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Zu viel Smartphone macht Kinder krank

Unkonzentriert, hyperaktiv, sprachverzögert: Die übermäßige Nutzung digitaler Medien


schadet Kindern, belegt eine Studie. Und fordert von den Eltern mehr Fürsorge.
Die intensive Nutzung digitaler Medien kann bei Kindern zu Entwicklungsstörungen
führen. Dies ist das Ergebnis der Blikk-Medien-Studie 2017, die die Drogenbeauftragte der
Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), vorgestellt hat. Vollständig veröffentlicht wird die
Studie allerdings erst in einigen Monaten. Die Risiken reichen demnach von Fütter- und
Einschlafstörungen bei Babys über Sprachentwicklungsstörungen bei Kleinkindern bis zu
Konzentrationsstörungen im Grundschulalter. Je höher der Medienkonsum ist, desto
ausgeprägter treten laut Kinder- und Jugendärzten die genannten Auffälligkeiten auf.
Mortler betonte, die Untersuchung sei "ein absolutes Novum". Sie zeige, "welche
gesundheitlichen Folgen Kinder erleiden können, wenn sie im digitalen Kosmos in der
Entwicklung eigener Medienkompetenz allein gelassen werden." Es sei notwendig, die
gesundheitlichen Risiken der Digitalisierung ernst zu nehmen. Eltern brauchten beim Thema
Mediennutzung Orientierung.
"Kleinkinder brauchen kein Smartphone. Sie müssen erst einmal lernen, mit beiden Beinen
sicher im realen Leben zu stehen", sagte Mortler.
Für die vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Studie waren 5.573 Eltern und deren
Kinder zum Umgang mit digitalen Meiden befragt worden. Außerdem wurden die Ergebnisse
der kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen herangezogen.
Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass es bei Säuglingen zu Fütter- und
Einschlafstörungen kommen kann, wenn die Eltern während der Betreuung parallel digitale
Medien nutzen. Hier lasse sich ein signifikanter Zusammenhang feststellen. Schädliche
Folgen ließen sich auch bei Kita-Kindern nachweisen. 70 Prozent von ihnen spielten mehr als
eine halbe Stunde täglich mit dem Smartphone der Eltern. Dies könne zu motorischer
Hyperaktivität, Konzentrationsstörungen und Sprachentwicklungsstörungen führen. Die
Kinder seien unruhig und leicht ablenkbar.
Bei 8- bis 13-Jährigen ließen sich ebenfalls motorische Hyperaktivität und
Konzentrationsprobleme feststellen, wenn digitale Medien länger als 60 Minuten täglich
genutzt wurden. Außerdem sehen die Forscher einen Zusammenhang zu einem erhöhten
Genuss von Süßgetränken und Süßigkeiten sowie einem erhöhten Body-Maß-Index (BMI).
Befragt wurden auch Jugendliche. Ein nennenswerter Teil von ihnen gab an, Probleme zu
haben, die eigene Internetnutzung selbstbestimmt zu kontrollieren. Nach Angaben von
Mortler steigen die Zahlen internetabhängiger Jugendlicher und junger Erwachsener in
Deutschland rasant. Experten gingen von 600.000 Süchtigen und 2,5 Millionen
problematischer Nutzer aus.

Umgang mit digitalen Medien frühzeitig üben


Dass der richtige Umgang mit digitalen Medien frühzeitig kontrolliert und geübt werden
müsse, ist für Rainer Riedel, Studienleiter und Direktor des Instituts für Medizinökonomie der
Fachhochschule in Köln, deswegen das wichtigste Fazit der Untersuchung. Kinder und
Jugendliche müssten lernen, die Vorteile einer inzwischen globalen digitalen Welt zu nutzen
ohne dabei auf die Erlebnisse mit Freunden im Alltag zu verzichten.
"Mit der vorschnellen Verordnung von Ergo- und Sprachtherapie allein lassen sich die
Gefahren nicht abwenden", sagt auch Kinderarzt Uwe Büsching vom Berufsverband der
Kinder- und Jugendärzte, der ebenfalls an der Untersuchung beteiligt war. "Gerade wenn das
Verhalten oder die Entwicklung auffällig ist, sollte immer auch ein unangebrachter Umfang
der Eltern wie der Kinder mit Medien in Betracht gezogen werden." Künftig sollten die
Früherkennungsuntersuchungen um eine Medienberatung ergänzt werden.

Zusammenhang nicht bewiesen


Die Würzburger Medienpsychologin Astrid Carolus relativierte dagegen die Ergebnisse der
Untersuchung. In der Studie würden lediglich statistisch signifikante Zusammenhänge
zwischen der Nutzung digitaler Medien und bestimmten gesundheitlichen Folgen
nachgewiesen, nicht aber eine klare Beziehung zwischen Ursache und Wirkung.
Wichtiger als Smartphoneverbote sei es, Kindern den richtigen Umgang mit den Geräten
beizubringen.

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