VIII
Handbuch
Verbrennungsmotor
Grundlagen · Komponenten ·
Systeme · Perspektiven
7. Auflage
ATZ/MTZ-Fachbuch
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Richard van Basshuysen Fred Schäfer
Herausgeber
Handbuch
Verbrennungsmotor
Grundlagen, Komponenten, Systeme,
Perspektiven
Mit1804Abbildungenundmehrals1400Literaturstellen
Herausgeber
Richard van Basshuysen Fred Schäfer
Bad Wimpfen, Deutschland Hamm, Deutschland
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V
Die Komplexität, die heute einen modernen Verbrennungsmotor ausmacht, ist sicherlich einer der Gründe dafür,
dass ein Einzelner nicht mehr in der Lage ist, alle wichtigen Zusammenhänge in ihrer Tiefe umfassend darzustel-
len. Vielleicht ist das auch mit ein Grund dafür, dass es bisher weltweit überraschenderweise keine Gesamtdar-
stellung zu diesem Thema gibt. Eine Vielzahl von Fachbüchern beschäftigt sich zwar mit Teilaspekten des
Verbrennungsmotors; es fehlte jedoch ein Werk, das alle bedeutenden Aspekte von Diesel- und Ottomotoren
berücksichtigt.
Die über 100-jährige Entwicklung des Verbrennungsmotors hat bezüglich der unterschiedlichen Anforderungen,
der großen Anzahl von Bauelementen und deren Zusammenwirken eine explosionsartige Vielfalt an wichtigen
Erkenntnissen und Detailwissen hervorgebracht. Mit einem aktualisierten und erweiterten Umfang auf über
1200 Seiten, 1804 Abbildungen und mehr als 1400 Literaturangaben sind die wesentlichen Inhalte der Technik
des Verbrennungsmotors dargestellt.
Es war das besondere Bestreben der Herausgeber, Akzente an der richtigen Stelle zu setzen und damit ein Werk
zu präsentieren, das Defizite in der Fachliteratur beseitigt. Von besonderer Bedeutung ist, dass diese Überarbei-
tung und Erweiterung in kürzester Zeit entstand und somit den aktuellen, hohen Stand der heutigen technischen
Entwicklung widerspiegelt und einen Blick in die Zukunft erlaubt.
Besonders wichtig war es den Herausgebern, Theorie und Praxis in einem ausgewogenen Verhältnis darzustel-
len. Das gelang vor allem dadurch, dass über 130 Autoren aus Wissenschaft und Industrie zur Mitarbeit gewon-
nen werden konnten. Mit ihrer Hilfe entstand ein Werk, das in Lehre, Forschung und Praxis gleichermaßen ein
einmaliger Helfer und Ratgeber bei der täglichen Arbeit ist.
Es richtet sich vor allem an in Wissenschaft und Praxis tätige Fachleute der Automobil-, Motoren-, Mineralöl-,
und Zubehörindustrie und an Studenten, es ein hilfreicher Begleiter durch das Studium sein soll. Darüber hinaus
soll es Patentanwälten, dem Kraftfahrzeuggewerbe, Regierungsstellen, Umweltorganisationen, Journalisten
sowie interessierten Laien ein nützlicher Ratgeber sein.
Die Frage nach der Zukunft des Verbrennungsmotors spiegelt sich in vielen neuen Ansätzen zur Lösung der
Probleme beispielsweise im Zusammenhang mit Kraftstoffverbrauch und Umweltverträglichkeit. Insbesondere
unter diesen Aspekten, im Vergleich zu den Alternativen, fällt die Prognose nicht schwer, dass uns der Hubkol-
benmotor für den mobilen Einsatz in seinen grundlegenden Elementen noch lange erhalten bleiben wird. Neue
Antriebssysteme haben das Problem, gegen eine über 100-jährige Entwicklung mit weltweit enormen Entwick-
lungskapazitäten konkurrieren zu müssen. Das gilt sicherlich auch für den Elektroantrieb für Kraftfahrzeuge ent-
gegen der zur Zeit von politischer Seite entfachten Euphorie.
Neben der Darstellung des aktuellen Standes der Motorenentwicklung ist die Beantwortung der Fragen wichtig:
Wohin entwickelt sich der Verbrennungsmotor? Wie ist sein Potenzial im Hinblick auf Kraftstoffverbrauch,
Kostenoptimierung und Umweltverträglichkeit nach über hundert Jahren Entwicklungszeit zu bewerten? Welche
Möglichkeiten bieten alternative Kraftstoffe und alternative Antriebssysteme in der Zukunft? Sind Range Exten-
der und hybride Antriebe nur Brückenfunktionen hin zum reinen Elektroantrieb? Gibt es Wettbewerbssysteme,
die ihn in den nächsten Jahrzehnten ablösen könnten? Auf diese Fragen wurden nach dem heutigen Kenntnis-
stand schlüssige Antworten gegeben.
Wenn auch der Schwerpunkt des Buches beim Pkw-Motor liegt, betreffen grundsätzliche Zusammenhänge auch
Nutzfahrzeugmotoren. Neu ist auch, dass die in vielen Bereichen unterschiedlichen Aspekte des Ottomotors im
Vergleich zum Dieselmotor in diesem Buch herausgearbeitet werden. Sind in einigen Jahren überhaupt noch
grundsätzliche Unterschiede zwischen Diesel- und Ottomotoren vorhanden? Man denke an die sich annähernden
Verbrennungsverfahren zwischen Otto- und Dieselmotoren: Ottomotoren mit Direkteinspritzung – zukünftig
vielleicht Dieselmotoren mit homogener Verbrennung.
VI
Unser besonderer Dank gilt allen unseren Autoren für ihre konstruktive und disziplinierte Mitarbeit sowie ihr
Verständnis für die schwierige Aufgabe, die Beiträge so vieler Mitarbeiter zu koordinieren. Besonders hervorzu-
heben ist die Termintreue der Autoren, die es ermöglichte, auch das Erscheinen des überarbeiteten und erweiter-
ten Buches zeitnah und damit aktuell am Markt zu platzieren – ein besonders erwähnenswerter Vorgang, wie wir
meinen.
Nach dem großen Erfolg der ersten sechs Auflagen – von 2002 bis 2013 wurden mehr als 25.000 Exemplare in
deutscher und englischer Sprache gedruckt – wurde der Inhalt für diese siebte Auflage durch eine sorgfältige
Bearbeitung unter anderem des Kapitels Kraftstoffverbrauch aktualisiert. Dabei wird der wachsenden Bedeutung
der Diskussion um Treibhausgase wie CO2 besonders Rechnung getragen und der Einfluss der Motorapplikation
auf die CO2-Emission gezeigt. An anderen Stellen wurde, wo erforderlich, der Inhalt auf den aktuellen Stand der
Technik gebracht und die Literaturstellen durchgängig ergänzt. So sind es inzwischen über 1400 Literaturstellen
geworden, die den Nutzen des Lesers weiter verbessern.
Dem Springer Vieweg Verlag und insbesondere dem Lektorat Ewald Schmitt und Elisabeth Lange sei für die
konstruktive und vorausschauende Mitarbeit herzlich gedankt.
Last but not least danken die Herausgeber insbesondere der Firma IAV GmbH für die fachliche und materielle
Unterstützung bei der Entstehung dieses Werkes, ohne deren Mithilfe dieses Handbuch so nicht hätte realisiert
werden können.
Die Herausgeber
Dr.-Ing. E.h. Richard van Basshuysen, VDI, wurde 1932 in Bingen/Rhein geboren.
Nach einer Lehre mit Abschluss als Kfz-Schlosser studierte er an der Fachhochschule
Braunschweig/Wolfenbüttel von 1953 bis 1955 mit Abschluss als Ingenieur für Maschi-
nenbau. 1982 wurde ihm der Hochschulgrad Diplom-Ingenieur verliehen.
Von 1955 bis 1965 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Aral AG in Bochum. 1965
wechselte er zur NSU AG, wo er die Versuchsleitung der Motor- und Getriebeentwick-
lung einschließlich der Wankelmotorentwicklung übernahm und zum stellvertretenden
Leiter des Fahrzeugversuchs berufen wurde. In dieser Funktion war ermitverantwortlich
für die Entwicklung der Fahrzeuge Prinz 4, NSU 1000 und 1200, RO 80 und K 70. 1969
wurde die NSU AG von der heutigen Audi AG übernommen. Bei der Audi AG begrün-
dete er dann als Entwicklungsleiter die Fahrzeugkomfortklasse V8/A8 und war Leiter der
Motoren- und Getriebeentwicklung und parallel dazu Aufsichtsratsmitglied der Audi AG als gewählter Vertreter
der leitenden Angestellten. Seine bedeutendste Entwicklung war die des weltweit ersten abgasentgifteten Pkw-
Dieselmotors mit Direkteinspritzung und Turboaufladung, die er gegen große Widerstände auch im eigenen
Hause im VW-Konzern durchsetzte. Da dieser Motor 20 % weniger Kraftstoff als sein Vorgänger als Kammer-
dieselmotor verbraucht und ein Motor mit hoher Leistung und sehr hohem Drehmoment ist, hat er sich weltweit
durchgesetzt. In Europa wuchs sein Marktanteil von circa 12 % im Jahr 1989 auf circa 50 % nach nur etwas mehr
als einer Dekade.
Nach seiner aktiven Laufbahn in der Automobilindustrie gründete Richard van Basshuysen 1992 ein Ingenieur-
büro, das er bis heute leitet. Auch war er 20 Jahre lang Herausgeber der international bedeutenden technisch-wis-
senschaftlichen Fachzeitschriften ATZ (Automobiltechnische Zeitschrift) und MTZ (Motortechnische Zeitschrift).
Er berät internationale Automobilhersteller und Ingenieurdienstleister und ist Autor und Herausgeber technisch-
wissenschaftlicher Fachbücher, die auch ins Englische und Chinesische übersetzt wurden und werden. Außerdem
ist er seit 2006 zusammen mit Prof. Dr. Ing. Fred Schäfer Herausgeber und Mitautor des Internetportals www.
motorlexikon.de. Darüber hinaus war er Beiratsmitglied und Mitglied des Vorstandes in verschiedenen Gremien
wie dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und dem Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik. Auch ist
er Autor und Mitautor von über 60 technisch-wissenschaftlichen Publikationen. 2001 erhielt er für die Entwick-
lung des zukunftsweisenden Dieselmotor mit Direkteinspritzung den hochdotierten Ernst-Blickle-Preis 2000 und
die BENZ-DAIMLER-MAYBACH-EHRENMEDAILLE des VDI für ,,seine herausragende Ingenieurleistung
bei der Entwicklung des Pkw-Dieselmotors mit Direkteinspritzung sowie seine langjährigen Engagements als
Herausgeber der ATZ/MTZ und als Beiratsmitglied der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik“. Für
sein Lebenswerk wurde ihm 2004 von der Universität Magdeburg die Ehrendoktorwürde verliehen.
Prof. Dr.-Ing. Fred Schäfer wurde im Jahr 1948 in Neuwied am Rhein geboren. Nach
einer Lehre als Maschinenbauer folgte ein Studium des Maschinenbaus an der staatlichen
Ingenieurschule Koblenz. Im Anschluss daran absolvierte er ein Studium an der Universi-
tät Kaiserslautern in der Fachrichtung Kraft- und Arbeitsmaschinen mit dem Abschluss
,,Dipl.-Ing.“. Die Promotion zum Dr.-Ing. am Institut für Kraft- und Arbeitsmaschinen der
Universität in Kaiserslautern wurde mit dem Thema ,,Reaktionskinetische Untersuchungen
der Wasserstoff-Methanolverbrennung im Ottomotor“ abgeschlossen. Der weitere Berufs-
weg führte zur Audi AG nach Neckarsulm, zunächst als Assistent des Entwicklungsleiters.
Weitere Stationen während der zehnjährigen Tätigkeit waren Hauptgruppenleiter im Moto-
renversuch und im Anschluss daran Leiter der Abteilung Motorkonstruktion. 1990 wurde
er zum Professor für Kraft- und Arbeitsmaschinen an die damalige Fachhochschule Iser-
lohn berufen, die heute Teil der Fachhochschule Südwestfalen mit Sitz in Iserlohn ist. Im Rahmen dieser Tätigkeit
leitet er das Labor für Verbrennungsmotoren und Strömungsmaschinen. Herr Prof. Dr.-Ing. Schäfer war in vielen
Hochschulgremien tätig unter anderem im Senat der Hochschule. In der Funktion als Prodekan für Lehre und
Forschung war er Mitglied im Leitungsgremium des Fachbereiches Maschinenbau. Herr Prof. Dr.-Ing. Schäfer ist
darüber hinaus freiberuflich im Bereich Forschung und Entwicklung auf dem Sektor der Motorentechnik tätig.
Zusammen mit Herrn Dr. van Basshuysen war er unter anderem von 1996 bis 2003 Herausgeber der Zeitschrif-
tenbeilage Shell-Lexikon Verbrennungsmotor, welche im Jahr 2004 als Buch mit dem Titel ,,Lexikon Motoren-
technik“ erschienen ist. Darüber hinaus ist er mit Herrn Dr.-Ing. E.h. van Basshuysen Herausgeber und Mitautor
des Internetportals www.motorlexikon.de und des „Handbuch Verbrennungsmotor“. Herr Prof. Dr.-Ing. Fred
Schäfer ist seit Jahren Mitglied des VDI und der SAE.
IX
6 Triebwerk
6.1 Kurbeltrieb Prof. Dr.-Ing. Stefan Zima (†)/
6.2 Drehschwingungen Prof. Dr.-Ing. Claus Breuer
6.3 Variabilität von Verdichtung Prof. Dr.-Ing. Fred Schäfer
und Hubvolumen
7 Motorkomponenten
7.1 Kolben/Kolbenbolzen/Kolbenbolzensicherung Dr.-Ing. Uwe Mohr/
Dr.-Ing. Wolfgang Ißler
7.2 Pleuel Dr. Thierry Garnier
7.3 Kolbenringe Prof. Dr.-Ing. Claus Breuer/
Dipl.-Phys. Hans-Rainer Brillert
7.4 Kurbelgehäuse Dipl.-Ing. Günter Helsper/
Dipl.-Ing. Karl B. Langlois/
Dr.-Ing. Michael Wagner
Dipl.-Ing. Gerd Ohrnberger
X
8 Motoren
8.1 Motorkonzepte Prof. Dr.-Ing. Fred Schäfer
8.2 Aktuelle Motoren
8.3 Motorradmotoren/Sondermotoren Andreas Bilek
8.4 Kreiskolbenmotor/Wankelmotor Mazda Motors (Deutschland)
Leverkusen
8.5 Kleinvolumige Motoren für handgeführte Dr.-Ing. Tim Gegg
Arbeitsgeräte
9 Tribologie
9.1 Reibung Dr.-Ing. Franz Maassen
9.2 Schmierung Prof. Dr. Stefan Zima (†)
10 Ladungswechsel
10.1 Gaswechseleinrichtungen beim Viertaktmotor Prof. Dr.-Ing. Ulrich Spicher/
10.2 Ladungswechselrechnung Dr.-Ing. Sören Bernhardt
10.3 Gaswechsel bei Zweitaktmotoren Dr.-Ing. Uwe Meinig
10.4 – Variable Ventilsteuerungen Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Hannibal/
10.4.3 Dipl.-Ing. Andreas Knecht/
Dipl.-Ing. Wolfgang Stephan
10.4.4 Perspektiven des variablen Ventiltriebs Prof. Dr.-Ing. Rudolf Flierl/
Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Hannibal
10.5 Impulsaufladung mit steuerbaren Dipl.-Ing. Werner Wallrafen
Ansaugluft-Ventilen
15 Verbrennungsverfahren
15.1 Dieselmotoren Prof. Dr.-Ing Helmut Tschöke/
Dr.-Ing. Detlef Hieber
15.2 Ottomotoren Dipl.-Ing. Marc Sens/
Dipl.-Ing. Reinhold Bals/
Dipl.-Ing. Ralf Wascheck/
Dipl.-Ing. Michael Riess
15.3 Zweitakt-Dieselmotor Dr.-Ing. Uwe Meinig
15.4 Zweitakt-Ottomotor
17 System Antriebsstrang
17.1 Antriebsstrang-Architektur Dr.-Ing. Michael Ulm
17.2 Längsdynamik des Kraftfahrzeuges
17.3 Getriebetypen
17.4 Leistungsebene und Signalverarbeitungsebene
17.5 Getriebesteuerung Dipl.-Ing. Friedrich Graf
17.6 Integriertes Antriebsstrangmanagement (IPM®)
17.7 Komponenten für Antriebsstrangelektrifizierung Dipl.-Ing. Uwe Möhrstädt
19 Aktuatoren
19.1 Antriebe Dipl.-Ing. Stefan Klöckner
19.2 Drosselklappenstellglieder
19.3 Drall- und Tumbleklappen/
Resonanzaufladung
19.4 Turbolader mit variabler
Turbinengeometrie
19.5 Abgasrückführventile Dipl.-Wirt.-Ing. Axel Tuschik
19.6 Verdunstungsemission, Komponenten
21 Abgasemissionen
21.1 Gesetzliche Vorschriften ao. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn.
21.2 Abgasmesstechnik Ernst Pucher
21.3 Schadstoffe und ihre Entstehung
21.4 Minderung von Schadstoffen
21.5 Abgasnachbehandlung Ottomotor
21.5.1 Katalysatoraufbau und chemische Reaktionen Dipl.-Ing. Stefan Brandt
21.5.2 Katalysatorkonzepte stöchiometrisch Dr. Stephan Siemund/
betriebener Motoren Dr.-Ing. Susanne Stiebels
21.5.3 Katalysatorkonzepte für Magermotoren Dipl.-Ing. Stefan Brandt/
Dipl.-Ing. Uwe Dahle
21.5.4 Metallische Katalysatorträger Dr. Andrée Bergmann
21.6 Abgasnachbehandlung Dieselmotor
21.6.1 Diesel-Oxidationskatalysatoren Dr. rer. nat. Peter Scherm
XIV
21.6.2 NOx Adsorber für Diesel-Pkw Dr. rer. nat. Tilman Beutel
21.6.3 Partikel/Partikelfilter Dr. h.c. Dipl.-Ing.
Andreas C. R. Mayer/
Dr. Markus Kasper/
Prof. Dr. Heinz Burtscher
21.6.4 Katalytischer Partikelfilter Dipl.-Ing. Alfred Punke
22 Betriebsstoffe
22.1 Kraftstoffe Wolfgang Dörmer
22.1.1 Dieselkraftstoff
22.1.2.3 Alternative Ottokraftstoffe Norbert Neumann/
22.2 Schmierstoffe Volker Clasen/
Dr. Ulrich Pfisterer/
22.3 Kühlmittel Volker Clasen/
Dr. Oliver Busch
27.9 Sound-Engineering
27.10 Simulationswerkzeuge
27.11 Anti-Noise-Systeme: Geräuschminderung durch
Gegenschall
Firmenverzeichnis
Geräte- und Pumpenbau GmbH Dr. Eugen Schmidt, Dipl.-Ing. Peter Amm
Merbelsrod Dipl.-Ing. Franz Pawellek
Hilite International/Hydraulik-Ring, Nürtingen Dipl.-Ing. Andreas Knecht
hofer mechatronik, Oberboihingen Dipl.-Ing. Wolfgang Stephan
IAV GmbH, Berlin Dr.-Ing. Panagiotis Grigoriadis
Dipl.-Ing. Guido Lautrich
Dipl.-Ing. Michael Riess
Dipl.-Ing. Marc Sens
Dipl.-Ing. Carsten von Essen
Prof. Dr.-Ing. Burghard Voß
B.Sc. Maximilian Zehmisch
IAV GmbH, Gifhorn Dr.-Ing. Peter Eckert (ehemals)
Dipl.-Ing. Reinhold Bals
Dipl.-Ing. Ralf Wascheck
IGS Zwickau Mirko Sierakowski
iwis motorsysteme GmbH & Co. KG, München Dr.-Ing. Peter Bauer
KSPG AG, Neckarsulm Dr.-Ing. Martin Hopp
Hon.-Prof. Dr.-Ing. habil. Eduard Köhler
(ehemals)
KTM Sportmotorcycle AG Andreas Bilek (ehemals)
MAHLE GmbH, Stuttgart Dipl.-Ing. Rolf Kirschner
Dipl.-Ing. Markus Lettmann
Dipl.-Ing. GwL. Falk Schneider
MAHLE Behr GmbH & Co. KG, Stuttgart Dipl.-Ing. Matthias Banzhaf
Dr.-Ing. Wolfgang Kramer
MAHLE International GmbH, Stuttgart Dipl.-Ing. Hermann Hoffmann
Dr.-Ing. Uwe Mohr
Dr.-Ing. Martin Lechner (ehemals)
Dr.-Ing. Wolfgang Ißler
Miba-Bearing Group – Miba Gleitlager GmbH, Dipl.-Ing. Dr. techn. Rainer Aufischer
A-Laarkirchen
Richard Bergner Verbindungstechnik GmbH & Co. KG, Dipl.-Ing. Thomas Kurtz
Schwabach
XX
Hochschulverzeichnis
Autorenverzeichnis
Amm, Peter, Dipl.-Ing. Geräte- und Pumpenbau GmbH, Dr. Eugen Schmidt,
Merbelsrod
Aufischer, Rainer, Dipl.-Ing. Miba Bearing Group – Miba Gleitlager GmbH, A-Laakirchen
Dr. techn.
Banzhaf, Matthias, Dipl.-Ing. MAHLE Behr GmbH & Co. KG, Stuttgart
Beidl, Christian, Univ. Prof. Dr. Technische Universität Darmstadt, Institut für
Verbrennungskraftmaschinen und Fahrzeugantriebe
Beutel, Tilman, Dr. rer. nat. ehemals Engelhardt Technologies GmbH, Hannover
Kramer, Wolfgang, Dr.-Ing. MAHLE Behr GmbH & Co. KG, Stuttgart
Kurtz, Thomas, Dipl.-Ing. Richard Bergner Verbindungstechnik GmbH & Co. KG,
Schwabach
Menk, Werner, Dr. sc. techn. ETH Georg Fischer Automotive AG, CH-Schaffhausen
Papadimitriou, Ilias, Dipl. Ing., MBA Georg Fischer Automotive AG, CH-Schaffhausen
Pawellek, Franz, Dipl.-Ing. Geräte- und Pumpenbau GmbH, Dr. Eugen Schmidt,
Merbelsrod
XXV
Scherm, Peter, Dr. rer. nat. ehemals Engelhardt Technologies GmbH, Hannover
van Basshuysen, Richard, ehem. Herausgeber ATZ und MTZ, Bad Wimpfen
Dr.-Ing. E. h.
Inhaltverzeichnis
3 Kenngrößen .......................................................................................................................................... 14
3.1 Hubvolumen ................................................................................................................................ 14
3.2 Verdichtungsverhältnis ................................................................................................................ 15
3.3 Drehzahl und Kolbengeschwindigkeit ......................................................................................... 16
3.4 Drehmoment und Leistung ........................................................................................................... 17
3.5 Kraftstoffverbrauch ...................................................................................................................... 18
3.6 Gasarbeit und Mitteldruck ........................................................................................................... 19
3.7 Wirkungsgrad .............................................................................................................................. 22
3.8 Luftdurchsatz und Zylinderfüllung .............................................................................................. 22
3.9 Luft-Kraftstoff-Verhältnis ............................................................................................................ 23
4 Kennfelder ............................................................................................................................................ 26
4.1 Verbrauchskennfelder .................................................................................................................. 28
4.2 Emissionskennfelder .................................................................................................................... 29
4.3 Zündungs- und Einspritzkennfelder ............................................................................................. 32
4.4 Abgastemperaturkennfelder ......................................................................................................... 33
6 Triebwerk ............................................................................................................................................. 48
6.1 Kurbeltrieb ................................................................................................................................... 48
6.1.1 Aufbau und Funktion ..................................................................................................... 48
6.1.2 Kräfte am Kurbeltrieb .................................................................................................... 51
6.1.3 Tangentialkraftverlauf und mittlere Tangentialkraft ...................................................... 56
6.1.4 Massenkräfte .................................................................................................................. 58
6.1.4.1 Massenkräfte am Einzylinder-Triebwerk ....................................................... 59
6.1.4.2 Massenkräfte am Zweizylinder-V-Triebwerk ................................................ 59
6.1.4.3 Massenkräfte und Massenmomente bei Mehrzylinder-Triebwerken ............. 61
6.1.4.4 Beispiel (Fünfzylinder-Reihenmotor) ............................................................ 62
6.1.5 Massenausgleich ............................................................................................................ 64
6.1.5.1 Ausgleich am Einzylinder-Triebwerk ............................................................ 64
6.1.5.2 Ausgleich am Mehrzylinder-Triebwerk ......................................................... 65
6.1.6 Innere Momente ............................................................................................................. 68
6.1.7 Kröpfungs- und Zündfolgen ........................................................................................... 68
6.2 Drehschwingungen ...................................................................................................................... 69
6.2.1 Grundlagen ..................................................................................................................... 69
6.2.2 Reduktion der Maschinenanlage .................................................................................... 71
6.2.3 Eigenfrequenzen und Eigenschwingungsformen ............................................................ 71
6.2.4 Erregerkräfte, -arbeit und -amplituden ........................................................................... 71
6.2.5 Maßnahmen zur Verringerung der Kurbelwellenausschläge .......................................... 73
6.2.6 Zweimassenschwungräder ............................................................................................. 74
6.3 Variabilität von Verdichtung und Hubvolumen ........................................................................... 76
6.3.1 Variables Hubvolumen ................................................................................................... 76
6.3.2 Variable Verdichtung ..................................................................................................... 76
7 Motorkomponenten .............................................................................................................................. 81
7.1 Kolben/Kolbenbolzen/Kolbenbolzensicherung ............................................................................ 81
7.1.1 Kolben ............................................................................................................................ 81
7.1.1.1 Anforderungen und Funktion ......................................................................... 81
7.1.1.2 Konstruktive Gestaltung ................................................................................ 81
7.1.1.3 Desachsierung der Nabenbohrung ................................................................. 83
7.1.1.4 Einbau- und Laufspiele .................................................................................. 84
7.1.1.5 Kolbenmassen ................................................................................................ 84
7.1.1.6 Betriebstemperaturen ..................................................................................... 85
7.1.1.7 Kolbenkühlung .............................................................................................. 85
7.1.1.8 Kolbenbauarten .............................................................................................. 86
7.1.1.9 Kolbenherstellung .......................................................................................... 90
7.1.1.10 Laufflächenschutz/Oberflächenschutz ........................................................... 91
7.1.1.11 Kolbenwerkstoffe .......................................................................................... 92
XXIX
30.6 Zusammenfassende Bewertung der alternativen Energien und Antriebe ..................................... 1173
30.7 Wasserstoff-Verbrennungsmotor ................................................................................................. 1173
30.8 Stromerzeugung durch eine Auxiliary Power Unit (APU) ........................................................... 1175
30.8.1 Die Brennstoffzelle als APU .......................................................................................... 1175
30.8.2 Brennkraftmaschine in Kombination mit einem Lineargenerator
(Freikolbenlineargenerator) ............................................................................................ 1177
Seit mehr als hundert Jahren werden Kraftfahrzeuge die hohen Arbeitsdrücke im Brennraum von Verbren-
mit Verbrennungsmotoren als Antriebsquelle gebaut. nungsmotoren überhaupt erst aufrechterhalten wer-
Das Aussehen der Fahrzeuge verdeutlicht auf Anhieb den; er war deshalb ebenso eine Voraussetzung für
auch dem technischen Laien, welche Fortschritte in das Beherrschen des motorischen Prozesses wie die
diesem Zeitraum gemacht worden sind. Anders an Dampfmaschinen mit Gasturbinenantrieb gewon-
verhält es sich mit den Motoren: Der Grundaufbau nenen Kenntnisse und Erfahrungen mit Triebwerks-
des Triebwerks ist derselbe geblieben, nur an Dimen- lagern und deren Schmierung.
sionen, Ausführungsart und im Detail ist zu erkennen, Zunächst ging es darum, zentrale Motorfunktionen
dass auch in der Motortechnik eine kontinuierliche darzustellen. Das schwierigste Problem der frühen
Weiterentwicklung stattgefunden hat (Bild 1-1), die Motoren war die Zündung. Die Flammzündung
selbst nach über hundert Jahren nicht an Tempo und (Otto) und ungesteuerte Glührohrzündung (May-
Innovation verloren hat. bach/Daimler) – stellten eine Hürde für die Motor-
Der Ursprung der Kraftfahrzeugmotoren liegt letzt- entwicklung dar, die erst mit elektrischen Zündver-
lich in der Forderung der damaligen Handwerker und fahren überwunden wurde: Abschnapperzündung
Kleingewerbetreibenden nach einer erschwinglichen (Otto), Summerzündung (Benz), die Bosch-Magnet-
und einfachen Kraftquelle – gasbetriebene Stationär- Niederspannungszündung mit Abreißfunken und
motoren zum Antrieb von Arbeitsmaschinen aller schließlich mit der Hochspannungsmagnetzündung
Art. (Bosch). Als Nächstes musste die Gemischbildung
Es wurde von verschiedenen Stellen an solchen An- qualitativ und quantitativ verbessert werden. Mit
trieben gearbeitet. NIKOLAUS AUGUST OTTO hatte Docht-, Oberflächen- und Bürstenvergasern konnten
1876 mit seinem Motor das bereits von dem Franzo- nur die niedrig siedenden Fraktionen des Benzins
sen BEAU DE ROCHAS beschriebene Viertakt-Verfah- (Siedeende circa 100 °C) genutzt werden, außerdem
ren erfolgreich in die Praxis umgesetzt, wobei der verdampften die einzelnen Fraktionen nicht gleich-
entscheidende Vorteil gegenüber den Gasmotoren des zeitig. Im Spritzdüsenvergaser von WILHELM MAY-
Franzosen JEAN JOSEPH ETIENNE LENOIR in der BACH wurde der Kraftstoff nicht mehr „vergast“,
Vorverdichtung des Gemisches lag. Der britische sondern zerstäubt. Jetzt konnte man auch Schwerben-
Ingenieur DOUGALD CLERK „verkürzte“ das Viertakt- zin (Siedeende um 200 °C) verwenden. Das Spektrum
Verfahren zum Zweitakt-Verfahren, indem er die nutzbarer Kraftstoffe wurde erheblich erweitert. Vor
Ladungswechselhübe entfallen ließ. Unabhängig allem aber ließ sich der Kraftstoff in nahezu beliebi-
voneinander schufen KARL BENZ und GOTTLIEB ger Menge aufbereiten – Voraussetzung für weitere
DAIMLER mit WILHELM MAYBACH 1886 den leich- Leistungssteigerung. Vergaser mit selbsttätiger Zu-
ten, weil schnelllaufenden Motor, der zudem mit satzluftregelung von Krebs, Claudel (Zenith) sowie
flüssigen Kraftstoffen betrieben werden konnte. Menesson und Goudard (Solex) verbesserten das
Damit waren die entscheidenden Bedingungen für Betriebsverhalten der Motoren und senkten den
den Antrieb von Kraftfahrzeugen – und später auch Verbrauch.
von Luftschiffen und Flugzeugen – erfüllt. Mit steigender Leistung musste auch mehr Wärme
RUDOLF DIESELS „rationeller Wärmemotor“ 1893 – mit dem Kühlwasser abgeführt werden. Nun erwies
1897 konnte zunächst nur stationär eingesetzt wer- sich die einfache Verdampfungskühlung als leis-
den; das gilt auch für seine Vorläufer, die Motoren tungsbegrenzendes Kriterium: Die Wärmeabfuhr war
von GEORGE BAILEY BRAYTON und HERBERT zu gering, der mitzunehmende Wasservorrat zu groß
AKROYD STUART. Bis der Dieselmotor „auf die und außerdem ließen sich mit natürlichem Wasser-
Straße kam“, sollte es noch Jahrzehnte dauern. umlauf (Thermosyphon) kritische Bauteile nicht
Der grundsätzliche Aufbau des Verbrennungsmotors sicher und ausreichend kühlen. Der Bienenwaben-
war von der Dampfmaschine vorgegeben: Der Kur- kühler von WILHELM MAYBACH bot die physikalisch
beltrieb steuert den Ablauf des thermodynamischen „richtige“ Lösung: Intensivierung des Wärmeüber-
Prozesses und wandelt den Gasdruck erst in eine gangs auf der Seite des schwachen Wärmeüber-
oszillierende und dann in eine Drehbewegung um. gangs – der Luftseite!
Der hohe Entwicklungsstand der Dampfmaschine Nachdem motorseitig diese Grundlagen geschaffen
Ende des 19. Jahrhunderts bildete das Fundament für waren, entwickelte sich das Kraftfahrwesen rasch,
die Motoren: Gießen, Schmieden und genaues Be- wobei die Fortschritte auf der Motorseite die auf der
arbeiten komplizierter Maschinenteile wurden be- Fahrzeugseite beflügelten – und umgekehrt! Immer
herrscht. Mit dem einteiligen selbstspannenden Kol- mehr Firmen nahmen die Fertigung von Fahrzeugen
benring von JOHN RAMSBOTTOME (1854) konnten und Motoren auf. Um die Leistung zu steigern und
4 Zyl.-Otto
d = 100 mm
s = 140 mm
n = 660 1/min
P = 8,8 kW
4 Zyl.-Otto
d = 89,0 mm
s = 80,25 mm
n = 5200 1/min
P = 77 kW
1998
Opel 1,8 l
4 Zyl.-Otto
d = 80,5 mm
s = 888,2 mm
n = 5400 1/min
P = 85 kW
die Laufruhe zu verbessern, erhöhte man die Zylin- wovon die Fahrzeugmotoren profitierten: Erfahrun-
derzahl – von einem auf zwei und dann auf vier, wie gen flossen zurück, andererseits konnten Irrwege in
beim Mercedes-Simplex-Motor. Die Aufteilung des der Flugmotorenentwicklung – weil als solche er-
Arbeitsraums auf mehrere Zylinder gestattet höhere kannt – bei Kfz-Motoren von vorneherein vermieden
Drehzahlen und eine bessere Ausnutzung des Arbeits- werden. Ungeachtet dessen standen mehrere An-
raumes, das heißt höhere spezifische Arbeit (effekti- triebskonzepte im Wettbewerb: Die bewährte tech-
ver Mitteldruck). In anderen Ländern – Frankreich, nisch ausgereifte Dampfmaschine hatte auch als
Italien, England und später in den USA – hatte man Antrieb von Straßenfahrzeugen Vorteile: Selbstanlauf,
ebenfalls den Bau von Kraftfahrzeugen und Motoren ein elastisches, dem Zugkraftbedarf des Fahrzeugs
aufgenommen, zunächst noch an deutschen Vorbil- entsprechendes Betriebsverhalten und ruhiger Lauf.
dern orientiert, doch löste man sich bald davon und Noch vorteilhafter schien der Elektroantrieb. Doch
schuf eigene Konstruktionen. Mit der Fliegerei nahm wurde man sich der Nachteile dieser Antriebskon-
die Motortechnik einen ungeheuren Aufschwung, zepte rasch bewusst.
1 Geschichtlicher Überblick 3
Mit der Motorleistung nahmen Geschwindigkeit und verhältnisse – Voraussetzung für mehr Leistung und
Masse der Fahrzeuge zu. Nun kam es darauf an, niedrigeren Verbrauch.
motorische Funktionen wie Gemischzusammenset- Mit dem Kolbenwettbewerb von 1921, veranstaltet
zung, Zündzeitpunkt, Schmierung und Kühlung an vom Reichsverkehrsministerium, wurden der deutschen
die Bedingungen des Straßenverkehrs anzupassen. Motorenindustrie die Vorteile des Leichtmetallkolbens
Das komplexe technische System Motor musste für gegenüber dem Gusseisenkolben überzeugend aufge-
ungeübtes Personal – nämlich die Fahrzeugbetreiber zeigt. In der Folge wurden in den 1920er Jahren die
– handhabbar gemacht werden. Kraftstoff- und Öl- Motoren auf Leichtmetallkolben umgestellt, was – trotz
verbrauch mussten gesenkt werden; letzterer nicht nur mancher Rückschläge – einen beträchtlichen Zuwachs
aus Kostengründen, sondern weil die mit ganz- und an Leistung und Wirkungsgrad brachte. Mit den Re-
teilverbranntem Öl angereicherten Abgase öffent- gelkolben konnte das Kolbenklappern verringert und
liches Ärgernis erregten. schließlich beseitigt werden. Anfang der 1920er Jahre
Aus diesem Gemenge von Anforderungen, Mängeln, hatte es mit den Pleuellagern der Flugmotoren erheb-
Erfahrungen und neuen Erkenntnissen entwickelten liche Schwierigkeiten gegeben; sie waren an die
sich Motorkonzepte mit unterschiedlichen, aber auch Grenze ihrer Belastbarkeit gestoßen. Das Stahl-Blei-
gleichen konstruktiven Elementen. W-, Stern-, Ein- bronzelager, von NORMAN GILMANN bei Allison
wellen-Gegenkolben und Umlaufmotoren wurden nur (USA) entwickelt, brachte Abhilfe. Diese Lager
vereinzelt für Kraftfahrzeuge gebaut. Die Standard- fanden in Nkw-Dieselmotoren Eingang, dann auch in
bauart war der Reihenmotor mit vier, sechs und acht Pkw-Hochleistungsmotoren. Den nächsten Entwick-
Zylindern, auch V-Motoren mit 8, 12 und sogar lungsschritt stellten die Dreistofflager dar, bestehend
16 Zylindern gab es. Der „typische“ Motor bestand aus Stahlstützschale, Bleibronze-Zwischenschicht
aus niedrigem Kurbelgehäuse mit aufgesetzten Ein- und Weißmetall-Laufschicht; sie waren von Clevite in
zel- oder Doppelzylindern. Zylinder und Zylinder- den USA entwickelt worden.
kopf waren einteilig gegossen, die stehenden Ventile Höhere Drehzahlen und Leistungen sowie gesteigerte
wurden von der/den tief im Kurbelgehäuse gelagerten Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Motoren
Nockenwelle(n) angetrieben. Die Kurbelwelle wurde verlangten eine bessere Motorschmierung.
hängend in Lagerbrücken, nur nach jeder zweiten Von der Docht- und Vasenschmierung (Schmierung
oder sogar dritten Kröpfung gelagert. Zwar hatte man aus Vorratsgefäßen) sowie der Schmierung mittels
mittlerweile die selbsttätigen zu Gunsten zwangsbetä- Handpumpe(n) bei den frühen Fahrzeugmotoren ging
tigter Einlassventile aufgegeben. Dennoch bereitete man zur Tauchschmierung über, bei der durch Ein-
die Ventilsteuerung Schwierigkeiten: Ventile brann- tauchen von Triebwerksteilen oder speziellen Schöpf-
ten durch, Ventilfedern brachen, auch war die Ge- mechanismen die Ölverbraucher mit Schmierstoff
räuschentwicklung hoch. Deshalb schien damals die versorgt wurden; dann folgte die Zwangsumlauf-
laufruhige Knight-Schiebersteuerung überlegen zu schmierung, wie sie in Flugzeugmotoren üblich war.
sein. Doch letztlich konnte sich die konstruktiv und Zweitaktmotoren arbeiteten mit Mischungsschmie-
betriebsmäßig einfachere Ventilsteuerung behaupten. rung, das heißt Ölzugabe zum Kraftstoff.
In den USA wurde der Wandel des Pkw vom Frei- Mit der konstruktiv einfachen Thermosyphonkühlung
zeitvergnügen Wohlhabender zum Gebrauchsgegen- konnte nicht mehr genug Wärme aus thermisch hoch
stand schon vor dem ersten Weltkrieg eingeleitet: belasteten Bauteilen abgeführt werden, so dass man –
1909 hatte HENRY FORD die Produktion des Modell T abgesehen von kleinen Motoren – allgemein die
(Tin Lizzie) aufgenommen; bis 1927 wurden über Zwangsumlaufkühlung einführte.
15 Millionen dieser Fahrzeuge hergestellt. In Europa Das Klopfen war schon im ersten Weltkrieg zu einem
kam es erst durch den ersten Weltkrieg zum Einsatz leistungsbegrenzenden Kriterium bei Ottomotoren
von Kraftfahrzeugen, vornehmlich Nutzfahrzeugen in geworden. 1921 entdeckten in den USA THOMAS
großer Zahl. Die Massenfabrikation erzwang eine MIDGLEY, JR. und T. A. BOYD die Wirksamkeit von
gewisse Vereinheitlichung und Normung von Bautei- Bleitetraethyl (TEL) als „Klopfbremse“. Dadurch
len. Der Betrieb unter den extremen Bedingungen an klopffestere Kraftstoffe erlaubten höhere Verdich-
der Front deckte konstruktive Mängel schonungslos tungsverhältnisse und führten zu besseren Wirkungs-
auf. Einsatz, Wartung und Reparatur so vieler Fahr- graden.
zeuge verlangten die Ausbildung und Schulung des In den 1920 er Jahren wurde eine Vielzahl von
Fahrpersonals. Die durch den Krieg forcierte Ent- Kleinwagen entwickelt, deren Motoren leicht, einfach
wicklung der Flugmotoren gab den Kfz-Motoren und billig sein mussten. Hier bot sich das Zweitakt-
Anfang der 1920 er Jahre kräftige Impulse. Das gilt verfahren mit seiner hohen Leistungsdichte an. Dafür
für die Konzeption (Grundaufbau) wie für Details sprachen zwei – letztlich sich einander ausschließen-
einzelner Bauteile. Neben stehenden Ventilen mit L- de – Argumente: Hohe Leistungsdichte und konstruk-
und T-förmigen Zylinderköpfen baute man nun auch tive Einfachheit. Ventillose Zweitakter mit Kurbel-
Motoren mit hängenden Ventilen und kompakten kastenspülung eigneten sich für Motorräder und
Brennräumen; das ermöglichte höhere Verdichtungs- Kleinkraftwagen, die Schnürle-Umkehrspülung von
4 1 Geschichtlicher Überblick
DKW war ein entscheidender Fortschritt gegenüber eine Abstimmung des Ölwechsels auf die Jahreszei-
der Querstromspülung, weil sie eine bessere Spülung ten (Sommeröl – Winteröl); außerdem musste den
des Zylinders ermöglicht und weil die thermisch hoch niedrigen Außentemperaturen durch Regelung der
belasteten Nasenkolben durch Flachkolben ersetzt Kühlwassertemperatur Rechnung getragen werden,
werden konnten. zuerst durch Abdeckung des Kühlers mit Leder-
Mit den Goldenen Zwanziger Jahren kam die Zeit der decken, dann durch verstellbare Kühlerjalousien und
„großen“ Mercedes, Horch, Stöhr und Maybach mit schließlich durch Thermostatregelung der Motorwas-
8-Zylinder-Reihen- und 12-Zylinder-V-Motoren. In sertemperatur.
England waren es Rolls-Royce, Bentley, Armstrong- In den 1930 er Jahren arbeitete man auch an alternati-
Siddeley, in Frankreich Delage und Bugatti, in den ven Konzepten mit Dampfmotoren für Nutzfahrzeug-
USA Pierce Arrow, Duesenberg, Auburn, Cord, motoren, um Kraftstoffkosten zu sparen und um
Cadillac und Packard. höhere Leistungen darzustellen, als damals mit Die-
Beeinflusst von der Entwicklung im Flugmotorenbau selmotoren möglich war. Auch spielten dabei Erwä-
begann man Motoren aufzuladen, mit – je nach Leis- gungen über eine wirtschaftliche Autarkie eine Rolle.
tungsbedarf zu- und abschaltbaren – Gebläsen in Trotz der vorteilhaften Zugkraft-Kennlinie konnte
Verdrängerbauweise (Roots-Gebläse): Mercedes- sich der Dampfantrieb letztlich nicht gegen den
Benz, Itala oder Bentley und mit Radialgebläsen Verbrennungsmotor, angetrieben mit Gas – Speicher-
(Turboverdichter): Duesenberg. Vorteile schien auch und Generatorgas – durchsetzen. Im und nach dem
Zweiten Weltkrieg mussten auch Pkw-Motoren aus
die Luftkühlung der Flugmotoren zu versprechen.
Kraftstoffmangel auf Generatorgas umgestellt werden
Doch gestaltete sich diese bei Kfz-Motoren wegen
(Bild 1-2).
der niedrigen Fahrzeuggeschwindigkeit und ungüns-
tigerer Betriebsbedingungen erheblich schwieriger.
Ein Pionier der Luftkühlung war die amerikanische
Imbert-Holzgasgenerator für PKW
Firma Franklin Mfg. Co, die schon vor dem ersten
Weltkrieg einen luftgekühlten 6-Zylinder-Reihen- Deckel
motor herstellte. Auch General Motors setzte mit Zentrifugal-Reiniger
Gas-
einem Chevrolet (Chevrolet Copper Engine) auf die Kühler
Holz
Luftkühlung, wobei zur Verbesserung der Wärmeab-
fuhr die Kühlrippen aus Kupfer gefertigt wurden. Gas
Luft-Düsen
Wegen technischer Probleme ging dieser Motor nicht Gas
Luft
in die Großserie. Auch in Europa wurden in den
1920 er und 1930 er Jahren luftgekühlte Kfz-Motoren Luft- und Gas-
Gemisch- Ventilator
Zündloch Luft-
Drossel-
entwickelt und gebaut: Nutzfahrzeugmotoren von Mischer
Holzkohle Herd klappe Verschluss-
Krupp und Phänomen, Pkw-Motoren von Tatra und zum Motor
Gas klappe
Luft-
FERDINAND PORSCHE für den neuen Volkswagen. Regler-Drosselklappe Drossel- Holzwolle
klappe
Der luftgekühlte Boxer-Motor von Volkswagen wur- Feinfilter
Luft
de – erst im Kübel- und im Schwimmwagen – später
im „Käfer“ zu einem Synonym für Zuverlässigkeit
und Robustheit.
In den 1920 er Jahren entstand in Symbiose mit der
Fahrzeug- und Motorenindustrie eine leistungsfähige
Zubehörindustrie, die als Schaltstellen der Entwick-
lung fungierend, nicht nur Wissen und Erfahrungen
auf den jeweiligen Gebieten vereinigte, sondern auch,
da für mehrere oder sogar alle Motorhersteller produ-
zierend, erprobtes, weitgehend vereinheitlichtes und
preisgünstiges Zubehör wie Kolben, Lager, Kühler,
Vergaser, Elektrik und Dieseleinspritz-Einrichtungen Bild 1-2 Holzgasgenerator für Pkw-Motoren [3]
anbieten konnte. Die Bedienung der Motoren wurde
erleichtert, vor allem durch den von CHARLES F.
KETTERING bei General Motors eingeführten elektri- Die Kraftstoffeinspritzung mittels Druckluft („Luft-
schen Anlasser, der nicht nur das Starten des Motors einblasung“) war ein Hindernis für den Einsatz des
erleichterte, sondern auch ungefährlich machte. Diesels im Fahrzeug gewesen. Anfang der 1920 er
Zündzeitpunkt (früh – spät) und Gemischzusammen- Jahre wurde intensiv an einer „kompressorlosen“
setzung (arm – reich) mussten nicht mehr vom Fahrer Einspritzung gearbeitet. Aufbauend auf Vorarbeiten
verstellt werden, sondern erfolgten nun selbsttätig. In vor und im ersten Weltkrieg (L’ORANGE, LEISSNER)
den 1930 er Jahren wurden Pkw zunehmend auch im entstanden kompressorlose Fahrzeug-Dieselmoto-
Winter gefahren Der Ganzjahresbetrieb verlangte ren – in Deutschland von MAN, Benz (später: Merce-
1 Geschichtlicher Überblick 5
des-Benz) und Junkers entwickelt. Auf der Grundlage nur nach jeder zweiten Kröpfung gelagert. Doch das
von Acro-Patenten entwickelte die Fa. Robert Bosch begann sich zu ändern; neue Motoren wurden modern
komplette Einspritzsysteme für Fahrzeug-Dieselmo- konzipiert: Tief unter die Kurbelwellenmitte herabge-
toren. Die Einspritzpumpen hatten Schrägkantensteu- zogene Kurbelgehäuse, Lagerung der Kurbelwelle
erung und Überströmregelung. Weil man die direkte nach jeder Kröpfung, kompakte Brennräume mit
Einspritzung bei Fahrzeugmotoren mit ihrem großen schräg hängenden Ventilen (OHV), dann Tassenstö-
Drehzahlbereich nicht beherrschte, gab man der ßel mit obenliegenden Nockenwellen (OHC) erlaub-
indirekten Einspritzung (Vor- und Wirbelkammer, ten höhere Drehzahlen; auch nahmen die Hubvolu-
Luftspeicher) den Vorzug. Der Dieselmotor bewährte mina zu. Mercedes-Benz beteiligte sich wieder erfolg-
sich im schweren Nutzfahrzeug und wurde zuneh- reich an Rennen; die Motoren der Silberpfeile hatten
mend in leichte Nutzfahrzeuge, schließlich auch in eine von den Flugzeugmotoren abgeleitete Benzin-
Pkw eingesetzt (Mercedes-Benz, Hanomag, Ober- einspritzung und zwangsbetätigt schließende Ventile
hänsli, Colt, Cummins und so weiter). Einer der ers- (desmodromische Steuerung).
ten Pkw mit Dieselantrieb war ein Packard mit Cum- Der wirtschaftliche Aufschwung in der westlichen
mins-Motor. Um die Eignung von Dieselmotoren für Welt ließ den Wohlstand allgemein ansteigen, so dass
Pkw nachzuweisen, wurden speziell umgerüstete sich Angehörige breiter Bevölkerungsschichten ein
Fahrzeuge in Rennen eingesetzt. Ein Packard-Road- Kfz leisten konnten. Die Fahrzeugproduktion nahm
ster mit Cummins-Dieselmotor erreichte auf der zu. Mittel für die Fahrzeugentwicklung standen
Daytona-Beach-Rennstrecke in Florida 1930 eine reichlich zur Verfügung. Mit Japan erschien ein neuer
Geschwindigkeit von 82 Meilen pro Stunden Anbieter auf dem Weltmarkt, der mit hohem Quali-
(131 km/h). In Deutschland war es 1978 ein Merce- tätsstandard, Verringerung der Fertigungstiefe, Aus-
des-Benz C 111, der mit 316,5 km/h einen Rekord gliedern von Fertigungs-, Montage und Entwick-
aufstellte. lungsprozessen, zeitgerechte Zulieferung (just-in-
Ungeachtet der Vorzüge von Dieselmotoren wurden time) die Kfz-Fertigung revolutionierte. Ein globaler
großvolumige Pkw-Ottomotoren zum Antrieb von Wettbewerb zwang zu noch schärferer Kostenbe-
Nfz eingesetzt – in den USA wie in Deutschland, wo trachtung; die Motoren wurden – weit mehr noch als
der 12-Zylinder-Motor des Maybach-Zeppelin Omni- früher – in Hinblick auf wirtschaftliche Fertigung,
busse, Feuerwehrfahrzeuge und Halbketten-Zugma- einfache Wartung und Reparatur gebaut. Die elektro-
schinen antrieb und der Nkw Opel-Blitz mit dem nische Datenverarbeitung (EDV) setzte sich ab den
6-Zylinder-Reihenmotor des Opel-Admiral zum Stan- 1970 er Jahren in der Entwicklung durch und führte
dardfahrzeug der deutschen Wehrmacht wurde. Auch zu Rationalisierung, Beschleunigung und zielgenaue-
kleine Lieferwagen (Tempo, Goliath, Standard) liefen rer Entwicklung mit Rechenmethoden der Finiten
mit Ottomotoren. Andererseits drang der Dieselmotor Elemente (FEM), des Konstruierens mit CAD und der
in den Pkw-Bereich vor. Domäne des Pkw-Diesel- Simulation von motorischen Prozessen.
motors war das Taxi. Immer wieder wurde das Konzept des Hubkolben-
Im Zweiten Weltkrieg stagnierte weltweit die Ent- motors in Frage gestellt: Ende der 1940 er Jahre hatte
wicklung von Pkw-Motoren, jetzt galten andere Prio- Rover in Großbritannien ein Fahrzeug mit Gasturbi-
ritäten! Nach dem Krieg wurde die Fertigung von nenantrieb entwickelt.
Vorkriegsmotoren aufgenommen. In den USA konnte Trotz wesentlicher Vorteile, wie hoher Leistungsdich-
man sich großvolumige Motoren leisten – 6-Zylinder- te, ruhigem Lauf und rauchfreiem Abgas, zeigte sich,
Reihen- und 8-Zylinder-V-Motoren. In Europa ent- dass Gasturbinen hinsichtlich des Wirkungsgrades für
stand eine Vielzahl von Kleinst- und Kleinwagen mit die kleinen Leistungen und die Betriebsbedingungen
Antrieb durch luft- und wassergekühlte Zwei- und von Pkw nicht geeignet sind. In den 1960 er Jahren
Viertaktmotoren. Für Deutschland sind zu nennen: versprach der Kreiskolbenmotor von FELIX WANKEL,
Gutbrod, Lloyd, Goliath und DKW, für Frankreich entwickelt von NSU, eine Alternative zum Hubkol-
Dyna-Panhard, Renault 4 CV und Citroën 2 CV, für benmotor zu werden. Seine Kinematik, Leistungs-
England Austin und Morris und für Italien Fiat. Um dichte und kompakte Bauart sind Vorteile gegenüber
den hohen Kraftstoffverbrauch von Zweitakt-Otto- Hubkolben-Triebwerken. Doch letztlich überwogen
motoren durch Spülverlust zu vermeiden, erhielten die Nachteile: Begrenztes Verdichtungsverhältnis,
Gutbrod- und Goliath-Motoren eine mechanische ungünstiger Brennraum, Verbrennung mit hohem
Benzineinspritzung. Mit dem „Wirtschaftswunder“ Gleichdruckanteil, „späte“ Verbrennung in die Ex-
ging die Nachfrage nach Kleinwagen zurück, so dass pansion hinein, problematische Abdichtung des Ar-
sich der Zweitaktmotor im Pkw nicht behaupten beitsraumes führen zu hohen Verbräuchen und
konnte; lediglich in der DDR wurden die Pkw Wart- schlechten Abgaswerten. Lediglich Mazda gelang es
burg und Trabant bis Ende der 1980 er Jahre damit mit einigem Erfolg, sportliche Fahrzeuge mit Wan-
ausgerüstet. kelmotor zu bauen (siehe Kap. 8.4.4 und [12]).
Anfang der 1950 er Jahre waren noch viele Viertakt- Die Energiekrise der 1970 er Jahre verlangte sparsa-
Pkw-Motoren seitengesteuert und die Kurbelwelle mere und schadstoffärmere Motoren. Ausgehend von
6 1 Geschichtlicher Überblick
der mechanischen Einspritzung wurde – vor allem folgten. In den USA ist das Interesse an Diesel-Pkw
von Bosch vorangetrieben – eine Niederdruckein- nach wie vor gering. In den 1960 er/1970 er Jahren
spritzung mit elektronisch geregelter Kraftstoffzu- kam die Verteilerpumpe auf, die sich gerade für die
messung entwickelt. Trotz hohem Entwicklungsstand kleinen Einspritzmengen der Pkw-Dieselmotoren als
der Vergasertechnik (Doppelvergaser, Registerver- geeignet erwies. Nachdem sich in den 1960 er Jahren
gaser, Gleichdruckvergaser) setzte sich die Benzin- die direkte Einspritzung bei Nkw-Motoren durchge-
einspritzung schnell durch. Immer mehr hielt die setzt hatte, versprach diese auch bei Pkw-Motoren be-
Elektronik Einzug in die Motorsteuerung. Eine ge- achtliche Verbrauchsvorteile. Ford hatte bereits einen
meinsame mikroprozessorgesteuerte Elektronik mit Lieferwagen mit einem Motor mit Direkteinspritzung
Kennfeldspeicherung steuert Zündung und Gemisch- ausgerüstet, als Audi Ende der 1980 er Jahre schad-
bildung. stoffarme Pkw-Motoren mit Direkteinspritzung he-
Da innermotorische Maßnahmen nicht mehr ausreich- rausbrachte. Andere Firmen folgten, so dass heute die
ten, die Schadstoffe auf die gesetzlich begrenzten Direkteinspritzung bei Pkw-Dieselmotoren Standard
Werte zu reduzieren, wurden Dreiwegekatalysatoren ist. Zunehmend wurde die Einspritzung für Pkw-Die-
eingesetzt, die ein genaues Einhalten des stöchio- selmotoren die zentrale Schlüsseltechnologie auf dem
metrischen Luftverhältnisses durch kontinuierliches Weg zur immer sparsameren und saubereren Diesel-
Messen des Sauerstoffgehaltes im Abgas mit der verbrennung, meist in Kombination mit Abgasturbo-
Lambda-Sonde erfordern. Zusätzliche Verbesserung aufladung, Ladeluftkühlung und Abgasrückführung.
erreicht man mit geregelter Abgasrückführung. Heutzutage dominieren Common-Rail-Einspritz-
Die Abgasturboaufladung als Mittel zur Leistungs- systeme mit Drücken von bis zu 2.000 bar und Mehr-
steigerung und Verringerung des Verbrauchs wurde facheinspritzung zur optimalen „Formung“ des Ver-
ab den 1960 er Jahren bei Nkw-Motoren eingesetzt. brennungsablaufes die Dieseleinspritztechnologie.
Mit steigendem Entwicklungsstand konnten Abgas- Um die Dieselkolben thermisch zu entlasten, werden
turbolader so weit „miniaturisiert“ werden, dass man diese durchweg durch Anspritzen der Kolbenunter-
auch Pkw-Ottomotoren damit ausrüstete. Da die seiten oder durch Kühlkanäle gekühlt.
Strömungsmaschine Abgasturbolader und die Kol- In den 1980 er und 1990 er Jahren wurde der La-
benmaschine Verbrennungsmotor unterschiedliches dungswechsel zu einem Schwerpunkt der Entwick-
Betriebsverhalten zeigen, musste man – anfangs lung. Durchflussbeiwerte und Liefergrad konnten mit
meist durch Überbrücken der Turbine mit einem Teil der Mehrventiltechnik verbessert werden; ein weite-
des Abgasstromes (Waste-Gate-Regelung), mittler- res brachten verstellbare Steuerzeiten und Ventilhübe
weile mittels verstellbarer Turbinengeometrie bei sowie Schaltsaugrohre. Die Entwicklung geht nun
Dieselmotoren – „Luftangebot“ des ATL und „Nach- zunehmend in Richtung „vollvariabler“ Ventiltriebe.
frage“ des Motors in Einklang bringen. Weitere Ver- Damit kann der Ansaugvorgang entdrosselt und so
besserung erzielte man durch die Ladeluftkühlung. ein prinzipieller Nachteil des Ottomotors gemildert
Bezüglich ihres Ansprechverhaltens für den Kfz- werden. Die direkte Benzineinspritzung in die Zylin-
Betrieb sind mechanisch angetriebene Lader von der von Ottomotoren liefert höhere Leistung, niedri-
Vorteil. Volkswagen entwickelte einen Spirallader gere Schadstoffemission und geringeren Verbrauch.
(G-Lader), Mercedes-Benz verwendet Roots-Gebläse Motorseitig wurde der Kraftstoffverbrauch mit einem
für „sportliche“ Fahrzeugmotoren. Ein an sich be- ganzen Bündel von Maßnahmen gesenkt: Kleinere
stechendes Konzept der Aufladung ist der Druck- Abmessungen und Massen des Triebwerks (Down-
wellentauscher (Comprex-Lader) der BBC, bei dem sizing), Rollenabgriff statt Gleitabgriff in der Steue-
die Energie aus dem Abgas dynamisch direkt auf die rung, Leichtlauföle, bedarfsgesteuerter Betrieb von
Ladeluft, das heißt ohne Abgasturbine und Turbover- Gebläse und Pumpen und so weiter.
dichter, übertragen wird. Trotz erheblichen Ent- Steigende Drehzahlen und gleichzeitig höhere Kom-
wicklungsaufwands hat sich dieses Prinzip in der fortanforderungen der Kunden, aber auch der Trend
Motorpraxis bisher nicht durchsetzen können. zum Downsizing verlangen Maßnahmen zur Verbes-
Pkw-Dieselmotoren, schon in den 1930 er Jahren serung der Maschinendynamik. Weiterführende Ent-
entwickelt und serienreif gemacht, erfreuten sich ab wicklungen von Ausgleichsvorrichtungen und Dreh-
den 1950 er Jahren einer zwar begrenzten, aber über- schwingungsdämpfern minimieren den Zielkonflikt
zeugten Anhängerschaft durch Taxifahrer und soge- zwischen gewünschter Laufruhe der Motoren und
nannte Vielfahrer, die weniger Wert auf sportliches dem Anstieg der Triebwerksmasse und der Reibung.
Fahren, dafür umso mehr auf geringen Kraftstoff- Begrenzte Ressourcen und insgesamt hoher Schad-
verbrauch und lange Lebensdauer legten. Neben den stoffausstoß zwingen zur Suche nach anderen An-
Motoren von Mercedes-Benz und Borgward gab es triebskonzepten. Zum einen geht es um die Substitu-
zunächst nur Dieselmotoren von Peugeot und Fiat, tion des Erdöls, zum anderen um die Entlastung der
bis in den 1970 er Jahren VW einen Pkw-Diesel Umwelt. Eine von der Politik zeitweise stark favori-
herausbrachte und dann weitere Hersteller in sierte Lösung war die Verwendung regenerativer
Deutschland: Opel, BMW, Ford und Audi damit Energie in Gestalt von Pflanzenöl (Rapsmethylester);
1 Geschichtlicher Überblick 7
doch weder reichen die Rapsanbauflächen für eine schon im Jahr 1900 von FERDINAND PORSCHE im
ausreichende Kraftstoffversorgung aus, ganz abge- „Lohner-Porsche“ eingesetzt wurde. Das primäre Ent-
sehen von den ökologischen Problemen von Mono- wicklungsziel ist und bleibt auch längerfristig die Re-
kulturen; noch ist es technisch sinnvoll, Mineralöle in duktion der Emissionen und des Energieverbrauchs
Kfz-Motoren, wo die Gemischbildung im Milli- zukünftiger Antriebskonzepte. Der Verbrennungs-
sekundenbereich erfolgen muss, durch Rapsöl zu motor bietet hierfür weiterhin enormes Potenzial.
ersetzen, solange man in Hausheizungen wertvolles
Leichtöl (= Dieselöl) zur Wärmeerzeugung ver- Literatur
schwendet. [1] Robert Bosch GmbH (Hrsg.): Bosch und die Zündung. In:
Eine andere Entwicklung zielt auf die Verwendung Bosch-Schriftenreihe Folge 5. Stuttgart, 1952
[2] Bussien, R. (Hrsg.): Automobiltechnisches Handbuch, 18. Aufl.
von Wasserstoff als Kraftstoff. Wasserstoff in her-
Technik Verlag H. Cram, 1965
kömmlichen Kolbenmotoren kann die Schadstoffsitu- [3] Eckermann, E.: Alte Technik mit Zukunft (Hrsg. Deutsches
ation entschärfen helfen, ebenso wie dessen Einsatz Museum). München: R. Oldenbourg, 1986
in der Brennstoffzelle. Allerdings muss der Wasser- [4] von Fersen, O. (Hrsg.): Ein Jahrhundert Automobiltechnik –
Personenwagen. Düsseldorf: VDI-Verlag, 1986
stoff in Umkehr der Elektrolyse „erzeugt“ werden, [5] von Frankenberg, R.; Mateucci, M.: Geschichte des Automobils.
was erheblichen Energieeinsatz verlangt. Eine andere Künzelsau: Siegloch, 1988
Möglichkeit der Wasserstoffgewinnung besteht in der [6] Kirchberg, P.: Plaste, Bleche und Planwirtschaft. Die Geschichte
Konvertierung von Methanol oder Benzin; doch des Automobilbaus in der DDR. Berlin: Nicolasche Verlags-
buchhandlung, 2000
damit werden keine Ressourcen geschont. Ein denk- [7] Krebs, R.: 5 Jahrtausende Radfahrzeuge. Berlin: Springer,
bares Szenario besteht im verstärkten Einsatz von 1994
erdgasbetriebenen Motoren, womit einerseits die [8] Sass, F.: Geschichte des deutschen Verbrennungsmotorenbaues.
Energieversorgung bei knapper werdendem Erdöl Berlin: Springer, 1962
[9] Pierburg: Vom Docht zur Düse, Ausgabe 8/1979. Neuss: Fa.
gesichert und der Einstieg in eine Gastechnologie mit Pierburg, 1979
Wasserstoff vorbereitet werden könnte. [10] Zima, S.: Kurbeltriebe, 2. Aufl. Wiesbaden: Vieweg, 1999
Aktuell stellt die „Hybridisierung“ und „Elektrifizie- [11] Steinparzer, F.; Klauer, N,; Kannenberg, D.; Unger, H.: Der
rung“ der Fahrzeugantriebe ganz neue Herausforde- neue aufgeladene 2,0-l-Vierzylinder-Ottomotor von BMW. In:
MTZ 72 (2011) 11, issue 12, pp 928–937
rungen an die Motorenentwicklung, obwohl die [12] Dobler, H.: Renesis – ein neuer Wankelmotor von Mazda. In:
Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor MTZ 61 (2000) 7/8
8 2 Definition und Einteilung der Hubkolbenmotoren
Kolben
Pleuel
a b c
Bild 2-2 Wirkprinzipien von Hub-, Dreh- und Kreiskolbenmotor; a Tauchkolbenmotor; b Drehkolbenmotor:
kraftabgebender Außenläufer mit epitrochoidenförmiger Innenkontur und Innenläufer (Kolben) als Absperr-
organ; c Kreiskolbenmotor (Wankelmotor): Gehäuse mit epitrochoidenförmiger Innenkontur und kraftabgeben-
dem Innenläufer (Kolben), der sich exzentrisch um ein Ritzel dreht und gleichzeitig die Abdichtfunktion hat
Bei Motoren mit äußerer Verbrennung (zum Beispiel Der Ottomotor [16] ist ein Verbrennungsmotor, bei
Stirlingmotor) wird die außerhalb des Arbeitsraumes dem die Verbrennung des verdichteten Kraftstoff-
durch kontinuierliche Verbrennung entstehende Wär- Luft-Gemisches durch zeitlich gesteuerte Fremdzün-
me auf das Arbeitsmedium übertragen. Damit ist ein dung eingeleitet wird. Dagegen entzündet sich beim
Arbeitsprozess mit geschlossenem Kreislauf und be- Dieselmotor [17] der in den Verbrennungsraum ein-
liebigem Kraftstoff möglich. gespritzte flüssige Kraftstoff an der Luftladung, nach-
Im Weiteren werden nur Hubkolbenmotoren mit dem diese vorher durch Verdichtung auf eine für die
innerer, zyklischer Verbrennung betrachtet. Einleitung der Zündung hinreichend hohe Temperatur
gebracht worden ist [8].
Bei Hybridmotoren wird unterschieden zwischen Mo-
2.2 Möglichkeiten der Einteilung
toren mit Ladungsschichtung [18] und Vielstoffmoto-
Die Möglichkeiten der Einteilung von Hubkolbenmo- ren [3] (siehe auch Kapitel 15.1 und 15.2).
toren sind auf Grund der komplexen Zusammenhänge
sehr vielfältig. Hubkolbenmotoren mit innerer Ver- 2.2.2 Kraftstoff
brennung [8] kann man unterscheiden nach: In Verbrennungsmotoren können gasförmige, flüssige
x Verbrennungsverfahren und feste Kraftstoffe verbrannt werden, siehe auch
x Kraftstoff Kapitel 22.1:
x Arbeitsverfahren x Gasförmige Kraftstoffe: Methan, Propan, Butan,
x Gemischbildung Erdgas (CNG), Generator-, Gicht-, Biogas (Klär-,
x Ladungswechselsteuerung Deponiegas), Wasserstoff (auch flüssig speicherbar)
x Ladungseinbringung x Flüssige Kraftstoffe:
x Bauform. Leichtkraftstoffe: Benzin, Kerosin, Benzol, Alko-
Weitere Unterscheidungsmerkmale können sein [9, 10]: hole (Methanol, Ethanol, Butanol), Aceton, Ether,
verflüssigte Gase (LNG, LPG)
x Zündung Schwerkraftstoffe: Petroleum, Gasöl (Dieselkraft-
x Kühlung stoff), Fettsäure-Methyl-Ester (FAME) vorrangig
x Lastregelung in Europa Raps-Methyl-Ester (RME, auch als Bio-
x Einsatzzweck diesel bezeichnet), Pflanzenöle, Schweröle, Mari-
x Drehzahl- und Leistungsabstufung. ne Fuel Oil (MFO)
Einige Einteilungsmerkmale sind heute nur noch von Mischkraftstoffe: Diesel – RME, Diesel – Wasser,
historischer Bedeutung. Diesel – Alkohol, Benzin – Alkohol, Benzin –
Diesel
2.2.1 Verbrennungsverfahren x Feste Kraftstoffe: Kohlenstaub, Entwicklung seit
langem eingestellt.
Nach dem Verbrennungsverfahren wird vorrangig
zwischen dem Ottoverfahren und dem Dieselverfahren 2.2.3 Arbeitsverfahren
unterschieden. Hybridmotoren weisen Merkmale so- Beim Arbeitsverfahren wird zwischen Viertakt- und
wohl des Otto- als auch des Dieselverfahrens auf. Zweitaktverfahren unterschieden. Beiden gemein-
10 2 Definition und Einteilung der Hubkolbenmotoren
sam ist die in einem ersten Takt (Hub) ablaufende Schließbewegung der Ventile erfolgt gleichsinnig mit
Verdichtung der Ladung (Luft- oder Kraftstoffdampf- der Kolbenbewegung in Richtung OT. Umgekehrt hat
Luft-Gemisch) durch Verringerung des Arbeitsrau- der untengesteuerte Motor stehende Ventile und die
mes sowie die im Bereich des oberen Totpunktes der Ventilschließbewegung erfolgt gleichsinnig mit der
Kolbenbewegung einsetzende Zündung, die Verbren- Kolbenbewegung in Richtung UT.
nung mit einer Druckerhöhung bis auf maximalen Bei modernen 4-Takt-Motoren wird ausschließlich
Zylinderdruck und Ausdehnung des Arbeitsgases im die „overhead valves“ (ohv)-Bauweise mit hängen-
darauf folgenden Takt, bei der am Kolben Arbeit den, im Zylinderkopf angeordneten Ventilen verwen-
geleistet wird. det. Die Nockenwelle kann dabei im Zylinderkopf
Das Viertaktverfahren benötigt zwei weitere Takte, oder im Zylinderkurbelgehäuse angeordnet sein.
um das Verbrennungsgas durch Ausschieben aus dem Bei 2-Takt-Motoren kommen überwiegend Schlitz-
Arbeitsraum zu entfernen und durch Ansaugen den steuerungen (Schlitze in der Zylinderbüchse, Kolben
Arbeitsraum mit frischer Ladung zu füllen. als Schieber), in Einzelfällen auch Auslassventile,
Beim Zweitaktverfahren erfolgt der Ladungswechsel Kegel-, Walzen-, Flachschieber sowie Membransteu-
im Bereich des unteren Totpunkts bei nur noch gerin- erungen zur Anwendung. Bei großen 2-Takt-
ger Änderung des Arbeitsvolumens durch Ausspülen Schiffsdieselmotoren werden üblicherweise Auslass-
der Verbrennungsgase mit frischer Ladung, so dass ventile verwendet.
für die Verdichtung und Ausdehnung nicht der volle
Hub ausgenutzt wird. Für den Spülvorgang ist oft ein
2.2.6 Ladungseinbringung
zusätzliches Spülgebläse erforderlich, siehe auch
Kapitel 10. Beim Saugmotor wird die Frischladung (Luft oder
Gemisch) durch den Arbeitskolben in den Zylinder
2.2.4 Gemischbildung gesaugt (Selbstansaugen).
Durch Aufladung wird die Ladungsmenge durch
Eine Unterscheidung von Verbrennungsmotoren be- Vorverdichtung vergrößert; dabei fördert ein Ver-
züglich der Gemischbildung kann folgendermaßen dichter die Frischladung in den Zylinder. Vorrangige
vorgenommen werden, siehe auch Kapitel 12: Ziele der Aufladung sind Leistungs- und Drehmo-
x äußere Gemischbildung: Bildung des Kraftstoff- mentensteigerung, Kraftstoffverbrauchs- und Abgas-
Luft-Gemisches im Einlasssystem (Einspritzung emissionssenkung, siehe auch Kapitel 10 und 11.
oder Vergaser (veraltet)) Eine Übersicht über mögliche Aufladearten gibt
x innere Gemischbildung: Gemischbildung im Ar- Bild 2-3 (nach [11]).
beitsraum (Einspritzung), Die in der Praxis verbreitetste und wirkungsvollste
nach der Qualität des Gemischs: Variante ist die Selbst- oder Eigenaufladung mit
Verdichter:
x homogenes Gemisch: Vergaser und Saugrohrein-
spritzung beim Ottomotor oder Benzindirektein- x Mechanische Aufladung: Der Verdichter wird
spritzung während des Ansaugtakts direkt vom Motor angetrieben.
x inhomogenes Gemisch: Einspritzung innerhalb x Abgasturboaufladung: Eine mit Motorabgas be-
sehr kurzer Zeitintervalle beim Dieselmotor und aufschlagte Turbine (Abgasturbine) treibt den
beim Ottomotor mit Benzindirekteinspritzung Verdichter an.
(BDE) gegen Ende des Verdichtungstaktes
Verschiedenste Kombinationen dieser beiden Stan-
und nach dem Ort der Gemischbildung: dard-Aufladetechniken sind in Anwendung, auch
x direkte Einspritzung in den Arbeitsraum, zum elektrisch angetriebene Verdichter. Daneben finden
Beispiel bei DI-Dieselmotoren und BDE-Motoren noch Verfahren ohne Verdichter Anwendung, die
x indirekte Einspritzung in einen Nebenbrennraum, gasdynamische Vorgänge im Ansaug- und Abgassys-
zum Beispiel Vorkammer- oder Wirbelkammer- tem für die Ladungserhöhung nutzen.
sowie Luftspeicher-Dieselmotoren (IDI)
x Saugrohreinspritzung (bei Ottomotoren), zentral 2.2.7 Bauform
oder zylinderindividuell.
In der fast 130-jährigen Geschichte des Verbren-
nungsmotors sind zahlreiche Varianten der Zylinder-
2.2.5 Ladungswechselsteuerung
anordnung vorgeschlagen worden. Überlebt haben
Zur Steuerung des Ladungswechsels kommen Ventil-, nur einige wenige Standardbauformen [9, 10].
Schlitz- und Schiebersteuerungen zur Anwendung. Ausgehend vom Einzylindermotor werden bei Fahr-
Bei der Ventilsteuerung unterscheidet man obenge- zeugmotoren Zylinderzahlen bis 12 gewählt. Flugmo-
steuerte und untengesteuerte Motoren [8]. Der oben- toren wurden mit bis zu 48 Zylindern und Hochleis-
gesteuerte Motor hat hängende Ventile; das heißt die tungsmotoren mit bis zu 56 Zylindern gebaut.
2.2 Möglichkeiten der Einteilung 11
Aufladung
Fremdaufladung Selbstaufladung
Kombinierte mechanische
Kombinierte Fremd- und und Abgasturboaufladung
Abgasturboaufladung
Schwingsaugrohr-
Stauaufladung Stoßaufladung
aufladung
Bei der Zylinderanordnung gibt es zahlreiche Kombi- Nach der Wirkungsweise lassen sich einfach und
nationsmöglichkeiten, die zum Teil selbsterklärend doppelt wirkende Motoren unterscheiden, je nach-
mit Buchstaben bezeichnet werden. Bild 2-4 zeigt dem, ob der Kolben einseitig oder von beiden Seiten
eine Auswahl möglicher Zylinderanordnungen und mit den Verbrennungsgasen beaufschlagt wird. Der
Bauformen. Doppelkolbenmotor hat zwei zu einem Verbren-
Bedeutung haben heute: nungsraum gehörende Kolben, die entweder gegen-
x der Reihenmotor (eine Zylinderbank, eine Kur- läufig (Gegenkolbenmotor) oder gleichläufig (U-Kol-
belwelle). benmotor) angeordnet sind.
x der V-Motor (zwei Zylinderbänke, eine Kurbel- Nach Lage der Zylinderachse unterscheidet man den
welle): An jedem Kurbelzapfen sind zwei Pleuel stehenden, liegenden und hängenden Motor und nach
angelenkt. Übliche V-Winkel sind 45°, 60°, 90°, Lage der Steuerungseinrichtung den obengesteuerten
180°. Der VR-Motor [12] hat einen V-Winkel von und den untengesteuerten Motor.
15°, wobei die Kurbelwelle für jedes Pleuel einen
separaten Kurbelzapfen hat. 2.2.8 Zündung
x der W-Motor (drei Zylinderbänke, eine Kurbel-
welle): Je drei Pleuel sind an einem Kurbelzapfen Die Zündung des Kraftstoff-Luft-Gemisches kann
angelenkt. Ein V-Motor aus zwei VR-Bänken durch Fremd- oder Selbstzündung erfolgen:
wird als V-VR-Motor oder ebenfalls als W-Motor x Fremdzündung (Ottomotor): Ein elektrischer
bezeichnet [12]. Zündfunken entzündet das Gemisch im Zylinder.
x der Boxermotor: Im Unterschied zum V-Motor x Selbstzündung (Dieselmotor): In der durch Kom-
mit 180°-V-Winkel ist jedes Pleuel an einem sepa- pression erhitzten Luft im Zylinder entzündet sich
raten Kurbelzapfen angelenkt. der eingespritzte Kraftstoff von selbst (Kompres-
Bei der Triebwerkausführung hat sich der Kurbeltrieb sionszündung).
bewährt [19]. Als Varianten werden Tauchkolben- x Bei Gasmotoren kann zum Beispiel durch eine
und Kreuzkopfmotoren unterschieden. In der Litera- geringe, selbstzündende Dieselkraftstoffmenge das
tur werden auch noch Kurbelschleifen-und Nocken- Gas-Luft-Gemisch „fremdgezündet“ werden. Auch
triebwerke sowie kurbelwellenlose Motoren (Kurven- Benzin-Luft-Gemische lassen sich bei entspre-
scheiben-, Kurvenbahn-, Taumelscheiben-, Schräg- chend hoher Temperatur selbst entzünden, siehe
scheibenmotor) beschrieben [9]. auch Kapitel 14.3.
12 2 Definition und Einteilung der Hubkolbenmotoren
Boxer-Motor Sternreihen-Motor
X-Motor
Doppelreihen-
motor H-Motor
Zweiwellen-Gegen-
kolbenmotor
Taumelscheiben-/
Bild 2-4
Dreiwellen-Gegen-
kolbenmotor Schrägscheibenmotor Zylinderanordnungen von
Hubkolbenmotoren [9, 13]
ren mit Benzindirekteinspritzung (BDE) erfolgt ei- Bei Motoren für Sport- und Rennfahrzeuge werden
ne bedarfsgerechte Zumessung des Kraftstoffes. maximale Drehzahlen von etwa 20.000 1/min er-
Bei annähernd konstanter Luftmenge wird die Ein- reicht.
spritzmenge variiert (variables Luftverhältnis O).
Literatur
2.2.11 Einsatzzweck [1] Grote, K.-H.; Feldhusen, J. (Hrsg.): Dubbel – Taschenbuch für
den Maschinenbau, 24. Aufl. Berlin, Heidelberg, New York:
Einige Beispiele für die Verwendung von Verbren- Springer, 2014
nungsmotoren sind: [2] Kleinert, H.-J. (Hrsg.): Taschenbuch Maschinenbau – Bd. 5:
x Landfahrzeuge: Straßenfahrzeuge (Zwei- und Kolbenmaschinen, Strömungsmaschinen, 1. Aufl. Berlin: Verlag
Technik, 1989
Dreiräder, Pkw, Omnibus, Nkw), Off-Road-Fahr- [3] Reif, K.; Dietsche, K.-H. (Hrsg.): Bosch Kraftfahrtechnisches
zeuge, Schienenfahrzeuge Handbuch, 27. Aufl. Wiesbaden: Springer Vieweg, 2011
x Wasserfahrzeuge: Boote, Binnenschiffe, Küsten- [4] Rohs, U.: Kolbenmotor mit kontinuierlicher Verbrennung.
und Hochseeschiffe Offenlegungsschrift DE 199 09 689 A 1, veröffentlicht: 07.09.
x Luftfahrzeuge: Flugzeuge, Luftschiffe 2000
[5] Werdich, M.; Kübler, K.: Stirling-Maschinen: Grundlagen –
x Landwirtschaftliche Maschinen und Fahrzeuge Technik – Anwendung, 11. Aufl. Staufen: Ökobuch, 2007
x Gewerbe- und Industrieanwendungen: Bauma- [6] Buschmann, G. et al.: Zero Emission Engine – Der Dampfmotor
schinen, Förder- und Hebeanlagen, Schlepper, mit isothermer Expansion. In: MTZ 61 (2000) 5, S. 314– 323
[7] Bensinger, W.-D.: Rotationskolben-Verbrennungsmotoren. Ber-
Zugmaschinen lin, Heidelberg: Springer, 1973
x Stationäre Motorenanlagen: Motorenkraftwerke, [8] DIN Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 1940: Ver-
Blockheizkraftwerke (BHKW), Elektroaggregate, brennungsmotoren – Hubkolbenmotoren – Begriffe, Formel-
Notstromaggregate und Versorgungsanlagen. zeichen, Einheiten. Berlin: Beuth, 1976
[9] van Basshuysen, R.; Schäfer, F. (Hrsg.): Lexikon Motoren-
technik, 2. Aufl. Wiesbaden: Vieweg, 2006
2.2.12 Drehzahl- und Leistungsabstufung [10] Beier, R. et al.: Verdrängermaschinen, Teil II: Hubkolbenmoto-
ren. Köln: TÜV Rheinland, 1983
Verbrennungsmotoren werden in einem sehr breiten [11] DIN Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 6262:
Drehzahl- und Leistungsspektrum verwendet. Ihr Verbrennungsmotoren – Arten der Aufladung – Begriffe. Berlin:
Beuth, 1976
Leistungsbereich reicht von Modellmotoren mit
[12] Braess, H.-H.; Seiffert, U. (Hrsg.): Vieweg Handbuch Kraftfahr-
0,1 kW bis zu Großanlagen mit 100.000 kW. Mit dem zeugtechnik, 5. Aufl. Wiesbaden: Vieweg, 2007
Drehzahlbereich sind auch Leistung und Größe eines [13] Zima, S.: Kurbeltriebe, 2. Aufl. Wiesbaden: Vieweg, 1999
Motors festgelegt. [14] Eifler, W.; Schlücker, E.; Spicher, U.; Will, G.: Küttner Kolben-
maschinen, 7. Aufl. Wiesbaden: Vieweg+Teubner, 2009
Nach der Drehzahl unterscheidet man [1]:
[15] Merker, G.,P.; Teichmann, R. (Hrsg.): Grundlagen Verbren-
x langsamlaufende Motoren zum Beispiel in Schif- nungsmotoren, 7. Aufl. Wiesbaden: Springer Vieweg, 2014
fen (60 bis 200 1/min bei Dieselmotoren) [16] Eichlseder, H. et al.: Grundlagen der Technologie des Otto-
motors, Der Fahrzeugantrieb XIV. Wien, New York: Springer,
x mittelschnelllaufende Motoren (2.00 bis 2008
1.000 1/min bei Dieselmotoren, Höchstdrehzahl [17] Mollenhauer, K.; Tschöke, H. (Hrsg.): Handbuch Dieselmotoren,
< 4.000 1/min bei Ottomotoren) 3. Aufl. Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 2007
x schnelllaufende Motoren, zum Beispiel für Pkw [18] van Basshuysen, R. (Hrsg.): Ottomotor mit Direkteinspritzung,
3. Aufl. Wiesbaden: Springer Vieweg, 2013
(Höchstdrehzahl > 1.000 1/min bei Dieselmotoren, [19] Köhler, E.; Flierl, R.: Verbrennungsmotoren, 6. Aufl. Wiesba-
Höchstdrehzahl > 4.000 1/min bei Ottomotoren). den: Springer Vieweg, 2012
14 3 Kenngrößen
3 Kenngrößen
Motorkenngrößen dienen dem Entwickler, dem Kon- erhält man für den Kolbenweg die Beziehung:
strukteur sowie dem Benutzer von Verbrennungsmo-
§ l l ·
toren als wichtiges Hilfsmittel bei der Auslegung der sD r ¨ 1 cos D 1 (r / l )2 sin 2 D ¸ (3.7)
Grundabmessungen, bei der Leistungs- und Ver- © r r ¹
brauchsbetrachtung und bei der Beurteilung und dem
Vergleich verschiedener Motoren. Man unterscheidet sD
ª
¬
1
Os
º
r «1 cos D 1 1 Os2 sin 2 D »
¼
(3.8)
zwischen den konstruktiven Motorkenngrößen wie
Hub, Bohrung, Hubvolumen, Verdichtungsverhältnis beziehungsweise
und den Betriebskenngrößen wie Leistung, Dreh- sD r f (D ) (3.9)
moment, Drehzahl, Mitteldruck, Liefergrad und Kraft- mit f (D) = Hubfunktion.
stoffverbrauch.
Das Schubstangenverhältnis Os liegt bei Pkw-Moto-
ren üblicherweise im Bereich von 0,2 bis 0,35. Mit
3.1 Hubvolumen der Formel für den Kolbenweg lässt sich schwierig
rechnen, vor allem dann, wenn Kolbengeschwindig-
Das Hubvolumen Vh für einen Motorzylinder ist der keit beziehungsweise Kolbenbeschleunigung zu er-
Raum, den der Kolben bei einem Kolbenhub vom mitteln sind. Meistens kann vereinfachend eine Nähe-
unteren Totpunkt bis zum oberen Totpunkt durch- rungsformel benutzt werden, in der der Wurzelaus-
läuft. druck nach einer Potenzreihe (MacLaurin-Reihe) ent-
wickelt wird:
S dK2
VH Vh z sz (3.1) 1 1
4 1 Os2 sin 2 D 1 Os2 sin 2 D Os4 sin 4 D
2 8
mit
1
s = Kolbenhub Os6 sin6 D . . . (3.10)
dK = Kolben- beziehungsweise Zylinderdurchmesser 16
Vh = Hubvolumen für einen Zylinder Wegen der Werte von Os | 0,2 bis 0,35 ist bereits das
VH = Gesamthubvolumen des Motors 3. Glied gegenüber dem 1. Glied (1) sehr klein, so
z = Zylinderzahl dass
1
1 Os2 sin 2 D | 1 Os2 sin 2 D (3.11)
2
Herleitung des Kolbenhubs und des Hubvolumens
über Kurbelstellung, siehe Bild 3-1 gesetzt werden kann.
Mit der trigonometrischen Beziehung:
r l x r l r cos D l cos E 1
1 cos 2D
sD (3.2)
sin 2 D (3.12)
mit: 2
ergibt sich dann für den Kolbenweg sD:
r = Kurbelradius
ª 1 § 1 ·º
sD | r «1 cos D
l = Pleuellänge
¨ 1 1 Os2 sin 2 D ¸ » (3.13)
Zwischen dem Kurbelwinkel D und dem Pleuel- ¬ Os © 2 ¹¼
schwenkwinkel E (Pleuelwinkel) besteht der Zusam- ª 1 º
menhang: sD | r «1 cos D Os 1 cos 2D » (3.14)
¬ 4 ¼
l sin E r sin D (3.3)
Für das vom Kurbelwinkel abhängige Brennraum-
§r · volumen VD folgt:
E arcsin ¨ sin D ¸ (3.4)
©l ¹ VD Vc AK sD (3.15)
Mit Berücksichtigung von mit
VC = Kompressionsvolumen (siehe 3.2)
cos E 1 sin2 E 1 (r / l )2 sin2 D (3.5) AK = Kolbenfläche
und Einführung des Schubstangenverhältnisses Damit ergibt sich:
r ª 1 º
Os (3.6) VD | Vc AK r «1 cos D Os 1 cos 2D » (3.16)
l ¬ 4 ¼
0,36
10 0,34
a
0,32
r
9 0,3
7 9 11 13 15 17 19 21
Verdichtungsverhältnis e [-]
Eine Verdichtungserhöhung bewirkt aber gleichzeitig Bild 3-4 stellt die möglichen Bereiche des Verdich-
eine bessere Abmagerungsfähigkeit und erlaubt einen tungsverhältnisses für gängige Motoren dar.
späteren Zündzeitpunkt auf Grund der schnelleren Neue Entwicklungen zielen darauf ab, während des
Verbrennung. Hierdurch können HC- und NOx-Emis- Motorlaufs das Verdichtungsverhältnis betriebspunkt-
sionen wieder abgesenkt werden. abhängig zu variieren, zum Beispiel durch Realisie-
Bei 2-Takt-Motoren mit Schlitzsteuerung unterschei- rung einer variablen Verdichtung. Beim Ottomotor
det man zwischen dem geometrischen Verdichtungs- wird im Teillastbetrieb das Verdichtungsverhältnis
verhältnis H und dem effektiven Verdichtungsverhält- wirkungsgradoptimal gewählt, während im Volllast-
nis H c. Bild 3-3 veranschaulicht den Unterschied. Die betrieb das Verdichtungsverhältnis abgesenkt wird,
effektive Verdichtung beginnt erst, nachdem der um Klopfen zu verhindern. Beim Dieselmotor ist die
Kolben die Einlass- und Auslassschlitze verschlossen Verdichtung durch den maximalen Zylinderdruck auf
hat. Das effektive Verdichtungsverhältnis berechnet Grund der Bauteilbelastung begrenzt. Bei Dieselmo-
sich aus toren kann das geometrische Verdichtungsverhältnis
in der Volllast optimal zwischen gutem Wirkungs-
Vhc Vc
Hc (3.18) grad und maximaler Bauteilbelastung gewählt wer-
Vc den. Zum sicheren Kaltstart wird das Verdichtungs-
verhältnis möglichst hoch eingestellt.
mit
Bild 3-5 Maximale Drehzahl und mittlere Kolbengeschwindigkeit bei Nenndrehzahl heutiger Motoren
x Reibleistung
x Geräusch 1,04
Leistung [kW]
480 120 EK mK Hu (3.31)
440 100 mit
400 80 mK = zugeführte Kraftstoffmasse
360 60 Hu = unterer Heizwert des Kraftstoffs
320 40 Der Kraftstoffverbrauch wird als Volumenstrom oder
0 1000 2000 3000 4000 5000 als Massenstrom gemessen
Motordrehzahl [1/min]
mK
Leistung Drehmoment K
m U K VK (3.32)
t
Bild 3-7 Leistungs- und Drehmomentverlauf eines mit
Dieselmotors mit Aufladung [6] UK Dichte des Kraftstoffs
Auch der Kraftstoffverbrauch kann zur besseren Ver-
Beispielhaft zeigt Bild 3-7 Motorkennlinien eines
gleichbarkeit auf die innere Leistung oder auf die
Dieselmotors. Eingezeichnet sind das maximale
effektive Leistung bezogen werden.
Drehmoment und die maximale Leistung über der
Innerer spezifischer Kraftstoffverbrauch:
Drehzahl. Das Leistungsmaximum liegt nicht unbe-
dingt bei Höchstdrehzahl. Nicht nur die Spitzenwerte K
m 1
bi (3.33)
von Leistung und Drehmoment, sondern ihr Verlauf Pi Ki Hu
über der Drehzahl ist maßgebend für die Beurteilung
des Zusammenspiels Motor-Fahrzeug beziehungs- mit
weise Motor-Arbeitsmaschine (siehe auch Kapitel Ki indizierter Wirkungsgrad oder Innenwirkungs-
3.6: Gasarbeit und Mitteldruck). grad
Bezieht man die effektive Leistung Pe auf das Hub- Effektiver spezifischer Kraftstoffverbrauch:
volumen VH, so spricht man von Literleistung Pl.
K
m 1
Pe be (3.34)
Pl (3.29) Pe Ke Hu
VH
Wird die Motormasse mM auf die Leistung bezogen, mit
ergibt sich das Leistungsgewicht mG: Ke = effektiver Wirkungsgrad
mM Die Gleichung
mG (3.30)
Pe 1
be (3.35)
Erfahrungswerte hierzu zeigt Bild 3-8. Ke Hu
Drehmoment [Nm]
350
220
he [-] 300
230 240 250 260
0,45 250
270
200 280
0,4 Euro-Super 150
290 g/kWh
Diesel 100
0,35 50
0
0,3 400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200 3600 4000 4400 4800
Drehzahl [1/min]
0,25
Bild 3-11 Verbrauchskennfeld, Pkw-Dieselmotor
0,2 V8-TDI [8]
0,15
20
200 225 250 275 300 325 350 375 400 425 450 475 500 Leistungsliniendistanz: 20 kW
be [g/kWh] Verbrauchsliniendistanz: 5 g/kWh
29
50 kW
2
18 180 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000
Drehzahl in [1/min]
16 160
14 140
Bild 3-12 Leistungs- und Verbrauchskennfeld, Nfz-
Mitteldruck [bar]
10 100
270
260
8
290
80 3.6 Gasarbeit und Mitteldruck
6 60
310 330 Die Gasarbeit ist die durch den Zylinderdruck am
360
4
400
40 Kolben verrichtete Arbeit. Beim Mitteldruck unter-
2 20 scheidet man zwischen innerem und effektivem
525 g/kWh
Mitteldruck sowie dem Reibmitteldruck.
0 0
1000 2000 3000 4000 5000 6000
Drehzahl [1/min]
Innerer Mitteldruck
Der innere oder indizierte Mitteldruck pmi ist äquiva-
Bild 3-10 Leistungs- und Verbrauchskennfeld, Pkw- lent zu der auf den Kolben wirkenden spezifischen
Ottomotor [7] Arbeit.
20 3 Kenngrößen
Der innere Mitteldruck wird aus dem Zylinderdruck- sels [9] angesehen werden. Bei Saugmotoren ist das
verlauf und dem Hubvolumen bestimmt (Bild 3-14). pmiGW in der Regel negativ, also eine Verlustarbeit.
Aus dem p-V-Diagramm kann der indizierte Mittel- Bei aufgeladenen Motoren ist dieser Anteil meistens
druck durch planimetrieren (Ausmessen des Flächen- positiv.
inhalts) bestimmt werden. Wird die von der Kurve Der innere Mitteldruck, Bild 3-15, lässt sich aus der
eingeschlossene Fläche im Uhrzeigersinn umfahren, während eines Arbeitsspiels am Kolben übertragenen
so ergibt sich ein positiver, wird sie gegen den Uhr- Arbeit der Gaskraft herleiten zu
zeigersinn durchfahren, ein negativer innerer Mittel- dWKA p AK dsD (3.36)
druck. Man kann daher zwischen einem inneren
mit
Mitteldruck des Hochdruckteils und einem inneren p = Verbrennungsdruck beziehungsweise Zylinder-
Mitteldruck der Gaswechselschleife unterscheiden. druck
Die Summe dieser beiden Anteile ergibt den inneren AK = Kolben- beziehungsweise Zylinderfläche
Mitteldruck des Motors pmi (Bild 3-15). Der innere sD = Kolbenweg = f (Kurbelwinkel D)
Mitteldruck der Gaswechselschleife pmiGW setzt sich WKA = Gasarbeit am Kolben pro Arbeitsspiel
zusammen aus Ansaug- und Ausschiebearbeit und
kann daher als ein Maß für die Qualität des Gaswech- Mit der Volumenänderung in Abhängigkeit vom Kol-
benweg
AK dsD dVD (3.37)
14
dVD = Volumenänderung = f (Kurbelwinkel D)
12
und Integration über das gesamte Arbeitsspiel ergibt
10
sich
v³ p dVD
p [bar]
8
WKA (3.38)
6
Die innere Leistung PiZ eines Zylinders ergibt sich
4 somit zu
2
pUmgebung
PiZ nA WKA (3.39)
0 mit
0 100 200 300 400 500
nA = Arbeitsspiele pro Zeit = i n
V [cm3]
n = Motorumdrehungen pro Zeit
i = Arbeitsspiele pro Umdrehung
Bild 3-14 Zylinderdruck über Hubvolumen,
Für 4-Takt-Motor gilt: i = 0,5
(n = 2.000 1/min, pmi = 2 bar, Vh = 500 cm3)
Für 2-Takt-Motor gilt: i = 1
pmi
– = Bild 3-15 Bestimmung des
inneren Mitteldrucks aus den
Vh
Flächen über dem Hubvolumen
3.6 Gasarbeit und Mitteldruck 21
Nutzleistung
28,5% Kurbelwelle
11,0% Kolbenringe
9,0%
Kolben
7,5%
9,8%
Pleuel
7,0%
Gaswechsel u. Hilfsaggregate
65,5%
Bild 3-17 Aufteilung des
Thermische Verluste Wirkungsgrades bei einem
61,7%
4-Takt-Ottomotor [4]
rer Gemischbildung aus Luft, bei Motoren mit äuße- Dabei bedeutet:
rer Gemischbildung aus Luft und Kraftstoff. mZL = Luftmasse in einem Zylinder
Mit der Gasgleichung ergibt sich mZL ges = Luftmasse in allen Motorzylindern
pu Vh mth R Tu bzw. pu VH mth ges R Tu (3.57) mZK = Kraftstoffmasse in einem Zylinder
mZK ges = Kraftstoffmasse in allen Zylindern
mit
Die im Zylinder beziehungsweise in allen Motorzy-
R = RG (Gaskonstante des Gemisches) beim Otto- lindern verbleibende Ladungsmasse lässt sich nicht
motor direkt ermitteln beziehungsweise messtechnisch er-
R = RL (Gaskonstante von Luft) beim Dieselmotor fassen. Näherungsweise wird folgende Vorgehens-
oder Otto-DI weise gewählt:
Tu = Umgebungstemperatur
a) Zylinderdruckindizierung in einem oder allen
pu = Umgebungsdruck
Motorzylindern
Setzt man die Dichte des angesaugten Gemisches b) Annahme, dass die Zylinderladungstemperatur
beziehungsweise der angesaugten Luft gleich der zum Zeitpunkt „Einlassventil schließt“ näherungs-
theoretischen Ladungsdichte Uth, lässt sich der Luft- weise gleich der Temperatur im Einlasskanal vor
aufwand auch durch volumetrische Größen ermitteln dem Einlassventil ist (Messung dieser Temperatur
mit Thermoelement)
mG VG UG bzw. mG ges VG ges UG (3.58) c) Ansatz der Gasgleichung zum Zeitpunkt „Einlass-
ventil schließt“
mit
pZEs VEs mZ R TZEs
VG = volumetrischer Ladungseinsatz je Arbeitsspiel
eines Zylinders Für die Gaskonstante R wird wieder RG oder RL
VG ges = volumetrischer Ladungseinsatz je Arbeitsspiel gesetzt.
des Motors Bei 4-Takt-Ottomotoren ist der Kurbelwinkelbereich
Ottomotor: der Ventilüberschneidung (Zeitbereich, in dem so-
wohl Einlassventil als auch Auslassventil beim La-
VG VG ges dungswechsel gleichzeitig geöffnet sind) relativ klein.
Oa bzw. Oa (3.59)
Vh VH Für den Fall der kleinen Ventilüberschneidung kann
in guter Näherung Oa | Ol gesetzt werden.
Dieselmotor:
Bei Motoren ohne Aufladung sind Oa und Ol immer
VL VL ges kleiner als 1, da Strömungswiderstände beim Ansau-
Oa bzw. Oa (3.60)
Vh VH gen und beim Ausschieben ein vollständiges Ausspü-
len des geometrischen Hubvolumens verhindern. Mo-
Um den Luftaufwand am Motor experimentell zu toren mit Aufladung zum Beispiel auch Motoren mit
bestimmen, wird das angesaugte Luftvolumen oder Schwingsaugrohren haben Betriebszustände, bei de-
die Luftmasse gemessen. Zusätzlich müssen Druck nen Oa und Ol größer als 1 sind.
und Temperatur der Luft sowie der Umgebungs- Dieselmotoren, insbesondere solche mit Aufladung,
zustand und beim Ottomotor der Kraftstoffverbrauch haben große Ventilüberschneidungen, um eine Innen-
erfasst werden. kühlung und eine bessere Ausspülung des Brennrau-
mes von Restgasen zu erreichen. Hier kann Oa Ol
Liefergrad werden.
Der Liefergrad ist ein Maß für die im Zylinder nach Bei schlitzgesteuerten 2-Takt-Motoren existiert ein
Abschluss des Ladungswechsels verbleibende Frisch- erheblicher Unterschied zwischen Luftaufwand und
ladung. Diese wird wie beim Luftaufwand auf die Liefergrad bedingt durch die Überströmverluste. Der
theoretische Ladungsdichte bezogen. Quotient aus Liefergrad und Luftaufwand ergibt den
Fanggrad, welcher ein Maß für die im Zylinder ver-
mZ mZ mZ ges
Ol bzw. Ol (3.61) bleibende Frischladung ist.
mth Vh U th VH U th
Für die Zylinderfrischladung mZ beziehungsweise 3.9 Luft-Kraftstoff-Verhältnis
mZ ges gilt
Bei der motorischen Verbrennung wird das Verhält-
beim Ottomotor: nis aus der tatsächlich im Zylinder vorhandenen Luft-
mZ = mZL + mZK bzw. mZ ges = mZL ges + mZK ges (3.62) masse mL zur stöchiometrischen Luftmasse mL, St als
Luft-Kraftstoff-Verhältnis O bezeichnet.
beim Dieselmotor: Der stöchiometrische Luftbedarf LSt ist definiert als
mZ = mZL bzw. mZ ges = mZL ges (3.63) der Quotient aus der Luftmasse und der Kraftstoff-
24 3 Kenngrößen
Einheit Wert
Mittlere Molmasse des Kraftstoffs G/mol 99,1
– 7,2 Kohlenstoff
Theoretische Summenformel – 12,6 Wasserstoff
– 0,0 Sauerstoff
kg Luft
Theoretischer stöchiometrischer Luftbedarf 14,47
kg Krst
Kennfelder werden zwecks Veranschaulichung der Neben den Motoreigenschaften lassen sich im Kenn-
Betriebsstrategie eines Motors sowohl zur Dokumen- feld auch die Eigenschaften des Fahrzeugs und seines
tation der motorischen Betriebsparameter wie Zünd- Antriebstrangs aufzeigen. Dies erfolgt üblicherweise
zeitpunkt, Einspritzzeitpunkt oder Luftverhältnis durch die Fahrwiderstandslinien, die den Zusammen-
verwendet als auch zur Beurteilung der daraus resul- hang zwischen Motordrehzahl und dem vom An-
tierenden gemessenen und errechneten Größen wie triebsstrang aufgenommenen Drehmoment für jeweils
Emissionen, Kraftstoffverbrauch oder Temperaturen. einen Gang für Konstantfahrt in der Ebene zeigen
Das Motorkennfeld stellt eine hoch verdichtete In- (siehe Bild 4-1). Für Berg- beziehungsweise Talfahrt
formationsquelle dar, aus der eine Beurteilung des ergeben sich jeweils parallel verschobene Verläufe
vorliegenden Motors abgeleitet werden kann. Es wird der Fahrwiderstandslinie.
herangezogen, um bestimmte Motoreigenschaften in Liegt der Betriebspunkt des Motors oberhalb der
Abhängigkeit vom Betriebspunkt zu dokumentieren. Fahrwiderstandslinie, wird das Fahrzeug beschleu-
Das Motorkennfeld wird in der zweidimensionalen nigt; liegt er unterhalb, so wird es verzögert. Die für
Darstellung von der Gesamtheit aller möglichen die Beschleunigung verfügbare Überschussleistung
Betriebspunkte aufgespannt, wobei der Betriebspunkt resultiert aus der aktuellen Drehzahl und dem Über-
eines Verbrennungsmotors durch seine Drehzahl und schussdrehmoment, das dem Abstand der Fahrwider-
sein Drehmoment definiert ist. Im Motorkennfeld standslinie zur Volllastlinie entspricht. Bei einem
wird der Betriebsbereich des Verbrennungsmotors Gangwechsel resultiert, für gleiche Fahrgeschwindig-
durch die Volllastkurve sowie die minimale und keit, aus der Änderung der Motordrehzahl bei nähe-
maximale Drehzahl begrenzt (Bild 4-1). Die vom rungsweise gleichem Leistungsbedarf ein geändertes
Motor im jeweiligen Betriebspunkt abgegebene Drehmoment. Der Betriebspunkt verlagert sich ent-
Leistung errechnet sich nach der Beziehung lang der Leistungshyperbel bis zum Schnittpunkt mit
Pe = 2 · S · M · n. Linien konstanter Leistung werden der Fahrwiderstandslinie, die dem Gangwechsel ent-
im Motorkennfeld als Leistungshyperbeln bezeichnet. spricht. Auf diese Weise lassen sich die Änderungen
des Betriebs- oder Emissionsverhaltens in Abhängig-
keit von den Randbedingungen des Fahrzeugs und
Last
Pe = konst. des Fahrbetriebs mithilfe des Motorkennfelds beur-
Pme
M
teilen.
Pe, max
Volllast Für Fahrzustände mit geringem Fahrleistungsbedarf,
wie sie in weiten Bereichen von Emissionszyklen für
die Typprüfung eines Fahrzeugs oder im Stadtverkehr
vorkommen, sind eher Betriebspunkte aus dem linken
Berg unteren Kennfeldbereich mit geringen bis mittleren
Fahrwider- Drehzahl-Last-Kombinationen relevant. Die für Fahr-
standslinien Ebene ten auf der Autobahn typischen Lastkollektive liegen
Tal
Drehzahl dagegen im rechten oberen Bereich des Motorkenn-
nmin nmax felds.
Schiebebetrieb Aus Gründen der Vergleichbarkeit von Motoren mit
unterschiedlichem Hubraum werden anstatt des
Bild 4-1 Motorkennfeld Drehmoments häufig die auf den Hubraum bezoge-
nen spezifischen Kenngrößen der Last, wie der spezi-
Ein Motorkennfeld lässt sich mithilfe von einzelnen fische Mitteldruck pme oder die spezifische Arbeit we,
Punkten mit diskreten Werten darstellen. Liegt eine verwendet.
Vielzahl von Einzelwerten aus dem gesamten Be- Bild 4-2 zeigt am Beispiel eines Ottomotors mit Di-
triebsbereich des Motors vor, können aus diesen rekteinspritzung und Abgasturboaufladung, wie das
Werten durch Interpolation Linien gleicher Ausprä- Motorkennfeld zur Darstellung der Betriebsstrategie
gung der jeweiligen Motoreigenschaft, die sogenann- des Motors eingsetzt wird.
ten Isolinien, erzeugt werden. Die gebräuchlichste Zur Übersicht über die Betriebsstrategie werden im
Kennfelddarstellung betrifft den spezifischen Kraft- Kennfeld charakteristische Bereiche unterschiedlich
stoffverbrauch, dessen Isolinien ähnlich wie die gekennzeichnet. Im vorliegenden Beispiel wird der
Vertiefungen einer Muschelschale verlaufen und Motor im größten Teil des Kennfelds mit einem
daher auch Muschelkurven genannt werden (siehe stöchiometrischem Luft-Kraftstoff-Verhältnis betrie-
Bild 4-3). ben. Diese Strategie ist durch den Einsatz eines
eine Voraussetzung für den Schichtbetrieb ist. Die und Drehzahlen ist durch Gemischanreicherung zu-
höheren Kosten der für den Schichtbetrieb erforderli- sätzlich die Einhaltung von Abgastemperaturen unter-
chen aufwändigen Abgasnachbehandlung zur NOx- halb von kritischen Grenztemperaturen zur Ver-
Reduktion und für zusätzliche Komponenten zur meidung von Schädigungen der Abgasturbine oder
externen Abgasrückführung können für den gleichen Alterung des Katalysators zu gewährleisten. Daraus
Grundmotor beim Einsatz in kleineren Fahrzeugklas- resultiert ein zunehmender Gradient des Verbrauchs-
sen zu einer konventionellen Abstimmung führen, anstiegs.
während in oberen Fahrzeugklassen der geschichtet Bild 4-4 zeigt das typische Verbrauchskennfeld eines
magere Betrieb appliziert ist. Diese Beispiele machen Dieselmotors mit Direkteinspritzung und Turboaufla-
deutlich, dass Maßnahmen zur Abgasnachbehandlung dung. Auffällig ist der geringere Anstieg des Ver-
für unterschiedliche Märkte oder auch bereits für brauchs mit abnehmender Last, da die Qualitätsrege-
schärfere Emissionszertifizierungsstufen zu signifi- lung des Dieselmotors nicht mit Drosselverlusten
kanteren Unterschieden im Motorkennfeld führen, als verbunden ist. Trotz der im Vergleich zum Ottomotor
es beispielsweise herstellerspezifische oder konstruk- deutlich günstigeren Teillastverbrauchswerte liegen
tive Unterschiede erwarten lassen. die mit der Fahrzeugkalibrierung realisierten Ver-
bräuche insbesondere im für den Europäischen Fahr-
zyklus relevanten Kennfeldbereich über denen einer
4.1 Verbrauchskennfelder verbrauchsoptimierten Abstimmung. Ursachen hier-
Bild 4-3 zeigt ein typisches Verbrauchskennfeld eines für sind die zur Einhaltung der zulässigen NOx-
turboaufgeladenen Ottomotors mit Benzindirektein- Emissionen erforderlichen hohen Raten der Abgas-
spritzung. Wie bereits erwähnt, werden die Linien rückführung (AGR) sowie die teilweise später kalib-
konstanten spezifischen Kraftstoffverbrauchs auf- rierten Einspritzzeitpunkte.
grund ihrer Form auch Muschelkurven genannt. Das
Minimum des spezifischen Kraftstoffverbrauchs be-
findet sich im niedrigen mittleren Drehzahlbereich im
Bereich von Lasten im leicht aufgeladenen Betrieb. In
einem größeren Bereich um das Verbrauchsminimum
ist der Gradient des Verbrauchsanstiegs flach. Zu
niedrigen Lasten hin steigt der Gradient stark an. We-
sentliche Ursachen hierfür sind zunehmende Drossel-
verluste beim Ottomotor sowie der im Verhältnis zum
abgegebenen Nutzmoment zunehmende Anteil der
Reibung.
4.2 Emissionskennfelder
Gegenstand der Emissionskennfelder sind in der Re-
gel die Rohemissionen der gesetzlich limitierten
Schadstoffkomponenten Kohlenwasserstoffe (HC),
Stickoxide (NOx) und Kohlenmonoxid (CO). Üblich
ist dabei die Darstellung der auf die Arbeit bezogenen
spezifischen Werte (in g/kWh) oder als Massenströ- Bild 4-5 Luft-Kraftstoff-Verhältnis (TC-DI-Otto-
me (in g/h). Für Dieselmotoren sowie für Ottomoto- motor)
ren mit Direkteinspritzung sind auch die Kennfelder
der Partikelemissionen von Bedeutung. Neben den
Rohemissionskennfeldern werden häufig auch die An der Volllast findet, bedingt durch die Gemischan-
Emissionswerte hinter den Katalysatoren ausgewie- reicherung, die Verbrennung unter Sauerstoffmangel
sen. Diese erlauben einerseits eine Bewertung der statt. Bei den maximalen Anreicherungsraten im Be-
Konvertierung im Katalysator und sie werden ande- reich des Nennleistungspunkts stellt sich das Maxi-
rerseits zur Abschätzung der vom Fahrzeug in einem mum der CO-Konzentration von 3,0 Vol.-% ein. Die-
Fahrzyklus emittierten Schadstoffmengen herange- se in Bild 4-6 zum Ausdruck kommende Abhängig-
zogen. keit der CO-Konzentration vom Luft-Kraftstoff-Ver-
Die Bilder 4-5 bis 4-9 zeigen charakteristische Kenn- hältnis kann als typisch Ottomotoren gelten. Bei Mo-
felder konventioneller Ottomotoren sowie ausgesuch- toren mit konzeptspezifisch erforderlicher stärkerer
te Kennfelder operativer Parameter mit Relevanz für Gemischanreicherung werden jedoch auch deutlich
das Emissionsverhalten. Die den gezeigten Kennfel- höhere CO-Konzentrationen gemessen.
dern zugrunde liegenden Motoren sind zur effizienten
Abgasnachbehandlung mit Dreiwegekatalysator aus-
gestattet. Die Kennfelder beziehen sich auf den Be-
trieb des betriebswarmen Motors. Dies sowie die an
den ausgewählten Motoren zur exakten Einhaltung ei-
nes stöchiometrischen Gemisches eingesetzte Lamb-
da-(O-)Regelung gewährleisten eine hohe Konvertie-
rung aller Schadstoffkomponenten im Katalysator
nach dem Dreiwegeprinzip. Das in Bild 4-5 gezeigte
Luft-Kraftstoff-Verhältnis weist den großen Kenn-
feldbereich aktiver Lambda-Regelung deutlich aus.
Im gezeigten Beispiel des aufgeladenen Ottomotors
mit Direkteinspritzung wird eine Gemischanreiche-
rung im volllastnahen Bereich bei hohen Drehzahlen
vorgenommen. Im Bereich des Nennleistungspunkts
sind die minimalen Luft-Kraftstoff-Verhältnisse mit
Werten um O = 0.9 kalibriert. Zur Darstellung eines
hohen Eckdrehmoments bei niedriger Drehzahl ist ein Bild 4-6 CO-Konzentration vor Katalysator (TC-DI-
mageres Luft-Kraftstoff-Verhältnis bis zu O = 1.1 im Ottomotor)
Abgas als Resultat einer spülenden Abstimmung mit
großer Ventilüberschneidung zu erkennen. Auch im stöchiometrischen Betrieb kann das Niveau
Die CO-Konzentration ist in erster Linie eine Funk- der NOx-Rohemission durch Abstimmung der opera-
tion des Luft-Kraftstoff-Verhältnisses, wie die Kenn- tiven Parameter beeinflusst werden. So bietet die
felder in Bild 4-5 und 4-6 zeigen. Im Kennfeldbe- AGR im Teillastbetrieb ein erhebliches Potenzial zur
reich mit aktiver Lambda-Regelung liegen die Kon- Reduktion der NOx-Rohemissionen bei gleichzeitigen
zentrationen üblicherweise in einer unkritischen Grö- Wirkungsgradvorteilen infolge der mit der AGR ver-
ßenordnung zwischen 0,5 Vol.-% und 0,8 Vol.-%. bundenen Entdrosselung des Motors. Die Abgasrück-
30 4 Kennfelder
führung kann entweder extern über ein Ventil oder als des Volllast-Drehmomentverhaltens. Durch die Opti-
interne Abgasrückführung durch Änderung der Steu- mierung der Steuerzeiten als Funktion der Drehzahl
erzeiten realisiert werden. Das Kennfeld der spezifi- lassen sich bei Saugmotoren signifikante Luftauf-
schen NOx-Emissionen eines Ottomotors mit externer wandsvorteile mit der Folge eines verbesserten Dreh-
Abgasrückführung in Bild 4-7 und das zugehörige momentverlaufs realisieren.
Kennfeld der mittels AGR-Ventil kalibrierten AGR- Anders als das Niveau der NOx- und CO-Emissionen
Raten in Bild 4-8 geben ein Beispiel für die prakti- wird das Ausmaß der HC-Rohemissionen deutlich
sche Anwendung der Abgasrückführung. Das Mini- stärker durch konstruktive Parameter beeinflusst. An
mum der NOx-Emissionen wird im Betriebspunkt mit erster Stelle ist hier die Brennraumform zu nennen,
der maximalen AGR-Rate erzielt. Außerhalb des wobei das Oberflächen/Volumenverhältnis eine
Kennfeldbereichs externer AGR stellt sich ein typi- charakteristische Kenngröße darstellt. Die Sensitivität
sches Verhalten der NOx-Emissionen ein. Die zur der HC-Emission gegenüber operativen Parametern
Volllast sowie zu hohen Drehzahlen hin zu erkennen- ist für den betriebswarmen Motor mit Kanaleinsprit-
de starke Abnahme der NOx-Emission ist eine Folge zung zwar vorhanden, in den üblichen Variationsbe-
der Gemischanreicherung. reichen jedoch eher von untergeordneter Bedeutung.
Motoren mit Benzindirekteinspritzung reagieren in
Bezug auf die HC-Emissionen dagegen deutlich
12 NOx [g/kWh] sensitiver auf eine Variation der einspritzungsrele-
vanten Parameter wie Raildruck, Einspritztiming oder
10 Anzahl der Einspritzungen pro Arbeitszyklus. Bei
Effektiver Mitteldruck [bar]
0
1000 2000 3000 4000 5000 6000 12 HC [g/kWh]
Drehzahl [1/min]
10
Effektiver Mitteldruck [bar]
0
8 1000 2000 3000 4000 5000 6000
4
Drehzahl [1/min]
6 8
12
4 15 Bild 4-9 Spezifische HC-Emissionen (MPI-Otto-
motor)
2
selmotoren ist die Filter Smoke Number (FSN). Die erkennen, dass sich der Vorzündbedarf bei zuneh-
erhöhten Schwarzrauchwerte im emissionsrelevanten mender Drehzahl sowie bei abnehmender Last ten-
Kennfeldbereich (Bild 4-14) deuten auf den Zusam- denziell erhöht. Diese Tendenz wird von weiteren
menhang zwischen der Partikelbildung und der AGR Effekten überlagert. Im unteren Lastbereich ist bereits
hin. Dieser Zusammenhang macht ebenso den be- bei niedrigen Drehzahlen eine deutliche Frühverstel-
kannten Zielkonflikt zwischen NOx- und Partikel- lung der Zündung zu erkennen. Für den gezeigten
emissionen deutlich. Außerhalb des mit AGR abge- Motor ist in diesem Bereich eine interne AGR kali-
stimmten Kennfeldbereichs ist das Niveau der briert. Das als Inertgas wirkende zurückgeführte
Schwärzungszahlen auf relativ niedrigem Niveau. Es Abgas verzögert den Brennverlauf, der entsprechend
steigt erst im volllastnahen Bereich wegen des dort früher eingeleitet werden muss. Weiter zeigt sich im
vorherrschenden geringeren Luft-Kraftstoff-Verhält- oberen Lastbereich eine Spätverstellung der Zündung.
nisses insbesondere bei niedrigen Drehzahlen wieder Dieses Verhalten ist auf die im Bereich hoher Zylin-
signifikant an. derfüllung zunehmende Klopfneigung zurückzufüh-
Der Partikelbildung muss durch eine gute Aufberei- ren. Dem heutigen Stand der Technik entsprechend
tung des eingespritzten Dieselkraftstoffs begegnet können die aus dieser Maßnahme resultierenden
werden. Deshalb stellt die Hochdruckeinspritzung mit Nachteile durch die Anwendung dynamischer Klopf-
hoher Zerstäubungsgüte eine der wesentlichen Ent- regelungssysteme minimiert werden. Diese ermögli-
wicklungsrichtungen moderner Dieselmotoren dar. chen hinsichtlich des Drehmoments optimierte Vor-
Parallel zu den innermotorischen Maßnahmen wur- zündwinkel ohne die Gefahr eines Motorschadens
den für sensible Märkte in den vergangen Jahren Par- aufgrund einer klopfenden Verbrennung.
tikelfiltersysteme eingeführt. Der Grund hierfür liegt
in schärferen Partikel- bei gleichzeitig reduzierten
NOx-Emissionsgrenzwerten sowie der öffentlichen
Diskussion über die Feinstaubbelastung im urbanen
Raum. Abweichend zu der in den Motorkennfeldern
dokumentierten Stationärkalibrierung erfolgen bei der
intermittierenden Regeneration des Partikelfilters
Eingriffe in die Kalibrierung des Motors, die zur zeit-
weisen Anhebung der Abgastemperaturen in be-
stimmten Kennfeldbereichen führen, um so den Ab-
brand der an der Filteroberfläche angesammelten Par-
tikelbeladung zu fördern.
der Partikelemissionen. Bild 4-16 und Bild 4-17 zei- 4.4 Abgastemperaturkennfelder
gen die Kennfelder für den Einspritzbeginn der
Haupteinspritzung und die typische Einspritzstrategie Das Verhalten der Abgastemperatur eines Ottomotors
eines modernen Pkw-Dieselmotors. Es ist zu erken- ist in Bild 4-18 dargestellt. Der steile Anstieg der Ab-
nen, wie durch die EDC-Motorsteuerung das Ein- gastemperatur zu hohen Lasten hin erfordert gezielte
spritzmuster an den jeweiligen Lastbereich angepasst Maßnahmen, um den Abgaskatalysator vor thermi-
wird. Bei kleinen Lasten und Drehzahlen wird die scher Alterung oder gar Zerstörung zu schützen. Hier-
Einspritzung auf zwei Voreinspritzungen und eine zu dienen sowohl konstruktive Maßnahmen als auch
Haupteinspritzung aufgeteilt. Bei mittleren Lasten die Kalibrierung der Betriebsparameter des Motors.
wird dieses Einspritzmuster gegebenenfalls um eine Für Motoren mit Abgasturboaufladung ist unter Be-
angelagerte Nacheinspritzung ergänzt. Im Kennfeld- rücksichtigung des Bauteilschutzes zusätzlich die
bereich höherer Last und Drehzahl wird die Anzahl Gastemperatur am Turbineneintritt kritisch. Im Zuge
an Voreinspritzungen reduziert. des Bauteilschutzes wird das Kraftstoff-Luft-Gemisch
bei Ottomotoren daher im Kennfeldbereich kritischer
Abgastemperaturen wie zuvor beschrieben ange-
reichert.
Temperatur T
qzu qzu
qab qab
pmax
qzu
qzu
pmax
Druck p
Tmax
Temperatur T
Tmax
Tmin pmin
qab
pmin
qab Tmin
Bild 5-2 Zustandsänderungen
Entropie s Volumen v beim Carnot-Prozess [20]
Der Zustand des Mediums am zum Beispiel Beginn Im T-s-Diagramm stellt sich der Carnot-Prozess als
der Verdichtung und am Ende der Wärmeabfuhr ist Rechteck dar. Der thermische Wirkungsgrad ergibt sich
identisch. Solche Zustandsdiagramme für Verbren- als Verhältnis von Nutzarbeit zu zugeführter Wärme.
nungsmotoren sind: qzu qab q
Kth 1 ab (5.2)
x Druck-Volumen-Diagramm (p-v-Diagramm): Die qzu qzu
darin enthaltene Fläche stellt eine Arbeit dar, die
als indizierte Arbeit bezeichnet wird. Tmin s1 s2 T
Kth 1 1 min (5.3)
x Temperatur-Entropie-Diagramm (T-s-Diagramm): c
Tmax s4 s3 Tmax
Die Flächen stellen Wärmen dar. Die Kreispro-
zessarbeit ist die Differenz aus zugeführter und Der thermische Wirkungsgrad nimmt bei gegebenem
abgeführter Wärme. Damit ist die von den Linien Temperaturverhältnis beim Carnot-Prozess den
der Zustandsänderungen umschlossene Fläche ein höchsten überhaupt erreichbaren Wert an. Im p-v-
Diagramm ist die Diagrammfläche des Carnot-Pro-
Maß für die Nutzarbeit des Kreisprozesses.
zesses aber so klein, dass – um eine akzeptable Nutz-
Zentrale Aussagen, die bezüglich des motorischen arbeit (entsprechend der Fläche im p-v-Diagramm) zu
Prozesses mit solchen Kreisprozessen ermöglicht erhalten – die Temperaturen und Drücke auf tech-
werden, sind solche über den Prozesswirkungs- nisch nicht mehr vertretbare Höhen getrieben werden
grad. müssten. Diese Erfahrung musste RUDOLF DIESEL
Als Definition eines solchen Wirkungsgrades, des machen, als er mit seinem rationellen Wärmemotor
thermischen Wirkungsgrades gilt: den Carnot-Prozess verwirklichen wollte. Ein als
qzu qab qab Rechteck verlaufender Prozess im p-v-Diagramm lie-
Kth 1 (5.1) fert zwar die größte Arbeitsausbeute, hat aber – we-
qzu qzu gen der kleinen Fläche im T-s-Diagramm – einen sehr
Darin bedeuten: qzu = zugeführte Wärmemenge und niedrigen Wirkungsgrad. Als Rechteck verlaufende
qab = abgeführte Wärmemenge. Prozesse sind also für die Praxis nicht geeignet.
Die Theorie der Kreisprozesse geht auf den französi- Die mit einer Wärmekraftmaschine technisch realisier-
schen Offizier SADI CARNOT (1796 bis 1832) zurück, baren Kreisprozesse unterliegen Vorgaben durch Geo-
der erkannte, dass zur Umwandlung von Wärme in metrie und Kinematik der jeweiligen Maschinenart,
Arbeit ein Temperaturgefälle vorhanden sein muss, Bedingungen der Energieumwandlung sowie dem
und dass der thermische Wirkungsgrad einer Wärme- Stand der Technik. Beurteilungskriterien für Vergleichs-
kraftmaschine umso höher ist, je höher die Tempera- prozesse, die im Folgenden beschrieben werden, sind:
tur, bei der die Wärme zugeführt und je niedriger die x Wirkungsgrad
Temperatur, bei der sie abgeführt wird; besonders x Arbeitsausbeute und
deutlich wird das an dem von ihm beschriebenen x technische Realisierbarkeit.
optimalen Kreisprozess, dem sogenannten Carnot-
Prozess (Bild 5-2).
Die Zustandsänderungen des Carnot-Prozesses sind: 5.2 Vergleichsprozesse
x Isotherme Verdichtung 5.2.1 Einfache Modellprozesse
x Isentrope Verdichtung Die motorischen Kreisprozesse beschreiben die Ener-
x Isotherme Expansion gieumwandlung, wobei die einzelnen Zustandsände-
x Isentrope Expansion. rungen des Arbeitsmittels dem tatsächlichen Gesche-
36 5 Thermodynamische Grundlagen
hen im Motor möglichst nahe kommen sollen. Im Er besitzt den thermodynamisch günstigsten Prozess-
Rahmen dieser Betrachtungen stellen Verbrennungs- verlauf, der in einer Maschine mit periodisch verän-
motoren geschlossene Systeme dar, in denen die derlichem Arbeitsraum, unter vertretbarem techni-
Energieumwandlung diskontinuierlich verläuft. Ein schem Aufwand, realisiert werden kann [1]. Der da-
Charakteristikum der Kreisprozesse von Verbren- raus resultierende thermische Wirkungsgrad ist bei
nungsmotoren ist, dass die Zustandsänderungen in gleichem Verdichtungsverhältnis größer als der des
einem Arbeitsraum ablaufen, dessen Größe sich Seiliger- und des Gleichdruckprozesses. Der Wir-
durch die Bewegung des Kurbeltriebs im Laufe des kungsgrad ist abhängig von der Gasart (Isentropen-
Arbeitsspiels ändert. Verdichtung und Expansion las- exponent) und dem Verdichtungsverhältnis. Er steigt
sen sich durch einfache Zustandsänderungen be- mit zunehmendem Verdichtungsverhältnis und be-
schreiben. Die Verbrennung und der Gaswechsel stimmt sich mit:
werden durch Wärmezu- und Wärmeabfuhr ersetzt. qzu v qab
Ideale Kreisprozesse für Verbrennungsmotoren wer- Kth (5.4)
den nach der Art der Wärmezufuhr unterschieden. qzu v
Ein allgemeiner Prozessverlauf lässt sich mit Wärme-
zufuhr bei konstantem Volumen (isochor) und bei 5.2.1.2 Gleichdruckprozess
konstantem Druck (isobar), wie er von MYRON
SEILIGER (1874 –1952) beschrieben worden ist und Die Zustandsänderungen des Gleichdruckprozesses
als Seiliger-Prozess bezeichnet wird, darstellen. Daraus sind in Bild 5-4 dargestellt. Die Folge der Zustands-
lassen sich Grenzfälle ableiten wie der reine Gleich- änderungen bei diesem Prozess ist:
raum- (nur isochore Wärmezufuhr) und der reine x Isentrope Verdichtung
Gleichdruckprozess (nur isobare Wärmezufuhr). x Isobare Wärmezufuhr
x Isentrope Expansion
5.2.1.1 Der Gleichraumprozess
x Isochore Wärmeabfuhr.
In Bild 5-3 ist der Zustandsverlauf des Gleichraum-
Er kann dann als Vergleichsprozess herangezogen
prozesses dargestellt. Die Folge von Zustandsände-
rungen bei diesem Prozessverlauf ist: werden, wenn aus Gründen der Bauteilbelastung eine
Begrenzung des Höchstdruckes notwendig ist. Der
x Isentrope Verdichtung thermische Wirkungsgrad bestimmt sich dann mit:
x Isochore Wärmezufuhr
x Isentrope Expansion qzu p qab
Kth (5.5)
x Isochore Wärmeabfuhr. qzu p
Gleichraumprozess
Druck p
Temperatur T
3
3
qzu
qzu
2
2
4
4 qab
1
1 qab
Volumen v
Bild 5-3 Zustandsänderungen
Entropie s
im Gleichraumprozess [20]
qzu
qzu 3
Temperatur T
Druck p
2 3
2
4
1 qab
1 qab
Volumen v Entropie s
Bild 5-4 Zustandsänderungen
im Gleichdruckprozess [20]
5.2 Vergleichsprozesse 37
Temperatur T
4
3 4 qzu
3
qzu
2
2
5
5 qab
1
qab
1
Der Wirkungsgrad dieses Prozesses ist von der Gasart Durch die Aufladung ändert sich der motorische
(Isentropenexponent), dem Verdichtungsverhältnis Prozess prinzipiell nicht; lediglich das Druckniveau
und der zugeführten Wärmemenge bei konstantem wird angehoben. Der Verdichtung im Motor ist die
Druck abhängig. Er steigt mit zunehmendem Ver- im Verdichter vorgeschaltet, und nach der Expansion
dichtungsverhältnis; sinkt jedoch mit zunehmender im Motor und einer Expansion im Abgasrohr folgt die
Wärmezufuhr. Der Gleichdruckprozess erreicht von Expansion in der Turbine.
den drei betrachteten Prozessführungen den gerings- x Isentrope Verdichtung im Verdichter
ten Wirkungsgrad. x Isentrope Verdichtung im Motor
x Isochore Wärmezufuhr im Motor
5.2.1.3 Seiliger-Prozess x Isobare Wärmezufuhr im Motor
x Isentrope Expansion im Motor
Die Zustandsänderungen des Seiliger-Prozesses sind
x Isochore Wärmeabfuhr aus dem Motor
in Bild 5-5 dargestellt. Im Einzelnen sind dies:
x Isobare Wärmezufuhr zur Turbine
x Isentrope Verdichtung x Isentrope Expansion in der Turbine
x Isochore Wärmezufuhr x Isobare Wärmeabfuhr aus der Turbine.
x Isobare Wärmezufuhr Die Arbeiten der Abgasturbine und des Verdichters
x Isentrope (adiabat-reversible) Expansion stellen sich entsprechend als Flächen im p-V-Dia-
x Isochore Wärmeabfuhr. gramm dar (Bild 5-6).
Bei gegebenem Verdichtungsverhältnis ist eine
Höchstdruckbegrenzung vorzugeben. Die zugeführte 5.2.1.4 Vergleichende Betrachtung
Wärme erfolgt teilweise isochor und teilweise isobar. der Kreisprozesse
Der sich aus dieser Prozessführung ergebende thermi-
Bild 5-7 zeigt den Vergleich der drei betrachteten
sche Wirkungsgrad ist:
Prozesse im p-V- und T-s-Diagramm. Der Wirkungs-
qzu v qzu p qab grad des Gleichraumprozesses ist dabei bei gleichem
Kth (5.6)
qzu v qzu p Verdichtungsverhältnis der maximal erreichbare. Das
begründet sich in der geringeren abzuführenden Wär-
Zu beachten ist, dass die Wärmemenge qzu v bei kon- memenge bei gleichem Verdichtungsverhältnis und
stantem Volumen zugeführt wird und daher über die gleicher zugeführter Wärmemenge gegenüber den
Temperaturdifferenz mittels spezifischer Wärme bei beiden anderen Prozessführungen.
konstantem Volumen (cv) zu bestimmen ist, während
die Wärmezufuhr bei konstantem Druck qzu p aus der
Temperaturdifferenz mittels spezifischer Wärme bei
5.2.2 Exergieverluste
konstantem Druck (cp) zu bestimmen ist. Die exergetische Betrachtung der behandelten Pro-
Je nach Aufteilung der zugeführten Wärmemenge auf zessführungen zeigt, dass die Exergie der zugeführten
die isochore und isobare Zustandsänderung ergibt Energie nur teilweise in mechanische Arbeit umge-
sich als Grenzkurve für den thermischen Wirkungs- wandelt werden kann. Unter Exergie soll dabei die
grad diejenige, die bei reinem Gleichraum bezie- Energie verstanden sein, die sich unter Berücksichti-
hungsweise Gleichdruck vorliegen würde. gung einer vorgegebenen Umgebung in jede andere
Betrachtet man diesen Prozessverlauf für einen aufge- Energieform umwandeln lässt. Anergie ist dabei der
ladenen Motor, so ergeben sich die in Bild 5-6 darge- Teil der Energie, der sich nicht in Exergie umwan-
stellten Zusammenhänge. deln lässt [1].
38 5 Thermodynamische Grundlagen
q34
p01 p67
Druck
3 4 p5
Verdichter Abgas- Turbine
sammelrohr
q23
2
pL Ladedruck
pA Abgasgegendruck
p0 atmosph. Druck
5
q51
1
pL 11 7′ 7
pA 10
6
p0 9
0 8′ 8
Temperatur T
Prozess
Prozess
Gemischter
Gemischter Prozess
Prozess
Gleichdruck-
Prozess Gleichdruck-
Prozess
Volumen V Entropie s
beim gemischten Prozess
zusätzlich abgeführte Wärmemenge
beim Gleichdruck-Prozess Bild 5-7 Vergleich der motori-
zusätzlich abgeführte Wärmemenge
schen Vergleichsprozesse [20]
Eine anschauliche Darstellung am Beispiel des Dies würde jedoch bei dem realen Motor einen erheb-
Gleichraumprozesses liefert Bild 5-8. Im p-V-Dia- lichen zusätzlichen technischen Aufwand bedeuten,
gramm sind zwei der Prozessverluste darstellbar: der in keinem Verhältnis zum erzielten Gewinn ste-
x Würde das Medium vom Punkt 4 aus bis auf den hen würde.
Punkt 5, das heißt auf den Ausgangsdruck ent- Der dritte Verlust speist sich aus der Anergie der zu-
spannt, so wäre die Arbeit (Fläche 4-5-1-4) nutz- geführten Energie. Er ist nicht unmittelbar der Pro-
bar. zessführung anzulasten. Hat ein Medium die Umge-
x Die Fläche 5-6-1-5 wäre nutzbar, wenn das Me- bungstemperatur und den Umgebungsdruck erreicht,
dium nicht nur auf den Ausgangsdruck, sondern so befindet es sich im thermischen und mechanischen
auch noch weiter auf die Ausgangstemperatur Gleichgewicht mit der Umgebung. Der zweite Haupt-
expandiert würde. Daran müsste sich eine iso- satz der Thermodynamik verbietet dann die Umwand-
therme Verdichtung auf den Ausgangsdruck an- lung der inneren Energie in Exergie beziehungsweise
schließen. in Nutzarbeit. [1].
5.3 Offene Vergleichsprozesse 39
Druck
x Verbrennungsprodukte liegen im chemischen
3 Gleichgewicht vor.
Mit dem so definierten Prozess lassen sich Einflüsse
der Parameter Verdichtungs- und Luft-Kraftstoff-
Verhältnis auf Mitteldruck, Prozesswirkungsgrad und
2 einige Konzentrationen von Stoffkomponenten be-
4
I
5
stimmen, Bild 5-9.
Pu
1 6 Je nach Betrachtungsweise kann in Anlehnung an die
II
v
einfachen Kreisprozesse eine Prozessführung für die
Verbrennung gewählt werden. Das kann ein isochorer
Temperatur
12 500 45 5
hv
ppm hi Vol%
10 000 40 4
n = 2 000 min–1
e = 7,8
7 500 35 3
Prozesswirkungsgrad hi, hv
hi
CO-Konzentration
NO-Konzentration
gemessen
gerechnet { eingefrorene
Konzentrationen
gerechnet { Gleichgewicht
chemisches
5 000 30 2
2 500 25 1
CO
Verbrennung
40 5.3.2.1 Nulldimensionale Modelle
Einfache Modelle der Arbeitsprozessrechnung von
Verbrennungsmotoren sind „nulldimensionale“ Mo-
20 delle, die als Füll- und Entleermethode bekannt ist
[21]. Dabei hängen die Prozessgrößen nur von der Zeit
Abgas
und nicht vom Ort ab. Zwei- oder dreidimensionale
0
Strömungsfelder werden dabei nicht berücksichtigt.
0 1 2 4 6 8 Der Brennraum und die angrenzenden gasführenden
Luft-Kraftstoff-Verhältnis Baugruppen wie zum Beispiel Ansaug- und Abgas-
rohre, beziehungsweise Behälter, Absperrorgane wie
Bild 5-10 Exergieverlust durch Verbrennung und Klappen, Ventile etc. werden bezüglich der Ein- und
Abgas [nach 4] Ausströmvorgänge physikalisch/mathematisch be-
schrieben.
Das Simulationssystem wird aufgebaut aus Behältern
der relative Abgasexergieverlust mit:
mit entsprechenden Volumina, Strömungswiderstän-
E4 den (Drosseln und Blenden) und Rohrleitungen. Die
EA (5.20)
E1 Drosseln und Blenden simulieren zum Beispiel Dros-
selklappen, AGR-Ventile und starke Querschnittsver-
Bild 5-10 zeigt den Verlauf des relativen Exergie- änderungen [25]. Verdichter und Turbine werden bei
verlustes beim vollkommenen Ottoprozess. aufgeladenen Motoren durch entsprechende Kennfel-
Der relative Exergieverlust des Abgases sinkt mit der berücksichtigt.
steigendem Luft-Kraftstoff-Verhältnis, während der Die Lösung des Differentialgleichungssystems der
relative Exergieverlust der Verbrennung mit steigen- Bilanzgleichungen für die Masse und die Energie
dem Luft-Kraftstoff-Verhältnis zunimmt. In Summe unter Berücksichtigung der thermischen Zustands-
resultiert daraus ein Anstieg des Wirkungsgrades mit gleichung liefert die Größen Masse, Temperatur und
dem Luft-Kraftstoff-Verhältnis. Druck im entsprechenden Modellelement.
Beim Ein-Zonen-Modell, als „nulldimensionales“ Mo-
dell, wird die Wärmefreisetzung der chemischen Ener-
5.3.2 Annäherung an den realen gie des Kraftstoffs oft mit Hilfe eines Ersatzbrennver-
Arbeitsprozess laufs vorgegeben. Das System beschreibt sich über
Sowohl die einfachen Kreisprozesse als auch der Massen- und Energiebilanz in definierten System-
Prozess des vollkommenen Motors liefern nur begrenzt grenzen. Die dazu notwendigen Bilanzgleichungen
Aussagen über die realen im Motor ablaufenden Pro- berücksichtigen die unterschiedlichen Möglichkeiten
zesse. Daher sind Modelle notwendig, die eine weitere der Kraftstoffzufuhr in den Brennraum, wobei die
Annäherung an den realen Prozess ermöglichen. Insbe- daraus folgenden unterschiedlichen Randbedingun-
sondere sind Aussagen über indizierter Mitteldruck, gen zur Aufbereitung (Verdampfung) des Kraftstoffs
Innenwirkungsgrad, Verbrennungsverläufe (Brenn- wichtig sind. Neben der Energiefreisetzung werden in
funktionen), Verbrennungstemperaturen, Schadstoff- der Regel Annahmen zum Wärmeübergang [15, 16,
bildung etc. wünschenswert. Solche Aussagen erhält 22, 23] und Ladungswechsel benötigt.
man mit Modellen, die zum Beispiel als Zwei-Zonen- Eine weitere Variante der „nulldimensionalen“ Mo-
Modelle beschrieben werden können. delle sind Zwei-Zonen-Modelle. Hierbei wird der
Weitere Modellrechnungen basieren auf der Vorgabe Brennraum in zwei Zonen unterteilt, die durch eine
des Einspritzratenverlaufs, mit dessen Hilfe Aussagen sogenannte Flammenfront getrennt sind.
über den Brennverlauf und die NO-Emissionen mög- Die Zone eins repräsentiert das unverbrannte Ge-
lich sind [10, 17, 18] oder benutzen Einzonenmodelle misch aus Luft und Kraftstoff, die Zone zwei die
mit vorgegebenem Ersatzbrennverlauf [7]. Verbrennungsprodukte, die sich im OHC(Sauerstoff-
Viele dieser Modelle verzichten auf die Betrachtung des Wasserstoff-Kohlenstoff)-Gleichgewicht befindet. Die
Reaktionsablaufs und bedienen sich stattdessen geeigne- fiktive, räumlich nicht vorhandene Flammenfront, die
ter Funktionen bezüglich der Energiefreisetzung durch außerdem als masselos betrachtet wird, trennt die bei-
die Verbrennung [11], zum Beispiel die Vibe-Funk- den Zonen. Solche Modelle, die reaktionskinetische
tion [6]. Einflüsse berücksichtigen, lassen bei vorgegebenem
Weitergehende thermodynamische Betrachtungen Brennverlauf Rückschlüsse auf die NOx-Bildung
können zu Modellen führen, die neben dem zeitlichen zu [8].
5.3 Offene Vergleichsprozesse 43
Volumen- Volumen-
änderungs- änderungs-
arbeit Zone 1 Zone 1 Zone 2 arbeit Zone 2
Luft und Kraftstoffe Verbrennungsprodukte
OHC-Gleichgewicht
Wandwärme- Wandwärme-
verluste verluste
Zone 1 Zone 2
Bild 5-11 Schematische
infinitesimal dünne Systemgrenze Darstellung des Zwei-Zonen-
Flammenfront Modells
Eine schematische Darstellung des Zwei-Zonen-Mo- darstellt. Im Unverbrannten ändern sich die spezifi-
dells zeigt Bild 5-11. schen Molzahlen definitionsgemäß nicht. Aus diesen
Größen sind Aussagen über die Brenngeschwindigkeit,
Modelle zur Bestimmung des Brennverhaltens die Brenndauer und den Brennverzug möglich. Die
Da eine direkte Bestimmung des zeitlichen Stoffum- Prozessrechnung erfolgt dann mit folgenden Schritten
satzes während der Verbrennung im Motor praktisch als Funktion der Zeit beziehungsweise des Kurbel-
nicht möglich ist, verwendet man Modellrechnungen. winkels D:
Trotz Vereinfachungen zeigen die Erfahrungen, dass 1. Zylinderfüllung zu Beginn der Reaktion
damit sehr gut zumindest qualitative Aussagen mög-
Mit der thermischen Zustandsgleichung
lich sind.
Beschrieben wird im Nachfolgenden ein auf der p v ¦V
i
i Rm T (5.21)
Thermodynamik beruhendes Modell, welches wie
folgt definiert ist: und den empirisch ermittelten Größen Brennraum-
x Verwendung des im Motor gemessenen Druckver- druck, Volumen oberhalb des Kolbens und Frisch-
laufs für die Prozessrechnung. gaszusammensetzung lässt sich die Temperatur be-
x Zum Zeitpunkt der Zündung besteht der Zylinder- stimmen.
inhalt aus Restgas und Frischgemisch. 2. Verbrennungsablauf
x Die in den Zylinder einströmende Masse verbleibt Zone I Unverbranntes: Die thermische Zustandsglei-
vollständig im Zylinder (keine Masseverluste). chung und der erste Hauptsatz der Thermodynamik
x Während der Verdichtung finden keine chemi- für offene Systeme ergeben
schen Reaktionen statt.
x Die Ladung im Zylinder besteht während der p vI ¦V i
iI Rm TI und (5.22)
Verbrennung aus zwei homogenen Bereichen in
Bezug auf Druck, Temperatur und Zusammenset- dTI 1 § dq R T dp kI ·
¨¨ I m I ¦ V iI ¸¸ (5.23)
zung (Bereich I = Unverbranntes; Bereich II = dD kI
D D
¦V iI cp mi (TI ) ©
d p d i 1 ¹
Verbranntes).
x Die beiden homogenen Bereiche sind durch eine i 1
Umgesetzte Gemischmasse
kII
dp Rm TII Druckverlauf im Brennraum
¦ vi , j bei n = 4000 1/min K
dD p i 1 Zündzeitpunkt optimal
k
§ II
·
¦
50 2500
¨v vi , j ¸
¸ dV iII
kII
Temperatur
OT
Rm TII ¦ vi , j ¨ i , j
i 1
(5.24)
¨ V iII kII ¸ dD Flammentemperatur
¦
i 1
¨ V iII ¸
© i 1 ¹
2000
OT
und b Gleichungen aus der Basisstoffbilanz:
kII
dV i, II
¦a i, l
dD
0 mit l = 1 . . . b (5.25) OT
i 1
0 1500
0 50 100 °kW 150
Die Gleichung für die Temperatur des Verbrannten Winkel seit Zündung
lautet:
Bild 5-12 Berechnete Brennfunktionen und Flam-
dTII 1
mentemperaturen mit Hilfe eines Zwei-Zonen-Modells
dD kII
x B ¦ V i, j cpmi (TII ) (Methanol – H2)
i 1
§ § kII kII
· dx
u ¨ ¨¨ ¦ hi, Flamme ¦ V i, j Hmi (TII ) ¸¸ B
¨ i1 6
© © i 1 ¹ dD Basis:
Druckverlauf im Brennraum bei n = 4000 1/min
kII
dV Zündzeitpunkt Optimal
xB ¦ Hmi (TII ) i , II
dD l = 0,99
Brenngeschwindigkeit
i 1
4
dqII x B
k
dp II ·
¦ V i , j ¸¸
l = 0,7
xB Rm TII (5.26)
dD p dD i 1 ¹
l = 1,7
2
Die Gleichung für den prozentualen Kraftstoffumsatz l = 2,2
lautet:
dx B 1 § dV x R
¨ B m 0
dD Rm §
kII kI
· © m dD p
¨ TII ¦ V i , II T ¦ V i, I ¸¸
0 50 100 °kW 150
p ¨© i 1 I i 1 ¹
Winkel seit Zündung
§ dT kII kII
dV T dp
kII
·
u ¨¨ II ¦ V i, II TII ¦ i , II II ¦ dV ¸¸
Bild 5-13 Berechnete Brenngeschwindigkeiten mit
D D p dD
i , II
© d i 1 i 1 d i 1 ¹ Hilfe eines Zwei-Zonen-Modells (Methanol – H2)
(1 xB ) Rm § TII I
k
T dp I
k
··
¨¨ ¦ dV i, I I ¦ dV i, I ¸¸ ¸ (5.27)
p D D ¸ 5.3.2.2 Mehrdimensionale Modelle
© d i 1 p d i 1 ¹¹
Mehrdimensionale Modelle beschreiben die Vorgänge
Damit stehen kII + 3 Gleichungen zur Bestimmung der bei der Prozesssimulation des motorischen Verhaltens
Brennfunktion xB, der Temperatur im Unverbrannten als Funktion der Zeit und des Ortes, wobei die drei
TI, der Temperatur des Verbrannten TII und der Zu- Ortskoordinaten berücksichtigt werden. Damit sind
sammensetzung des verbrannten V1, II . . . V8, II zur Ver- insbesondere das Einströmverhalten in und das Strö-
fügung. mungsverhalten im Zylinder darstellbar. Das ist wich-
Typische Aussagen, die mit solchen Modellen dar- tig um prozessrelevante Parameter wie Drall- und
stellbar sind, zeigen Bild 5-12 und Bild 5-13. Tumbleausbildung zu berechnen beziehungsweise zu
5.4 Wirkungsgrade 45
berücksichtigen. Aber auch Ausströmprozesse, La- b) Energiebilanz: Nicht berücksichtigt sind äu-
dungswechsel, AGR etc. sind damit abbildbar. Diese ßere Kraftfelder, Reibungseinflüsse sowie ört-
als CFD-Simulation benannten Verfahren sind aufwän- liche und zeitliche Druckgradienten.
dig, da die notwendigen Netze zur Berechnung gene- k
wHm, i k r
[5] Torkzadeh, D. D.; Längst, W.; Kiencke, U.: Combustion and [16] Woschni, G.: Die Berechnung der Wandwärmeverluste und der
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Approach, SAE 2001-01-1243 31 (1970)
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Common-Rail-Dieselmotoren. In: MTZ 60 (1999) 4
[19] Ohyama, Y.; Yoshishige, O.: Engine Control Using a Real Time
[8] Heider, G.; Woschni, G.; Zeilinger, K.: 2-Zonen Rechenmodell
Combustion Model, SAE 2001-01-0256
zur Vorausberechnung der NO-Emission von Dieselmotoren. In:
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[9] Eiglmeier, C.; Merker, G. P.: Neue Ansätze zur phänomenologi- [21] Ramos, J. I.: Internal Combustion Engine Modelling. New York:
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[10] Chmela, F.; Orthaber, G.; Schuster, W.: Die Vorausberechnung motoren aus neuerer Sicht. Augsburg: 5. Aufladetechnische
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auf der Basis des Einspritzverlaufs. In: MTZ 59 (1998) 7 [23] Merker, G. P.; Kessen, U.: Technische Verbrennung: Verbren-
[11] Codan, E.: Ein Programm zur Simulation des thermodynami- nungsmotoren. Stuttgart: Teubner Verlag, 1999
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[12] Jungbluth, G.; Noske, G.: Ein quasidimensionales Modell zur Dynamics. Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 1996
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und Teil 2. In: MTZ 52 (1991) an Verbrennungskraftmaschinen. Berlin, Göttingen, Heidelberg:
[13] Stiech, G.: Phänomenologisches Multizonen-Modell der Ver- Springer Verlag, 1962
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Nr. 399. Düsseldorf: VDI Verlag, 1999
Teubner Verlag, 2004
[14] Schäfer, F.: Thermodynamische Untersuchung der Reaktion von
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motoren, Dissertation. TH Darmstadt, 1990 blöcke. In: MTZ 65 (2004)
6 Triebwerk
Rotation
Rotation
Bild 6-1 Triebwerk eines V8-Pkw-Ottomotors Bild 6-2 Bewegungen der Triebwerksteile
l · cosj
l
x O 2 sin2 M (6.8)
j
Somit erhält man die vereinfachte Kolbenweg-Glei-
s0
sx
§ 1 ·
r
v r Z ¨ sin M O sin 2M ¸ (6.10)
© 2 ¹
l · sinj = r · sinf
100
l=0
80
Bild 6-3 Geometrische Verhältnisse am Kurbeltrieb
Kolbenweg [mm]
l = 0,15
60
r = Kurbelradius 0
s = Kolbenweg 0 45 90 135 180
Kurbelwinkel [°]
l = Pleuellänge
v = Kolbengeschwindigkeit
r Bild 6-4 Kolbenweg s = f (M; O) mit r = 50 mm
O Pleuelverhältnis
l
a Kolbenbeschleunigung
25
s0 lr (6.1)
l=0
s s0 sx (6.3) l = 0,15
15
l = 0,25
s l r r cos M l cos \ (6.4)
l = 0,35
10
Der Zusammenhang zwischen dem Kurbelwinkel M
und dem Pleuelschwenkwinkel \ stellt sich wie folgt
dar: 5
O sin M
\ arctan (6.5) 0
1 O 2 sin 2 M 0 45 90 135 180
Kurbelwinkel [°]
ª
¬
1
O º
s r «1 cos M 1 1 O 2 sin2 M »
¼
(6.6) Bild 6-5 Kolbengeschwindigkeit v = f (M; O) mit r =
50 mm und Z = 400 1/s
50 6 Triebwerk
Die mittlere Kolbengeschwindigkeit ist der Weg von x Massenreduktion im Bereich des kleinen Pleuel-
zwei Hüben, der während einer Umdrehung zurück- auges durch sogenannte Trapez- oder Stufen-
gelegt wird, bezogen auf die dazugehörige Zeit pleuel
t = 1/n x Klemmpleuel (ein im kleinen Pleuelauge ein-
vm 2sn (6.11) geschrumpfter Kolbenbolzen, dadurch Entfall der
Bolzensicherungsringe und der Lagerbuchse)
Zweifaches Differenzieren der Kolbenweggleichung x kleine Pleuelverhältnisse zur Reduktion der Mas-
nach der Zeit ergibt die Kolbenbeschleunigung senkräfte 2. Ordnung (der harmonischen Schwin-
(Bild 6-6): gung überlagerter Anteil).
a r Z 2 (cos M O cos 2M ) (6.12) Mit Motorgröße und -belastung nehmen die Massen
Kolbenweg, -geschwindigkeit und -beschleunigung deutlich zu; so beträgt die Masse des „nackten“ Kol-
werden durch das Pleuelverhältnis O beeinflusst. Bei bens des V8-Audi-Ottomotors 355 g [1], die des
einer unendlich langen Pleuelstange (O = 0) entfällt in kompletten Kolbens des Porsche Carrera 650 g [2].
der Kolbenweggleichung das der rein harmonischen Durch Schränken beziehungsweise Desaxieren des
Kosinus-Schwingung überlagerte Glied 12 O sin2 M. Kurbeltriebes kann der Bewegungsablauf des Kurbel-
Je größer das Pleuelverhältnis O, desto größer die triebs im jeweils erwünschten Sinn verändert werden
Abweichung von der harmonischen Bewegung. Gro- (Bild 6-7). Es gibt
ße Pleuelverhältnisse, das heißt relativ zum Hub x desaxierte Kurbeltriebe, bei denen der Kolben-
kurze Pleuelstangen, verringern zwar die Motorhöhe, bolzen aus der Zylindermitte verschoben ist
haben aber wegen der stärkeren Schrägstellung der x geschränkte Kurbeltriebe, bei denen die Kurbel-
Pleuelstangen auch größere Reibungskräfte zur Folge. wellenmitte aus der Zylindermitte verschoben ist.
Heute übliche O-Werte für Fahrzeugmotoren liegen
etwa zwischen 0,2 bis 0,35.
Desaxierung Schränkung
15000
Gegendruckseite
Gegendruckseite
l = 0,35
Druckseite
Druckseite
l = 0,25
10000
Kolbenbeschleunigung [m/s2]
l=0
5000
l = 0,15
0
0 45 90 135 180
–5000
–10000
Kurbelwinkel [°]
Werte annehmen. Je nachdem, ob die Schränkung auf Desaxieren in Druckrichtung (Richtung, in die sich
der Druck- oder Gegendruckseite liegt, ergeben sich der Kolben im Expansionshub an die Zylinderlauf-
unterschiedliche Vorzeichen für die auf die Pleuel- bahn anlegt) bewirkt einen früheren Anlagewechsel des
länge bezogene Schränkung y, ausgedrückt als e. Kol- Kolbens, wenn die Normalkraft weniger stark auf den
benweg, -geschwindigkeit und -beschleunigung des Kolben wirkt. Dabei legt sich der Kolben infolge seiner
geschränkten Kurbeltriebs ergeben sich zu: Kippbewegung zuerst mit dem „weichen“ Unterteil
(Kolbenhemd) an den Zylinder an, was zusätzlich den
y Aufprall mildert. Man spricht deshalb von Geräusch-
e [3; 4]: (6.13)
l Desaxierung. Das optimale Maß für die Desaxierung
wird experimentell ermittelt. Bei Fahrzeugdieselmo-
ª 1 º
s r « cos M 1 (O sin M e)2 » (6.14) toren wendet man das thermische Desaxieren an – ein
¬ O ¼ Desaxieren zur Gegendruckseite. Dadurch hält sich der
Kolben (innerhalb des Kolbenspiels) mehr in der
ª cos M (O sin M e) º
v r Z «sin M » (6.15) Zylindermitte, was sich günstig auf die Dichtwirkung
«¬ 1 (O sin M e)2 »¼ der Kolbenringe auswirkt und dem Ansatz von Öl-
kohle am Feuersteg entgegenwirkt (Bild 6-8).
ª O cos2 M (O sin M e)
a r Z 2 «cos M 6.1.2 Kräfte am Kurbeltrieb
¬ [1 (O sin M e)2 ]2 / 3
Die Kräfte im Kurbeltrieb eines Verbrennungsmotors
º
O cos2 M sin M (O sin M e) » rühren vom Gasdruck im Brennraum und von den
ª¬1 (O sin M e)2 º¼ » Massenkräften her.
»¼ Der Anteil der Gas- und der Massenkräfte an den
ª Triebwerkskräften hängt ab von:
cos M (O sin M e) º
r Z 2 «sin M » (6.16) x thermodynamischem Prozess: Ottomotor/Diesel-
«¬ 1 (O sin M e)2 »¼ motor
x Auslegung des Motors: Saugmotor/ATL-Motor
Die Gründe für Schränkung und Desaxierung sind x Lastpunkt im Kennfeld, zum Beispiel
unterschiedlich. In der Frühzeit des Motorenbaus – hohe Gaskraft, niedrige Massenkräfte
schränkte man den Kurbeltrieb um Werte bis zu 1/10 – niedrige Gaskraft, hohe Massenkräfte.
des Hubes [3]. Damit sollte die Pleuelstange bei
Durchgang durch den OT möglichst in Zylinderachs- Infolge der ungleichförmigen Arbeits- und -bewe-
richtung gehalten werden, um im Bereich der Zün- gungsabläufe des Hubkolbenmotors ändern die Kräfte
dung die Normalkraft (Kolbenseitenkraft) und somit im Triebwerk während eines Arbeitsspieles ihre
Größe und Richtung.
Belastung und Verschleiß zu verringern. Heute wird
die Schränkung bei VR-Motoren (V-Motoren mit Am Triebwerk sind wirksam:
V-Winkeln zwischen 10 und 20°) mit Rücksicht auf x Gaskraft
den nötigen Freigang der sich gegenüberliegenden x oszillierende Massenkraft
Zylinder angewendet [4, 5]. x rotierende Massenkraft.
GDS DS GDS DS
Kurbelwellendrehrichtung
DS Druckseite
GDS Gegendruckseite Bild 6-8 Kolbenbolzen-
desaxierung
52 6 Triebwerk
Die Massenkraft durch die Schwenkbewegung des Der Gasdruck wird mit einer Prozessrechnung oder
Pleuels wird vereinfachend auf die oszillierenden durch Messung (Indizieren) ermittelt (Bild 6-10).
und rotierenden Massenanteile des Pleuels aufgeteilt Vereinfachend werden die oszillierenden Massenkräf-
(Kap. 6.1.4, Massenkräfte). Den folgenden Betrach- te zu einer Kraft Fosz zusammengefasst. Diese ist der
tungen liegen die Kräfte kurz nach Zünd-OT bei einer auf den Kolben lastenden Gaskraft in dieser Position
Kurbelwellenstellung von etwa 30° nach OT zu entgegengesetzt gerichtet. Gas- und Massenkräfte er-
Grunde (Bild 6-9). geben zusammen die Kolbenkraft FK.
FK FGas FKolben osz FPleuel osz
S 2
FGas FGas p(M ) AK AK d
4
Fosz mosz r Z 2 (cos M O cos 2M ) (6.17)
FKolben osz
mosz (mKolben osz mPleuel osz )
FPleuel osz FK p(M ) AKolben r Z 2 mosz (cos M O cos 2M )
Da die Pleuelstange, abgesehen von den Totpunkten,
eine von der Zylinderachsrichtung abweichende Stel-
lung einnimmt, muss die Kolbenkraft FK entspre-
chend umgeleitet werden. Das hat die Stangenkraft
FPleuel rot FST und die normal, das heißt senkrecht zur Zylin-
derwand wirkende Normalkraft FN (andere Bezeich-
nung: Kolbenseitenkraft) zur Folge (Bild 6-11 und
Bild 6-12).
FK
FKurbelkrpfg. rot FST (6.18)
cos\
FN FK tan \ (6.19)
FGegengew. Der Vorzeichenwechsel der Kolbenkraft und somit
auch der Normalkraft FN bedeutet, dass diese mehr-
fach während eines Arbeitsspiels ihre Richtung ändert
Bild 6-9 Am Triebwerk wirksame Kräfte
(Bild 6-13).
Der Kolben wird von der einen auf die andere Seite
Der sich durch die Verbrennung des Gemischs auf- der Zylinderlaufbahn gedrückt (sogenannte Kolben-
bauende Gasdruck hängt in Höhe und Verlauf von sekundärbewegung) – mit unerwünschten Folgen:
verschiedenen Einflüssen ab, zum Beispiel:
x Bei kaltem Motor macht sich das bei Leicht-
x thermodynamischem Prozess metallkolben durch ein lästiges Geräusch, das
x Verbrennungsverfahren Kolbenklappern, bemerkbar (reduzierbar durch
x Betriebspunkt im Kennfeld. sogenannte Regelkolben und/oder Desaxierung).
100 % Leistung
160
Viertakt-Dieselmotor
Gasdruck im Zylinder [bar]
120 Abgasturboaufladung
86 %
Leistungspunkte
entsprechend einer
80 Fahrwiderstandskurve
71 %
40
48 %
39 %
0
300 360 420 480 540
Bild 6-10 Gasdruckverläufe
Kurbelwellenstellung [°KW]
eines aufgeladenen Diesel-
motors mit Direkteinspritzung
6.1 Kurbeltrieb 53
Stangenkraft FST
x Die Stangenkraft FST greift in ihrer Wirkungs-
richtung am Hubzapfen an (Bild 6-14).
FK
Kolbenkraft FK
FN
FT
Tangentialkraft FT
Normalkraftverlauf FN
Kurbelwinkel [°}
Bild 6-13 Verlauf der Normalkraft eines schnelllau- Bild 6-16 Verlauf der Tangentialkraft eines schnell-
fenden Viertakt-Dieselmotors über ein Arbeitsspiel laufenden Viertakt-Dieselmotors über ein Arbeitsspiel
54 6 Triebwerk
Die radiale Komponente, die Radialkraft FR, liefert Der Hubzapfen wird durch die Stangenkraft FST und
keinen Beitrag zum Motordrehmoment; sie belastet durch die rotierende Massenkraft des Pleuels FPL rot
lediglich die Kurbelkröpfung auf Biegung (Bild belastet. Geometrisch addiert, ergeben diese Kräfte
6-17); sie ist eine leistungslose oder Blindkraft. die Hubzapfenkraft FHZ.
cos (M \ )
FR FST cos (M \ ) FK (6.21) FHZ FST2 FPleuel
2
rot 2 FST FPleuel rot cos(M \ ) (6.23)
cos \
Gemäß dem Gesetz von actio = reactio muss ein dem Als Reaktion der Hubzapfenkraft FHZ wirkt die Pleu-
Motornutzdrehmoment am Motorblock entgegenge- ellagerkraft FPL auf das Pleuellager (Bild 6-19).
setzt wirkendes Drehmoment auftreten, das Reak-
FPL FHZ (6.24)
tionsmoment MR. Dieses ergibt sich aus der Normal-
kraft FN und dem sich mit der Kolbenstellung än-
dernden Abstand b der Normalkraft von der Kurbel-
wellenachse.
M FT r MR FN b
b r cos M l cos \ (6.22)
Somit ergeben sich die Auflagerkräfte FA und FB aus Bild 6-19 Hubzapfenkraft
dem Reaktionsmoment und ihren jeweils wirksamen
Hebelarmen (Bild 6-18). Wenn sich Kräfte während eines Arbeitsspieles der
Größe und der Richtung nach ändern – wie zum
Beispiel die Pleuellagerkraft, stellt man diese Kräfte
MR in Polardiagrammen dar, indem man sie unter dem
jeweiligen Winkel ihrer Wirkungsrichtung in der
Reihenfolge des Kurbelwinkels aufträgt (Bild 6-20).
FN Hierbei ist zu beachten, dass Kurbelwinkel und Win-
kel der Kraftrichtung nicht identisch sind. Man muss
deshalb, will man den zeitlichen Verlauf der Kräfte
verfolgen, den Kurbelwinkel für die einzelnen Punkte
des Kraftverlaufs angeben. Oft ist es sinnvoll, die
b r
Kräfte auf verschiedene Koordinatensysteme zu
FB
beziehen (Bild 6-21).
x raum- (beziehungsweise gehäuse-)festes System
M FT (zum Beispiel Grundlagerkräfte)
FA x schalenfestes System (zum Beispiel Wirkung von
Kräften auf das Pleuellager)
x zapfenfestes System (zum Beispiel Wirkung der
a
Kräfte auf rotierende Zapfen).
Die Triebwerkskräfte werden über Grundlagerzapfen
Bild 6-18 Aktions-, Reaktionsmoment und Auflager- und Grundlager auf das Kurbelgehäuse übertragen.
kräfte Die rotierende Massenkraft der Kurbelkröpfung FKR rot,
6.1 Kurbeltrieb 55
0°
360°
15° 720°
10°
20° 5°
330° 30°
690° 300°
25° 0°
30° 20°
Der Kraftangriffs-
winkel ist nicht
35°
identisch mit
dem Kurbel-
40°
winkel 710°
300° 90°
660° 200°
420°
100° 540° 225°
500°
485°
80° 610°
260°
270° 455°
60°
630° 680° 450°
430° 290°
675°
415°
240°
600° 385° 335° 120°
380° 480°
Die Zahlen
an der Orts-
kurve der Pleuel- Bild 6-20 Polardiagramm
lagerkraft geben 150°
den dazugehörigen
210° 510° der Pleuellagerkraft eines
570° 180°
Kurbelwinkel an. schnelllaufenden Viertakt-
540°
Dieselmotors über ein
Arbeitsspiel
x x
y y
x
y x
y x
Schalenfestes Diagramm Zapfenfestes Diagramm
Bezug der Kräfte auf ein in der Bezug der Kräfte auf ein im Zapfen Bild 6-21 Schalen- und
Bohrung (Schale) ruhendes ruhendes Koordinatensystem
Koordinatensystem zapfenfeste Koordinaten-
systeme
die Hubzapfenkraft FHZ beziehungsweise deren Kom- Die rotierenden Massen der Kröpfung werden auf die
ponenten FT, FR sowie FPleuel rot , und die Kräfte der Hubzapfenachse bezogen.
Gegenmasse FGegenmass („Gegengewichte“) ergeben zu- mKröpfung mHubzapfen 2 mWange red (6.26)
sammen die Grundlagerkraft FGL (Bild 6-22).
rSchwerpunkt
FGL (FKW rot FR FPleuel rot FGegenmasse )2 FT2 (6.25) mWange red mWange (6.27)
r
56 6 Triebwerk
6.1.3 Tangentialkraftverlauf
und mittlere Tangentialkraft
Mit den sich periodisch ändernden Gas- und Massen-
kräften schwankt auch die Tangentialkraft (Dreh-
kraft). Die mittlere Tangentialkraft errechnet sich aus
dem Integral des Tangentialkraftverlaufs über ein
Arbeitsspiel. Die von der Tangentialkraft und den
Diagrammachsen eingeschlossene Fläche ist ein Maß
für die (indizierte oder innere) Arbeit Wi. Bezieht
man diese Arbeit auf die Länge des Arbeitsspiels Mp,
FKR rot
erhält man die mittlere Tangentialkraft FTm. Diese
beträgt nur einen Bruchteil der maximalen Tangen-
FKR rot tialkraft (Bild 6-24).
Mp
1
³ FT (M ) dM
FHZ
FGegenmasse FTm (6.28)
Mp 0
FGL
Um den Tangentialkraftverlauf zu vergleichmäßigen
und die Leistung zu erhöhen, baut man Motoren, von
Bild 6-22 Grundlagerkraft Ausnahmen abgesehen, mehrzylindrig. Die Tangen-
tialkräfte (Drehkräfte) der einzelnen Zylinder addie-
ren sich phasenverschoben entsprechend den Zündab-
Die Gaskraft, die den Kolben nach unten drückt, ständen über die Kurbelwelle zur Gesamtdrehkraft an
versucht auch den Zylinderkopf abzuheben. Das wird der Kupplungsseite des Motors. Dadurch vergleich-
durch die Zylinderkopfschrauben verhindert, welche mäßigt sich die Tangentialkraft, so dass schon bei
den Zylinderkopf auf dem Zylinderkurbelgehäuse einem sechszylindrigen Reihentriebwerk die Tangen-
festhalten. Andererseits wirkt die Gaskraft über Kol- tialkraftschwankung auf einen Bruchteil der eines
ben, Pleuel und Kurbelwelle auf die Kurbelwellen- Einzylindertriebwerks gesunken ist (Bild 6-25).
6.1 Kurbeltrieb 57
mittlere
Tangentialkraft FTm
Kurbelwinkel °KW
25 25
Zylinder 1 Zylinder 1 + 2
Tangentialkraft FT in [kN]
Tangentialkraft FT in [kN]
20 20
15 15
10 10
5 5
0 0
–5 –5
–10 –10
0 180 360 540 720 0 180 360 540 720
Kurbelwinkel [°] Kurbelwinkel [°]
Zylinder 1 + 2 + 3 Zylinder 1 + 2 + 3 + 4
25
Tangentialkraft FT in [kN]
Tangentialkraft FT in [kN]
20 25
15 20
15
10
10
5 5
0 0
–5 –5
–10
–10
0 180 360 540 720 0 180 360 540 720
Kurbelwinkel [°] Kurbelwinkel [°]
25
Tangentialkraft FT in [kN]
Tangentialkraft FT in [kN]
25 Zylinder 1 + 2 + 3 + 4 + 5 Zylinder 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6
20
20
15 15
10 10
5 5
0 0
–5 –5
Bild 6-25 Überlagerung der
–10 –10
0 180 360 540 720 0 180 360 540 720 Tangentialkräfte eines
Kurbelwinkel [°] Kurbelwinkel [°] Viertakt-Sechszylinder-
Reihenmotors
Der ungleichförmige Drehkraftverlauf hat Schwan- Durch ein Schwungrad lässt sich die Drehzahl-
kungen der Drehzahl zur Folge, weil der Überschuss schwankung verringern. Das Schwungrad wirkt als
an Drehkraft FT(M) über den Mittelwert FTm das Energiespeicher, der bei Tangentialkraftüberschuss
Triebwerk beschleunigt, bei FT(M) < FTm wird es Energie speichert und im umgekehrten Fall wieder
verzögert. Die Schwankung der dem Triebwerk abgibt. Je nach Art der vom Motor anzutreibenden
zugeführten Energie wird als Arbeitsschwankung WS Maschine werden unterschiedliche Anforderungen an
bezeichnet. Mit dem Trägheitsmoment I des Trieb- den Gleichlauf gestellt. Die Drehzahlschwankung
werks folgt: wird durch den Ungleichförmigkeitsgrad G ange-
1 geben.
WS I (Zmax
2
Zmin
2
)
2 Je ruhiger der Motor laufen soll, desto kleiner muss
der Ungleichförmigkeitsgrad G sein; insbesondere
1
I (Zmax Zmin ) (Zmax Zmin ) (6.29) beim Hochfahren des Motors unter Last wirkt sich
2 der Ungleichförmigkeitsgrad unangenehm aus, indem
1 er die Hilfsaggregate des Motors zu Schwingungen
Zm 2 S n | (Z max Z min ) (6.30)
2 anregt.
58 6 Triebwerk
Z max Z min x zum einen sind sie unerwünscht, weil sie zusätz-
G (6.31)
Zm liche Beanspruchungen hervorrufen und die Leis-
tungsentwicklung der Hubkolbenmotoren beein-
WS | I G Zm2 (6.32) trächtigen
x zum anderen vergleichmäßigen sie die Kraftabga-
WS WS
G| bzw. I| (6.33) be des Triebwerks, indem sie Kräfte aus Gas-
I Zm2 G Zm2 druckspitzen kompensieren und somit Kräfte und
Beanspruchungen verringern.
Die mittlere Tangentialkraft lässt sich auch aus der
inneren Leistung des Motors bestimmen: Das Triebwerk führt teils rotierende, teils oszillieren-
de sowie Schwenkbewegungen aus. Zur Vereinfa-
Pi AK s z wi n i (6.34) chung der Berechnung reduziert man das Triebwerk
auf zwei Massenpunkte (Bild 6-26), in denen man
Pi Mi Z Z 2Sn (6.35)
sich die oszillierenden und rotierenden Massen kon-
s zentriert denkt:
Mi FTm r r (6.36)
2 x auf den Anlenkpunkt des Pleuels am Kolben (Kol-
benbolzenachse) und
AK z wi ii x auf den Anlenkpunkt des Pleuels an der Kurbel-
FTm (6.37)
S welle (Hubzapfenachse).
1
wi we (6.38)
Km oszillierende
Massen von
Pe FTm r 2 S n Km (6.39) Kolben und Pleuel
mosz
AK = Kolbenfläche
r = Kurbelradius
s = Hub
z = Zylinderzahl l
f j
Pe = effektive Leistung
wi = indizierte spezifische Arbeit
we = effektive spezifische Arbeit
i = Taktzahl
Km = mechanischer Wirkungsgrad f
mrot
b
mPleuel rot mPleuel (6.41) Fosz mosz Z 2 r cos M
l
mosz Z 2 r O cos 2M (6.44)
Diese Massenkräfte und die von ihnen hervorgerufe-
nen Massenmomente wirken sich nach außen als freie x Massenkraft 1. Ordnung: Unter einer Ordnung
Kräfte und freie Momente aus, die das Kurbelgehäuse versteht man in diesem Zusammenhang „die Häu-
in waagerechter und senkrechter Richtung hin und figkeit, mit der ein Ereignis im Verhältnis zur
her zu bewegen versuchen; außerdem führen sie zu Kurbelwellendrehzahl auftritt“. Die Massenkraft
Kippbewegungen um die Motorachsen. Diese freien 1. Ordnung ändert ihre Größe mit Kurbelwellen-
Kräfte und Momente können mehr oder weniger – frequenz – daher „1. Ordnung“ – und während ei-
mit entsprechendem Aufwand sogar vollständig – ner Umdrehung zweimal die Richtung.
durch Gegenmassen (Gegengewichte), durch Aus-
gleichwellen beziehungsweise -getriebe oder/und FI osz mosz Z 2 r cos M (6.45)
durch entsprechende Zahl und Anordnung von Kröp- x Massenkraft 2. Ordnung: Ihr Größtwert beträgt nur
fungen ausgeglichen werden, so dass der Motor nach den O-fachen Teil der oszillierenden Massenkraft
außen hin in Ruhe verharrt. 1. Ordnung; sie ändert mit doppelter Kurbelwel-
lenfrequenz ihre Größe und während einer Um-
6.1.4.1 Massenkräfte am Einzylinder-Triebwerk drehung viermal die Richtung.
Am Triebwerk treten eine rotierende Massenkraft auf FIIosz mosz Z 2 r O cos 2M (6.46)
und oszillierende Massenkräfte 1. und höherer Ord-
nungen. Insbesondere bei üblichen Nenndrehzahlen Die Kurvenverläufe der oszillierenden Massenkräfte
berücksichtigt man die oszillierenden Massenkräfte 1. und 2. Ordnung addieren sich zur resultierenden
nur bis einschließlich der 2. Ordnung. oszillierenden Massenkraft (Bild 6-27).
Diese Gesamtmassenkraft für einen Zylinder ergibt
x Rotierende Massenkraft sich aus der vektoriellen Addition der rotierenden, der
Die rotierende Massenkraft ist eine Fliehkraft; ihr oszillierenden Massenkräfte 1. und 2. Ordnung, gege-
Betrag ist – bei konstanter Motordrehzahl – von benenfalls noch der Kräfte höherer Ordnung (Bild
gleich bleibender Größe, aber sich mit dem Kur- 6-28).
belwinkel ändernder Richtung. Die rotierende
Massenkraft läuft mit Kurbelwellenfrequenz um. 6.1.4.2 Massenkräfte am Zweizylinder-V-Triebwerk
Ihre Ortskurve ist ein Kreis.
Wirken zwei unter einem Winkel G (Bild 6-29) zu-
Frot mrot Z 2 r (6.42) einander geneigte Zylinder gemeinsam auf eine
Kurbelkröpfung (V-Motor), dann addieren sich die
x Oszillierende Massenkräfte Massenkräfte beider Zylinder vektoriell.
Die oszillierenden Massenkräfte wirken in Zylin- Die Ortskurve der rotierenden Massenkräfte beider
derachsrichtung, wobei sie im Laufe des Kolben- Zylinder ist ein Kreis, die Ortskurven der oszillieren-
hubs Größe und Vorzeichen (Richtung) ändern: den Massenkräfte können – abhängig vom V-Win-
Fosz mosz Z 2 r (cos M O cos 2M ) (6.43) kel G und der Ordnung der betrachteten Kraft – Krei-
se, Ellipsen und Geraden bilden (Bild 6-30).
resultierende
oszillierende Massenkraft
oszillierende oszillierende
Massenkraft Massenkraft
1. Ordnung 2. Ordnung
90 270
Kraft
0 180 360
Kurbelwinkel [°]
oszillierende V-Winkel d
Massenkraft
2. Ordnung A B
oszillierende
Massenkraft
1. Ordnung
rotierende
Massenkraft
f fB
fA
x Rotierende Massenkraft A B
Die resultierende rotierende Massenkraft ist wie
beim Einzylinder-Triebwerk ein mit Kurbelwel-
lendrehzahl umlaufender Vektor konstanter Grö-
ße. Die rotierende Masse setzt sich aus den rotie- 2.0
renden Massen der beiden Pleuel und der rotie-
1.0
renden Masse der Kurbelkröpfung zusammen; ih-
re Ortskurve ist ein Kreis. 0 0°
30°
FV2 rot mV2 Z r
2
(6.47) 1. Ordnung
45°
80°
mV 2 2 mpleuel rot ( mKW rot mGegenmasse ) (6.48) 90°
120°
x Oszillierende Massenkraft 1. Ordnung V-Winkel d 135°
150°
Die resultierende oszillierende Massenkraft 1. Ord-
180°
nung ergibt sich durch vektorielle Addition der 1.0
Massenkräfte der beiden Zylinder A und B. Zählt
man den Kurbelwinkel M der Kurbelkröpfung von 0.5
der Halbierenden des V-Winkels aus, dann ist (bei 2. Ordnung
0
Rechtsdrehung) der Kurbelwinkel des Zylinders A:
MA = M + (G /2) und der des Zylinders B: MB = M –
(G /2). Zwischen den oszillierenden Massenkräf- Bild 6-30 Ortskurven der freien Massenkräfte von
ten der Zylinder A und B besteht ein Laufzeitun- V-Triebwerken abhängig vom V-Winkel
terschied von der Größe des V-Winkels G.
§ G· Grafisch lässt sich die Resultierende so bestimmen,
FIosz A FI cos ¨ M ¸ (6.49)
© 2¹ dass man die Kurbelwellen-Kröpfung in ihrer jewei-
ligen Lage durch einen Zeiger der Größe FI darstellt.
§ G·
FI osz B FI cos ¨ M ¸ (6.50) Diesen Zeiger projiziert man auf die Zylinderach-
© 2¹ sen A und B. Die so ermittelten Momentanwerte der
FI mosz r Z 2 (6.51) Massenkräfte der beiden Zylinder werden vektoriell
addiert und ergeben den resultierenden Massenkraft-
G
FI osz res 2 FI cos G cos2 M sin 4 (6.52) vektor 1. Ordnung (Fosz 1 res) (Bild 6-31).
2
6.1 Kurbeltrieb 61
A B
V-Winkel d
f
fA fB
d = 60°
360°/0°
rB
Zy
de
330° 30°
lin
lin
de
Zy
rA
mosz · r · v 2 · cosfB
300° 60°
F1res
fA
f
fB
270° 90°
mosz · r · v 2 · cosfA
240° 120°
mosz · r · v 2
x Oszillierende Massenkraft 2. Ordnung Grafisch lässt sich die Resultierende ermitteln, indem
Die resultierende oszillierende Massenkraft man die Momentanwerte der oszillierenden Massen-
2. Ordnung setzt sich ebenfalls aus den Massen- kräfte 2. Ordnung für die Zylinder A und B bestimmt
kräften von Zylinder A und B zusammen. Da sich und vektoriell addiert. Den Momentanwert für den
die oszillierende Massenkraft 2. Ordnung mit Zylinder A bekommt man, indem man von der Zylin-
doppelter Kurbelwellenfrequenz ändert, ergeben derachse A den Massenkraftzeiger FII unter dem
sich für die Zeigerdrehwinkel die doppelten Werte Winkel MA = 2M + G aufträgt und auf die Zylinderach-
der 1. Ordnung. Der Betrag hat den O-fachen Teil se A projiziert. Den Momentanwert für den Zylin-
der Massenkraft 1. Ordnung. der B erhält man durch Auftragen des Zeigers FII
unter dem Winkel MB = 2M – G, nun aber von der
M A 2 M G (6.53)
Zylinderachse B gezählt, und Projizieren auf die
M B 2 M G (6.54) Achse des Zylinders B.
werden können. V-Motoren stellen triebwerksmecha- heißt senkrecht zu seiner Kröpfung, steht, eilt der
nisch zwei um den V-Winkel zueinander geneigte Momentenstern dem Kurbelstern um 90° nach.
Reihentriebwerke dar. Man kann die Massenwirkung Man kann deshalb die Momentenvektoren in
jeweils einer Motorreihe bestimmen und sie dann mit Kröpfungsrichtung zeichnen und den Vektor des
der anderen – um den V-Winkel phasenverschoben – resultierenden Momentes um 90° entgegen dem
addieren, oder aber die Resultierenden der im V Uhrzeigersinn zurückstellen. Bei V-Motoren fasst
gegenüberliegenden Triebwerke wie beim Reihen- man die Massenkräfte der beiden auf eine Kröp-
triebwerk zusammensetzen. Die Massenwirkungen fung wirkenden Zylinder zusammen und bestimmt
sind durch die Lage der jeweiligen Kröpfungen mit diesen das Massenmoment.
bestimmt (Bild 6-32). x Rotierende Massenmomente. Die Massenmo-
mente ergeben sich aus der rotierenden Massen-
kraft und dem jeweiligen Abstand von der Be-
2a zugsebene. Sie werden entsprechend dem Kröp-
2a fungsstern geometrisch addiert.
a
a x Oszillierende Massenmomente.
5 – Oszillierende Massenmomente 1. Ordnung
4
1 Die Vektoren der oszillierenden Massenmo-
3 mente 1. Ordnung werden in Richtung des
1 2
1 3
72°
2 Kröpfungssterns 1. Ordnung aufgetragen. Nach
288° 144° der Vektoraddition wird der sich ergebende
5 4 216° Momentenvektor auf die Zylinderachse proji-
72°
Kröpfungsstern 288° 144° 5 4 ziert, weil die oszillierenden Kräfte nur in Zy-
1. Ordnung 216° linderachsrichtung wirken. Diese Projektion
Kröpfungsstern wird um 90° entgegen dem Uhrzeigersinn ver-
2 3 2. Ordnung
dreht; das ist dann das resultierende oszillie-
rende Massenmoment 1. Ordnung.
Bild 6-32 Schema Kröpfungssterne eines 5-Zylinder- – Oszillierende Massenmomente 2. Ordnung
Reihenmotors (Zündfolge 12453) Mit den oszillierenden Massenmomenten
2. Ordnung wird genauso verfahren, lediglich
x Massenkräfte. Die rotierenden Kräfte wirken in dass nun der Kröpfungsstern 2. Ordnung zu
Kröpfungsrichtung, die oszillierenden werden Grunde gelegt wird.
durch gegensinnig umlaufende Zeiger dargestellt,
so dass durch die Projektion der Kurbelkröpfun- 6.1.4.4 Beispiel (Fünfzylinder-Reihenmotor)
gen die Richtungen der Massenkraftvektoren vor- Zur Verdeutlichung dieser Zusammenhänge wird die
gegeben sind. Bei dem so entstandenen Kröp- Kurbelwelle eines Fünfzylinder-Reihenmotors gra-
fungs- oder Kurbelstern wählt man als Bezug oft fisch und analytisch untersucht. Es wird ein soge-
die erste Kröpfung (je nach Festlegung von der nannter homogener Motor vorausgesetzt:
Kraftabgabeseite oder Gegenkraftabgabeseite ge-
zählt) in OT-Stellung. Die Lage der folgenden x gleiche Massen der Triebwerksteile aller Kröp-
Kröpfungen ist durch den jeweiligen Kröpfungs- fungen
abstand (Kröpfungswinkel) festgelegt. x gleiche Zylinderabstände a
Bei der oszillierenden Massenkraft 2. Ordnung In diesem Beispiel wird als Bezugspunkt der Motor-
bedient man sich des Kröpfungssterns 2. Ordnung, schwerpunkt gewählt, der in der Mitte des Motors in
den man erhält, indem man die Kröpfungen je- Kurbelwellenachse liegt.
weils unter dem doppelten Kröpfungswinkel an-
ordnet. Rotierendes Massenmoment
x Massenmomente. Der Momentenvektor steht Die Kröpfungsabstände im Kröpfungsstern 1. Ord-
senkrecht auf seiner Wirkungsebene. Das Vorzei- nung betragen
chen hängt von der Lage der betrachteten Kröp- D1 = 0 D2 = 216°
fung bezüglich des gewählten Bezugspunktes ab; D3 = 144° (entfällt, weil die Kröpfung im Schwer-
es muss deshalb entsprechend berücksichtigt wer- punkt liegt)
den. In der Ansicht des Momentensterns zeigen
die Vektoren der Momente, die von Kräften links D4 = 72° D5 = 288°
des Bezugspunktes herrühren, vom Kurbelwellen- Unter Berücksichtigung der Vorzeichen (Vorzeichen-
Mittelpunkt weg, bei Momenten rechts des Be- umkehr entspricht +180°) der Momente der einzelnen
zugspunktes zum Mittelpunkt hin. Weil der Mo- Kröpfungen ergeben sich die Wirkrichtungen der
mentenvektor senkrecht auf seiner Wirkebene, das Momente (Bild 6-33):
6.1 Kurbeltrieb 63
1 MZyl 1 MZyl 1
1
MZyl 1 MZyl 1
5 MZyl 5 4 5 MZyl 5 4
MZyl 4
MZyl 4 108° MZyl 4 108°
MZyl 2 MZyl 4
MZyl 2
MZyl 2 MZyl 2
252° MZyl 5 252° MZyl 5
216° 216°
2 3 2 3
MZyl 2 MZyl 2
MZyl 1
MZyl 1
MZyl 4 MZyl 4
MZyl 5
MZyl 5 d
d 1
1 Vektoren M*osz 1 res 5 4
Mrot res vergrößert Mosz 1 max
Mres 5 4
dargestellt Mosz 1 res 2 3
4 2 3 4 5
5 3
3 2
2
1
1
Bild 6-33 Ermittlung des resultierenden rotierenden Bild 6-34 Ermittlung des resultierenden oszillieren-
Massenmomentes den Massenmomentes 1. Ordnung
tan G
0,363
1,375 G 54q
¦M X a F2 (2 sin 0q sin 72q
0,264 sin 324q 2 sin 36q)
Oszillierendes Massenmoment 1. Ordnung ¦M Y a F2 (2 cos 0q cos 72q
Die Wirkrichtungen der Vektoren sind dieselben wie
cos 324q 2 cos 36q)
bei den rotierenden Massenmomenten (Bild 6-34)
und somit auch der Rechenweg:
¦M X a F2 1,539
F1 mosz r Z 2
¦M Y a F2 4,736
Mosz 1 max a F1 0,3632 0,2642 a F1 0,4488
Mosz 2 max a F2 1,5392 4,7362 a Frot 4,98
0,363
tan G 1,375 G 54q 1,539
0,264 tan G 0,325 G 18q
4,736
64 6 Triebwerk
MZyl 4
achsrichtung der oszillierenden Massenkraft ent-
MZyl 2
MZyl 5 MZyl 4 spricht; dann ist diese zwar ausgeglichen – allerdings
um den Preis einer freien Komponente quer zur
Zylinderachse (Bild 6-36).
5 4
1 d
F1 osz = mosz · r · v 2 · cosf
ax
5 4
m
4
sz 2
l5
3
M*osz 1 res
Zy
2
5
M
Mo
3
MZ
1 2
yl
4
2
M Zyl
MZyl 1
Mosz 2 res
6.1.5 Massenausgleich
Unter Massenausgleich versteht man den Ausgleich
konstruktiv bedingter Unwuchten; den Ausgleich ferti-
gungsbedingter Unwuchten bezeichnet man als Aus- y = mosz · r · v 2 · cosf
FAusgleich = mosz · r · v 2
wuchten.
angewendet. Der Massenausgleich ausgeführter Pkw- Motoren haben 3-, 4-, 5- und 6-(8-)hübige Kurbel-
Motoren liegt im Bereich von 50 bis 60 % der oszil- wellen, so dass sich bei entsprechender Anordnung
lierenden und 80 bis 100 % der rotierenden Massen- die Massenwirkungen der einzelnen Kröpfungen
kräfte. gegenseitig ganz oder teilweise aufheben können
(Selbstausgleich). Zu diesem Zweck sind die Kröp-
mAusgleich rAusgleich D1 mrot D 2 mosz r (6.65)
fungen in Umfangsrichtung und in Längsrichtung
r gleichmäßig zu verteilen:
mNormalausgleich 1 mrot 0,5 mosz (6.66)
rAusgleich x Bei zentralsymmetrischen Wellen (gleiche Kröp-
Vollständig ausgleichen lassen sich die oszillierenden fungsabstände über den Umfang) gleichen sich die
Massenkräfte 1. und auch 2. Ordnung, wenn man je freien Kräfte gegenseitig aus.
Ordnung zwei gegensinnig umlaufende Ausgleichs- x Zentral- und längssymmetrische Anordnung der
massen der halben Größe der jeweils wirkenden Kröpfungen einer Viertaktmotoren-Welle haben
oszillierenden Massen in symmetrischer Anordnung keine freien Kräfte und Momente 1. Ordnung; ab
zur Motorhochachse vorsieht. Dann gleichen die sechs Hüben sind die Wellen völlig kräfte- und
beiden Komponenten in Zylinderachsrichtung die momentenfrei.
oszillierende Massenkraft aus; die beiden Kompo- Kriterien für die Kröpfungsfolge sind:
nenten quer zur Zylinderachse heben sich gegenseitig
auf (Bild 6-37). x Keine oder möglichst geringe freie Massenwir-
kungen.
x Es dürfen durch den Massenausgleich keine zu-
sätzlichen Momente, durch den Momentenaus-
gleich keine zusätzlichen Massenkräfte auftreten.
F1 osz = mosz · r · v 2 · cosf
x Gleichmäßige Zündabstände.
Freie Massenmomente 1. Ordnung lassen sich durch
eine mit Kurbelwellendrehzahl gegensinnig umlau-
fende Welle mit zwei Gegenmassen von entsprechen-
der Größe und Längenabstand ausgleichen (Momen-
tenausgleichsgetriebe). Die Anordnung im Motor ist
frei wählbar. Der Antrieb erfolgt durch Zahnräder
oder Ketten; oft verbindet man damit den Ölpumpen-
antrieb. Für den Ausgleich von Momenten 2. Ord-
nung läuft das Ausgleichsgetriebe mit doppelter
Kurbelwellendrehzahl (Bild 6-38).
0,5 · mosz 0,5 · mosz Für die Kurbelwellen von Viertaktmotoren gilt:
· r · v 2 · sinf · r · v 2 · sinf
x 2-hübige Welle: Für 2-Zylinder-4-Takt-Reihen-
motoren lassen sich alle drei zuvor genannten Kri-
0,5 · mosz 0,5 · mosz terien gleichzeitig nur mit konstruktiv aufwändi-
·r·v2 ·r·v2
gen Ausgleichsmechaniken erfüllen. Bei Wellen
0,5 · mosz 0,5 · mosz
· r · v 2 · cosf · r · v 2 · cosf
mit um 180° versetzten Kröpfungen treten keine
Massenkräfte 1. Ordnung sowie keine Momente
2. Ordnung auf; es lassen sich aber nur im 2-Takt-
Bild 6-37 Vollständiger Ausgleich der Massenkräfte Verfahren gleiche Zündabstände erzielen. Gleiche
1. Ordnung Zündabstände im 4-Takt-Verfahren – auch als
Voraussetzung für ausgewogene Ladungswech-
Um einen Ausgleich 2. Ordnung zu erhalten, müssen sel – sind nur durch Kurbelwellen ohne Hubzap-
die Gegenmassen mit doppelter Kurbelwellendreh- fenversatz (Kröpfungen um 0° beziehungsweise
zahl umlaufen und um das Pleuelverhältnis O kleiner 360° versetzt) zu realisieren, die gleichzeitig die
sein. Momente 1. und 2. Ordnung eliminieren. Aller-
dings führt dieser Wellenaufbau zu Kräften
1. Ordnung. Eine neuartige Ausgleichsvorrichtung
6.1.5.2 Ausgleich am Mehrzylinder-Triebwerk
arbeitet mit einem Ausgleichspleuel und daran an-
Fahrzeugmotoren werden mehrzylindrig, das heißt mit gelegter Ausgleichsschwinge (Bild 6-39) [6]. Das
3 bis 12 (16) Zylindern gebaut, meist als 3-, 4-, 5- und Schwingensystem ist in Kurbelwellenmitte ange-
6-Zylinder-Reihen- und als V6-, V8- und V12 (V16)- ordnet, um die Entstehung neuer Momente zu
Motoren sowie als VR5- und VR6-Motoren. Diese vermeiden.
66 6 Triebwerk
Ölpumpenantrieb
Bild 6-38 Momentenausgleichsgetriebe Audi V6 Bild 6-39 Kurbeltrieb eines BMW 2-Zylinder-Rei-
henmotors mit Ausgleichsmechanik [6]
Je nach Auslegung können so die Kräfte 1. Ord- Wegen der hohen Umfangsgeschwindigkeiten der
nung vollständig, die Kräfte 2. Ordnung zu hohen Lagerzapfen dieser Ausgleichsgetriebe – immerhin
Anteilen ausgeglichen werden. bis 14 m/s – müssen Lagerung und Antrieb sorgsam
x 3-hübige Welle: Es treten freie Momente 1. und gestaltet werden. Angetrieben werden die Aus-
2. Ordnung auf. Die Momente 1. Ordnung wer- gleichswellen von einem Zahnrad auf der Kurbel-
den – vor allem bei V-Motoren – durch Momen- wange, wobei das Zahnflankenspiel des Antriebs
tenausgleichsgetriebe kompensiert. auf die Verlagerungen und Drehschwingungen der
Kurbelwelle abgestimmt sein muss (Bild 6-40).
x 4-hübige Welle: Bei Vierzylinder-Viertakt-Rei- Durch Höhenversatz der Ausgleichswellen (Bild
henmotoren summieren sich die Massenkräfte 6-41) lässt sich ein zusätzliches Wechselmoment
2. Ordnung. Der Ausgleich dieser Kräfte durch 2. Ordnung erzeugen, mit dem man auch Gas-
zwei mit doppelter Kurbelwellendrehzahl gegen- kraftanteile des Wechseldrehmomentes ausglei-
sinnig umlaufender Wellen mit Gegenmassen chen kann. Die Wirkung des Höhenversatzes muss
(Ausgleichsgetriebe) gewinnt für Motoren mit daher sowohl drehzahl- als auch lastabhängig op-
Nenndrehzahlen > 4.000 min–1 aufgrund steigen- timiert werden (Bild 6-42), zum Beispiel durch
der Komfortansprüche zunehmend an Bedeutung. Variation des Höhenversatzes.
Einstellung des
Zahnflanken-
spiels über
Scheibendicke s
Distanzplatten
Bild 6-42 Systemverhalten von Ausgleichswellen mit und ohne Höhenversatz [8]
68 6 Triebwerk
z/2 + 1 – von der rechten Reihe aus gezählt (Bild gang der Zylinder zu gewährleisten. Das ergibt höhe-
6-46). Bei V-Motoren sind gleiche Zündabstände nur re Kurbelgehäuse bei allerdings geringeren Kolben-
dann zu erhalten, wenn der V-Winkel dem Arbeits- seitenkräften als Folge kleinerer Pleuelschwenkwin-
spiel (720° beziehungsweise 360° KW) – dividiert kel. Für Fahrzeugmotoren wird der 90°-V-Winkel
durch die Zylinderzahl – entspricht. Weitere Ge- bevorzugt, weil dieser einen vollständigen Ausgleich
sichtspunkte für die Zündfolge sind: der oszillierenden Massenkräfte 1. Ordnung durch
x keine oder möglichst kleine freie Massenwirkun- umlaufende Gegengewichte ermöglicht; zudem ent-
gen spricht bei 8-Zylinder-V-90°-Viertaktmotoren der V-
x günstiges Drehschwingungsverhalten Winkel dem gleichmäßigen Zündabstand, sogenann-
x gute Verhältnisse für den Ladungswechsel/Auf- ter „natürlicher V-Winkel“. Wenn Zylinderzahl und
ladung. V-Winkel nicht korrespondieren oder auch bei VR-
Anordnungen, erreicht man dennoch gleiche Zündab-
Bei Zweitaktmotoren mit einer Arbeitsspieldauer von stände durch „Aufspreizen“ der Hubzapfen um die
360° KW entspricht die Kröpfungsfolge der Zünd- Differenz zwischen V-Winkel und Zündabstand, dem
folge; Viertaktmotoren haben je Arbeitsspiel zwei sogenannten Pleuelversatzwinkel. Dies führt zu ge-
Totlagen (Zünd-/Ladungswechsel-OT). Deshalb erge- kröpften Hubzapfen (Hubversatz; Split-pin-Kurbel-
ben sich zu jeder Kröpfungsfolge mehrere Zündfol- welle). So werden heute 6-Zylinder-Pkw- und Nkw-
gen. Die Anzahl der theoretisch möglichen Zündfol- Motoren mit V-Winkeln von 90° , 60° und sogar 54° ,
gen steigt signifikant mit der Kröpfungszahl. Unter 8-Zylinder-Motoren von 75° gebaut, was einen Pleu-
Beachtung der zuvor genannten Anforderungen stel- elversatzwinkel von insgesamt 30°, 60°, 66° bezie-
len sich für jede Motorbauform und Zylinderzahl hungsweise 15° erfordert. Für die Wahl des V-Win-
jedoch meist nur einige wenige als günstig heraus. kels sind neben triebwerksmechanischen vor allem
Gesichtspunkte des Einbauraums der Motoren und
Zählrichtung Zylin- Übliche Zündfolge (Beispiele)
der Abstimmung des Motorprogramms bestimmend.
derzahl
4 1 3 4 2 oder 1 2 4 3
5
6
1
1
2
5
4
3
5
6
3 oder 1 5 2 3 4
2 4 oder
6.2 Drehschwingungen
1 2 4 6 5 3 oder
1 4 2 6 3 5 oder 6.2.1 Grundlagen
1 4 5 6 3 2
in Wärme umgewandelt: Die Schwingung wird ge- die Ausschläge, wobei die Größe des Ausschlages
dämpft und klingt, je nach Dämpfung, schnell oder von der Stärke der Dämpfung abhängt. Stellt man den
weniger schnell ab. Verlauf der Schwingungsausschläge der einzelnen
Greift an dem System von außen eine periodische Massen über der Länge der Welle als Kurvenzug dar,
Kraft an, dann zwingt ihm diese ein anderes Schwin- erhält man die Schwingungsformen mit dem (oder
gungsverhalten auf; das System schwingt – nach den) Nulldurchgänge(n) dieser Kurve als Schwin-
einer Einschwingphase – mit der Frequenz der Erre- gungsknoten, bei dem/denen zwei benachbarte Mas-
gerkraft. Stimmen Eigen- und Erregerfrequenz über- sen in entgegengesetzte Richtung schwingen. An
ein, liegt Resonanz vor. Ohne Dämpfung nähmen diesen Stellen findet keine Drehschwingungsbewe-
dann die Schwingungsausschläge unendliche Werte gung statt (sehr wohl aber Drehschwingungsbean-
an. Doch die stets vorhandene Dämpfung begrenzt spruchungen) (Bild 6-47).
Schwingungslinie
cn – 1
c4 fn
f4
f3 c3
ln
f2 c2
l5
f1 c1 l4
Schwingungsknoten
l3
l2
Schwingungs-
ausschlag l1 Bild 6-47 Schema eines
Drehschwingungssystems
Zu jeder möglichen Schwingungsform gehört je eine x Berechnung der Erregerkräfte sowie der Erreger-
Eigenfrequenz, mit der das System in der betreffen- arbeiten und -amplituden
den Schwingungsform freie Schwingungen ausführen x Berechnung der Kurbelwellenausschläge bei Re-
kann. Die Schwingungsformen und die Eigenfre- sonanz
quenzen hängen von der Größe und von der Vertei- x Berechnung der Kurbelwellenbeanspruchung
lung der Drehsteifigkeiten und der Drehmassen im durch die Schwingungsausschläge bei Resonanz
System ab. x Berechnung der kritischen Drehzahlen.
Weil bei Resonanz die Schwingungsausschläge zur
Zerstörung der Kurbelwelle führen können (Bild
6-48), kommt es darauf an, solche betriebsgefährden-
den Zustände schon im Vorgriff zu erkennen und
durch entsprechende Maßnahmen auszuschließen.
Moderne Bauteilprüfkonzepte steigern zunehmend
die Sicherheit der Betriebsfestigkeit im realen Trieb-
werk [10]. Auch die rechnerische Untersuchung mit
modernen Simulationsprogrammen der Betriebsfes-
tigkeit leistet trotz der hohen Systemkomplexität
einen zunehmenden Beitrag zur Vermeidung von
Überdimensionierungen. Zur Verdeutlichung wesent-
licher Zusammenhänge wird das Triebwerk nachfol-
gend gedanklich vereinfacht (reduziert). So werden
auch überschlägige Berechnungen möglich. Grund-
lage einer solchen Reduktion ist die Übereinstim-
mung der dynamischen Eigenschaften des reduzierten
mit denen des wirklichen Systems. Eine Drehschwin-
gungsrechnung besteht aus:
x Reduktion der Maschinenanlage
x Ermittlung der Eigenfrequenzen und Eigen- Bild 6-48 Torsionsbruch einer Pkw-Kurbelwelle aus
schwingungsformen GGG 70
6.2 Drehschwingungen 71
0 40
1.0 20
0
–20
0.5 2. Eigenfrequenz ve2
40
1. Hauptharmonische k = 1
0 20
1.0 0
–20
–40
0.5 2. Hauptharmonische k = 2
40
3. Eigenfrequenz ve3 20
0
0
–20
Amplitude in kN –40
3. Hauptharmonische k = 3
40
20
reduziertes System 0
–20
c1 c2 c3 c4 c5 c6 c7
–40 4. Hauptharmonische k = 4
40
20
0
l1 l2 l3 l4 l5 l6 l7 l8 –20
–40 5. Hauptharmonische k = 5
20
Bild 6-50 Eigenschwingungsformen für die drei 0
ersten Eigenfrequenzen eines 6-hübigen Triebwerks –20
6. Hauptharmonische k = 6
mit Rädertrieb und Kupplung 20
0
–20
Die Gasdrehkraft ist von der Belastung (spezifische 0 90 180 270 380 450 540 630 720
Arbeit), die Massendrehkraft vom Quadrat der Dreh-
zahl abhängig. Die resultierende (Tangential-)Erre- Bild 6-51 Fourier-Analyse eines Tangentialkraft-
gerkraft lässt sich nicht durch eine geschlossene Diagramms: Die Tangentialkraftkurve wurde aus den
Funktion beschreiben und wird deshalb einer Fourier- ersten sechs Harmonischen zusammengesetzt
Analyse unterzogen. Sie setzt sich aus einem stati-
schen Anteil – dem Nenndrehmoment – und einem
dynamischen Anteil – einer Grundschwingung und k = 0,5 k=1 k = 1,5
sich überlagernder Oberschwingungen – zusammen. 1 1,6 1,2,3
Die erregenden Frequenzen sind also die Grundfre-
quenz (Zahl der Arbeitsspiele pro Zeiteinheit) und 4 5
Unter Berücksichtigung der Schwingungsausschläge Alle ganzzahligen Vielfachen von z/2 (Viertakt)
der einzelnen Kröpfungen und der Phasenverschie- beziehungsweise z (Zweitaktmotor) sind gefährlich,
bung (Zündfolge) erhält man die effektive Erreger- weil bei diesen Ordnungen die Erregenden aller
kraft des Motors. Zylinder gleichgerichtet wirken. Die kritischen Dreh-
Die relativen Kurbelwellenausschläge der einzelnen zahlen ergeben sich als Schnittpunkte der Haupthar-
Zylinder sind in Richtung der Strahlen der Phasen- monischen mit den Erregerschwingungszahlen. Das
richtungssterne geometrisch zu addieren. Hieraus Ausmaß der Gefährdung des Motors bei den einzel-
erklärt sich, dass bestimmte Ordnungen besonders nen kritischen Drehzahlen ergibt sich aus der Berech-
gefährlich sind, weil deren geometrische Summe nung der Resonanzausschläge der Kurbelwelle.
große Werte annimmt. Diese geometrische Summe
wird als spezifische Erregerarbeit, das heißt auf die 6.2.5 Maßnahmen zur Verringerung
Kraft 1 bezogene Erregerarbeit des Motors, bezeich- der Kurbelwellenausschläge
net. Je nach Ordnung und Phasenlage nimmt die spe-
zifische Erregerarbeit unterschiedliche Werte an. Ohne Dämpfung würden die Ausschläge der Kurbel-
Die Amplitude – der absolute Ausschlag – der Mas- welle immer größer werden, bis die Welle bricht. In
se 1 errechnet sich aus dem Gleichgewicht von Erre- der Praxis liegt aber stets Dämpfung vor: Werkstoff-
gungsarbeit und Dämpfungsarbeit (je Schwingung). dämpfung, Reibungsdämpfung und Dämpfung durch
Hieraus lassen sich die absoluten Ausschläge A der den Schmierfilm, doch reicht diese bei modernen
einzelnen Massen des Ersatzsystems bestimmen: Triebwerken nicht aus, so dass zusätzliche Maßnah-
men getroffen werden müssen. Zur Vermeidung
z
G
FTk ¦ ux gefährlicher Drehschwingungszustände kann man:
A1 1
(6.69) x die Erregerarbeiten durch Variation der Zündfolge
z
Z e ¦ E x ux beeinflussen und/oder
2
Verdrehwinkel
dämpfer eingesetzt: Eine kreisringförmige Dämpfer-
masse (Sekundärteil) ist mit der primärseitigen
L-förmigen Mitnehmerscheibe über eine aufvul-
kanisierte Gummischicht elastisch angekoppelt. Die
Schwingungsenergie wird durch die Werkstoffdämp-
2000 4000 6000
fung (Hysterese) des Gummis in Wärme umgewan-
Motordrehzahl [min–1]
delt. Die Resonanzspitze wird in zwei Resonanzen
aufgespalten, deren Spitzen durch die Dämpfung
Verdrehwinkel
abgesenkt werden. Je nach Bauart wird die Dämp- mit Schwingungsdämpfer
Summe 3.-6. Ordnung
fermasse radial oder/und axial am Primärteil befes-
tigt; auch werden zweistufig wirkende Dämpfer
eingesetzt, bei denen zwei Dämpfermassen auf zwei
verschiedene Frequenzen abgestimmt sind [11]
(Bild 6-53), so zum Beispiel der Zweimassen-Gum- 2000 4000 6000
mischwingungsdämpfer für einen 5-Zylinder-Diesel- Motordrehzahl [min–1]
motor (2,5 l), bei dem beide Massen auf Torsion
abgestimmt sind. Bild 6-54 Wirkung eines Drehschwingungsdämpfers
induzierte Schwingungen des Getriebes machen sich liche Drehsteifigkeiten und Dämpfungseigenschaften
bemerkbar als erforderlich sind, müssen die Kennlinien der Federn
entsprechend ausgelegt werden. Das wird zum Beispiel
x Ruckeln: Der Motor regt das System mit der durch Reihenschaltung von Federn verschiedener
0,5. Ordnung an, er schwingt gegen das Fahrzeug Steifigkeit erreicht. Bei entsprechend abgestimmten
x Rasseln: Der Motor regt das Getriebe vorwiegend Feder-Keil-Systemen sorgt Reibung für die gewünsch-
mit der 4. bis 6. Ordnung an, so dass Zahnräder te Dämpfung [13] (Bild 6-56).
und Synchronringe, die nicht im Kraftfluss liegen, Wegen des geringeren Trägheitsmomentes des Pri-
mit vergleichsweise großen Amplituden gegen-