Vom Potenzial synchroner linguistischer Ansätze in der
Diachronie: Erwägungen zur Syntax
Die Erforschung historischer Sprachzustände folgt überwiegend deskriptiven Ansät-
zen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Beschreibung bestimmter sprachlicher Phä- nomene, die nach Möglichkeit noch unbekannt sind. Nicht selten erfolgt die Beschrei- bung ohne eingehendere theoretische Fundierung, zudem so, dass moderne Vorstel- lungen über den Sprachgebrauch unreflektiert auf historische Sprachzustände über- tragen werden. Ziel des Vortrags ist es, zu zeigen, dass auch im Fall einer sprachhisto- rischen Untersuchung eine systematischere Analyse mit einer genauer ausgearbeiteten syntaktischen Modellierung zu adäquateren Ergebnissen führen kann. Dies soll am Beispiel der Relativsatzkonstruktionen in der Geschichte des Russischen dargelegt werden. Die theoretische Basis bilden dabei Veröffentlichungen von Daniel Weiss zu Relativsätzen im modernen gesprochenen Russischen. Zugleich wird gezeigt, welche Rolle der inner- und außerslavische Sprachkontakt in der Entwicklung der russischen Relativsätze spielt.