen.de/internet/hsb/projekte/maritime/studium/nautikseeverkehr/diplom-
bachelor/diplarb_riecke.pdf. Zugegriffen: 5. Febr. 2017
30. https://www.lfs-sh.de/Content/Ausbildung/Documents/LeitfadeInnennangriff_102011.pdf.
Zugegriffen: 29. Jan. 2017
31. http://www.marioff.com/de/fire-protection/hi-fogr-brandschutz-systemtypen/nassrohrsystem.
Zugegriffen: 26. Jan. 2017
32. http://www.marioff.com/de/water-mist/wassernebel-brandbekaempfungssysteme. Zugegriffen:
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536 8 Arbeitsschutz und Schiffssicherheit, Brandschutz

33. http://www.mt-boehlen.de/downloads/International%20Convention%20for%20the%20
Safety%20of%20Life%20at%20Sea.pdf. Zugegriffen: 23. Jan. 2017
34. http://www.schiffslexikon.com/rettungsboot-65.html. Zugegriffen: 23. Jan. 2017
35. http://de.wikipedia.org/wiki/Duplexweiche. Zugegriffen: 24. Juli 2017
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37. www.amateurfunkpruefung.de. Zugegriffen: 28. Dez. 2017
38. www.a-spe.com. Zugegriffen: 28. Dez. 2017
39. www.baua.de. Zugegriffen: 28. Dez. 2018
Umweltschutz in der Seeschifffahrt
9

Das Thema „Meeresumweltschutz“ findet bereits seit etlichen Jahren international große
Bedeutung. Umweltgefährliche Chemikalien im Schiffsanstrich, das Einschleppen von
standortfremden Organismen mit dem Ballastwasser, das Einbringen von Abwasser und
Abfällen ins Meer sowie die Schadstoffe aus Abgasen oder Ölverunreinigungen können
den Zustand der Meeresumwelt nachhaltig beeinträchtigen.

9.1 Umweltschutzvorschriften im Seeverkehr

Fragen der Seeschifffahrt werden aufgrund ihrer globalen Ausrichtung in erster Linie
durch die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (International Maritime Organisa-
tion – IMO) geregelt. Aspekte des Umweltschutzes werden dort im Umweltausschuss
„Marine Environmental Protection Committee – MEPC“ behandelt und sind über-
wiegend im Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung
durch Schiffe (MARPOL) festgeschrieben. Dieses Übereinkommen ist in Deutschland
durch das Marpol-Gesetz in nationales Recht umgesetzt worden.
Die völkerrechtliche Vereinbarung MARPOL besteht aus dem ursprünglichen
Übereinkommen, zwei zusätzlichen Protokollen und sechs Anlagen. Die Anlagen (auch
mit Annex bezeichnet) I bis VI des Übereinkommens regeln die verschiedenen Arten von
möglichen Umweltbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit dem Schiffsbetrieb:

• Anlage I: Verhütung der Verschmutzung durch Öl,


• Anlage II: Verhütung der Verschmutzung durch schädliche flüssige Stoffe,
• Anlage III: Verhütung der Verschmutzung durch Schadstoffe, die in verpackter Form
befördert werden,
• Anlage IV: Verhütung der Verschmutzung durch Schiffsabwasser,

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 537
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0_9
538 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

• Anlage V: Verhütung der Verschmutzung durch Schiffsmüll,


• Anlage VI: Regeln zur Verhütung der Luftverunreinigung durch Seeschiffe.

Weitere wichtige Übereinkommen der IMO, die den Umweltschutz in der Seeschifffahrt
betreffen, sind:

• das Internationale Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch


das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972 (London-Übereinkommen)
und sein (das Übereinkommen aktualisierendes) Protokoll von 1996 (London-Protokoll),
• das Internationale Übereinkommen über Verbots- und Beschränkungsmaßnahmen für
schädliche Bewuchsschutzsysteme von Schiffen (AFS-Übereinkommen, 2001),
• das Internationale Übereinkommen zur Überwachung und Behandlung von Ballast-
wasser und Sedimenten von Schiffen (Ballastwasser-Übereinkommen, 2004),
• das Internationale Überkommen über das sichere und umweltfreundliche Recycling
von Schiffen (Hongkong-Konvention, 2009 verabschiedet).

Auf europäischer Ebene ist der Umweltschutz in der Seeschifffahrt auch im Überein-
kommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR-Übereinkommen,
1992) und der Ostsee (Helsinki-Übereinkommen, 1992) thematisiert. Das Grünbuch
(2006) und das Blaubuch (2007) über die künftige Meerespolitik der EU benennen viele
der bestehenden Probleme im Seeverkehr und zeigen Strategien zu deren Lösung auf.
Das Blaubuch enthält unter anderem einen Aktionsplan für die EU-Kommission, der
dringend erforderliche Maßnahmen für den Bereich Schifffahrt (u. a. zur Minderung
der Luftverschmutzung) beschreibt. Aus dem Blaubuch abgeleitet ist die EU-Meeres-
strategie-Rahmenrichtlinie (MSRL), die 2008 in Kraft getreten ist. Sie enthält einen inte-
grativen Ansatz, der eine nachhaltige Nutzung der europäischen Meere fördern und die
Meeresökosysteme schützen und erhalten will. Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 einen guten
Meereszustand zu erreichen oder zu erhalten.
Weiterhin ist auf europäischer Ebene die Richtlinie überHafenauffangeinrichtun-
gen für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände (Richtlinie 2000/59/EG) zu nennen. Da
ein Überbordkippen von Abfällen in aller Regel unzulässig ist, müssen die an Bord
anfallenden Abfälle zwischengelagert und im nächsten Hafen an Land zur Entsorgung
gegeben werden. Mit dieser Richtlinie soll die Verfügbarkeit und Inanspruchnahme
von Hafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände verbessert
und festgeschrieben werden. Die Richtlinie gilt grundsätzlich für alle Schiffe, die
einen Hafen eines EU-Landes anlaufen, gleich unter welcher Flagge sie fahren. Ledig-
lich Behördenfahrzeuge und Kriegsschiffe sind von ihr ausgenommen. Die EU-Länder
haben zu gewährleisten, dass deren Häfen mit entsprechenden Auffangeinrichtungen
ausgerüstet sind. Weiterhin wird in dieser Richtlinie geregelt, dass Kapitäne von
Schiffen (die keine Fischereifahrzeuge oder Sportboote mit einer Zulassung für bis
9.1 Umweltschutzvorschriften im Seeverkehr 539

zu 12 Passagiere sind), die einen EU-Hafen anlaufen wollen, im Voraus Meldung


erstatten müssen über:

• den letzten Hafen und den Zeitpunkt der letzten Entladung von Schiffsabfällen,
• die Art und Menge der zu entladenden und/oder an Bord verbleibenden Schiffsabfälle
und Ladungsrückstände und den Prozentsatz der maximalen Lagerkapazität.

Alle Schiffsabfälle müssen vor dem Auslaufen aus einem EU-Hafen in einer Hafenauffang-
einrichtung entladen werden, sofern der Kapitän nicht belegen kann, dass auf dem Schiff
genügend Lagerkapazität vorhanden ist, um den Entladehafen zu erreichen. Dennoch kann
das EU-Land verlangen, dass die Abfälle vor dem Auslaufen entladen werden müssen, wenn

• in dem anzulaufenden Hafen keine geeigneten Einrichtungen zur Verfügung stehen,


• oder dieser Hafen nicht bekannt ist,
• und daher die Gefahr besteht, dass die Abfälle über Bord gegeben werden.

Diese Richtlinie haben die Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland, die über
Häfen verfügen, die von entsprechenden Schiffen angelaufen werden, mit Landeshafen-
entsorgungsgesetzen jeweils für ihren Bereich als verbindlich erklärt.
Darüber hinaus ist noch das Übereinkommen über Sammlung, Abgabe und Annahme
von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt vom 09.09.1996 (CDNI) zu nennen,
welches am 01.11.2009 in Kraft getreten ist.1 Da die Entsorgung der Schiffsabfälle von
Land aus bzw. auf Land erfolgt, werden mit diesem Übereinkommen Regeln definiert,
die für die beteiligten Parteien bindend sind. Diese zielen ab auf

• die Förderung der Abfallvermeidung,


• die Organisation der Abfallentsorgungsmöglichkeiten auf dem gesamten Wasserstra-
ßennetz,
• die Gewährleistung einer angemessenen Finanzierung im Hinblick auf das „Ver-
ursacherprinzip“ und
• auf die Erleichterung der Einhaltung der Verbote für die Binnenschifffahrt hinsichtlich
der Abfallentsorgung durch Überbordkippen in die Gewässer.

Dieses Übereinkommen wurde durch die Bundesrepublik Deutschland mit Gesetz vom
13.12.2003, BGBl. II S. 1799, in nationales Recht umgesetzt.
Neben den internationalen Regelungen gelten für Schiffe unter deutscher Flagge und
auch für Schiffe unter ausländischer Flagge in deutschen Hoheitsgewässern ggf. weiter-
gehende deutsche Vorschriften zum Umweltschutz, wie beispielsweise das Bundes-Im-
missionsschutzgesetz (BImSchG), das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) oder auch das
Wasserhaushaltsgesetz (WHG).

1Näheres dazu [79].


540 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

9.2 Mögliche Umweltbeeinträchtigungen

In den folgenden Abschnitten werden einige Szenarien aufgezeigt, durch die die Schiff-
fahrt die Umwelt, insbesondere die Meeresumwelt, aber auch die Luft, beeinträchtigen
kann und welche grundsätzlichen Maßnahmen dagegen getroffen werden können.

9.2.1 Verschmutzung durch Öl

Ölkatastrophen, wie sie z. B. durch die Unfälle der Tanker Erika (1999 vor der französi-
schen Bretagne-Küste) und Prestige (2002 vor der Nordwestküste Spaniens) verursacht
wurden, müssen in Anzahl und Ausmaß vermindert werden. Ölverschmutzungen und
Ölunfälle können das Meeresökosystemen nachhaltig schädigen. Mit Ausnahme weni-
ger Schweröle schwimmt Öl zunächst an der Wasseroberfläche. Dünnflüssige Öle (leich-
tere Rohöle und die meisten Ölprodukte) breiten sich sehr schnell aus und bilden eine
dünne Schicht. Zähe Öle, wie Schweröl, breiten sich langsamer aus und bilden dickere
Ölteppiche. Bei ausreichendem Wind zerteilt der Seegang dünnflüssiges Öl in Tropfen,
zähes in größere Klumpen. Während die größeren direkt an beziehungsweise unter der
Oberfläche bleiben und im dünnflüssigen Fall wieder zusammenfließen, bleiben Tröpf-
chen unterhalb einer gewissen Größe stabil im Wasser und werden langsam in tiefere
Wasserschichten verteilt oder an den Küsten angespült.
Ölteppiche dämpfen den Seegang, sodass Seevögel die glatten Flächen oft für einen
Ruheplatz halten und dort landen. In der Folge verklebt das zähflüssige Öl ihr Gefieder,
zerstört die Wärmeisolation und teilweise die Schwimmfähigkeit und wird, wenn die
Vögel versuchen, sich zu reinigen, aufgenommen. Dies führt in der Regel zu einem
Massensterben von Seevögeln durch Ersticken, Unterkühlung, Ertrinken und Vergiftung.
Gelangt das Öl an die Küste, setzt es sich zunächst dort fest. Im Laufe der Zeit wird
es besonders an Küsten mit starker Brandung wieder abgewaschen und so mit wechseln-
den Wetter- und Tidenverhältnissen unter Umständen auch mehrfach umgelagert. Noch
relativ flüssiges, an Stränden abgelagertes Öl vergiftet oder erstickt Bodenlebewesen wie
Würmer oder Schnecken.
Bedroht ist nicht nur die Natur: Auch die Fischerei, der Tourismus und der Küsten-
schutz sind davon betroffen. Insbesondere in sensiblen Meeresgebieten, wie zum Bei-
spiel im Wattenmeer oder in polaren Gewässern, würde ein Ölunfall eine ökologische
Katastrophe mit lang anhaltenden Folgen bedeuten.
So hat beispielsweise aufgrund des Unfalls des Öltankers „Exxon Valdez“ 1989 vor
Alaska der Umweltausschuss der IMO im Dezember 2003 verschärfte Altersgrenzen für
Einhüllenöltanker sowie das Verbot, Schweröl in Einhüllentankern mit über 5000 t Trag-
fähigkeit zu transportieren, beschlossen. Tanker mit einer Tragfähigkeit von mehr als
5000 t müssen seither mit einer Doppelhülle ausgestattet sein. Diese zweite Außenhülle
soll verhindern, dass nach einem Zusammenstoß Öl ausläuft [79].
9.2 Mögliche Umweltbeeinträchtigungen 541

Tab. 9.1  Einleitbedingungen von Schiffsabwässern nach MARPOL Annex IV


Einleiten von Schiffsabwässern
Unbehandelt Mechanisch behandelt und Aus Abwasseraufbereitungs-
desinfiziert anlagen
(Regel 11 Abs. 1 Nr. 1) (Regel 11 Abs. 1 Nr. 2)
•≥  12 sm vom nächstgelegenen • ≥
 3 sm vom nächstgelegenen • Zugelassene Abwasser-
Land Land behandlungsanlage, die
• Von der zust. Verwaltung die Anforderungen der
zugelassene Einleitrate Regel 9.2.1 erfüllt und
•S  chiff hält beim Einleiten • In dem umgebenden Wasser
Kurs und keine Festkörper und keine
• eine Geschwindigkeit ≥4 kn Verfärbungen sichtbar macht

9.2.2 Verschmutzung durch Schiffsabwässer

Für das Einleiten von Schiffsabwässern in Meeresgewässer sind vor allem die in MAR-
POL Annex IV enthaltenen Regelungen maßgebend, auf die sich andere Abkommen und
die nationale Gesetzgebung beziehen. Im Allgemeinen gelten die Einleitungsvorschriften
nach MARPOL Annex IV für Schiffe auf internationaler Fahrt, die entweder bei einer
Bruttoraumzahl (BRZ) ≥400 liegen oder bei <400 für mehr als 15 Personen zugelassen
sind. Als Personen gelten dabei sowohl Besatzungsmitglieder als auch Passagiere. Sport-
boote sind von den Regelungen aus MARPOL Annex IV ausgenommen.
Das ungeregelte Einleiten von Abwässern ist grundsätzlich verboten. Unter
bestimmten Bedingungen dürfen Abwässer jedoch in das Meer eingeleitet werden
(s. Tab. 9.1). So dürfen zum Beispiel mechanisch behandelte und desinfizierte Abwässer
ab einer Entfernung von 3 Seemeilen zur Küste (Basislinie) eingeleitet werden. In
Sondergebieten, wie beispielsweise der Ostsee, gelten strengere Einleitungsvorschriften
für Passagierschiffe. Als Passagierschiff gilt jedes Schiff, das mehr als 12 Passagiere
befördert. Dort ist das Einleiten nur erlaubt, sofern die Passagierschiffe über eine nach
IMO-Standards zertifizierte Abwasserbehandlungsanlage verfügen und darin das
Abwasser so aufbereitet wird, dass die Einleitung keine sichtbaren schwimmenden Fest-
körper oder Verfärbungen verursacht.
Für die Nordsee und den Nordostatlantik, die durch das OSPAR-Übereinkom-
men besonderen Schutz genießen, wurden hinsichtlich der Einleitung von Abwässern
die Regelungen nach MARPOL übernommen. Eine Besonderheit ist, dass die IMO
im Jahr 2011 die Ostsee als erstes und bisher einzigesSondergebiet2 nach MARPOL
Anlage IV ausgewiesen hat, sodass dort strengere Vorschriften für das Einleiten von
Abwässern von Passagierschiffen im Hafen festgeschrieben sind. Diese Vorschriften
treten jedoch erst dann in Kraft, wenn alle Anrainerstaaten „genügend“ Auffanganlagen

2Liste der zurzeit bestehenden Sondergebiete siehe [54].


542 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

(Port Reception Facilities) für Abwasser gemeldet haben. Im Ostseegebiet haben die
MARPOL-Vorschriften durch HELCOM (Annex IV) auch für kleinere Schiffe und
Sportboote Gültigkeit, sofern sie eine Toilette an Bord haben. Dann wird beispielsweise
die Ausstattung mit Abwasserrückhaltesystemen an Bord vorgeschrieben, sodass die
Abwässer im Hafen abgegeben werden müssen.
National wird das Einleiten von Schiffsabwässern von den vorgenannten Regelun-
gen abgeleitet und in der Verordnung über das umweltgerechte Verhalten in der See-
schifffahrt (§ 9 Abs. 1 SeeUmwVerhV) konkretisiert. Das Verbot der Einleitung von
Abwässern betrifft „nach Maßgabe der MARPOL-Vorschriften alle Schiffe ab einer
bestimmten Größe auf internationaler Fahrt sowie alle Schiffe und Sportboote auf der
Fahrt zwischen deutschen Häfen, in den Mündungsgebieten schiffbarer Flüsse, im
Küstenmeer, sowie alle Schiffe und Sportboote, die die Bundesflagge führen, auf der
Fahrt zwischen deutschen Häfen“. Speziell in der Ostsee wird ergänzt, dass „Sportboote,
die entgegen § 6b Abs. 1 Schiffssicherheitsverordnung nicht mit einem Tank ausgestattet
sind und keiner Befreiung unterliegen, das Küstenmeer nicht befahren dürfen“ [79].
Darüber hinaus gilt für das Einleiten von Abwasser von Fahrgastschiffen inner-
halb eines Sondergebietes (wie z. B. der Ostsee):
Einleiten von Abwasser ins Meer ist neuen Fahrgastschiffen ab dem 01.01.2016 und
vorhandenen Fahrgastschiffen ab dem 01.01.2018 verboten, es sei denn die folgenden
Bedingungen sind erfüllt:

• zugelassene Abwasserbehandlungsanlage an Bord, die die Anforderungen der


Regel 9.2.1 Anlage IV zu MARPOL erfüllt und
• in umgebendem Wasser werden keine Festkörper und keine Verfärbung sichtbar.

9.2.3 Verschmutzung durch Schiffsmüll

Durch geplante Maßnahmen im Rahmen der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie


(MSRL), wie die konsequente Mülldokumentation und -trennung an Bord oder ver-
schärfte Kontrollen auf See und in den Häfen, soll eine signifikante Reduktion der ins
Meer eingetragenen Abfälle bis 2020 erreicht werden, um dazu beizutragen, den „guten
Umweltzustand“ der europäischen Meeresregionen wiederherzustellen oder zu erhalten.
Dies wird unterstützt durch entsprechende Maßnahmen innerhalb der regionalen Aktions-
pläne im Rahmen der Meeresschutzübereinkommen für den Nordostatlantik (OSPAR) und
die Ostsee (HELCOM). Dazu gehören beispielsweise Vorgaben zu einem koordinierten
Vorgehen zur teilweisen bis hin zur vollständigen Integration von Abfallgebühren in die
regulär zu zahlenden Hafengebühren, um illegalen Verbringungen vorzubeugen.
Der Eintrag von Abfällen in das Meer wird international durch das MARPOL Annex V
geregelt. Bis auf definierte Ausnahmen (Nahrungsabfälle, unschädliche Ladungsrück-
stände, Reinigungsmittel und Zusätze sowie Tierkadaver) darf von Schiffen kein Müll ins
Meer gelangen. Seit Januar 2013 gelten diese Vorgaben weltweit. Strengere Regelungen
9.2 Mögliche Umweltbeeinträchtigungen 543

gelten beim Aufenthalt in besonders sensiblen Gebieten, die aufgrund ihrer spezifischen
ozeanischen und ökologischen Konditionen als Sondergebiete (z. B. die Ost- und Nord-
see) ausgewiesen wurden. In diese dürfen keine während des Transports anfallenden Tier-
kadaver entsorgt werden. Auch das Einbringen von Nahrungsabfällen, die nicht pulverisiert
wurden, sowie Ladungsrückständen, die sich nicht im Waschwasser befinden, ist nicht
erlaubt [73].
Einen Überblick über die Beschränkungen für das Einbringen oder Einleiten von
Abfällen ins Meer nach MARPOL Annex V, Regeln 4–6, findet sich in Anhang 28.

9.2.4 Luftverunreinigung durch Schiffsabgase

Abgase entstehen an Bord von Schiffen in erster Linie durch den Betrieb der Antriebs-
maschinen. Ferner sind, insbesondere während der Liegezeiten im Hafen, die Emissio-
nen der EDiMot-Anlagen3 nicht zu vernachlässigen. Von weiterer Relevanz sind auch die
Abgase der Schiffsmüllverbrennungsanlagen.
MARPOL Annex VI widmet sich diesem Themenkomplex.

9.2.5 Verschleppung von Organismen durch Ballastwasser

Bei der Aufnahme von Ballastwasser werden regelmäßig Organismen aufgenommen, bei
denen es sich um kleine Fische, Benthos- und Planktonorganismen oder auch pathogene
Keime handeln kann [52]. Diese werden freigesetzt, wenn das Ballastwasser an ande-
rer Stelle wieder aus den Ballastwassertanks gepumpt wird (s. auch Abb. 9.1). Durch
den immer schneller werdenden Schiffsverkehr wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die
Organismen die Passage in den Ballastwassertanks überleben. Mittlerweile haben sich
auf diesem Weg zahlreiche fremde Arten etwa in der Nord- und Ostsee angesiedelt, wo
z. B. der Schiffsbohrwurm vor allem an den Küstenschutzanlagen wie Buhnen Schäden
anrichtet, indem er die Hölzer dieser Bauwerke zerfrisst.
Mit dem Ballastwasserübereinkommen, welches im Februar 2004 bei der IMO ver-
abschiedet wurde, versucht man der Verschleppung nicht heimischer Organismen durch
das Ballastwasser entgegenzuwirken. Dieses Übereinkommen fordert ein Ballastwasser-
management, das weitgehend auf den bisher üblichen unkontrollierten Wasseraustausch
bei Aufnahme und Abgabe von Ballastwasser verzichtet. Stattdessen muss das Ballast-
wasser an Bord jedes Schiffes durch entsprechende Ballastwasserbehandlungssysteme
vor der Abgabe in die Meeresumwelt so behandelt werden, dass ein in dem Überein-
kommen vorgeschriebener Standard (D2-Standard) erreicht wird. Dieser wird durch ent-
sprechende Ballastwasserbehandlungsanlagen erzielt. Für eine Übergangszeit erlaubt das

3Elektrodieselmotoraggregate.
544 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Abb. 9.1 Füllen und Lenzen der Ballastwassertanks. (Grafik: Maxxl2, CC BY-SA 3.0)

Übereinkommen unter bestimmten Voraussetzungen den Ballastwasseraustausch nach


dem weniger anspruchsvollen D1-Standard.
Da es sich bei dem Ballastwasserübereinkommen um eine völkerrechtliche Vereinbarung
handelt, bedarf dieses der Ratifizierung und Umsetzung in nationales Recht. Deutschland ist
dem Übereinkommen am 13.02.2013 mit dem Ballastwasser-Gesetz beigetreten.

9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz

In den folgenden Abschnitten werden technische Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, um den


rechtlichen und technischen Anforderungen an den Meeresumweltschutz gerecht zu werden.

9.3.1 Abfallmanagement an Bord

Ein Schiff kann wie ein privater Haushalt, wie ein kleiner Gewerbebetrieb oder gar
wie ein großes Dorf, je nach Art des Schiffes und seiner Passagier- und Besatzungs-
zahl, betrachtet werden. So ist es nicht verwunderlich, dass auf einem Schiff insofern
auch ähnliche Müllmengen anfallen wie an Land. Hierbei können Zahlenwerte von etwa
1,5 kg pro Person und Tag [23] bis hin zu 5,3 kg pro Person und Tag (2,5 kg Speisereste,
1,8 kg Verpackungsabfall, 1 kg Glas- und Dosenmüll; [58]) in Ansatz gebracht werden.4

4In der Zeit Online wird beispielsweise eine Menge von bis zu 3 kg pro Person und Tag genannt

[78].
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 545

Wie vorstehend ausgeführt, ist das Überbordgeben der anfallenden Abfälle grundsätz-
lich – bis auf wenige Ausnahmen, vgl. Anhang 28 – nicht erlaubt. Bis zur Übergabe an
Land oder bis zur Entsorgung durch bordeigene Schiffsmüllverbrennungsanlagen muss
der Abfall auf dem Schiff zwischengelagert werden. Das erfordert ein entsprechendes
Müllmanagement an Bord.

9.3.1.1 Sortierung und Lagerung an Bord


Die Richtlinie von 2012 für die Durchführung der Anlage V von MARPOL (VkBl 20/2012
Nr. 181 S. 795 ff.) enthält Hinweise und Konkretisierungen zum Abfallmanagement. Hin-
sichtlich der Müllbehandlung an Bord wird darin zunächst eine Abfallverringerung bzw.
Abfallvermeidung angestrebt. Schiffseigentümer und -betreiber sollen das Material, das
sie an Bord nehmen und das aus dem Müll entstehen könnte, verringern, wodurch das
Entstehen von Abfällen vermieden werden soll. In dem Zusammenhang wird geraten:

• Vorräte in Großpackungen an Bord zu nehmen (um die Menge an Verpackungsmüll


zu reduzieren),
• Verwendung von Vorräten, die in wiederverwendbaren oder wiederverwertbaren Ver-
packungen und Behältern geliefert werden,
• möglichst kein Einmalgeschirr,
• Verwendung von ständig wiederverwendbaren Abdeckungen zum Schutz der Ladung
anstelle von Kunststoffplanen zum einmaligen Gebrauch,
• Anwendung von Systemen und Methoden zum Stauen der Ladung, bei denen Stau-
holz, Abstützungen, Verkleidungen und Verpackungen wiederverwendet werden,
• Abgabe des Stauholzes, der Verkleidungen und Verpackungen, die beim Ladungs-
umschlag in den Häfen anfallen, an die Hafenauffanganlagen.

Nicht zu vermeidende Abfälle müssen ordnungsgemäß und schadlos entsorgt wer-


den. Das kann durch Verbrennung in bordeigenen Verbrennungsanlagen oder durch
Zwischenlagerung an Bord und Übergabe an Land erfolgen.
So werden Speisereste, insbesondere aus dem Küchenbereich von Kreuzfahrtschiffen,
mittels Unterdruck in einen Müllbereich gesaugt und dort in verschiedenen Arbeits-
schritten zerkleinert und getrocknet. Hierbei entsteht eine torfartige Masse, die gut
brennt und einer evtl. vorhandenen bordeigenen Verbrennungsanlage zugeführt werden
kann. Gleiches gilt für zerkleinerte Abfälle aus Holz, Papier/Pappe und Kunststoffen
(Zerkleinerer bzw. Schredder; s. Abb. 9.2) sowie Klärschlämme aus der Abwasser-
behandlungsanlage und Ölschlämme aus dem Maschinenraum.
Soweit eine Schiffsmüllverbrennungsanlage nicht an Bord betrieben wird, stellt sich
allerdings die Frage, wie der Abfall, insbesondere in welcher Trennschärfe, zwischen-
gelagert werden muss. MARPOL Anlage V, die Richtlinie über Hafenauffangein-
richtungen für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände (Richtlinie 2000/59/EG) wie
auch das Übereinkommen über Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der
Rhein- und Binnenschifffahrt vom 09.09.1996 (CDNI) erfordern die Bereitstellung von
546 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Abb. 9.2 Abfallschredder

Hafenauffangeinrichtungen zur Abgabe von Schiffsmüll. Dort wird der Abfall an Land
übergeben. Die weitere Entsorgung erfolgt dann von dort nach den jeweiligen Vor-
schriften der Hafenstaaten. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass beispielsweise in
einem asiatischen Hafen eine von in Deutschland typische Trennung in einzelne Abfall-
arten abweicht. Selbst in den deutschen Häfen können theoretisch unterschiedliche
Sortiertiefen erforderlich sein.
Das resultiert in erster Linie aus den unterschiedlichen Entsorgungskonzepten der
Hafenkommunen, denen die Abfälle direkt oder einem von der Kommune Drittbeauf-
tragten angedient werden. Mithin werden teilweise unterschiedliche Anforderungen an
die Getrennthaltung und Sortierung der Abfallfraktionen sowohl auf den Schiffen als
auch in den Häfen notwendig.
Egal, in welche Fraktionen der Müll zu trennen und zwischenzulagern ist, der Lage-
rung sollte eine Vorbehandlung vorausgehen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen
um Behandlungsmaßnahmen, die auf eine Reduzierung der Müllmenge gerichtet sind,
um Platz zu sparen. Hierbei kommen neben Schreddern (Abb. 9.2), beispielsweise
zum Zerkleinern von Glas, z. B. auch Kompaktoren (Abb. 9.3) zum Komprimieren von
Papier, Getränkedosen oder ähnlichen losen Abfällen infrage.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 547

Abb. 9.3 Müllkompaktor

Die Beantwortung der Frage, in welche Fraktionen der Müll an Bord getrennt werden
sollte, richtet sich zunächst nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Nach §§ 11
und 14 KrWG, dem Batteriegesetz und dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz sind
zum Zwecke der Förderung des Recyclings und der sonstigen stofflichen Verwertung
Bioabfälle, Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfälle sowie gebrauchte Batterien und
Elektroaltgeräte getrennt zu sammeln, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich
zumutbar ist. Alle anderen Abfälle sind dann als Restmüll zu sammeln.
Vor dem Hintergrund der möglicherweise flächendeckenden Einführung einer Wert-
stofftonne, wie bereits schon von etlichen Kommunen praktiziert, könnte sich die Müll-
trennung noch vereinfachen; in diese käme, was früher über den Gelben Sack gesammelt
wurde:
Kunststoffe und Verbundstoffe wie Joghurtbecher, Pflegemittel-, Plastiktüten,
Schaumstoffe, Shampooflaschen, Spül- und Waschmittelflaschen, Styroporschalen für
Lebensmittel, Zahnpastatuben. Darüber hinaus kommen z. B. in die Wertstofftonne:
Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff und Metall wie Duschvorhänge, Eimer, Gießkannen,
Kinderspielzeug, Klarsichthüllen, Wäschekörbe, Alufolie, -deckel, -schalen, Konserven-
dosen, Kronkorken, pfandfreie Getränkedosen, Einwickelfolie, Armaturen, Backformen,
Besteck, Drahtreste, Kehrbleche, Kleiderbügel, Nägel, Pfannen, Töpfe, Werkzeuge und
Ähnliches [50].
548 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Diese Forderungen des Sortierens richten sich aber primär an die Abfallentsorgung
an Land. Das heißt, dass in Deutschland – und auch in den anderen EU-Ländern – die
Abfälle aus den Hafenauffanganlagen gemäß dieser Sortiertiefen entsorgt werden. Tat-
sächlich können aber die entsorgungspflichtigen Körperschaften und sonstigen Ent-
sorger abweichende Regelungen treffen, sodass theoretisch in jedem Hafen andere
Entsorgungsstrukturen vorzufinden sind. Dennoch ist es ratsam, an Bord Abfallbe-
hälter für die vorstehend genannten Abfallfraktionen bereitzuhalten. Zusammenkippen
kann man immer, ein darüber hinausgehendes tieferes Sortieren in Abfallbehandlungs-
anlagen an Land ist auch möglich. Durch die beschriebene Sortiertiefe wird aber ein
rechtliches Mindestmaß an Abfalltrennung erreicht, mit dem die Abfälle in der Regel
unproblematisch an die Hafenauffangeinrichtungen übergeben werden können.
Im Hinblick auf die Umsetzung praktikabler Abfallmanagementsysteme muss dabei
auch an die Besatzungen der Schiffe gedacht werden. Diese werden zwangsläufig mit dem
Thema „Abfall“ konfrontiert. Dazu müssen sie effizient informiert, motiviert und aktiv in
die organisatorischen Abläufe eingebunden werden. Nun stelle man sich vor, wie es auf
das Besatzungsmitglied wirken muss, wenn dieses miterlebt, wie der von ihm akribisch
getrennte Müll im Hafen wieder in einem großen Container zusammengekippt wird, im
anderen Hafen die durchgeführte Abfalltrennung dagegen noch nicht ausreichend ist.
Es ist sicherlich selbstredend, dass auf die Abfallentsorgung in Häfen anderer Staaten
kein Einfluss genommen werden kann. Aber es muss dringend darauf hingewirkt werden,
dass zumindest für Schiffe unter deutscher Flagge und auch in den Hafenauffanganlagen
Deutschlands Abfalltrennsysteme noch vorstehender Beschreibung vorgehalten werden.
In Deutschlandweit sollte ein für alle Häfen einheitliches Entsorgungskonzept aufgestellt
und betrieben werden. Die Vorteile liegen auf der Hand:

• Durch eine Vereinheitlichung treten Kostenersparnisse ein. Falls keine Bindung an


die kommunale Entsorgung besteht, findet insofern auch keine Kostenbindung durch
die jeweilige Gemeinde statt. Der Hafenbetreiber kann bei eigener Beauftragung
geeigneter Unternehmer kalkulierbare Preisverhandlungen erzielen.
• Die Reedereien können auf ihre Schiffe „zugeschnittene“ und somit praktikable Kon-
zepte erstellen.
• Die Motivation der Besatzung, das für sie gültige Konzept zu akzeptieren und „zu
leben“, wird erhöht.

Aspekte zur Mülllagerung an Bord


Gemäß der berufsgenossenschaftlichen Richtlinie BGR 111 „Arbeiten in Küchenbetrieben“,
Ziff. 3.1.5.23 ist hinsichtlich der Lagerung von Lebensmittel- und Speiseabfällen Folgendes
zu beachten:

• Sammelbehälter für Lebensmittelabfälle, die bis zur Entsorgung zwischengelagert


werden müssen, sind im Freien oder in geeigneten Räumen aufzustellen, sodass von
ihnen keine Gesundheitsgefährdungen ausgehen können.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 549

• Einer schnellen Zersetzung von Lebensmittelabfällen wird entgegengewirkt, wenn die


Sammelbehälter in geeigneten Räumen oder Boxen mit einer Temperatur von max.
10 °C aufgestellt sind.
• Im Freien sind Sammelbehälter für Lebensmittelabfälle und Speisereste möglichst im
Schattenbereich aufzustellen, jedoch nicht im unmittelbaren Bereich von Öffnungen
zu Räumen, in denen Lebensmittel verarbeitet werden.
• Zur Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung durch Mikroorganismen müs-
sen Sammelbehälter für Speisereste und Lebensmittelabfälle nach der Entleerung
gereinigt und nötigenfalls desinfiziert werden.
• Sammelbehälter für Abfälle dürfen nach § 24 Abs. 1 der Unfallverhütungsvorschrift
„Allgemeine Vorschriften“ (BGV A1) nur so aufgestellt sein, dass Verkehrswege und
Arbeitsplätze nicht eingeengt werden.

Gefährliche Abfälle, also solche, die der Gefahrstoffverordnung unterliegen (wie z. B.


Lösemittel- und Farbreste), müssen in besonders belüfteten Räumen gelagert werden.
Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 520 geben hierzu nähere Hinweise.
Abfälle aus dem Sanitäts- bzw. Klinikbereich bedürfen ebenfalls einer besonderen
Lagerung; hier sind Aspekte des Infektionsschutzes vordergründig. Die Mitteilung Nr. 18
der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) formuliert entsprechende Anforderungen.
Grundsätzlich sollte der Müll an Bord in einer separaten Last gelagert werden. Um
Belästigungen oder gar Gefährdungen für Besatzung und Passagiere zu vermeiden, soll-
ten die Räume so belüftet werden, dass keine Geruchsbelästigungen an Bord durch den
Müll entstehen. Die Geruchs- und Keimbildung durch Zersetzungs- und Fäulnisprozesse
kann durch eine Kühlung des Mülllagerraums auf etwa 10 °C deutlich reduziert werden.

9.3.1.2 Abfallverbrennung an Bord

a) Einführung in die Thematik und Problemstellung


Ein Außenbordgeben von Schiffsmüll ist, wie vorstehend schon beschrieben, nach gelten-
dem Völkerrecht – und auch nach nationalen Vorschriften5 – in der Regel nicht zulässig.
Häufig ist auf Wasserfahrzeugen jedoch kein ausreichender Platz für die Zwischen-
lagerung aller an Bord anfallenden Abfälle vorhanden, um sie dann im nächsten Hafen
einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Aus Sicht der Reeder lässt sich der für
die Mülllagerung erforderliche Speicherplatz sicherlich für die ureigenen Zwecke, für
die das Schiff konzipiert ist, nutzen, wenn man diesen nicht vorhalten muss – nämlich
als Frachtraum oder als Kojenplatz für die Aufnahme von Passagieren. Hier ist vor allem
die Passagierschifffahrt betroffen. Bei einer Passagierkapazität von nicht selten mehr als
2000 Personen, zuzüglich etwa 700 Mannschaftsmitgliedern, ist das tägliche Abfallauf-
kommen mit dem eines kleinen Dorfes durchaus vergleichbar. So liegt der Müllanfall
(brennbare Stoffe) auf Kreuzfahrtschiffen quantitativ bei ca. 2,5 kg pro Kopf und Tag und

5Vgl. z. B. das Hohe-See-Einbringungsgesetz.


550 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

besteht qualitativ aus verschiedenen Biomassefraktionen, Verpackungen, Papier, Glas,


Metallen, Holz sowie Schlamm aus der Brennstoff- und Schmierölaufbereitung, wobei
der brennbare Anteil bei etwa 1,2–1,5 kg pro Person und Tag liegt.6
Damit fallen z. B. auf der AIDAdiva – einem modernen Kreuzfahrtschiff der
AIDA-Cruises aus Rostock – mit maximal 2500 Passagieren und 607 Besatzungsmit-
gliedern [77] demnach etwa 4,2 t Abfälle pro Tag an. Daher werden beispielsweise die
brennbaren Abfälle aller AIDA-Schiffe nach Angaben von AIDA-Cruises an Bord ein-
geäschert [2, S. 19, 21].
Die erforderliche Durchsatzleistung D in kg/h einer Schiffsmüllverbrennungsanlage
(Incinerator genannt) berechnet sich nach Gl. 9.1:
D = P · A/24 h/d (9.1)
mit
A durchschnittliches Abfallaufkommen pro Person und Tag,
B Anzahl der Personen an Bord.

Beispiel
Bei 3000 Personen an Bord mit einem durchschnittlichen Aufkommen brennbarer
Abfälle von 1,2 kg pro Person und Tag müsste eine Schiffsmüllverbrennungsanlage
folgende Durchsatzleistung haben:
D = 3000 · 1,2 kg/d/24 h/d = 150 kg/h.
Und es ist nicht nur ein Platzproblem; auch unter hygienisch-gesundheitlichen Aspekten
ist eine Mülllagerung an Bord mit der damit einhergehenden Bildung von Keimen (Bak-
terien, Viren und Schimmelpilze) nicht unbedenklich. Gerade an Bord eines Schiffes –
als ein mehr oder weniger geschlossenes System – ist die Bildung und Verschleppung
von Keimen ein nicht zu unterschätzender Faktor: Die Vermehrung der Keime erfolgt
rasant, in einem bestimmten Zeitfenster exponentiell. Breiten sich diese – insbesondere
bei einer unsachgemäßen Abfalllagerung – über das Lüftungssystem des Schiffes aus,
kann das zu ernstzunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Besatzung
und für die Mitreisenden führen.
Mithin ist eine Abfallverbrennung, insbesondere für Schiffe mit längeren Stehzeiten
in See, durchaus sinnvoll. Die Vorteile lassen sich wie folgt zusammenfassen:

• Verringerung der Brandlast und Explosionsgefahr an Bord,


• Vermeidung von Geruchsbelästigungen,

6Hellwig et al. gehen von 1,2 kg pro Kopf und Tag brennbarer Abfälle aus [19]; eigene Recherchen
bei der Deutschen Marine liefern 1,5 kg pro Kopf und Tag als durchschnittliches brennbares Abfall-
aufkommen.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 551

Tab. 9.2  Anhaltswerte Art der Abfälle zur Verbrennung In Gew.-%


Zusammensetzung Schiffsmüll
Papier, Pappe, Kartonagen (PPK) 55–75
Kunststoffe 17–23
Holz 5–6
Textilien, auch verunreinigt mit Öl 3–5
Kombüsenabfälle 2–3
Inertanteile, wie z. B. Metalle 2
Abfälle aus dem Klinikbereich 1
100

• Verringerung der hygienisch-gesundheitlichen Belastung der Besatzung und ggf. Mit-


reisender,
• größere Raumverfügbarkeit für die eigentliche Zielverwendung des Schiffes durch
Reduzierung der gelagerten Müllmenge,
• umweltverträgliche Abfallbeseitigung (Voraussetzung: die eingebaute Anlage ent-
spricht dem Stand der Technik),
• deutliche Vereinfachung bei der Abfallsortierung an Bord durch Reduzierung der
Abfallfraktionen,
• Reduzierung des technischen Aufwands für Abfallkompaktoren, Abfallschredder und
Kühlung der Abfalllagerräume etc.,
• Vereinfachung der schiffsinternen Betriebsabläufe bezüglich des Abfallmanagements.

Tab. 9.2 gibt einen Überblick über die typische Schiffsmüllzusammensetzung, die einer
Verbrennung zugeführt wird. Es ist allerdings nicht möglich, genaue Zahlenwerte für
die Müllzusammensetzung zu formulieren; Schiffsmüll zeichnet sich, genau wie Haus-
müll auch, durch eine hohe Heterogenität hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe als auch seiner
Feuchte aus. Es ist insofern nahezu unmöglich, den Schiffsmüll exakt zu charakterisie-
ren, der für die Verbrennung geeignet ist. Das hier vorgestellte Datenmaterial hat letzt-
lich nur den Charakter von Orientierungswerten. Insofern gibt auch Tab. 9.2 nur eine
grobe Orientierung hinsichtlich der prozentualen Abfallzusammensetzung wieder.
Im Abgas der Abfallverbrennungsanlage sind jedoch Schadstoffe enthalten, die es
zu begrenzen gilt. Daher sind an die Schiffsmüllverbrennung Anforderungen bezüglich
des Abfallausbrands und der im Abgas der Verbrennungseinrichtungen enthaltenen Luft-
schadstoffe zu stellen.7 Die hierbei zu beachtenden rechtlichen Anforderungen nationaler
und internationaler Regelungen – ggf. auch ihre Konkurrenzen untereinander – werden
im Folgenden aufgezeigt.8

7Zum Thema der Nachhaltigkeit insbesondere [33, S. 113, 55].


8Zu der Gesamtthematik s. [32, S. 72 ff.].
552 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

b) Völkerrechtliche Regelungen
Zunächst ist MARPOL zu nennen. Im Annex VI zu MARPOL formuliert Regel 16
Anforderungen an den Bau und Betrieb für seit 2005 auf Schiffen eingebaute Müllver-
brennungsanlagen. Nach Regel 16 Abs. 6.1 müssen diese Incineratoren den Vorschriften des
Anhangs IV dieses Annex VI genügen; Ausnahmen werden in Regel 16 Abs. 6.2 genannt.
Darüber hinaus muss jede Anlage von der zuständigen Behörde – in Deutschland ist
das die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft – nach einer von der
IMO ausgearbeiteten Normenspezifikation zugelassen sein. Diese Normenspezifikation
ist die IMO-Resolution MEPC.76(40)9.
Die MEPC. 76(40) enthält relativ detaillierte Anforderungen an Abfallverbrennungs-
anlagen auf Schiffen, die sich zum Teil mit den Inhalten der für deutsche Müllver-
brennungsanlagen geltenden Abfallverbrennungsanlagen-Verordnung (17. BImSchV, Stand
27.01.2009) decken. Das gilt insbesondere für Anforderungen an den Betrieb der Anlagen
(vgl. Tabelle in Anhang 29).

c) Europäische Rechtsakte
Hier ist zunächst die europäische „Richtlinie über Industrieemissionen“ (Richtlinie
2010/75/EU) zu nennen. Diese Richtlinie legt u. a. Anforderungen fest an:

• die Betriebsbedingungen der Verbrennungseinrichtungen,


• Emissionsgrenzwerte in die Luft,
• den Umgang mit Rückständen aus der Anlage,
• Kontroll- und Überwachungseinrichtungen,
• Messbedingungen.

Diese Richtlinie ist in Deutschland durch die immissionsschutzrechtliche „Müllver-


brennungsanlagen-Verordnung“, 17. BImSchV, umgesetzt worden.
In der „Schiffsausrüstungsrichtlinie“10 wird eine „Baumusterzulassung“ für in die-
ser Richtlinie genannte Anlagen und Einrichtungen vorgesehen. Im Anhang A.1 werden
unter Zif. A.1/2.7 „Verbrennungsöfen an Bord“ genannt, die danach die Anforderungen der
völkerrechtlichen IMO-Entschließung MEPC. 76(40) erfüllen müssen, um eine Baumuster-
zulassung zu erhalten.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass an Schiffsmüllverbrennungsanlagen sowohl
völkerrechtlich durch MARPOL Annex VI wie auch durch die Schiffsausrüstungs-
richtlinie aufgrund ihrer Verweisung auf die Entschließung MEPC. 76(40) die gleichen

9International Maritime Organization, Resolution MEPC.76(40), „Normspezifikation für bord-


seitige Verbrennungsanlagen“ vom 23.02.2007 (VkBl. Nr. 6 vom 31.03.2007, S. 174).
10Richtlinie 2008/67/EG der Kommission vom 30.06.2008 zur Änderung der Richtlinie 96/98/EG des

Rates über Schiffsausrüstung, ABl. EG Nr. L 171, S. 16.


9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 553

materiellen Anforderungen hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs von Schiffs-
müllverbrennungsanlagen zu stellen sind und diese eine Baumusterprüfbescheinigung
besitzen müssen.

d) Nationale Regelungen
Auf nationaler Ebene ist hinsichtlich der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen
an Schiffsmüllverbrennungsanlagen zunächst das Immissionsschutzrecht zu nennen.
Nach § 38 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG – müssen Wasser-
fahrzeuge so beschaffen sein, dass ihre durch die Teilnahme am Verkehr verursachten
Emissionen bei bestimmungsgemäßem Betrieb die zum Schutz vor schädlichen Umwelt-
einwirkungen einzuhaltenden Grenzwerte nicht überschreiten.
Die Grundpflicht nach § 38 Abs. 1 S. 1 BImSchG bezieht sich auf die Beschaffen-
heit der Schiffe. Unter Beschaffenheit ist umfassend der Zustand des Fahrzeugs,
nämlich Bauweise, Ausrüstung (z. B. Schiffsmüllverbrennungsanlage) und Wartungs-
zustand zu verstehen. Absatz 1 Satz 2 regelt allgemein die immissionsschutzrechtlichen
Anforderungen an den Betrieb von Fahrzeugen. Dem Betrieb sind dabei nicht nur der
Fahrvorgang, sondern auch alle ihn begleitenden Tätigkeiten zuzurechnen [17, § 38,
Rdnr. 15 ff.
Der Betrieb einer Schiffsmüllverbrennungsanlage ist dem begleitenden Betrieb des
Schiffes zuzuordnen, um den anfallenden Abfall ordnungsgemäß und schadlos zu ent-
sorgen. Fällt die Verbrennungsanlage aus, ist eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung
nicht sichergestellt. Konsequenz: Das Schiff könnte nicht mehr betrieben werden und
nicht mehr am Verkehr teilnehmen, soweit es nicht über andere Möglichkeiten einer ord-
nungsgemäßen Abfallentsorgung (Notentsorgung) verfügt.
Fraglich ist allerdings, ob eine Anwendung des BImSchG überhaupt infrage kommt,
wenn die Verbrennung außerhalb deutschen Hoheitsgebietes, also exterritorial, statt-
findet. Der Betrieb auf offener See außerhalb der 12-sm-Zone wird nicht vom Geltungs-
bereich des BImSchG erfasst, da dieses Gebiet exterritorial ist.11 Somit wäre eine
Anwendung des deutschen Rechts dort nicht möglich. Es kann jedoch nicht sein, dass
auf einem Schiff, welches sich außerhalb der 12-sm-Zone befindet, ein rechtsfreier
Raum existiert. Sämtliche für den Bereich der Schifffahrt geltenden deutschen recht-
lichen Regelungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf See, das Schiffsicherheits-
recht etc. fänden dann keine Anwendung. Dem wird durch den sog. Flaggengrundsatz
begegnet [38, S. 10].12 Der Flaggengrundsatz bzw. das Flaggenrecht besagt, dass ein

11Vgl. Art. 2 und 3 des Seerechtsübereinkommens – Seerechtsübereinkommen der Vereinten


Nationen und Übereinkommen zur Durchführung des Teils XI des Seerechtsübereinkommens;
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, L 179/3 v. 23.06.1998, deutsche Übersetzung.
12Weiterführend auch „Schifffahrtslexikon“ in [56] und Art. 3 des Übereinkommens zur Ver-

minderung der Staatenlosigkeit in [74].


554 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Schiff das Recht zum Führen der Landesflagge durch die Eintragung in das Schiffs-
register eines Staates erhält. Durch diese Eintragung erlangt es die Nationalität des
Staates, d. h., es unterliegt dessen Rechtsordnung und genießt dessen diplomatischen
Schutz.13
Insofern ist auf einem Schiff unter deutscher Flagge deutsches Recht auch außerhalb
der 12-sm-Zone anzuwenden, mithin auch § 38 BImSchG mit seinen daraus resultierenden
Konsequenzen.
Emissionsbegrenzende Anforderungen an Schiffe und mithin auch an auf diesen ins-
tallierte Abfallverbrennungsanlagen richten sich somit nach § 38 BImSchG „Beschaffen-
heit und Betrieb von Fahrzeugen“. Im § 38 BImSchG werden die Anforderungen an
die Beschaffenheit und den Betrieb von Fahrzeugen, hier also von Schiffen, jedoch
nicht abschließend geregelt. Es wird nur die allgemeine Forderung definiert, dass ein-
zuhaltende Grenzwerte nicht überschritten werden dürfen. Diese allgemeine Pflicht-
zuweisung bedarf der Konkretisierung. Konkretisierende Immissionsschutzanforderungen
sind daher an anderer Stelle zu suchen [17, vor § 38, Rdnr. 9, § 38, Rdnr. 6].
Hierbei ist auch das Schifffahrtsrecht zu berücksichtigen.

e) Immissionsschutzanforderungen aus dem Schifffahrtsrecht


Im Zusammenhang mit dem Schifffahrtsrecht muss auch das Schiffsicherheitsgesetz
(SchSG) Berücksichtigung finden. Im § 1 Abs. 1 SchSG wird festgelegt, dass dieses Gesetz
bestimmt, welche Maßnahmen bei der Durchführung der jeweils geltenden internationalen
Regelungen zur Schiffssicherheit und zum Umweltschutz auf See vorzunehmen sind. Nach
§ 1 Abs. 2 SchSG wird u. a. auf die international gültigen Schiffsicherheitsstandards gemäß
Anlage zum SchSG verwiesen, die im Teil A II genannt sind. Explizit fällt darunter auch
das internationale Übereinkommen MARPOL. Bezüglich der Abfallverbrennung auf See
wird dort der Annex VI zu MARPOL genannt. Mithin sieht das SchSG als erforderliche
Maßnahme hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs von Schiffsmüllverbrennungs-
anlagen die Einhaltung der Anforderungen aus Annex VI zu MARPOL vor.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen sind die nach MARPOL
Annex VI, Regel 16, in Verbindung mit der IMO-Resolution MEPC. 76(40) genannten
Anforderungen an Verbrennungsanlagen auf Schiffen einschlägig. Danach müssen der-
artige Anlagen die in der Resolution MEPC. 76(40) genannten Verbrennungsbedingungen
und Emissionswerte einhalten. Als erforderliche Konzession wird ein Typenzulassungs-
zeugnis bzw. eine Baumusterzulassung gemäß der Richtlinie 2008/67/EG i. V. m. der
Richtlinie 96/98/EG gefordert.
Ferner formuliert § 38 Abs. 2 BImSchG, dass die Bundesregierung durch Rechtsver-
ordnung Anforderungen an die Beschaffenheit und den Betrieb von Fahrzeugen zum Schutz
vor schädlichen Umwelteinwirkungen festlegen kann. In Anlage 1 der Schiffssicherheits-
verordnung hat die Bundesregierung festgelegt, dass u. a. Schiffsmüllverbrennungsanlagen

13„Schifffahrtslexikon“ in [56].
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 555

der Schiffsausrüstungsrichtlinie entsprechen, entsprechend geprüft und betrieben wer-


den müssen. Somit genügen Schiffsmüllverbrennungsanlagen den Anforderungen an den
Schutz der Umwelt, wenn sie der MEPC. 76(40) entsprechen.
Weitere strengere emissionsbegrenzende Anforderungen hinsichtlich des § 38 BImSchG
ergeben sich schließlich nur noch aus dem Immissionsschutzrecht selbst.

f) Normkonkretisierung durch das Immissionsschutzrecht


Hierbei ist zu berücksichtigen, dass § 38 Abs. 1 BImSchG die Beschaffenheit der Fahr-
zeuge (also auch der Schiffe) umfassend regelt. Inhaltlich bezieht sich die Pflicht aus
§ 38 Abs. 1 BImSchG auf die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten beim Betrieb der
Fahrzeuge. Dabei genügt es, dass in irgendeinem materiellen Rechtssatz entsprechende
Festsetzungen enthalten sind [17, § 38, Rdnr. 15 ff.].
Insofern müssen die beim Betrieb einer Schiffsmüllverbrennungsanlage entstehenden
Emissionen nach einem bestehenden Rechtssatz begrenzt werden. Durch das v. g.
SchSG und die SchSV unter Verweis auf MARPOL Annex VI und auf die IMO-Reso-
lution MEPC. 76(40) bestehen derartige Rechtssätze. Insofern könnte eine Schiffsmüll-
verbrennungsanlage den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen nach § 38 Abs. 1
S. BImSchG bereits genügen, soweit sie nach dem SchSG die schon oben beschriebenen
völkerrechtlichen Anforderungen erfüllt.
Darüber hinaus muss aber berücksichtigt werden, dass ein zentraler Begriff des
Bundes-Immissionsschutzrechts der Stand der Technik ist (vgl. §§ 3 Abs. 6, 22 Abs. 1
BImSchG).
Hinsichtlich der materiellen Anforderungen zur Beschreibung des Standes der Technik
bei der Abfallverbrennung ist in Deutschland zunächst die 17. BImSchV einschlägig.14
Zur Konkretisierung des § 38 Abs. 1 S. 2 BImSchG, wonach Fahrzeuge so betrieben wer-
den müssen, dass vermeidbare Emissionen verhindert und unvermeidbare Emissionen auf
ein Mindestmaß beschränkt bleiben, könnten zur Frage, welche Luftschadstoffe wie weit
durch technische Maßnahmen begrenzt werden können, allenfalls „vorsichtige Anleihen“
aus der 17. BImSchV gezogen werden.
Die Frage nach dem Stand der Technik zur Emissionsminderung von Schiffsmüllver-
brennungsanlagen ergibt sich vielmehr aus dem BImSchG selbst. Danach ist Stand der Tech-
nik der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen,
der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft,
Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer
umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von
Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die
Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt (§ 3 Abs. 6 BImSchG). Der Stand der Tech-
nik ist dabei jeweils unter Berücksichtigung des Einzelfalls (unterschiedliche Schiffstypen,

14Hinweis: Neben dem BImSchG verlangt auch das Kreislaufwirtschaftsgesetz die Berücksichtigung

des Standes der Technik bei der Abfallentsorgung.


556 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Nachrüstung einer bestehenden Verbrennungseinrichtung oder Schiffsneubau, Stabilitäts-


kriterien, Einfluss auf die schiffstechnische Konstruktion etc.) zu definieren.15 Dabei müs-
sen u. a. auch wirtschaftliche Kriterien Berücksichtigung finden (sog. verwaltungsrechtlicher
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz).

g) Technische und emissionsbegrenzende Anforderungen an Schiffsmüllver-


brennungsanlagen
Durch umfangreiche Abgasreinigungsverfahren werden bei Hausmüllverbrennungs-
anlagen Abgaswerte erzielt, die weit unter den Anforderungen der 17. BImSchV liegen.
Derartig komplexe Systeme sind aber an Bord von Schiffen nicht zu realisieren. Hier
muss nach anderen Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Einen Lösungsansatz liefert
die Betrachtung der spezifischen Besonderheiten eines Schiffes.
Die Emissionsgrenzwerte müssen nach dem Zustand des einzelnen Schiffstyps, die
bei bestimmungsgemäßem Betrieb einzuhalten sind, festgelegt werden; sie dürfen aber
nicht unter den Minimalforderungen von MARPOL Annex VI liegen [32, S. 76 f.].
Die zu formulierenden Anforderungen müssen auch berücksichtigen, dass eine Beein-
trächtigung der Schutzgüter nach § 1 BImSchG aufgrund der vergleichsweise geringen
Verbrennungsleistungen der Anlagen gegenüber landbetriebenen und des Betriebs auf
wechselnden Positionen als äußerst gering angesehen werden kann. Ferner steht auf
Schiffen nur ein begrenztes Raumangebot zur Verfügung. Weiterhin können durch die
Implementierung von Rauchgasreinigungen Stabilitätsfragen des Schiffes berührt sein.
Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass Schiffe primär eine andere Aufgabe
haben, als die eines „Abfallverbrennungsschiffes“. Zu bedenken ist auch, dass Schiffs-
müllverbrennungsanlagen zum Teil auch nur einige Stunden am Tag betrieben werden;
es findet insofern überwiegend ein diskontinuierlicher Betrieb statt. Das Emissions-
verhalten unterscheidet sich schon hierdurch von dem einer an Land im Konti-Betrieb
laufenden Hausmüllverbrennungsanlage. Auch werden bei Anlagenkonzeptionen für
Schiffsmüllverbrennungen die Eigenbewegungen des Schiffs aufgrund von Seegang auf
die Verfahrenstechnik zu prüfen und zu berücksichtigen sein. Insofern sind an Schiffs-
müllverbrennungsanlagen Anforderungen zu definieren, die diese Aspekte berück-
sichtigen, aber dennoch möglichst den vorgenannten einschlägigen nationalen und
internationalen Regelungen gerecht werden.

h) Technische Mindestanforderungen und Emissionsbegrenzungen


In der Tabelle in Anhang 29 ist eine Gegenüberstellung der wesentlichen Anforderungen
aus den o. g. nationalen und internationalen Regelungen zur Abfallverbrennung auf
Schiffen dargestellt. Augenfällig sind die weniger „strengen“ emissionsbegrenzenden
Anforderungen aus MARPOL/MEPC. 76(40) gegenüber der 17. BImSchV.

15Zum Stand der Technik vertiefend auch [22, § 3, Rdnr. 93 ff.].


9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 557

Tab. 9.3  Technische und emissionsbegrenzende Anforderungen an Schiffsmüllverbrennungs-


anlagen (Orientierungswerte)
Technische Anforderungen an Emissionswertea Nicht zu verbrennende Abfälle
die Feuerung
Mindesttemperatur der Gase Quenschen des Rauchgases zur Abfälle nach MARPOL
im Nachbrennraum bei einer Dioxinminimierung; Anhang V mit mehr als Spuren
Verweilzeit von mind. 2 s und CO: 100 mg/Nm3; von Schwermetallen;
O2 min = 6 %: 850 °C (1100 °C SOx angegeben als SO2: raffinierte Erdölprodukte, die
beim Einsatz halogenhaltiger 200 mg/Nm3; Halogene enthalten
Abfälle); Gesamtstaub: 30 mg/Nm3 bzw.
Zusatz- bzw. Stützbrenner; Ringelmann 1;
autom. Verriegelung der Müll- HCl: 60 mg/Nm3;
zufuhr bei Unterschreitung der Cges: 20 mg/Nm3;
o. g. 850 °C (jeweils als Halbstundenmittel-
werte)
aDie Emissionswerte beziehen sich auf einen Volumengehalt an Sauerstoff im Abgas im Norm-
zustand (1013 mbar, 273,15 K) von 11 % (Bezugssauerstoffgehalt), nach Abzug des Feuchte-
gehalts – § 5 Abs. 2 der 17. BImSchV –; insofern werden die Konzentrationen auf das sogenannte
Normvolumen (Nm3) bezogen

Unter Beachtung der vorstehend gemachten rechtlichen Ausführungen sind für


Schiffsmüllverbrennungsanlagen praktikable Anforderungen an den Betrieb und das
Emissionsverhalten dieser Einrichtungen zu formulieren, die einen „vernünftigen“ Kom-
promiss zwischen Seefahrtsrecht und Immissionsschutzrecht bilden. Das in Tab. 9.3
formulierte „Anforderungsprofil“ ist als Vorschlag zu verstehen; insbesondere ist dabei
auch berücksichtigt worden, dass bereits die IMO in der MEPC. 76(40) unter A1.7 eine
Bemühensklausel bezüglich weitergehender Emissionsbegrenzungen für Incineratoren
mit einer Feuerungswärmeleistung >1500 kW vorgenommen hat (vgl. dazu die Tabelle
in Anhang 29): Danach ist vorgesehen, dass gerade auf Passagier- und Kreuzfahrtschiffen
betriebene Anlagen mit >1500 kW Feuerungswärmeleistung mit Abgasreinigungsein-
richtungen ausgerüstet werden „sollten“, um HCl, SOx und „andere einzelne Bestand-
teile“ zu begrenzen. Konkrete Grenzwerte werden jedoch nicht vorgeschlagen. Begründet
wird diese Option damit, dass gerade auf diesen Einheiten mit einem hohen Anteil an
Kunststoffen und anderen organischen Stoffen gerechnet werden muss und die Ver-
brennungsanlagen über längere Zeiten auch in sensiblen Küstengebieten betrieben wer-
den könnten.
Hinsichtlich der technischen Anforderungen ist eine automatische Verriegelung der
Müllzufuhr bei Unterschreitung von 850 °C heute schon technischer Standard. Auch die
Ausrüstung mit Zusatzbrennern ist wichtig, um eine Unterschreitung der Abgastemperatur
im Verbrennungsraum von 850 °C, z. B. bei Beschickung mit sehr feuchten Abfällen,
sicher zu vermeiden. Ferner dienen diese Zusatzbrenner dem Vorheizen des Brennraumes,
da eine Müllaufgabe erst bei einer Brennraumtemperatur ab 850 °C erfolgen darf.
558 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Die Bildung von Dioxinen durch die De-novo-Synthese, die bei langsamer
Abkühlung des Rauchgases in einem Temperaturfenster zwischen 400–200 °C erfolgt,
wird durch Quenschen bzw. schnelles Herunterkühlen des Abgases vermieden.
Darüber hinaus dient die Rauchgaskühlung der thermischen Konditionierung des
Rauchgases, um es auf ein Temperaturniveau von etwa 150–200 °C abzukühlen. In die-
sem Temperaturfenster läuft die Adsorption insbesondere von SOx und HCl optimal ab.
Grundsätzlich könnte die Rauchgaskühlung auf drei Arten erfolgen:

• direkt durch Eindüsen von Frischluft in den Rauchgasstrom,


• direkt durch Eindüsen von kaltem Wasser in den Rauchgasstrom,
• indirekt mittels Wärmetauscher.

Das Eindüsen von Luft oder Wasser stellt zwar die effektivere Variante der Rauch-
gaskühlung dar (Quenschen genannt); hierdurch erfolgt aber eine Zunahme das
Abgasvolumenstroms, der letztlich zu einer deutlich größeren Dimensionierung der nach-
folgenden Baugruppen und Apparate führt. Auch verbietet sich sogar die Kühlung durch
Frischlufteindüsung, da hierdurch eine aus immissionsschutzrechtlicher Sicht unzulässige
Verdünnung des Rauchgases vorgenommen würde, es sei denn, diese Luftmenge bliebe bei
der Bestimmung der Emissionswerte im Rahmen der Abgasmessung unberücksichtigt.16
Eine CO-Begrenzung ist allein aus Brand- und Explosionsschutzgründen notwendig,
da CO ein sehr reaktives Gas ist. Ferner ist der CO-Wert ein Maß für den Ausbrand des
Brenngutes: Je niedriger der CO-Wert, desto besser der Ausbrand. Die Einhaltung des
Grenzwertes wird durch Optimierung der Feuerung selbst bestimmt. Hierbei ist ins-
besondere auf einen ausreichenden Luftüberschuss (Luftüberschusszahl λ > 1; [34,
S. 40 f.]) und einen sauberen Ausbrand des Mülls hinzuwirken. So wird in der Litera-
tur beschrieben, dass die Kohlenmonoxidemissionen als auch die Emissionen von
Stickoxiden und selbst von Kohlenwasserstoffverbindungen bereits im Feuerungsraum
maßgeblich beeinflussbar seien [34, S. 38 ff.].
Als feuerungsbeeinflussend gelten demnach die Einhaltung einer Mindesttemperatur
von 850 °C, eine Verweilzeit des Rauchgases im Brennraum von 2 s und ein Mindest-
sauerstoffgehalt im Rauchgas von 6 Volumen-%. Insofern ist bereits durch eine
feuerungstechnisch optimierte Feuerraumgestaltung und Verbrennungsluftzufuhr eine
Reduzierung der Schadstoffkomponenten erzielbar.
Gesamtstaub, HCl, SOx und die Emission an organisch gebundenem Kohlenstoff
(Cges) ist mit gängiger Abgasreinigungstechnologie zu minimieren. Durch den hierfür
erforderlichen verfahrenstechnischen Aufwand werden auch die übrigen Schadstoffe
nach der 17. BImSchV größtenteils reduziert.

16Siehe dazu auch Zif. 5.1.2 der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-­
Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) vom
24.07.2002 (GMBl. S. 511).
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 559

Die Begrenzung der o. g. Schadstoffe auf Halbstundenmittelwerte wird dem Umstand


gerecht, dass Schiffsmüllverbrennungsanlagen oftmals nicht im Durchfahrbetrieb, sondern
nur stundenweise im Einsatz sind (z. B. Anlagen auf Kriegsschiffen der Deutschen Marine).
Nach der MEPC. 76(40) wäre auch die Verbrennung von PVC-Abfällen aus-
geschlossen. Als Chlorträger ist PVC u. a. insbesondere für die Bildung von HCl und
Dioxinen verantwortlich. Meines Erachtens kann aber eine Abfallverbrennungsanlage,
die den hier gemachten Ausführungen entspricht, die üblicherweise auf einem Schiff
anfallenden PVC-Mengen beseitigen, ohne die v. g. Emissionswerte (insbesondere für
Salzsäure) zu verletzen. Auch kann bei einer schnellen Rauchgaskühlung und durch die
im Weiteren beschriebene Rauchgasreinigungstechnik eine nennenswerte Dioxinbildung
vermieden werden. Die Verbrennung von PVC-Abfällen sollte auch schon deswegen
nicht ausgeschlossen werden, da nach allgemeiner Lebenserfahrung im Hausmüll und in
hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen – somit auch auf einem Schiff – auch PVC anfällt,
der andernfalls aufwendig aussortiert und auch zwischengelagert werden muss (Perso-
nal-, Raum- und Brandlastproblem!). Darüber hinaus spielt der PVC-Anteil im Schiffs-
müll eine eher untergeordnete Rolle.

i) Emissionen aus Schiffsmüllverbrennungsanlagen


Die Art und Menge der in den Abgasen aus Abfallverbrennungsanlagen enthaltenen
Stoffe hängt ganz wesentlich von der Zusammensetzung des Abfalls, dem Verbrennungs-
system, der Rauchgasführung und den Verbrennungsbedingungen ab.
Um die Emissionen der Incineratoren soweit zu reduzieren, dass die in Tab. 9.3
genannten Orientierungswerte zuverlässig eingehalten werden, bieten sich drei Ver-
fahrensprinzipien an:

• Nassverfahren,
• Quasitrockenverfahren,
• Trockenverfahren.

Beim Nassverfahren wird das Reaktionsmittel (Adsorbens) für die Sorption chemisch
zu bindender Schadstoffe nass in einen Reaktor gegeben (z. B. Kalkmilch). Auch die
Reaktionsprodukte liegen nass vor. Die Flugstaubabscheidung erfolgt vor dem Reaktor
(Adsorber).
Für das Quasitrockenverfahren wird das Adsorbens ebenfalls nass in den Adsorber ein-
gebracht, das Reaktionsprodukt liegt aber aufgrund einer anschließenden Eindampfung
trocken vor. Die Feststoffabscheidung erfolgt hier nach der chemischen Reinigungsstufe.
Beim reinen Trockenverfahren liegt das Adsorbens im trockenen Zustand vor. Je nach-
dem, ob eine Flugstromadsorption oder eine Festbettadsorption gewählt wird, erfolgt die
Feststoffabscheidung nach oder vor dem Adsorber.17

17Vertiefend [34, S. 7 ff. u. S. 72 ff.].


560 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Soweit auf Schiffen Abfallverbrennungsanlagen ohne Abgasreinigungseinrichtungen


betrieben werden, ist es technisch allein durch Optimierung der Incineratoren nicht
möglich, die in Tab. 9.3 genannten Grenzwerte insbesondere für SOx , HCl und Cges zu
erreichen. Hierzu ist eine Rauchgasreinigung erforderlich.
Folgende Rohgasbeladungen können für Schiffsmüllverbrennungsanlagen angenommen
werden (Tab. 9.4).
Aus dieser Gegenüberstellung geht deutlich hervor, dass reine Verbrennungsöfen ohne
jegliche Abgasreinigung nicht in der Lage sind, die formulierten Emissionsbegrenzungen
einzuhalten! Selbst die nach MARPOL Annex VI, Regel 16 begrenzten Emissionen (in
Tab. 9.4 fett hervorgehoben) können offensichtlich ohne Emissionsminderungstechnik
nicht eingehalten werden; das gilt insbesondere für die Staubemission.
Auffällig ist allerdings, dass die Schwankungsbreite des CO-Wertes sowohl eine
Unterschreitung als auch eine Überschreitung des Grenzwertes aufweist. Das ist insofern
erklärbar, da insbesondere dieser Wert stark von den Verbrennungsbedingungen im Ofen
und hierbei besonders von der Luftüberschusszahl abhängt.
Mit dem folgenden Beispiel zur Konzeptionierung einer Rauchgasreinigung für
Schiffsmüllverbrennungsanlagen wird eine Lösungsmöglichkeit aufgezeigt, die genannten
Grenzwerte sicher einzuhalten [30, S. 27, 31, S. 43].

j) Rauchgasreinigungseinrichtungen für Schiffsmüllverbrennungsanlagen: Einleitung


Hinsichtlich des apparativen Aufwandes gilt, dass die zu eliminierenden Rauchgas-
komponenten diesen bestimmen. Insofern muss hier ein Blick auf die abzuscheidenden
Stoffe geworfen werden; diese sind vorstehend in Tab. 9.3 und 9.4 genannt.
Daher sind lediglich folgende Verfahrenskomponenten erforderlich: Die Rauchgas-
kühlung erfolgt durch einen Wärmetauscher/Rauchgaskühler; die Staubabscheidung
erfolgt durch Fliehkraft- und/oder filternde Abscheidung, eine Begrenzung von SO2, HCl
und Cges durch Adsorption an Kalk und Aktivkohle.

Tab. 9.4  Rohgasbeladung von Schiffsmüllverbrennungsanlagen (bezogen auf den Normzustand


und auf 11 % O2)
Schadstoff Literatura Grenzwertb
(mg/Nm3) (mg/Nm3)
Cges 300–500 20
CO 20–600 100
SO2 200–800 200
HCl 400–2000 60
Staub 800–15.000 30 bzw. Ringelmann 1
a[32, S. 9, 4, S. 22, 24, 42, S. 5] alle mit zum Teil abweichenden Daten
b[32, S. 72 ff.].
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 561

Wesentliche Randbedingungen bei der Planung der Rauchgasreinigung sind darüber


hinaus folgende Aspekte:

• möglichst geringes Gewicht (Aspekt des zusätzlichen Lasteintrags in die stahlbau-


liche Schiffskonstruktion, Lage der metazentrischen Höhe),
• bei Nachrüstung möglichst kein zusätzlicher bzw. neuer Bedienungsaufwand für das
Bordpersonal,
• bei Nachrüstung kein oder möglichst nur geringer Eingriff in das Schiffssystem,
• möglichst geringer Wartungsaufwand durch die Besatzung,
• keine zusätzlichen oder neuen Gefahrenquellen (z. B. Brandgefahr, Hygiene).

Es macht bei der Planung von Schiffsmüllverbrennungsanlagen einen deutlichen


Unterschied, ob ein Neubau eines Schiffes geplant wird oder ob auf einem Schiff eine
bestehende Verbrennungsanlage mit einer Rauchgasreinigung nachgerüstet werden soll.
Insbesondere die Aspekte des Raumbedarfs und der Stabilitätsfragen können bei Neubau-
planungen ausreichend Berücksichtigung finden. Hierbei bietet sich dann die gängige Ver-
fahrenstechnik mit Quenschen oder Rauchgaskühler, Flugstromadsorption und filternder
Abscheidung an (Abb. 9.4).
Der hierfür erforderliche apparative Aufwand ist jedoch bei Nachrüstungen nicht
immer umsetzbar, was andere Lösungen erforderlich macht. Insbesondere ist bei der
Flugstromadsorption Lagerraum für das Frischadsorbens und für den Filteraustrag vor-
zusehen. Darüber hinaus ist apparativer Aufwand für die Förderung des Adsorbens in
den Reaktor gegeben (z. B. pneumatische Förderung).
Für Nachrüstungen bestehender Verbrennungsanlagen ist eine mögliche Variante die
Abgasreinigung basierend auf der Festbettadsorption, bestehend aus folgenden Kompo-
nenten: Staubabscheider (Zyklon), Rauchgaskühler (Wärmetauscher) und Festbettadsor-
ber sowie N2-Beaufschlagung zur Inertisierung des Adsorbers (Abb. 9.5).
Wesentlicher Bestandteil dieser Variante ist ein Festbettadsorber, gefüllt mit
einer Adsorbensmischung aus Kalkhydrat und Aktivkohle. Es ist auch möglich, den

Quensche / Rauchgaskühler Reingas zum Schornstein


Zyklon oder
Elektrofilter
Incinerator
filternder Abscheider

Reaktorstrecke

Kreislaufadsorbens

Staubaustrag Wasser Adsorbens


Filteraustrag

Abb. 9.4 Flugstromadsorption


562 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Verfahrensfließbild
Rauchgasreinigung
Schiffsmüllverbrennungsanlage

Abb. 9.5 Festbettadsorption zur Rauchgasreinigung. 1 Müllverbrennungsofen, 2 Saugzuggebläse,


3 Schornstein, 4 Bypassleitung, 5 Staubabscheidung (hier Zyklon; aber auch filternd möglich),
6 Rauchgaskühlung/Quensche, 7 Festbettadsorber, 8 Stickstoffbevorratung zur Inertisierung des
Adsorbers, Auslösung temperaturgesteuert

­ dsorberbehälter mit den beiden Adsorbensmaterialien geschichtet zu füllen, z. B. erst


A
Aktivkohle, dann Kalk. Ein vorgeschalteter Zyklon dient lediglich zur Staubvorab-
scheidung, um zu verhindern, dass der Adsorber durch Anlagerung von Staubpartikeln an
Standzeit verliert und der Druckverlust in diesem Apparat zu groß wird.
Aufgrund der höheren Abscheidegrade gegenüber dem Zyklon wäre alternativ einer
Entstaubung mittels Elektro- oder auch Gewebefilter der Vorzug zu geben [6, S. 19].
Auf welche Entstaubung die Wahl fällt, muss allerdings ein Detail-Engineering lie-
fern. Hierbei sind Raum- und Stabilitätsfragen des Schiffes sowie Überlegungen zum
Druckverlust im System vordergründig. Daneben ist bei der filternden Abscheidung
die Rauchgastemperatur von entscheidender Bedeutung; der obere Einsatzbereich syn-
thetischer Filtermedien (zum Beispiel Nadelfilze aus PTFE) liegt bei 250–280 °C.
Glasfasermedien in Form von Geweben oder Nadelfilzen können mit PTFE und/oder
Grafitbeschichtungen versehen werden, sodass sich maximale Einsatztemperaturen von
300–320 °C ergeben. Oberhalb von 300 °C können nur noch keramische oder metalli-
sche Filtermedien zum Einsatz gelangen [40, S. 362].
Eine Rauchgaskühlung ist erforderlich, um das Abgas auf eine Temperatur von etwa
150 °C herabzukühlen. Bei Temperaturen um 150 °C entfaltet zum einen der Adsorber
seinen größten Wirkungsbereich, zum anderen wird durch die schnelle Rauchgaskühlung
die De-novo-Synthese18 vermieden.

18Dioxinrückbildung.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 563

Flugstrom- oder Festbettadsorption? Wie vorstehend beschrieben, sind grundsätz-


lich zwei Verfahren vorstellbar: Zum einen kommt eine Einblasung des Adsorbens in
eine Reaktionsstrecke infrage (Flugstromadsorption). Anschließend wird das Adsorbens
aus dem Rauchgasstrom über einen Gewebefilter wieder abgeschieden. Die Adsorption
geschieht dabei in der Reaktionsstrecke wie auch ggf. noch im Filterkuchen des Filters,
bevor das Adsorbens von dort „abgeklopft“ wird.
Eine zweite Möglichkeit besteht in der Adsorption mittels Festbettadsorber. Hier-
bei durchströmt das bereits durch einen Abscheider vom Staub gereinigte Rauchgas ein
Adsorbensfestbett, in dem die Abscheidung der adsorbierbaren Stoffe erfolgt.

Vor- und Nachteile beider Verfahren Ein nicht zu unterschätzender Nachteil der
Flugstromadsorption auf Schiffen ist der größere Platz- und Raumbedarf gegenüber
der Festbettadsorption. Es müssen Lagerkapazitäten für Frischadsorbens und für das
ausgeschleuste Adsorbens vorgehalten werden. Auch ist der apparative Aufwand durch
Zudosierungseinrichtung für das Adsorbens, Reaktionsstrecke und anschließende Filte-
rung des beladenen Adsorbens gegenüber einem oder zwei Behältern für die Festbett-
adsorption wesentlich höher.
Bedingt durch den umfangreicheren apparativen Aufwand, des erhöhten Lageraufwands
und des damit verbundenen Handlings von Frisch- und Restadsorbens bei der Flugstrom-
adsorption, ist ein größerer Bedienaufwand der Gesamtanlage gegenüber einer Rauchgas-
reinigung mit Festbettadsorption gegeben. Der Festbettadsorber sollte dann aber auch eine
Standzeit von einer Werftliegezeit bis zur nächsten haben; dort kann dann der Festbettadsor-
ber regeneriert werden. Insofern hätte die Besatzung des Schiffes keinen Kontakt mit dem
Adsorbens, da diese Anlage quasi wartungsfrei läuft – ein nicht zu unterschätzender Arbeits-
schutzaspekt hinsichtlich der Beladung des Adsorbens mit Schad- bzw. Gefahrstoffen.
Als wesentlicher Nachteil der Festbettadsorption ist der höhere Druckverlust in der
Anlage zu nennen, der wahrscheinlich zu einem etwas größer dimensionierten Saug-
zuggebläse führt; zur Messung des Druckverlustes ist eine Differenzdruckmessung am
Adsorber erforderlich.
Ob dieser Nachteil jedoch so gravierend ist, muss das Detail-Engineering zeigen,
zumal der für ein derartiges Gebläse erforderliche höhere Strombedarf auf Schiffen
in der Regel nicht das Problem darstellen dürfte. Hierbei muss nämlich berücksichtigt
werden, dass durch den apparativen Mehraufwand und längere Rohrleitungen, Armatu-
ren und Krümmer auch ein nicht zu unterschätzender Druckverlust bei der Flugstrom-
adsorption auftritt. Bei der Festbettadsorption ist der Druckverlust im Wesentlichen
durch die Schüttung im Adsorber bedingt, der durch Eintrag von Flugstaub aus der Ver-
brennung kontinuierlich im Betrieb weiter ansteigen kann. Durch eine vorgeschaltete
Staubabscheidung wird das Festbett aber deutlich entlastet, sodass Standzeiten von mehr
als einem Jahr erreicht werden können [72].
Die große Pufferkapazität gegenüber Schadstoffspitzen und die geringe Empfindlichkeit
gegenüber Lastschwankungen sind weitere Argumente für die Verwendung von Festbettad-
sorbern [72], da gerade mit solchen Betriebszuständen bei einer Schiffsmüllverbrennungs-
anlage – ggf. hervorgerufen durch einen diskontinuierlichen Betrieb – zu rechnen ist.
564 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Ferner muss berücksichtigt werden, dass auf Schiffen Raum knapp ist; somit ist dies
ein wesentlicher Punkt, der für die Festbettadsorption spricht. Zudem spricht für dieses
Verfahren seine Bedienungsfreundlichkeit. Diese genannten wichtigen Vorteile lassen
den Aspekt der eventuell etwas höheren Druckverluste in den Hintergrund treten.
Ein nicht zu unterschätzender Nachteil der Festbettadsorption unter Einsatz von
Aktivkohle ist die Gefahr der Selbstentzündung der Kohle [3, S. 51–54].
Das macht die Möglichkeit zur Inertisierung des Adsorbers – in der Regel mit N2 –
und eine permanente Temperaturüberwachung dieses Apparates erforderlich.

Auslegungskriterien Festbettadsorber Die für einen Festbettadsorber erforderlichen


Auslegungskriterien werden mit den dazugehörenden Berechnungsschritten nachfolgend
exemplarisch für eine Beispielanlage vorgestellt. Hierbei soll es sich um eine Nach-
rüstung für einen bereits vorhandenen Incinerator handeln, in dem an sechs Stunden täg-
lich die anfallenden Abfälle verbrannt werden. Der Adsorber soll eine Standzeit von 200
Tagen, also 1200 Betriebsstunden haben. Es wird ferner angenommen, dass etwa 240 kg
Abfall betriebstäglich19 (also 48 t in 200 Tagen bzw. 40 kg/h) während der sechs Stun-
den verbrannt werden sollen. Bei der Verbrennung von 1 kg Abfall pro Stunde kann im
Durchschnitt angenommen werden, dass hierbei 6 Nm3/h Rauchgas anfällt20 (s. weiter
unten), insofern in dieser Beispielanlage etwa 240 Nm3/h Verbrennungsgase entstehen.
Als Randbedingung zur Auslegung des Adsorbers sind die

• Standzeit,
• die betriebstägliche Verbrennungsdauer und
• die zu verbrennende Abfallmenge zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der entstehenden Rauchgasmenge liegt folgende Überlegung zugrunde:


Über Verbrennungsrechnungen kann die Rauchgasmenge ermittelt werden.21 Diese
liefert bei „einfachen“ Brennstoffen wie Koks, Gas oder Öl auch hinreichend genaue
Ergebnisse, da hier die einzelnen brennbaren Inhaltsstoffe mit hinreichender Genauig-
keit und vertretbarem Aufwand ermittelt werden können bzw. bekannt sind. Abfall hin-
gegen ist ein äußerst heterogenes Stoffgemisch, welches mit einer Vielzahl variierender
Inhaltsstoffe vorliegt. Genaue Berechnungen zur Ermittlung der Rauchgasmenge sind
daher nicht möglich. Insofern ist es sinnvoll, im Rahmen der Abfallverbrennung bei der
Ermittlung der entstehenden Rauchgasmenge von Erfahrungswerten auszugehen.

19Ausgehend von einer zu verbrennenden Abfallmenge von 1,2 kg pro Person und Tag sowie einer
Besatzungsstärke von 200 Personen.
20Bezugssauerstoffgehalt 11 %, Abgas trocken, H etwa 9–11 MJ/kg.
u
21Siehe z. B. Riediger „Verbrennung“ in 11, S. 509 ff.].
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 565

Üblicherweise kann bei der Verbrennung von 1 kg Abfall mit einem Heizwert Hu von
etwa 10 MJ/kg22, bezogen auf den Normzustand23, einem O2-Gehalt von 11 % und nach
Abzug des Feuchtegehalts im Rauchgas mit einer spezifischen Rauchgasmenge von etwa
6 Nm3/kg gerechnet werden. Mit diesem – vielleicht etwas hochgegriffenem Wert – liegt
man jedoch im Rahmen des Basic-Designs einer Rauchgasreinigung auf der sicheren
Seite, da die Literaturwerte hierzu schwankend sind.24
Ferner bedarf es zur Auslegung eines Adsorbers der Rohgasdaten. Neben Feuchte-
gehalt und Rohgastemperatur sind insbesondere die Beladungen mit den abzu-
scheidenden Schadstoffen von Bedeutung. Hierzu verlässliche Werte zu erhalten
ist schwierig, da der zu verbrennende Müll in der Regel ein sehr heterogenes Stoff-
gemisch ist. Das führt bei der Verbrennung zu gewissen Schwankungsbreiten bei der
Rohgaszusammensetzung; in Tab. 9.4 sind verschiedene Rohgasdaten aus der Ver-
brennung von Hausmüll aufgeführt.

Bestimmung der erforderlichen Adsorbensmenge Zur Bestimmung der erforder-


lichen Adsorbensmenge wird im Folgenden vom Rauchgas-Normzustand ausgegangen.
Bei der Dimensionierung der Apparate der Rauchgasreinigung wird dann aber der tat-
sächliche Abgasvolumenstrom in Ansatz gebracht.
Ferner ist es auch wichtig zu berücksichtigen, dass im Rauchgas ein Schadstoff-
gemisch vorliegt, welches durch das Adsorbens – zumindest teilweise – abgeschieden
werden soll. Hierbei ist die Erkenntnis von Bedeutung, dass die sauren Komponenten
SOx und HCl besser durch Chemiesorption an Kalk als durch Adsorption an Aktiv-
kohle gebunden werden. Für Kohlenwasserstoffe hingegen ist Aktivkohle geeignet. Das
heißt jedoch nicht, dass nicht auch Anteile von HCl und insbesondere von Schwefelver-
bindungen aus dem Rauchgas an Aktivkohle gebunden werden. Mithin bietet es sich an,
als Adsorbens – sei es für die Flugstromadsorption oder für die Festbettadsorption – eine
Mischung aus Kalk und Aktivkohle zu wählen.
Dieses Verfahren des Einsatzes eines Adsorbensgemisches wird auch bei stationären
Müllverbrennungsanlagen an Land gewählt.25
Die Tatsache, dass das Rauchgas nicht von einem einzelnen Stoff gereinigt, sondern
ein Stoffgemisch abgeschieden werden soll, macht eine exakte rechnerische Auslegung
jedoch schwierig.
Verfahrenstechnisch kommen zwei Adsorbervarianten infrage: a) ein Behälter mit
der Adsorbensmischung oder b) zwei Behälter, je einer für Kalk und Aktivkohle in
Reihenschaltung. Ferner kann das Adsorbergefäß mit den Adsorbenzien schichtweise
gefüllt werden. Bezüglich der jeweils erforderlichen Adsorbenzienmenge ist das jedoch
zunächst zweitrangig.

22Der untere Heizwert Hu von Siedlungsabfällen liegt etwa bei 9–11 MJ/kg.
23273,15 K und 1013 hPa.
24So nennen Achternbosch und Richers z. B. einen Wert von 5 Nm3/kg [1, S. 8].

25Siehe z. B [7, S. 213 ff., 24, 26, 83].


566 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Zur Auslegung des Gefäßadsorbers, aber auch der gesamten Rauchgasreinigung, bieten
sich folgende Möglichkeiten an [8]:

1. Berechnen,
2. Berücksichtigung von Erkenntnissen bestehender Anlagen,
3. Gewinnung von Daten durch Laborversuch.

Zur rechnerischen Auslegung der Rauchgasreinigung, sei es die Bestimmung der erforder-
lichen Adsorbensmenge oder die Dimensionierung der erforderlichen Apparate, ist festzu-
halten, dass hierüber nur grobe Anhaltswerte gewonnen werden können. Das folgt aus der
Problematik, dass im Bereich der Schiffsmüllverbrennung in der Regel von unstationären
Zuständen sowohl hinsichtlich der Abfallzusammensetzung als auch der gefahrenen Tem-
peraturen im Prozess und auch von häufig diskontinuierlichen Verbrennungsvorgängen
auszugehen ist. Das macht das Rechnen mit exakten Zahlenwerten schwierig.
Nun ist aber die Rauchgasreinigung bei der Abfallverbrennung alt bewährt; mithin
ist es bei der Planung von Neuanlagen geübte Praxis, auf Erfahrungswerte bestehender
Anlagen zurückzugreifen. Das jeweilig zu konzipierende Projekt basiert dann in der
Regel auf diesen beiden Datenquellen. Bei bisher noch unbekannten Verfahrensprojekten
kann dann eine Verifizierung durch Versuch vorgenommen werden.

Bestimmung der erforderlichen Adsorbensmenge durch Berechnen Während die


„sauren“ Komponenten durch Chemiesorption am Kalk gebunden werden, erfolgt die
C-Gesamtabscheidung durch Physisorption an Aktivkohle.
Bei der Chemiesorption lagern sich Atome oder Moleküle an der Oberfläche eines
Festkörpers unter Bildung einer chemischen Bindung zwischen dem Adsorbens und den
adsorbierenden Teilchen an.
Die aus der Größe und Struktur der inneren Oberfläche der Aktivkohle resultierende
Aufnahmefähigkeit (Adsorptionskapazität, Beladung) bei der Physisorption für einen
bestimmten Schadstoff wird in der Regel für den Gleichgewichtszustand bei konstanter
Temperatur T als Funktion der Konzentration c im Rohgas durch die Adsorptionsiso-
therme x = f (c) T dargestellt. Zur quantitativen Beschreibung von Adsorptionsisothermen
gibt es unterschiedliche Modelle26, die hier jedoch nicht weiter erläutert werden sollen.
In der Praxis dienen die grafischen Darstellungen der Adsorptionsisothermen also
dazu, die Beladung des Aktivkohlefilters abzuschätzen. Daraus ergibt sich die Standzeit
des Aktivkohlefilters.27 Dabei wird die adsorbierte Masse an Schadstoffen auf die Masse
der unbeladenen Aktivkohle bezogen; die Beladung wird in Prozent angegeben:
Beladung = (MasseSchadstoff /MasseAktivkohle, unbeladen ) · 100 %. (9.2)

26Dieunterschiedlichen Modelle werden u. a. in [44] erläutert.


27Dienachfolgenden Berechnungen zur Adsorption werden in Anlehnung an die Ausführungen der
Fa. GUTH vorgenommen [65].
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 567

Zur Abscheidung eines Stoffes aus dem Abgas sind die vorgenannten Ansätze noch rela-
tiv einfach anzuwenden.
Bei der Rauchgasreinigung der Schiffsmüllverbrennung sind jedoch, wie bereits aus-
geführt, mehrere Komponenten zu adsorbieren, was die Auslegung sehr komplex werden
lässt.
Bei der Mehrkomponentenadsorption konkurrieren die einzelnen Stoffe um die
Adsorptionsplätze in der Aktivkohle. Im Adsorber treten quasi Gaschromatografieeffekte
auf [62]. Dieses Phänomen ist bei der Auslegung des Adsorbers mithilfe der „Theo-
rie der ideal adsorbierten Lösung“ handhabbar, was aber die Kenntnis der einzelnen
Adsorptionsisothermen der abzuscheidenden Stoffe erfordert [64].
Für die praxisorientierte Auslegung eines Adsorbers für die Rauchgasreinigung einer
Schiffsmüllverbrennungsanlage ist dieser Aufwand jedoch wenig pragmatisch. Hier bietet es
sich an, mit vereinfachenden Ansätzen eine überschlägige Dimensionierung vorzunehmen [80].
Wie oben beschrieben, werden die säurebildenden Stoffe wie HCl und SOx durch
Chemiesorption an Kalk gebunden. Der Aktivkohlefilter soll insofern lediglich ein Gesamt-
C-Gemisch und ggf. Spuren nichtumgesetzter HCl- und SOx -Verbindungen zurückhalten.

Auslegung für die Gesamt-C-Abscheidung Das Rauchgas ist nicht nur mit einem
organischen Stoff beladen; vielmehr liegt ein komplexes Gemisch organischer Bestand-
teile vor. Mithin gilt es, eine sog. Mehrkomponentenadsorption an der Aktivkohle zu
betrachten. Hierbei bleiben die grundsätzlichen Zusammenhänge, wie für die Adsorption
eines Einzelstoffs, bestehen, werden aber durch die unterschiedlichen Bindungskräfte der
einzelnen Stoffe recht komplex.
Die Konkurrenz der verschiedenen Stoffe bei der Mehrkomponentenadsorption
um die Adsorptionsplätze in der Aktivkohle hat zur Folge, dass sich die Beladung für
die Einzelkomponenten bei der simultanen Adsorption anderer Stoffe erniedrigt. Die
Beladung ist umso geringer, je besser die anderen Stoffe adsorbierbar sind.
Wie bereits ausgeführt, erfolgt die Berechnung der gegenseitigen Beeinflussung bei
der Mehrkomponentenadsorption mithilfe der „Theorie der ideal adsorbierten Lösung“.
Sie erfordert die Kenntnis der Einzelisothermen der beteiligten Stoffe und der Gemisch-
zusammensetzung. Exakte Ergebnisse können daher nur empirisch gewonnen werden. In
der Praxis bietet sich eine vereinfachende Betrachtung an [64].
Dabei wird angenommen, dass alle Gesamt-C-Komponenten an der Adsorption teil-
nehmen und die Stoffe zu einer mittleren Beladung der Aktivkohle von etwa 20 Gew.-%
führen.28
Die Schadstofffracht an Gesamt-C kann bei der Schiffsmüllverbrennung mit
400 mg/Nm3 angenommen werden, was einer Durchschnittsannahme hinsichtlich der
gewichtsmäßig eingesetzten Kunststoffmengen und der in der Literatur genannten Roh-
gasbeladungen gerecht wird.

28Siehe [64]; ferner Annahme aus der Auswertung div. Literaturangaben (z. B. [69]). als Mittelwert.
568 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Die in die Aktivkohle eingetragene Schadstoffmenge errechnet sich nach Gl. 9.3:
24 h/d
Sm = V̇ · c · (9.3)
1.000.000 mg/kg
mit
Sm Schadstoffmenge in kg/d,
V̇ Rauchgasvolumenstrom in Nm3/h,
c Konzentration des Schadstoffs im Rauchgas in mg/Nm3 (bei der Schiffsmüllver-
brennung kann 400 mg/Nm3 angenommen werden – s. vorstehend).

Beispiel
Wie hoch ist die in dem hier betrachteten Festbettaktivkohleadsorber eingetragene
Schadstofffracht Sm (organische Komponenten), wenn von einer maximalen Beladung
von 20 Gew.-% ausgegangen werden kann?

Lösung: Nach Gl. 9.3:


24 h/d
Sm = 240 Nm3 /h · 400 mg/Nm3 · = Sm = 2,304 kg/d.
1.000.000 mg/kg
Bei sechsstündigem Betrieb am Tag:
2,304 kg/d:(24 h/6 h) = Sm = 0,576 kg/d.
Der Aktivkohleverbrauch AKV allein zur C-Gesamt-Abscheidung bestimmt sich mit
einer angenommenen maximalen Beladung der Kohle von 20 % zu:
Sm
AKV = · 100 % = 2,99 kg/d. (9.4)
20 %
Über die vorgesehene Standzeit von 200 Tagen ergibt sich damit eine erforderliche
Füllmenge von etwa 580 kg Aktivkohle.

Es ist jedoch fraglich, ob der Ansatz von 400 mg/Nm3 an Cges realistisch ist. Es ist
durchaus anzunehmen, dass in kleineren Verbrennungseinheiten ein wesentlich besse-
rer Umsatz der Organikkomponente zu CO2 und H2O stattfindet als in großen Öfen, wie
etwa bei landbetriebenen Müllverbrennungsanlagen. Die o. g. Literaturwerte beziehen
sich nämlich auf solche.
So wird beispielsweise in der Literatur auch ausgeführt, dass nach dem heutigen
Stand der Technik die Emissionswerte nach der 27. BImSchV29 für Kohlenmonoxid und

2927. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz – Verordnung über Anlagen zur Feuer-

bestattung.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 569

Tab. 9.5  Molare Massen Stoff Molare Masse in g/mol


Ca 40,08
O 16,00
H 1,01
Cl 35,45
C 12,01
S 32,07
Ca(OH)2 74,28
HCl 36,46
SO2 64,07

organische Stoffe i. d. R. alleine durch feuerungstechnische Maßnahmen unterschritten


werden können [72].
Erweiterte Rauchgasreinigungstechniken würden daher bei derartigen Anlagen vor-
nehmlich auf eine Begrenzung der PCDD/F-Emissionen abzielen. Diese Stoffe wer-
den jedoch durch die nach der 17. BImSchV als auch nach MARPOL geforderten
Verbrennungstemperaturen zerstört. Um eine Rückbildung der Dioxine und Furane
im Rauchgaskanal durch die De-novo-Synthese zu verhindern, wird das Rauchgas
gequenscht oder mittels eines Rauchgaskühlers schnell heruntergekühlt. Insofern ist ein
Aktivkohlefilter lediglich als sog. Polizeifilter anzusehen, um den Dioxin- bzw. Furan-
schlupf im Abgassystem zu puffern.
Aufgrund dieser Überlegungen scheint es gerechtfertigt zu sein, für eine Schiffsmüll-
verbrennungsanlage den rechnerisch ermittelten Wert der Aktivkohlemenge zu reduzieren.
Insofern könnte im ersten Ansatz von den im vorstehenden Beispiel ermittelten
580 kg Aktivkohle zunächst etwa die Hälfte dieser Menge genommen werden.

Auslegung für die HCl- und SOx-Abscheidung Diese sauren Komponenten lassen
sich durch Chemiesorption mit Calciumhydroxid aus dem Rauchgas eliminieren. Hierbei
wird zunächst ein stöchiometrischer Ansatz verfolgt. Dazu sind die molaren Massen der
an der Reaktion beteiligten Komponenten in den entsprechenden Reaktionsgleichungen
zu berücksichtigen; Tab. 9.5 enthält die Molmassen für die relevanten Stoffe.
Die HCl-Umsetzung läuft dabei nach folgender Reaktionsgleichung ab:
Ca(OH)2 + 2 HCl → CaCl2 + 2 H2 O,
74,28 g/mol + 72,92 g/mol.
Annahme: Im Rauchgas sind 400 mg/Nm3 HCl enthalten (s. Tab. 9.4). Diese Annahme
begründet sich damit, dass ein Chloreintrag in Schiffsmüllverbrennungsanlagen z. B.
durch PVC-Verbrennung als eher gering anzunehmen ist. Mithin scheint hier die Annahme
einer Rohgasbeladung gerechtfertigt, die an der unteren Grenze der Literaturangaben liegt.
570 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Bei einem Rauchgasvolumenstrom von 240 Nm3 /h · 1200 h = 288.000 Nm3 ist insofern
mit einem HCl-Anfall von

288.000 Nm3 · 400 mg/Nm3 = 115.200 g HCl


auszugehen.
Laut o. g. Reaktionsgleichung werden für die Umsetzung von 72,92 g HCl 74,28 g
Ca ( OH)2 benötigt; für die Umsetzung von 115.200 g HCl sind dann 117 kg Ca ( OH)2
erforderlich.
Die Begrenzung der Schwefeloxidverbindungen wird vorstehend für SO2 betrachtet;
insofern erfolgt die Bestimmung der erforderlichen Kalkhydratmenge vereinfachend auch
für SO2. Die SO2-Umsetzung zu „REA-Gips“30 läuft dabei vereinfacht nach folgender
Reaktionsgleichung ab [61]:

Ca(OH)2 + SO2 + 21 O2 → CaSO4 + H2 O,


74,28 g/mol + 64,07 g/mol.
Annahme: Im Rauchgas sind 500 mg/Nm3 SO2 enthalten (s. Tab. 9.4). Diese Annahme
entspricht der durchschnittlichen Literaturangabe der Rohgasbeladung mit SO2. Bei
einem Rauchgasvolumenstrom von 240 Nm3 /h · 1200 h = 288.000 Nm3 ist insofern mit
einem SO2-Anfall von

288.000 Nm3 · 500 mg/Nm3 = 144.000 g SO2


zu rechnen.
Laut o. g. Reaktionsgleichung werden für die Umsetzung von 64,07 g SO2 74,28 g
Ca( OH)2 benötigt; für die Umsetzung von 144.000 g SO2 sind dann 177 kgCa( OH)2
erforderlich.
In Summe ist für die betrachtete Verbrennungseinrichtung zur Abscheidung der „sauren
Komponenten“ insofern eine Kalkhydratmenge von
.. ..
117 kg (fur HCl) + 177 kg (fur SO2 ) = 294 kg Ca(OH)2 ,
also von etwa 300 kg Calciumhydroxid vorzusehen.
Rechnerisch wird eine Adsorbensmenge, bestehend aus etwa 300 kg Kalk und
300 kg Aktivkohle, für die betrachtete Verbrennungsanlage erforderlich.

Berücksichtigung von Erkenntnissen bestehender Anlagen Wie bereits beschrieben,


ist die Abgasreinigung mittels der Adsorption bei der Abfallverbrennung an Land als
auch beim Betrieb von Krematorien Stand der Technik. Die emittierten Stoffe sind
vergleichbar. Daher ist es naheliegend, durch Vergleich der Abgas- bzw. Schadstoff-
ströme mit den eingesetzten Mengen an Adsorbenzien auf die hier zu untersuchenden
Betriebszustände abzustellen.

30REA = Rauchgasentschwefelungsanlage.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 571

Tab. 9.6  Gegenüberstellung der Adsorbenzienmenge aus verschiedenen Verbrennungsanlagen


Anlage Nr. Kalkmenge A-Kohlemenge, Gesamtmenge (kg) Reinigungsverfahren
(Ca ( OH)2) z. B. Herdofenkoks
1a 27,6 kg (92 %) 2,4 kg (8 %) 30 Flugstromadsorption
2b 0,7 kg (70 %) 0,3 kg (30 %) 1 Flugstromadsorption
3c 23,3 kg (93,2 %) 1,7 kg (6,8 %) 25 Flugstromadsorption
4 6,25 kg (50 %) 6,25 kg (50 %) 12,5 Festbettadsorption
aMVA Hameln (Energos-Anlage)
bKrematorien in Bielefeld und Minden
cAbfallverbrennungsanlage für 5000 t/a, Fa. Michaelis Umwelttechnik, Schleehofstr. 12, 97209

Veitshöchheim [82]

In Tab. 9.6 sind für diverse Verbrennungsanlagen die für 1 t verbrannten Abfalls ein-
gesetzten Adsorbensmengen in kg eingetragen. Für die dortige Anlage unter Nr. 4, das
ist die hier betrachtete Schiffsmüllverbrennungsanlage, sind dabei die oben errechneten
Werte – ebenfalls bezogen auf eine Tonne zu verbrennenden Abfalls – eingetragen.
Aus dieser Tabelle ist zu entnehmen, dass eine Annäherung für den Einsatz von Aktiv-
kohle allenfalls zwischen der Anlage nach Nr. 1 und den Berechnungen besteht. Augen-
fällig ist, dass in den Krematorien (Anlagen Nr. 2) der geringste Adsorbensverbrauch
ausgewiesen wird. Das ist insofern auch erklärlich, da nach der 27. BImSchV lediglich CO,
Staub, Cges sowie Dioxine und Furane begrenzt werden. Die „sauren“ Komponenten, HF,
Hg etc. werden hier nicht betrachtet, gleichwohl aber in der 17. BImSchV. Insofern muss
für eine Reduzierung eines größeren „Schadstoffcocktails“ auch eine größere Adsorbens-
menge erforderlich werden. Das wird auch durch die aus vorstehender Berechnung
gewonnene Adsorbensmenge bestätigt: Bei der hier betrachteten Schiffsmüllverbrennungs-
anlage sollen zwar weniger Schadstoffe als bei herkömmlichen Müllverbrennungsanlagen
eliminiert werden, jedoch mehr als bei Krematorien. Mithin muss die hier erforderliche
Adsorbensmenge zwischen der für die beiden Anlagenarten nach der 17. und 27. BImSchV
benötigten Menge liegen – und das trifft für die berechnete Kalkmenge zu!
Eine Unsicherheit besteht bei der erforderlichen Aktivkohlemenge. Neben den nach-
folgend beschriebenen Überlegungen ist die erforderliche Menge stark abhängig von der
Art und Qualität der Kohle.
Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, dass die theoretisch erforderliche Aktivkohle-
menge zwischen den hier berechneten 6,25 und 0,3 kg im tatsächlichen Betrieb differiert.
Hier ist augenfällig, dass der berechnete Wert gegenüber allen anderen Anlagen wesent-
lich höher ausfällt. Das mag darin begründet sein, dass beim Berechnungsansatz von einer
vollständigen Gesamt-C-Abscheidung aus dem Rauchgas ausgegangen worden ist – vgl.
oben unter „Auslegung für die Gesamt-C-Abscheidung“ – und die A-Kohle dabei nur zu
20 % beladen wird. Real braucht die Konzentration im Reingas aber nur auf 20 mg/Nm3
begrenzt zu werden. Bei einer angenommenen Rohgasbeladung von 400 mg/Nm3 sind das
95 % abzuscheidende Schadstofffracht. Insofern kann die erforderliche A-Kohlemenge auf
95 % des berechneten Wertes reduziert werden, mithin auf 6 kg pro Tonne verbrennenden
572 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Schiffsmülls. Ein gegenüber der Berechnung niedrigerer Wert für die Aktivkohlemenge
ist sicherlich auch aufgrund der Überlegung gerechtfertigt, dass bereits am Flugstaub, der
im Zyklon und an dem Tragsieb für das Adsorbens im Adsorber abgeschieden wird, nicht

der erforderlichen A-Kohlemenge auf ≪6 kg pro Tonne zu verbrennenden Schiffsmülls.


unerhebliche Mengen an Cges gebunden werden. Das rechtfertigt eine weitere Reduzierung

Diese Überlegung gilt auch für die erforderliche Kalkmenge: Hierbei wurde ein stöchio-
metrischer Ansatz verfolgt. Das heißt, dass die dem Kalk zugeführte Menge vollständig
chemisch sorbiert wird. Jedoch ist auch bei SO2 und HCl keine vollständige Abscheidung
erforderlich. SO2 ist auf 200 mg/Nm3 und HCl auf 60 mg/Nm3 zu begrenzen. Das macht
bei den entsprechenden Rohgaswerten für 500 mg/Nm3 SO2 und 400 mg/Nm3 HCl (vgl.
Tab. 9.4) 60 % abzuscheidende SO2-Menge und 85 % abzuscheidende HCl-Fracht aus.
Insofern kann die Kalkhydratmenge für die SO2-Abscheidung um 40 % auf 106 kg und
für die HCl-Abscheidung um 15 % auf etwa 100 kg, in Summe also auf etwa 206 kg redu-
ziert werden. Umgerechnet auf eine Tonne zu verbrennenden Abfalls wären dann für diese
Schiffsmüllverbrennungsanlage 4,3 kg Kalkhydrat erforderlich.
Die Frage ist, welche Mengen aber nun realistisch sind. Bei Auswertung der Tab. 9.6
ist erkennbar, dass die eingesetzte Aktivkohlemenge immer nur einen Bruchteil der
Kalkhydratmenge ausmacht. Diese Tatsache kann auch bei der hier betrachteten Ver-
brennungseinrichtung berücksichtigt werden: Da der rechnerische Wert für die Aktiv-
kohlemenge prozentual sehr hoch ausfällt, wird in diesem Fall eine aus den Anlagen 1–3
gemittelte AK-Menge in Betracht gezogen.
Aus der vergleichenden Betrachtung bestehender Anlagen mit den rechnerisch
ermittelten Adsorbenzienmengen kann daher, unter Berücksichtigung der vorstehenden
Überlegungen, für die betrachtete Verbrennungseinrichtung folgende Menge an Kalk-
hydrat und Aktivkohle in Betracht kommen:
Kalkhydrat: 4,5 kg pro t verbrannten Abfall,
Aktivkohle: 1,5 kg pro t verbrannten Abfall.
Das entspricht einem Mischungsverhältnis von 75 % Kalkhydrat und 25 % Aktivkohle.
Dieser prozentuale Ansatz liefert eine Adsorbenszusammensetzung, die zwischen der
prozentualen Zusammensetzung für Müllverbrennungsanlagen an Land und von Kre-
matorien liegt. Das ist insofern plausibel, da die für eine Schiffsmüllverbrennungsanlage
einzuhaltenden Emissionsbegrenzungen auch zwischen den Anforderungen nach der
17. BImSchV und der 27. BImSchV liegen. Von daher kann für die hier betrachtete Bei-
spielanlage festgehalten werden: Bei einer Verbrennung von 48 t Abfall in 200 Tagen
bzw. innerhalb von 1200 Betriebsstunden wären insofern
48 t · 4,5 kg/t = 216 kg Ca(OH)2
und
48 t · 1,5 kg/t = 72 kg Aktivkohle
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 573

Tab. 9.7  Molare Massen Stoff Molare Masse in g/mol


Ca 40,08
O 16
H 1,1
Cl 35,45
C 12,01
S 32,07
CaCO3 100,1
HCl 36,46
SO2 64,07

in Summe als Adsorbensmischung 288 kg erforderlich. Das Mischungsverhältnis liegt


hier für Ca(OH)2 bei 75 % und für Aktivkohle bei 25 %.
Hinsichtlich der Füllung eines Festbettadsorbers mit Kalkhydrat als Reaktionsmittel
ist aber anzumerken, dass diese auf dem Markt in körniger Struktur (Korndurchmesser
etwa 1–4 mm) nur schwer zu erhalten ist – in der Regel wird sie lediglich in Pulverform
angeboten. Das ist für eine Flugstromadsorption hervorragend, da hier Kalk mit einer
sehr großen Oberfläche vorliegt. Für eine Festbettadsorption ist pulverförmiger Kalk
jedoch nicht geeignet, da hierbei der Druckverlust im Adsorber zu groß wird. Dadurch
ist eine einwandfreie Funktion der Abgasreinigungsanlage nicht mehr gegeben. Insofern
ist darauf hinzuweisen, dass eine Adsorption mit Kalkhydrat in der hier betrachteten Bei-
spielanlage nur dann unter den beschriebenen Gegebenheiten möglich ist, wenn Ca(OH)2
in körniger Struktur erhältlich ist und eingesetzt wird!
Die Abgasreinigung ist jedoch auch mit Calciumcarbonat (CaCO3), auch kohlensaurer
Kalk genannt, durchführbar.31 Calciumcarbonat ist in Körnungen unterschiedlicher
Größe am Markt erhältlich.
Dabei laufen die Reaktionen gemäß der folgenden Reaktionsgleichungen ab; die
erforderlichen molaren Massen können Tab. 9.7 entnommen werden.
Abscheidung von HCl:
CaCO3 + 2 HCl → CaCl2 + CO2 + H2 O,
100,10 g/mol + 72,92 g/mol.
Im Abgas sind über den betrachteten Zeitraum 115.200 g HCl enthalten (s. vorstehend).
Laut vorstehender Reaktionsgleichung werden für die Umsetzung von 72,92 g HCl
100,1 g CaCO3 benötigt; für die Umsetzung von 115.200 g HCl sind dann 158 kg CaCO3
erforderlich.

31Siehe z. B. Produktinformation der Firma Dammann [57].


574 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Bei der Abscheidung von SO2 wird Calciumcarbonat zu REA-Gips umgesetzt; diese
Reaktion läuft vereinfacht nach folgender Reaktionsgleichung ab:

CaCO3 + SO2 + 21 O2 → CaSO4 + CO2 ,


100,10 g/mol + 64,07 g/mol.
Laut vorstehender Reaktionsgleichung werden für die Umsetzung in der hier
betrachteten Beispielanlage von 64,07 g SO2 100,1 g CaCO3 benötigt; für die
Umsetzung von 144.000 g SO2 im betrachteten Zeitraum (s. wieder vorstehend) sind
dann 225 kg CaCO3 erforderlich.
Für die rein stöchiometrische Umsetzung ist demnach für die HCl- und SO2-Ab-
scheidung durch Calciumcarbonat in Summe etwa 383 kg Calciumcarbonat erforderlich.
Hierbei gelten auch wieder die gleichen Überlegungen hinsichtlich der Reduzierung der
Adsorbensmenge aufgrund der nicht erforderlichen hundertprozentigen Abscheidung
der Stoffe: Es sind nur 60 % der angenommenen Rohgasfracht von SO2 und 85 % der
angenommenen Rohgasfracht von HCl abzuscheiden. Insofern kann die Calcium-
carbonatmenge für die SO2-Abscheidung um 40 % auf 135 kg und für die HCl-Ab-
scheidung um 15 % auf 134 kg, in Summe also auf etwa 270 kg reduziert werden.
Umgerechnet auf eine Tonne zu verbrennenden Schiffsmülls sind dann für diese Anlage
5,6 kg Calciumcarbonat erforderlich. Im Ergebnis ist für die betrachtete Beispielanlage
eine Adsorbensmischung aus etwa 270 kg Calciumcarbonat und 72 kg Aktivkohle
(Adsorbensmischung von 342 kg) zu wählen.

Bestimmung der erforderlichen Adsorbensmenge durch Laborversuch Die dritte


Möglichkeit zur Bestimmung der erforderlichen Adsorbensmenge und somit zur Dimen-
sionierung des Adsorbers und der gesamten Rauchgasreinigungseinrichtung besteht
in der Durchführung von Laborversuchen. Dazu werden im Labormaßstab die Abfälle
in der Zusammensetzung verbrannt, wie sie üblicherweise auf dem Schiff anfallen
(vergleichbar mit Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen). In die Abgas-
strecke werden die Reinigungskomponenten der zu projektierenden Anlage (im hier
betrachteten Beispiel ein Zyklon und ein Festbettadsorber, der mit einer definierten
Adsorbensmenge gefüllt wird) integriert (s. Abb. 9.5). Mit dem Laborversuch werden die
durch Rechnung oder Vergleich gewonnenen Daten verifiziert.
Abb. 9.6 zeigt einen im Laborversuch gewonnenen Konzentrationsverlauf für Cges im
Reingas.
Dieser „typische“ Konzentrationsverlauf kann wie folgt beschrieben werden:

• bei kleinen Konzentrationen annähernd linear (kontrolliert vom Henry’schen Gesetz),


• bei steigender Konzentration scheint sich die Reingaskonzentration einem Grenzwert
nähern zu wollen (erklärbar durch die monomolekulare Belegung der Adsorbensober-
fläche),
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 575

Adsorptionsverlauf für Gesamt-C


5
4,5
C-Gesamt im Reingas in mg/l

4
3,5
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
0 10 20 30 40 50 60 70
Verbrennungszeit in Minuten

Abb. 9.6 Durchbruchskurve eines Aktivkohlefilters

• der weitere Anstieg der Reingaskonzentration erklärt sich durch den Anstieg der
Konzentration des Stoffes in der Adsorbensschüttung, die sich der Sättigungs-
konzentration nähert (mehrschichtige Belegung und Kapillarkondensation), bis zum
„Durchbruch“ des Adsorbers.

Diese drei Bereiche gehen fließend ineinander über und lassen sich nicht genau
abgrenzen.32

Gleichung zur Bestimmung der erforderlichen Adsorbensmenge Ein Kernproblem


ist, die zur Einhaltung der formulierten Emissionswerte erforderliche Menge der
Adsorbensmischung zu ermitteln. Vom Grundsatz her sollte für die Rauchgasreinigung
für Schiffsmüllverbrennungsanlagen eine Adsorbensmischung aus Kalkhydrat und
Aktivkohle im Verhältnis 75 % Ca( OH)2 und 25 % Aktivkohle bzw. eine Mischung
aus Calciumcarbonat und Aktivkohle im Verhältnis 79 % CaCO3 und 21 % Aktivkohle
gewählt werden. Beim Einsatz von Kalkhydrat werden dabei 6 kg Adsorbensmischung
pro Tonne zu verbrennenden Abfalls, beim Einsatz von Calciumcarbonat werden 7 kg
Adsorbensmischung pro Tonne zu verbrennenden Abfalls benötigt.
Die erforderliche Adsorbensmenge M, bestehend aus Kalk und Aktivkohle, ist linear
abhängig von der zu verbrennenden Abfallmenge A, die innerhalb eines bestimmten
Zeitraumes, z. B. von einer Werftliegezeit bis zur nächsten, verbrannt werden soll;
das heißt, dass die Abhängigkeit der erforderlichen Adsorbensmenge von der zu ver-
brennenden Abfallmenge mit einer linearen Funktion dargestellt werden kann (Abb. 9.7).

32Hierzu auch Röhr und Holzapfel [63].


576 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Abb. 9.7 Abhängigkeit der y


Adsorbensmenge von der zu
verbrennenden Abfallmenge
f(x) = a · x + b

Herleitung der Geradengleichung für die erforderliche Adsorbensmenge: In der all-


gemeinen Geradengleichung y = a · x + b ist „y“ die erforderliche Adsorbensmenge M
und „x“ die Variable, die zu verbrennende Abfallmenge A. Die Steigung der Geraden a
ist hierbei eine adsorbensspezifische Konstante. Der Schnittpunkt der Geraden mit der
x-Achse (Nullstelle) f (x0)  = 0 wird wie folgt ermittelt:
Mit y = 0 folgt: 0 = a · x + b .
Wird kein Abfall verbrannt, ist die Abfallmenge x = 0; somit ergibt sich für „b“: b = 0
und somit für die Nullstelle der Gleichung:
Nullstelle N (0 | 0).
Damit reduziert sich die allgemeine Geradengleichung hier zu „y = a ⋅ x“. Insofern gilt:
Die erforderliche Adsorbensmenge M ist eine lineare Funktion von der zu verbrennenden
Abfallmenge A:
M = f (A) = k · A (9.5)
mit „k“ = adsorbensspezifische Konstante.
Die Linearität dieses Zusammenhangs begründet sich wie folgt: Die Chemiesorption
läuft idealisiert rein stöchiometrisch ab; die diesbezüglichen Reaktionsgleichungen sind
linearer Natur.
Das gilt auch hinsichtlich der Beladung der Aktivkohle:
Beladung = (MasseSchadstoff /MasseAktivkohle, unbeladen ) · 100 %.
Hieraus ist erkennbar, dass die erforderliche A-Kohlemenge linear abhängig von
der Masse des abzuscheidenden Schadstoffes ist. Die Beladung ist insofern der
Proportionalitätsfaktor für diese lineare Gleichung:
MasseSchadstoff · 100 %
MasseAktivkohle, unbeladen = ,
Beladung
wobei die Beladung in % einzusetzen ist.
In den vorstehenden Ausführungen wird eine Schiffsmüllverbrennungsanlage mit einer
Rauchgasreinigung betrachtet, in der über die vorgesehene Standzeit des betrachteten
Festbettadsorbers 48 t Abfall zu verbrennen sind. Hierfür ist eine Adsorbensmenge von
288 kg bei Einsatz von Kalkhydrat (75 % Ca( OH)2 und 25 % Aktivkohle) erforderlich;
demnach bestimmt sich M zu
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 577

MKalkhydrat = 6 kg/t · A. (9.6)


Hierbei beträgt die adsorbensspezifische Konstante k = 6 kg/t zu verbrennenden Abfalls.
Bei der Verwendung von Calciumcarbonat (79 % CaCO3 und 21 % Aktivkohle) ist
eine Adsorbensmischung von 342 kg für diese Abfallmenge erforderlich; demnach
bestimmt sich M zu
MCalciumcarbonat = 7 kg/t · A (9.7)
mit k = 7 kg/t zu verbrennenden Abfalls.
Hinweis: In die vorstehenden Gleichungen ist „M“ in Kilogramm und „A“ in Tonnen
einzusetzen.
Wird der Faktor „k“ als dimensionslose Größe dargestellt, ist die Abhängigkeit
M = f ( A ) wie folgt für die beiden Adsorbensmischungen darzustellen:
a) Aktivkohle/Kalkhydrat: M = 0,006 · A,
b) Aktivkohle/Calciumcarbonat: M = 0,007 · A.
Im Anhang 30 finden sich für beide Adsorbensmischungen Diagramme, die die vor-
stehenden Abhängigkeiten grafisch darstellen. Das ermöglicht dem Planer derartiger
Anlagen die jeweils erforderliche Masse an Adsorbensmischung direkt abzulesen. Die
Diagramme differenzieren dabei nach dem jeweils zu betrachtenden Abfallaufkommen
pro Person und Tag (1,2–1,5 kg pro Person und Tag), je nachdem wie es im Rahmen der
Projektierung für den Einzelfall als Randbedingung vorgegeben wird.

Auslegungshinweise für einen Festbettadsorber Die Korngröße der Adsorbenzien soll


>1 mm <5 mm betragen.
Aus dem Rauchgasvolumenstrom V̇G und der Apparatequerschnittsfläche A errechnet
sich die Abgasgeschwindigkeit wg durch den Apparat durch Umstellen der Gl. 9.8. Der
Quotient n gibt die Anzahl der ggf. parallel geschalteten einzelnen Adsorbergefäße an.
Bei nur einem Adsorbergefäß ist n = 1 zu setzen.

V̇G
A= . (9.8)
3600 · wG · n
Aus der Gasgeschwindigkeit und der Rauchgasdichte33 ρG = 0,85 kg/m3 (bei 150 °C)
ergibt sich der zulässige Gasbelastungsfaktor F für Gefäßadsorber mit Adsorbensfestbett
aus
  
√ .. m kg
F = wG · ρG zul. ungefahr 0,2−0,4 . (9.9)
s m3

33Rauchgas bei 150 °C und 1 bar [12, S. 161].


578 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Die Rauchgasgeschwindigkeit darf im Apparat nicht zu hoch sein, um einen ver-


nünftigen Stoffaustausch innerhalb der Apparate zu garantieren. Dies wird mittels des
Gasbelastungsfaktors berücksichtigt.
Die erforderliche Schütthöhe Z in einem Apparat wird aus dem Gewicht der
Adsorbensmischung GAds und der Schüttdichte von etwa ρs = 600 kg/m3 ([44]; Tab. 9.4)
mit Gl. 9.10 errechnet:
GAds
Z= . (9.10)
ρS · A
Zur gleichmäßigen Beaufschlagung der Adsorbensschüttung ist auf eine ausreichende
Diffusorraumhöhe oberhalb und unterhalb der Schüttung zu achten.
Das Adsorbens ruht auf einem Tragrost, welches der Korngröße von etwa 1 mm
angepasst sein muss. Hier können z. B. Metallfilter eingesetzt werden, wie sie auch in
Wrasenabzügen in Dunstabzugshauben gebräuchlich sind. Die Schüttung ist mittig in
den Apparaten zu platzieren. Oberhalb der Schüttung ist wiederum das v. g. Sieb einzu-
setzen. Es soll verhindern, dass Adsorbensmaterial mit dem Rauchgasstrom fortgerissen
wird. Um zu überprüfen, ob die Metallfilter durch Flugstaub und Adsorbensabrieb über-
mäßig verstopft werden, ist eine Differenzdruckmessung am Adsorber vorzusehen. Wie
hoch der zulässige Differenzdruck werden darf, muss der Versuchsbetrieb zeigen. Beim
Überschreiten des zulässigen Differenzdruckes ist der Staub abzuklopfen und aus dem
Adsorber zu saugen.
An dem Adsorberboden ist ein Ablauf für eventuell anfallendes Kondensat vorzusehen.
Darüber hinaus ist an jedem Apparateboden ein Zulauf für eine Stickstoffleitung anzu-
bringen. Die Stickstoffleitung verbindet eine N2-Gasflasche mit dem Adsorber. Stickstoff
dient zur Inertisierung des Adsorbers im Falle einer Glutnestbildung in der Aktivkohle.
Zur Detektion einer eventuellen Glutnestbildung ist an den Apparaten ein Thermo-
meter vorzusehen, welches die Temperatur in der Schüttung misst. Bei Temperaturen
>400 °C ist die Inertisierung zu aktivieren, die Rauchgasbehandlung abzuschotten und
die Bypassleitung zu öffnen (s. Abb. 9.5).

Dimensionierung des Wärmetauschers zur Rauchgaskühlung Da die Adsorption bei


einer Temperatur von etwa 150 °C stattfinden soll und das Rauchgas mit einer Tempe-
ratur von etwa 850 °C den Incinerator verlässt, ist der Wärmetauscher dementsprechend
zu dimensionieren. Allerdings sind die nachfolgenden Berechnungen zur Auslegung die-
ses Apparates nur überschlägiger Natur. Das gilt insbesondere für die Bestimmung der
spezifischen Wärmekapazität des Rauchgases. Eine exakte Bestimmung der mittleren
spezifischen Wärmekapazität ist aufgrund der wechselnden und daher nicht genau zu
bestimmenden einzelnen Komponenten des Rauchgases wie auch aufgrund – wenn auch
nur geringer – schwankender Rauchgastemperaturen unmöglich. Hier eine „exakte“
Berechnung der mittleren spezifischen Wärmekapazität für das Rauchgas, z. B. nach
Witte [48, S. 80], vornehmen zu wollen, würde eine unzulässige Genauigkeit vortäuschen.
Im Rahmen der Auslegung von Komponenten für derartige Anlagen, wie sie hier
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 579

Abb. 9.8 Temperaturverläufe TRGe


im Gegenstromwärmetauscher
TRGa
TWa
TWe

betrachtet werden, bleibt einzig – als allein seriöser Ansatz – mit Annahmen zu rechnen.
Ferner wird je nach Jahreszeit und Fahrtgebiet die Kühlwassertemperatur nicht immer
exakt bei den hier angenommenen 20 °C liegen.
Um die vielen Unwägbarkeiten hinsichtlich einer exakten Auslegung der Apparate
vernünftig zu kompensieren, ist die Anlage mit einer entsprechenden Regelung (z. B.
Proportionalregelung) auszurüsten. Hinsichtlich der erforderlichen Dimensionierung
der Rauchgaskühlung ist daher die Stellgröße „Kühlwassermenge“ für die Regelgröße
„Rauchgasaustrittstemperatur“ zu ermitteln.
Von folgenden Randbedingungen kann bei der Auslegung des Rauchgaskühlers aus-
gegangen werden (vgl. auch Abb. 9.8):

• Rauchgasabkühlung von 850 auf 150 ◦ C → 1TRG = 700 ◦ C ,


• Erwärmung des Kühl-(Meer-)Wassers von 20 auf 25 ◦ C → 1TW = 5 ◦ C34,
• spez. mittlere Wärmekapazität Rauchgas35 cpRG = 1,185 kJ/kgK,
• spez. Wärmekapazität Kühlwasser36 cpW = 4,18 kJ/kgK,
• durchschnittliche Wärmedurchgangszahl Gas/Wasser37 k ≈ 60 W/m2 K (unver-
schmutzt),
• Dichte Rauchgas bei 850 °C38 ρ ≈ 0,315 kg/m3.

Der Rauchgasvolumenstrom V̇RG wird durch Umstellen der Idealgasgleichung ermittelt:

pN · V̇N pRG · V̇RG


= , (9.11)
TN TRG
wobei die Indizes „N“ das Rauchgas im Normzustand39 charakterisieren, pRG ebenfalls
mit 1013 mbar angenommen werden kann und TRG die Temperatur am Wärmetauscher-
eingang ist (850 °C).

34Ebenfalls ein nur grob geschätzter Wert; er ist Abhängig von Fahrtgebiet und Jahreszeit.
35Rauchgas bei 500 °C und 1 bar: 1,185 kJ/kgK, Dichte von 0,46 kg/m3 [12, S. 161].
36Bei 20 °C [12, S. 154].

37[12, S. 111].

38[12, S. 161], gemittelt aus den Dichten bei 900 und 800 °C.

39p = 1013 mbar, T = 273,15 K.


N N
580 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Zunächst ist zur Auslegung des Wärmetauschers dieabzuführende Wärmemenge Q̇ab


zu bestimmen:

Q̇ab = ṁRG · cpRG · TRG (9.12)


mit ṁRG = V̇RG · ρRG.
Daraus bestimmt sich die benötigte Kühlwassermenge ṁ

Q̇ab
ṁ = . (9.13)
cpW · TW

Die erforderliche Wärmeübertragungsfläche A wird aus der mittleren logarithmischen


Temperaturdifferenz Δtm berechnet (hier für einen Gegenstromwärmetauscher):

Tgr − Tkl
tm = Tgr
. (9.14)
ln Tkl

Durch Umstellen der Gleichung für den Wärmestrom über eine Wärmeübertragungs-
fläche A

Q̇ = k · A · tm (9.15)
erhält man für A


A= . (9.16)
k · tm
Aus Platzgründen bietet sich hier die Wahl eines entsprechenden Plattenwärmetauschers
an, der darüber hinaus auch leicht zu warten ist.
Das bei der Rauchgaskühlung anfallende Kondensat muss konstruktiv aus dem System
abgeführt werden.

Zyklonentstaubung Die Staubfracht ist gering. Mit der Zyklonentstaubung soll hier
primär nur erreicht werden, dass der Wärmetauscher und die Adsorbenzien vor über-
mäßiger Staubbeladung geschützt werden. Durch die Wahl des hier aufgezeigten
Abgasreinigungsverfahrens wird der geforderte Staubgrenzwert sicher eingehalten:
Staubfrachten, die den Zyklon und den Wärmetauscher passieren, werden spätestens in
den Adsorberapparaten zurückgehalten.
Ein Zyklonentstauber ist ein Fliehkraftabscheider. Das teilchenbeladene Gas wird in dem
Apparat in eine rotierende Strömung versetzt. Hierbei werden die Staubpartikel aufgrund
der Zentrifugalkraft an die trichterförmige Wand des Zyklons befördert, an der sie aufgrund
ihrer größeren Masse als der des Gases nach unten abgeschieden werden (vgl. Abb. 9.9).
Die Auslegung des Zyklons und seine geometrische Gestaltung erfolgen in
Anlehnung an die VDI 3676 [45].
Gemäß Bild 13 der VDI 3676 ist unterhalb der Apexöffnung (Austrittsöffnung
des abgeschiedenen Staubes) ein gasdichter Aschekasten vorzusehen. Sein Volumen
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 581

Abb. 9.9 Prinzip


Zyklonentstauber. (Bild:
Toto601)

bestimmt sich aus der betriebstäglich abgeschiedenen StaubmengeG. Im Mittel wird


mit einer Rohgasbeladung an Staub mit etwa 5 g/Nm3 gerechnet werden können (vgl.
Tab. 9.4). Die hier gemachte Annahme stützt sich darauf, dass moderne Incineratoren
über eine geschickte Verbrennung und Rauchgasführung verfügen, wobei bereits auf eine
möglichst vollständige Verbrennung mit äußerst geringem Staubanteil hingewirkt wird.

GAsche = V̇Gas · t · 5 g/Nm3 · 0,9 (9.17)


mit
V̇Gas Rauchgasvolumenstrom im Normzustand (Nm3/h),
t tägliche Betriebszeit in Stunden (h).
Aus der Dichte der Flugasche (die mit etwa 0,9 kg/dm3 angenommen werden kann)
ergibt sich das Volumen des Aschekastens zu
GAsche
V= . (9.18)
ρ
Um nicht manuell betriebstäglich den Aschekasten zu leeren, empfiehlt sich, den Zyk-
lon über einen Schneckenförderer oder über eine Zellradschleuse zu entleeren. Der Flug-
staub kann dann direkt in einen Behälter gefördert werden, der entsprechend von einem
Wartungsintervall zum nächsten zu dimensionieren ist.
582 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Druckverlust im System Durch den Einbau des Rauchgaskühlers, der Rauchgas-


schieber, des Zyklons und der Adsorber sowie in den Rohrleitungen treten Druckverluste
auf, die vom Saugzuggebläse zu bewältigen sind. Nachfolgend wird exemplarisch für
die vorstehend betrachtete Nachrüstung einer Verbrennungsanlage der Gang der Druck-
verlustberechnung dargestellt. Sie zeigt auf, mit welchen Druckverlusten bei derartigen
Maßnahmen größenordnungsmäßig zu rechnen ist.

Druckverlust in Festbettadsorbern Der Druckverlust Δp wird im Wesentlichen


bestimmt durch die Füllhöhe und die Geometrie der Adsorbensteilchen; er wird nach
VDI 3674 bestimmt:

3 · ψ · ρ · w2 H 1 − ε
�p = · · 3 (9.19)
2 d ε
mit
ε Lückengrad der Schüttung,
H Höhe des Festbettes (m),
d mittlerer Korndurchmesser des Adsorbens (m),
ρ Dichte Rauchgas bei ca. 150 °C: ρ = 0,86 kg/m3,
ν kinetische Viskosität des Rauchgases: ν = 32,8 · 10−6 m2 /s40,
w mittlere Anströmgeschwindigkeit (m/s),
ψ Widerstandsbeiwert (s. Gl. 9.20).
Die vorstehende Rauchgasdichte wird gemäß GESTRA-Wegweiser [16] wie folgt
ermittelt:
270 · p · p0
ρ= (9.20)
T
mit
ρ Dichte im Betriebszustand, hier bei 150 °C (kg/m3),
ρ0 Normdichte (1,34 kg/m3; [16, S. 60]),
p absoluter Druck, hier überschlägig angenommen mit 1 bar,
T Betriebstemperatur (T = 273 + 150 ◦ C; K).Widerstandsbeiwert nach VDI 3674:

150
ψ= + 1,75. (9.21)
Re
Die dimensionslose Reynolds-Zahl Re bestimmt sich dabei – unter Berücksichtigung des
Lückengrades ε der Schüttung – nach folgender Gleichung:
1 w·d
Re = · . (9.22)
1−ε v

40Bei 150 °C [68].


9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 583

Druckverlust im Zyklon Der Druckverlust im Zyklon errechnet sich aus der Gleichung
([45]; Tab. 9.3):
ρ
�p = ξ · · w2 (9.23)
2

mit der mittleren axialen Tauchrohrgeschwindigkeit w = Ai .

Druckverlust in den Armaturen Nach GESTRA [16, S. 14 ff.] errechnet sich der
Druckverlust in einer Armatur nach folgender Gleichung:

ρ · w2
�p = ξ · a · . (9.24)
2
Der sog. „Körperfaktor“ a beträgt nach GESTRA [16, S. 12] bei Armaturen und Form-
stücken „1“; insofern gilt für das Produkt aus dem Widerstandsbeiwert und dem Körper-
faktor ζ · a = ζ = C (C wird Proportionalitätsfaktor genannt)41, wobei in einer zu
betrachtenden Rohrleitung die einzelnen Proportionalitätsfaktoren der Formstücke
addiert werden, somit gilt:

C= Ci . (9.25)

Bei der Berechnung des Druckverlustes in den Armaturen und Formstücken muss der
Einbauort dieser Bauteile berücksichtigt werden (Rohgasseite, Reingasseite), da hier
unterschiedliche Temperaturen vorliegen und diese Einfluss auf die Rauchgasdichte
haben, die wesentlicher Parameter bei der Bestimmung des Druckverlustes ist.

Druckverlust in den Rohrleitungen Der Druckverlust in Rohrleitungen berechnet sich


nach folgender Gleichung:

l ρ · w2
�pRohr =  · · (9.26)
d 2
mit
λ  Rohrreibungszahl,
l/d spezifische Rohrlänge mit l = Rohrlänge und d dem Rohrinnendurchmesser.
In Gl. 9.26 finden sich wieder die temperaturabhängigen Faktoren der Rauchgasdichte ρ
und der Strömungsgeschwindigkeit w des Gases. Genau genommen müsste zur exak-
ten Ermittlung der Druckverluste im Rohrleitungssystem dieses in entsprechende Teil-
abschnitte zerlegt werden. Da im Rahmen eines Basic-Designs jedoch die tatsächlichen
Rohrverläufe im Aufstellungsraum der Anlage noch nicht bekannt sind, ist es sinnvoll,

41Proportionalitätsfaktoren aus [16, Abb. 4, S. 16] für Nennweite DN 150.


584 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

zunächst mit Näherungen zu rechnen. Mithin erscheint es daher angebracht, in Gl. 9.26
eine mittlere Rauchgasdichte über den betrachteten Temperaturbereich des Abgases und
ebenso eine mittlere Rauchgasgeschwindigkeit einzusetzen. Insofern kann für über-
schlägige Betrachtungen bei Rauchgasreinigungsanlagen für Schiffsmüllincineratoren
für ρ = 0,59 kg/m3 und für w = 10 m/s gewählt werden.
Der Proportionalitätsfaktor C bestimmt sich für eine Rohrleitung nach Gl. 9.27:
C =  · l/d. (9.27)
Druckverlust im Rauchgaskühler bzw. im Wärmetauscher Zur Ermittlung des
Druckverlustes im Rauchgaskühler bzw. im Wärmetauscher sind detaillierte Hersteller-
angaben erforderlich. Sicherlich wird dieser Apparat aber aufgrund seiner bau-
artbedingten Oberflächengröße und -form gegenüber den übrigen Rohrleitungen,
Formstücken und Schiebern den größten Beitrag zum Druckverlust liefern.

Gesamtdruckverlust Der Gesamtdruckverlust im System ist die Summe der Einzel-


druckverluste, also

pges = pi . (9.28)

Verbleib der Reaktionsprodukte aus dem Adsorber Im Rahmen der Werftliege-


zeiten wird der im Zyklon abgeschiedene Staub als auch das beladene Adsorbens aus
dem Festbettadsorber entsorgt werden müssen. Hierbei handelt es sich um gefährliche
Abfälle i. S. d. § 3 der AVV42, die einer geordneten Entsorgung nach abfallrechtlichen
Vorschriften zugeführt werden müssen. Im Folgenden sollen hierzu die Möglichkeiten
aufgezeigt werden.
Die Rückstände aus den Trockensorptionsverfahren (sei es aus dem Flugstrom- oder
dem Festbettverfahren) enthalten zum Teil noch freies Kalkhydrat bzw. freies Calcium-
carbonat, das sich für eine weitere Behandlung, wie z. B. Verfestigung, nutzen lässt. Alle
Rückstände enthalten neben löslichen Salzen (Chloriden) insbesondere Schwermetalle,
ggf. Spuren von Dioxinen und Anteile von Flugstaub. Die Möglichkeiten und prakti-
schen Behandlungstechniken für derartige Rückstände zeigt die Tab. 9.8.

Alternative Abgasreinigungssysteme: Staubabscheidung Alternativ kann anstelle


des Zyklons ein entsprechend der Rauchgastemperatur zu dimensionierender und aus-
zulegender filternder Abscheider zur Vorentstaubung eingesetzt werden. Er wäre z. B. mit
Teflon-, Mineralwolle oder Edelstahlgewebe auszurüsten. Thomé-Kozmiensky et al. stel-
len in einer Tabelle sehr übersichtlich verschiedene Filtermaterialien mit dazugehörigen
möglichen Temperaturbeaufschlagungen und Beständigkeiten gegen Rauchgasinhalts-
stoffe dar [41, S. 62].

42Abfallverzeichnis-Verordnung.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 585

Tab. 9.8  Entsorgungsmöglichkeiten der Reststoffe aus der Rauchgasreinigung


Verfahren Anwendung
Verfestigung mit Additiven Deponierung
Verfestigung mit Flugasche (aus Zyklon) und Versatzmaterial im Bergbau
Wasser
Vermischung mit Rostasche oder Flugasche Deponierung
Ohne Behandlung Deponierung in Salzkavernen, Untertage- oder
Sonderabfalldeponien
Herstellung von Alinitzement Portlandzementersatz

In der Regel wird ein derartiger Entstauber aber wieder mehr Platz benötigen als ein
Zyklon bei vergleichbaren Betriebszuständen.43
Als weitere Alternative zur Vorentstaubung bietet sich auch im Rahmen der Rauch-
gasreinigung bei Schiffsmüllverbrennungsanlagen ein Elektrofilter an. Die hierfür
erforderliche elektrische Energie dürfte i. d. R. durch das Bordnetz in ausreichender
Größe zur Verfügung stehen.
Bei der Flugstromadsorption wird das Adsorbens regelmäßig an einem filternden
Abscheider als letzte Reinigungsstufe niedergeschlagen (vgl. Abb. 9.4). Jedoch wird eine
Vorentstaubung vor dem Rauchgaskühler dadurch nicht obsolet.
Auf welches Entstaubungssystem die Wahl letztlich fällt, muss im Rahmen der
Projektplanung anhand der bestehenden Randbedingungen geklärt werden:

• Nachrüstung oder Neubau,


• zur Verfügung stehende elektrische Energie,
• Stabilitätsfragen,
• Raum- bzw. Platzverfügbarkeit.
• Welcher Aufwand kann an die Mess- und Regelungstechnik gestellt werden?

Alternative Abgasreinigungssysteme: Adsorbenszusammensetzung Als Alternativ-


lösung zur vorstehend beschriebenen Projektierung kann, insbesondere bei Nachrüstungen
und Abgastemperaturen um 300 °C nach der Zyklonentstaubung, die Rauchgasreinigung
lediglich mit einem Rauchgaskühler, Zyklon und einem Adsorber vorgenommen werden,
der ausschließlich mit Kalk gefüllt ist.

43Vgl. Gebrauchsmusterschutz vom Deutschen Patent- und Markenamt v. 17.08.2006, Nr.: 20 2006

009 138.6.
586 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Diese Variante ist aus folgenden Gründen umsetzbar und aus immissionsschutzrecht-
licher Sicht auch vertretbar:

a) Bei der Nachrüstung bestehender Anlagen sind in der Regel immer Kompromisse ein-
zugehen. Insbesondere ist hierbei der verwaltungsrechtlich zu berücksichtigende Ver-
hältnismäßigkeitsgrundsatz von Bedeutung. Das angestrebte Ziel darf insofern nicht
nur durch einen übermäßig hohen (finanziellen und/oder technischen) Aufwand zu
erreichen sein. Allein durch den Einsatz von Kalk kann mit minimalem apparativen
Aufwand bereits eine deutliche Verbesserung der Emissionswerte erreicht werden.
b) Sollten Abgastemperaturen um 250 °C gefahren werden, ist es wahrscheinlich, dass
hierbei bereits Desorptionsvorgänge an der Aktivkohle überwiegen, was einen Aktiv-
kohleeinsatz schon von daher obsolet machen würde.
c) Durch dieses Reinigungsverfahren wird die besondere chemische Eigenschaft
des Quecksilbers genutzt: Dieses bildet bei Temperaturen über 300 °C Queck-
silber(II)-oxid. Diese Verbindung wird in dem Adsorber zurückgehalten. Ferner
bindet sich der organische Kohlenstoffanteil sehr gut am Flugstaub. Da dieser zum
großen Teil durch den Zyklon abgeschieden wird und weitere Partikel im Adsorber
zurückgehalten werden, ist davon auszugehen, dass sich die Emissionswerte für Cges
trotz verringertem apparativen Aufwand deutlich reduzieren werden.

Weiterhin kann die N2-Gasbevorratung entfallen. Diese war zur Inertisierung des Adsor-
bers im Falle einer Glutnestbildung in der Aktivkohle vorgesehen. Damit ist bei den
vorhandenen maximalen Rauchgastemperaturen, der konstruktiven Durchbildung des
Adsorbers und der hier nicht vorhandenen Aktivkohle nicht zu rechnen. Eventuell vor-
handener Funkenflug in der Rauchgasleitung zum Adsorber wird an dem metallischen
Auflagesieb der Adsorberschüttung zurückgehalten.44

9.3.2 Abgasemissionen der Antriebs- und EDiMot-Anlagen,


LNG-Antrieb

Beim Betrieb von Verbrennungsmotoren werden Stoffe wie Schwefeloxide (SOx), Stick-
oxide (NOx), Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2), Kohlenwasserstoffe, Ruß
und Feinstäube emittiert.
Die in den vergangenen Jahren stetig gestiegenen Brennstoffpreise haben dazu geführt,
dass z. B. Containerschiffe langsamer fahren und dadurch erheblich weniger Brennstoff
verbrauchen. Außerdem werden Anstrengungen unternommen, um durch propulsion-
verbessernde Maßnahmen die Antriebsleistung zu reduzieren. Ein geringer spezifischer

44Gebrauchsmusterschutz vom Deutschen Patent- und Markenamt v. 17.08.2006, Nr.: 20 2006 009

138.6.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 587

Tab. 9.9  NOx-Emissionsgrenzwerte nach MARPOL Anhang VI [67]


Tier Datum NOx -Grenzwert (g/kWh)
n < 130 130 ≤ n < 2000 n ≥ 2000
I 01.01.2000 17,0 45 · n−0,2 9,8
II 01.01.2011 14,4 44 · n−0,23 7,7
III 01.01.2016 3,4 9 · n−0,2 2,0
mit „n“ der Betriebsdrehzahl der Verbrennungsmaschine

Energieverbrauch bedeutet auch einen geringen CO2-Ausstoß; die CO2-Emissionen sind


bei Antrieben mit Verbrennungskraftmaschinen etwa mit dem Faktor 3 proportional dem
Kraftstoffverbrauch.

9.3.2.1 NOx-Reduzierung
Der NOx-Ausstoß und die Schwefeloxidemissionen hängen vom Verbrennungsprozess
beziehungsweise vom Schwefelgehalt im Kraftstoff ab; sie sind durch die Art des Brenn-
stoffs und durch eine Optimierung des Verbrennungsprozesses direkt beeinflussbar.
Nach MARPOL Anhang VI gelten die in Tab. 9.9 genannten NOx-Emissionsgrenz-
werte. In dieser Tabelle ist auch das Datum genannt, ab wann die Anforderungen erfüllt
sein müssen.45
Die IMO-Emissionsnormen werden üblicherweise als Tier I…III-Normen bezeichnet.
Die Tier-I-Normen wurden in der Anhang-VI-Version von 1997 festgelegt, während die
Tier-II-/-III-Normen durch die im Jahr 2008 verabschiedeten Anhang-VI-Änderungen
eingeführt wurden:

• Das „Protokoll von 1997“ zu MARPOL Anhang VI trat am 19.05.2005 in Kraft. Es


gilt rückwirkend für neue Motoren, mit mehr als 130 kW, die auf Schiffen installiert
sind, die am oder nach dem 01.01.2000 gebaut wurden oder die nach diesem Zeit-
punkt einem größeren Umbau unterzogen wurden. Im Vorgriff auf die Ratifizierung
des Anhangs VI haben die meisten Schiffsmotorenhersteller seit 2000 Motoren konst-
ruiert, die den genannten Normen entsprechen.
• Änderungsanträge zum Anhang VI im Oktober 2008:
1. neue Treibstoffqualitätsanforderungen ab Juli 2010,
2. Tier-II- und -III-NOx-Emissionsnormen für neue Motoren und
3. Tier-I-NOx-Anforderungen an bestehende Motoren vor 2000.

Der überarbeitete Anhang VI trat am 01.07.2010 in Kraft.


Durch den Anhang VI werden nunmehr zwei Unterscheidungen hinsichtlich der
Emissions- und Treibstoffqualitätsanforderungen getroffen: 1) globale Anforderungen

45Das Folgende aus [60].


588 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

und 2) strengere Anforderungen an Schiffe in Emissionskontrollgebieten (ECA46). In den


ECA gelten entsprechend strengere Anforderungen.
Bestehende Emissionskontrollgebiete sind [25, S. 17, 81]:

• Ostsee,
• Nordsee, inklusive des Ärmelkanals,
• 24 Seemeilen vor der kalifornischen Küste, vorgelagerte Inseln zählen zur Küstenlinie,
• 200 Seemeilen vor den nordamerikanischen Küsten von Kanada und den USA,
inklusive der „Großen Seen“ und Hawaii,
• die Küstengewässer rund um Puerto Rico und die Amerikanischen Jungferninseln (die
sog. U. S. Caribbean Emission Area).

Geplant ist die Ausweisung weiterer ECA:

• gesamter Mittelmeerraum,
• japanische Gewässer,
• norwegische Gewässer.

Weiterhin in Diskussion sind:

• Alaska,
• Australien,
• Südkorea,
• Schwarzes Meer.

Die Emissionswerte für NOx werden in Abhängigkeit von der maximalen Betriebsdreh-
zahl des Motors n (min−1) festgelegt. Die Tier-I- und Tier-II-Grenzwerte sind global,
während die Tier-III-Standards nur in den ECA gelten.
Die strengen Tier-III-Emissionsgrenzwerte sind aber wohl nicht allein durch Opti-
mierung der Verbrennungsprozesse erreichbar; hier werden weitergehende Verfahren zur
NOx-Minderung erforderlich.
Die NOx-Fraktionen im Abgas von Dieselmotoren betragen ungefähr 95 % NO und 5 %
NO2. Die vorstehend genannten NOx-Werte in den ECA können mit dem Verfahren der selekti-
ven katalytischen Reaktion mit einem DeNOx-Katalysator (SCR-Katalysator) erreicht werden.
Hierbei reagieren die Stickoxide stöchiometrisch mit Ammoniak oder Harnstoff (Urea)
als Reduktionsmittel zu Stickstoff (N2) und Wasser (H2O). Diese Stoffe sind natürliche
Bestandteile der Atmosphäre.
Beim SCR-Verfahren (Abb. 9.10) wird in den Abgasstrom der Verbrennungsmaschine
zunächst Harnstoff eingeblasen und mit dem Abgasstrom durchmischt. Der Abgasstrom

46ECA = Emission Control Area.


9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 589

Abb. 9.10 Schema SCR-


Katalysator

SCR-Katalysator

Harnstoff-
Eindüsung

Abgas

passiert dann den DeNOx-Reaktor. In diesem befinden sich extrudierte Keramikblöcke


mit einer Honigwabenstruktur als Katalysator. Diese Keramikblöcke sind mit dem eigent-
lichen Katalysator aus Vanadiumpentoxid, Titandioxid, Aluminiumoxid oder anderen
beschichtet. Bei Temperaturen zwischen 280 und 600 °C läuft die Reaktion ab [9].

9.3.2.2 SOx-Reduzierung
Trotz optimierter Verbrennungsvorgänge in den Verbrennungsmotoren sind die tatsäch-
lichen Ausstöße an Schwefeloxiden (SOx) gerade beim Betrieb von Schwerölmaschinen
noch sehr hoch. Das häufig eingesetzte Schweröl hat einen Schwefelgehalt von etwa
2,5 %. Die Abgase von mit Schweröl betriebenen Schiffsmotoren enthalten daher einen
hohen Anteil an SO2.
Nach MARPOL Anhang VI und der EU-Richtlinie 2005/33/EG werden daher, in
Abhängigkeit vom Fahrtgebiet, Schwefelgrenzen im Treibstoff festgelegt; Tab. 9.10 gibt
die geforderten Höchstmengen und das entsprechende Ausführungsdatum wieder.
Tab. 9.10 zeigt, dass im Prinzip ab dem Jahr 2020 kein konventionelles Schweröl
mehr verbrannt werden darf, da dieses die geforderten Schwefelgehalte nicht ein-
halten kann. Ferner ist dieser Tabelle zu entnehmen, dass in allen Emission Control
Areas verkehrende Schiffe ab dem 01.01.2015 verpflichtet sind, schwefelarmen Kraft-
stoff mit max. 0,1 % Schwefel zu verwenden. Alternativ müssten sie ihre Abgase einer
Entschwefelungsanlage zuführen. Eine Kombination aus Dieselrußpartikelfilter und
SCR-Katalysator kann die dringend benötigte Minderungsleistung von Feinstaub, Die-
selruß und Stickoxiden erzielen [25, S. 14].
Auch in Asien ist das Thema Schiffsemissionen vor dem Hintergrund gravierender
Luftverschmutzungen in weiten Teilen Chinas ganz oben auf die Tagesordnung gerückt.
So werden in Hongkong jetzt ebenfalls scharfe Schwefelgrenzwerte eingeführt. Auch
die chinesische Regierung hat nachgezogen und die Verwendung von niederschwefligem
590 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Tab. 9.10  Schwefelgehalt im Treibstoff [9, S. 6].


Ausführungs- Schiffstyp Fahrtgebiet Schwefelgehalt in % Regelung
datum (Masse Schwefel/
Masse Treibstoff)
19.05.2006 Alle Ostsee-ECA 1,5 MARPOL
11.08.2006 Alle Ostsee-ECA 1,5 EU
11.08.2006 Passagierschiffe Alle EU-Gebiete 1,5 EU
11.08.2007 Alle Nordsee und engl. 1,5 EU
Kanal-ECA
22.11.2007 Alle Nordsee und engl. 1,5 MARPOL
Kanal-ECA
01.01.2010 Alle Alle EU-Häfen 0,1 MARPOL
01.01.2010 Binnenschiffe Alle Binnenwasser- 0,1 EU
straßen
01.07.2010 Alle ECA 1,0 EU
01.01.2012 16 besonders genannte Griechische Häfen 0,1 MARPOL
griechische Fähren
01.01.2012 Alle Weltweit 3,5 MARPOL
01.01.2015 Alle ECA 0,1 MARPOL
01.01.2020 Alle Weltweit 0,5 MARPOL

Treibstoff im Pearl-River-Delta vor Hongkong, für den Golf von Bohai (Peking) und
die Region Shanghai bis 2019 angewiesen. Dies soll in mehreren Schritten erfolgen,
angefangen mit der Regelung, dass ab dem 01.01.2017 in insgesamt elf führenden See-
häfen Schiffe während der Liegezeit nur noch niedrigschwefeligen Treibstoff nutzen dür-
fen. Anfang 2018 wird diese Regelung auf alle Häfen im sogenannten Pearl-River-Delta,
den Mündungstrichter des Jangtse sowie die Bohai-Bucht ausgedehnt. Stufe 3 macht ab
2019 die Verwendung niedrigschwefeligen Treibstoffs auch während der Ansteuerung
chinesischer Häfen obligatorisch [25, S. 15 f.].
Der Grenzwert von max. 0,1 % Schwefelgehalt im Kraftstoff kann nur vom sog.
Marinediesel (ähnlich dem Pkw-Diesel) eingehalten werden. Abgasfilter und -wäscher,
die sogenannten Scrubber, als Alternative sind jedoch noch nicht in Serie am Markt
erhältlich – insbesondere nicht für große Schiffe. Zudem kostet ihr Einbau selbst bei
kleinen Schiffen 1,5–2 Mio. €. Konsequenz ist, dass immer mehr Reedereien auf Marine-
diesel umstellen [46, S. 7]. Erstens wird hierdurch ein Beitrag zum Umweltschutz
geleistet, zum anderen können die umfangreichen Anlagen an Bord zur Aufbereitung des
Schweröls für die Verbrennung entfallen, was zusätzlichen Schiffsraum bringt.
Sollten Anlagen zur Schwefelemissionsminderung in Betracht gezogen werden, kann
zwischen den Verfahren der nassen (Abb. 9.11) oder trockenen Entschwefelung unter-
schieden werden.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 591

Tropfenabscheider
Kalkmilcheindüsung

Abgas vom Motor

Kalkmilch- bzw. Gipsaustrag

Abb. 9.11 Schematische Darstellung eines einfachen Abgaswäschers

Die als Wäscher (Scrubber) bezeichneten nassen Entschwefelungsanlagen arbeiten mit


Kalkmilch als Reaktionsmittel. Der Abgasstrom der Maschine wird im Gegenstrom zur
Waschflüssigkeit geführt, die feinstverteilt in den Wäscher eingedüst wird. An der Phasen-
grenze der kleinen Tropfen findet die chemische Reaktion, der Stoffaustausch, statt. Die-
ser kann durch Einbauten im Wäscher verbessert werden. Um durch mit dem Abgas am
Ausgang des Scrubber mitgerissene Tröpfchen aus dem weiteren Abgasstrom zu eliminie-
ren, findet sich am Kopf des Wäschers in der Regel noch ein Tropfenabscheider.
Die Strömungsgeschwindigkeit des Abgases im Wäscher liegt zwischen 1 und 4 m/s.
Die Verweilzeit des Gases im Scrubber bewegt sich zwischen 10 und 30 s. Für die appa-
rative Auslegung eines Wäschers ohne Einbauten kann ein Druckverlust von 100 bis
200 Pa angenommen werden [10, S. 1106].
Spezielle Scrubber nutzen Seewasser oder Frischwasser mit Natronlauge, um
Schwefeloxide im Abgas zu reduzieren (Abb. 9.12).
Die trockenen Entschwefelungsanlagen binden die Schwefelverbindungen durch
Chemiesorption an Kalkgranulat (Calciumcarbonat (CaCO3) oder auch Calciumhydroxid
(Ca(OH)2)) mit großer innerer Oberfläche, wobei Gips entsteht. Das Granulat (Körnung:
2–8 mm) mit einer spezifischen Oberfläche mit etwa 18–20 m2/g [9, S. 12] befindet sich
als Festbett in einem Festbettabsorber.
Die chemische Reaktion läuft beim Einsatz von Calciumcarbonat, welches fein
gemahlen als wässrige Suspension in einem Wäscher eingesetzt wird (Nassverfahren),
nach folgender Formel ab:
592 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Abb. 9.12 Schematische


Darstellung eines
Hybridsystems zur
Schwefelreinigung. ATL
Abgasturbolader. Der „Sludge
Tank“ ist der Schlammbehälter,
in welchem die Schlämme,
die bei der Reinigung der
Waschflüssigkeit anfallen,
gesammelt werden. (Grafik:
K.-H. Hochhaus, CC BY 3.0)

2 SO2 + 2 CaCO3 + H2 O → 2 CaSO3 ∗ H2 O + 2 CO2 ,


2 CaSO3 ∗ H2 O + 2 SO2 + 2 H2 O → 2 Ca(HSO3 )2 + H2 O,
Ca(HSO3 )2 + O2 + 2 H2 O → CaSO4 ∗ 2 H2 O + H2 SO4 ,
H2 SO4 + CaCO3 + H2 O → CaSO4 ∗ 2 H2 O + CO2 .

Beim Einsatz von Calciumhydroxid, auch gelöschter Kalk genannt, läuft die Reaktion
wie folgt ab:
1
Ca(OH)2 + SO2 + O2 → CaSO4 + H2 O,
2
Ca(OH)2 + SO3 + H2 O → CaSO4 + 2 H2 O.
Auf der Timbus wurde Ende 2009 eine Trockenentschwefelungsanlage mit einem
Reaktionsmittel auf Kalkbasis eingebaut (Abb. 9.13), um die Anlage im Seebetrieb zu
testen. Hier wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens der TU Hamburg-Harburg
und der Couple Systems GmbH Untersuchungen im realen Schiffsbetrieb zur Rauchgas-
entschwefelung durchgeführt.
Anfang 2010 hat der Hersteller Alfa Laval Aalborg B. V. eine Entschwefelungsanlage
auf Basis des nassen Systems an Bord der Tor Ficaria der Reederei „DFDS Tor Line“
installiert. Diese Anlage kann sowohl mit Frischwasser als auch mit Seewasser betrieben
werden, weshalb hier auch von einem Hybridsystem gesprochen wird. Der Nasswäscher
reinigt die durchlaufenden Abgase des Hauptmotors von Typ MAN B&W 9L60MC-C.
9.3 Technische Maßnahmen zum Meeresumweltschutz 593

Abb. 9.13 Einbau der


Trockenentschwefelungsanlage
auf der Timbus. (Foto: Olaf
Knüppel, Couple Systems
GmbH – Ursula Horn)

9.3.2.3 LNG-Antrieb
Alternativ werden heute schon Antriebskonzepte mittels LNG (Liquefied Natural Gas =
Flüssigerdgas) realisiert. So hat die United Arab Shipping Co. (UASC) im Jahr 2013
Containerschiffe (mit 18.000 TEU47) geordert, die so konstruiert sind, dass sie später
vergleichsweise unkompliziert auf die Nutzung von LNG umgerüstet werden können.
Als erstes deutsches Seeschiff verfügt die neue Helgoland über einen Dual-Fuel-An-
trieb, also einen, der für den Betrieb sowohl mit herkömmlichem Dieselkraftstoff als
auch mit Flüssigerdgas LNG versorgt werden kann. Damit können die ab 2015 geltenden
Abgasvorschriften eingehalten werden.
Auch die Reederei AG „EMS“ hat ihre Fähre Ostfriesland auf den Betrieb mit
Flüssigerdgas umgerüstet. Die Reederei hatte bereits Anfang 2014 mit der Bomin
Linde LNG den deutschlandweit ersten Liefervertrag über LNG als Schiffstreibstoff
abgeschlossen. Da das Erdgas erst auf ca. −163 ◦ C heruntergekühlt werden muss (bei
dieser Temperatur verflüssigt sich das Gas), sind allerdings entsprechende Tankanlagen
sowohl schiffsseitig wie auch an Land vorzusehen [46, S. 13 ff.].
Nach den Häfen Hamburg und Brunsbüttel folgen auch die bremischen Häfen dem
Trend, Schadstoffemissionen in den Häfen durch Einsatz von LNG als Antriebsenergie
für Arbeitsschiffe zu verringern. Daneben wird auch der Bau einer LNG-Hafentankstelle
forciert [46, S. 33].

47Twenty Foot Equivalent Unit (20-Fuß-Container).


594 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Auf der Werft SAM SHIPBUILDING AND MACHINERY im slowakischen Koma-


rono wurde 2014 die weltweit erste LNG-Hybrid-Barge gebaut. Die Auftraggeber,
Becker Marine Systems und AIDA Cruises, haben bei der Entwicklung dieser Barge mit
dem Ziel kooperiert, Kreuzfahrtschiffe während ihrer Hafenliegezeiten in Hamburg mit
umweltfreundlichem Strom zu versorgen, sodass sie auf ihre bordseitigen Hilfsaggregate
zur Stromerzeugung verzichten können. Ebenso hat Becker Marine Systems unter dem
Projektnamen Elblinien den Bau einer mit LNG-Antrieb ausgerüsteten Elbfähre – zwi-
schen Wedel und Jork im Einsatz – initiiert [46, S. 38 f.].
Weiterhin hat AIDA Cruises einen Auftrag zum Bau von zwei innovativen Passagier-
schiffen zur Lieferung 2019 und 2020 an die Meyer Werft in Papenburg vergeben. Sie
werden dann mit ihren 180.000 GT nicht nur die größten in Deutschland gebauten
Kreuzfahrtschiffe sein, sondern auch die ersten, die mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben
werden [47, S. 45 ff.].

9.4 Abwassermanagement

9.4.1 Einführung

Der Schutz der Meeresumwelt und der Küstengewässer ist in den letzten Jahren verstärkt
ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten [39, § 3, Rdnr. 18b]; [18, S. 154 ff.].
Eine besondere Belastung durch Schiffsabwässer trifft die Ostsee. Aufgrund ihrer ver-
gleichsmäßig kleinen Verbindungen zur Nordsee und damit zum Atlantik dauert ein völ-
liger Wasseraustausch etwa 20 bis 40 Jahre [15].
Dort sind gerade die Küstenbereiche durch Schiffsabwässer gefährdet. Das gilt vor
allem für die Nutzung dieser Bereiche als Badegewässer hinsichtlich der Gefährdung
Badender durch coliforme Keime.
Dem Meeres- und Küstenschutz wird sowohl auf internationaler Ebene durch völker-
rechtliche Vereinbarungen (z. B. durch das Helsinki-, MARPOL – und OSPAR-Über-
einkommen), im Bereich der EU durch diverse Richtlinien (beispielsweise durch die
Wasserrahmenrichtlinie sowie die Badegewässerrichtlinie) als auch durch nationale
Rechtsakte (in Deutschland durch das Wasserhaushaltsgesetz – WHG – mit darauf
erlassenen Verordnungen) vermehrt Rechnung getragen.
In Anlage IV des MARPOL-Übereinkommens wird Schiffsabwasser definiert als:

• Ablauf und sonstiger Abfall aus jeder Art von Toilette, Pissoir und WC-Speigatt,
• Ablauf aus dem Sanitätsbereich (Apotheke, Hospital usw.) durch in diesem Bereich
gelegene Waschbecken, Waschwannen und Speigatte,
• Ablauf aus Räumen, in denen sich lebende Tiere befinden, oder
• sonstiges Schmutzwasser, wenn es mit dem vorstehend definierten Ablauf gemischt
ist.
9.4 Abwassermanagement 595

Tab. 9.11  Einleitbedingungen für Schwarzwasser


Einleiten von Schwarzwasser
Unbehandelt Mechanisch behandelt Aus Aufbereitungsanlagen
und desinfiziert
• In Sammeltanks aufbewahrt •M  ind. 3 sm vom • Von der Verwaltung zugelassene
• Mind. 12 sm vom nächst- nächstgelegenen Land Abwasserbehandlungsanlage, die
gelegenen Land • Anlage von der Ver- die Anforderungen der Regel 9.2.1
• Von der Verwaltung waltung zugelassen erfüllt
zugelassene Einleitrate • In umgebendem Wasser keine
• Schiff fährt auf seinem Kurs Festkörper und keine Verfärbungen
• Mindestgeschwindigkeit 4 kn sichtbar

Inhaltlich entspricht das hier definierte Abwasser dem allgemein bekannten Schwarz-
wasser. Nach dieser Definition ist dann Abwasser aus Küchen, Wäschereien, Kom-
büsen und Duschen, das als Grauwasser bezeichnet wird, im Sinne der Anlage IV des
MARPOL-Übereinkommens kein Schiffsabwasser, solange es nicht mit Schwarzwasser
vermischt wird. Vom Grundsatz her sieht MARPOL Anlage IV ein Einleitverbot für
Schwarzwasser vor, formuliert allerdings Ausnahmen.

9.4.2 Einleitbestimmungen für Schiffsabwasser nach MARPOL


Anlage IV

Die Einleitbedingungen nach Anlange IV zu MARPOL gelten für Schiffe, die auf Aus-
landsfahrt sind mit einer Bruttoraumzahl (BRZ) ≥400 oder für Schiffe mit einer Brutto-
raumzahl (BRZ) von <400, die für die Beförderung von mehr als 15 Personen zugelassen
sind (vgl. Regel 2):

a) Einleiten von Abwasser (Schwarzwasser) durch Schiffe, die keine Fahrgastschiffe


sind, in allen Gebieten (= Sondergebiete und außerhalb von Sondergebieten) und von
Fahrgastschiffen außerhalb von Sondergebieten

Das Einleiten von Abwasser ins Meer ist gemäß Regel 11 Abs. 1 Anlage IV zu MAR-
POL verboten, es sei denn die Bedingungen nach Tab. 9.11 sind erfüllt.48

b) Einleiten von Abwasser (Schwarzwasser) von Passagierschiffen und Fähren inner-


halb eines Sondergebiets
Das Einleiten von Abwasser ins Meer ist
• neuen Fahrgastschiffen ab 01.01.2016,
• vorhandenen Fahrgastschiffen ab 01.01.2018

48Vgl. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2012 Teil II Nr. 32, ausgegeben zu Bonn am 23.10.2012.
596 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

verboten, es sei denn die folgenden Bedingungen sind erfüllt:


• zugelassene Abwasserbehandlungsanlage an Bord, die die Anforderungen der
Regel 9 Abs. 2.1 erfüllt und
• in umgebendem Wasser werden keine Festkörper und keine Verfärbung sichtbar.

Durch § 9 der Verordnung über das umweltgerechte Verhalten in der Seeschifffahrt


(See-Umweltverhaltensverordnung – SeeUmwVerhV) wird festgelegt, dass

(1) das Einleiten von Schiffsabwasser ins Meer nach Maßgabe der Anlage IV Regel 11
Absatz 1 Satzteil vor Absatz 1.1 und Absatz 3 Satzteil vor Satz 2 des MAR-
POL-Übereinkommens verboten ist
1. außerhalb der in § 3 Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Wasserflächen für Schiffe
bei der Fahrt von einem deutschen Hafen zu einem deutschen Hafen
a) für Schiffe auf Seewasserstraßen,
b) für Schiffe, die die Bundesflagge führen, auch seewärts der Begrenzung der
Seewasserstraßen,
2. in der Ostsee
a) für die in Anlage IV Regel 2 Absatz 1 des MARPOL-Übereinkommens nicht
genannten Schiffe einschließlich Sportboote, sofern diese Schiffe über eine
mit einer Abwasserrückhalteanlage ausgerüstete Toilette verfügen, auf See-
wasserstraßen,
b) für die in Buchstabe a bezeichneten Schiffe, die die Bundesflagge führen, auch
seewärts der Begrenzung der Seewasserstraßen.
(2) Der Schiffsführer oder der sonst für den Schiffsbetrieb Verantwortliche darf mit
einem Schiff einschließlich eines Sportbootes, das über eine Toilette verfügt und
entgegen § 6b Absatz 1 der Schiffssicherheitsverordnung nicht mit einer Abwasser-
rückhalteanlage ausgerüstet ist, Seewasserstraßen in der Ostsee nicht befahren.

Abwasseraufbereitungsanlagen für die Seeschifffahrt müssen einem Eignungstest


unterzogen und in Deutschland von der Berufsgenossenschaft für Verkehr (BG Ver-
kehr) – vormals Seeberufsgenossenschaft – (Abteilung Schiffsicherheit) zugelassen
werden. Dazu wird von einer Baureihe die kleinste Bauart ausgewählt und nach den Vor-
gaben der IMO-Resolution MEPC.227(64) erprobt [49].
Die in Tab. 9.12 genannten Anforderungen werden an die Ablaufqualität gestellt.
Der biochemische Sauerstoffbedarf ist ein Maß für den Gehalt eines Abwassers an
biologisch abbaubaren Stoffen. Er gibt an, wie viel gelöster Sauerstoff in einer bestimmten
Zeit für den biologischen Abbau der organischen Abwasserinhaltsstoffe benötigt wird.
Üblicherweise wird der BSB5 verwendet. Dieser Wert ist die Menge an Sauerstoff in mg/L,
9.4 Abwassermanagement 597

Tab. 9.12  Anforderungen an den Ablauf von Schiffskläranlagen


Parameter Konzentration
BSB5 ≤25 mg/L
CSB ≤125 mg/L
Schwimm- u. Schwebstoffe ≤35 mg/L
Chlorgehalt ≤0,5 mg/L
pH-Wert 6,0–8,5
Stickstoff, gesamt (TN) 20 mg/La
Phosphor, gesamt (TP) 1 mg/La
Fäkalcoliforme Keime ≤100∕100 ml
aZur Reduzierung des Nährstoffeintrages in die Ostsee sind erstmals verbindliche Einleitgrenz-

werte für diese Stoffe vorgegeben. Danach sind diese Grenzwerte oder eine 80 % Reduzierung von
TP und 70 % Reduzierung von TN. Diese Grenzwerte orientieren sich an den Einleitwerten kom-
munaler Kläranlagen

den Bakterien und alle anderen im Wasser vorhandenen Mikroorganismen bei einer Tem-
peratur von 20 °C innerhalb von fünf Tagen verbrauchen, woraus man auf die Menge der
dabei abgebauten organischen Stoffe schließt.
Der chemische Sauerstoffbedarf ist ein Maß für die Summe aller chemisch oxidier-
baren Stoffe im Abwasser. Er gibt die Menge an Sauerstoff in mg/L an, die zu ihrer Oxi-
dation benötigt würde, wenn Sauerstoff das Oxidationsmittel wäre.49
Abfiltrierbare Stoffe sind im Abwasser nicht gelöste Stoffe, also Feststoffe, die
durch Filtration, aus dem Abwasser entfernt werden können [75].
Mit dem pH-Wert wird die Wasserstoffionenkonzentration im Wasser angegeben. Sie
soll im neutralen Bereich liegen (neutraler Bereich bei pH 7 – z. B. destilliertes Wasser).
Das im Ablauf vorhandene freie Chlor ist auf 0,5 mg/L beschränkt. Im Wesentlichen
rührt das Chlor im Ablauf durch eine Chlorierung des Wassers zur Desinfektion her.
Werden andere Desinfektionsverfahren eingesetzt, beispielsweise die UV-Bestrahlung,
wird dieser Grenzwert keine Probleme darstellen.
Die fäkalcoliformen Keime sind Bakterien, die normalerweise im Darm von Men-
schen und Säugetieren vorkommen (Escherichia coli und andere laktospaltende Entero-
bakterien).
Regional gelten bereits heute schon strengere Vorgaben als nach Tab. 9.12. So müssen
beispielsweise Kreuzfahrtschiffe, die in Alaska verkehren, Anforderungen an die Schiffs-
abwasserentsorgung erfüllen, die über den Anforderungen der Anlage IV des MAR-
POL-Übereinkommens liegen. Neben der Einhaltung von strengeren Ablaufgrenzwerten
werden zusätzlich auch Anforderungen an die Grauwasserentsorgung gestellt.

49Zu BSB und CSB s. a. [43, S. 10].


598 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

9.4.3 Abwasseranfall an Bord

Zur Dimensionierung der Speichertanks – und auch der Abwasserbehandlungsanlagen


(s. Abschn. 9.4.5) – ist die Kenntnis über das Abwasseraufkommen erforderlich. Die-
ses ist in besonderem Maße abhängig vom Nutzerverhalten, der an Bord installierten
Entwässerungstechnik, von der befahrenen Region und insbesondere auch von der Art
des Schiffes. Maßgebliche Schwarzwasserquelle ist der Kabinenbereich. Dort kommen
hauptsächlich Vakuumtoiletten zum Einsatz. Die in der Literatur gemachten Angaben
hinsichtlich des Schwarzwasseranfalls variieren stark. Sie schwanken zwischen 15 und
74 L pro Person und Tag; in der Literatur wird ein Durchschnittswert von 31 L pro Per-
son und Tag für Kreuzfahrtschiffe angenommen [49, S. 530 f.].
Beim Grauwasseranfall schwanken die Angaben zum täglichen Aufkommen zwischen
172 und 243 L pro Person und Tag. Als Durchschnittswert für den Grauwasseranfall
kann von 220 L pro Person und Tag ausgegangen werden. Hinsichtlich der Situation auf
Kreuzfahrtschiffen stellt sich der Grauwasseranfall wie folgt dar: 61 % des Grauwassers
stammen aus dem Kabinenbereich, 25 % aus Küchen und 14 % aus der Wäscherei.
Zieht man nun die genannten Durchschnittswerte heran, so steht das Aufkommen von
Schwarzwasser zum Grauwasser bei Kreuzfahrtschiffen im Verhältnis 1:7. Das Gesamt-
aufkommen an Schwarz- und Grauwasser beträgt somit durchschnittlich 251 L pro Person
und Tag. Rein rechnerisch kann die zu speichernde oder zu behandelnde Abwassermenge
auf einem Kreuzfahrtschiff mit 2500 Personen zwischen 80 m3/d (ausschließlich
Schwarzwasser) und 630 m3/d (Schwarz- plus Grauwasser) schwanken [49, S. 531].
Die BG Verkehr gibt Werte zur Dimensionierung von Sammeltanks und zur Aus-
legung von Abwasserbehandlungsanlagen vor, die in Tab. 9.13 und 9.14 dargestellt sind
[5, Anhang 4].

9.4.4 Abwasserspeicherung

Alternativ zur Abwasseraufbereitung können die Passagierschiffe ihre Abwässer in


den Häfen entsorgen. Der Sondergebietsstatus der Ostsee nach der Anlage IV des
­MARPOL-Übereinkommens greift jetzt vollständig, da auch alle Ostsee-­Mitgliedsstaaten
der IMO gemeldet haben, dass in ihren Häfen ausreichende Auffangkapazitäten für
Abwasser von Passagierschiffen vorhanden sind [59].
Vor diesem Hintergrund werden vielfach Tanks zur Speicherung von Abwässern an Bord
von Schiffen eingebaut. Bis zum nächsten Hafen wird das Abwasser darin gesammelt, um
dann durch im Hafen befindliche Einrichtungen entsorgt zu werden (Abb. 9.14 und 9.15).
Damit die Rohrleitungen der Auffanganlagen mit der Abflussleitung des Schiffes ver-
bunden werden können, sind nach Regel 10 des Anhangs IV zu MARPOL beide Lei-
tungen mit einem genormten Abflussanschlussstück nach der Tab. 9.15 auszustatten;
Schiffe in der nationalen Fahrt können anstelle des vorstehend genannten Abwasserland-
anschlusses mit Schnellkupplungen ausgerüstet werden (Abb. 9.15).
9.4 Abwassermanagement 599

Tab. 9.13  Auslegung von Sammeltanks und Anforderungen an Abwasserbehandlung


<400 BRZ <400 BRZ Fahrgastschiffe Fahrgast- Seeschiffe
u. >15 ≥400 BRZ schiffe außer Fahr-
Personenc <1000 BRZc ≥1000 BRZ gastschiffe
≥400 BRZ
a b a b a b
Zugelassene – – X X – X X –
Abwasserauf-
bereitungsanlagen
nach IMO-Entschlie-
ßung MEPC.159(55)
od. MEPC.2(VI)a
Gesamt- Schwarz- – 70 L/ – – 70 L/ – – 70 L/
inhalt der wasser (P ⋅ d)d (P ⋅ d)d (P ⋅ d)f
Sammel- Grau- – 180 L/ – 230 L/ – 180 L/
tanks für u. Schwarz- (P ⋅ d)d (P ⋅ d)d (P ⋅ d)f
Abwas- wasser
serb,e
Intern. Abwasserlan- – X X X X X
danschlussg
Legende:
X = vorhanden
aAb dem 01.01.2010 dürfen nur noch Abwasseraufbereitungsanlagen auf Schiffen eingebaut wer-

den, welche nach der Entschließung MEPC.159(55) und ab dem 01.01.2016 nach der Entschlie-
ßung MEPC.227(64) baumustergeprüft sind
bEinleiten von nichtbehandeltem Abwasser in einer Entfernung von mehr als 12 sm vom nächst-

gelegenen Land unter Beachtung der Entschließung MEPC.157(55)


cDie Ausrüstung ist alternativ nach den Spalten a oder b auszuführen
dWerden für Abwassersammeltanksysteme Vakuumanlagen verwendet, so ist der Gesamtinhalt der

Tanks gemäß ISO 15749 auszulegen


eAuslegung von Sammeltanks für Fahrgastschiffe im küstennahen Einsatz

Es ist zugrunde zu legen:


VS =VPT · Fg · x
VS = Volumen des Sammeltanks,
VPT = 20 L pro Person und Tag für Schwarz- und Grauwasser,
Fg = Anzahl der Fahrgäste nach Sicherheitszeugnis,
x =  Abgabe nach x Tagen (x = 1, 2, 3 . . .)
für Bäderboote und Sportanglerfahrzeuge
Bäderboote und Sportanglerfahrzeuge sollten mit einem Sammeltank für Abwasser mit einem
Volumen von 1 m3 ausgerüstet sein, es sei denn, der Tank von 1 m3 kann aus Platzgründen nicht
vorgesehen werden oder es kann nachgewiesen werden, dass der Anfall an Abwasser geringer ist.
Die Fahrtzeit dieser Schiffe lt. Fahrterlaubnisschein darf nicht mehr als zehn Stunden betragen und
es muss die Bestätigung des Reeders vorliegen, dass das Abwasser regelmäßig abgegeben wird
fEs ist eine Haltezeit von drei Tagen zugrunde zu legen
gFür die in Nr. 5 der Legende genannten Schiffe kann auch eine Schnellkupplung verwendet

­werden
600 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Tab. 9.14  Abwassermengen pro Person und Tag in Litern zur Auslegung von Abwasserauf-
bereitungsanlagen
Ohne Vakuumanlage Mit Vakuumanlage
Schwarzwasser Grau- u. Schwarz- Schwarzwasser Grau- u.
wasser Schwarzwasser
Fahrgastschiff 70 230 25 185
Seeschiffe außer 70 180 25 135
Fahrgastschiffe

Abb. 9.14 Abwasserabgabe


im Hafen …

Direkte Abzweigungen nach See im Schwarzwassersystem sind mit Blindloch-


flanschen zu versehen. Der Abwassersammeltank muss eine Füllstandsanzeige oder Peil-
einrichtung haben [5].
Bei Schiffen mit einer Seitenhöhe von 5 m und weniger kann der Innendurchmesser
des Abflussanschlusses 38 mm betragen. Bei Schiffen, die bestimmte Handelsverkehre
durchführen, etwa Fahrgastfähren, kann stattdessen der Abflussschlauch des Schiffes mit
einem Abflussanschluss versehen sein, wie zum Beispiel Schnellanschlusskupplungen
(Abb. 9.15).
9.4 Abwassermanagement 601

Abb. 9.15 … und Übergabe in unterirdischen Sammeltank an Land

Tab. 9.15  Normabmessungen der Flansche für Abflussanschlüsse nach MARPOL Anhang IV,
Regel 10
Beschreibung Abmessung
Außendurchmesser 210 mm
Innendurchmesser Entsprechend dem Außendurchmesser des
Rohres

4 Löcher ∅ 18 mm in gleichem Abstand


Lochkreisdurchmesser 170 mm
Schlitze im Flansch
voneinander auf einem Lochkreis mit dem
genannten Durchmesser angeordnet und zum
Rand des Flansches offen, mit einer Schlitz-
breite von 18 mm

4, jede mit ∅ 16 mm und geeigneter Länge


Flanschdicke 16 mm
Schrauben und Muttern, Anzahl und Durch-
messer
Der Flansch ist so konstruiert, dass er für Rohre bis zu einem ∅i 100 mm geeignet ist, er muss aus
Stahl oder einem anderen gleichwertigen Werkstoff mit glatter Oberfläche sein. Der Flansch muss
zusammen mit der Dichtung für einen Betriebsdruck von 600 kPa geeignet sein

Die Speicherung von Abwasser an Bord benötigt insofern viel Platz und macht bei
entsprechender Größe ein nicht zu vernachlässigendes Zusatzgewicht für das Schiff aus.
Daher hat sich auf Neubauten von Kreuzfahrtschiffen – neben der Speicherung – mittler-
weile die Abwasserbehandlung durchgesetzt.
602 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

9.4.5 Abwasserbehandlungsanlagen

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen drängt sich die Überlegung auf,
die anfallenden Abwässer an Bord so aufzubereiten, dass sie nicht gespeichert, son-
dern in See- oder auch Hafengewässer eingeleitet werden können. Ferner wurde durch
die vorstehenden Ausführungen aber auch deutlich, dass derartige Einleitungen nur von
Schiffskläranlagen aus erfolgen dürfen, die entsprechend zugelassen bzw. zertifiziert sind
(zuständige Institution in Deutschland: BG Verkehr).

9.4.5.1 Installierte Anlagentechnik
Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Systeme an Bord zur Anwendung kommen und
inwieweit sie den wasserrechtlichen Anforderungen gerecht werden.
Problematisch für den Bau und Betrieb von Schiffskläranlagen gegenüber den an
Land betriebenen Anlagen sind die Besonderheiten, die das System „Schiff“ mit sich
bringen, wodurch bekannte Verfahren und Technologien der Abwasserreinigung von
Landanlagen nicht einfach 1:1 übertragen werden können.
So sind für ein Schiff andere Bauformen z. B. für Absetz- und Belebungsbecken zu
wählen, als sie im kommunalen Bereich üblich sind – eine offene Behälterbauweise
kommt nicht infrage. Auch wird durch die Eigenbewegungen des Schiffes aufgrund von
Seegang eine ausreichende Absetzrate von Klärschlamm nicht einfach zu erreichen sein.
Dazu kommt das Platzproblem an Bord, was zu kompakten Bauweisen zwingt. Ein wei-
teres Problem, insbesondere für die Bildung einer funktionstüchtigen Biologie, sind ggf.
schwankende Zulaufraten, was durch „geschickte Pumpen- und Belüftersteuerung“ kom-
pensiert werden muss. Ferner sollten die Anlagen einfach zu bedienen sein, da – gerade
im Bereich der Marineschiffe – mit häufig wechselnden Besatzungen gerechnet werden
muss, die evtl. nicht die Zeit haben, sich ausreichend mit einer diffizilen Anlagenfahr-
weise auseinanderzusetzen.50
Um ein sicheres Arbeiten der Abwasseranlage (AWA) mit einer gesunden Biologie
zu gewährleisten, muss diese regelmäßig und sorgfältig gewartet werden. Da der Inhalt
der AWA als Biostoff im Sinne der BioStoffV51 anzusehen ist, sind hier die besonderen
Vorgaben aus dieser Verordnung zu beachten. Hierzu gehören u. a. eine schriftliche
Gefährdungsbeurteilung, eine umfangreiche Unterweisung des Wartungspersonals sowie
die Bereitstellung entsprechender Schutzkleidung.
Bei allen Tätigkeiten mit Biostoffen müssen mindestens die allgemeinen Hygiene-
maßnahmen eingehalten werden. Insbesondere hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen,
dass Arbeitsplätze und Arbeitsmittel in einem dem Arbeitsablauf entsprechenden saube-
ren Zustand gehalten und regelmäßig gereinigt werden, Fußböden und Oberflächen von

50Siehe auch Altmann [51].


51Biostoffverordnung vom 15.07.2013 (BGBl. I S. 2514, zuletzt geändert durch Art. 146 G
v. 29.3.2017 I 626).
9.4 Abwassermanagement 603

Arbeitsmitteln und Arbeitsflächen leicht zu reinigen sind, Waschgelegenheiten zur Ver-


fügung stehen und vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeiten vorhanden sind;
die Arbeitskleidung ist regelmäßig sowie bei Bedarf zu wechseln und zu reinigen.
Die Sensibilität der Anlagen und die besonderen Gefährdungen durch den Inhalt
einer AWA erfordern für die Wartungsarbeiten besonders sachkundiges Bordpersonal.
Diese Anlagen müssen insofern nur von unterwiesenem Personal und unter Aufsicht und
geeigneten Sicherheitsmaßnahmen geöffnet und gewartet werden.
Die heute gängigen Grundverfahren der Abwasserbehandlung in der Seefahrt sind:

• konventionelle aerobe Belebungsanlagen für die Schwarzwasserbehandlung (Belebung/


Nachklärung) mit Desinfektion,
• konventionelle aerobe Belebungsanlagen für die Schwarz- und Grauwasser-
behandlung (Belebung/Nachklärung) mit Desinfektion,
• Membranbioreaktoren (Mikro- und Ultrafiltration) für Schwarz- bzw. Schwarz- und
Grauwasserbehandlung sowie Abwässer aus dem Sanitäts- bzw. Hospitalbereich,
• Umkehrosmoseanlagen für die Grauwasserbehandlung (Kreuzfahrtschiffe).

Zur Desinfektion (Entkeimung) des Abwassers kommen neben dem Einsatz der
Membranfiltration im Wesentlichen die Chlorierung, UV-Licht-Behandlung (Abb. 9.16)
und Ozonisierung zur Anwendung [23, S. 9/6].
Teilweise erfolgt eine mechanische Vorbehandlung (Sieb, Rechenwerk) des
Abwassers. Diese ist bei Verfahren der Membranfiltertechnologie allerdings unerlässlich,
um zu vermeiden, dass die Membran durch Grobstoffe unnötig belastet wird.

Abb. 9.16 Abwasserbehandlungsanlage mit UV-Desinfektion


604 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Bürstenantrieb

Feinrechenanlage
Siebelement

Rohwasser

Grobstoffsammeltank

Ablauf ins Meer

Schlammaustrag

Abb. 9.17 Funktionsschema „mechanische Behandlung mit Desinfektion“

a) Mechanische Behandlung mit Desinfektion52


Über einen runden Sammeltank wird das auf dem Schiff anfallende Abwasser (Schwarz-
wasser, Grau- und Kombüsenabwasser) über eine Feinrechenanlage geleitet. Hier werden
die ungelösten Inhaltsstoffe zurückgehalten und in dem Sammeltank, auch Schlamm-
bzw. Grobstofftank genannt, gespeichert. Um Verwirbelungen im Sammeltank zu ver-
meiden und den Effekt der Fliehkraftabscheidung zu nutzen, erfolgt der Zulauf in den
Sammeltank tangential. Über ein Steigrohr mit umfänglichen Filteröffnungen, in dem
sich ein rotierendes Bürstensystem befindet, gelangt das Abwasser über das Siebelement
in das Ablaufrohr in den Homogenisierungstank. In diesem kann die Desinfektion mit-
tels Chlorierung – z. B. Chlorbleichlauge – oder UV-Bestrahlung erfolgen (Abb. 9.17).
Durch das im Steigrohr befindliche Siebelement werden die Feststoffe zurück-
gehalten, die sich nicht bereits im Grobstofftank abgelagert haben. Die rotierende Bürste
in Form einer Schnecke reinigt permanent die Filterfläche und führt die abgeschiedenen
Partikel zurück in den Grobstofftank. Die Sieblochgrößenstaffelung kann unterschiedlich
sein, z. B. in Stufen von 3, 1 und 0,5 mm.

52Vgl. auch Datenblatt „Mechanische Abwasservorbehandlung“, Fa. Martin, http://www.siclaro.ch/

de/produkte/downloads/Maritim/ProspektRechen2004.pdf (Abrufdatum 03.04.2017).


9.4 Abwassermanagement 605

Fällungsmittel
Abwasser

Belebungsbecken

See
mechan. Desinfektion
Vorreinigung

Schlammtank

Abb. 9.18 Prinzip einer mechanisch-biologischen Abwasserbehandlung mit Desinfektionsstufe

b) Aerobbiologische Verfahren
Nach der mechanischen Vorklärung und ggf. Fällung gelöster Stoffe durch Zugabe von
Fällungsmitteln (was allerdings die Ausnahme im Bereich der Schiffskläranlagen ist)53
erfolgt die biologische Klärung in der sog. Belebungsstufe (vgl. Abb. 9.18). Hier sorgen
unter Luftzufuhr Mikroorganismen mithilfe ihrer Enzymsysteme für eine Umsetzung
organischer Verunreinigungen durch Oxidation zu CO2 und H2O. Die Bakterien sind
bei relativ niedrigen Temperaturen zwischen 5 und 33 °C besonders aktiv, wobei sie in
der Lage sind, chemisch unterschiedliche Verbindungsklassen abzubauen. Die Organis-
men sind in der Belebungsstufe gezwungen, sich auf das schwankende Milieu hinsicht-
lich Temperatur, organischer Fracht und ggf. stoßweiser Zulaufraten durch metabolische
Adaption anzupassen, d. h. sich auf schwankende Betriebszustände einzustellen.
Dabei stellen die Bakterienkulturen Anforderungen an ihre Lebensbedingungen: Der
optimale pH-Bereich liegt zwischen pH 6–8. Ferner muss ein ausreichendes Stick-
stoff- und Phosphatangebot vorliegen, was aber normalerweise durch das Rohwasser in
ausreichender Menge geliefert wird [13, S. 21].
Grundsätzlich wird bei der biologischen Reinigung zwischen dem Belebtschlammver-
fahren und dem Festbettverfahren unterschieden.
Beim Belebtschlammverfahren befindet sich die Biomasse in Schwebe im zu reini-
genden Abwasser und wird über Belüfter mit Sauerstoff versorgt. Dabei durchläuft
das Abwasser die Klärbecken kontinuierlich (Durchlaufbiologie) oder diskontinuier-
lich. Durch die besondere Konstruktion der Belebung (Belüftung) werden Mikroblasen
mit 30–50 μm Durchmesser erzielt. Der Vorteil gegenüber dem Festbettverfahren ist
die hohe Konzentration von Mikroorganismen mit ebenfalls sehr großer Kontaktfläche.
Die „Flocken“ des Belebtschlamms werden vom Abwasser umströmt, gleichzeitig wer-
den der notwendige Sauerstoff und Abwasserbestandteile kontinuierlich durchmischt.

53Information der Fa. Ocean Clean GmbH, Rostock.


606 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Nachteil: Ohne Belebtschlamm funktioniert die AWA nicht. Wird die Anlage z. B. für
eine Reparatur komplett geleert oder wird bei einer Havarie die Biomasse vernichtet/
abgepumpt, muss neuer Belebtschlamm beschafft werden, um die Anlage wieder neu
„anzuimpfen“.
Beim Festbettverfahren ist die Biomasse als Biofilm auf Bewuchsträgern fixiert.
Dabei entnehmen die Bakterien den benötigten Sauerstoff aus dem sie umströmenden
Wasser. Bei Tropfkörperanlagen besteht der Bewuchsträger aus einer offenen Gitter-
struktur, der Biofilm wird gleichzeitig von Abwasser und Atmosphärenluft umspült.
Abb. 9.19 zeigt eine Belebtschlammanlage. Die Anlage in kompakter Bauweise
besteht aus einem Pufferspeicher und Belebtschlammstufe. Der Feinsiebrechen ist als
externe Komponente der Anlage vorgeschaltet (im Bild nicht zu sehen).
Das weitestgehende Abtöten coliformer Keime kann nach der biologischen
Reinigungsstufe wieder durch Chlor- oder UV-Desinfektion (immer dann, wenn neben
Grauwasser auch Schwarzwasser mit behandelt wird; Abb. 9.18) erfolgen.
Anstelle der Chlor- oder UV-Desinfektion arbeitet die in Abb. 9.19 gezeigte Anlage
mit einer nachgeschalteten Membranfilterstufe (Abb. 9.20), die aufgrund ihrer geringen
Porengröße coliforme Bakterien aus dem Wasser eliminiert.

c) Biomembrantechnologie
Das Verfahren ([28].; s. Abb. 9.21) ähnelt den beiden vorstehend beschriebenen Techno-
logien. Das dreistufige Verfahren ist wie folgt aufgebaut:
Die Anlage besteht im Wesentlichen aus drei Tanksystemen. In der ersten Stufe
erfolgt eine Grobstoffabscheidung durch eine selbstreinigende Feinsiebung mittels

Abb. 9.19 Aerobbiologisch arbeitende Schiffskläranlage


9.4 Abwassermanagement 607

Abb. 9.20 Behälter einer


Membranfiltereinheit

Abb. 9.21 Biologisch-


physikalische
Abwasserbehandlungsanlage
mit Membrantechnologie
„UltraC-2“. (Foto: Fa. Ocean
Clean, Rostock)
608 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Abb. 9.22 Prinzip des MBR-


Verfahrens. 1 Abwasserzulauf,
2 Antrieb Feinsiebrechen,
3 Entlüftung, 4 Überlauf
von einer Stufe zur anderen,
5 Kontroll- und Bedienpaneel,
6 Membranfilter,
7 Notüberlauf, 8 Filtratpumpe
für gereinigtes Wasser,
9 Belüftungsgebläse,
10 Umwälz- und
Schlammpumpe

Bürstensystem und elektrisch angetriebenen selbstreinigenden Siebzylinders. Die hier


abgeschiedenen Stoffe werden im systemintegrierten Tank gesammelt.
In der zweiten Stufe erfolgt die biologische Aktivierung durch Luftsauerstoff
(Belebungsbecken) wo Mikroorganismen im Belebtschlamm die organischen Bestand-
teile in CO2 und Wasser metabolisieren. Dazu wird Luft mittels eines in seiner Leistung
an die Größe der AWA angepassten Gebläses in die Belebungsstufe eingeblasen. Neben
der Anreicherung des Abwassers mit Luftsauerstoff wird so eine kontinuierliche Durch-
mischung im Belebungsbecken erreicht.
Der Austrag von überschüssigem Belebtschlamm wie auch der abgeschiedenen Grob-
stoffe erfolgt über die Umwälzpumpe (s. Abb. 9.22). Diese fördert kontinuierlich aus
der Belebung in die Membrankammer. Dort wird über die Membran sauberes Wasser
abgepumpt (Filtratpumpe). Weil sich die Flüssigkeit in der Membrankammer verdicken
würde, wenn Wasser abgeschieden wird, muss die Umwälzpumpe stärker ausgelegt sein
als die Filtratpumpe. Infolgedessen fließt der Mix aus Abwasser und Belebtschlamm
konstant aus der Membrankammer zurück in die Belebung (Überlauf).
In der dritten Stufe findet die Membranfiltration54 im Membrantank statt, um das
gereinigte Wasser physikalisch vom Belebtschlamm und von Bakterien zu trennen.
Bei der Membranfiltration handelt es sich um eine semipermeable Kunststoff-
membran mit einer Porengröße von zum Teil <0,1 μm [29].

54Die Verfahren unterscheiden sich durch die Porengröße ihrer Membranen: 0,5–0,1 μm ist Mikro-

filtration, 0,1–0,01 μm ist Ultrafiltration [76]; 10–1 nm ist die Nanofiltration.


9.4 Abwassermanagement 609

Hier werden selbst Bakterien und einige Viren zurückgehalten. Im Vergleich: Größe eines
Escherichia-coli-Bakteriums: Stäbchenform mit den Maßen 1,1–1,5 × 2,0–6,0 μm [71].
Treibende Kraft bei der Membranfiltration ist der Differenzdruck zwischen Zulauf und
Ablauf der Membran. Bei dem hier beschriebenen Verfahren mit einer sog. Flachmembran
saugt die Filtratpumpe an der Membran. Im Innern der AWA herrscht atmosphärischer
Druck (kein Druckbehälter, Anlage ist entlüftet). Der Saugdruck liegt bei max. 0,25 bar.
Charakteristisch für die Membranfiltration ist die tangentiale Überströmung der Mem-
bran, die Querstromfiltration oder auch Cross-Flow-Filtration genannt wird. Mit dieser
Strömungsführung wird durch tangential wirkende Kräfte der Aufbau eines Filterkuchens
auf der Membran minimiert, da ein derartiger – wie bei der klassischen Filtration – nicht
gewollt ist. Gänzlich vermeiden lässt sich eine Schichtbildung jedoch nicht. Da die meisten
Mikro- und Ultrafiltrationsmembranen allerdings selbsttragend sind, kann die Reinigung
der Membran z. B. durch eine periodische Rückspülung erfolgen. Die Rückspülung ist
jedoch vom Typ der eingesetzten Membran abhängig und wird nicht von allen Herstellern
empfohlen. So wird in der beschriebenen Anlage nicht rückgespült, sondern ca. einmal
pro Jahr chemisch in situ gereinigt. Das ist möglich, weil die Membrankammer von der
Belebung entkoppelt ist, sodass in diesem Tank mit Chlorbleichlauge gearbeitet werden
kann, um den Biofilm auf der Membranoberfläche abzureinigen.
Die Mikro- und Ultrafiltrationsmembranen werden in Form von Flachmembranen,
Rohrmembranen oder Hohlfasern hergestellt und in Druckrohren eingebaut. Eine
anschlussfertige Einheit aus Druckrohr und Membran wird Modul genannt. Bei der Rei-
nigung von Abwässern kommen i. d. R. Rohrmodule mit einem Rohrdurchmesser von
3–24 mm zum Einsatz [76].
Die Kombination aus Membrantechnologie und Bioreaktor wird allgemein kurz auch
als „ MBR-Verfahren“ bezeichnet.
Im Folgenden wird als Beispiel für diese Abwasserbehandlungstechnologie die in
Abb. 9.21 gezeigte kompakte Anlage „UltraC-2“ näher beschrieben. Sie ist ausgelegt
und von der BG-Verkehr auch zugelassen für eine hydraulische Belastung von 2,7 m3/d
und eine biologische Belastung mit einem BSB5-Wert von 1,9 kg/d. Sie enthält neben
der Verfahrenstechnik die erforderliche elektrische Anlage (Spannungsversorgung
3 × 400 V/50 Hz oder 3 × 460 V/60 Hz), in der u. a. die Anschlussspannung auf 24 V AC
für die Steuerspannung heruntertransformiert wird. Die Anlage ist in der Schutzart IP66
ausgeführt. Mittels Niveauschalter werden die Zu- und Ablaufpumpen geregelt. Bei
Überschreiten definierter Füllstände in den einzelnen Kammern erfolgt ein Alarm.
Tanks und Rohrleitungen sind aus nichtrostendem Stahl gefertigt. Folgende Rohr-
leitungsanschlüsse sind erforderlich:
• Einlauf DN 100,
• Entlüftung DN 100,
• Überlauf DN 25,
• Ablauf DN 25,
• Rückspülung DN 25,
• Entleerung DN 25.
610 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Für die Frischwasserzufuhr zur Rückspülung wird ein Wasserdruck von 2–5 bar benötigt.
Biologische und biologisch-physikalische Abwasserbehandlungsanlagen sind empfind-
lich gegenüber der Abwasserqualität. Eine intensive Verwendung von stark wirkenden
Reinigungsmitteln oder der Zulauf von Chemikalien (z. B. Chlor) zerstören die Mikro-
organismen des Belebtschlamms. Eine unzureichende „Fütterung“ mit Organik kann die
Konzentration der Mikroorganismen stark reduzieren, was einen unmittelbaren Einfluss
auf die Wirksamkeit derartiger Anlagen hat [28].
Abb. 9.22 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer MBR-Anlage.
Mögliche Störungen, deren Ursachen und Möglichkeiten der Beseitigung an einer
MBR-Anlage werden nachfolgend beschrieben [29]:

• Feinsiebrechenanlage blockiert: Abwasser, das in die Anlage eintritt, kann das Fein-
sieb nicht passieren und wird im Abwasserzulauf zurückgehalten. Der Grobguttank
muss entleert und das Feinsieb gereinigt werden. Bei Bedarf die Bürste austauschen.
• Die Membran ist verstopft: Gereinigtes Wasser kann nicht aus der Anlage abgepumpt
werden. Das Vakuum wird erhöht und der Vakuumschalter stoppt die Filtratpumpe.
Ansonsten würde der Membranfilter beschädigt werden. (Den Membranfilter niemals
zurückspülen!)
Dies kann durch eine schlechte Biologie verursacht werden: Entweder zu wenig oder
zu viel Belebtschlamm.
Qualität des Belebtschlamms überprüfen und, wenn möglich, Maßnahmen zur Ver-
besserung der Belebtschlammqualität vornehmen.
Eine chemische Reinigung des Membranfilters durchführen.
• Die Belüftung funktioniert nicht: Die Belüftung ist entscheidend für das Bakterien-
leben in der MBR-Anlage. Wenn keine Luft bzw. nicht genügend Luft in die Belebt-
schlammstufe gelangt, leidet die Biologie. Das führt zu einer Verschlechterung der
Wasserqualität und damit ggf. auch zu einer Verstopfung der Membranfilter. Wird das
Problem durch ein defektes Gebläse verursacht, dieses reparieren bzw. austauschen.
Ungewöhnliche hohe oder niedrige Luftströme können durch defekte oder ver-
schmutzte Belüftungsrohre verursacht werden. Dies kann durch eine optische
Kontrolle des Aussehens der Blasen auf der Oberfläche der Flüssigkeit in der
Belebungsstufe festgestellt werden. Bei nur wenigen Blasen können die Belüftungs-
rohre verstopft sein. Steigen sehr große Blasen auf, kann das auf beschädigte
Belüftungsrohre hinweisen. Für eine detaillierte Überprüfung der Belüftungsrohre
ist der Aktivierungsbehälter zu leeren und die Belüftungsrohre durch Demontage der
Flansche sind auszubauen. Ggf. durch neue Rohre ersetzen.
• Die Umwälzpumpe arbeitet nicht: Solange die Umwälzpumpe nicht funktioniert, wird
der Membrantank nicht mit „frischem“ Belebtschlamm beliefert, die Flüssigkeit im
Membrantank dickt ein. Ergebnis: Entweder verstopft die Membran oder sie fällt tro-
cken – das beschädigt sowohl den Membranfilter als auch die Filtratpumpe.
• Die Filtratpumpe arbeitet nicht: Die Füllstandshöhe der Wasserstände in der AWA
wird über die Filtratpumpe gesteuert. Wenn der Flüssigkeitsstand ein High Level
9.4 Abwassermanagement 611

erreicht, beginnt die Filtratpumpe das gereinigte Wasser aus der Anlage abzupumpen
(über den Membranfilter). Wenn die Filtratpumpe den Apparat nicht entleeren kann,
steigt der Flüssigkeitsstand bis zum Füllstandsalarm „Hoch“ an, was dazu führt, dass
der Abwasserzulauf geschlossen wird. Daher muss die Anlage bei nicht funktionieren-
der Filtratpumpe im Bypass gefahren werden.
• Die Belebtschlammmenge ist zu hoch: Gefahr des Verstopfens der Membran! Ord-
nungsgemäße Anlagenfunktion sicherstellen. Richtige Balance zwischen Belebt-
schlammgehalt und Wassergehalt finden. Um die Schlammmenge zu reduzieren, über
die Schlammpumpe ein bestimmtes Schlammvolumen abpumpen. Achtung: Nicht die
komplette Anlage leerfahren! Es empfiehlt sich, den Filtratbehälter zu entleeren und
mit sauberem Wasser wieder aufzufüllen. Auf diesem Weg wird genügend Schlamm
entfernt, der verbleibende Schlamm im Inneren der Anlage wird ausreichend verdünnt.
Weitere Möglichkeit: Membrantank durch einfaches Neustarten der Zirkulation wie-
der füllen. Auf diese Weise wird der Membrantank mit Belebtschlamm aus dem
Aktivierungstank gefüllt. Die verbleibende Flüssigkeit wird durch Zulauf von „frischem“
Abwasser ausreichend verdünnt.
• Das Filtrat ist weder klar noch sauber: Beschädigung des Membranfilters; ersetzen.
Vor Auswechseln der Membran jeden Rohranschluss/Schlauchanschluss der Filtrat-
linie im Inneren der Anlage überprüfen. Eine fehlerhafte Verbindung kann ebenso zu
unsauberem Filtrat führen.
• Hohe Schaumbildung in der Anlage: Schaum ist eine Reaktion der Anlagenbiologie
auf Zufuhr stark verschmutzten Wassers (z. B. Reinigungschemikalien) oder hohe
Spitzenbelastungen. Die Belüftung unterstützt den Schaumaufbau, daher kurzzeitig
abschalten. Achtung: Ohne Belüftung über längere Zeit verliert die Biologie ihre
Fähigkeit, das Abwasser zu katabolisieren.
• Es treten zahlreiche High-Level-Alarme auf: High-Level-Alarme können verursacht
werden durch:
– Spitzenbelastung der Abwasserzuläufe,
– zu hohen Abwasserzulauf,
– zu geringen Ablauf über die Filtratpumpe,
– schwere Schiffsbewegungen,
– verschmutzte Sensoren,
– Schaumbildung.
Alarme, die durch Spitzenbelastungen oder zu großem Abwasserzulauf verursacht
werden, sollten nicht oft auftreten; wenn doch, dann liegt die Ursache i. d. R. nicht
in der Anlage selbst. Vielmehr ist häufig ein zu geringer Filtrataustrag der Grund: Ein
Defekt der Filtratpumpe kann hier ursächlich sein. Daher: Überprüfen und bei Bedarf
ersetzen.
Ebenso kann starke Schiffsbewegung aufgrund von Seegang die Flüssigkeit in der
Anlage in kräftige Bewegung versetzen. So kann es passieren, dass der Alarmpegel-
sensor als Reaktion auf das bewegte Wasser in der Anlage einen zu hohen Pegel erfasst,
obwohl die Anlage einwandfrei arbeitet.
612 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Auch können verschmutzte Sensoren falsche Signale senden. In dem Fall Sensor aus-
bauen, reinigen und wieder einbauen.
Übermäßige Schaumbildung kann dazu führen, dass die Sensoren Flüssigkeit
detektieren, wo es keine gibt.

9.4.6 Bewertung der vorhandenen Technologien hinsichtlich ihrer


erreichbaren Einleitwerte

Die heute geforderten Einleitwerte nach der Grenzwertetabelle der IMO-Resolution


MEPC.227(64) (Tab. 9.12) lassen sich allein mit einer mechanischen Vorbehandlung mit
Desinfektion nicht erreichen. Die CSB- und BSB5-Werte sind wegen unzureichender
biologischer Abbauvorgänge aufgrund einer nicht vorhandenen biologischen
Reinigungsstufe ebenso wenig einhaltbar, wie die abfiltrierbaren Stoffe, da aufgrund der
Sieblochgröße diese nicht ausreichend zurückgehalten werden. Ebenso ist der Wert für
freies Chlor nicht einhaltbar, sollte die Desinfektion mittels Chlorierung durchgeführt
werden. Einzig werden die coliformen Keime bei ausreichender Desinfektion verlässlich
eliminiert werden können. Insofern ist eine derartige Abwasserbehandlung nur geeignet,
die Abwässer außerhalb der 3-sm-Zone außerhalb von Sondergebieten einzuleiten.55
Mit einer Kombination aus mechanischer Vorbehandlung und biologischer
Reinigungsstufe dürfte eine Einhaltung der CSB- und pH-Werte nach den jetzigen
Grenzwerten erreichbar sein. Das lässt sich dadurch begründen, dass für die Bakterien-
kultur ein gewisses Milieu erforderlich ist. Ist dieses vorhanden (u. a. ein pH-Wert zwi-
schen 6 und 8, was auch dem heute gültigen pH-Grenzwert entspricht), wird auch die
Bakterienkultur „gesund“ sein. In Verbindung mit einem ausreichenden Sauerstoffein-
trag zur chemischen Oxidation wird dann in den Reinigungsstufen eine ausreichende
Umsetzung der organischen Frachten erfolgen. Durch Desinfektion genügt das Abwasser
auch den genannten Werten hinsichtlich der Keimreduzierung. Allerdings ist auch hier-
bei der Wert für freies Chlor nicht einhaltbar, soweit wieder chloriert wird; ebenso wenig
sind die abfiltrierbaren Stoffe ausreichend zu begrenzen. Freies Chlor ließe sich aller-
dings durch Zugabe von Natriumthiosulfat (1 g/m3 Cl2 verbraucht 0,8 g/m3 Natrium-
thiosulfat) zur Bindung des freien Chlors an das Natriumatom zu NaCl reduzieren; diese
Technologie kommt nach Mitteilung der BG Verkehr zum Teil auch zum Einsatz.56
Vor dem Hintergrund der aktuell einzuhaltenden Einleitwerte innerhalb der
3-sm-Zone in deutschen Gewässern hat sich daher auf Neubauten von Kreuzfahrtschiffen
mittlerweile die vorstehend näher beschriebene Verfahrenstechnik Bioreaktor/Membran-
technologie – MBR – mit vorgeschalteter mechanischer Behandlung durchgesetzt. Auf-
grund der sehr kleinen Porengröße der Mikro- und Nanofiltration entfällt hierbei die

55Vgl. MARPOL Annex IV Regel 9 (Abs. 1.2).


56BG Verkehr, Meeresumweltschutz, Dienststelle Schiffssicherheit vom 23.05.2011.
9.5 Bilgenwasserbehandlung 613

Notwendigkeit zur Desinfektion, da insbesondere die zu begrenzende Keimzahl für coli-


forme Keime aufgrund deren Stäbchengröße sicher eingehalten werden kann. Ebenso ist
der Grenzwert für abfiltrierbare Stoffe aufgrund der Porengröße der Membrantechno-
logie erreichbar.
Insofern können Schiffe, die mit derartigen Anlagen ausgerüstet und soweit diese von
der BG Verkehr zugelassen sind, in deutsche Gewässer innerhalb der 3-sm-Zone ihre so
aufbereiteten Abwässer einleiten.

9.5 Bilgenwasserbehandlung

Als Bilge wird der unterste Raum auf einem Schiff bezeichnet. In der Bilge sammelt sich
das in den Schiffsrumpf eingedrungene Wasser aus Havarien und Leckagen sowie auch
Kondenswasser mit diversen Verunreinigungen (insbesondere Kohlenwasserstoffen).
Dieses Wasser nennt man Bilgenwasser. Bei Schiffen mit Motorantrieb ist in der Regel
die Antriebsmaschine mit einer eigenen Bilge, der Motorbilge, ausgestattet.
Die anfallende Menge an Bilgenwasser ist von der Art und Größe, aber auch vom
Zustand und Alter der Schiffe abhängig. Die IMO rechnet im Mittel mit ca. 2–3 cbm
pro Schiff und Tag [20, S. 730].
Das Bilgenwasser darf nur dann auf See abgepumpt werden, wenn es über einen
zugelassenen Bilgenwasserentöler geleitet wurde.
Rechtliche Grundlage für die Einleitung von Bilgenwasser auf See sowie für den Auf-
bau geeigneter Bilgenentöler ist die Resolution MEPC.107(49) der IMO. Daraus folgt,
dass innerhalb der 12-sm-Zone Bilgenwasser mit einem Ölgehalt von max. 15 ppm
(= 15 Gramm Öl pro 1000 L Bilgenwasser) eingeleitet werden darf. In Sondergebieten
liegt der Grenzwert bei 5 ppm (vgl. auch MARPOL Anlage I).
Ein Problem bei der Behandlung von Bilgenwasser ist dessen stets unterschied-
liche und nur schwer vorhersehbare Zusammensetzung. Neben reinen Mineralölen und
Synthetikölen gibt es Verunreinigungen durch feste Schmutzpartikel, die die Reinigung
erschweren. Folgende Stoffe können als Schwitz-, Leck- oder Waschwasser in unter-
schiedlichen Anteilen im Bilgenwasser vorhanden sein [14]:

• Brennstoffe,
• Schmieröle,
• Hydrauliköle,
• Wasserzusätze (hauptsächlich für Kühl- und Kesselwasser),
• Lösemittel,
• Kältemittel,
• Kaltreiniger,
• diverse andere Schmutzteile (z. B. Rost, Sand, Farbreste, Metallabrieb).
614 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Zur Entsorgung des Bilgewassers bieten sich zwei Verfahren an: In der Binnenschiff-
fahrt erfolgt die Sammlung des Bilgewassers in einem Tank an Bord, bis es von einem
Bilgenölentsorgungsboot gelenzt (abgepumpt) wird. Das Bilgewasser wird anschließend
direkt auf dem Entsorgungsboot in Wasser und Altöl getrennt. Das Wasser wird nach Fil-
terung wieder dem Gewässer zugeführt, während das Altöl in Tanks gesammelt und spä-
ter an Abgabestellen zur weiteren Entsorgung an Land abgeliefert wird.
Das zweite Verfahren der Bilgewasserentsorgung ist die Behandlung an Bord in
Bilgenwasserbehandlungsanlagen. Dieses Verfahren wird auch an Bord der Bilge-
nölentsorgungsboote angewendet, ist aber in der Seeschifffahrt unumgänglich. Das
Wasser mit einem Restölgehalt von max. 15 ppm (entsprechend der IMO-Resolution
MEPC.107(49)), bzw. 5 ppm in einigen Sondergebieten, kann ins Meer geleitet werden,
während der Ölschlamm entweder mit dem Schweröl in der Antriebsmaschine verbrannt
oder in einer Ölschlammverbrennungsanlage an Bord verbrannt wird bzw. an Land ent-
sorgt werden muss.

9.5.1 Bilgenwasserbehandlungsanlagen

Die einfachste Art der Trennung von Öl-Wasser-Gemischen ist die auf den unterschied-
lichen Dichten beruhende Phasentrennung – die Schwerkraftabscheidung: Die mit
geringerer Dichte als Wasser in der Emulsion enthaltenen Öl- oder auch Kraftstoff-,
Kaltreiniger- und ähnliche Tröpfchen werden entsprechend ihres Auftriebs abgeschieden.
Der Auftrieb entspricht dem Gewicht der verdrängten Flüssigkeitsmenge. Je größer
diese also ist, desto stärker ist auch der Auftrieb. Unter der idealisierten Annahme kugel-
förmiger Öltropfen und vernachlässigbarer Reibung ergibt sich nach dem Stok’schen
Gesetz eine quadratische Abhängigkeit der Auftriebsgeschwindigkeit von dem Tropfen-
durchmesser (vA ~ d2). Das bedeutet, dass eine Verdoppelung der Tropfengröße eine
vierfach höhere Auftriebsgeschwindigkeit zur Folge hat. Es folgt auch, dass bei einer
Verkleinerung der abzuscheidenden Tropfen um die Hälfte die Verweilzeit im Absetz-
becken vervierfacht bzw. die Durchflussleistung auf ein Viertel reduziert werden muss.
Im einfachsten Fall der Schwerkraftabscheidung wird das Gemisch in einen Tank
gepumpt, wo sich das relativ leichtere Öl und andere Stoffe an der Oberfläche sam-
meln und abgeskimmt werden können; das weitestgehend ölfreie Wasser kann im unte-
ren Bereich des Tanks abgezogen werden. Die Grenzen dieses Verfahrens liegen in der
für eine Trennung notwendige Dichtedifferenz begründet; diese muss mindestens 15 %
betragen. Bei geringeren Dichteunterschieden oder auch bei sehr kleinen Öltröpfchen
erfolgt keine klare Trennung in eine Öl- und Wasserphase. Bei kleinen abzuscheidenden
Tropfen ist die Verweilzeit aufgrund der geringen Auftriebsgeschwindigkeit relativ lang.
Hier gewinnt das Koaleszenzverfahren Bedeutung. Auch dieses beruht darauf,
dass die relativ leichtere Phase flüssiger Kohlenwasserstoffe zur Oberfläche auf-
steigt. Im Koaleszenzabscheider wird erreicht, dass solch kleine Tröpfchen, die unter-
halb der kritischen Größe für die Abscheidung im Schwerefeld liegen, zu größeren
9.5 Bilgenwasserbehandlung 615

Tropfen zusammenfließen und somit abgeschieden werden können. Dazu wird das
Öl-Wasser-Gemisch durch – je nach Hersteller – verschiedenartig ausgestaltete Ein-
bauten im Koaleszenzabscheider geleitet. Durch die veränderte Strömungsführung wird
ein vermehrter Kontakt zwischen kleinsten Tröpfchen und somit ein Zusammenfließen
ermöglicht. Gleichzeitig lagert sich Öl an den Einbauten, z. B. Wellen- oder Winkel-
profilen, ab. Durch Öffnungen im oberen Bereich der Profile können abgeschiedene
Kohlenwasserstoffe zu der nächsten Profilreihe aufsteigen und auf ihrem Weg wei-
tere Tropfen „einfangen“. Durch einen geringen Abstand der einzelnen Profile – und
die entsprechend geringe Steighöhe – werden Öltropfen schneller abgeschieden als in
einem großen Behältnis ohne Einbauten. Zur Feinabscheidung können alternativ auch
sog. Festbetten verwendet werden. Diese können z. B. aus Kunststoffschäumen, -vlie-
sen oder Granulat bestehen.
Im Dom des Abscheiders sammelt sich die leichtere Kohlenwasserstoffphase und
kann abgezogen werden [14].
Die Abtrennung der Öl- und Feststoffpartikel aus dem Bilgenwasser ist umso
anspruchsvoller, je stärker diese Partikel mit dem Wasser eine stabile Emulsion bzw.
Suspension bilden. Die Struktur und Stabilität dieser Emulsionen und Suspensionen
spielt folglich bei der Bilgenwasseraufbereitung eine bedeutende Rolle.
Emulsion wird definiert als eine Mischung zweier unvermischbarer Flüssigkeiten.
Eine Öl-in-Wasser-Emulsion enthält kleine Öltropfen, die in einer zusammenhängenden
Wasserphase verteilt sind. Als Suspension bezeichnet man eine Mischung, in der Fest-
stoffpartikel in der zusammenhängenden Wasserphase enthalten sind.
Emulsionen entstehen, wenn kleine Tropfen der einen Flüssigkeit (Nebenphase) in
der anderen Flüssigkeit (Hauptphase) unter Druck eingeschlossen werden, zum Beispiel
bei Pumpvorgängen oder dem Drosseln von Ventilen. Kleine Öltropfen verschmelzen in
Wasser normalerweise zu größeren Tropfen, da Öl nicht wasserlöslich ist.
Im Bilgenwasser enthaltene Tenside, wie zum Beispiel Reinigungsmittel, Seifen oder
andere oberflächenaktive Verbindungen, tragen noch zur Stabilisierung der kleinen Trop-
fen bei. Das macht die Abtrennung schwierig.
Um den heute geforderten Ölgehalt von max. 15 ppm im Bilgenwasser sicher einzu-
halten, erfolgt daher die Bilgenwasserentölung in der Regel als Kombination der zwei
Prinzipien „Abscheidung durch Schwerkraft“ und „Vereinigung kleinster Tröpfchen zu
größeren“ (Koaleszenz). Der Mindestdurchsatz der Bilgenwasserentöler ist abhängig von
der Schiffsgröße ([5, Anhang 1]; vgl. Tab. 9.16).

Versuch zur Phasentrennung durch Schwerkraftabscheidung


In ein Becherglas wird zur besseren Sichtbarmachung etwas eingefärbtes Lampenöl
gegeben, dann wird Wasser nachgefüllt. Das Glas wird ordentlich durchgeschüttelt, um
eine Öl-Wasser-Emulsion zu erhalten. Nach kurzer Zeit des Stehenlassens entmischt sich
das System: Auf dem Wasser schwimmt die Ölphase, getrennt durch eine relativ exakte
Phasengrenzschicht (s. Abb. 9.23).
Tab. 9.16  Anforderungen an Bilgenwasseranlagen
616

Mindestdurchsatz <400 BRZ 400 BRZ bis 1600 BRZ bis 4000 BRZ bis ≥15.000 BRZ
bzw. Mindestinhalt <1600 BRZ <4000 BRZ <15.000 BRZ
15-ppm-Anlage für Sonder- m3/h 0,25 0,5a 1,0 2,5 5
gebiete bestehend aus
• 15-ppm-Anlagec
• 15-ppm-Alarmb
• Stoppeinrichtung
Schlammtanksd m3 2 % des Gesamtinhaltes aller Brennstofftanks in m3
Bilgenwasserhaltetankse, f m3 – – 2 6 15
Lecköltanksf m3 1 1 1 1,5 2,5
Schmutzöl- u. Altöltanksf, g m3 1 2 3 8 10
Abgabeleitung an Land – 1 Landanschluss auf Bb.- od. Stb.-Seite od. mittschiffs des 2 Landanschlüsse auf Bb.- u. Stb.-Seite des Haupt-
Hauptdecks nach MARPOL 73/78, Anlage I, Regel 13 decks nach MARPOL 73/78, Anlage I, Regel 13
aBei Anwendung der MARPOL-Regel 14(5) ist ein Bilgenwasserhaltetank von ca. 1,5 m3 vorzuhalten
Legende zu den „Baulichen Maßnahmen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Öl“
b15-ppm-Alarm = Ölgehaltsmessgerät mit Alarmeinrichtung 15 ppm; Stoppeinrichtung = automatische Beendigung der Einleitung von Öl-Wasser-Gemischen

in das Meer beim Überschreiten des Grenzwertes


9

cDie Ausrüstungstabelle ist so angelegt, dass alle Schiffe mit 15-ppm-Anlagen für Sondergebiete auszurüsten sind. Damit ist die Forderung gemäß MARPOL

73/78, Anlage I, Regel 14 erfüllt


Auf schriftlichen Antrag des Reeders kann für Schiffe bis 10.000 BRZ auf den Einbau des 15-ppm-Alarms und der Stoppeinrichtung verzichtet werden, wenn
das Schiff grundsätzlich nicht in Sondergebieten, wie z. B. Ostsee/Nordsee in Fahrt kommt. Je nach Bauart oder Entölungsverfahren (Membranentöler) kann
auch eine kleinere 15-ppm-Anlage durch die BG Verkehr/Dienststelle Schiffssicherheit genehmigt werden
dWenn eine Ölschlammverbrennungsanlage gemäß Anhang 3 des Dokuments D.16 vorhanden ist, kann der Gesamtinhalt von Schlammtank und Schmutz-

öltank um bis zu 30 % der festgelegten Tankvolumen vermindert werden. Der Mindestdurchsatz dieser Verbrennungsanlage muss 1 % des täglichen Brenn-
stoffverbrauchs betragen
eBilgenwasserhaltetanks sind vorzusehen, wenn die Dichte des Brennstoffes höher als 0,94 liegt, d. h. bei Schwerölbetrieb
fWerden die Tanks nach den Inhalten der Tab. 9.16 ausgelegt, so sind die Bedingungen der IMO-Richtlinien für Systeme zur Behandlung ölhaltiger Abfälle in

Maschinenräumen von Schiffen (Guidelines for systems for handling oily wastes in machinery spaces of ships incorporating guidance note for an integrated
bilge water treatments system (IBTS)), MEPC.1/Circ. 511 vom 18.04.2006 erfüllt
gWenn ein vollständiger Austausch des Schmieröls auf See für Haupt- und Hilfsdieselmotoren vorgesehen ist, so ist die Größe der Tanks – abweichend von

den Werten der Tabelle – mindestens mit 1,5 m3 für eine Maschinenleistung von je 1000 kW auszulegen
Umweltschutz in der Seeschifffahrt
9.5 Bilgenwasserbehandlung 617

Abb. 9.23 Phasentrennung


aufgrund von
Dichteunterschieden

Im Folgenden wird exemplarisch die Bilgenwasserentölung am Beispiel des Öl-Was-


ser-Separators „OCEAN CLEAN EB“ beschrieben (Abb. 9.24).57
Hierbei handelt es sich um ein dreistufiges Öl-Wasser-Emulsion-Trennsystem mit
einer Durchsatzleistung zwischen 0,25 und 5,0 m3/h, bestehend aus Trennung durch

1. Schwerkraftabscheidung,
2. Koaleszenzabscheidung und
3. ein Filtersystem.

Die Anlage kann entweder im manuellen oder automatischen Modus betrieben werden.
Die erste Stufe ist die Schwerkrafttrennstufe. Bis zu 100 % Öl kann in der ersten Stufe
ohne Unterbrechung für eine Rückspülung vom Wasser getrennt werden.
Die Ölwassertrennung wird durch einen speziellen Einlauf in den Apparat begünstigt,
wodurch ein Hydrozykloneffekt entsteht.
Die zweite Stufe ist die Koaleszenzstufe. Verbliebene feinste Öltröpfchen werden hier
vom Wasser getrennt. Die Koaleszenzeinheit besteht aus einem öl- und säurebeständigen
Polyetherschaum, der durch eine automatische Rückspülung gereinigt wird. Abhängig
von den Betriebsbedingungen kann die Lebensdauer dieser Einheiten zwischen 2 und
5 Jahren liegen. Das abgetrennte Öl wird durch eine Messung detektiert und automatisch
durch Ablassventile ausgeschleust.

57Bilgenwasserentöler der Firma Ocean Clean GmbH, Rostock.


618 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Abb. 9.24 Bilgenwasserentöler. (Foto: Fa. Ocean Clean GmbH, Rostock)

Die erste und zweite Stufe dieses Apparates arbeiten ohne jegliche bewegliche Kom-
ponenten.
Die dritte Stufe ist die Emulsionsbrechstufe (Emulsionsspaltung).
Die Öl-Wasser-Emulsion muss spezielle Filter mit einer hydrophoben Oberfläche
durchlaufen. Diese Filter sind für Wasser durchlässig, Ölpartikel werden zurückgehalten.
Nach dem Bestehen des „15-ppm-Alarms“ (kann auf 5 ppm reduziert werden) wird das
behandelte Wasser nach außenbords gegeben. Die Lebensdauer der Filtereinsätze beträgt
ca. 2 Jahre.
Da sich das Trennsystem auf der Druckseite der Systempumpe befindet, gibt es keine
Einschränkung der Saughöhe. Wenn die Saughöhe mehr als 6 m beträgt, kann die Pumpe
separat in einer tieferen Position installiert werden.

Verfahrensbeschreibung
Das ölhaltige Wasser aus Bilge oder Bilgenwassersammelbehälter (From Bilge) wird
über eine Pumpe (Transfer Pump) in die 1. Stufe (1st Stage) geführt, die Grobtrennstufe
(Hydro Cyclone Stage; Abb. 9.25; [27]).
Das Einlassrohr ist wie ein Hydrozyklon gestaltet, welches das Bilgenwasser in
Rotation versetzt. Das leichtere Öl bewegt sich in die Mitte des Tanks, wo es von einer
Leitfähigkeitselektrode detektiert wird (N1.1). Diese Elektrode misst den elektrischen
Widerstand von Öl und Wasser zwischen Sensoren (A,B,C) im oberen Behälterbereich.
Wasser ist ein guter elektrischer Leiter, während der elektrische Widerstand des Öls
gegen ∞ geht. Das heißt, wenn die beiden Sensoren von Öl umgeben sind, kann kein
elektrischer Strom zwischen ihnen fließen. Dieses Signal wird vom Erfassungsrelais
übernommen. Das Ventil zum Ausschleusen von Öl wird geöffnet (V1). Während V1 zum
Ausschleusen von Öl geöffnet ist, bleibt V3 geschlossen.
9.5 Bilgenwasserbehandlung 619

Abb. 9.25 Prinzip Bilgenwasserentölung mit Ocean Clean EB. (Grafik: Fa. Ocean Clean GmbH,
Rostock)

Solange der besagte Sensor der 1. Stufe kein Öl detektiert, ist das Auslassventil V1
geschlossen. Die Öl-Wasser-Emulsion strömt von unten durch den Koaleszenzeinsatz
(2nd Stage) nach oben und bildet größere Öltropfen durch Zusammenfließen kleins-
ter Öltropfen. Hier abgetrenntes Öl wird vom Sensor N2.1 (nach dem gleichen Prinzip
arbeitend, wie vorstehend beschrieben) erkannt und durch Auslassventil V2 abgelassen.
Eine Rückspülung des Koaleszenzabscheiders (Flushing) mit Meer- oder Süßwasser
erfolgt automatisch. Der Druck der Rückspülwasser wird mittels eines Druckregelventils
geregelt, das auf 2 bar eingestellt werden soll.
Nach dem Passieren der 1. und 2. Stufe strömt das verbleibende vorentölte Wasser
durch die Emulsionsbrech- und Filterstufe (3rd Stage, Emulsion Breaker & Polishing
Stage), die in Serie geschaltet sind. Das saubere Wasser – frei von Öl und Emulsionen –
wird dann über das Ventil V6 nach außenbords gegeben (Overboard Discharge).
Zwischen der letzten Filtersäule und dem Auslass befindet sich eine Bypassleitung
zurück zur Bilge bzw. dem Bilgenwassertank (Return Pipe to Tank). Der 15-ppm-Alarm
detektiert ständig den Ölanteil (Messuring Cell) im Abfluss; sobald dieser auf mehr als
15 ppm ansteigt, wird das Auslassventil V6 geschaltet. Es schließt, die Abgabe nach
außenbords wird gestoppt und das Wasser fließt über die Bypassleitung zurück zur Bilge
bzw. dem Bilgenwassertank (Return Pipe to Tank).
620 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Tab. 9.17  Störungsmatrix Bilgenwasserentöler Ocean Clean EB


Störung Maßnahmen
Kein Druck oder kein Fördern der Verbindungsleitung Bilge-Pumpe überprüfen.
Pumpe Beschädigung oder Verschleiß des Stators – erneuern.
Gleichzeitig Zustand Rotor prüfen. Seine Oberfläche muss
glatt und frei von Rillen sein – ggf. austauschen. Trocken-
lauf prüfen, wenn frei und sauber – bei Bedarf erneuern
Die Kolbenventile funktionieren Prüfen, ob Luftleitungen sauber und frei sind – ggf.
nicht richtig erneuern. Kontrollventile prüfen – bei Verschmutzungen
ggf. erneuern. Kolbenventil prüfen; wenn Feder, Dicht-
platten oder O-Ringe beschädigt sind, ggf. austauschen
15-ppm-Alarm ist stetig in Alarm- Emulsionsspalt- und Filterpatronen prüfen – ggf.
position erneuern. Alarmanlage durch Spülen mit Frischwasser
prüfen – ggf. Messzelle ersetzen
Öl-Wasser-Trennung ist nicht Sensorelektroden bei Massenkurzschluss prüfen – ggf.
zufriedenstellend austauschen. Überprüfen des Füllstandsrelais

In Tab. 9.17 werden mögliche Störungen und Abhilfemaßnahmen der vorgestellten


Anlage aufgezeigt.
Ein weiteres Verfahren zur Bilgenwasserbehandlung ist die Koaleszensabscheidung
(1. Stufe) gefolgt von einer Adsorptionsstufe (2. Stufe). Nach diesem Prinzip arbeitet
der Bilgenwasserentöler OWS-COM der Firma Veolia Water Technologies Deutschland
GmbH (s. Abb. 9.26).
Als Adsorption (von lat. „adsorptio“, von „adsorbere“ = „(an)saugen“) bezeichnet
man die Anreicherung von Stoffen aus Gasen oder Flüssigkeiten an der Oberfläche eines
Festkörpers, allgemeiner an der Grenzfläche zwischen zwei Phasen.
Die Funktion dieses Bilgenwasserentölers [37] basiert im Wesentlichen auf der
Wirkungsweise des offenporigen Koaleszers. In der nachgeschalteten zweiten Stufe wird
die Emulsion gebrochen und das Öl aus der Emulsion entfernt.
Eine Exzenterschneckenpumpe (in Abb. 9.26 mittig zwischen den beiden Behältern)
saugt durch den OWS-COM aus der Bilge. Durch diese Strömungsführung wird eine
unnötige, zusätzliche Vermischung von Öl und Wasser durch Pumpenturbulenzen vor
dem Schwerkraftentöler vermieden.
In der 1. Stufe des OWS-COM (linker Behälter in Abb. 9.26) erfolgt die Grob-
abscheidung unter Ausnutzung der unterschiedlichen Dichte von Wasser und Öl
(Schwerkraftabscheidung). Ein äußerst offenporiger Koaleszer bewirkt aufgrund seiner
extrem oleophilen Oberfläche die Feinabscheidung kleinster Öltröpfchen.
Der Adsorberbypass wird vom Bilgealarmmonitor OMD gesteuert. Die Adsorptions-
elemente der zweiten Stufe entfernen alle Arten von Kohlenwasserstoffen aus dem
Wasser. Die Adsorptionskapazität wird hauptsächlich von der Menge von gelösten oder
emulgierten Kohlenwasserstoffen im Wasser eingegrenzt; aber auch Schmutzpartikel
in großen Mengen können den Adsorber (in Abb. 9.26 der rechte Behälter) blockieren.
9.5 Bilgenwasserbehandlung 621

Abb. 9.26 Bilgenwasserentöler. (Foto: Veolia Water Technologies Deutschland GmbH)

Um die Adsorberlebensdauer zu verlängern, sollten schwere Emulsionen mit hoher


Ölkonzentration durch Verwenden von sich schnell trennenden Reinigern im Maschinen-
raum vermieden werden. Emulsionen von Klimaanlagen oder Reinigerschlamm sollen
nicht ins Bilgenwasser gegeben werden.
Um die Lebensdauer der Adsorberpatronen zu erhöhen, ist eine automatische
Adsorberumgehung (Bypass) installiert. Der 15-ppm-(bzw. 5-ppm-)Öl-Alarmmonitor
überprüft die Wasserqualität periodisch (alle 5 min für 4 s) am Austritt der ersten Ent-
ölerstufe. Liegt der Wert an diesem Messpunkt dann unter 14 ppm (oder 4 ppm), steuert
ein Bypassventil das gereinigte Wasser an der Adsorberstufe vorbei, direkt nach außen-
bord. Liegt der Wert allerdings über 14 ppm (bzw. 4 ppm) wird die Adsorberstufe akti-
viert. Diese Prozesssteuerung garantiert eine beträchtlich verlängerte Standzeit der
Adsorberpatronen.
Während der kurzen Messzeit (4 s) leitet ein Dreiwegeventil aus Sicherheitsgründen
das gereinigte Wasser zurück zur Bilge/zum Bilgetank. Diese Art der Steuerung stellt
sicher, dass nur gereinigtes Wasser mit weniger als 15 ppm (5 ppm) Restölgehalt nach
außenbord gelangen kann. Ab Werk ist der Alarmgrenzwert 2 auf 15 ppm (oder 5 ppm)
und der Alarmgrenzwert 1 auf 14 ppm (4 ppm) eingestellt. Nur wenn der Restölgehalt
von 15 ppm (5 ppm) für mindestens 2 s überschritten ist, wird eine Alarmmeldung zum
Maschinenkontrollraum aktiviert. Der Alarm 1 muss niedriger eingestellt sein als der
Alarm 2.
622 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Grundsätzlich sind drei Steuerungszustände möglich:

a) Messpunkt unterschreitet den für Alarm 2 eingestellten Grenzwert von 15 ppm


(5 ppm) und Messpunkt unterschreitet den für Alarm 1 eingestellten Grenzwert von
14 ppm (4 ppm):
Betrieb ohne Adsorber, gereinigtes Wasser geht nach außenbord.
b) Messpunkt überschreitet den für Alarm 1 eingestellten Grenzwert von 14 ppm
(4 ppm) und Messpunkt unterschreitet den für Alarm 2 eingestellten Grenzwert von
15 ppm (5 ppm):
Betrieb mit Adsorber, gereinigtes Wasser geht nach außenbord.
Am Magnetventil vom Dreiwegeventil liegt keine Spannung an, das Dreiwegeventil
leitet das Wasser durch den Adsorber.
c) Messpunkt überschreitet den für Alarm 1 eingestellten Grenzwert von 14 ppm (4 ppm) und
Messpunkt überschreitet den für Alarm 2 eingestellten Grenzwert von 15 ppm (5 ppm):
Betrieb mit Adsorber, gereinigtes Wasser geht zurück zur Bilge oder zum Bilgen-
wassertank. Am Magnetventil vom Dreiwegeventil liegt keine Spannung an, das Drei-
wegeventil leitet das Wasser durch den Adsorber und von dort zurück zur Bilge oder
zum Bilgenwassertank. Zusätzlich wird eine Alarmmeldung zum Maschinenkontroll-
raum aktiviert. Am Monitor signalisieren zwei rote LEDs für beide Grenzwerte Über-
schreitung und somit Alarm.

In der oberen Beruhigungszone des Entölers sammelt sich das abgeschiedene Öl. Eine
Sensorelektrode misst das angesammelte Ölniveau. Sobald eine vorgegebene Menge Öl
angesammelt ist, werden durch die Niveauautomatik das Ölablassventil und das Spül-
wassereintrittsventil geöffnet, damit das vorhandene Öl durch den Spülwasserdruck zum
Ölsammeltank abgesteuert wird. Nach der Absteuerung beginnt der Rückspülvorgang.
Mit sauberem Wasser wird der Hochleistungskoaleszer rückgespült.
Entölungsintervall und Spülzyklus sind so abgestimmt, dass der OWS-COM weit-
gehend wartungsfrei arbeitet.
Das Entölersystem ist mit einem 15-ppm- (wahlweise auch 5-ppm-)Öl-Alarmmonitor
OMD ausgerüstet. Das Gerät ist entsprechend der IMO Resolution MEPC.107(49) getestet.
Abb. 9.27 zeigt die Bauteilübersicht einer OWS-COM-Anlage, Abb. 9.28 zeigt ein
Installationsschema für Bilgenwasserentöler. Einzelheiten, insbesondere Rohrleitungs-
querschnitte und erforderliche Flanschverbindungen, sind den jeweiligen Hersteller-
angaben zu entnehmen.
9.5 Bilgenwasserbehandlung 623

Abb. 9.27 Bauteilübersicht der OWS-COM-Anlage. 1 Rückschlagventil, 2 Einspeisung,


3 Schaltkasten, 9 Sensorelektrode, 10 elektrische Heizung, 11 Staublende, 12 Sicherheitsventil
(1 bar), 14 Monopumpe, 16 Fundament, 28 Trichter, 29 Koaleszerbehälter (1. Stufe), 41 Zink-
anode, 42 Probeentnahmehahn, 43 Sicherheitsventil (3 bar), 47 Adsorber (2. Stufe), 57 Probe-
wasserventil, 59 Entlüftung, 60 Rückschlagklappe, 75 Durchflusswächter. (Abbildung: Fa Veolia
Water Technologies Deutschland GmbH)

Abb. 9.28 Rohrleitungs-


und Instrumentenplan.
4 Ölabsteuerventil,
5 Spülventil (Austritt),
21 Siebkorb (optional),
22 Saugleitung von Bilge
(Bilgenwassertank),
23B/55B zurück zur
Bilge/Bilgenwassertank,
24 Außenbordventil (optional),
55A Außenbordleitung
(Austritt nach außenbords),
Bilge Bilgenwassertank, Dirty
Oil Tank Tank für separiertes
Öl. (Bild: Fa Veolia Water
Technologies Deutschland
GmbH)
624 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

9.6 Ballastwasserbehandlung

9.6.1 Einführung

Am 21.08.2014 ist die „Verordnung über das umweltgerechte Verhalten in der Seeschiff-
fahrt (See-Umweltverhaltensverordnung – SeeUmwVerhV)“ in Kraft getreten. Diese
Verordnung regelt Anforderungen an das umweltgerechte Verhalten in der Schifffahrt
sowie die Ahndung von Verstößen gegen das umweltgerechte Verhalten, insbesondere
auch von Verstößen gegen Vorschriften des Ballastwasserübereinkommens (s. § 1 See-
UmwVerhV).
§ 18 der Verordnung regelt das Einleiten von Ballastwasser. Nach Abs. 1 ist das Ein-
leiten von Ballastwasser ins Meer ist verboten, soweit nicht ein Ballastwasseraustausch
nach Regel D-158 oder eine Behandlung nach Regel D-2 erfolgt oder in den Fällen des
Artikels 9 Absatz 3 oder des Artikels 10 Absatz 2 oder 3 des Ballastwasserüberein-
kommens das BSH auf Antrag eine Erlaubnis erteilt hat.
In diesem Zusammenhang wird auf die Übergangsregel B-3 des Ballastwasser-
übereinkommens verwiesen [53]:
Ein vor 2009 gebautes Schiff

• mit einem Ballastwasserfassungsvermögen von 1500–5000 Kubikmeter einschließ-


lich darf nur bis 2014 Ballastwasseraustausch59 – D-1-Verfahren – durchführen;
nach diesem Zeitpunkt muss es mindestens die in Regel D-2 beschriebene Norm
(Ballastwasserbehandlung) erfüllen;
• mit einem Ballastwasserfassungsvermögen von <1500 oder >5000 Kubikmeter
muss ab 2016 Ballastwasserbehandlungen durchführen, die mindestens die in D-2
beschriebene Norm erfüllen.
Ein im Jahr 2009 oder später gebautes Schiff mit einem Ballastwasserfassungsver-
mögen von <5000 Kubikmetern muss eine Ballastwasserbehandlung durchführen, die
mindestens die in Regel D-2 beschriebene Norm erfüllt.
• Ein im Jahre 2009 oder später, jedoch vor dem Jahr 2012, gebautes Schiff mit einem
Ballastwasserfassungsvermögen von ≥5000 Kubikmeter muss eine Behandlung von
Ballastwasser durchführen, die mindestens die in Regel D-1 oder D-2 beschriebene
Norm erfüllt; danach muss sie mindestens die in Regel D-2 beschriebene Norm erfüllen.
• Ein im Jahre 2012 oder später gebautes Schiff mit einem Ballastwasserfassungsver-
mögen von 5000 Kubikmeter oder mehr muss eine Behandlung von Ballastwasser
durchführen, die mindestens die in Regel D-2 beschriebene Norm erfüllt.

58BeachteÜbergangsfristen nach Regel B-3 – s. a. weiter unten.


59SieheBallastwasserübereinkommen, Regel B-4: 200 sm vom nächstgelegenen Land, in Aus-
nahmen 50 sm und Wassertiefe von 200 m.
9.6 Ballastwasserbehandlung 625

Nach dem Ballastwasserübereinkommen bezeichnet der Ausdruck „Behandlung von


Ballastwasser“ mechanische, physikalische, chemische und biologische Vorgänge, durch
die, einzeln oder im Zusammenwirken, in Ballastwasser und Sedimenten enthaltene
schädliche Wasserorganismen und Krankheitserreger entfernt oder unschädlich gemacht
oder aber deren Aufnahme oder Abgabe vermieden wird.
Im Ballastwasserübereinkommen wird das Verfahren nach Regel D-1 Norm für den
Austausch von Ballastwasser wie folgt beschrieben:

1. Schiffe, die den Austausch von Ballastwasser nach dieser Regel durchführen, müssen
dabei einen Wirkungsgrad von 95 vom Hundert der nach dem Volumen gemessenen
Menge an ausgetauschtem Ballastwasser erreichen.
2. Bei Schiffen, die das Ballastwasser mit der Methode des Durchpumpens austauschen,
wird ein dreimaliges Durchpumpen des Volumens jedes Ballastwassertanks als der in
Absatz 1 genannten Norm entsprechend angesehen. Ein weniger als dreimaliges Durch-
pumpen kann akzeptiert werden, sofern das betreffende Schiff nachweisen kann, dass 95
vom Hundert der nach dem Volumen gemessenen Menge ausgetauscht worden ist.

Die Regel D-2 Norm für die Zusammensetzung des Ballastwassers beschreibt folgendes
Verfahren:

1. Schiffe, die eine Behandlung von Ballastwasser nach dieser Regel durchführen, müs-
sen weniger als 10 lebensfähige Organismen je Kubikmeter mit einer Größe von min-
destens 50 μm und weniger als 10 lebensfähige Organismen je Milliliter mit einer
Größe von weniger als 50 μm und mindestens 10 μm abgeben; außerdem darf die
Abgaberate der Pilotmikroben im Sinne von Absatz 2 die angegebenen Konzentratio-
nen nicht überschreiten.
2. Zu den in der angegebenen Konzentration als für die menschliche Gesundheit
unbedenklich geltenden Pilotmikroben gehören die nachstehend genannten:
• toxigene Vibrio cholerae (O1 und O139) in einer Konzentration von weniger als cfu60
je 100 ml oder von weniger als 1 cfu je 1 g Zooplankton (Nassgewicht),
• Escherichia coli in einer Konzentration von weniger als 250 cfu je 100 ml,
• Darmenterokokken in einer Konzentration von weniger als 100 cfu je 100 ml.

Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, dass zurzeit zwei Verfahren des Ballastwasser-
managements gängig sind: der Ballastwasseraustausch und die Ballastwasserbehandlung
an Bord.

60Die Abkürzung „cfu“ steht für „koloniebildende Einheit“ (engl. „colony-forming unit“).
626 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

9.6.2 Ballastwasseraustausch

Beim sequenziellen Ballastwasseraustausch wird zunächst ein Ballastwassertank voll-


ständig entleert und anschließend wieder mit frischem Seewasser befüllt. Beim Durch-
flussverfahren wird ein befüllter Ballastwassertank konstant mit frischem Seewasser
gespült. Beim Verdünnungsverfahren wird frisches Seewasser in den Ballastwassertank
gefüllt und simultan die gleiche Menge Ballastwasser aus dem Tank abgepumpt, sodass
der Füllstand konstant bleibt.

9.6.3 Ballastwasserbehandlung

Die Herausforderung besteht darin, dass die Anlagen – die hohe Anforderungen nach den
oben genannten D-2-Regeln in Bezug auf die Abscheidung bzw. Abtötung von Organis-
men erfüllen müssen – hohe Wasserdurchsätze (im Bereich von 200–5000 m3/h) auf-
weisen müssen und gleichzeitig sehr kompakt aufgebaut und robust sein müssen [66].
Generell muss eine hohe Betriebssicherheit gewährleistet werden. Membranfilteranlagen,
welche eine Rückhaltung aller relevanten Organismen sicherstellen könnten (wie bei der
Trinkwasseraufbereitung oder Abwasserbehandlung), werden bei dem geforderten Durch-
satz den Anforderungen in Bezug auf den Platzbedarf nicht gerecht. Daher kommen Filter
bis hinab zu einer Trenngrenze im Bereich zwischen 20 und 60 μm zum Einsatz. Die
damit nicht abgeschiedenen Organismen müssen durch zusätzliche Maßnahmen abgetötet
werden. Daher beinhaltet eine Anlage zur Ballastwasseraufbereitung in der Regel zwei
wesentliche Stufen: 1. Eine mechanische Separationsstufe zur Abtrennung von Mikro-
organismen und Sedimenten mit einer Trenngrenze im Bereich von 20–50 μm und
2. eine Desinfektionsstufe zur Abtötung von Mikroorganismen, welche in der ersten Stufe
nicht abgeschieden werden. Die Festlegung der Trenngrenze der ersten Stufe gleicht einer
Gradwanderung, da eine kleine Trenngrenze die Abscheidung verbessert, jedoch den auf
die Filterfläche bezogenen Durchsatz verringert. Dieser wird auch wesentlich von einer
Ablagerungsschicht auf dem Filtermittel beeinflusst. Kleine Trenngrenzen erfordern
daher in der Regel eine große Filterfläche, wodurch eine bestimmte Baugröße nicht unter-
schritten werden kann. Eine Möglichkeit, die Filterfläche zu minimieren, besteht in der
sorgfältigen Auswahl des Filtermittels und in seiner periodischen Reinigung. Diese Opti-
mierung ist eine anspruchsvolle Entwicklungsaufgabe.
In der zweiten Stufe können physikalische oder chemische Entkeimungsverfahren zur
Anwendung gelangen. Eine rein physikalische Aufbereitung liegt in dieser Stufe vor, wenn
eine UV-Oxidation zum Einsatz kommt. Diese kann gegebenenfalls in Verbindung mit
Ultraschall oder einer biozid wirkenden Substanz noch verstärkt werden. Es kann, z. B.
ähnlich wie bei anderen Verfahren zur Wasserreinigung auch, Ozon eingesetzt werden. Die-
ses hat den Vorteil, dass es die Umwelt nicht belastet und vor Ort erzeugt werden kann [35].
Als physikalisches Verfahren wird heute überwiegend die UV-Bestrahlung des
Ballastwassers eingesetzt. Hierbei wird eine UV-Entkeimungseinheit vom Ballastwasser
9.6 Ballastwasserbehandlung 627

durchströmt. Eine derartige UV-Desinfektionseinrichtung besteht im Wesentlichen aus


mehreren Quarzrohren, in denen sich UV-Lampen befinden.
Als weiteres physikalisches Verfahren wird die thermische Behandlung des Ballast-
wassers vorgenommen. Hierbei werden die im Wasser enthaltenen Organismen einer
Temperatur ausgesetzt, die ausreicht, um sie abzutöten. Für die thermische Ballast-
wasseraufbereitung kommen im Wesentlichen drei Verfahrensweisen infrage: Misch-
vorwärmung von Ballastwasser bei gleichzeitigem Spülen eines Ballastwassertanks,
Erwärmung von Ballastwasser in den Tanks sowie die Erwärmung von Ballastwasser bei
der Aufnahme oder Abgabe. Die Erwärmung des Ballastwassers erfolgt vorwiegend mit
Motorkühlwasser oder sonstigen Wärmequellen, wie z. B. Hilfskesseln.
Bei der Ultraschalldesinfektion wird das Ballastwasser mit einem Schallfeld (20–
400 kHz) beschallt, sodass sich im Fluid wechselnde Unter- und Überdruckgebiete bil-
den. In einer Unterdruckphase des Schallfeldes entstehen im Wasser Dampfblasen, die
in der nachfolgenden Überdruckphase implosionsartig kollabieren (Kavitation). Beim
schlagartigen Zusammenfall der Dampfblasen entstehen Schockwellen, die zum Zerrei-
ßen der Zellmembranen der Organismen führen und sie somit abtöten.
Bei einer chemischen Behandlung werden dem Ballastwasser eine oder mehrere che-
mische Substanzen direkt oder indirekt durch Elektrolyse hinzugefügt, sodass eine toxi-
sche Reaktion abläuft, die zu einer Abtötung der Wasserorganismen, Bakterien und Viren
führt. Hier kommen Ozon, Chlor, Chlorderivate und Biozide infrage.
Chlor, Chlorderivate und Biozide sind jedoch aus Arbeitsschutz- und Umweltschutz-
gründen nicht unbedenklich, sodass das Verfahren der Ozondesinfektion weitverbreitet
ist. Da Ozon instabil ist, wird es im Allgemeinen vor Ort aus Luft oder Sauerstoff in
Ozongeneratoren oder durch Bestrahlung von Luft mit UV-Lampen erzeugt.

9.6.3.1 Verfahren der elektrochemischen Desinfektion


Das Verfahren ist ein zweistufiges Verfahren bestehend aus Filtration und elektro-
chemischer Desinfektion ([36]; s. auch Abb. 9.29).
In der ersten Filtrationsstufe werden Partikel, Sedimente und Organismen bei der Auf-
nahme von Ballastwasser zurückgehalten. Wahlweise erfolgt dies durch die sog. Disc-
Filter-Tiefenfiltration oder durch einen bewährten Siebfilter mit deutlich geringerem
Platzbedarf gegenüber der Disc-Filter-Technologie.
In der zweiten Stufe, der elektrochemischen Desinfektionseinheit, werden die rest-
lichen kleineren Organismen und Bakterien eliminiert, bevor das Wasser die Ballast-
wassertanks erreicht.
Während der Schiffsfahrt zum nächsten Anlaufhafen kann ein erneutes Wachstum
der Organismen im Tank auftreten. Um eine konstante Qualität des abzugebenden Was-
sers zu gewährleisten, wird das System auch während der Abgabe verwendet. Dazu wird
die Filtrationsstufe mittels einer Bypassleitung umgangen und nur die elektrochemische
Desinfektion genutzt.
628 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Desinfektionsreaktor
Filtereinheiten

Abb. 9.29 Ballastwasseraufbereitung mit elektrochemischer Desinfektion. (Foto: K.-H. Hoch-


haus, CC BY 3.0)

Beschreibung des Filtrationsprozesses


Bei der Ballastwasseraufnahme wird das rohe Ballastwasser in die parallel arbeitenden
Disc-Filter gepumpt. Jeder Disc-Filter ist mit einer Reihe von Rillenfilterscheiben aus-
gestattet, die auf mehreren Stacheln gestapelt sind. Während gefiltertes Wasser durch
die Scheiben hindurch tritt, werden Partikel, Fasern, Algen usw. auf der Außenseite der
Scheiben in den Rillen gehalten.
Wenn ein vorgegebener Differenzdruck erreicht ist, beginnt der vollautomatische
Rückspülmodus. Die Feder, die die Filterscheiben komprimiert, wird automatisch frei-
gegeben. Spülwasser fließt dann von innen durch die Filterstacheln nach außen, was eine
effektive Rückspülung des Filters in nur wenigen Sekunden garantiert.
Die RWO-Siebfilterlösung basiert auf einem selbstreinigenden Multisiebfilter und bil-
det eine Alternative zum Disc-Filter.

Beschreibung der elektrochemischen Desinfektion


Die hier zur Anwendung kommende Desinfektionstechnologie ist ein äußerst effizientes
und robustes System, das sowohl im Meerwasser als auch bei niedrig salzhaltigem Was-
ser arbeitet. Dabei unterscheidet sie sich stark von der Standardchlorelektrolyse. Durch
die Anwendung von elektrischer Spannung auf die in der Zelle angeordneten Spezial-
elektroden erzeugen sie sehr kurz lebende und reaktive Hydroxyl-(OH-)Radikale direkt
in der Rohrleitung, wodurch Bakterien und andere Kleinstorganismen abgetötet werden.
Diese Radikale haben das höchste Oxidationspotenzial (2,8 mV vs. 1,36 V für Chlor)
und damit eine sehr hohe Desinfektionseffizienz. Aufgrund ihrer kurzen Lebensdauer
verursachen sie keine Korrosion von nachfolgenden Rohrleitungen und Beschichtungen.
9.6 Ballastwasserbehandlung 629

Die Vorzüge dieses Verfahrens der Ballastwasseraufbereitung werden wie folgt


zusammengefasst:

• niedriger Energieverbrauch (0,006–0,06 kWh/m3),


• auch in niedrig salinem Wasser einsetzbar,
• erfüllt alle Anforderungen der Zulassungsbehörden,
• minimaler Platzbedarf (<1 m2 pro 500 m3/h),
• keine spezielle Kontaktzeit des Wassers, keine zusätzlichen Chemikalien im System,
• sicher für Besatzung und Schiff,
• keine Korrosionsgefahr.

9.6.3.2 Verfahren der UV-Desinfektion


Das zweite gängige Verfahren zur Desinfektion des Ballastwassers ist die Desinfektion
mittels ultravioletter Strahlung.
Auch hierbei handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren: erste Stufe Filtration,
zweite Stufe UV-Desinfektion. Während bei der Ballastwasseraufnahme über die See-
kästen das Wasser sowohl über die Filter- als auch die Desinfektionsstufe geleitet wird,
bevor es in den Ballastwassertank kommt, wird beim Leeren der Ballastwassertanks
das Ballastwasser nur über die Desinfektion geleitet, um ggf. während der Reise in den
Tanks neu gebildete Organismen abzutöten; die Filterstufe wird mittels einer Bypass-
leitung umgangen (Abb. 9.30).

Beschreibung Filterstufe
Die Filtereinheit besteht in der Regel aus einem Filterelement mit Maschenweiten
von 20–40 μm in Edelstahl oder Duplex, um suspendierte Feststoffe und Zooplankton
zurückzuhalten. Eine automatische Rückspülung des Filters wird durch einen Druck-
schalter vorgenommen, der bei einem eingestellten Differenzdruck auslöst.
Der Filter kann horizontal oder vertikal installiert werden, je nach zur Verfügung ste-
hendem Raum.

Abb. 9.30 Aufnahme und UV-Desinfektion


Abgabe von Ballastwasser
Ballastwassertan
Filter

Bypassleitung
See
630 9 Umweltschutz in der Seeschifffahrt

Beschreibung der UV-Desinfektion


Nach der Vorreinigung in der Filterstufe durchströmt das Ballastwasser die UV-Reaktor-
einheit. Diese besteht aus Metallröhren, in denen sich monochromatische UV-C61-Quarz-
glaslampen befinden. Das ultraviolette Licht mit einer Wellenlänge von etwa 255 nm
zerstört die Zellmembranen der Mikroorganismen und inaktiviert sie auf diesem Weg.
Der Verschmutzung der Quarzglaslampen wird durch diverse automatisch stattfindende
Reinigungsmaßnahmen entgegengetreten. Die UV-Lichtintensität (in Watt pro m2) wird
mittels UV-Lichtsensoren überwacht. Bei Abnahme auf einen bestimmten Wert ist die
Lampe zu wechseln.

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68. http://www.jacob-rohre.de/berechnu/abwei10/abweich1.htm. Zugegriffen: 27. März 2017
69. http://www.patent-de.com/20030313/DE19613376C2.html ; Abrufdatum 23. März 2017
Literatur 633

70. http://www.siclaro.ch/de/produkte/downloads/Maritim/ProspektRechen2004.pdf. Zugegriffen:


3. Apr. 2017
71. http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/escherichia-coli/22571. Zugegriffen: 5. Apr. 2017
72. http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/02/02H140/t5.pdf. Zugegriffen: 22. März 2017
73. http://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/gewaesser/meere/nutzung-belastungen/
schifffahrt#textpart-2. Zugegriffen: 27. Febr. 2017
74. http://www.unhcr.de/recht/ii-staatenlosigkeit.html?L=0. Zugegriffen: 19. März 2017
75. http://www.wasser-wissen.de/abwasserlexikon/f/filtration.htm. Zugegriffen: 3. Apr. 2017
76. http://www.wasser-wissen.de/abwasserlexikon/m/mikrofiltration.htm. Zugegriffen: 5. Apr. 2017
77. http://de.wikipedia.org/wiki/AIDAdiva. Zugegriffen: 27. Juli 2017
78. http://www.zeit.de/2010/38/Kreuzfahrten. Zugegriffen: 17. März 2017
79. www.cdni-iwit.org. Zugegriffen: 17. März 2017
80. www.gutmbh.de. Zugegriffen: 17. März 2017
81. www.imo.org. Zugegriffen: 27. Juli 2017
82. www.michaelis-umwelttechnik.de. Zugegriffen: 17. März 2017
83. www.vonroll.ch. Zugegriffen: 17. März 2017
Tabellen, Diagramme und Übersichten

A.1 Wichtige beim Bau von deutschen Seeschiffen zu beachtende


Vorschriften1

Berufsgenossenschaft (BG) für Transport und Verkehrswirtschaft


Dienststelle Schiffssicherheitsabteilung/Ship Safety Division
Reimerstwiete 2
20457 Hamburg
1. Unfallverhütungsvorschrift vom 01.04.2018. Seeschifffahrt – UVV See
2. Internationales Übereinkommen von 1974/1988 zum Schutz des menschlichen
Lebens auf See – Verordnung vom 11.01.1979 (BGBl. 1979 S. 141) i. d. F. des Pro-
tokolls von 1988 – Verordnung vom 20.09.1994 (BGBl. 1994 II S. 2458), zuletzt
geändert durch 20. SOLAS – ÄndV vom 27.11.2009 (BGBl. 2009 II S. 1226 vom
08.12.2009)
3. Bekanntmachung des Internationalen Rettungsmittel-(LSA-)Codes vom 04.06.1998
in der jeweils geltenden Fassung
4. Schiffsausrüstungsrichtlinie 96/98/EG in der jeweils geltenden Fassung
5. Schiffssicherheitsgesetz (SchSG) vom 09.09.1998 (BGBl. 1998 I S. 2860),
zuletzt geändert durch die Zehnte Schiffssicherheitsanpassungs-Verordnung vom
11.03.2009 (BGBl. I S. 507)
6. Schiffssicherheitsverordnung (SchSV) (BGBl. 1998 I S. 3023) – zuletzt g­ eändert
durch die Zehnte Schiffssicherheitsanpassungs-Verordnung vom 11.03.2009
(BGBl. I S. 507)
7. Schiffsbesetzungsverordnung vom 26.08.1998 (BGBl. I S. 2577), zuletzt geändert
durch Artikel 524 der Verordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407)

1http://www.deutsche-flagge.de/de/download/bau-und-ausruestung/neu-und-umbau/uebersicht/

rechtsvorschriften (Abrufdatum 20.01.2016).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 635
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0
636 Tabellen, Diagramme und Übersichten

8. Gesetz zu dem Internationalen Freibord-Übereinkommen von 1966 (BGBl. II S. 249


vom 20.02.1969) i. d. F. der 6. VO über Änderungen des Internationalen Freibord-­
Übereinkommens von 1966 vom 24.06.2008 (BGBl. II S. 668)
9. Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen (BGBl. I Nr. 38 vom
29.04.1972), zuletzt geändert durch die 3. Änderungs-Verordnung vom 05.09.2007
(BGBl. I Nr. 46, S. 2221)
10. Verordnung über die Unterbringung der Besatzungsmitglieder an Bord von Kauf-
fahrteischiffen und Änderungen dieser Verordnung (BGBl. I Nr. 10 vom 10.02.1973
und BGBl. I Nr. 109 vom 31.08.1976)
11. Technische Regeln für Bau und Ausrüstung von Unterkunftsräumen auf Seeschiffen
(Ausgabe Mai 1975) mit 1. bis 11. Änderung
12. Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Mee-
resverschmutzung durch Schiffe und zu dem Protokoll von 1978 zu diesem Überein-
kommen (MARPOL 73/78; BGBl. II Nr. 1 vom 07.01.1982), zuletzt geändert durch
die 15. Verordnung Umweltschutz-See vom 24.08.2009 (BGBl. II S. 995)
13. Richtlinien und Merkblätter der See-Berufsgenossenschaft, Stand Juni 2003
14. Vorschriften der jeweiligen Klassifikationsgesellschaft, die eine Schiffsbesichti-
gungsvereinbarung mit der See-BG haben, in der jeweils gültigen Fassung
15. Vorschriften über die Baumusterprüfung von Kompassen, Ortungsfunkanlagen,
Positionslaternen und Schallsignalgeräten sowie Bedingungen für die Aufstellung
bzw. Anbringung der vorgenannten Geräte
16. Handbuch „Schiffssicherheitsvorschriften“ (Stand Juni 2004). Dieses Buch enthält
die vorstehend unter 2, 5, 6, 8 und 12 aufgeführten Vorschriften sowie die Gefahr-
gutverordnung-See.
17. Internationaler Code von 2000 für die Sicherheit von Hochgeschwindigkeitsfahr-
zeugen vom 05.12.2000 (Verkehrsblattdokument Nr. B 8128 – Vers. 06/02) in der
jeweils geltenden Fassung
18. Internationaler Code für Brandsicherheitssysteme (FSS-Code) vom 05.12.2000 –
Entschließung MSC.98(73) in der jeweils geltenden Fassung

Die vorstehend genannten Vorschriften können bezogen werden bei


Unterlagen zu Nr. 1 Druckerei Paul Moehlke GmbH
Hohenfelder Allee 17–19, 22087 Hamburg
Unterlagen zu Nr. 2, 5–10 und 12 Verlag Bundesgesetzblatt
Postfach 13 20, 53003 Bonn
Tabellen, Diagramme und Übersichten 637

Unterlagen zu Nr. 11 und 13 BG Verkehr – Dienststelle Schiffssicherheit


Reimerstwiete 2, 20457 Hamburg
Unterlagen zu Nr. 14 jeweilige Klassifikationsgesellschaft
z. B. DNV⋅GL
Brooktorkai 18, 20457 Hamburg
Unterlagen zu Nr. 15 Bundesamt für Seeschifffahrt und
Hydrographie (BSH)
Postfach 30 12 20, 20305 Hamburg
Unterlagen zu Nr. 16 Druckerei Paul Moehlke GmbH
Hohenfelder Allee 17–19, 22087 Hamburg
Unterlagen zu Nr. 3, 4 und 17 Bundesanzeiger Verlagsges. mbH,
Breite Str. 78–80, 50667 Köln oder
Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Unterlagen zu Nr. 18 und 19 Verkehrsblatt-Verlag Borgmann GmbH & Co KG
Hohe Straße 39, 44139 Dortmund

A.2 Werte für die Dichte von Seewasser in kg/m3 für überschlägige
Berechnungen

Süßwasser  ≈1000
Ostseewasser bis zu 1015
Nordseewasser bis zu 1025
Rotes-Meer-Wasser bis zu 1044
Kaspisches-Meer-Wasser bis zu 1060
Großer Salzsee (USA) bis zu 1230
Totes-Meer-Wasser bis zu 1278
638 Tabellen, Diagramme und Übersichten

A.3 Auswahl von Schwingungsdämpfern2

Megi® - Puffer

eignen sich als einfache und preiswerte


Standardelemente in vielen Fällen zur
elastischen Lagerung von leichten und
mittelschweren Aggregaten, Motoren
und Kompressoren.

Megi® - Schienen

empfehlen wir für die elastische Lagerung


größerer Aggregate, Motoren, Drehbänke,
Rüttel- und Vibrationsmaschinen, Aufzugs-
maschinen u.ä. (Lieferlänge bis zu 2000 mm).

Megi® - Maschinenfüße

werden bevorzugt eingesetzt bei Forderung

vertikaler Durchfederung für die elastische


Lagerung von Exzenterpressen, Hobelma-
schinen, Druckerei- und Textilmaschinen u.ä.

Megi® - Konen

eignen sich besonders gut zur elastischen


Lagerung von Motoren, Karosserieaufbauten
auf Fahrgestellrahmen, Kompressoraggre-
gaten an Triebwagen u.ä., wobei Stöße durch
Anschlagplatten progressiv abgefangen werden.

2Quelle: sd-dresden.de.
Tabellen, Diagramme und Übersichten 639

Megi® - Lager

als Lagerelemente mit großer vertikaler


Weichheit und desweiteren ausreichender

für Motor- und Kompressorlagerung u.ä.


verwendet.

Megi® - U-V-W-Teile

sind spezielle Lagerelemente für elastische

Messgeräten und Instrumenten.

Megi® - Buchsen und Ringe

werden im Fahrzeugbau und allen Zweigen des


Maschinenbaus als elastische Gelenke
verwendet. Sie arbeiten völlig wartungsfrei,
geräuschlos und schwingungsisolierend mit
hoher Dauerfestigkeit.

Megi® - Ringelemente

Stoßapparate, als Drehmomentstützen, für


die Abfederung von Pendelstützen, Blattfeder-
enden u.ä.

Lagerung von Maschinen, die relativ hart ist.


Hauptaufgabe des Elements ist die Trennung
der Körperschallbrücke.
640 Tabellen, Diagramme und Übersichten

A.4 Insgesamt frequenzbewerteter Effektivwert für Frequenzen


von 1 bis 80 Hz als Leitlinien für die Bewohnbarkeit verschiedener
Bereiche eines Schiffs nach GL Technology Ship Vibration, 2001

Area classification
A B C
mm/s 2 mm/s mm/s 2 mm/s mm/s 2 mm/s
Values above which adverse comments 143 4 214 6 286 8
are probable
Values below which adverse comments 71,5 2 107 3 143 4
are not probable
 OTE The zone between upper and lower values reflects the shipboard vibration environment
N
commonly experienced and accepted

Bereichsklasse A Passagierkabinen
Bereichsklasse B Mannschaftsunterkünfte
Bereichsklasse C Maschinen- und Arbeitsbereiche

Richtwerte für bewertete Schwingstärken in mm/s2 und mm/s auf Fußböden und
Flurplatten
Die Richtwerte in KB gemäß der VDI-Richtlinie 2057, Stand 24.10.1987, sind in Klam-
mern dargestellt. Hinweis: Die Richtwerte in der KB-Bewertung entsprechen den Werten
der Schwingstärke in mm/s.

DIN ISO 6954 (VDI Richtl. 2057, Bl. 4.3)


mm/s 2 mm/s (KB)
Arbeitsbereich
Brückenbereich einschl. Funkraum 140 4,0 (4,0)
Maschinenräume 221 6,3 (6,3)
Maschinenkontrollräume, Waschräume 175 5,0 (5,0)
und Werkstätten
Küchen 175 5,0 (5,0)
Büroräume 140 4,0 (4,0)
Unterkunftsbereich
Wohn- und Schlafräume 112 3,2 (3,2)
Messen und andere Aufenthaltsräume 123 3,5 (3,5)
Hospital und andere Behandlungsräume 112 3,2 (3,2)
Hobby- und Spielräume 140 4,0 (4,0)
Tabellen, Diagramme und Übersichten 641

A.5 Ausrüstung mit Ankern, Ketten und Trossen nach Bauvorschrift


DNV⋅GL

Die folgende Tabelle stellt einen Auszug aus der DNV⋅GL Bauvorschrift „Rules for
Classification – Ships, Part 3 Hull, Chap. 11 Hull equipment, supporting structure and
appendages“ dar.

Equip- Stockless Stud-link chain cables Towline Mooring lines


ment bower (­guidance) (­guidance)
num- ­anchores
ber Num- Mass Total Diameter and steel Steel or fibre
ber per length grade ropes
anchor (m) VL VL VL Mini- Mini- Num- Length Mini-
(kg) K1 K2 K3 mum mum ber of mum
(mm) (mm) (mm) length brea- each brea-
(m) king (m) king
strength strength
(kN) (kN)
… … … … … … … … … … … …
3040 2 9300 660 97 84 76 280 1471 6 200 520
to
3209
… … … … … … … … … … … …
3800 2 11.700 687,5 107 95 84 300 1471 6 200 647
to
3999
4000 2 12.300 687,5 111 97 87 300 1471 7 200 647
to
4199
… … … … … … … … … … … …
4600 2 14.100 715 120 105 92 300 1471 7 200 677
to
4799
4800 2 14.700 742,5 122 107 95 300 1471 7 200 686
to
4999
5000 2 15.400 742,5 124 111 97 300 1471 8 200 686
to
5199
… … … … … … … … … … … …
642 Tabellen, Diagramme und Übersichten

A.6 Bruchlasten für Tauwerk3

Ungefähre Mindestbruchlasten verschiedener Seile ∅ 10 mm in daN (genaue Angaben


sind den einschlägigen Hersteller- und Lieferantenkatalogen zu entnehmen).

Material Mindestbruchlast (daN)


Baumwolle 400
Manila 690
Naturfasertauwerk Hanf 700
Kunstfasertauwerk PE 1020
PP (gedreht) 1530
Polyester (gedreht) 1700
Polyamid (gedreht) 2040
Aramid (geflochten) 3700
Dyneema (geflochten) 9000
Drahttauwerk Draht 1 × 19 8250
Draht 7 × 19 5210
Draht 7 × 7 5630

Drahtseilaufbau

3Nach Rolf-Joachim Müller, Powerpoint-Präsentation „SBF Binnen/Seemännische Arbeiten“,


DHH.
Tabellen, Diagramme und Übersichten 643

A.7 Litzenseile nach EN 12385-44

Aufbau Litzenseil, Konstruktionsart 6 × 36 WS-IWC. (Bild: Fa. Carl Stahl Hebetechnik GmbH)

4Auszug aus Katalog der Fa. Carl Stahl Hebetechnik GmbH.


644 Tabellen, Diagramme und Übersichten

A.8 Die gebräuchlichsten Knoten und Steke5

5Aus: Overschmidt/Gliewe, Sportbootführerschein Binnen – Segel und Motor, Delius Klasing &
Co, Bielefeld 1989.
Tabellen, Diagramme und Übersichten 645

A.9 Kennzeichnung von Fasertauwerk

Die Materialkennzeichnung erfolgt durch Einweben/Einlegen von farbigen Garnen in


das Seil.

Werkstoff Kennfarbe
Manila Schwarz
Sisal Rot
Hanf Grün
Polyamid Grün
Polyester Blau
Polypropylen Braun

A.10 Elektrochemische Spannungsreihe diverser Elemente6

Gold + 1,42 V
Platin + 1,20 V
Silber + 0,80 V
Kohlenstoff + 0,74 V
Kupfer + 0,34 V
Antimon + 0,14 V
Wasserstoff ± 0,0 V
Blei – 0,12 V
Zinn – 0,14 V
Nickel – 0,25 V
Cadmium – 0,40 V
Eisen – 0,44 V
Chrom – 0,71 V
Zink – 0,76 V
Aluminium – 1,67 V

– 0V +
unedel edel

6Aus: http://www.haustechnikdialog.de/shkwissen/images/elektrochemische_spannungsreihe, Quelle:


Bosy.
646 Tabellen, Diagramme und Übersichten

A.11 Auswahl von Haft- und Gleitreibungskoeffizienten

Materialpaarung Haftreibungskoeffizient μ0 Gleitreibungskoeffizient μ


Trocken Geschmiert Trocken Geschmiert
Stahl/Stahl 0,15…0,30 0,10…0,12 0,10…0,12 0,04…0,07
Stahl/Grauguss 0,18…0,20 0,10…0,20 0,15…0,20 0,05…0,10
Stahl/Bronze 0,18…0,20 0,10…0,20 0,15…0,20 0,05…0,10
Leder/Metall 0,30…0,50 0,12…0,16 0,30 0,15
Holz/Metall 0,60…0,70 0,11 0,40…0,50 0,10
Holz/Holz 0,40…0,60 0,16 0,20…0,40 0,08

A.12 Auswahl von Rutschfestigkeitskennwerten für div. Räume und


Bereiche nach Anhang 2 der ASR A1.5/1,2

Nummer Arbeitsräume, -­bereiche Bewertungsgruppe der Verdrängungsraum


und betriebliche Rutschgefahr (R-Gruppe) mit Kennzahl für das
­Verkehrswege ­Mindestvolumen
0 Allgemeine Arbeitsräume und -bereiche
0.1 Eingangsbereiche, innen R9
0.2 Eingangsbereiche, außen R 11 oder R 10 V4
0.3 Treppen, innen R9
0.4 Außentreppen R 11 oder R 10 V4
0.5 Schrägrampen, innen Eine R-Gruppe höher als V-Wert des
(z. B. Rollstuhlrampen, für den Zugangsbelag ­Zugangsbelags, falls
­Ausgleichsschrägen, erforderlich zutreffend
­Transportwege)
0.6 Sanitärräume
0.6.1 Toiletten R9
0.6.2 Umkleide- und R 10
Waschräume
0.7 Pausenräume (z. B. Auf- R9
enthaltsraum, Betriebskan-
tinen)
0.8 Erste-Hilfe-Räume und R9
vergleichbare Einrichtun-
gen (siehe ASR A4.3)
10 Kühlräume, Tiefkühlräume, Kühlhäuser, Tiefkühlhäuser
10.1 Für unverpackte Ware R 12
10.2 Für verpackte Ware R 11
Tabellen, Diagramme und Übersichten 647

Nummer Arbeitsräume, -­bereiche Bewertungsgruppe der Verdrängungsraum


und betriebliche Rutschgefahr (R-Gruppe) mit Kennzahl für das
­Verkehrswege ­Mindestvolumen
13 Wäscherei
13.1 Räume mit Durch- R9
laufwaschmaschinen
(Waschröhren) oder mit
Waschschleudermaschinen
13.2 Räume mit Waschmaschi- R 11
nen, bei denen die Wäsche
tropfnass entnommen wird
13.3 Räume zum Bügeln und R9
Mangeln
30 Betriebliche Verkehrswege in Außenbereichen
30.1 Gehwege R 11 oder R 10 V4

A.13 Beaufort-Skala

Stärke in Bft Bezeichnung km/h m/s kn Bezeich- Wirkung auf das


Windstärke nung des Meer
Seegangs
Windstille 0–< 1 0–0,2 0–< 1 Völlig Spiegelglatte See
ruhige, glatte
0 See
1 Leiser Zug 1–5 0,3–1,5 1–3 Ruhige, Leichte
gekräuselte ­Kräuselwellen
See
2 Leichte Brise 6–11 1,6–3,3 4–6 Schwach Kleine, kurze
bewegte See Wellen, Oberfläche
glasig
3 Schwache 12–19 3,4–5,4 7–10 Anfänge der
Brise Schaumbildung
4 Mäßige Brise 20–28 5,5–7,9 11–15 Leicht Kleine, länger
bewegte See werdende Wellen,
überall Schaum-
köpfe
5 Frischer 29–38 8,0–10,7 16–21 Mäßigt Mäßige Wellen von
Wind bewegte See großer Länge, über-
all Schaumköpfe
6 Starker Wind 39–49 10,8–13,8 22–27 Grobe See Größere Wellen mit
brechenden Köpfen,
überall weiße
Schaumflecken
648 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Stärke in Bft Bezeichnung km/h m/s kn Bezeich- Wirkung auf das


Windstärke nung des Meer
Seegangs
7 Steifer Wind 50–61 13,9–17,1 28–33 Sehr grobe Weißer Schaum
See von den brechenden
Wellenköpfen legt
sich in Schaumstrei-
fen in Windrichtung
8 Stürmischer 62–74 17,2–20,7 34–40 Hohe See Ziemlich hohe
Wind Wellenberge, deren
Köpfe verweht
werden, überall
Schaumstreifen
9 Sturm 75–88 20,8–24,4 41–47 Hohe Wellen mit
verwehter Gischt,
Brecher beginnen
sich zu bilden
10 Schwerer 89–102 24,5–28,4 48–55 Sehr hohe Sehr hohe ­Wellen,
Sturm See weiße Flecken auf
dem Wasser, lange,
überbrechende
Kämme, schwere
­Brecher
11 Orkanartiger 103– 28,5–32,6 56–63 Außerge- Brüllende See, Was-
Sturm 117 wöhnlich ser wird waagerecht
schwere See weggeweht, starke
Sichtverminderung
12 Orkan ab 118 ab 32,7 ab 64 See vollkommen
weiß, Luft mit
Schaum und Gischt
gefüllt, keine Sicht
mehr
Tabellen, Diagramme und Übersichten 649

A.14 Auswahl von Riggarten einiger Großsegler

Abbildungen aus: http://inmaris.de/unsere-seekiste/takelung-schiffstypen.html (Abrufdatum:


01.07.2017).

Viermastbark

28 19 10

27 18 9

26 17 8
13
31
22
34 25 16 7
12
30 24 2
15 6 1
33 21
3
29 11 4
32 23 20 14 5

Segel einer Viermastbark


1 Außenklüver (Jager) 14 Großsegel 27 Kreuz-Oberbramsegel
2 Klüver 15 Groß-Untermarssegel 28 Kreuz-Royal
3 Binnenklüver 16 Groß-Obermarssegel 29 Besan-Stagsegel
4 Vorstengestagsegel 17 Groß-Unterbramsegel 30 Besan-Stengestagsegel
5 Fock 18 Groß-Oberbramsegel 31 Besan-Bramstagsegel (Flieger)
6 Vor-Untermarssegel 19 Groß-Royal 32 Unter-Besan
7 Vor-Obermarssegel 20 Kreuzstengestagsegel 33 Ober-Besan
8 Vor-Unterbramsegel 21 Kreuz-Bramstagsegel 34 Besantoppsegel
9 Vor-Oberbramsegel 22 Kreuz-Royalstagsegel
10 Vor-Royal 23 Bagien
11 Groß-Stengestagsegel 24 Kreuz-Untermarssegel
12 Groß-Bramstagesegel 25 Kreuz-Obermarssegel
13 Groß-Royalstagsegel 26 Kreuz-Unterbramsegel
650 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Dreimastvollschiff

20 1
21
16 6
26
15 5 11
25 19
29 14 4
24
28 18
13 3
23 9 10
12 17 2 8
22 27
7

21 Kreuzmast 11 Flieger 1 Fockmast


22 Bresan 12 Großsegel 2 Fock
23 Kreuz-Untermarssegel 13 Groß-Untermarssegel 3 Vor-Untermarssegel
24 Kreuz-Obermarssegel 14 Groß-Obermarssegel 4 Vor-Obermarssegel
25 Kreuz-Bramsegel 15 Groß-Bramsegel 5 Vor-Bramsegel
26 Kreuz-Royal 16 Groß-Royal 6 Vor-Royal
27 Kreuzstengestagsegel 17 Großstengestagsegel 7 Vorstengestagsegel
28 Kreuz-Bramstagsegel 18 Groß-Bramstagsegel 8 Innenklüver
29 Kreuz-Royalstagsegel 19 Groß-Royalstagsegel 9 Klüver
20 Großmast 10 Außenklüver
Tabellen, Diagramme und Übersichten 651

Dreimastbark

8
15

11
2 7
14
4 10
6 13

1 17 18
3
5 12
16

1 Besan 7 Groß-Obermars 13 Vor-Untermars


2 Besantopsegel 8 Groß-Bram 14 Vor-Obermars
3 Besanstagsegel 9 Groß-Stagsegel 15 Vor-Bram
5 Großsegel 10 Groß-Stengestagsegel 16 Vor-Stengestagsegel
6 Groß-Untermars 11 Groß-Bramstagsegel 17 Innenklüver
4 B-Stengestagsegel 12 Fock 18 Außenklüver

A.15 Längenausdehnungskoeffizienten ausgewählter Werkstoffe

Werkstoff Längenausdehnungskoeffizient α
(10−6 /K)
Aluminium, Al 23,8
Bronze 17,5
Eisen, Fe 12,2
Glas (Quarzglas) 0,5
Gusseisen 10
Hartmetall 60
Kupfer, Cu 16,5
Messing 18,4
Polyamid, PA 110
Polystyrol 75
652 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Werkstoff Längenausdehnungskoeffizient α
(10−6 /K)
Polyvinylchlorid, PVC 80
Silber, Ag 19,5
Stahl 11,7
Stahl, hochlegiert, hier V2A 16
Wolfram, W 4,5
Zink, Zn 29
Zinn, Sn 26,7

Diese Werte gelten für das Temperaturintervall 0 ◦ C < T < 100 ◦ C .

A.16 Matrix zur Störungsursachenklärung im Simplex-Compact-


Stevenrohrabdichtungssystem

Quelle: TKMS/Blohm + Voss Industries GmbH


Beobachtung am Welle steht Welle dreht
20-L-Hochtank Ursache Maßnahme Ursache Maßnahme
Level fällt stetiga Leckage im Leckstelle abdich- Dichtung Dichtring erneu-
System ten, Tankanord- verschlissen, ern, Lagerspiel
nung prüfen Dichtring läuft prüfen, Dichtung
unrund oder Lauf-
buchse evtl. neu
­ausrichten
Level steigt stetig Öl fließt durch Absperrventil in Dichtring 3 Absperrventil
den Überlaufb Zulaufleitung zum verformt oder hart in Zulaufleitung
Evtl. Dichtring 3 20-L-Hochtank geworden zum 20-L-Hoch-
verschlissen oder schließen Stevenrohrlager tank schließen
beschädigt ausgelaufen oder Spiel Stevenrohr-
Rohrverschrau- Dichtungsgehäuse lager prüfen
bung zum bzw. Laufbuchse Ausrichtung
20-L-Hochtank schlecht ausge- von Dichtung
im Stevenrohr richtet und Laufbuchse
undicht prüfen
Tabellen, Diagramme und Übersichten 653

Beobachtung am Welle steht Welle dreht


20-L-Hochtank Ursache Maßnahme Ursache Maßnahme
Wasser im Dichtring 1 + 2 Absperrventil Dichtring 1 + 2 Absperrventil
20-L-Hochtankc verschlissen oder in Zulaufleitung verformt, verhär- in Zulaufleitung
schadhaft, durch schließen tet oder anderwei- schließen
Fremdkörper Prüfen, ob Wasser tig beschädigt Prüfen, ob Was-
Dichtungsgehäuse in Stevenrohr ser in Stevenrohr
undicht eindringt eindringt
Wassergehalt Wassergehalt
öfter prüfen öfter prüfen
Evtl. 20-L-Tank Evtl. 20-L-Tank
vorübergehend vorübergehend
höher setzen höher setzen
Ausrichtung von
Dichtungsge-
häuse und Lauf-
buchse prüfen
und wenn nötig
verbessern
aÖlverbrauch von bis zu 1 % der Dichtungsgröße in Liter/Tag ist kein Anzeichen für eine Störung

an der Dichtung. Ist der Ölverbrauch stetig größer, kann ein Öl höherer Viskosität eingesetzt wer-
den. Alternativ kann man das Absperrventil in der Zulaufleitung schließen und zweimal täglich für
eine Stunde öffnen
bLeichte Öltropfen über dem Überlauf des 20-L-Hochtanks sind kein Anzeichen für eine schad-

hafte Dichtung, solange die Menge pro Tag unter ca. 1 % der Dichtungsgröße bleibt
cKleine Wassermengen, die in die 20-L-Hochtanks eindringen, sind kein Anzeichen für eine schad-

hafte Dichtung, solange die Menge pro Tag unter ca. 1 % der Dichtungsgröße bleibt

A.17 Konstruktive Ruderausführungen

Die folgenden Abbildungen zeigen diverse konstruktive Ausführungen von Rudern. Die
Bezeichnung der Ruderausführung erfolgt nach der Art der Lagerung von Ruderblatt und
Ruderwelle (Abb. A.1, A.2 und A.3).
654 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Abb. A.1 Schweberuder

Abb. A.2 Halbschweberuder.


(Foto: Brosen, CC BY-2.5)
Tabellen, Diagramme und Übersichten 655

Abb. A.3 Beidseitig gelagertes Plattenruder. (Foto: Cobija, CC0)


656

7BG
ROHRLEITUNGSSYSTEME-IDENTIFIZIERUNGSFARBEN FÜR DEN INHALT-
HAUPT UND ZUSATZFARBEN ISO 14726
ISO 14726
HAUPT (1) schwarz (2) blau (3) braun (4) grün (5) grau (7) orange (8) silber (9) rot (11) weiß (12) GELB
SELBSTKLEBENDE
FARBE
KUNSTSTOFFOLIE mit
VERSCHMUTZTE FRISCHWASSER KRAFTSTOFFE SEEWASSER NICHTBRENNBARE ÖLE. ANDERE ALS DAMPF FEUERLÖSCH LUFT IN BRENNBARE
ZUSATZ MEDIEN GASE KRAFTSTOFFE MEDIEN LÜFTUNGSANLAGEN GASE
LAMINAT
FARBE STANDARDLÄNGE 50m
SCHWERÖL DAMPF für FORTLUFT
(1) schwarz (BK) HEIZUNG

HAUPTFARBE
SCHMUTZ- SAUERSTOFF THERMALÖL ZULUFT. KALT. WASSERSTOFF
SCHWARZWASSER
(2) blau (BU) SEEKÜHLWASSER WÄRMETRÄGERÖL MECHANISCH GAS

ALTÖL/ SANITÄR SANITÄR- EDELGASE/ ABLUFT


(3) braun (BN) SCHMUTZÖL FRISCHWASSER SEEWASSER INNERTGAS NATÜRLICH

BILGENWASSER TRINKWASSER STICKSTOFF SCHMIERÖL FEUER AUSSENLUFT


(4) grün (GN) GASTURBINEN LÖSCHWASSER 60 mm

ABGASE DESTILLAT HYDRAULIKÖL FEUERLÖSCHGAS ABLUFT ACETYLEN


(5) grau (GY) MECHANISCH GAS HAUPTFARBEN
+
(6) mahagoni KÄLTEMITTEL
(MN) ZUSATZFARBE

TURBINEN ARBEITSLUFT FEUERLÖSCHWASSER UMLUFT


(7) orange (OG) WASCHWASSER 2-4 bar SPRINKLER-SYSTEM MECHANISCH

Quelle: http://www.deutsche-flagge.de (Abrufdatum: 07.07.2017).


KESSEL ZULUFT, WARM
(8) silber (SR) SPEISEWASSER MECHANISCH
90 mm

PRESSLUFT
(9) rot (RD) 30 bar

FRISCH BALLASTWASSER STEUERLUFT GETRIEBE SPRÜHWASSER KLIMALUFT FLÜSSIG RICHTUNGSPFEILE


(10) violett (VT) SCHMIERÖL GAS
KÜHLWASSER

DAMPF/AUSTRITT LÖSCHPULVER
(11) weiß (WH) GRAUWASSER
A.18 Kennzeichnung von Rohrleitungen nach dem Durchflussstoff7

FÄKALIEN KONDENSAT SEEKÜHLWASSER MOTOREN DAMPF/EINTRITT FEUERLÖSCH- ZULUFT-NATÜRLICH


(12) gelb (YEO) DIESELÖL
ABWASSER SCHMIERÖL SCHAUM 50 mm
Tabellen, Diagramme und Übersichten

Verkehr, Dienststelle Schiffssicherheit, „Kennzeichnung von Rohrleitungen an Bord – D.6“,


Tabellen, Diagramme und Übersichten 657

A.19 Tabelle ausgewählter Widerstandsbeiwerte (Mittelwerte)8

Rohrbogen 90°

R/d
1 2 4 6 10
ξglatt 0,21 0,14 0,11 0,09 0,11
ξrau 0,51 0,30 0,23 0,18 0,20

R = Rohrbiegeradius, d = Innendurchmesser

R = Rohrbiegeradius, d = Innendurchmesser

Rohrbögen mit Krümmungswinkel α in Grad

Krümmungswinkel α 20 30 45 60 75 110 130 150


Umrechnungsfaktor f 0,31 0,45 0,60 0,78 0,90 1,13 1,20 1,28

ζ = ζ 90° · f ζ90° ist vorstehender Tabelle zu entnehmen

Absperrventil
(Siehe Abb. A.4)

Abb. A.4 Absperrventil.


(Foto: Heather Smith, CC BY
3.0)

8Quelle: http://www.schweizer-fn.de/zeta/armaturen/armaturen.php (Zugriff am 13.09.2016).


658 Tabellen, Diagramme und Übersichten

DN (mm) 15 20 25 32 40 50 65 80
ζ 1,4 5,2 9,8 11,7 10,2 8,7 6,8 5,9
DN (mm) 100 125 150 200 250 300 350
ζ 5,5 5,5 5,7 6,4 7,0 7,3 6,8

Schrägsitzventil

DN (mm) 15 20 25 32 40 50 65 80 100 125 150


ζ 2,0 2,0 2,2 2,5 2,6 2,6 2,6 2,5 2,4 2,5 2,9

Absperrklappe
(Siehe Abb. A.5)

Abb. A.5 Absperrklappe.


(Foto: Heather Smith, CC BY
3.0)

DN (mm) 20 25 32 40 50 65 80 100 125 150 200


ζ 0,79 0,86 0,70 0,54 0,42 0,33 0,28 0,25 0,23 0,22 0,21
DN (mm) 250 300 350 400 500 600 700 800 900 1000
ζ 0,20 0,21 0,21 0,21 0,21 0,21 0,21 0,20 0,18 0,16
Tabellen, Diagramme und Übersichten 659

Kugelhahn
(Siehe Abb. A.6)

Abb. A.6 Kugelhahn. (Foto:


Standard Hidráulica)

DN (mm) 15 20 25 32 40 50 65
ζ 0,084 0,107 0,117 0,123 0,121 0,117 0,110
DN (mm) 80 100 125 150 200 250
ζ 0,103 0,095 0,086 0,079 0,066 0,052

Eckventil

DN (mm) 15 20 25 32 40 50 65 80 100 125 150 200


ζmax 3,1 3,1 3,1 3,1 3,4 3,8 4,1 4,4 4,7 5,0 5,3 5,7
ζmin 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0 2,0

Absperrschieber, offen
(Siehe Abb. A.7)

Abb. A.7 Absperrschieber.


(Foto: Heather Smith, CC BY
3.0)
660 Tabellen, Diagramme und Übersichten

DN (mm) 15 20 25 32 40 50 65 80 100 125 150 200


ζmax 0,65 0,60 0,55 0,50 0,50 0,45 0,40 0,35 0,30 0,30 0,30 0,30
ζmin 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10 0,10

Drosselklappe
(Siehe Abb. A.8)

Abb. A.8 Prinzipdarstellung


einer Drosselklappe

Der Widerstandsbeiwert ist abhängig vom Öffnungswinkel α der Drosselklappe


(­Winkel zwischen Klappe und Längsachse Bauteil).

α
10 20 30 40 50 60 70
ζ 0,5 1,5 4,0 11,0 33,0 120,0 250,0

Die Abb. A.9 zeigt weitere Widerstandszahlen, insbesondere auch für Armaturen größerer
Nennweiten.
Tabellen, Diagramme und Übersichten 661

Abb. A.9 Widerstandszahlen


diverser Armaturen. (Grafik:
Barbulo)

A.20 Empfohlene Strömungsgeschwindigkeiten in Rohrleitungen9

Die folgende Tabelle gibt eine Auswahl für empfohlene Strömungsgeschwindigkeiten in


Rohrleitungen für einige Anwendungsfälle an. Für weitere Anwendungen wird auf ent-
sprechende Literatur verwiesen.

Strömungsgeschwindigkeit (m/s)
Wasserleitungen
Kreiselpumpe, saugseitig 0,7–1,5
Kreiselpumpe, druckseitig 1,0–5,5
Kolbenpumpe, saugseitig 0,8–1,0
Kolbenpumpe, druckseitig 1,0–2,0
Presswasserdruckleitungen 15,0–20,0
Heißwasserdruckleitung 2,0–3,0
Trink- und Brauchwasserleitungen 1,0–2,0

9DUBBEL – Taschenbuch für den Maschinenbau; Bd. 1; Springer Verlag, Berlin, Heidelberg New
York, 1974.
662 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Strömungsgeschwindigkeit (m/s)
Dampfleitungen
Turbine, Heißdampf, kleine Leistung ≈35,0
Turbine, Heißdampf, mittlere Leistung 40,0–50,0
Turbine, Heißdampf, große Leistung 50,0–70,0
Sattdampf ≈25,0
Abdampf 15,0–25,0
Luftleitungen
Saugleitung f. Kolbenverdichter 16,0–20,0
Druckleitung f. Kolbenverdichter 25,0–30,0
Turboverdichter (Saug- u. Druckleitung) 20,0–25,0
Druckluftleitung, allgemein 15,0
Leitungen in Brennkraftmaschinen
Gasmaschinen, Luftleitung 20,0
Gasmaschinen, Gasleitung ≈35,0
Gasmaschinen, Auspuffleitung 20,0–25,0
Dieselmaschine, Saugleitung ≈20,0
Dieselmaschine, in Spülschlitzen ≥80,0
Gebläsezuleitungen 25,0–30,0
Brennstoffleitungen Bis ca. 20,0
Schmierölleitungen Abhängig v. Zähigkeit 0,5–1,0

A.21 Spezifische Wärmekapazität für ausgewählte Stoffe

Flüssigkeiten Die folgenden Werte für die spezifische Wärmekapazität gelten für einen
Temperaturbereich von 0 ◦ C < t < 100 ◦ C . Für andere Temperaturen sind die Werte in
einschlägigen Tabellenwerken zu suchen oder nach folgender Gleichung zu berechnen:

c|TT20 · (T2 − T0 ) − c|TT10 · (T1 − T0 )


c|TT21 = .
T 2 − T1
Tabellen, Diagramme und Übersichten 663

Stoff Spezifische Wärmekapazität c


(kJ/kgK)
Ethanol (Äthylalkohol) 2,38
Benzin 2,02
Benzol 1,70
Dieselkraftstoff/Marinediesel 2,05
Essigsäure 2,05
Heizöl EL 2,07
Methanol (Methylalkohol) 2,51
Perchlorethylen 0,904
Petroläther 1,76
Petroleum 2,16
Schmieröl 2,09
Trafoöl 1,88
Trichlorethylen 0,93
Toluol 1,67
Wasser 4,187

Gase Spezifische Wärmekapazität cpm|t0 in kJ/kgK

T CO CO2 H2 H2O Luft N2


°C (dampfförmig)
0 1,039 0,8205 14,38 1,858 1,004 1,039
100 1,041 0,8689 14,40 1,874 1,031 1,041
200 1,046 0,9122 14,42 1,894 1,013 1,044
300 1,054 0,9510 14,45 1,918 1,020 1,049
400 1,064 0,9852 14,48 1,946 1,029 1,057
664 Tabellen, Diagramme und Übersichten

A.22 Wärmeleitzahlen, Auswahl einiger flüssiger, fester und


gasförmiger Stoffe10

Stoff/Material Wärmeleitzahl λ
W/mK
Aluminium 204
Dieselkraftstoff 0,15
Eis 2,33
Eisen 81
Gase 0,01–0,23
Gips 0,45
Glas, Fenster 0,81
Glaswolle 0,04
Grauguss 58
Hartschaum 0,04
Holz 0,12–0,17
Kesselstein 1,2–3,0
Kohlendioxid 0,015
Kork 0,05
Kupfer 3,84
Luft 0,02
Messing 113
Polyamid 0,31
Polyvinylchlorid 0,16
Rotguss 38
Schamotte 1,2
Stahl, NiRo 14
Stahl, unlegiert 47–58
Trafoöl 0,13
Wasser 0,6
Wasserdampf (100 °C) 0,016
Weichgummi 0,14–0,24

10Weitere Werte z. B. auch GIECK, Technische Formelsammlung, Heilbronn 1981.


Tabellen, Diagramme und Übersichten 665

A.23 log-p-h-Diagramm für Ammoniak (NH3)

 uelle: Dohmann, J., Thermodynamik der Kälteanlagen und Wärmepumpen, Springer Verlag,
Q
­Heidelberg 2016

A.24 Schüttguttabelle nach Prof. Rüdiger

Auswahl einiger Schüttgüter

Schüttgut Dichte Schüttdichte Böschungswinkel [°]


(t/m3) (t/m3) Beweg.a Ruhea
Braunkohle 1,3 0,65–0,75 35 50
Eisenerz 4–6 1,7–3,5 35 50
Gerste 0,7 0,6 25 40
Gips 1,81 1,4 k. A. 40
Hausmüll k. A. 0,66 k. A. k. A.
Holz (Scheitholz) k. A. 0,32–0,42 k. A. k. A.
Hochofenschlacke, stückig 2,5 0,6–1,5 35 50
Hülsenfrüchte k. A. 0,85 10 25
Kaffee (roh) 0,68 0,63 k. A. k. A.
Kalk (gebrannt), Pulver k. A. 0,5 k. A. 50
666 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Schüttgut Dichte Schüttdichte Böschungswinkel [°]


(t/m3) (t/m3) Beweg.a Ruhea
Kies (trocken) 2,5 1,7 30 45
Koks (stückig) 1,4 0,45 35 50
Kunststoffgranulat 0,9–1,8 0,5–0,9 0 30
Mais 0,81 0,73 k. A. 35
Portlandzement 3,0 1,1–1,3 35 50
Sand (fein u. trocken) 2,4 1,4–1,65 30 45
Salpeter k. A. 1,0–1,2 k. A. k. A.
Steinsalz 2,1 0,8–1,0 35 50
Schotter k. A. 1,3–1,8 35 45
Sägespäne 0,4 0,2–0,3 0 40
Thomasmehl k. A. 2,2 k. A. k. A.
aBeim Abkippen von Schüttgütern bildet sich ein Schüttkegel mit einem Böschungswinkel aus.
Während des Abkippens rutscht das Material nach. Es stellt sich insofern ein kleinerer Böschungs-
winkel ein als der, wenn das Material zur Ruhe gekommen ist

A.25 Sicherheitskennzeichen, Sicherheitsleitsystem

Auswahl der Sicherheitskennzeichen nach ISO 7010


Hinweis: Eine umfassende Übersicht der zurzeit gültigen Sicherheitskennzeichnungen
findet sich u. a. unter www.a-spe.com oder auch unter www.brady.de.

Warnzeichen

Gefahren- Explosions- Radioakt. Laserstrah- Elektro- Gefährl. Rutschge-


stelle gefährliche Stoffe/ len magn. elektr. fahr
Stoffe ionisierende Strahlung Spannung
Strahlen

Stolperge- Absturzge- Biogefähr- Schwebende


fahr fahr dung Lasten
Tabellen, Diagramme und Übersichten 667

Rettungszeichen

Messer f. Rettungs- Bereit- Rettungs- Rettungs- Rettungs- Geschlos-


Rettungs- boot schaftsboot floß weste f. weste sene
floß Säuglinge Rutsche f.
Schiffseva-
kuierung

Rettungs- Rettungs- Fallschirm- Seenotfunk- Einboo-


ring m. ring signalrakete bake tungsleiter
Leine u.
Lampe
Verbotszeichen

Rauchen Feuer, offe- Klettern/ Nicht belas- Personen- Nicht schal-


verboten nes Licht Aufsteigen ten beförderung ten
u. Rauchen verboten i. Brandfall
verboten verboten

Gehörschutz Schutzbrille Vor Öffnen Hände Handlauf Auffanggurt Rettungs-


benutzen benutzen Netzstecker waschen benutzen benutzen boot fieren
ziehen beim Aus-
setzvorgang
668 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Atemschutz Rettungsin- Bereit- Fallen lösen Rettungs- Gasflaschen Unabhängi-


benutzen sel während schaftsboot beim Aus- boot-La- gegen ges Atem-
Auslöse- fieren beim setzvorgang schings Umfallen schutzgerät
sequenz Aussetzvor- lösen beim sichern tragen
zu Wasser gang Aussetzvor-
lassen gang
Brandschutzzeichen

Feuerlö- Lösch- Brand- Brandmel- Brandmel- Fest Fahrbarer


scher schlauch schutzleiter der detelefon eingebaute Feuerlö-
Feuerlösch- scher
mittelbat-
terie

Feuerlö-
schmonitor
Tabellen, Diagramme und Übersichten 669

A.26 Funkausrüstungspflicht in Abhängigkeit der Fahrtgebiete11

Geräteausstattung A1 A2 A3 A4
UKW GW Satellit KW
UKW-Sprechfunkanlage X X X X
UKW-DSC-Controller X X X X
UKW-Wachempfänger Kanal 70 X X X X
Navtex-Empfänger X X X X
EPIRB (406 MHz od. 1,6 GHz) X X X X
Radartransponder (SART) X X X X
UKW-Handsprechfunkgeräte X X X X
GW-Sprechfunkanlage X X
GW-DSC-Controller X X
GW-/KW-Sprechfunkanlage X
GW-/KW-DSC-Controller X
EGC-Empfänger X X
INMARSAT-C od. -B X

Erklärungen
Ultrakurzwelle (Frequenzbereich 30 bis 300 MHz)
UKW 
GW Grenzwelle (Frequenzband zwischen 1605 und 3800 kHz, liegt auf der
„Grenze“ zwischen Mittelwelle und Kurzwelle)
KW Kurzwelle (Frequenzbereich 3 bis 30 MHz)

Seegebiet A 1 Ein von der zuständigen Verwaltung festgelegtes Gebiet innerhalb der
Sprechfunkreichweite mindestens einer UKW-Küstenfunkstelle, die ununterbrochen für
DSC-Alarmierungen zur Verfügung steht (Reichweite 30 nm).

Seegebiet A 2 Ein von der zuständigen Verwaltung festgelegtes Gebiet (ohne Seegebiet
A 1) innerhalb der Sprechfunkreichweite mindestens einer GW-Küstenfunkstelle, die
ununterbrochen für DSC-Alarmierungen zur Verfügung steht (Reichweite 150 nm).

Seegebiet A 3 Ein Gebiet (ohne Seegebiet A 1 und A 2) innerhalb der Überdeckung


eines geostationären INMARSAT-Satelliten, der ununterbrochen für Alarmierungen zur
Verfügung steht (Reichweite ca. 75° N bis 75° S).

Seegebiet A 4 Ein Gebiet außerhalb der Seegebiete A 1 bis A 3 (Gebiete der Polkappen).

11Detailssiehe: http://navigareberlin.de/onewebmedia/H%20Grundlagen%20Copy.pdf (Abrufdatum


11.02.2017).
670 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Es bleibt jeder Verwaltung überlassen, welche geografischen Grenzen sie für die Einrich-
tung der Seegebiete A 1 und A 2 wählt. Die Grenzen der einzelnen Seegebiete können
dem „Masterplan for shore-based facilities“, herausgegeben von der IMO, entnommen
werden.

A.27 Lichterführung

a) nach KVR und SeeSchStrO12

12Entnommen aus: Dreyer, R., Sportküstenschifferschein und Sportbootführerschein See, 14. Auflg.,

Verlag Delius Klasing, Bielefeld.


Tabellen, Diagramme und Übersichten 671
672 Tabellen, Diagramme und Übersichten

b) nach BinSchStrO13
Berufsschiffe allgemein

Schiff ≤ 110 m Länge

Schiff > 110 m Länge

Schleppverband; Beson-
derheit: Das letzte Fahr-
zeug führt weißes Heck-
licht, ist es Kleinfahrzeug,
dann kein Licht. Ferner ist
Kennzeichnung bei Tag
dargestellt

Schubverband > 110 m


Länge (2er Päckchen)

Gelenkverband > 110 m


Länge

Gefahrguttransporte (Tags werden anstelle der blauen Laternen blaue Kegel geführt)

13Grafiken entnommen aus: Overschmidt, Gliewe, „Sportbootführerschein Binnen – Segel Motor“,

Delius Klasing Verlag, Bielefeld.


Tabellen, Diagramme und Übersichten 673

Schiff mit feuerge-


fährlichen Gütern

Schiff mit Ammoniak od.


gleichgestellten Gütern

Schiff mit explosions-


gefährlichen Gütern

Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) im Einsatz, Fähren

Nicht frei fahrende


Fähre

Frei fahrende Fähre

BOS-Fahrzeug
674 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Überholen und Begegnen

Überholer (nur Großschifffahrt)

Entgegenkommer an Steuerbord
passieren

A.28 Überblick über die Beschränkungen für das Einbringen oder


Einleiten von Abfällen ins Meer nach MARPOL Annex V, Regeln 4–6

Art des Müllsa Alle Schiffe Schiffe, die sich neben


Außerhalb von Innerhalb von oder im Umkreis
­Sondergebieten ­Sondergebieten von 500 m von
(Regel 4) (Regel 6) Offshoreplattformend
Entfernung zum Entfernung zum befinden, die mehr als
nächstgelegenen Land nächstgelegenen Land 12 sm vom nächstge-
oder Schelfeis legenen Land entfernt
sind
(Regel 5)
Lebensmittelabfälle, ≥3 sm auf Kurs und ≥12 sm auf Kurs und Einbringen oder
zerkleinert oder so weit entfernt wie so weit entfernt wie ­Einleiten zulässig
­zermahlenb möglich möglichc
Lebensmittelabfälle, ≥12 sm auf Kurs und Einbringen oder Ein- Einbringen oder
nicht zerkleinert oder so weit entfernt wie leiten verboten ­Einleiten verboten
zermahlen möglich
Tabellen, Diagramme und Übersichten 675

Ladungsrückständee,f, ≥12 sm auf Kurs und Einbringen oder Einbringen oder


die nicht im Waschwas- so weit entfernt wie ­Einleiten verboten ­Einleiten verboten
ser enthalten sind möglich
Ladungsrückständee,f, ≥12 sm und so weit
die im Waschwasser entfernt wie möglich
enthalten sind (vorbehaltlich der
Bedingungen in Regel
6 Abs. 1.2)
Reinigungsmittel Einbringen oder Ein- ≥12 sm und so weit Einbringen oder
und -zusätzef, die leiten zulässig entfernt wie möglich ­Einleiten verboten
im Waschwasser aus (vorbehaltlich der
Laderäumen enthalten Bedingungen in Regel
sind 6 Abs. 1.2)
Reinigungsmittel Einbringen oder
und -zusätze, die im ­Einleiten zulässig
auf Deck und an den
Außenflächen verwen-
deten Waschwasser
enthalten sind
Tierkörper (sollten Schiff muss sich auf Einbringen oder Einbringen oder
zerteilt oder in anderer seinem Kurs und so ­Einleiten verboten ­Einleiten verboten
Form behandelt weit wie möglich vom
werden, um sicherzu- nächstgelegenen Land
stellen, dass die Körper entfernt befinden.
unverzüglich sinken) Möglichst bei >100 sm
und größtmöglicher
Wassertiefe
676 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Sonstiger Müll, ein- Einbringen oder Einbringen oder Einbringen oder


schließlich Kunststoffe, ­Einleiten verboten ­Einleiten verboten ­Einleiten verboten
synthetischer Seile,
Fanggerät, Kunststoff-
mülltüten, Asche aus
Verbrennungsanlagen,
Schlacke, Speiseöl,
treibendes Stauholz,
Verkleidungs- und
Verpackungsmaterial,
Papier, Lumpen, Glas,
Metall, Flaschen,
Steingut und ähnliche
Abfälle
aIst der Müll mit anderen Schadstoffen vermischt oder verunreinigt, die nicht eingebracht oder ein-

geleitet werden dürfen oder für die andere Vorschriften für das Einbringen oder Einleiten gelten, so
gelten die strengeren Vorschriften
bZerkleinerte oder zermahlene Lebensmittelabfälle müssen ein Sieb mit höchstens 25 mm weiten

Öffnungen passieren können


cDas Einbringen von eingeführten Vogelerzeugnissen im Antarktisgebiet ist nicht zulässig, sofern

diese Erzeugnisse nicht verbrannt, autoklaviert oder in sonstiger Form behandelt wurden, um sie
keimfrei zu machen
dOffshoreplattformen, die 12 Seemeilen vom nächstgelegenen Land entfernt liegen, und dazugehö-

rige Schiffe umfassen alle festen oder schwimmenden Plattformen, die zur Erforschung und Aus-
beutung und der damit zusammenhängenden Verarbeitung von Bodenschätzen des Meeresbodens
eingesetzt sind, und alle Schiffe, die sich neben oder im Umkreis von 500 m von solchen Plattfor-
men entfernt befinden
eDer Ausdruck Ladungsrückstände bezeichnet nur die Ladungsrückstände, die bei Anwendung

gewöhnlich verfügbarer Entladeverfahren nicht wieder aufgenommen werden können


fDiese Stoffe dürfen nicht schädlich für die Meeresumwelt sein
Tabellen, Diagramme und Übersichten 677

A.29 Anforderungen an Schiffsmüllverbrennungsanlagen

MEPC.76(40) RL 2010/75/EU 17. BImSchV


Technische Verbrennungsluft Forderung nach einem
­Anforderungen an mind. 6 % O2 ; weitestgehenden Ausbrand
die Feuerung Abgastemperatur der Einsatzstoffe;
850–1200 °C; Mindesttemperatur der
Quenschen des Gase im Nachbrenn-
Rauchgases (zur raum bei einer Verweil-
Verhinderung der zeit von mind. 2 s und
Dioxinbildung) O2 min = 6 % muss 850 °C,
beim Einsatz von halogen-
haltigen Abfällen 1100 °C
betragen;
Zusatzbrenner;
Autom. Verriegelung der
Müllzufuhr bei Unter-
schreitung der Mindesttem-
peratur
Emissionsgren- Bildung von Dioxinen Tagesmittelwerte: Tagesmittelwerte:
zwerte ist zu verhindern Staub 10 mg/Nm3; Gesamtstaub 10 mg/m3,
HCl 10 mg/Nm3; Cges 10 mg/m3, HCl 10 mg/
HF 1 mg/Nm3; m3, HF 1 mg/m3, SO2
SO2 50 mg/Nm3; 50 mg/m3, NO2 200 mg/
NO2 200 mg/Nm3 m3; Hg 0,03 mg/m3; CO
(Anlagen m Nennka- 50 mg/m3
pazität > 6 t/h oder Halbstundenmittelwerte:
Neuanlagen); Gesamtstaub 20 mg/m3,
NO2 400 mg/Nm3 Cges 20 mg/m3, HCl 60 mg/
(Anlagen m Nennka- m3, HF 4 mg/m3, SO2
pazität ≤ 6 t/h oder 200 mg/m3, NO2 400 mg/
Altanlagen); m3, Hg 0,05 mg/m3; CO
CO 100 mg/Nm3 100 mg/m 3
(Halbstundenmittel- Bezugs-O2: 11 %
wert);
C ges 10 mg/Nm3;
Dixine und Furane
0,1 mg/Nm3
Wärmenutzung Wärmenutzungsgebot
Ausgenommene PCB, Abfälle nach
Abfälle MARPOL Anhang V
mit mehr als Spuren
von Schwermetallen,
raffinierte Erdölpro-
dukte (die Halogene
enthalten), PVC
678 Tabellen, Diagramme und Übersichten

A.30 Diagramme zur Ermittlung erforderlicher Adsorbensmengen

Die folgenden Diagramme geben die erforderliche Masse der Adsorbensmischungen


jeweils in Abhängigkeit vom angenommenen zu verbrennenden Abfallaufkommen zwi-
schen 1,2 kg pro Person und Tag bis zu 1,5 kg pro Person und Tag in Abhängigkeit von
der Gesamtzahl der Personen an Bord an.

Beispiel zur Anwendung der Diagramme


Es ist eine Adsorbensmischung aus Kalkhydrat und Aktivkohle gewählt worden. An
Bord des Kreuzfahrtschiffes befinden sich insgesamt 2500 Personen. Es wird mit einem
zu verbrennenden Abfallaufkommen von 1,3 kg pro Person und Tag gerechnet. Wie hoch
ist der Adsorbensverbrauch pro Tag? Hierzu ist im nachstehenden Diagramm auf der
Abszisse bei „2500“ eine senkrechte Linie nach oben bis zur gepunkteten Geraden zu
ziehen. Auf der Ordinate kann dann die erforderliche Adsorbensmasse – hier 19,5 kg pro
Tag – abgelesen werden.

a) Diagramm für eine Adsorbensmischung aus 75 % Ca(OH)2 und 25 % Aktivkohle

Erforderliche Adsorbensmenge pro Tag

35
M a s s e A d s o rb e n s m is c h u n g

Adsorbensmenge bei 1,2


30 kg Abfallaufkommen pro
25 Person und Tag
Adsorbensmenge bei 1,3
20
kg Abfallaufkommen pro
in k g

15 Person und Tag


10 Adsorbensmenge bei 1,4
kg Abfallaufkommen pro
5 Person und Tag
0 Adsorbensmenge bei 1,5
0 1000 2000 3000 4000 kg Abfallaufkommen pro
Person und Tag
Anzahl Personen an Bord
Tabellen, Diagramme und Übersichten 679

b) Diagramm für eine Adsorbensmischung aus 79 % CaCO3 und 21 % Aktivkohle

Erforderliche Adsorbensmenge pro Tag

40
M a s s e A d s o rb e n s m is c h u n g

Adsorbensmenge bei 1,2


35 kg Abfallaufkommen pro
30 Person und Tag
25 Adsorbensmenge bei 1,3
kg Abfallaufkommen pro
in k g

20
Person und Tag
15
Adsorbensmenge bei 1,4
10 kg Abfallaufkommen pro
5 Person und Tag
0 Adsorbensmenge bei 1,5
0 1000 2000 3000 4000 kg Abfallaufkommen pro
Person und Tag
Anzahl Personen an Bord

A.31 Übersicht div. Ankertypen

Name Bild Eigenschaft/Ankergrund


Admiralitäts- bzw. Gewichtsanker; Bauart
Stockanker, auch besteht aus zwei Armen mit
­Normalanker genannt Flunken. Am oberen Ende
des Schafts ist in 90° zu den
Ankerarmen der Stock mon-
tiert. Durch den Stock dreht
sich der Anker am Grund
immer so, dass sich eine
Flunke in den Boden gräbt.
Gute Haltekraft bei sandi-
gen, steinigen und lehmigen
Ankergründen
Name Bild Eigenschaft/Ankergrund
Danforthanker (auch Hält auf stark verkrauteten
Plattenanker genannt) oder kiesigen Boden nicht.
Aufgrund ihrer großen
Haltekraft bei geringem
Ankergewicht und Anker-
abmessungen besonders
in Sand, Kies und Schlick
geeignet. Durch universelle
Einsetzbarkeit als Erst- oder
Zweitanker (Heckanker)
bieten sie sich auch für kleine
Boote an
Draggenanker Anker ohne Stock, mit vier
bis sechs Flunken. Er dient
zum halten von Booten aber
auch zum Suchen von Seeka-
beln. Werden zum Ankern in
der Seeschifffahrt kaum noch
eingesetzt; in der Binnen-
schifffahrt vereinzelt noch
anzutreffen, insbesondere bei
kleinen Sportbooten häufig
(dort als Klappdraggen).
Gute Haltekraft auf steinigem
Grund
Patentanker Seine Arme (Flunken) sind
(­Hallanker) beweglich. Bei annähernd
waagerechten Zug der Kette
graben sich seine Flunken
in den Ankergrund. Guter
Kompromiss für unterschied-
liche Ankergründe. Etwa
25 % geringere Haltekraft
als der Admiralitäts- bzw.
Stockanker
Tabellen, Diagramme und Übersichten 681

Name Bild Eigenschaft/Ankergrund


Pflugscharanker In der See- und Binnen-
schifffahrt heute nicht mehr
gebräuchlich, bei Segelyach-
ten weit verbreitet. Besonders
gute Haltekraft im Sand, gut
in Ankergründen mit starkem
Seegrasbewuchs

Pilz- oder Schirmanker Heute in der Seeschifffahrt


kaum noch von Bedeutung;
diente dem dauerhaften
Ankern von Feuerschiffen
und für große Tonnen. Gut
geeignet für weiche Gründe

A.32 Ableitungsregeln verschiedener Funktionen

Aufgabe Funktion Ableitung


Funktion multipliziert mit Konstanter c ∙ f(x) c ∙ f′(x)
Summe von Funktionen (Summenregel) f(x) + g(x) f′(x) + g′(x)
Produkt v. Funktionen (Produktregel) f(x) ∙ g(x) f′(x) ∙ g(x) + f(x) ∙ g′(x)
Quotient zweier Funktionen (Quotientenregel) f(x)/g(x) (f′(x) ∙ g(x) − f(x) ∙ g′(x))/g(x)2
Kettenregel f(g(x)) f′(g(x)) ∙ g′(x)
Ableitung der inversen Funktion f(x) 1/x′(f)
Potenzfunktionen
xn n ∙ xn−1
1 0
x 1
682 Tabellen, Diagramme und Übersichten

Aufgabe Funktion Ableitung


x2 2x
x3 3 x2
… …
1/x −1/x2
1/x2 −2/x3
… …

x1/2 = x 1 −1/2
2
x = 2x1√x

x−1/2 = √1x − 21 x −3/2 = − 2x1√x


√ 3 1/2 3 √
x3/2 = x x 2
x =2 x
x−3/2 − 23 x −5/2
x5/2 5 3/2
2
x
x−5/2 − 25 x −7/2
Winkelfunktionen
sin x cos x
cos x −sin x
tan x 1
cos2 x

cot x − sin12 x
Inverse Winkelfunktionen
asin x √ 1
1−x 2

acos x 1
− √1−x 2

atan x 1/(1 + x2)


acot x −1/(1 + x2)
Exponentialfunktionen
ex ex
ekx ekx
ax ln a · ax
Tabellen, Diagramme und Übersichten 683

Aufgabe Funktion Ableitung


Hyperbelfunktion
sinh x cosh x
cosh x sinh x
tanh x 1/(cosh2x)
coth x −1/(sinh2x)
Areafunktionen
asinh x √ 1
1+x 2

acosh x √ 1
x 2 −1

atanh x 1/(1 − x2)


acoth x 1/(1 − x2)
Logarithmusfunktionen
ln x 1/x
alog x 1/(x ∙ ln a)
Stichwortverzeichnis

12 sm-Zone, 130 Achse, optische, 99


15. Verordnung Umweltschutz-See, 636 Achterleinen, 161
Achterspring, 161
adiabate Zustandsänderung, 387
A Admiralitätsanker, 679
Abbildungsgleichung, 104 Adsorbensgemisch, 565
Abbildungsmaßstab, 104 Adsorbensmenge, 571
ABC-Filter, 530 Adsorbensmischung, 573, 575
ABC-Kampfstoffe, 496 adsorbensspezifische Konstante, 576
Abdrift, 273 Adsorbenszusammensetzung, 572, 585
Abfallmanagementsysteme, 548 Adsorbenzienmenge, 571
Abfallschredder, 546 Adsorptionselemente, 620
Abfallverbrennungsanlagen-Verordnung, 552 Adsorptionsisotherme, 566
Abfallvermeidung, 545 Adsorptionsstufe, 620
Abfallverringerung, 545 aerobbiologische Verfahren, 605
abfiltrierbare Stoffe, 597 Aggregatzustände, 82, 386
Abgasleitungen, 139 Ähnlichkeitsgesetz, 97
Abkühlwärmestrom, 384 AIS, 128
Ableitungsregeln, 118, 681 Aktivkohle, 564, 576
Absorptionskälteanlage, 401 Aktivkohlefilter, 420, 569, 575
Absorptionsmittel, 401 Aktivkohleverbrauch, 568
absperrbares Rückschlagventil, 512 ALR, 394
Absperrklappe, 658 Alternative Abgasreinigungssysteme, 584
Absperrschieber, 659 Alternative Maritime Power, 460
Absperrventil, 657 American Bureau of Shipping, 126
Abstandsleine, 451 Ammoniak, 388
Abwasserabgabe, 600 AMP, 460
Abwasseranlage, 602 Amplitude, 63
Abwasseraufbereitungsanlagen, 596 analog, 524
Abwasserbehandlungsanlage, 596 Analog-Digital-Wandler, 525
Abwassermengen pro Person und Tag, 600 anblasen, 232
abwehrender Brandschutz, 484 Anfahrwiderstand, 26
abzuführende Wärme, 387 anfallende Menge Bilgenwasser, 613
abzuführende Wärmemenge, 580 Anforderungen an Abwasserbehandlung, 599
abzuführender Wärmestrom, 387 Anforderungen an Bilgenwasseranlagen, 616

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 685
M. Pfaff, Schiffsbetriebstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27052-0
686 Stichwortverzeichnis

Anforderungen an den Ablauf von Atemschutzgeräteträger, 502


­Schiffskläranlagen, 597 Atmungswärme, 384
Anforderungen an Schiffsmüllverbrennungsan- Aufbau von Schiffsklimaanlagen, 398
lagen, 557 Auffanganlagen, 541
Anker, 151 Aufhärtefilter, 419
Ankergrund, 679 Auflagerreaktion, 7
Ankerkette, 151 Auftriebskraft, 135, 271, 273
Ankerklüse, 152 Ausbau von Wälzlagern, 306
Ankerspill, 30 Ausdehnung
Ankerstein, 151 Festkörper, 85
Anlassdruckluftsystem, 232 Flüssigkeiten, 87
Anlassen, 232 Ausdehnungskoeffizient, thermischer, 79
Anleitung zur Verdrahtung, 468 Auslegung einer Heizungsanlage, 404
ANO, 122 Auslegung von Sammeltanks, 599
Anschlagarten, 434 Auslegungshinweise, 577
Anschlagmittel, 432 Auslegungskriterien für Festbettadsorber, 564
Anschlussleistungen, 462 Ausrüstungsleitzahl, 155
Anstellwinkel, 280 Außenhautfaktor, 135
Anstriche, 187 Außenluftrate, 394
Antennenanlage, 523 Außenpolmaschine, 459
Antifouling-Systeme, 189 Außensprühanlage, 496
Antirutschmatte, 435 Aussetzvorrichtung, 9, 478
Antriebsleistung, 96, 441 Automatic Identification System, 128
Antriebsoffizier (ANO), 1, 122 Avogadro-Zahl, 268
Antriebswirkungsgrad, 208 AWA, 602
Anzahl der Wärmetauscherrohre, 382 axiale Strömungsgeschwindigkeit, 247
Apexöffnung, 580 Axialmaschinen, 243
Arbeit, 49 Azipod-Antrieb, 216
Arbeitsmedizinische Vorsorge, 476
Arbeitspunkt, 353
Arbeitsschutz, 130 B
Arbeitsschutzgesetz, 474 BAAINBw, 131
Arbeitsstätten, 176 Backbordseite, 138
Arbeitsstättenrichtlinie, 175, 389 Badegewässerrichtlinie, 594
Arbeitsstättenverordnung, 174, 505 Bahngeschwindigkeit, 42
Arbeits- und Betriebsunfälle, Bahngleichung, 42
­Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Ballastwasserpumpe, 343
Gesundheitsgefahren, 130 Ballastwassertanks, 189, 343
Arbeitsverfahren, 224 Ballastwasserübereinkommen, 543, 624
ArbStättV, 174 Bandbremse, 30, 152
archimedisches Prinzip, 134 Bändsel, 158
Asbest, 531 Batterieblock, 269
ASR, 175 Baudrate, 526
Asynchronmotor, 256, 257 Bauformen von RWDR, 321
a-t-Diagramm s. Beschleunigungs-Zeit-­ Bauformen von Verdrängerpumpen, 349
Diagramm baulicher Brandschutz, 484
Atemminutenvolumen, 503 Baumusterzulassung, 552
Atemschutzgerät, 502 Bauteile der Kälteanlage, 388
Stichwortverzeichnis 687

Bauvorschriften der Klassifizierungsgesell- Betriebsfaktor, 222


schaften, 126 Betriebskosten, 198
Bauvorschriften für die deutschen Beugung, 73
­Marineschiffe, 131 Bewegung, translatorische, 33
Bauvorschriften für Schiffe der Deutschen Bewegungsenergie, 51
Marine, 126 Bewegungsgesetze, 41
Bedarfskennzahl, 405, 406 Bewegungsmelder, 469, 470
Befähigungszeugnis, 1, 121 Bezeichnungen am Schiff, 138
Befeuchter, 399 BGV A 8, 504
Beharrungsvermögen, 44 BGV D 19, 168
Beispiel Pumpenberechnung, 355 Biegebeanspruchung, 55
Beladung, 566, 576 Biegemoment, 55, 57, 430
Belastungszahl, 288 Biegespannung, 57
Belebtschlamm, 608 Biegespannungsverteilung, 430
Belebtschlammanlage, 606 Biegung, 57
Belebtschlammstufe, 606 Bilge, 613
Belebtschlammverfahren, 605 Bilgen, 510
Belebungsstufe, 605 Bilgenölentsorgungsboot, 614
Belehrungspflicht, 476 Bilgenwasserentöler, 510, 613, 618, 622
Bemessung einer Schlepptrosse, 163 Bimetall-Thermometer, 83
Bemessung von Festmacherleinen, 162 Binnenschiffsuntersuchungsverordnung, 511
Bemessung von Wellen, 296 biochemischer Sauerstoffbedarf, 596
benetzte Oberfläche, 210 biologisch-physikalische Abwasserbehand-
Berechnung der Einsatzzeit, 503 lungsanlage, 607
Berechnung der Schnittgrößen, 317 Biomembrantechnologie, 606
Berechnung des Hubmotors, 426 Bionik, 199
Berechnung Lasthaken, 430 BioStoffV, 602
Berechnung von Kupplungen, 310 Biozide, 627
Bereitschaftsboot, 477 Blindleistung, 110
Bernoulli-Effekt, 448 Blindleistungsfaktor, 110
Bernoulli-Gleichung, 94, 367 Blindleitwert, 113
bernoullisches Prinzip, 271 Blindwiderstand, 111, 112
Berufsgenossenschaft (BG) für Transport und induktiver, 112
Verkehrswesen, 125, 130, 635 Blockkoeffizient, 135
Berufsgenossenschaft für Transport und BOA, 140
­Verkehrswirtschaft bodennahes Sicherheitsleitsystem, 506
Berufsgenossenschaften, 126 Bola, 43
Beruhigungszone, 622 Bootsdavit, 478
berührende Dichtung, 319 Bordnetzleistungen, 462
berührungsfreie Dichtungen, 319 Boyle-Mariotte, 503
Besanden, 193 Boyle-Mariottesches Gesetz, 81
Beschichtung, 183 Boyle-Mariotte’sche Gesetz, 502
Beschleunigung, 34 Brandbekämpfung, 484, 487
Beschleunigungsamplitude, 147 Brandbekämpfung mittels Handfeuerlöscher,
Beschleunigungsbeiwerte, 437 500
Beschleunigungszeit, 425 Branddetektion, 492
Beschleunigungs-Zeit-Diagramm Brände, 499
(a-t-Diagramm), 33 Branderkennungstechnik, 484
Betriebsdrehmoment, 222 Brandphasen, 488
688 Stichwortverzeichnis

Brandschutzzeichen, 504 CODAD-Antrieb, 211


Brandunterdrückungssystem, 498 CODAG-Antrieb, 212
Brandwiderstandsklassen, 491 CODLAG-Antrieb, 213
Brauchwasser, 414 CODOG-Antrieb, 212
Brauchwassererwärmung, 404 COGAG-Antrieb, 216
Brecheisen, 12 COGLAG-Antrieb, 213
Brechung, 73 COGOG-Antrieb, 214
Brechungsgesetz, 73 Cold Ironing, 460
Brechungsindex, 103 coliforme, 422
Brechwert, 103 Combined Diesel and Diesel, 211
Brennpunkt, 99, 102 Combined Diesel and Gas, 212
Brennraumdruck, 232 Combined Diesel-Electric and Gas, 213
Brennstoffmenge, 237 Combined Diesel or Gas, 212
Brennstoffzelle, 266 Combined Gas or Gas, 214
Brennweite, 102, 103 Combined Gasturbine and Gasturbine, 213, 216
Brücke, 138 Common-Rail-Einspritzung, 231
Brückengleichrichter, 465 Conventions on the International Regulations
Brückennock, 138 for Preventing Collisions at Sea, 128
Brustleine, 161 Cosinussatz, 5
BSH, 517 COSPAS-SARSAT, 521, 527
BÜA, 140 Coulombsches Reibungsgesetz, 22
Bug, 138 Cross-Flow-Filtration, 609
Bugklappe, 441 CWL, 140
Bugvisier, 441
Bugwulst, 138
Bundesamt für Seeschifffahrt und D
­Hydrographie, 517 D1-Standard, 544
Bundes-Immissionsschutzgesetz, 539, 553 D2-Standard, 543
Bureau Veritas, 131 Dämmung, 531
Dampfblasenbildung, 292
Dampfdruckkurve für Wasser, 292
C Dämpfung, 66
Calciumcarbonat, 574 Dämpfungselemente, 146
Calciumhydroxid, 570 Dämpfungskoeffizient, 148
Carnot-Kreisprozess, 385 Danforthanker, 680
CDNI, 539 Datenübertragung, 525
CE-Zeichen, 517 Deckelöler, 300
Chemiesorption, 565, 566, 591 Deckkräne, 422
chemische Behandlung, 627 Deckshäuser, 139
chemische Entkeimungsverfahren, 626 Deflektorkappen, 279
chemische Reaktion, 266 Dehnung, 59, 428
chemischer Sauerstoffbedarf, 597 Dekontamination, 496
Chief, 1, 122 Demodulation, 69
Chlorderivate, 627 De-novo-Synthese, 558
Chlorierung, 603 DeNOx-Katalysator, 588
Christoph Kolumbus, 272 DeNOx-Reaktor, 588
Class-Stufen, 357 der Hafenkommunen, 546
CO2-Löschanlagen, 496 Desinfektion, 603
Coating, 183, 193 Desinfektionseinrichtungen, 420
Stichwortverzeichnis 689

Desinfektionsstufe, 626 Drehmomentkurve, 220


Deutsche Institut für Normung, 131 Drehmomentschlüssel, 11
Deutsches Hydrographisches Institut, 517 Drehmomentzahl, 288
DHI, 517 Drehrichtungsumkehr, 262
Dichtewerte für Wasser, 135 Drehschwingung, 65
Dichtkantenwinkel, 321 Drehsinnänderung, 258, 262
Dichtringmaterialien, 326 Drehstromgenerator, 458
Dichtung, 319 Drehstrommotor, 263
Diesel, 223 Drehstromnetz, 462
dieselelektrischer Antrieb, 254 Drehwerkgetriebe, 425
Dieselmotoren, 588 Drehwerkmotor, 424
Dieselprozess, 224 Drehwiderstandsmoment, 424
Dieselrußpartikelfilter, 589 Drehwinkel, 36
Differenzdruck, 609 Drehzahländerung, 262
Differenzialzylinder, 77 Drehzahlregelung, 258, 262
Diffusorraumhöhe, 578 Dreifeldträger, 314
digital, 524 Dreimastbark, 274, 651
Digital-Analog-Wandler, 525 Dreimastvollschiff, 650
Digital Selectiv Call, 520 dreiwertige Lagerung, 426
Digital Selectiv Calling, 523 Drosselklappe, 660
digitales Selektivrufverfahren, 523 Druck, 56
Dimensionierung, 383 dynamischer, 94
Dimensionierung einer Antriebswelle, 296 in Flüssigkeiten, 76
DIN, 131 statischer, 94
DIN-, VDI- und VDE-Normen, 126 Druckabfall, 358
Dioden, 465 Druckhöhe, 346
Diodenempfänger, 69 Drucklager, 299, 303
Dioxine, 558 Druckverlust, 346, 358, 367, 582, 583
Direkteinspritzung, 227 Druckwelle, 293, 303
Disc-Filter-Tiefenfiltration, 627 DSC-Controler, 520
DNV GL, 126, 131 DSC-See- und Binnenfunkanlage, 522
Dochtöler, 300 Dual-Fuel-Antrieb, 211, 593
Doppelhaken, 428 Dual-Fuel-Motor, 240
Doppelkreuzpoller, 166 Dual Watch, 523
Doppelpoller, 166 Dünnschichtpolyamidmembran, 418
Doppelrumpf, 133 Duplex, 526
Doppelschlussschaltung, 460 Duplexverkehr, 526
Draggenanker, 680 Duplexweiche, 526
Draht, 159 Durchbiegung, 170
Drahtseilaufbau, 642 Durchbruchskurve, 575
Drahtseile, 434 Durchflussverfahren, 626
Drahtseilstropp, 152 Durchmesser, taktischer, 48
Drahttauwerk, 642 Durchmesseränderungen, 295
Drallsatz, 245 Durchsatzleistung, 550
Drehbeschleunigen, 424 Dynamik, 32
Drehkreisdurchmesser, 48 Grundgesetz, 45
Drehmoment, 219 dynamische Tragzahl, 307
Drehmomentenbeiwert, 290 dynamische Zähigkeit, 380
690 Stichwortverzeichnis

E Emulsionsspaltung, 618
ECA, 588 endotherme Reaktion, 485
ECDIS, 516 Energie
Echolot, 71, 72, 513 kinetische, 51
Eckventil, 659 mechanische, 51
ED, 426 Potenzielle, 51
EDiMot-Anlagen, 458 Enthalpie, 386, 485
effektiv, 237 Enthalpieinhalt, 485
effektive Leistung, 234, 235 Entkeimung, 603
effektiver Mitteldruck, 220, 238 Entöler, 622
Eigenfrequenz, 69 Entölersystem, 622
Eigensicherung, 499 Entschwefelung, 590
Einbau von Radialwellendichtringen, 327 Entsorgungskonzepte, 546
Einfachpoller, 166 Entspannungsverdampfer, 416
eingetragene Schadstoffmenge, 568 Entstehungsbrandphase, 488
einheitliches Entsorgungskonzept, 548 Entwurfsgleichung, 135
Einkanalanlage, 400 EPIRB, 520, 521
Einleitbedingungen für Schwarzwasser, 595 Equipment Number, 155
Einleitbedingungen von Schiffsabwässern, 541 Erdbeschleunigung, 38, 45
Einleiten von Abwässern, 541 erforderliche Adsorbensmenge, 565, 575
Einleitwerte, 612 erforderliche Füllmenge, 568
Einrumpffahrzeug, 133 erforderliche Verdichterleistung, 386
Einspeisungsstellen, 461 erforderliche Wärmetauscherfläche, 381
einzuhaltende Grenzwerte, 554 erforderlicher Massenstrom, 387
elastische Kupplungen, 310 Erregerfeld, 260
elastische Lagerung, 144 Erregung, 260
elastische Scheibenkupplung, 312 erreichbare Zellspannung, 267
Elastizitätsmodul, 60 Ersatzkraft, 3
elastohydrodynamischer Rückfördereffekt, 321 Escherichia-coli-Bakterium, 609
elektrische und mechanische Leistung, 256 Euler-Eytelwein-Formel, 28, 167
elektrochemische Desinfektion, 628 Euler-Gleichung, 60
elektrochemische Korrosion, 182 Eulersche Knicklast, 60
elektrochemische Spannungsreihe, 183 Euler’sche Turbinengleichung, 245, 247
Elektrodenfläche, 267 EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, 538
Elektrodieselaggregate, 458 EU-Richtlinien, 125
Elektromotoren, 253 EU-Verordnungen, 125
elektronische Seekarte, 513, 516 exotherme Reaktion, 485
Elementarladung, 268 Expositionsgrenzwerte und Auslösewerte für
Elongation, 63 Vibrationen, 142
Emergency Position-Indicating Radio Beacon,
520
Emissionen, Schiffsmüllverbrennungsanlagen, F
559 Faden, 158
emissionsbegrenzende Anforderungen, fäkalcoliforme Keime, 597
554–556 Fall
Emissionskontrollgebiete, 588 auf der geneigten Bahn, 39
empfohlene Strömungsgeschwindigkeit, 363 freier, 38
Emulsion, 615 Fallbeschleunigung, 45
Emulsionsbrechstufe, 618 Faraday-Konstante, 267
Stichwortverzeichnis 691

Faser, 158 Fluchtwegkennzeichnung, 508


Fasern, kanzerogene, 532 Fluchtwegrichtung, 507
Faserstäube, 532 Flugasche, 581
FCKW-Halon-Verbotsverordnung, 388 Flügelzahl, 289
FCKW-Kältemittel, 388 Flugstromadsorption, 561, 563, 585
Federkonstante, 147 Fluid, ideales, 91
Feder-Masse-Dämpfer, 67 Fluidgeschwindigkeit, 242
Federpendel, 62 Flunken, 151
Fehler, 114 Fluorchlorkohlenwasserstoffe, 388
statistischer, 115 Fluorkohlenwasserstoffe, 388
systematischer, 115 Flüssiggastanker, 447
Fehlerfortpflanzung, 118 Flüssigkeitsbrände, 500
Fehlerrechnung, 114 Flüssigkeitskühlsätze, 401
Fernglas, 104 Flüssigkeitsthermometer, 83
Fernrohr, 104, 105 Flussmittel, 413
Festbettadsorber, 577 Fokus, 102
Festbettadsorption, 561, 563 Förderarbeit, 438
Festbettverfahren, 606 Fördergeschwindigkeit, 438
feste Feuerlöschanlagen, 495 Förderhöhe, 50
feste Kupplungen, 310 Förderleistung, 438, 440
Festigkeitslehre, 55 Fördermenge, 347, 439
Festigkeitsverlust, 160 Fördermittel, 437
Festlager, 299 Fördervorgang einer Kreiselpumpe, 353
Festmachetrosse, 161 Form- oder Druckwiderstand, 201
feuerbeständig, 490 Formschluss, 311
feuerhemmend, 490 Formwiderstand, 204
Feuerlöschanlagen, 493 Fortschrittsgeschwindigkeit, 287
Feuerlöscheinrichtungen, 493 Fortschrittsgrad, 289
Feuerlöscher, 495 Fouling, 188
Feuerlöschleitungen, 494 Freibord, 140
Feuerlöschpumpen, 494 Freiborddeck, 139
Fiergeschwindigkeit, 478 Freibordmarke, 156
Filter, 398 freie Konvektion, 380
Filtrationsprozess, 628 freie Lüftung, 390
FKW, 388 Freifalleinrichtung, 478
Flachbrückengleichrichter, 465 Freifallrettungsboot, 9, 39
Flächenheizung, 413 Freifallrettungsboote, 481
Flächenschwerpunkt, 19 Frequenz, 64, 146
Flächenträgheitsmoment, 59, 60 Frequenzumrichter, 258–260
Flächenverhältnis, 289 Frischluftmenge, 394
Flachmembranen, 609 Frischluftmengenermittlung, 395
Flansche für Abflussanschlüsse, 601 Frischwasser, 414
Flanschverbindungen, 366 Frischwasseraufbereitung, 417
Flaschenzug, 14, 426 Frischwasserleitungssystem, 422
Flashover, 488 Frischwasserversorgung, 414
flexible Rohrverbindungen, 364 Froude-Rankine’sche Propellertheorie, 283
Fliehkraft, 46 Froude-Zahl, 97, 202
Fliehkraftabscheider, 580 Froud’sche Zahl, 206
Flucht- und Rettungsplan, 509 FSS-Code, 492
692 Stichwortverzeichnis

Füllgrad, 445 Gesetz zu dem Internationalen Freibord-­


Füllstandsalarm, 445 Übereinkommen, 636
Füllstandshöhe, 443 Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen
Füllstandsüberwachung, 443 von 1973 zur Verhütung der Meeresver-
Füllungsgrad, 439 schmutzung durch Schiffe und zu dem
Füllungsgrad Schneckenförderer, 440 Protokoll von 1978 zu diesem Überein-
Fußbodengestaltung, 194 kommen, 636
Fußbodenheizung, 413 gespeicherte Energie, 271
Gestaltung von Gleitlagern, 308
Getrennthaltung und Sortierung der
G ­Abfallfraktionen, 546
galvanische Opferanoden, 183 Getriebe, 294
galvanischen Trennung, 187 Gibbs-Helmholtz-Gleichung, 486
Gangway, 452 Gitterschwingung, 62
Garn, 158 Glättungskondensator, 466
Gas, 446 Gleichgewicht
Gasgesetz, ideales, 80 labiles, 20
Gaskonstante, 80 stabiles, 20
spezielle, 89 Gleichgewichtsbedingungen, 11
Gasturbinenanlage, 243 Gleichrichter, 465
Gasturbinenprozess, 251 Gleichstromapparat, 375
Gasturbogenerator, 459 Gleichstrombordnetz, 462
Gebotszeichen, 504 Gleichstromgenerator, 460
Gefährdungsbeurteilung, 475, 531 gleichwertige Rohrlänge, 363
Gefahrstoffverordnung, 532 Gleiter, 133, 207
Gefäßadsorber, 566 Gleitlager, 24, 300, 301
Gemischbildung, 226 Gleitreibbeiwert, 436
Generatorsatz, 253 Gleitreibung, 22
geodätischer Höhenverlust, 368 Gleitreibungsgrenze, 23
Geradengleichung, 576 Gleitreibungskoeffizient, 22, 167
Gesamtanodengewicht, 185 Gleitringdichtung, 319, 355
Gesamt-C-Abscheidung, 567 Global Maritime Distress and Safety System, 519
Gesamtdruckverlust, 584 Global Positioning System, 514
Gesamtförderhöhe, 347 GLRD, 319
Gesamtschutzstrombedarf, 187 Glutnestbildung, 586
Gesamtwirkungsgrad, 387 GMDSS, 519
Geschlagenes Tauwerk, 158 GPS, 514, 527
geschlossene Reling, 176 GPS-Signale, 513
Geschwindigkeitsdreiecke, 244 Graetz-Schaltung, 465
Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm Grashofzahl, 380
(v-t-Diagramm), 33 Grauwasser, 595
gesetzliche Unfallverhütung, 130 Grauwasseranfall, 598
gesetzliche Unfallversicherung, 477 Gravitationskraft, 46
Gesetz Grenzflächenreaktionen, 182
von Bernoulli, 94, 449 Grenzschlankheitsgrad, 61
von der Erhaltung der Energie, 51 Grobabscheidung, 620
von Gay-Lussac, 79, 502 Größe, vektorielle, 3
Stichwortverzeichnis 693

Größter Tiefgang, 140 Heizwert, 267


Grummets, 433 Helsinki-Übereinkommen, 538, 594
Grundgesetz, 125 Herkulestauwerk, 158
Grundgesetz der Dynamik, 45 HI-FOG-Anlage, 497
Grundsatzuntersuchung G 26, 499 HI-FOG-Brandschutzsystem, 498
Grundverfahren der Abwasserbehandlung, 603 High-Level-Alarme, 611
Gruppenrettungsmittel, 478 Highspeed-Craft, 128
Gullstrand-Formel, 104 Hilfsdiesel, 458
Gummipuffer, 148 hinteres Lot, 140
Gurtungsdeck, 139 Hinweiszeichen, 504
Gütegrad der Propulsion, 208 HL, 140
Gütezeichen RAL-GZ 388, 532 hochfeuerhemmend, 490
GW-/KW-Seefunkanlage, 522 Hochfrequenzübertragungstechnik, 524
Hogging, 342
Hoheitsgewässer, 130
H Hohlgeflecht, 159
Hafenauffanganlagen, 548 Hohlwellen, 295
Hafenauffangeinrichtung, 539 Hollandprofil, 340
Haftreibung, 22, 311 Hookesches Gesetz, 65
Haftreibungskoeffizient, 22, 167 Hook’sche Gesetz, 147
Hakenflaschen, 428 Hubarbeit, 52, 438
Hakenprüfbuch, 428 Hubvolumen, 220, 234
Hakensicherung, 428 Huygens’sches Prinzip, 73, 528
Hallanker, 151, 680 Hybridantrieb, 266, 268
Haltedruckhöhe, 354 Hybridkälteerzeugung, 401
Handfeuerlöscher, 493, 500 Hybridsystem zur Schwefelreinigung, 592
Hangabtriebskraft, 9 Hydranten, 494
Hangerkette, 274 hydraulische Wippwerke, 423
Härte der Wellenoberfläche, 323 hydraulischer Wirkungsgrad, 349
Hartlöten, 412 hydrodynamisches Drehmoment, 290
Häufigkeit, relative, 116 Hydrostatik, 75
Hauptabmessungen, 138
Hauptbrandabschnitte, 492
Hauptdeck, 138 I
Hauptfarben und Medien, 359 ideales Gasgesetz, 502
Hauptfeuerlöschpumpe, 494 Idealgasgleichung, 579
Hauptnetz, 462 IEC, 131
Hauptschalttafel, 462 IEP, 216
Hauptstromversorgung, 462 IEP-Antrieb, 216
HCl-Umsetzung, 569 IFEP, 216
Heat Release Rate, 488 ILO, 127
Hebebänder, 433 Immissionsschutzanforderungen, 554
Hebel, 12 IMO, 127
Hebelarm der Rollreibung, 28 Impuls, 54
Hebelgesetz, 12 Impulsänderung, 286
Heck, 138 Impulsmomentensatz, 245
Heckklappe, 442 indirektes Klimasystem, 402
Heckleine, 161 indizierte Leistung, 235
Heizer, 1, 122 indizierte Mitteldruck, 236
694 Stichwortverzeichnis

indizierte Pumpenleistung, 349 ISM, 473


indizierter Pumpendruck, 349 ISO, 131
Induktionsgesetz, 255 isobare Verbrennung, 224
Inertisierung des Adsorbers, 564 Isoliermaterialie, 531
Infrarotdetektion, 528, 529 Isolierung, 531
Inglefield-Anker, 151 ISPS, 473
INMARSAT, 521, 527 ISPS Code, 128
INMARSAT-Schiffserdfunkstelle, 522
Innenleistung, 235
Innenpolmaschine, 260, 459 J
Innenpolsynchronmotor, 260 Jockel, 459
innere Arbeit, 234 Joessel-Gleichung, 333
Installationsschema, 622
Instandsetzungsfähigkeit, 530
integrated electric propulsion, 216 K
integrated full electric propulsion, 216 k-Werte, 379
integrierte Schaltkreise, 470 Käfig, 255
intermittierende Fördermittel, 437 Kalkhydratmenge, 570
International Code for Fire Safety Systems, 492 Kaltdampfkälteanlage, 382
International Convention for the Safety of Life Kälteanlage, 383
at Sea, 127 Kältebedarf, 383
International Electrotechnical Commission, 131 Kältegrad, 387
International Labour Organisation, 127 Kälteleistung, 382
International Maritime Organisation, 127 Kältemittel, 385–388
International Organization for Standardization, Kältemittelverdichter, 401
131 Kälteprozess, 385
International Safety Management Code, 473 Kaltwassernetz, 401
International Ship and Port Facility Security Kardeel, 158
Code, 128, 473 Katamaran, 133
internationale Übereinkommen, 127 kathodische Hydroxylbildung, 183
internationale Übereinkommen zur Verhütung kathodischer Korrosionsschutz durch
der Meeresverschmutzung durch Schiffe, ­Fremdstrom, 185
128 Kavitationseigenschaften, 286
Internationaler Code für Brandsicherheitssys- Keil, 16
teme, 636 Keime, 422
Internationaler Code von 2000 für die Kenndaten des Synchronmotors, 261
­Sicherheit von Hochgeschwindigkeits- Kennlinie einer Kreiselpumpe, 353
fahrzeugen vom 05.12.2, 636 Kennzeichnung, 359
Internationaler Rettungsmittel-(LSA-)Code, Kennzeichnung von Rohrleitungen nach dem
635 Durchflussstoff, 357
Internationales Übereinkommen von 1974/1988 Kepler-Fernrohr, 104
zum Schutz des menschlichen Lebens Kern-Mantel-Geflecht, 159
auf See, 635 Kette, 152
Internationales Übereinkommen zum Schutz Kettenlänge, 153
des menschlichen Lebens auf See, 473 Kettennuss, 152
Internationales Übereinkommen zur Verhütung Kettenstopper, 152
der Meeresverschmutzung durch Schiffe, Kimm, 340
537 Kinematik, 33
isentrope Expansion, 224 Kinetik, 44
Stichwortverzeichnis 695

Kippmoment, 20 Kopfschlag, 166


Klassenzertifikat, 131 Korkbeläge, 193
Klassifizierung der Arbeitsschwere, 390 Körperfaktor, 361
Klemmenspannung, 107, 256 Körperschwerpunkt, 19
Klemmenstrom, 256 Korrosion, 182
Klemmleistung, 263 Korrosionsschutz, 183
Klimaanlage, 389, 399 Kraft, 3
Klimakühlgeräte, 401 Zerlegen, 8
Klimaschutz, 199 Kräfte am Segel, 273
Klüse, 161 Krafteck, 5, 427
KMF, 531 Krafteckverfahren, 427
Knicken von Druckstäben, 60 Kraftstoß, 54
Knicklänge, freie, 60 Kraftwirkungsgesetz, 45
Knickspannung, 61 Kragarm, 314
Knoten, 160 Krandrehzahl, 425
Koaleszensabscheidung, 620 Krängungsausgleich, 75
Koaleszenzabscheider, 615 Krängungsmesser, 514
Koaleszenzeinheit, 617 Krantragwerke, 424
Koaleszenzstufe, 617 Kreisbewegung (Rotation), 36, 47
Koaleszenzverfahren, 614 Kreiselpumpe, 346, 351
Kolbenarbeit, 234 Kreisfrequenz, 146
Kolbendruck, 77 Kreislaufwirtschaftsgesetz, 539
Kolbenfläche, 232 kritischer Punkt, 386
Kolbengeschwindigkeit, 221, 235 Kugelhahn, 659
Kolbenpumpe, 345, 348 Kuhfuß, 12
Kolbenweg, 235 Kühlleistung, 383
kollektive Rettungsmittel, 478 Kühlraumkälteleistung, 384
Kollisionsschott, 52 Kühlwassermenge, 580
Kollisionsverhütungsregeln, 127, 128, 517 Kunstfasern, 159
Kombinationszeichen, 504 Kunstfasertauwerk, 642
Kommutator, 262, 460 Kupfer- und Eisenverluste, 262
Kompaktoren, 546 Kupplungsart, 313
Kompass, 513 Kurse zum Wind, 272
Kompensatoren, 364 Kurzhuber, 239
Kompressibilität, 78 KVR, 127, 128
Kompressionskälteanlage, 382, 383 KWL, 140
Kondensationsenthalpie, 268
Konkavlinse, 101
Konstruktionsbreite, 140 L
Konstruktionstiefgang, 140 LAD, 140
Konstruktionswasserlinie, 140 Laderate, 445
Konti-Gleichung, 245, 370, 450 Laderäume, 189
kontinuierliche Lüftung, 391 Laderaumleitern, 168
Kontinuitätsgleichung, 93, 244, 367 Ladespannung, 270
Kontraktionszahl, 370 Ladung, elektrische, 68, 106
konventionelle aerobe Belebungsanlagen, 603 Ladungsmenge, 106
Konvexlinse, 101 Lageenergie, 51
Konzentrationsverlauf, 574 Lagerabstand, 300
Kopfleine, 161 Lagerböcke, 302
696 Stichwortverzeichnis

Lagerreaktionen, 313 lenzbare Abteilung, 512


Lagerspiel, 302 Lenzbrunnen, 510
Lagerstellen, 295 Lenzpumpe, 345, 510
laminar, 203 Lenzrohrdurchmesser, 512
laminare Strömung, 203, 364, 379, 380 Lenzsysteme, 511
Landstromkabel, 461 Leuchtweite, 519
Länge, charakteristische, 97 lg-p-h-Diagramm, 386
Länge der Antenne, 523 Licht, 98
Länge über alles, 140 Lichtquelle, 98
Länge zwischen den Loten, 136, 140 Lichtstrahlen, 98
Längenänderung, 364 Liefergrad, 349, 350
Längenänderung Antriebswelle, 299 lineare Interpolation, 164
Längenausdehnung, 85 Linse
Längenausdehnungskoeffizient, 83, 86, 299 asphärische, 103
Langhuber, 239 sphärische, 103
Langsamläufer, 223, 279 Linsenarten, 101
Längsseitsfestmachen, 161 Linsengleichung, 104
Längswelle, 70 Lippendichtungen, 321, 324
Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverord- Liquefied Natural Gas, 593
nung, 142 LNG (liquefied natural gas), 79, 240
Lastanschlagfaktoren, 435 LNG-Hybrid-Barge, 462
Lastaufnahmemittel, 428, 432 LNG-Tanker, 446
Lasthaken, 428 Log, 514
Lateralfläche, 48 Lokalelement, 182
Lateralplan, 48 Longitudinalwelle, 70
Laternen, 517 Löschschaum, 500
laufende Gut, 157 Löschtrupps, 499
Laufrad, 243, 351, 352 Loslager, 299
Leakproof-System, 326 Löten, 412
Lebensdauer, 307 Lötstelle, 413
Lebensdauerfaktor, 306 LPG (liquefied petroleum gas), 79
Leckschlagen, 510 LPP, 140
Lecküberwachung, 325 LÜA, 140
Legionellenbildung, 420 Luftbedarf, 394
Leinen, 157 Luftentfeuchter, 399
Leistung, 49, 347 Lüfterleistung, 397
elektrische, 107 Luftkühler, 399
Leistungserzeuger, 197 Luftpendelleitung, 341
Leistungsfaktor, 110, 256, 261, 263 Luftspeichermotor, 227
Leistungskennzahl, 406 Luftüberschusszahl, 558
Leitbleche, 373 Luftverbrauch, 503
Leiteinrichtung, 352 Luftvorwärmer, 399
Leiter, 170 Luftwechselrate, 395
Leitern auf Schiffen, 169 Luftwiderstand, 201
Leitgitter, 243 Luvseite, 273
Leitschaufeln, 243 LWL, 140
Leitstand, schiffstechnischer, 2 LWR, 395
Leitungs- oder Antriebswelle, 293 LZDL, 140
Stichwortverzeichnis 697

M Messunsicherheit, 114
Manifold, 443 Messwert, 114
Manifoldkran, 443 metazentrische Höhe, 136
MAN-M-Verfahren, 228 Metazentrum, 136
manometrische Förderhöhe, 346 Mikro- und Nanofiltration, 612
Marine Environmental Protection Committee, Mindestanzahl Rettungsringe, 482
537 Mindestbruchfestigkeit, 162
Marine Pollution – International Convention for Mindestbruchkraft, 162
the Prevention of Pollution from Ships, Mindestfördermenge, 511
127, 128 Mindestlichtstärken, 519
Marinediesel, 590 Mindestluftrate, 394
Maritime Equipment Directive – MED, 129 Mindesttragweite, 519
maritimer Umweltschutz, 128, 477 Mindestwerte der Lufttemperatur, 390
MARPOL, 127, 130, 537 Mineralfasern, künstliche, 531
MARPOL-Abkommen, 128 Mineralwolle, 532
MARPOL Annex IV, 541 Mischkammer, 398
MARPOL Annex V, 542 Mitteldruck, 220
MARPOL-Übereinkommen, 594 Mittelkugel, 228
Massenstrom, 385 Mittelschaumrohr, 501
maximale Ausgangsleistung, 522 Mittelschnellläufer, 223
maximale relative Luftfeuchtigkeit, 391 Mittelschnellläufer-4-Takt-Dieselmotoren, 280
MBR-Anlage, 610 Mittelwert, 116
MBR-Verfahren, 608, 609 arithmetischer, 116
Mechanik, 2 mittlere Kolbengeschwindigkeit, 238
goldene Regel, 12 Modulationsarten, 524
mechanisch, 235 Modulationsverfahren, 526
mechanisch-biologischen Abwasserbehandlung molare Massen, 569
mit Desinfektionsstufe, 605 Molekülschwingung, 62
mechanische Behandlung mit Desinfektion, Molmassen, 569
604 Momentennullpunkte, 317
mechanische Leistung, 262 Momentensatz, 18
mechanische Separationsstufe, 626 Montagehülse, 327
mechanische Vorbehandlung, 603 Motor, 217, 235
mechanischer Wirkungsgrad, 349 Motorkennlinie, 220
mechanisches Drehmoment, 265 Motormoment, 424
Meeres- und Küstenschutz, 594 Motornennleistung, 426
Meeresumweltschutz, 537 Motorrettungsboot, 480
Mehrkomponentenadsorption, 567 Müllkompaktor, 547
mehrschichtige Wand, 377 Mülllagerung, 548
Mehrschraubenschiffe, 293
Membranbioreaktoren, 603
Membranfilterstufe, 606 N
Membranfiltration, 608 Nachheizung, 400
Membrantank, 608 Nachstrom, 285
MEPC.76(40), 552 Nachstromziffer, 288
MEPC.107(49), 613 Nageleisen, 12
MEPC.227(64), 596 Nanokompositlacke, 189
Messabweichung, 115 Nanopartikel, 189
Messfehler, 115 Nassrohrsysteme, 498
698 Stichwortverzeichnis

Nassverfahren, 559 Oszillator, 62


Natriumthiosulfat, 612 elektromagnetischer, 68
Naturfasertauwerk, 159, 642 Ozondesinfektion, 627
Navigationskoeffizient, 334 Ozonisierung, 603
Navigationslichter, 517
NAVTEX-Empfänger, 521
Nebenschlussschaltung, 460 P
Nenndruck, 356 Parabel, 41
Nennleistung, 217 Parallaxefehler, 115
Nennweite, 356 Parallelschaltung, 470
Net-Positive-Suction-Head, 354 Passschrauben, 311
Newtonsches Bewegungsgesetz Patentanker, 151, 680
erstes (Trägheitssatz), 44 Periode (Schwingungsdauer), 68
zweites, 45 periodische Schwingung, 146
nichtintegrierte Fundamente, 143 permanentmagneterregte Synchronmaschine,
nomineller Slip, 284 261
Normalanker, 679 Persönliche Schutzausrüstung (PSA), 533
Normalkraft, 55, 56 Pfahlzug, 5, 8, 163
Normen Elektromotoren, 254 Pflugscharanker, 681
Normenstelle Schiffs- und Meerestechnik, 131 PGI-Verfahren, 241
notified body, 129 Phase, 467
Notnetz, 462 Phasengrenzschicht, 615
Notstromversorgung, 462 Phasentrennung, 615
Notwendige Vorspannkraft, 436 Phasenverschiebung, 108, 257, 264
NOx-Emissionsgrenzwerte, 587 Phasenwinkel, 146
NOx-Reduzierung, 587 pH-Wert, 597
NPSH-Wert, 354 physikalische Aufbereitung, 626
NSMT, 131 Physisorption, 566
Nullleiter, 468 Pilzanker, 681
Nullpunkt, absoluter, 82 Pinta, 272
Nußelt-Zahl, 379 pitch, 280, 284
nutzbare Energie, 271 Plattenanker, 680
Nutzförderhöhe, 345 Plattenpaket, 374
Nutzleistung, 235 Plattenverdampfer, 416
Plattenwärmetauscher, 580
Plungerraum, 230
O POD-Antrieb, 216
Oberdeck, 138 Poller, 161
offene Reling, 177 Polpaare, 256
offener Joule-Prozess, 242 Polradwinkel, 260
oleophile Oberfläche, 620 Polwendeschaltung, 263
Ölschmierung, 300 Positionslaternen, 517
Öl-Wasser-Emulsion, 615 Prandtl-Zahl, 380
Operationszentrale, 396 Presse, hydraulische, 78
Opferanode, 184, 189 Prismenfernglas, 105
Optik, 98 Propeller-Slip-Diagramme, 285
OPZ, 396 Propellerkreisfläche, 283
Osmose, 417 Propellerschub, 287
OSPAR-Übereinkommen, 538, 594 Propellertheorie, 280, 281
Stichwortverzeichnis 699

Propellerwelle, 293 Rauchgasreinigungseinrichtungen für


Propellerzahl, 289 ­Schiffsmüllverbrennungsanlagen, 560
Proportionalitätsfaktor, 360, 584 Rauchgasvolumenstrom, 579
Propulsionsprognose, 288 Rauchmelder, 493
Propulsionswirkungsgrad, 287 Rauigkeit, 360, 362
PSM, 261 Rauigkeitswerte, 361
pulsierende Gleichspannung, 465 Raumheizung, 404
Pulswechselrichter, 258 raumlufttechnische Anlagen, 392
Pulverbeschichtung, 188 Raumtemperatur, 389, 403
Pumpe, 50 Raumthermostat, 410
Pumpe-Düse-System, 229 Rauschen, 516
Pumpenleistung, 368 Rauschunterdrückung, 516
Pumpenmotor, 347 Rautiefen, 295
PVC-Beläge mit Noppenstruktur, 193 REA-Gips, 570, 574
Reaktanten, 266
Reaktionsenthalpie, 267
Q Reaktionsgeschwindigkeit, 486
Quadratgeflecht, 158 Reaktionsgleichung, 570, 574
Quadrathuber, 239 Reck, 14
Quarzglaslampen, 630 Reflexion, 72
quasioptische Reichweite, 523 gerichtete, 99
Quasitrockenverfahren, 559 Reflexionsgesetz, 72, 99
Quenschen, 558 Refraktor, 104
Querkraft, 55, 56 Regel D-1, 624, 625
Querleine, 161 Regel D-2, 624, 625
Querstromfiltration, 609 Regeln zur Brandbekämpfung, 500
Querwelle, 70 Reibleistung, 25, 324
Reibleistungsverlust, 323
Reibmoment, 324
R Reibung, 21
R-Gruppe, 191 innere, 95
R404A, 388 Reibungskoeffizient, 22
R410A, 388 Reibungskraft, 28
radarabsorbierende Materialien, 528 Reibungswiderstand, 200–202
Radarantenne, 515 Reibungszahl, 22
Radarecho, 515 Reihenschaltung von Spannungsquellen, 270
Radargeräte, 515 Reihenschlussschaltung, 460
Radartransponder, 521 Reinigung und Desinfektion des Frischwasser-
Radialbeschleunigung, 46 leitungssystems, 422
Radialkraft, 45 Rekuperator, 242
Radialwellendichtring, 319 relative Einschaltdauer, 426
Rah, 274 Relativgeschwindigkeit, 201
Rahsegel, 271 Relinghöhe, 178
Randfaserspannung, 430 Relingstütze, 179
RAS-Baum, 447, 451 Remote Control, 233
RAS-Manöver, 448, 449, 451 Replenishment at Sea, 447
Rauchgaskühlung, 558, 562, 578 Resonanz, 149
Rauchgasreinigung, 560, 585 Restmüll, 547
700 Stichwortverzeichnis

Resultierende, 3 Ruderprofile, 335


Rettungsboot, 478 Ruderprofilfaktor, 336
Rettungsflöße, 478 Ruderwirkung, 333
Rettungsinseln, 478 Rumpfgeschwindigkeit, 207
Rettungswesten, 481 Rundschlingen, 433
Rettungszeichen, 504 Rundsichtradarbild, 516
Reynoldssches Ähnlichkeitsgesetz, 97 rutschfeste Decksausführungen, 192
Reynolds-Zahl, 97, 203, 210, 361, 368, 379, Rutschfestigkeitskennzahl, 191
582 Rutschhemmung, 191
Richtlinie 96/98/EG, 129 Rutschsicherheit, 190
Richtlinie 2000/59/EG, 538 RWDR, 321
Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen, 538
Riffelblech, 193
Rigg, 273 S
Rissbildungen, 143 Sagging, 342
RLT-Anlagen, 392 Sammellinse, 102
Rohgasbeladung, 560, 581 Sammelschiene, 462
Rohrboden, 373 SART, 520
Rohrbögen, 657 Satellitenseenotfunkbaken, 520
Rohrbündel, 372 Saughöhe, 344
Rohrbündelwärmetauscher, 372 Saugventil, 355
Röhren, kommunizierende, 75 Schäkel, 152
Rohrfläche, 378 Schalenkupplung, 311
Rohrkennzeichnung, 358 Schallschutz, 190
Rohrleitungen, 359 schaltbare Kupplungen, 309
Rohrmembranen, 609 Schaltplan, 106
Rohrnetzkennlinie, 353 Schaltung, 469
Rohrreibungsdiagramm, 360 Schaltung zur Temperaturüberwachung, 470
Rohrreibungsverluste, 368 Schaltzeichen, 106
Rohrreibungszahl, 583 Schanzkleid, 177
Rohrverbindungen, 364 Schaumangriff, 500
Rollbewegung, 340 Schaumbildung, 611
Rolle Scheibenkupplung, 311
feste, 13 scheinbarer Slip, 285
lose, 13 Scheinleistung, 108, 110, 256
Rollreibung, 26 Scheinleitwert, 113
Rollreibungskoeffizient, 26 Scheinwiderstand, 111, 113
Rollwiderstand, 26 Schenkelpolmotor, 261
Rollwiderstandsbeiwert, 26 Scherspannung, 57
Rollwiderstandskoeffizient, 26 Schiffsabfälle, 539
Rostbildung, 183 Schiffsabwässer, 594
Rotation (Kreisbewegung), 36, 45 Schiffsausrüstungsrichtlinie, 129, 635
Rotationsbewegung, 33 Schiffsbesetzungsverordnung, 635
Ruderanordnungsfaktor, 336 Schiffsdiesel, 232
Ruderfläche, 338 Schiffskläranlage, 602
Ruderkraft, 333, 338 Schiffskörper, 133
Ruderlageanzeiger, 514 Schiffsmüllverbrennungsanlage, 550
Rudermaschinen, 336 Schiffsmüllzusammensetzung, 551
Rudermoment, 336 Schiffssicherheit, 127, 477
Stichwortverzeichnis 701

Schiffssicherheitsgesetz (SchSG), 130, 474, Schwerpunktsexzentrizität, 148


635 Schwingbelastung, 143
Schiffssicherheitsverordnung (SchSV), 130, Schwingbeschleunigung, 142, 147
474, 635 Schwinggeschwindigkeit, 147
schiffstechnischer Leitstand, 123 Schwingkreis, elektrischer, 68
Schiffstechnischer Offizier (STO), 1, 122 Schwingstärken, 640
Schirmanker, 681 Schwingung, 62
Schlankheitsgrad, 61 elektromagnetische, 62, 68
Schlepper, 5 harmonische, 63, 65
Schlepptrosse, 161 lineare, 64
Schleppwiderstand, 202 mechanische, 62
Schlupf, 14, 256 Schwingungen, 142
Schlusslinienverfahren, 7 Schwingungsdämpfer, 67, 143
Schmierung der Lager, 300 Schwingungsdauer (Periode), 68
Schneckenförderer, 439 Schwingungsgleichung, 64
Schneckenwelle, 441 Thomson’sche, 68
Schneidringverschraubungen, 366 Schwungrad, 37
Schnellläufer, 223, 280 Schwungscheibe, 37
Schornstein, 139 SCR-Katalysator, 588
schräger Wurf, 369 SCR-Verfahren, 588
Schrägsitzventil, 658 Scrubber, 591
Schratsegel, 271 Search-and-Rescue-Radartransponder, 520
Schredder, 546 Seefahrtschule, 1, 121
schricken, 165 Seekarte, 516
Schub, 281 Seemannsknoten, 160
Schubmodul, 59 Seenot- und Anrufkanal, 523
Schubspannung, 57 See-Umweltverhaltensverordnung, 542, 596
Schubverlust, 292 Seewasserverdampfer, 415
Schubzahl, 288 Segelfläche, 277
Schutz gegen Absturz, 170 Seil, 158
Schutzkontakt, 468 Seileckverfahren, 6
Schutzleiter, 467 Seilfestigkeitsklasse, 162
Schutzstrom, 184 Seilreibung, 28, 167
Schutzstromdichte, 185 Seilreibungsformel, 28, 167
Schutzstromdichte für Seilwippwerk, 423
­Fremdstromschutzanlagen, 187 Seitenbeplattung, 139
Schutzstromgeräte, 186 Seitenhöhe, 140
Schwanzwelle, 293 Seitenkanalpumpe, 351
Schwarzwasser, 595 Seitenverhältnis des Ruders, 334
Schwarzwasseranfall, 598 selbstansaugende Lenzpumpen, 512
Schwefelgehalt im Treibstoff, 590 Selbstinduktionsstrom, 112
Schwefeloxidemissionen, 587 Selbststeueranlagen, 513
Schwelbrandphase, 488 Self Polishing Copolymer, 188
Schwerebeschleunigung, 45 Sensorik, 528
Schweredruck, 76 sequenzieller Ballastwasseraustausch, 626
Schwerkraftabscheidung, 614, 620 Shell Plating Coefficiant, 135
Schwerkrafttrennstufe, 617 Sicherheit auf See, 130
Schweröl, 223 Sicherheit gegen Knicken, 60
Schwerpunkt, 18, 135 Sicherheitskältemittel, 388
702 Stichwortverzeichnis

Sicherheitskennzeichnung am Arbeitsplatz, 506 Standsicherheit, 21


Sicherheitsnetz, 452 Standzeit, 576
Sicherheitsstandards von Schiffen, 130 starre Kupplungen, 310
Sicherheitsvorschriften, 473 Statik, 3
Sicherheitszeichen, 504 Statik des Wellensystems, 314
Siebfilter, 627 statisch bestimmt, 313
Signaturreduzierung, 268 statisch unbestimmt, 313
Silicone Fouling Release Coatings, 189 statische Aspekte, 313
Simmerring, 321 statischer Drucksprung, 286
Simplex, 526 statisches System, 315
Simplex-Compact 2, 325 Statordrehfeld, 260
SIMPLEX-System, 325 Staubmenge, 581
Skew-Back-Propeller, 286 Stauchung, 59
Slip, 284 Staudruck, 94, 449
SLS, 506 s-t-Diagramm s. Weg-Zeit-Diagramm
Small Waterplane Area Twin Hull, 133 Stealth-Bauweise, 528
SO2-Umsetzung, 570 Steckpumpe, 229
SOLAS, 127, 130, 473, 484, 635 Stegketten, 154
SOLAS-Übereinkommen, 127 stehendes Gut, 157
Sonar, 72 Steigleitern auf Schiffen, 169
Sonaranlage, 72 Steigung, 284, 285
Sonardom, 513 Steigungsverhältnis, 285, 290
Sonargerät, 513 Steke, 160
Sondergebiet, 541 Stelling, 452
Spaltdichtungen, 319 Stern-Dreieck-Anlassschaltung, 258
Spanngurte, 435 Stern-Dreieck-Schaltung, 258
Spannung, 55 Stetigförderer, 437
Spannungsabfall, 107 Steuerbord, 138
Spannungsenergie, 53 Steuerkräfte, 331
Spektiv, 105 Steuerradzeichen, 481
spezifische Rohrlänge, 583 Steuerwirkung, 331
spezifische Schaufelarbeit, 247 Stevenrohr, 293, 319
spezifischer Brennstoffverbrauch, 238 Stevenrohrabdichtung, 293
Spinnaker, 271 Stevenrohrabdichtungssystem, 327
Spiralgehäuse, 351 Stevenrohrlager, 313
Spitzenbelastungen, 611 Stichprobe, 116
Sprühfilmverdampfer, 416 Stichprobenfehler, 117
Sprühflutsystem, 498 Stick-Slip-Effekt, 23
Squareline, 158 STO, 122
Stabilität von Wasserfahrzeugen, 136 Stockanker, 679
Stabkräfte, 427 Stock- oder Admiralitätsanker, 152
Stack, 267 Stoffmenge, 371
Stahlketten, 434 Stopfbuchse, 319
Standardabweichung, 116, 117 Störungen, 610
Stand der Technik, 555 Störungsmatrix Bilgenwasserentöler, 620
Ständerspannung, 261 Störungsmatrix für Pumpen, 355
Ständerstrom, 261 Störungsursachenklärung, 327
Standfestigkeit, 20 Stoßlüftung, 391
Standmoment, 20 Strahlrohr, 368, 494
Stichwortverzeichnis 703

Strahltheorie, 283, 286 Temperaturdifferenz, 376


Strom, elektrischer, 106 Temperaturmessung, 83
Stromfadentheorie, 244 Temperaturunterschied, 371
Stromrichtung, 106 Temperaturverlauf, 407
Strömung, 91 Temperaturwächter, 471
laminare, 91, 95 Terrorismusgefahr, 128
turbulente, 91 theoretische Förderhöhe, 344
Strömungsablösung, 203 theoretische Fortschrittsgeschwindigkeit, 284
Strömungsführung, 374 theoretisches Fördervolumen, 348, 350
Strömungspumpen, 344 thermische Behandlung, 627
Strömungswiderstand, 96 Thermoelement, 84
Stromwender, 262, 460 Thermospannung, 84
Stützmomente, 316 Thermostatventile, 410
SWATH, 133 Thomson’sche Schwingungsgleichung, 68
Synchronmotor, 265 Torsionsbeanspruchung, 55
System Torsionsbelastung, 222
statisch bestimmtes, 3 Torsionsmoment, 55, 57
statisch unbestimmtes, 3 Torsionsspannung, 57, 222
Trafostationen, 461
tragbare Löschgeräte, 494
T Träger, 69
Takelage, 273 Tragflügel, 340
Talje, 14 Trägheit, 44
Tankheizung, 409 Trägheitsradius, 61
Tankschiffe, 359 Tragmittel, 432
Tarnkappenbauweise, 528 Tragzapfenreibung, 24
Tätigkeit, gefahrenrelevante, 531 Translation, 33
tatsächliche Fortschrittsgeschwindigkeit, 284 gleichförmige, 33
tatsächlicher Volumenstrom, 350 gleichmäßig beschleunigte, 34
tatsächliches Fördervolumen, 349 Transversalwelle, 70
Tauchrohrgeschwindigkeit, 583 Trennwand, 371
Tauchrohrverdampfer, 416 TRGS 905, 532
Tauwerk, 158 Tributylzinnhydrid, 188
Tauwerksarten, 159 Trimaran, 133
Taylorreihe, 118 Trinkwarmwasserbereitung, 404
TBS-Belag, 193 Trinkwasser, 414
TBT, 188 Trinkwassersystem, 420
Teakdeck, 190 Trinkwassertank, 421
Technische/r Schiffsoffizier/in, 1 Trinkwasserverordnung, 421
technische Mindestanforderungen, 556 Trinkwasserversorgung, 414
Technische Regel für Arbeitsstätten – Fußbö- Trittsicherheit, 190
den (ASR A1.5/1,2), 191 trockene Entschwefelungsanlagen, 591
Technische Regeln für Bau und Ausrüstung von Trockensprinklersysteme, 498
Unterkunftsräumen auf Seeschiffen, 636 Trockenverfahren, 559
technische Regelwerke, 126 Tropföler, 300
Technischer Schiffsoffizier, 121 Trosse, 158
Technischer Wachoffizier, 121 T-s-Diagramm, 251
Teilchenmodell, 79 Turbinenanlage, 241
Temperatur, 82 Turbinenleistung, 245
704 Stichwortverzeichnis

Turbogeneratorsätze, 458 V
turbulent, 203 Vakuumtoiletten, 598
turbulente Strömung, 364, 380 Varianz, 116, 117
VDE, 131
VDE 0100, 457
U VDI, 131
Übereinkommen über Sammlung, Abgabe und Vektoraddition, 163
Annahme von Abfällen in der Rhein- Venturi-Düse, 449
und Binnenschifffahrt, 539 Verband der Elektrotechnik Elektronik Infor-
Übereinkommen zum Schutz der Meeresum- mationstechnik e. V., 131
welt des Nordostatlantiks, 538 Verbotszeichen, 504
Übergangsregel B-3, 624 Verbrennungsdreieck, 487
Übergehen der Ladung, 340 Verdampfer, 382
Überlaufkanal, 341 Verdampferleistung, 385
Übertragungsarten, 526 Verdichter, 387
Übertragungsrate, 526 Verdichterantriebsleistung, 387
U-Boote, 266 Verdichterarbeit, 386
U-Jagdschiff, 513 Verdränger, 133, 207
UKW-DSC-Seefunkanlage, 521 Verdrängerfahrt, 205
UKW-DSC-Wachempfänger, 521 Verdrängerpumpen, 344
UKW-Funkantenne, 523 Verdrängung des Schiffes auf Spanten, 140
UKW-Handsprechfunkgerät, 521 Verdrängungsgewicht, 135
Ultrafiltrationsmembranen, 609 Verdrängungsvolumen, 135
Ultrakurzwellen, 523 Verdrehwinkel, 59
Ultraschalldesinfektion, 627 Verdünnungsverfahren, 626
Umkehrlinse, 105 Verein Deutscher Ingenieure, 131
Umkehrosmoseanlagen, 417, 603 Verflüssiger, 382
Umkehrosmosemembran, 418 Verflüssigung, 387, 446
Umlaufschmiersysteme, 300 Verformungsarbeit, 52
Umschlingungswinkel, 167 Vergleichsprozess, 385
Umsteuern, 294 Vergrößerung, 105
Umsteuerung des Motors, 279 Verkeimungen des Trinkwassers, 421
Umweltschutz, 130 Verkettungsfaktor, 261
Underway Replenishment, 447 Verlusthöhe, 346
Unfallverhütungsvorschriften, 130, 477, 635 Vernebelungsanlagen, 498
Unfallverhütungsvorschrift (UVV See), 126 Verordnung über die Krankenfürsorge auf
Ungenauigkeit, 116 Kauffahrteischiffen, 636
UNREP, 447 Verordnung über die Unterbringung der
unterer Heizwert, 237 ­Besatzungsmitglieder an Bord von
Unwucht, 149 ­Kauffahrteischiffen, 636
Urspannung, 107 Verordnung zu den Internationalen Regeln von
UV-Bestrahlung, 626 1972 zur Verhütung von Zusammenstö-
UV-Desinfektion, 630 ßen auf See, 130
UV-Lampen, 627 Verordnungen, 125
UV-Licht, 630 Verschiebewiderstand, 441
UV-Licht-Behandlung, 603 Verstellpropeller, 280, 281
UV-Reaktoreinheit, 630 Verteilerkammer, 400
UVV See, 126, 477 Verwaltungsvorschriften, 125
U-Wert, 407 Verwundbarkeit, 530
Stichwortverzeichnis 705

Verzerrung, 59 Wärmeübergangskoeffizient, 378, 381, 408


Verzögerung, 34 Wärmeübergangszahl, 377
Vielstoffmotoren, 228 Wärmeübertrager, 372
Viermastbark, 649 Wärmeübertragungsfläche, 375, 376, 580
Viertaktmotor, 220, 235 Wärmeverlust, 378
Viskosität, 95 Warmwasserspeicher, 404
dynamische, 95 Warmwassersystem, 420
kinematische, 95 Warnzeichen, 504
VL, 140 Wäscher, 591
Voith-Schneider-Propeller, 278 Wasserabscheider, 399
völkerrechtliche Regelungen, 126 Wasserdruckauslöser, 479
Vollpolmotor, 261 Wassereinbruch, 510
Volumenausdehnung, 87 Wasserhaushaltsgesetz, 539, 594
volumetrischer Wirkungsgrad, 349, 350 Wasserrahmenrichtlinie, 594
vorderes Lot, 140 Wassersprinkleranlagen, 496
Vorkammerverfahren, 226 Wasserstrahlantrieb, 277
Vorleinen, 161 Wasservernebelungsanlagen, 496
Vorpiek, 52 Weg-Zeit-Diagramm (s-t-Diagramm), 33
Vorschweißflansch, 366 Weichlöten, 412
Vorspring, 161, 165 Welle, 70
Vortriebskraft, 273, 276 elektromagnetische, 70
v-t-Diagramm s. Geschwindigkeits-Zeit-­ mechanische, 70
Diagramm Wellenabdichtung, 355
Wellendichtung, 355
Wellengenerator, 458, 459
W Wellengleichung, 72
Wahl der Kupplungen, 313 Wellenkupplungen, 293
Wälzfläche, 25 Wellenlänge, 71, 205, 524
Wälzkörper, 25 Wellenlauffläche, 323
Wälzlager, 300, 302 Wellenoberfläche, 323
Wandreibung für Rohre, 360 Wellenwiderstand, 201, 204, 206
Wärme, 82 Weltgüterhandel, 198
Wärme- und Geräuschabstrahlung, 269 Welthandelsflotte, V, VII
Wärmeabgabe von Personen, 385 Wendeschützschaltung, 259
Wärmeaustauschfläche, 376 WHG, 594
Wärmebedarf, 404 Widerstand
Wärmedurchgang, 376 elektrischer, 110
Wärmedurchgangskoeffizient, 372, 407 induktiver, 112
Wärmeenergie, 82, 88 kapazitiver, 112
Wärmefreisetzungsrate, 488 ohmscher, 111
Wärmeisolierung, 190 Widerstand eines Leiters, 111
Wärmekapazität, 371, 384 Widerstandsbeiwert, 96, 201, 361, 582
Wärmekapazität, spezifische, 89 Widerstandskraft, 200
Wärmelehre, 82 Widerstandsmoment, 57, 431
Wärmeleistung zu Heizzwecken, 406 Widerstandsthermometer, 83
Wärmeleitfähigkeit, 377 Widerstandszahl, 361
Wärmemenge, 88, 371 Windhutzen, 390
Wärmetauscher, 371 Windmesser, 514
Wärmetauscherwand, 371 Winkelbeschleunigung, 36
706 Stichwortverzeichnis

Winkelgeschwindigkeit, 36, 146 Zenerdioden, 466


Winkelhebel, 12 Zentralgerät, 398
Winkelrichtgröße, 65 Zentrifugalkraft, 46
Wippwerk, 77, 422 Zentrifugalpumpe, 351
Wirbelkammereinspritzung, 227 Zentripetalbeschleunigung, 46
Wirbelkammermotor, 227 Zentripetalkraft, 45
Wirkleistung, 108, 256, 263 Zerlegen von Kräften, 8
Wirkleistungsfaktor, 110, 256 Zinnbutyl, 188
Wirkleitwert, 113 Zufallsfehler, 115
Wirkungsfaktor, 263 zugeführte Wärmemenge, 252
Wirkungsgrad, 235, 237, 289 Zugspannung, 56, 430
thermischer, 252 Zugspannungsverteilung, 430
Wirkwiderstand, 111 zulässige Betriebsdrücke, 356
WLL, 433 Zulassungskennzeichnung, 518
Working Load Limit, 433 Zuluftparameter, 398
Wulstbug, 199 Zumischer, 500
Wurf, 41 Zündtemperatur, 486
schräger, 42 Zündungsart, 224
waagerechter, 41 Zündzeitpunkt, 231
Wurfbahn, 41 zusammengesetzte Normalspannung, 432
Wurfleine, 43 zusammengesetzte Spannungsverteilung, 432
Wurfparabel, 41 zusätzliche Widerstandsanteile, 201
Wurfweite, 368 Zusatzpumpe, 494
Wurfweite Feuerlöschmonitor, 369 Zusatzzeichen, 504
Zustandsgleichung für ideale Gase, 247
Zustandsgröße, 80
Z Zweikanalanlage, 400
Zähflüssigkeit, 95 Zwei-Komponenten-Epoxidharz-Beschichtung,
Zähigkeitswiderstand, 202 189
Zahnradpumpe, 349 Zweitaktmotor, 219, 235
Zapfenreibung, 24 Zyklon, 583
Zapfstellenwärmebedarf, 405 Zyklonentstaubung, 580
Zellradschleuse, 581 Zylinderinnendruck, 236

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