Valjarević, Srđan: Komo
Angela Richter
Sprache serbisch
Übersetzung Como (2008)
Übersetzer/in R. Götz
Hauptgattung Epik / Prosa
Untergattung Roman
Der 2006 erschienene Roman spielt in der tristen,
von Resignation und Gleichgültigkeit geprägten
Atmosphäre während der späten Milošević-Ära.
Für einen serbischen Autor ergibt sich plötzlich
die Möglichkeit, sich als Stipendiat der Rockefel-
ler Foundation in Bellagio am Comer See auf-
zuhalten, um an einem Roman zu arbeiten. Das
junge Talent, das sich in Belgrad mit Gelegen-
heitsarbeiten über Wasser gehalten hatte, verlässt
seine Stadt, fliegt nach Italien und wird in einer
luxuriösen Villa mit Vertretern der geistigen Elite
aus aller Welt einquartiert. „Weil ich so oft nicht
wusste, was ich in meinem Leben mit mir machen
sollte, dachte ich mir, jetzt sehe ich mir mal an,
wie es so ist in dieser Villa Maranese am Comer
Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche
Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag
GmbH
A. Richter (*)
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021
H. L. Arnold (Hrsg.), Kindlers Literatur Lexikon (KLL),
https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_22433-1
See“, spöttelt der Protagonist, aus dessen Perspek-
tive die Erlebnisse dieses Aufenthaltes dargeboten
werden. Schnell stellt der Stipendiat fest, dass er
unfähig ist, auch nur einen Satz zu Papier zu
bringen. „Scheiß Stipendium. Ich war auf das
alles nicht vorbereitet. Es kam zu leicht daher
und war zu weit von meinem Leben entfernt“,
resümiert er gegen Ende seines Aufenthaltes des-
illusioniert. Umso mehr verlegt er sich aufs Wan-
dern in der friedlichen Idylle, erkundet die Umge-
bung, beobachtet die kunterbunte Gesellschaft der
anderen Stipendiaten, schließt Freundschaft mit
Ortsansässigen sowie mit dem Personal der Villa,
genießt die Ruhe und den Überfluss und spricht
dem Alkohol zu.
Nur scheinbar verlaufen die Tage eintönig und
gleichförmig mit ihren Spaziergängen und all-
abendlichen Konversationen. Wenn der sensible
und scharf beobachtende Protagonist auf den Berg
über dem See steigt und aus unmittelbarer Nähe
den majestätischen Flug eines Adlers beobachtet,
wenn er Geräusche und Gerüche und die Schön-
heit der Natur beschreibt, wenn er seinen neuen
Freunden aus Bellagio ermöglicht, zum ersten
Mal in ihrem Leben den Hügel über ihrem Dorf
zu betreten, dann wird die große Kraft dieses
scheinbar lakonischen Erzählens spürbar. In der
elitären Gesellschaft am Comer See ist der junge
Schriftsteller anfangs ein Outsider; seine Einfach-
heit und Menschlichkeit bringen ihm aber schließ-
lich die Achtung der angesehenen Mitstipendiaten
ein. Srđan Valjarević erzählt teils heiter und teils
wehmütig, melancholisch, mit pessimistischem
1
2 A. Richter

Unterton über die Dinge des Lebens, in die auch schließen kein einfaches Unterfangen darstellt,
die vorübergehend in der Ferne liegende Heimat weder für den Autor noch für seinen Protagonis-
und jene Fremde eingeschlossen sind, die zu er- ten.