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Ist der Gott der Philosophen identisch mit der »Macht« in den Star-Wars-Fil-
men? Was hat Kants »Ding an sich« mit der männlichen Anatomie zu tun? Und
wie schaffte es Moses, Gott auf nur zehn Gebote herunterzuhandeln? So wie
Philosophie eine überaus amüsante Sache sein kann, gibt es eine erstaunliche
Fülle intelligenter Witze, die beim näheren Hinsehen eine hintergründige phi-
losophische Bedeutung offenbaren. »Piaton und Schnabeltier« lehrt uns Phi-
losophie auf mühelose Art und Weise mittels Humor. Nach der Lektüre des
Buches ist es ein Leichtes, »induktive« von »deduktiver Logik« und »a priori«
von »a posteriori« zu unterscheiden. Wir wissen, warum wir uns in der »besten
aller möglichen Welten« aufhalten, obwohl »Gott« bekanntlich »tot ist« - und
fühlen uns trotz oder gerade wegen der ernsten Thematik bestens unterhalten.
Autoren
GOLDMANN
Inhalt
1 Metaphysik 17
' 2 Logik 41
3 Erkenntnistheorie 69
4 Ethik 101
5 Religionsphilosophie 125
6 Existenzialismus 145
7 Sprachphilosophie 159
9 Relativität 209
10 Metaphilosophie 221
Glossar 233
Dank 239
Gewidmet dem Andenken
an unseren philosophischen Großvater
GROUCHO MARX
DIMITRI: »Wenn Atlas die Welt auf seinem Rücken trägt, auf
wem steht dann Atlas?«
TASSO: »Atlas steht auf dem Rücken einer Schildkröte.«
DIMITRI: »Aber worauf steht die Schildkröte?«
TASSO: »Auf einer zweiten Schildkröte.«
DIMITRI: »Und worauf steht diese Schildkröte?«
TASSO : »Mein lieber Dimitri, es sind lauter Schildkröten, bis ganz
nach untenl«
GSSD
Aber kehren wir nochmals zum alten Tasso zurück. Seine Er-
w i d e r u n g - »Es sind lauter Schildkröten, bis ganz nach un-
ten!« - ist nicht nur erhellend, sie klingt auch definitiv nach
einer Pointe. Ta-ta-damm!
Uns überrascht das kein bisschen. Die Konstruktion u n d
Auflösung von Witzen u n d die Konstruktion u n d Auflösung
philosophischer Konzepte folgen weitgehend denselben Prin-
zipien, u n d beide necken den Verstand auf ähnliche Weise.
Was daran liegt, dass Philosophen u n d Witzmacher denselben
Impulsen folgen: Die einen wie die anderen wollen unser Ver-
ständnis dafür, wie die Dinge sind, herausfordern, unsere Welt
auf den Kopf stellen u n d verborgene (und oftmals unange-
nehme) Wahrheiten über das Leben aufspüren. Was dem Philo-
sophen die Erkenntnis ist, ist dem Witzmacher der Lacher.
Nehmen wir folgenden klassischen Witz. An der Oberfläche
wirkt er zunächst einfach wie ein typisch dämlicher Witz, bei
näherer Betrachtung zielt er direkt auf den Kern der britischen
empirischen Philosophie ab - die Frage, welcher Art Informa-
tion über die Welt wir vertrauen können.
EINE EINFÜHRUNG — 11
Morty kommt unverhofft nach Hause und erwischt seine Frau und
seinen besten Freund Lou nackt zusammen im Bett. Morty will ge-
rade losbrüllen, da springt Lou aus dem Bett und ruft: »Bevor du was
sagst, alter Knabe, wem glaubst du mehr? Mir oder deinen Augen?«
Ein Neunzigjähriger geht zum Arzt und sagt: »Herr Doktor, meine
achtzehnjährige Frau erwartet ein Kind.«
Darauf der Arzt: »Ich will Ihnen mal eine Geschichte erzählen.
Ein Mann ging zur Jagd, aber statt seines Gewehres nahm er einen
Regenschirm mit. Als plötzlich ein Bär auf ihn zu rannte, hob er den
Regenschirm an und erschoss den Bären.«
Der Neunzigjährige: »Unmöglich. Jemand anderes muss den Bä-
ren erschossen haben.«
Darauf der Arzt: »Genau das wollte ich sagen.«
DANIEL KLEIN
Im August 2006
(1)
Metaphysik
Die Metaphysik geht die großen Fragen frontal an: Was ist Sein?
Was ist die Natur der Realität? Haben wir einen freien Willen?
Wie viele Engel können auf einer Nadelspitze tanzen? Und wie
viele braucht man, um eine Glühbirne auszuwechseln?
Teleologie
Mrs. Goldstein geht mit ihren Enkelkindern die Straße hinunter und
trifft eine Freundin. Wie alt denn die Kleinen seien, will die Freundin
wissen.
Darauf Mrs. Goldstein: »Der Arzt ist fünf, und der Anwalt wird
sieben.«
Ein Sinnsuchender hört, dass der weiseste Guru von Indien auf der
Spitze des höchsten Berges des Landes lebt. So wandert der Su-
chende viele Tage und Wochen, bis er schließlich vor dem sagen-
umwobenen Berg steht. Der Berg ist unglaublich steil, und mehr
als einmal verliert er den Halt und fällt. Als er endlich die Spitze er-
reicht, ist er am ganzen Körper zerschunden und zerschlagen, aber
das spürt er kaum, denn da sitzt vor ihm der Guru mit überein-
ander geschlagenen Beinen vor seiner Höhle.
»Oh weiser Guru«, ruft der Suchende, »ich bin den ganzen Weg zu
dir gekommen, um dich nach dem Geheimnis des Lebens zu fragen.«
»Ach ja, das Geheimnis des Lebens«, erwidert der Guru. »Das
Geheimnis des Lebens ist eine Teetasse.«
»Eine Teetasse? Ich habe mich auf der'Suche nach dem Sinn des
Lebens den ganzen Weg hier herauf gemüht, und du sagst mir, der
Sinn des Lebens sei eine Teetasse?«
Der Guru zuckt mit den Achseln. »Nun ja, vielleicht ist er ja auch
keine Teetasse.«
was, was der Lateiner post hoc locum (nach dieser Stelle;
A. d.Ü.) nennt. Tatsächlich nämlich nannte Aristoteles
seine Schrift gar nicht »Metaphysik«, ganz zu schweigen
davon, dass er sich darin mit jenseits der sinnlich erfahr-
baren Welt liegenden Dingen beschäftigte. In Wahrheit
geht der Begriff auf einen Herausgeber der gesammelten
Werke Aristoteles im ersten Jahrhundert nach Chr. zu-
rück, der diesen Titel wählte, weil das Kapitel »jenseits«
(oder einfach »nach«) Aristoteles' Abhandlung über die
»Physik« kam.
Essentialismus
Abe: »Sol, ich habe ein Rätsel für dich. Was ist grün, hängt an der
Wand und pfeift?«
Sol: »Keine Ahnung.«
Abe: »Ein Hering.«
Sol: »Aber ein Hering ist nicht grün.«
Abe: »Nun, man kann ihn grün anmalen.«
Sol: »Aber ein Hering hängt nicht an der Wand.«
Abe: »Nimm einen Nagel, und er hängt an der Wand.«
Sol: »Aber ein Hering pfeift nicht.«
Abe: »Ja, und? Dann pfeift er eben nicht.«
Abe: »Was ist das Objekt >X< mit den folgenden Eigenschaften: Grün-
lichkeit, Wand-Hängigkeit und mit Pfeiffähigkeit ausgestattet?«
Sol: »Ich bin außerstande, mir ein Objekt mit dieser Kombina-
tion von Eigenschaften vorzustellen.«
Abe: »Ein Hering.«
Sol: »Ein Hering weist keine Grünlichkeit auf.«
24 —<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Sol: »Was ist das hier, eine Zusammenkunft von Stoikern? Hey,
selbst Nietzsche hat bei seinem Auftritt im Vatikan mehr Lacher
geerntet.«
Rationalismus
CSääD
2. Für den Fall, dass es eine Alternative gibt, muss es, so besagt
das »Prinzip des hinreichenden Grundes«, eine Erklärung
dafür geben, warum die Welt so u n d nicht anders ist.
Ein Optimist glaubt, dass dies die beste aller möglichen Welten ist.
Ein Pessimist befürchtet, dass dem so sein könnte.
CSO
Zwei Kühe stehen auf der Weide. Da wendet sich die eine zur ande-
ren und sagt: »Die Zahl Pi wird im Allgemeinen zwar auf fünf Stel-
len hinter dem Komma verkürzt wiedergegeben, tatsächlich aber ist
sie eine unendlich lange Ziffernfolge.«
Die zweite Kuh dreht sich zur ersten und sagt: »Muh.«
Eine Frau bekommt von ihrem Arzt zu hören, dass sie nur noch
sechs Monate zu leben hat. »Cibt es irgendetwas, was ich noch tun
könnte?«, fragt sie.
»ja, das gibt es«, erwidert der Arzt. »Sie könnten einen Buchhal-
ter heiraten?«
»Und das hilft mir, länger zu leben?«, staunt die Frau.
»Oh nein, das wird es nicht«, antwortet der Arzt. »Aber es wird
bewirken, dass Ihnen diese sechs Monate wie eine Ewigkeit vorkom-
men.«
Können wir, in dem Hier u n d Jetzt, in dem wir leben, frei über
unser Schicksal bestimmen?
Im Laufe der Jahrhunderte wurde viel philosophische Tinte
auf die Frage verwendet, ob der Mensch in seinen Entschei-
dungen u n d Handlungen frei ist oder ob seine Entscheidungen
u n d Handlungen von externen Faktoren - Vererbung, Umwelt,
Geschichte, den Parzen oder Microsoft - determiniert werden.
Die griechischen Tragiker betonten den bestimmenden Ein-
fluss des menschlichen Charakters u n d seiner unvermeidlichen
Unzulänglichkeiten auf den Lauf der Dinge.
Auf die Frage, ob er an die menschliche Willensfreiheit
glaube, beschied der 1991 gestorbene Schriftsteller Isaac
Bashevis Singer ironisch: »Ich muss - ich habe keine Wahl.«
(Eine Position, die im Übrigen auch von manchen keineswegs
humorvoller Ironie verdächtigen Philosophen vertreten wird:
Wir sind gezwungen, an unseren freien Willen zu glauben, weil
es ansonsten keine Grundlage für unseren Glauben an die mo-
ralische Verantwortung des Individuums gäbe u n d uns sämt-
liche moralischen Entscheidungen aus der Hand genommen
wären.)
In letzter Zeit hat die Vorstellung, psychologische Faktoren
jenseits unserer Kontrolle würden unser Verhalten bestimmen,
das Prinzip der moralischen Verantwortung bis zu dem Punkt
erodiert, dass ein des Doppelmordes Angeklagter behaupten
konnte, der durch übermäßigem Süßigkeitenkonsum hervor-
gerufene Zuckerrausch habe ihn zu der Tat gezwungen, eine
34 —<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Mosesjesus und ein bärtiger alter Mann spielen Golf. A/loses schlägt
einen langen Abschlag, der auf dem Fairway landet und direkt auf
den Teich zurollt. Moses streckt seinen Schläger in die Höhe, teilt das
Wasser, und der Ball rollt ungehindert auf die andere Seite.
Jesus schlägt ebenfalls einen langen Ball in Richtung desselben
Teichs, doch statt ins Wasser zu plumpsen, bleibt der Ball knapp
über der Wasseroberfläche schweben. Jesus spaziert gemächlich auf
den Teich hinaus, nimmt Maß und chippt den Ball aufs Green.
Der Abschlag des bärtigen alten Mannes fliegt über den Zaun
hinaus, hüpft auf der Straße auf, prallt an einem vorbeifahrenden
Lastwagen ab und segelt direkt in Richtung auf den Teich, wo er
auf einem Seerosenblatt landet. Ein Frosch sieht den Ball, reißt sein
Maul auf und schnappt ihn sich. Da stürzt ein Adler vom Himmel,
METAPHYSIK •<I— 35
packt den Frosch und fliegt mit ihm davon. Wie der Adler über das
Green fliegt, lässt der Frosch den Ball los, der direkt zu einem Ass
ins Loch fällt.
Da wendet sich Moses zu Jesus und sagt: »Es kotzt mich an,
gegen deinen Vater zu spielen.«
Prozessphilosophie
Alvin arbeitet gerade in seinem Laden, als aus der Höhe eine don-
nernde Stimme zu ihm spricht: »Alvin, verkauf dein Geschäft!« Alvin
ignoriert den Ratschlag, aber die Stimme ertönt jeden Tag wieder.
»Alvin, verkauf dein Geschäft für drei Millionen Dollar.« Nach meh-
reren Wochen gibt Alvin entnervt auf und verkauft seinen Laden.
Die Stimme sagt: »Alvin, geh nach Las Vegas.«
»Warum?«, will Alvin wissen.
36 —<?> PLATON UND SCHNABELTIER
»Alwin, nimm einjach die drei Millionen Dollar, und geh nach
Las Vegas.«
Alwin gehorcht, geht nach Las Vegas und besucht ein Casino.
Die Stimme sagt: »Aluin, geh zum Blackjack-Tisch, und setz all
dein Geld.«
Alwin zögert, aber tut wie ihm geheißen. Er bekommt eine Acht-
zehn. Der Dealer hat eine Sechs.
»Alwin, nimm eine Karte!«
»Was? Der Dealer hat...«
»Nimm eine Karte!«
Aluin bedeutet dem Dealer, ihm eine Karte zu geben. Er bekommt
ein Ass. Neunzehn. Er stößt einen Seufzer der Erleichterung aus.
»Alwin, nimm noch eine Karte!«
»Was?«
»NIMM NOCH EINE KARTE!«
Alwin lässt sich noch eine Karte geben. Ein zweites Ass. Zwanzig.
»Alwin, nimm noch eine Karte!«, befiehlt die Stimme.
»Ich habe zwanzig!«, protestiert Alwin.
»NIMM NOCH EINE KARTE!«, donnert die Stimme.
Alwin flucht, aber gehorcht. Wieder ein Ass. Einundzwanzig!
Darauf die donnernde Stimme: »Verdammt, das ist doch nicht
zufassen!«
Ein Rabbi hält in seinem Dorf Gericht. Da steht Schmuel auf und
trägt seinen Fall vor: »Rabbi, Itzhak treibt seine Schafe jeden Tag
über mein Land und verdirbt mir so die Ernte. Es ist mein Land.
Was er tut, ist nicht recht.«
Der Rabbi sagt: »Da hast du Recht!«
Da erhebt sich Itzhak und protestiert: »Aber Rabbi, über sein
Land führt der einzige Weg für meine Schafe zum See, wo sie trin-
ken können. Ohne das Wasser müssten sie elendiglich verdursten.
Seit Jahrhunderten genießen die Schäfer Wegerecht über das Land
um den See herum, und so steht es auch mir zu.«
Und der Rabbi sagt: »Da hast du Recht!«
Da sagt die Putzfrau, die das Gespräch mitgehört hat, zum
Rabbi:»Aber Rabbi, es können nicht beide Recht haben!«
Und der Rabbi sagt: »Da hast du Recht.«
Die Putzfrau weist den Rabbi darauf hin, dass er gegen Aris-
toteles' Prinzip v o m Ausgeschlossenen verstößt, was für einen
Rabbi zwar weniger schlimm als ein Verstoß gegen das Ge-
bot wäre, nicht seines Nächsten Weib zu begehren, i h m aber
ziemlich n a h e k o m m t . Das Kontradiktionsprinzip, wie es auch
heißt, besagt, dass nichts so u n d zugleich nicht so sein kann.
LOGIK ^— 43
Unlogische Argumentation
Ein Ire geht in New York in einen Irish Pub, bestellt drei große Guin-
ness und trinkt nacheinander von jedem Glas einen Schluck. Als
alle drei Gläser leer sind, bestellt er beim Barkeeper drei weitere
Biere, worauf der sagt: »Wenn Sie immer nur eins bestellen, steht
das Bier nicht so schnell ab.«
Darauf der Mann: »Ja, ich weiß, aber ich habe zwei Brüder, ei-
nen drüben in Irland und einen in Australien. Als sich unsere Wege
trennten, gelobten wir, von nun an in Erinnerung an die Tage, als wir
gemeinsam tranken, nur noch auf diese Weise zu trinken. Die ersten
beiden Biere sind für meine Brüder, das dritte ist für mich.«
Der Barkeeper ist schwer gerührt und sagt: »Was für eine groß-
artige Tradition!«
Der Ire wird zum Stammgast in der Bar und bestellt jedes Mal
auf dieselbe Weise.
Eines Tages kommt er herein und bestellt nur zwei Guinness. Die
anderen Stammgäste sehen das, und Schweigen senkt sich über die
Bar. Als der Mann an die Theke kommt, um seine zweite Runde
zu bestellen, sagt der Barkeeper zu ihm: »Mein herzliches Beileid,
Kumpel.«
Darauf der Ire: »Kein Grund zur Trauer, meine Brüder sind beide
bei bester Gesundheit. Aber ich bin getaufter Mormone geworden
und musste mit dem Trinken aufhören.«
4 4— < ? > PLATON UND SCHNABELTIER
Induktive Logik
»Watson«, sagt er, »blicken Sie nach oben in den Himmel, und
sagen Sie mir, was Sie sehen.«
»Ich sehe zahllose Sterne«, sagt Watson.
»Und was schließen Sie daraus, Watson?«
Watson denkt eine Weile nach. »Nun«, beginnt er schließlich,
»als Astronom schließe ich daraus auf die Existenz vieler Millionen
Galaxien und potenziell vieler Milliarden Planeten. Als Astrologe
sehe ich, dass der Saturn im Löwen steht, und als Horologe kann
ich Ihnen sagen, dass es gegen Viertel nach drei ist. Als Meteorologe
wage ich die Prognose, dass morgen ein schöner Tag sein wird. Als
Theologe sagt mir der Anblick, dass Gott allmächtig und wir klein
und unbedeutend sind. Und Sie, was schließen Sie daraus, Holmes?«
»Dass jemand unser Zelt geklaut hat, Sie Idiot.«
c) Etc. pp.
Falsifizierbarkeit
Patient: Gestern Nacht habe ich geträumt, dass Jennifer Lopez und
Angelina Jolie zu mir ins Bett geschlüpft sind und wir es die ganze
Nacht miteinander getrieben haben.«
Psychiater: »Ganz offensichtlich verspüren Sie den tief sitzenden
Wunsch, mit ihrer Mutter zu schlafen.«
Patient: »Was?! Keine der beiden sieht meiner Mutter auch nur
im Entferntesten ähnlich.«
Psychiater: »Aha! Eine typische Reaktionsbildung! Ganz offen-
sichtlich unterdrücken Sie Ihre wahren Bedürfnisse.«
EIN INDUKTIVER SPRUNG?
Zwei Männer sitzen beim Frühstück. Wie der eine Butter auf sei-
nen Toast schmiert, sagt er: »Ist dir jemals aufgefallen, dass, wenn
du eine Toastbrotscheibe fallen lässt, sie immer auf der Butterseite
landet?«
Darauf der andere: »Nein, ich wette, dass es einem nur so vor-
kommt, weil es so ein Riesenaufwand ist, die Sauerei aufzuputzen,
wenn der Toast mit der Butter nach unten landet. Ich bin über-
zeugt, dass der Toast ebenso häufig mit der Butterseite nach oben
wie nach unten auf den Boden fällt.«
»Ah ja?«, meint darauf der erste. »Dann pass mal gut auf.« Er
lässt seinen Toast auf den Boden fallen, wo er mit der Butterseite
nach oben landet.
»Siehst du, ich hab's dir ja gesagt«, freut sich der zweite.
»Unsinn«, sagt da der erste, »mir ist vollkommen klar, warum
das passiert ist. Ich habe die Butter auf die falsche Seite geschmiert.«
LOGIK ^— 49
Deduktive Logik
Ein alter Cowboy betritt eine Bar, bestellt einen Whisky, setzt sich
und nippt an seinem Drink. Kurz darauf kommt eine junge Frau
herein und nimmt auf dem Hocker neben ihm Platz. Sie schaut ihn
eine Weile an, dann fragt sie: »Sind Sie ein echter Cowboy?«
»Nun«, erwidert er, »ich habe mein ganzes Leben auf der Ranch
und das halbe davon auf dem Rücken von Pferden verbracht, ich
50 —<?> PLATON UND SCHNABELTIER
habe Zäune repariert, das Vieh gehütet und Kühe mit dem Brand-
eisen markiert, also bin ich wohl ein Cowboy.«
Sie sagt: »Und ich, ich bin eine Lesbe. Ich denke den ganzen Tag
über an nichts anderes als an Frauen. Wenn ich morgens aufwache,
denke ich an Frauen. Alles, was ich mache, ob duschen oder fern-
sehen, bringt mich dazu, an Frauen zu denken.«
Eine Weile später kommt ein älteres Paar herein, setzt sich neben
den alten Cowboy und fragt:»Sind Sie ein echter Cowboy?«
»Nun«, erwidert er, »ich dachte immer, ich wäre einer, aber ich
habe gerade eben herausgefunden, dass ich eine Lesbe bin.«
2. Ich verbringe meine ganze Zeit damit, Dinge zu tun, die ein
Cowboy tut.
CSSSD
• »John u n d Mary hatten sich noch nie getroffen. Sie waren wie
zwei Kolibris, die sich ebenfalls noch nie getroffen hatten.«
• »Das kleine Boot trieb sanft über den Teich, ganz genau so,
wie es eine Bowlingkugel nicht tun würde.«
Jeden Morgen trat sie auf die Veranda vor ihrem Haus und rief:
»Schütze und bewahre dieses Haus vor Tigern!« Danach ging sie
wieder nach drinnen.
Irgendwann fragten wir sie: »Was soll der Blödsinn? Im Umkreis
von tausend Kilometern gibt es hier keinen einzigen Tiger.«
Worauf sie antwortete: »Na bitte! Das ist doch der Beweis, dass
es funktioniert!«
Der alte Mann ist auf den ältesten Trick der Welt hereingefallen,
post hoc ergo propter hoc, oder nachdem sie an i h m herumgespielt
hat u n d weil sie an i h m herumgespielt hat ... Es ist dieser Teil
mit d e m propter, auf den die Leute immer hereinfallen.
Ein junge aus New York wird von seinem Cousin aus Louisiana
durch die Sümpfe geführt.
»Stimmt es, dass Alligatoren einen nicht angreifen, wenn man
eine Taschenlampe bei sich trägt?«, will der Stadtjunge wissen.
Darauf sein Cousin: »Das kommt darauf an, wie schnell du die
Taschenlampe von A nach B trägst.«
Der Junge aus der Stadt hielt die Taschenlampe für eine Ursa-
che, w ä h r e n d sie in Wahrheit n u r eine Nebensache war.
58 —<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Der Monte-Carlo-Effekt
Zirkelschluss
»Das tut es«, erwiderte der Meteorologe. »Und zwar nach einem
sehr kalten Winter.« Besorgt rät der Häuptling seinem Stamm, auch
noch das letzte Zweiglein zu sammeln, das sie auftreiben können.
Ein paar Wochen ziehen ins Land, und wieder ruft der Häuptling
beim Wetterdienst an. Wie sich der kommende Winter denn jetzt
machen würde, will er wissen, worauf der Meteorologe antwortet:
»Laut unserer Prognose steht uns einer der härtesten Winter al-
ler Zeiten ins Haus.«
»Wirklich ?«, ruft der Häuptlingaus. »Warum seid ihr da so sicher?«
»Na ja«, antwortet der Meteorologe, »die Indianer sammeln
Holz wie die Verrückten.«
Ted trifft seinen Freund Al und ruft: »Al! Man hat mir gesagt, du
wärst gestorben!«
»Kaum«, erwidert Al lachend. »Wie du siehst, bin ich quick-
lebendig.«
»Unmöglich«, meint Ted. »Der Mann, der mir das gesagt hat, ist
viel glaubwürdiger als du.«
als sich der Himmel mit einem Schlag verdunkelte, die Erde bebte
und eine tiefe, dröhnende Stimme erklang: »ER HAT REEEECHTW.«
Der Rabbi stemmte die Hände in die Seite, dreht sich zu den an-
deren drei um und sagte: »Und?«
»Was und?«, meinte einer der anderen Rabbis. »Es steht immer
noch drei zu zwei.«
Zenons Paradoxa
les zunächst an den Punkt gelangen, von dem aus die Schild-
kröte gestartet ist. Bis er dort ankommt, hat sich die Schild-
kröte natürlich ein Stück voranbewegt. Also muss Achilles n u n
zu diesem Punkt gelangen. Aber auch bis er diesen Punkt er-
reicht, hat sich die Schildkröte wieder ein Stück fortbewegt.
Egal wie oft, u n d sei es unendlich oft, immer, wenn Achil-
les den vorherigen Standpunkt der Schildkröte erreicht, ist die
Schildkröte wieder ein kleines Stückchen weiter. Er wird ihr
zwar verdammt nahe k o m m e n , aber ganz einholen kann er sie
nie. Die Schildkröte darf n u r nicht anhalten, d a n n ist ihr der
Sieg gewiss.
Na gut, Zenon! Für einen Philosophen aus dem fünften Jahr-
hundert vor Christus ist das nicht schlecht. Und Zenon hat
weitere drei Paradoxa auf Lager. Neben dem Schildkröten-Pa-
radoxon verdanken wir ihm auch das Teilungsparadoxon. An-
genommen, ein Läufer will eine 100-Meter-Bahn durchmessen,
d a n n muss er dazu eine unendliche Anzahl von Streckenab-
schnitten hinter sich bringen. Zuerst muss er die erste Hälfte
der Strecke absolvieren, von dort wiederum die erste Hälfte des
verbleibenden Weges, also ein Viertel, u n d von dort wieder die
erste Hälfte des verbleibenden Weges (ein Achtel) u n d so weiter
u n d so fort. Theoretisch gesehen kann der Läufer, weil er u n -
endlich oft die Hälfte des verbleibenden Weges erreichen muss,
das Ende der Bahn niemals erreichen. Aber natürlich tut er das.
Das ist wohl auch Zenon nicht entgangen.
Hier ein etwas angejahrter Gag, der direkt aus Zenons Trick-
kiste zu stammen scheint:
L O G I K^ — 65
Oder:
DIMITRI: »Jetzt geht es mir gut, Tasso. Nachdem ich das mit
der Logik kapiert habe, dürfte der Rest ein Picknick auf der
Akropolis sein.«
TASSO: »Welche Akropolis?«
DIMITRI: »Na diese da! Genau da drüben! Hey, Kumpel, viel-
leicht solltest du dich beim Ouzo ein bisschen zurückhal-
ten.«
TASSO : »Aber ist das die Akropolis oder n u r etwas, von dem du
glaubst, es sei die Akropolis? Woher weißt du, dass sie real
ist? Und wenn wir schon dabei sind: Woher weißt du, dass
überhaupt etwas real ist?«
DIMITRI: »Die nächste Runde Ouzo geht auf mich.«
70 —<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Ein Mann fällt in einen tiefen Brunnen und stürzt gut dreißig Meter
in die Tiefe, bevor er es schafft, sich an einer dünnen Wurzel fest-
zuhalten. Unter ihm gähnt schwarze Leere, und während sein Griff
schwächer und schwächer wird, ruft er verzweifelt aus: »Ist da oben
irgendjemand?«
Er schaut nach oben, aber alles, was er sieht, ist ein kleiner
Kreis Himmel. Doch plötzlich teilen sich die Wolken, ein Lichtstrahl
scheint hinunter zu ihm in den Brunnen, und eine tiefe Stimme er-
dröhnt: »Ich, der HERR, bin hier. Lass die Wurzel los, und ich werde
dich retten.«
Der Mann überlegt kurz, dann ruft er: »Ist noch jemand anderes
da oben?«
wie der von Descartes. Die Frage, die sich die J u r y stellt, ist
zwar nicht identisch mit der des französischen Philosophen;
der Richter will von der J u r y nicht wissen, ob die Schuld des
Angeklagten ohne jeden Zweifel feststeht, s o n d e r n lediglich, ob
sie ohne vernünftigen Zweifel feststeht. Doch selbst dieser nied-
rigere Standard zwingt die Geschworenen, ein ähnliches - u n d
fast ebenso radikales - Gedankenexperiment d u r c h z u f ü h r e n
wie im 17. J a h r h u n d e r t Descartes.
Ein Mann sitzt wegen Mordes vor dem Schwurgericht. Die Beweis-
last gegen ihn ist erdrückend, aber es gibt keine Leiche. Trotzdem
sieht die Sache schlecht aus für den Mann. Deshalb greift sein Ver-
teidiger im Schlussplädoyer zu einem Trick. »Meine sehr geehrten
Damen und Herren der Jury«, sagt er. »Ich habe eine Überraschung
für Sie alle - binnen der nächsten Minute wird das angebliche
Mordopfer quicklebendig in diesen Gerichtssaal spazieren.«
Der Verteidiger blickt zur Tür des Saals, die Geschworenen, baff
vor Erstaunen, tun es ihm gleich. Eine Minute vergeht, nichts pas-
siert. Da dreht sich der Verteidiger wieder um und sagt: »Um die
Wahrheit zu sagen, ich habe die Sache mit dem Mordopfer, das hier
hereinspaziert, frei erfunden. Aber Sie alle haben mit gespannter
Erwartung zur Tür geschaut. Ich stelle also fest, dass hinsichtlich
der Frage, ob jemand ermordet wurde, vernünftiger Zweifel besteht.
Folglich bestehe ich darauf, dass Sie aufmicht schuldig< befinden.«
Die Geschworenen ziehen sich zur Urteilsfindung zurück. Ein
paar Minuten später kehren sie zurück und verkünden das Urteil:
»Schuldig.«
»Aber das dürfen Sie nicht!«, ruft der Verteidiger. »Sie müssen
ERKENNTNISTHEORIE <<3— 73
einen gewissen Zweifel gehabt haben. Schließlich haben Sie alle zur
Türe gestarrt!«
»Oh ja«, erwidert darauf der Sprecher der Jury, »wir haben zur
Tür gestarrt. Aber Ihr Mandant nicht.«
Empirismus
Ein Mann fürchtet, seine Frau würde ihr Gehör verlieren, und so fragt
er einen Arzt um Rat. Der Arzt schlägt ihm vor, mit ihr zu Hause ei-
nen einfachen Test durchführen: Der Mann soll sich hinter sie stellen
und ihr eine Frage stellen, zuerst aus sechs Metern Entfernung, dann
aus drei Metern und schließlich direkt hinter ihr stehend.
Der Mann geht nach Hause, und als er seine Frau mit dem Rü-
cken zur Tür am Herd stehen sieht, fragt er in normaler Lautstärke:
Liebling, was gibt es heute zum Abendessen?«
Keine Antwort.
Drei Meter hinter ihr wiederholt er seine Frage: »Liebling, was
gibt es heute zum Abendessen?«
Wieder keine Antwort.
Schließlich steht er direkt hinter ihr. »Liebling, was gibt es heute
zum Abendessen?«
Da dreht sich seine Frau um und sagt: »Liebling, zum dritten
Mal - es gibt Huhn!«
E R K E N N T N I S T H E O R I E< < 3 — 75
Der König von Polen bricht mit einem Gefolge von Herzögen und
Grafen zur königlichen Elchjagd auf.
Gerade als sie sich den Wäldern nähern, springt ein Diener hin-
76 —<?> PLATON UND SCHNABELTIER
ter einem Baum hervor, wedelt aufgeregt mit den Armen und ruft:
»Ich bin kein Elch!«
Der König hebt die Büchse, zielt und drückt ab. Der Diener fällt,
mitten ins Herz getroffen, tot um.
»Meine Güte, Majestät«, sagt darauf ein Herzog. »Warum habt
Ihr das getan? Der Mann hat doch gerufen, dass er kein Elch ist.«
»Herrjemine«, erwidert darauf der König bestürzt, »und ich
dachte, er hätte gerufen, er sei ein Elch.«
Ein Wissenschaftler und seine Frau fahren mit dem Wagen zu einer
Spritztour übers Land.
»Oh, schau mal!«, ruft seine Frau, als sie an einem Bauernhof
vorbeifahren. »Die Schafe da sind frisch geschoren.«
»Ja«, antwortet der Wissenschaftler, »auf unserer Seite.«
Ein Polizist in Neu-Delhi soll drei Sardars, die sich in der Ausbildung
zum Detektiv befinden, auf ihre Fähigkeiten zur Identifikation von
Verdächtigen testen. Erzeigt dem ersten Sardar fünf Sekunden lang
die Fotografie eines Manns.
»Das ist dein Verdächtiger«, sagt er zu ihm. »Woran würdest du
ihn wiedererkennen?«
»Das ist einfach«, ruft der Sardar. »Er hat nur ein Auge, den ha-
ben wir gleich!«
»Sardar!«, ruft der Ausbilder. »Das liegt daran, dass du ihn auf
dem Foto im Profil gesehen hast.«
7 8— < ? > PLATON UND SCHNABELTIER
Nun hält der Polizist dem zweiten Sardar das Foto fünf Sekunden
lang hin und fragt auch ihn: »Das ist dein Verdächtiger. Woran wür-
dest du ihn wiedererkennen?«
»Ha!«, ruft der zweite Sardar und lächelt. »Der wäre zu leicht zu
schnappen, wo er doch nur ein Ohr hat!«
Der Ausbilder wird wütend. »Was ist mit euch beiden los? Na-
türlich sind nur ein Auge und ein Ohr zu sehen, schließlich ist es ein
Foto seines Profils. Ist das alles, was euch dazu einfällt?«
Frustriert und ohne viel Hoffnung zeigt er das Bild dem dritten
Sardar und fragt ihn mit inzwischen gereizter Stimme: »Das ist dein
Verdächtiger. Woran würdest du ihn wiedererkennen?«
Der Sardar schaut sich das Bild einen Moment lang aufmerksam
an und sagt: »Der Verdächtige trägt Kontaktlinsen.« Der Polizist ist
kurz ratlos, weil er nicht weiß, ob der Mann auf dem Bild Kontakt-
linsen trägt oder nicht.
»Nun, das ist eine interessante Antwort«, sagt er. »Warte hier,
ich überprüfe das in den Akten und komme dann zurück.«
Er verlässt den Raum, geht in sein Büro, checkt im Computer die
Akte des Verdächtigen und kehrt freudig lächelnd zu den Sardars
zurück.
»Wow! Ich kann es gar nicht fassen. Du hast Recht. Der Verdäch-
tige trägt in der Tat Kontaktlinsen. Gute Arbeit! Wie hast du es ge-
schafft, das so gut zu beobachten?«
»Das war leicht«, erwidert da der Sardar. »Der Verdächtige
kann keine Brille tragen, weil er ja nur ein Auge und ein Ohr hat.«
In der Umkleide eines Fitnessclubs ziehen sich drei Frauen um, als
die Tür aufgeht und ein bis auf eine über den Kopf gezogene Papier-
tüte splitternackter Mann durch den Raum sprintet. Die erste Frau
schaut auf seinen Schmede! und sagt: »Also, mein Mann ist das
nicht.« Die zweite: »Stimmt, ist er nicht.« Und die dritte:»Wie auch,
der Kerl ist ja nicht mal Mitglied dieses Clubs.«
ner Frau und seinem Sohn zusammen. Als Krönung fügt er dem
Ganzen noch eine Probe einer weiteren Körperflüssigkeit von sich
selbst hinzu, schüttelt das Gebräu kräftig und stellt es zusammen
mit einer weiteren Zehn-Dollar-Note vor die Höhle. Anschließend
ruft er seinen Freund an und sagt ihm, dass es ihm immer noch
nicht besser gehe und er deshalb eine weitere Probe für den Swami
vor die Höhle gestellt habe.
Am nächsten Tag kehrt Bill zur Höhle zurück und findet wiede-
rum eine Nachricht mit seinem Namen darauf. »Dein Leitungswas-
ser ist zu hart. Besorg dir einen Wasserenthärter. Dein Hund hat
Würmer. Gib ihm Vitamine. Dein Sohn ist kokainsüchtig er muss
schleunigst auf Entzug. Deine Frau ist schwanger mit Zwillingsmäd-
chen, aber nicht von dir. Nimm dir einen Anwalt. Und wenn du
nicht aufhörst, es dir dauernd selbst zu besorgen, wird das mit dem
Tennisellbogen niemals besser.«
Wunder!«, ruft sie aus. »Sie ist tief über den Stock gebeugt hinein-
gegangen, und seht sie euch nun an! Was hat der Arzt mit Ihnen
gemacht?«
Darauf die Alte: »Er hat mir einen längeren Stock gegeben.«
Zur Zeit des Passahfests sitzt ein Jude im Park und verzehrt seinen
Lunch. Ein Blinder setzt sich neben ihn, und der Jude bietet ihm ein
Stück von seinem Matzen (ungesäuertes Fladenbrot) an. Der Blinde
nimmt es, befingert es kurz und meint: »Na, so einen Mist habe ich
schon lange nicht mehr gelesen.«
Ein Mann geht mit seinem Hund in eine Bar und bestellt einen
Drink. Der Barkeeper weist ihn darauf hin, dass Hunde in der Bar
nicht erlaubt sind. Geistesgegenwärtig erwidert der Mann: »Das ist
mein Blindenhund.«
»Oh, das tut mir leid«, entschuldigt sich der Barkeeper. »Hier, der
erste Drink geht auf mich.«
Der Mann nimmt den Drink und geht zu einem Tisch in der
Nähe des Eingangs.
Die Tür geht auf, und noch ein Mann mit einem Hund kommt
E R K E N N T N I S T H E O R I E< < 3 — 83
herein. Der erste Mann winkt ihn zu sich• her und flüstert: »Du
kannst den Hund nur mit hereinbringen, wenn du ihm sagst, es sei
dein Blindenhund.«
Der zweite Mann bedankt sich, geht vor zur Bar und bestellt sich
einen Drink, worauf ihn der Barkeeper sofort auf das Hundeverbot
in der Bar hinweist.
»Aber das ist mein Blindenhund«, erwidert der Mann.
»Das glaube ich nicht«, gibt der Barkeeper zurück. »Chihuahuas
werden nicht als Blindenhunde eingesetzt.«
Der Mann zögert einen Moment, dann ruft er: »Was?!? Diese
Schufte haben mir einen Chihuahua angedreht?!?«
CSäO
— cs-c
Der Witz liegt darin, dass hier eine analytische a priori Lösung
für ein Problem gegeben wird, das einer synthetischen a poste-
riori Lösung bedarf. Die Frage n a c h einer todsicheren Methode,
ein h o h e s Alter zu erreichen, erfordert eindeutig konkrete In-
formationen über die Welt. »Welche Dinge sind es, die laut Er-
fahrung Langlebigkeit begünstigen?« Als Antwort erwarten wir
Ratschläge wie »Geben Sie das Rauchen auf« oder » N e h m e n Sie
täglich vor d e m Schlafengehen 4 0 0 mg Co-Enzym Q-10«. Die
Antwort hier aber ist eine analytische, ergänzt um eine Prise Ir-
relevanz in F o r m eines Fleischklopses, um u n s e r e n Verstand zu
vernebeln. »Wer ein h o h e s Alter erreichen will, sollte e i n h u n -
ERKENNTNISTHEORIE •O— 91
Der Mann sagt: »Okay, aber schauen Sie sich mal den Kragen
an! Wenn ich den Ellbogen beuge, rutscht der Kragen nach oben
und erwürgt mich fast.«
Der Schneider sagt: »Das macht gar nichts. Heben Sie einfach
den Kopf an, und legen Sie ihn in den Nacken.«
Der Mann sagt: »Aber jetzt sitzt die linke Schulter sieben Zenti-
meter unter der rechten Schulter.«
Der Schneider sagt: »Kein Problem. Knicken Sie in der Hüfte
leicht nach links, und schon sitzen sie wieder auf gleicher Höhe.«
Der Mann verlässt das Geschäft in dem Anzug, den rechten Ell-
bogen gebeugt und nach außen zeigend, den Kopf in die Höhe ge-
reckt und in den Nacken gelegt und mit stark nach links geneigtem
Oberkörper. Ergeht los, bringt in dieser Haltung aber nur ein unbe-
holfenes, spastisches Staksen zustande.
Just in dem Moment kommen zwei Männer vorbei.
»Schau dir den armen Krüppel an«, sagt der erste. »So etwas zu
sehen tut mir im Herzen weh.«
Darauf der zweite: »Ja, aber sein Schneider muss ein Genie sein!
Der Anzug sitzt perfekt!«
Kants Uhr
Kants Priorität galt der reinen Vernunft, u n d zwar so sehr,
dass er wenig Anlass dafür sah, zur Lösung von Erkennt-
nisproblemen auf persönliche Erfahrungen zurückzugrei-
fen. Ganz in diesem Sinne reiste er niemals weit über Kö-
nigsberg hinaus u n d führte ein einsiedlerisches Leben, das
stark von Gewohnheiten wie seinem allnachmittäglichen
Verdauungsspaziergang bestimmt war. Angeblich stellten
die Bürger von Königsberg ihre Uhren danach, wann sich
Professor Kant zu seinem täglichen Spaziergang dieselbe
Straße (die noch heute als Philosophengang bekannte Lin-
denallee) hinauf u n d hinunter begab.
Weniger bekannt (vielleicht, weil es womöglich erfun-
den ist) ist, dass auch der Küster des Königsberger Doms
den Gang der Kirchturmuhr anhand von Kants nachmit-
täglicher Promenade überprüfte, während Kant seinerseits
seine alltägliche Promenade nach dem Stand der Kirchturm-
uhr unternahm.
Hat da jemand etwas über die Verwechslung des Analy-
tischen mit dem Synthetischen gesagt? Kant wie auch der
9 4— < ? > PLATON UND SCHNABELTIER
Mathematische Philosophie
Zwei und zwei ist fünf, sagt ein Voohooni zu einem westlichen An-
thropologen.
Wie er darauf komme, will der Anthropologe wissen.
»Durch Zählen natürlich«, antwortet der Eingeborene. Zuerst
knote ich zwei Knoten in eine Schnur. Dann knote ich zwei Knoten
in eine andere Schnur. Füge ich dann die beiden Schnüre zusam-
men, habe ich fünf Knoten.«
Pragmatismus
Eine Frau kommt zur Polizei und meldet ihren Mann als vermisst.
Der Polizist bittet sie um eine Personenbeschreibung, und sie sagt:
»7,85 groß, muskulös und mit dichtem, lockigen Haar.«
»Hey«, ruft da ihre Freundin, die sie begleitet hat, »was erzählst
du da? Dein Mann ist höchstens 7.65, hat eine Glatze und einen ge-
waltigen Bierbauch.«
Darauf die Frau: »Ja, aber wer will den schon zurückhaben?«
»Meine Beste«, meldet sich der Polizist zu Wort, »wir möchten von
Ihnen eine Beschreibung, die mit dem Aussehen Ihres Ehemanns
übereinstimmt.«
Darauf die Frau: »Übereinstimmung! Pah! Die Wahrheit lässt
sich nicht allein anhand erkenntnistheoretischer Kriterien bestim-
men, da die Angemessenheit dieser Kriterien unmöglich unabhän-
gig von den angestrebten Zielen und jeweils vertretenen Werten be-
stimmt werden kann. Mit anderen Worten, wahr ist schlussendlich
das, was einen zufrieden stellt, und das hat mich mein Mann weiß
Gott noch nie.«
Phänomenologie
»Dr.Janet«, windet sich eine Patientin. »Ich habe ein sexuelles Pro-
blem. Mein Ehemann erregt mich überhaupt nicht.«
»Betrüblich«, antwortet Dr.Janet. »Ich werde gleich morgen eine
gründliche Untersuchung vornehmen. Bringen Sie bitte Ihren Mann
mit.«
Am nächsten Tag erscheint die Frau mit ihrem Mann in der Pra-
xis. »Mr. Thomas, ziehen Sie sich bitte komplett aus«, sagt die Ärz-
tin zu ihm. »Okay, und nun drehen Sie sich um. Und nun legen Sie
sich bitte hin. Aha, ich sehe schon. Cut, Sie können sich wieder an-
kleiden.«
Dr. Janet nimmt die Frau zur Seite. »Mit Ihnen ist alles in Ord-
nung«, sagt sie zu ihr. »Mich macht er auch nicht an.«
DIMITRI: »Ich habe über deine Frage nach der Bedeutung von
>gut< nachgedacht, u n d ich habe die Antwort gefunden -
>gut< ist es, nach gerechten Prinzipien zu handeln.«
TASSO: »Beim Zeus, Dimitri, du steckst voller Überraschun-
gen - sollte aus dir doch noch ein echter Philosoph werden?
Nur noch eine letzte Frage: Woher weißt du, was gerechte
Prinzipien sind?«
DIMITRI: »Na woher schon? Von meiner Mama, wie alle ande-
ren auch.«
TASSO (zur Seite): »Warum bekommt dieser Sokrates immer alle
Einser-Schüler?«
102 —<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Moses steigt mit den Gebotstafeln vom Berg Sinai herab, stellt sich
vor das Volk Israel und verkündet: »Ich habe eine gute und eine
schlechte Nachricht für euch. Die gute Nachricht lautet: Ich habe
IHN runtergehandelt auf zehn Gebote. Die schlechte: Der >Ehe-
bruch< ist immer noch drin.«
Platonische Tugend
»Der Staat ist ein vergrößertes Abbild der Seele«, schrieb Piaton
in seinem H a u p t w e r k Der Staat. Um die Tugenden des Einzel-
n e n zu diskutieren, schrieb er also einen Dialog ü b e r die Tu-
genden des idealen Staates. Z u m Herrscher dieses Staates setzte
Piaton einen Philosophenkönig ein, was seine große Beliebtheit
bei Philosophen zumindest mit erklären dürfte. Piatons Philo-
s o p h e n k ö n i g regiert den Staat, so wie die Vernunft die mensch-
1 0 4— < ? > PLATON UND SCHNABELTIER
Stoizismus
Die ethische Frage, die die Stoiker im vierten J a h r h u n d e r t vor
Chr. umtrieb, war, wie sie auf das übermächtige Gefühl des
Fatalismus reagieren sollten, das v o m Leben in einem strikt
kontrollierten Reich ausgelöst wurde. Da sie wenig an d e m än-
d e r n k o n n t e n , was in ihrem täglichen Leben geschah, beschlos-
sen sie, ihre Einstellung z u m Leben selbst zu ändern. Das war
der einzige Bereich, in d e m sie n o c h Macht über ihr eigenes
Leben hatten. Dazu entwickelten die Stoiker eine Strategie der
ETHIK 105
Utilitarismus
Mrs. Brevoort, eine etwas ältere Witwe, liegt am Pool ihres Country-
clubs, als ihr Blick auf einen gut aussehenden Mann fällt, der ein
Sonnenbad nimmt. Kurz entschlossen macht sie sich an ihn heran.
»Hallo«, sagt sie zu ihm. »Kann es sein, dass ich Sie schon einmal
hier gesehen habe?«
»Wohl kaum«, erwidert der Mann. »Ich habe 30 Jahre im Ge-
fängnis gesessen.«
»Tatsächlich? Und weshalb?«
»Ich habe meine Frau ermordet.«
»Ah!«, ruft Mrs. Brevoort aus. »Dann sind Sie also Single.«
Ein Sadist ist ein Masochist, der nach der Goldenen Regel handelt.
Tut nicht anderen das an, von dem ihr gerne hättet, dass sie es euch
antun; sie könnten andere Vorlieben haben.
ETHIK 111
CSC-
Man soll sich nicht auf eine Weise gegen andere betragen, die
einem selbst zuwider ist. Dies ist der Kern aller Moral.
Mahabharata
Füge anderen nicht Leid durch Taten zu, die dir selbst Leid
zufügen würden.
Dhammapada
112 PLATON UND SCHNABELTIER
Das Problem mit dem deutschen Essen ist, dass einen, egal wie viel
man davon vertilgt, eine Stunde später der Machthunger überfällt.
114 —^ PLATON UND SCHNABELTIER
Emotivismus
Ein reuiger Steuersünder schreibt ans Finanzamt: »Seit ich bei mei-
ner Steuererklärung geschummelt habe, kann ich nicht mehr schla-
fen. Ich habe mein zu versteuerndes Einkommen zu niedrig ange-
setzt und deshalb einen Scheck über 150 Dollar beigelegt. Falls ich
immer noch nicht schlafen kann, schicke ich Ihnen auch noch den
Rest.«
Angewandte Ethik
Ein junger Rabbiner ist so verrückt nach Golf dass er sich selbst an
jom Kippur, dem heiligsten Tag des Jahres, davonstiehlt, um schnelle
neun Löcher zu spielen.
Abschlag am letzten Loch: Der Rabbi zieht den Schläger durch,
der Ball steigt in die Höhe, wird von einer Windböe über das Loch
getragen und fällt direkt hinein. Ein Ass!
Ein Engel, der das Wunder mit angesehen hat, beschwert sich bei
Gott: »Dieser Kerl spielt Golf an Jom Kippur, und du verhilfst ihm zu
einem Hole-in-one? Soll das eine Strafe sein?«
»Aber sicher«, erwidert Gott grinsend. »Vor wem kann er schon
damit angeben?«
118 —^ PLATON UND SCHNABELTIER
Macbeth, Schottland
ETHIK <0— 119
Wie der Besuch bei seiner Mutter verlaufen sei, will der Psychothe-
rapeut von seinem Patienten wissen. »Ein einziges Fiasko«, erwidert
der Patient. »Mir ist ein furchtbarer Freudscher Versprecher unter-
laufen.«
»Echt?«, sagt der Therapeut. »Was haben Sie denn gesagt?«
»Nun, eigentlich wollte ich >Kannst du mir bitte das Salz rei-
chen?< sagen, tatsächlich gesagt habe ich jedoch: >Du Nutte! Du
hast mein Leben ruinierte!«
120 —^ PLATON UND SCHNABELTIER
Der Mann greift in seine Tasche und drückt dem Arzt den Inhalt
in die Hand.
»Aber das ist kein Penis, sondern eine Zigarre«, sagt der Arzt.
»Oh mein Gott!«, ruft der Mann. »Dann hab ich im Taxi meinen
Penis geraucht.«
Situationsethik
DIMITRI: »Ich weiß zwar immer noch nicht recht, was richtig
ist und was falsch, aber eines weiß ich sicher - eine wichtige
Aufgabe im Leben ist es, die Götter glücklich zu machen.«
T A S S O : »Zeus und Apollo zum Beispiel?«
D I M I T R I : »Genau. Oder meine persönliche Favoritin, Aphro-
dite.«
T A S S O : »Sie ist auch eine meiner Favoritinnen - falls es sie
gibt.«
D I M I T R I : »Falls es sie gibt? Du hütest besser deine Zunge,
Tasso. Ich habe schon erwachsene Männer gesehen, die für
derartige Worte vom Blitz erschlagen wurden.«
(5)
Religionsphilosophie
Den Gott, mit dem sich die Religionsphilosophen befassen,
würden die meisten wohl nicht wiedererkennen.
Er ist eher abstrakt nach Art der »Kraft« aus
»Krieg der Sterne« und nicht wie der himmlische Vater,
der nachts wacht und sich Sorgen um uns macht.
Eine ältere Christin tritt jeden Morgen vor ihre Haustür und ruft
laut: »Gepriesen sei Gott.«
Und jeden Morgen erwidert ihr atheistischer Nachbar: »Es gibt
keinen Gott!«
So geht es über Wochen. »Gepriesen sei Gott«, ruft die Dame.
»Es gibt keinen Gott«, erwidert der Nachbar.
Unterdessen gerät die Dame in finanzielle Schwierigkeiten und
weiß nicht mehr, womit sie ihr tägliches Brot kaufen soll. Sie geht
vor die Haustür, bittet Gott um ihr täglich Brot und ruft dann »Ge-
priesen sei Gott!«
Am nächsten Morgen tritt sie wie üblich vor die Haustür, und
wirklich liegen da die Lebensmittel, um die sie gebeten hatte. So-
gleich ruft sie wieder »Gepriesen sei Gott!«
128 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Da springt der Atheist hinter dem Gebüsch hervor und sagt: »Ha!
Ich habe die Lebensmittel gekauft. Es gibt nämlich keinen Gott!«
Die Dame schaut ihn lächelnd an und ruft: »Gepriesen sei Gott!
Denn du hast mir nicht nur Speise gegeben, sondern auch noch den
Satan gezwungen, sie zu bezahlen!«
Inspiriert von Pascals Pensées und mit 100000 Dollar Bargeld in der
Tasche geht eine ältere Dame in eine Bank und äußert den Wunsch,
ein Konto zu eröffnen. Der pflichtbewusste Bankangestellte fragt,
woher das Geld stamme.
»Bei Wetten gewonnen«, sagt die Dame. »Wetten sind meine
Spezialität.«
Neugierigfragt der Bankier: »Um was wetten Sie denn?«
»Ach, um alles mögliche«, antwortet sie. »Zum Beispiel wette ich
mit Ihnen um 25000 Dollar, dass Sie bis morgen Mittag einen tä-
towierten Schmetterling auf Ihrer rechten Hinterbacke haben wer-
den.«
»Die Wette gilt«, äußert der Bankier, »aber es wäre nicht recht
130—-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
von mir, Ihnen Ihr Geld mit einer so verrückten Wette abzuknöp-
fen.«
»Sagen wir mal so«, erwidert die Dame. »Wenn Sie nicht mit mir
wetten wollen, muss ich mir eben eine andere Bank suchen.«
»Moment, Moment«, beeilte sich der Bankier zu sagen. »Topp -
die Wette gilt.«
Am nächsten Tag Schlag zwölf kommt die Dame mit ihrem An-
walt als Zeugen wieder. Der Bankier dreht sich um, lässt die Hosen
herunter und fordert beide auf festzustellen, dass er die Wette ge-
wonnen habe. »Schön«, sagt die Dame, »aber könnten Sie sich zur
Begutachtung noch einmal bücken?«
Der Bankier tut wie geheißen, und die Dame gibt ihm Recht.
Dann holt sie die 25 000 Dollar in Banknoten aus ihrer Tasche.
Der Anwalt, den Kopf in die Hände gestützt, sitzt daneben.
»Was hat er denn?«, fragt der Bankier.
»Ach, er ist einfach nur ein schlechter Verlierer«, sagt die Dame.
»Ich habe mit ihm um 700000 Dollar gewettet, dass Sie uns in der
Bank Ihren Hintern zeigen.«
Ein Mann mit einem Pagagei auf der Schulter wohnt dem Gottes-
dienst am jüdischen Neujahrstag bei. Er wettet mit mehreren Got-
tesdienstbesuchern, dass der Papagei schöner psalmodieren könne
als der Kantor. Als es dann soweit ist, gibt der Papagei aber keinen
Ton von sich. Wieder daheim, schimpft der Mann mit seinem Papa-
RELIGIONSPHILOSOPHIE -O— 131
gei und beklagt die Wettverluste. Darauf sagt der Papagei: Ȇberleg
doch mal, du Trottel. Was für eine Gewinnmarge könnten wir am
Versöhnungsfest erzielen!«
Und sogleich kommt eine große Welle und schwemmt den klei-
nen Jungen - gesund und munter - wieder an den Strand.
Die Großmutter schaut zum Himmel hinauf und sagt: »Und wo
ist seine Mütze?«
Theologische Unterschiede
Während Religionsphilosophen sich mit den großen Fragen be-
fassen - als da sind: »Gibt es einen Gott?«, fangen Theologen,
vor allem in der Fastenzeit, eher kleinere Fische.
Zwei Frauen sitzen auf einer Bank. Nach einer Weile sagt die eine:
»OH«
Die andere stimmt ein: »OH«
Daraufsagte die erste: »Schön und gut. Aber jetzt genug von den
Kindern.«
Es war einmal ein Prinz, der wurde, ohne dass er etwas Böses ge-
tan hätte, von einer Hexe mit einem Zauberbann belegt. Wegen
dieses Zaubers konnte er nur ein Wort pro jähr sprechen. Allerdings
konnte er die Worte aufsparen, wenn er also in einem Jahr über-
haupt nicht sprach, durfte er im folgenden Jahr zwei Worte sagen.
Eines Tages begegnete ihm eine schöne Prinzessin, und sofort
138 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Bevor ich die Erleuchtung suchte, waren die Berge Berge und die
Flüsse Flüsse.
Während ich nach der Erleuchtung suchte, waren die Berge keine
Berge und die Flüsse keine Flüsse mehr.
Nachdem ich mein Satori erlebt habe, sind die Berge wieder
Berge und die Flüsse wieder Flüsse.
140 — P L A T O N UND SCHNABELTIER
Wir Menschen der westlichen Kultur können uns mit der Idee
anfreunden, dass die Erleuchtung nicht im Erreichen eines
transzendentalen Bewusstseins besteht. Was uns hingegen
Schwierigkeiten bereitet, ist der Gedanke, die Erleuchtung sei
gleichzeitig alltäglich und transzendental. Entweder hat man
einen Sinn für solche Dinge oder man hat ihn nicht, und die
meisten westlichen Menschen haben ihn nicht.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der alte
Schülerwitz, worin sich denn eine Ente unterscheide, nicht
ein westliches Koan sein könnte. Auch hier wird der Ver-
stand durch mangelnde Logik und Absurdität düpiert. Doch
nach den Reaktionen auf die Scherzfrage - und darin besteht
der Lackmustest, ob es sich um ein Koan handelt oder nicht -
kann die Antwort nur nein lauten. Schmunzeln, vielleicht ein
Kichern, aber nie und nimmer ein Satori.
Es mag ein kulturelles Problem sein. Die meisten Menschen
im Westen können sich nicht die östliche Geisteshaltung zu ei-
gen machen, dass man auf dem Weg zur Erleuchtung sei, wenn
man den Geist nicht auf etwas Bestimmtes konzentriert. Wo-
bei wir bei dem folgenden, ein wenig dümmlichen westlichen
Koan wären:
CÄJD
Die berühmtesten Zen-Rätsel wurden von Generation zu
Generation überliefert und gehören zum festen Bestand
der Zen-Literatur. So soll Hui-ning, der siebte Zen-Patri-
arch einmal gefragt haben: »Wie sah dein ursprüngliches
Gesicht aus, bevor du geboren wurdest?« Phil Jackson,
der Trainer der Los Angeles Lakers, tat seinem Beinamen
»der Zenmeister« alle Ehre, als er den Spruch beisteuerte:
»Wenn du Buddha triffst, spiel ihm den Ball zu.«
Der Verkäufer antwortet: »Nun, Sie werden das nur schwer glau-
ben, aber wir essen sie.«
»Wie?«, sagt der Außerirdische. »Sie essen troover?«
»Ja, probieren Sie doch mal einen.«
Der Außerirdische zögert erst, beißt dann aber doch hinein.
»Oh«, meint er, »mit ein bisschen Frischkäse wäre das gar nicht
übel.«
»Mein Großvater wusste auf das Jahr, den Tag und die Stunde
genau, wann ersterben würde.«
»Donnerwetter; was für eine erhabene Seele! Wie ist er dazu
gekommen?«
»Der Richter hat es ihm gesagt.«
Ein Mann liegt mit der Frau seines besten Freundes im Bett, als die
beiden plötzlich hören, wie das Auto des Ehemanns in die Einfahrt
biegt. Der Liebhaber versteckt sich im Wandschrank. Der Ehemann
betritt das Schlafzimmer, geht zum Wandschrank und will gerade
sein Jackett aufhängen, da sieht er seinen Freund nackt im Schrank.
»Lenny«, sagt er zu ihm, »was tust denn du hier?«
Lenny hebt die Schultern und antwortet:»Jeder muss schließlich
irgendwo sein.«
CJÜO
Jean-Paul Sartre schielte und war auch sonst kein schö-
ner Mann. Vielleicht war er deshalb perplex, als sein exis-
tenzialistischer Kamerad Albert Camus Sartres Idee der
menschlichen Freiheit noch weiter ausdehnte und be-
hauptete: »Ab einem bestimmten Alter ist jeder Mann für
sein Gesicht verantwortlich.« Merkwürdigerweise hatte
Camus große Ähnlichkeit mit Humphrey Bogart.
Wenn wir uns selbst lediglich als Wesen mit einer festen Iden-
tität sehen, dann leben wir nicht mehr eigentlich. Eine Art und
Weise, uns selbst wie Objekte zu sehen, besteht darin, uns mit
einer sozialen Rolle zu identifizieren. Das hält Sartre für mau-
vaisefoi oder Unwahrhaftigkeit. Und das ist schlecht.
Sartre beobachtet den Kellner im Café und kommt zu der
Erkenntnis, dass es zum Kellner-Sein gehört, so zu tun, als ob
man ein Kellner sei. Kellner lernen ihr Metier, indem sie den
Eindruck vermitteln, Kellner zu sein. Kellner gehen auf eine
bestimmte Weise, nehmen eine typische Haltung an, legen im
Umgang einen Punkt auf der Skala der Vertrautheit fest usw.
Das ist alles schön und gut, solange der Kellner sich bewusst
ist, dass er nur eine Rolle spielt. Wir kennen aber alle Kellner,
die wirklich glauben, sie seien Kellner, die darin ihr ganzes We-
sen sehen. Das aber ist tres mauvaisefoi!
»Haben Sie schon mal daran gedacht, eine Ente zu werden?«
EXISTENZIALISMUS <•>— 151
: —
Der Cartoon illustriert die Grenzen unserer Freiheit. Ein
Mensch kann zwar erwägen, sich den Zeugen Jehovas an-
zuschließen, aber kann er vernünftigerweise erwägen,
eine Ente zu werden?
Der Cartoon enthält noch ein weiteres existenzialistisches
Rätsel: »Was meinen die Enten wohl, wer sie sind?«
Abe und sein Freund Sol gehen spazieren. Vor einer katholischen
Kirche sehen sie ein Schild mit der Aufschrift: »1000 Dollar für je-
den, der konvertiert.« Sol will wissen, wie das gemeint ist, und geht
hinein. Abe wartet draußen. Stunden vergehen, bis Sol endlich wie-
der herauskommt
»Und?«, fragt Abe. »Was ist passiert?«
»Ich habe konvertiert«, sagt Sol.
»Mach keine Witze!«, sagt Abe. »Hast du die 1000 Dollar ge-
kriegt?«
Darauf Sol: »Denkt ihr denn immer bloß an Geld?«
(Das ist aber politisch nicht korrekt! Wir sind eben Philosophen.
Sie können uns ja anzeigen ...) Andererseits zeugt es auch von
Unwahrhaftigkeit, wenn wir so tun, als verfügten wir über un-
begrenzte Möglichkeiten bei der Ausübung unserer Freiheit.
Zwei Kühe stehen auf der Weide. Sagt die eine zur anderen: »Wie
denkst du über BSE (Rinderwahnsinn)?«
»Was kümmert mich das?«, sagt die andere. »Ich bin ein Hub-
schrauber.«
Drei Freunde kommen bei einem Autounfall ums Leben. Bei der
Orientierungssitzung im Himmel fragt sie der himmlische Organi-
sator, welche Worte sie gern über ihre Person hören würden, wenn
Verwandte und Freunde sie im Sarg liegen sehen.
Der erste Freund: »Ich hoffe, man wird von mir sagen, dass ich
ein großartiger Arzt und ein guter Familienvater war.«
Der zweite Freund: »Ich hoffe, die Leute werden von mir sagen,
dass ich als Lehrer das Leben der Schüler nachhaltig geprägt habe.«
Der dritte Freund: »Ich würde gern hören, dass einer der Hinter-
bliebenen sagt: >Guck mal, der bewegt sich ja noch!<«
Für Heidegger ist leben im Schatten des Todes nicht nur mu-
tiger, sondern sogar die einzig authentische Art zu leben, denn
jederzeit könnte unser letztes Stündlein schlagen.
darauf sagte, dass ich Sie für solch einen Maler halte, hat er alle Bil-
der von Ihnen aufgekauft.
Kunstmaler: »Wow! Und die schlechte Nachricht?«
Galerist: »Der Mann war Ihr Arzt.«
Bisweilen hören wir aber auch Geschichten, bei denen der oder
die Betreffende der Existenzangst ins Antlitz zu blicken wagt
und auch noch darüber lacht.
Gilda Radner hatte die Kraft, nachdem bei ihr Krebs im End-
stadium diagnostiziert worden war, vor Publikum folgenden
Witz zu erzählen.
TASSO : »Worüber lachst du? Ich rede hier von der Todesangst,
das ist nicht zum Lachen.«
D I M I T R I : » E S gibt Schlimmeres als den Tod.«
T A S S O : »Schlimmeres als den Tod, ja was denn?«
D I M I T R I : »Plast du schon einmal einen Abend mit Pythagoras
verbracht?«
CD
Sprachphilosophie
Als der frühere US-Präsident Bill Clinton auf eine Frage
des Ermittlers in der Lewinsky-Affäre antwortete: »Es hängt
davon ab, wie Sie >ist< definieren«, trieb er Sprachphilosophie.
Womöglich hat er auch noch andere Sachen getrieben.
Ein jung vermähltes Paar zieht in eine neue Wohnung ein und
möchte das Esszimmer neu tapezieren. Sie klopfen beim Nachbarn
S P R A C H P H I L O S O P H I E« O — 161
an, dessen Esszimmer genau die gleichen Maße wie ihres hat, und
fragen ihn. »Wie viele Rollen haben Sie für das Tapezieren Ihres Ess-
zimmers gekauft?«
»Sieben«, ist die Antwort.
Das Paar kauft sieben Rollen teurer Tapete und macht sich so-
gleich ans Tapezieren. Als sie die vierte Rolle aufgebraucht haben, ist
das Zimmer schon fertig tapeziert. Verärgert gehen sie zum Nach-
barn und sagen ihm:»Wir haben Ihren Rat befolgt, und jetzt haben
wir drei Rollen Tapete übrig!«
»Aha«, sagt der Nachbar, »es ist Ihnen also genauso ergangen.«
»Freddy, ich hoffe, du lebst hundert jähre und noch drei Monate
zusätzlich.«
»Danke, Alex. Aber wozu die drei Monate zusätzlich?«
»Ich wünsche dir nicht, Knall und Fall zu sterben.«
Wenn Sie meinen, Alex sei durch Sprache verhext, dann schau-
en Sie sich Garwood in der folgenden Geschichte an:
Garwood geht zum Psychiater und jammert, weil er keine Freundin
findet.
»Das wundert mich nicht«, sagt der Psychiater, »Sie riechen
fürchterlich!«
»Da haben Sie Recht«, erwidert Garwood. »Aber das liegt an
meinem Job. Ich arbeite im Zirkus, wo ich hinter den Elefanten her-
laufe und ihren Kot einsammle. Ich kann mich so oft waschen wie
ich will, ich werde den Gestank nicht los.«
»Dann suchen Sie sich doch einen anderen Job«, schlägt der Psy-
chiater vor.
»Sind Sie verrückt?«, entrüstet sich Garwood. »Ich soll das Show-
business verlassen?«
Tommy geht zur Beichte und sagt zum Priester: »Vater, vergebt mir,
ich habe gesündigt. Ich habe mich mit einer liederlichen Frau ein-
gelassen.«
»Bist du es, Tommy?«, fragt der Priester.
»Ja, Vater.«
SPRACHPHILOSOPHIE «O— 165
Ein Mann geht in den Beichtstuhl und sagt zum Priester: »Vater, ich
bin zweiundsiebzig Jahre alt und habe vergangene Nacht Sex mit
zwei zwanzigjährigen Frauen gehabt und das gleichzeitig.«
Darauf erkundigt sich der Priester:»Wann sind Sie das letzte Mal
zur Beichte gegangen?«
Der Mann sagt: »Ich bin vorher noch nie zur Beichte gegangen,
Vater, ich bin Jude.«
Fragt der Priester: »Warum erzählen Sie es mir dann?«
Antwortet der Mann: »Weil ich es allen erzähle!«
166 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Viele Witze dieser Art beruhen auf der Möglichkeit, sie ä double
entente (doppeldeutig) zu lesen, d. h. der Satz hat eine ganz an-
dere Bedeutung, wenn er in einem anderen Sprachspiel situiert
wird. Tatsächlich ist es der frisson zwischen zwei verschiedenen
Sprachspielen, der das Gelächter auslöst.
In einer Bar tritt ein Klavierspieler mit einem Affen auf. Nach je-
der Musiknummer geht der Affe bei den Gästen Geld sammeln.
Während der Pianist spielt, springt der Affe auf den Tresen, geht
zu einem Gast und hockt sich über dessen Glas. Der Mann ist ver-
ärgert, geht zu dem Pianisten hinüber und baut sich vor ihm auf:
»Hey, Ihr Affe hängt seine Eier in meinen Martini! Haben Sie diese
Nummer denn einstudiert?«
Der Pianist antwortet versonnen: »Nein, aber summen Sie mir
mal ein paar Takte vor, dann kann ich es bestimmt nachspielen.«
cssp
Wir haben hier eine betrübliche Diskussion zwischen
Wittgenstein und einer eher konservativen Philosophin,
wie an ihrer klassischen Perlenhalskette zu erkennen ist.
Man beachte, dass für die konservative Denkerin die Be-
deutung der Sätze »Ich liebe Sie« bzw. »Ich liebe dich«
identisch ist.
Wittgenstein hingegen hält es für nötig darauf hinzuwei-
sen, dass die Bedeutung eines Wortes sein Gebrauch in
der Sprache sei. Da die Sätze »Ich liebe Sie« und »Ich
liebe dich« in gesprochener Sprache ganz unterschiedlich
gebraucht werden, haben sie auch ganz verschiedene Be-
deutungen und schließen ganz andere soziale Verbind-
lichkeiten ein.
Ein Pfarrer der anglikanischen Kirche erhält Besuch von einem Ge-
meindemitglied. »Hochwürden«, sagt der Gast, »ich habe neulich
einen amüsanten Limerick gehört, der Ihnen auch gefallen könnte.
Allerdings muss Ich Sie warnen, er ist ein bisschen frivol.«
»Oh, das macht nichts«, sagt der Pfarrer, »ich habe nichts gegen
ein bisschen Frivolität hin und wieder.«
170 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
sitzen. Erfragte sie, was sie hier mache und warum sie nicht zu sei-
ner Party gekommen sei.
»Ich habe deine Wohnung nicht gefunden«, sagte sie.
»Ja, warum hast du nicht den Portier gefragt?«
»Das war auch mein Gedanke«, sagte die Mutter, »aber ehrlich
gesagt, ich habe deinen Namen vergessen.«
Frank, oder wie seine Mutter sagen würde, Myron, hat den
Überlieferungszusammenhang von »Myron« unterbrochen.
QUIZFRAGE
Welche Theorie der Eigennamen (Russells oder Kripke)
liegt folgendem Witz zugrunde?
Ein junger Mann wurde nach einem Schiffbruch auf eine ein-
same Insel verschlagen. Eines Tages schwamm jemand auf
seine Insel zu, und wie sich herausstellte, war es niemand an-
deres als die Filmschauspielerin Halle Berry. Schon nach weni-
gen Stunden waren die beiden ein Paar. Leidenschaftliche Wo-
chen folgten. Dann sagte der junge Mann eines Tages: »Halle,
würdest du mir einen Gefallen tun?«
»Was du willst«, antwortete die rassige Frau.
»Spitze. Würdest du dir die Haare ganz kurz schneiden, und
dürfte ich dich dann Ted nennen?«
»Oh, das klingt aber irgendwie schräg«, sagte Halle.
»Ach tu mir doch den Gefallen, bitte, bitte.«
»Na gut«, willigte Halle ein.
SPRACHPHILOSOPHIE «O— 173
Fuzzy-Philosophie
In der Linguistik und in der Computerwissenschaft wird heut-
zutage mit einem Konzept gearbeitet, das den trügerisch ba-
nalen Begriff der »Vagheit« trägt. Unter dem Begriff der Vagheit
verstehen zeitgenössische Philosophen, die sich Fuzzy-Logiker
nennen (ehrlich!), eine Qualität, die, statt eindeutig wahr oder
falsch zu sein, mit einem bestimmten Wahrheitswert auf einer
Skala von eins bis zehn umschrieben werden kann. »Der Mann
ist kahlköpfig« wäre eine Aussage, die auf beliebig viele Per-
sonen, angefangen von Michael Jordan bis Matt Lauer, zutref-
fen könnte. Im Hinblick auf Matt wäre die Aussage vielleicht
zu vage.
Einige Philosophen haben in der Vagheit einen durchgän-
gigen Defekt der natürlichen Sprachen, ganz gleich ob Schwe-
disch oder Suaheli, gesehen und für die Konstruktion einer
künstlichen Sprache nach dem Vorbild der Mathematik plä-
diert. So könnten alle Ungenauigkeiten der Sprache ausgemerzt
werden.
In der folgenden Geschichte verbindet der Museumswärter
die Ungenauigkeit der natürlichen Sprache mit der Präzision
der mathematischen Sprache. Das Ergebnis ist entsprechend:
174 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
VAGHEIT ALLERORTEN!
Eine wahre Begebenheit
Guy Goma saß in einem Wartezimmer der BBC und hielt
sich für ein Bewerbungsgespräch bereit für eine Anstel-
lung in der Abteilung Datenerfassung. Plötzlich kam ein
Fernsehproduzent in den Raum und fragte: »Sind Sie
etwa Guy Kewney!«
Mister Goma, ein gebürtiger Kongolese, war mit den Fein-
heiten der englischen Sprache noch nicht so vertraut und
antwortete: »Ja.«
Der Produzent führte ihn in ein Studio, wo der Moderator
176 — P L A T O N UND SCHNABELTIER
Der Naturzustand
Die Staatsphilosophen des 17. und 18. Jahrhunderts wie Tho-
mas Hobbes, John Locke und Jean-Jacques Rousseau führten
den Anstoß zur Bildung einer staatlichen Lenkung auf die Un-
sicherheit zurück, als die Menschen noch im Naturzustand
lebten. Diese Denker sprachen nicht von den Gefahren des Le-
bens in freier Wildnis, sie sprachen vielmehr von der Gesetz-
losigkeit, also von den Risiken in Straßenverkehr, von Proble-
men mit lauten Nachbarn, von Frauenraub und dergleichen.
Wegen solcher Übelstände schlossen sich Männer und Frauen
zu souveränen Staaten zusammen. Die Einschränkung indivi-
dueller Freiheiten wurde im Austausch für die Vorteile des Le-
bens in staatlicher Gemeinschaft hingenommen.
heute, wo viele von uns wieder mit dem wilden Mann bzw. der
wilden Frau in uns in Verbindung treten wollen.
Eine Frau verklagt einen Mann wegen Beleidigung er soll sie eine
Sau genannt haben. Der Mann wird für schuldig befunden und zu
einer Geldstrafe verurteilt. Nach der Gerichtsverhandlung fragt er
den Richter: »Heißt das nun, dass ich Ms. Harding nicht mehr mit
dem Ausdruck Sau belegen darf?«
»So ist es«, bestätigt der Richter.
»Heißt das auch, dass ich eine Sau nicht Ms. Harding nennen
darf?«
»Nein«, sagt der Richter. »Es steht Ihnen frei, eine Sau Ms. Har-
ding zu nennen. Daran ist nichts Strafbares.«
Daraufhin schaut der Mann Ms. Harding in die Augen und sagt:
»Guten Tag, Ms. Harding.«
Doch halt. Könnte es sein, dass wir selbst auf einen Scherz
hereingefallen sind? Einige Historiker meinen nämlich,
Machiavelli habe uns auf den Arm genommen, indem
er vorgab, das Böse zu empfehlen, obwohl er tatsächlich
für die traditionellen Tugenden eintrat. Hat Machiavelli
am Ende nur eine Satire über den Despotismus geschrie-
ben? In seinem Essay »The Prince: Political Science or
Political Satire?« vertritt der Historiker Garrett Mattingly
die These, Machiavelli sei zu Unrecht in Verruf geraten.
Die Behauptung, dieses schmale Buch [Der Fürst] sei als
ernsthafte wissenschaftliche Abhandlung über die Staats-
kunst gedacht, steht im Widerspruch zu allem, was wir
über Machiavellis Leben, über seine sonstigen Schriften
und über die Geschichte seiner Zeit wissen.«
Anders gesagt, Mattingly meint, Machiavelli sei ein Schaf
im Wölfspelz gewesen.
186 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Feminismus
Die folgende Scherzfrage hat jahrzehntelang Menschen ins
Grübeln gebracht:
Ein Mann muss mit anschauen, wie sein Sohn mit dem Fahrrad ver-
unglückt. Er hebt den Jungen von der Straße auf und legt ihn auf die
Rückbank seines Autos. Dann rast er mit ihm in die nächste Not-
aufnahme. Als der Junge in den OP geschoben wird, ruft eine weiß-
bekittelte Gestalt aus: »Um Gottes willen, das ist ja mein Sohn!«
Wie ist das möglich?
Ein Mann hat ein Verhältnis mit drei Frauen und kann sich nicht
entscheiden, welche er heiraten soll. Er gibt jeder 5000 Dollar und
beobachtet, was sie mit dem Geld anfangen.
Die erste verjubelt das Geld munter. Sie geht in einen Schönheits-
salon, lässt sich die Haare und die Fingernägel richten und ein tolles
Make-up auflegen. Dann kauft sie sich diverse neue Kleider. Sie sagt
ihm anschließend, sie habe das nur getan, um attraktiver für ihn zu
sein, weil sie ihn so sehr liebe.
Die zweite kauft dem Mann mehrere Geschenke. Er bekommt
von ihr ein paar neue Golfschläger, ein Accessoire für seinen Com-
puter und ein paar teure Kleidungsstücke. Sie sagt, das ganze Geld
nur für ihn ausgegeben zu haben, weil sie ihn so sehr liebe.
Die dritte investiert das Geld am Aktienmarkt. Sie erzielt ein
Mehrfaches der ursprünglichen Summe. Sie gibt ihm die 5000 Dol-
lar zurück und legt das übrige Geld auf ein gemeinsames Konto. Sie
sagt ihm, sie investiere in eine gemeinsame Zukunft, weil sie ihn so
sehr liebe.
Für welche Frau wird sich der Mann entscheiden?
Antwort: Für die mit den größten Möpsen.
190 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
C30
QUIZFRAGE
Ist das ein anti-feministischer Witz oder ein anti-chauvi-
nistischer Witz? Diskutieren Sie darüber mit ihren Freun-
den und Freundinnen.
Als Antwort auf die Welle der politisch inkorrekten Witze kam
eine neue Generation von Witzen, die wie ein typischer chau-
vinistischer Witz alter Art beginnen, dann aber mit einer Volte
am Schluss der Frau den Sieg bescheren.
Moral: Nicht alle Blondinen sind dumm, aber alle Männer sind
Männer.
Hier ein weiteres Beispiel für das neofeministische Genre:
S O Z I A L -U N DS T A A T S P H I L O S O P H I E< 0 — 193
Wirtschaftsphilosphie
Gleich im ersten Satz seines klassischen Werks über Theoreti-
ker der Wirtschaft The Worldly Philosophers gibt der Verfasser
Robert Heilbroner zu, dieses Buch handele von ein paar Män-
nern mit einem merkwürdigen Anspruch auf Ruhm. In der Tat,
sogar die Nationalökonomie hat ihre Philosophen.
194—-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Ein Mann kommt in eine Bank und sagt, er wolle ein Darlehen von
200 Dollar für eine Laufzeit von sechs Monaten. Der Bankange-
stelltefragt ihn nach einer Sicherheit.
Der Mann sagt: »Ich habe einen Rolls Royce. Er steht im Park-
haus Ihrer Bank. Hier ist der Zündschlüssel. Behalten Sie ihn, bis das
Darlehen zurückgezahlt ist.«
Nach sechs Monaten kommt der Mann wieder in die Bank, be-
zahlt die 200 Dollar plus 70 Dollar Zinsen und nimmt die Schlüssel
für seinen Rolls in Empfang.
Der Angestellte kann sich eine Nachfrage nicht verkneifen. »Darf
ich fragen, warum ein Mann, der einen Rolls Royce besitzt, ein Dar-
lehen über 200 Dollar braucht?«
Darauf antwortet der Mann: »Ich musste für ein halbes Jahr
nach Europa, und wo sonst hätte ich meinen Rolls für zehn Dollar
so lange parken können?«
Ja, meine Süße, Mama muss ihre Hände pflegen, falls sie doch mal
wieder als Gehirnchirurgin arbeitet.
196—-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Jean-Paul, ein Gajun, zieht nach Texas um und kauft dort von einem
alten Farmer einen Esel zum Preis von 100 Dollar. Der Farmer ist be-
reit, den Esel am nächsten Tag zu liefern.
SOZIAL- UND STAATSPHILOSOPHIE <0— 197
kennt, dass die Untertasse ein sehr altes, kostbares Stück ist. Da-
raufhin betritt er lässig den Laden und macht das Angebot, die
Katze für zwei Dollar zu kaufen.
Der Ladenbesitzer antwortet: »Tut mir leid, aber die Katze ver-
kaufe ich nicht.«
Der Kunstsammler macht darauf ein neues Angebot. »Bitte, ich
brauche eine hungrige Katze, die mir die Mäuse im Haus fängt. Ich
biete Ihnen zwanzig Dollar für die Katze.«
Der Ladenbesitzer willigt ein. »Abgemacht. Hier haben Sie die
Katze.«
Der Kunstsammler ist damit noch nicht fertig. »Also für die
zwanzig Dollar könnten Sie mir ruhig auch die alte Untertasse über-
lassen. Die Katze ist an sie gewöhnt, und mir würde es die Mühe
ersparen, eine Schüssel zu besorgen.«
Der Ladenbesitzer sagt: »Das geht nicht, mein Herr. Die Un-
tertasse ist nämlich mein Glücksbringer. Bis heute habe ich schon
achtunddreißig Katzen verkauft.«
José: »Die Welt ist doch verrückt! Die Reichen, die bar bezahlen
könnten, zahlen mit Kreditkarten. Die Armen, die keinen Cent in der
Tasche haben, müssen bar bezahlen. Müsste das nach Marx nicht
genau anders herum sein? Die Armen sollten das Recht haben, auf
Kredit zu kaufen, und die Reichen sollten bar zahlen.«
Manuel: »Aber dann würden die Ladenbesitzer, die den Armen
Kredit gewähren, ja bald selbst arm werden.«
José: »Umso besser! Dann könnten sie auch auf Kredit kaufen!«
QUIZFRAGE
Welcher Marx ist der größere Anarchist? Karl, der pro-
phezeit hat: »Es ist unvermeidlich, dass die unterdrückte
Klasse sich erhebt und ihre Ketten abwirft.« Oder Grou-
cho mit seiner Behauptung: »Außer einem Hund ist ein
Buch der beste Freund des Menschen. In einem Hund ist
es zu dunkel zum Lesen.«
2 0 0— - < ? > PLATON UND SCHNABELTIER
»Das kann ich verstehen«, sagt die Chefin, »aber Thérèse arbei-
tet schon viel länger hier. Sie hat Priorität.«
Mr. Fenwood hat eine Kuh, aber keine Weidefläche. Er geht zu sei-
nem Nachbarn Mr. Potter und bietet ihm zwanzig Dollar monatlich
dafür, dass die Kuh auf Potters Weide bleiben darf. Potter ist einver-
standen. Monate vergehen, die Kuh bleibt auf Mr. Potters Weide,
ohne dass Mr. Fenwood auch nur einen Dollar an Mr. Potter ge-
zahlt hätte. Am Ende besucht Mr. Potter seinen Nachbarn Mr. Fen-
wood und sagt: »Ich weiß, dass Sie finanziell zu kämpfen haben. Ich
schlage Ihnen daher einen Handel vor. Die Kuh ist jetzt zehn Mo-
nate lang auf meiner Weide, also schulden Sie mir 200 Dollar. Das
dürfte der Betrag sein, den die Kuh wert ist. Wie wäre es, ich behalte
sie ganz, und wir sind quitt?«
Fenwood denkt eine Weile nach und sagt dann: »Behalten Sie sie
noch einen Monat auf der Weide, dann schlage ich ein!«
202 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
Rechtsphilosophie
In der Rechtsphilosophie wird prinzipiellen Fragen wie »Wel-
chen Zweck haben eigentlich Gesetze?« nachgegangen.
Hierzu sind verschiedene grundlegende Theorien entwickelt
worden. Nach der »Tugendethik«, einem Ableger der Ethik des
Aristoteles, sollen Gesetze die Herausbildung eines tugend-
haften Charakters fördern. Verfechter der Tugendethik könnten
vorbringen, dass der Zweck eines Gesetzes zum Schutz der öf-
fentlichen Sitten (Verbot des Urinierens in der Öffentlichkeit)
darin bestehe, auf einen höheren sittlichen Maßstab in allen
gesellschaftlichen Gruppen, vor allem aber unter den wilden
Pinklern, zu drängen (freilich könnten Letztgenannte darin an-
derer Meinung sein.)
Nach der Pflichtethik, die von Immanuel Kant entwickelt
wurde, besteht der Zweck der Gesetze darin, moralische Pflich-
ten zu definieren. Für die Pflichtethiker betont ein Verbot des
öffentlichen Urinierens die Pflicht jedes einzelnen Bürgers, auf
die Empfindlichkeiten seiner Mitmenschen Rücksicht zu neh-
men.
Jeremy Bentham, ein utilitaristischer Denker des 19. Jahr-
hunderts, war der Meinung, der Zweck der Gesetze bestehe
darin, »das größte Glück für die größte Zahl« zu erreichen. Uti-
litaristen könnten argumentieren, ein Verbot des öffentlichen
Urinierens bringe mehr positive Folgen für die Mehrheit der
Bevölkerung als negative Folgen für die kleine Schar der wilden
Pinkler, die sich eben in ihren angestammten Gewohnheiten
einschränken müssten.
SOZIAL- UND STAATSPHILOSOPHIE <0— 203
Ein Mann wartet im Verkehrsgericht den ganzen Tag lang auf die
Verhandlung seines Falls. Als er endlich an die Reihe kommt, teilt
ihm der Richter lediglich mit, dass der Gerichtstag zu Ende sei und
er morgen wiederkommen solle. Empört bellt ihn der Mann an:
»Was soll das, verdammt noch mal.«
2 0 4— - < ? > PLATON UND SCHNABELTIER
Darauf erwidert die Frau: »Aber Sheriff ich angle doch gar
nicht.«
Darauf der Sheriff: »Madam, Sie haben die nötige Ausrüstung
dabei. Ich muss Sie deshalb aufs Revier mitnehmen.«
Die Frau ließ sich nicht beeindrucken:»Wenn Sie das tun, Sheriff,
verklage ich Sie wegen Vergewaltigung.«
»Aber ich habe Sie doch nicht einmal berührt«, protestiert der
Sheriff.
»Stimmt«, sagt die Frau, »aber Sie haben die nötige Ausrüstung
dabei.«
Ein Richter bestellt die Anwälte der beiden Parteien in sein Dienst-
zimmer und sagt:»Der Grund, weshalb ich Sie zu mir gerufen habe,
ist, dass sie mich beide bestochen haben.« Die beiden Rechtsan-
wälte rutschen unruhig auf ihren Stühlen hin und her. »Alan, Sie ha-
ben mir 75 000 Dollar gegeben und Phil, von Ihnen habe ich 10000
Dollar bekommen.«
Der Richter gibt Alan darauf einen Scheck über 5000 Dollar und
sagt: »Jetzt haben wir Gleichstand, und ich kann den Fall ohne je-
den Einfluss von außen entscheiden.«
DIMITRI : »Du hast mich auf Gedanken gebracht, Tasso. Ich be-
werbe mich zum Hüter der öffentlichen Sitten. Kann ich auf
deine Stimme zählen?«
T A S S O : »Selbstverständlich, mein Lieber. Aber nur solange die
Wahl geheim ist.«
Relativität
Was sollen wir dazu sagen?
Mit diesem Begriff verbindet jeder etwas anderes.
Relative Wahrheit
Ist die Wahrheit relativ oder absolut?
Dem taoistischen Philosophen Chuang Tzu träumte einst, er
sei ein Schmetterling. Als er aufwachte, fragte er sich, ob er ein
Schmetterling sei, der nun träumte, er sei Chuang Tzu.
In der neuzeitlichen westlichen Kultur haben sich die Philo-
sophen ausgiebig mit der Frage der Relativität des Wissens im
Verhältnis zum Wissenden beschäftigt. Wie wir bereits gesehen
haben, verstieg sich George Berkeley zu der Behauptung, »phy-
sische Gegenstände« existierten nur in Bezug auf den mensch-
lichen Geist.
rjägp
Im 20. Jahrhundert experimentierte ein Harvard-Profes-
sor mit bewusstseinserweiternden Drogen und war fas-
ziniert von der Relativität seiner Erkenntnisse. Wir reden
hier nicht von Timothy Leary. Lange vor diesem war es
William James. Nach dem Inhalieren von Lachgas meinte
James, er sehe die Einheit aller Dinge, doch kaum ließ
die Wirkung der Droge nach, konnte er sich nicht mehr
an seine kosmischen Einsichten erinnern. Beim nächsten
Selbstversuch mit Lachgas band er sich einen Bleistift an
die Hand und legte sein Laborbuch offen vor sich hin.
Tatsächlich kam ihm wieder eine geniale Idee, und dies-
mal machte er sich Notizen. Wieder nüchtern, las er, wel-
che bahnbrechende philosophische Einsicht er notiert
hatte: »Alles riecht irgendwie nach Petroleum.«
R E L A T I V I T Ä T• O — 211
Es klopft an der Tür, doch als die Hausfrau aufmacht, ist es nur eine
Schnecke. Sie hebt sie auf und wirft sie in den Garten. Zwei Wochen
später klopft es wieder an der Tür. Die Frau macht auf, und wieder
sieht sie die Schnecke. Diese fragt sie: »Worum ging es eigentlich?«
Ein Mann spricht zu Gott: »Lieber Gott, ich würde dir gern eine
Frage stellen.«
Gott antwortet: »Warum nicht. Stelle nur deine Frage.«
»Ist es eigentlich wahr, dass eine Million Jahre für dich nur eine
Sekunde sind?«
»Ja, das ist wahr.«
»Gut, und was sind dann eine Million Dollar für dich?«
»Eine Million Dollar sind für mich nur ein Cent.«
»Aha«, sagt der Mann, »könnte ich dann einen Cent von dir
haben?«
»Gewiss«, antwortet Gott, »warte eine Sekunde.«
Ein Franzose tritt in eine Bar. Aufseiner Schulter sitzt ein Papagei In
einem Smoking. Der Barmann ruft erstaunt: »Wow! Das ist ja toll.
Wo kriegt man denn so was?«
Darauf der Papagei: »In Frankreich. Dort gibt es Millionen sol-
cher Typen.«
Pat: »Mike, ich rufe dich von der Autobahn mit meinem neuen
Handy an.«
Mike: »Sei vorsichtig Pat. Gerade kam im Radio eine Durchsage,
dass ein Geisterfahrer in der falschen Richtungfährt.«
Pat: »Ein Geisterfahrer? Unsinn, das sind hunderte.«
Vom Standpunkt der reinen Vernunft hat Pat genauso recht wie
der Mann der Radiodurchsage. Aus seiner Sicht fahren alle an-
deren in die falsche Richtung. Warum nehmen wir es aber als
Witz und nicht als Kollision zweier Standpunkte? Wegen Fou-
caults Auffassung, nach der es letztlich der Staat ist, der die
richtige Richtung festlegt.
Ein anderer Punkt, der die Philosophen seit Piaton beschäf-
tigt hat, ist der Unterschied zwischen weltlichen und ewigen
Werten. Und auch hier rückt ein Witz die Dinge zurecht:
Ein reicher Mann war dem Sterben nahe. Das bekümmerte ihn
sehr, denn er hatte hart für sein Geld gearbeitet und hätte nur zu
gern seinen Reichtum mit in den Himmel genommen. Deshalb be-
tete er darum, einen Teil seines Vermögens bei sich zu behalten.
Ein Engel, der sein Gebet gehört hatte, erschien vor ihm. »Es tut
mir leid, aber du kannst deinen Reichtum nicht mitnehmen.«
Der Mann flehte daraufhin den Engel an, doch Gott um eine
Ausnahmeregelung zu bitten.
Bald darauf erschien ihm der Engel wieder und berichtete, Gott
mache tatsächlich eine Ausnahme und erlaube ihm, einen Koffer
mitzubringen. Überglücklich wählte der Mann seinen größten Kof-
fer, füllte ihn mit Goldbarren und stellte ihn neben sein Bett.
RELATIVITÄT •O— 217
Nach seinem Tod kam der Mann an die Himmelspforte. Als Pe-
trus den Koffer erblickte, sagte er: »Halt! Damit kommst du aber
nicht hier herein!«
Doch der Mann erklärte Petrus, dass er eine Erlaubnis erhalten
habe. Wenn er wolle, könne er sich seine Aussage von Gott persön-
lich bestätigen lassen. Tatsächlich kehrte Petrus nach einer Weile
zurück und sagte: »Du hast die Wahrheit gesagt. Du darfst einen
Reisekojfer mitbringen, aber ich soll den Inhalt überprüfen, ehe ich
dich durchlasse.«
Petrus öffnete den Koffer und nahm in Augenschein, was der
Mann für so wertvoll hielt, dass er sich nicht davon trennen wollte.
»Na sowas«, rief Petrus erstaunt: »Du hast Pflastersteine mitge-
bracht?«
Absolute Relativität
Viele philosophische Irrtümer rühren daher, dass subjektive
Wahrheiten für absolute ausgegeben werden. So hielt Thomas
Jefferson, darin eine Idee des englischen Philosophen John Lo-
cke aufgreifend, das Recht zu leben, die Freiheit und das Stre-
ben nach Glück für »selbstverständlich«, vermutlich weil er
dachte, dies wären universelle und überzeitliche Werte. Doch
das ist nicht selbstverständlich für Angehörige einer anderen
Kultur, wie zum Beispiel für einen radikalen Muslim, der der
Auffassung ist, dass gerade das Streben nach Glück charakteris-
tisch für einen Ungläubigen ist.
Auch das Gegenteil kommt vor, also dass eine absolute
Wahrheit fälschlicherweise für eine relative gehalten wird.
218 —-<?> PLATON UND SCHNABELTIER
»Aber wenn Sie einen hätten, würde er wohl gerne Kohl essen?«
—— CSC
Der zeitgenössische Philosoph William Vallicella schreibt:
»Metaphilosophie ist die Philosophie der Philosophie.
Darin ist sie selbst ein Zweig der Philosophie, anders als
die Philosophie der Wissenschaft, die nicht zur Wissen-
schaft gehört, oder die Philosophie der Religion, die kein
Zweig der Religion ist.«
Mit solchen Sätzen hat sich Vallicella zum heißen Tipp für
Stehpartys von Intellektuellen entwickelt.
Ein Blinder, eine Lesbe und ein Frosch gehen in eine Bar. Der Bar-
mann schaut sie an und sagt: »Ja, was ist das - ein Witz?«
Ein Mann betritt eine gerammelt volle Bar und verkündet, einen
tollen polnischen Witz zu kennen. Ehe er aber mit dem Erzählen
loslegen kann, unterbricht ihn der Barmann: »Moment mal, ich bin
selber Pole.«
Worauf der Mann sagt: »Gut, dann erzähle ich ihn ganz, ganz
langsam.«
Worauf er erwiderte: »Aber Papa, das hier ist nicht die beste
aller möglichen Welten.«
Worauf ich schloss: »Dann solltest du bei deiner Mutter le-
ben!«
Übrigens auf dem Weg hierher ist mir etwas Komisches pas-
siert: ich bin zweimal in denselben Fluss gefallen!
Was anderes. Neulich gingen Piaton und ein Schnabeltier in
eine Bar. Der Barmann sah stirnrunzelnd den Philosophen an,
worauf Piaton sagte: »Was soll ich sagen? In der Höhle hat sie
viel besser ausgesehen.«
DIMITRI (aus dem Publikum): »Nehmt ihm das Mikrophon
weg!«
Sternstunden in der
Geschichte der Philosophie
30 v. Chr. Am dreiundachtzigsten Tag unter dem Bodhi-Baum lächelt
Gautama rätselhaft über eine Scherzfrage für Kinder.
Gautama Buddha, 563 - 4 8 3 v. Chr
Bertrand Rüssel, 1 8 7 2 - 1 9 7 0
Martin Heidegger, 1 8 8 9 - 1 9 7 6
Gilbert Ryle, 1 9 0 0 - 1 9 7 6
Karl Popper, 1 9 0 2 - 1 9 9 4
Jean-Paul Sartre, 1 9 0 5 - 1 9 8 0
Simone de Beauvoir, 1 9 0 8 - 1 9 8 6
W. V O. Qulne, 1908-2000
John Austin, 1 9 1 1 - 1 9 6 0
Albert Camus, 1 9 1 3 - 1 9 6 0
Michel Foucault, 1 9 2 6 - 1 9 8 4
Saul Kripke, 1 9 4 0 -
Peter Singer, 1 9 4 6 -
20. Jahr-
hundert
Glossar
analytisches Urteil: Ein Urteil, das per definitionem wahr ist. Zum Beispiel:
»Alle Enten sind Vögel« ist ein analytisches Urteil, weil der Begriff »Ente« be-
inhaltet, dass diese zur Gattung der Vögel gehört. »Alle Vögel sind Enten« ist
dagegen kein analytisches Urteil, denn Entenheit gehört nicht zum Bedeu-
tungsinhalt von »Vogel«. »Alle Enten sind Enten« ist aber ganz offensichtlich
wieder analytisch, genauso wie »Alle Vögel sind Vögel«. Es ist ermutigend zu
sehen, wie hilfreich Philosophie auch in anderen Disziplinen wie der Ornitho-
logie sein kein. Vergleiçhe synthetisches Urteil.
a posteriori: aus der Erfahrung; empirisches Wissen. Wer wissen will, dass
manche Biere gut schmecken, ohne dick zu machen, der muss mindestens
ein Bier ausprobieren, trinken, das gut schmeckt und nicht dick macht. Ver-
gleiche a priori.
a priori: vor aller Erfahrung. Zum Beispiel kann man noch ehe man die Show
gesehen hat, mit Bestimmtheit wissen, dass alle Mitbewerber der Veranstal-
tung American Idol sich für Gesangskünstler halten, da American Idol ein Ge-
sangswettbewerb für Leute ist, die sich - aus welchen Gründen auch immer -
für Gesangskünstler halten. Vergleiche a posteriori.
deduktive Logik: Ein Denken, das von Prämissen ausgeht und zu Aussagen
kommt, die aus den Prämissen logisch gefolgert werden können. Die elemen-
tare Form der deduktiven Logik ist der Syllogismus, z. B. »Alle Komiker sind
Philosophen; Larry, Moe und Curly sind Komiker; also sind Larry, Moe und
Curly Philosophen. Vergleiche induktive Logik.
2 3 4— - < ? > PLATON UND SCHNABELTIER
Empirismus: Die Anschauung, wonach die Erfahrung und hier besonders die
sinnliche Erfahrung die erste - oder einzige - Quelle der Erkenntnis ist. »Wo-
her wissen Sie, dass es Einhörner gibt?« »Weil ich gerade eines in meinem
Garten gesehen habe!« Letzteres nennen wir die extreme Form des Empiris-
mus. Vergleiche Rationalismus.
Essentialismus: In dieser Philosophie haben Gegenstände eine Substanz oder
wesentliche Qualitäten, die von ihren nicht wesentlichen oder akzidentiellen
Qualitäten verschieden sind. So ist es eine substantielle Qualität eines Ehe-
manns, ein Ehegespons (und sei es auch männlich) zu haben. Hingegen ist
GLOSSAR 235
es nur eine akzidentielle Qualität des Ehemanns, dass er einen Ehering trägt.
Auch ohne Ehering ist er immer noch Ehemann, wenngleich seine Ehefrau da
anderer Meinung sein könnte.
Existenzialismus: eine philosophische Schule, die die realen Bedingungen
des individuellen menschlichen Daseins beschreibt und nicht abstrakte, uni-
verselle menschliche Wesenszüge. In Sartres Worten: »Die Existenz geht der
Essenz voraus.« Das soll heißen, dass wir zuerst und zuvörderst existieren;
wir schaffen uns unsere Essenz, unser Wesen, selbst. Das wiederum hat weit-
reichende Konsequenzen für die existenzialistische Ethik. Danach sollen wir
uns stets um ein »authentisches« Leben bemühen, uns unserer Sterblichkeit
bewusst sein, uns über unsere Entscheidungen nichts vormachen, kurz An-
liegen, die am besten in einem Pariser Bistro bei Zigaretten und Kaffee unter-
sucht werden und weniger am Fließband einer Autofabrik in Detroit.
induktive Logik: Ein Denken, das von einzelnen Beispielen auf eine allge-
meine Aussage schließt, die umfassender ist, als was logisch aus den Beispie-
len gefolgert werden kann. Aus unserer Beobachtung, dass die Sonne heute,
gestern und an allen Tagen davor, von denen wir Kunde haben, aufgegangen
ist, folgern wir, dass die Sonne immer schon aufgegangen ist und dies auch in
Zukunft tun wird, obwohl dies aus der endlichen Zahl der Beispiele nicht ge-
folgert werden kann. Nota bene: Dieses Beispiel gilt nicht für unsere Leser am
Nordpol. Vergleiche deduktive Logik.
Paradox: 1. eine Denkfigur, bei der aus logisch einwandfreien und wahren
Prämissen ein Schluss gezogen wird, der einen Widerspruch darstellt. 2. Mei-
nung zweier beliebiger Ärzte.
post hoc ergo propter hoc: Ein Trugschluss, wörtlich »nach diesem folglich
deswegen«; weil ein Ereignis A einem Ereignis B vorausgeht, wird fälschlich
angenommen, dass A die Ursache von B sei. In dem Buch Freakonomics finden
GLOSSAR "— 237
sich viele solche Trugschlüsse vor allem aus dem Bereich der Kinderaufzucht.
Ein Elternteil sagt: »Mein Kind ist so schlau, weil ich ihm, als es noch im Mut-
terschoß war, Mozart vorgespielt habe.« Tatsächlich besteht aber keine kausale
Beziehung zwischen diesen beiden Tatsachen. Vieles spricht dafür, dass das
Kind schlau ist, weil es Eltern hat, für die Mozart ein Begriff ist (also gebildet
und deshalb vermutlich intelligent sind).
Pragmatismus: eine philosophische Schule, für die der Bezug von Theorie
und Praxis im Vordergrund steht. So nennt William James eine Theorie dann
wahr, wenn sie nützlich ist oder wenn sie weiteres Wissen ermöglicht. Manche
finden James' Definition nützlich, andere nicht.
Rationalismus: philosophische Auffassung, wonach die Vernunft die erste -
oder einzige - Quelle der Erkenntnis ist. Wird oft im Gegensatz zum Empi-
rismus genannt, für den die sinnliche Erfahrung der einzige Weg zum Wis-
sen ist. Rationalisten geben traditionellerweise der Vernunft den Vorzug, weil
die Sinne bekanntermaßen unzuverlässig arbeiten und das auf sie gegründete
Wissen niemals Gewissheit verschafft. Sie ziehen die Gewissheit von Aussagen
vor, die allein aus Vernunft geboren sind, wie zum Beispiel: »Dies ist die beste
aller möglichen Welten.« Man muss selbst da gewesen sein, um ...
Satori:Im Zen-Buddhismus das Erlebnis der Erleuchtung, in dem wir schlag-
artig uns selbst und die Welt in ihrer wahren Natur sehen. Man denke nur an die
Red Hot Chili Peppers: »Wenn du noch fragen musst, dann weißt du es nicht.«
Satz des Widerspruchs: Auf Aristoteles zurückgehendes Prinzip, dass das-
selbe nicht gleichzeitig und in gleicher Hinsicht A und nicht-A sein kann. Es
wäre ein Widerspruch zu behaupten: »Ihre Hosen brennen und mehr noch,
Ihre Hosen brennen nicht.« (Ungeachtet des Satzes vom Widerspruch könnte
es nichts schaden, wenn Sie selbst Ihre Hosen löschen würden.)
synthetisches Urteil: Ein Urteil, das nicht per definitionem wahr ist. Zum
Beispiel: »Omama trägt Springerstiefel« ist ein synthetisches Urteil; es bietet
2 3 8— - < ? > PLATON UND SCHNABELTIER
eine Information, die nicht in dem Ausdruck »Omama« enthalten ist. Das
Gleiche gilt auch für den Satz: »YoYoMa trägt Springerstiefel.« Vergleiche ana-
lytisches Urteil.
Telos: ursprüngliches Ziel, Endzweck. Das Telos einer Buchecker ist es, eine
Buche zu werden. Entsprechend ist es das Telos eines promovierten Philoso-
phiestudenten, einmal einen Lehrstuhl in Harvard zu bekommen. Das ist sein
ursprüngliches Ziel, auch wenn er mit höherer Wahrscheinlichkeit seine be-
rufliche Laufbahn als Pommes-Frites-Brater beschließen wird.
unendlicher Regress: Ein Argument, dass eine Erklärung unzureichend ist,
weil sie eine unendliche Reihe von weiteren solchen »Erklärungen« nach sich
zieht. Wenn zum Beispiel die Existenz der Welt durch das Vorhandensein
eines »Schöpfers« erklärt wird, so erhebt sich die Frage, wie der Schöpfer zu
erklären ist. Wenn hierfür ein weiterer Schöpfer angenommen wird, so lautet
die Frage »Wer schuf diesen Schöpfer?« und so weiter ad infinitum oder ad
nauseam.