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Bibliothek

der Lesegesellschaft

in Ben.
X.132 .
Geschichte

des

Krieges in Spanien , Portugal

und

dem südlichen Frankreich

von 1808 bis 1814.

Verfaßt
von

Johann T. Jones ,
Oberstlieutenant des k. großbritt. Genie Corps,

Aus dem

Englischen überseßt von F. A. v. H. ,


Major im . E. öftr. General Quartiermeister Stabe.

Mit einer Karte von Spanien , nach den neuesten Hülfsquellen zür übers
sicht aller Bewegungen bearbeitet.

Zweyter Theil.

Wien , 1819.
uct ben Anton Strau

BIBLIOTHEK
BS E
ELR SCHAFT
LN
LESEGE
Vorre d e

des

U e b r f e Be ઠે.

Das verspätete Erscheinen dieſes zweyten Theiles war


durch eine Aufmerksamkeit und Sorgfalt des englischen
Verfassers verursacht , für welche ihm die deutschen Le-
fer ohne Zweifel Dank wissen werden. Er machte nähm .
lich dem Überseßer die freundschaftliche Eröffnung , daß
feinem Buche von militärischen Kunstrichtern und von
Augenzeugen ; ia sogar - er könne es nicht über sich
gewinnen , bescheidenes Schweigen darüber zu beobach.
ten von der Hand desselben Generales , dessen Un-
ordnungen aus dem oft verworrenen Gewebe sich als
Hauptgestaltung herausheben , die Ehre widerfahren
sey , Randberichtigungen und Bemerkungen zu erhal-
ten, daß daher eine neue Auflage erfolgen würde , die
mit dem Beginnen des nächsten Jahres Egerton's Preſſe
verlassen soll. Um jedoch die Fortsegung der bereits er-
schienenen Übersetzung nicht zu hemmen , bis die Buch-
händler der brittischen Hauptstatt mit jenen des Fest=
landes fich in Verbindung gesezt haben, theilte Oberfts
lieutenant Jones die im Originale getroffenen Abände-
rungen dem überseher handschriftlich mit. Sie sind für
den Text des zweyten Theiles bereits hier aufgenom-
A 2
men : für jenen des Erften folgen sie als Unmerkun.
gen am Ende des Werkes. Die Bereitwilligkeit des Ver-
faffers , welche ihren Grund nicht in persönlicher Be.
kanntschaft , sondern bloß in der Achtung für seine deut=
schen Waffenbrüder hat , mag die Verzögerung des zwey-
ten Theiles rechtfertigen , oder vielmehr nur ihr ist es
zu verdanken , daß diese Pause nicht noch länger währte .

Colmar, im Christmonath 1818.


Geschichte

des

Krieges in Spanien , Portugal

und

im südlichen Frankreich

von 1808 bis 1814.

II. ช
Fünfter Abschnitt.

(Vom Frühling 1810 bis zu ienem des Jahres 1811.)


Sustand der südlichen Provinzen Spaniens. Beyde kämpfende Theile
beobachten sich vor Cadir. - Berunglückte Unternehmung der Verbüns
Deten auf Frangirola. Auflösung der Centraliunta. - Regierungsrath ,
welcher an ihre Stelle eingefegt wird. Die zusammengetretenen , rechts
mäßigen Cortes stellen einen neuen auf. Unternehmung gegen den Rü,
den der französischen Linien vor Cadix. Treffen von Barrosa. Die
Früchte dieses Sieges werden vereitelt : die Verbündeten ziehen sich wies
der in die Inset Leon zurück. — Soults Verfahren gegen Cadir. Thäs
tigkeit der Guerillas. Lage der aufgedrungenen - Lage und Stims.
mung der rechtmäßigen Regierung. Thätigkeit des Generals Ballaste-
ros. Vorfallenheiten ben Tarifa. - Suchet gibt die Unternehmung
gegen Valenzia vor der Hand auf. -- Nimmt Lerida , Moquinenza ,
Cortosa. Unternehmungen der valenzianischen und catalonischen
Truppen und Guerillas . Suchet erobert Tarragona. Dessen fernere
Unternehmungen gegen spanische Partengänger. Er belagert das
Schloß von Murviedro. Viake's Operationen nach der Schlacht von
Albuera. w Er wird bey Puzol von Suchet geschlagen. Murviedro
und Valenzia fallen.

Bielleicht befremdet es , und wirklich ist es bereits von


manchem Schriftsteller , der vergaß, daß der Geschichtschrei
ber (besonders der gleichzeitige) stets die Persönlichkeit und
jede Aufwallung von o bezwingen muß , als schwes
rer Vorwurf gegen den brittischen Oberbefehlshaber aufges
faßt worden , daß ein voller Feldzug (jener , deffen Beschreis
bung der fünfte Abſchnitt enthält) in theilweisen, unzufam.
menhängenden , und daher erfolglosen , oder gar mißrathes
nen Unternehmungen von Seite der Verbündeten verstrich.
Warum diese unverantwortliche Unthätigkeit des brittischen
Hauptheeres ? Gehört wohl die Angstlichkeit auch unter die
Eigenschaften eines großen Feldherrn ?" frägt ziemlich hä
misch ein unlängst erschienenes französisches Blatt. Zur Beg
antwortung diene der Eingang einer sehr geistreichen Ab
handlung über die wichtigen drey Tage des Monaths Jung
A 2
4
1815 *) , deren Verfasser vergebens durch die Vorsehung
willkührlich angenommener Anfangsbuchstaben in bescheidene
Verborgenheit sich hüllen wollte. Es verrathen ihn aufjeder
Seite genialische Ansichten , genaue Kenntniß der Sachen
und Personen , überaus richtige , auch auf die früheren Er-
eignisse anwendbare Urtheile , worunter insbesondere jenes ',
Seite 81 zu zählen ist , daß der Herzog seine Engländer
für die Schlachttage aufbewahrte , und in ihnen den Geiſt
der Schlachten nährte." Kann gleich dem Ausspruche nicht
unbedingt bengestimmt werden , daß die Britten in der De-
fensive furchtbar , aber auch bloß dazu tauglich seyen : wo-
gegen man um nur Erinnerungen aus den neuesten Zei-
ter hervorzurufen - die Landüngen vor Copenhagen und am
Helder in der Insel Maltha und vor Middelburg : im Ha
fen von Goro und in m von Genua : zu Washington
und an der Mündung des Miſſiſſippi bloß zu nennen braucht,
um durch dergleichen , auf ungeheuere Entfernungen vorges
nommene Expeditionen , wenn sie auch mit sehr verschiede-
nem Erfolge ausgeführt wurden , den feurigen , auf nør-
männische Abkunft hinweisenden Unternehmungsgeist zu bes
währen ; so ist doch ganz richtig , daß England seit lange
her seine heimischen Truppen. -fo zu sagen für Tage ,
wie jener von Höchstädt oder Waterloo bildete ; daher auch
der Anführer selbe nur in diesem Geiste verwenden durfte.
Nicht, als ob ein Heer , das aus gut und kräftig genährten,
daher für alle Beschwerlichkeiten gerüsteten Menschen zusam-
mengestellt, das zum Theile aus Gebirgsprovinzen (dem
Fürstenthume Walles , den schottischen Hochländern , den
irischen Bergbezirken) gezogen ist , sich nicht eignete , ver-
hältnißmäßige Abtheilungen dayon für den leichten Dienst

*) Geschichte des Feldzuges der englich - hanövriſch - niederländisch - braun-


schweigischen Armee unter dem Herzog Wellington , und der preußis
schen unter dem Fürsten Blücher von Wahlstatt im Jahre 1815. Von
C. v . W.
5

abzurichten : sondern das Eigenthümliche der politischen und


topographischen Lage dieses Inselstaates machte , daß bisher ,
so oft er handelnd in der Kriegsgeschichte auftrat , beynahe
die ganze Bevölkerung des Schauplages die Rolle des klei-
nen Krieges übernahm , ferner , daß in dem wichtigen Theis
le des Militär s Dienstes , in dem Angriffe , in der Verthei-
digung oder Anlegung fester Pläge , unbedeutende Erfah
rungen gemacht wurden , folglich auch die theoretischen Kennt
nisse nicht in Ausübung , noch weniger in Fertigkeit und Gee.
wandtheit übergehen konnten. Kurz die Ausbildung des brite
tischen Heeres beschäftigte sich vorzugsweise , um nicht zu sa-
gen ausschließend , mit dem Dienste in gereihter Schlachte
ordnung , und der Feldherr , welcher in seinen ostindischen
Feldzügen , bis zu dem Friedensschlusse an Alexanders Altä-
ren bey dem Hyphasis hinlänglich bewiesen hat , daß er auch
eine kraftvolle begeisterte Offensive zu leiten wisse , glaubte
desto fester in der Halbinsel jenseits der Pyrenäen die heimaths
lichen Truppen , welche den Kern der dortigen Heere aus-
machten , für die entscheidenden Kraftmomente sparen zu
müssen , als er offenbar nichts dem Zufalle , noch weniger
aber der Mitwirkung von Bundesgenossen überlassen durfte ,
bey denen selbst der mächtige Andrang der Gefahr nicht die,
volksthümliche Eifersucht übermeistern konnte , und die , was
noch schlimmer war, sich nicht mit der Benehmungsweise
vertraut machen wollten , welche ihnen die Natur der Sache
sowohl , als jene der einberäumten Mittel vorzeichnete. Die
spanischen Generäle hielten dafür , es sey unter ihrer Wür-
de durch bloßes Umberschwärmen den Feind auf das Äußer
ste zu ermüden , durch stetes Bedrohen seiner Flanken und
feines Rückens , und sodann durch plötzliches Entwischen ,
wenn ernstlich auf sie losgegangen würde , ihm eine Summe
von kleinen Nachtheilen beyzubringen , die zuleßt einer gro
ßen Niederlage gleichkämen , ohne die ganze Kraft in das
Spiel, folglich in Gefahr gebracht zu haben , kurz das be-
lehrende Beyspiel des Sertorius auf dem nähmlichen Tum
6
melplage war für unsere Zeitgenossen verloren. Man wollte.
fortwährend mit Truppen , die für den Scharmüßelkrieg nur
geeignet waren, Schlachten liefern , und so mußten jene ,
die für diese lettere Rolle bestimmt waren , sich im Hinters
grunde halten . Diese Bemerkung biethet den Schlüssel zur
Beurtheilung der nachfolgenden Ereignisse dar.
Sevilla und Granada waren schon seit Monathen durch
die französischen Truppen beseßt : allein die südlichen Pro-
vinzen noch beŋ weitem nicht zur ruhigen Unterwerfung ges
bracht. In allen Gebirgsbezirken , besonders in der Sierra
Morena und in den Alpucharen dauerte der kleine Krieg der
Guerillen mit regsamer Thätigkeit lange fort. Anderer Seits
verfah Gibraltar die Vaterlandsvertheidiger mit Waffen und
Schießbedarf , diente zur Gewahrsam für die gemachten
Kriegsgefangenen , und als Stüß- oder Rückzugspunct bey
allen offensiven Operationen . Gegen diesen Plaß etwas Kräf
tiges zu unternehmen , lag außer dem Vermögen der frans
zösischen Heeresabtheilung im südlichen Spanien , da ein be-
trächtlicher Theil davon zur. Beobachtung der Cadirer Bes
ſaßung (meistens regelmäßige Truppen) verwendet war. Mars
schall Soult mußte vor der Hand in jener Gegend sich dars
auf beschränken , die Spanier ganz in die Insel Leon hin-
einzuwerfen , und deßhalb der Feste Matagorda sich bemäch.
tigen. Dieses enge Werk war durch eine verkehrte Maßregel
beym ersten Lärmen einer annahenden Bedrohung entwaffnet
worden , daher das feindliche Geschütz leichtes Spiel hatte.
Ben augenscheinlicher Unhaltbarkeit wurde die Besaßung am
23. April eingeschifft, und ungeachtet des heftigen Feuers
der französischen Batterien in die Insel Leon hinübergebracht.
Das ziemlich geräumige Eiland von Leon bildet ein
Dreyeck, dessen Schenkel durch die Fluthen der Bucht oder
Rhede auf einer Seite , und des Oceans auf der andern
Seite bespühlt ; folglich für Landtruppen unangreifbar ſind .
Die Grundlinie von beyläufig (8 englischen) 2 deutschen
Meiten Länge, ist von dem Festlande durch einen Canal,
7
der Fluß des heil. Peter genannt , getrennt , der zwischen
40 und 70 Klaftern Breite hat , in dickem undurchdringlichen
Moraste besteht , und nur einen einzigen Übergang über
einen eigens aufgeworfenen Straßendamm von Chiclana her
hat. Im Scheitel , der als Endepunct einer schmalen Erd-
zunge von drey tausend Klaftern in die See hinausragt , liegt
Cadir mit hochaufgethürmten Wällen , und zeigt dem Feinde
eine einzige Angriffsfronte , welche die ganze Breite der
Landenge einnimmt. Die Spanier hatten zur Vertheidigung
des Eilandes 15,000 Mann zusammengebracht , wozu noch
6 bis 7000 brittisch - portugiesische Hülfstruppen unter dem
Befehle des Sir Thomas Graham stießen. Die eben so eifri-
gen als sinnigen Anordnungen dieſes Generals hatten auf
dem östlichen Ufer des Canales San Pedro in Eile eine
Linie von Verschanzungen zu Stande gebracht, welche rechts
bis an den Ocean reichte , und links sich an Karakas , einen
wohlbeseßten Punct , stüßte , der als ein vorgeschobenes flan-
kirendes Werk zu betrachten war. Die gegenüberstehenden
Franzosen sparten auch ihrer Seits keinen Fleiß, um ihre
Cantonnirungen zu sichern . Sie befestigten sorgfältig Puerto
Real, Santa Maria und Chiclana , zogen von einem die-
fer Puncte zu dem andern verschanzte Lager , und verwen-
deten insbesonders große Arbeit zur Deckung der bey Tro-
cadero aufgeworfenen Batterien , welche aus ungeheuern.
Kesseln auf erstaunliche Weiten , doch ohne Verläßlichkeit ,
Feuerwerkskörper bis in die Stadt schleuderten.
So standen beyde Theile mit wechselseitigen Besorg-
nissen sich gegenüber. Unmöglich konnten die Franzosen ge-
gen einen so vortrefflich gesicherten Plas etwas unterneh
men ; aber auch die Verbündeten konnten es nicht wagen ,
aus ihren Verschanzungen hervorzubrechen , und gegen einen
Punct der feindlichen Einschließungslinie vorzurücken , wäh
rend allen übrigen das oben beschriebene Defilee über den Pe-
terscanal Preis gegeben worden wäre. Somit blieb ihnen nur
übrig , Entsendungen zur See zu versuchen , worunter die
einzige erwähnungswerthe jene von 2500 Spaniern und
Britten unter dem Lord Blayney war , der in der Mitte
'des Octobers das Schloß von Frangirola , unfern von Ma-
laga, überrumpeln wollte , um dadurch die Verbindung mit
den noch immer bewaffneten und streitfertigen Bergbewoh-
nern der Umgegend zu eröffnen , und einen Standpunct
für die gemeinschaftlich einzuleitende Wiedereroberung von
Malaga zu erhalten. Die Ausschiffung geschah in der Bucht
von Mora (zwölf engliſche) vierthalb deutsche Meilen west-
lich vom Play. Der Weg war sehr verdorben , der Marsch
stockte , und verzögerte sich mehrere Stunden. Als man vor
den Mauern des Schlosses anlangte , fand es sich , daß seine
Bemannung weit beträchtlicher sen , als man vermuthet hat-
te , daß daher die Leiterersteigung gar nicht , oder bloß
mit unverhältnißmäßigem Verluste ausführbar wäre. Vier
und zwanzig Stunden vergingen in Aufwerfung von Bat-
terien und mit Einführung des Geschüßes , das aus den
Schiffen gezogen wurde. General Sebastiani gewann da-
durch Zeit , mit Übermacht zum Entsaße herbei zu eilen.
Wenige Minuten vor dessen Erscheinen in der Flanke des
Berennungscorps war die Besaßung zu einem Ausfalle in
der Fronte ausgezogen . Lord Blayney hielt die von der Seis
te kommenden Truppen für Spanier , und gerieth beym er-
ften Andrange nebst den , ihn zunächst Umgebenden in Kriegse
gefangenschaft. Der Überrest verdankte bloß dem behenden
Herbeyrudern der Böte von den Kriegsschiffen , daß er nicht.
fein Grab , sondern Rettung in den Fluthen fand.
Daß die Spanier im Ganzen dazumahl so unthätig
blieben , rührte vorzüglich von dem unftäten , wandelbaren
Zustande ihrer Regierung her. Die Herrschaft der Central-
junta war in einem Volksgerümmel untergegangen , das zu
Sevilla beym Unnähern der Franzosen ausbrach. Ihre Mit-
glieder flohen einzeln nach Cadix , wo am 29. Jänner drey
und zwanzig derselben zusammentraten , um zu versuchen ,
hr Ansehen und die Gewalt wieder an sich zu bringen . Uk
9
lein ihre Beschlüsse fanden weder bey den untergeordneten
örtlichen Obrigkeiten , noch bey dem Heere , noch im Volke
Folgeleistung. Sie legten daher in einer würdevollen Kund-
machung an die Landsleute ihr Amt feyerlich nieder , und
stellten einen Regierungsrath von fünf Gliedern auf, der bis
zur Versammlung der Landesstände oder Cortes die öffentli-
che Verwaltung führen sollte. Dieses Benehmen der Centrals
junta gab ungezweifelt ihren Mitgliedern Anspruch auf eine
andere Behandlung , als sie bald darauf erfuhren. Sie fas
hen sich, gleich Miſſethätern oder Hochverräthern , verfolgt.
Jene , deren voriger Einfluß den neuen Machthabern be
denklich däuchte , wurden in Gefängnisse geworfen : alle
übrigen, ohne Rücksicht auf Ulter , Rang oder Betragen ,
des Landes verwiesen. Die Unbilligkeit dieses Verfahrens
wird desto auffallender , als die Amtshandlungen der nach-
folgenden Regierungsbehörde nicht im mindesten das Ge-
präge von höherer Kraft oder Intelligenz tragen , obschon
sie gewisser Maßen in minder ungünstigen Verhältnissen auf-
trat, als die Centraljunta. Diese , im Augenblicke der größ-
ten Verwirrung zusammenberufen , hatte zum Leitfaden ih- ་
res Benehmens weder ein vorausgegangenes Beyspiel, noch
einen gebahnten Dienstweg. Ihre Aufgabe war keine gerin-
gere, als eine zerrüttete Maschine , ungeachtet der verwickelt-
ſten Hindernisse , baldigst in geregelten Gang zu bringen ,
und darin zu erhalten. In mehreren Aufrufen , welche diese
Behörde zur Rechtfertigung ihres Benehmens an die Nation
richtete , und deren offenherziger, männlicher , aber doch
gemäßigter würdevoller Ton innige Theilnahme erregt ,
spricht sich die Denkungsweise der , oft falsch und höhnisch
Beurtheilten, so Elar aus , daß es interessant seyn dürfte ,
die nachfolgenden Stellen wörtlich herauszuheben :
" Als die ganze Last der Staatsverwaltung uns anver
„ traut wurde , da fanden wir unsere Heere nur halb gebil-
„ det, und auch vom Nothdürftigsten entblößc ; den öffentli
,,chen Schat geleert ; alle Hülfsquellen erschöpft , oder un
„sicher und von entfernter Ergiebigkeit , indeß die Bedürf
„niſſe nah und dringend waren. Ehe wir Zeit hatten zu hane
,,dein, war schon der Despot von Frankreich mit der fürchte
,,barsten Kriegsmacht , die je an jenen Gränzen gesehen wor
,,den war, über die Pyrenäen geschritten . Seine kriegsgeüb-
,,ten Legionen , beffer ausgerüstet , und weit zahlreicher , als
,,unsere haltungslosen , unzusammenhängenden Aufgebothe ,
,,umringten diese , und in einem Augenblicke verlor Spa-
,,nien die Hälfte seiner Vertheidiger ! Die Wiederbildung
„ der zerstäubten Streitkräfte , und die Schöpfung frischer'
„Heere zehrte bald alle Mittel auf, die uns zu Geboth ſtan-
,,den.. Wo immerhin sich unser Ansehen erstreckte ; dort
,,waltete das Recht , dort wußten wir die wahre bürgerliche
Freyheit aufrecht zu erhalten. Selbst in den Provinzen ,
,,die unter dem Drucke des eingefallenen Feindes schmachte-
„ten , war es uns gelungen , mit großem Geheimniſſe die
,,heilige Flamme der Vaterlandsliebe zu nähren. ... In den
zartesten Verhältnissen und schwierigsten Verhandlungen
,,beachteten wir gewissenhaft die Nationalwürde. Das Miß-
,,geschick trugen wir stets männlich , fest überzeugt , daß wir
„nur durch unerschütterliches Ausharren sein Ende herbey-
„führen können. ... Wir wurden , ungescheut bekennen
,,wir es , in manchen Irrthum hineingezogen. Freudig würs
,,den wir jede Folge davon mit unserm Blute losgekauft has
,,ben. Allein , umrungen von so mannigfaltigen Schwierig-
keiten , wer konnte sich schmeicheln , frey von falschen Vor-
,,aussetzungen und Berechnungen zu bleiben ? Wer kann
,,billiger Weise es uns zur Schuld anrechnen , daß dieser
,,General nicht genug Vorsicht bewies , jener vom Glücke
,,verlassen wurde ; daß es einem Heere an Muth, dem an-
„dern an Selbstvertrauen gebrach. .... Liebe Landsleute ,
,,verkennt nicht, daß manches Unheil eurer Unerfahrenheit ,
manches dem Verhängnisse zuzuschreiben ist."
Allerdings , wie schon früher erwähnt wurde , lag so-
wohl in der Art , wie, als auch in den Elementen , woraus
11

die Centraljunta zusammengeseßt war , das Urgebrechen ,


das sie ganz untauglich machte , die Angelegenheiten eines
Volkes zu leiten ; allein sie bestand ja aus Spaniern , die
sich folglich nie den schüchternen Zweifel an der eigenen Tüch-
tigkeit einfallen ließen , und an der Sucht , die Obergewalt
zu behaupten , hingen , als schon das gesammte Volk ihre
Unfähigkeit entdeckt hatte. Diese Schwachheit und die , dem
ginzen Lande eigenthümliche Schläfrigkeit wirft man mit
Recht der Centraljunta vor ; jedoch , wenn man ihre Amts-
waltung ohne Leidenschaft zergliedert ; so wird man selbst
jezt , wo noch die Epoche der Ereignisse zu nahe , und der
davon erhaltene Eindruck zu lebhaft ist , um mit der Unbe
fangenheit der Nachwelt zu urtheilen , dennoch eingestehen
müssen , daß unter ihnen mehrere waren , die Lob , als die
Ladel verdienten , und nur auf wenigen der Verdacht von
Verrätheren gegen die Gemeinfache lastet.
Spanien gewann nichts durch den Wechselseiner Machte
haber. Der einstweilen eingeseßte Regierungsrath war noch
ängstlicher , als die abgetretene Stelle , darauf bedacht,
den Zeitraum der Gewalt zu verlängern . Geflissentlich wure
den kleinliche Anstände in großer Menge bey der Ernennung
der Landbothen zu den Cortes über Förmlichkeiten , über
Wahl- und Stimmfähigkeit u. s. w. erhoben. Es verstrich
der Sommer , ohne daß etwas zur Entscheidung kam , und
wahrscheinlich würde man auch in den nachfolgenden Jahrs-
zeiten nicht weiter gerückt feyn , hätte nicht der Afterkönig
durch Anstalten , als wolle er sein , im verflossenen April
gemachtes Versprechen , eine ähnliche Versammlung zu Mas
drid zusammen zu rufen , nun in Erfüllung bringen , die
Parten des rechtinäßigen Herrschers zu Thätigkeit angespornt.
Die Besorgniß , daß sodann eine regelmäßige Gegenregie
rung festen Fuß fassen könne , brachte alle andern Rücksich
ten zum Schweigen , und endlich wurde das Zusammentres
ten der Cortes (Landesstände oder Generalstaaten) für den
Monath September festgesezt.
12

Der aufgedrungene Landesfürst wußte in seine Sache


mehr Regsamkeit zu bringen. Gebildet in einer Lage und
für einen Zustand , wo jeder Tag neue Gestaltungen und
frischen Umschwung hervorrief, gewohnt in den , von oben
herab ihm zur Ausführung vorgezeichneten Planen keine Nach-
forschung über Recht und Billigkeit zuzulassen , betrachtete
sich Joseph Buonaparte als rechtmäßigen König von Spa-
nien , weil er von seinem Bruder dazu eingesetzt war , und
glaubte auch vom gesammten Lande und von ganz Europa
ohne Widerrede dafür anerkannt werden zu müssen , weil
er als Bezwinger der südlichen Provinzen nach Madrid zu-
rückkehrte , und in diese Hauptstadt einzog. Nebst der , vors
hin erwähnten Zusammenberufung der Landesstände erließ
er noch in väterlichem Style Verordnungen , welche die an-
lockendsten Verheißungen enthielten , und die lachendsten
Aussichten zu gemeinnützigen Verbesserungen in jedem Ver-
waltungszweige öffneten. Die Seemacht sollte erneuert , der
Handel wieder belebt , der Ackerbau unterſtüßt und andere
Segnungen tausendfacher Art über die getreuen Untertha
nen gebracht werden. Im grellsten Abstande zu diesen Vor-
spieglungen erschienen gleichzeitige Aufrufe von den französi
schen Unführern , die allgemeine Bestürzung hervorbrachten.
Mit wahrer Unersättlichkeit wurden Lieferungen jeder Art
eingetrieben , und die lästigsten Auflagen , oder Besteurun-
gen ausgeschrieben , die keinen Theil der Bevölkerung ver-
schonten. Zum Beyspiel sollte das beste Vieh im ganzen.
Lande für den Militärgebrauch abgegeben , und was hiezu
nicht tauglich wäre , verstümmelt werden . Um zu zeigen , wie
weit die unbestreitbaren Rechte eines selbstständigen Volkes
verhöhnt , und die Achtung verlegt wurde , welche man der
Tapferkeit und Vaterlandsliebe, selbst wenn sie unterliegt,
fchuldig ist , wollen wir nachfolgende Stelle aus einem Tags:
befehle Soult's anführen : „ Es besteht kein anderes spanisches
,,Heer, als jenes seiner Majestät des Königs Joseph Napoleon,
Alle übrige bewaffnete Haufen , die in den Provinzen in
F13

was immer für einer Zahl , und unter was immer für ei
,,nem Anführer sich sammeln , sind als Räuberbanden zu be-
„ handeln , und jeder aus ihnen , wie er mit den Waffen
,,in der Hand ergriffen wird , soll ohne Verschub oder Nach-
sicht erschossen werden. Auch hieß es weiter sollen die
,,strengsten Strafen über die (friedlichen und ruhigen) Be-
„wohner jener Gegenden verfügt werden , wo dergleichen
verbrecherische Parteygänger es gewagt haben , sich den
„französischen Truppen gewaltsam zu widerseßen." Dieser
blutige Beschluß wurde wirklich an mehreren Orten in Boll-
zug gefeßt , worauf der Regierungsrath , um dem Feinde.
die Lust solcher Grausamkeiten vergehen zu machen , verord="
nete , das Vergeltungsrecht zu üben , nähmlich für jeden ges
mordeten Spanier drey Franzosen hinzurichten , eine gewiſſe
Anzahl für jedes zerstörte Haus , und so fort für jede Un-
bild. Die Häupter der Guerillas erfüllten diese Befehle so
getreu und mit solcher Erbitterung , daß eines Tages anden
Bäumen der Hauptstraße nächst Madrid eine ganze Reihe
Franzosen hing, welche ein solcher Anführer hatte , aufknü-
pfen lassen , da einige feiner Leute auf ähnliche Art waren
behandelt worden. Derselbe fügte den Schwur bey , daß ein
gleiches Schicksal alle französischen Oberofficiere höheren
Ranges erwarte, welche in seine Hände fallen würden. Die-
ser Entschluß wurde ruchbar , und bestürzte vorzüglich die
französischen Generäle , welche nahmentlich dadurch bedroht
waren. Die Folge war , daß obige Verordnung zurückge-
nommen wurde , und die gräßlichen völkerrechtswidrigen
Behandlungen nachließen.
Im September , wie gesagt , traten die rechtmäßigen
Cortes in Cadir zusammen , und begannen ihre Berath-
schlagungen. Eine ihrer ersten Amtshandlungen war , den
Regierungsrath schmählich aufzulösen , dafür einen neuen
einzusehen , und an dessen Spize den Generalen Blake zu
stellen. Das spanische Kriegswesen erhielt dadurch einigen
Umschwung , und im Frühling von 1811 wurde eine Ans
14
griffsbewegung beschlossen , um die der Insel Leon gegene
über gelegenen Einſchließùngsverſchanzungen des Feindes zu
zerstören. Dieß schien desto thunlicher und erfolgreicher , als
Marschall Soult die Verwegenheit gehabt hatte, einen bes
trächtlichen Theil seines Berennungscorps zur Belagerung
von Badajoz zu entsenden , wodurch die , in den Linien bey
ihm zurückbleibenden Truppen auf 12,000 Mann herabge-
schmolzen waren , indeß jene auf dem Eilande nah an 20,000
Mann stark ausrückten. Um alles zu beseitigen , was Hin
derniß der gemeinsamen , einverständlichen Unstrengung seyn
könnte , unterwarf sich General Graham den Befehlen des
spanischen Generals La Pena.
Es wurde abgeredet , die Truppen zu dieser Expedition
in Transportschiffen nach Tarifa überzuführen , von wo sel-
be in die linke Flanke und in den Rücken der Franzosen
marschiren mußten , indeß General Zayas mit dem Überreste
der Besazung von Cadir über eine Brücke, die er über den
Peterscanal nah an dessen Mündung in den Ocean zu schla-
gen befehligt war , herausbrechen und sich mit der Umge-
hungscolonne vereinigen würde. Der tobende Sturm ver-
fchlug die Fahrzeuge in die Bucht von Algesiras , wo kein
für Geschüß brauchbarer Weg von der Küste ausläuft. Mit
ungeheurer Anstrengung der brittischen Matrosen wurden die
Geschütze in die Böte übergeladen , diese gegen Sturm und
Strömungen bis nach Tarifa am Taue geschleppt , und so
zwischen 4 und 5000 Britten nebst 12,000 Spaniern dort
an's Land gesezt, welche am 4. März nach Vejor vorrück-
ten. Hier wurde in einer Berathung zwischen den bey-
den Generälen folgender Plan entworfen: „Die Spanier ,
,,welche den Vortrab bilden , marschiren nach Conil die
29‚Engländer ſchließen den Marsch , und stoßen zu den ersten
in besagter Stadt erst während der Nacht. Nach einiger
,,Ruhe greifen die Verbündeten vereint mit Tagesanbruch die
Franzosen in ihrem Lager an. In der Zwischenzeit stürzt
sauch General Zayas mit den , im Eilande gebliebenen
15.

„Truppen heraus , während einige Abtheilungen von Schiffs.


„soldaten und Matrosen des Geschwaders sich ausschiffen
um die Strandbatterien rings um den Hafen zu zerstören
„und einzuebnen.”
Der commandirende General (La Pena) , als er am bes
stimmten Vereinigungspuncte angelangt war , erhielt die
verläßliche Meldung , daß die Brücke über den Peterscanal
seit dem 2. zu Stande gebracht sey , und daß General Zayas
selbe gegen die heftigen und wiederhohlten Anfälle des Feins
des behauptet habe. La Pena befahl daher ungefäumt der
Division des Generalen Lardizabal vorzurücken , und die
zwischen dem offenen Felde und der Brücke festgeseßten fran
zösischen Posten zurückzuwerfen , um so die Verbindung mit
dem Eilande zu erhalten. Dieser erste Endzweck der Unters
nehmung wurde auf das tapferste errungen. Der Feind war
nach einigem Widerstande gezwungen , gegen seinen rechten
Flügel zurück zu weichen. La Pena schob hierauf die Haupt-
truppenmasse der Spanier auf die Höhen von Bermesa vor,
und bezog dort eine Stellung sowohl um den schon errun»
genen Vortheil zu behaupten , als auch um die Vereinigung
mit den vom Eilande her erwarteten Truppen zu decken.
La Pena benachrichtigte sogleich den Sir Thomas Gras
ham von der Lage der Dinge , und lud ihn ein , ungesäumt
zur Unterstüßung heranzurücken. General Graham erhielt
diese Depesche zu Barrosa , wo er eben nach einem ange
strengten , sechzehnstündigen Marsche erschöpft , und beye
nahe athemlos angelangt war. Demungeachtet gehorchte er
ohne mindester Zögerung. Sein Weg führte ihn fast gleichs
laufend mit der Küste , und unfern davon über mehrere Bergs
füße und dazwischen liegende Thäler , welche gegen den Ocean
sich hinziehen. Die Höhe von Barrosa , einer dieser Abfälle
liegt etwa (vier englische ) anderthalb deutsche Meilen von
der durch Zayas über den San Pedrofluß geschlagenen Brüs
ke; wenig mehr als (eine englische Meile) zweytausend
Schritte von demselben Puncte ist eine zweyte Anhöhe , jene
16

von Bermesa: Die Britten , der Unordnung des Generalen


La Pena gemäß , marschirten von der Höhe von Barrosa ge-
gen jene von Bermesa über die entzwischen liegende , mit
dichtem Gehölze bewachsene Ebene , als sie plöglich in ihrer
rechten Flanke ein feindliches Corps in zwey starken Abthei
lungen gewahrten , wovon die eine im Zuge war , die Höhe.
zu ersteigen , von der die Engländer eben herabkamen , und
worauf bloß zwey spanische Bataillone als Rückhalt zurückge-
blieben waren : die andere befand sich nur mehr 250 bis 300
Schritte von der Waldfpige entfernt, nachwelcher der Marsch
der Britten gerichtet war.
Diese heranrückenden , feindlichen Abtheilungen waren.
beynahe das ganze , 7 bis 8000 Mann starke Corps des
Marschalls Victor , welcher das Wagestück gemacht hatte ,
nur 4000 Mann in den Verschanzungen seiner auf mehr
als (dreyßig englische) neun deutsche Meilen ausgedehnten
Cantonirungslinie vor Cadir zurück zu lassen , um dort zu
figuriren , indeß er mit dem Überreste gegen die brittisch-spa-
nischen Truppen auszog.
General Graham sah ein, daß er weder seinen Marsch,
der dem Feinde die Flanke darboth , fortseßen , noch diesem
die Zeit lassen durfte , von der schon erreichten Anhöhe von
Barrosa längs des Gestades auch jene von Bermesa früher ,
als die abgematteten Britten , in dem Rücken derselben zu
gewinnen. Nach kurzer Überlegung faßte er den Entschluß ,
zuerst anzugreifen. Unter einem heftigen , wirksamen Kugel-
und Kartätschenfeuer ließ er Rechtsum machen , und mars
schirte wieder aus dem Walde heraus , in zwey Divisionen
auf. Den rechten Flügel befehligte der Brigade - General Dils
Ees , den linken der Oberste Wheatley. Das Geplänkel der
leichten Truppen begann unverzüglich , und unter dem Schu-
he oderselben
n rückte General Dilkes gegen die franzosische Dis
visi vor , welche sich schon auf dem Kamme der Anhöhe
von Barrosa festgesetzt hatte , nachdem von dort die spanis
schen Truppen sich sehr klug herabgezogen hatten , um auf
17
weitem Umwege zu den brittischen zu stoßen. Der Feind hielt
den ersten Anfall standhaft aus : allein die unaufhaltsame
beharrliche Tapferkeit der Angreifenden überwog , und drängte
die Franzosen vom Hügel herab , woben sie zwen Geschüge
verloren. Der linke Flügel der Verbündeten errang zur nahme
lichen Zeit einen ähnlichen Vortheil. Anfangs richteten die
Franzosen dagegen ein lebhaftes Kleingewehrfeuer , und mars
schirten im raschen Schritte darauf los : allein sobald Oberst
Wheatley seine ganze Abtheilung aus dem Walde herausger
bracht und formirt hatte , rückte er selbst dem Feinde entges
gen. Drey Compagnien der königlichen Garde und das 87 .
Linienregiment machten einen überaus glänzenden Angriff
mit dem Bayonete : der Adler des 8. leichten Infanteriere
gimentes nebst einer Haubige waren die Trophäen. Die
Flüchtlinge wurden quer über eine Niederung auf der Ferse
verfolgt. Vergebens versuchte dort ein aufgestellter Rückhalt
die Nacheilenden aufzuhalten : auch dieser wurde über den
Haufen geworfen , und wo immer eine größere Masse Miene
machte , sich zu sammeln und zu halten , da wurde sie durch
das zerstörende Geschüßfeuer wieder aus einander gesprengt.
Zuleht nach einem Kampfe von anderthalb Stunden , worin
sie ein Drittheil ihrer Streitkräfte einbüßten , zogen die Fran-
zosen gänzlich geschlagen ab , und ließen 6 Geschüße nebst
500 Gefangenen in den Händen der Sieger , welche ihrer
Seits ebenfalls den empfindlichen Verlust von beynahe 1200
Todtén und Verwundeten erlitten hatten.
Nach diesem Treffen zog Marschall Victor beynahe sein
ganzes Corps bey Jerez zusammen , ließ nur eine nothdürfs
tige Bedeckung in einigen der Hauptwerke der Einschlies
Bungslinie zurück , und verfügte sich für seine Person nachy
Sevilla, um diesen wichtigen Plas vor einem Unfalle zu
bewahren. Wirklich drohte jener Gegend große Gefahr ; allein
die gründlichen Vortheile , welche der glänzende Sieg von
Barcosa den Verbündeten zuzusichern schien , waren gar
bold durch die Mißverständnisse verloren , denen alle combie
II. B
18

nirte Unternehmungen unterliegen , wo keiner der Anführer


unumſchränkteMacht, folglich auch keiner unbegränzte , un-
eigennützige Folgſamkeit hat. Das Hauptcorps der Spanier,
obschon höchstens anderthalb Stunden vom Kampfplage ent-
fernt, konnte durch nichts bewogen werden , dahin zu mar-
schiren. Es ist schwer zu entſcheiden , was eigentlich die Ur-
sache dieser Unthätigkeit war ? Ob die Überraschung über das
plögliche unerwartete Beginnen eines Gefechtes im Rücken ,
oder über dessen schnelle Entscheidung ? Ob die Besorgniß
die Verbindung mit Cadir wieder zu verlieren , oder andere,
nicht so leicht zu rechtfertigende Rücksichten ? General Gro-
ham im Gefühle , wie wenig Zutrauen ein Vorgesetter ver-
diene , dem er sich so willig und folgsam unterworfen hatte,
der aber weder durch Vorsicht seine unterstehenden Truppen
vor muthwilliger Gefahr zu bewahren versteht , noch die
Geistesgegenwart besikt, sie durch schnell getroffene Maßre-
geln wiever herauszuziehen , oder dem in das Gedränge ge-
kommenen Theile schleunigst zu Hülfe zu eilen , der sogar
nicht vermag jene Vortheile , welche die Entschlossenheit eines
Untergeordneten , und die Tapferkeit der Truppen über den
Feind errang , durch einige thätige Mitwirkung zu deſſen
gänzlicher Niederlage zu benüßen --General Graham , nach-
dieser empfindlichen Erfahrung , wollte nicht länger unter La
Pena's Befehlen stehen , und zog sich mit seinen Britten
wenige Stunden nach dem Gefechte in die Insel Leon zurück.
La Pena verweilte noch einige Tage auf den Höhen
von Bermesa , und unterhandelte eine neue gemeinschaftliche
Unternehmung. Mit seinen Spaniern allein , obschon über
15,000 Mann stark, weigerte er sich, irgend eine Angriffs-
bewegung gegen die feindlichen Werke zu machen , obgleich
die Seemacht der Verbündeten in verſchiedenen Landungen ,
wo sie die Batterien des Hafens und eine große Menge von
Vorräthen zerstörte , die Schwäche und den Mangel an ge=
höriger Bewachung deutlich erprobte. Bey diesem Anblick
von Unthätigkeit wuchs zuleßt den Franzosen so der Muth ,
19
baß , sobald sie aus Sevilla eine geringe Verstärkung erhielt
ten , sie alsogleich in die Offensive übergingen , worauf La
Pena wieder in das Eiland ſich zurückzog , die Brücke über
den San Pedro - Canal zerstörte , und beyde Theile die vorige
Stellung der wechselseitigen Beobachtung neuerdings an
nahmen.
Marschall Soult, um die Erinnerung an Victor's Nies
derlage zu verlöschen , und seine eigene frühere Unthätigkeit
vor Cadir vergessen zu machen , trat nun mit außerordent-
lichen Mitteln auf. Er ließ Wurfgeſchüß von beſonderem
Bau und ungeheurer Wurfweite gießen , und daraus Bom-
ben , mit Bleykugeln gefüllt , schleudern , die wirklich bis über
die Hälfte der Stadt fielen. Von der Insel Leon aus wurde
das Feuer gar nicht beantwortet , weil dadurch vorzüglich die
Landesbewohner gelitten hätten. Hierauf und auf den Bewa-
chungsdienst längs der Verschanzungskette beschränkten sich die
Unternehmungen vor Cadir , welche die Franzosen mit der , ih
nen eigenthümlichen Kunst , pomphafte , hochtrabende Benen-
nungen zu erfinden , mit dem Titel : „ Enge Einschließung und
,,kräftige Bombenbewerfung" beehrten . Dieser Irrthum ist
auf England übergegangen , wo man häufig von einer Bes
lagerung von Cadir spricht , ja er ist sogar auf einem
Feuerschlunde , der unlängst im St. James Park als Denk-
mahl der , durch Britten erfochtenen Siege aufgestellt wur-
de, durch eine ungeschickt ausgedachte Inschrift auf die Nach-
welt fortgepflanzt , und gewißer Maßen verewigt , da es
auch nach dieser Inschrift scheint , als hätten die Franzosen.
Cadir regelmäßig belagert. Statt bey Lesung derselben das
Herz durch Nationalstolz gehoben zu fühlen , wird einst der
Engländer fragen : Wie kömmt es, daß eine französische
Truppenabtheilung , deren Zahl selten 10 bis 15,000 Mann
überstieg , in das Eiland von Leon eindrang , und die Belas
gerung von Cadir ins Werk seßte, während die Britten
vergebens alle Anstrengung aufbothen , um es zu verhindern ?
Was für ein Schluß müßte daraus für den Geist und die
B 2
20
moralische Kraft der beyden Nationen gezogen werden ? Als
lein die Sache verhielt sich gerade umgekehrt. Die Franzo-
sen verschanzten sich in ihren Cantonnirungen , und blieben
in ihrer Stellung mehr vertheidigungsweise , un im Grun
seine geschlossen , als das Heer des Eilandes , welches
de enger
feine Vorposten und Pickete die ganze , fragliche Zeit hindurch
dah er nicdes
jenseits ht ruh mredigauf
Canales , ſon
dem
n nur
derFestlande terhielt . Es wäre
der Gerechtigkeit ents
sprechend, ohne deßhalb den Feind herabzusehen , wenn die
Inschrift auf dem erwähnten Monumente etwa folgender
Maßen lautete : „ Die Franzosen eifrig bemüht , Cadir zu bes
„ lagern , wurden durch die mächtige Hülfe der Engländer
,,durch zwey volle Jahre abgehalten , auch nur einen Fuß
,,auf die Insel Leon zu feßen. Unabläßlich für die Sicherheit.
,,in ihren eigenen Cantonnirungen beunruhigt , warfen sie
,,furchtbare Verschanzungen auf. Weil sie nicht wagten so
„nahe der Stadt zu rücken , als es das Geschütz vom ge-
,,wöhnlichen Caliber erheischt hätte ; so ersannen sie Mörser
,,von ungeheurer Wurfweite , die hier gegossen wurden , und
,,auch hier in die Hände der Spanier fielen , als der Sieg
,,des Herzogs von Wellington bey Salamanca die Franzo-
,,sen zwang , eiligst die Linien vor Cadir zu verlassen. Spa-
,,nien, zum Beweise seines Dankes , daß diese Stadt durch
,,die Britten vor den Gefahren und Gräueln einer Belage
„rung bewahrt wurde , both dieſe Trophäe dem Prinzen-
,,Regenten als Geschenk dar 1 s. w."
Während die Hauptmacht der Franzosen theils in An-
dalusien , theils in Portugal beschäftigt war , und im In-
nern von Spanien nur wenige zerstreute und schwache Ab-
theilungen zurückgeblieben waren , faßte das System des
Eleinen Krieges durch die Guerillas so feste Wurzeln , daß
es im Laufe des Jahres 1811 volle Kraft gewann. Sich
selbst überlassen , stand bald in jedem solcher bewaffneten
Haufen der Tapferste und Unternehmendste als Anführer auf,
und dadurch bildete sich jene Art des Kriegführens , welche
21

am meisten der Bestimmung dieser Banden , dem Verhält


nisse ihrer Stärke zu jener der Feinde , den örtlichen Um-
ständen , und selbst der Lebensweise jener Menschen , aus
denen sie bestanden , entſprach. Jede Provinz brüstete sich
mit einer , auf weiten Umkreis gefürchteten , bewaffneten
Schar ; jede Schar mit einem Helden an ihrer Spiße , der
oft seinen Familiennahmen mit einem andern , auf seinen vo-
rigen Stand , oder eine Großthat , oder auf seine Leibes-
gestalt , oder sonstige Eigenheit anspielenden vertauschte. So
Hatte Alt = Castilien den Don Julian Sanchez ; Arragonien
den Meister Longa , Navarra den gefürchteten Espozy Mina,
Asturien das Markischen (den kleinen Markis Porlier) , die
Gebirge von Guadalarara den mit Pech geschwärzten (Em-
pecinado) Johann Martin. In andern Gegenden streifte der
Arzt, der Franciscaner , der Mönch und andere , die mehr
durch ihre Übernahmen als anders gekannt sind , und die sich
wirklich in verschiedenen Bezirken des Königreiches glänzend
auszeichneten. Manche derselben ließen sich durch Weiber
oder Mädchen in Mannskleidern begleiten , und diese wurs
den bald so vertraut mit der Gefahr , daß man sie im Ge-
fechte oft in den vordersten Reihen erblickte. Daherschreiben
sich, wie dieß wohl auch in der Fabelwelt der Fall seyn mag,
die Erzählungen von spanischen Amazonen , die ganze Bans
den anführten .
Jeder der obgenannten Parteygänger hatte ſich einen
eigenen Tummelplaß für seine Streifzüge ausgewählt ; al-
lein , sobald es sich um eine vereinte Unternehmung handelte,
fand auf das Geheiß des Anführers , die Mannschaft sich auf
dem bestimmten Sammelplaße ein , und zwar mit solcher
Treue, Vorsicht und Verschwiegenheit , daß sie häufig Tage
lang vor den Thoren eines von französischen Truppen beſeß-
ten Plages verborgen sich aufhielt , um etwa eine Person ,
der sie aufpaßte , aufzuheben , oder sonst ein vorgestecktes
Biel in dem wahren Zeitpuncte zu erreichen , ohne sich vor-
her zu verrathen. Joseph Buonaparte selbst scheute sich eine
22

Nacht außerhalb Madrid , auch nicht mit starker Leibwache


umgeben , zuzubringen. Jede Ortschaft , jedes Dorf, kaum
von Franzosen beſeßt , wurde auch gleich mehr oder weniger
verschanzt , und doch war diese Sicherheitsmaßregel nicht
überall hinreichend. Der verwegene Marquisito (Porlier) hob
einige kleinere Posten auf, und überfiel sogar im Monathe
August die aus alten Soldaten bestehende Besaßung von
Sant Under ; kurz darauf griff der herzhafte Empecinado
bey hellem Tage 3 Bataillone zu Calatayud an , und machte
fie ganz zu Gefangenen. Selbst knapp vor den Wällen der
befestigten Städte war keine Sicherheit. Der unternehmen-
de und ausharrende Don Julian trieb unter den Kanonen
von Cividad Rodrigo alles Vieh weg , und der Comman-
dant , der ausfiel, um die Beute wieder abzujagen , gerieth
in einen Hinterhalt , den der schlaue Parteygänger gelegt
hatte , und dadurch in Gefangenschaft. So wenig auch Zu-
sammenhang und strategischer Einklang in diesen abgeson-
derten Unternehmungen lag , von so großem Vortheile wa-
ren sie doch für die allgemeine Sache. Gerade für den frans
zösischen Charakter war nichts unangenehmer , als diese ste-
ten Beunruhigungen , dieses Verdoppeln des Felddienstes ,
diese unabläßlich gespannte Aufmerksamkeit und Besorgnisse
vor einem Feinde, den es nicht möglich war aufzureiben ,
weil man ihn nirgends fand , sobald bedeutende Truppen-
körper dagegen ausgeschickt wurden. Hätte nur das ganze
spanische Heer , selbst die geschmolzenen und herabgekomme=
nen regelmäßigen Truppen , die nähmliche , die allein passende
Art des Kriegführens angenommen ! Allein zum Unglück
für das ganze Lande erweckte der Ruf, den sich manche.
Guerillas - Anführer erwarben , eine unwürdige Eifersucht bey
der Regierung und die Beſorgniß , als wollten jene ſich al-
ler Unterwürfigkeit entziehen. Um diesem vorzubeugen , ers
theilte man ihnen , recht schlau, militärischen Rang, wodurch
fie den Generalen der Linie unmittelber untergeordnet wur
den. Bald folgten gestickte und verbrämte Uniforme , ein
23

zahlreiches Gefolge und dergleichen nußloser Land , mit ihm


der Schwindel von Ansehen und Wichtigkeit , und die Sucht
mit dem vollen Gewichte von Anführern regelmäßiger Trup-
pen aufzutreten , folglich die bewaffneten , unterstehenden
Haufen zu verstärken , sie nach dem üblichen Verhältnisse aus
Fußvolk , Reiterey und Artillerie zusammenzuseßen ; kurz
der eigenthümliche Charakter , welchen diese National-Bewaff-
nung haben sollte , wurde ganz zerstört, und die Volksbe-
geisterung verfiel in eine unförmliche Nachäffung des Solda-
tenhandwerkes . Nur Mina's und Longa's Talente hielten
gleichen Schritt mit der veränderten Organisirung , so wie
ihre patriotischen Gefühle sich vor den Lockungen der Eitel-
keit zu bewahren wußten . Beyde an der Spike von 6 bis
8000 Mann entfalteten ganz besondere Geschicklichkeit im
Manövriren. Sie zogen von den Terrain-Vortheilen in Arras
gonien und Navarra allen möglichen Nugen , um einvers
ständlich den sie aufsuchenden , weit überlegenen französischen
Abtheilungen auf eine Art auszubeugen , die den berühmte-
ften Truppenanführern noch zur Ehre gereichen würde. Doch
war, diese Ausnahmen abgerechnet , an allen übrigen Punc=
ten der Feuergeist und die Thätigkeit der Guerillas durch
die Einmengung der Regierung sehr erstickt , und würde
wahrscheinlich ganz erloschen seyn , wenn der Krieg noch
einige Zeit fortgewährt hätte.
Wirklich war schon im Sommer von 1811 der größte
Theil Spaniens der aufgedrungenen Herrschaft unterworfen .
Die Hauptschwierigkeit , womit lettere zu kämpfen hatte ,
bestand immer darin , hinreichende Geldmittel aufzutreiben ,
um zuerst die kostspieligen französischen Heere zu befriedigen ,
und sodann die übrigen Staatsauslagen zu decken. Zwar
hatte man sowohl die reichen Besißthümer der Ordensgeist.
lichkeit , als auch das eingezogene Eigenthum vieler Adelichen,
welche sich der Sache des rechtmäßigen Königs öffentlich ger
weiht und geopfert hatten , dem öffentlichen Schahe zuges
wiesen , zwar wurde der Versuch gemacht , das Land in Ber
24

zirke zu theilen , um darnach ein billiges Besteuerungs- System


einzuführen ; allein diese zweckmäßigen Bemühungen wur-
den gar bald durch das eigenmächtige, keiner Leitung sich fü
gende Verfahren der französischen Generäle vereitelt , die
für ihre Person , oder für ihre unmittelbar unterstehende
Truppen recht hab = und eigensüchtig an sich rissen , was ims
mer innerhalb ihres Bereiches gesammelt oder eingetrieben ,
wurde , so daß nie etwas bis zur Regierungsbehörde des
Afterkönigs gelangte , bey dem deßhalb auch bald die äußer
ste Armuth und ein gränzenloser Geldmangel eintrat. An-
fangs fand er eine bedeutende Hülfsquelle in den zahlreichen
Verleihungen von Ehrenstellen und in der Ernennung zu
einträglichen Pläßen , deren bey dieser Verwirrung und in
ter großen Ausdehnung des spanischen Gebiethes unzählige
erledigt waren. Allein als im Verlaufe des Krieges es sich
zeigte , wie schwer es sey , von diesen Würden Besiß zu
nehmen , oder die sonst damit verbundenen Einkünfte dar-
aus zu ziehen ; so verloren sie bald den anlockenden Reiß ,
und mit jedem Tage verminderte sich die Zahl der Anhänger
von Joseph Buonaparte. Noch mehr , weil die Unmöglich-
keit eintrat , die wenigen Eingebornen , die man für seinen
Dienst in Bataillone zusammengebracht hatte , zu bezahlen ,
oder zu ernähren ; so gestattete man stillschweigend ihre De-
sertion , und als seine spanischen Minister die schlimmen.
Folgen vorstellten , welche dadurch der Sache des Königs
erwachſen müssen , wurde von Seite seiner französischen Um-
gebung nur spöttisch geantwortet : ,,Feige Soldaten
,,laufen zu lassen, fen gewiß kein Schaden ; desto gefährli
,,cher aber sey es , die Kriegsgefangenen frey zu geben, weil
,,man dadurch an den Tag lege , daß eingeschlichene Rathge-
„ber das System von Strenge und Kraft zu lähmen streben,
,,welches die französischen Heerführer laut verkünden . Nichts
,,würdige das königliche Ansehen vor einem , ohnehin miß-
günstigen Volke mehr herab , als diese offenbare Opposition
in seiner nächsten Umgebung." Um diesem Zustande ein
25

Ende zu machen, fingen die französischen Generäle an , auf


die spanischen Behörden gar nicht mehr zu achten , und ganz
nach Willkühr zu schalten. Ihre Truppen wurden bloß auf
dem Requisitionswege unterhalten. Der Sold war der un-
bedeutendste Gegenstand , da eine vieljährige Gewohnheit
stets einen Rückstand von zwey Jahren hervorbrachte , von
dem ein beträchtlicher Theil durch Tod , Gefangenschaft oder
Entweichung in Ersparniß fiel. Anfangs lieferte der Raub ,
unter dem Titel von Aufhebung der Klöster oder unnüßer
Präbenden , und von Einziehung durch Verrath verwirkter
Güter , ansehnliche Summen für die Armee: Bedürfnisse ; aber
die stets sich erneuernde Nothwendigkeit Heere zu kleiden ,
zu bewaffnen und auszurüsten , überstieg weit jene Beträge,
welche die Erpressung herbeyschaffen konnte ; es wurde daher
schon im dritten Feldzuge unentbehrlich , regelmäßige Geld-
sendungen aus Frankreich über die Pyrenäen zu machen . Seit
Anbeginn des Jahres 1811 flossen jeden Monath 2,400,000
Franken (goo, 000 Gulden) aus dem öffentlichen Schaße
dahin . Dieser Beytrag fiel dem Kaiser empfindlicher , als
Alles , was er an Menschen bisher geliefert hatte , und noch
opfern sollte ; wie aus seinen bitteren Außerungen zu ent-
nehmen ist. Die Marschälle , um feinen Ingrimm von ihren.
Häuptern abzuwälzen , stimmten wacker in Tadel und Kla-
gen über die Schlaffheit der spanischen Regierung ein : Jo-
seph Buonaparte beschuldigte dagegen die französischen Ge-
neräle der Anmaßung und Gewaltsamkeit. Napoleon unwil
lig über diesen Zwiespalt , glaubte das sicherste Mittel, um
die Unterwürfigkeit des Landes und das Ineinandergreifen
der Maschine wieder herzustellen , darin gefunden zu haben,
daß er die unabhängige Regierung aufhöbe, und das ganze
Königreich unter die französische Militärverwaltung feste.
Joseph Buonaparte wurde im Juny 1811 nach Paris beru
fen, um sich mit seinem Bruder über diese wichtige Verän-
derung zu besprechen . Allein gar mächtig erhob sich der Ein-
wurf, welcher General wohl Geschicklichkeit genug besige ,
26

und so unbedingtes Vertrauen verdiene , um seinen Händen


die Oberleitung einer so ungeheuren Kriegsmacht zu über-
lassen ? Dieß überstimmte alle anderen Bedenklichkeiten ;
Joseph Buonaparte mußte schnell wieder zurückreisen , nur
wurde ihm streng aufgebothen , sich mehr um die gute Ver-
forgung der französischen Heere zu bekümmern. Nichts war-
von dem Vorgefallenen geheim geblieben ; daher leicht zu er
messen ist , wie der Übermuth aller französischen Comman-
danten anſchwoll , wie jeder Offizier und Soldat sich gütlich
geschehen ließ , indeß die Regierung in die größte Ohnmacht
und Geringschäßung herabſank.
In der ersten Periode des Krieges war das Benehmen
der Soldaten gegen die Spanier und Portugiesen sehr ver-
schieden. Diese leßten wurden gleich Anfangs auf das feinds
feligste behandelt , ihre Habe geplündert , sie selbst wie wils
des Vieh fortgetrieben : indeß die ersten , entweder ihrer grö-
Beren politischen Wichtigkeit , oder des Ernstes wegen , wo-
mit sie gleich Anfangs zur ་ Rächung jeder Unbilde auftraten ,
sich eines höheren Grades von Milde und Schonung zu ers
freuen hatten. Diese Verschiedenheit von Behandlung war
in ihren Wirkungen sichtbar. Jeder , von den Franzosen bes
feste Landesstrich von Portugal verwandelte sich bald in eine
öde Wüste : indeß der spanische Bauer, mitten in den ge-
waltigen Erpressungen , denen er unterlag , doch in seiner
persönlichen Sicherheit , in den ungeheuern Geldsummen ,
welche die zwen kriegführenden Mächte in Umlauf brachten ,
und in der ausnehmenden Fruchtbarkeit des Bodens so reis
che Entschädigung fand , daß die Verbündeten , als sie im
Sommer 1812 durch Castilien zogen , keine Abnahme in der
Bebauung der Felder gewahrten , und wäre der Verlust des
Viehes mit gleicher Leichtigkeit zu ersehen gewesen , so wür-
de wahrscheinlich der Wohlstand des Landmannes durch die
drückenden Kriegslasten wenig gelitten haben. Aber dieſer
Schaden war der empfindlichste , und unerfeßlich. Zwar ließ
der eingedrungene Feind zahlreiche Heerden von Hornvieh
27

aus Frankreich nachkommen : allein diese konnten nicht zur


Fortpflanzung und Wiederherstellung des Eingebüßten die-
nen. Ungezweifelt würde daher , in diesem Hauptnahrungs-
mittel der Franzosen , der äußerste Mangel bei längerer Dauer
des Krieges eingetreten seyn.
Doch während die Zeit die Franzosen mit solchen Nach-
theilen bedrohte , verschaffte sie ihnen manchen wesentlichen
Vortheil. Obschon nur wenige Spanier in ihrer Anhänglich-
keit an den König Ferdinand ſchwankten ; so gewöhnte man
sich doch allmählig daran , die Aufgedrungenen mit minderem
Abscheu anzublicken , und in den größern Städten , wo die
Hauptquartiere der Corpscommandanten sich länger aufhiels
ten , erweckte der muntere , gesellschaftliche Geist der Frem-
den vertrauliche Verhältnisse , und wechselseitige Neigungen.
Es entspannen sich Liebschaften , ja sogar Heirathen.
Die Cortes , welche ihre Sihungen inzwischen zu Ca-
dir hielten , und von aller Verbindung mit dem Inneren
des Landes abgeschnitten waren , blieben der Masse der Na-
tion ganz unbekannt , oder doch ohne Einfluß darauf. Sie
beschäftigten sich vorzüglich mit Zergliederung und Abwägung
abstracter Streitfragen über Recht und Pflicht, oder mit
Gefeßentwürfen für die Colonien , wobey einzig das Inter-
effe der Kaufleute von Cadir zu Rath gezogen wurde. Kurz
ihr Verfahren verdiente gar nicht erwähnt zu werden , wenn
es nicht geschähe , um sie recht scharf darüber zu tadeln daß
ihr Hauptstreben dahin ging , die Kraft des Landes , die bey
einem Vertheidigungskriege auf das höchste getrieben werden
foll, in geregelte , gefeßmäßige Schranken einzuengen , und
die Geldmittel , welche die Aufrechthaltung der vaterländi-
schen Truppen dringend erheischte , auf andere Zwecke hinzu-
wenden , die doch in diesem Zustande von Zerrüttung nicht
zu erreichen waren. Damahls brachte die spanische Regierung
mit vieler Mühe den Sold für beyläufig 35,000 Mann , die
größten Theils zu Cadix lagen , zuſammen. Gallizien , Ca-
talonien und Walenzia erhielten wohl aus eigenen Quellen .
28
jéde 10 bis 15,000 Mann , allein , wie eine dieser Abthei-
lungen über die Gränzen der betreffenden Provinzen schritt ,
fand sie nicht mehr die geringste Anstalt für Subſiſtenz oder
Bezahlung , daher sie auch nicht für den allgemeinen Dienst
im ganzen Lande verwendbar , und nicht als Natinal - Streit-
Eräfte zu betrachten waren.
So geschwächt, und beynahe hoffnungslos war die Lage
Spaniens , und doch stieß der unbeugſame , volksthümliche
Charakter dasjenige Mittel von sich, welches offenbar dem
ganzen Kriegswesen einen neuen Umschwung gegeben , die
so sehnlich gewünschte Befreyung als Beendigung des Kam-
pfes herbeygeführt haben würde. Auch die Cortes nähmlich
wiesen im Sommer von 1811 mit ansehnlicher Mehrheit den
Vorschlag, sämmtliche Truppen unter die Befehle des Lord
Wellington mit ausgedehnter Vollmacht zu stellen , vernei-
nend zurück. Das Volk bezeigte laut ſeinen Beyfall darüber,
daß man nicht dessen Leiden durch einen , ſeiner Meinung noch ,
die National - Ehre so tief verlegenden Beschluß habe abkürzen.
wollen. Diese , so deutlich sich aussprechende Volksstimmung
und der wohlbekannte Zustand der Angelegenheiten schrieben
dem brittischen Oberbefehlshaber zu genau ſein zu beobachten-
des Benehmen vor , um so bald durch eine , selten verlangte
und nie erkannte Hülfeleistung das allgemeine Interesse auf
das Spiel zu sehen : er mußte sich daher vor der Hand dar-
auf einschränken , die feindlichen Bewegungen aus der Ferne
zu verfolgen.
General Ballaſteros hatte das , ihm zustehende Kriegs-
Syſtem, jenes der Guerillas angenommen , und im Herbste
von 1810 durch Märsche und Gegenmärsche im südlichen An-
dalusien mit mehreren französischen Entsendungen sich her-
umgebalgt. Endlich wußte er mit Gibraltar sich in Verbin-
dung zu sehen , von dem durchschnittenen Landstriche um Ron-
da, und dessen stets bewaffneten Bewohnern so vielVortheil
zu ziehen, und dadurch den Feind so zu beunruhigen , daß
Souit es für nöthig hielt, eine Division von 8 bis 10,000
29
Mann unter dem Generalen Godinot zu beordern, um sich die-
sen Partengänger vom Halse zu schaffen. Ballasteros manövrir-
te neuerdings aufdas vortrefflichste. Lange vermied er ein Tref=
fen durch schnelle Märsche : juleht am 14. Oct. , als ihn die
Übermacht bis in die äußerste Spiße der Halbinsel drängte ,
nahm er seine Zuflucht unter die Kanonen von Gibraltar.
Dieses Eluge und sinnige Benehmen berechtigte zur Hoff-
nung ferneren Erfolges . Es wurde daher eine Abtheilung von
Spaniern und Britten zusammengeseßt , von Cadir ausge-
sendet , um Tarifa zu beseßen , und von dort aus im Ein-
Elange mit Ballastero's Bewegungen zu wirken. Diese Trup-
pen landeten im Augenblicke , als er sich nach Gibraltar
zurückgezogen hatte ; Godinot konnte daher sogleich umkeh-
ren , um seine ganze Kraft gegen die neuen Ankömmlinge
zu richten: allein der einzige Weg , aufwelchem der französi
sche General mit seinem Geschüß dahin marschiren mußte ,
läuft Enapp längs dem Meer. Das Geschwader der Verbün-
deten , stets aufmerksam und in Bereitschaft , war gegen
den Engpaß von La Pena vorausgeeilt , und bestrich densel-
ben so nachdrücklich mit ihren volle Lagen, daß die Franzo-
sen ihr Vorhaben aufgaben , und sich vom Ufer wegzogen .
Ballasteros rückte auch seiner Seits vor , brachte zwey be-
trächtliche Schlappen dem sich zurückziehenden Godinot bey ,
und trieb ihn so in Verzweiflung , daß er bey seinem Eine
treffen zu Sevilla aus Mißmuth über die mißlungene Erpe-
dition und aus Furcht darüber zur Verantwortung gezogen
zu werden, sich selbst entleibte.
Den Franzosen schwebte in lebhafter Erinnerung vor ,
daß ihr Marsch auf Barrosa fie beynahe zum Verderben ge
führt hatte, und daß ihre Linien vor Cadir mit steten Ge-
fahren umg.ben sehen, so lange Tarifa sich in der Gewalt
der Verbündeten befinde. Grund genug , um sogleich mächti
ge Angriffsanstalten gegen den lettgenannten Punct zu bes
reiten , der wohl nicht als ein befestigter Posten zu bes
trachten ist , da seine freystehende Umfassungsmauer nur hie
30

und da durch vorragende , enge Werke bestrichen wird : ale


lein es hängt damit durch eine Brücke noch ein Eiland zus
sammen , das den Einwohnern einen Zufluchtsort gegen
Bombenbewerfung, und der Besaßung , selbst nach der Eins
nahme der Stadt , noch einen sichern Einschiffungsplah dars
biethet. Deßhalb beschlossen die Commandanten der Truppen
von den zwey Nationen , General Copons und Oberst Sker-
rett den Angriff abzuwarten , und waren bedacht , so lange
sie Zeit dazu hatten , die Vertheidigungsanstalten auf das
eifrigste zu verstärken und zu vermehren . General Laval be-
rannte den Plaß am 20. December mit 10,000 Mann : am
25. wurden die Laufgräben eröffnet : am 29. begann das
Spiel der Batterien , und mit 31. war bereits der Walle
bruch ersteigbar. Am nächsten Morgen um 8 Uhr rückte eine
Colonne bey 120 Klafter über das freye Feld zup Erstür-
mung vor. Während ihres Annäherns uuterhielten die Ver-
theidiger ein unabläßliches , richtig zielendes Feuer von der
Brustwehre darauf, und sprengten fie , ehe sie den Fuß des
Wallbruches erreicht hatten , wieder aus einander , und in
die Laufgräben zurück. Durch die Entschlossenheit der Besa-
hung entmuthet , wagte Laval keinen weitern Sturmversuch,
sondern ließ das Feuer aller Batterien verdoppeln , das auch
nach Verlauf von 48 Stunden die Öffnung in der Ring-
mauer zu einer Breite brachte , welche die Stadt mit Be-
stürzung und Entfeßen erfüllte. Oberst Skerrett traf da=
gegen die einfichtsvollsten Maßregeln. Er ließ Abschnitte ei-
lends errichten , wußte seine persönliche Fassung auch seinen
Untergebenen einzuflößen , und benahm den Franzosen so
sehr alle Hoffnung eines Erfolges , daß sie in der Nacht
vom 4. Jänner 1811 abzogen , und alles Geschüß oder son
stiges Belagerungsgeräth , das sie auf den verdorbenen Stra-
Ben nicht fortbringen konnten , verbrannten oder vergruben.
In den östlichen Provinzen waren einige wenige gün-
ftige Ereignisse vorgefallen , die man als schwaches Gegen
stück dem Triumphzuge des Generalen Suchet gegenüber stel-
31

len kann. Dieser General war zur Belohnung für die Nie-
derlage der valenzianischen Armee bei Santa Maria im Ober-
befehl der französischen Truppen in Arragonien bestätigt , und
zeigte nun vollends , wie unternehmend sein Geist , und wel-
cher Thätigkeit er fähig sey. Er wollte ungefäumt die Früch
te seines Sieges auf das Äußerste verfolgen , und durch ra-
sches Voreilen auf Valenzia dieſen Plaß unterwerfen , so-
dann durch eine eben so unerwartete Bewegung rechts sich
mit Soult in Murzia in Verbindung ſeßen , und auf dieſe
Art die planmäßige Eroberung der östlichen Provinzen voll-
enden. Diesemnach erschien er plößlich am 5. März an der
Spihe von 15,000 Mann vor Valenzia , und bedrohte die
Bürger mit schonungsloser Rache , wenn sie den mindesten
Widerstand leisten wollten. Der Commandant, General Caro,
derselbe, welcher im ersten Feldzuge einen ähnlichen Versuch
des Marschalls Moncey abgeschlagen hatte , befehligte zwar
beynahe bloß Soldaten , welche im Gefechte von Santa Ma-
ria bei den ersten feindlichen Angriffen die Flucht ergriffen
hatten , allein hinter Mauern und Brustwehren kehrte in
dieſen ungeübten Kriegern das Selbstvertrauen wieder zurück,
ſie entfalteten ihren angebornen Muth vollkommen und zwane
gen ihre früheren Sieger , nachdem selbe fruchtlos eine Wo-
de lang drohend auf : und abgezogen waren , in großer Eile
das Feld zu räumen . Suchet rückte sodann vor Lerida , und
beschleunigte den Fall dieses Plages durch einen kühnen und
unerwarteten Sturm gleich nach Eröffnung der Laufgräben.
Das Schloß hielt noch einige Tage nach Einnahme der Stadt
und capitulirte erst am 14. May. Die zunächstfolgende Un-
ternehmung war jene auf Mequinenza , ein nicht sehr geräus
miges Bergschloß , auf steilen Felsen am Zusammenfluß des
Segre und Ebro gelegen. Der Commandant , im Gegensat
zu dem, in den südlichen Provinzen erworbenen Ruhm seis
ner Kriegsgefährten und Landsleute , schändete sich durch eine
am 8. Jung nach schwachem , fünftägigen Widerstande ge=
32 .

fchloffene Capitulation , die ihm sogar von den einrückenden


Siegern schimpfliche Vorwürfe zuzog.
Auf diese Art von Arragonien her vollkommen sicher
gestellt , konnte Suchet die Vorbereitungen zur Belagerung
von Tortosa machen. Der Besih dieses Plazes war für ihn
von höchster Wichtigkeit , da er dadurch den besten , und so
zu sagen von Saragossa an den einzigen Übergangspunct über
den Ebro in seine Gewalt bekam, auch den drey Provinzen,
welche diesem Flusse zunächst liegen (Catalonien , Arragonien
und Valenzia) ihre Hauptoperationslinie durchschnitt , und
ſomit den gemeinsamen Unternehmungen ein unübersteigliches
Hinderniß entgegenstellte. Schon im Monathe July schob er
feine Truppen in die Umgegend vor , wo er Mora und ere
ta verschanzte , um aus erstem einen Brückenkopf über den
Ebro , aus zweytem feine Hauptgeschüß- und Zeug - Nieder-
lage für die bevorstehende Belagerung zu machen. Allein
diese konnte erst mit dem Jahresschluß ihren Anfang nehmen,
weil die Catalonier mit unermüdeter Thätigkeit die Franzos
sen auf allen Puncten anfielen , und ihnen vollauf zu schaf-
fen machten. Da nun gegen Ende von 1810 bedeutende Ver-
stärkungen aus Frankreich nach Catalonien ankamen ; so konns
te Marschall Macdonald ein Corps bey Perillo aufstellen ,
um die Guerillas von dieser Seite abzuhalten ; und unter
diesem Schirme wurde die Einſchließung eng um den Plaz
gezogen. Um 19. December 1810 feßten sich die Franzosen
auf den Höhen, der Feste Orleans gegenüber , fast, und
in der folgenden Nacht eröffneten sie die Laufgräben in dem
Grunde zwischen den Anhöhen und dem Ebro (südöstlich von
der Stadt). Die Besaßung blieb nicht unthätig , doch wur-
den ihre wiederhohlten Ausfälle stets mit Verlust zurückgetrie
ben und in der siebenzehnten Nacht war der bedeckte Weg
gekrönet , ehe noch die Batterien der Belagerer ins Spiel ge-
kommen waren. Am darauffolgenden Nachmittag versuchten
die Belagerten noch einen Verzweiflungsstreich , um das Ges
schüß , das eben eingeführt werden sollte , zu zerstören. Die
33
243
Spanier brachen in starken Massen aus der Feste Orleans
heraus , und stürzten sich in die Niederung ; ein Theil um-
ging den rechten Flügel der Laufgräben- Wache , verbrannte
Schanzkörbe und warf ein Stück der Sappe zu ; der andere
sollte sich des Geschüßes bemeistern ; allein die Bedeckung
desselben hielt standhaft die Heranstürmenden so lange auf ,
bis frische Truppen in die Laufgräben Eamen , und den gan-
zen Ausfall , der bey 400 Verwundete oder Todte auf dem
Plaze ließ, wieder zurücktrieben.
Am 1. Jänner 1811 , am siebenzehnten Tage nach An-
beginn
h der Belagerung , war die Grabenwand eingeworfen ,
ot breite Wallbrüche geöffnet , die französischen Colonnen
zum Sturm geordnet. Da both der Commandant eine Cas
pitulation an , und weil Suchet verweigerte , Bedingnisse
einzugehen ; so ergab er sich auf Willkühr. Die Besaßung
marschirte, noch7500 Mann ſtark , aus , nachdem sie während
der Belagerung 1500 Mann verloren hatte. Der Verlust
des 10,000 Mann starken Belagerungscorps bestand , die
Zeit hindurch, bloß in 400 Mann . Diesen geringen Ver-
Lust und die kurze Dauer der Belagerung verdankt Suchet

vorzüglich der kunstgemäßen Führung der Annäherungen , der


vortrefflichen Wahl bey Anlegung der Batterien , kurz der
richtigen Anwendung von der Angriffslehre fester Pläße. Bez
sonders kühn , überraschend , und eben darum erfolgreich war
der Plan , dem zufolge die Annäherung in der Niederung .
längs dem Ufer des Ebro ausgeführt wurde , ohne sich um
die, zur Rechten bleibenden , beherrschenden Anhöhen zu
bekümmern , welche meistens nur Stechschüsse in die Ebene.
hinabschickten , indeß der Angriff an jedem andern Puncte
auf ein rasterendes Feuer gestoßen , daher ungezweifelt dop
pelt so viel Zeit und Blut gekostet haben würde ; wie dieß
aus dem Berichte des Generallieutenants Baron Rogniat
über die Belagerung von Tortosa, erhellet.
Der Fall dieser Festung war ein Todesstreich für die Vers
theidiger der östlichen Provinzen , da nun ihre Hauptgemeins
II.
34

schaft mit Valenzia und den übrigen Sammelpläßen ihrer


militärischen Hülfsquellen abgeschnitten war. Catalonien war
sømit aller Unterstüßung von außen , die Landungen an der
Küste abgerechnet , beraubt , und um auch diese lehte Hoff-
nung zu zerstören , eilte Suchet den einzigen Hafen , der
noch frey war , Taragona, zu belagern. Die , in der nähm-
lichen Zeit vorgefallene Wiedereinnahme von Figueras durch
die Spanier , machte ihn in seinem Unternehmen nicht irre.
Es waren nähmlich die Häupter der catalonischen Volksbe-
waffnung unerschöpflich im Ausſinnen von Mitteln , dem Fein-
de Nachtheile anzufügen , und da sie sich nicht im Stande
fühlten , gereiht und im freyen Felde ihm die Stirne zu bie
then, so strebten sie , ihn desto unabläßlicher zu beunruhi
gen. General Campoverde versuchte am 19. März mit eis
nem Corps regulärer Truppen die Feste Montjuic bey Bar-
celona zu überrumpeln . allein feine Absicht war den Fran
zofen nicht geheim geblieben , daher auch die zum Sturme
Anrückenden mit einem wirksamen Feuer empfangen wurden,
und mit Verlust abziehen mußten. Zwey Unführer der Mi-
quelets (der bewaffneten pyrenäiſchen Bergleute) General
Martinez und der Domherr , nunmehrige Oberst Rovira,
waren glücklicher gegen Figueras . Dieses wichtige , auf der
von Barcelona nach Perpignan führenden Hauptstraße lie-
gende Fort war von den Franzosen gleich bey der ersten Ein-
rückung durch das Mitwirken des Friedensfürsten beseßt , und
daraus ein Waffenplaß gemacht worden , der die Verbindung
mit Frankreich sicherte , und für die Unternehmungen in Ca-
talon en von höchster Wichtigkeit war. Drey geborne Spas
nier, denen der sorglose französische Commandant die Aufs
sicht überMagazine , und sogar den Schlüssel zu einem Aus-
fallthore anvertraut hatte , waren in Einverständniß mit ih
ren Landsleuten getreten , und ließen sie in der Nacht vom
9. April in die Feste. Die französische Besatzung , ben 1000
Mann , wurde in ihren Zimmern ohne Widerstand , der
Commandant sogar im Bette gefangen. Martinez kehrte die
35

Kanonen gegen die Stadt , und am andern Morgen nahm


er die darin befindlichen 700 Mann (ein im Durchmarsche
einquartiertes italienisches Infanterieregiment) ebenfalls ges
fängen. Schade , daß nicht zur Erhaltung dieser wichtigen.
Eroberung die gehörigen Maßregeln getroffen wurden. Mar-
tinez warf sich mit einer starken Besaßung hinein , und un-
terhielt geraume Zeit die Gemeinschaft mit der See ; allein
er zehrte zugleich die nicht gehörig ergänzten Lebensmittel
auf, so daß , als General Baraguay d'Hilliers mit einer
Heeresabtheilung zur Berennung davor rückte , kaum auf
länger als drey Monathe Mundvorräthe vorhanden waren.
Die Einschließung von Tarragona war am 4. May zu
Stande gebracht. Es befand sich im Plaße eine zahlreiche
Besagung, und in der Rhede ein Geschwader von englischen.
Kriegsschiffen unter dem Capitän Codrington , um den Ha
fen für Verstärkungen und für Nachschub an allen Bedürf
niffen in seiner Gewalt zu erhalten. Grund genug , um ei
ner hartnäckigen Vertheidigung entgegen zu sehen. Gleich
beym Anrücken des Feindes hatte Campoverde seine Trup-
pen , deren Muth durch die Wiedereinnahme von Figueras
erhoben war , gesammelt , und sich so aufgestellt , daß er auf
jeden Wink zum Entsaß herben kommen konnte. Suchet
verkannte nicht die Schwierigkeiten , die seinem Vorhaben
entgegen standen : aber anderer Seits bothen sich ihm die
glänzendsten Aussichten dar , wenn er den Cataloniern aufs
schnellste dieſen leßten Haltpunet entreißen , und die Proving
vollständig unterwerfen könnte. Die lehte Betrachtung über-
wog , und er beschloß den nachdrucksvollen Angriff mit aus
Berster Anstrengung der Kräfte , mit Aufbiethung aller Mita
tel , die einem schonungslosen Krieger zu Gebothe stehen.
Da die Festungswerke von Tarragona nicht mehr bestehen ;
so würde eine ausführliche Erzählung des schritt = und tages
weisen Vorgehens von geringem praktischen Nußen seyn ;
daher es hinlänglich scheint, die Hauptzüge und Momente
herauszuheben .
36

Das Fort Oliva, ein selbstständiges Vorwerk , wurde


zuerst angegriffen , und ſobald daran ein ersteigbarer Wall-
bruch hergestellt war , in der Nacht vom 29. May erſtürmt.-
Bey tausend Mann fielen unter den franzöſiſchen Bajonne-
ten. Dann wurde der Angriff gegen die zunächstliegenden
1
Werke der untern Stadt gerichtet. Am 21. Juny waren
auch hier zwey Öffnungen zu Stande gebracht , worauf so-
gleich der Sturm angelegt , und , weil bestimmt war , kei
nen Pardon zu geben , über 2000 Spanier niedergestochen
wurden. Suchet berichtete dem franzöſiſchen Kriegsminiſter,
daß bey dieser Erstürmung nur 160 Gefangene gemacht ,
und durch eine Art von Wunder vor der Wuth seiner Sol-
daten gerettet wurden. 1553 Leichname der Gefallenen wurs
den gesammelt , und verbrannt. „ Ich fürchte ſehr —ſo ſchloß
,,er seine Relation , - daß die Besaßung noch hinter ihren
„leßten Schußwehren sich vertheidigen wollen , und mich
,,dadurch zwingen wird , zu dem schauderhaften Beyspiele
,,der Zerstörung einer blühenden Stadt zu schreiten , um das
,,durch Catalonien und ganz Spanien in Fürcht und Beben
zu verseßen."
Seine Besorgnisse verwirklichten sich bald. Der Angriff
auf die Werke der obern Stadt wurde mit Nachdruck vor-
wärts getrieben , und die Batterien , um diese allerleßten
Schuhwehren der Spanier niederzuschmettern , waren bey-
nahe hergestellt , als Oberst Skerrett mit 2000 Britten ,
die sich zu Cadir eingeschifft hatten , in der Bucht von Tas
ragona einfuhr. Er untersuchte mit seinen Ingenieur - Offi-
cieren die angegriffene Fronte , und diese leßtern ſagten ganz
richtig voraus , daß das Feuer der Batterien , sobald es
ernstlich anhöbe , gar schnell die beabsichtigte Wirkung hers
vorbringen würde. Auf diese Meldung sah der Festungs-
commandant Contreras , ein tapferer Kriegsmann von reifer
Überlegung und richtigem Urtheile , leicht ein , daß die Lan-
dungstruppen im Innern der Festung behalten , nichts an-
ders hieße, als sie unnük in das Schicksal der Besagung .
31

mit hineinzuziehen ; er empfahl daher den Britten an , sich


mit den Cataloniern unter Campoverde zu einer combinir
ten Operation in den Rücken der Belagerer einzuverstehen ;
in demselben Augenblicke wolle er mit der Besaßung heraus-
brechen, und sich durch die Laufgräben - Wache einen Weg
ins Freye bahnen , um dadurch ein ansehnliches Corps von
7000 Mann regulärer Truppen für den ferneren Dienſt
der Gemeinfache zu erhalten. Oberst Skerrett warf sich un-
gesäumt in ein Kriegsschiff, um die Unternehmung mit Cam-
poverde zu verabreden , der am 3. May in dem Versuche,
Figueras zu entseßen , einen empfindlichen Verlust erlitten
hatte, und unvermögend , länger allein gegen die Franzosen
das freye Feld zu behaupten , mit seinen Truppen eine Stel-
lung bey Vendrell (25 englische Meilen) etwas mehr als 8
Meilen östlich von Taragona bezog. Die zwey Generäle ka-
men bald in dem Entwurfe ihrer gemeinsamen Anordnun-
gen überein ; allein ehe Campoverde seine Truppen vorbrin-
gen , oder Oberst Skerrett wieder zu den feinigen in der
Bucht gelangen konnte , war schon das Schicksal der Festung
entschieden. Die französischen Batterien eröffneten ihr Spiel
am 28. Juny mit dem Tageslichte , und um zehn Uhr lag

schon ein ersteigbarer Wallbruch da . Die Belagerer verhiel-


ten sich sodann ruhig , und thaten nut von Zeit zu Zeit eis
nen oder ein Paar Schüsse ; aber kaum hatte sich die schwü-
le Tageshiße ein wenig gelegt ; so stürzten sie rasch zum
Sturme hinan. Die Vertheidiger , moralisch und phyſiſch
erschlafft, widerstanden nur schwach , daher die franzöſiſchen
Colonnen in wenig Minuten in die Straßen drangen , und
alle Gräuel der entfesselten Soldatenwuth um sich verbreites
ten. Mehrere tausend Bürger fielen als Opfer einzelner
Grausamkeiten , indeß das unabläßlich donnernde Feuer der
Batterien Haufen von zitternden Flüchtlingen hinwegraffte ,
die dem Gestade zueilten , um in den Böten des Geschwas
ders Heil und Rettung zu suchen. Die brittischen Matroſen
befreyten wacker so viele sie konnten , und wagten sich unter
38
die Säbel der feindlichen Dragoner, die auf die wehrlosen
Menschenklumpen nach allen Richtungen loshieben und sta
chen. Mit einem Worte das Bild der wilden , sich selbst über-
lassenen , unbändigen Mordlust , welches mancher alte Ge-
schichtschreiber mit Abscheu aufstellte , zeigte sich hier in einem
Entsetzen erregenden Umfange vor tausend Augenzeugen ,
die jezt noch mit bebenden Lippen davon sprechen. General
Suchet erzählt dieß schauderhafte Ereigniß mit folgenden
Worten : „Der Ingrimm unserer Soldaten wurde durch den
„ Starrsinn der Besaßung vermehrt , die immer auf Entsaß
hoffte , und in Bereitschaft war , auf das erste Zeichen.
,,auszufallen. Der fünfte Sturm , den wir gestern um die
,,Mitte des Tages gegen die inneren Abschnitte anlegten ,
,,schloß sich mit einem entseßlichen Gemeßel , das uns wenig
Menschen kostete. Das schreckenvolle Beyspiel , das ich in
,,meinem lehten . Berichte an Eure Durchlaucht (den Prin-
zen Berthier) voraussah , ist erfolgt , und wird lange den
,,Spaniern in Erinnerung bleiben. Vier tausend Menschen.
,,wurden in den Straßen getödtet ; zehn oder zwölf tausend
„ stürzten sich, um sich zu retten , über die Wälle hinab,
,,wovon tausend wenigstens niedergefäbelt wurden oder er-
,,tranken. Wir machten 10,000 Gefangene , darunter 500
"Offiziere, und in den Spitälern befinden sich noch 1500
,,Verwundete , deren Leben verschont blieb."
Obschon man gewohnt war , den Moniteur , aus wels
chem die obigen Zeilen entlehrt sind , damahls vom Blute
triefen zu sehen ; so liegt doch in der Art und im Beweg-
grunde, es hier zu vergießen , etwas so Empörendes , daß
man sich kaum des Gefühles von Abscheu gegen die Leiter
folcher Mezeleyen erwehren kann. Doch da hier nicht der
Plaß ist , weder sich der Empfindung oder Gemüthlichkeit zu
überlassen , noch über die Grundfäße des Natur und Völ-
kerrechtes und deren Anwendung auf das Benehmen im
Kriegführen zwischen polizirten Nationen Nachforschungen
anzustellen ; so bleibt nur noch die militärische Frage zu ers
39
örtern, wie weit bey einer standhaften Vertheidigung eines
Postens , die nach der Pflicht des Commandanten immer
auf das Außerste getrieben , dabey dem Angreifer aller mög
liche Schaden beygebracht , und das Leben der Eigenen nach
Thunlichkeit geschont werden muß , wie weit sodann ,
nach erfolgter Erſtürmung , das Recht und selbst das Inter-
effe des Siegers die Wiedervergeltung zu treiben gestatte ?
In einer Schlacht, wenn eine Abtheilung festen Fußes den
Angriff der feindlichen mit dem Bajonette abwartet , dann
wird ohne Schonung niedergestochen , was nicht floh : war-
um sollen Truppen , die hinter Brustwehren stehen , und
von dort aus, so lange sie nur können , Tod und Verder-
ben auf die Gegenüberstehenden schleudern , warum sollen
piese, weil endlich ihre verheerende Kraft erlahmte, nun mil-
der oder gar mit freundschaftlicher Nachsicht behandelt were
den ? Nach den strengen Regeln der Kunst ist die Dauer der
Vertheidigung bis zu einem gewiffen Punct oder Augenblick bes
stimmt. Dieß ist so richtig , daß bey Entwerfung der strate=
gischen Unternehmungen diese Zeit als eine der festen Angas
ben mit in die Berechnung gezogen wird. Der Comman=
dant , welcher sie nicht aushält , that nicht seine Schuldig
keit, oder verstand nicht sein Handwerk. Jener , der in seis
nem Genie oder in der moralischen Kraft seiner Untergebe-
nen neue, nicht zu berechnende Mittel zu schaffen weiß, leis
ftet gewiß ausgezeichnete , preiswürdige Dienste , wenn es
ihm glückt ; aber er ladet auch auf sein Haupt die Ver-
antwortung der außerordentlichen Gefahren und des unge-
wöhnlichen Jammers , so er über den ihm anvertrauten Plaß
etwa bringt. Hieher gehört unstreitig das Abwarten des Stur-
mes auf einem Wallbruche , hinter dem kein Abschnitt oder
fonstige Deckung mehr den Feind aufhält, wenn ihm sein
Anfall gelungen ist, sich in das Innere der Stadt zu stürzen.
Da ist es freylich nicht zu wundern , wenn nicht nur Al-
les, was auf der Bresche zur Wehre dasteht, niedergestreckt
wird , sondern auch Jeder , der mit den Waffen aus Häus
40
sern und Straßen zur Unterstüßung herbeyeilt. Daß bey Sa-
ragoffa , Gerona und nun auch bey Tarragona nie die eigen-
thümliche Natur des Krieges , die nothgedrungene Gegen-
wehre , die Vertheidigung des Vaterlandes gegen aufgedrun
gene fremde Anmaßung u. f. w. in Betrachtung kam , um
Menschlichkeit und Milde an die Stelle von Strenge und
Rache treten zu lassen ; dieß ist zwar zu bejammern , aber
doch zu erklären. Allein , was von dem tiefesten Herabſinken
des moralischen Charakters unter einem militärischen Despos
tismus zeuget , ist , daß Niemand Anstalt traf , oder Be-
fehl ertheilte , um dem Würgen der wehrtosen Einwohner ein
Ende zu machen , daß in dem öffentlichen Berichte diese Mord-
scene nicht mit Betrübniß , noch mit dem Versuche geschil-
dert wird , sie durch die so lange zurückgehaltene , nun mit
Ungestüm losgebrochene Soldatenwuth gewisser Maßen zu
entschuldigen , daß im Gegentheil davon als von einer Ges
rechtigkeitshandlung und wohlverdienten Strafe und War-
nung gesprochen wurde , daß selbst in den Gesellschaftssälen
des, seiner Einbildung nach , aufgeklärtesten und am fein-
sten fühlenden Volkes , man nicht vor diesem scheußlichen
Blutdurfte zurückſchauderte , sondern die entfaltete Festig-
keit des Charakters bewunderte , welche den großen Anführer
bezeichne, und zu den glänzendsten Erwartungen berechtige !
Nach dem Gemeßel von Tarragona wurde Suchet zum
Marschall erhoben. Dieser glückliche Feldherr wendete sich nun
gegen den Baron Erolles , auch ein Parteygänger , der zum
catalonischen Heere gehörte , das Kloster von Montserrat be-
festigt hatte , und von da bis vor die Thore von Barcelona
streifte. Die französischen Truppen erschienen am 24. July zu
gleicher Zeit auf mehreren Puncten des Berges , und die
Spanier, die überall so eine bedeutende Übermacht gegen=
über erblickten , waren bald über den Haufen geworfen.
Erolles entkam für seine Person mit Mühe der Gefangenschaft.
Diesem Verluste folgte bald ein weit empfindlicherer.
Am 19. August wollten die muthigen Miquelets unter Ge=
41
neral Martinez, nachdem sie eine viermonathliche Blokade in
Figueras ausgehalten , und allen Mundvorrath aufgezehrt
hatten , sich durch das Einschließungscorps durchschlagen ; al-
lein die Franzosen hatten die Wege abgegraben , Schulter-
wehren aufgeworfen , dicke Verhaue und eine Menge ande-
rer Hindernisse vorgelegt ; die Spanier sahen dadurch ihr Vor-
haben vereitelt, und mußten nach langem Kampfe und mit
beträchtlichem Verluste wieder hinter ihre Mauern zurück.
Am folgenden Tage capitulirten sie , und dadurch war die
Unterjochung der Provinz vollendet ; das heißt , alle vorzüg=
lichen Städte und festen Posten waren im Besiße des Fein-
des , indeß die Herzen aller Einwohner von ihm abgewendet,
und ihre Wünsche nur dahin gerichtet blieben , ihm öffentlich
oder heimlich Schaden zuzufügen.
Catalonien ist überaus gebirgig . Eine einzige Haupt-
straße durchschneidet das Fürstenthum , und läuft stets pa-
rallel mit dem Gestade , welches sie zuweilen berührt. Auf
diesem Wege liegen beynahe alle Festungen , deren Belage=
rungen und Einnahmen schon erzählt wurden , und die folg=
lich die Verbindung der Franzosen gegen Often zu mit ihrem
Mutterlande sicher stellten . Aber gegen Westen liegt eigent
lich die, von Titanen aufgethürmte Scheidewand. Berge
erheben sich übersiBerge
eße bis zu dem Gipfel der Pyrenäen
n Wil , an die sich noc nich
hinan , und dni h t
sse
der menschliche Kunstfleiß gewagt hatte. Hier fanden die bes
waffneten Banden dieser Provinz unter Erolles , dem Jr-
länder Sarsfield , Rovira , Manso und andern Zuflucht und
sichere Rückendeckung , um von dort aus fortwährend Streif-
züge gegen die Hauptstraße zu machen, um, wenn der Feind
sein agirendes Heer auf entferntere Unternehmungen ver-
wendete , in irgend eine zwischenliegende Stadt einzufallen,
fie Wochen lang besest zu halten , die geringste Gemeinschaft
zwischen den verschiedenen Besatzungen zu hindern , und da-
durch zu erzielen , daß jeder Courier von Wichtigkeit , im'
strengen Sinne des Wortes , eine ganze Division zur Bedes
42
cung brauchte , um sich den Weg von einem Plage zum andern
zu bahnen. In keiner Periode des Krieges erschien der männ
liche Geist der Catalonier und der unternehmende ihrer Füh-
yer in solchem Glanze , als unmittelbar nach dem Verluste
ihrerFestungen. Das Hauptverdienst fällt unstreitig auf Lacy .
Dieser General, der bisher auf der Insel Leon sich als Chef
des Generalstabes befunden hatte , war nach dem Falle von
Tarragona hieher geeilt , um statt des Generals Campover-
de den Oberbefehl im July zu übernehmen. Zuerst erließ er
Tagsbefehle , welche den bangen Schrecken über die schnellen
Fortschritte des Feindes zu verscheuchen , den Muth und die
Hoffnungen der Landsleute zu erheben geeignet waren. Dann
um diese Wirkungen zu erhöhen , ging er auf kleine, vor-
sichtig geleitete Unternehmungen über. Am 1. September
überfiel Erolles , unter dem Geleit und mit Beystand einer
brittischen Fregatte die Eilande Las Medas , an der Müns
dung des Terflusses , und ſeßte sich in Besiß dieses Punctes,
der wegen der Küstenfahrt , durch die Barcelona hauptsäch=
lich verproviantirt wurde , als sehr wichtig zu betrachten ist.
Noch planmäßiger ging er vor , als die franzöſiſchen Truppen
ſich bey Tortosa zusammenzogen , um zu weiteren Operatio=
nen zu schreiten , und nur einzelne Posten zurückließen , theils
um die Proving in Unterwürfigkeit , theils um die Verbin-
dung mit Arragonien über Lerida frey zu erhalten. In der
Nacht vom 4. October überfiel Erolles das Städtchen Igua-
ladasich
rest flüchtete
, woben vomund
abgeschnitten
200, Franzosen getödtet
Schloffe , wohin ber
oderder überz
gefangen.
wurden. Drey Tage darauf wurde eine Entsendung , die zum
Entsaße des Schlosses herbeykam , mit noch größerem Ver-
luste zurückgeschlagen ; worauf die Besatzung aus dem Schloffe
abzog , wie auch jene von Montserrat und andern Posten
rund um Barcelona. Am 10. wurden in Cervera 600 Mann,
und am 14. in Belpuig bey 400 genöthiget, sich zu ergeben.
Inzwischen waren von allen Seiten französische Truppen her-
bengezogen , um diesen thätigen Parteygänger zu umzingeln
43
und aufzuheben. Erolles warf sich mittels eines kühnen Eil-
marsches nach Languedoc , wo er die Behörden in Entſeßung
und außer alle Faffung brachte. Allein weit entfernt, an dem
schuldlosen Landmann eine grausame Vergeltung zu üben ,
begnügte er sich eine mäßige Brandschaßung zu erheben, ei-
niges Vieh mitzunehmen , dessen er so nothwendig bedurfte ,
und kehrte wieder im Triumphe zu ſeinen heimathlichen Ber-
gen zurück.
Bonaparte wußte nach den Ereignissen von Tarragona
die Thätigkeit, die militärischen Talente , und (was in sei
nen Augen den höchsten Werth gab) die unerschütterliche Be-
harrlichkeit des neugeschaffenen Marschalles gehörig zu wür-
digen. Um diesen Eigenschaften einen unbegränzten Wir-
kungskreis zu verschaffen , rief er den Marschall Macdonold
aus Catalonien ab , und schickte dafür den Generalen De-
caen hin , der , niederer im Range , ganz unter die Befehle
Süchet's gestellt war. Nun wurde ernstlich zur Eroberung
von Valenzia geschritten , wozu Suchet 25,000 Mann vers
wenden konnte. Der Erfolg hing vorzüglich von der Überra-
schung , folglich vom sehr schnellen Vorrücken ab , deßhalb
ließ er durch Seitenwege Oropesa umgehen , um sich vor
dem , die Hauptstraße beherrschenden Castelle nicht aufhalten.
zu dürfen. Allein das Reservegeschüß konnte nicht mit gleis
cher Geschwindigkeit nachkommen ; so , daß er beym Anlan-
gen vor der Citadelle von Murviedro aus Mangel an andern
Mitteln am 28. September eine allgemeine Leiterersteigung
versuchen mußte , die aber mit großem Verluste abgeschlagen
wurde. Schon war es einigen tollkühnen französischen Grena-
dieren gelungen, den Mauergürtel zu erklettern ; da stürzte
der Commandant Andriani mit dem Rückhalte herben , be
geisterte die wankenden Vertheidiger mit frischem Muthe ,
und warf die Stürmer wieder von der Mauer hinab. Nach
diesem mißlungenen Streiche blieb Suchet unthätig bis zum
Eintreffen des Geschüßes ( 18. October) ; und , weil in dev
perlorenen Zwischenzeit die Spanier Kräfte sammelten , um
44
zum Entsage herbeyzukommen ; so warf er in Eile aus der
Ferne Batterien auf, um mit verstärkter Ladung eine Off-
nung in der Wallverkleidung zu erzeugen , und ohne son-
ftige Vorbereitung den Sturm anzulegen. Die Dicke und
Haltbarkeit der Mauer , die Entfernung der Batterien , (bis
auf 160 Klafter) die Schwierigkeit gedeckte Gemeinschaften
herzustellen , wovon einige für die Zufuhr des Geschüßes in
Felsen gesprengt , die übrigen mit Erdsäcken und Faschinen
mühsam gebaut werden mußten , alle diese Umstände mach-
ten, daß die Fortschritte sehr langsam blieben , und zu zwey.
verschiedenen Malen wurde der Sturm mit Verlust zurück-
geschlagen , weil das , die Bresche flankirende Feuer noch
nicht zum Schweigen gebracht , auch die herabgestürzten
Mauertrümmer nicht ersteiglich gemacht waren. Suchet sah
fich gezwungen nach allen Regeln vorzugehen. Der Director
feines Geniecorps , Oberst Henry , leitete mit vieler Einsicht
und Thätigkeit die Arbeiten , und hatte sie am 24. schon bis
j
nah an den Fuß der Werke vorgetrieben , als das Annähern
des Generalen Blake mit einem beträchtlichen Heere nöthig
machte, den Angriff für den Augenblick einzustellen , und
das Belagerungscorps zusammen zu ziehen.
Blake , der nach einer eingetretenen Spannung , wie
sie zwischen dem kalten Engländer und dem stolzen Spanier
gewöhnlich war , mit seinen unterhabenden Truppen , das
Expeditionscorps genannt , von den Verbündeten in der
Guadiana im Juny 1811 sich getrennt hatte , suchte im
Vorübermarsche das Schloß von Niebla , welches ein Paar
hundert Schweizer vertheidigten , durch überfall zu nehmen.
Er mußte mit Verlust weiter ziehen , und kam durch Krank-
heiten und Desertion mehr noch , als durch die Schlacht von
Albuera und durch die mißlungene Unternehmung auf Niebla
geschwächt, am 11. July bey Cadix an. Die Regierung ,
welche ihn für die verlorene Liebe der Soldaten und des
Landes durch erhöhtes Vertrauen entschädigen zu wollen
schien, bestimmte ihn mit ausgedehnteren Vollmachten zu
45

neuen geheimen Unternehmungen. Er schiffte sich am 22. July


mit mey Divisionen Infanterie , einer Division Reiterey
und einer Abtheilung Artillerie , zuſammen nicht viel über
6000 Mann und 18 bis 20 Kanonen ein , traf ben günsti
gem Winde am 30. July in der Bucht von Almeria ein ,
stieg an das Land , marschirte gegen Baza , um sowohl Gra-
nada als Murcia zu bedrohen, und zog das Armeecorps von
Murcia an sich , wodurch seine Stärke auf 20,000 Mann
anwuchs. Soult seßte sogleich alle seine verwendbaren Trup-
pen dagegen in Bewegung. Godinot mußte im Guadalqui-
vir - Thale hinaufmarſchiren , um den rechten Flügel der
Spanier zu beschäftigen , und ihren Rücken zu bedrohen ;
er selbst rückte von Granada über Guadir vor. Diese Unorde
nung wurde am 8. und 9. August mit solcher Pünctlichkeit
ausgeführt , indeß unter den spanischen Generälen so wenig
Zusammenhang und Folgsamkeit zu erhalten war , daß die
Divisionen einzeln geschlagen und zerstäubt nach verſchiede-
nen Richtungen flohen , und Blake in seinem Hauptquar
tiere Lebrilla (zwischen Lorka und Murcia) nicht mehr als
8 bis gooo Mann zusammenbringen konnte. Nach und nach
sammelten sich wieder die Flüchtlinge , auch verfolgte der
Feind seinen Sieg nichts weniger , als rasch , so daß die
Spanier in der reichsten und fruchtbarsten Gegend , in dem
mit Recht so benannten Garten von Murcia Zeit gewannen
sich zu erhohlen und Verstärkungen an sich zu ziehen. Leider
hatte man in dieser Ruhepause sich einer solchen Sorglosig
keit überlassen , daß bey dem plöglichen Andrange Suchets
gegen Valenzia zur Ergänzung und Wiederbewaffnung der
geschlagenen Truppen gar nichts geschehen war , sondern man.
nur alle , in der ganzen Umgegend zusammenzubringende
Überreste von Urmeecorps sammelte und unter den Oberbe
fehl des Generalen Blake stellte , der dadur ein Heer von
50 bis 35,000 , beynahe lauter altgediente Krieger, mit
Einschluß jener, die so tapfer bey Albuera gefochten hatten,
erhielt. Die Divisionen waren von ausgezeichneten Officies
46
ren , von einem Mahy , Odonel , Miranda , Bassecourt ,
Zayas , Lardizabal, Obispo , Villa Campa und Don Juan
befehligt; die Reiteren und das Geschütz im besten Stande.
Mit dieser Macht rückte er muthig vor , um das hart be
ängstigte Murviedro (dem man , um glorreiche Erinnerungen
aus der Vorzeit an das Interesse der Gegenwart zu knüpfen,
den Nahmen San Fernando de Sagunt beygelegt hatte) zu
1 befreyen , und am 25. October fiel die Schlacht bey Puzol
vor. Die spanischen Truppen fochten tapfer , und trugen
theilweise glänzende Vortheile davon ; allein die ganze Un-
ordnung war mehr darauf berechnet, von einem erfochtenen
Siege den größten Nußen zu ziehen , als den Sieg vorher
selbst zu erfechten. Die beyden Flügel sollten nähmlich durch
weite Ummärsche in den Rücken und die Flanken des Fein-
des desselben Rückzug ganz abschneiden. Suchet gewahre.
bald diese , für die Stärke unverhältnißmäßige Ausdehnung,
und befahl mit gesammelten Massen die geschwächte , entblößte
Mitte anzufallen. Diese gerieth sehr schnell in Unordnung ,
und die getrennten Flügel , mit demselben Schicksale be-
droht , welches sie dem Feinde zugedacht hatten , konnten
nur durch angestrengte Märsche und durch den Heldenmuth
einzelner Generäle ihren Rückzug so bewerkstelligen , daß sie
wieder vereint mit den Flüchtlingen des Centrums das rechte
Ufer des Guadalaviar erreichten.
Murviedro's Fall war die erste Folge dieser Niederlage..
Einige Tage nachher (am 3. November) rückte Suchet gegen
Balenzia vor , und beseßte mit seinen Vorposten die Vorstäd-
te am linken Ufer des benannten Flusses ; allein da ihm gegen
über das spanische Heer hinter festen Linien und in Brückenkő-
pfen stand ; so mußte die Erzwingung des Überganzes bis zum
Zeitpuncte verschoben werden , bis alle Mittel dazu herbey-
geschafft und in Ordnung fenen. Am Abend des 25. De
cembers (bis dahin hatte Blake nicht den mindesten Versuch
gemacht , die feindlichen Vorbereitungen zu stören) war alles
im Stande, und sogleich wurden ohne den geleisteten , nicht
41
sehr bedeutenden Widerstand zu achten , sowohl bey Mislata
und Duarte Brücken geschlagen , als auch nahe bey der
Mündung am Grao die Truppen des Divisionsgenerals Ha-
bert durch den Fluß gefeßt und vorgeschoben . Ein Theil
der Spanier floh nach Murcia , jedoch die Haupttruppen-
masse mit dem Oberbefehlshaber warf sich in die Linien , wels
che um die Stadt zu ihrer Verstärkung waren aufgeworfen
worden. In der Nacht vom 28. wurde ein Versuch gemacht,
sich durchzuschlagen , allein so unzuſammenhängend , um nicht
zu sagen unverständig , da der ganze Entwurf dahin ging ,
ſich mit 10,000 Mann in einer einzigen Colonne , woben
noch ein zahlreiches Gefolge von Weibern und Gepäcke sich
befand , unbemerkt durch die feindlichen Posten zu schleichen,
ohne zugleich gegen mehrere Puncte des feindlichen Lagers
falsche Angriffe vorzunehmen , daß man als einen überaus
glücklichen Ausgang es ansehen kann , daß die Spanier wie-
der umkehren , und bis fünf Uhr des folgenden Morgens die
eben erst verlassenen Stellungen in der Linie wieder bezie
hen konnten .
In der finstern und regnigten Nacht vom 1. auf den 2.
Jänner 1812 eröffneten die Franzosen die Laufgräben gegen
einige vorliegende Werke , und die Annäherungen rückten so
rasch vor , daß in Folge eines Kriegsrathes am 4. die Spaz
nier die Vertheidigung der äußeren Linie aufgaben , und
sich in die Stadtumfassung zurückzogen. Nun begann eine
fürchterliche Bombenbewerfung durch drey Tage , während
welcher immer die Arbeit in den Laufgräben regelmäßig forts
geführt wurde. General Blake , um den Einwohnern die
Schrecknisse und den Jammer einer Erstürmung zu ersparen,
unterzeichnete am 9. Jänner die übergabe der Stadt , wo-
durch bey 18,000 Mann guter Truppen , darunter die Wal-
lonengarden und viele Artillerie - Soldaten , in Kriegsgefan-
genschaft geriethen , auch 374 Kanonen , bey 2000 Pferde
und 21 Fahnen nebst bedeutenden Munitionsvorräthen den
Siegern ausgeliefert wurden.
48
Blake diente in den Jahren 1793 und 1794 mit Aus-
zeichnung als Bataillonscommandant. Dieß war eigentlich
der Posten, welcher seinem persönlichen Muthe , seinem Ord-
nungsgeiste , seinem festen , abgehärteten Sinne am besten
entsprach. Bey der Schlacht von Rio seco befehligte er jene
Brigade, die noch bis zulegt geschlossen blieb , und dadurch
den Rückzug deckte. Noch bey Albuera legte er Beweise seis
ner Tapferkeit ab , und erprobte sogar , da . er eine Division
zweckmäßig zum Angriffe vorzuführen verstehe. Allein an die
Spike der Armee zu wiederhohlten Mahlen gestellt , zulegt
sogar mit der Würde eines Generalcapitäns , und mit voller
Unabhängigkeit bekleidet , zeugte sich bald , daß der feurigste
Muth und der thätigste Unternehmungsgeist im Feldherrn
nur dann wahren Werth hat , wann der richtige und ruhige.
Überblick , um schnell den wahren Zeit- und Standpunct
für jede Unternehmung zu faſſen , und die berechnende Vor-
ficht sich dazu gesellt , welche die möglichen Vor- und Nach-
theile gegen einander abwiegt , und nie . von den Lockungen
der Eitelkeit sich hinreißen läßt. Blake gleitete auf der schlüpfris
gen Bahn fort, in die ihn Aufgeblasenheit über mehrere
Glückszufälle hineingezogen hatte , und auf welcher die ritter-
mäßige Tugend seines Degens eine unverläßliche Leiterinn
blieb. So erklärt sich der Widerspruch zwischen dem hohen
Rufe , welcher dem größeren Theile seines militärisch - politis
fchen Lebenslaufes voranzog , und den Verwünschungen ,
womit die letzte Katastrophe sowohl von den Soldaten ,
deren Abgott er war, als auch dem Volke , das in ihm den
Retter hoffte , begleitet wurde : so erklärt sich auch sein
Schwanken zwischen den kühnsten Vorhaben und der zaghaf-
ten unschlüssigkeit , der schnelle übergang vom gewagten
Hervortreten in einen unvorbereiteten , nicht gehörig be
rechneten Kampf, zu dem ängstlichen Hineinkriechen in einen.
Schlupfwinkel, der offenbar zur langen Vertheidigung nicht
geeignet war , und gar keinen Ausgang für den weitern
Rückzug mehr übrig ließ. Kurz auch bey Blake wird durch
49
den eben so dichteriſchen als philosophischen Ausspruch Lol-
tair's :
,,Oft glänzet hell im zweyten Range ,
„Was matt wird , rückt's zum ersten ' nauf ”
begreiflich , wie nach so manchem hochherzigen Versuche , der
Lieblingsheld seines Vaterlandes zu werden , er so schmählich
den Schmuck und Kern des spanischen Heeres aufopfern konnte.
Nunmehr blieb das arme Spanien ganz ohne regelmäßige
Truppen , und fank für einen vollen Feldzug zur bloßen
Hülfsmacht herab , indeß die ganze Last des Kampfes im
freyen Felde sich auf die Portugiesen und Britten wälzte.
Wie diese den großen Strauß bestanden , foll der folgende
Abschnitt zeigen.

II.
Sechster Abschnitt.

(Vom Juny 1811 bis zum May 1812.)


Lord Wellingtons Entwurf zur Wiedereroberung von Cividad - Rodrigo.
Zur Einschließung dieses Plakes bezieht er Cantonnirungen an der
Agueda. - Eine französische Armee bedroht Gallizien , vereinigt sich sos
dann mit Marmont , und entfekt Rodrigo. - Vorfallenheiten in der
Stellung von Guinaldo. Vorbereitungen zur regelmäßigen Belage
rung von Rodrigo. Um die Aufmerksamkeit des Feindes davon abzu,
ziehen , macht General Hill einen Streifzug nach Arroyo de Molinas. -
Belagerung von Cividad - Rodrigo , und Erstürmung dieſes Plakes. —
Vorbereitungen zur Belagerung von BadajoŁ. Erstürmung diefes
- Soult zieht sich auf Sevilla. - Marmont dringt in Beira
s

Plates. —
ge
zu
or

vor , muß sich aber eiligst wieder zurückziehen. Stellung der Verbüns
ld
es
Sp

- Rückblick auf Europens Lage wähs


Fe
el

beten am Ende
.

rend dieses Feldzuges.

Die
Die zwey Armeen des Marschalls Marmont und Marschalls
Soult, welche im Juny 1811 ihre Vereinigung an der Gua-
diana bewirkt hatten , um die Belagerung von Badajoz auf-
heben zu machen , betrugen zusammen über 70,000 Mann ,
worunter 8000 Reiterey ; indeß die ihnen gegenüberstehen-
den Verbündeten , mit Inbegriff von 4000 Reitern , nicht
ganz 50,000 Mann unter den Waffen zählten. Es war
daher offenbar vom höchsten Interesse der Franzosen , zu
einer allgemeinen Schlacht im offenen Felde zu gelangen ,
und Lords Wellington Huth und Vertheidigungs Maßre-
geln , die augenscheinlich dahin zielten , den Angriff stehenden
Fußes mit größtmöglichem Vortheile abzuwarten , ließen
stündlich der großen Entscheidung entgegen sehen. Nun glaub-
te man , sey der hehre Moment gekommen , als am 22. Juny
zwen sehr starke französische Heeresabtheilungen gegen El-
vas und Campomayor vorrückten. Doch es war für dießmahl
nichts als eine Recognoscirung , die keine andere Resulta-
te hatte , als daß von einer Seite ein Wachposten von 3
Officieren und 6o Mann eines Dragoner - Regiments , das
51

jüngst aus England ankam und Freund vom Feinde noch


nicht gut zu unterscheiden wußte , in Gefangenschaft gerieth ;
von der andern Seite stundenlang Auf- und Ab- Rechts und
Linksmärsche geschahen , ohne die Absicht , nähmlich Einziehung
bestimmter Kunde über die Stärke und Stellung des verbüna
deten Heeres , zu erreichen , weil dieses geflissentlich hinter
Hügeln sich verborgen hielt. Hierauf blieben beyde Armeen.
länger als einen Monath ganz ruhig einander gegenüber. In
dieser Zwischenzeit versäumte Lord Wellington nicht für die
Wiedereroberung von Cividad Rodrigo , als unverrücktes
Ziel, ernstliche Vorbereitungen zu treffen. Das Belagerungs-
geschüß und das übrige , hiezu gehörige Geräth follte von
Liffabon gegen den Douro , und diesen Strom aufwärts ge=
schafft werden.
Der allzeit fertige Tadel sprach sich über diesen Entwurf
in folgenden Worten aus : Ist es wohl mit den hochgeprie
fenen Feldherrn - Talenten übereinstimmend , daß auf einer
Seite durch bedächtlichen Rückzug die Überlegenheit des
Gegners anerkannt , daß die Verfolgung des allerwichtigs
sten Zweckes , als gerade feine Erreichung am nächsten schien ,
plöglich aus stillschweigend zugestandener Unvermögen =
heit aufgegeben wurde, und im nähmlichen Augenblicke auf
einer entgegengesetzten Seite gegen ein weit schwierigeres
Object die Operation offensiv gerichtet wird , gegen eine Fes
ne
stung, zu deren Erhaltung das Äußerste aufzubiethen, hr den
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er dasßeEhrgefühl
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Franzosen das Intereſſe iund
g e gs gleich dringend
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i iß
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geboth ? ... Jeder we ,
wie schief und einseitig die Beurtheilung der Kriegsentwürfe
ausfällt , wenn sie ausschließend allgemein abstracte Grund-
fäße zur Nichtschnur nimmt. Die ungeheuer mannigfaltigen
Rücksichten aufzuzählen , die dabey abzuwägen i mit nander
zu vergleichen , kurz mit ihrem wahren Gewichte in Unschlag
zu bringen sind , hieße die vollständigste Lehre der Feldherrne
kunst entwickeln , die noch ie geliefert worden ist.
Die erste Eigenthümlichkeit , welche hier eintrat, und
D2
52

wegen der die Feldzüge im Westen der Halbinsel jenseits der


Pyrenäen mit keinem der , von unsern Militären bisher ge-
führten oder studierten zu vergleichen sind , ist die äußerste
Armuth Portugals . Die Franzosen waren nie genug Hers
ten des flachen Landes , um Magazine anzulegen, Sie leb-
ten von den , täglich eingebrachten Naturalien , und konn
ten darum nie in größeren Körpern vereint bleiben. Auch
fürdi Verbündeten war es platterdings unmöglich , Vors
räthe im Innern für längeren Lebensunterhalt aufzutreiben ,
und da es zu gefährlich gewesen wäre , dasjenige , was sie
von weitem herkommen ließen , auf festem Lande aufzuspei-
chern , und entweder zur Bewachung dieser Puncte bedeu-
tende Streitkräfte fortwährend verwenden , oder alle übrigen
Plane der Erhaltung oder dem Verluste dieser Magazine un-
terordnen zu müssen ; so wurde beschlossen , eingedenk des
alten delphischen Orakelspruches , das Heil auf breterne ,
schwimmende Festen zu ſehen , und die Operationsbaſis wur-
de in die Fluthen des Tajo und Douro verlegt , wo Schiffe,
mit Lebensmitteln und Vorräthen aller Art beladen , stets
bereit waren, Ersag vorzusenden , wo es die Noth erheisch-
te. Die erste Bedingung war daher , die Operationslinie
nicht so sehr vom Ufer vorzutreiben, daß eine zu große Zahl
von Lastthieren erfordert würde , um den Nachschub ordent
lich zu bestreiten ; dann war es gleichgültig , in welche Ges
gend die Truppen sich verfügten , und wie lange sie sich dort
aufhielten. Hiezu gesellte sich noch wegen der bedeutenden
Überzahl , mit welcher im ganzen Jahre 1811 die Franzos
sen da standen , ganz besonders die Beobachtung , bey den
täglichen Vertheilungen einen ganz andern Geist herrschen
zu lassen , als er im Lager des Feindes anzutreffen war ,
nähmlich jene strenge Ordnung und kluge Wirthschaft , wel-
che , ohne die Kräfte des Landes aufzuzehreń , jene des Sol-
daten erhält , und indem sie das Pflichtgefühl in den verschie
denen Zweigen der Armee - Verwaltung nährt, auch jenes
der Prøving , an deren Rettung gearbeitet wird , erwecket. . .
53

Es iſt allbekannt , wie verschieden die Commissariate der bey-


den gegenüberstehenden Heere organisirt und geleitet waren !
Nach dem Vorausgeschickten wird es sehr erklärbar ,
wie der Angriff auf Cividad Rodrigo mit der Hoffnung eis
nes glücklichen Erfolges unternommen werden konnte. Die
Cantonnirungen der französischen Armee lagen auf (60 eng-
lische) 15 deutsche Meilen von dieser Festung entfernt , de-
ren Umgegend überdieß die feindseligsten Gesinnungen gegen
ihre Eroberer hegte , und in jeder Gelgenheit äußerte. Wie
daher die Verbündeten ihre Quartiere nahe an der Stadt
nahmen ; so konrten die Franzosen offenbar keine Verstär
kungen oder Nachschübe mehr senden , ohne sie auf die gro
Be Entfernung von 5 bis 6 Tagmärschen mit einer Bede-
dung zu versehen , welche beynahe die Stärke einer Armee
hätte. Um diese Bedeckung , welche sodann 10 bis 12 Tas
ge ausblieb , zusammenzubringen , ohne so lange Zeit hin
durch den beseßten Landesstrich zu ſehr zu entblößen , muß-
ward
ten Truppen von allen Seiten ee
herbeygezogen werden. Wie
beschwerlich und mühevoll wurde dadurch jeder Convoi, oder
vielmehr , wie leicht daßten
hat Ver
diesobald
nicht
einer zu Stande kommen würde ! überdieß hatten die Vers
bündeten das Belagerungsgeschüß und sonstige Geräthe bis
nach Villa de Ponte heraufbringen lassen (von wo nur mehr
16 Stunden vorwärts gegen Cividad Rodrigo waren) , um
die ordentliche Belagerung dieses Plages zu beginnen , so-
bald der Feind einen Theil seiner Truppen zu andern Vers
wendungen abzöge. Während daher die Verbündeten recht.
ruhig und bequem in gefunden Cantonnirungen lagen , verseß-
ten sie von einer Seite die Festung in den beängstigten Bes
lagerungszustand; von der andern Seite war dadurch die
ganze französische Macht im Norden wie festgebannt. Hätte
wohl bey einer so entschiedenen Minderzahl , die eigentliche
Angriffsunternehmungen unmöglich machte , ein Entwurf aus-
gedacht werden können , der geeigneter wäre Portugal zu des
ken , und der Gemeinfache wirksamen Vorschub zu leisten ?
54

Im Verfolge dieses Planes wurde , sobald Marmonts


Heer durch den erschöpften Zustand des Landes genöthigt
war , vom füdlichen Ufer des Tajo ſich noch mehr füdlich zu
ziehen , das verbündete Hauptquartier in gleichlaufender Rich-
tung nach Portalegre , und von da am 10. August nach
Fuente Guinaldo verlegt , und das ganze Heer (mit Aus-
1
nahme eines kleinen Corps , das unter dem Generallieute-
nant Hill die Gränzen der Provinz Alentejo deckte) bezog
Cantonnirungen in den Dörfern an der Agueda , unfern von
Rodrigo. Hier fiel bis in die Hälfte des nächsten Monaths
nichts von Bedeutung vor. Um diese Zeit wurde die Abnah-
me der Lebensmittel in Cividad Rodrigo äußerst fühlbar
und es liefen wiederhohlte Kundschaftsnachrichten ein , daß
um Salamanca sich ein sehr zahlreiches Heer sammle, des
fen Bestimmung sey , zur Verproviantirung , vielleicht gar
zum Entsaße der Festungen heranzurücken. Da es eine ges.
wöhnliche Maßregel der franzöſiſchen Anführer war , falsche,
vergrößernde Gerüchte über ihre Stärke und Absichten mit
vieler Kunst auszustreuen ; so wäre es wohl eine unverzeih-
liche Leichtgläubigkeit gewesen , auf die bloße Nachricht , daß
60 bis 70,000 Mann anrücken , abzuziehen , und dadurch et
wa einer Truppenzahl , die beyläufig nur die Hälfte der an-
gegebenen betrüge , den Entsaz so leicht als möglich zu ma-
chen. Lord Wellington wählte daher eine Aufstellung vor
Guinaldo, und verschanzte sie , um sich darin so lange zu
halten , und daraus seine Vorposten so lange zu unter-
ftüßen , bis er sich verläßliche Kenntniß von der wahren
Stärke des Feindes verschafft hätte. Die Truppen nahmen
engere Cantonnirungen , bereit , auf den ersten Befehl die
verschanzte Stellung zu beziehen. Die Division des Generals
Craufurd blieb auf dem rechten Ufer der Agueda , um die
Übergänge über die Sierra de Gata zu bewachen : und die
Division des Generals Picton war auf die Anhöhen von El
Bodom vorgeschoben, doch hatten diese beyden Truppenabs
theilungen die Weisung , Falls sie mit Übermacht bebroht
55

würden , sich auf einen Sammelplaß hinter Guinaldo zu


ziehen .
Während Marmonts nHeer wieder über den Tajo seste
le ne
undpshinterer dem Tormes ra Quartiere en bezog, bildete
hm sich eein
l
r t m ne rf n t
A C o u n d e G e D o , na de Ti :
Nord Armee an , und rückte über Astorga vor , um in Galli-
zien einzudringen und sich festzuseßen. General Abadia , der
Commandant des Landsturmes im dortigen Bezirke , wich
bis hinter die Engpässe von Villa franca zurück. Dorfenne ,
welcher noch außerhalb derselben ein scharfes Gefecht bestans
den hatte , hielt es nicht für Elug , sich in die Defileen hinein
locken zu lassen , sondern vereinigte sich durch eine retrograde
Bewegung mit Marmont zum Entsah von Rodrigo . Die
beyden Heeresabtheilungen rückten sodann mitsammen im
halben September von Salamanca vor ; und unter ihrem
Schuhe gelangte am 24. desselben Monathes ein ungeheus.
rer Transport in den Plak.
Am Morgen des 25. seßten 30 Escadronen Reiteren
und eine bedeutende Anzahl Fußvolkes mit Geschüß über die
Agueda , um eine Recognoscirung vorzunehmen. Indeß das
feindliche Fußvolk Miene machte , die auf den Höhen von
El Bodom vorgeschobene Division auf ihrem rechten Flügel
anzufallen , umging die Reiteren durch einen verborgenen
Marsch über Anhöhen den linken , und erschien plöglich vor
Guinaldo , wodurch der Rückzug der , dem Fußvolke ge-
genüberstehenden Truppen äußerst gefährdet war ; allein der
Commandant derselben zog sich sehr gewandt aus der Schlin-
ge , indem er schnell auf das rechte Ufer der Agueda , so-
dann Fluß aufwärts bis zu einer Furt , und dort wieder.
auf das linke Ufer marschirte. Was auf dem linken Flügel
dem furchtbaren Angriffe der feindlichen Reiterey sich für
den ersten Augenblick entgegen stellen konnte , besland bloß
in 2 brittischen und 1 portugiesischen Bataillone , 3 Schwas
dronen Dragoner und 4 portugiesischen Kanonen . Allein
diese Handvoll Leute bewies , was Mannszucht , Selbstvers
56

trauen und Unerschrockenheit selbst gegen Überzahl vermag.


Lange behaupteten sie den Plaß , ohne nur einen Zollbreit зи
weichen. Als sie endlich wegen des Nachrückens der feindlis
chen Infanterie Befehl erhielten , sich zurückzuziehen , bilde:
ten sie sich in zwey Maffen , die, obſchon zu wiederhohlten
Mahlen und oft von drey Seiten zugleich angefallen , un-
verrückt ihren Rückzug fortseßend , wechselweise einander
deckten , und so jeden Angriff der Reiterey abwiesen , und
in bester Ordnung in der Hauptstellung anlangten.
Der Zweck, zu dessen Erreichung die Stellung von
Guinaldo war verschanzt und bezogen worden , war vollkom-
men erfüllt ; das verbündete Heer konnte sich daher ohne
längerem Zögern zurückziehen , und wirklich wurden die Ans
ordnungen dazu hinausgegeben. Allein General Craufurd
entnahm aus der Bewegung des Feindes dessen Absicht , die
leichte Division (welche , wie oben gesagt wurde , gezwun-
gen war , am rechten Ufer der Agueda bis zu den Furten.
von Robleda hinaufzumarschiren) nun abzuschneiden ; er
beschloß daher eine Flankenbewegung gegen die Gebirge , wo-
durch zwar seine Gemeinschaft mit Portugal nicht mehr durch
die gerade Hauptstraße, sondern nur mittels Umwegen offen
blieb , aber er der aufzunehmenden Truppe um so viel näher.
rückte. Zur bessern Deckung der Vereinigung mit der leich
ten Diviſion mußten jene der Generäle Picton und Cole
mit einiger Reiteren in der Stellung halten , welcher gegen
über der Feind aufmarschirte , indeß verfolgte die leichte
Division unaufhaltsam ihren anbefohlenen Marsch über die
Agueda bey Robleda.
Die Stellung von Guinaldo liegt auf einem hohen
Bergfuße , und hat eine Frontlänge von beynahe sechs tau-
send Schritten. Der rechte Flügel ist durch die Agueda ge=
deckt ; am linken fällt der Rand schroff in eine weite Ebene
ab, die sich bis an die Gränze von Portugal hinzieht. Das
mit hier der Feind nicht in den Rücken der Stellung gelange,
mußte eine starke Truppenabtheilung in die Fläche gestellt
57

werden ; eine andere mußte eben so unerläßlich die Agueda


oberhalb Guinaldo beobachten , damit der Feind nicht dort
herüber , und aus dem Passe von Perales mit Macht her-
vor breche. Folglich blieben nur mehr zwey Divisionen zur
Besetzung der Stellung.
Die leichte Division konnte erst am Nachmittag des
26. Septembers über die Agueda gelangen , und in die Linie
einrücken , wo die Nacht abgewartet wurde , um den Rück-
zug anzutreten. In der Zwischenzeit sammelten sich 35,000
Mann Fußvolkes (darunter 22 Bataillone der Kaisergarden),
und eine zahlreiche Reiteren auf die Entfernung eines Ka-
nonenschusses den drei brittischen Divisionen gegenüber , und
und mit einbrechender Dämmerung zeigte sich die Spike ei-
ner zweyten starken Colonne , die nebst der ersten die feind
liche Macht gewiß auf 60,000 Mann Infanterie und 5000
Pferde brachte. Nun blieb nichts mehr übrig , als die Fin-
sterniß abzuwarten , um ungefäumt mit dem ganzen verbün-
deten Heere sich zurückzuziehen.
Am 27. verfolgte der Feind den Rückzug in zwey Co-
lonnen , und am Nachmittage desselben Tages fielen mehre
re scharfe Gefechte vor , worin die Division des General-
lieutenants Cole das Dorf Aldea de Ponte zweymahl er
oberte , und zweymahl wieder verlor ; bis sie endlich in
dessen Besit sich behauptete. In der Nacht rückte, das ver-
bündete Heer, nach einem schon lange voraus für den mög-
lichen Fall eines Rückzuges vorgezeichneten Plane in die
Shne eines einwärts gekrümmten Bogens der Coa beh
Sabugal , und both am 28. in diesem , durch den Truppen-
Aufmarsch gebildeten Brückenkopfe eine Schlacht an ; allein
der Feind nahm sie nicht an. Sein Endzweck war erreicht ,
das bedrängte Rodrigo mit frischen Vorräthen versehen , die
Gegner aus der bedrohenden Nähe zurückgedrängt ; somis
beugte der franzöſiſche Heerführer der Ausforderung aus ,
und kehrte nach Salamanca um. Die Verbündeten bezogen.
abermahls Cantonnirungen , etwas entfernter vom. Plage ,
58

als früher , und verlegten ihr Hauptquartier nach Freneda.


Diese Bewegungen hatten ihnen mit allen damit verknüpf-
ten Zufälligkeiten kaum 200 Menschen gekostet.
Nachdem Cividad, Rodrigo durch das Aufbiethen so vie
ler Kräfte von den Franzosen für geraume Zeit gegen Hun
gersnoth gesichert war , so konnte man diesem Plaße nicht
mehr anders , als durch eine regelmäßige Belagerung bey-
kommen ; um aber so ein mächtiges Werk bey der ersten gün-
ftigen Gelegenheit schnell beginnen zu können , mußte das
Belagerungsgeschüß und sonstige Geräth so nah als möglich
an der Gränze in Bereitschaft gehalten werden. Deßhalb
verwendete man starke Truppen Commanden , sobald selbe in
ihre neuen Cantonnirungen gezogen waren , zum Wieder-
aufbau dér zerstörten Werke von Almeida , um aus dieser
Festung einen sicheren Zeuggarten herzustellen. Doch/ waren
noch andere schwierige Vorbereitungen zu treffen , bevor
Unternehmung ohne GefahrJahreszeit
man sich in der, vorgerückten durch mancherle
in diese mühevolle
mühevolle
widrige Zu-
fälle gestört zu werden , einlassen durfte. Rodrigo liegt auf
der so zu sagen feindlichen Seite des Aguedaflusses , in
dem plögliche Anschwellungen oft von zehn Schuhen in zwey-
mahl vier und zwanzig Stunden nichts Ungewöhnliches sind.
Noch beträchtlicher , nähmlich oft von 25 Fuß in demselben
Zeitraume, ist das Anwachsen des Douro , in welchen sich die
Agueda ergießt. Die brauchbarste Furt und die stehende
Brücke befinden sich unter dem Kleingewehrfeuer der Wälle,
und alle übrigen Übergänge über den Fluß haben entweder
steile, beschwerliche Zugänge oder weichen Grund , der leicht
sich verschlammt und einsinkt ; kurz auf keinen kann im Win-
ter als bleibend gerechnet werden. Es wurde daher vor Allem
nöthig eine Brücke von hinlänglicher Stärke zu bauen , um
das Gewicht des schwersten Geschüßes zu tragen.
Eine andere , gewiß nicht die unbedeutendste Schwie-
rigkeit , lag in dem erschöpften Zustande des Landes . Die
beyden gegen einander manövrirenden Heere hatten in der
59
lehten Zeit alles Pferdefutter längs der Gränze verbraucht ;
der annähernde Winter ließ voraussehen , daß die übrig gez
bliebene geringe Weide auch bald aufhören werde ; es wurde.
daher unerläßlich von weitem her größere Vorräthe an Fourwa
ge herbenzuschaffen , und zwar in einem Augenblicke , wo
alle Zufuhrsmittel , die man im Lande auftreiben konnte ,
für die Belagerungszuri.ſtungen in Anspruch genommen wur-
den. Das Geschüß allein , um es zu heben , bedurfte 5000
Ochsen ! Lord Wellington fand auch dafür Abhülfe. Obschon
der Douro oberhalb der Mündung des Tuaflüßchens bisher
nie befahren worden war , ja fogar die allgemeine Meinung
bestand , es sey unmöglich ihn mehr aufwärts schiffbar zu
machen ; so beschloß doch der Befehlshaber sogleich Hand an
dieses Werk legen zu lassen. Ingenieur - Offciere wurden un-
verweilt angestellt , um Wehren , ausbeugende Canäle , höl-
zerne Schleußen , und dergleichen Arbeiten auszuführen ,
und in wenig Monathen wurden die Commiſſariats - (oder
Verpflegs-) Böte bis an die Mündung der Agueda hinauf-
gezogen ; folglich bey 20 Stunden höher , als bisher die,
Schifffahrt in diesem Fluffe gereicht hatte , und diese ganze
Strecke war für den Land- oder Achsen - Transport , für die
Ausschreibung von Lastthieren erspart.
Um die Aufmerksamkeit des Feindes von diesen Rüstun-
gen abzuziehen , wurde er im Süden durch das Corps des
Generals Hill beschäftiget. Dieser Officier überfiel am 28. Oce
tober bey Arroyo de Molinas eine Entsendung des Mar
schalls Soult unter dem Generalen Girard , die das Land
durchstreifte, um ausgeschriebene Geldbeträge und Lieferun
gen einzutreiben. General Hill war am 23. October von
Portalegre über Albuquerque und Malpartida mit großer
Verschwiegenheit herangezogen , und am 27. bis auf einen
mäßigen Tagmarsch von Arroyo de Molinas angelangt. Hier
erfuhr er , daß die Franzosen schon Quartiermacher in dieser
Stadt , und die Absicht hätten , darin Nachtlager zu halten,
Hill befahl fogleich Halt zu machen, und ließ keine Trup-
60

pen auf der Straße nach Portugal sehen , da er überzeugt


war , daß auf dieser, als der am meisten bedrohten Seite ,
auch am fleißigsten vom Feinde patrullirt werden wird. Aber
1 * die Mitte der Nacht brach er, mit der Gewißheit noch
nicht entdeckt worden zu seyn , in größter Stille auf, und
lagerte sich dicht an den Weg, auf dem die Franzosen am
folgenden Morgen marschiren mußten , und wo sie , keine
Gefahr ahnend , nur die gewöhnlichen Sicherheitsposten aus-
gestellt hatten. So wartete er den Anbruch des Tages ab ,
worauf er sogleich gegen den rückwärtigen Theil der Stadt
mit solcher Hast vorprellte , und von hinten vordrang , daß
die Reiterpickete nicht Zeit hatten , sich auf die Pferde zu
schwingen. Die französische Haupttruppenmasse , obschon sie
bereits aus dem Orte defilirte , war doch früher umrungen ,
als ſie aufmarschiren konnte , daher Jeder ſein einzelnes Heil
in zerstreuter Flucht suchte. Sehr viele würden getödtet ,
1500 gefangen genommen und 3 Kanonen erbeutet. Den
Verbündeten kostete dieser Tag nur 7 Todte und 64 Ver-
wundete. General Girard entwiſchte mit einem kleinen Häuf-
lein , und eilte bey Merida über die Guadiana. Nach die-
sem glänzenden Vortheile rückte General Hill in seine vori
gen Cantonnirungen bis zu den letzten Tagen des Decembers,
wo er neuerdings gegen eine feindliche vorgeschickte Entsen-
dung auszog, und ihr bey Almandralejo einige Schlappen.
beybrachte. Durch seine ferneren , bedrohenden Bewegungen
nöthigte er den Marschall Soult , feine Truppen im Süden
enge zusammen und an sich zu ziehen.
Im December 1811 hatte Marschall Marmont drey
Divisionen seiner Heeresabtheilung zu jener Suchets entsen-
det, um diesen vor Valenzia zu verſtärken. Seine übrigen
Truppen aber vertheilte er zum bessern Unterkommen und
Lebensunterhalte in weit aus einander liegende Winterquar
tiere. Nun schien der günstige Augenblick für den Angriff.
von Rodrigo gekommen , der auch mit Hast ergriffen wur-
de. Jede Division verfertigte Faschinen und Schanzkörbe in
61

den Dörfern , wo sie lag ; am 6. Jänner stand die neu geschlas


gene Brücke bey Salices fertig da ; kurz Alles war in Bereits
schaft, um noch am nähmlichen Tage die Belagerung zu bee Бек
ginnen , allein dicht fallender Schnee bedeckte plößlich die ganze
Umgegend , und die anhaltend stürmische Witterung verzögerte
den Aufbruch des Heeres aus den Quartieren um zwey Tas
ge (bis zum 8.) . Die leichte Division unter dem Generalen
Craufurd ging ganz allein über die Agueda , und übernahm
den Dienst der Berennung ; die andern Divisionen blieben ,
so nah als möglich , einquartiert , doch stets in Bereitschaft
zur Unterstüßung der ersten auszurücken , und mit der Bes
stimmung zur Ablösung des Dienſtes in den Laufgräben ver-
wendet zu werden. Am nähmlichen Abend erstürmte ein Com-
mando , geführt vom Oberstlieutenant Colborne , die auf dem
großen Teson vorliegende Schanze , und setzte sich dadurch
gerade auf dem Puncte fest , wo nach dem Entwurfe der
Ingenieure , etwa 240 Klafter von der Hauptumfassung ,
der Angriff ausgehen , und sich anlehnen sollte. Am folgen-
den Tage wurde die erste Parallele vollendet , und die Bat-
terien ausgesteckt. Um 14. machte der Feind einen Eraft-
vollen Ausfall , und es gelang ihm wirklich ein "
gutes
Stück der Sappe zuzuwerfen , ehe er wieder in die Fe-
stung zurück mußte. Am selben Nachmittage öffneten die
Batterien ihr Spiel , auch wurde das befestigte Francis-
caner - Kloster , welches links von den Annäherungen diesel-
ben der Länge nach bestrich , glücklich erstürmt , und eine
1
Verbauung in den Vorstädten zu Stande gebracht. Nun
konnte auch die zweyte Parallele hergestellt werden , und man
brach davon in mehreren Zickzacks aus , um mittels der Sap
pe an die äußere Grabenwand zu gelangen , und diese ein

zustürzen. So wurden die regelmäßigen Belagerungsarbei-


ten mit großen Eifer vorgetrieben , als verläßliche, übers
einstimmende Kundschaft einlief, daß der Feind mit Macht
zum Entsage herbeyeile. Lord Wellington entschied sicy fo
gleich, die Erſtürmung anordnen zu laffen , sobald die Walk-
62
brüche für ersteigbar erkannt seyn würden , ohne die Vollen-
dung der übrigen, durch die Regeln vorgeschriebenen Deckungen
und Unterſtüßungsarbeiten abzuwarten. Um zu diesem Zwecke
zu gelangen , betrieb er mit solchem Eifer die Annäherungen zu
den Breschbatterien und den Bau dieser Batterien selbst , daß
das unabläßliche Feuer der Belagerten , die über 11,000 Bem-
ben und beynahe eben so viele Kugeln herausschleuderten , nicht
mit einem einzigen Schuffe entgegnet wurde , hingegen schon.
am zwölften Tage zwey recht ordentliche Sturmlücken zu Stan-
de gebracht waren. Die hinausgegebene Anordnung war fol-
gende : „ General Pictons Diviſion rückt gegen die breitere
„Bresche. Jene des Generálen Craufurd gegen die schmälere ;
"zu gleicher Zeit wirdn ein Corps von Portugiesen unter dem
"Generalen Pack auf der ganz entgegengesetzten Seite
„ des Plakes erscheinen , und mit der Leiter - Ersteigung dro-
„hen." Am 19. Jänner um neun Uhr Vormittag marſchirte
die führende Brigade jeder Division mit Jubel und besten
Muthes vorwärts . Einige Abtheilungen Sappeure an ihrer
Spike trugen ein Paar hundert mit Heu gefüllte Säcke ,
die sie in den Graben warfen , weil keine Abfahrt in dessen
Tiefe hatte hergestellt werden können . Die Brigade des Ge-
neralmajors Mac Kinnon war diejenige , welche gegenüber
von der größeren Bresche in den Graben hinabsprang. Im
nähmlichen Augenblicke plaßten einige hundert Bomben und.
andere Feuerwerkskörper , die am Fuße des Mauerschuttes
waren angebracht worden , aber früher als die Truppen in
den Bereich ihrer Verwüstung gelangten , folglich wirkungs-
los. Die muthvoll Hinansteigenden stießen auf tapfern Wi-
derstand , und nur nach einem scharfen , beharrlichen Kampfe
konnten die Bayonnete der Stürmer obsiegen , und sich auf
dem Kamme der standhaft vertheidigten Brustwehre behaupten .
Doch es war noch nicht alles überstanden. Hinter einem
inneren Abschnitte verdoppelte sich die beyderseitige Wuth,
und abermahls wollten die wankenden Franzosen zu neuer
Anstrengung sich zusammenraffen , als die Stürmer der
63

schmäleren Bresche ebenfalls siegreich herbeystürzten . Von


zwen Seiten zugleich angefallen , suchten die Franzosen Ret-
tung in der Stadt , wo sie von Haus zu Haus verfolgt ,
entweder unter dem Schwerte oder in Gefangenschaft fielen.
Gewiß gehört diese Unternehmung unter die kühnsten , wel-
che die Kriegsgeschichte aufzuzählen hat, und um sie wagen
zu können , muß der Befehlshaber von dem Geiste seiner
Truppen factisch überzeugt feyn . Übrigens kostete sie den
Siegern weniger, als man vermuthen sollte. 6 Officiere.
und 140 Mann blieben ; 60 Officiere und 500 Mann wur-
den verwundet. Leider erlitt dabey die englische Armee einen
schmerzlichen, unerfeßbaren Verlust in den Generälen Craus
furd und Mac Kinnon . Der erste fiel , als er seine Division
hinanführte ; der zweyte , nebst mehreren Tapfern , im Aus
genblicke des errungenen Sieges durch die Sprengung einer
Fladdermine im Graben vom Abschnitte des eingestürzten
Walles.
78 Officiere und 1700 gefangene Soldaten , 10g
Stücke Geschüßes mit vollständiger Laffettirung , 44 Gez
schüße mit dazu gehöriger Ausrüstung und Bespannung ,
eine ungeheure Menge von Bomben , Kugeln und Flintens
patronen , eine wohlgefüllte Waffenkammer und ein sehr
reichlich versehenes Zeughaus waren die Früchte dieses ruhm-
und erfolgreichen Tages.
Es sen hier erlaubt , dem brittischen Heere das gebüh
rende Lob für diese Heldenthat zu zolleri. Vielleicht ist dieß
das einzige Beyspiel , daß eine Festung , deren Feuer noch
nicht zum Schweigen gebracht war , durch einen Wallbruch
erstürmt wird , gegen Vertheidiger , die mit desto ungebeugs
terem Muthe da standen , als sie hinter sich einen unange
tasteten Abschnitt wußten , und für die übrige Umfassung
unbekümmert waren , weil dort eine doppelte , über einander
ragende Mauerverkleidung den Gürtel bis auf 28 FußHöhe
über die Grabens Sohle brachte , folglich keine Leiter - Ere
steigung zuließ. Wirklich hatte der General Pack mit seinen.
64
wackern Portugiesen nichts anders erreichen können , als eine
Lünette zu erklettern , die der äußern , niedern , den Graben.
vertheidigenden Umfaſſung gegenüber liegt , und darin die
Bache zu überfallen und niederzustechen. Folglich war
der Kampf auf der Höhe der Sturmlücke im eigentlichen
Sinne eine Erneuerung von jenem der Horazier und Cura-
zier , um die kriegerischen Eigenschaften , die Hochherzigkeit
zweyer Völker gegen einander zu erproben. Der Ausgang
spricht ein Urtheil aus , auf welches hinzuweisen die Bescheie.
denheit verbiethen würde , wenn nicht zu lange und mit bes
harrlicher Bemühung ein entgegengesettes über den Werth
des Britten als Landsoldat wäre ausgebreitet worden. Un-
streitig liefert das Tagebuch dieser Belagerung für jeden
Zweig des Heeres die rühmlichsten Beweise von unerschütters
lichem Muthe , rastlosem Eifer , und was bey zweifelhaften
Unternehmungen das kostbarste ist , von rücksichtsloser Be-
reitwilligkeit , die nie dem Grübeln oder Bekritteln sich über-
läßt. So war das Fußvolk gleich beharrlich und unverdrossen
im Feuer, dem es ausgeseßt war , wie in den Schanzarbeis ,
ten , welche die Ingenieure mit voller Einsicht und Thätig-
keit leiteten. Der Artillerie gebührt der Ruhm , durch ihr
trefflich gerichtetes und bedientes Feuer in sehr kurzer Zeit
und auf eine zweckmäßige Urt die Verkleidungsmauer einge-
stürzt , und den Wall geöffnet zu haben.
Gewiß konnte nur mit einem , dergestalt zusammenge=
sezten Heere die Möglichkeit gedacht werden , in Angesicht
eines , an Zahl überlegenen Feindes eine Festung einzuneh
men , an deren Erhaltung dem Gegner Alles gelegen seyn.
mußte. Die Unternehmung , an ſich ſchon kühn , erscheint
bis zum Staunenswerthen gewagt , wenn man die Jahreszeit
(den weit vorgerückten Winter in einer Gebirgsgegend) , und
so mannigfache Vorkehrungen in Betrachtung zieht , welche
viele Verzögerung wahrscheinlich , und die Verschwiegenheit
ganz unmöglich machten. Schon der Brückenbau allein , der
über die Agueda unerläßlich war , enthüllte die Absichten
65

so klar , daß der Feind nicht einen Augenblick zweifeln konne


te, welchem Plaße er zu Hülfe zu eilen habe. Aber
hier zeigten sich gerade die großen Eigenschaften des Feld-
herrn im schönsten Glanze. Je mehr Schwierigkeiten sich er
hoben, desto mehr erweckten sie Kräfte , sie zu besiegen. Übers
all regte sich die Thätigkeit zu mannigfaltigen Arbeiten für
den gemeinsamen Zweck. Alles war übereinstimmend geords
net, und Jeder wirkte mit äußerster Anstrengung in dem
ihin vorgezeichneten Kreise. Das Resultat war so rasch und
überraschend, daß Rodrigo erstürmt , ja die Wallbrüche schon
wieder geschloffen und beynahe ganz in Bertheidigungsstand
gesezt waren , ehe noch Marmont feine Truppen bey Gaz
lamanca gesammelt hatte. Dieser Erfolg ist desto belohnen-
der , wenn er gegen einen Geaner erreicht wird , wie es
7 hier der Fall ist , der in jeder Gelegenheit Umsicht und Sach-
kenntniß erprobte , und in jedem Zweige die geschicktesten und
Eunstverständigsten Officiere verwendete.
Nach dem Gelingen eines so kühnen Unternehmens
durfte man schon auf ein noch gewagteres , in der entge
gengesetzten Richtung , auf die Einnahme von Badajoz
denken. Allein die Bestürzung , die unter alle französische
Marschälle über den unerwarteten Streich fuhr , der uns
längst einen von ihnen getroffen hatte , machte sie desto
behutsamer , und erschwerte daher ungemein das neue Vor-
haben. Soulthatte sich in Verfassung geseßt , behende 35,000
Mann zusammenzubringen , und Marmont konnte eben so
schnell unit weit größerer Stärke zu ihm stoßen. Alles hing
davon ab , durch Thätigkeitdem Feinde zuvorzukommen , und
die getroffenen Maßregeln so geheim zu halten , daß er sie
nicht zur rechten Zeit erfahre. Diesemnach wurde das Bela-
gerungsgeschüß und übrige Geräth zu Lissabon in große
Schiffe eingeladen, als führe man irgend eine große Erpe-
dition jenseits des Meeres im Schilde. Auf der See wurde
sodann alles in Nachen übergeladen , und so nach Alkacer
do Sal geschafft , von wo , ohne allem Aufsehen , zusammens
II. E
66
gebrachtes Landesfuhrwesen den weiteren Transport bis aut
die Ufer der Guadiana übernahm , Faschinen , Flechtwerke und
Schanzkörbe wurden in Elvas verfertigt , als ob sie zur
Ausbesserung und Herstellung der Festungswerke dienen soll
ten. Mit gleicher Vorsicht und Verschwiegenheit traf man
noch ähnliche Anstalten , die aber insgesammt an Schwie-
rigkeit und Wichtigkeit nicht mit jenen für die Berpflegung
zu vergleichen waren . In diesem verwickelten , durch alle
örtlichen und Zeitumstände erschwerten Fache Genauigkeit
und Verläßlichkeit herzustellen , war keine geringe Aufgabe,
und doch die erste Bedingung des Erfolges. Der Landesstrich
längs der Gränze von Beira lieferte nicht Unterhalt für eine
einzige Schwadron , und dennoch mußte das verbündete Heer
durch diese ausgezehrre Strecke ziehen , und darin während
feines Durchmarsches leben ! Ferner durften die Vorräthe
von Kriegs- und Lebensbedürfnissen nicht länger im Douro
bleiben , da durch die nun entworfene Unternehmung die nörds
lichen und östlichen Provinzen von Truppen entblößt , folglich
die von dort herkommenden Zufuhrlinien den feindlichen Ein-
fällen ausgeseht gelassen wurden. Somit wurde die neue , -
wie wir uns schon früher ausdrückten - schwimmende
Operationsbasis nunmehr in den Tajo verlegt. Endlich durfte
nicht versäumt werden , für den Fall einer gezwungenen ,
schleunigen Rückkehr des Heeres X nach Norden dort die Er-
forderniß an Lebensmitteln zurückzulassen. Deßhalb wurde
in der neu eroberten Festung ein hinlänglicher Vorrath das
von aufgespeichert.
Sobald alle diese Vorkehrungen getroffen , auch die.
Sturmlücken von Cividad Rodrigo wieder ausgefüllt , und
zur Vertheidigung gehörig hergestellt waren , übernahmen.
die Spanier die fernere Bewachung der Festung , und das
verbündete Heer brach auf. Eine Infanteriedivision mit eini-
gen vorgeschobenen Reiterposten blieb an der Agueda zurück,
um die Franzosen in dortiger Gegend in 3aum und Bes
schäftigung zu erhalten. Inzwischen rückte die ganze übrige
67
Urmee in angestrengten Eilmärschen über den Tajo , auf
e
leiffbrück , gegen El-
einer bey Villa Velha geschlagenen
vas zu. Am 16. März waren alle Anstalten für die Bela-
gerung von Badajoz vollendet , auch eine Pontonbrücke über
die Guadiana zu Stande gebracht. Es zogen daher drey
Divisionen (die leichte , die dritte und vierte) unter dem
Oberstlieutenant Barnard , General Picton und General
Colville darüber , und berannten den Plag. Der Überrest
des Heeres unter den Generälen Graham und Hill wurde
zur Deckung gegen den Marschall Soult vorgeschoben , wel-
cher durch den Fall von Rodrigo belehrt , nicht gesäumt hatte,
seine Truppen schleunigst zusammen zu ziehen , sobald er nur
von Wellingtons Unmarsch Kunde erhielt. Bey der militäris
schen Besichtigung und Erforschung des Zustandes der Fe-
stungswerke zeigte sich, daß seit dem Angriffe im verflosse-
nen Sommer bedeutende fortificatorische Verbesserungen vor-
genommen worden waren. Einige Verkleidungsmauern was
ren erhöht , die vorwärts liegenden Werke in der Kehle mit
Palissadirungen oder Mauerwerk geschlossen , und ein großer
Theil der Umfassung durch überschwemmungen mittels Span-
nung des Rivillasflüßchens gedeckt worden. Die Besagung
war zahlreich und ausgewählt , und der Commandant der
nähmliche General Philippon , deſſen zwey frühere erfolge
reiche Wertheidigungen alle um ihn her , mit Bertrauen er-
füllten. Um unter solchen Umständen mittels eines kunsts
und regelmäßigen Angriffes zum Ziele zu schreiten , würde
offenbar wären auch alle dazu erheischten Mittel vorhan-
den gewesen - mehr Zeit erfordert haben , als nöthig war,
um mit einer überlegenen Armee zum Entsage herbey zu
kommen. Es wurde daher neuerdings unvermeidlich , von
den gewöhnlichen Kunstregeln abzuweichen , und einen küh-
nen , überraschenden Versuch zu machen. Deßhalb beschloß
Lord Wellington , auf die Tapferkeit seiner Truppen rech
nend , eines vorwärts liegenden , abgesonderten Werkes , La
Dicurina genannt, fich zu bemeistern , weil von dort die
€ 2
68

Mauer einer Fronte quer über die Überschwemmung so tief


gesehen. und beschossen werden konnte , daß eine ersteigbare
Bresche herzustellen war , zu der sodann die , für den Sturm
bestimmten Truppen unter dem Schuße der Nacht sich längs
des inneren Randes vom Wasser hinschleichen sollten.
An dem sehr stürmischen Abend vom 17. wurden , vom
Feinde unbemerkt , auf 80 Klafter vom erwähnten Werke ,
La Picurina , die Laufgräben eröffnet. Um 19. machte die
Besatzung einen kühnen Ausfall , der bey 150 der Belager
rer theils tödtete , theils verwundete , ehe er sich wieder zus
rückzog ; besonders verwegen war die Reiteren , welche um
die Flügel der Laufgräben herumsprengte , und sich bis weit
rückwärts zu den Niederlagen des Schanzzeuges und Belas
gerungsgeräthes wagte. Doch machte dieser Ausfall mehr
Lärmens , als er den Belagerten wahren Nußen brachte.
Die Laufgräben waren nicht weit genug vorgerückt , um da-
durch wesentlich zu leiden , und das Wagestück hatte über
300 Mann gekostet. Viel wirksamer kam der Vertheidigung
das Wetter zu Hülfe , indem so gräuliche Stürme und so
anhaltende Regengüſſe eintraten , daß beynahe die ganze Un-
ternehmung fehl geschlagen hätte. Das plötzliche Anschwellen
der Guadiana riß die Pontonbrücke weg ; die fortwährend
strömenden Fluthen hinderten den Gebrauch der fliegenden
Brücke , somit war die Zufuhr jeder Art unterbrochen. Aber
auch die Belagerungsarbeiten litten ungemein dadurch. Die
Laufgräben , welche über eine Niederung geführt waren ,
standen immer unter Wasser , und die durchgeweichte Erde
verlor so die Haltbarkeit , daß die sanftesten Böschungen ein-
stürzten. Das Ungemach dauerte bis zum 24. , wo glückli-
cher Weise das Wetter sich ausheiterte. Die Belagerten ber
nügten dieses mit solchem Eifer, daß die ersten Batterien .
noch am selben Tage vollendet wurden , und ihr Spiel ge-
gen die Picurina begannen , um die Flankenvertheidigungen
zum Schweigen zu bringen , und die Palissaden des bedeck-
ten Weges niederzuschmettern . An dem nähmlichen Abende.
96
wurde unter dem Generalmajor Kempt , den die Reihe traf
das Laufgrabencommando zu führen , besagtes Vorwerk ge=
stürmt. In beyden Flügeln rückten Colonnen gegen den Rü-
cken des Werkes vor , um in die Kehle zu dringen , und
während die Besagung bemüht war , den dortigen Sturm
abzuwehren , gelang es einer dritten Abtheilung die Vorder-
mauer auf Leitern zu ersteigen. Im Inneren , wo schon
Freund und Feind durch einander wimmelten , dauerte noch
einige Zeit die hartnäckigste Vertheidigung fort. Nach vie-
lem Blutvergießen ergab sich der Überrest , bey 200 Mann.
Während dieses Gefechtes erscholl die Sturmglocke in der
Stadt, Leuchtkugeln , Racketen und Bomben wurden nach
allen Seiten geschleudert , ein Lauffeuer von Kleingewehr
und Geschüß lief mehrmahlen um den ganzen Kreis der
Wälle ; kurz man beſorgte augenscheinlich einen
dt : eallgemeinen
Sta ben so wir
Sturm auf die Hauptumfassung in der
belten die Trommeln in den Laufgräben , und die darin bes
findliche Bedeckung hob ein lebhaftes Feuer an , weil sie eis
nen Ausfall vermuthete. Hierauf verdoppelte sich das Feuer
aus der Festung , und so währte es bis zu Mitternacht fort,
wo endlich die Ruhe sich nach und nach wieder herstellte.
Nunmehr wurde die zweyte Parallele von dem eroberten
Vorwerke aus , vorwärts geführt , darin Bestreichungs- und
Breschbatterien errichtet , und , als das siebentägige , unaus-
gefeßte Spiel derselben drey breite , ersteigliche Wallbrüche
bewirkt hatte , erging der Befehl und die Anordnung zum
Sturm für den Abend des 6. Aprils. Noch war die äußere
Grabenwand nicht eingestürzt , daher die Abfahrt in den
Graben sehr mühsam , auch ließ sich aus allen Anzeichen eine
entschlossene , halsstärrige Vertheidigung voraussehen. Um :
wenigstens die Aufmerksamkeit der Belagerten aufviele Punc-
re zu vertheilen , und über den des wahren Angriffes icre zu
machen ; war Generalmajor Picton befehliget , gleichzeitig
mit seiner Division die freystehende Ringmauer des Schlof-
ses , die bey Gelegenheit der vorigen Belagerung beschrieben
70
wurde, mit Leitern zu ersteigen ; ein Gleiches sollte General
Leith mit seiner Division gegen den Wall der entgegenge=
sezten Festungsfronte thun.
Gegen zehn Uhr Nachts rückten zwey Divisionen , gez
führt vom Oberst Barnard und General Colville zur Erstür-
mung der Wallbrüche vor. Neben ihnen zogen Abtheilungen
von Sappeuren mit Leitern , Säcken mit Gras gefüllt ,
Brechstangen und andern etwa erforderlichen Werkzeugen here
an. Sobald sie auf das Glacis gelangten , wurden sie ent-
deckt, und sogleich mit einem lebhaften Feuer empfangen.
Demungeachtet sprang die Mannschaft unerschrocken und
rasch dort, wo das Feuer des Geschüßes Lücken in der Pa-
lissadirung hervorgebracht hatte , in den bedeckten Weg ,
legre eben so schnell die Leitern an die äußere Grabenwand ,
und beyde Divisionen stiegen in den Graben. Alle diese
Vorrichtungen hatten das Geschlossensern der Colonnen ge=
stört, und in dem engen Raume , in den sie nun hineinge-
drängt waren , konnte auch von einem ordentlichen Aufmar-
sche nicht die Rede seyn . Der Feind stellte sich mit voller Fas-
fung entgegen. Der Kamm der Bresche war mit spanischen
Reitern gekrönt ; dahinter und längs der angränzenden Fe-
stungslinien standen die Vertheidiger in gedoppelten Reihen ,
und schickten , im festen Vertrauen auf ihre Lage und auf die
ihnen zu Gebothe stehenden Mittel , ein unabläßliches ver-
Heerendes Feuer den Stürmenden entgegen, die manche tas
pfere, aber fruchtlose Anstrengung machten , um hinaufzu
dringen. Einige Officiere stürzten mit ihren Abtheilungen
auf die spanischen Reiter los , und zogen an den eisernen
Federn , um sie aus dem Querbalken zu reißen ; allein vers
gebens ; ihre Kräfte reichten nicht hin. Ähnliche preiswürdige
Heldenthaten Einzelner ließen den fruchtlosen Kampf durch
zwey Stunden währen , bis die meisten Officiere verwundet
oder ermattet, und alle Hoffnungen des Gelingens geschwun-
den waren. Die zwey Divisionen erhielten Befehl , sich zu=
rück zu ziehen , um sie neu zu sammeln , und nach einiger
71

Erhohlung mit Tagesanbruch zu neuen Versuchen vorzu-


führen.
General Picton stieß bey der Ringmauer des Schlosses
auf eine eben so entschlossene Gegenwehr , und erlitt bedeu-
tenden Verlust. Allein da er mit Festigkeit und Standhaf
tigkeit auf der Ausführung seines. Vorhabens beharrte , und
immer frische Truppen zum Sturme vorbrachte , wie die
vordern Glieder fielen , so gelang es ihm endlich , am Rande
der Brustwehre festen Fuß zu fassen. Die Vertheidiger, nicht
stark in der Zahl, geriethen darüber in Schrecken. 3u glei
cher Zeit erklimmten die Andrängenden auch andere Puncte,
und das Schloß war bald in der Macht der Verbündeten.
General Leith benahm sich mit gleicher Beharrlichkeit
und Tapferkeit auf dem, seiner Division angewiesenen Un-
griffspuncte. Die Brigade des Generalen Walker erstieg
zuerst die Brustwehre , eilte dann längs dem Wallgange fort,
und fiel unerwartet in den Rücken der feindlichen Truppen ,
die bisher ohne zu wanken , zur Vertheidigung der Sturm-
lücke da gestanden hatten. Nun konnten diese unmöglich län-
ger halten , sondern stäubten aus einander. Inzwischen dran-
gen noch mehrere Bataillone über die Bresche hinauf, die
Besatzung wurde dadurch überwältigt und gefangen genom-
men. Der Commandant raffte feinen Stab und einige
Mannschaft zusammen , und warf sich damit jenseits des
Flusses in die Feste Christoval , von wo er abwartete , bis
das wilde Getümmel ein wenig gelegt war , um sich eben-
falls zu ergeben. Hierdurch wuchs die Zahl der Gefangenen
auf 4000 an. Die Belagerer verloren im Ganzen , an
Todten 59 Officiere und 744 Mann. Un Verwundeten 258
Officiere und 2600 Mann .
So endigte sich eine abermahls ungeheure Unterneh
eit des brittischen Sol-
mung , in der sich die Eigenthümlichk
daten und des Heeres überhaupt so außerordentlich offen-
harte , daß , wenn nicht Augenzeugen mit aller Glaubwür
digkeit und Unparteylichkeit sie für die Nachwelt aufzeichne= 1
72
ten , diese schwerlich den richtigen Begriff davon erhalten
könnte, weil mündliche Überlieferungen zu oft übertreibun-
gen sich erlaubten , um bey dem unwahrscheinlichen Vertrauen
zu verdienen. Vielleicht ist seit der Erfindung des Pulvers
noch nie eine Truppenmaffe so lang und so nahe seiner ver-
Heerenden Wirkung ausgefeßt geblieben , als es mit der hier
im Graben zur Erstürmung des Wallbruches zusammen ges
drängten der Fall war.. Biele tausend Bomben , Handgra
naten, Säcke mit Pulver und anderen Brandfäßen gefüllt ,
eine große Menge von Feuerwerkskörpern jeder Art waren
hinter der Brustwehre der ganzen angegriffenen Fronte auf-
gehäuft. Und dieser Vorrath von Werkzeugen des Verderb
nisses flog ohne Rast in den Graben hinab , begleitet durch.
den unabläßlich rollenden Donner aus groß und kleinen
Schlünden , so daß zwey Stunden hindurch die Wälle viel-
färbiges Feuer ausspieen , und die ganze Mordscene durch
Blige , heller als der Tag erleuchtet wurde. Allerdings war
der Weg in die Festung geöffnet , allein so dicht mit Tod
und Verheerung befäet , daß die Unmöglichkeit durchzudrin-
gen jedem vorleuchtete . Wie heldenmüthig ist daher diese
Ausharrung an einem Plage , wo alle Schrecknisse aus den
Romanen der alten Paladine , zwar ohne Einwirkung von
Feen , aber desto wahrer und schaudervoller den Angreifern
entgegendräuten , und diese nicht eher zurückwichen , als bis
sie höherer Befehl zurückrief. Was aber jedes Britten Herz
noch höher heben muß , ist , daß seine tapfern Landsleute
durch diese äußerste Gegenwehr nicht zur unedlen Rachsucht
gereiht wurden. Als sie nachher siegreich hinanklimmten ,
flehte kein Franzose vergebens um Schonung seines Lebens.
Ganz frey konnte die Erftürmung wohl nicht bleiben von
Plünderungs- und Trunkenheitsauftritten , aber alle Com-
mandanten ergriffen sogleich die strengsten Maßregeln , um
dem Unfuge zu steuern , und am folgenden Tage war bereits
die Ordnung hergestellt. Überhaupt wird man finden , daß
der brittische Soldat in feiner größten Rohheit und Ausge
73

laffenheit nur nach Branntwein oder sonstigen geistigen Ge-


tránken trachtet, sich höchstens erlaubt Rippenstöße auszu
theilen , aber selten grausam ist , nie - wie es im Laufe dieses
Krieges nur gar zu oft geschah ein teuflisches Vergnügen
darin findet , mit den Leiden und dem Leben seiner Mitmen-
schen sein Spiel zu treiben.
Als Marschall Seult nur mehr zwey Tagmärsche von
Badajoz entfernt war , erhielt er Nachricht vom Falle die-
ser Festung durch einige Reiter , die aus der Feste Christos
val entronnen waren. Es widerfuhr ihm dadurch die Krän-
kung zu sehen , daß sogar seine angeborene Thätigkeit ,
ungemein durch das Mißgeschick seines Waffengefährten ans
gespornt , nicht gleichen Schritt mit jener des brittischen
Feldherren hatte halten können. Die zur Deckung der Bes
lagerung östlich vorgeschobenen Truppen zogen sich am Ta-
ge vor der Erstürmung auf das Belagerungscorps zurück ,
und alle Vorbereitungen wurden getroffen , eine Haupt-
schlacht anzunehmen ; allein die Eroberung des Plates machte
ferneres Blutvergießen für die Verbündeten unnöthig. Sie
bemannten die Festung gehörig , und zogen alle hiezu nicht
mehr erforderlichen Truppen über die Guadiana zurück. Als
dadurch Soult sich der Möglichkeit beraubt sah , durch ein
glänzendes Gefecht den erlittenen Unfall wieder aufzuwiegen ;
so machte auch er eine retrograde Bewegung nach Sevilla ,
um diesen Plaß von einer spanischen Abtheilung zu befreyen,
welche selben nach seinem Abzuge eng eingeschlossen hatte.
Die verbündete Reiteren unter dem Generalen Le Marchant
verfolgte Soults Marsch auf der Ferse, und erhielt über
dessen Nachhut einige Vortheile bey Llerena.
Am nächsten Tag lief im Hauptquartiere des Lord Wel-
lington Kundschaft ein , daß Marschall Marmont in die Pro-
vinz Beira eingefallen fen , und gewaltige Verwüstungen
und Plackereyen verüben laffe. Sogleich rückte Wellington
mit dem Gros seines Heeres dahin . Marmont schmeichelte
sich, während der Abwesenheitseines Gegners , Rodrigo und
74
Almeida wieder zu nehmen , und dadurch alle Früchte des
theuer erkauften Sieges zu entreißen. Diese Hoffnung war
keineswegs ohne Begründung . Soults Heeres - Abtheilung
im Süden war allein schon hinlänglich stark , um das Be-
deckungscorps zu beschäftigen , und die Belagerung aufheben
zu machen. Es schien daher dem Marschall Marmont zweck-
dienlicher seine eigenen Streitkräfte , Norden gegen Por-
tugal zu verwenden , als über den Tajo und durch einen
mühevollen, langwährenden Marsch bis vor Badajoz zu ziehen.
Deßhalb rückte er - sobald er den Lord Wellington mit allen
-
Truppen in die Belagerung verwickelt wußte mit be-
trächtlichen Streitkräften von Salamanca aus vor , ließ
eine Division zur Einschließung von Rodrigo zurück , dessen
Verproviantirung , wie ihm wohl bekannt war, nicht sehr
weit reichte , und nahm mit dem Überreste die Berennung .
von Almeida vor. Weil die Festungswerke noch nicht gänz-
lich aufgebaut waren , und die Besaßung bloß aus Landmili-
zen bestand ; so glaubte er es wagen zu können , seine leich
ten Truppen bis auf das Glacis vorzuschieben , und ohne
weiters Miene zu einem Sturme zu machen. Allein die
trefflichen Gegenanstalten und die ruhige Fassung des Fe
ftungs- Commandanten Obersten Le Mesurier bewogen ihn
gar bald sein Vorhaben aufzugeben. Er ließ den Plaß
im Rücken , und marschirte auf Castellobranco los , um ,
wo möglich, die Schiffbrücke über den Tajo bey Villa Vel-
ha zu zerstören. Ein kleines Corps von Landmilizen , das
fich ihm entgegengestellt hatte , wurde mit empfindlichem Ver-
luste über den Haufen gerannt , und schon näherte er sich mit
raschem Schritte der Ausführung seines Entwurfes , als Lord
Wellington angezogen kam. Marmont mußte eiligst nach Spa-
nien sich zurückziehen, und die Einschließung von Rodrigo
aufheben. Er hatte daher von seinem Zuge auch nicht den ge-
ringsten Vortheil geerntet , weil er zu weit greifen , zu viel
auf einmahl erreichen wollte , kurz nach der Gewohnheit
der französischen Generäle so lange porwärts eilte, als sich
ihm nicht ein Hinderniß gerade entgegen warf. So ein Be-
75

nehmen , so lange es durch die Glücksgöttinn begünstigt wird,


führt wohl zu glänzenden , überraschenden Resultaten , aber
auch, bey einem mit Fassung berechnenden Gegner zu ents
seglichen Katastrophen.
Das Hauptquartier der Verbündeten wurde nun aber-
mahls nach Fuente Guinaldo verlegt, und die Truppen be-
zogen Cantonnirungen zwischen der Agueda und Coa. In-
zwischen wurde eifrigst an den Festungswerken von Badajoz
gearbeitet, um das Zerstörte wieder aufzubauen , und den
Play in Vertheidigungsstand zu sehen. Ein Corps war un-
ter dem Sir Thomas Graham zur Deckung zurückgeblieben.
In dem Augenblicke, wo dem französischen Kaiser durch
die Wiedereroberung von Rodrigo und von Badajoz zwey
höchst empfindliche Streiche beygebracht wurden , stand er
auf dem höchsten Gipfel des Ruhmes und der Gewalt.
Sein Reich erstreckte sich von der Elbe bis an die Pyrenäen ,
von der Nordsee, bis zum mittelländischen und adriatischen
Meere. Mit dem blutbefleckten Schwerte schrieb der anmas
fende , übermüthige Sieger allen Völkern des europäischen
Festlandes Geseße vor , die ihren Handel und Kunstfleiß ,
kurz ihren Wohlstand ganz seiner Willkühr unterwarfen ,
und die , so verderblich auch offenbar ihre Folgen seyn mußten,
doch beym Schwachen wie beym Starken zwar Widerwil-
len , aber unverbrüchlichen Gehorsam fanden. Sogar Ruß-
land , obschon durch die ungeheure Ausdehnung ſeines Ge-
biethes und durch die Entfernung gegen eine unmittelbare
Einwirkung doppelt verwahrt, hielt es für klug, sich an den
Machtspruch , an das sogenannte Continental System zu
schließen. Erst als dieses Reich alle Quellen seines Aufblü-
hens bedroht sah , versuchte es durch freundschaftliche Vor-
stellungen sich aus dem , alle Erwerbungskräfte fesselnden Ge-
wirre herauszuwickeln. Gemäßigter Ton , und Vorstellun=
gen überhaupt waren ganz aus der Sitte des Cabinets von
St. Cloud gekommen. Sie blieben auch dießmahl ohne Wir-
kung , und die Verhandlungen nahmen bald einen Charak
76
ter von Bitterkeit an , welcher der gewöhnliche Vorboth des
offenen Streites ist. Noch lange bewies das Cabinet von
St. Petersburg eine Nachgiebigkeit , ein Verlangen , die
Mißverständnisse gütlich beyzulegen , man kann sagen eine
Duldsamkeit , die gar nicht zweifeln läßt , daß Bonaparte ,
wenn er nur einiger Maßen seine barsche Sprache herabge=
stimmt, und seine anmaßenden Zumuthungen gemildert hät
te , sich einen mächtigen Bundesgenossen erhalten haben wür-
de. Wozu Leidenschaft und Verblendung den Sieggewohn-
ten und Siegestrunkenen gebracht , das muß die Geschichte
der nachfolgenden Periode lehren. Bis zu dieser Epoche hatte
noch keine fremde , dazwischen tretende Sorge die Aufmerk
samkeit des französischen Machthabers von der Halbinsel jen.
seits der Pyrenäen abgezogen. Ungetheilt lastete seine Ries
fenmacht auf diesem Lande. Mit zwar banger Erwartung ,
aber unthätig sahen die Potentaten des Festlandes dem Kam-
pfe um Befreyung aus unwürdiger Knechtschaft zu , welchen
gegen das , mehr als je durch vielfältige Siege und anwach-
sende Stärke mit dem Wahne der Unwiderstehlichkeit erfüll
te Heer eine, nicht sehr zahlreiche , aber trefflich geleitete und
Ealtblütig tapfere Schaar von Britten und Portugiesen durch
einen ganzen Feldzug allein zu bestehen hatte !
wwwwwww.

Siebenter Abschnitt.

(Vom May 1812 bis zum Schluß dieses Jahres.)


Überblick der Lage der Dinge in Spanien. — Wellingtons Operationss
plan. Zerstörung der Brücke von Almaraz , um die Verbindung zwis
ſchen den nördlich vom Taio und füdlich davon befindlichen franzöſiſchen
Streitkräften zu durchschneiden. Eroberung von Salamanca. - Bes
wegungen am Douro. Es gelingt Marmont über diesen Fluß zu
ſeßen. — Rückzug der Verbündeten in die Stellung von Christoval bey
Salamanca. Schlacht an den Arapilen. - Vorrücken des Lord Wels
lington bis nach Madrid. - Einnahme des verschanzten Retiro. Neuer
Überblick der Lage der Dinge in Spanien. Rückzug des Generals
Clauzel bis Burgos . — Belagerung des Schloſſes von Burgos. Vers
einigung der Heere des Marschalls Soult und des Joseph Bonaparte.
Die Belagerung von Burgos muß aufgehoben werden. Tagebuch
vom Rückzuge der Verbündeten bis in die Aufstellung von Christoval.
Vereinigung von drey franzöfifchen Heeren am Tormes. Weiterer
Rückzug der Verbündeten bis hinter die Agueda. > Betrachtungen über
diesen Feldzug.

Die französische Macht jenseits der Pyrenäen betrug im


May 1812 mehr als 170,000 Mann , meistens Eriegserfahre
ne Soldaten unter ausgezeichneten Anführern. Soult stand mit
58,000 in Andalusien ; Marmont mit 55,000 in Leon ; Sous
ham (welcher nunmehr die Nordarmee befehligte) mit 10,000
in Alt - Castilien ; Suchet mit 40,000 in Arragonien und den
östlichen Provinzen ; und Jordan hatte einHeer von 15,000 M.
unter dem Nahmen : Armee des Mittelpunctes, zu Geboth, um
den aufgedrungenen König zu bewachen , und die Ruhe der
Hauptstadt zu erhalten. Alle diese Truppen konnten noch durch
Frankreichs Conscriptionssystem und durch die Willfährigkeit
einigerseiner deutschen Bundesgenossen (umnicht zu sagen Va-
fallen) bis in das Ungeheuere verstärkt werden. Von der andern
Seite hatte Spanien durch die Capitulation von Valencia die
legten regulären Streitkräfte eingebüßt , welche zwar nicht
durch Siege , fontern Niederlagen , aber wenigstens durch
Anstrengungen und manchen kraftvollen Versuch waren zu
78
Kriegern gebildet worden. Ferner war die Regierung durch
ihre Mißhelligkeiten mit den amerikaniſchen Unterthanen und
durch den dadurch vermehrten Geldmangel im Mutterstaate
außer Stand Heere auszurüften , wenn sich wirklich Frey-
willige dazu in hinlänglicher Menge gestellt hätten ; indeß
war auch dieß nicht mehr der Fall , weil das Land überdrüffig
eines Kampfes , in dem nicht ein einziger Sieg der Seinigen
die gebeugten Gemüther aufgerichtet , noch die geringste Aus-
ficht eines günstigen oder baldigen Ausganges erweckt hatte,
darüber in einen Stumpffinn verfallen war, der zwar nicht
mit Ergebung in das Schicksal, oder die Zufriedenheit zu
verwechseln ist , aber doch in solche Unthätigkeit überging ,
daß sogar die Fechtart der Guerillas ihren eigenthümlichen ,
furchtbaren Charakter verlor. Sie waren nicht mehr die
fchlauen Gegner , die dort, wo man sie am wenigsten ers
tigt en Vor
wartete theile
, plöglich erschienen , die, sobald sie den beabsich
erreicht, oder sich in ihrer Vermuthung ,
den Feind überraschen zu können , getäuscht sahen , pfeilschnell.
wieder verschwanden , und auf ihrer Flucht nicht eine Spur,
der man hätte folgen können , zurückließen , und gewöhnlich
nur davon eilten , um auf einer entgegengesetten Seite einen
neuen Überfall zu versuchen. Sie blieben nunmehr in gere
gelten Körpern beysammen , und unlenksamer , aber erreich
barer als vorher , seßten sie sich der Gefahr aus , jede Stun
de ein Gefecht bestehen zu müssen , zu welchem sie weder gez
hörig bewaffnet, noch abgerichtet , kurz gar nicht geeignet
waren. Ein noch größerer Nachtheil dieses Beysammenblei
bens war, daß nicht mehr wie vorher jeder Einzelne für sei-
ne Nahrung und Kleidung so gut er konnte sorgte , sondern
auch hier wie bey den Truppen , trat ein Verpflegungs-, Uus-
rüstungs- und Unterhaltungssystem ein , zu dessen Bestrei-
tung jedoch die Anführer der Guerillas keine andere Hülfs-
quelle hatten , als die unsichere der Beute, die sie zufällig
den Franzosen abjagten. So lange sie Eleineren Haufen
umherstreiften , war dieses Mittel hinreichend , oder die Ges
79
meinden der Umgegend , Städte und Dörfer , schossen noch
hinzu , was abging . Wie einmahl große Körper geſchloſſen
marschirten , wurden die Bedürfnisse so bedeutend , daß die
Beyträge der durchzogenen Strecke nicht mehr auslangten ,
und endlich gar aufhörten . Man mußte zu Ausschreibungen
schreiten , welche Anfangs gütlich eingefordert , und als dieß
hie und da Einwürfe oder gar Widerſeßung fand , mit Ge-
walt eingetrieben wurden. Es ist gewiß der höchste Übelstand,
wenn ein Theil der Bevölkerung in die Lage gesegt wird ,
von dem Eigenthümer der übrigen seine Existenz unmittel
bar zu ziehen. Muß sich noch Gewaltsamkeit um das Abzu-
tretende zu entreißen , zu der , an sich gehäßigen Maßregel
gesellen; so nimmt sie die allerübelste Wendung. So geschah
es auch hier. Die Erbitterung der Landleute stieg auf das
Höchste, und die Anführer der Guerillas trieben die Härte,
zuletzt auch die Raubgier auf das Äußerste , und es stand in
mehr , als einer Gegend zu befürchten , daß die unter den
Waffen stehenden , und die in den Wohnungen zurückge
bliebenen Spanier , bald nichts mehr mit einander gemein
haben würden , als das gegenseitige Mißtrauen und die ges
genseitige Abneigung.
Der Verfasser dieses Werkes war der erste englische
Officier, den Lord Wellington nach der Wiederbesetzung von
Madrid im August u
1812
g abschickte , um mit der Armee von
Bee rbind n aufzusuchen . Wo er immer auf seis
Alicante die
nem Wege zur Erfrischung oder um auszuruhen anhielt, um-
gaben ihn gleich Hunderte vom Landvolke. Weil man dort
noch nie eine englische Uniform gesehen hatte ; so hielt man
ihn für eine Person von hohem Range und großem Gewich
te , und übergab ihm für den Lord Wellington Bittschriften
über allerley Gegenstände. Diejenigen der Obrigkeiten und
ansehnlichsten Einwohner der vorzüglichsten Städte und Döre
fer enthielten meistens das dringende Unsuchen, Commans
den von englischer Reiteren hinzusenden , um das flache
Land von den Guerillen rein zu halten, die, nach der ge
80
machten Beschreibung , sich mehr Unfug und übertriebenere
Forderungen erlaubten , als die Franzosen selbst.
Somit war, ungeachtet des um nichts geminderten
Haffes gegen die Eingedrungenen , der Zustand der Landes-
vertheidigung nicht sehr trostreich. In Gallizien ein halb or-
ganisirtes Heer ; im ganzen übrigen Spanien aufgelöste ,
oder unförmlich zusammengeballte Banden , von denen nur
einige unter den Befehlen des sinnigen , im Eleinen- Krie-
ge kundigen Ballasteros sich eine Zeit lang wacker herum-
trieben.
Das verbündete portugiesische und brittische Heer hat-
te durch stete Übung einen Grad von Vollkommenheit er-
reicht , der den Oberbefehshaber in Stand seßte , seinen
Absichten größere Ausdehnung zu geben , und in eine Offens
five überzugehen , welche desto ' nöthiger war , als längere
Ruhe die Erschlaffung der Spanier in gänzliche Erftarrung
versinken gemacht hätte. Die Waffenthaten , welche im vos
rigen Abschnitte erzählt sind , öffneten den Weg nach Spa-
nien im Norden wie im Süden , und hielten die Franzosen
ab , in Portugal , selbst in Abwesenheit seiner Beschüßer ,
Einfälle zu machen. Doch gestattete die Minderzahl d
Ver-
bündeten nicht zu hoffen , daß ein so furchtbarer Feind ,
als die Franzosen , durch ihre angestrengtesten Bemühungen
allein aus der Halbinsel verdrängt werden würde ; das Höch-
ste, wornach sie ftreben konnten , war der Vaterlandsliebe.
und dem ungebeugten Freyheitssinne eine Freystätte und ei-
nen frischen Mittelpunct in den südlichen Provinzen Spa-
niens zu bereiten. Dort waltete noch immer ein vortreffli-
cher Geist, und der , nicht so leicht erschöpfte Reichthum des
Bodens trug ben, ihn angefacht zu erhalten. Konnte also
die Scene des Krieges dahin gespielt werden ; so bekamen
die Verbündeten dadurch eine mächtige Verstärkung ihrer
Streitkräfre , welche mit jedem errungenen Bortheile in Zahl
und moralischer Kraft gewiß bedeutend zunehmen mußte.
Diese Überlegung zeichnete dem Lord Wellington , der noch
81

am Douro stand , fein künftiges Operationsobject vor , und


geboth ihm zugleich große Eile.
Marschall Marmont , französischer Befehlshaber im Kös
nigreiche Leon , konnte mit Einschluß einer Abtheilung, die
auffreybeuterische Züge nach Asturien entfendet war , 50,000
Mann zusammen bringen. Lord Wellington , der von seinen
Truppen ein Corps zur Beobachtung der Bewegungen des
Marschalls Soult verwendet lassen mußte , durfte für Ane
griffs Unternehmungen nur auf 42,000 Mann rechnen .
Freylich stand in Gallizien noch immer ein spanisches Heer,
das die nördlichen Bezirke bedrohte , und dadurch einen Theil
der oben angeführten feindlichen Streitkräfte beschäftigte ,
aber seine Thätigkeit war nicht von der Art, bedeutende Ge-
genmaßregeln zu erheischen. Man erweiset diesem Corps sehr
viel Ehre, wenn man zu seiner Beobachtung von jenem des
Marmont so viel abschlägt , daß die hier gegenüberstehenden
Truppen gleich stark bleiben. Es war daher vor Allem zu
verhindern , daß nicht aus den entfernteren Provinzen eine
oder die andere ſiegreiche französische Heeresabtheilung dazu
stoße. Deßhalb wurden 10,000 Britten in Sicilien einges
schifft , und 6ooo Spanier auf der Insel Majorka auf engs
lische Kosten ausgerüstet. Diese sollten an der östlichen Küste
Spaniens landen , dort mit einem Landsturme sich vereinis
gen, der aus den Trümmern vom versprengten Heere Blake's
mit der volksthümlichen Standhaftigkeit und Hochherzigkeit
sich bildete , und das unterjochte Catalonien und Valenzia
neuerdings mit Waffengetümmel erfüllen. Dieser Plan ,
wenn er mit gehörigem Feuer ausgeführt wurde , ſollte -
so rechnete man den Marschall Suchet abhalten , sich
durch irgend eine Entsendung zu schwächen , und auch das
Heer des Mittelpunctes in feiner Stellung festhalten , da
die Provinz La Mancha und auch die Hauptstadt ungezwei
felt in Gährung gerathen würden.
CA Als vorbereitende Maßregel war besonders zweckdienlich
die kurze, gerade Gemeinschaftslinie , welche zwischen dem
II. B
82

französischen Nord- und Süd Heere bestand , die Schiff-


brücke über den Tajo beŋ Almaraż nähmlich zu zerstören.
Alle übrigen , von Toledo abwärts gestandenen Jochbrücken
waren bereits im Laufe des Krieges durch eine oder die an
dere Parten abgetragen , auch die darüber führenden Stra
ßen für Fuhrwerk kaum brauchbar. War daher die Verbin-
dung über die Brücke von Almaraz abgeschnitten ; so blieb
nur eine sehr beschwerliche , durch große Umwege übrig.
Dieses sahen die französischen Heerführer wohl ein , und
waren darauf bedacht zur Sicherung der Brücke auf beyden
Ufern Verschanzungen aufzuwerfen , die in Werken Bestans
den , welche sich wechselseitig bestrichen, in der Kehle ge=
schlossen , und von einem Ehrfurcht gebiethenden Aufzuge
waren, und als Abschnitte im Innern bombenfreye , mit
Schießscharten versehene gemauerte Thürme umschlossen.
Während das verbündete Hauptheer sich zu der vorher aus
einander gefeßten offensiven Operation in Verfassung setzte,
wurde Sir Rowland Hill mit der Unternehmung auf diese
Brücke beauftragt. Das ihm dazu übergebene Corps brach
am 12. May von Almandralejo auf , marschirte über Jaras
ziejo, und langte am 18. eine halbe Poststunde von Almas
raz auf dem Gebirgsrücken an , auf welchem das Schloß
Miravete liegt. Die Franzosen hatten, diesen Posten in aVers
theidigungsstand gefeßt , und von demselben eine Linie von
Schanzen quer über die Hauptstraße bis zu einem , jenseits
derselben liegenden , ebenfalls befestigten Hause gezogen , und
dadurch eine stattliche Scheidewand auf dem einzigen Zus
gange errichtet, auf dem man von Süden her mit Geschüt
der Brücke beykommen konnte. Minder kräftige Waffen-
meinten ſie seyen gar nicht für einen Angriff geeignet.
Aber Sir Rowland urtheilte anders. Er hatte einen Fuß-
steig für Infanterie , der durd) das Dorf Romangorda führt,
erspähet, ließ beym Einbrechen der Finsterniß das Geschütz
unter gehöriger Bedeckung cuf der Höhe , und stieg mit ei-
ner Colonne von 2000 Maan auf jenem Schleichwege hinub.
83
Die an der Spike manichirende Compagnie langte gegen der
Morgendämmerung knapp , an der Hauptschanze an, welche
auf einem Hügel bey 100 oder 120 Klafter vor dem Brüs
denkopfe angelegt war. Die Beschwerlichkeiten des Weges ,
den die Truppen mehr bahnen mußten , als verfolgen konn-
ten verzögerten so sehr den Marsch , daß der Vortrab meh-
rere. Stunden.balten mußte , bis der Nachtrab angeschlossen
war. Zum Glück waren fie durch einen dicht verwachsenen
Rand gegen die Einsicht der Verschanzungen gedeckt , und
vollführten auch den Marsch in solcher Stille, daß die Be-
fahung von ihrer Nähe erst durch ihr plößliches Hervorbres
chen zum Sturme benachrichtigt wurde. Jedoch ganz unvor-
bereitet war die Besaßung nicht , da schon bekannt gewors
aß s Mi ve
den ich vor dem Sch ra rb
lo ve ün
ss d
Truppen gezeigt hatten. Auf den e ersten Lärmen
te tratenetda.
e
her gleich die Vertheidiger auf die Bankette , huben ein
lebhaftes Feuer an , und hielten sich recht wacker , so lange
die Gegner an der Böschung hinanzuklimmen bemüht was
ren. Aber sobald sie den Ersten auf der Brust erblickten ,
verließ sie alle Fassung , sie stürzten ohne an den caſematirs
ten Thurm zu denken , in unordentlicher Flucht bey der
Schanze hinaus, und nach der Brücke zu in den Brücken-
kopf, in welchen die Verbündeten zugleich mit eindrangen .
Der Commandant der Verschanzungen auf dem rechten Ufer,
als er diese unaufthaltsame Verwirrung gewahrte , ließ so-
gleich die Brücke abwerfen , wodurch über 250 Flüchtlinge
abgeschnitten und gefangen wurden ; auch ergriff ihn selbst
panischer Schrecken. Er verließ seinen Posten, und zog sich
mit der Besaßung nach Talavera. Später wurde er wegen
feines zaghaften Benehmens vor ein Kriegsrecht 2) gezogen
und in Folge des geschehenen einstimmigen Ausspruches er-
schoffen. Somit wurde eine wahrhaft meisterlich verschanzte
Stellung auf beyden Ufern des Tajo bloß durch Infanterie ,
und mit dem sehr geringen Verluste von 33 Todten und
147 Verwundeten erobert. Um dadurch nicht eine Einwens
84
dung gegen den schon öfter bestrittenen , aber gerade vom
Heerführer der Verbündeten in allen seiren Feldzügen durch
finnreiche Anwendung anerkannten hohen Werth der vera
schanzten Stellungen und Posten (in Ermanglung der steten
Befestigung) dem Anscheine nach zu unterstüßen , fen es im
27
Vorübergehen gesagt , daß auch bey dieser Vertheidigungss
Anordnung , wie bey so manchen andern , zwey verderbliche
Vorurtheile eingetreten waren. HinterWällen und Gräben,
glaubt man gewöhnlich , seyen alle Truppen gut , auch die
unerfahrensten und ungeübtesten , indeß im Gegentheile ges
rade hier jene unerschrockene Fassung , jene Beharrlichkeit ,
‫ ނ‬passive , und stehenden Fußes im-
jener so zu sagen
mer vorrückende Muth erheischt wird , den man wohl in eis
nem , durch körperliche Anstrengungen gebrochenen Körper
noch für kürzere Perioden antrifft , der aber anderer Seits
ein durch Erfahrung gestähltes Gemüth vorausseßt. Es ist
daher richtiger berechnet, die Bewachung und Vertheidigung
eines Postens Invaliden grauen Kriegern , deren Kräfte
nicht mehr für angestrengte Märsche hinreichen - anzuvers
trauen , als unbärtige , vielleicht gar unwillige Recruten
hineinzuwerfen. Der zweyte Fehler , der hier dem Leser auf
fallen muß , ist, daß die Mannschaft , vielleicht auch die
Officiere , nicht mit der Überzeugung vertraut gemacht waren,
daß der wichtigste Moment für die Vertheidiger , der für sie
vortheilhafteste, jener sey, wenn sie mit dem Stürmer am
Rande der Brustwehre sich befinden , und daher , indeß sie den
offenen Kampf mit gleichen Kräften bestehen , hinter sich einen
Rückhalt zur Unterſtügung , einen beſeßten und verwahrten
Abschnitt zur Aufnahme wissen , während die Gegner jeden
Schritt rückwärts mit einem Sturz in den Graben , oder
besser zu sagen , in ein rettungsloses Grab bezahlen müssen.
Der momentane Muth der Verzweiflung in den die Kennt-
niß einer so ungeheuern Gefahr verseßt , kann wohl schwer-
lich in der Länge den Strauß mit jenem ruhigen , festen ,
85

besonnenen aushalten , welchen das Bewußtseyn der vortheils


hafteren Lage einflößen soll.
Mit der Eroberung des Brückenkopfes und der Zerstö
rung der Brücke war die Absicht erreicht. Die Truppen eb
neten daher die Verschanzungen ein , vernichteten die ange-
troffenen Vorräthe , } welche sie nicht brauchen , oder nicht
mitnehmen konnten , und zogen sich gleich wieder zurück.
Marmont und u sobald ihnen der Marsch des
Sir Rowland Hill bekannt wurde , feßten sogleich die , uns
ter ihren Befehlen stehenden Truppen gegen den Tajo in Bez
wegung. Der erste fand , als er an dem rechten Ufer des
Flusses anlangte , zu seinem großen Verdrußse , bereits seine
prächtigen Werke verwüstet und im Schutt, und konnte nicht
einmahl die Mittel auftreiben , um aus dem Schlosse Miras
vete die Besaßung herüber , und an sich zu ziehen. Sie blieb
deßhalb auch noch ferner abgeschnitten , und ihrem Schicksale
überlassen. Soult , nachdem er einige Lage marschirt war ,
erfuhr, daß General Rowland Hill durch Trurillo gezogen
sen fo schon zu viele Märsche voraus habe, um einge-
hohlt oder gar umgangen zu werden , und gab die weitere
Verfolgung auf. Nunmehr zogen sich die verbündeten Trups
pen, ohne fernere Belästigung , bis in ihre Aufstellung vor
Badajoz zurück.
Da Lord Wellington das erste , vorbereitende Vorhaben
ausgeführt hatte, brach er aus den Cantonnirungen an der
Agueda auf, und passirte den Tormes am 17. Juny durch
die Furten oberhalb und unterhalb glamanca. In dieser
Stadt hatten die Franzosen beträchtliche Kriegs- und Munda
vorräthe angehäuft , und sowohl zur Deckung derselben , als
auch um Meister vom Übergange des Flusses zu bleiben ,
mächtige Werke aufgeführt. Bey der Recognoscirung fand
sich, daß die Befestigung aus drey geschlossenen Schanzen
bestand , deren Mauerverkleidung durch den hinlänglich vers
senkten Graben von Außen ganz gedeckt war , und die sich
wechselseitig so wirksam bestrichen , daß nur ein regelmäßiger
86

Angriff zu ihrer Bezwingung führen konhte. Hiezu wurde


die Division des Generalmajors Clinton befehliget , und das
übrige Heer bezog anderthalb Stunden östlich der Stadt auf
den Höhen von S. Christoval eine Aufstellung , den rechten
Flügel an den Tormes bey Cabrerizos gelehnt , den linken
bis nah an Villares dela Reyna gezogen. Um zweyten Tage
nach Eröffnung der Laufgräben begann das Spiel der Bresch-
batterien, allein die Munition ging aus , ehe eine ersteig-
bare Sturmlücke hergestellt war. Man gewahrte übrigens ,
daß bey einem der drey Hauptwerke die Brustwehre ganz
durchwühlt , die Palissaden und Sturmpfähle zerschmettert ,
auch die Flankenfeuer zum Schweigen gebracht seyen. Es
wurde daher eine Leiterersteigung angeordnet , die jedoch
fehlschlug, und das Leben des Generalmajors Bowes nebst
120 Mann kostete. Am 20. erschien Marmont mit einem
Theile seines Heeres gegenüber der Stellung von Chriſtoval,
marschirte im Angesicht derselben auf, und verweilte dort bis
am Abend des 23. Er hatte aus der Stärke der Verbünde-
ten , und aus dem ungestörten Eifer , womit sie den Angriff
auf die Werke fortseßten , ganz richtig geschlossen , daß es
ihm nicht gelingen könne , sie davon abwendig zu machen .
Wenigstens wollte er der Besaßung Gelegenheit verschaf
fen , herauszubrechen und zu ihm zu stoßen , deßhalb machte er
mehrere Bedrohungsmärsche an dem Tormes , oberhalb Sa-
lamanca. Allein dieser Plan wurde dadurch vereitelt , daß
bey der Ankunft
verdoppelt von frischem
, mit glühenden Schießbedarf nun alle Feuer
Kugeln de
Blockhaus und eis
nige Faschinenverkleidungen des Hauptwerkes in Brand ge-
steckt wurden : an den übrigen Werken aber die Mauervers
kleidungen und Wälle einstürzten. Eben wurden Anstalten
zum Hauptsturm getroffen , als in dem größten Werke eine
weiße Fahne , zum Zeichen der Bereitwilligkeit sich zu erge
ben , aufgepflanzt wurde , und bald darauf die Commandan-
ten der kleineren Schanzen , wo die Flammen immer höher
schlugen , ebenfalls zu capituliren verlangten. Weil jedoch
81

ein jeder von ihnen sich drey Stunden Frist ausbedung, so


wurde ihr Anerbiethen als Kriegslist behandelt , um Zeit zum
Löschen , oder zu andern Anstalten zu gewinnen , und es wur
den ihnen nicht mehr , als fünf Minuten zum Ausmarsch ,
jedoch mit dem Versprechen zugestanden , ihr Gepäck und ſon-
stiges Eigenthum ungefäumt nachbringen zu lassen. Die Be-
faßung wollte sich nicht dazu einverstehen : Lord Wellington
ließ das Artilleriefeuer neuerdings beginnen , und unter sei-
nem Schute rückten die Colonnen zum Sturme vor. Zuerst
drangen jene, die gegen das kleinere Werk gerichtet waren ,
in dessen Kehle ein : und da im Ganzen der Widerstand ge=1
ge--
ring war; so gelang es den portugiesischen keichten Truppen
auch den Eingang in die Hauptschanze zu erzwingen ; es
wurden dabey über 700 Gefangene gemacht . Auf Befehl des
Lord Wellington wurden die Werke gesprengt , das Geſchüß ,
die Munition , Kriegs- und andere Vorräthe aller Art den
Spaniern überlassen.
Auf die bestimmte Nachricht von der Einnahme dieses
Plages , zog sich die französische Armee an den Douro zus
rück. Die Verbündeten folgten ihnen auf der Ferse nach,
und hohlten am 2. July den Nachtrab ein , der mit bedeuten-
dem Verlust über den Douro geworfen wurde. Die Verbün-
deten stellten sich hierauf dießseits (auf dem linken Ufer)
zwischen Seca und Pollos auf. Marmont sammelte seine
Streitkräfte jenseits zwischen Pollos und Tordesillas , um
den Übergang streitig zu machen , der ohnehin kein leichtes
Unternehmen war , da Zamora und Toro stark befestigt , und
alle übrigen Brücken imehr oder minder beseßt waren. Der
Douro von Valladolid an bis hinab nach Portugal fließt in
einem weiten , flachen Thale , dessen Breite zwischen den , das
Flußgebieth begränzenden Anhöhen sehr abwechselnd , aber
immer beträchtlich ist. Fast durchaus nähert der Strom in feis
nen Krümmungen sich dergestalt den Höhen auf seinem rechten.
Ufer , daß stets das linke beherrscht ist , und von Puente del
88

Douro (ganz nah bey Valladolid) bis nach Zamora hinab ,


ist ein einziger Punct , wo der übergang vom linken auf das
rechte, mit manchem Vortheile für das erste im Angesicht
des Feindes auszuführen wäre , nähmlich bey Castro Nunno,
zwey starke Stunden ober Toro. Hier bildet der Fluß eine
günstige Einbiegung , die ihn von den Anhöhen des rechten
Ufers entfernt ; Hier ist eine gute Furt mit festem Kiesgrunde,
Also auf diesen einzigen Punct durfte die Aufmerksamkeit des
Feindes gespannt seyn. Gewiß eine höchst vortheilhafte Lage
für die Franzosen , die inzwischen auch die Diviſion aus
Asturien an sich gezogen , und sich dadurch hier bis auf.
47,000 Mann verstärkt hatten. So lange sie so concentrirt
jenseits des Fluffes beysammen blieben , konnte kein ernstli-
cher Versuch gegen sie gewagt werden.
Es ist schon öfter bemerkt worden , daß die französischen
Armeen , welche nie bleibenden , festen Fuß in Portugal
faffen konnten , ihren Lebensunterhalt darin auf längere oder
Eürzere Zeit gesichert hatten , je nachdem die Landesstrecke
' ausgedehnter oder eingeschränkter war, aus der sie ihre Be-
dürfnisse ziehen konnten. Was hier in der Armuth des Bo
dens feinen Grund hatte , wurde in Spanien durch die tha
tige Feindseligkeit der Bewohner bewerkstelliget. In keinem
der beyden Länder konnten die Franzosen je die Anlegung
von Magazinen oder Vorrathsplähen systematisch vornehmen.
Was in gewöhnlichen Kriegen unerläßliche Nothwendigkeit.
ist, um dem Vorschreiten auf berechnete Entfernung eine
Grundlage oder Drehpuncte zu bereiten , wäre hier Hinders
niß für die eiligen Bewegungen geworden , zu denen nach
allen Richtungen die feindlichen Heere durch die rastlosen
Beunruhigungen ihrer Gegner gezwungen wurden . — Mar-
monts gegenwärtige Aufstellung jenseits des Douro , welche
in der Fronte unangreifbar war , hing daher ebenfalls davon
ab , ob und wie lange er täglich um sich herum zusammen
treiben könne , was seine Truppen bedurften. Um nun ihn
zu einer Vertheilung seiner Kräfte zu bringen , oder ei
&g
allgemeine Bewegung zu erleichtern , welche ein Gefecht uns
ter günstigeren Umständen für die Verbündeten herbeyführen
könnte , wurden die Guerillas gegen seine Flanken und ſei-
nen Rücken losgelassen , um alle Zufuhren abzuschneiden ,
oder um zu deren Geleit und Schirmung starke Entsendun-
gen nothwendig zu machen. Als Wirkung dieser Maßregel
gewahrte man bald Abtheilungen des franzöſiſchen Heeres
mit jedem Morgen rechts abmarschiren. Die Verbündeten
machten gegenüber eine gleiche Bewegung. Endlich am 15. Jus
In sah man ein sehr nahmhaftes Corps den Fluß abwärts
rücken ; sogleich verlegten die Verbündeten ihr Hauptquartier
nach La Nava del Rey , und zogen das Heer ganz links.
Am 16. kamen zwey feindliche Diviſionen über die Brücke
von Toro. Noch in der nähmlichen Nacht rückten dagegen
die Verbündeten nach Fuente la Penja und Canizal an der
Guarenja, die leichte Division und jene des Generalen Cole
wurden zwey Stunden rechts , an den Trabankos vorgescho-
ben. Um folgenden Tag ergab sich , daß der Feind wieder
bey Toro in der Nacht über den Douro gegangen war , die
Brücke hinter sich abgeworfen , und in Eilmärschen Tordes
sillas , welches über 5 deutsche ( 25 englische) Meilen ober-
halb Toro an demselben Flusse liegt , erreicht hatte. Hier
zog die ganze französische Armee ohne den geringsten Wider-
stand anzutreffen , über den Douro , und langte früh more
gens am 18. an dem Trabankos an. Durch dieses trefflich
ausgesonnene , und mit großer Schnelligkeit ausgeführte Mas
növer öffnete sich Marmont die Verbindung mit dem Heere
des Mittelpunctes , das von Madrid im Vorrücken war ,
und überfiel die zwey Divisionen , welche — wie oben gesagt
wurde vom rechten Flügel der Verbündeten abgesondert
aufgestellt waren. Um ihren Rückzug aufzunehmen , und zu
decken , eilte gleich Reiterey dahin , und erfüllte auch die
Absicht der Entsendung so vollkommen , daß die zwey Divis
fionen keinen sehr beträchtlichen Verlust erlitten. Übrigens
war der Andrang des Feindes und ſeine Verfolgung unge-
90
mein heftig. Die Truppen , che sie über die Guarenja festen,
wollten nur ein wenig zu ihrer Erhohlung verweilen , aber
augenblicklich fuhren fünfzehn oder sechzehn Geschüße auf
und sie mußten unter dem Kugelregen durch die Schlucht
dieses Wildbaches eilen , um zu der Armee auf dem jenseiti-
gen Ufer zu stoßen. Das Groß der französischen Urmee rückte
auch bald nach , und nun standen die beyden Heere aufmar-
fchirt einander gegenüber. Marmont , aufgeblasen über das
Gelingen seiner Bewegung , und begierig derselben Früchte
vollkommen zu ernten , schob eine Colonne durch die Schlucht
vor, die sich jenseits derfelben auf einem beherrschenden Ra-
vin ober Castrillos festseßen sollte , wo in die Guarenja ein
anderer , von Canizal kommender Waldstrom sich ergießt.
Die Division des Generallieutenants Cole drang auf diese
Colonne vor , nahm ihr ein Geſchüß und 300 bis 400 Ge-
fangene, und warf sie wieder zurück. Der Verlust der Vers
bündeten bestand an diesem Tage in 100 Todten , 400 Ver-
wundeten und 50 Gefangenen. Um 19. verstärkte der Feind
feinen linken Flügel , indem er Truppen dahin zog , allein
seine Absichten wurden vereitelt , weil die Verbündeten eben
so schnell gegen ihren rechten einige Bataillone schoben. Am
20. mit Tagesanbruch gewahrte man die ganze französische
Armee in vollem Marsche gegen ihren linken Flügel. Co-
gleich wurde im verbündeten Heere ein Rechtsmarsch anbe-
fohlen , aber die Bewegung der Feinde war schon zu weit
gediehen, um dadurch aufgehalten zu werden. Wirklich hatte
er schon oberhalb die Guarenja paſſirt , und marſchirte auf
einer Kette von Anhöhen in der Flanke der Verbündeten
auf. Diese setten sich sogleich in Colonnen für den Rückzug,
und marschirten längs des Rückens und gleichlaufend mit dem
Feinde nach den Anhöhen von Cabesfa Velhofa. Es war ein
erhabener , beyden Theilen Ehrfurcht gebiethender Unblick an
diesem Tage, zwey feindselige Heere in gleichlaufender Mich
tung , oft nur auf halben Kanonenschuß von einander mit
festem , gemessenen Schritte quer über eine freye Gegend
91
marschiren zu sehen , in der keine Deckung , um die Bewe-
gung zu verbergen aufstieß , noch irgend etwas hinderte , sich
anzufallen. Jeden Augenblick konnte man erwarten , daß
eine Zufälligkeit des Terrains , oder sonst ein Ungefähr zuerst
Einzelne , dann die ganze Maſſe an einander bringen würde.
Allein bloß einige von Zeit zu Zeit fallende Kanonenschüſſe
unterbrachen die Stille. Ilm nächsten Morgen rückten die
Verbündeten wieder in die nähmliche Stellung auf den An-
höhen von S. Christoval ein , welche sie während des An-
griffes des verschanzten Lagers von Salamanca bezogen hat-
ten. Im Laufe dieses Tages seßte der Feind durch die Furten
des Tormes nächſt Alba und Huerta , und suchte durch eine
Linksziehung die Straße nach Rodrigo zu gewinnen . Um
diesen Anschlag zu vereiteln , machten die Verbündeten gegen.
Abend eine entsprechende Bewegung gegen ihren rechten Flüs
gel über die Brücke und durch die Furten nächst Salamanca,
und faßten in der Nacht auf dem linken Ufer des Tormes
Posten auf Anhöhen , welche die Gemeinschafts - Straßen
schirmten.
Am 22. July sehr frühzeitig entwickelten sich die Trup
pen , welche die Nacht hindurch in Klumpen geblieben wa=
ren, in Schlachtordnung. Mit dem rechten Flügel rückten
sie nah an die außerordentlich schroffen zwey Felsenhöhen ,
die Arapilen genannt : der linke lehnte sich an den Tormes.
Der Feind fäumte nicht , gerade gegenüber , gedeckt von ei-
nem dicht bewachsenen Walde , sich aufzustellen. Gegen acht
Uhr Vormittag brach eine französische Colonne aus dem Wal-
de im Sturmschritte hervor , und besetzte den vorliegenden,
t
geräumigeren der zwey Felsenköpfe. Sogleich eilten die
Verbündeten sich in Besitz des andern dieser zwey festen Punc
te zu sehen. Bis zu diesem Augenblicke war die Lage bey
der Theile ganz gleich. Jeder hatte seine Flanken und die Ges
meinschaften im Rücken gedeckt : Jeder konnte in feiner Auf-
stellung ungehindert Truppen hin und her ziehen , um sei-
nen Gegner an einem beliebigen Puncte zu bedrohen , oder
929
desselben Absichten zu vereiteln. Allein das Heer des Mittel-
punctes war im Anzuge , und konnte in drey Tagen zu Mar-
mont stoßen ; auch von der Nordarmee rückten Abtheilungen
Reiteren und berittener Artillerie zur Verstärkung herbey ;
es ist daher höchst wahrscheinlich, daß noch in derselben Nacht
die Verbündeten ihren Rückzug fortgesett hätten. Jedoch es
lag nicht in Marmonts Charakter , mit Truppen , welche
das rasche Vorrücken ganz übermüthig gemacht hatte , und
auf einem Terrain , der zum Manövriren einlud , nähmlich
von seinem Gegner blos durch eine Reihe wellenförmigerHüs
gel getrennt , die etwa 1000 Schritte vor dessen Fronte lagen,
ruhig den unfehlbaren Erfolg der strategischen Bewegungen
abzuwarten. Er war in diesem Augenblicke bloß Taktiker ,
und vergaß darüber zum Glück für seine Gegner — die
Rolle des Feldherrn. Gegen zwey Uhr Nachmittag verlän=
gerte er äußerst rasch seinen linken Flügel durch einen Links-
Aufmarsch mehrerer , hintereinandergestandenen Maſſen. Dies
ſe Bewegung, die durch heftiges Geschüßfeuer unterstüßt ,
and durch einen Schwarm von Plänklern vor der Fronte und
Flanke gedeckt , auch unter klingendem Spiele und mit gro-
fem Lärmen ausgeführt wurde , sollte den rechten Flügel der
Verbündeten umgehen , und in ihrem Rücken die Haupt-
straße nach Portugal gewinnen : allein dadurch wurde eine
Truppenzahl, um nichts stärker als die gegenüberstehende ,
in einen Bogen ausgedehnt , dessen Längenmaß um ein Drit-
tel mehr betrug, als die Linie , welche diese einnahmen .
Diesen Fehler bemerkte Lord Wellington augenblicklich. Ha
ftig rief er dem Generalen Alava , der an seiner Seite stand,
zu: So eine günstige Gelegenheit darf nicht unbenüßt vor-
übergehen !" Die Anordnungen die er traf, waren folgende :
Das ganze Heer macht eine Rechtsziehung, so daß die Ura-
pilen , an die vorher der rechte Flügel gelehnt war , nuns
mehr der Mittelpunct werden. Die erste und die leichte Di-
,,vision unter den Generälen Campbell und Alten stellen sich
links dieser Anhöhen, und bilden den äußersten linken Flü-
93
s ganzen Treffens . Die Divisionen der Genes
gel
räle Cole und Leith stellen sich rechts von diesem Puncte
,,in zwey Treffen auf. Es reihen sich daran die Divisjonen
„der Generäle Clinton und Hope nebst einem Corps Spanier
unter dem Don Carlos de Espanja ; alle in Unterstüßungs-
„Massen . Die Division des Generalmajors Packenham
,,mit einer ansehnlichen Abtheilung Reiteren bildet den äu-
ßersten rechten Flügel ." Während die Truppen in diese ans.
befohlene Aufstellung einrückten , machte der Feind manchen
herzhaften , aber erfolglosen Versuch , sich des Dorfes der
Arapilen , zwischen den zwey Heeren gelegen , zu bemächti
gen. Eine Abtheilung der englischen Garden vertheidigte es
standhaft . Übrigens machte Marmont keine Änderung in feis
nen Anordnungen , vermuthlich weil er meinte , die Bewes
gungen der Verbündeten seyen blos Vorsichtsmaßregeln ge-
gen die Bedrohungen ihrer Flanke.
Sobald das verbündete Heer ganz in der angeordneten
Schlachtordnung da stand ; begann der Angriff durch seinen.
rechten Flügel. Generalmajor Packenham mit seiner Die
´viſion , unterſtüßt durch einige Schwadronen Reiterey un-
ter dem Generalmajor D'Urban , schlich sich längs einer
Mulde mit ungemeiner Haft um den verlängerten linken Flü
gel des Feindes , und wurde erst dann bemerkt, als er schon
die Umgehung erzielt hatte. Beynahe gleichzeitig rückten die
Divisionen der Generäle Cole und Leith , unterstüßt durch
jene der Generäle Clinton und Hope , vor und machten ei-
nen Frontal - Angriff , während eine portugiesische Brigade
unter dem Generalen und Brigadier Pack auf den schroffen
Felfen der Arapilen losstürmte. Die Division des Generalmaz
jors Packenham mit der ihm beygegebenen Reiteren hatte
leichtes Spiel gegen den,? einen dünnen Faden aufgelö
sten linken Flügel des Feindes , sie rollte denselben so gegen
seinen rechten auf, daß wie er Miene machte zu halten, er
sich auch schon mit Abschneidung bedroht sah ; folglich beynas
he athemlos von Höhe zu Höhe auf eine sehr beträchtliche
940
n
trecke geworfe wurde , und über 3000 Mann an Ge
n e
fangene verlor . Auf gleiche Weise hatten die Generäl Cole
g e d r ä n g t t en as
schen ith Alles v
und LeSchrittes or si
ihre Vortheile und verfolg
ch zurück , als sie,plöblicholgten ras
r
sich durch ei
ne feindliche Abtheilung gehemmt sahen, die von den Ara-
pilen sich in ihrer linken Flanke zeigte. Die Portugiesen
nähmlich hatten nicht die steilen Wände erklimmen können.
Marschall Beresford , der dieß sah , eilte mit einer Reserves
Brigade vor , und stellte sie so geschickt auf, daß , die Frans
zosen dadurch auf den Arapilen so lange festgehalten wurden ,
bis auch General Clinton's Division herbeykam . Nun muß
te der Feind auch diesen leßten Haltpunct räumen , und der
Verfolg der Schlacht wurde ein wahrer Triumphzug für die
Verbündeten . Vorzüglich glänzend war das Vorprellen und
Einbauen der englischen Reiterey , geführt vom Sir Stap-
leton Cotton , wobey der General Le Marchant fiel ; und
wenn das feindliche Fußvolk auf den , hinter einander liegen-
den Höhen zu halten versuchte , so mußte es sehr bald dem
erneuert heranstürmenden Undrange weichen. Nur auf dem
rechten Flügel schien durch kurze Zeit der Widerstand ernsts
lich werden zu wollen. Daselbst waren nähmlich zu den
vom linken Flügel durch General Packenham's Vordringer.
aufgerollten Truppen noch jene gestoßen , die sich von den
Arapilen geschlossen und in voller Verfassung herabzogen. Ein
Angriff in der Fronte , welchen General Clinton darauf un
ternahm , kostete ihm viele Leute , und konnte erst dann
das Zurückweichen erzwingen , als General Cole auch in
der Flanke erschien. Nunmehr begann auf allen Puncten die
eiligste Flucht. Die Verbündeten eilten nach , man kann
fagen , so schnell fie nur die Beine trugen, denn das feindli-
che Heer war in dem ordnungslosesten Gewühle. Es ließ
nebst einer großen Menge Todter und Verwundeter noch 7
Geschüße , 2 Adler und bey 7000 Gefangene auf dem
Schlachtfelde. Die Verbündeten hatten nah an 5000 Tods-
ten und Verwundeten . Unter den legten befanden sich fünf
95
Generäle : Beresford , Stapleton Cotton , Cole , Leith
und Alten.
Da sowohl Marschall Marmont als der erste im Com-
mando nach ihm wegen Verwundung abtreten mußten, so
fiel der Oberbefehl des französischen Heeres nach dem Range
auf den Generallieutenant Clauzel , der, sobald die Finster-
niß der Nacht einbrach, im angestrengtesten Eilmarsche über
den Tormes fich zog. Weil der nächste Übergangspunct dem
Feinde schon dadurch gesperrt war, daß die Spanier das
Schloß von Alba besezt hielten ; so wurden schleunigst die
erste und die leichte Division nach Huerta entfendet , um
dort wie man hoffte die , wie ungeregelte Horden
Flüchtenden während des Durchwatens zu erreichen. Ihre
gänzliche Zerstäubung I schien unvermeidlich. Allein es war
ihnen auf eine unerklärbare Weise gelungen die Spanier aus
dem Schlosse zu verjagen , und an dessen Fuß über den Fluß
zu sehen, folglich dem ihnen mit aller Vorsicht bereiteten
Schicksale zu entrinnen. Am nächsten Morgen rückte die
Haupttruppenmasse nach Alba vor , wo die Reiteren über
Sprengte , und bald mit dem Nachtrabe der Flie
den
henden handgemein wurde. General Back führte eine Bri-
gade von schweren Dragonern der deutschen Legion zu einem
glänzenden Anfalle vor , wobey viele Feinde zusammenges
hauen , goo gefangen wurden , und viele nur den Hecken
und Einzäunungen ihre Rettung dankten , über die sie sich
nach Wegwerfung ihrer Waffen schwangen. Als nun auch die
Nachhut gesprengt war , gerieth der Feind vollends in grän
zenlose Unordnung. 3u seinem Glücke war die Nordarmee.
zwen Tage nach dem großen Gefechte dazu gestoßen , und.
konnte frische Truppen , nähmlich ein starkes Corps Caval
lerie mit berittenem Geschüße, zur ferneren Deckung des
Rückzuges verwenden. Auch konnte die Verfolgung nicht län
ger mit der nähmlichen Haftigkeit fortgefeßt werden , da es
sich handelte , Lebensmittel und Schießbedarf auf größere
Entfernungen nachzuschieben. Dadurch wurde es dem Feinde
96
möglich , in ganz ungeheuern Märschen über den Douro ohné
weiterem bedeutenden Verluste zu seßen..
Lord Wellington verfolgte die Fliehenden bis Ballado-
lid , wo er am 30. einzog. Er überzeugte sich, daß sie im
vollen Laufe bis Burgos eilten , und daher nichts von Be-
lang mehr gegen sie auszuführen sey ; anderer Seits aber
hatte sich das Heer des Mittelpunctes den Verbündeten ge-
nähert , und durch Flankenbewegungen das Entwischen der
Geschlagenen zu begünstigen. Deßhalb zog Wellington sich
am 31. wieder über den Douro , und verlegte sein Haupte
quartier nach Cuellar , wo er sich zu weiteren Operationen
gegen das heranrückende Corps anschickte. Um 6. August
wendete er sich über Segovia nach Madrid nachdem er eine
Division und einige schwache Bataillone bey Cuellar gelassen
hatte , um die feindliche Linie jenseits des Douro zu beob
achten. Um 11. schritt er über die Gebirgsrücken von Naval,
Serrada und Guadarrama , auf welchem Marsche eine nicht
sehr starke Abtheilung portugiesischer und deutscher schwerer
Reiteren die Spige bildete. Diese stieß am Abend dieses Ta-
ges auf die Vorposten des Heeres vom Mittelpuncte , wel-
ches , vom aufgedrungenen Könige Joseph Bonaparte selbst
angeführt , in dortiger , sehr durchschnittener Gegend Poſten
gefaßt hatte, um die Bewegungen der Verbündeten nicht
aus dem Gesichte zu verlieren. Joseph Bonaparte nahm
eine Recognoscirung vor , wodurch ein Scharmüßel ent-
stand , in welchem eine der portugiesischen Reiteren aufge-
tragene Charge, mit solcher Lauheit und Unschlüssigkeit auss
geführt wurde , daß die zum Anfall Vorrückenden , ehe sie
den Feind erreichten , wieder umkehrten , und im Dan
jagen drey Geschüße der eigenen berittenen Artillerie übers
rannten , welche sodann in Feindes Hände fielen . Doch die
deutsche Reiteren war mit ihrer gewohnten Lapferkeit gleich
bey der Hand , und so hatte das Zurückweichen der Portu-
giesischen keine weitern übeln Folgen. Der Feind zog sich
nach diesem kleinen Vortheile zurück, und am nächsten Tage
97
rückten die Verbündeten in Madrid ein. Da hier auch nicht
die geringste Anstalt getroffen war , um den Einmarsch auf-
zuhalten, oder um den Eindruck , den er auf die Einwohner
machen mußte , durch einen jener verschmitten Aufrufe zu
schwächen , in deren Abfassung die Franzosen sehr gewandt
waren ; so scheint es , daß sie gar nicht auf die Möglichkeit
dieses Falles gedacht haben.
Joseph und sein Heer verließen bey der Annäherung
der Verbündeten mit solcher übereilung die Hauptstadt , in-
dem sie die Straße nach Toledo einschlugen, daß eine Ab-
theilung von 1700 guten Truppen in den Verschanzungen
des Retiro abgeschnitten zurückblieb . Bey Untersuchung dies
fer Verschanzung ergab sich , daß selbe aus einer doppelten
Umfassung bestehe , wovon die äußere zur gehörigen Be-
fehung und Vertheidigung eine kleine Armee erfordere ; die
innere aber zu wenig Raum habe , um eine Beschießung aus-
zuhalten . Deßhalb befahl Wellington mit dem Bayonnete die
Besaßung in das innere Werk hineinzuwerfen , und wenn
sie darin zusammengedrängt wäre , Geschüß aufzuführen ,
und unabläßlich hineinzudonnern . Der Commandant, der
alle Anstalten zu seinem Verderben bereiten sah , und das
Gebrechen seines Postens kannte , fäumte nicht länger sich zu
ergeben, und überlieferte 180 Geschüße , 20,000 Gewehre
mit Zugehör , eine große Menge Munition , Artillerie-
Fuhrwerke , Kleidungsstücke und Vorräthe jeder Gattung.
Lord Wellington hatte bisher wohl viel, aber noch nicht
das Hauptziel seines Strebens erreicht. Ein mächtiges Heer
war gänzlich geschlagen ; der aufgedrungene König nebst seis
nen Anhängern aus der Hauptstadt verjagt ; allein noch im
mer stand Marschall Soult unerschüttert und unbeweglich in
Andalusien . Dieser General wußte , daß die Stärke der
übrigen französischen im Königreiche vertheilten Truppen auf
200,000 Mann stieg , mehr als hinlänglich, um allein und
ohne seiner Hülfe die 40,000 Mann wieder zurückzudrücken ,
die sich mitten zwischen ihnen herumtrieben. Wohl bother
II.
98
einige spanische Anführer das Äußerste auf , um mit ihren
geringfügigen Mitteln erwähnungswerthe Resultate herbey-
zuführen. General Santocildes mit seinen getreuen Galli-
zianern zwang ein tausend Feinde, in Aftorga die Waffen
zu strecken ; der Empezinado (Pechgeschwärzte) fing in den
Gebirgen von Guadalachara 700 Mann ab. Mehrere der
vorzüglichsten Guerilla - Chefs eilten mit ihren Banden nach
Madrid, und jene der nördlichen Küste , aufgemuntert durch
den Anblick eines Geschwaders von englischen Kriegsschiffen
unter dem Sir Home Popham eroberten Bilbao wieder ,
und entfalteten eine mehr als gewöhnliche Thätigkeit. Allein
diese Anstrengungen waren rühmlicher für die Einzelnen , die
dadurch ihre Hochherzigkeit bewiesen , glorreicher für den
volksthümlichen Charakter , der aus so mannigfaltigen Prü
fungen mit gleicher Festigkeit hervorstieg, als sie von eigent
lichem Gewichte in der Abwägung der sich bekämpfenden Kräf-
te , oder von wahrem bleibenden Nußen für die Gemeinfache
wurden , denn die oberste leitende Behörde , die Versamm-
lung der Cortes nähmlich , an der es gewesen wäre , den
vereinzelten Bemühungen dadurch Zusammenhang und Ein-
Elang zu verschaffen , daß sie dem freywilligen Impulse jene
Richtung gäbe, welche die, durch die vorausgegangenen Sie-
ge nun geöffnete Bahn deutlich bestimmte - diese Behörde
verkannte ganz die erhabene Rolle , zu der sie berufen war,
beschäftigte sich ausschließend mit ihrem neuen Spielwerke,
mit der *) selbst geformten Verfassungs Urkunde , und bes
trachtete die verbündeten Heere nur als taugliche Mittel , ih-
re Proclamen und Anschlagzettel auf größere Strecken zu
verbreiten.
Ferner hatte die verheißene Mitwirkung an der östli
chen Küste ganz fehlgeschlagen. Das Corps , das Lord Wil-
helm Bentink aus Sicilien unter dem Generalen Maitland

Siehe die Beylage G.


gg
entsendete , bestand bloß aus 6000 Mann Fußvolks , die aus
allen Nationen zusammen geworben waren , und hatte gar
keine Reiteren bey sich. Der Augenblick war verstrichen , wo
mit einer geringen Truppenzahl etwas vorgenommen werden
konnte, weil Suchet's Thätigkeit die Spanier so T aus dem
Felde geschlagen hatte , daß im Bereiche seiner Waffen an
eine neue Sammlung derselben gar nicht zu denken war.
Bald nach der Einnahme von Valenzia wurde ihm Penis-
cola durch Verrätherey in die Hände gespielt. Diese Feste ,
eren Besit nicht von höchster Wichtigkeit war , da sie auf
keiner der vorzüglichen Gemeinschaftsstraßen liegt, wird hier
hauptsächlich darum erwähnt , weil ihr Commandant der eins
zige Castilianer im Laufe dieses Krieges war, der das , dies.
sem stolzen Volke angeborne Ehrgefühl verläugnete. Nicht
zufrieden , das Vertrauen seiner Landsleute betrogen zu haben,
trieb er die Schändlichkeit so weit , daß er , um seinem den
Vaterlandsfeinden geleisteten Dienste höheren Werth zu vera
schaffen , anführte , wie er all seine Macht und Schlauheit
aufbiethen mußte , um die Widersehlichkeit der Besagung z
lähmen. Denia, ebenfalls am Meere , leistete , ungeachtet
seiner statthaften Ausrüstung nur geringen Widerstand. Mit
vieler Klugheit steckte hier Sücher seinen Eroberungen Grän-
zen, und begnügte sich vor der Hand seine Vorposten auf
dem beherrschenden Ufer des Eucar aufzustellen. Er gewann
dadurch eine gesicherte Fronte gegen Alicante , und konnte.
ungestört und unbekümmert seine Truppen verwenden , um
in seinem Rücken die mindeste Bewegung von Gährung oder
Widerseglichkeit zu strafen und zu ersticken. Unter dem Schir-
me eines so festen Standes , und mit Hülfe einer weisen
Verwaltung, Der er durch nachsichtslose Strenge Eingang
zu verschaffen gewußt hatte , stellte er in dem ganzen Könige
reiche Valenzia in wenig Monathen volle Unterwürfigkeit
und anscheinende Ruhe her. Nur in Catalonien konnte er
damit nicht so leicht zu Stande kommen. Die Gemüther des
tapfern , feurigen Volkes wurden durch fortwährende Unbile
100
den und Grausamkeiten gar zu sehr zur Wiedervergeltung
und Rache aufgereiht. Es war in der Capitulation mit Blake
sehr bestimmt ausbedungen : „, 3u vergeben und zu vergessen
,,das vorausgegangene politische und militärische Benehmen
,,jedes einzelnen Bewohners von Valenzia." Das Bekennt-
niß der gröblichen Verlegung dieses Artikels enthält , sech-
zehn Tage nach seiner Annahme , ein dienstlicher Bericht des
Marschalls Süchet an den Kriegsminister in folgenden Wor-
ten : Es sind 1500 störrische Mönche verhaftet , und nach
,,Frankreich abgeführt : die Rädelführer des Aufstandes aber,
,,alle in der Hausmiethe beym englischen Conſul , und zugleich
,,die Würgknechte dieses Elenden , auf dem öffentlichen Plaße
,,hingerichtet worden ." Kurz nach dem Falle von Valenzia
waren noch die Einwohner einiger Städte und Dörfer der
Nachbarschaft unter Waffen . Süchet , um desto schneller sein
Ansehen und Gehorsam herzustellen , ließ sie ohne Schonung
plündern und verheeren , und gab bald darauf den Tagsbes
fehl hinaus , daß alle Spanier, die in feindseliger Handlung
gegen seine Truppen ergriffen würden , als Störer, der öf-
fentlichen Ruhe , als Straßenräuber und Mörder behandelt
werden sollten. Diese schauderhafte Härte machte die bezweckte
Wirkung in Valenzia. Süchet befahl daher , ſie auch in Ca-
talonien handzuhaben . Demnach ließ der Commandant von
Lerida gleich einige oldaten vom Streifcorps des Baron
Erolles , die ihm in die Hände fielen , wie Missethäter hin-
richten. Erolles , nachdem er die Wahrheit dieser That erho-
ben hatte, beschloß, sie scharf zu bestrafen . Der Plaß wurde
mit kleinen Posten umstellt , die so lange lauern mußten ,
bis es ihnen gelang eine kleine Entsendung der Besatzung
aufzufangen. Darunter wurde Einer durch das Loos erkoren ,
um Augenzeuge von der ungefäumten Hinrichtung aller übri-
gen zu seyn. Dieser durch den Zufall Gerettete wurde an die
Thore von Lerida unter sicherem Geläute gebracht , um seis
nen Waffengefährten die gräßliche Scene zu schildern , der
er durch das Spiel des Glückes entronnen war , und um.
101

dem Commandanten einen Brief zu überreichen , worin un


ter den feyerlichsten Schwüren angekündet wurde , daß dieses
Schicksal fortan jeden gefangenen Franzosen , von was im
mer für einem Range , treffen sollte , wenn noch ein einzi
ger Catalonier für die hochherzige Landesvertheidigung als
Verbrecher bestraft würde. Baron Erolles , aus deſſen Mun-
de
diese Erzählung kurz nach der Vorfallenheit geschöpft iſt ,
darf die Härte , welche seinem Herzen gewiß viel gekostet
hat , nicht bereuen , da sie den Grausamkeiten und dem kalt=
blütigen Würgen in jener Provinz ein Ende machte. Aber,
ungeachtet der Entschlossenheit der catalonischen Partengän=
ger, war doch ihre Lage nicht viel günstiger , als jene der
Valenzianer. Die Franzosen hatten mit vieler Vorsicht Blas
nes , Mataro , Mongat und andere Pläge an der Küste be-
festiget , um ihre Verbindung zur See zu sichern , auch eis
nige Posten im flachen Lande zu ihrer Festsetzung verschanzt.
Durch lekteres waren die Einwohner im Zaume gehalten ,
und die bewaffneten Banden in die Gebirgsschluchten hinein
gedrückt ; durch die erste Maßregel waren die Landungspuncte
dergestalt den Verbündeten gesperrt , daß General Maitland,
der mit den Truppen aus Sicilien heransegelte , vorerst eine
Festung bezwingen follte , ehe er ans Land konnte. Freylich
waren die catalonischen Anführer angewiesen , zu seiner Un-
iehen allein e onn
ung von den Bergen herabzuz ; ſi k
s n
ten höchsten 8000 Mann zusamme bringen , indeß der
f e l t n s
d
Fein , ungez w e i , wenig s t e 13,000 ihnen entgegen zu
ß a
setzen , auch noch über d i e Such e t nahe bey Valenzi 14,000
en n nges
Man Fußvn o l k nebst einer herrli ch Reite r e zusamme
e n o r st e r e f e r n u ngen
zog , und um dest meh selb auf größ Ent
bar atte e
verwend h , als die Überrest der spanischen Armee an
a l e n z i a 's ränzen nter em eneralen O'Donnell nicht
V G u d G
hen
mit der Hälfte der dortigen französisc sich messen durften .
e n i e n
Unter folchen Umständ nin Catalon zu landen , und die
affe iche
Provinz zu den W , rufen , wäre eine unverzeihl
h e i t
Tollkühn gewesen , die über ein wackeres Volk unter der
102

Täuschung von Rettung , sicheres Verderben gebracht hätte..


Sobald daher die Nachricht verlautete, daß O'Donell am
21. July bey Castalla mit empfindlichem Verluste geschlagen
worden sey , und durch seinen Rückzug bis Murcia Alicante
unbedeckt gelassen habe ; so steuerte General Maitland nach
dieser Festung , und warf sein ganzes Landungscorps hinein ..
Indeß konnte Joseph Bonaparte ohne Störung seine Ver
einigung mit Suchet ausführen.
Es strömten daher bedeutende Heere von allen Him-
melsgegenden gegen Madrid zu, und drohten den Lord Wel-
lington , wie er aus seiner gegen Norden gerichteten Ope
rationslinie heraustrat , um etwa dem nicht erreichbaren
Zwecke von Befreyung einer anderen Landschaft nachzujagen,
durch ihr Zusammenstoßen in seinem Rücken von seiner Basis
in Portugal abzuschneiden . Aber der edle Lord ließ sich nicht
durch den Schwindel über die letzten Siege irre führen. Er
schickte den Truppen im Eilande von Leon den Befehl zu
gegen jene des Marschalls Soult Bewegungen zu machen ,
indeß er für seine Person mit vier Divifionen gegen den Gez
neralen Clauzel vorrückte , welcher mit dem Heere , das er
in Marmonts Abwesenheit befehligte , gegen den Douro
marschirt war, um die in Zamora und Toro zurückgelasse
nen französischen Besatzungen an sich zu ziehen. Konnte gleich
das unförmliche nicht sehr verläßliche gallizianische Corps von
12,000 Mann nicht als eine kräftige Unterstütung betrach
tet werden; so gab es doch den Vortheil , den linken Flügel
zu decken, indeß bey einer Unternehmung nach irgend einer
anderen Richtung stets beyde Flügel entblößt gewesen wären .
Zwey schwache Divisionen blieben zu Madrid zurück , und
das Corps des Sir Rowland Hill faßte am Tajo Posten ,
um Soults Vorhaben zu beobachten.
Am 7. September wurde der Feind aus Balladolid vers
trieben , konnte aber durch nichts zu einem Gefechte gebracht
werden. Er hielt nirgends Stich , warf alle Brücken ab
und nahm nicht einmahl den Anschein eines Widerstandes ans
105

bis zum 17. , wo ein , für Vertheidigung günstiges Terrain,


und die Nähe von Burgos den Generalen Clauzel bewog ,
wenigstens so lange in Schlachtordnung aufgestellt zu bleis
ben , bis das verbündete Heer beynahe vollkommen zum
Angriffe aufmarschirt war. Beyde Armeen kamen sich so nahe,
daß man jedes Bataillon abzählen konnte , allein die frans
ösische , auf 22,000 Mann geschäßte , wartete nicht den An-
fall ab, sondern zog sich eiligst zurück , sobald die Massen der
Verbündeten heranwogten. Recht auffallend war der Geist
der Franzosen seit der lehten Niederlage plöglich herabgefun-
ken. Vorher so stolz und verwegen ; nun so engbrüstig und
eingeschüchtert ! Am nähnlichen Tage flohen sie noch aus der
Stadt Burgos, hinter welcher sie zu dem Fußvolke der Nord-
armee unter dem Generalen Souham , welches ben gooo
Mann stark war , stießen. Nun übernahm Souham als al-
tester im Range den Oberbefehl , ließ Besaßung in dem fe-
sten Schlosse von Burgos , und zog sich nach Briviesca ,
wo er in einer starken Stellung Halt machen ließ.
Das Schloß nimmt einen länglichten , kegelförmig ges
formten Hügel ein , an dessen Abhang eine erste Umfaſſung
von einer freystehenden , schwer zugänglichen Ringmauer ges .
bildet wird. Auf der Kuppe steht die alte Burg , welche in
eine casematirte Batterie nach neuester Manier umgestaltet
war. Zwischen diesen beyden Vertheidigungen war noch eine
doppelte Linie von Feldverschanzungen rund um den Hügel
aufgeworfen , dicht mit Kanonen , und mit nahe an 3000
Mann besegt. Die Ursache , warum ein so fester Posten dar-
aus gemacht , und so ungeheure Anstrengung zu feiner Er-
haltung aufgebothen wurde , war , weil hier die lehte Nie-
derlage von Kriegs- und andern Vorräthen sich befand, Aber
gerade aus diesem Grunde mußte das Äußerste angewendet
werden , um es dem Feinde zu entreißen ; auch war der
Besiß dieses Schlosses für die Folge den Verbündeten uner-
läßlich , da voraus zu ſehen war , daß der Kampf, je weiter
er in Spanien vorschritt , mit immer mehr anwachsenden
104

fich zusammenballenden Kräften es aufzunehmen habe. Alfe


beschloß man ungesäumt Hand an das Werk zu legen , obe
schon nur drey Kanonen von schwerem Caliber , fünf dergleis
chen Haubigen und einige hundert Schüsse vorhanden was
ren , die Belagerung zu eröffnen. Dieß geschah mit gespanns
tem Eifer. Am ersten Abende war schon ein Hornwerk er-
stürmt , das vor der niedrigeren Umfassung lag. Während
zwen Bataillone dagegen von vorne anrückten , drang der
ehrenwerthe Major Wilhelm Cocks von hinten ein ; die Be-
faßung , die in einem sehr vollzähligen Bataillone bestand ,
leistete tapfern Widerstand , und wurde durch das Feuer von
dem rückwärtigen Walle tüchtig unterstüßt. Die Erstürmung
auf wurd
kostete en Ba
daher tter
den ien aufg
Siegern efüh
400 rte und Verwundete. Hier-
Todte
um unter ihrem Schüße
die Ringmauer zu ersteigen , und sich zwischen ihr und der
ersten Verschanzungslinie festzusehen . Die Stürmenden er-
Ketterten muthig die Mauer , aber ganz nah dahinter lagen
schon die ersten Abschnitte , wo die Vertheidiger , beständig
durch frische Truppen verstärkt , leichtes Spiel hatten , jeden
Versuch des Verbauens oder Festsetzung blutig abzuwehren .
Nun mußten die drey Kanonen schweren Calibers daran ,
um wo möglich die Mauer einzustürzen , aber zwey davon
waren sehr bald durch das überlegene Geschüß des Schlosses
zu Schanden geschoffen. Auch die Sappe und Mine blieben
nicht unversucht , und zwar die erste sogar gedeckt , als sie
einmahl so nahe dem Plaße getrieben war , daß man von der
Höhe sie einsah , und mit der Hand mit allerley zerstörens
den Brandkörpern bewerfen konnte. Von da aus wurde ein
Minengang bis unter die äußere Umfassung geführt , und in
der Nacht vom 29. September der angelegte Ofen gesprengt,
und dadurch eine Sturmlücke bewerkstelliget. Aber die Off-
nung war nicht breit , noch genug abgeflachet; auch waren
vor Tageslicht schon an der Spihe der Bresche so viele Hin-
dernisse angebracht, daß an den Sturm noch nicht zu denken
war. Deßhalb wurde ein zweyter Gang unter die Mauer
105

getrieben, und am 4. October Nachmittags die Mine ge-


sprengt. Ihre Wirkung war der allervollständigste Wallbruch,
und in wenig Minuten war auf seiner Höhe das 24. In-
fanterieregiment verbaut und festgefeßt. Den folgenden Nach-
mittag brach die Besaßung aus den Abschnitten hervor , be-
mächtigte sich der Verbauung und zerstörte selbe , worauf sie
sich wieder zurückzog. Die zwen folgenden Tage hatte man
vollauf zu thun , um die Verbauung wieder herzustellen ,
und ihr nicht nur eine größere Ausdehnung zu verschaffen ,
sondern sie auch bis auf fünf Klafter an die feindlichen Ab-
schnitte zu bringen. Die Arbeit war wahrhaft mörderisch.
Die Belagerer hatten nur mehr ein einziges schweres Ge-
schütz im brauchbaren Stande , indeß die Belagerten sowohl
in der Ausdehnung ihrer Fronte , als in der Menge von
Feuerschlünden überlegen waren , auch die Munition nicht
zu sparen brauchten , daher in ununterbrochener Reihe die
Bomben und Granaten herabrollten , welche die Schanzkörbe
sammt den dahinter Schirmsuchenden , in die Luft schleu-
derten. Die Witterung vermehrte in hohem Grade dieses
Ungemach, indem heftige Regengüffe hinderten , den dadurch
zugefügten Schaden wieder schnell auszubeffern. Durch so
viele vorausgegangene günstige Umstände entflamint, machte
die Besaßung in der Nacht vom 8. October einen wirklich
begeisterten Ausfall. Sie warf die Bedeckung der Verbauung
zurück, und behauptete sich lange genug um alle
Arbeiten zwischen den ersten Abschnitten und der äußersten
Umfaffung einzuebnen. Es zeigte sich nun deutlich die Un-
möglichkeit auf einem so beschränkten Raume , bloß mittels
Schanzgräben ohne nachdrücklicher Unterstüßung von Artille-
rie vorschreiten zu können. Es wurden daher neuerdings die
Haubigen , für welche eben von Sant Ander einige Muni-
tion anlangte, aufgeführt , um die Flankenvertheidigungen.
verstummen zu machen, und eine Öffnung in einem unbes
deckten Theile des Abschnittes zu bewerkstelligen. Sobald die-
fes gelungen schien, wurde am 18. October abermals ges
106

ftürmt. Nach blutigem Kampfe war die erste Reihe von Ab


schnitten erobert, ja einige Mannschaft der deutschen Legion
schon bis an die zweyte Reihe , welche eigentlich die dritte
Vertheidigungslinie bildet, hinangedrungen ; kurz die Sie-
gesgöttinn schien bereits das herzhafte Streben zu krönen ,
als die zurückgedrängte Besaßung erblickte , welch eine kleine
Schar ihnen nachgeeilt sen , sich neuerdings zusammen raffte,
auf die sich Festseßenden losstürzte , und sie mit Muth zu-
rückwarf. Diese kräftige That war die leßte einer Belage=
rung , die dreyßig Tage gewährt hatte , und bey der es
schwer zu entscheiden ist , welcher Theil höheres Lob verdient ;
der unverdroffene , heldenmüthige Angreifer , oder der un-
erschrockene, kaltblütige und kunstgerechte Vertheidiger ? Je-
der von beyden hatte sich von dem Geiste durchdrungen , den
feine Rolle erforderte. General du Breton nebst der ihm un-
tergeordneten Befaßung fand in dem lauten Beyfalle der
dankbaren Landsleute den gebührenden Lohn für seine hoch-
herzige Vertheidigung ; und anderer Seits -was gewiß
seltener ist erhielten die verunglückten Stürmer von ihren
Commandanten das unverhohlene , großmüthige Zeugniß ,
daß alles geleistet worden sey, was Tapferkeit vermag; da-
her das Mißlingen bloß Ursachen zuzuschreiben sen, welche .
außer dem Wirkungskreise des gehorchenden Soldaten liegen.
Es hatte nähmlich an allem gemangelt , was zu einer ordent-
lichen Belagerung erforderlich ist, nicht nur an jenem Ge-
räthe , Geschüße und Munition , deren Transport auf grö
ßere Entfernung so selten aufzubringen war ; sondern schon.
in der Verfassung des brittischen Heeres bestand das Urgebre-
chen. Weder die Erfahrung , noch das Bedürfniß früherer
Kriege hatte die Ausbildung jener wissenschaftlichen Seiten-
körper (der Pioniere , Sappeure , Mineure , Pontoniere und
so fort) hervorgerufen , deren Abgang nun jede Belagerung
zu einem Menschen kostenden Versuche machte. Desto rühm-
licher wird es für jene, welche den Angriff der verschiedenen
Festungen in Spanien zu leiten hatten , daß sie, im Bewußt:
107
feyn , mit welch unzureichenden Mitteln sie die Unterneh
mung durchführen sollten , und in der Überzeugung , daß
unter allen Hindernissen , womit sie zu kämpfen hätten , die
Unkunde nicht das geringste sey, neue Anspornung fanden ,
die Kühnheit , die Tapferkeit , den Eifer zu verdoppeln . Ges
rade durch diese Eigenschaften zeichnete sich auch der Angriffs-
Entwurf auf Burgos aus , und obschon ihn nicht der ge-
wünschte Erfolg krönte ; so trug er doch ben , diefrühere Ach-
tung des Heeres für den Oberstlieutenant Bourgegnie (den
Geniedirector) zu erhöhen.
Im Laufe der Belagerung war das feindliche Corps
das bey Brivieska lagerte , durch Truppen aus. Frankreich
bedeutend verstärkt worden , und hatte sich am Tage des
Sturmes vorwärts bewegt , als wollte es eine gereihte Schlacht
anbiethen. Dem zu Folge stießen vom Belagerungscorps meh
vere Bataillone zu jenem, welches zur Deckung aufgestellt
war ; aber die Franzosen machten nur einen einzigen ernst-
lichen Versuch, und als dieser durch Sir Eduard get mit
Verlust zurückgetrieben wurde , standen sie von ferner nan
ternehmungen ab. Nun war zu erwarten, daß die Verbüns
deten wieder mit Eifer die Angriffsarbeiten gegen Burgos
vornehmen würden , die dadurch sehr erleichtert und verstärkt
waren, daß ein ansehnlicher Transport von schwerem Ge
schüße und Munition von Sant Ander im Anzuge war. Al-
m size dieses
lein es war nicht mehr an der Zeit , in De Be
Punctes den vorzüglichsten Vorwurfdete en.
zu
Die Gefahr drohete von einer anderen Seite , gegen welche
die bisherigen Eroberungen zu schüßen waren. Marschall
Soult nähmlich , welchen die Fortschritte der Verbündeten
im Norden , und der Nachdruck , womit sie dort ihre Plane
verfolgten , zu dem sehr militärischen Entschlusse (wiewohl
mit Widerwillen) gebracht hatte, alle seine Vortheile im.
Süden aufzugeben , räumte das dortige Gebieth , und zog
mit seinem Heere zu den übrigen , um vereint sich der forts
wälzeuden Macht entgegen zu werfen. Am 25. Auguſt hatte
108

er ſein Geſchüß und seine Verschanzungen vor Cadir zerstört,


und nach Einziehung aller Entsendungen sich bey Granada
2
concentrirt , wo er verweilte , bis er die Nachricht vom
Marsche der Verbündeten nach Burgos erhielt. Hierauf
rückte er eilends über Caravaca nach Albazete, wo er am
29. September zum Heere des Mittelpunctes stieß.
Jedoch waren diese Märsche nicht ganz ohne Beunru
bigung geblieben. Gleich als die Franzosen in den Vers
schanzungen vor Cadir Anstalt machten , aufzubrechen , wur-
de General Cruzmorgeon und Oberst Skerrett mit einer bes
deutenden Truppenzahl gegen Sevilla entsendet. Sie schiff-
ten sich zu Cadir ein , landeten am rechten Ufer, marſchir
ten gegen St. Lucar, und erschienen unerwartet in der Vor-
ftadt Triana am ། 27. August des Morgens . Die französische
Besatzung , welche in 8 Bataillonen bestand , wußte kein
anderes Rettungsmittel , als die Brücke abzuwerfen , um
jenseits des Flusses schleunigst sich zurückzuziehen : allein die
Zerstörung konnte nicht . gehörig zu Stande gebracht wer-
den auch schleppten die Einwohner , ungeachtet des Feuers
vom Nachtrabe , Balken und Pfosten herbey , um den abge
tragenen Theil wieder zu belegen , und so konnten die Ver-
bündeten nacheilen ; und in der Stadt, welche am linken
Ufer des Guadalquivir liegt , 200 Gefangene machen. An
dem Abend desselben Tages wollte eine französische Abthei-
lung von etwa 7000 Mann , die auch in der Umgegend von
Cadir gestanden hatte , ihr Nachtlager in Sevilla nehmen.
Beym Unnähern erhielt sie die Meldung , daß schon Sir Row-
24
land Hill dort Posten gefaßt hatte , sie zog sich daher ha-
ftig rechts nach Carmona , auf der Straße von Ezija. Ges
neral Ballafteros , der sich und seinem Streifcorps durch rasts.
lose Thätigkeit während dieses Feldzuges einen sehr gefürch
teten Nahmen verschafft hatte , hing sich nun an die Flanke
der retirirenden Colonne , liep ihr weder bey Tag noch
bey der Nacht Zeit zu Ruhe oder Erhohlung , und trieb ,
mit unendlicher Gewandtheit und trefflicher Wirkung , diese
109
Neckereyen bis vor die Thore von Granada . Schade , daß
ein so geschickter , für den kleinen Krieg so geeigneter Füh
rer , berufen in der Geschichte der Befreyung seines Was
terlandes eine glänzende Rolle zu spielen , so ruhmlos
endete , so plöglich aus der Reihe der heimischen Helden
verschwand . Auch er hatte nicht hochherzigkeit genug , um
aus der Prüfung , die seiner , Eitelkeit auferlegt wurde
als reiner , wahrer Patriot hervorzutreten . Als er die Weis
fung erhielt, mit seinem Streifcorps sich von den Befehlen
des Lord Wellington leiten zu lassen , um als eines der Mits
tel zu dienen , welche man diesem Feldherrn zur Ausführung
feines Operations - Entwurfes übergab , begnügte er sich nicht
damit , nachdrückliche Vorstellungen dagegen zu machen, -
die man dem hißigen aufgeregten Soldatengemüthe viel
leicht zu gute halten konnte , - fondern er weigerte sich,
von nun an irgend etwas gegen den Feind vorzunehmen .
Wer so das Wohl des Vaterlandes dem persönlichen Ges
dnet , verdient gewiß , wie groß auch immer
enteror
fühle
feine früheren Verdienste gewesen seyen, weder Schonung
noch Achtung . Wirklich erhob sich nicht eine einzige
Stimme zu seiner Vertheidigung , als ihm das Commando
genommen , und er als Staatsgefangener nach Ceuta ab-

geführt wurde.
Joseph Bonaparte und Marschall Soult, deren Heere
aut.- wie gesagtbey Albazete sich vereint hatten , mar-
schirten auf Madrid los. Als die Nachricht hievon bey Wel-
lington am 21. October einlief, hob er sogleich die Belage
rung von Burgos auf , und mit einer beyspiellosen Kühn-
heit zog er in derselben Nacht mit dem ganzen Heere in eis
ner einzigen Colonne unter den Mauern des Schlosses über
die Brücke des Arlanzon ab. Obschon von den Wällen herz
ab unaufhörlich darein gefeuert wurde , war der Verlust doch
unbedeutend. Diese Thatsache führt zu der Betrachtung , wię
wenig das Geschüßfeuer bey der Nacht im Stande sen , den
Marsch einer Colonne zu bemmen , wenn nur die Mannschaft
110

und vorzüglich die Officiere gehörig darauf vorbereitet sind


um nicht bey einigen hineinfallenden Kugeln aus einander zu
flattern und den panischen Schrecken einreißen zu lassen.
Bey dieser Gelegenheit war noch überdieß die gute Ordnung
und die angeordnete Stille durch einige Reiteren der Gues
rillas gestört , die , ungewohnt , dergleichen Bewegungen mit
Ruhe und Kaltblütigkeit auszuführen , in die Massen hinein-
fprengten , und durch ihr Getreppel und sonstiges Geräusch
die Besaßung aufmerksam machten. Weil schon unter Tags
mehrere Geschüße des Walles gegen die Straße und Brücke
gerichtet waren ; so war das erste Vollfeuer ziemlich wirk-
fam ; allein nach wenigen Schüssen konnten die Kanoniere
weder die genaue Richtung , noch die erforderliche Erhöhung
oder Senkung mehr treffen , und bald hatte das Gekrache kei-
ne andere Folge mehr , als daß das Fuhrwesen etwas raſcher
über die Brücke jagte.
Wellington gewann einen Tagmarsch über Souham
der jenen erst am 23. mit seiner vollen Stärke einhohlen
konnte. An demselben Tage griff französische Reiteren den
Nachtrab der Verbündeten an , welcher aus 2 Brigaden der
nähmlichen Waffe bestand. Einige Haufen Guerillas waren.
an der linken Flanke der Verbündeten aufgestellt , allein auf
den ersten Anfall wichen sie , und zwangen dadurch die zwen
Brigaden, ebenfalls sich zurückzuziehen ; jedoch nicht ohne
dem festen Vorsaße auf dem ersten günstigen Flecke wieder
festzuhalten. Die Gelegenheit ergab sich daju nach der schma-
Ien Brücke über einen breiten , tiefen Waffetgraben . Die
Franzosen jagten hastig darüber nach : es ward daher befoh-
Ten einzubauen . sobald nur ein Theil herüben und noch nicht
gehörig in Verfassung seyn würde. Der Angriff mißlang ,
und die verbündete Reiteren wurde auf das Fußvolk gewor
fen, welches die Colonne schloß, nähmlich auf die deutschen
leichten Bataillone unter dem Obersten Halkett. Diese braven
Truppen hielten an , empfingen die verfolgende feindliche Reis
teren mit dem Feuer der ganzen Linie, und stellten dadurch
111

wieder die Ordnung des Rückzuges her. Das Hauptquartier


kam diese Nacht nach Cordovilla.
Am 24. Abends gelangte das ganze verbündete Heer
hinter den Carrion . Die zwey Brücken über diesen Fluß bey
Palenzia , jene bey Villa Muriel und Duenas , wie auch
die Brücke über die Pisuerga wurden insgesammt vorgerich
tet , um bey der Annäherung der Franzosen in die Luft ge=
sprengt zu werden. Bey jener von Villa Muriel , wurde die
Mine unter dem feindlichen Kartätschenfeuer angezündet, und
machte ihre volle Wirkung. Bey Palenzia ließ sich das Com-
mando , welches zur Deckung dieser Anstalt jenseits aufgestellt
war, überfallen, und zurückwerfen , wodurch beyde Brücken
unbeschädigt in Feindesgewalt kamen . Bey Tariejo , hieß es ,
habe der Feind schon den Fluß paſſirt : es wurden deßhalb lange
keine Arbeiter hingeschickt. Als man endlichzuzurichten anfing,
kamen bald darauf die Feinde, so daß eine unvollendete Mi
ne wirkungslos gesprengt wurde , die französische Reiteren
gleich darauf darüber sprengte , und die zurückgebliebene
Abtheilung gefangen nahm. Nahe bey Villa Muriel entdeck
te der Feind Furten , über welche er eine starke Masse Fuß-
volkes hinüberschob , allein , da selbe nicht unterstügt werden.
konnte, mußte sie sehr bald auf das andere Ufer zurück.
domas
Am 26. October. Das verbündete Heer zieht sich
vier Stunden weit zurück , und überschreitet die Pisuerga bey
Cabezon. Das Terrain am linken Ufer bey diesem Städtchen
und oberhalb desselben ist äußerst schwierig. Steile Unhöhen
laufen längs demselben und fallen`schroff gegen den Fluß ab ;
deßhalb ist die Hauptstraße ober Cabezon am rechten Ufer gezo
gen , und alle Wege am linken sind mühsam und bey etwas
schlimmer Witterung beynahe grundlos. Bey Cabezon wendet
sich die Straße auf das linke Ufer. Hier ist eine Bogenbrücke ,
die verrammelt und zum Sprengen untergraben war. Hinter
ihr stand das verbündete Heer unter Waffen. General Souham
war durch die zerstörten Brücken von Duenas und Villa Mus
112

riel aufgehalten worden , und langte daher erst am Abend


vor Cabezon an. Sein ganzes Heer machte auf dem rechten
Ufer der Pisuerga Halt, doch schickte er die ganze Nacht hins
durch häufig starke Patrouillen gegen die Verrammlung an
der Brücke , um zu erspähen , ob und wann die Pickete etwa
abzögen. Um folgenden Morgen , um zu erforschen , ob die
Verbündeten gesonnen seyen , sich ernstlich an diesem Plaße
zu behaupten , läßt er zwey Batterien aufführen , und die
Stadt lebhaft beschießen. Allein da seinem Feuer bald ein
überlegenes entgegnet, steht er von weiteren Versuchen in
der Fronte ab , und beschränkt sich auf beträchtliche Entsen-
dungen von seiner rechten Flanke aus.
Am 28. October Morgens versucht ein französischer
Streifzug, ben Simancas überzugehen , allein die gänzlich
zerstörte Brücke kann nicht hergestellt werden. Am Abend
geschieht ein ähnlicher fruchtloser Versuch bey Tordesillas ;
auch hier war man durch Zertrümmerung der Brücke zuvor
gekommen. Während dieser Bewegungen , um die Flanken der
Verbündeten zu umgehen , bleibt eine starke feindliche Linie
auf den Anhöhen gegenüber von Valladolid in drohender
Stellung und beschießt über das Thal Alles , was sich auf
der Hauptstraße blicken läßt.
Am 29. October mit Tages - Unbruch bricht das verbün-
dete Heer von Cabezon auf, zerstört die dortige Brücke , wie
auch jene bey Valladolid , feht im Laufe des Tages in zwey
Colonnen über den Douro , die eine bey Tudela , die andere
bey Puente del Douro , sprengt die daselbst befindlichen Brü-
cken, wie auch jene von Quintanilla , und später die von
Toro und Zamora. Am Abend schwimmt ein französisches
Truppencorps bey Tordesillas über den Douro , überfällt die,
in einem Thurme am südlichen Landjoche der Brücke zurück-
gelassene Wache, hebt sie auf, und beginnt sogleich , die Ge=
meinschaft wieder herzustellen. Um den Übergang abzuwehren,
eilen die verbündeten Truppen am nächsten Morgen durch eis
nen Abmarſch links herbey , und beziehen der Brücke gegen-
113

über eine Stellung , die sie durch aufgepflanzte Batterien


verstärken. d
Hier blieben die Verbündeten bis zum 6. November ,
wo die Brücken von Toro und von Tordesillas durch den
Feind hergestellt waren , welches sie bewog , sich abermahls
vier Stunden zurück nach Torrezilla dela Orden zu zies
hen. Am folgenden Tage setzten sie ihren Marsch fort, und
am 8. rückten fie in die Stellung von S. Christoval bor
Salamanca ein , deren Trefflichkeit sich schon zweymahl er-
probt hatte. So schloß sich ein Rückzug von gewiß 33 deuts
schen (mehr als 150 englischen) Meilen , der im Angesichte
eines überlegenen Feindes , so geschlossen , als ein gewöhn
le Bedürfni
r alMarsch, sse ausgeführt war . Deßhalb forge

licher in größter blir
Ordnung und mit bester Vorsorge
auch.
die Truppen frey von jenen Mühseligkeiten , und den moras
lischen übeln, welche im Gefolge einer minder ordentlich ge-
leiteten rückgängigen Bewegung gewöhnlich einreißen ; so-
gar das feindliche Schwert konnte nicht bedeutende Verbees
rungen anrichten . Was die Verbündeten durch die Zufällige
keiten dieser 19 Tage an Mannschaft verloren , erreicht nicht
die Zahl von 800 : die vorausgegangene Belagerung hatte
ihnen mehr als 2000 Mann gekostet.
General Souham folgte dem , sich zurückziehenden Heere
nicht über den Douro , sondern blieb an dessen Ufer stehen ,
um die Armeen des Joseph Bonaparte und des Marschalls
Soult abzuwarten , welche bereits einige Tage zuvor durch
Madrid marschirt waren. Von dieser Stadt hatte sich das
Corps des Sir Rowland Hill sehr bedächtlich durch die Päſſe.
von Guadarrama und Fontiveros nach Alba de Tormes ge=
zogen. Als der linke Flügel der Verbündeten wieder in das
Lager von S. Christoval rückte, passerte auch General Hill
den Lormes , um sich an die aufgestellte Linie anzuschließen ,
ließ aber eine starke Abtheilung in der Stadt und im Schloffe
von Alba am rechten Ufer des Flusses , um den Übergang strei-
tig zu machen.
II.
114
Am 10. November waren die Heere des Marschalls
Soult und Generals Soubam mit den , von Joseph Bonas
parte geführten Kaisergarden vom rechten Ufer des Tormes
vereinigt ; gewiß 80,000 Mann Fußvolkes und 13,000 Pfer=
de, denen das verbündete Heer nicht über 48,000 Mann Fuß-
volkes und 5ooo Pferde entgegen stellen konnte.
DerFein richtete gleich seine Hauptanstrengung gegen
n
s t en Flügel der Verbündete , und wollte den Burch:
den
und Übergang von Alba erzwingen. Allein die Zugänge der
Stadt waren tüchtig verrammelt , und die Besaßung ließ
fich nicht durch einen Kugel- und Granatenregen erschüttern.
Der Versuch wurde daher höher im Stromgebiethe , bey den
Furten von Galisancho , am 14. Nov. begonnen. Im Laufe
des folgenden Tages gelang es dem französischen Heere ganz
auf das linke Ufer herüber zu kommen, wo es bey Mozars
bes eine feste Stellung bezog , und gleich Cavallerie - Streif
commanden in den Rücken der Verbündeten warf, um die
Verbindung derselben mit der Hauptniederlage ihrer Nah-
rungsmittel, mit Cividad Rodrigo, abzuschneiden. Somit
nahte sich wieder einer jener kritischen Augenblicke , wo es
sich um die kraftvolle Wahl des Feldherrn zwischen gleich be-
denklichen Auswegen handelt. Sollte er eine so überlegene ,
durch stetes Vorschreiten übermüthig 1. gewordene Macht ans.
Sollte
greifen ? e länger in feiner unangreifbaren Stel--
lung stehen bleiben , und dem Feinde dadurch Zeit lassen ,
sein Neg immer enger zusammen zu ziehen , und immer
mehr alle Zufuhr abzuschneiden ? Oder sollte er im Angesich
te des Feindes , ja in einer Nähe , die schon den rechten
Flügel umging, den Rückzug antreten ? Der erschöpfte 3u-
stand seines Heeres , mitunter auch der einiger Maßen èr-
schütterte Geist , und das Herabsinken der Mannszucht (was
bey einem so langwährenden , mühevollen , stets beunruhig
ten Rückzuge nicht in Erstaunen sehen darf) bestimmte den
LordWellington die lehte der Alternativen , obschon ihre Ges
fahren ihm lebhaft vor die Überlegung traten , zu ergreifen.
115

Am 15. November brach er von S. Christoval auf, um


feine Truppen wieder nach Portugal zur Erhohlung und
Sammlung neuer Kräfte zu führen. Gewißigt durch die Ers
fahrung , wie schlecht auf dem nähmlichen Tummelplage in
ähnlicher Gelegenheit Marmont's übereilte Hiße ihm bez

kommen hatte, wußten dießmahl die Franzosen das Feuer


zu mäßigen , womit sie gewohnt sind , die Vortheile zu vers
zu versic hern schienen . Sterrungenen und ihre Überzahl
folgen , welche ihnen die schon
mit der ganzen Macht nachzus
C
rücken , um wo möglich die zurückweichenden Gegner nies
derzurennen , begnügten sie sich , ihnen eine Abtheilung Reiz
teren mit leichtem Geschüße auf der Ferse nachzusenden , die
aber in den ersten zwey Tagen so wenig ausrichteten , daß
die Verbündeten nur 50 Todte , 150 Verwundete und 170
Vermißte zählten. Später gelang es dieser Verfolgungs-
Entsendung einmahl zwischen der Marschrichtung zweyer Dia ,
visionen einzudringen, und den Generallieutenant Sir Eduard
Paget , den Ersten im Range nach dem Oberbefehlshaber ,
abzufangen.
Der beharrliche Feind der militärischen Operationen in
unwirthlicher Gegend fand sich abermahls ein. Das Wetter
war von anhaltendem Ungestüm , die Wege grundlos , kein
Wunder, daß die Zufuhr in Unordnung und Stockung gez
rieth. Vorzüglich litt dadurch das Corps des Sir Rowland Hill .
So lang dasselbe in und um Madrid stand , hatte es seine
Nachschubslinie längs des Tajo- Thales . Es war unmöglich ,
für die plöglich veränderte Marschrichtung so schnell die Dres
hung der Nachschubslinie einzuleiten. Diese Truppen blieben.
daher geraume Zeit ohne Geld und Verpflegung , und lebten
größten Theils von den süßen r ge, die en in der durch-
dsie
ohe Eicheln
in ar Men fan .
zogenen Landesstrecke
Die Ordnung trat wieder ein , als am 18. November
das Hauptquartier in Cividad Rodrigo einrückte , und dem
Mangel wurde vollends dadurch abgeholfen, daß auf die ein-
gelaufene, verläßliche Meldung , es wären die Franzosen
$ 2
,,wieder vom Tormes weggezogen ," die Verbündeten sich in
gemächliche Winterquartiere ausdehnten , den linken Flügel
nähmlich bis Lamego zurückgezogen, den rechten weit genug.
vorgeschoben , und hinlänglich stark , um den Paß von Bes
jar, diesen Übergang in das Flußgebieth des Tajo , zu be-
haupten.
Ungezweifelt ist der , in diesem Abschnitte beschriebene
Feldzug der wichtigste und lehrreichste im ganzen Kriege,
weil er gegen eine so nahmhafte Übermacht geführt war , daß
auch der unbemerkbarste Fehler gleich seine Strafe finden
mußte. Die von Spanien aufgebrachten Streitkräfte waren
fo geringfügig , so abgespannt, daß sie gar nicht in Anschlag
zu bringen sind. Die französischen Heere , jene Truppen mit-
gerechnet, welche im Sommer dieses Jahres aus Frankreich
nachrückten , überfliegen die Zahl von 190,000 Mann , und
bestanden größten Theils aus Kriegern , die ihre Bildung in
einer vieljährigen Reihe von Siegen in verschiedenen Zonen.
verdankten , und von daher auch Selbstvertrauen , festen
Muth und Gewandtheit mitbrachten. Überdieß waren sie im
Besize aller Festungen längs der Operationslinien , und ges
führt durch Officiere vom höchsten Rufe. Daß gegen eine fol-
che kolossalische Macht ein ganzes Jahr hindurch 75,000 Mann
(höher flies
niemahls die vereinte portugiesische und britti-
sche Truppenzahl) sich dergestalt behaupten konnten , daß oft
an einem Puncte 130,000 Mann aufgehalten , in ihrem An-
gesichte zwey Festungen eingenommen , und nicht wieder ents
rissen , daß endlich dieselben gezwungen wurden, die südlichen
Provinzen , die sie bereits überschwemmt hatten , wieder zu
räumen , dieses Alles mag zum Beweise dienen, ob die An-
führer verstanden, mit ihrer Mannschaft dergestalt zu ma=
növriren , daß sie , so zu sagen , immer gegen mehrere Seis
ten gleich die Spike both , und ob diese nicht durch Lenke
samkeit und hohen Muth reichlich erseßte , was ihr an Zahl,
und sonstigen Mitteln gebrach.
Hier muß noch einmahl der ungeheuern Schwierigkeit.
117
erwähnt werden , alle Naturhindernisse , um nicht zu sagen
Unmöglichkeiten , zu überwinden , welche den Verpflegungs-
anstalten für große Truppenmassen im Wege standen. Darin
lag die Unthunlichkeit für die Franzosen eine noch stärkere
Überzahl bey ihrem Vorrücken herbey zu ziehen. Sie gewan
nen daher durch ihr Fortschreiten jedes Mahl in Ausdehnung,
aber nicht in Kraft, indeß die Spanier erst ben jedesmahli-
gem Zurückdrängen als wirksame , wahrhafte Hülfe zu be
trachten waren. Weil nun in diesen physikalischen Beschaf-
fenheiten des Kriegsschauplaßes , eben so wenig als in dem
Charakter der theilnehmenden Personen , eine Änderung vere
nünftigerWeise zu vermuthen war ; so konnte man schon am
Ende der Kriegsvorfälle von 1812 mit ziemlicher Bestimmt-
<<
heit voraussehen , daß , welches immer das Schicksal vom
übrigen europäischen Festlande ser , die Halbinsel jenseits der
Pyrenäen gewiß von Unterjochung und Sclaverey frey bleis
ben würde!
Achter Abschnitt.

(Vom April 1813 bis zur Beendigung des Krieges in der Halbinsel iens
feits der Pyrenäen.)
Burüfungen Lord Wellingtons für den neuen Feldzug. Wellington
wird von den Spaniern zum Generalissimus ernannt. Lage der Dins
ge im übrigen Europa. - Wellington rückt in Spanien wieder ein. -
Drängt die Franzosen bis an Vittoria. - Schlägt sie gänzlich in der
Ebene von Vittoria. - Die Franzosen müſſen über die Pyrenäen zurüc
weichen. Einschließung von Pampelluna und Belagerung von S. Ge
bastian. - Marschall Soult übernimmt den Oberbefehl der franzöſiſchen
Heere, - Unordnungen der beyden , einander gegenüber stehenden Feld,
herrin. Soults Versuche , Pampelluna zu entfehen , werden mit Vers
tuft abgeschlagen . — Erftürmung der Stadt , S. Sebastian. Soults
Versuch das Schloß von S. Sebastian zu entseßen, wird durch die Spas
nier abgeschlagen. Das Schloß von S. Sebaſtian ergibt sich. - Die
Verbündeten bedrohen das franzöſiſche Gebieth. Fall von Pampelluna.
Operation von und gegen Suchet. - Fall aller übrigen Festungen
Spaniens. Ferdinands VII. Wiederkunft.
Vor
or der Wiedereröffnung der Feindseligkeiten war Lord
Wellington in den Winterquartieren vorzüglich darauf bes
dacht, die Mannszucht und militärische Ausbildung zu ver
vollkommnen , auch in der Ausrüstung und in allem Zuge
höre des Heeres Verbesserungen einzuführen , welche seine
größere Beweglichkeit und kräftige Brauchbarkeit bezweckten.
Zelte wurden angeschafft , damit die Mannschaft Obdach in
den Lagerplägen fände : ein vollständiger Pontonszug wurde.
hergestellt, um über die Flüsse Brücken schlagen , und das
durch auf allen , jest durchschnittenen Hauptstraßen hin und
her sich bewegen zu können : alles Artillerie - Fuhrwerk wurde
erneuert, und feinen Bespannungen 1300 frische Pferde bey-
gefügt : bedeutende Verstärkungen kamen aus England hers
über , und die portugiesischen Bataillone wurden ergänzt.
Dieses waren die Beschäftigungen während der Waffenruhe,
die nur ein einziges Mahl durch den Verfuch der Franzosen ,
den Posten von Bejar zu überfallen , unterbrochen wurde.
119

Die Besatzung dieses Plages war jedoch auf ihrer Hut,


erhielt bey Zeiten Kunde vom Unrücken des Feindes , und
warf ihn ohne vieler Mühe zurück. Desto leichter konnten
die Vorkehrungen der Verbündeten gedeihen , welche daher
im Frühling des Jahres 1813 mit einem prächtigen Heere
von 65,000 Mann Füßvolkes und 6000 Pferden zu neuem
Kampfe hervortraten.
Die Ereignisse des legten Feldzuges hatten den spani-
schen Cortes zur Warnung gedient , wie schwach und zugleich
verderblich es sey , wenn der National - Stolz das National-
Interesse überwiegt, und endlich wurde im Monathe December
1812 dem Lord Wellington der Titel und die Würde eines
Generalissimus sämmtlicher Streitkräfte übertragen . In dies
fem neuen Umte war Wellington nach Cadir gereiset , um
mit der , dort reſidirenden Staatsverwaltung die Anstalten
zum nächsten Feldzuge persönlich abzureden. 50,000 Spa-
nier sollten dabey thätigst mitwirken ; derfelben vorzüglichste
Unterabtheilungen wären : das gallizianische Heer unter dem
Generalen Giron , ein Corps unter dem Generalen Freyre ,
und ein drittes , welches in Andalusien , gleichsam als Res
serve, unter dem Grafen von Bispal (dieß war der , zur
Belohnung ertheilte Titel O'Donell's) gebildet werden sollte.
Dadurch wurden die in der Halbinsel aufgebothenen
Streitkräfte Händen überliefert , die sehr geeignet waren , sie
zu lenken. In dem nähmlichen Zeitpuncte waren Frankreichs
Hülfsquellen ungemein geschwächt , ja man kann sagen , es
war ein Schlag erfolgt , der zum ersten Mahle dieses riesenhaft
mächtige Reich bis in feine Grundfäulen erschütterte. Bonas
parte war kurz nach Eröffnung des lehten Feldzuges an der
Spiße von 400,000 Mann über den Niemen geschritten
und in das Herz Rußlands eingedrungen , weil seine , gleich
der Schneelawine im Fortrollen anschwellenbe Politik sich
nicht mehr begnigte , aus der Ferne die Cabinete herrisch zu
leiten , sondern er rvellte in allen Hauptstädten der europäis
schen Potentaten Decrete unterzeichnen , welche über das
1204

Schicksal der Welt entschieden. So eilte er, ohne hinter sich


Operations Grundlagen oder Linien herzurichten , ohne Maz
gazine anzulegen , ohne sogar das Land , durch welches er
zog , gehörig zu besetzen , drey hundert Stunden über die
Weichsel bis nach Moskau , in der übermüthigen Überzeu
gung , daß , sobald er im alten Pallast der Czaren wohnen ,
die ganze Bevölkerung auf die Knie sinken , und mit banger
Gehnsucht das Wort : Friede ! von seinen, Lippen erwarten
würde. Aber dicßmahl hatte er sich betrogen. Der Brand
der veralteten Hauptstadt , die Verwüstung der Umgegend ,
der Rückzug gegen Kaluga waren nicht Folgen des Klein-
muths , sondern Combinationen des festen Entschlusses , die
Vertheidigung bis auf das Außerste zu treiben. Als Vorbo-
the davon ist das Verwerfen aller Unterhandlungen von
Seite des russischen Kaiſers zu betrachten. Auf so etwas war
Napoleon gar nicht gefaßt , daher das Verweilen in der Uns
thätigkeit der Verlegenheit , bis endlich der strenge Winter
seinen Rückzug überraschte , woraus über das schönste fran=
zösische Heer, das je unter seinen Fahnen sich gesammelt hat,
te , das schauberhafte Unheil sich ergoß , das in dem berüch-
tigten neun und zwanzigsten Bülletin mit wahren , natürli
chen Farben geschildert ist. Napoleon floh mit einem einzi
gen Begleiter nach Pohlen.
Die Russen, welche zuerst bloß Festigkeit und Unbeug
famkeit erprobten , entfalteten nun auch einen bisher unbe
Fannten Feuergeist. Raftlos verfolgten sie , ungeachtet der
harten Jahreszeit ihre Feinde , bis der heimathliche Boden
ganz gereinigt war ; aber auch jenseits der Gränzen dauerte
die Verfolgung fort , die Lang, schüttelten das lang ge=
Bestegen durch welche der Marsch
der Sieger, und der
tragene Joch der leßten ab , und schlossen sich an die ersten,
deren Stärke dadurch so zunahm , daß jest schon Frankreichs
weitreichendes Gebieth bedrohet war.
Zur ersten Sammlungslinie für die Flüchtlinge diente
die Elbe, an deren linken ufer die aus allen Theilen des
121

Reiches aufgebothenen Reserven zusammenrückten , um dem


weiteren Schwalle der Verfolgung sich entgegen zu stemmen.
Der Gesammtbetrag der hier vereinten Streitkräfte über-
stieg kaum 100,000 Mann , weil die fehlerhafte Maßregel
verschiedene Waffenpläge in Nord - Deutschland fortan be
haupten zu wollen , ſeinen Reihen eine beynahe gleiche Un-
zahl erfahrener Krieger entzog. Allein noch immer übte er
jene Zauberkraft über die französischen Heere und über die
Nation aus , welche ihm gestattete , alle Personen zu seinem
Dienste einzuziehen , und die jeden unter die Fahnen Getre
tenen mit Jauchzen zu dem ihm unbekannten Ziele hineilen
machte. Es erfolgte abermahls eine Erampfhafte Kraftan-
geleistete och scho
strengung.
durch Weder das Alter , welchesVate dem Vaterlande n
schon
"rlan de
Dienste
hatte , noch
jenes , das den Körperbau noch vollends für gleicheEhre zu
entwickeln hat , galt als Ausnahme bey der Conscription
und mit diesen Verstärkungen errang Napoleon im May-
monathe, die Siege von Lügen und Baußen.
Seine Benehmungsweise in Spanien war von gleicher
Art. Auch dort wollten seine Klauen nichts von dem fahren.
Laffen , was sie einmahl gefaßt hatten . Zu starrsinnig , um
für einen Augenblick den Schatten , oder vielmehr den be
deutungslosen Nahmen der Souveränität tes Königreichs
aufzugeben , waren 140,000 Mann Kerntruppen darin ver
theilt *). Die Hälfte davon für Vertheidigungs- Operatio-
nen an dem Fuße der Pyrenäen zusammen gezogen , würde
ohne Zweifel mit furchtbarerem Nachdrucke gehandelt haben,
als das Ganze über die Halbinsel verstickelt ausgestreuet , und

Ein Officier des Generalfabes von hohem Range hat dem Verfal
fer mit Verläßlichkeit erzählt , daß im Winter von 1812 auf 1813
nur ben 10,000 Mann aus Spanien , und zwar die Hälfte davon aus
dem Heere von Catalonien gezogen worden seyen , um den Verlust
an Unterofficieren bey der aus Rußland zurückkehrenden Urmee zu
erfeßen , und um die neu gebildeten Körper , damit zu versehen. So.
mit ist obige Zahl sehr mäßig angeschlagen.
122

unter unfäglichen Nachtheilen den einverständlichen tactischen


Vorhaben der Verbündeten Preis gegeben. Durch diese feh-
lerhafte Anordnung war schon seit Beginnen des Krieges in
der ersteren Zeit der Kampf minder ungleich geworden ; als
nunmehrin neden
bey ngef eßter durch Vertheilung ihrer Anstrens
Franzosen
gungen Richtung die Leichtigkeit auf-

hörte , ihre Heere jenseits der Pyrenäen zu verstärken , oder


Sie eingeriffenen Lücken nach Belieben auszufüllen ; so neigte
sich die Wagschale auf die Seite der Verbündeten , und die
Berechnung ihrer Kräfte , so wie die Betrachtung der letzten
Ereignisse forderten fle auf, mit aller Energie weiter • zu
schreiten , um mit dem Feldzuge von 1813 die Befreyung
der Halbinsel zu wollenden.
Virzig tausend Mann unter dem Marschall Suchet
standen m Catalonien und Valenzia ; der Überrest der frans
zösischen Streitkräfte unter dem unmittelbaren Befehle des
aufgedrungenen Königs Joseph, welcher den MarschallJour-
dan als Major - Generalen *) ben sich hatte, (Soult hatte
im verflossenenen Winter den Ruf nach Nord Deutschland
erhalten) , war in Castilien , Leon und in den nördlichen
Bezirken vertheilt , theils um die Verpflegung zu erleichtern,
theils um den verschiedenen spanischen Parteygängern , wel
che feit der Befreyung des Südens wieder * aller Orten her-
vorquellen , die Stirne zu biethen. Der linke Flügel dieses
Hauptheeres hielt Toledo und Madrid besetzt , und hatte
fogar ein kleines Corps bis in die Provinz La Mancha ge=
schoben ; doch das Hauptaugenmerk war immer auf die Linie
des Douro gerichtet , an dessen rechtem Ufer stattliche Werke,
aufgeworfen, und im verflossenen Winter so ausgedehnt
und verstärkt worden waren , daß sie allerdings eine mächtige
Schuhmauer bildeten , hinter der man ohne Besorgniß eines
Frontal . Angriffes bleiben konnte.

*) Der Major General vereinigt in feiner Perſon die Verrichtungen


des Generalquartiermeisters und des Generaladiutantëk.
123

Der strategische Fehler dieser Aufstellung war offenbar,


daß die am linken Ufer befindlichen Entsendungen wohl eine
Umgebung von dieser Seite deckten , oder doch wenigstens
ihr Annähern zeitlich genug verriethen, um ihr mit Nach-
aber anderer Seits war der
druck begegnen zu können ;
Grundsat vergessen , daß nur Jener wahrhaft und dauerhaft
decket, der ernstlich bedrohet. Nun waren aber hier bey weis
tem nicht hinlängliche Massen , um die Verbündeten etwas
für ihren eigenen rechten Flügel besorgen zu machen , wenn
er auch noch so sehr durch Ziehung der Truppen gegen den
linken Flügel geschwächt würde. Hierauf baute Wellington
seinen Operationsplan am Douro , welcher ganz nach dem
früheren , in Andalusien befolgten geformt war. Er beschloß
nähmlich eine plögliche Flankenbewegung durch die Proving
Traz os Montes
wirthlichen , durch die dbisher wegen ihrer rauhen un-
Beschaffenheit,
und wegen des elenden Zustan
des der Wege noch keine Operationslinie gegangen war. Die
großen Kähne , die seit der verbesserten Schifffahrt des Douro
ununterbrochen gegen die Mündung ab = und zufuhren , ere
leichterten ungemein den Anschlag. Eine gewisse Zahl davon
wurde, um keinen Argwohn zu erregen , unter verschiedenen
Vorwänden an mehreren
1 Puncten aufgehalten ; ihre eigent
liche Bestimmung war viele Truppen auf einmahl überzu-
führen , sobald der Entwurf der Bewegung zur Ausführung
gereift wäre.
In der Hälfte des Maymonathes segte in diesen Böten
das Gros des verbündeten Heeres an verschiedenen Puncten
zwischen Lamego und der Gränze über den Douro ; alle Co-
lonnen richteten ihren Marsch nach Zamora. 3u gleichen

Zeit rückte Lord Wellington für seine Person mit zwey Dis
visionen Fußvolks , einem spanischen Corps und einiger Reis
teren auf der geraden Straße nach Salamanca vor. Durch
diese doppelte Bewegung wurde das eigentliche Vorhaben
desto mehr verhüllet , als der Feind wahrscheinlich von der
verbesserten Schifffahrt des Douro nicht in Kenntniß geſeßt,
124 s
ppen
aup ttru
auch nicht vermuthen konnte , daß dort Die H
masse bereits übergegangen sey , und sich gegen seinen Rüe
den bewege.
Der Com
mandant von Salamanca hatte die Brücke
nebst den Hauptgäf der Stadt verramme , und war
fen lt
eifright bedacht , alle in der Front gemachte Angriffe abzu-
n
wehren . Allein
z ug er übersah , daß Entsendungße ober- und
ck P t
rarmes üb hü n e
unterhnalb üde
7 de R s laßze
dten Tto
u s spä n e scitten , nddaherieler
inerscehr
2 a , s G u v
Mannschaft verlor , und sich mit seinem tapferen und ent-
schlossenen Häuflein einen Weg gegen den Douro bah-
nen mußte.
Jener Theil der Verbündeten , welcher schon über den
märts gesett war , und am nördlichen Ufer desselben vor=
Dourorückt
stieß zuerst an der Esla auf den Feind. Ob
schon der Lauf dieses Flusses reißend , und seine Ufer steil
und hoch sind ; so fand doch der übergang keinen Wider-
stand. Im Schrecken über das unvermuthete Erscheinen von
einer so beträchtlichen Macht wichen die Franzosen überall
zurück , wußten sich keinen Rath , als die Brücken zu zer-
stören , und verließen sogar Zamora und Toro. Vor der
lezten Stadt stießen am 2. Juny alle auf das rechte Ufer
des Douro übergegangenen verbündeten Truppen zusammen,
und damit war das erste Object des Feldzuges erreicht.
Sobald Joseph Bonaparte Kunde von den Bewegun
gen auf seinem rechten Flügel erhielt, concentrirte er feine
Truppen auf der Hauptstraße nach Burgos , sicher , längs.
derselben sowohl schöne Vertheidigungs - Aufstellungen , als
auch einige kleine Vorrathspläge anzutreffen , und dadurch
in den Stand zu kommen sich Schritt vor Schritt zu be-
haupten. Es war daher gewiß , daß er sich an diese Straße
anklammern würde. Um ihn davon wegzubrücken , mußte
Lord Wellington sich ganz links halten . Er rückte deßhalb
nach Palenzia , und so nahe an die feindliche Gemeinschafts-
linie, daß sie ernstlich bedroht war , turchschnitten zu werden.
125

Am 12. Jung verdrängte eine starke Recognoscirung


eine französische Abtheilung von den Anhöhen von Estapar ,
warf sie in Verwirrung nach Burgos , und brachte sie durch
fernere Bedrohungen einer Umgebung links so in Angst und
une
Bestürzung , daß die schon vorgerichteten Zerstörungsminen
des Schlosses mit Soldatenangezündet
übereilung umkamen.wurs
den , wobey 3 bis 400
Nach der Zerstörung der Festungswerke von Burgos
richteten die verschiedenen vereinzelten Abtheilungen des frans
zösischen Heeres ihren Marsch nach dem gemeinsamen Mits
telpuncte, Vittoria , indeß die Verbündeten sich immer noch
mehr links von der Hauptstraße zogen , am 15. Juny den
4
Ebro über die Brücken von St. Martin und Puente de
Arenas passirten , und endlich am 20. nach einigen Schar
mügeln mit französischen Streifparteyen bey St. Millan
und Osma , an dem kleinen Flüßchen Bayas sich vollkom
men vereinigten , wo sie dann bloß durch eine schmale Reihe
steiler Abhänge von der Ebene von Vittoria getrennt waren,
in der sich die französischen Truppen gesammelt hatten .
Am nähmlichen Abend nahm Lord Wellington eine
Recognoscirung bis nah an die feindliche Linie vor , und
gab sodann die Anordnungen für eine Schlacht am folgenden
Tage hinaus. Mit Anbruch des Tages vom 21. Jung rückte
undganze
dem Fei nde ndlich erhaufen auf die zwischen ihr
die Armee befi
in drey
Hügelreihe. Den rechten Flügel
befehligte Sir Rowland Hill ; die Mitte Sir Lowrey Cole
und Lord Dalhousie ; den linken Flügel Sir Thomas Graham..
Bon der Kuppe der Anhöhen war die Aufstellung der
Franzosen sehr deutlich zu entnehmen. Ihre Mitte stand am
linken Ufer und längs eines Baches , Nahmens Zadorra ,
der vor Vittoria von Norden nach Süden läuft ; der rechte
Flügel jenseits des Baches auf einigen Anhöhen ober dem
Dorfe Albechucho ; der linke Flügel war weit hinter dem
Bache, bey dem Dorfe Sabijana de Alva zurückgezogen ,
doch waren vorwärts desselben die mächtigen Berge von La
126
Puebla mit einer nicht sehr starken Abtheilung beseßt, wels
?

che gewisser Maßen die , einen schwachen , nachtheiligen aus-


springenden Winkel bildende Mitte flankiren sollte. Durch
diese Aufstellung war jeder der drey Fahrwege gedeckt , wel-
che auf Vittoria zulaufen. Auf jenem von Logronjo stand
der linke , auf jenem von Bilbao der rechte Flügel , und
die Mitte auf dem, von Madrid kommenden . Der vorzüg
liche Zweck war , die Hauptstraße nach Bayonne zu ſchir-
men, welche östlich von Bittoria eine gute Strecke lang sich
beynahe gleichlaufend mit dem Zadorra Bache hinzieht. Auf
dieser Straße erblickte man einen endlosen Zug von Fuhr-
werk aller Art, das sich gegen Frankreich fort bewegte , und
die Stadt war mit anderem angefüllt , das wartete, bis an
selbes die Reihe zum Abfahren. Eäme..
Die Stärke der zwey gegenüberstehenden Heere war
dadurch beynahe gleich geworden , daß die Franzosen , um
den Lebensunterhalt von weitem herbeyzuschaffen , und um
von den deßhalb gemachten Streif- Commanden , die immer
wachsenden Banden eines Mina und anderer Guerillas-
Anführer entfernt zu halten , 12,000 Mann unter dem
Generalen Foy in der Umgegend von Bilbao , wie auch
Gen
15,000 unter dem Clauzel nach Logronjo entſen-
det; die Verbündeten aber zur Bewachung ihrer Nachschubs-
linie über 7000 Mann zurückgelassen hatten.
Die drey Abtheilungen des verbündeten Heeres mar
schirten in eben so vielen Colonnen von der Kuppe der Un
höhe herab, gerade auf die , ihnen vorgezeichneten Angriffs :
puncte los. Der rechte Flügel unter dem Sir Rowland Hill
Eam zuerst ins Gefecht , weil er auf den feindlichen Posten
von La Puebla stieß , der nach kurzem Widerstande von dein
Bergfuße zurückgeworfen war. Allein , da alsogleich bedeu-
tende Verstärkungen zur Unterstüßung herbeyeilten , erneuerte
fich der Kampf, und währte geraume Zeit mit vieler Harts
näckigkeit fort. 3ulegt 6 er sich zu Gunsten der Ver-
bündeten , welche die Flüchtlinge über die Zadorra verfolg="
127
ten , und die erste Bestürzung benüßend , auf das Dorf Sa-
bijana de Alva , melches gerade vor dem feindlichen linken
Flügel liegt, losstürmten , und es eroberten. Dieser erste
Sieg beraubte die feindliche Mitte ihres Hauptstüßpunctes.
Sir Lowrey Cole ergriff den vortheilhaften Augenblick , um
auf einigen Stegen (Laufbrücken , bloß für Fußgänger brauchs
bar), die als unbedeutend nicht waren abgetragen, worden ,
über die Zadorra zu feßen , und mit Ungestüm den gegene
überstehenden Feind anzufallen . Lord Dalhousie rückte schleu-
nig nach, und die Angegriffenen wichen nachVittoria zurück.
Auch Sir Thomas Graham drang mit dem linken Flü-
gel auf gleiche Höhe heran , und drückte den feindlichen rech-
ten von den Höhen oberhalb Abechucho hinab. Joseph Bo=
naparte, der dadurch seine Gemeinschaft mit Bayonne be-
droht sah, schob sogleich ein Truppencorps weiter rechts bis
nach Groß- und Klein - Gamarra an der Zadorra , wo die
Hauptstraße knapp am Ufer dieses Baches läuft. Die Be-
febung dieser Puncte feste ihn in Stand , den Übergang zu
bestreiten, und deckte den Zug feines ungeheuern Fuhrwe
sens und den Rückmarse des Heeres . Sir Thomas Graham
beorderte daher die Spanier unter Longa, den Feind aus
dem einen dieser Orter zu vertreiben : die Diviſion des Ge-
nerals Oswald war befehligt auf das andere loszugehen zu
gleicher Zeit mußte der Überrest des rechten Flügels das ,
ebenfalls an dem Flüßchen gelegene Dorf Abechucho stürmen.
Groß- Gamarra wurde durch das entschlossene Vorrücken der
Brigade des Generas Robinson erobert : auch das DorfUbe-
chucho , obschon mit minderer Heftigkeit angefallen , wider-
stand nicht lange dem lebhaften Beschießen. Die Franzosen ,
um die verlorenen Posten wieder zu erlangen , sammelten
hinter Groß- Gamarra eine bedeutende Truppenmasse , der
es zwar mißlang , das Dorf in wiederhohlten herzhaften
Stürmen zu entreißen, allein sie hemmten das weitere Fort-
schreiten des Generalen Aswald , der mit seiner vereinzelten
Diviſion zu ſchwach war , ferner vorzueilen , und abwarten
128

mußte , bis die Mitte in die Stadt Vittoria eingedrungen


war. Sobald dieses erfolgte , wich auch der , ihm gegen:
überstehende Feind hastig zurück , und Oswald's Division
ging nun über die Zadorra , um sich auf der Hauptstraße
nach Bayonne festzusetzen. Somit war der Feind von allen
Seiten nach Vittoria gedrängt , und der einzige , für den
Rückzug offen bleibende Weg war jener nach Pampeluna.
Die Verwirrung unter den verschiedenen französischen
Heerestheilen , welche einer nach dem andern zurückgeworfen
wurden , war sehr groß , und nahm immer mit dem unvers
meidlichen Drängen zu , je näher sie an einander kamen ;
zuleßt wurde das Heer ein ungeheueres Gewimmel , das
sich durch die mit Gräben und Bergfüßen durchschnittene Ges
gend in regelloser Haft fortkugelte. Das Geschüß hatte un-
fägliche Mühe auf Wege zu gelangen nur die Reiteren bez
hielt einige Fassung , und suchte den Rückzug zu decken. Die!
Verbündeten folgten der Flucht auf der Ferse , und zwan=
gen , wo immer eine Stockung oderHemmung entstand , als
les im Stich zu lassen , was nicht augenblicklich weiter kom-
men konnte. So blieben 151 Geschüße und 415 Pulverkar
ren mit mehr als 14,000 Ladungen und bey zwey Millio-
nen Flinten - Patronen auf dem Schlachtfelde. Der Feind
hatte nur eine Haubige und eine Kanone mit sich fortge
bracht, und verlor sogar leßtere am folgenden Tage.
In der Umgegend von Vittoria standen zwey tausend
Fuhrwerke aller Gattung , die im Stiche gelassen waren
und Caffen , Kostbarkeiten und Eigenthum des Kronschates.
enthielten. Joseph selbst entwischte nur dadurch der Gefan-
genschaft, daß er aus der Kutsche sprang , und sich auf ein
Pferd schwang , als eben eine Schwadron brittischer Dras
goner anrückte. Der Unfall war so unerwartet , daß die Ge
mahlinnen der ersten Staats- und Hof- Würdenträger Bes
los mitgezogen waren , sich plöglich
argen
Afterkönigs , die
threm Schicksale überlassen sahen. Mehrere Hunderte die-
fer Frauen liefen mit ihren Kindern bebend und jammernd
129
querfeld , und mußten dann den Marsch des Heeres zu Fuß
mitmachen. Mancher Spanier von hoher Geburt und bis-
her im Überfluffe, zog damahls , vom Hunger und von Müh-
seligkeiten erschöpft , vielleicht auch durch nagende Gewis
sensbisse gequält , barfuß und mit leeren Taschen aus seinem
Vaterlande , das er nie wieder betreten sollte.
Die Zahl von Todten , Verwundeten und Gefange
nen im französischen Heere war gar nicht im Verhältniß mit
dem Verlust an Geſchüß und sonstiger Ausrüstung ; sie über-
steigt kaum 10,000 Mann ; aber die größte Wirkung dieses
Sieges war eine so gränzenlose Bestürzung , ein so verblen-
dendes Entsetzen , daß die fliehenden Truppen in ihre eigene
Festung über die Mauern hinan stürmen wollten , weil sie
beym Unlangen davor die Thore auf den Befehl des vorsich=
tigen Commandanten verschlossen fanden. Der Commandant
war wirklich genöthigt mit Geschüß- und Flintenfeuer die
unsinnigen Versuche abzuwehren. Selbst die Generäle was
ren nicht ganz frey von diesem Eindrucke geblieben , denn
ſie ſtimmten in einem gehaltenen Kriegsrathe beynahe Alle
dafür , Pampelluna , da es nicht hinlänglich verproviantirt
sey, zu räumen , und seine Werke in die Luft zu sprengen.
Nur Joseph begriff, wie wichtig diese Festung sey, um sei-
nen Rückzug einiger Maßen zu decken , er verwarf den Vors
schlag des Kriegsrathes , und übte die lehte Amtshandlung
Der königlichen Gewalt aus , indem er den Befehl ertheilte,
aus der ganzen Umgegend mit Gewalt in den Plaß zu schlep-
pen, was immer zur Erhaltung der Besaßung dienen könne.
te. Diese Verfügung , mit Pünctlichkeit und Strenge ausges
führt , verdoppelte die vorhandenen Vorräthe , und beugte
einem Entschlusse vor , welcher das Maß des Unglückes voll.
gemacht hätte. Es wurde eine Besaßung so gut als möglich
ausgewählt, die ganze übrige fliehende Heeresmacht , nach
einem kurzen Halt auf dem Glacis , feste den eiligen Zug
einwärts gegen die Pyrenäen in ziemlicher Unordnung fort.
Die lehten Truppen waren noch vor Pampelluna nicht aus
II.
130
dem Gesichte versch als schon der verfolgende rechte
Flügel und die Mitte der verbündeten Heere herandrangen ,
die aber das Feuer von den Wällen herab aufhielt.
Der linke Flügel des verbündeten Heeres unter Sir
Thomas Graham zog sich gleichvom Schlachtfelde aus links,
um den Generalen Foy abzuschneiden ; allein dieser Officier
hatte auf die Nachricht von Josephs Niederlage ungesäumt
den Rückzug auf der Straße nach Bayonne angetreten . In
Tolosa verrammelte er die Gassen , mit dem Vorsage sich
hier einige Zeit zu behaupten. Jedoch Sir Thomas Graham
jagte ihn sehr bald heraus. Zuerst führte er Geschüß auf,
und schoß die Thore ein , dann stürmte er hinein , und ließ
die Franzosen gar nicht mehr zu Athem kommen , bis fie
über Spaniens Gränzen hinüber geworfen waren.
Den Tag nach der Schlacht marschirte General Clauzel
auf Bittoria ju , ganz unbekannt mit dem , was hier vor-
gefallen war. Als er ganz nahe bey der Stadt angelangt
war, fie in der Gewalt der Verbündeten fand , und die
Unmöglichkeit vor sich sah, mit Joseph Bonaparte sich in
Verbindung zu sehen , um fernere Verhaltungsweisungen
von ihm zu verlangen ; so ergriff General Clauzel den Ents
schluß , nach Logronjo, von wo er gekommen war, wieder
zurück zu marschiren , und dort einige Tage anzuhalten , um
fich Nachrichten über die Bewegungen seines Oberhauptes
zu fentsendeten hierauf am
зи verschaffen. Die Verbündeten
25. Juny drey Divisionen nach Tudela , um Clauzels Rück-
Lehr nach Frankreich abzuschneiden , indeß eine andere Co-
Tonne gerade auf Logronjo vorrückte , um ihn anzugreifen .
Clauzel entging mit vieler Gewandtheit den gelegten Schlin-
gen. Zuerst wich er vor dem Frontal - Angriffe gegen Tudela
zurück , wo er am 27. über den Ebro seßte ; als er nun hier
die Wege über die Pyrenäen vom Gegner befeßt , und sei-
nen Rückzug abgeschnitten sah , ging er am nähmlichenAben
wieder auf das rechte Ufer des Ebro , warf sich eiligst links
nach Saragossa, erreichte dann in Eilmärschen den Engpaß
131

von Jaka , nah am Pik dü Midi , und rettete sich nach Franks
reich mit einziger Aufopferung feines Geschüßes .
Der Graf von Bispal (O'Donell ) brachte einige Tage
nach der Schlacht auch das spanische Reserve- Heer zuſam-
men , rückte damit vor das enge Schloß von Pancorva ,
welches mit einer Besaßung von 700 Mann durch Bewer
fung zur Übergabe genöthigt wurde. Dieses Schloß auf der
Spise eines hohen , unzugänglichen Felsen gelegen , der
über die Schlucht beynahe überhängt , wodurch die Haupts
straße von Madrid nach Vittoria geführt ist , hatte bisher
diese Straße gesperrt , nunmehr war sie geöffnet.
Während dieser Unternehmungen verfolgte Sir Row
land Hill die Flüchtlinge ohne Rast durch die Pyrenäen ,
und warf sie von jedem Puncte , wo sie halten wollten , mit
Ungestüm zurück , bis er auf der beherrschenden Stelle des
Engpasses von Maya (auf der Kehrſeite der Gebirge) ans
langte , wo er Posten faßte. Damit schloß sich ein glänzen-
der Triumphzug von Portugal bis an die Gränzen Frank-
reichs , der den Verbündeten nicht ganz 5000 Todte und
Verwundete , und beynahe nicht mehr Zeit gekostet hatte ,
als ein Reifender bey den dortigen Hinderniſſen brauchen
würde, diese Strecke zurückzulegen.
Die Festungen St. Sebastian und Pampelluna waren
ihrem Schicksale überlassen. Lord Wellington beschloß die ers
fte mit Nachdruck zu belagern , weil ihre Lage am Meere
sowohl ihm möglich machte , schnell alle nöthigen Angriffs=
mittel herbeyzuziehen , als auch den baldigen Besiz dieser
geschüßten Verbindung mit dem Mutterstaate höchst wichtig
und wünschenswerth machte ; die Einnahme von Pampelluna
konnte schon größeren Verzug leiden , daher sollte sie durch
Aushungerung erzielt werden. Um dem Entwischen der Be-
fabung vorzubeugen, und um den Dienst der Einschließung
zu erleichtern, wurden rings herum feste Schanzen aufge
worfen, und mannigfaltige Hindernisse vorgelegt.
Sir Thomas Graham wurde zur Belagerung von St.
I 2
132

Sebastian mit 10,000 Mann beordert. Dieser Plag liegt


am Ende einer Landspiße, die südlich von der Mündung
des Urumea - Flüßchens in das Meer hinausragt. Die niedri
ge Landseite war durch eine Festungsfronte geschlossen , von
der aber die Berlängerungen aller Linien jenseits des Flüße
chens in einer Entfernung von siebenzehn bis neunzehn hun-
dert Fuß auf beträchtliche Sandhügel fielen , welche daher
diese Vertheidigungswerke vollkommen der Länge nach be
strichen , und im Rücken nahmen. Von dem nähmlichen
Puncte gewahrt man auch die Mauern längs der Wasserseite
bis an den Fuß , da selbe, im Vertrauen auf den Schuß des
Wassers durch
& gar nichts gedeckt sind. Der Nachtheil dieser
Vernachlässigung hatte sich schon im Jahre 1719 bey der Be-
lagerung unter dem Marschall Berwick erprobt , weil auch
dieser schon entdecke daß Urumea gewöhnlich nach
der Ebbezeit zu durchwaten ist. Die Angriffsumriffe wurden
ganz nach dem dazumahl beobachteten Plane gemodelt ,
nähmlich auf den Sandhügeln am rechten Ufer des Flüßchens
in der Nacht vom 13. auf den 14. July Batterien von
schwerem Geschüße aufgeworfen. Um nde ke
n in derrFronte
n 25. waren we
e u nd in dem dara stoße B oll der
der
Landfronte zwey vollkommen ersteigbare Wallbrüche herge-
stellt, der ein vierzehn , der andere fünfthalb Klafter breit.

Zur Zeit des niedern Wasserstandes wurde gegen beyde der


Sturm angeordnet.
Als das zum Sturm bestimmte Commando , beyläufig
2000 Mann , in Bereitschaft war , wurde eine unter dem
Glacis der Landfronte vorbereitete Mine losgebrannt , um
das Zeichen zum allgemeinen Hervorstürzen zu geben ; diese
unvermuthete Explosion hatte die Vertheidiger schon so be-
stürzt, daß das Vorrücken bis zum Fuße der Sturmlücke
über eine sehr lange Strecke gar keinen Widerstand fand ;
allein inzwischen hatten sich die Belagerten wieder gefaßt,
und schleuderten von der Höhe des Walles und aus einigen
unzerstörten Thürmen von der Seite eine solche Menge Gra
133

naten und Feuerwerkskörper hinab , daß die hinanklimmende


Mannschaft schwankte , und endlich nach den Laufgräben um-
kehren mußte, nachdem sie einen Verlust von beynahe 100
Todten und 400 Verwundeten erlitten hatte.
Um Tage, wo die Besaßung von S. Sebastian die
fen Triumph erfocht , begannen auch ihre Kriegsgefährten
im offenen Felde eine Reihe von Manövern gegen den rech
ten Flügel des verbündeten Heeres. Marschall Soult, der
für den geschicktesten unter den französischen Generälen galt,
war im Monath July von den Armeen in Deutschland ges
kommen , um als Stellvertreter des Kaisers den Oberbefehl
im Süden zu übernehmen , und den gesunkenen Ruhm der
kaiserlichen Waffen wieder aufzurichten. Die Truppen im
Süden waren durch Entweichung und allerley Zufälligkeiten
auf 80,000 herabgeschmolzen ; demungeachtet kündete der
neue Oberbefehlshaber laut an , daß bald wieder Napoleons
Adler jenseits des Ebro sich erheben sollen. Als Beweis ,
wie fest Er auf die Verwirklichung seiner Erwartungen zäh
le , both er das Äußerste auf , um frisches Geschüß heranzus
bringen, und um seine Reiteren zu vermehren , obschon diese
beyden Waffen in den Engungen der Pyrenäen von wenigem .
Nugen , und erst in den Ebenen der größeren Flußgebiethe
wieder brauchbar sind. Seine erste Unternehmung war auf
Pampeluna gerichtet. Um diesen Plaß zu entseßen , sam
melte er zu St. Jean Pied de Port ungemeine Vorräthe
und Feldausrüstungen , auch in der Umgegend das Gros
ſeines Heeres.Bogat
Gewiß ist von allen Kriegsunternehmungen die schwie-
vigste und zugleich die am meisten Zu und Unfällen ausge
seßte die Vertheidigung der Übergänge über einen langen Ge-
birgsrücken. Während der eine Theil sich - wo nicht auflöst ,
doch wenigstens zerstückelt, kann der andere an mehreren
Puncten sich zeigen , und nach Belieben auf jenen , der ihm
der geeignetste scheint , mit Macht werfen. Hat der Feind
pen übergang auf einer Stelle erzwungen , fo werden die
154

Vorsichtsmaßregeln auf allen übrigen unnüß , und die Ev


haltung des allerstärksten Postens hängt von dem Widerstans
de ab , welchen der schwächeste leistet. Diese Gefahren beste
hen schon bey dem Übergange eines Stromes , aber in noch
weit größerem Maße hier , wo nicht nöthig ist , Brücken
herzustellen , und dergleichen Vorkehrungen zu treffen , die
oft viele Beit erfordern , und die Aufmerksamkeit auf be
stimmte Puncte ziehen. Das sicherste Verfahren bey der Ges
birgsvertheidigung ist daher , dießseits der Bergwände an
Puncten , von wo aus die Thäler , folglich auch die Wege,
sich verzweigen , die vorzüglichsten Truppenmassen zu fam
meln , und gegen die Pässe vor , so zu sagen nur Späher
zu schieben , welche doch von hinlänglicher Stärke seyn müf-
fen , um die Bordringenden so lange aufzuhalten , bis die
zur Vertheidigung Aufgestellten in den Central Posten zu
den Waffen gerufen und in gehörige Verfassung gesetzt ſind.
Diese sinnreiche , anbestreitbare Theorie fest jedoch quer
laufende Gemeinschaften als unerläßliche Bedingung voraus ,
und diese finden sich in den Pyrenäen gar nicht vor , wo die
riesenhafte Natur so Felfen auf Felsen , und Berge auf Berge
thürmte, daß die Verbündeten die vier Vorwürfe ihrer nuns
mehrigen Operationen , nähmlich die Sperrung zweyer Übers
gänge , die auf (60 englische) mehr als 13 deutsche Meilen
aus einander lagen , und die Einschließung von zwey Fe
ftungen als ganz abgesonderte , selbstständige Unternehmun-
gen behandeln mußten.
Deßhalb traf Wellington die nachfolgenden Anordnung
gen: „ Das Belagerungscorps von St. Sebastian unter Sir
„Thomas Graham nebst den Deckungstruppen an der Bis
dasoa (meistens Spanier) bilden den linken Flügel ; eine
Brigade brittischen Fußvolkes unter dem Generalen Byng
,,mit einem Corps Spanier unter Morillo aufgestellt in dem
(durch die halb fabelhafte , halb wahre Geschichte Rolands bes
„rühmt gewordenen) Thale von Roncevaur oder Roncesvalles
bildet den äußersten rechten Flügel , und hat zu seiner Uns
135
terstügung zuerst unmittelbar hinter sich die Division des
„Sir Lowry Cole bey dem Dorfe Biskaret (auf dem Wege
trach Pampelluna), sodann weiter rückwärts bey Olaque die
„ Division des Sir Thomas Picton. Die Diviſion des eh.
„ renwerthen Generals Wilhelm Stewart mit der portugie
fischen Division Silvieras , zusammen unter den Befehlen
,,des Sir Rowland Hill , befeßt den Engpaß von Maya,
„ beyläufig (20 englische) 4z deutsche Meilen links (nordöstlich)
„von Roncesvalles . An ihn ist angewiesen der General Camp=
,,bell , der mit einer portugiesischen Brigade zur Besetzung
des Thales von Los Alduides vorgeschoben ist. Die leichte
,,Division unter dem Freyherrn Carl von Alten muß die Ans
höhen von St. Barbara , und die Division des Lord Dals
„housie den Punct Puerto de Echlar behaupten. Beyde bil-
,,den Zwischenposten zwischen den zwey äußersten Flügeln.
Die sechste brittische Division unter dem Generalen Pack
steht als Rückenhalt bey dem einwärts liegenden Engpaſſe
„von St. Estevan . Der Graf von Bispal mit zehntausend
„Spaniern ist mit der Einschließung von Pampelluna bes
auftragt."
,,Dagegen machte Soult nachfolgende Anordnungen :
„Beyde Hauptübergänge , deren Wege sodann bey Pampels
„luna zuſammenfließen , und die , wie oben gesagt wurde ,
4 deutsche Meilen von einander liegen , jener nähmlich
„von Roncesvalles und jener von Maya, follen an demsel=
ben Tage angefallen werden. Jeder errungene Vortheil
„auf einem dieser zwen äußersten , verwundbarsten Stellen
„wird alle , wo immer vorgeschobenen verbündeten Truppen
zwingen , ungefäumt zurückzueilen , um nun das höchste
„Ziel, die Durchschneidung aller Verbindung unter einander
zu erreichen , darf nur das Augenmerk der Bordringen-
,,den dahin gehen , eines der zurückweichenden Korps des
„ Gegners von der Hauptstraße nach Pampelluna wegzudrü-
ken , während alle französischen Colonnen sicher find, im
Borschreiten vor dieser Festung zusammenzustoßen."
136

Die, hiemit angeordneten Bewegungen der französis


fchen Truppen wurden am 25. July begonnen , als eben
(gewiß kein gleichgültiger Umstand !) Lord Wellington om
entgegengesetzten Ende der Aufstellungslinie bey St. Seba-
stian sich befand. An diesem Tage rückte nähmlich General
Drouet d'Erlon an der Spiße von dreyzehn tausend Männ
gegen das Corps des Sir Rowland Hill , welches den Rü
Œken oberhalb des Ursprunges der Bidasoa krönte ; der erste
Angriff geschah mit sehr richtiger Beurtheilung gegen den
linken Flügel dieser Aufstellung , weil von dort die Gebirge
etwas sanfter gegen das französische Lager abfielen. Genez
ral Hill hatte nebst diesem Passe noch die vielen andern Punc-
te , wo mehr oder minder gangbare Wege herüberziehen , jes
ne von Aristavan , Ariete , Ispeguy , Lareta und so fort,
auf ziemliche Entfernung von einander zu bewachen , es war
daher ihm unmöglich alle vertheilten Posten heranzuziehen
um die Gleichzahl herzustellen. Alles , was er thun konnte ,
war , beym Zunehmen des Undranges frische Bataillone vor:
zuführen , aber dieses reichte ben weitem nicht hin gegen eis
nen Feind , der seine ganze Macht in dichte. Maffen zusam
zuballen , und auf einer einzigen Stelle zu verwenden im
Stande war. Die Verbündeten mußten sich mit einem Vers
lufte von 1600 Todten und Verwundeten einige Stunden
zurückziehen , und Sir Rowland Hill bezog jenseits der Bi
dassoa, wo alle Colonnen sich wieder vereinigten , eine Stel-
lung auf einem durch die Beschaffenheit des Terrains ganz
dazu geeigneten Plaße. Die Franzosen standen von weiteren
offensiven Bewegungen ab.
Marschall Soult war indeß für seine Person an der
Spige von 35,000 Mann von St. Jean Pied de Port aus
gegen den Paß von Roncesvalles gezogen. Die Hauptstraße
läuft über den Mont d'Oriffon , ein fahrbarer Seitenweg
zieht sich füdwestlich über Arbaizete. General Byng, der
hier die Vorhut der Verbündeten befehligte, stellte den
137
1
Generalen Murillo rechts von sich, doch nahe genug umsich
wechselseitig zu unterstüßen , und trug ihm die Beobachtung
des Seitenweges auf : er selbst übernahm mit seiner Briga-
de die Versicherung und Sperrung des Hauptüberganges.
Zu diesem Ende schob er den größten Theil seiner Truppen
von dem Gipfel längs den , die Zugänge beherrschenden
Bergfüßen vorwärts hinab. Marschall Soult , der diese Un-
ordnungen übersah , ordnete nunmehr falsche , gar nichtscharfe
Angriffe gegen diese beyden Puncte an, und ließ in der
nähmlichen Zeit eine sehr starke Colonne von seinem rechten
Flügel in der Schlucht des Aizi - Waldstromes gegen den Rüz
cken des Arola gedeckt hinanmarschiren , um die ganze Aufs
ſtellung des Generalen Byng links zu umgehen , und abzus
schneiden . Ganz nahe an der Spise des Berges Ibaguet
Frieß die Colonne auf einen Theil der Division des Gene-
rals Cole , der vielschwächer , als die herandringenden Feinde,
ihnen mit großem Verluste weichen mußte. Allein von der
verborgen gestandenen Reserve eilte eine Fusilier- Brigade
herbey, und nun faßten die Britten auf einem vortheilhaf-
ten Terrain Posten , wogegen der Feind nichts weiter un
ternahm.
Soult wendete hierauf seine größte Kraft gegen den
Generalen Byng selbst , und da er diesen bis auf den höchs
ſten Punct des Passes zurückwarf; so war dadurch auch der
Weg von Arbaizete entblößt , der mit der Hauptstraße eine
Verbindung auf dem Abhange hat. Arbaizete blieb zwar von
Spaniern beseßt , wurde aber noch am Abende mit solchem
Nachdrucke angegriffen , daß die Besagung eilen mußte ,
sich an die übrigen Truppen des Generalen Cole anzuschlies
ßen, die sich hinter Roncesvalles gesammelt hatten , aber ,
als sie eine solche Übermacht sich gegenüber , ja davon die
Flanken und fast schon den Rücken bedroht sahen ; sobald
nur die Finsterniß einbrach, auf der Straße nach Pampel-
Tuna weiter bis Lizoain marshirten , wo auch die, bey Los
Alduides vorgeschobene Entsendung unterCampbel , über die
138

Schmelzhütten von Egue durch Wald- und Bergsteige dazu


stieß. Nun wurde vereint der Rückzug weiter bis hinter
Jrueta fortgeseßt , und daselbst eine , von vorne beynahe un-
angreifbare Stellung bezogen.
General Picton , sobald er Nachricht von Soults Vor-
rücken erhielt , säumte nicht, von Olaque im Lanzthale hin-
über nach Zubiri in das Argathal, und von dort am 26.
nach Lizoain vorzumarſchiren , wo er zu den zurückgewiche-
nen Truppen stieß , und als ältester im Range das Comman-
do des ganzen Corps übernahm. Um zwey Uhr Nachmittag
rückte die gesammte feindliche Masse vor , worauf Sir L.
Picton sich unter beständigen Gefechten auf einen großen ,
vortheilhaften Plateau zurückzog , den er nebst den sanfte-
ren Abfällen zu seiner Rechten beseßte , und bis zum Ein-
bruche der Nacht in Schlachtordnung aufmarſchirt behauptete.
Sodann begann unter dem Schuße der Finsterniß neuer-
dings die rückgängige Bewegung.
2m 27. früh schickte man sich an , fie ferner fortzu
sehen , mit dem niederbeugenden , peinlichen Gefühle für
Officiere und Mannschaft , daß Pampelluna kurz zuvorZeus
ge ihres glänzenden Sieges , in wenig Stunden sie wieder
an ihren Mauern zurückweichend vorüberziehen sehen soll ;
als vom Lord Wellington der Befehl eintraf zu halten , in-
dem bereits der Graf von Bispal zur Unterstüßung beordert
sen. Bald darauf erschien der edle Lord in Person , und die
Soldaten , denen schon sein Anblick als Vorbedeutung von
Glück und Ruhm galt , bezogen mit Jauchzen und voll Zu-
versicht die ihnen vorgezeichnete Aufstellung.
Es hatte Lord Wellington in der Nacht vom 25. bey
St. Sebastian die erste Meldung von der Bewegung des
Feindes erhalten. Er eilte mit seiner bekannten Thätigkeit
gegen den Tummelplaß, und unterwegs , wie er an den
verschiedenen Corps vorüberfuhr , ertheilte er die Weisun-
gen , um am schnellsten und sichersten zur Unterstüßung der
etwa Zurückgedrückten zu wirken. Che noch General Picton
139
die fein Corps betreffenden Befehle erhalten konnte , hatte
er bereits dasselbe am Zusammenlaufe der zwen Thäler (des.
Lanz- und Arga - Flusses ) oberhalb Pampelluna aufmarschiren
Lassen. Die Division des Generals Cole nähmlich hielt den
Bergrücken zwischen diesen beyden Thälern befeßt ; jene des
Sir Picton war an das linke Ufer der Arga hinüber gescho-
ben und ebenfalls auf eine steile Höhenreihe aufgestellt , wo
sie nebst einiger sich anschließenden Reiterey den rechten Flü
gel bildete ; den linken nahmen die Spanier ein welche
näher gegen Pampelluna gezogen waren. Es ist auffallend ,
welche Ähnlichkeit diese Anordnung mit jener der Verbünde-
ten vor der Schlacht von Waterloo hat. Wie die zwey Stras
ßen von Nivelles und von Genappes auf Brüssel zu strös
men ; so sind auch hier die beyden Zugänge (durch den Eng-
paß von Maya und durch jenen von Roncesvalles) gegen
feindlichen Andrang zu bewachen gewesen , um denselben von
der, zwar nicht feindseligen , aber dafür von feindlichen Trup
pen befesten und eingeschüchterten Stadt abzuwehren. Da
mit die Gleichförmigkeit noch genauer sey, und nicht in der
linken Flanke der Schirm und die Mitwirkung eines eisen-
festen , unerschütterlichen Kriegers feble , finden wir hier
den Sir Rowland Hill , welcher Befehl erhielt, sich hinter
den Lizasso zu ziehen , um sowohl den von Irun über Jrant-
‫رد‬
zun (oder Erazum) und Berisplano nach Pampelluna füh
renden Weg zu sperren , worein Graf Drouet d'Erlon gera-
de, oder auch Marschall Soult mittels eines weiten Umwe-
ges zur Rechten sich werfen konnte, als auch um bey der
Hand zu seyn, die Aufstellung der übrigen Truppen nach Ere
forderniß zu unterstügen.
Soult entfaltete sein Heer in eine, der gegenüberstehenden
entsprechende Schlachtordnung . Seine Mitte faßte auf einer
Bergkette zwischen den zwey Straßen Posten. Um rechten
Flügel beseste er Souraren am Lanzflüßchen , den Spaniern
gegenüber. Zur Linken stellte er eine Division auf beherrs
schenden Höhen jenseits der von Roncesvalles und Zubiri
140
kommenden Straße auf, und weil er diesen Flügel noch ets
was gefährdet sah , wurde noch am nähmlichen Abend ein
Angriff auf einen Mamelon vorgenommen , der unfern von
Cole's rechtem Flügel mit einem spanischen und einem portu
giesischen Bataillone befeht war. Diese Truppen empfingen
aber standhaft mit vorgestrecktem Bayonnete die Stürmer ,
warfen sie über den Abhang , und wurden durch Verstärkung
gegen einen zweyten Versuch gesichert.
Am 28. früh Morgens traf die Division des Genera=
Len Pakenham *) am linken Flügel der Division Cole ein ,
und stellte sich gleich mit der Fronte gegen das Dorf Sou-
raren auf, wo der Feind immer größere Streitkräfte heran-
zog. Kaum war die Division aufgestellt , als sie auch schon
von dem Dorfe her mit Wuth. angefallen wurde. Die Frans
zosen strömten mit Eifer heraus , und drangen lange unab
läßlich vor , obschon ihnen von vorne iund von der Seite
heftiges und sehr wirksames Feuer entgegen geschickt wurde.
3ulebt unterlagen fie der gräßlichen Verheerung und wichen
zurück, düzg h
Marschall Soult beschloß nach diesem Mißlingen eines
hmen ag
zeinzelnen orzune , den
en Linie vVersuches . Um
allgemeinen chmitt mit
ein Uhr NaAngriff an
rűder ggans
eine
starke Colonne den Berg hinan , worauf die Mitte der Vers
bündeten (die Division Cole) stand, deren linker Flügel bis
an eine kleine Capelle reichte. Gerade auf diese Capelle war
der erste Angriff gerichtet. Das Bataillon , welches sie bes
fehte , wurde bald daraus verdrängt , allein als das 7. und
23. englische Regiment (die Füsilier Brigade genannt) zur
Unterstüßung herbeykamen , kehrte auch das Bataillon wie:
der muthig um , der Kampf wurde erneuert , und nun muß-
ten die Feinde zurückweichen. Diese wendeten sich schnell ge=

*) Dieser schon öfter genannte General ist ein Schwager Wellingtons ,


und blieb als Unführer der mißlungenen Unternehmung gegen eus
Orleans am 8. Jänner 1815.
141
gen einen Hügel am rechten Flügel , wo das 40. Regiment
und eine Abtheilung Spanier in einem Treffen aufmarschirt
standen. Die legten waren gleich versprengt , und die Fran-
gofen gewannen dadurch die Kuppe , doch war ihr Triumph
nicht von langer Dauer , denn noch stand das 40. Regiment
unverrückt da , gab eine volle Salve , stürmte dann mit
dem Bayonnete auf die zu hastig Vorgedrungenen los , und
warf sie mit bedeutendem Verluste auch hier zurück. Nun '
zog Soult vor seiner ganzen Fronte wie einen Nebel von
Plänklern , und durch ihr Feuer verhüllt , stürzten plößlich
zwey Colonnen hervor , um beyde Flügel der Division Cole
zugleich anzufallen. Dreymahl wurden sie abgewiesen , und
obschon sie jedes Mahl ungemein gelitten hatten , kehrten
fie immer zu neuem Versuche zurück. Der einzige Vortheil ,
den Soult erringen konnte , war auf dem linken Flügel bey
dem letzten Angriffe die erwähnte Capelle zu nehmen , und
mit den hierauf weiter vordringenden Maſſen auf der vorher
durch die Verbündeten bezogenen Stelle aufzumarſchiren.
Die zunächst stehenden Bataillone wurden vorbeordert , um
sich den Feind hier vom Halfe zu schaffen , und in keiner
Gelegenheit hatte man noch eine muthvoller ausgeführte Waf-
fenthat gesehen. Das 48. Regiment stürzte sich so in das
dickste Getümmel hinein , daß jeder Mann , buchstäblich ge-
nommen , nach allen Seiten mit seinem Bayonnete herum-
arbeiten mußte. Dieser enthusiastische Andrang machte mit
der Wiedereroberung der Capelle an diesem Puncte dem Ge-
fechte ein Ende, so wie das unmittelbar darauf erfolgende,
Borrücken von der Division Pakenhams den Vortheil des
Lages ganz auf die Seite der Verbündeten brachte.
Am 29. blieben beyde Armeen ruhig in ihren Aufstellungen,
Im Laufe dieses Tages langte für die Verbündeten zur Verstär
Eung die Division des Lord Dalhousie an, welche aufden Höhen
vorMarkalain gleich weit entfernt bom rechten Flügel des Hill':
schen Corps, und vom linken des HauptcorpsPosten faßte, diese
beyden Körper eng verband, und dem Vertheidigungs- Systeme
142
der Verbündeten die höchste Zusammenhaltung verſchaffte.
Dadurch war der Schlag geschehen , der Soults Entwürfe
zertrümmerte. Kein Punct war mehr aufzufinden , für wel-
chen der Gegner mehr als für die übrigen ſeiner zusammen-
hängenden Aufstellung zu besorgen hätte ; ja Soult war so-
gar zur Nothwendigkeit gebracht , wohl zu überlegen , ob
er noch auf seinen Angriffsplanen beharren dürfe , nachdem
der linke Flügel der Verbündeten , fest verbunden mit dem
Überreste , weit näher an Lanz , ja selbst an St. Estevan , folg
lich an das Bidasoa - Thal stand , als seine eigenen Truppen.
Allein sein unternehmender Geist überwog alle Bedenklichkei-
A
ten bey der Selbstberathung , und Soult war überzeugt,
daß , wenn es ihm gelänge Pampelluna zu entseßen , alle
übrigen Verlegenheiten bald gehoben seyn würden. Dieß war
daher das unverrückte Ziel der Anordnungen , die er am

Abend des 29. für den folgenden Tag traf. Der Theil seiner
Aufstellung zwischen dem Arga und Lanz- Thale war von
Natur aus so fest , so schwer zugänglich , daß er ihn für uns
angreifbar hielt , und nur schwach , beynahe bloß dem An-
scheine nach besest licß ; mit der Haupttruppenmasse , wozu.
er auch die jenseits der großen Straße aus dem Roncesvallers
Thale entsendete Division herübergezogen hatte, marschirte
er ganz rechts , um bey Ortir im Lanz - Thale (zwiſchen Sous
raren und der Aufstellung des Lord Dalhousie) zu dem , vors
Grafen Drouet d'Erlon zu stoßen ,
beorderten Corps es
und dann vereint den linken Flügel der Verbündeten anzus
greifen. Während dieser Hin und Hermärsche auf Gebirgs-
wegen , vielleicht auch, weil das bereits Vorgefallene Soults
überspannte Hoffnungen schon etwas herabgestimmt hatte ,
wurde dem großen Artillerie - Parke der Befehl ertheilt , auf
der Hauptstraße nach Frankreich umzukehren.
Die Bewegungen des Feindes gegen seinen rechten Flüs
gel konnten dem Lord Wellington nicht verborgen bleiben ,
und enthüllten ihm alsogleich desselben Absicht , nähmlich den
rechten Flügel der Berbündeten durch eine Minderzahl in
143
Unthätigkeit zu erhalten, und sich inzwischen auf den linken
Derselben zu werfen ; vermuthlich mit ganzer Macht einen
abgesonderten Angriff auf das Corps des Sir Rowland Hill,
und alle Vortheile eines solchen Zerstückelns der entgegenge
festen Streitkräfte zu versuchen. Dieſem vorzubeugen , bes
fahl Lord Wellington seinen beyden Flügeln , selbst offensiv
vorzugehen. Mit Tagesanbruch am 30. rückte am rechten Sir
Picton über jene Höhe , von der die entsendete franzöſiſche
Division weggezogen war , an die große von Roncesvalles
kommende Straße vor ; am linken Flügel erstürmte Lord
Dalhousie mit vieler Tapferkeit eine Anhöhe , auf welche die
französischen Colonnen bereits durch die Rechtsziehung an-
gelangt waren , und General Pakenham vertrieb sie aus dem
Dorfe Ortir. Während die Endpuncte der franzöſiſchen Linie
auf diese Art erschüttert wurden , rückte General Cole mit
seiner Division in der Fronte vor. Die französischen Trup-
pen in dieser, mit Recht als unerftürmbar betrachteten Stelle,
bereits entmuthet durch das , was um sie herum vorging ,
wichen zurück, und wurden auf ihrer Flucht bis über Olaqué
verfolgt, folglich in den Rücken jener Maffen , die den gan-
zen Tag hindurch in ein bißiges Gefecht mit dem Corps des
Sir Rowland Hill verflochten waren. Sir Rowland Hill
nähmlich sah zugleich seinen linken Flügel durch den Grafen
d'Erlon , der auf weitem Umwege herangeſchlichen war, und
seine Mitte durch starke Massen angefallen. Lange wehrte er
jeden Angriff ab , bis Graf d'Erlon seinen linken Flügel ganz
umfangen hatte ; nun zog er sich Schritt vor Schritt , und
fechtend auf eine rückwärts liegende Höhenreihe nahe an
Eguarras , wo er, den rechten Flügel näher an die Truppen
des Lord Dalhousie gebracht , den linken an steile Gebirge
gelehnt , die Fronte durch die Schlucht gedeckt , jenseits wel-
cher er vorher gestanden hatte , den ferneren Versuchen des
Feindes spottete !
Nun blieb dem , an allen Puncten geschlagenen oder
gehemmten und bedrohten Feinde nichts übrig , als den Rück-
144
zug anzutreten. Dieß geschah auch in der Nacht vom 31. mit
meisterhafter Ordnung und Fassung gegen das Bidasoa - Thal
durch den Paß von Dona Maria , wo ein starkes Corps in
einer vortrefflichen Stellung zur Deckung zurückblieb. Allein
Lord Dalhousie und Sir Rowland Hill, welche in gleichlau-
fenden Colonnen auf den zwey gegenüber liegenden Rücken
gegen beyde Flügel dieses Corps vorschritten , verdrängten
es von seinem Plaße. Eine Brigade unter dem Generalen
Barnes zeichnete sich hieben durch einen besonders muthvol-
len Angriff aus , der eine gedoppelte Zahl Feinde von einem
der schwierigsten Puncte hinabwarf. Da Lord Wellington
gleichzeitig im Hauptthale des Lanzflusses durch den Paß von
Velate nach Jrueta an die obere Bidasoa marschirte; so war
die Linie dieses letzten Flusses ganz umgangen. Nunmehr
wurde der Rückzug auch mehr eine Flucht , und der Verlust
des Feindes in der ferneren Verfolgung bedeutender. Frü-
her schon war ein langer Zug von Proviant undanderem Kriegs-
geräthe aufgefangen worden : nunmehr schwoll die Zahl der
zurückbleibenden Verwundeten und Ermatteten, wie auch je
ne der Todten mit jedem Schritte an : aber auch den Verbüne
deten hatte der Sieg bey 6000 Mann gekostet.
Am 1. August bezog das verbündete Heer fast genau die
nähmliche Aufstellung, in der es am 25. July durch den
vorrückenden Feind war angetroffen worden. Nunmehr konnte
die Belagerung von St. Sebastian , die seit dem mißlunge-
nen Sturme in eine Einschließung übergegangen war , mit
n
vorgenommen werden. In dieser Zwischen-
e Eiferiffscapitä
erneuertem
r m
F att
zeit der Sch Sir Georg Collie mit seine
Geschwader englischer Kriegsschiffe die Hauptrolle spielen müf-
fen. Er hielt den Hafen von der Seefeite eng versperrt,
und bewarf heftig die Festungswerke und das Schloß , in-
deß der Commandant der Landtruppen Sir Thomas Graham
seine Aufmerksamkeit getheilt , und hauptsächlich während
Soults Manövern auf die Beobachtung der unteren Bidas-
foa gerichtet hatte. Sobald keine Gefahr mehr von dieser
145
Seite drohte , schritt er wieder nach dem früheren Entwurfe
doch mit der
Arbeiter, derVermehrung
Bedeckungsmader Mittel (des Geschüßes , der
nnschaft u. f. f.) an das unterd

brochene Werk. Auf der Landenge selbst sowohl als auf den
Sandhügeln jenseits der Urumea wurden die Batterien theils
verbreitet, theils weiter vorgeschoben , um an der Halbba-
stion , durch welche die Landfronte sich an die nördliche Was
serfronte schließt , und an der daran stoßenden Curtine den
Wallbruch vollständiger zu machen , um die , denselben ver-
theidigenden , alten Thürme zu zerstören , und um ein , vor
der Landfronte liegendes Hornwerk, an welchem die , von
der Landseite vorrückenden Stürmer vorüber marschiren muß-
ten , zu durchwühlen. Ungeachtet häufiger und kühner Aus-
fälle von Seite der Belagerten gingen die Arbeiten ſo von
statten , daß bis 28. Auguſt ſchon achtzig Feuerschlünde ge-
gen die Wälle donnetten. Es war befohlen, zuerst bloß die
Mauern durch senkrechtes Feuer niederzuschmettern , und
dann erst , wenn die gewünschte Wirkung größten Theils
hervorgebracht wäre , eine verhältnißmäßige Anzahl Geſchüße
gegen die Seitenvertheidigungen zu richten. In wenig Stun
den verstummte das Feuer des Plaßes. Am 31. August kurz
vor der Mittagsstunde rückten die Colonnen zum Sturme
vor. Als sie ganz nahe kamen , sprengte der Feind zwey Flade
derminen , die er vor der Spiße der Landfronte vorbereitet
hatte. Er stürzte dadurch eine Mauer ein , an deren Fuß
die vorrückenden Truppen eben vorüber zogen, weil sie aber
nicht dicht geschlossen marschirten , so wurden nur einige vers
schüttet : der Überrest gelangte glücklich an seine blutige Ber
stimmung . Wirklich sehr blutig , und von beyden Theilen
hartnäckig bestritten war der Kampf auf dem Wallbruche.
Gelangten ja die Stürmenden nach ungeheurer Anstrengung
auf die Höhe des Wallganges ; so stießen sie da auf einen
Abschnitt , den die Vertheidiger vom Schutte und der durchs
wühlten Erde aufgeworfen hatten , und woraus ihnen , so
zu sagen auf die Entfernung der Bayonnetten Länge ein möre
II. R
146
derisches Feuer entgegen blißte , das seine Schlachtopfer gar
nicht verfehlen konnte. Mit wahrhaft spartanischer Fassung
rückten immer frische Truppen in die Lücken der Niederſtür-
zenden nach, und wurden wieder durch andere erseßt , die
rasch und muthig aus den Laufgräben vorschritten . Zu glei
cher Zeit watete ein portugiesisches Bataillon muthig durch
niederen Wasserstand der Urunna auf die Wasserfronte los ,
und ließ sich nicht durch das heftige Flintenfeuer irre machen ,
das ihm von der , längs der ganzen Linie eng gereihten feind
lichen Mannschaft , und von einem , den niedergeschossenen
Wall überhöhenden Werke entgegen geschickt wurde. Sir
Thomas Graham , auf die Genauigkeit seiner Kanoniere rech
nend , befahl ihnen über die Köpfe der Stürmenden auf das
hohe Werk wacker los zu feuern, um die Lage der Portugies
fen etwas zu erleichtern. Ungeachtet der höchsten Tapferkeit
und Begeisterung auf allen Puncten , waren bereits zwey
Stunden verstrichen , und noch standen die Truppen der
Verbündeten am Fuße des Wallbruches , dessen Abhang mit
Leichen der Ihrigen bedeckt war. Unerschüttert standen die
Vertheidiger auf den eingestürzten Mauern : unermüdet
stürmten neuerdings die Angreifer hinan . Plößlich gerieth
im Inneren des Plages eine aufgehäufte Menge Feuerwerks-
körper in Brand , und flog mit fürchterlichem Gekrache in
die Luft. Gewiß haben schon viele Militäre die psychologische
Erfahrung gemacht, welche Wirkung auf den festesten Muth,
im Augenblicke feiner þöchſten Spannung , irgend ein unver-
muthetes Ereigniß, besonders wenn es so geräuschvoll und
Den die tapferen
im Rücken vorfällt , gt . Auch dieses Mahl wur:
Vertheidiger dadurch erschüttert , sie began-
nen zu wanken , die Angreifer verdoppelten ihre Anstrengung,
eroberten zuerst die am meisten vorliegenden Stellen , und
bald waren auch die Abschnitte hinter den Sturmlücken von
der Besaßung verlassen. Gleich stürzte sich eine bedeutende
Maffe hinein, einer drängte den andern , und half ihm über
den Schutt; so gelangen die Verbündeten in die Stadt.
149
Hier waren einige Verrammlungen vorbereitet , aber der
Besaßung wurde nicht Zeit gelassen , sich darin festzusetzen z
fie eilte hastig nach dem Schlosse.
Diese glänzende Waffenthat war mit dem Blute vieler
Tapfern erkauft. Am schmerzlichsten bleibt für seine Waffen-
gefährten der Verlust des Oberstlieutenants Sir Richard Flet-
cher(Baronet) , Commandant der in der Halbinsel beorderten
englischen Ingenieur Officiere. Wie sehr er sein Handwerk
studiert habe, worin nicht wie dieß beym Genie- Corps
anderer Mächte der gewöhnliche Fall ist - die gesammelten.
und aufbewahrten Erfahrungen einer vieljährigen Reihe von
Vorläufern als untrügliche Wegweiser dienen konnten , davon
zeugen die Linien von Torres Vedras , womit er Lissabon
deckte, und welche den strategischen Anordnungen des Feldherrn
so lange als feste Grundlage dienten : von seinem Heldenmus
the spricht der Angriff von Badajoz , jener von Rodrigo ,
ja man kann sagen jeder Tag seiner thatenreichen Laufbahn ,
der er zu früh für die fernere wissenschaftliche Ausbildung des
Körpers , von dem er Mitglied war , und zu dessen Ver-
vollkommnung er so viel beytrug, entrissen wurde. Die vere
diente Achtung des ganzen Heeres folgte ihm ins Grab.
Marschall Soult hatte noch nicht die Hoffnung aufge
geben , für die Befreyung von einer der abgeschnittenen Bes
fagungen zu wirken. Was ihm mit Pampelluna nicht geluns
gen war , konnte er vielleicht bey S. Sebastian erreichen.
Am Tage des , daselbst ausgeführten Sturmes wurde auf
den Höhen von S. Marzial , am linken Ufer der Bidasoa ,
belagerung
mit größter Heftigkeit das Deckungscorps der
angefallen , dessen größten Theil die 8000 daben befindlichen
Spanier ausmachten. Diese standen in einer überaus stars.
ten Stellung, da ihre Fronte und der linke Flügel durch den
Fluß und dessen steile Ufer gedeckt waren , ihr rechter Flügel
sich an den unwegsamen Berg Haya lehnte.
Schon während des 29. und 3o . Augusts hatte der Feind
nahmhafte Truppen bey Vera zusammengezogen , welches eis
148
nen übergang über die Bidasſoa voraussehen ließ. Deßhalb
wurde General Inglis mit seiner Brigade an die Brücke von
Lezaka, und General Roß mit der feinigen links vom Berge
Haya gestellt, ganz nahe hinter die rechte Flanke von der Linie
der Spanier , um ihr im Nothfalle schnell zur Unterstüßung
zu dienen eine portugiesische Brigade wurde rechts von dem
oftbenannten Berge beordert , um zu hindern , denselben ,
folglich den rechten Flügel der ganzen Aufstellung zu umgehen.
Die erste brittische Division unter dem Generalen Howard
bildete in Irun die Reserve für den linken Flügel derSpanier,
und für ihren Rechten die Guerillas Scharen des Longa , welche
auf dem Berge Haya lagerten. Somit war kein Punct ohne
Terrainvortheile vor sich , keiner ohne hinlängliche Unterstü
hung hinter sich geblieben . Gegen Abend des 30. gewahrte
man deutlich einen langen 3ug von Geschütz , Munitions-
Farren und Pontonen , auf der großen Bayonner Straße ,
wie auch mehrere Truppenkörper , die sich vorbewegten ; den=
noch verstrich die, sehr stürmische Nacht , ohne irgend einer
Feindseligkeit. Am 31. mit der Morgendämmerung entdeckte
man mit Erstaunen , daß bereits ein feindlicher Heerhaufen
über die Bidasoa durch eine Furt gerade vor dem linken
Flügel der Spanier geseht sey , daß ein zweyter eben im
Begriffe stehe , auf der nähmlichen Stelle nachzurücken , und
ein dritter, unter dem Schuße mehrerer Batterien , die wäh-
rend der Nacht aufgeworfen worden waren , in voller Arbeit
sen, eine Brücke über den Fluß beynahe fünfthalbhundert
Klafter oberhalb der Straße zu schlagen. Zu gleicher Zeit
durchwatete eine Kolonne von 15 bis 20,000 Mann die
‫نا‬
Furt von Salim , oberhalb und ganz nahe vom Berge
Haya. Sobald die zwey französischen Abtheilungen vor dem
linken Flügel der Spanier gesammelt waren , fielen sie den
selben an , und zwar mit großer übereilung , weil sie ihren
Gegner gering achteten. Sie stiegen nähmlich in mehreren
Kolonnen den gähen Hügel hinan , auf dessen Krone die
Spanier Ealtblütig die Heranstürmenden abwarteten , den-
149
ſelben , ehe sie Zeit gewannen aufzumarschiren , mit dem
Bayonnette entgegen stürzten , und dadurch die , auf nichts
weniger als standhaften Widerstand vorbereiteten Franzosen
so außer Fassung brachten , daß die Colonnen in verwirrtem
Gewimmel wieder über den Abhang hinab , und über den
Fluß hinüber eilten , in dessen Fluthen mancher sein Grab fant.
Eben so nachtheilig für den Feind fiel ein späterer Vers
fuch gegen den rechten Flügel der Verbündeten aus . Um den
Bau der Brücke zu decken , war eine französische Division hin-
über geschoben , aber bald wieder herüber gejagt worden. Die
günstige Einwärtsbiegung des Flusses , welche gestattete das
jenseitige linke Ufer durch die dießseitigen Batterien abzufe-
gen , hinderte die Spanier die Verfolgung bis an den Fluß
zu treiben , und schirmte die Arbeit der Pontoniere , welche
zeitlich Nachmittags die Brücke zu Stande brachten. Sogleich
Franzosen
schritten 15 hinüber , und machten einen all-
gemeinen Angriff auf die Höhe won S. Marzial. Im Au-
genblicke ihres Angriffes erschien Lord Wellington vor der
Fronte seiner Truppen. Die Spanier jauchzten ihm ein lau-
tes und wiederhohltes Lebe hoch ! zu. Die Unwesenheit des
sieggekrönten Feldherrn und die Erinnerung an die großen
Thaten , zu denen er ſie ſchon geführt hatte , erhoben ihren
Muth. Die Franzosen wurden an allen Puncten zurückge-
worfen , und zogen sich ziemlich geschlossen bis an das Ufer
der Bidassao zuri v. Hier aber ergriff sie die ängstliche Sor-
ge für Rettung. Jeder sprang für sich in das Wasser , wo
viele aus der Furt herauskamen , und von den Wellen fort
gerissen wurden. Die meisten strömten in wildem Gedränge
nach der Brücke , die unter der Überlast einbrach , und die
Zahl der Verunglückten ungemein vermehrte.
Während die Spanier von vorne angegriffen wurden ,
rückte das bey Salim übergegangene Corps links , um auf
einen Weg zu gelangen , welcher , den Berg Haya und die
rechte Flanke der Verbündeten umgehend , über Oyarzun
nach St. Sebastian führt. Auf die erste Meldung von dica
150

ser Bewegung kam gleich zur Unterstüßung der Portugiesen


der General Inglis mit seiner Brigade herben , und an dess
sen Stelle rückte ein eben so starker Theil der leichten Dis
viſion an die Brücke von Lezaka. Die zwey Brigaden (die
portugiesische und jene des Generalen Inglis) mußten ſich
vor der Übermacht des Feindes zurückziehen , doch benügten
fie so vortrefflich die Vortheile des durchschnittenen , zu Ne-
ckereyen geeigneten Bodens , daß sie mit geringem Verluſte
den beherrschenden Rand erreichten , worauf das Kloster des
heil. Anton steht. Hier stießen die Divisionen des Sir Low-
rey Cole und des Lord Dalhousie , wie auch Longas spanis
sches Streifcorps dazu , und der Feind war nunmehr außer
n
Stand ihnen uf lleetwas cte
n anzuhaben.
n unweiter ese Im Gegentheile sah
h a ewi eht l
l i c a P a b g , und zul , wei
er
eingefallene Regen die Furten angeschwellt hatten , gezwun
gen, in der Nacht bis Vera hinaufzumarfchiren , um über
die dortige Brücke unter dem heftigen Feuer einer daselbst
aufgestellten Abtheilung der leichten Division wieder jenseits
der Bidasoa zu gelangen. Alle diese fehlgeschlagenen Verfu
che haben den Franzosen wenigstens 2000 Mann , darunter
zwey Divisionsgenerale gekostet.
Das Gefecht von St. Marzial war aus einer andern
Rücksicht von hoher Wichtigkeit. Die Stellung war über-
aus vortheilhaft für den Vertheidiger , so wie einſt jene von
Busako in Portugal. Darum wollte aim, Lord Wellington
hier den Spaniern, so wie er es dort mit den Portugiesen
gethan hatte , Gelegenheit verschaffen , jenes Vertrauen in
ihre Zulänglichkeit, in die unfehlbare Wirkung ihrer Tapfer-
keit zu erlangen , welches die Grundlage des militärischen
Geistes ist. Er ließ sie ganz allein , ohne Zuthun fremder
Truppen , den Kampf bis zum Sieg burchführen. Wenn er
dadurch einerseits einem nahmhaften Theil seiner Streit-
Eräfte lehrte , ihren vollen Werth zu entdecken , und das
Selbstgefühl zu erheben ; so war es anderer Seits nieder-
beugend , ja entmuthend für die Franzosen , sich , die eingebils
151

deten Herren der Welt , von Truppen geschlagen zu sehen,


denen sie bisher nicht einmahl den Nahmen von Kriegern
zugestanden hatten !
Um 8. September eröffneten mit einem Mahle 60
Feuerschlünde des schwersten Kalibers ihr Feuer gegen das
Schloß von St. Sebastian , in deffen engem Raume nirgend
Schuß gegen die herumfliegenden Kugeln und Bombensplitter
zu finden war. General Rey , nachdem er durch zwey Stun
den die Bewerfung ausgehalten hatte , ergab sich als Kriegsz
gefangener nebst der Besaßung , die auf 1300 Mann mit
Inbegriff von 500 Kranken und Verwundeten herabgeschmolz
zen war. Der Verlust der Belagerer war auch nicht unbes
deutend ; er betrug gewiß über 3700 Mann .
Die am meisten rechtsstehende Abtheilung der verbün-
deten Heere befand sich zu Roncesvalles und Maya in einer
desto mehr imponirenden Lage , als es nur von ihrem Bes
fieben abzuhängen schien , auf französisches Gebieth hinab
zustürzen. Lord Wellington beschloß, gleich nach der Unters
werfung von St. Sebaſtian den linken Flügel gleichfalls in
eine drohende Stellung zu bringen , und deshalb war noth
wendig , dem Feinde den Schlüssel der dortigen Gegend zu
entreißen , nähmlich die steile und hohe Bergplatte La Rhüne
genannt , am jenseitigen rechten Ufer der Bidasoa gelegen
welche die Gebirgsübergänge von Echalar und Vera (die
nächsten nordöstlich vom Passe Maya) beherrschet , und die
von den Franzosen als eine wichtige Vorhut stark besetzt war.
Am 7. October gingen zwey Divisionen , geführt durch
Sir Thomas Graham über die Bidasoa ganz nahe an ihrer
Das durchwatete
neralen Freyre
Mündung. spanisch - gallizianische Heer uunter dem Ges
den Flus Peer
bey den Furten von
St. Marzial, und die leichte Division des Freyherrn Carl.
von Alten nebst den Guerillasbanden Longas rückte gegen
den verschanzten Engpaß von Verá vor , indeß General Gis
ron mit dem Heere von Andalusien auf die Feldverschanzune -
gen vom Berge La Rbüne losging.
152

Der hohe Schwung war allen Nationen gegeben , die


unter Wellingtons Befehlen fochten ; dieß bewies sich vor.
züglich ani
an diesem Tage. Jeder angegriffene Punct mußte
dem begeisterten Muthe unterliegen. Zuerst eroberten Sir
Thomas Graham und General Freyre in brüderlicher Ver-
einigung die ihnen im Wege liegenden feindlichen Werke.
Worzüglich glänzend war Altens Angriff auf La Vera. Er
mußte durch einen schmalen Hohlweg steil hinanklimmen ,
und stieß dann auf fünf hinter einander liegende , sich immer.
überhöhende Redouten . Unerschütterlich schritt seine Division
in geschlossener Colonne hinan , und erstürmte eine Schanze.
nach der andern , während zur Erleichterung des Unterneh
mens kleine Parthien von Spaniern bald in den Flanken ,
bald im Rücken sich zeigten , und die Vermuthung erregten,
nur Vorbothen größerer Scharen zu feyn. General Giron
war nicht weniger glücklich gegen die Abfälle des La Rhüne
Berges , doch die hohe Platte war beynahe unersteigbar ,
und nach manchem fruchtlosen Versuche sie zu erringen , la
gerten sich die Truppen für die einbrechende Nacht an ihrem
Fuße. Am nächsten Morgen fanden wahrscheinlich die Vers
theidiger einen längeren Aufenthalt an dieser Stelle zu kris
tisch; sie verließen selbe nach kurzer Wehre, und die Spas
nier, die ihnen auf der Ferse nacheilten , eroberten noch
jenseits des Berges im Laufe eine Verschanzungslinie , die
ganz lau vertheidigt worden war. Offenbar ging diefen Lag
hindurch das Bestreben der französischen Generäle dahin ihre
Truppen sobald wie möglich hinter die , längs der Nivelle
verschanzte Linie zu versammeln. Die Aufstellung auf dem ,
eine oder höchstens anderthalb Stunden davor liegenden Ber
ge La Rhüne war nur ein vorgeschobener Posten , um für
die Zusammenziehung in der eigentlichen Poſition Zeit und
Fassung zu gewinnen ; deßhalb wurde auch, sobald jener Punct
ernstlich bedroht war , nicht nur derselbe , sondern auch noch
manches andere zwischen ihm und der oben erwähnten Feld-
befestigungslinie liegende Werk eiligst verlassen. Folglich wa-
155
ren erst hier bedeutende Anstrengungen zu erwarten , und
statt unElug weiter vorzueilen , befahl Lord Wellington also-
gleich Brücken über die Bidasoa herzustellen , um hinrei-
chende Gemeinschaften im Rücken zu haben , und den Bo-
den , der auf französischem Gebiethe gewonnen war , durch
Aufwerfen von Schanzen zu sichern und zu verstärken , hin-
ter welchen sodann der linke Flügel der verbündeten Heere
eben so mächtig und gebietherisch da stand , als der rechte.
Am 31. October ergab sich die Besaßung von Pam-
pelluna nach einer Einschließung von vier Monathen und
zehn Tagen. Sie wurde, als kriegsgefangen, mit größter Ach-
tung behandelt , weil die Obrigkeiten der Stadt bezeugten ,
caß darin die ganze Zeit hindurch von den Franzosen gute,
Mannszucht beobachtet worden , auch der Commandant sich
gegen keinen Einwohner eine Härte oder Grausamkeit zu
Schulden kommen ließ , wozu doch die eingetretene Hun
gersnoth hätte Anlaß oder Vorwand geben können . Hiemit.
schloß sich der Krieg im nordöstlichen Spanien *). Um die,
hier sich an einande. reihenden Ereigni
sse nicht auf eine, die
Beurtheilung der Operationen widrig störende Art zu unter-
brechen, ist desjenigen nicht erwähnt worden , was in einer
entgegengeseßten Gegend gleichzeitig , aber ohne Zusammene
hang mit dem bisher Erzählten vorfiel. Zur Verständlichkeit
muß wieder bis zum Beginnen dieses Feldzuges hinaufge
ftiegen werden.
Die Streitkräfte der Verbündeten in Valenzia waren.
im Winter von 1812 durch nachrückende Verstärkungen bis
auf 16,000 Mann (beynahe eben so viel Spanier als Brit-
ten) gebracht, und der Oberbefehl darüber dem Generallieus
tenant Sir Johann Murray übertragen worden (man muß
diesen Nahmen nicht mit jenem des , noch in Diensten ste ,
henden Generallieutenants Sir Georg Murray verwechseln) .

") Siche Beylage H.


154

Zugleich wurde auch in Murzia ein abgesondertes spanisches


Corps von 12,000 Mann unter dem Generalen Elio' auf
die Beine gebracht , und demselben die Bestimmung gege
ben , einverständlich mit dem Valenzianischen zu operiren .
Beyde Generäle führten in den ersten Tagen des. Märzmos
naths ihre Truppen in concentrischer Richtung zu einander
vor. General Elio , dessen Colonne den linken Flügel bildes
te , befeßte Vekla , Villena und die flache Umgegend : Ge-
nerallieutenant Johann Murray rechts dehnte sich längs der
Bergfüße des Bezirkes von Castalla aus , und schob die Vors
posten bis nach Biar vor. In dieser Stellung blieben siebis
Anbeginn Aprils . Als Suchet gegen Elio eine sehr starke
Truppenmasse in Bewegung seßte , beschloß dieser , sich nach
einem minder offenenen Boden zurückzuziehen. Die strategie
sche Anordnung war gut ausgesonnen , desto ungeschickter
aber die tactische Ausführung. Um sehr frühzeitig aus Vekla
am andern Morgen abzuziehen , waren schon in der Nacht.
vom 10. April die Cavallerie - Vorposten eingezogen worden.
General Harispe davon in Kenntniß gefeßt , überfiel die
Stadt , und bald ereilte die Spanier noch ein zweyter Un-
fall.
oben Sie mußten
erwähnte quer über
Einziehende eine Ebene marschiren , wo das
Vorposten gestattet hatte , Hins
terhalte von Reiteren aufzustellen , die wiederhohlt und im
mer mit großem Erfolge einbieben , so daß beynahe die gan
ze Besaßung von Vekla entweder unter dem feindlichen Schwers
te , oder in Kriegsgefangenschaft fiel. Noch nicht genug an
diesem Unglücke , war auch dadurch ein ganz neu aufgestell-
tes und gekleidetes Bataillon von 1000 Mann X in Bilena
von dem übrigen Heere abgeschnitten , und mußte am fole
genden Lage capituliren.
Um 12. April rückte der Marschall Suchet über Billena
vor, und nach einem heftigen Gefechte von zwey Stunden
am Gebirgspasse von Biar , nöthigte er die Vertheidiger,
die daben zwen Bergkanonen verloren , sich auf Castalla zus
rückzuziehen , wo Murray festen Fuß faßte , seinen linken
155

Flügel auf einige schroffe Felsenränder stellte , fne Mitte


an das alte Mauriſche Castell rückte , wovon die Stadt den
Nahmen erhielt , und den rechten Flügel hinter einer tiefen
Schlucht versagte. Der Feind richtete seine Anstrengungen
gegen den linken Flügel , und eine Masse von 4000 Mann
kletterte herzhaft dagegen hinan , doch, wie man sich leicht
vorstellen kann , äußerst mühevoll und langsam , unter dem
Schuße der zahlreich vorgeschobenen Plänkler , welche gegen
die unter dem Generalen Whittingham ebenfalls in eine Ket-
te aufgelösten Spanier beynahe eine Stunde lang ein wohl
genährtes Feuer unterhielten. Den Franzosen gelang es nach
und nach die Klippen zu erklimmen , und sie stießen auf das
aufmarschirte 27. englische Regiment , das ohne weiters mit
dem Bayonnette auf sie losstürzte, und sie in einem Stu
wieder hinabrannte. Die Spanier , durch das schöne Beyspiel
angefeuert , eilten auch herbey , und die Lage der Franzosen
wurde so mißlich, daß sie augenblicklich deu Rückzug nach San
Felippe (am Montefafluffe , auf der Hauptstraße von Vas
Tenzia und etwa 9 deutsche Meilen südwestlich davon) antra-
ten , und ihn auch ohne fernere Belästigung vollbrachten.
Suchet hier zurückgeschlagen , war gleich daraufbedacht,
für den Fallals die Verbündeten nun vorrücken wollten , sie in
der vortrefflichen Vertheidigungslinie am Eukarflusse aufzu
halten. Er zog 15,000 Mann Fußvolkes und eine nahmhaf.
te Reiteren zusammen , in Bereitschaft auf die erste Lofung
diese Linie zu besetzen. Allein diese Vorsicht war überflüssig
geworden. Im Augenblicke des errungenen Vortheiles wur-
den durch höhere Anordnungen 2000 Mann nach Sicilien.
abberufen , wo der Monarch es für nöthig hielt, den mit
verjährten Vorurtheilen angefüllten Unterthanen durch An-
wesenheit einer militärischen Macht die, alle Rechte der Ein-
zelnen schüßende neue Verfassung annehmen zu machen , des
ren hohe Wohlthat sie wahrscheinlich eher gefühlt als begrif=
fen hätten. Das verbündete Heer im Königreiche Valenzia
war dadurch so sehr geschwächt , daß der Commandirende ers
156
achtete vorerst den Erfolg der Bewegungen des Haupthee-
res abzuwarten , da er doch nur die zweyte Rolle zu ſpie- .
len habe.
In den letteren Tagen des Maymonathes erhielt SirJo
hann Murray vom Lord Wellington nachfolgenden räfonirten
Operationsplan , seine Heeresabtheilung betreffend : „ Das va-
„lenzianische Heer muß eine Landung in Catalonien machen ,
und das Äußerste aufbiethen , um sich in den Besitz eines
,,oder mehrerer der am Meere gelegenen Pläge dieser Pro-
„vinz zu sehen. Dadurch kömmt es in Verbindung mit den,
,,wieder rege und thätig gewordenen Anführern der catalo=
,,nischen Banden , und durch diese Kraftvereinigung kann Mar-
,,schall Suchet vermocht werden , Valenzia , vielleicht gar
,,den untern Ebro zu verlassen , in jedem Falle wird es da-
,,durch 1. ihm unmöglich , von seinen Truppen Verstärkung
zu Josephs Heere abzusenden . Sollte Marschall Suchet
,,auf die Nachricht von Sir Murrays Einschiffung und Ab-
feglung gegen Often, mit seinem Heere heranrücken , um
,,die Einnahme irgend eines Hafens abzuwehren , so wird
,,Sir Johann Murray augenblicklich mit den Transportschif-
,,fen umwenden , und die, ungezweifelt nur schwach besetzt
gelassenen feindlichen Linien von Valenzia überfallen . Um
„jede dieser Expeditionen zu unterstügen , wird der Her-
jog del Pargue spanische Truppen und Miligen in Mur-
mzia und Grenada sammeln , und die Linie des Eukar be-

„drohen."
In Folgeleistung dieses Verhaltungsbefehles schiffte das
Heer am 31. May sich zu Alicante ein , und vom Winde
begünstigt , landete es am 3. Jung bey Tarragona. Unmöge
lich hätten in derselben Zeit Truppen zu Lande dahin gelan-
gen können. Die Haupttruppenmasse berannte ungefäumt
den Plak , und eine Brigade unter dem Obersten Prevost
griff alsogleich den Posten auf der Scharte von Balaguer an.
Die Feste Balaguer ist ein enges , Easematirtes Vier-
eck , das auf einem nackten Felsen , mehr als 400 Fuß über
157
dem Meeresspiegel , und nicht vollkommen fünfhundert Klaf-
ter von der See entfernt liegt. Die Schwierigkeiten , diesem
Aar - Neste beyzukommen , sind ungeheuer. Die einzige Stra=
Be, um hinanzugelangen , krümmet sich zwölfhundert Klafter
lang um den Abhang herum. Längs derselben mußten alle
Bedürfnisse , sogar das Trinkwasser aus den Schiffen hinauf-
getragen werden. Die größte Ungemächlichkeit war , daß
selbst die Erde , um oben Angriffswerke zu erbauen , aus der
Tiefe gehohlt werden mußte. Doch Alles wurde durch die
Unverdrossenheit der beorderten Mannschaft besiegt. In der
Nacht vom 5. waren schon Batterien , bis auf die Nähe von
einigen vierzig Klaftern an die Feste , hergestellt : die Ma-
trosen zogen in größter Stille und mit unermüdetem Eifer
Geschüß hinan : und am folgenden Tag begann das heftige
Feuer. Mit vorzüglicher Geschicklichkeit wurden die Mörser
bedient. Jede Bombe fiel in das Werk , und nach wenig
Stunden ergab sich der Cominandant.
Der Besiß dieser Feste war von höchster Wichtigkeit ,
denn dadurch war im strengsten Sinne für Suchet eine un-
übersteigliche Scheidewand zwischen ihm und allen , mehr öst-
lich stehenden Heeren oder liegenden Pläßen gezogen. Es
stößt nähmlich hier eine Verzweigung der Pyrenäen , die vom
Monte Canigo ober Puncerda und Urgel aus dem Haupt-
rücken ausläuft , bis an die See, nachdem sie im Halbkreise
die Ebene , worin Tarragona liegt , umfangen hat. Über
den Rücken dieses Astes führen aus dem inneren und füdli-
chen Spanien zwey Hauptstraßen , die in Barcellona zus
fammenfließen , und von dort in eine einzige vereint nach
Perpignan führen. Die erste ist ganz nördlich und läuft von
Saragossa über Lerida durch den Paß von Penadella ; die
zweyte ist von Tortosa unter dem Feuer der Feste durch die
Scharte von Balaguer geführt. Es besteht wohl noch ein
Zwischenweg mehrere Stunden landeinwärts durch die Stadt
Montblank ,TR allein , um darauf von Tortosa zu gelangen ,
muß der entseßliche Umweg den Ebro aufwärts beynahe bis
158
an das Schloß von Mequinenza gemacht werden. Sonst ist,
außer einem , für Fuhrwerk unbrauchbaren Fußpfade gar keine
Gemeinschaft mehr über diesen Rücken. Somit konnte zur
Belagerung von Tarragona in größter Sicherheit geschritten
werden. Ein nicht minder günstiger Umstand war , daß die
Franzosen den größten Theil der Außenwerke geschleift , und
nur eine so starke Besaßung zurückgelassen hatten , als für
die innere Umfassungslinie erforderlich war. Doch hatten die
Belagerer von dieser Vorkehrung sich nicht gehörig in Kennts
niß geseßt , daher auch viele überflüssige Erschwerungen im
Angriffe , und viele , Zeit verſplitternde Maßregeln eintraten.
Zum Beyspiel verstrichen mehrere Tage mit Beschießung eines
vorliegenden Werkes , das gar nicht befeßt war , und weil
es immer noch nicht genug niedergeschossen schien , so wurde
die Erſtürmung bis in die Nacht vom 11. Juny verſchoben.
So ging viele Zeit verloren , wovon die eigenthümlis
che Thätigkeit des Marschalls Soult großen Nugen zog.
Er langte am 9. zu Tortosa an , und weil er die gerade,
kürzeste Gemeinschaft durch die Beseßung der Feste Bala-
guer versperrt fand , eilte er nächsten Tage mit einer Dis
vision Fußvolles ohne Geschütz nach dem , vorhin erwähnten
Gebirgspfade , und ließ den Befehl zurück , jede Abtheilung,
so wie sie in Tortosa ankäme , sollte ohne Aufenthalt ihm
dahin nachfolgen. Zugleich schickte er allen in Oberkatalo-
nien zerstreuten Truppen den Befehl zu , unter dem Gene-
ral Moritz Mathieu sich zu sammeln , und nach Vendrels
etwa einen Tagmarsch östlich von Tarragona auf der groe
ßen Straße von Barcellona vorzurücken . Alles wurde vom
Feinde der ertheilten Anordnung entsprechend ausgeführt.
General Murray , erschreckt durch den Anmarsch von zwey
feindlichen Heerhaufen aus entgegenseßter Richtung hob die
Belagerung auf, und schiffte am 12. Juny das Fußvolk
mit solcher Eile ein , daß neunzehn Geschüße in den Laufs
gräben zurückblieben , als ob es nicht wegen Erhaltung dies
ses kostbaren Kriegsgeräthes , als ob es nicht wegen der Na-
159
tional . Ehre sich der Mühe gelohnt hätte , die Nacht abzu-
warten, sogar dem Zufalle eines Gefechtes die Stirne zu
biethen , um nicht die Schuld der schmählichen Übereilung
auf sich zu laden. Die Reiterey marschirte nebst dem Feldge-
schüße nach der Scharte (le Col) von Balaguer, als einen
günstigeren Plag für die mühevollere , langwierige Ein-
schiffung. Kaum trafen sie dort ein ; so zeigte sich auch schon
eine Streifparten französischer Reiterey , die von Tortosa
her mit den Vorposten der Verbündeten schmarmügelte. Sir
Johann Murray befahl dem Fußvolke wieder an das Land
zu konimen , um das Einschiffen der Reiteren und des Ge
schüßes zu schirmen. Dadurch geschah, daß Lord Wilhelm
Bentink das ganze Corps in der Stellung an der Scharte
von Balaguer fand, als er am 17. Juny eintraf, um den
Oberbefehl zu übernehmen. Er ließ gleich die Feste sprengen,
leitete auf das thätigſte die Einschiffung aller Truppen , und
Steuerte auf Ulikante zu , um nach Lord Wellingtons Wei-
fungen von dem Abmarsche des Marschalls Suchet mit seinem
Heere aus der Verschanzungslinie des Eukar - Flusses Nugen
zu ziehen.
Sir Johann Murray wurde nachmahls vor ein Kriegs-
gericht gezogen , und angeklagt , erstens von den erhaltenen
Befehlen ohne Nothwendigkeit abgewichen zu seyn , zweytens
vor Tarragona auf eine sträfliche Weise eine bedeutende Men-
ge Geschütz und Munition im Stich gelassen zu haben , statt,
so lange dieß noch möglich war , für derselben Rettung zu
sorgen. Nur der zweyte Klagepunct wurde gefeßlich erwies
sen, daher die Strafe ausgesprochen, welche dem anerkannten
Mangel an richtiger militärischer Beurtheilung entspricht.
Lord Wilhelm Bentink rückte von Alikante vor , und
schloß sich an den Herzog del Parque , um gegen Valenzia
8
vorzumanövriren ; der glänzende Sieg von Vittoria hatte.
bereits den Weg dahin gebahnt. Die Franzosen konnten un-
möglich länger in dieser Provinz verweilen. Suchet räumte
am 5. July Valenzia, wie es die Klugheit und die Lage
160
der Dinge erheischte ; allein er konnte eben so wenig als
fein Gebiether und Meister an der Elbe , sich in den Ges
danken fügen , daß die Glücksgöttinn ernstlich und auf lange
den franzöſiſchen Waffen ihre Gunst zu entziehen im Stande
sen , und war daher weniger darauf bedacht , eine bedeutende
Macht in imponirender Stellung bey Zeiten zurückzuführen,
als sich die Mittel zu erhalten , bey dem ersten Lächeln des
Glückes auf das allerſchnellste alles zeitweis Aufgegebene wie-
der an sich zu reißen ; darum zerstückelte er bey 12,000
Mann in die Pläße von Denia , Murviedro , Paniscola ,
Tortosa , Lerida , Meguinenza und andere die feinen gegene
wärtigen Operationen nicht den geringsten Vorschub leisten
konnten.
Lord Wilhelm Pentink folgte dem , sich zurückziehen-
den Heere nach Catalonien ; marschirte zwischen dem Mee-
re und der Feste von Murviedro , ging bey Amposta mittels
fliegender Brücken über den Ebro , und berannte am 30.
July Tarragona. Besser unterrichtet vom Vertheidigungs-
stande dieser Festung traf er auch zweckmäßigere und wirksa-
mere Anstalten zum Angriffe. Mit dem ersten Tagesschim
mer rückte eine Brigade von der Seite von Frankoli , das
iſt von Montblank , bis hinter einige Hügel und Dämme vor,
die um mehr als 120 Klafter näher an dem Plage liegen ,
als bis wohin die äußerste Beseßung des voriges Angriffes
vorgeschoben war.
Die Vorbereitungen zur Belagerung schritten wacker
vorwärts , als Suchet in der gegründeten Besorgniß , daß
die Besaßung nur kurzen Widerstand leisten könne , darauf
fann , ihr zum Herausbrechen Luft zu machen. Er rückte
vor. Die Belagerungstruppen , als sie feindliche Truppen
anmarschiren sahen , von denen sie weder die Stärke , noch
die eigentliche Absicht wissen konnten , segten sich sogleich in
Schlachtordnung , um ein Treffen anzubiethen , allein , da
ein bißiges Gefecht der Vorhut sowohl die überzahl des
Feindes erwahrte , als auch feinen festen Vorsaß nach Tar-
161
ragona zu dringen ; so ergriff Lord Bentink den Entschluß
der Klugheit , und zog sich in der Nacht vom 16. August
ng der Scharte von Balaguer zurück. Suchet wollte nichts
als die Festungswerke von Tarragona vollkommen zerstören .
Sobald er dieses in größter Eile bewerkstelliget hatte , jog
er wieder ab , und bis hinter den Llobregat , an dessen rech
tem Ufer er bey Moulins del Rey einen Brückenkopf und
noch einige vorgeschobene Schanzen aufwarf.
Nunmehr blieben beyde gegenüberstehende Heere un
thätig bis in die Mitte des Septembers. Damahls brachten
Kundschafter die Nachricht in Lord Wilhelm Bentinks Haupt-
quartier , daß ein beträchtlicher Theil der französischen Trup-
pen cus Spanien abberufen worden sey. Sogleich ließ Lord
Wilhelm Bentink seine Truppen bey Villa franca zusam=
menziehen. Ein Beobachtungscorps , bestehend aus dem 27.
brittischen Linienregimente , aus 3 spanischen und 1 calabre-
fischen Bataillone nebst 4 Bergkanonen unter dem Ober-
sten Adam wurde auf der Hauptstraße nach Ordal, beyna-
he (10 englische) 2 deutsche Meilen vor dem Gros der Ars
mee , und eben so weit von den feindlichen Posten am Llo-
bregat vorgeschoben . Dieses Corps ruhte in einer gewählten
Stellung aus , als am 13. September um 1 Uhr nach
Mitternacht plößlich seine Vorwachen zurückrannten , und
einige Minuten darauf schon die ganze Fronte angegriffen
trat unge
war. Diefäum
Kanonen r das Gewe
t untestanden hr ;Straße
an der so wurd , Gunz
, die Linie
e Linie
ganze
das Gefecht
einige Stunden lang ehrenvoll bestanden , allein der Feind
drängte in immer größerer Zahl heran , und seine Reiteren
gelangte in den Rücken der Stellung. Nun löste sich auch
der ganze Körper in eine vereinzelte Flucht auf! Die Kas
nonen blieben in den Händen der Franzosen , aber die Flücht-
linge unter dein Schuße der Nacht und der durchschnittenen
Gegend gelangten größten Theils wieder zu dem Hauptcorps .
Es ist nicht zu verkennen , daß es eine höchst fehlerhafte Un-
ordnung war , eine Truppenabtheilung ohne aller Reite-
II.
162
rey so weit von dem Hauptkörper zu entenden *). Da
wird allerdings , selbst wenn die Vorposten - Commandanten
ihre Schuldigkeit nicht versäumen , die Schmach eines Übers
falls bey Nacht oder Nebel möglich ! Hier ist noch nebstbey
auffallend , daß wohl auch der Feind erst durch die Spite
seines Bortrabes von der Anwesenheit eines Corps in Ordal
muß unterrichtet worden seyn , indem sonst er , der mit gans
zer Macht auf der Straße nach Villa franca vorrückte , sich
wohl schwerlich damit begnügt haben würde , eine Stellung
von vorne anzugreifen , die an beyden Flügeln in der
Luft stand.
#Als des andern Tages die Franzosen weiter vormarſchir-
ten, zogen sich die Verbündeten quer über die Ebene von
Villa franca. Weil der Feind zu nahe auf den Hals kam ,
befahl Lord Bentink auf einem günstigen Flecke Halt zu
machen , um die Infanterie - Colonnen enger anzuschließen.
Indeß mußte die Reiterey vorprellen , wobey die braun-
schweigischen Husaren ein französisches Küraffierregiment wars
fen. Nun kehrten die Franzosen wieder nach dem Llobregat
um , und die Verbündeten ſeßten ihren Rückzug nachTarra-
gona fort.
Gegen Ende Septembers mußte Lord Wilhelm Bentink
nach Sicilien , und übergab den Oberbefehl dem Generallieu-
tenant Clinton. Alles blieb ruhig in Catalonien , nur am
3. Dec. ließ Marschall Suchet sein ganzes Heer zusammen und
ausrücken , um die Verheerung des Dorfes Martorello zu
decken , welches das Unglück gehabt hatte , seinen Ingrimm
auf sich zu laden. Dieß war die leßte Waffenthat der Fran-
zosen in dieser Provinz , weil mit Ende Jänners 1814 alle
verwendbaren Truppen Spanien verließen , um das eigene
Gebieth zu vertheidigen. In Barcellona und Figueras blieben

*) Wahrscheinlich hatte Lord Wilhelm Bentink auf die sichere Kunde


von der Schwächung des feindlichen Heeres nicht nur für unmöglich .
gehalten , daß es offensiv vorgehen würde , ſondern fogar auf deſſen
Rückzug beym Erscheinen einer Bedrohung gerechnet.
165

Besatzungen zurück , die eng eingeschlossen , erst nachher aus-


marschirten , als die , wie wir sehen werden , später zu Toulouse
getroffene Übereinkunft ihre Räumung ausbedingte. Früher
waren schon Lerida und Mequinenza durchKriegslist genommen
worden. Ein Adjutant des Marschalls Suchet war nähmlich
übergegangen , und hatte den Zeichenschlüssel der geheimen
Dienst-Correspondenz mit den spanischen Festungen überbracht.
Der General Statthalter Copons benügte dieses , um in
Suchets Nahmen den Befehl an die Commandanten der noch
von französischen Truppen befeßten spanischen Pläße zu erlaf-
sen: „Nachdem er mit den Spaniern eine Übereinkunft ge=
schlossen habe ; so solle Eraft derselben jeder dieser Com-
mandanten mit seiner Besagung nach Barcellona rücken ,
und den Plaß jenem ſpaniſchen Stabs - Officiere überliefern,
der daselbst von seinem (Suchets ) Adjutanten begleitet ers
scheinen würde." Die Commandanten von Lerida , Mauzon
und Mequinenza fielen in die Schlinge , die auch mit vieler
Schlauheit gelegt war. Erst als sie am Gebirgspasse von
Martoral anlangten , merkten ſie , daß sie überlistet seyen.
Hier ſtand nähmlich ein brittiſches Commando , hielt sie an ,
und frug ſie um den Zweck und die Befugniß ihres Mar-
sches. Auf ihre Äußerung erklärte General Clinton , der
Vertrag , wenn er wirklich bestände, habe für ihn keine bin-
dende Kraft, er könne in keinem Falle sie nach Barcellona
laſſen , wovor er ſtehe, um nächstens die Belagerung zu er-
öffnen , doch sen ihnen einberäumt , nach einem andern Punc
te zu ziehen. Während dieser Verhandlungen und ihrer Un-
schlüssigkeit , hatte Copons in ihrem Rücken weit überlegene
Streitkräfte herbeygezogen , und erklärte ihnen die eigentlis
che Beschaffenheit. Es blieb ihnen nichts übrig , als mit drey
bis vier tausend Mann zu capituliren. Der Commandant von
Tortosa , entweder vorsichtiger , oder weil er wirklich, wie er
angab , kurz zuvor vom Marschall Suchet Briefe erhalten
hatte, verlangte den Ausmarsch verschieben zu dürfen , bis die
Besatzung von Murviedro herbeykäme, um sich für den weis
t2
164

teren Marsch anzuschließen . Allein der Adjutant , bestürzt


über manche Anzeichen von Argwohn , die sich in Tortosa
zeigten, wo man in seiner Gegenwart von der schimpflichen
Strafe verlauten ließ, welche Landesverräther erwarte, hate
te die Lust verloren , seine kißliche Rolle in Murviedro auch
noch zu spielen. Somit wurden zwen Festungen durch die
Umsicht und Festigkeit eines einzigen Mannes erhalten .
Der nachherige allgemeine Friedensschluß hat dem Kö-
nigreiche Spanien die nähmliche Begränzung verschafft , die
am 1. Janner 1792 bestand. So war es dem hochherzigen
Volke gelungen durch muthige , unteugsame Anstrengungen
jeden, auch den kleinsten Fleck des heimathlichen Bodens ge-
gen fremde Tyranney and Anmaßung zu bewahren. Möge
es ihm auch im Inneren gegönnt seyn , aller jener Wohlthas
ten zu genieten , die eine milde, weise , gesetzmäßige Re-
gierung ſpendet , und worauf die Spanier desto gègründe-
tere Ansprüche haben , als alle übel , an denen sie noch leis
den , bloß Nachwehen jener sind , denen sie freywillig und
durch so lange Zeit sich unterzogen , um den Grundſaß von
Rechtmäßigkeit zu behaupten , der beynahe schon aus den
meisten diplomatischen Verhandlungen verschwunden war,
aber in ihren Herzen unerschütterlich aufrecht stand.
Da die stets wachsende Überlegenheit der Verbündeten
endlich dem Afterkönige Joseph sein Hirngespinst aufzugeben
geboth , erdachte Bonaparte noch ein lehtes Mittel , um
neue Verwirrung in Spanien hervorzubringen. Er näherte
sich dem Könige Ferdinand VII . , eröffnete mit ihm Unter-
handlungen , schloß sogar Verträge mit ihm, die für Frank-
reich günstig , und beynahe feindselig gegen England klan-
gen , und entließ , nachdem Alles gewünschter Maßen un-
terzeichnet war , den König seiner Haft, um durch dessen
plögliches Erscheinen in Spanien die glückliche Eintracht da-
selbst zu stören. Die Versammlung der Cortes , eingedenk des
'wahren Spruches : ,,timeo Danaos et dona ferentes" sah
in Bonaparte's plöhlicher Herabſtimmung zu Gunsten ihres
165

Königs irgend eine Arglist voraus , und erließ die Erklärung,


daß keine Verpflichtung , welche der König nothgedrungen
„ſeyn dürfte , einzugehen , um endlich der Sehnsucht seiner
,,Völker wieder gegeben zu werden , für diese weder vor Gott
,,noch vor der Welt bindend sey." Diese weise , einsichtsvolle
Aintshandlung war auch die lehte , an der man Überlegung
und die richtige Beurtheilung der wahren Bestimmung eines
gefeßgebenden Körpers beloben kann. Eben so unklug als wi-
derrechtlich verlangten sie hierauf , der König solle gleich deym
Eintritt in das Königreich beschwören , er wolle getreu und un-
widerruflich aufrecht erhalten, was immer ohne sein Mitwissen
øder Mitwirken die gegenwärtigen Cortes und alle ihre Vor-
ε
δ in der provisorischen Regentschaft an den Grundgeseßen
Staates geändert haben , ja sogar einige weitere Be-
schränkungen der königlichen Gewalt und des königlichen An-
sehens sollte er sich ohne Widerrede gefallen lassen , die erst
auf die Nachricht von seiner Entlassung aus der Gefangen-
schaft hastig waren beschlossen worden. Die Rathgeber des
Königs empfahlen ihm an , nichts zu übereilen , jede Ent-
scheidung zu verschieben , und einſtweilen nach Valenzia zu
gehen , wohin auch das Hoflager für einige Wochen verlegt
wurde. Bey der näheren Prüfung der neuen Verfassung ,
wozu hiedurch Zeit gewonnen war , zeigte sich deutlich, daß-
darin die angeerbten Begriffe und Gefühle von allen Claſſen
der Gesellschaft zu gröblich beleidigt waren , um wahre An-
hänger zu finden : noch mehr , ein im Hoflager ankommen-
der Abgeordneter von Madrid bewies durch eine Bittschrift ,
worin neun und sechzig Mitglieder der Cortes selbst ihre Auf-
lösung begehrten , daß gewisser Maßen nur einige Demago-
gen die Früchte der ungeheuern Opfer ernten , und sich dem
königlichen Ansehen an die Seite , oder gar drohend gegen-
über stellen wollten . Durch diese Aufklärungen , so wie durch
das dringende Ansuchen der vornehmsten Bewohner von grö-
Bern und kleinern Städten , durch die ihn sein Weg führte,
166

Ferdinand hatte nicht den kürzesten eingeschlagen , um


sich an mehreren Orten zu zeigen ; ja auch durch die bit
tern Beschwerden von den Commandanten aller Heeresab-
theilungen wurde Seine katholische Majestät bestimmt am
8. May ein Decret zu erlaſſen , worin die Versammlung der
gewöhnlichen Cortes aufgehoben , den Beschlüssen der leßten
außerordentlichen Cortes alle weitere gefeßliche Kraft genom-
men , und diesen Körpern alle Gewalt entzogen wurde , die
fie früher ausübten. Auch wird darin jeder als des Hochver-
rathes schuldig zur Todesstrafe verdammt , der es wagen woll-
te, quf was immer für eine Art sich der Vollziehung dieſes
Decretes im vollen Umfange zu widerseßen. Einige Tage
barauf hielt der Monarch seinen Einzug in Madrid , über-
häuft mit den Beweisen einer Freude ohne Gränzen , und.
unter den aufrichtigsten Beyfallsbezeigungen. Im Jubel ging
das Volk so weit, sogar Zeichen und Erinnerungen von Un-
stalten zu zerstören , welche die abtretenden Cortes bloß zu
seinem Wohle errichtet hatten. Diese konnten daher nicht an
Widerseßlichkeit denken , und gingen ſtill und beſchämt aus
einander. Es ist unbestreitbar, daß sie großes Unrecht sich zu
Schulden kommen ließen. Nicht zu gedenken ihrer Eitelkeit
und Thorheit , ihrer abgeschmackten Theorien und ihres lä-
cherlichen Eigendünkels hatten sie nie verstanden , der Kraft
des spanischen Volkes , und seinen bewunderungswürdigen
Anstrengungen die wahre , wirksame Richtung gegen den
Feind zu geben ; sie erregten gegen ihre unwandelbaren Verz
bündete , die Engländer , ein Mißtrauen , das zum Verbre
chen wird , weil es die Leiden des Landes um einige Jahre
verlängerte ; sie gaben durch ihre Härte gegen die Mitbürger
jenseits des Meeres Veranlassung zu dem unſeligen Kriege ,
der dem Mutterstaate die ergiebigste Geldquelle abschnitt,
und jest noch die herrlichsten Landesstriche entvölkert. Der
allerschwerste Vorwurf , der ewig auf ihnen lasten wird , ist,
daß sie den glücklichsten Augenblick, die günstigste Stimmung,
welche Volksverbefferer zur Ausführung menschenfreundlicher
167
Entwürfe wünschen können , auf eine unverantwortliche Art
porüberziehen ließen , und durch die Bemühung (worauf die
ganze Macht ihres Einflusses hinarbeitete) aus ihrem Mo-
narchen einen Schattenkönig zu machen, diesen dahin brach-
ten , daß er nun zu Landesverweisungen , Einkerkerungen ,
Todesurtheilen oder schimpflichen Bestrafungen schritt ; daß
er Alles , was nach Neuerung roch , unnachsichtlich verwarf ,
und das Alte , ohne besonderer Bemühung , es dem Zeit-
geiste anzupassen , wieder hervorrief.
Diese Erfahrung diene zur Warnung für die Schwin-
delköpfe , die angepfropft mit Speculationen und Theorien ,
von einem selbstgeschaffenen , oder bey einem Nachbarstaate
aufgefangenen Verfassungs - Systeme , als von einem Ideale
durchdrungen nur seinem Dienste , seiner Verbreitung sich
weihen , und über der Begierde zu erneuern und umzuwäl-
zen , die heiligste Bürgerpflicht vergessen , nähmlich jene
mit Ehrfurcht an der Erhaltung des schon Bestehenden , und
mit Wärme dn desselben stufenweiser Verbesserung und Ver=
vollkommnung zu arbeiten , um auf eine minder glänzende
oder geräuschvolle , aber desto wirksamere Weise gemeinnügs
lich zu werden.
Mit Ende diefes Abschnittes verlassen wir ein Land ,
das schon darum in den Jahrbüchern der Geschichte unserer
Zeit Anspruch auf die rühmlichste Erwähnung hat , weil dar-
in zuerst die neugallischen Legionen den Zauber der Un
'fiegbarkeit verloren , weil darin zuerst das Beyspiel von Un-
beugsamkeit gegen aufgedrungene Fremdherrschaft gegeben
wurde , das sodann über Europens Festland sich verbreitend
jenem Militär - Despotismus ein Ende machte , welcher durch
fünf und zwanzig Jahre planmäßig fortschreitend , über das
Abendland die nähmliche schreckliche Nacht zu verbreiten droh-
te , worein durch ähnliche feindselige Gewalten der Orient ,
in dem einst die Künste und Wissenschaften im vollsten Glanze
strahlten , seit mehreren Jahrhunderten versenkt ist,
Neunter Abschnitt.

(Vom November 1813 bis zum April 1814. )


Militärife Lage von Europa. Wellington eröffnet die Offensive. - Ers
stürmt die verschanzten Linien an der Nivelle. - Ruhepause in verschanzten
Cantonnirungen. Lord Wellington schiebt den rechten Flügel feines
Heeres über die Nive. – Marschall Soult bricht aus Bayonnezuerst gegen den
linken , dann gegen den rechten Flügel der Verbündeten , jedes Mahl aber
fruchtlos heraus. - Beyde Urmeen beziehen Winterquartiere. Wiederers
öffnung des Feldzugs durch das Vorrücken der Verbündeten. Der
linke Flügel fchließt Bayonne ein Der rechte und die Mitte erzwine
gen den Übergang über die Gießbäche von Mauleon und Oieron.
Sieg über den Marschall Soult bey Orthes. F Treffen an: Paufluſſe ,
Besetzung von Bordeaux.. Coult manövrirt um die Verbündeten wies
der von Bordeaux wegzuziehen. Soults meisterhafter Rückzug von
Der Adour bis nach Toulouse . Erstürmung des derschanzten Lagers
von Toulouse. S Ausfall der Befagung von Bayonne. Algemeiner
Friede.

Mit dem Schlusse des Jahres 1813 brach über Europa


eine jener Crisen aus , die in der Geschichte als Übergang zu
einer neuen Ara betrachtet werden. Frankreichs Heere, Eurz
zuvor Weltenbezwinger , waren nun in allen Himmelsstri-
chen geschlagen. Der herrische , unumschränkte Lenker der
meisten Fürsten und Völker des Festlandes sah nun alle Völ-
ker und Fürsten gewaffnet gegen ihn heranziehen. Nach den
Schlachten von Lüßen und Baußen , worin die zwey nerdi-
schen Bundesgenossen sich zwar bestegt , aber ihren kriegeri-
1
schen Ruhm aufgerichtet, und ihr wechselseitiges Zutrauen
bekräftiget
11 faben , wurde ein Waffenstillstand geschlossen ,
um Oftreich Zeit und Gelegenheit zu verschaffen , die freudig
ergriffene Rolle des Friedensvermittlers durchzuführen . Aber
Bonaparte , dessen Diplomatik es so wenig kostete , betriege-
rische Noten ausströmen zu lassen , war zu keiner versöhnen-
den zu vermögen. Die zahllosen Opfer , die er schon seiner
Ehr- und Habgier geschlachtet hatte , konnten nicht ihre Un= '
169
erfättlichkeit stillen , noch immer deuteten seine Forderungen
auf Alleinherrschaft hin. Kaiser Franz , der seine perſonli-
chen Gefühle , Wünsche und Interessen den Zeitverhältnissen
so standhaft untergeordnet hatte , sah deutlich ein , daß güt-
liche Versuche verschwendet seyen , und schloß sich mit seinen
Streitkräften an jene von Rußland und Preußen , um die
Gränzen des französischen Reiches wieder über den Rhein
hinüber zu drängen . Eine umständliche Erzählung der nach-
folgenden militärischen Begebenheiten gehört nicht hieher ,
doch dürfen die Hauptzüge der großen Ereignisse , welche den
Wechsel des Schicksals herbeyführten , nicht mit Stillschwei-
gen übergangen werden .
Bonaparte stand mit 250,000 Mann da , seine Un-
maßungen geltend zu machen ; die Verbündeten hatten eine
weit größere Macht ihm entgegen zu stellen. Der erste erkor
Dresden zum Drehpuncte seiner Operation . Er verlegte da--
hin die Kaisergarde , die gesammte Reiterey und die Eliten-
corps ; im Ganzen ſicher 70,000 Mann . Den Überrest ver
theilte er in drey Heerhaufen , wovon der eine gerade aus
gegen Schlesien, der andere links gegen Berlin , der dritte
rechts gegen Böhmen Front machen mußte. Dresden be-
stimmte er für alle drey zum Abschnitt , das heißt zum Punct,
von dem jeder Unterstüßung , Munition und Lebensmittel
erwarten , auf den jeder von ihnen im Nothfalle den Rück-
zug antreten konnte. Deßhalb wurde Dresden verschanzt.
Insbesondere hatte noch das linksfehende Corps einen Rüs
ckenhalt in der Festung Magdeburg und in mehreren treff-
lich fürgewählten Brückenköpfen an der Elbe. Die Lage des
rechts stehenden war am mißlichsten. Keinen Lehn- oder
Stügpunct , und gegen sich über sowohl die Hauptstärke der
Conföderirten , als auch ganz zu derselben Vortheil die Ge-
staltung des Gebirgszuges.
In den ersten Tagen des Augusts drängten die Preu-
ßen in Schlesien sehr ernstlich die französischen Truppen ,
und während Bonaparte dahin mit seinen Reserven zur Un-
170
terſtüßung rückte , stürzten die Verbündeten in Böhmen aus
allen Gebirgsübergängen am linken Ufer der Elbe gegen
Dresden hervor. Bonaparte mußte auf die Nachricht dieser
Bewegung sein Vorhaben aufgeben , eiligst umkehren , und
rückte mit seinem lange treu gebliebenen Glücke in Sachsens
Hauptstadt im Augenblicke ein , als die Verbündeten schon
mehrere der vorliegenden schwachen Verschanzungen erstürmt
hatten. Nun war die Mehrzahl und das Übergewicht wieder
auf der Seite der Franzosen ; doch gaben die Verbündeten ihr
Unternehmen noch nicht auf. Sie umlagerten , stets fechtend
Dresden in einem Halbkreise , der von dem linken Ufer der
Elbe oberhalb der Stadt bis wieder an die Elbe unterhalb der
felben reichte , eine Ausdehnung von (7 engliſchen) beynahe
anderthalb deutschen Meilen einnahm , und durch viele un-
wegsame, die enge Verbindung hemmende Hindernisse durch-
schnitten war. Fast in der Mitte lief eine tiefe und breite
Schlucht mit steilen Felsenwänden quer durch (der Plauensche
Grund genannt) , wodurch der linke Flügel
unter dem öfter-
trennt warGeneralen
reichischen , daß be Mesco dergestalt vom Überreste ge-
Bonaparten gelungen war , denselben
zu vereinzelnen , abzufangen , und das ganze verbündete
Heer zum Rückzug in die schwierigen Gebirgspäſſe, zwischen
Böhmen und Sachsen zu bewegen.
Nun war Napoleon bedacht , fernere Vortheile von
dem errungenen zu ziehen. Er entfendete 30,000 Mann
unter dem Generallieutenant Vandamme , welche über die
Elbe (15 englische) drey deutsche Meilen oberhalb Dresden
gehen , und im Rücken vom rechten Flügel der Verbünde-
ten Posten faffen sollten , während er selbst mit der Haupt-
macht gerade vorrücken würde. Das entfendete Corps hatte
durch Ostermanns heldenmüthiges Entgegenwerfen nicht die
Mündung des Passes erreichen können ; es traf daher ſelbes
jenes Schicksal , dem eine Umgehungs- Colonne bey einem
gefaßten , unerschrockenen Gegner sich leicht ausseßt. Die
abschneidenden Truppen wurden selbst abgeschnitten , und
171
nach einem Eurzen Gefechte gefangen genommen . Hierauf
folgte eine Menge theilweiser Vorfallenheiten , die gewöhn-
lich ungünstig für die Franzosen , besonders für die gegen
den preußischen und gegen den schwedischen Feldherrn operis
renden Abtheilungen ausfielen , allein nichts konnte Bona-
parten bewegen , Dresden aufzugeben , das er zu seiner
wohlverwahrten Höhle gemacht , um bald auf dem linken ,
bald auf dem rechten Ufer herauszubrechen , und mit den , sich
vorwagenden Kämpfern sich abgesondert herum zu balgen .
Allein sein System konnte nicht mehr Stich halten , als die
eigentlichen zusammengreifenden Operationen begannen . Alle
abgesonderten Heeree abtheilungen wurden in zwey Haupt-
körper gesammelt , wovon der eine aus der Laufit und dem
Brandenburgischen , der andere aus Böhmen in concentri
scher Richtung gegen den Rücken von Dresden vorrücken
mußte. Am 15. October waren beynahe alle verbündeten
Truppen in der Ebene von Leipzig vereinigt. Nun durfte
Bonaparte , der bis zum leßten Augenblicke zu Dresden
verharrt hatte , und noch 30,000 Mann *) daselbst zurück-
ließ, nicht länger säumen , sich der heranwälzenden Gefahr
entgegen zu werfen. Die geringe Vorsorge , die er gewohnt.
war für Schonung und Erhaltung seiner allzu leicht in der
Zahl zu ersehenden Truppen zu tragen , der in mancherley
Schlachten erlittene Verlust , und die eigensinnige Versplits
terung zur Besetzung von Pläßen , von denen er schon weit
weggedrängt war , hatten die Stärke feiner Reihen auf
170,000 Mann unter den Waffen herabgeschmolzen. Er
versuchte mit 25,000 Mann die von Norden herkommende

*) Die am 17. November 1813 nach der übergabe von Dresden auss
inarschirende Mannschaft bestand nach der ämtlichen Abzählung aus :
einem Marschall ( der ießige gsminister Gouvion St. Cyr ) ,
12 Divisions und 20 Brigade Generalen , 1759 Officieren , 27,714
Gemeinen und 6031 Mann in den Kranken Anstalten. Das ers
oberte Gefchüß bestand in 8 Mörsern , 51 Haubigen und 186 Kanos
nen , zusammen 245 Stücken.
172
Macht aufzuhalten , indeß er mit dem überreste die von
Böhmen vorgerückte anfallen würde. Dasselbe Manöver
hatte ihm schon oft geglückt , wenn es in einem großen Maß-
stabe , und bey großer Entfernung zwischen den zur Defensiz
ven und zur Offensiven bestimmten Abtheilungen ausgeführt
war. Hier war Alles nur wenige Stunden aus einander ,
folglich wurde jeder Schritt, welchen die aufzuhaltende Masse
des Gegners vorwärts erzielte , eine Bedrohung für den
Rücken der eigenen zum Angriffe beorderten. Während dies
senach seine Hauptmacht am 16. einen Kampf bestand ,
der mit ungemeiner Anstrengung von beyden Theilen ohne
Entscheidung für einen derselben sich endigte , wurde durch
die Niederlage des Ney'schen Corps am 14. bereits seine Rücks
zugslinie gefährdet. Die Verbindung zwischen allen gegen .
Leipzig von verschiedenen Richtungen zuströmenden Heeren ,
wozu bald auch das sächsische , aus den französischen Reihen.
tretend , sich gefellte , war nunmehr enge hergestellt. Die`
Ereignisse des 18. Octobers würdig zu schildern , ist den
ruhmgekrönten Theilnehmern vorbehalten. Die Franzosen
durften nicht beym Tage einen durch zahllose Hindernisse be
drohten Rückzug wagen ; es war daher vor Allem die Nacht-
zu erkämpfen , mit deren Einbruch sodann der Rückzug quer
durch die Stadt unablässig fortbetrieben , und auch mit Aus-
nahme eines in Leipzig zurückgebliebenen Nachtrabes , der
am folgenden Morgen die Waffen streckte , glücklich bewerk-
stelliget wurde. Die zu frühzeitig in Brand gesteckte Mine
ber Brücke über die Elster schnitt noch bey 15,000 Mann
von ihren Colonnen ab , die theils bey dem Versuche durch
den schlammigen und angeschwollenen Fluß zu schwimmen
(darunter Fürst Poniatowsky) zu Grunde gingen , größten
Theils aber gefangen wurden. Mit Inbegriff der zu Leipzig
zurückgelassenen Verwunden und Kranken, war der Vers
lust des Feindes über 60,000 Mann gestiegen. Abermahls
10,000 Mann kostete ihnen das Treffen bey Hanau , wo-
hin , nachdem Baiern dem hohen Befreyungsbunde beyge
173
treten, das Heer dieses Staates in Vereinigung mit öfter-
reichischen Truppen geeilt war , um die Linie nach dem Rheine
zu durchschneiden , und wo dieses Corps , auf falsche Meldung
über die eigentliche Richtung und den Zustand der rückzie-
henden französischen Armee , in der Meinung die große
verbündete Armee wäre im Stande , sie noch unmittelbarer
und schneller zu drängen , endlich im brennenden Verlangen,
recht bald durch Mitwirken den ernstlichen Eifer des neu
ergriffenen Systems zu bewähren , einen höchst ungleichen
Kampf, zwar ehrenvoll aber überaus blutig bestanden hatte.
Rechnet man noch die Besahangen , welche in Nord- Deutsch-
land zurückblieben , und die nach und nach capituliren muß-
ten , zu dem , was die lange Reihe von Gefechten gekostet
hatte ; so ergibt sich, daß Bonaparte in dem kurzen Zeit-
raume von achtzehn Monathen über eine halbe Million ta-
pferer, erfahrener , bis zum Erstaunen unternehmender Krie-
ger seinem Eigenfinne geopfert hatte. Kaum einige fünfzig
tausend Mann konnte er nunmehr über den Rhein auf jenen
Boden hinüberführen , der ihm schon soe viele Hunderttau-
sende geliefert hatte.
Auf solche Art waren die Heere Frankreichs an seiner
östlichen Gränze zu einer Nichtigkeit herabgesunken , die für
die zahlreichen des großen Staatenbundes kein oder nur ein
geringes Hinderniß zum Marsche nach Paris abgeben konn
te. Allein der erste Zweck jener Befreyung war erreicht. Eine .
gewiß bey Siegern feltene Gewissenhaftigkeit hielt vom also-
gleichen Übergang zur Eroberung ab. Es entstand daher eine
Art von stillschweigender Waffenruhe am Rheine , die politis
schen Verhandlungen geweiht wurde , und somit schien es den
verbündeten Heeren an der westlichen Gränze Frankreichs
vorbehalten , wie vorher die Priorität der Besiegung , nun
auch jene des Einfalles in das feindliche Gebieth zu erreichen.
d
Lord Wellington , sobald er in den Besit von Pam-
pelluna gekommen war , machte Anstalten zur offensiven
Operation. Die neue Ordre de Bataille welche er seinem
85,000 Mann starken Heere gab , war folgende :
.USGenerallieutenant
Generallieut
btheilung
174

Heeress
Hope
Sir
J. Hill
ir
|R. Benennung Commandanten
der Der
Unterabtheilungen Unterabtheilungen
Rechter
Flügel

2. brittische Division Sir Wilhelm Stewart.


6. Sir Heinrich Clinton.
portugiefifche Division Sir Jakob Hamilton.
Ipantie Diviñon General Morillo.
Retterep Brigade Oberst Grant.

1. brittilde Division Generalmajor Oswald.


Flügel
Linker

5 Generalmajor Hay.
8. Generalmajor Howart.

1. Selbstständige portugiesis General Sir Robert Wilson.


fche Brigade
2. General Bradford.

britt. selbstandige Brigade Lord Aylmer.


unmittelbar
Wellington

Beresford
Rechter
Flügel

Sir Thomas Picton und in


unter

3. brittische Division
Sir
Lord

W.

deffen Abwesenheit Gene


ralmajor Curl Colville.
.
Mitte

Generallieutenant Sir Low


ren Cole.

Lord Dalhousie und in deſſen


Abwesenheit der portug.
Gen. Feldwachmeißter Le
Cor *).
Flügel
Linker

Leichte Division Freyherr Carl von Alten.


.

1. ſpan. Reſervearmee General Giron.


2. Don Emanuel Freyre .
Reiteren Brigade Frenherr Victor von Alten.
Unmerkung. Jede Division mag zwischen 4500 und 5000 : die selbst.
ständige Brigade ben 2000 : die Retteren Brigade an 1000 : die spas
nischen Reserve Armeen nicht über 25,000 Mann stark gewesen seyn.

*) Der nähmliche General Le Cor rückte am 20. Jänner 1817 an der


Spite von 10,000 Portugiesen in Montevideo ein , und ist noch im
Befih der Stadt , obschon äußerst belästigt durch die Guerillas uns
ter Artigas Befehl.
175
Er ließ alle diese Abtheilungen links ziehen , und sich in
enge Quartiere fammeln , doch verzögerte das ungünstige , stür-
ungund dicht fallender
der Küste
mische Wetter (Regengüſſe längs Beweg
Schnee in den Gebirgen) jede arts bis zum

10. Novembet. Die Franzosen hatten sich inzwischen hinter


eine, mit großem Aufwande von Arbeit und Kosten vorbes
reitete , furchtbare Verſchanzungslinie an dem Flusse Nivelle
gelagert. Dieser Waldstrom , der auf der (östlichen) Kehr-
seite der Pyrenäen beym Passe von Maya entspringt , und
in nördlicher Richtung fließend bey St. Jean de Lüz sich in
den Meerbusen von Biscayen ergießt , war von dort an,
wo sein Gebieth von einer Schlucht in ein Thal sich umwan
delt, bis zu seiner Mündung mit einer Kette von Werken
versehen worden , die jedoch nicht fortwährend auf dem jen
seitigen (rechten) Ufer den Krümmungen des Flusses folgten,
sondern , je nachdem die Absicht war , entweder bloß den
Übergang über dieses , nicht zu durchwatende Wasser streis
tig zu machen , oder sich selbst die Möglichkeit eines Über-
ganges zuzusichern , theilweis auf dem rechten , theilweis auf
dem linken Ufer meisterhaft geführt waren. Der rechte Flüs
gel war ganz vorzüglich fest. Hier stieß man auf der Bayon-
ner Hauptstraße zuerst auf vorgeschobene Erdwerke von
starkem Profile , dann auf eine innere Verschanzang unmit
telbar vor der Brücke , endlich war noch jenseits die Stadt
St. Jean de Lüz mit Aufwürfen , die nichts unbestrichen lie-
Ben, umgeben. Von dort an waren , weil die Nivelle einen stark
gegen Frankreich eingreifenden Bogen beschreibt, in der Seh
ne auf der Seite gegen Spanien , oder auf dem linken Ufer
die Feldbefestigungen von der Brücke und dem Brückenkopf
bey Ascain bis etwa dritthalb tausend Klafter oberhalb ge=
zogen. Das Dorf Sare , das beyläufig vor der Mitte dieses
Theiles liegt , war verrammelt , und durch zwey vorwärts
geschobene Werke eben so die rechtsliegende Anhöhe (die kleis
ne Rhüne) durch Fleschen beschüßt. Dieser , auf dem linken
Ufer befindliche Theil schloß sich dort an den Fluß , wo jen-
176
seits die , sich allmählig herabsenkenden Abfälle der Anhöhen.
von Ainhoe zur Fortführung des linken Flügels geeignet
waren. Bey Ainhoe nähmlich ist die Einsattlung für den
Übergang aus dem Thale der Nivelle , in das beynahe gleich-
laufende , auf Bayonne zuströmende der Nive. Hier waren
vom Wasser bis zu den , an die Wolken hinanragenden Bere
gen des Nive - Thales fünf Haupt- Redouten mit kleineren
Zwischen und Vorwerken angelegt , die an einen unersteig
lichen Felsen sich lehnten , alle Zugänge bestrichen , und zu
noch größerer Verstärkung vor dem Dorfe Ainhoe noch eine
Verschanzungslinie vorliegen hatten , die sich ebenfalls an
den ,vorher erwähnten , befestigten Felsen links stüßte. Offen-
bar war der linke Flügel der angreifbarste Theil ; die Mitte
aber jener , wo jeder Erfolg die bedeutendsten Resultate er
geben mußte , indem dadurch die Verbindung getrennt , und
der Feind gezwungen wurde , die Aufstellung in und um St.
Jean de Luz augenblicklich zu verlassen. Deßhalb beschloß
Lord Wellington den gleichzeitigen Angriff der beyden , sich
wechselseitig unterſtüßenden Theile der Linie. Sir Rowland
Hill wurde mit dem rechten Flügel (siehe die vorher gegebene
Ordre de Bataille) gegen die Anhöhen von Ainhoe Seordert,
und der portugiesische Feldmarschall Sir Wilhelm Beresford
mit dem rechten Flügel der Mitte gegen die Werke vor und
hinter dem Dorfe Sare. Links an denselben sollte General
Giron mit der ersten spanischen Reserve Armee zur Vorrüs
ckung sich anschließen ; noch weiter links der Freyherr Carl
von Alten mit der leichten Division und Longa mit seinen.
Guerillas die Verschanzungen auf der kleinen Rhüne bestür-
men ; endlich Don Emanuel Freyre mit einem Theile der
zweyten spanischen Reserve Armee gegen Ascain vorschlei-
chen, um diesen Punct zu bedrohen und zu verhindern ,
daß nicht von dort Unterstüßung zu den übrigen ins Gefecht
verflochtenen Puncten entfendet werde. Der linke Flügel des
verbündeten Heeres unter Sir Johann Hope hatte die glei
177

g
the Verrichtung gegen den Theil der französischen Linie von

un

g
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Ascain bis an das Meer zu versehen.

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Die Division des Generalen Sir Lowrey Cole , in der

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Ang

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zum Beginnen ihrer Ausführung. Nachdem das aufgeführ
te Geschüß ganz kurze Zeit die Redoute gerade vor Sare hißig
beschoffen hatte , stürzte das Fußvolk mit Leitern zur Er-
ftürmung hervor , und die Plänkler umschwärmten ihre Keh
le. Die Vertheidiger , ganz fassungslos , wollten entwischen,
und ſprangen über die Brustwehre hinab ; allein zu spät , denn
dieMeisten wurden imGraben gefangen. Nun jagte die reitende
Artillerie auf eine Stelle vor , von wo sie die zweyte Schans
ze in Rücken nahm , auch schritt die Division des Generals.
Feldwachmeisters Le Cor (rechts von jener des Generalen
Cole marschirend) ganz nah an der Flanke dieses Werkes
vorüber , worauf die Besaßung , minder entschlossen , als
jene des benachbarten , bey Zeiten ihr Heil in der Flucht
fuchte.. Die beyden , nunmehr ohne Hinderniß vorrückenden
brittischen Divisionen (die vierte und siebente) seßten sich auf
diese Weise ganz leicht im Dorfe Sare fest.
Generals Alten Angriff gegen die kleine Rhüne krönte
ein gleicher Erfolg. Er hatte seine Division noch im Dunkel
der Nacht etwa 120 Klafter von der Verschanzung , womit
der Rand der Bergkuppe gekrönt war , in Sturm - Colonnen
gebildet , die mit dem ersten Schimmer des Tages hervor-
brachen , mit unwiderstehlichem Ungestüm eine Flesche nach
der anderen eroberten , und so bis an die , gleichsam als Ab-
schnitte angelegten geschlossenen Werke gelangten , aus denen
aber die Besatzung , ohne den Andrang abzuwarten , davon
eilte. Nunmehr marschirten die Colonnen ohne weiterem
Widerstande auf der Höhe des Plateau's auf.
Nachdem durch Wegnahme der vorgeschobenen Schan=
zen der allgemeine Angriff vorbereitet war, rückte das Gros
(die in der Ordre de Bataille so benannte Mitte) gegen den
verschanzten Höhenrücken hinter dem Dorfe Sare vor ,
II. M
178
welcher eigentlich den Brückenkopf vor dem einwärts gebor
genen Theile der Nivelle und für die vielen daselbst ange=
brachten Übergänge bildete. Die Divisionen Colville und Le
Cor schritten , mit Vorausschickung ihrer Plänker und leich
ten Truppén , muthig den Abhang hinan. Bey ihrem Uns
nähern verließen die Franzosen nicht nur die vorliegenden
Schanzen, und jene noch unvollendeten , welche den Links-
Anschluß von diesem Theile der Linie an die Nivelle bilden
sollten , sondern selbst eine rückwärtige , welche ihrer Stärke.
nach sich wacker hätte vertheidigen können. Beyde brittische
Divisionen erreichten den Kamm des Rückens , und mar
schirten daselbst in ein Treffen auf, ohne durch etwas ande
res , als einige auf gut Glück geschehene Kanonenschüsse be-
lästiget worden zu seyn. Die Vertheidiger zogen in größter
Eile und in ziemlicher Unordnung alle Reserven in das Thal
hinab, und über die Nivelle auf das rechte Ufer. Nur ein
einziges Bataillon , das sich hinter eine starke, noch nicht
aufgegebene Schanze aufgestellt hatte , verlor nicht. seine
Haltung , und machte Miene , ernsten Widerstand zu leis
ften. Allein einer gleich starken Abtheilung Portugiesen ges
lang es , auch dieses Bataillon zurückzudrängen , und im
raschen Verfolgen sich im Rücken der noch immer sich ver
theidigenden Schanze festzusehen , während selbe von vorne
durch die leichte Division des Freyherrn Carl von Alten be
schäftigt war. Dieser General nähmlich hatte nicht gefäumt ,
im verabredeten Augenblicke von der kleinen. Rhüne herab
gegen den , gerade vor ihm liegenden Theil der Feldbefesti
gungslinie zu marschiren. Die Flügel diefes Theiles lehnten
sich an schroffe , ungangbare Schluchten , und der schmale
Rücken , auf dem man gegen dessen Fronte vorschreiten muß-
te, lag im Kreußfeuer von einem , auf halbem Abhange ein
geschnittenen Aufwurfe , und zwey zu beyden Seiten ange-
legten Schanzen. Da man gewahrte , daß jenseits der
Schlucht eine Mulde sey , in der die Mannschaft wie hinter
Fin Schulterwehre Deckung finden könne ; so führte der`
179
Oberstlieutenant Colborne das 52. leichte Regiment Mann
für Mann , unter dem nahen Feuer der Verschanzungen
über die Klüfte. Sobald das Regiment hinter dieser Erhö
hung gesammelt war , erschollen die Hörner zum Vorrücken;
und die Mannschaft rannte jubelnd den Berg hinan , wor-
auf der Feind nicht nur den Einschnitt , sondern auch die
flankirenden Schanzen eiligst verließ. Um den Triumph voll
ständig zu machen , fehlte nur noch die Eroberung jenes
Werkes , das gewisser Maßen als leßter Abschnitt dem ein-
zigen französischen Bataillone , das , wie oben gesagt wur
de, seine Fassung nicht verlor, als Stüßpunct gedient hätz
te. Dieses Werk sah nun von vorne die leichte Division sich
zur Erstürmung anschicken , indeß in seinem Rücken Mar-
schallBeresford mit einer portugiesischen Abtheilung sich fest=
feste , folglich war für die Besaßung kein längeres Bleiben.
Sie ballte sich in eine Masse zusammen , ließ sich von hef-
tigem Plänklerfeuer umkreisen , und versuchte so sich durch-
zuschlagen. Mehr als 200 der Ihrigen waren gefallen, ehe
die übrigen 560 an der Zahl , von allen Seiten abgeschnitten,
dazu gebracht wurden , sich als Kriegsgefangene zu ergeben .
Indeß waren die Verbündeten gegen den linken feinds
lichen Flügel, gegen den Höhenrücken von Ainhoe auf dem
rechten Ufer der Nivelle nicht müßig geblieben. Sir Rowland
Hill hatte staffelweiſe mit ſeinen drey brittiſch - portugiesischen
Divisionen, jene des Sir Heinrich Clinton am linken Flüs
gel vorschiebend , die Höhen von Ainhoe erstürmt. Man
kann unmöglich eine Bewegung mit mehr Festigkeit und
kälterem Blute ausführen , als hier geschah. Sie schritten
an der vor dem Dorfe Ainhoe vorgeschobenen Verschanzungs-
linie auf weitem Umwege vorübergehend an die Nivelle vor,
deren Ufer steil und von schwieriger Abfahrt sind , durchwa
teten diesen Fluß , und marschirten geschlossen und beynahe.
ohne einen Schuß , mit gefälltem Bayonnete gerade auf
den rechten Flügel der Verschanzungslinie dieſer Höhen (auf
ihren Anschluß an das rechte Ufer der Nivelle) , und auf die
M 2
180
davor aufgestellten Truppen los. Diese wurden mit Verlust
zurückgeworfen , und die Besaßung der zunächst liegenden Res
doute, vom panischen Schrecken ergriffen, rannte heraus ,
ohne einen Angriff abzuwarten. Der Einfluß dieses Beyspieles
ging bald auf die links von diesem Werke stehenden Truppen
über, die ebenfalls auf das eiligste flohen. Sir Heinrich
Clinton jagte rasch nach , und schloß sich dann an die portus
giesische Division unter dem Sir Jacob Hamilton , um vers
eint die zweyte der fünf Redouten anzugreifen. Auch hier
kam die Flucht der Besaßung der ernsthaften Anstrengung
der Verbündeten zuvor. Sir Wilhelm Stewart war mit
ſeiner Diviſion auf die dritte Redoute (vom rechten Flügel
gezählt) gestoßen. Sie lag in einem etwas einspringenden
Winkel auf einem , mit den übrigen gleichlaufenden Fuße.
Sie unterlag bald dem Ungestüm der Stürmer. Somit war
der Feind aus allen Puncten geworfen , welche hier den
Übergang der Nivelle vertheidigten , und der Sieg hatte dem
Corps des Sir Rowland Hill nicht gar 500 Mann gekostet.
Zwey Divisionen zogen sich alsogleich rechts in der Richtung
den
gegensc hob , einem französischen Weiler, der schon auf
Espelette
ene berei
warDie umg =
den Abfällen gegen rschNive = Thal liegt.
Vedas vortsdem Dorfe
an
anzu
ngsl
Ainhoe inie
gen, und durch die.leste Bewegung vollends mit dem Ab-
schneiden bedroht. Da nun auch die spanische Division unter
Morillo von vorne drängte , so eilten die französischen , allda
aufgestellten Truppen auf weitem Umwege in Sicherheit zu
delangen.
Somit hatten sich die Verbündeten auf beyden Ufern
der oberen Nivelle festgesezt ; aber noch war das Tagwerk
nicht vollbracht. An der unteren Nivelle hatte der französis
sche Oberbefehlshaber die , aus der Mitte der Verschanzungss
linie auf dem linken Ufer zurückgeworfenen Truppen , auf dem
rechten in einer sehr vortheilhaften Stellung auf den Höhen
von St. Pei gesammelt , oberhalb Ascain frische Batterien
auffahren lassen, und die Mündung des Flusses in das Meer
181

noch unangetastet erhalten. In dieser Lage durfte die Nacht


nicht abgewartet werden. Die vielen Brücken über die Nie
velle hinter der gesprengten Mitte machten es den Divisio
nen Colville und Le Cor leicht , auf die Anhöhen von St.
Pe überzugehen . Ehe noch daselbst die feindlichen Truppen
ordentlich in ein Treffen sich entfalten konnten , wurden sie
schon von Stelle zu Stelle verjagt , und die Verbündeten
drangen auf der Anhöhe von Serre ganz in den Rücken der
Verschanzungen vor , welche mit jenen von Ascain und von
St. Jean de Luz den rechten Flügel der ganzen Linie aus-
machten , und noch immer beseßt waren. Nunmehr war der
Feind von allen Seiten bedroht oder umfangen , und der Eine
bruchder Nacht machte ferneren Bewegungen ein Ende. Soult
benügte die Finsterniß , um die Truppen vom rechten Flügel
fachte zurückzuziehen. Um Tage wäre dieß unmöglich gewor-
den , weil das Corps des Sir Johann Hope nahe genug an
der Fronte dieses Flügels war , um jeden Schritt rückwärts
ungemein zu beunruhigen , und anderer Seits droheten
die bereits auf der Anhöhe von Se Pe festgefeßten zwey
brittischen Divisionen bey dem geringsten Aufschub , bis an
die Bayonner -Hauptstraße vorzudringen , und den Rückzug
abzuschneiden . Wirklich bewegten sie sich auch am folgenden
Morgen frühzeitig in dieser Absichtvorwärts , die
und Franzo
allein sen
Regens
güsse hatten alle Seitenwege verwüstet ,
auf der Hauptgemeinschaft die Brücken über alle Waldströme
zerstört, dadurch gewannen diese einen Vorsprung vor den
aufgehaltenen, verfolgenden Colonnen, und erreichten Bayone
ne ohne weiter beunruhigt zu werden.
Fünfzig Geschüße , fünfzehn hundert Gefangene und eine
große Menge Munitionskarren und Proviantwägen , welche
in die Hände der Verbündeten fielen , erhöhten die Wichtigs
keit des Sieges , der nur 500 Todte und 2000 Verwundete
gekostet hatte.
Die Aufstellung an der Nivelle hat unbestreitbar große
Terrain Vortheile , und mit wahrem militärischen Auge way
182

die zu treffende Anordnung bey Anlage der Verschanzungs-


linie aufgefaßt , auch mit echtem Kunstsinne der technische
Theil des Baues , ohne durch drey Monathe weder Mühe
noch Geld zu sparen , ausgeführt worden. Marschall Soult ,
der mit 70,000 verwendbaren Truppen * ) jeden Zollbreit
Bodens streitig machte, hat als Oberleiter und als Srieger
seine Schuldigkeit in vollem Maße erfüllt ; nur im Detail.
der Vertheidigung stoßen zwey Mißgriffe auf, die vielleicht
mehr einem der Abtheilungs- Commandanten zur Last fallen.
Erstens waren an mehreren Puncten die Truppen vor den
Schanzen aufmarschirt. Offenbar verdeckte dieses das Feuer
der Werke so lange , bis die Truppen dahinter zurückgewor
fen waren ; allein wie konnte, man dann noch auf die kalt=
blütige Bedienung des Geschüßes rechnen ? War nicht vor
auszusehen , daß , wie auch} geschah, die Besaßung durch
das , vor Augen habende Beyspiel erschüttert , mehr , auf
liche Plakals
Rettung Unterſtüßungstruppen
derVertheidigung iürde
bedacht seyn würde ?? Der
Der eigent
eigent
ungezweifelt im Rü-
cken und zwischen den Schanzen , um zuerst dem Feuer der
felben gegen die anrückenden Stürmer freyen Spielraum zu
Lassen , und dann wann dieselben zum Schwanken gebracht,
oder mit dem Frontal - Angriffe am hißigsten beschäftigt wären
-in ihre Flanken hervorzubrechen. Der zweyte eben so be-
deutende Fehler, fiel in der Beurtheilung des eigentlichen
Angriffpunctes vor. Der Feind war so sehr überzeugt , es
müsse Sir Rowland Hill zuerst den äußersten linken Flügel
ge
der n das Nive - Th
geVerschanzungs al) er
linie (den men
ſtürFelsenkopf
P in der Einſattlung
en , um etwas gegen die übri
gen Werke ausrichten zu können , daß, während die staffel-
förmigen Colonnen der Verbündeten gegen die Anhöhen
hinter Ainhoe hinanschritten , von dort noch immer französi

*) Nicht in der Verschanzungslinie der Nivelle waren 70,000 Mann,


fondern im Ganzen unter den Befehlen und zur Verfügung des
Marschalls Soult,
183

sche Bataillone zur Verstärkung gegen den linken Flügel ab-


geschickt wurden , und daß , während das Gefecht hinter dem.
Dorfe Ainhoe bereits auf das hißigste begonnen hatte, die
weit vor dieses Dorf vorgeschobenen französischen Truppen ,
statt ihren Waffengefährten rückwärts im Gedränge Hülfe
zu bringen , sich damit unterhielten dem Streifcorps des
Mina , welches zur spanischen Division Morillo gehörte ,
bis an den Paß von Maya nachzujagen. Dort fielen ſie auf
das Gepäck eines Dragonerregiments , plünderten es , und
kehrten ungefäumt mit ihrer Beute zurück, noch zeitlich ge
nug , um einem entsendeten Commando , das sie abschneiden
follte, zu entwischen. Dieſe Irrthümer zeigen deutlich , was
auch die französischen Berichte aus jenen Tagen zu verstehen
gaben, daß der die französischen Heere noch kurz zuvor beseelen-
de Geist von ihnen gewichen war. Bey der Mannschaft war
das stolze Vertrauen in sich selbst und in die Anführer , mit
ihm jener ertasische Muth geschwunden , welcher sonst einen
so wichtigen und schwierigen Vortheil gewiß nicht mit ſo ge>
ringem Verluste hätte erringen lassen , obschon der Angriff
mit ungemeinem Scharfsinne entworfen , und mit glänzen-
der Tapferkeit ausgeführt war. Wirklich hatte das verbün
dete Heer außerordentlich an Haltung , Ordnung und Lenks
famkeit gewonnen. Vorzüglich schön war das Überschreiten
aller Defileen im Laufe , und das schnelle Wiedersammeln
jenseits derselben , um nie weder an Zeit, noch am Ge-
verlieren. Auch
schloffenseyn , andas Geschüß
dieser unter dem
Hauptstärke etwas zu
der Colonnen etwas zu
Oberßen Dickson be
wies in diesen Gelegenheiten auf dem ungünstigsten Boden
für diese Waffe , zu welch hohem Grade von Beweglichkeit,
von Schnelligkeit und Genauigkeit in der Bedienung die
wohlgeleitete Abrichtung und unermüdete Übung führe.
Nach dieser glänzenden Waffenthat bezogen die Ver-
bündeten Cantonnirungen zwischen dem Ursprunge der Nivel-
le und ihrer Mündung in das Meer, um sich zu den weitern
Vorgängen zu bereiten. Die Franzosen zogen sich , ihnen ges
184
genüber und nur auf eine halbe deutsche Meile davon in und
um Bayonne in engen Cantonnirungen sehr zahlreich zusant-
men. Die Vorsicht gegen theilweise überfälle oder Beunru
higung einzelner Quartiere veranlaßte das Aufwerfen einer
Verschanzungslinie , welche jede der verbündeten Divisionen
vor sich ausführen mußte , und die , vom Meere an das
linke Ufer der Nive reichend , folgender Maßen gezogen war.
Links lehnte sie sich an die See hinter dem Städtchen Bia-
rig , dann folgte sie dem Höhenrücken , lief quer über die,
Hauptstraße bey einem Landhause , das dem Bürgermeister
von Biarih gehört , ging sodann auf den rechten Abhang
eines Seitenthales über , das gegenüber von Arcangues sich
gegen die Pyrenäen hinanzieht , folgte diesem Abhange , sei-
nen Rand krönend , bis abwärts an die Nive , an welche
sie sich nahe bey einem großem Schlosse , Garats Haus ge=
nannt, anschloß. Der rechte Flügel war längs des linken
Ufers der Nive über Ustariz und Cambo zurückgezogen.
So lange das verbündete Heer nur diesen beschränkten
Raum dießseits der Nive inne hatte , folglich die Verbin-
dung zwischen Bayonne und St. Jean Pied de Port frey
ließ , konnten die Franzosen den Landesstrich am rechten Ufer
des Flusses zu ihrem Gebrauche benügen , und das Eintrei-
ben von Futter oder Lebensmitteln den Verbündetenvermek

ren ; sobald daher die erforderlichen Vorbereitungen für das


Übergehen über die Nive zu Stande gebracht waren , bes
schloß Lord Wellington die Cantonnirungen auf das jenseitige
Ufer auszudehnen , und den
Feind dadurch enger zusammens
zudrängen, daß man seine Vorposten zurückdrücke , und eis
nige vortheilhafte Posten zwischen der Nive und Adour, die
er beſegt hielt , aufhebe. Demnach machte das Gesammtheer
Hop
am 9.e mit
December ken Bewegung vorwärts . Sir Johann
dem lineine
längs der Hauptstraße mars
fchirend , stieß auf wenig Widerstand , und gelangte nahe
genug an Bayonne , um den Vertheidigungsstand der Fes
Aung zu erforschen. Auf dem rechten Flügel überschritt Sie
185

Rowland Hill mit zwey Divisionen einige Furthen der Nive


bey Cambo , und fand ebenfalls keine Gegenwehr , weil die ,
ihm gegenüberstehenden feindlichen Truppen hastig gegen
Bayonne zurückeilten , um nicht durch die Division Clin-
ton (ebenfalls von Hills Corps : abgeschnitten zu werden , da
diese über die Schiffbrücke bey Ustariz und in ihren Rücken.
vordrang. Die retirirende Colonne machte Miene bey Ville
franche anzuhalten , allein das von Ustariz her sich zeigende
leichte Fußvolk trieb sie bald weiter. Das Ende des Tages
feste feinen Ereignissen ein Ziel. Der Feind zog in derFin-
sterniß alle Posten nach Bayonne hinein. Am 10. stellte.
Sir Rowland Hill sein Corps mit dem rechten Flügel an
die Adour , mit dem linken auf die Höhe von Ville franche
ober der Nive , mit der Mitte an das Dorf St. Pierre
quer über die Hauptstraße auf, die von Bayonne nach St.
Jean Pied de Port führt. Die Spanier unter dem Gene-
ralen Morillo wurden nach Urcuray, und eine Reiter - Bris
gade nach Hasparren entfendet, um im Rücken und in der
rechten Flanke von Hill's Aufstellung eine feindliche Trup-
pen - Abtheilung zu beobachten , die sich bey St. Palais in
dem Bidouze - Thale festgesezt hatte. Sir Johann Hope
bézog im Verlaufe der Nacht wieder seine alten Cantonni-
rungen, wie auch der Marschall Beresford , von den Meere
nähmlich bis an das linke Ufer der Nive. Der leßte unter-
hielt durch eine Schiffbrücke über diesen Fluß die Verbindung
mit Sir Rowland Hill.
Bayonne liegt am Zusammenfluffe der Nive und Adour.
Der erste Fluß wird erst einige Stunden oberhalb dieses Punc-
tes durchwatbar ; der zweyte ist durchaus ein beträchtlicher
Strom. Die Stadt umschließt mit ihren starken Festungse
werken mehrere stehende Brücken über beyde Gewässer , und
um sie zur Aufnahme und Schirmung eines rückgängigen ,
oder zum Sammelplage eines vorwärts operirenden Heeres
desto tüchtiger herzustellen , war nach dem bekannten französi
schen Systeme der Landesbefestigung ein sehr geräumiges vers
186
schanztes Lager außerhalb angelegt , bey dem die Vortheile
des Terrains trefflich benügt waren, um mehrere Theile un-
angreifbar zu machen. Die einzigen zwey guten Straßen ,
welche an dieser Ecke von Frankreich über seine Gränze füh=
ren , jene an der Küste nähmlich über Jrun und St. Jean
de Lüz, und die zweyte über die Pyrenäen und St. Jean
Pied de Port, strömen beyde auf Bayonne zu , und ziehen
quer durch die Stadt. Alle anderen Gemeinschaften haben
jene Nachtheile im`größten Maßstabe , die man gewöhnlich
bey steinigten , steilen , durch Schluchten eingeschnittenen ,
von Gewittern weggespühlten Gebirgswegen mehr oder min-
der antrifft. Im Winter sind sie vollkommen verschneyt , oder
sonst unbrauchbar. Marschall Soult hatte daher den Vortheil,
in Bayonne sich im Mittelpuncte der zwen einzigen hinaus-
strahlenden Straßen zu befinden , und nach Willkühr , unter
ficherer Deckung , und verborgen sich auf die eine oder an-
bere werfen, von einer zur andern bewegen zu können , in-
deß die Verbündeten , um von einer zur andern zu gelan
gen , einen beträchtlichen Bogen auf einem , durch mannig
fache Hindernisse , nahmentlich durch die Nive durchschnitte
nen Boden zu durchlaufen hatten.
Soult säumte nicht einen Augenblick von der verſchie-
denartigen Lage Nußen zu ziehen . In der Vermuthung , daß
die Hauptmacht des Gegners auf das rechte Ufer der Nive
zur Unterstügung des Hill'schen Corps gezogen sey , brach er
mit dem größten Theile seiner Truppenmaffe früh Morgens
am 10. auf der Hauptstraße von St. Jean de Lüz bey Bayon-
ne heraus. Die Truppen , auf welche er hier stieß , und die
alle an die Befehle des Generallieutenants Sir Johann Ho-
pe, Commandanten des linken Flügels , angewiesen waren ,
bestanden in der5. brittischen Division unter dem Generalmajor
Hay, und in den zwey selbstständigen portugiesischen Briga-
den , die zusammen auf einem schmalen , ziemlich steil zu-
gänglichen Höhenrücken aufgestellt waren . Dreyviertel Stun
ben von diesem Plaße rechts nah an Arcangues stand die
187
leichte Division des Freyherrn Carl pon Alten , doch ohne
anderer militärischer Verbindung zwischen sich als Aviso
Posten und Pickete , weil hier der Höhenzug so gegen den
Feind vorspringt , daß keine stärkere Besetzung räthlich war.
Inzwischen war jede dieser Abtheilungen für sich hinlänglich
gesichert , indem ihre Flügel an enge verwachſené Schluch-
ten gelehnt , und doch zu nahe an einander waren , als daß
ein Feind es hätte wagen sollen , sich mitten durchzuschleis
chen. Gegen diese Gegend rückten die Franzosen unaufhalt-
Vers
fam vor, warfen zuerst die leichte Division nach den Bere
schanzungen zurück , faßten Posten auf dem verbindenden
Höhenzug , und wendeten dann ihre volle Kraft gegen die ,
auf dem Rücken hinter Biarih stehende Abtheilung. Diese
empfing den Feind mit unerschütterlicher Fassung , würdig
den früher erworbenen Ruhm auf einem so günstigen Bo-
'den zu behaupten. Nur eine augenblickliche Schwankung
schien zu entstehen , als der Feind nach langem, heftigen
Geplänkel
straße plößlich aus eeinem Gehölze rechts von der Haupt-
hervorstürzte,
Alles , was sich ihm entgegenstellte ,
die Tirailleure sowohl , als ihre Unterstüßungen und Refer-
ven, über den Haufen warf, und rasch seine Vortheile ver
folgend , den rechten Flügel umging. Allein ein portugiesis
sches Bataillon schritt muthig auf der Hauptstraße vor , und
schwenkte sich (rechts) gegen den Hintergrund des Waldes.
Das neunte brittische Linienregiment , das äußerste am reche
ten Flügel , da es gewahr ward, daß die Franzosen bereits
über die Verlängerung seiner Fronte vorgeschritten seyen,
verkehrte sogleich die Front , schloß sich an das erwähn-
te portugiesische Bataillon , und vereint rückten sie gegen
die Verfolgungs- Colonne los , welche, um nicht ganz ab
geschnitten zu werden , mit großem Verluste an Todten und
en zurückeilen ußte
wundet m . So wahr ist es , daß von
zwen gegen einander manövrirenden Körpern derjenige das
Umgehen erreichet, der am längsten die unerschrockenste Fas
sung behält ! Ungeachtet dieser theilweisen Schlappe ließen
188

die Franzosen erst mit sinkender Nacht vom hartnäckigsten


Kampfe ab. Judeß langten die übrigen Truppen des linken
Flügels aus den Cantonnirungen an. Die Division des Ges
neralmajors Howart löste die ermüdete auf dem Schlachtfel-
de ab. Zugleich rückten die Division Cole und Le Cor (die
vierte und siebente) heran , um beyden abgesonderten Aufz
stellungen im Nothfalle Unterstügung zu gewähren. Soult
verwendete die Nacht zu Anordnungen , um des andern Mor
gens mit Übermacht über die leichte Division des Freyherrn
Carl von Alten bey Arcangues herzufallen. Dem Generallieu-
tenant Hope entging es nicht , daß sich dahin starke feindliche
Abtheilungen zogen : er machte entgegen ebenfalls eine Bewe-
gung am 11. um näher an den Generalen Alten zu rücken ,
Hierauf änderte der Feind wieder seinen Plan, und ließ mehrere
Colonnen rechts gegen den linken Flügel der Verbündeten
marschiren. Sir Johann Hope verlor nicht einen Augen
blick wieder seine frühere Stellung einzunehmen , in wel
chem Flankenmarsche es aber den Franzosen gelang , sich auf
den Schweif der Colonne zu werfen , und denselben für
eine kurze Zeit in Unordnung zu bringen. Sobald jedoch al-
le Truppen wieder an der gehörigen Stelle eintrafen , folg=
lich sich wechselseitig zur Deckung oder Unterstüßung diens
ten , stand der Feind von jedem ferneren Versuche ab , und
es schlossen sich die Unternehmungen, aber nicht die Bege-
benheiten des Tages. So wie das Feuer eingestellt war ,
gingen dren Bataillone von den Naſſauern über. Sie waren
benachrichtiget worden, daß ihr Vaterland aus den Fesseln
fremder Herrschaft befreyt , und dadurch ihr Landesfürst in
den Stand gekommen sey , vom unnatürlichen Bunde sich
meinsames, Wohl
loszusagen bezweckenden
und einem andern , allgemeine Ruhe und ges
ühe und ge-
beyzutreten. Da den deuts
schen Truppen in Spanien keine Verhaltungsbefehle ihrer
Monarchen, fodern höchstens geheime Winke zukommen konn
ten ; so glaubten die Nassauer , um den zartesten Gefüh-
len und Pflichten Genüge zu leisten , abwarten zu müssen ,
189
bis die Gefahren dieses Tages schwiegen , ehe sie sich von den
feindlich gewordenen Reihen trennten.. Am nächsten Mor
gen blieben die Franzosen unverrückt in großer Stärke auf.
dem vorspringenden Höhenzuge. Nachmittags fiel hier ein
scharfes Vorpostengefecht vor ; doch unternahm kein Theil
etwas Ernsthaftes .
Marschall Soult ſah wohl ein , daß er die Hoffnung
aufgeben müsse , gegen den linken Flügel der Verbündeten
etwas auszurichten. Er benüßte den früher erwähnten Vor-
theil , den ihm Bayonne verschaffte , gedeckt , verborgen und
schnell seinen Streitkräften die entgegengesette Richtung zu
geben , und warf seine ganze Truppenmasse in der Nacht vom
12. auf die Heeresabtheilung des Sir R. Hill zwischen der
Nive und Adour , überzeugt, daß von dort bedeutende Trup-
pen abgezogen waren , um den , gegen seinen dreptägigen
muthvollen und den Angriff bestandenen Kampf zu
unterstüßen. Allein diese Berechnung war falsch. Im Ge-
gentheil waren bereits mit Tagesanbruch Befehle an die Dis
visionen Clinton und Cole , wie auch an den größeren Theil
der 3. Division (einstweilen unter dem Generalmajor Carl
Colville) ergangen , sich in Bereitschaft zu sehen , um auf
den ersten Wink über die Nive und als Rückhalt gegen den
rechten Flügel zu marschiren. Somit hatte Sir Rowland Hill
über 13,000 Mann , die an sein unmittelbares Commando
gewiesen waren. Er vertheilte sie folgender Maßen : Vier
Brigaden beseßten das Dorf St. Pierre auf der großen
Straße von St. Jean Pied de Port nach Bayonne. Die
Division des Sir Heinrich Clinton stand als Unterstützung
dahinter. Links davon waren zwey Brigaden an Villefranche
gelehnt, und hatten vor sich auf einem vortheilhaften Pla-
teau noch eine dritte vorgeschoben. Am rechten Flügel war
eine Brigade bey Alt- Moguere aufgestellt. Soult rückte an
der Spihe von 30,000 Mann vor ; augenscheinlich zogen
sich die meisten und stärksten Colonnen gegen die Mitte zuz
sammen, Dem zu Folge ließ Generallieutenant Hill , mit
190
Ausnahme eines einzigen Bataillons , das zur Beseßung
von Alt = Moguere zurückblieb, alle übrigen Truppen gegen
die Mitte rücken. Die Franzosen kamen raschen und herz-
haften Schrittes heran , und mit solcher Überzahl, daß die
Mitte beynahe zurückgeworfen war , als die Truppen von
den Flügeln gerade zur rechten Zeit zur Hülfe anlangten ,
und den vorgedrungenen Feind wieder zum Weichen brach-
ten. Das auf dem rechten Flügel zurückgelassene Bataillon
eingeschlossen
nicht zu werden , von Ult- Mo-
zog sich, um
guere nach der rückwärts liegenden Anhöhe ; allein da es
von hier, die geringe Zahl des dagegen vormarshirten Fein-
des übersehen konnte , rückte es wieder in das Dorf, und
machte darin mehrere Gefangene. Soults ganzes Augen-
merk war gegen die Mitte gerichtet , auf die er wiederhohlte
Angriffe vorführte. Endlich , weil sie alle fruchtlos ausfielen,
stand er von ferneren Versuchen ab. Sobald die Verbünde-
ten das Stocken , die Vorbereitung zum Abzuge , gewahr-
ten , eilte die Brigade des Generalen Byng einen Hügel
auf dem linken Flügel der Franzosen zu erstürmen, welcher
derselben rückgängige Bewegung decken und verbergen konn
te. Bey dieser glänzend ausgeführten Waffenthat, wurden
zwey Kanonen erobert. Nunmehr hörten alle Manöver ei-
wombringen
nes langsamen, unter beständigen Gefechten
зи
den Rückzuges auf , sondern der Feind jagte in größter
Hast nach einer ziemlich starken Stellung nahe bey Bayonne
zurück, den linken Flügel an • Adour gestüßt. Sir Row-
land Hill stellte sich gleichlaufend gegenüber auf.
Diese Angriffe des Marschalls Soult waren mit vieler
Einsicht entworfen , mit großer Geschicklichkeit geleitet, und
mit muthiger Beharrlichkeit vorgeführt worden , und doch
scheiterten sie an einer beträchtlichen Minderzahl. Ein neuer
Beweis , daß hier nicht mehr die Veteranen fochten , die
vor sechs Jahren mit den kühnsten , unmäßigsten Hoffnun
gen auf der nähmlichen Straße über die Gränzen geschritten
waren. Die Conscription , unstreitig die weiseste , zweck-
igi
dienlichste und billigste Einrichtung , um ein Land mit kräf-
tigen , an feiner Unabhängigkeit theilnehmenden Vertheidi-
gern zu versehen -war in der Hand des ehrsüchtigen Un
menschen das Werkzeug der Zugrunderichtung des Heeres
und seines eigenen Unterganges geworden. Bonaparte fand
zu große Leichtigkeit die Lücken auszufüllen , um je Sorge
zu tragen dem unnöthigen Gemezel zu steuern. Ja , er
scheute so sehr den Aufwand und die Ungemächlichkeiten ,
womit ordentliche Verpflegungsanstalten oder eine menschlis.
che Krankenpflege verbunden sind , daß Hunderttausende ver-
schmachteten , weil nicht die geringste Vorsorge für die ers
mattet Zurückbleibenden , für Kranke und Verwundete ges
troffen war. Der Würgengel erreichte beynahe Alle , die
nicht mehr selbst zu würgen vermochten . Die Gewohnheit ,
dieses schauderhafte Schauspiel vor Augen zu haben , machte
die Generäle so verschwenderisch , ja selbst die geringeren.
Officiere so unbekümmert mit dem Menschenleben verfahren,
daß oft nußlose Gefechte aufgesucht wurden , bloß um seinen
Nahmen wieder in einen Armee = Bericht , und dadurch in
die Erinnerung des Kaisers zu bringen. Noch lieferte die
wachsende Bevölkerung des weitreichenden Kaiserthumes im-
mer Menschen genug auf die Schlachtbank. In jedem der
lehteren Jahre mußte die Hälfte des Gesammtheeres erset
werden , und ward es auch ; aber diese vierfache Erneuerung
konnte nicht die gefallenen Veteranen wieder geben , und
jene Legionen , welche in Aufrufen mit den schmeichelhaften
Benennungen von Helden von Austerlitz , von Friedland
und Jena unaufhörlich zu neuen Thaten angefeuert wurden,
hatten aus jenen glorreichen Perioden nur mehr die Regie
mentsnummern. Die damahligen Krieger waren dahin , und
an ihre Stelle junge, unwillige Recruten getreten , die sich
murrend im Ruckzuge durch Unfälle und Niederlagen fort
schleppten. Eine schlechte Schule , um den kriegerischen Geist
zu wecken , oder militärische Anlagen auszubilden.
Die zulegt beschriebenen Anstrengungen müſſen für das
192
französische Heer mit ungemeinem Verluste verknüpft gewes
fen seyn , weil das obsiegende , obschon es alle Vorthei
le des Kampfes davon trug , über 1200 Todte und Ver-
wundete am linken Flügel , und bey 2000 auf dem # rechten.
zählte. Soult fühltesich in diesem Bersuche der beyders
, daß nicht
feitigen Kräfte in die allerstrengs
Übergewicht te und
seines Gege
ners zu sehr erprobt
gesichertste Defensive überzugehen. Er bezog Cantonnirungen
am rechten Ufer und hinter dem Schuße der Adour , vers
vollständigte mit thätigstem Eifer die Werke umBayonne an-
seinem rechten, Flügel , und traf am linken mehrere, Anstal
ten, um die Übergänge über den Paufluß (worunter der vors
züglichste die Brücke und Straße von Peyrehorade) , durch
Schanzen, und den leßtgenannten Punct durch einen tüchtis
gen Brückenkopf zu vertheidigen. Der rauhe Winter , wel-
cher mit besonders nasser , stürmischer Witterung eingetreten
war, brachte eine nothgedrungene Pause hervor , und vers
schaffte dem Feinde Ruhe zu seinen Arbeiten. Die Nive , die
Adour, der Pau , die Gießbäche von Oleron und Mauleon
und noch ein Paar Waldströme waren aus ihren Betten ge-.
treten , hatten die angränzenden Niederungen überschwemmt,
und in zusammenhängende Sümpfe verwandelt ; die Seiten-
wege waren vollkommen unbrauchbar ; und die einzigen , noch
fahrbaren Hauptstraßen lagen unter dem Geschüßbereich der
Festungswerke. Auch die Verbündeten mußten daher Unters
Eunft suchen um darin abzuwarten , bis der Eintritt einer
freundlicheren Witterung gestatten würde, neuerdings an das
begonnene Werk zu schreiten. Der Landstrich am östlichen Fuße.
der Pyrenäen ist ungemein arm und schlecht bebaut ; Fuhr-
werk trifft man beynahe gar nicht an. Die Lebensbedürfnisse
n
nafe von St..
für die Truppen mußten daher alle durch den
n ers
Jean de Lüz bezogen werden , welcher de tief e Hint
s t
grunde der, in das Land hineindrängenden Meeresbucht von
Biscayen liegt, und dessen Einfahrt darum auch so verfan .
det ist , daß manche Transportschiffe strandeten. Demune
193
geachtet war die Armee in allen Artikeln , ausgenommen im
Pferdefutter reichlich versehen. Die Einwohner verhielten
fich ganz friedfertig. Anfangs waren sie , bey dem Annähern
der Verbündeten aufgefordert worden , sich zu waffen ,
und die Fechtart der Guerillas anzunehmen , allein das ge=
mäßigte und kluge Benehmen der Verbündeten besänftigte
bald die aufgeregten Gemüther. Statt durch Grausamkeiten
zu erbittern , begnügten sie sich jene , die in feindseliger That
ergriffen wurden , als Gefangene nach England zu schicken ,
statt durch Ausschreibungen , Lieferungen oder Geldsteuern
das Land zu belasten , zahlten sie mit unerwarteter Groß-
muth bar, • was den eigenen Truppen unentgeltlich abgereicht
werden mußte. Dieser leßte Umstand verfehlte seine Wirkung
nicht. Der Spanier , wenn er fein Vieh in die Gebirge gez,
trieben hat , kann leicht seine beste Habe auf das Maulthier
laden , das ihn selbst trägt. Dann zieht ihn keine Sorge
mehr an die verlassene Stelle zurück , desto verwilderter und
ungetheilter kann er sich dem Eindrucke seiner Leidenschaft
überlassen. Nicht so der französische Landmann. Diesem ist
das kostbarste sein Grund und Boden. Sich davon zu tren-
дебен по das theure Eigenthum in Verzweiflung Preis zu
nen,
diesen Entschluß könnten nur langwierige Mißhand
lungen hervorbringen ; denn die Begeisterung der Vaterlands-
liebe , die vor vielen Jahren in diesem Lande dergleichen Wun-
der wirkte , war durch die vielfachen Umwälzungen der Re-
gierungsform , hauptsächlich durch die ungeheure Selbstfucht
des letzten Herrschers , der sich nicht entblödete öffentlich das
Bekenntniß abzulegen : l'Etat , c'est moi" (Meine Pers
son ist der Staat) ; dieses erhabene Gefühl war so herabges
stimmt, daß nur eine Betrachtung gemacht wurde , nähma
lich welcher Druck der geringere fey ? Da es sich zeigte , daß
die fremden Truppen minder begehrlich und lästig seyen , als
die eigenen ; so fanden die ersten statt Widerstand vielmehr
Vorschub. So blieben die Angelegenheiten , ohne daß etwas
von Bedeutung vorfiel , bis zum halben Februar. Um diese
II. N
194
Zeit war das Wetter günstiger geworden , und Lord Wels
lington erschien gleich wieder im Felde. Seine Absicht war,
durch Flankenmärsche den Marschall Soult aus seiner ge-
deckten Stellung bey Bayonne herauszumanövriren , und
1
den Krieg tiefer nach Frankreich hinein zu spielen . Vor al-
Iem mußte er aber seinem rechten Flügel Luft schaffen , und
deßhalb die Franzosen aus der Umgegend von St. Palais
verjagen , weil sie von dort St. Jean Pied de Port , folg
Urkuray
lich seine Gemeinschaften nach Spanien bedrohten. Hiezu

warf
1814

und
wurde das Corps des Sir Rowland Hill bestimmt. Es brach
von

auf

aus
,
am 14.
Mar

Hellette , am Ursprunge des Flüßchens Joyeuse , eine nicht.


sehr starke Abtheilung heraus , welche längs des Gebirgs-
zuges zuerst nach Meharin ging , und dort die Nacht unter
den Waffen zubrachte , sodann aber beym Erscheinen Mo-
rillo's ungefäumt den Rückzug am nächsten Morgen fortseßte ,
und bey Garris (unter St. Palais) zu ihrem Corps stieß.
Die Stellung dieſes feindlichen Corps hatte zwar un-
gemein viele Terrain = Vortheile, allein sie war zu weit vor-
geschoben , A um mit dem rechten Flügel Garris hinlänglich
bereits in der
zu decken, zu Gewalt
welchemder
Städtchen ein Seitenweg
Verbündeten enweg von den ,
von den
befindlichen Gebirgs-
füßen herabführt. Der Besiz des Städtchens und der
vorwärts davon liegenden Brücke würde dem Feinde seine
Rückzugs Linie nach Bayonne abgeschnitten haben. Ein Un-
äußerst wünschenswerth , und wurde
griff darauf war daher era.
auch vom Lord Wellington beschlossen , obschon der Abend
schon einbrach, und,bloß die Division des Sir W. Stewart ,
und Morillo's spanisches Corps bey der Hand war. Er bes
fahl dem leßten rechts auf St. Palais loszugehen : er selbst
setzte sich an die Spiße der brittischen Division , und griff
damit den Feind von vorne an . Die Truppen er erstürmten
herzhaft im ersten Anlaufe die Anhöhen , und behaupteten
sich darauf standhaft gegen mehrere , eben so muthige An-
strengungen des Feindes , der den verlorenen Boden wieder
195
erringen wollte. Die Nacht überfiel die Kämpfenden , und
in ihrem Dunkel wurden noch manche wüthende Versuche
blutig abgewiesen , wobey von beyden Theilen ein größerer
Verlust ausfiel , als in kleineren Gefechten gewöhnlich ist ;
zulekt sahen die Franzosen jedes Streben vereitelt , sich den
Weg nach Bayonne zu bahnen , auch ihren Verlust zu bes
deutend , um länger auf dieser Stelle auszuharren ; sie zo-
gen sich daher lini durch St. Palais zurück , vor welcher
Stadt die Spanier noch gar nicht angelangt waren.
Am nächsten Tag (16. ) trafen die Verfolgungstruppen
dieses feindliche Corps jenseits des Gießbaches von Maus
leon aufgestellt , dem Anscheine nach fest entschlossen , einen
allgemeinen Angriff abzuwarten . Sogleich fuhr das Geſchüß
dießseits auf beherrschenden Puncten auf ; unter dem Feuer
desselben durchwatete ein Bataillon den Bergstrom bey
Arrivete , und warf die nächststehenden französischen Posten
mit Ungestüm zurück. Hierauf zog sich die Division eiligst
zurück, und seßte in der Nacht über den Gießbach von Ole-
ron ; der ganze rechte Flügel der Verbündeten aber rückte in
der nähmlichen Nacht angeschlossen über den Gießbach von
Mauleon vor. Die Mitte war im Zusammenhang mit dieser
Bewegung am 15. bis an die untere Bidouſe vormarſchirt :
die leichten Divisionen des Sir Heinrich Clinton und des
Freyherrn Carl von Alten blieben zwischen der Nive und
Adour , um die Besatzung von Bayonne im Zaum zu hale
ten. Die eigentliche Einschließung dieser Festung war dem
linken Flügel übertragen ; doch konnte dieser erst am 23.
die hiezu erforderliche Aufstellung beziehen , weil das uner-
läßliche Schlagen einer Brücke über die Adour mit unende
lichen Schwierigkeiten verknüpft nur durch rastlosen Eifer
bis dahin zu Stande gebracht werden konnte. Bey der Un-
möglichkeit das schwere Baumateriale und Gerüste durch die
schlimmen Seitenwege und die durchſchnittene Gegend rechts
von der Hauptstraße aufwärts zu schaffen , mußte die sehr
nachtheilige Anlage der Brücke unterhalb der Stadt festges
N 2
196
sest werden. Hier ist der Fluß über 760 Fuß breit , und die
Fluth sowohl als Brandungen sind so mächtig und furchtbar,
daß zur Sicherung der Stüßen gar nichts anders anwende
bar war, als gedeckte Schiffe von 20 bis 30 Tonnen Last.
Diese wurden in den Häfen von Socoa und St. Jean de
Lüz gesammelt und ausgerüstet ; aber noch mußten sie eine
sehr unstäte Fahrt längs der Küste bestehen , und dann in
die Mündung des Flusses einlaufen , was bey jedem Wind
und Wetter mit Gefahren verknüpft , oft ganz unthunlich
ist , und nun gegen eine , mehr als 10,000 Mann starke Be
faßung gegen eine feindliche Kriegsschaluppe und Flotille von
Kanonierböten ausgeführt werden sollte.
Sir Johann Hope rückte am 23. gegen Mittag an das
linke Ufer der Adour mit einem gewöhnlichen Pontons - Zuge
vor. Da er gewahrte , daß die Besagung nur einen gerin=
gen Bewachungsposten jenseits hielt , ließ er schleunigst 50
Mann hinüber rudern ; ein Schlepptau (Cinquenelle) quer
über den Fluß jenseits festrammeln , und suchte nun mittels
Flößen den Überrest seines Corps auf das rechte Ufer nach
und nach zu bringen. Allein die Flöße konnten nur so lange
hin und her laufen , bis die Fluth in voller Stärke eintrat
daher gegen Abend erst ein Bataillon der englischen Garde ,
ungefähr von 600 Mann und einige Racketen - Gestelle mit
dazu gehöriger Bedienung übergeschifft waren. Kurz vor
einbrechender Finsterniß marschirte eine benläufig doppelt so
starke feindliche Abtheilung dagegen los. Das Garden Batails
Ion hatte sich mit Geschicklichkeit so hinter Sandhügel auf-
gestellt , daß der Boden vorwärts durch das , am linken Ufer
aufgefahrene Geschüß vollkommen bestrichen wurde. So woll-
te diese Truppe den Angriff standhaft abwarten , allein ihre
Entschlossenheit wurde auf keine scharfe Probe geseßt. Einis
ge gut gezielte Racketenwürfe brachten die vorrückende Co-
lonne zum Stocken , und nach einigem unschlüssigen Zaus
dern F
sie in die Festung zurück. Während der Nacht
wurden die mit Rudern versehenen Pontone statt der Flöße
197
verwendet, in jedem derselben 15 Mann auf einmahl über
geführt ; und auf diese Weise befand sich am 24. Abends die
ganze Division Howard (die achte) , beyläufig 6000 Mann
Fußvolkes nebst einiger Reiterey , auf dem rechten Ufer.
Sobald hiedurch die Landtruppen sich festgesest , und
für die Schirmung des auf dem Wasser Vorzunehmenden ,
gegen jede Störung von der Festung her gesorgt hatten ,
wurde es die Sache der Seeleute , die Schwierigkeiten zu
besiegen , welche ihr Element entgegen seßte. Brittische Mas
trosen unter brittischem Wimpel fuhren voraus zwischen Bran-
dungen und Versandungen den Weg zu zeigen . Die übrigen
Böte, mit Schiffleuten vom Lande bemannt , und durch eng
lische Ingenieur Officiere und bewaffnete Sappeure * ) im
Gehorsam erhalten , mußten durch die ihnen vorgezeichneten
Wendungen nachfolgen. Die Flottille vollbrachte ihre Fahrt ;
nur 6 Böte verunglückten. Die Anker wurden alsogleich ges
worfen, und die Sappeure schritten eifrigst an die Arbeit
bey Tag und Nacht. Um 26. Mittags stand, bereits die Brüs
b
te , 2000 Klafter unterhal derE Bayonne, fertig da ,
und hat nachmahls für die ganze Dauer des lezten Feldzus
ges zur bleibenden Verbindung des Heeres mit Spanien über
St. Jean de Lüz und Dar gedient , wodurch den mühevol-
len Wegen in der erschöpften Landesstrecke längs den Füßen
der Pyrenäen ausgebeugt wurde.
Am Abend desselben Tages , wo man über die Brücke
ziehen konnte , fiel ein scharfes Gefecht auf dem rechten Ufer
vor , wodurch die Besaßung in die Festungswerke hineinges
drängt, und hierauf der Plaß auf beyden Seiten der Adour
so eng eingeschlossen wurde , daß nur noch die Vorbereitun
gen zur regelmäßigen Belagerung übrig blieben. Die zwey
leichten Diviſionen , welche zwischen der Nive und Adour ols

*) Das Corps der Sappeure ist in England zugleich mit der Dienstleis
ftung der Pioniere und Pontoniere beauftragt.
198
Beobachtungscorps zurückgeblieben waren , konnten nuns
mehr wieder zum operirenden Haupttheile des Heeres stoßen.
Dieser (nähmlich der rechte Flügel nebst der Mitte)
machte in ganzer Masse am 2 eine Bewegung vorwärts.
Das Corps des Generallieutenants Hill seßte nahe bey Ville-
nave über eine Furt des Gießbaches von Oleron , ohne be-
sonderen Widerstand gefunden zu haben. Ihm folgten die
dritte Division (welche vorher vom Generalmajor Colville,
nunmehr vom wieder eingerückten Generallieutenant Picton
befehliget war), und die leichte Division Carl Alten , in-
deß links davon die Division des SirHeinreich Clinton zwi-
schen Laus und Montfort ebenfalls ohne Widerstand überging.
Bu gleicher Zeit umringten am äußersten rechten Flügel die
Spanier Navarreins (einen dergestalt befestigten Plak , daß
ein bloßer Unfall , ohne schweres Geschüß aufzuführen , nichts
ausrichten konnte), und am äußersten linken Flügel drängte
Marschall Beresford die feindlichen Truppen in ihren Brü
ckenkopf von Peyrehorade hinein.
Marschall Soult sah sich durch diese Bewegungen von
Bayonne weggedrückt. Er überließ die Festung ihrem Schick-
fale, zerstörte alle, nicht durch selbe gedeckte Brücken über
die Adour , und zog feine Streitkräfte auf dem rechten Ufer
des Pauflusses bey Orthes zusammen. Um 25. rückten die
Verbündeten abermahls vor , um ihn auch aus dieser Stel-
fung zu verdrängen. Marschall Beresford (am linken Flü-
gel) ließ unter Peyrehorade eine Ponton Brücke schlagen ,
marschirte hinüber , und durch die Stadt am rechten Ufer
aufwärts , bis er zu der Reiteren und der Division Picton
stieß , welche den Pau unterhalb Berenr durchwatet hatte.
In der Nacht gingen auch die Divisionen Clinton und Alten
über den Fluß ; das Corps des Generallieutenants Hill blieb
auf dem linken Ufer an der Hauptstraße gegen Sauveterre,
Der Feind war sehr vortheilhaft aufgestellt. Sein linker Flüs
gel stüßte fidh an die Stadt Orthes und den Fluß , von dem
die Linie fich längs einer Kette von Anhöhen in dem Alignes
199
ment gegen Dar bis an einen , die vorliegende Gegend bes
herrschenden Mamelon zog , auf dem der rechte Flügel stand,
der vor sich das Dorf Boes zur Deckung stark befeht hielt.
Die Mitte dieser Aufstellung war so wie der Rücken der
Höhen, den sie krönte , etwas zurückgezogen oder versagt.
Ein Corps , das auf einem stark sich hinanhebenden Berge
an der Hauptstraße (an jener , die über Soult de Navailles
nach St. Sever führt) gelagert war, diente als Reserve für
die ganze Position. Lord Wellington gab für das Heer der
Verbündeten folgende Anordnungen hinaus : „ Die vierte
,,und siebente brittische Division (die erste unter dem Gene-
,,rallieutenant Cole , die zweyte unter ando
h.mmGeneralen
scdem Wal-
,men
,,,ker a t t e n d e i n e o r t u giesi m
berno =
h ) , u p
, der von Le Cor einstweilen das Commando üübernom
Reiterbrigade unter
,,dem Obersten Vivian werden vom Marschall Beresford auf
,,einem weiten Umwege links zu einem Flanken = Angriffe.
,,gegen den feindlichen rechten Flügel geführt. Gleichzeitig
,,werden die Divisionen Picton und Clinton auf der Haupts
,,straße , die von Peyrehorade nach Orthes führt , gegen den
,,linken Flügel des Feindes vorrücken. Die Diviston Alten-
,,bleibt rückwärts mitten zwischen beyden, um jene , die es
,,bedarf, zu unterstügen. Um den Feind vollends zurückzu-.
,,werfen , und ihn zu hindern , eine Seitenbewegung gegen
„ die Stadt Pau zu machen , wird Sir Mowland Hill mit
,,feinem Corps über den gleichnahmigen Fluß bey einer Furt,
,,etwa eine halbe Meile oberhalb Orthes sehen , und in die
,,Flanke oder in den Rücken der Aufstellung fallen ."
Die Verhaltungsbefehle wurden genau vollzogen. Mar-
schall Beresford erstürmte das Dorf St. Boes nach einer
hartnäckigen Gegenwehr , und stürzte sich dann gegen den ,
in zwey Treffen auf den Anhöhen hinter dem Orte aufmars
shirten Feind. Der einzige Zugang war längs einem Berg-
fuße , dessen schmale , hinansteigende Wölbung an beyden
Seiten in steilen Wänden abfiel. Die Division Cole mar
schirte an der Spiße der Angriffs = Colonne , welche in keine
200
breitere Fronte ale jene von zwey Bataillonen sich entfal
ten konnte. Fünfzehn Stücke französischen Geschüßes beschoss
sen fie schräg von der Seite : von vorne empfing sie das Feuer
einer langen Infanterie - Linie : in den Flanken waren alle
Schluchten und Ränder mit starken Schaaren von Jägern
und Plänklern besett ; kurz so brav und ausharrend auch die
verbündeten Truppen sich bewiesen , so mußten sie doch end-
lich ermattet von ferneren Versuchen abstehen. Diese An
höhe zu umgehen , würde einen zu weiten Umweg und zu
viel Zeit erheischt haben. Lord Wellington änderte daher
die ursprüngliche Weisung dahin ab, den Hauptangriff plöts
lich gegen den feindlichen linken Flügel zu richten. Er bes
fahl der , in Reserve gestellten Division Alten alsogleich zur
Verstärkung der Division Picton heranzurücken . Diese An-
ordnung wurde auf das schnellste und erfolgreich in Bollzug
gesetzt , und in wenig Minuten . hatten die Verbündeten den
Kamm der Anhöhe auf dem linken Flügel des Feindes erstie-
gen. Der Rückzug desselben war meisterhaft entworfen. Die
Divisionen zogen nähmlich staffelweise sich aus dem Feuer,
wo die Zurückbleibenden immer von den Abrückenden die Ber-
folgung abhalten mußten. Diese Anordnung wurde lange in
bester Ordnung ausgeführt. Plößlich zeigte sich Aber das
Hillsche Corps , dem der Übergang über den Fluß vollständig
gelungen war, ganz im Rücken , und augenscheinlich drohte
die Gefahr abgeschnitten zu werden. Nun erscholl von Division
zu Division das Commandowort : ,,Marsch ! Marsch!" Der
Doppelschritt ging bald in volles Rennen über. Sir Rowland
Hill betrieb nicht minder hastig das Vorrücken der Seinigen,
und beynahe waren die Franzosen eingehohlt , als das Ge-
schrey: Rette sich , wer kann !" die zurückeilenden Colonnen
in ein regelloses Gewimmel auflöste. So dauerte das Wett-
laufen beynahe drey Viertelstunden lange fort , worin die Flie-
henden von den , mehr geschlossen bleibenden Verfolgern eis
nen Vorsprung behielten, und so über den Luyde Bearn
und jenseits desselben durch Sault de Navailles gelangten .
Hier schloß sich die Verfolgung. Die verschiedenen Einzäus
201

mungen, Gräben und Hecken , womit in jener Provinz die


Besitzungen abgesondert sind , und die übrigen Hindernisse
der hastigen Flucht waren mit Todten und Verwundeten
dick befäet ; nahe an 2000 unverleßten Versprengten nebst
12 Kanonen fielen in die Hände des Fußvolkes ;, welche Zahl
noch bedeutend durch einen Preller der Reiteren am Ende
der Treibiaad vermehrt wurde. Diese Waffe konnte nicht
früher auf der Hauptstraße herangezogen werden ; sonst wäs
re es wahrscheinlich um die ganze französische Abtheilung ges
schehen gewesen , die nur eilen mußte, dem Abschneiden durch
das Corps des Generallieutenants Hill zu entkommen , folgs
lich nicht stehen bleiben durfte, um die nachiagende Reites
ren abzuwehren. Auch der erste Entwurf des Lord Welling=
ton , wenn ſeine Ausführung mit glücklicherem Erfolge wäs
t rde e g
te gefron touren , wü di Bernichtun des Fe 2 indes

bewirkt haben , weil dadurch sein rechter Flügel gegen den


linken aufgerollt , und der Rückzug des ganzen Heeres auf
eine einzige Straße (auf iene von Orthes über Sault de
Navailles nach St. Sever) beschränkt wurde, auf der kaum
ein Theil. Zeit und Raum zu entrinnen fand. Der Verlust
der Franzosen kann auf 7000 Mann angeschlagen werden .
je
Officielle Ausweise geben ne der Portugiesen und Britten
auf 2300 Todte , Verwundete und Vermißte an.
Am folgenden Tage ging die Mitte der Verbündeten
bey St. Sever über die Adour ; der linke Flügel rückte auf
Mont de Marsan vor, wo beträchtliche Vorräthe erbeutet
wurden , und der rechte Flügel zog längs des linken Ufers
flußaufwärts , um zwey zu Aire gebliebene Divisionen zu
verjagen. Diese waren vor der Stadt , der Hauptstraße ent-
lang , auf einer Hügelreihe aufgestellt , den rechten Flügel an
die Adour gestüßt.
Sir Wilhelm Stewart rückte mit seiner Division auf
der Straße , und links davon General Le Coſta mit einer
portugiesischen Brigade in zwey Angriffs Colonnen vor. Bey-
de warfen den gegenüberstehenden Feind von den Anhöhen
202

berab ; allein die Portugiesen waren durch den angetroffenen


Widerstand so aus einander gekommen , daß eine starke fran-
zösische Abtheilung , die sich, dieß gewährend , wieder zusam-
men raffte , eben im Begriffe war darauf loszustürzen , als
eine, von Sir Wilhelm Stewart entsendete Brigade zur
Unterstützung herben eilte , in die Flanke der Vorrückenden
fiel, und sie über den Abhang hinabwarf. Doch gaben die
Franzosen noch nicht die Versuche auf, den verlorenen Bo-
den wieder zu entreißen , und manches hißige Gefecht mußte
bestanden werden , ehe sie den Rückzug antratenla , beynahe
alle über die Adour, nur wenige auf dem offen gebliebenen
Wege nach Pau im Beare , von wo sie einige Tage hierauf
durch die Reiterey unter dem Generalen Fane vertrieben
wurden.
Soult war durch das Treffen am Paufluffe , wo Sir
Rowland Hill dessen linken Flügel umging , ganz auf die
Straße nach Bordeaur gedrückt worden. So hatten die Ver-
bündeten den Krieg an die Küste gespielt , und sich die Aus-
sicht bereitet, daß noch ein Sieg den Fall einer Stadt nach
sich ziehen müsse, die so ergiebige Hülfsquellen und einen
neuen Verbindungspunct mit England , folglich die Stütze
für die Grundlage der ferneren Operationen darboth. Übera.
dieß war dadurch Soult ganz vom Heere des Marschalls Su-
chet getrennt , welches 10,000 Mann stark , aus Catalonien
zurück marschirte. Regengüsse hatten alle Flüsse angeschwellt ,
und die Thäler unter Wasser gefeßt, auch waren alle Brü
en von den Franzosen auf ihrem Rückzuge gesprengt oder
abgeworfen. Dadurch wurde die frühere rasche Verfolgung
ungemein gelähmt , und Soult gewann Zeit sein Heer zu
sammeln , zu erfrischen , und ihm Ergänzungen und Hal-
tung zu verschaffen. Es ist schwer zu entscheiden , welche
Überlegungen den Marschall Soult zu den ferneren Bewes
gungen bestimmten ? Ob er als Hauptzweck betrachtete , näs
her an den , sich eine Vereinigung suchenden Marschall Su-
et, folglich links zu rücken , oder überhaupt den Gegner von
203

der Küste wegzuziehen , da deren Nähe deſſen Unternehmuns


gen erleichterte , und fortwährend die Deckung des linken
Flügels der Verbündeten gewährte : Eurz am 1. März 1814
marschirte er mit dem ganzen Heere nach Agen an der mitts
leren Garonne , und gab Bordeaux gewisser Maßen Preis.
Ein Mißgriff , den er schwer büßen mußte , und den er sich
vielleicht nicht hätte zur Last kommen lassen , wäre ihm die
Stimmung der Stadt so gut bekannt gewesen , als dem Lord
Wellington . Dieſem war durch Kundschafter eröffnet worden,
daß die Einwohner von Bordeaux den vertriebenen Bour-
bonischen Herrscherstamm nicht vergessen hatten , und bloß
durch die Scheu vor einer nicht beträchtlichen Besatzung ab-
gehalten wurden , ihre Gesinnungen laut werden zu lassen .
Er beorderte daher den Marschall Beresford mit drey Dis
visionen , das Militär heraus zu jagen ; doch wurde die Aus-
führung des Befehles bis 8. März verschoben , da abgewar-
tet werden mußte , ehe eine neue 3ertheilung der Streit-
Eräfte Statt fände , daß die Spanier und die übrigen zer- ·
streuten und verwendbaren Truppen eingerückt , und größ-
ten Theils an den rechten Flügel angeschlossen wären . Am
bestimmten Tage vollführte Marschall Beresford den ihm
anvertrauten Auftrag ohne Schwierigkeit. Sobald er sich
der Stadt näherte , zogen die französischen Truppen aus der
felben, ohne einen Schuß zu thun , auf das jenseitige Ufer
der Garonne , die öffentlichen Behörden und das gesammte
Volk strömten aus den Thoren , um jubelnd die Verbünde-
ten einzuführen ; die Lilien und die Farbe der Bourbone
wurden unaufgefordert aufgesteckt , die Wappen und In-
schriften der noch bestehenden Regierung zertrümmert und
verlöscht. ... Ungezweifelt war dieses ein großes Wagestück,
da der Congreß von Chatillon , wo in Bonaparte's Nahmen
damahls der Friede unterhandelt wurde , weder als Aufmun-
terung, noch viel weniger als Aufforderung für diesen Aus-
bruch der Volksstimme diente, ja nicht einmahl die Zusicher
rung leisten konnte , daß einſt dieſes Ereigniß ungeahndet
204
bleiben würde. Bordeaur erkühnte sich ein Joch abzuschüts
teln , das gerade in diesem Augenblicke noch ferner auf ganz
Frankreich zu lasten drohte. Das militärische Genie , welches
im Überflusse der Mittel und der Glücksfälle , so zu sagen
eingeschlummert war , sprühte wieder Funken , seit das
Scheitern aller Entwürfe , das Dahinschwinden der Übers
macht und der Andrang der Umstände es geweckt hatten. Die
Verbündeten , welche in den ersten zwey Tagen des Februars
bey Brienne Bonaparte's leßte Kraft zerstäubt zu haben.
glaubten , hielten es für überflüssig und allzu bedächtlich,
länger mit wechselseitiger Unterstützung und ängstlich berech
netem Zusammenwirken vorzugehen. Jeder Befehlshaber eis
nes abgesonderten Heerhaufens fühlte sich mächtig genug ,
um einzeln auf Paris loszugeben , und den ihm gegenüber-
stehenden Theil der französischen Armee Überreste über den
Haufen zu rennen. Allein Bonaparte war so gewandt , diese
eiligst hin und her zu ziehen , und verſtand ſo yortrefflich seine
sämmtlichen überbleibenden Streitkräfte den vereinzelten ver-
bündeten Abtheilungen , entgegen zu werfen, daß im halben
Februar seine Feldherrn - Talente ihm von dem verbündeten
Europa noch einmahl das Anerbiethen eines billigen und
ehrenvollen Friedens erwarben. Es wär daher nicht abzuse-
hen, welche Folgen die hochherzige Regung des Volkes von
Bordeaux nach sich ziehen werde. Zwar waren die Franzosen
im Allgemeinen der endlosen Kriege , der soldatischen Herr
schaft , des vielen Ruhmes , den sie dem Unersättlichen mit
dem Blute ihrer Söhne erkaufen mußten , herzlich müde ;
auch war in der Vendee die Anhänglichkeit an den alten
Fürstenstamm nicht erloschen , sondern glimmte still fort ;
wirklich hatte ein Prinz vom königlichen Geblüte sich mit
den Getreuen in dieser Provinz in geheime Verbindung ge-
sest; allein dieses Alles konnte keinen Ausschlag geben , be-
vor nicht noch ein entscheidender Sieg an den Ufern der
Garonne erfochten war ; dann war gewiß , daß die Flamme
205

hoch aufschlagen , und sich über das ganze westliche Franke


reich verbreiten würde.
Marschall Soult , in der Erbitterung über die unläuge
baren Vortheile und Siege der Verbündeten , griff nun
nach Waffen , welche wohl in der damahligen französischen
Tactik gang und gäbe waren , die aber tief unter der Wür-
de eines Feldherrn , und überhaupt eines hochsinnigen , wa-
deren Kriegers find. Nicht nur über die ganze brittische
Nation ergoß er sich in Schmähungen , sondern auch gegen
seinen wachsamen Gegner erlaubte er sich in Proclama-
tionen und Tagesbefehlen niedrige Beschimpfungen , die
einem so talentvollen Generalen weder zustanden noch fruch-
teten. Wir wollen jedoch von dieser Verirrung , die vielleicht
mehr im Geiste der Zeit , als in jenem des Mannes lag,
uns wegwenden , um auf rühmlichere Handlungen überzuges
hen. Marschall Soult suchte der weiteren Ausbreitung des
Abfalles im Landstriche an der unteren Garonne dadurch
Schranken zu sehen , daß er am 13. März sehr rasch gegen
die rechte Flanke , oder vielmehr in den Rücken der Ver-
bündeten nach Conchez und Viella vorrückte , die Vorpo
sten vom Corps des Generallieutenants Hill zurückwarf,
und sich in Verfassung seßte , mit ganzer Macht eine Schlacht
anzubiethen. Sir Rowland Hill zog deßhalb ungesäumt seis
ne Gesammtmacht in eine feste Stellung zusammen, die
Fronte ganz gegen Aufgang gekehrt , den rechten Flügel an
Garlin , den linken an die Stadt Aire gelehnt , von vors
ne durch den Bach Gros Loos gedeckt , und den , unmittel
bar hinter der Aufstellung von Pau im Bearn nach Aire
laufenden Weg *) deckend. Lord Wellington ließ alsogleich
zu seiner Unterstüßung zwey Divisionen rechts an die obere
Adour marschiren . Allein es war dem Marschall Soult

*) Die Hauptrichtungen der Märsche und Stellungen sind auf nach.


folgender Karte zu ersehen : Carte de l'Empire français par Ordre
de S. E. le Ministre de la guerre.
206
mit dem gedrohten Angriffe nicht Ernst , sondern er wollte
nur den Lord Wellington , welcher 13,000 Mann zur Eins
zwingen
schließung von Bayonne zurückgelaffen hatte , , die
nach Bordeaur vorgeschobene Entsendung wieder an sich zu
ziehen. Deßhalb faßte er , von Hills Aufstellung gegenüber,
auf einem sehr vortheilhaften Terrain zwischen Progan und
Maskarras Posten. Seine Hoffnung wurde getäuscht , weil
der vorsichtige Oberbefehlshaber der Verbündeten sein Haupt-
corps hinlänglich verstärkt hatte , um ohne anderweitige Hül-
fe dem Feinde die Stirne zu bietben , und gegen ihn of
fensiv vorzugehen. Die letzte Bewegung des Marschalls Soult
hatte offenbar den ganzen Kriegsschauplaß dergestalt gedreht,
daß die ferneren Operations - Linien nach Osten zuliefen ; deß-
halb zog Lord Wellington den Marschall Beresford mit zwey
Divisionen von Bordeaur zur agirenden Armee ab, und
vertraute dem Lord Dalhousie , bloß mit 5000 Mann , die
Behauptung dieses wichtigen Postens an.
Am 14. März blieb Soult ruhig in seiner Aufstellung,
doch gewahrte er, daß die Verbündeten im Laufe des Tages
fich zum Angriffe
sammelten , und zog daher in der Nacht
in der Richtung von Lembege ab.
Am 15. war bey Maskarras noch eine starke feindliche
Nachhut, das Gros abèr in Büroffe aufgestellt. Die erste
Brigade der Verbündeten , welche heranrückte , bewog schon
die Gesammtmacht des Feindes gegen Vic - Bigorre hinan-
zumarschiren. Der Rückzug geschah ohne einen einzigen
Schuß , obschon die durchschnittene , für Neckereyen ges
eignete Gegend einladend schien, zuweilen anzuhalten, und
die Vertheidigung zu versuchen .
Am 18. erhob sich das ganze verbündete Heer zur Ver
folgung in drey Colonnen , der rechte Flügel über Conchez,
die Mitte über Castelman , der linke Flügel über Plaisance.
Am 19. trafen der rechte Flügel über Lembege , und
die Mitte über Maubourguet in Vic - Bigorre zusammen.
Aus Lembege war der Feind nach einem kurzen Geplänkel
207
herausgeworfen worden , aber in Vic machten zwey feinds
liche Divisionen Halt , und verschafften durch einen stand-
haften Widerstand dem Sir Thomas Picton die erwünschte
Gelegenheit, die Tapferkeit der dritten brittischen Division
zu entfalten. Ein überaus glänzendes Gefecht brachte den
Feind zum Weichen. Abends vereinigte Soult sein ganzes
Heer am rechten Ufer der obern Adour , links an Tarbes sich
lehnend , und mit dem rechten Flügel gegen Rabastens
alignirt.
Am 20. wurde von beyden gegenüberstehenden Heeren
eine Reihe kunstreicher und rühmlicher Bewegungen ausge
führt. Zuerst rückte das Corps des Generallieutenants Hill ,
durch die Division Picton verstärkt , von Vic nach Tarbes
zu einem Frontal Angriffe vor , indeß drey andere Divisio
nen bey Vic über die Adour , und auf Rabastens losgingen,
um hinter den rechten Flügel des Feindes zu gelangen. Die-
ſes zusammengreifende Manöver hatte herrlich gelungen. Der
rechte Flügel war beynahe umgangen : die Colonnen zum
Angriffe von vorne fast auf Schußweite herangerückt, als
Soult den Rückzug antrat. Die Truppen , durch den ersten
Erfolg angefeuert , stürmten die eben verlassene feindliche
Stellung hinan, und glaubten nur mehr nacheilen zu dür
fen, um die vollen Früchte des Sieges zu ernten , als sie
mit Erstaunen sich gegenüber auf einem gleichlaufenden Ge=
birgszuge , über den quer die Straße nach Tournay läuft ,
eine aufgestellte feindliche sehr starke Linie erblickten , an
welche sich die, so eben Verdrängten etwa 15,000 Mann in
ruhiger Fassung anschlossen. Den Frontal = Angriff erneuert
fortzusehen , ließ einen zweifelhaften Erfolg und einen fiche-
ren , bedeutenden Verlust voraussehen ; auf dieser Höhe mit
der ganzen Linie stehen bleiben , hieß das begonnene Werk
unvollendet aufgeben. Es wurde daher , vor allem nöthig ,
daß sich die zur Umgehung des feindlichen rechten Flügels,
vorgeschobene Colonne noch weiter vorwärts bewege. Ihr
Commandant hatte natürlich sein Vorschreiten nach jenem
208

des Hauptcorps gerichtet. Bis ihm die neuen Befehle zum


weiteren Marsche gegen Rabastens zukommen konnten , brach
die Nacht ein , und dieser Tag schloß sich ohne anderer Bors
fallenheit. In der Nacht zog sich Marschall Soult über St.
Gaudensim
nöthigte nach Toulouse zurück, wo er sicher war, alles Be-
Überfluffed
Vorher hatte er bereits
alles Gepäcke , und was sonst seinen Marsch hemmen konn
te, zurückgeschickt, und sich dadurch so leicht gemacht , daß
er schon am zweyten Tage über die Brücke der Garonne in
Toulouse einzog. Die Verbündeten im Gegentheil, waren
bemüssigt , das schwerfällige Ponton = Geräth zum Übergang
über die Gewässer , dann auch das Erforderliche zur Verpfles
gung der Eruppen mit sich zu schleppen. Beynahe ununterbro
chen fiel der Regen in Güssen während des Marsches , und
so kamen sie erst am siebenten Tage (den 27.) am linken Ufer
der Garonne , der Stadt gegenüber , an.
Lord Wellington befahl eine Brücke bey dem Dorfe
Portet, gerade unter dem Zusammenflusse der Arriege und
Garonne zu schlagen , um oberhalb Toulouse auf das jen
feitige Ufer überzugehen , und dadurch den Marschall Soult
zu zwingen , entweder diese Stadt zu räumen , oder die Vers
einigung mit Suchet aufzugeben ; welcher denselben Fehler
wie Bonaparte begangen , nähmlich zu spät seine rückgängi-
ge Bewegung angetreten , und daher noch nicht Carcassonne
erreicht hatte: Der Strom war durch die legten Regen an-
geschwollen und reißend geworden. Es kostete unfägliche Mü
he das Tau quer über zu spannen , welches eine Wasserbreite
von 363 Fuß zeigte , folglich um 73 Fuß mehr , als das
Pontongeräth zu bedecken hinreichte. Das Vorhaben mußte
deßhalb vor der Hand aufgegeben werden.
Die Fluß- Recognoscirung entdeckte am 31. März ei-
nen Plaz nah beym Dorfe Roques , noch oberhalb Portet ,
wo die Flußbreite sowohl, als die übrigen Terrain-Rücksichten
das Schlagen einer Brücke zuließen. Sobald sie zu Stande
gebracht war, marschirte Hill mit seinem Corps darüber ,
20g
und eilte nach Cintegabelle , um sich der dortigen Brücke
über die Arriege zu bemächtigen. Von do anywurd
rere Stunden lang ein Weg aufgesucht , der für ein Heer
zum Vorrücken gegen Toulouse brauchbar wäre ; doch um
sonst. Um die Streitkräfte nicht nußlos zu vereinzelnen ,
zog sich daher diese Entsendung wieder über die Garonne
zurück. Lord Wellington hatte sich durch mehrere Versuche
die Überzeugung verschafft , daß oberhalb der Stadt erst nach
längerer Austrocknung , der durch Regen verdorbenen Wege,
folglich erst in besser vorgerückter Jahreszeit militärische Ges
meinschaften aufzufinden und herzustellen seyn würden ; um
den Marschall Soult anzugreifen , ehe die Verstärkungen
zu seinem Heere gestoßen wären , mußte folglich unterhalb
Toulouse ein Übergang unverzüglich aufgesucht werden. Et
wa eine halbe Stunde oberhalb Grenada (folglich 5 Stun="
den unter Toulouse) biegt sich der Fluß einwärts , und die
Hauptstraße , welche die beyden Städte verbindet , stößt hier
dicht an das Ufer. Ein doppelter Vortheil für die Anlegung
der Brücke , denn es konnten dießseits Batterien aufgeführt.
die Pont
werden , one führ
welche das auf geba
enjenseitige Ufer Straße
hntertrefflich bis an
bestrichen , und
d
den
Punct , wo man sie in das Wasser gleiten ließ. Dieß ge=
schah am 4. April mit Tagesanbruch , obschon das ganze
französische Heer bloß einen kleinen Tagmarsch davon ent
fernt war. Der Strom war ungemein reißend , und ſeine
Breite betrug 288 Fuß ; demungeachtet brauchte das Werk
nur vier Stunden vom Anbeginn bis zur Vollendung ,
nach welcher augenblicklich die Truppen hinübermarschira
ten. Schon waren drey Divisionen Fußvolkes nebst einiger
Reiterey unter dem Marschall Beresford jenseits , und
eben traf die Reihe die spanische Reserve Armée unter
dem Generalen Freyre nebst der leichten Division nach-
zufolgen , als plößlich der Strom brausend anschwoll , und
Alles zu zertrümmern drohte. Man mußte augenblicklich die
Brückenhölzer und Legebalken abheben , und die Ankerung
II.
210

der nunmehr freystehenden , hin und her geworfenen Pon-


50 tone verstärken. Um 5. ward der Strom immer wüthender ;
dieß zwang zuerst die mittleren , födann auch die übrigen
Pontone aus dem Wasser zu ziehen , und Marschall Beres-
ford blieb mit drey Divisionen auf dem rechten Ufer der Ga-
ronne , vom Hauptheere vollkommen getrennt , der Überzahl
des Feindes bloßgestellt. Allein der Augenblick für glänzens
de Angriffs ፡ Unternehmungen war geschwunden , seit die
ängstliche Sorge für Selbsterhaltung eintrat. Die Rollen was
ren nunmehr gewechselt. So wie einst die Britten und Por-
tugiesen, so durften jest die Franzosen minder berechnen ,
welchen Schaden sie dem Gegner beybringen , als welchen
sie etwa selbst erleiden könnten ; und weil hier noch überdieß
das Bewußtseyn der moralischen Schwäche dazu kam , han-
delte es sich bey ihnen nicht darum etwas zu gewinnen , son-
dern so wenig als möglich zu verlieren. Außer diesem Haupt-
zwecke durfte an keine theilweise Unternehmung gedacht , zu
keiner die Kraft versplittert werden , welche nur für entschei
dende Rettungsversuche aufbewahrt wurde. Marschall Soult
hatte sich meisterhaft in seine Lage einstudiert , und mit eben
so vi ler umsicht als Thätigkeit bey Toulouse eine stark ver-
schanzte Stellung zurichten lassen , welche in kurzer Zeit bey
nahe völlig zu Stande kam. Die Arbeit wurde dadurch sehr
erleichtert , daß Toulouse ringsum mit einer hohen, soli-
den , zur Vertheidigung eingerichteten Mauer umgeben ist ,
und beynahe drey Viertel der Umfassung durch die Garon-
ne oder durch den breiten mittäglichen Canal einen Borgra-
ben haben , der nicht so leicht zu überschreiten ist. Es blieb
folglich nichts mehr zu thun , als die Übergänge über die
zwen Gewäffer gehörig zu verschanzen , und dann hatte die
Stellung die Stärke einer mehr als mittelmäßigen Festung.
Weil nun die Einwohner der ziemlich bevölkerten Stadt
treulich mithalfen ; so kamen sehr bald Feldschanzen von un-
gewöhnlich starkem Profile zu Stande , auch wurden Land-
Häuser und andere Gebäude von Stein gehörig zur Verthei-
211

bigung zugerichtet. Das vierte Viertel der Umfassung , wel


ches nähmlich von dem Flusse zu dem Canale reicht , war
zwar nicht durch einen dieser beyden Wassergräben gedeckt ,
allein der dortige nasse, schlüpfrige Boden und die äußerst schlech-
ten Feldwege machen den Zugang sehr mühevoll , welcher
noch überdieß von einer Hügelkette , an deren Fuß der Canal
geführt ist, von der Ostseite her bestrichen wird. Der
Kamm dieser Anhöhenreihe war mit fünf tüchtigen Redou-
te beseßet , welche unter sich durch eine Verschanzungs- Linie
und durch zwey Flügel mit den Vertheidigungs- Linien der
Stadt verbunden waren. Vorwärts dieser Feldbefestigung
fließt der Ersstrom , dessen Brücken , in so weit sie nicht
im Bereiche des Feuers der Schanzen lagen , zerstört waren.
In dieser vortheilhaften Lage wollte Soult noch einmahl
versuchen , durch die Waffen die Entscheidung seines Schick-
sales herbenzuführen,
Am 8. April begann die Wuth der Fluthen nachzulas-
sen , gleich wurde wieder die Ponton Brücke hergestellt , die
spanischen Reserve Armeen marschirten zu Beresfords Ber
stärkung hinüber , und alle nöthigen Angriffsvorkehrun
gen wurden für den folgenden Tag getroffen . Weil jedoch
von dem gegenwärtigen Übergangspuncte bis zur Aufstellung
des Hillischen Corps auf dem linken Ufer die Entfernung aus
genscheinlich zu groß , war , um mit dem Marschall Beres
ford , wenn er einmahl auf dem rechten vorrückte , eine schnel-
le und enge Verbindung zu unterhalten ; so erging der Bes
fehl, noch in derselben Nacht die Brücke um eine Stunde
weiter herauf in die Nähe von Ausonne zu schaffen. Es fiel
einige Verzögerung in dieser mühevollen Verrichtung vor , und
der Übergang war zu spät wieder hergestellt , als daß die
leichte Division schon am 9. hinüber konnte ; der Angriff
wurde auf den 10. verschoben : und sobald die leichte Divis
sion jenseits war , rückte das ganze verbündete Heer auf
beyden Ufern gegen die Stadt vor.
Die Anordnung für den Angriff war folgende : „ Das
212

„Corps des Generallieutenants Hill beschäftigt den Feind


,,im Brückenkopfe am linken Ufer der Garonne , und hält
„ ihn daselbst fest : Sir Thomas Picton mit ſeiner Diviſion
,,und die leichte des Freyherrn Carl von Alten machen einen
„falschen Angriff gegen die Nordseite , nähmlich gegen den
„Theil des Canales von seiner Verbindung mit der Gas
,,ronne bis an den Fuß der verschanzten Hügelreihe. Ihr
,,Augenmerk muß dahin gehen , abzuwehren , daß der Feind
,,nicht auf der Pariser - Straße herausbreche , und nicht in
,,die rechte Flanke oder in den Rücken des Marschalls Beres-
,,ford komme, welcher mit dem spanischen Corps des Gene-
‫ دو‬ralen Freyre , und mit den Divisionen Cole und Clinton
,,die Feldbefestigungs- Linie auf den Anhöhen stürmen wird.
,,Die gesammte Reiterey faßt oberhalb der Stadt aufeinem,
,,die niedere Gegend überblickenden Puncte Posten , um
„ gegen jeden etwaigen Versuch der feindlichen Reiteren bey
„der Hand zu seyn.”
Die Divisionen Cole und Clinton seßten sich nah ben
dem Dorfe Montblanc (wo sie die, von Alby kommende
Straße kreußten) in Colonnen , und marschirten , am linken
Ufer des Ers aufwärts längs des Fußes der Anhöhe im rus
higen Schritte , und geſchloſſen unter einem heftigen Kano-
nenfeuer fort , bis jede gegenüber von dem , für den Angriff
vorgezeichneten Puncte angelangt war. Nun wurde durch
ein Halbrechts ! schnell dagegen Frontegemacht , und so rasch
hinangestürmt , daß die Redoute am rechten Flügel der feinds
lichen Linie (zugleich der höchste Punct) in kurzer Zeit sich in
der Gewalt der herzhaften Britten befand. Die Spanier un-
ter Freyre sammelten sich rechts von den zwey brittischen Dis
visionen vor Croir d'Orade , und rückten in zwey Treffen
über die Ebene vor , Anfangs in trefflicher Ordnung ungeach
tet eines ungeheuern Kugelregens , allein , da man sie bald aus
dem allzurafirendenFeuer herausbringen wollte, gestattete man
ihnen nach Leibeskräften querfeld zu jagen. Die besten Ren-
ner übereilten bald die minder schnellfüßigen , und so langte
213
)
das erste Treffen an einem Hohlwege , bloß 50 Schritte
vom linken Flügel der feindlichen Verschanzungs - Linie ent-
fernt, in aufgelöster Schlachtordnung an . Das zweyte Tref=
fen, um diesen Fehler zu vermeiden , verfiel in den entgegenge-
setten , und marschirte so langsam , daß es viel zu weit zus
rückblieb, um dem ersten die benöthigte Unterstüßung zu
leisten. Die Franzosen stürzten mit Ungeſtüm gegen die
Spanier heraus , welche in der Abdachung Schirm gegen
das Geschüßfeuer gefunden hatten , und sich wieder zu ers
hohlen und zu sammeln bemüht waren. Der Feind warf
feine Gegner ohne große Schwierigkeit über den Berg hin-
ab , und würde auf der Straße von Alby bis an die Ers-
brücke gedrungen ſeyn , folglich die zwey brittischen Diviſio-
nen Cole.und Clinton von dem übrigen Heere abgeschnitten
haben , wenn sich nicht ein Theil der leichten Division Alten
den Verfolgern in den Weg geworfen hätte. Indeß wünschte
Sir Thomas Picton auch wirksamen Theil am Gefechte zu
nehmen, und den augenscheinlich ungemeinen Vortheil zu
erreichen , bis jenseits des Canales zu dringen . Errückte gegen
eine Schanze vor , welche unfern von der Mündung des
Canales in die Garonne eine Brücke deckte. Erst an der
Grabenwand gewahrte er das fürchterliche , unersteigbare
Profil dieses Werkes , und während seiner kurzen Rast er-
hob sich mit einem Mahle ein mörderisches Flintenfeuer ge-
gen seine Fronte , ein verheerendes Geschützfeuer in seine
Flanke, welches desto schrecklicher die Glieder niedermähete ,
als in der flachen Umgegend nicht die geringste Deckung zu
finden war. Nur der eiligste Rückzug rettete ihn von der
Vernichtung.
Noch schwankte der Sieg. Noch behauptete der Feind
vier seiner vorgeschobenen Redouten , und alle inneren Ber-
schanzungen an den Übergängen des Canales , auch wurde
ihm eine Pause zu seiner Fassung und besseren Vorbereitung
gegönnt , weil die Spanier selber bedurften , um sich wie-
der zu sammeln , wie auch Marschall Beresford , um ſein
214
Geschüß hervorzubringen , das vor dem Dorfe Montblanc
in Batterien aufgefahren zurückgeblieben war , und die
Werke auf den Anhöhen beschoß. Sobald beym verbündeten
Heere diese Anordnungen zu Stande gebracht waren , rückte
Sir Heinrich Clinton auf die , ihm zunächst liegende Schanze
los , welche als unvollendet vom Feinde geräumt wurde,
aber gleich darauf kam eine ganze Division heran , um sie
wieder zu nehmen . Ein darin zurückgelassenes brittisches
Bataillon wehrte sich überaus tapfer, doch waren seine
Kräfte beynahe erschöpft , als eine Brigade von der Seite
ihnen zu Hülfe kam , den Franzosen in die Flanke fiel, und
fie über den Abhang hinabwarf. Von diesem gewonnenen
Puncte aus sah man jenseits des Canales eine noch weit
stärkere Truppenmasse sich sammeln , unbezweifelt um eine
neue Kraftanstrengung zu versuchen ; allein die wackeren
Vertheidiger waren indeß verstärkt worden , und pflanzten
nun ihre Fahnen auf die durchwühlte Brustwehre auf, um
ihre stolze Geringschätzung jeder ferneren Bedrohung aus.
zudrücken.
Derfranzösische Soldat , entweder weil die ganze Nation
eine gewisse angeerbte und fortgepflanzte Gewandtheit besigt,
oder weil er ohne Unterschied aus allen Ständen genommen
wird , hat einen höheren Grad von Fündigkeit , als er in den
Armeen der andern Mächte angetroffen wird , sich selbst zu leis
ten , und aus verwickelten Lagen zu ziehen , besonders wenn er
Unterſtüßung bey der Hand , und den Rücken gesichert weiß ;
denn darum bekümmert er sich, weil er gewohnt ist , nicht
bloß als Maschine zu handeln , sondern zu raiſonniren. Sind
daher diese Sorgen beseitigt , so erhält ihr Muth einen ritz
terlich ፡ romantischen Schwung. Dieß war hier der Fall ;
allein die wüthenden , wild aufbraufenden Wogen zerschell-
ten an dem Felsen der kalten , festen Tapferkeit. Vergebens
stürmten die Franzosen im tobenden Andrange und in fol-
Her Menge heran , daß keiner der Vertheidiger den Kopf
215
über die Brust herausstrecken durfte ; alle Versuche , diese
daraus zu vertreiben , blieben fruchtlos. Gegen die ruhige
Entschlossenheit war nichts auszurichten ; dieß begriff endlich
der Feind, und zog sich über den Canal zurück. Die Be-
faßungen der drey noch uneroberten Schanzen waren Au-
genzeugen des fehlgeschlagenen Unternehmens , ihr dadurch
erschütterter Muth gestattete nicht , den Anfall abzuwarten ,
welchen von ihrer rechten Seite die Division Clinton ,
von ihrer linken die Spanier durch rasches Vorrücken dräu-
ten ; fie räumten die beseßten Werke , und nunmehr war
der Zweck des Angriffes von den Verbündeten erreicht. Sie
krönten den Kamm der verschanzten Anhöhe , von der sie
den Canal mit seinen gesicherten Übergängen , und die Stadt
zu ihren Füßen liegen fahen . Weil die Begebenheiten dieſes
Tages größten Theils in Stürmen auf tüchtige Verschanzun-
gen bestanden ; so mußte der Verlust der Stürmer , wenn
sie gleich Sieger blieben , ungemein groß , wahrscheinlich
beträchtlicher als jener der verdrängten Vertheidiger ausfallen.
über 4500 Todte und Verwundete zählten die Britten und
Portugiesen; die Spanier nah an dritthalb tausend.
In der Nacht vom 10. auf den 11. April zogen die
Franzosen alle Posten jenseits des Canales ein , und beschränk
ten sich auf Besetzung der Linie dießseits der Stadt. Die Ver-
bündeten befanden sich im Besiße der einzigen, unzerstört geblies
benen Brücke über den Ersfluß (jener , über welche die Straße
nach Alby zieht) , und die Brücke von Toulouse war durch
das Corps des Generallieutenants Hill so knapp und scharf
beobachtet , daß hier der Feind unmöglich herausbrechen konn-
te ; folglich war der Plah von drey Seiten eng eingeschlossen ,
und die siegreichen Truppen , welche sich auf der eroberten ,
beherrschenden Anhöhe festseßten , durften sich nur noch ein
wenig ausstrecken , um auch die legte noch offene Seite zu
umspannen. Überdieß hatte der stets sorgfältige and wachsa-
me Feldherr der Verbündeten alsogleich Befehl ertheilt, quer
216

über alle Wege , die aus der Stadt führten , Werke anzules
gen , und dadurch alle Möglichkeit von Zufuhr dergestalt ab-
zuschneiden , daß innerhalb der Mauern sehr bald die Pein einer
Hungersnoth fühlbar werden mußte. Dieß Benehmen , wel-
ches beweiset , daß Lord Wellington ein eben so berechnender
Stratege , als Schlachten - General sey , stürzte dessen Gegner
in die äußerste Verlegenheit. Zwar hatte dieser (Marschall
Soult) noch 36,000 Mann zu seiner Verfügung, und in
einem Klumpen , in einem festen Mittelpuncte zusammenges
ballt , von wo aus er mit ganzer Masse sich gegen irgend eis
nen Punct des weit umkreisenden Umfanges werfen konnte,
den die Verbündeten beseßt hielten. Die Verzweiflung wür
de einer solchen Anstrengung Riesenkräfte eingehaucht haben.
Warum sollte hier neuerdings Blut vergossen werden , da
noch überdieß Nachrichten in beyden Armeen einliefen , daß
Frankreichs Schicksal eine Wendung genommen habe, welche
dem vieljährigen Kampfe eine vieljährige Waffenruhe folgen
zu lassen versprach ? Lord Wellington war daher darauf be-
dacht , durch Heranziehung frischer Munition den ungeheuern
Verbrauch wieder zu ergänzen , die Einschließung nach und
nach zu vervollständigen. und zu befestigen , und fah sich ge=
wiß durch triftige politische und militärische Gründe dazu
bestimmt, die al Pennahe vergessene Marime , dem Fein-
de eine Brücke zu bauen , endlich auch hier anzuwenden .
Marschall Soult zog sich in der Nacht vom 12. zum 13.
April auf der Hauptstraße nach Carcassonne zurück, ohne
beunruhigt zu werden.
Die Unerläßlichkeit der höchsten Vorsicht und Behutsamkeit
bey der Einschließung eines beträchtlichen Truppenkörpers in
einem festen Plaße erwies sich zwey Tage später vor Bayonne,
Der französische Commandant machte dort in der Nacht vom
14. April einen starken Ausfall aus der Citadelle. Ohne zu un
tersuchen , in wie weit dieser gegen die Rechtlichkeit und ge-
gen die Menschlichkeit sich vergangen habe , in einem Augen-
blicke , wo schon die Vorfallenheiten des letzten März in Pa-
217
ris hier allgemein bekannt waren , noch ein nusloses Würgen
anzuordnen , muß nur bemerkt werden , daß dieser Ausfall
nicht einmahl einen militärischen Zweck hatte , indem das
Berennungs- Corps noch kein Belagerungsgeschüß oder son
stiges Geräth erhalten , auch nicht die geringste Belage
rungsarbeit begonnen hatte. Es war daher weder etwas zu
erobern , noch etwas zu zerstören , sondern bloß von beyden
Theilen zu morden ! Die Franzosen hatten ihren Hauptan-.
griff gegen das verschanzte Dorf St. Etienne gerichtet , dessen
größter Theil ihrem raschen und kraftvollen Vorrücken un-
terlag. Doch bald waren die nöthigen Vorkehrungen zur
Unterstützung dieses Postens getroffen , und der Ausfall
wurde mit großem Verluste zurückgetrieben. Jener , den
das Einschließungs - Corps erlitt, war nicht minder beträchtlich.
Es zählte mehr als 800 Todte , Verwundete und Gefangene ;
unter den Leßten den Commandanten des Corps , General-
lieutenant Sir Johann Hope, der gleich am Anfange des
Gefechtes verwundet , unter sein getödtetes Pferd stürzte ,
und in die Hände des vordringenden Feindes fiel. Der Ge-
neralmajor Han , ein tapferer , grauer Krieger , der sich in
den meisten der leßten Siege besonders auszeichnete , war
auch unter den Schlachtopfern dieses zwecklosen Gemehels .
Um 15. trafen zu Toulouse Couriere mit der Nachricht
ein , daß die Verbündeten ihren Einzug in Paris gehalten,
Napoleon Bonaparte der Krone von Frankreich entsagt ,
und die Bourbone wieder den Thron bestiegen hätten . Suchet
fügte sich ohne Zaudern in die neue Ordnung der Dinge.
Soult verwarf die erste Eröffnung davon , und wies sogar
die freundschaftliche Vorstellung von sich, die ihm Wellings
ton machen ließ , wie übel er sich bey der wieder hergestell-
ten königlichen Regierung anempfehlen würde , wenn nur
er mit Gewalt zu der, nirgend verweigerten Unterwerfung
zu bringen wäre. Weil das Gütliche nicht Eingang fand ,
schickten sich die Verbündeten am 15. April zum Angriffe
218

mit ganzer Macht an , und schon waren sie beynahe bis zum
Handgemenge an den Feind gerückt, als Soult ankünden ließ,
er wolle seinen neuen Herrscher anerkennen.
Nun kam eine Übereinkunft wegen gegenseitiger Ein-
stellung der Feindseligkeiten und über die Scheidungs -Linie
zwischen den gegenüberstehenden Heeren zu Stande , die am
18. April zu Toulouse unterzeichnet wurde *).. Bald dare
auf marschirten die Spanier und Portugiesen über die Py-
renäen in ihre Heimath zurück, und die Britten nach Bor-
deaur um sich einzuschiffen.
Die französischen Heere , ohne Befehlshaber und ohne
Borsorge für Verpflegung , lösten sich in kurzer Zeit selbst auf :
die jungen Conscribirten eilten mit Freuden an ihre länd
lichen Beschäftigungen , zu denen bald auch aus Noth die al-
ten Krieger kehrten, obschon sie den Hang zum schwärmenden
Leben , den Abscheu der Handarbeit angenommen hatten. So
stellten sich die naturrechtlichen Verhältnisse der menschlichen
Gesellschaft wieder her , und die hochsinnigen Anstrengungen ,
welche England und manche seiner Verbündeten durch so vie
le Jahre mit ungeheueren Opfern unverdrossen gemacht hat-
ten, fanden ihren höchsten Lohn , nicht etwa in Eroberun-
gen, denn jede Macht trat gleich nach geschlossenem Frieden.
aus Frankreichs herkömmlichen Grenzen wieder in die ihris
gen zurück, sondern in dem Gefühle , die wirksamen Werks
zeuge der höchsten und vollständigsten Gerechtigkeit gewesen zu
seyn. Es sey dem Militär , der durch so viele Blätter die militä
rischen Vorgänge getreu und beurtheilend aufzeichnete , gestat
tet, mit einer moralischen Wahrheit zu schließen , welche in den
Jahrbüchern der Geschichte als Warnung oder Trost für kome
mende Geschlechter aufgezeichnet zu werden verdient. Die Rei-
he widerrechtlicher Kriege, von dem größten militärischen
Talente seines Zeitalters mit Trug und List begonnen , durch

*) Siehe Beylage K.
219
raubsüchtige, bis zur Wuth tapfere Soldaten in einer Fol-
ge von Siegen mit dem Untergange von einer halben Mil-
lion schuldloser Wesen durchgeführt ; schloß sich plöglich mit
dem Triumphe jener , die als leßte Schlachtopfer bezeichnet
waren ; mit dem Sturze des A stolzen Urhebers der unge-
heuern Abscheulichkeiten ; mit der Demüthigung , ja mit
der Zerstäubung seiner so lange unüberwundenen Legionen !
Beylagen

zu der

zweyten Abtheilung.

Beylage F.

Einige statistische Notizen von Spanien.

Anmerkung. Zur bessern Beurtheilung der erzählten Kriegsvorfallen-


heiten in Spanien enthält das neue , in Madrid durch eine zusams
mengefeßte Commission bearbeitete Werk mehrere officielle Ausweisę ,
deren einige für unsere Leser großes Interese haben können , und
deßhalb hier aufgenommen werden :

Nro. I.

Stand und Stärke der gesammten Eönigl . fpanischen Kriegs-.


macht im Jahre 1808.
A. Großer Generalstas. B. Militärverwaltung,
Generalissimus (der Frie- Militär Intendanten 10
densfürst) . 1 Ober -Commissäre 15
General - Capitän . 5 Kriegs Commiffäre 56
General Lieutenants . 86
General 3 Feldwachmeister. 118
Brigadiere 200
C.
ftehe
Das nde
Hee

Zahl
der Mann

Regimenter.
Compagnien,
Escadrons.

Bataillone.
Reiter.
K
a

Fußvolk.
Dienstpferde.

Haus lichepen
.. önigtrup Buſammen.
Gardes
du
Corps
Leibwac he
Spanischen 630 630 630
Wallonendetto 3348 3348
Brigade
königl
Cder
. arabiniere 3180 3180

1 |
Abthe
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Artill ilung
der
ie erie
,den 891 891 867
Garde
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.ist geben
nBusa mmen 78
und
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R8127 scadr nter 78 72

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Mann

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Reg htesnter 35
105 45,188
<Leicime 13,724
71,
Ma 895
. nn Frem de 12 12
Sch
. weizer 12 2006
Reiteren 1Liniens 12 10,977 71,895
120
Esca
Dragdron
oners 12 7233 4707
14,441
Mann Jäger
zu
Pferd 4730 14,441 2965

3246 280
9526
Pferde
Husaren 1106 928
:Artilleri
(F ui e 1372 928
7380
Mann Berittene 3868
Pferde
408 Garnisons 558 7380 408
Genie -Corps Sappeure 19 1754
Mineure 800
2 222 10221
88
13ufammen
|2157
6,598
135
85,067
102,865
11,505
221
222
D. Stäte Volksbewaffnung .
Die organisirte Landwehr oder Milizen betrugen 39,229 M.
Nro. II.
Stand und Stärke der gesammten fönigl. spanischen Seemacht
im Anfange des Jahres 1808.
A. Großer Generalstab des Geschwas B. Hidraulische Ingenieure.
ders.
Admiral (der Friedensfürst), 1 General Director 1
General ፡ Capitäne 3 Unter Directoren 5
General Lieutenants 25 Ober Ingenieurs 7
Geschwaders Commandanten, 28 Unter - Ingenieurs . 10
Brigadiere.. 34 Gewöhnliche Ingenieurs . 15
Schiffs Capitäne . 86 Außerordentliche detto 20
Schiffs Lieutenants 270 Adjutanten 13
Fregatten = Capitäne • 135
Fregatten Lieutenants 183
Unterlieutenants 483
Aspiranten 153
G. Stab der Artillerie. D. Verwaltung.
Capitäne der Bombarden . 10 Intendanten
detto der Brander . 95
9 Ober - Commissäre
Lieutenants der Bombarden 12 Kriegs 3- Commiſſäre 40
detto der Brander . 15
E. Die See Kanoniere , in 20 Brigaden untergetheilt 2930 M.
F. See 2 Soldaten , 40 Bataillone zusammen
5545
G. Matrofeu.
a. Vom Cadirer : Departement. b. Vom Ferroler - Departement.
Bezirk von Cadir 2061 Mann Bezirk von Ferrol 3284 Mann
Sevilla 1464
Vigo 3139
Malaga 1745 -Biscayen 1076

Zusammen 5270 Mann 7499 Mann


C. Bom Carthagener Departement.
Bezirk von Carthagena 2144 Mann
Barcellona 7542
Valenzia • 2203
Majorca • 5222

Zusammen 17,111 Mann.


223

H. Sonstige Individuen .

Angestellte und Handwerksleute , die auf den Werften und


in den Werkstätten der Marine eingetheilt sind 5839
1. diff.e.
Ausgerüstete. Ubgetakelte. Zuſammen.
Linienschiffe 16 26 42
Fregatten 5 25 30
Corvetten , Brüggs und andere
Eleinere Schiffe 62 98 160

In Allein 83 149 233

Nro . III.

Spaniens Bevölkerungsstand nach einer , im Jahre 1801 ans


geordneten Abzählung.

Einzelne Ganze
General Ca-
Provinzen.
pitänschaften
Seelenzahl.

Madrid 135,699
Neu Suença 294.290
Guadaiarara 121,115
Castilien Mancha 205 548
Toledo 370,641
Zusammen 1,227,293
Avila 118.061
Burgos 470.588
Leon 239,812
Palenzia 118,064
Salamanca 209,988
Alt:
Segovien 167,863
Castilien Soria 198,107
Toro 97,370
Valladolid 187,390
Zamora 71,401
Asturien 364,238
Zusammen 2,242,882
Arragonien 657,376
Vortrag | 4,127,551
224

General-Ca= Ginzelne Ganze


Provinzen.
pitänschaften
Seelenzahl

trag 4,127,551
JValenzia 825 059
Valenzia 383,226
Murzia
Zusammen 1,208,285
Catalonien .858,818
Balearische [Majorca
Minorca
140.699
30.990
Inseln Iviza und Formentera 15,290
Zusammen 186,979

Navarra 221,728
Alava 67,523
Guipuscoa Guipuscoa 104.491
Biscayen 111,436
Zusammen 283,450
Cordova 252,028
Jean 206.807
Andalusien Sevilla 746 221
Carolina 6196
Ceuta (in Afrika) 3002
Zusammen 1,214,254

Granada JGranada 692,924


Die kleineren Präsidien 2244
Zusammen 695,168
Gallizien 1,142,630
Estremadura 428,493
Canarische Jufeln 173,865

Gesammtbetrag der Bevöl


ferung 10,541,221
225

Beylage G.

Aufſuchung der Ursachen , welche am meiſten zur Niederlage der


Franzosen in Spanien wirkten .

Hält man die Lage der franzöſiſchen Heere in der Halb-


insel jenseits der Pyrenäen und im östlichen Frankreich zu je-
ner Zeit gegen einander , wo die einen aus Spanien über
die Gränzen dieses Reiches hinausgetrieben wurden , die an-
dern unter Bonaparte's Anführung zwischen dem Aine und
der Seine noch immer rüſtig ſich mit den Armeen der übris
gen europäischen Mächte herumbalgten ; so ergibt sich offen-
bar , daß der vollkommene Sieg der Spanier nicht von aus
Ben her einwirkenden Ursachen zuzuschreiben sey , obschon er ,
ohne Zweifel , sehr dadurch beschleuniget wurde.
Es ist gewiß wünschenswerth , daß Sachverständige die
1
Ursachen aus einander sehen , welchen Spanien seine Ret-
tung verdankt, daß sie sogar die verschiedenen Grade von
Wichtigkeit und Einfluß , welche jeder dieser Ursachen zus
kömmt, aus einander scheiden, damit die Welt lerne , wie
ein Volk ohne eigentliche rechtmäßige Truppen seine Selbsts
ständigkeit gegen den widerrechtlichen Anfall der furchtbarsten
Kriegsscharen , die je das Daseyn eines Staates bedrohten ,
bewahren kann. Nicht nur wird daraus hervorgehen , daß der
Gemeinsinn , die Anhänglichkeit an Vaterland und an die
bestehende Regierung die mächtigſte Schirmung ist, und das
her sorgfältig unterhalten werden muß : vielleicht könnten
tiefe Denker und Menschenkenner aus dieser Auseinanderse-
Bung Vorschläge abziehen , wie- stets in Bezug auf Abhal-
tung des Andranges , welchen kleinere Staaten von übermäch-
tigen zu besorgen haben - wie die Bildung und zeitweise
Ergänzung des stehenden Heeres mit der bürgerlichen Ver-
waltung zu verweben , wie eine Volksbewaffnung und Lan-
desbefestigung damit in Verbindung zu sehen , endlich wie
vielleicht besonders längs den Gränzen eine neue Fechtart
II. p
226

oder um richtiger zu sprechen , die Erneuerung der alten ,


bey unsern Vorbildern der Vorwelt angewendeten einzufüh-
ren sey. Diese Ausarbeitung , deren Nußen unbegränzt wä-
re , erfordert jedoch Kenntnisse und Talente , deren aner-
kannte Seltenheit zwinget , sich auch mit flüchtigen Beobach-
tungen zu begnügen . Deßhalb dürfte die Mittheilung der
nachfolgenden nicht unwillkommen seyn.
Uls Haupttriebfedern des langen Kampfes treten her-
vor : erstens die Spannkraft und unerschütterliche Festig-
keit des Volkes ; zweytens der kleine Krieg , durch die
Guerillas geführts
, drittens mehrere fehlerhafte Anord-
nungen des Feindes ; viertens das kräftige Zusammen-
wirken der brittischen und portugiesischen Heere ; fünftens
die statistische und topographische Beschaffenheit des Kriegs-
schauplages , dessen Gemeinschaften und Bevölkerung ;
sechstens endlich der Kostenaufwand , den England un-
gescheut trug. Sedem dieser Gegenstände seyen abgesondert
einige Zeilen geweiht.
Unbestreitbar ist es , daß nichts den Abscheu der Spa-
nier gegen fremdes Joch schwächen konnte , wie auch , daß in
mehreren Gelegenheiten sie Opfer und Anstrengungen voll-
brachten , die an das Ungeheure gränzen , allein das abge=
droschene Sprichwort : „Wer ernstlich frey seyn will , der
ist es schon !" und manche andere Gemeinpläße , welche zur
Weckung der Vaterlandsliebe und des Gemeinfinnes sehr oft
in den Schriften und Reden der sogenannten Volksfreunde
ertönen , und die wohl anwendbar auf den moralischen ,
aber nicht auf den politischen Zustand der Menschheit sind
bewährten sich auch nicht im Laufe dieses Krieges .. Die ,
mit dem unwandelbaren Freyheitssinne Ausgerüsteten wurs
den stets von den , durch Mannszucht gefesselten Söldlingen
geschlagen , und wo immer das brittische Heer oder örtliche
günstige Umstände ihnen nicht zu Hülfe kommen konnten ,
wurde das hochherzige , von Vaterlandsliebe begeisterte Land-
volk (wie in Catalonien und Arragonien) durch die Anwes
227
senheit einer , knechtisch dem fremden Eigennuße fröhnenden
Kriegsschar in den Zustand der Unterwerfung eingeschüchtert.
Der unbeugsame Geist und die Beharrlichkeit des Volkes
würden daher schwerlich allein , wenigstens nicht in einem
absehbaren Zeitraume , die eingedrungenen Unterdrücker ver-
trieben haben . Erhält sich der Volkscharakter in seiner vollent
Reinheit, so muß mit der Zeit das fremde Joch abgeschüt
telt werden (die Wiedereinsetzung des Hauses Braganza
außen als
dient mitwirken
herBeweis) , Menschengeschlechte
; doch könnten , wenn keine Ursachen von
vergehen , ehe
dieser Zweck erreicht würde. Übrigens gehört die Untersu=
chung, was in Spanien geschehen wäre , wenn die Ange
legenheiten nicht gerade diese Wendung genommen hätten ,
unter jene Probleme , deren Auflöſung bloß im unerforschlis
chen Buche des Schicksals zu finden wäre.
Der zweyte eigenthümliche Hauptzug dieses Krieges ,
die Fechtart der Guerillas , trug ungemein zn seiner unvers
droffenen Fortsetzung und glücklichen Beendigung bey : allein
man darf nicht die Wirksamkeit dieser Unterstügung streng
nach dem Anschlage beurtheilen , den sie selbst davon lieferte.
Die Zeitungen von Lissabon und Cadix damahliger Zeit lies.
Ben durch die bewaffneten Volkshaufen so diele Franzosen ers
schlagen und fangen , daß kaum mehr Einer überblieb, um
die Nachricht davon über die Pyrenäen zu bringen. Diese
hochherzigen und muthvollen Scharen haben mit dem Schwer-
te so viel Nußen geschafft , daß die Feder nicht nöthig gehabt
hätte , ihn zu übertreiben. Einer Seits schien es , als wolle
man dadurch das Verdienst der spanischen regelmäßigen Trups
pen schmälern , welche doch später , an die Britten gereihet ,
bey dem Einmarsche in Frankreich ungleich mehr Festigkeit als
die Guerillas bewiesen : anderer Seits wurde das Erstaunen
der englischen Officiere dadurch vergrößert , wenn sie statt die
erzeugten Erwartungen erfüllt zu sehen , so oft Augenzeugen.
seyn mußten , wie die hochgepriesenen Banden des Mina oder
Longa vor einem Häuschen französischer Truppen rasch ume
90 2
228
tehrten. Dieß erlebte man so oft , auch waren fie so leicht
aus den festen Zufluchtstätten in den pucharen und den.
Andalusischen Gebirgen durch das kleine Corps , welches Mars.
schall Soult hiezu verwenden konnte , beynahe ganz in das
offene , flächere Land ohne Haltpunct hinausgedrängt wor
den , daß es wohl nicht gewagt ist, zu behaupten : wären
einmahl die brittischen und portugiesischen Heere aus der
Halbinsel getrieben , folglich die aufgedrungene Regierung
im Stande gewesen , sich ausschließend mit den Guerillas zu
beschäftigen ; so würde man sie bald zerstäubt , und die Über-
reste zu Räuber , Wildschüßen oder Schmugglerbanden en her-
n h ob
absinken gesehen haben. ei g e
on en em us
vDrittens l lg
rd die fehlerhaften ey ra
Unordnungen ß
des Feindes.
a
a e a w h e
7. D w z . D

nähmlich der Feind im Süden vorgerückt sen , und sich von


dort in die entfernten Provinzen ausgebreitet habe , ehe der
Norden unterworfen und zur Ruhe gebracht war ; zweytens
daß die Streitkräfte in so viele abgesonderte , von einander
unabhängige Körper zertheilt waren. Das erste der zwey an-
geführten Verfahren ist allerdings ein Mißgriff geworden ,
weil der Krieg sich in die Länge zog ; aber im ersten Zeit-
raume des Kampfes , wo dessen hartnäckige Dauer nicht vor
auszusehen war , lag von einer. Seite Catalonien so einla=
dend zu einem Einfalle da (besonders weil man , seit Frank-
reich durch den Seviller Vertrag im Jahre 1729 im Besize
der Gränzveste Bellegarde ist , mit einem Tagmarsch in
die Ebene des Lamburdans , und von dort nach flächeren Pro-
vinzen gelang:) , anderer Seits durfte nicht unterlassen wer-
den , während vom Nordwest alle Hauptangriffslinien aus-
strömen mußten, um am dortigen Gebirgsknoten die vor-
züglichsten Flußgebiethe an ihrem Ursprunge zu umgehen , -
im Südost die Sammlung feindlicher Armeen zu verhindern,
und sich die Verbindung mit dem mittelländischen Meere zu
öffnen und zu erhalten. Übrigens ist es eine sehr große Fra-
ge, ob die Franzosen, wenn sie wirklich auf die Möglich-
229
keit, sich im Süden festzusehen , Verzicht geleistet hätten ,
deßhalb die Spanier im Norden minder unbeugsam gefun-
den hätten. Was den zweyten Punct anbelangt ; so läßt sich
ebenfalls das Princip vertheidigen , welches dabey zum
Grunde lag. Heere , die auf einige hundert Quadratmeilen
verstreut sind , und nicht bloß mit geregelten Massen zu thun
haben , deren Bewegungen mit mehr oder minder bestimm-
ter Genauigkeit berechnet oder erforscht werden können ,
fondern gegen eine bewaffnete Bevölkerung , gegen eine
Kriegerschar zu kämpfen haben , welche so zu sagen , ben je
dem Fußtritte vorwärts , wie aus der Erde im Rücken her-
vorsprossen Heere , die oft Tage lang ohne Verbindung
unter einander bleiben , in deren Lage jeder Tag , beynahe
jede Stunde unerwartetes und unvorzusehendes hervorbringt
solchen Heeren kann wohl von rückwärts (und im vorlie-
genden Falle beffer von Paris , als von Madrid : derHaupt-
vorwurf, der zu erreichende leßte Zweck der Unternehmun-
gen vorgezeichnet werden ; aber auf dieses allgemeine Vers
fahren beschränkt sich auch die Einheit des Commando's. Im
Detail der Ausführung mußte offenbar jedem Befehlshaber
der abgesonderten Abtheilungen volle Freyheit und Selbst-
ständigkeit gelassen , und ihm bloß zur unnachsichtlichen Pflicht
gemacht werden, stets das Zusammengreifen der Mittel und
die Einheit des Zweckes vor Augen zu haben. Allein hier
liegt das Gebrechen. Der an Unabhängigkeit gewohnte Ges
neral , wenn die Umstände erforderten , daß er zu einem,
mit gleicher Macht begabten , und darauf eben so verpichten
Gefährten stieß , konnte sich nicht in eine Lage finden , die,
wenn sie nicht durch Gesetze vorgedacht ist , seltene Geistes-
größe erheischt , um nicht in einen schädlichen , ja verderbli-
chen Mißstand auszuarten. Derjenige , der hier abhelfen
follte, der Schattenkönig Joseph Bonaparte , war nicht im
Stande, seiner eigenen Person Achtung zu verschaffen , wie
konnte er hoffen , daß sich seinem Stellvertreter oder dem ,
von ihm benannten , ein anderer Marschall willig und mit
250
Gehorsam unterwerfe ? Auf diese Weise erlitten denn die
französischen Heere manches Ungemach, dem durch getreues
Zusammenwirken wäre abgeholfen worden ; allein anderer
Seits wurden durch das abgesonderte Handeln der französi
schen Befehlshaber für ihren persönlichen Ruhm und Vor-
theil ihre Anstrengungen desto kräftiger, und der eigennütige
Wetteifer weßte oft wieder die Scharten aus , welche neidi-
sche Mißgunst geschlagen hatte. Also auch hierin ist noch im
mer nicht der Hauptgrund vom Ausgang des großen Kam-
pfes um die Befreyung oder Unterjochung Spaniens zu fue
chen. Es bleibt daher nichts mehr übrig , als den Antheil
zu untersuchen , welchen die verbündete Armee der Britten
und Portugiesen daran hatten , und um nicht bloß daraus
eine Lobrede auf die Talente des Feldherrn zu machen , wel-
cher mit 60,000 Mann , die nach und nach mehr Ergänzun-
gen als Verstärkungen erhielten , so Großes gegen Heere
vollbrachte , die an Zahl weit überlegen waren , und forte
während nach Belieben Zuwachs erhalten konnten ; so sollen
mit Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt alle Nebenumstände
aufgezählt werden , die dem Feldherrn zu Hülfe kamen ,
und die er zu benüßen verstand.
Obenan steht die vortreffliche Stimmung sämmtlicher
Eingebornen. Mehr als jene, die zu den bewaffneten Scha-
ren sich gesellten , leisteten die übrigen der Gemeinfache Vor-
schub, welche mit verschlossenem Grimme und mit verstellter
Ruhe in den Wohnörtern blieben. Rückten die Franzosen in
Stärke daselbst ein ; so wurden sie willig empfangen , und ihre
Befehle mit anscheinender Gutmüthigkeit vollzogen , aber auch
unverzüglich dem nächsten Befehlshaber der verbündeten Trup-
pen eröffnet. Als Beleg hiezu mögen einige Beyspiele dienen.
Um Vorabende der Schlacht von Salamanca (an den Arapis
Jen) erhielt Lord Wellington durch drey verschiedene Eilbothen
den aus Vorsicht trenfach abgeschriebenen und auf drey Wegen
abgesendeten Brief des Königs Joseph an Marmont.... Eiz
ner dieser Bothen hatte eine Anweisung auf 400 Thaler , die
231

Marmont gleich nach Empfang des Schreibens auszahlen


follte. Schade , daß alle drey Abschriften in Zeichen , die
nicht entziffert werden konnten , folglich ohne Nugen für
die Verbündeten waren. Um Tage des Treffens von Vitto-
ria kam der Schulze oder Richter von Logronio , über 7
deutsche Meilen weit , auf das Schlachtfeld auf einem von
Schweiß triefenden , beynahe umsinkenden Maulthiere an-
gesprengt , um zu hinterbringen , daß denselben Morgen
Clauzer's Corps in seiner Gemeinde eingerückt sey , und er,
während sein Gehülfe die geforderten Rationen austheile,
sich auf den Weg gemacht habe , um den genauen Truppen-
stand zu überreichen... Tausend Beyspiele ließen sich an-
führen von der geleisteten Hülfe des Landvolkes , die zwar
Bloß leidend , aber weil sie verständig und planmäßig , auch
sehr wirksam war. Der stärkste Beweis von der Uneigen-
nüßigkeit und Freywilligkeit dieses Beystandes ist , daß , ob-
schon vielleicht keine Armee je beſſere und häufigere Kundschafts-
nachrichten hatte , dennoch die dafür ausgelegte Summe kaum
jene erreicht , welche für eben diesen Artikel bey Eroberung
einer einzigen Zuckerinsel in den ersten Feldzügen ausgege=
ben wurde. Allein mit Kundschaftsnachrichten allein ist es
dem , die Operationen leitenden Generalen noch nicht ge-
dient , und wenn er auch noch so richtig und genau die
Stärke und die Marschrichtung seines Gegners kennt ; so ist
er deßhalb doch nicht im Stande, denselben bestimmt zu schlas
gen, oder seinem Angriffe stets auszubeugen. Hier kam

nun die Ausdehnung des Kriegsschauplates den Verbünde-


ten besonders zu Statten. Schon Sir Johann Moore , als
er die ganze Kraft und Wuth des Krieges gegen Norden
so zu sagen auf fein Haupt zog, schaffte dem Süden Luft
und Erhohlung : später wendete Lord Wellington dasselbe Ma-
növer zu gleichem Zwecke an. Der Sieg von Vittoria be-
freyte Valenzia , das überschreiten der Bidasoa , Nivelle
und Nive verjagte die Unterdrücker aus Catalonien . Der
Vortheil der Ausdehnung bewährte sich sogar in den einzel-
232
nen Provinzen. Gallizien , unter allen als die am wenigsten
kriegerische und kriegslustige verschrien , überwältigte ein bes
trächtliches feindliches Heer, weil dieses nicht vermochte, im
großen Umfange die Gesinnungen und Anschläge der Bewoh-
ner gehörig zu überwachen, und ihre Einverständnisse un-
ter einander zu trennen ; indeß Asturien ,, gerühmt wegen sei-
ner streitfertigen Begeisterung , und bloß aus einem hinans
ragenden Gebirgsknoten bestehend , woraus die herzhaftesten
und unternehmendsten , Guerillas Banden hervorströmten ,
doch nie einen langwährenden Widerstand leistete , weil es
zu leicht zu umfangen war , weil die bewaffneten Landwehren
zu schnell auf die geregelten Truppen des Feindes stießen,
und, wenn sie einmahl geschlagen waren , nicht mehr Raum
in ihrem heimathlichen Bezirke fanden, sich zu zerstreuen ,
und auf weitem Umwege wieder in einem fernen Sam-
melplaße zusammenzustoßen . Die Franzosen waren im Stan
de durch eine Kette von verschanzten Posten , die vom Ge
birgsrücken , welcher füdlich diese Provinz begränzt , bis an
das Meer reichte , und nur eine Länge von (40 englischen)
8 deutschen Meilen beträgt , alle von Osten nach Westen ges
hende Verbindung zu durchschneiden.
Betrachtet man die Halbinsel jenseits der Pyrenäen als
zwen abgesonderte Provinzen ; so hat Spanien beynahe glei
che Beschaffenheit mit Gallizien : Portugal mit Asturien.
Der Ohnmacht des lettgenannten Königreiches kamen die
vortrefflich angelegten und meisterhaft ausgeführten Linien
von Torres Vedras (vorwärts von Lissabon , folglich vor der
äußersten Ecke des Landes ) zu Hülfe. Nur dadurch erlang-
ten die Vertheidiger die Möglichkeit, nachdem ihre Reihen.
in blutigen Kämpfen schrecklich geschmolzen waren , sich wies
der zu sammeln , zu erhohlen , dem ferneren Andrange auf
eine entscheidende Art die Stirne zu biethen , und bald zu
Angriffsunternehmungen wieder hervorzutreten.
Man darf freylich hieraus keine allgemeine strategische
Regel ziehen , denn in den meisten übrigen Ländern würde
233

das Zurückziehen des Gesammtheeres in den äußersten Winkel


derMonarchie , wodurch das ganze Land Preis gegeben , und
nur mehr ein Punct gedeckt wird , der weder Raum für
Bewegungen noch Hülfsquellen für den Unterhalt darbiethet ;
dieses würde unter andern Umständen so viel heißen , als das
Heer der schmählichen Vernichtung , den Staat dem unver-
meidlichen Untergange entgegenführen ; aber hier trat eine geo-
graphische Eigenthümlichkeit ein , welche die Deckung der freyen
Gemeinschaft des Rückens mit der See durchLissabon zu einem
wichtigeren militärischen Vorwurfe machte , als die Erhaltung
des ganzenKönigreiches . Dadurch erhielt der Krieg stete Nah-
rung und frisches Leben , das gesammelte , gesicherte Heer
täglich Verstärkung , und konnte nebstben durch fruchtbrin
gende Übungen die Kriegserfahrung und Mannszucht meh-
ren ; indeß schwächte sich der gegenüberstehende Feind durch
den ermüdenden , langweiligen Einschließungsdienst , und
durch nußlose Hin- und Hermärsche auf mühevollen , ver
dorbenen Verbindungswegen , bis vollends der Mangel an
Lebensmitteln , die gleich Anfangs nur Eärglich den dünn
ausgestreuten Bewohnern der armen Umgegend abgetroßt wer-
den konnten , zum gänzlichen Abzuge nöthigte. Folglich zog
die Aufstellung in den verschanzten Linien ihre vorzügliche
Stärke nicht nur von der Beschaffenheit des Bodens , auf
dem selbe gebaut wurden , und von jener des umgebenden Lands
striches, sondern besonders von den Verpflegungsanstalten.
Während das französische Heer nur für seine Truppenzahl zu
sorgen hatte , mußte das verbündete noch für alle , die bewaff-
net sich an das seinige anschlossen , und für eine ganze Be
völkerung , die durch Vaterlandsliebe zur augenblicklichen Auss
wanderung bewogen wurde , denken und Fürsorge treffen :
und während das erste , dem so zu sagen das ganze Land zu
Gebothe stand , hauptsächlich vor der Hungersnoth zurückwei-
chen mußte , sah lehtes sich im Stande , auf dem schmalen
Flecke , worauf es beschränkt war , auszuharren , und so-
dann noch durch die erschöpften , aufgezehrten Landesstriche
234

zu Siegen und endlich zur Befreyung fortzuschreiten. Dazu


gehörte freylich Englands unermeßlicher Reichthum , um ei
en Kostenaufwand für diesen Zweig zu bestreiten , der in
der Kriegsgeschichte unerhört ist : aber diese Mittel, so un-
geheuer sie auch waren , mußten doch, um zum Zwecke zut
führen, durch einen Geist geordnet werden , deffen Wirken
zur Belehrung für ähnliche Fälle nachgespürt zu werden verdie-
net. Es wäre eine wünschenswerthe Erscheinung für das
Kriegswesen , wenn es ein Eingeweihter übernehmen wollte,
uns bekannt zu machen , wie das unzählige Personale , wor
aus das Armee Commissariat (die sämmtliche Verpflegungs-
anstalt) bestand , in einander griff , wie die Ankäufe , Ber
führungen und Vertheilungen eingeleitet waren , wie ins-
besondere das Fuhrwesen sich bildete , das wirklich an das
Unglaubliche stieg. Im Jahre 1812 hatte die Regierung
außer 2000 Karren , die nebst den Bespannungen ihr zu-
den.93
gehörten , noch gooo Maulthiere für den Transport von
allerhand Vorräthen und vom Pferdefutter gemiethet ! Frey
lich in Rücksicht der Wirthschaft blieb Manches zu wünschen
übrig. Die Unkäufe geschahen vorzüglich deßhalb zu übermä-
ßigen Preisen , weil Mangel an barem Gelde eintrat , zwar
nicht wegen unerschwinglichen Auslagen , denn die Kosten
des Krieges überstiegen nie den zehnten Theil der britti-
schen Staatseinkünfte aber der Unmöglichkeit das engli
sche Papiergeld in klingende Landesmünze umzuseßen . Mit
fester geschah es wie mit jeder Waare , nach der zu große
Nachfrage ist ; fie stieg ungemein im Preise, und bewirkte
zwischen England und Portugal einen , für ersteres Land so
ungünstigen Wechsel- Curs , daß der portugiesische Thaler,
dessen eigentlicherWerth 54 englische Stüber ist (2 fl. 31 kr.
Reichs ፡ Währung) , mit 72 (mit 3 fl. 21 kr. ) bezahlt werden.
mußte. Da schon hiedurch allein eine Erhöhung der Gerreid-
preise in Portugal entstand , so sette sich diese Wirkung bis
nach England fort , wo die Lieferungs Unternehmer ganz
des Vortheiles einer Prämie auf die Getreide Ausfuhr ges
235

nossen. Ferner war es unerläßlich geworden von der See an


quer durch das erschöpfte Land regelmäßige Verpflegslinien
durch stete Zufuhr für die Armee herzustellen. Obschon diese
nachher schneller , als vorauszusehen war , in ergiebigere
Landesstriche vordrang ; so mußte sie doch die von England
contrahirten und herübergeschafften Artikel in Verbrauch neh
men, die oft viermahl mehr kosteten , als wenn sie an der
Stelle selbst wären angekauft worden. Und ungeachtet der
durchgreifenden Maßregeln war es doch nicht möglich mit lau-
fendem Jahre die Berechnungen in das Reine zu bringen . Man
mußte zu Vorschüssen und Rückständen seine Zuflucht nehmen.
Es fanden sich zuleßt Verschreibungen und Schulden von drey
Millionen Pfund Sterling vor , deren Berichtigung erst
zwey Jahre nach dem Friedensschlusse beendiget seyn konnte.
Die vorausgeschickte Untersuchung , welche klar erwei
set, daß nur die regelmäßigen portugiesischen und brittischen
Heere mit Anwendung aller , ihnen zu Gebothe stehenden
Mittel die französische Anmaßung abgewehrt haben , führt
zugleich auf die Bekräftigung der meisten , über das Kriegs-
wesen schon vorlängst aufgestellten Säße , nähmlich daß -
bloß regelmäßige Heere den Kampf gegen regelmäßige Heere
bestehen können , daß im Allgemeinen , wie das alte
Sprichwort sagt , der Siegesgott sich für das stärkste Ba-
taillon neigt , - daß zum Vertheidigungskriege sich am
besten ausgedehnte Reiche schicken , endlich daß Geld ,
Geld und Geld die Haupterfordernisse zum Kriegführen sind.
Diese Wahrheiten sind nicht sehr erfreulich für Staaten des
unteren Ranges , noch für den feurigen Freund seines Bas
terlandes , der in sich die Kraft und den Wunsch fühlt , für
die Unabhängigkeit feines Fürsten und seiner Mitbürger sich
zu opfern. Allein die Absicht der gegenwärtigen Abhandlung
ist nicht Trost zu geben , sondern zu dem Herzen jedes Staats-
bürgers den lauten Aufruf zu bringen , wie nöthig es sey
zur Stunde des feindlichen Einfalles Gut und Blut darzu-
biethen , und vor Allem willig und gehorsam sich der höhe
236
ren Leitung zu fügen : die Regierungen aber , die dem An-
drange eines mächtigeren Nachbars ausgesezt sind , sollen
darin die Mahnung finden , mit Sorgfalt über die Erhal
tung und stete Vervollkommnung aller militärischen Einrich-
tungen zu wachen.

Bisher sprach bloß der Krieger. Der Publicist und


Maralist kann aus der Geſchichte des Krieges in Spanien
Folgerungen einer höhern Natur abziehen. Es ergibt sich
hier abermahls , was die Geschichte des Menschengeschlechtes
schon so oft erwies , daß die Herrschaft , auf soldatische Un-
maßung gegründet , keinen Stillstand verträgt. Entweder
muß sie in ihrem ruhelosen Streben immer weiter um sich
greifen , oder sie schrumpft augenblicklich zusammen. So
wie im physischen Weltall ein Urgefeß keiner der vielfachen
fich wechselseitig bekämpfenden Kräfte den vollständigen Sieg
über die übrigen gestattet , und dadurch diese unendliche
Mannigfaltigkeit in den Erzeugnissen der Natur erhält ,
welche mit dem höchsten Reiße die größte Nußbarkeit vers
einigt ; so soll auch nicht ein Mensch den ganzen politischen
Erdball verſchlingen , noch es dahin bringen , die unendliche
Verschiedenheit von Einrichtungen und Regierungsformen ,
die zum Wohle der verschiedenen Völker nach derselben Ei-
genthümlichkeiten unerläßlich ist , in sein beschränktes und
einseitiges Willens- und Erkenntnißvermögen einzuengen !
Dieses ist so wahr , daß die glücklichsten Eroberer denen zur
Begründung der Weltherrschaft nur noch die Unterwerfung
eines einzigen Volkes zu mangeln schien , in diesem eine
unerwartete Widerseßlichkeit fanden, dadurch den Zauber
der Unbesiegbarkeit verloren , und je länger und je mächtiger
ihre Anstrengungen wurden, dafür die Strafe auszutheilen,
desto lauter die Hoffnungen der schon unterjochten Völker
weckten. Eine geringfügige Veranlassung ist dann der Funke,
der bald zur hohen Flamme hinanschlägt. Zuerst zeigen sich
Regungen , bald offene , weit um sich greifende Empörung,
237
oder besser zu sagen allgemeine Auflehnung , gegen die ge-
waltsam aufgedrückte Oberherrlichkeit. Auf diese Weise zer-
fiel vor unsern Augen der riesenhafte militärische Staat, der,
sobald er nicht mehr erobern , auch nicht mehr zusammen-
halten konnte. Bloß das feste Vertrauen auf das frühere
oder spätere Eintreten diefer Gegenwirkung , sobald nur eine
mahl der Stillstand im Vorrücken bemerkbar wäre , konnte
England vermögen , im Winter von 18ro auf 1811 Alles
aufzubiethen um durch ein sechsmonathliches Ausharren
das Weiterrollen des Kolosses zu hemmen , und Millionen
daran zu spenden , um eine Geviertmeile Landes gegen die
französische Herrschaft frey zu bewahren , indeß für die mäch-
tige brittische Flotte ein weit vortheilhafteres und glänzen-
deres Feld zu Unternehmungen jeden Augenblick offen ſtand .
Also mögen doch die kleineren Staaten zu ihrer Be-
ruhigung sich noch folgende Lehre aus dem hier Vorgefalle=
nen abziehen. „ Konnte ganz am äußersten Rande des Ver-
,,derbens der Augenblick der Gegenwirkung , oder besser zu
,,fagen des Glücksumsturzes , durch standhafte und besonnene
„Ausharrung herbeygeführt werden ; welche Ergebniſſe müßte
„es nicht bringen , wenn dasselbe unübersteigliche Hinderniß
,,dem ersten Auftreten , dem Beginnen solcher rechtswidri
"gen Anmaßungen mit festem Sinne entgegengesetzt würde ?"

Beylage H.

Von der durch die Cortes geformten Verfassung.

Die unförmliche Versammlung der Cortes , welche we


der die öffentliche Meinung für sich hatte , noch leiten konne
die maste
te, schickte eine Verfassungsurkunde in das Reich hinaus ,
für das Bedürfniß der Menge , noch auf die tief
eingewurzelten Begriffe und Gefühle des Volkes berechnet
war. Das Machwerk zerfiel , und diejenige Claſſe , deren
238
unverständige Emporhebung dadurch begründet werden sollte,
war die eifrigste, sogar die Erinnerung daran zu zerstören.
Sonderbar genug sah man in Madrid , kurz • vor dem Ein-
treffen des Königs , das versammelte Volk den Ort er-
stürmen , wo die Sihungen der Cortes gewesen waren ,
von den Wänden das Wort : „ Verfassung" vertilgen , die ,
,,Statue der Freyheit durch die Stadt schleifen , und ihr in
wilder Freude das Haupt abschlagen." In Sevilla , wäh
rend der wiedergekehrte König Ferdinand VII. ausgerufen
wurde , ertönte dazwischen das Geschrey : „ Nieder mit der
,,Constitution ; es lebe die Inquisition !" Es wäre unzweck-
mäßig gewesen , mit ähnlichen Erzählungen den Lauf-der
militärischen Begebenheiten zu unterbrechen , daher sollen
nun als Anhang einige Notizen folgen.
Als im Jahre 1810 eine außerordentliche allgemeine Ver-
sammlung der Cortes durch Wahl zusammen berufen wurde,
konnte der größere Theil der Provinzen , durch franzöſiſche
Truppen beseßt , keine Abgeordnete benennen. Die vorgeschrie
bene Zahl voll zu machen ſchritt man zu Aushülfsmitteln , die
nicht durch vorausgegangene Beyspiele gerechtfertiget wurden :
auch die Art , wie man Vertreter der amerikanischen Pro-
vinzen zuließ , war eine offenbare Verlegung der altgehei-
ligten Gebräuche. Dieses ordnungswidrige Verfahren hätte
die Cortes , wegen möglicher Erhebung von Zweifeln gegen
ihre Gesezmäßigkeit , gewisser Maßen schüchtern und äußerst
vorsichtig in der Weise machen sollen , die anerkannt nöthi
gen Verbesserungen in die öffentliche Verwaltung einzufüh-
ren. Statt so vorzugehen , begannen sie mit den gewaltsam=
ften Umwälzungen der bestehenden Staats- und Kircheneins
richtungen. Der , dadurch bewiesene Mangel an Beurthei-
lung , erklärt sich durch die Zusammensehung dieser Versamm-
lung. Der Plaß eines Abgeordneten war unentgeltlich , und
öffnete auch keine Aussicht zu künftigen Vortheilen . Die klu-
gen , auf ihren persönlichen Nugen Bedachten strebten daher
nicht darnach desto eifriger bewarben sich darum Hitz- und
239
Schwindelköpfe , die von der Wiedergeburt ihres Vaterlan
des träumten , und sich berufen fühlten , Hand an das große
Werk zu legen. Unglücklicher Weise waren meist ihre Ideen
aus den Schriften eines Aristoteles und Plato geschöpft ,
nicht durch Erfahrung gereift , und sie glaubten das Höchste
erreicht zu haben , wenn fte in die Theorien ihrer Lieblings-
schriftsteller noch eine neue, erhabene Speculation hineins
brachten. Diese Mitglieder waren gerade diejenigen , die
vollständigeren Unterricht genoffen hatten , und am meisten.
die Gabe des Vortrages besaßen. Natürlich erlangten sie das
durch bald das Übergewicht in den Berathungen. Mit ziem
licher Offenherzigkeit legten sie sich den Titel : die Freyge
sinnten" (Liberales) bey , und brandmarkten mit jenem
der Knechtischen ( Servilen) die sich ihren Ansichten , dem
Volke unbeschränkte Freyheit zuzuwenden , entgegenseßten..
Wer immer in den Sizungen der Cortes auftrat , um ihren
Meinungen zu widersprechen, sey es um die Vertheidigung
eines tief eingewurzelte
Hochgelehrte n Vorurtheiles
n , zu eröffnen leszu übernehmen , oder,
um in schmuckloser Ergießung die rechtlichsten Gefühle aus-
zuschütten , oder um mit geringerer Spitfündigkeit , als die
was ihm sein schlichter Men-
schenfinn eingab, der ward gleich als ein knechtisch Gestimm
ter angefallen , und häufig , wenn Widerlegungsgründe fehl-
ten , durch das Zischen und sonstige Geräusche des Pöbels auf
den Gallerien überlärmet , da dieser durch die Erwartung
unbekannter Vortheile aufgeregt , mit Ungeduld und Ents
rüstung jedem Sprecher zuhörte , der einer vorgeschlagenen
Veränderung Einwendungen entgegenseßte. Somit wurden
nur die Gründe für die Anträge der Freygesinnten zugelass
fen , die Einwürfe aber, die zu deren Vervollkommnung oder
Anwendbarkeit führen konnten , gar nicht berücksichtiget ,
und, während noch neun Zehntheile der Nation nicht für die
mindeste Veränderung vorbereitet waren , strömte von ihnen
ein ganzer Schwall von Gesehen aus , der jede alte , bisher
mit der Ehrerbiethung der Gewohnheit umgebene Einrichtung
240
niederriß, und die Spanier im eigentlichen Sinne mit ei
nerFreyheit überschwemmte, in der sie nur ersäufen und un-
tergehen konnten , weil selbst aufgeklärtere Völker wenig
geeignet sind , sich auf der Oberfläche einer so brausenden
Fluth zu erhalten ! Aus Unkenntniß der Menschen , oder in
der Überspannung ihrer demokratischen Ansichten brachten ſie
die höhern Stände durch schonungslose Hintanseßung der
Gefühle und Vorurtheile derselben muthwillig gegen sich
auf. Also hatten diese Verfassungsschmiede den König sich
abgeneigt gemacht , da offenbar ihr Streben dahin ging ,
dessen Gewalt zu schmälern , den Adel , den sie herabseßten,
$.
die Kirche , die sie beraubten, den Soldatenstand , dessen
Ansehen sie durch Vorzeichnung von Verhaltungsbefehlen
beschränkten , zu unversöhnlicher Feindschaft gereiht ; ande-
rer Seits aber die größere und bessere Masse des Volkes
nicht gewonnen , da sie ihr nur ein fernes Glück vorhalten
konnten , dessen Erreichung vom Erfolge des Krieges ab
hing ; kurz die Verfaſſungsurkunde hatte im Augenblicke ih-
res Erscheinens ein Heer mächtiger Gegner , und außer den
Urhebern nur den niedrigsten , in der Verwirrung Gefallen
findenden Janhagel zu kreischenden Herolden.

Beylage I.
über den Generallieutenant Lacy.

Unmerkung. Ein franzöſiſcher Officier hat an den Verfäffer des gegen,


wärtigen Werkes den nachfolgenden Brief gerichtet , in der Hoffnung
dessen Inhalt wenigstens zu einer biographischen Unmerkung benüßt
zu sehen. Da feine Erwartung getäuscht wurde ; fo sendete er ein ,
bennahe gleichlautendes Schreiben an den überseher , der es nicht
ohne Intereſſe fand , und mit kleinen Auslaſſungen hier einrückt.
C. am 17. October 1818.
Mein Herr!
Die Nachricht , daß ein unterrichteter , hochsinniger Of
ficier die Geschichte Spaniens ohne Leidenschäft und Partey=
341

lichkeit zu liefern im Begriffe steht , gibt mir Hoffnung ,


daß einem verdienstvollen Krieger Gerechtigkeit widerfahren ,
werde , auf dessen Grab leider ! der trauernde Freund und
Waffengefährte nicht den Eichenkranz segen kann, denn sein
Leichnam ist unbeerdiget , und seine Asche dem Winde Preis
gegeben ; aber wenigstens ſoll ein , vielfach angegriffener Ruf
nicht ohne Vertheidigung bleiben , und als solche besonders
die Betrachtung dienen , daß ein ehrenvolles Leben und ein
schreckliches Ende gewiß die Verirrungen eines Augenblickes
vollwichtig loskauft.
In den meisten Gefechten der ersteren Periode des Kries
ges in der Halbinsel jenseits der Pyrenäen , wo die unges
übten spanischen Truppen schnell aus einander gestäubt was
ren , bemerkte man eine Abtheilung , die am längſten ge-
schlossen und in Fassung blieb. Es war jene , die Generals
lieutenant Lach führte , den wir nach der Wiedereinsehung
des rechtmäßigen Königs , für den er so tapfer gefochten
hatte , als Verräther angeklagt und verurtheilt finden.
Schwer büßte er die Schuld ; noch schwerer wäre es , ihn
davon zu reinigen , allein Vorwürfe , die im nähmlichen
Augenblicke von der entgegengesetzten Seite gegen ihn ge-
richtet wurden , dürfen nicht auf ihm lasten ; deßhalb folgen-
de Auseinandersetzung :
Ludwig Lach, entsproffen aus einem jener irländischen
Geschlechter , die während des Thronwechsels in England
durch die inneren Unruhen nach Spanien getrieben wurden ;
erblickte in Cadir das erste Tageslicht , erhielt seine Erzie
hung im königl. Cadetenhause , und trat nach vollendetem
Lehrcurse seine militärische Laufbahn im Regimente Hibernia
an. Nach mehreren Zügen am Bord von Kriegsschiffen kam
er. mit Beförderung zum Hauptmann und Adjutanten im
Fahre 1804 in das Regiment Ultonia (nach der Provinz Ul-
ster so genannt). Hier widerfuhr ihm irgend eine Zurück-
feßung durch seinen Obersten. Er verlangte in ein anderes
Regiment überseht zu werden , und als seinem Gesuche nicht
II.
242
willfahren wurde , suchte er unter dem Vorwande , für feinenns
ra
Stand sich besser auszubilden , die Erlaubniß an ,toin t
zösische Dienste überzutreten. Es ward ihm bewilligt , und
der entlassene Hauptmann Lach eilte in das Lager von Boua
logne, wo er als gemeiner Jäger in das sechste leichte Ine
fanterie- Regiment aufgenommen wurde.
‫ނ‬
Hier lernte ich ihn kennen. Sein ganzes Benehmen.
zeichnete ihn bald von seinen Cameraden so sehr aus , daß
diese freywillig seinen Vorzug anerkennend , die niederen
Dienste der Wachstube u. dgl. für ihn verrichteten. Ein Bes
weis , daß der Soldat eben so richtig den wahren männlichen
Werth unter der Jacke des gemeinen Jägers entdeckt , als
ihn sein Scharfsinn die Blößen eines schwachen Befehlsha-
bers unter der verbrämten und besternten Uniform wahr-
nehmen läßt ! Der Marschall Berthier , damahls Kriegs-
minister und Major - General der französischen Heere , wur
de auf ihn aufmerksam gemacht , und ernannte ihn zum
Hauptmann in dem neu errichteten Regimente Irländer ,
wo er in kurzem die Stelle des Regiments - Adjutanten er-
hielt , und sie so lange versah , bis er als ältester Haupt-
das Commando eines Bataillons antrat , welches er
bey dem ersten Einmarsche in Spanien unter Mürats Ober-
befehl dahin führte.
Bonaparte's ehrsüchtige Anschläge auf dieses Land blie-
ben nicht lange verschleyert. Lach hatte seinem Vaterlande
nie entsagt ; wie sollte er sich als Werkzeug zu dessen Unter-
jochung brauchen lassen ? Wie die Ehre irgendwo anders su-
chen , als unter den Fahnen Spaniens ? Wie dem Rufe ,
der ihm von daher entgegen scholl , nicht freudig folgen ,
und nicht die Unterdrücker feiner Landsleute verlassen , um
sich nunmehr als Vertheidiger ihnen entgegen zu werfen ?
Sein Degen war Alles , was er mit sich nahm. Sogar den
rückständigen Sold mehrerer Monathe ließ er in der Regis
ments Caffe zurück.
Seine Landsleute empfingen ihn mit Jubel , begrüßten
243

ihn als Obersten , und trugen ihm , während des Rückzuges


der Franzosen auf das linke Ebro - Ufer , die Errichtung des
Regimentes Burgos in Alt - Castilien auf. Hier fand er hin-
längliche Gelegenheit , ſeine gesammelten Dienstes: Erfah-
rungen zu benügen , und sein Regiment wurde bald das
Muster der übrigen. Nach und nach zum Brigadier, zum
General ፡ Feldwachmeister (Marschall de Camp) und General-
lieutenant emporsteigend , erhielt er endlich die Ernennung
zum General - Quartiermeister in der Insel Leon , und zuleht
zum Oberbefehlshaber in Catalonien. Schon früher hatten
die Franzosen in ihm stets den thätigsten , kühnsten , und
doch vorsichtigsten ihrer Gegner gefunden ; auf seiner neuent
Stelle wußte vollends sein reger Geist die angeborene Träge
heit der Spanier zu beleben , und zu kräftigeren Anstren-
gungen anzufeuern .
Er war einer von den wenigen Generälen , die sich
dazu brauchen ließen , dem wiederkehrenden Könige Ferdi-
nand VII. die neue Verfassungsurkunde zur Beschwörung
vorzulegen , und verfiel dadurch in Ungnade. Im Jahre
1817 wurde er beschuldigt , Theil an der Verschwörung der
sogenannten Freygesinnten genommen zu haben , die noch
immer ihr Machwerk dem Könige aufdringen wollten . Ein
Kriegsrecht erkannte ihn für schuldig , und sprach über ihn
das Todesurtheil aus . Der König milderte und veränderte
es in lebenslängliche Haft in einer der Balearischen Inseln .
Er wurde dahin geführt ; doch kaum gelandet , streckten
ihn mehrere Flintenschüsse zu Boden .
General Lach war äußerst unterrichtet und wißbegierig.
Er besaß glänzende militärische Eigenschaften ; er war mäßig,
thätig , großmüthig , uneigennüßig , voll warmer Gefühle ,
die bey den Worten Freund und Waffengefährte sich jedes
Mahl weckten ; aber feine feurige Phantasie , genährt mit
Überspannungen und politischen Schwärmereyen , riß ihn
in das Verderben.
Der Freund , dem es nicht gegönnt war, seine Augen
0 2
244
zu schließen, wünscht Frieden und Ruhe über sein Andenken
zu bringen , und ersucht Sie daher um Einschaltung dieser
Beilen .
Mit voller Achtung , mein Herr 2c, 20.
I. Per **

Beylage K.

Waffenstilstands Ausschluß an der Garonne.

DerFeldmarschall Markis von Wellington und die Mars


schälle (Soult) Herzog von Dalmatien und (Suchet) Herzog
von Albufera vom Wunsche beseelt , die Feindseligkeiten zwis
schen den unter ihren Befehlen stehenden Heeren vertragmä-
ßig einzustellen , und wegen einer Scheidungslinie überein-
zukommen , haben deßhalb die nachbenannten Officiere beors
dert , nähmlich :
Von Seite des Markis von Wellington die Generalma-
jore Sir Georg Murray und Don Louis Wimffen.
Von Seite der Herzoge pon Dalmatien und Albufera den
Divisionsgeneral Grafen Gazan. Diese Officiere , nach
erfolgter Auswechslung ihrer Vollmachten, kamen in fole
genden Artikeln überein :
Erster Artikel. Vom Tage des gegenwärtigen Vertrages
sollen die Feindseligkeiten eingestellt seyn , zwischen den
verbündeten Heeren unter den Befehlen des Feldmar
schalls Herzogs von Wellington und den französischen
Heeren unter den Befehlen des Marschalls Herzogs von
Dalmatien und des Marschalles Herzogs von Albufera.
3weyter Artikel. Die Feindseligkeiten können von kei-
ner Seite eher , als nach fünftägiger Aufkündigung
wieder beginnen.
Dritter Artikel. Als Scheidungslinie zwischen den
beyden Heeren ist festgefeßt : die Gränzen des Departe
245
ments der oberen Garonne gegen jene der Arriege ,
der Aude und des Tarn bis zur Stadt Büzet am Tarn.
Von dieser Stadt läuft die Linie längs des Tarnflusses
bis zu dessen Mündung in die Garonne ; nur gegen-
über von Montauban bleibt eine Abrundung am lin-
Een Ufer vor der Tarnbrücke von einem dreyviertel-
stündigen Strahle den französischen Heeren einberäumt.
Von der Einmündung des Tarnflusses ist sodann die
Scheidungslinie am rechten Ufer der Garonne bis da
hin fortgezogen , wo das Departement des Lot und der
Garonne an jenes der Gironde gränzet. Hier (nähme
lich bey La Reole) läuft sie sodann über Sauveterre
und Rauzan an die Dordogne , deren rechtem Ufer und
jenem der Gironde endlich sie bis an das Meer folget.
Sollte jedoch inzwischen bereits eine andere Scheidungs-
linie zwischen dem Grafen Dalhousie und dem & Gene-
rallieutenant Decaen festgesetzt worden seyn ; so wird
fich an diese gehalten.
Bierter Artikel. Es sollen ebenfalls von beyden Theis
len die Feindseligkeiten eingestellt werden in Bezug
auf die Pläße von : Bayonne , St. Jean Pied de Port,
Navarrains , Blaye und dem Schlosse von Lourdes.
Den Commandanten dieser Plätze wird zugestanden ,
für die tägliche Verpflegung ihrer Besaßungen sich
aus der Umgegend zu versorgen. Dazu wird der Besa-
hung von Bayonne eine Umrundung auf einen Halb-
messer von 8 Stunden , jedem der obbenannten Pläge
auf einen Halbmesser von 3 Stunden einberäumt.
In die erwähnten Pläge werden Officiere gesendet ,
um die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages zu
eröffnen.
Fünfter Artikel. Die Stadt und die Besten von San-
tona sollen sogleich durch die französischen Truppen ge=
räumt , und den spanischen übergeben werden. Die
französische Besaßung nimmt alles persönliche Eigen=
246
thum mit sich , wie auch jenes Geschüs , militärisches
Geräth oder Waffen , so nicht ursprünglich das Eigen
thum der spanischen Regierung gewefen .
Der Markis von Wellington wird bestimmen , ob
die Besazung von Santona zu Land oder zur See hach
Frankreich zurückkehren soll. In jedem Falle soll der
Abzug der Besaßung gesichert , und nach einem Plage
oder Hafen gerichtet werden , der zunächst dem Heere
des Herzogs von Dalmatien liegt..
Die Kriegs- oder andern Schiffe , die dermahl im
Hafen von Santona por Anker liegen , und französis
sches Eigenthum sind , können nach Rochefort mit da-
hin lautenden Pässen segeln.
Der Herzog von Dalmatien wird einen Officier an
den Generalen senden , der die Besagung von Canto-
na befehligt , um demselben die Bestimmungen des ge=
genwärtigen Vertrages zu eröffnen , und ihn zur Fol
geleistung anzuhalten.
Sechster Artikel. Die Beste von Benasque soll, so
bald wie möglich , den spanischen Truppen übergeben
werden , und die französische Besaßung marschirt auf
der geradesten Straße nach dem Hauptquartiere des
französischen Hezres . Sie nimmt alle Waffen und Mu-
nition mit , die ursprünglich französisches Eigenthum find.
Siebenter Artikel. Die Gränzlinie zwischen Spanien
und Frankreich vom mittelländischen Meere bis dorthin ,
wo von der spanischen Gränze jene des Departements
der oberen Garonne ausgeht , soll die verbündeten Hee-
re von jenem des Marschalls Seiden.
Achter Artikel. Alle Besaßungen , welche aus den Trup-
pen des Herzogs von Albufera (Suchet) gezogen sind ,
können unverzüglich nach Frankreich abmarschiren , all'
ihre Habe mit sich nehmen , wie auch jene Waffen und
Geschüße , so ursprünglich französisches Eigenthum ges
wesen.
247
Die Besaßungen von Murviedro und Peníscola wer.
den zu jener von Tortosa stoßen , und diese Truppen sollen
dann vereint, auf der großen Straße von Perpignan nach
Frankreich ziehen. Am Tage , wo diese Besatzungen zu Geros
na eintreffen , werden die Festungen Figuera und Rosas den
spanischen Truppen übergeben , und die darin gestandenen
französischen Besaßungen rücken ebenfalls nach Perpignan .
Sobald die Nachricht einläuft , daß die französischen
Besaßungen von Murviedro , Peniscola und Tortosa die
Gränze von Frankreich überschritten haben , soll auch der
Plat nebst den Vesten von Barcellona den spanischen Trup-
pen ausgeliefert werden , und die französische Besatzungse
mannschaft alsobald nach Frankreich abziehen.
Die spanischen Behörden werden Sorge tragen , daß
die französischen Besaßungen auf ihrem Marsche bis an die
Gränze die erforderlichen Transportmittel erhalten.
Die unter den abmarschirenden Besagungen befindli
chen Kranke oder Verwundete , welche nicht mit den Trup-
pen fortzubringen wären , bleiben in den Spitälern , wo
sie sind , zurück ; werden dort gepfleget und ärztlich behandelt,
und kehren nach Maß ihrer Genesung nach Frankreich zurück.
Neunter Artikel. Vom Tage der Genehmigung des
Vertrages darf weder aus Peniscola, noch Murviedro,
Tortosa , Barcellona, noch einem andern Plage das
Geringste von Geschütz, Waffen , Munition , oder
sonstigem Militärgeräthe , welches ursprüngliches Eigen-
thum der spanischen Regierung war , fortgeführt were
den. Alle Voräthe , die bey der Räumung dieser Plä-
Be vorhanden sind , werden den spanischen Behörden
überliefert.
Zehnter Artikel. Die Couriere sollen auf den Straßen
zwischen den Cantonnirungen beyder Heere ungehindert
reifen ; wohlgemerkt , wenn sie mit porgeschriebenen
Pässen versehen sind.
Cilfter Artikel. Während der Dauer des gegenwärti
248
gen Vertrages werden die überläufer festgehalten , und
wechselseitig auf Verlangen ausgeliefert.
3wölfter Artikel. Die Schifffahrt auf der Garonne
ist von Toulouse bis in die See frey für beyde Theile,
und die Böte , deren das eine oder das andere der Hees
re sich auf diesem Strome bedient, sollen ungehindert
ab = und zufahren .
Dreyzehnter Artikel. Die Bequartierung. der Trup
pen soll so eingerichtet werden , daß zwischen den beyden
Heeren ein, wenigstens zwey Stunden breiter Streif
bleibe , der von keinem der beyden belegt werde.
Bierzehnter Artikel. Unmittelbar nach der Genehmis
gung dieser Übereinkunft soll der Marsch der Truppen in
diese ihre neuen Cantonnirungen beginnen .
Die Genehmigung der übereinkunft soll in 24 Stunden für
das Heer des Herzogs von Dalmatien , und in 48 für jenes
des Herzogs von Albufera erfolgen . Gegeben in dreyfacher ,
gleichlautender Abschrift zu Tolouse 18. April 1814.

Unterzeichnet :
Georg Murray ,
Generalmajor und General - Quartiermeister.

Luis Wimpfen ,
Chef vom Generalstab der E. span. Armeen.

Der Generallieutenant
Gazan .
Gebilligt: Der Marschall Herzog von Albufera.
Bekräftiget : Wellington ,
Gebilligt : der Marschall Herzog von Dalmatien.
249

Beylage L.

Über die Art der Vertheidigang gegen Massen (geschlossene


Colonnen).

Der Verfasser schäßt sich glücklich ein ausführliches De


tail über die Art mittheilen zu können , wie im Treffen von
Vimiero (Seite 34 des ersten Theiles) das fünfzigste Infanter
rie - Regiment unter dem Obersten Walker den Angriff der
Franzosen abschlug. Es ist dieß ein interessanter Beytrag zum
Studium der angewandten Tactik , denn mir ist kein frühe-
res Beyspiel bekannt , daß eine, in der gewöhnlichen dünnen
Schlachtordnung entfaltete Linie die (dichtgeschlossene Angriffs-
Colonne) Angriffsmaſſen angefallen und durchbrochen habe.
Das fünfzigste Regiment , beyläufig 900 Mann stark
ausgerückt, war in gewöhnlicher Schlachtordnung auf der
von Vimiero gegen Osten hinansteigenden Anhöhe , vorwärts
dieses Städtchens aufmarſchirt. Vor seiner Fronte war auf
einem eingeschloffenen Plage ein leichtes Bataillon in Plänk-
ler aufgelöset. Rechts an das Regiment schloß sich eine Ins
fanterie 3 Brigade, und seinen linken Flügel deckte eine Ab-
theilung Reiterey von beyläufig 300 Pferden. An Geschüt
waren dabey drey Kanonen unter dem Oberstlieutenant Robe
eingetheilt , wozu später noch vier Stücke stießen. Dagegen
rückten 5500 Mann in Massen (geschlossener Colonne) von
halber Bataillons- Fronte mit sieben Geschüßen an. Das
Feuer der brittischen Kanonen war wirklich verheerend , und
brachte die vorrückende Truppe bemerkbar aus einander , bis
der Feind in eine ihn schirmende Vertiefung gelangend ,
durch ein kurzes Halt ! die Reihen dicht anschließen ließ ,
und sodann abermahls bis auf 150 Schritte von dem britti
schen Geschüße vorschritt , wo er sich anschickte unter einem
erneuerten mörderischen Kartätschenfeuer sich zu entfalten.
Das fünzigste Regiment war bis zu diesem Augenblicke mit
dem Gewehr im Arme ruhig stehen geblieben. Oberst Walker
250

begriff , wie ungünstig es sey , in dünner Linie abzuwarten ,


daß sich auf irgend einen Punct davon die dichte Masse wer
fe , und beschloß daher , mit Erlaubniß des Generalen Fane,
diese geschlossene Colonne durch Schwenkung eines Theiles
feiner Linie zu umklammern . Er befahl daher dem linken
Flügel des Regiments (fünf Compagnien ) unverrückt stehen zu
bleiben , indeß der rechte Flügel compagrienweise eine Links-
schwenkung von vier Schritten vorwärts machte , worauf so-
dann in Compagnien (mit Ausnahme jener von der Mitte
des Regiments , durch die der Linienbruch geschehen war, und
welche durch Alignirung gleich die künftige Fronte I des Ha
kens bestimmte), durch stufenweise Rechtsziehung im Vor-
wärtsschreiten sich nach und nach an den rechten Flügel der
früher aufgestellten Compagnie anschlossen . Doch war der
Vortheil dieses sinnigen Manövers erreicht , ehe noch die
ganze Linie des Hakens hergestellt seyn konnte. Die Schnel
ligkeit des feindlichen Anrückens brachte die geschlossene Co-
Tonne mit dem brittischen Regimente ins Handgemenge ,
als erst die zwey ersten Compagnien vom rechten Flügel nach.
der Schwenkung aufmarschirt waren, und bereits erhob sich
von der anrückenden Masse ein zwar verwirrtes , aber higi
ges Feuer dagegen. Der Augenblick der Entscheidung war
da : um ihn zu seinen Gunsten zu wenden , befahl Oberst
Walker ein Vollfeuer und den Angriff mit dem Bayonnete
ohne Säumniß. Der Bruch der Frontlinie , wo sich die
zwen geschwenkten Compagnien anschlossen , stand gerade
dem todten Winkel der geschlossenen Colonne gegenüber ;
dieser war daher bald durchbrochen , und die Stürmer dran-
gen bis in das Herz der Masse. Die Fuhrwesens ፡ Soldaten.
von drey französischen Kanonen , welche etwas vor die Fronte
gefahren waren , erschreckt . durch das Feuer in ihrem Rü-
den , schnitten die Stränge ab , sprengten unter die Ihrigen
hinein , und vermehrten dadurch die Verwirrung , die bald
allgemein wurde , weil die drey andern geschwenkten Com-
pagnien indeß auch zum Angriffe mit dem Bayonnete her=
251

angekommen waren , und die Reiteren zu gleicher Zeit einen


herzhaften Preller unternahm . Die Colonne verwandelte
sich in einen unlenksamen Haufen , der seine Officiere fort
trug , und unaufhaltsam beynahe eine Stunde fortwogte,
woben das fünzigste Infanterie - Regiment und leichte Dra-
goner ihm großen Schaden zufügten , bis sie auf einen Rü-
Ækenhalt von französischer Reiterey stießen , welche aufgestellt
war, den gesprengten Klumpen aufzunehmen , und feinen
weitern Rückzug zu decken.
Der nähmliche Grundfah , mit kleinen Abweichungen
angewendet , führte bey Talavera, Albufera und in anderent
Gelegenheiten immer denselben Erfolg herbey ; nähmlich
zugleich von vorne und von der Seite , oder vom Rücken
einen Menschenklumpen anzufallen , wovon der bey weitem
größere Theil zusammengedrängt und gepreßt sich nicht wehs
ren , noch um sich schlagen kann , und daher leicht empfäng-
lich für plögliche Bestürzung und blinden Schrecken ist ,
die wenn sie einmahl um sich greifen mit einem
Mahle den ganzen Haufen unwiderstehlich fortreißen , ohne ,
daß ihn weder die Tapferkeit Einzelner , noch die Kaltblü-
tigkeit einsichtsvoller Officiere zum Stehen bringen könnten.
Man erlaube mir daraus den Schluß zu ziehen , daß
die Angriffsmaffen (die geschlossene Angriffs Colonne) zu
Anfang des französischen Revolutionskrieges erfonnen , um
dem Mangel an Abrichtung und militärischer Ausbildung ,
folglich au Ruhe in Frontal Bewegungen und an Ordnung
in Formirung anderer Colonnen abzuhelfen , nur so lan-
ge ihre ausposaunte Furchtbarkeit behaupten konnten , als
man nicht bedacht war , dem Drucke oder Stoße , der auf
einen Punct wirkte , mit thätiger Fassung auf den andern
Puncten entschlesenen Gegenangriff entgegen zu werfen.
252

tras
achter

von Erläuterungen und Berichtigungen zu sechzehn Stellen


des ersten Theiles.

Unmerkung. Der Oberstlieutenant Jones hat , wie schon in der Ein-


leitung erwähnt ist , eine zweyte Auflage feines Werkes veranstaltet ,
die erst zur Kenntniß des übersehers gelangte , als bereits der erste
Theil die Presse verlassen hatte ; deßhalb konnten die Ubänderungen
bloß im Terte des zweyten Theiles aufgenommen werden : iene des
ersten Theiles müſſen als Zufäße nachgetragen werden.

I.

Seite 27, Seile 14 , von oben muß erklärt werden ,


warum Saragossa , ohne regelmäßige Festungswerke , von
so großer Wichtigkeit zur Deckung des linken Flügels der
französischen Cantonnirungen hinter dem Ebro war , und wie
eine offene Stadt so hartnäckigen Widerstand leisten konnte ?
Diese Hauptstadt des Königreiches Arragonien liegt an den
beyden Ufern des Ebro , des Gallego und der Guerva , die
hier zusammenfließen , in einer so fruchtbaren , von Alters
her bebauten Landschaft , daß schon der heil. Ifidor vor 1200
Jahren von ihr sagte : „ Sie ist durch die Annehmlichkeit
ihrer herrlichen Lage von allen 7 hispanischen * Städten die
erste !" In ihrem weiten Umfange schloß sie eine Bevölke
rung von 55,000 Seelen , ungemein viele feste , steinerne
Gebäude , als Klöster und Kirchen , Armen und Kranken-
häuser , öffentliche Lehranstalten ein : auch war hier eine stei
nerne Brücke über den sehr breiten Strom : endlich ist der
sogenannte kaiserliche Canal , dessen vorzüglichste Legstädte
sich hier befindet , ein vortreffliches Verbindungs- und Zu-
fuhrsmittel für ein Heer und dessen zahllos, Bedürfniſſe. Ur-
fachen genug für die Franzosen , um nach dem Besite des
wichtigen strategischen Punctes zu streben ; aber sie hatten
nicht bedacht , wie sehr die Stadt durch ihre Eigenthümlichkeiten
sich für jene Art von Vertheidigung eignete , die man nur
253

in der Begeisterung des inneren Krieges anzutreffen gewohnt


ist. Das erste Unrücken vor Saragossa geschah weder in hin-
reichender Stärke , noch sonst mit gehörigem Nachdrucke.
II.

Seite 35, Zeile 14 , von oben , kömmt über den Rück


zug der Franzosen nach dem Gefechte von Roriſſa folgendes
beyzufügen :
„ Noch spät Abends machten einige franzöſiſche Grena=
,,dier Bataillone den herzhaften Versuch das Geschüß wieder
zu erobern, welches die gesprengte Colonne verloren hatte ;
,,aber zwey brittische Bataillone , die als Unterstüßung nach-
„rückten , und die sich beym ersten Andrange ein wenig zuz
,,rück nach einer günstigen Anhöhe zogen , warteten dort , in
,,Front aufmarschirt , die Grenadiere ab , und warfen so-
,,dann selbe mit dem Bayonnete zurück. Nunmehr überließen
„die Franzosen es ihrer Reiterey , den , nach Torres Vedras
,,unaufhaltsam fortgeseßten Rückzug zu decken."
III.

Seite 43 , 3eile 4 von unten kömmt nach : „ u


„hoch an :" folgendes anzuhängen ; sie hielten das Miß-
,,lingen für so unmöglich, daß jede Vorsichtsmaßregel, wele
,,che die Klugheit anrieth , als : Ausbesserung der bestehenden
„Festungswerke , Verschanzung offener Pläße , die sich zu
,,strategischen Puncten eigneten , Zerstörung der Gemein-
,,schaftsstraßen , Unterminirung von Brücken , Unlegung von
„Vorrathskammern u. d.gl. als unnöthige Angstlichkeit ver-
,,worfen wurde, und gar keine andere Berathung Plag
"griff, als wie am allerschnellsten die eingedrungenen Fremd-
,,linge zu vernichten wären : diese betrachteten das Heranwo-
,,gen der freywilligen Volksbewaffnung mit allzugroßer Ges
,,tingschäßung. Frankreich war kurz vorher u. f. w ."
254

IV.

Seite 48 Zeile 24 von oben , nach : „Bormauer


„von dieser Seite" kömmt einzuschalten : „Madrid, noch
,,im fünfzehnten Jahrhunderte ein großes Dorf, enthält keis
„ nes jener mönchiſchen Prachtgebäude , die zu Saragossa und
,,in andern alten Städten die Frömmigkeit der Vorzeit ers
,,richtete , und deren Umfassungsmauern durch ihre Höhe der
„Erstürmung , durch ihre unglaubliche Festigkeit der Wirkung
,,des Geschüßes troßten. Ferner hat Madrid keine Vorstädte,
„sehr wenige große freystehende Gebäude , meistens enge Gäfs
,,sen mit dicht an einander gereihten Wohnhäusern. Da aus
,,Verblendung auch keine Vorkehrungen getroffen waren ,
„ durch Kunst hier haltbare Posten herzustellen ; so schwand
bald die bisherige Zuversicht."
V.

Seite 53 3eile 11 von oben , nach : „wachsenden


„Unordnung zu steuern" kömmt einzuschalten : „ Die
,,größten Drangsale brachte die Jahrszeit mit der ungün-
,,stigsten Witterung über die Truppen. Sie hatten ben je=
,,dem Berge mit dreyerley ungeheuern Schwierigkeiten zu
,,kämpfen. Am Fuße stürzten dichte Regengüsse , wie aus ge-
„borstenen Wolken über sie herab : am Abhange trafen ſie
schneidendes Gestöber und einen spiegelglatten , beeiseten
,,Boden : auf dem Kamme mehrere Fuß hohen Schnee mit
„grimmiger Kälte. Jedes Nachtlager in diesen unwirthlichen
„Gegenden kostete eine Menge Erfrorene , und das Zug
„ vich, welches vor die , vom Lande gestellten Fuhrwerke ge-
,,spannt war , sank ebenfalls in großer Zahl entkräftet und
,,leblos dahin , wodurch die aufgeladenen Weiber und Kran-
„ ken einem ähnlichen Schicksale Preis gegeben wurden. Un-
,,terwegs stießen sie auf mehrere spanische Truppenscharen ,
,,die , nichts von dem Vorgefallenen ahnend , Geschüß , Schieß-
,,bedarf, Kleidungs- und andere Erfordernisse gegen Madrid
255

nu geleiteten, und nicht wenig stußten , einem so verwörs


„renen Rückzuge zu begegnen . Das retirirende Heer fiel sie
"gleich mit dem Vorwurfe der Feigheit und Verrätherey an
"und zwar mit solcher Erbitterung und solchen Mißhandlun
"gen , daß die Bedeckung die Convois im Stiche ließ , die
„ Fuhrleute mit ihrem Last- und Zugvieh nach den Gebirgen
„entwischten , und die zurückbleibenden Karren die Wege gang
„verstellten. Wahrhaftig ein klägliches , nach der Natur ges
"zeichnetes Bild !”
VI.

Seite 53 3eile 3 von unten , statt : „Minho" soll es


heißen : Tamboga."

VIL

Seite 56 3eile 17 von oben , nach : hieher berus


fen" enthält das Original die nachfolgende Note von frems
der Handschrift :
,,Der Befehl wegen veränderter Station der Transports
,,schiffe wurde schon von Lugo expedirt : allein durch die runs
„ kenheit べ einer , damit beauftragten Dragoner - Ordonanz ,
,,Gott weiß wohin ? gebracht. Dieß diene zur Lehre , mit
„ derley wichtigen Erlässen nur Officiere, und noch dazu von
,,besonderer Wahl abzusenden. Übrigens steht es noch im
„Zweifel, ob es für den Ruhm der brittischen Waffen nicht
„erwünscht war , vor dem Einschiffen sich noch mit den über-
,,müthigen Verfolgern auf eine, Ehrfurcht gebiethende Weiz
se, messen zu müssen.
VIII,

Seite 58 Zeile 19 von oben , gehört nach : „worden


,,tar" folgende Anmerkung :
„Ganz ohne Verlust lief es , ungeachtet der trefflichen
„Maßregeln, nicht ab. Pickete waren an den äußersten Punce
„ten der verlasseneń Stellung zurückgeblieben ; um die Wach-
256

,,feuer zu unterhalten. Wirklich gewahrten die Franzosen den


„erfolgten Abzug erst am nächsten Morgen von einigen Fel-
,,senspitzen , welche ihnen die Aussicht nach dem wimmelnden
„Hafen verschafften. Gleich zogen sie einige leichte Geschüße
herben , und feuerten unter die Transportschiffe , von denen.
,,einige in der übereilung an die Klippen vor der Citadelle
,,rannten, und theils scheiterten , theils verbrannt werden.
„mußten.
IX.

Seite 60 , 3eile 16 von oben , nach : „der Unwis


derstehlichkeit geschlagen ," ist folgende Randbe-
merkung von fremder Hand beygefügt :
„Die Lage Spaniens mag wohl damahls dem ober-
„flächlichen Beurtheiler hoffnungslos geſchienen haben ; für
„den tiefen Denker war sie es gewiß nicht. Das Land hatte
,,bereits seinen festen , unbeugsamen Sinn bewährt ; es muß-
,,te daher entweder beynahe der ganze Bevölkerungsstand ver-
,,tilgt werden , und dazu reichten gewiß die französischen
„Heere, so zahlreich sie auch den Kreüßzug eröffneten , nicht
„hin ; oder es mußte das Syſtem eines umsichtigen, schritt-
weisen , wohlberechneten Vorschreitens ergriffen werden ,
,,und dieses lag weder im Geiste des Volkes , mit dessen Gut
„und Leben Napoleon Bonaparte nach Gutdünken schaltete ,
um die beabsichtigte Weltherrschaft herzustellen , noch im
„ Genie dieses Mannes , welches sehr richtig mit dem Blik-
„strahle verglichen wurde , der entweder sogleich zu Boden
,,streckt und zündet , oder folgenlos in den Boden schlägt.
"" Er selbst fühlte in sich die Wahrheit dieses Vergleiches ;
„daher die Sage von seinem Glückssterne , daher mehr als
Heinmahl das Entweichen von seinem Heere , wenn er ges
,,wahrte , daß die versuchten Gewaltstreiche nicht augenblick-
lich die erwartete Wirkung hervorbrachten. Auf diese Art
„erhöhte sich durch fremde Unfälle der Ruf und die Vereh-
rung seiner militärischen Talente , indem jedes Mahl seiner
257
Abwesenheit dasjenige zugeschrieben wurde , was er vor-
ausgesehen, und weßhalb er sich entfernt hatte. So vers
,,hielt es sich auch in Spanien im Anbeginn des Jahres
,,1809. Napoleon hinterließ seinen Marschällen die Weisung,
,,nachdem alle regelmäßigen Heere aus dem Felde geschlagen
,,wären, den Krieg durch die Beseßung von Lissabon , Cadir
,,und Valenzia zu beendigen. Unmöglich ist einem so tiefen
Menschenkenner zuzumuthen , daß er dieses für ein leichtes
,,Stück Arbeit gehalten habe , so lange die Spanier sich
,,selbst treu blieben , im Besiße von Seeplägen standen ,
,,durch die sie alle möglichen Hülfen und Verstärkungen mit
,,größter Sicherheit an sich zogen , so lange endlich an ihrer
„ Spite eine Regierung sich befand, deren Daseyn und Be=
„ stand einzig von der Fortdauer des Krieges abhing , von
,,welcher daher gar nicht zu denken war, daß sie durch Un-
,,terhandlungen je den Gang der Feindseligkeiten lähmen , oder
„verstricken werde. Freylich sprach er sich nie über diese An
„sichten aus , sondern seine Tagsberichte und Proclamatio=
„ nen , deren Wirkung mehr als einmahl jene der Waffen
„vervollständigen , oder gar erseßen mußten , fuchten im Ge-
gentheile alle Vernunftschlüsse und Combinationen zu über
„schreyen."
X.

Bon Seite 73, der letzten Zeile anzufangen bis Seite


74, Zeile 5 von oben zu den Worten : im Stiche las
fen mußte," hat die zweyte Auflage Soults Rückzug
in größerem Detail folgender Maßen beschrieben :
,,Marschalls Soult erster Gedanke war , sich mit dem
Generalen Loison über Amarante und Mirandola zu ver-
einigen : allein schon in Penafiel stieß er auf diese Abthei-
lung, welche in großer Eile sich gegen ihn zurückzog , weil
„sie Tags zuvor vom Tamega und der darüber führenden
,,Brücke durch den Marschall Beresford verdrängt worden
„war. Nun war die Lage des französischen Heeres äußerst
II. R
258

,,kritisch, indem auf beyden , für Geschüß und Fuhrwerk


,,anwendbaren Straßen schon die Colonnen der Verbündeten
,,sich festgesetzt hatten , die Britten auf jener nach Braga ,
„ die Portugiesen auf jener nach Chaves , und es konnte ih-
,,nen beynahe gar nicht fehlen , diese beyden Städte früher ,
,,als die Franzosen zu erreichen . Soult ergriff rasch den
»Entschluß sich in einen Gebirgssteig zu werfen , um seinem
,,Gegner nach Braga zuvorzukommen , weßhalb er einen
,,Theil seiner Kanonen und Pulverkarren zerstören mußte."
,,3u Guimaraens wieder auf der großen Straße angelangt ,
,,überzeugte er sich , daß er bloß einen Vorsprung von drey
,,bis vier Stunden gewonnen habe , und gar zu bald von
,,der brittischen Reiterey eingehohlt werden dürfte. Er muß
,,te daher abermahls einen beynahe unwegsamen Fußpfad.
,,einschlagen , welcher sowohl die Straße , worauf die Brits
,,ten nachrückten , vermied, als Chaves umging , in dessen
,,Besit bereits die Portugiesen gelangt waren ; vorher aber
„ mußte er Geschüß und Fuhrwerk gänzlich aufopfern."
XI.

Seite 87 3eile 19, von oben , nach : "Wider-


,,stand leisten wollte ," kömmt einzuschalten : Weil
noch nicht die Verpflegungsanstalten auf eigene Regie für
,,so schnelle Bewegungen , als die beabsichtigten , hinlänglich
,,eingerichtet waren ; so übertrug man den Nachschub für
,,beyde Heere an Bestellte der spanischen Verwaltungsbehör-
,,de, welche beruhigende , aber , wie wir bald sehen werden,
,,trügliche Zusicherungen und Betheuerungen wegen der res
,,gelmäßigen Benschaffung aller Bedürfnisse ablegten. Auch
„machten um diese Zeit die amerikanischen Provinzen dem
Mutterstaate Anerbiethen zu Geldbeyträgen , welche den
,,bestandenen Verlegenheiten in dieser Parthie ein Ende mas
,,chen sollten."
259

XII.

Seite 94, 3eile 23 , von oben kömmt nach : „Munde


„ orrath zu rechnen war" folgendes anzuhängen :
,,Weil nun Britten und Spanier auf einen einzigen Weg
,,sich zusammen drängten , vermehrte sich ungemein die Noth
,,an Lebensmitteln . Fünf Tage lang blieben sämmtliche Trupe
„pen ohne Brot : aber jeder Theil beschuldigte den andern,
,,das Aufgetriebene sich zugeeignet , und dem fremden Waf-
,,fengefährten vorenthalten zu haben. Dadurch entstand eine
,,Spannung, eine Erbitterung , welche die , nicht abzuhels
„fenden Entbehrungen noch schmerzlicher fühlen , noch un-
,,williger ertragen ließ."
XIII.

Seite 129 Zeile 5 von oben ist nach den Worten :


„nicht eine Ziege !" die nachfolgende Note beygefügt,
worin der Engländer kann man es feinen National - Ge-
fühlen verargen ? — das Benehmen der französischen Anfüh-
rer in Portugal und jenes des brittischen Volkes gegen das
unglückliche Land einander gegenüber stellt.
„ Sobald einmahl im französischen Heere der Rückzug be-
„schlossen war, erlaubte es sich die abscheulichsten Ausgelassen-
„heiten , oder vielmehr es war ein , von oben herab aufgestelltes
„ System das Land auf die muthwilligste , unverantwortlichste
99 Weise zu verheeren . Wo die Truppen abzogen , ſteckten ſie die,
,,kaum verlassenen Häuser in Brand , und zertrümmerten alles
„Feuerfeste. Dieß kann man wohl der rohen Wildheit eines
„erbitterten Soldaten zuschreiben ; allein wie entschuldigt sich
,,der regelmäßig angeordnete und vollzogene Brand von
„ Leyria nebst dem berühmten bischöflichen Pallaſte ? oder
,,die Zerstörung des prachtvollen Klosters von Alcobassa , wo-
žu gar aus dem Hauptquartiere der Befehl erging , und
woben nicht der Meisterwerke in Bildhaueren eines Batals
„ha , nicht der seltenen architektonischen Verzierungen gez
R 2
260

„schont wurde ? Sollte man wohl glauben , daß disciplinies


,,ten Kriegern einfallen würde , die alten königlichen Gräber
„zu durchwühlen , die Asche in die Luft zu streuen , und mit
,,Gebeinen , denen verjährte Gewohnheit Ehrerbiethung zolls
,,te , den schamlofen Scherz zu treiben , daraus drollige Ge-
„ staltungen zusammenzuseßen ? Das hieß auf frevelhafte
„ Weise das Andenken der Verstorbenen und die Gefühle der
„ Lebenden zu verhöhnen." 1
,,Lange würde das , ohnehin arme, nun ganz verödete
,,land von den Nachwehen der gräuelvollen Verwüstung sich
,,nicht erhehlt haben , wäre nicht das brittische Parlament auf
„ das schleunigste durch Zustimmung von hundert tausend
,,Pfunden , und die hochherzige Theilnahme vieler Einzelnen
,,mit einer beynahe eben so großen Summe den dringenden.
,,Bedürfnissen zu Hülfe gekommen . Die zur Vertheilung
„ aufgestellten Behörden machten zweckmäßig die Verwen-
,,dung zu Ankauf von Vich, Samenkorn und Ackergeräth ,
und so sah der Landmann sich bald wieder im Stande,
,,munter und thätig zu seinen Verrichtungen zurückzukehren.
„ Nur die kostspieligen öffentlichen Prachtgebäude werden
„wahrscheinlich nicht so bald sich aus ihrem Schutte wieder
erheben , sondern durch ihre Ruinen der späten Nachwelt
zur Erinnerung an einen Einfall , jenem der Barbaren des
Mittelalters nicht unähnlich, dienen."

XIV.

Seite 129, 3eile 16 , von oben steht gegenüber von


den Worten : für den folgenden Tag : eine Randbe
merkung im Urterte von fremder Handschrift :
„Lord Wellington mußte vorzüglich darauf bedacht
,,feyn , den Feind dergestalt zu drängen , daß die Richtung
,,von desselben Rückzug nach Norden ginge , daher ihn stets
von den , an Portugals südöstlichen Gränzen gesammelten
„franzönſchen Streitkräften entferne , statt näher daran z4
,bringen,'
261

XV.

Von Seite 131 , vorlegte Zeile : Demungeach-


tet" bis Seite 132 Zeile 11 von oben zu den Worten :
über die Coa zu gelangen" enthält die zweyte
Auflage statt der kurzgefaßten die nachstehende ausführliche
Erzählung des franzöſiſchen Rückzuges :
‚Vom 15. an übernahm der Marschall Ney den Ober-
,,berfehl der Nachhut. Er benüßte meisterhaft die Vortheile
,,des Terrains , ordnete den Rückzug staffelweise an, und
unterhielt am ersten Tage ein ununterbrochenes Gefecht bis
,,nach Miranda de Corvo , wo das Gros schon früher eine
„Stellung bezogen hatte , um einige Stunden auszuruhen.
,,Nachmittags zeigten sich in ihrer linken Flanke Umgehungs-
,,Colonnen der Verbündeten , welche auf weitem Umwege das
„hin marſchirt waren. Nun mußte ungefäumt das gesammte
„franzöſiſche Heer weiter eilen , und zwar durch eine En-
"gung, in welche die Truppen durch das , ihnen nachdonnernde
,,Kartätschenfeuer so hinein gejagt wurden , daß sie eine
Menge Karren und Geräth zerstören , auch um die Verfol
"gung etwas aufzuhalten , das Städchen , welches den Ein-
"gang des Engpasses ausfüllt , in Brand stecken mußten.
belfolgenden Morgen ( 16.) verzögerte ein dicker Ne-
„Am
,,bel das Nachsehen bis 11 Uhr ; dadurch gewann das retiri
,,rende Heer Zeit, in der Nacht die ganze Engung rein zu
„ machen , demungeachtet kam schon Abends die Vorhut des
„verfolgenden dem Nachtrabe des zurückweichenden Heeres so
,,auf den Hals , daß beym überschreiten der Ceira der Mar-
99schall Ney um den Marsch der Haupttruppenmasse zu sichern,
gezwungen war , bey Foz de Dronco in einer minder günsti
„gen Stellung, als alle bisher bezogenen waren , anzuhal-
,,ten , und um dem Gros Zeit gewinnen zu machen , sich in
,,ein Gefecht einzulaffen , dessen Ausgang vorauszusehen war.
Er wurde mit schwerem Verluste über den Fluß geworfen."
22 Um nächsten Tage ( 17. ) versuchte der Feind auf den
262
hohen , schroffen Wänden , welche das rechte Ufer der Alava
„begränzen , ber Ponte de Murzella Posten zu fassen . Er
„hatte sich in dieser Aufstellung so sicher, so unangreifbar ges
,,wähnt, daß Streif Commanden zum Eintreiben von Le-
,,bensmitteln für das ganze französische Heer angeordnet wurs
„ den : allein schon mit Tagesanbruch am 18. war eine , in
„ die feindliche linke Flanke entsendete Umgehungs- Colonne der
,,Verbündeten weit genug vorgedrungen , um den Rücken zu
,,bedrohen ; worauf das Gros der Verbündeten sich gerade
,,vorwärts bewegte. Die Franzosen zogen nun so hastig ab ,
,,und die Verfolger rückten so gedrängt vor , daß manche
,,Streif፡ Commanden der Erften die Früchte ihrer mühevollen
„Züge in das Feldlager der Leßten brachten . Der französische
„ Feldherr sah vor , daß er nicht einen einzigen Tag irgendwo
,,würde anhalten können , und ließ daher , um seinen Rück-
„ marſch leichter und schleuniger zu machen , eine Menge Muni-
,,tion und andere Vorräthe zerstören ; ja es schien ungezweifelt
„ daß bald das ganze Geschütz und Gepäcke verloren gehen.
,, müsse , als plöglich die Verbündeten im raschen Nacheilen
,,(am 19. März) nachließen. In einer armen , erschöpften
„Landschaft , wenn sie gleich der Plünderung bisher entgan-
„gen war , läßt sich dennoch leicht begreifen , wie die Durch-
,,eilenden nur durch ängstliches Ausforschen und gewaltsames
„Nachsuchen das Erforderliche kümmerlich auftreiben konn
,,ten. Die Nachrückenden fanden platterdings gar nichts
„mehr , und weil sie weit über die Nachschubslinie hinaus-
,,geeilt waren , deren ordentliche Verlängerung einige Ruhes
,,tage erforderte ; so ordnete der brittische Oberbefehlshaber
„ am 19. ein Halt an , welches der Feind benüßte, um Ces
„lorico ohne weitere Belästigung zu erreichen."
„Von hier hätte Marschall Massena schnell über Almei-
,,da nach Cividad Rodrigo gelangen können , allein noch
,,wollte er Portugal nicht ganz aufgeben ; er zog sich daher
,,rechts mit seinem Heer , faßte Posten auf den Anhöhen ,
,,welche Guarda umgeben , und hielt es für möglich mit den
263

"9französischen Truppen , die an der Gränze von Alentejo


„standen , die Verbindung aufzusuchen , und zuſammengrei
fende Operationen einzuleiten. Guarda liegt auf einem
,,Gebirgsknoten , der sich zu einem haltbaren Posten voll-
"" kommen eignet : allein , weil die Verfolgung seit einigen
„Tagen eingestellt war ; so erschlaffte die bisher gespannte
Wachsamkeit im französischen Heere, und am 29. März
,,waren starke Colonnen der Verbündeten beynahe bis auf
,,den beherrschenden Kamm der Anhöhen hinangestiegen , auch
„andere schon über die Flanken vorgedrungen , ehe ſie von
„den französischen Vorwachen entdeckt wurden. Nun erfolg=
,,te eine hastige Flucht auf zwey Straßen quer über die Berge
füße und unter gedrängter Verfolgung bis an die Coa ."
XVI.

Seite 139, 3eile 11 von oben , schaltet die zweyte


Auflage nach : „ihren eigenen Kräften” noch folgen:
de Worte ein :
,,nachdem er ihrem Commandanten die weiteren Bere
,,Haltungsbefehle zugeschickt , auch von demselben durch vers
„,abredete Signale die Empfangs ፡ Bestätigung erhalten
„hatte."

XVII.

Seite 139, 3eile 22 von oben , schaltet die zweyte


Auflage nach : "Schlauheit vorbereitete" noch nach-
stehende Periode ein:
und zu dessen Behuf und Aufnahme schon Massena
„ Entfendungen längs der Agueda ausgestellt hatte.
Inhalt
be's

zweyten Theiles.

Vorrede de
des übersekers.
Fünfter Abschnitt.
Vom Frühling 1810 bis zu Ende dieses Jahr 1811.
Seite.
Zustand der füdlichen Provinzen Spaniens
Bende kämpfende Theile beobachten sich vor Cadir
Verunglückte Unternehmung der Verbündeten auf Frangirola 8
Auflösung der Centraliunte 8
Statt derselben eingefeßter Regierungsrath II
Die zusammengetretenen rechtmäßigen Cortes stellen abermahls eis ·

34
nen neuen auf
Versuch die franzöſiſchen Linien vor Cadir zu zerstören
Treffen vor Barrosa 15
Die Früchte dieses Sieges werden vereitelt die Verbündeten
ziehen sich wieder in die Insel Leon zurück 17
Soults Verfahren gegen Cadir 19
Thätigkeit der Guerillas 20
Lage der aufgedrungenen Regierung • 23
Lage und Stimmung der rechtmäßigen Regierung 27
Thätigkeit des Generals Balasteros 28
Vorfallenheiten zu und bey Tarifa 29
Suchet muß die Unternehmung gegen Valenzia aufgeben 31
Nimmt Lerida 31
Mequinenza 31
Tortosa 32
Unternehmungen der valenzianischen und cataloniſchen Truppen und
Guerillas • 34
Suchet belagert und erobert Tarragona 35
Deffen fernere Unternehmungen gegen spanische Partengänger 40
Suchet, belagert das Schloß Murviedro , San Fernando von Sa:
gunt benannt • 43
Blakes Operationen nach der Schlacht von Ulbuera 44
Er wird bey Puzol von Suchet geschlagen 46
Murviedro und Valenzia fallen 46
Sechster Absch itt.

Vom Juny 1811 bis May 1812.


Seite
Lord Wellingtons Entwurf zur Wiedereroberung von Cividad Rodrigo 51
Bur Einschließung dieses Plages bezicht er die Cantonnirung an der
Agueda 54
Eine französische Armee bedroht Gallizien und vereinigt sich sodann
mit Marmont , und entfest Rodrigo
Vorfallenheiten in der Stellung von Guinaldo 56
Vorbereitungen zur regelmäßigen Belagerung von Cividad Rodrigo 58
Um die Aufmerksamkeit des Feindes davon abzuziehen macht Genes
ral Hill einen Streifzug nach Arroyo de Molinas 59
Belagerung von Cividad Rodrigo 60
65

བས་
Vorbereitungen zur Belagerung von Badajoz
Erstärmung dieses Plakes. 70
Soult zieht sich auf Sevilla. • • 73


Marmont dringt in Beira vor , und muß sich eiligst wieder zurücks
ziehen •
Stellung der Verbündeten am Ende dieses Feldzugs 75
Rückblick auf die Lage Europens während dieses Feldzuges 75

Siebenter Abschnitt.
Vom May 1812 bis zum Schluß desselben Jahres,

18
Überblick der Lage der Dinge in Spanien 77
Wellingtons Operationsplan 81
Zerstörung der Brücke von Ulmaraj , um die Verbindung zwischen
den nördlich vom Tajo , und den südlich davon befindlichen frans
zösischen Streitkräften zu durchschneiden . 81
ཆེ

85
373

Eroberung von Salamanca


Bewegungen am Douro 87
Es gelingt Marmont über diesen Fluß zu sehen , Rückzug der Vera
bündeten in die Stellung von Christoval bey Salamanca • 87
Schlacht an den Arapilen 91
Vorrücken des Lord Wellington bis nach Madrid 96
Einnahme des verschanzten Retiro 97
Neuer Überblick der Lage der Dinge in Spanien
Rückzug des Generals Clausel bis Burgos 102
Belagerung des Schloſſes von Burgos 103
Vereinigung des Heeres des Marschall Soult und des Joseph Bo-
naparte 107
Die Belagerung von Burgos muß aufgehoben werden. 109
Tagebuch vom Rückzug der Verbündeten bis in die Aufstellung von
Christoval hinter dem Tormes • 110
Vereinigung von drey französischen Heeren am Tormes 114
Weiterer Rückzug der Verbündeten bis hinter die Agueda 115
Betrachtungen füber diesen Seldzug 116
Achter Abschnitt.
Vom April 1813 , bis zur Beendigung des Krieges in der Halbinsel jens
feits der Pyrenäen.
Seite
Zurüftungen Lord Wellingtons für den neuen Feldzug. 118
Wellington wird von den Spaniern zum Generaliſſimus ernannt. 119
Lage der Dinge im übrigen Europa. 119
Wellington rückt in Spanien wieder ein. 123
Drängt die Franzosen bis an Vittoria. 125
Schlägt sie gänzlich in der Ebene von Vittoria. 126
Die Franzosen müſſen über die Pyrenäen zurückweichen. 130
Einschließung von Pampelluna und Belagerung von St. Sebastian . 131
Marschall Soult übernimmt den Oberbefehl der franzöfifchen Heere. 133
Unordnungen der beyden , einander gegenüber ſtehenden Feldherren. 134
Soults Versuche , Pampelluna zu entfeßen , werden mit Verluſt abs
geschlagen. • 136
Erftürmung der Stadt St. Sebastian. 144
Der Versuch Soults das Schloß von St. Sebaſtian zu entfeßen , wird
durch die Spanier abgeschlagen. 147
Das Schloß von S. Sebaſtian ' ergibt sich. 151
Die Verbündeten bedrohen das französische Gebieth. 152
Fall von Pampe¤luna. 153
Operation von und gegen Suchet. 154
Fall aller übrigen Festungen Spaniens. 162
Ferdinand VII. kehrt in ſein Königreich zurück. 164

Neunter Abschnitt.
Vom November 1813 bis zum April 1814.
Militärische Lage von Europa. • 168
Wellington eröffnet die Offensive. 173
Er erstürmt die verschanzte Linie an der Nivelle. 176
Ruhepause in verschanzten Cantonnirungen. 183
Lord Wellington ſchiebt den rechten Flügel ſeines Heeres über die Nive. 184
Marschall Soult bricht aus Bayonne zuerst gegen den linken , dann
gegen den rechten Flügel der Verbündeten , jedes Mahl aber
fruchtlos heraus. 186
Beyde Urmeen beziehen Winterquartiere. • • • 192
Wiedereröffnung des Feldzugs durch das Vorrücken der Verbüns
Detent. 194
Der linke Flügel schließt Bayonne ein. 197
Der rechte und die Mitte erzwingen den Übergang über die Gießs
bäche von Mauleon und Oleron. 198
Sieg über den Marschall Soult bey Orthes. 199
Treffen am Paufluſſe. 200
Besetzung von Bordeaux. • 203
Soult manövrirt um die Verbündeten wieder von Bordeaux wegzus
sichen. 205
Seite
Soults meisterhafter Rückzug von der Aboonr bis nach Zoulouse. • 206
Erstürmung des verschanzten Lagers von Toulouse. 211
Ausfall der Besaßung von Bayonne. 216
Algemeiner Friede. 217

Beylagen zum zweyten Theile.

Beylage F.
Einige statistische Notizen von Spanien.
I. Stand und Stärke der gesammten königl. spanischen Kriegsmacht
im Jahre 1808. 220
II. Stand und Stärke der gesammten königl. ſpaniſchen Seemacht
im Jahre 1808. 222
III. Spaniens Bevölkerungsstand nach einer im Jahre 1801 an
geordneten Ahzählung. . 223
Bey I a g e G.
Auffuchung der Ursachen welche am meisten jur Niederlage der
Franzosen in Spanien wirkten. 225

Beylage H.
Von der durch die Cortes geformten Verfaſſung . 237

Beylage I.
über den Generallieutenant Lacy . 240
Beylage K.
Waffenstillstands - Abschluß an der Garonne. 244

Beylage L.
über die Art der Vertheidigung gegen Massen (geschlossene Co-
Ionnen). 249
Nachtrag von Erläuterungen und Berichtigungen zu 16 Stellen des
ersten Theiles.. 252
Verbesserungen zum ersten Theile.
S. 323. 19 von eben lies : 1. August statt: 6. August
39 10 von oben die größte Kunst, das die größte Kunst das
64 7 v. unten dazu daran
71 -5 von oben - Tamega Tamaga
72 lekte Beile Böte ! Böthe
74 3. 22 von oben Vereinigung mit der Vereinigung der
79-21 U. 22 V. 0. Geld klingende Münge
97 8. unten unerläßlich unerläßig
121 7 v. unten an dem an den
124-25 von oben - Drouet Graf von Drouet von.
128 vorleßte Beile Stelle Stellung
1363. 4. unten Erskine Erêcine
169-19 von oben muß eine muß daben eine
4 von oben Rabdomante abdomante
190
193-- 7 v. unten { Kartenparthie Kartenpa rten

Verbesserungen zum zweyten Theile.


Seite 53 Zeile 7 von oben lies : 13 statt 15
54 3 v . 0. sich mehr nördlich noch mehr füdlich
78 - 11 V. 0. der die
8 v. 0. um und
96
104 16 von unten von Verbauen des Verbauens
107 - 9 v. o. Bourgonne Bourgonnie
121 8 b . u. verstückelt verstickelt
127 9 v. u. Generals Generas
142 3 v . u. dessen feinen
146 7 V. 0. den niedern niedern
Urumea Urunna
156 12 V. U. Parque Pargue
160 10 v. O Peniscola Paniscola
11 v. 0. Mequinenza Meguinenza
14 v. 0. Bentink Pentink
12 v. u. vorigen voriges
180 2 v. u. Pe Pei
199 7 y. 0. Sault Soult
200 4 D. 11. Dor Bon
202 12 v. 0 . Bearn Beare
2 v. u. ist sich wegzulassen.
208 u. 209 Ariege Urriege
225 11 v. 0. nicht bloß von nicht von
15 v. u . regelmäßige rechtmäßige
241 10 v. o. Loskaufen. LosFauft.
15 v . u. von entgegenges von der entgegenges
feßten Seiten feßten Seite
8. 9. ist zu wegzulaſſen.
1

260
BORDEAUX Marvejols Argentiere
Cahors Villecocta Mende
Marmande Villefranche Rhodez
ÜBER SICHTS KARTE DES KRIEGS SCHAUPLATZES Lango Florac
Bazas Alais
IN Agen
Milhau
SPANIEN UND PORTUGAL. Valence
l Sarazin Montauban
Ortega MontdeMarsare Condom Gaillaco Far
Nismes
Lodive
Penas Adou Auch Albi
l
Viverot ropo S.Sever
fast Kuanto Grenada Montpellier
Ferrol STea Aire TOULOUSE
Rabade Aviles Gijoh n Ander r Orthes Mirande Can e Beziere
Mondone lo Villamea a
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