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Bocksgesang vom "päderastrischen Überbein"

oder Die Krankheit zum Tode*


Therapiean/ä/Mge , Therapieversager & Co.
als psychotherapeutische Berufsaufgabe

Ulrich Kobbe

Zusammenfassung

Das Langzeitklientel des Maliregelvollzugs stellt Geduld, Können und Ehrgeiz der Thera-
peuten auf eine immer wieder nur schwer erträgliche Probe. Denn fraglos kann nicht jeder
Patient "erfolgreich" behandelt werden. Diese Realität anzuerkennen, bedarf eines anderen
Verständnisses therapeutischer Wirksamkeit, Reichweite und Allmacht(sphantasien). Die
chronisch Kranken/Gestörten in ihrer geängstigten Verweigerung, paranoiden Gegenwehr,
aggressiven Trotzmacht, auch ihrem Symptom als stützendem drittem Bein ("Überbein"),
ohnmächtig anzunehmen, stellt Fragen an das therapeutische wie ethische Selbstverständnis.
Als psychoanalytische Erkenntnisfigur und diskursiver Interpretationsrahmen dienen hier
das Rätsel der Sphinx im Mythos des Ödipus und die Struktur der antiken Tragödie: Wenn
jedermann Ödipus ist. erscheinen Selbstbescheidenheit und Zuversicht versus Heilungsan-
spruch oder Fatalismus als psychologische Berufsaufgabe zwischen Scheitern und Erfolg.

Schlüsselwörter

chronische Krankheit - Mythos der Heilbarkeit - Perversion - forensische Psychiatrie -


therapeutische Ethik

Summary

Long-term Clients undergoing the Implementation of disciplinary measures constantly put the
patience, ability and ambitkm of therapists to the lest, which becomes increasingly ditficult
to bear. For it remains without question (hat not every patient can be 'successfully' treated.
To recognise this reality one requires a different understanding of therapeutic effectiveness,
reach and omnipotence. By way of their anxious refusal, paranoid resistance and aggressive
obstinacy, also accepting unconsciously their Symptom of the supporting so-called 'third leg'
(exostosis), those who are chronically ill or disturbed put to the question what is otherwise
therapeutically and ethically comprehensible. The mystery of the sphinx in the myth of
Oedipus and the structure of antique tragedy serves here äs a psycho-analytic recognition
pattern and discursiveframeworkfor Interpretation: If every man is Oedipus thenunassuming
modesty and trust appear versus the expectation of healing or fatalism äs the psychological
occupational task between failure and success.

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Key words and phrases mehr auf den Erfinder, den Therapeuten also. Dieser mag sich aus der
aussichtslos erscheinenden Situation mit dem Kunstgriff zu befreien
chronic illness - myth of heing ahle to he healed - perversion - forensic psychiatry - the ethics suchen, daß er den Patienten als 'eigentlich' gesund, normal, nichtgestört
of therapy
o.a. phantasiert, wäre da nicht zusätzlich doch dieses lästige Symptom, das
sich als "päderastrisches Überbein" phantasieren und isolieren läßt.
Resume

La clientele chronique de l'internement medico-legal inet la patience, le savoiret l'ambition Als Überbein, das - so der Pschyrembel - eben nur Geschwulstbildung ist,
des therapeutes tuujours de nouveau ä une epreuve qui est difficile a supporter. Car il est ein im Grunde existentiell irrelevantes Körpersymptom, das unter Bela-
evident que non pas tout malade peut etre traite «avec succes». Pour reconnaitre cette realite, stung oder Druck auftritt, die Beweglichkeit des Gelenks schmerzhaft
une nouvelle comprehension de l'efficacite therapeutique, de la portee et des phantaisies einschränken und bei besonderen Gelenkstellungen hervortreten kann: In
d'omnipotence sont indispensables. L'exigence de prendre, d'une maniere evanouie, soins
des chroniques/troubles caracterises par un refus effraye, une resistance paranoide, une
ähnlicher Weise wird die pädophile Wahl des Sexualpartners nur in
puissance aggressive de depit et par leur Symptome comme troisieme Jambe appuyante besonderen Drucksituationen auffällig und verweist das Präfix "über"
(«exostose»), implique des questions sur l'ideal therapeutique et ethique. Le mystere du darauf, daß diese pädosexuelle Neigung aus therapeutischer Sicht sozusa-
sphinx d'Oedipe et la structure de la tragedie antique servent ici comme Symbole analytique gen über, übrig, ja geradezu überflüssig und lästig ist. "er ist mir ein
de la connaissance et comme cadre discursif pour l'interpretation. Si chacun est Oedipe, le
therapeute a l'Impression que sä täche psychoiogique est situee entre son auto-modestie et
Überbein", heißt es 1797 bei Sterz, der den Begriff zur Bezeichnung eines
son assurance d'une pari, et sä pretenion de guerir ou un certain fatalisme d'autre part; son bildlich als "überbeinigkeit" zu begreifenden Fehlers, kurzum für Wider-
travail est couronne de sucees ou voue ä l'echec. spenstigkeit benutzt (Dollmayr 1936, 138). Womit wir erneut zur Thema-
tik der sogenannten Therapieresistenz, auch zur feindseligen Ablehnung
Mots-Cles zurückkämen ...

maladie chronique - curabilite - perversion - psychiatrie torenesique - ethique therapeutique "Ist es denn nicht erlaubt,
gegen Subjekt, wie gegen Prädikat und Objekt,
nachgerade ein wenig ironisch zu sein?"
"Die Sage vom Phallus: (Nietzsche 1886, 39)
Stolz autgerichtet soll er die Angst verdecken,
die tiefer sitzt." Die Phantasie vom Über-Bein erschafft zugleich ein drittes Bein, das als
Dreibein an ein Stativ (von lat. stare = stehen) denken läßt und auf die
... es war ein Irrtum, das allzu komplexe Thema der bislang erfolglos Garantie einer sonst instabilen Statik hinweist, insofern transparent macht,
Behandelten zufriedenstellend oder gar erfolgreich in einen Vortrag daß dieser Patient mit einem dritten Bein zwar sicheren Stand erhält,
zwingen zu wollen. Ich will aber im folgenden die Programmatik des jedoch nur humpelnd gehfähig ist. "Wir wollen da doch etwas Neueres
Vortragstitels in einer Art "doppeltem Diskurs" (Devereux 1972, 11-12) beitragen und greifen zu einer Form, die Freud hinter sich gelassen zu
abarbeiten und verflochtene Diskursstränge zur Therapeutenposition, zur haben nie behauptet hat: zu der des Mythos" (Lacan 1960/64, 224). Denn:
Perversion, zum Mythos und zur antiken Tragödie entwickeln. Hierbei Mit diesem Bild des Dreibeins befinden wir uns inmitten des Mythos des
werde ich mir die latente Wahrheit im Unbewußten eines Therapeuten Ödipus, der während seiner Wanderschaft das Wagnis eingeht, das Rätsel
zunutze machen und zunächst mit dem Begriff des "päderastrischen der junge Männer und Jungfrauen verschlingenden Sphinx zu lösen. Das
Überbeins" beginnen 1 : Gefunden habe ich diese Wortneuschöpfung im aufgegebene Rätsel lautet:
Behandlungsplan eines Patienten, der als sogenannter "Kernpädophiler"
jede Behandlung seiner pädosexuellen Neigung verweigert, damit von "Vierfüßig, zwei- und dreifüßig ist es auf Erden,
vorn herein jede Teilnahme an einer Psychotherapie ablehnt und insofern doch eine Stimme nur hat es,
als "therapieresistent" gilt. Der terminus technicus verweist allerdings vertauscht seine Haltung allein von den Wesen,

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die auf der Erde, zum Himmel und durch das Meer sich bewegen. "mannraubende Pest" (Aischylos a, 313 Vers 777) wie als verführerische
Aber sobald es gestützt auf die meisten Füße einhergeht, "Circe" (Nietzsche 1886, 101) zugleich. Es finden sich also Aspekte einer
ist die Geschwindigkeit seiner Glieder die allergeringste." frühen Sexualisierung der keineswegs primär inzestuös angelegten, von
(Sophokles, in Dethlefsen 1990, 7) libidinösen Impulsen determinierten Mutter-Kind-Beziehung (Grunberger
1980, 40-41). Das heißt, es finden sich Elemente einer noch undifferen-
Die Frage lautet kurzgefaßt und weniger kryptisch: 'Was ist das? Es geht ziert-instinkthaft aggressivierten Mutter-Kind-Interaktion und einer psy-
zuerst auf vieren, dann auf zweien und zuletzt auf dreien?'. Dieses Orakel chosexuellen Fixierung - oder besser wohl: eines psychosexuellen Arrests
der Sphinx repräsentiert "das Urmodell der dreigliedrigen Rätsel" und (Erikson 1955,600-601) - auf diese vom Begehren in einer grundlegenden,
fragt "nach dem dreifach gegliederten Leben des Menschen" (Endres & das Leben begründenden Gewalt («violence fundamentale») geprägten
Schimmel 1984, 97): Die Antwort des Ödipus war, es handle sich um den Phase des Begehrens (Bergeret 1984, 63).
Menschen in drei Entwicklungsaltern, der als Kind auf allen Vieren, als
Erwachsener auf zwei Beinen und im Alter mit einem Stock auf dreien Wie grundlegend diese Gewalt interpersonell mit dem Begehren verbunden ist,
geht. Im Zitat: wird zum Beispiel daran deutlich,
- daß die Ur-Sphinx als schwangere bzw. wiedergebärende Göttin dargestellt und
"Hör, auch wenn du nicht willst, bösflatternde Muse der Toten, zugleich als "Ungeheuer" und "Schreckensgestalt" beschrieben wird, die aller-
auf mein Wort: ... Meintest du doch den Menschen, dings "alles Übel von der Schwangeren abhält" (Voss 1988, 193) und als "Toten-
der, wenn er der Erde genaht ist, viertüßig, fresserin" Schicksal ist, indem sie die Aufgabe hat, "die nicht gerechtfertigten
töricht zuerst geht aus den Windeln hervor; Toten zu verschlingen" (Voss 1988, 197).
doch ist er alt, so stützt er als dritten Fuß auf den Stab sich, - daß die mit der Großen Mutter, der magna mater, aufscheinende Kastrations-
trägt eine Last auf dem Hals, weil ja das Alter ihn beugt." drohung 3 tödlich ist (Neumann 1968, 54) und sich als angstbindende Kastrations-
(Sophokles, in Dethlefsen 1990, 9) vorstellung auf die Geburt, auf eine durch die Trennung des Kindes von der Mutter
vorgenommene 'Kastration' nicht des Kindes, sondern der Mutter (sie!) im Prä-
verbalen bezieht (Schlesier 1981, 23-26),
Mit dieser Entwicklungsthematik befinden wir uns inmitten einer Proble- - daß die anderen mythologischen Gestalten der Sphinx als "Fängerin", "Greiferin",
matik der Identitätssuche: In der Sphinx begegnet Ödipus einem rätselhaft "Zerstörerin" oder "Verschlingerin" zu übersetzen sind (Voss 1988, 206-207) und
gebauten, zu fürchtenden Ungeheuer, einem eigentlich ungeschlechtlich- auch die Sphinx des Odipusmythos - wie die Sphingen genannten Prostituierten -
phallischem Wesen (Bergeret 1984, 23), das-halb Tier, halb Frau und mit im antiken Rom als "Würgerin" (anxicia) bezeichnet, mithin als mörderisch
männlichen wie weiblichen Eigenschaften, mit Frauenkopf, Löwenkör- phantasiert wurde (Kurnitzky 1978, 80),
per, Schlangenschwanz, Adlerflügeln und Klauen ausgestattet - in seiner - daß der französische Ausdruck für "Du bist" = «tu es» im Französischen zugleich
Doppelgeschlechtlichkeit2 dem entspricht, was man als "phallische Mut- wie «tuer» = im Deutschen "töten" klingt (Lacan 1958, 226)4 und die erste schrift-
liche Version eines Erzähl-Epos, die 'Ilias', milder Entstehung des Zorns, milder
ter" (Grunberger 1980, 39) und als phantasmatische kastrierende Frau mit
Zeile "Den Zorn singe, Göttin" beginnend (Homer. 7 Z. l) auf das Schicksalhafte
einer vagina dentata zu bezeichnen pflegt (Devereux 1981, 39). Damit der existentiellen Verknüpfung von Begehren und Aggression hinweist.
verkörpert die Sphinx die weibliche Antithese zur Mutter (Kurnitzky 1978,
79), indem die Große Mutter weibliche - jedoch nicht mütterliche - und Vermieden wird die tödliche Brisanz dieses - inzestuösen - Begehrens
männliche - aber nicht väterliche - Züge besitzt (Neumann 1968, 129). Es durch eine im Inzesttabu formulierte Triebeinschränkung des traumatisierten
ist - verkürzt skizziert - eine kindliche Problematik, in der sich der kleine Mannes: "Gebannt von der Vagina dentata, ... bleibt er der nie erwachsen
Junge seine Mutter rätselhaft gebaut, sozusagen mit und ohne Genitale vor- werdende Sohn, der phallische Held ..., zerrissen von dem Widerspruch
stellt, hieran Triebwünsche, Gefühle und Phantasien von großer Intensität zwischen seinen Inzestwünschen und dem Verzicht darauf aus Furcht dann
und Handlungsimpulse aggressiver, sadistischer Natur knüpft. So gibt die doch kastriert zu werden" (Kurnitzky 1978, 117). Wir befinden uns in
Sphinx ihren Opfern, jungen Männern und Frauen, Rätsel über das Ge- einer sexualaggressiv, sexualtraumatisch angelegten Interaktionsdynamik
schlecht auf (vgl. Fn 2), ist sie in polarisierender Ambivalenz als Wand- eines mit elementarer Gewalt unterlegten Begehrens, von unbewußt abge-
lungs- oder Übergangsgestalt zu begreifen, ebenso als kastrierende
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wehrten Bedürfnissen und Ängsten, die dazu führen, daß sich der pädo- dichtung der pädophilen Situation mit positiven Gefühlen und größerer Be-
phile Erwachsene regressiv in die Kindheit hineinillusioniert. friedigung zu erleben (Becker & Schorsch 1975, 116-118). Neben der
Männlichkeitsproblematik enthält das pädophile Symptom auch eine
"steht nicht der dreifusz hier auf schön geflügelten sphinxen?" Aggressionsproblematik. "In dem komplizierten Ineinanderspiel der
(Grimm & Grimm 1860, 1382) Entwicklungslinien von Trieb, Objektbeziehungen und Selbstgefühl kommt
es bei frühen Traumatisierungen zu ... 'Rissen' oder 'Lücken' im Persön-
Die zeitlose Sphinx wird von Wurmser (1981, 91) als wachsam-beobach- lichkeitsgefüge, die - je nach der Funktionsfähigkeit des Ich - auf unter-
tender, abwehrender Schamanteil des Über-Ich interpretiert: "Das Gewis- schiedlichem Niveau kompensiert werden" (Schorsch et al. 1985, 41-42).
sen schaut zurück, ist archaisch und streng (harsh), aber blickt auch nach Je ambivalenter und negativer die früheren Erfahrungen waren, um so
vorne, verweist auf Reife und Anpassung". Jedoch: In der Antwort des mehr gehen auch aggressive, haßerfüllte und zerstörerische Elemente in
Ödipus fallen die in der Frage verborgenen und im Dreifuß des antiken die Beziehung zum Kind ein: "Sadistische Impulse sind eingelagert in
Orakels symbolisierten Zeiten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu- zärtliche Regungen, die Übergänge sind abrupt" und zeigen an, daß es sich
sammen (Vandenberg 1979, 167-171). Diese fehlende Zeitperspektive um ein sehr frühes, praeödipales Störungsniveau handelt (Schorsch &
knüpft an den Themenkomplex der Eickelborner Fachtagung 1995 zur Becker 1977, 206).
'Länge der Zukunft' und dort behandelte Fragestellungen von Unterbrin-
gung, Behandlung und Zeit an (vgl. z.B. Sottong & Wernz 1995). Zugleich Damit scheint - stellvertretend an den schwer behandelbaren pädophilen
befinden wir uns in einer rückwärts gewandten Lebensperspektive der Tätern - die Dynamik der als "behandlungsunfähig", als "therapieresi-
pädophilen Problempatienten, die mit "den Kindern als Kind" (Schorsch stent", als "unbehandelbar", als "refraktär", als "unverbesserlich", als
1986, 295) leben möchten, um ihr unerträgliches oder verhaßtes Erwach- "unheilbar" oder als "Therapieversager" diffamierten forensischen Psych-
senendasein ungeschehen zu machen, indem sie in eine Kinderwelt einzu- iatriepatienten auf. Und diese betrifft ja keineswegs nur die dann hoff-
tauchen suchen, die - allerdings nur vermeintlich (Ferenczi 1932, 518) - nungslos-langjährig in der freiheitsentziehenden Maßregel untergebrach-
ihrer eigenen Innenwelt entspricht (Dannecker 1987, 87). ten Patienten, sondern auch deren Therapeuten. Immerhin definiert das
Orakel bereits die Gesamtthematik, die als "ungesättigte Aussage ...
In der auf Kinder verschobenen Partnerwahl erlebt sich der Pädophile in durch die Entfaltung der Geschichte 'gesättigt' wird" (Bion 1963, 80), ver-
der Konfrontation mit dem kindlichen Genitale als genital vollwertig: Das weist die simple Antwort "Der Mensch" darauf, daß die Lösung des Rät-
heißt, Kastrationsangst wird durch Identifikation mit dem Jungen und sels nur von demjenigen gefunden werden kann, der die Frage ist, der so-
durch ständige Vergewisserung von der Existenz des kindlichen Penis ab- wohl vierfüßig (tetrapous), zweifüßig (dipous) und dreifüßig (tripous)
gewehrt. Zugleich wird die eigene kindliche Situation regressiv im Sinne stehen, gehen und balancieren kann (Groenewold 1985, 39).
einer narzißtischen Partnerwahl dadurch wiederholt, daß der Pädophile in
dem Kind identifikatorisch seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche nach Die Bedeutung der Füße wird bereits bei Ödipus selbst deutlich: Über ihn berichtet
Zärtlichkeit, Hautkontakt, Verwöhnung, Geborgenheit usw. befriedigt, die Mythologie, bei seiner Aussetzung als Säugling seien ihm vom Vater Laios die
indem er unbewußt die Rolle der Mutter einnimmt, so wie übrigens Ödipus Füße mit einem Nagel durchbohrt und zusammengebunden worden (Ranke-Graves
1960, 337 Ziff. 105.a). Daher läßt sich sein Name Oidipous in mehrfacher Weise
die ungeheuerliche Sphinx introjiziert hat und forthin im Konflikt mit dem
übersetzen und verstehen: Als Schwellfuß verweist der Name auf die geschwolle-
verfolgenden Introjekt der Ur-Mutter, der magna mater, lebt (Grunberger nen, durchbohrten Füße hin, also symbolisch auf Kastration, aber eben anschwel-
1980, 42-43). Darüber hinaus erfolgt beim Pädophilen eine narzißtische lend ebenso auf Erektion (Van der Sterren 1974, 71) und im hinkenden Gang auf
Zufuhr einerseits durch Identifikation mit den als mütterlich erlebten den Versfuß (sie!) der griechischen Metrik (iambos), den hebenden, senkenden
Anteilen im Kind, andererseits durch die Position der Überlegenheit. Rhythmus des Koitus (Devereux 1981, 47). In der Übersetzung der von den Füßen
Neben der Abwehr von Ängsten wird in der pädophilen Situation zudem weiß ist Ödipus, "der nichts weiß, aber das Rätseln von den Füßen kennt" (Van
versucht, Frustrationen oder Traumatisierungen durch neu inszenierte der Sterren 1974, 95), der also in anderer Übersetzung als wissender Zweifuß nur
Mutter-Kind-Beziehungen ungeschehen zu machen und diese in der Ver- "weiß, daß er auf zwei Beinen aufrecht geht und daß das nur eine seiner Gangarten

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und Gestalten ist" (Groenewold 1985, 39). Insofern ist jeder Ödipus, kann
Und die Fragestellung im Sinne der Kontraindikationen umgewendet: Ist
jedermanns Gang vor- und zurückgeworfen werden, ist der aufrechte Gang ein
Balanceakt, eine permanent bestehendes Oszillieren des Individuums um seine es statthaft, die "Überbeinigkeit", die Hostilität des schwer gestörten
Differenz. "Da kommen der Schwellfull und der wissende Zweitüßler zusammen, Straftäters, seine Feindseligkeit also, zum diagnostisch-prognostischen
im »Keiner hat meinen Gang«: im einsamen Gang an die Erkenntnis, der auch der Ausschlußkriterium zu machen, da es zu den Merkmalen gehört, die aus
Gang des Ausgesetzt- und Verstümmeltseins ist" (Groenewold 1985, 39). klinischer Sicht mit der Delinquenz assoziiert sind? Oder ist diese Wider-
spenstigkeit nicht vielmehr - auch - als Ausdruck tiefgreifender Störungen
Wenn Ödipus nach einer anderen Version des Mythos lediglich "Ich" und heftiger Affekte im Bereich der Abwehr- und Bewältigungsmechanismen
gesagt haben soll (Kurnitzky 1978, 22), ergibt sich aus der Gleichung verstehbar (Kobbe & Müller-Isberner 1992, 13)? "Das Objekt entsteht aus
Ödipus = Ich = der Mensch, daß jedermann Ödipus ist ..., insbesondere dem Haß", indem die Imagines der schrecklichen Mutter - symbolisiert als
jeder Mann, sobald man mit Groddeck (1933, 19) 'Mensch' als substan- Sphinx, Medusa, Gorgo, Baubo, Sukkubus5 - vom primitiven Ich nach
tiviertes Homophon vom ursprünglichen Adjektiv "männisch" ableitet. außen projiziert werden und erst dann die 'gute' und die 'böse' Mutter als
Insofern kann jedermanns Gang vor- und zurückgeworfen werden, ist der Abkömmlinge haben (Grunberger (1986, 209): "Die Spaltung der Großen
aufrechte Gang ein Balanceakt. Jedermann -jeder Mann - erinnert auch Mutter in eine bewußt gute und unbewußt böse Mutter ist ein Grundphä-
daran, daß die Sphinx vor der Stadt Theben ist - "die Stadt, das ist der nomen der Neurosenpsychologie" (Neumann 1968, 84 Fn), täuscht jedoch
Mann, es ist das männliche Gesetz, das sie organisiert" - und daß sie da hinsichtlich der keineswegs so eindeutigen Person des Aggressors: Denn
ist. "Sie ist da in ihrer Unwissenheit: die Sphinx kennt sich nicht, sie ist die Kastrationsangst ist nicht unbedingt als Angst vor einer Kastration
diejenige, die die Fragen stellt, während es der Mann ist, der die Antwort "durch die Frau" /.u verstehen (Schlesier 1981, 170): Sie ist vielmehr als
weiß" (Cixous 1977, 31). Damit konstituiert sich das sogenannte Rätsel Angst vor einem kastrierenden Übervater (Voss 1988, 130), vor der vom
der Weiblichkeit: "Der phallischc Monismus übersetzt Weiblichkeit in ein Vater als Agent der Mutter (Kurnitzky 1978, 92-96) vorgenommenen
Rätsel für das männliche Subjekt" (Bronfcn 1995, 81-82). Kastration "als Angleichung an die Frau" (Schlesier 1981, 170), als quasi
mannmännliche Selbstkastration zum "Nicht-Mann" zu interpretieren
"Wer von uns ist hier Ödipus? Wer Sphinx? (Voss 1988, 129). Insofern trägt die Perversion in unterschiedlicher Weise
Es ist ein Stelldichein, wie es scheint, von Fragen und Fragezeichen." Züge des Vaters, ist die Perversion eine «pere-version», eine Version des
(Nietzsche 1886, 9) Vaters (Fondation ... 1990, passim.). Im Fall des homosexuellen Pädophi-
len enthält die Perversion in der Identifikation mit dem phantasmatischen
Nun: So, wie uns der Patient ein Rätsel ist, sind also wir seine Antwort... Aggressor zugleich eine Wendung des Vaters («version du pere») und
Dies ist die Situation des Psychotherapeuten, der um seine eigene Unzu- Hinwendung zu ihm («version vers lepere»).
länglichkeit, Instabilität und Widersprüchlichkeit, um sein Wissen wie
sein Nicht-Wissen weiß: Wie kann er da für den Patienten noch Hoffnungs- Dieses Motiv verweist auf einen vorgeschichtlichen Ur-Vater, was u.a. Lacan dazu
träger sein, wird doch Hoffnung in der Zwangsunterbringung nicht über (ver)führt, ihn als durch eine väterliche Metapher, den Signifikanten 'Name-des-
die eigene Gewißheit des Patienten um Möglichkeiten eines erfüllten Vaters', repräsentiert zu begreifen. Stärker, als es der lebende Vater je war. ver-
sperrt der tote - gemordete - Vater unwiderruflich den Zugang zum Genießen: "Der
Lebens vermittelt, sondern durch die Zuversicht der Behandler? Wann
Mythos vom Urvater in Totem und Tabu - als komplementärer, oder genauer,
also schlägt diese in Illusionsbildung um? Oder anders formuliert: Wieviel supplementärer Mythos zu Ödipus - verkörpert diese unmögliche Erfüllung ... in
Hoffnung kann und darf ich Patienten - übrigens auch Mitarbeitern - der obszönen Figur des genießenden Urvaters, d.h. jener Figur, die an die Stelle
machen? Insbesondere den Patienten, die aufgrund der Schwere ihrer der Verbotsinstanz tritt, genau an jene Stelle, von der aus das Verbot im Ödipus-
Deliktdynamik, ihrer Störung, ja, auch ihres Störens als schwerst gestört, Mythos kommt" (Zizek 1991, 107).
als kaum oder nicht behandelbar gelten (Kobbe 1991a, 144-145), weil sie
"nicht mehr formbar" und "so festgelegt" scheinen oder sind, daß ihnen So werden gerade die feindselige Gegenwehr und das Autarkiebedürfnis
"kein Pädagoge, Psychologe oder Psychoanalytiker mehr helfen kann"(Heigl des chronisch abwehrenden bzw. vermeidenden Patienten häufig nicht als
1987, 74)? verschleierte Thematisierung von Ängsten, Verletzungen und Traumati-
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Wsl'TIM.Jp. (1997) H. l 125
sierungen verstanden, die reaktualisiert und nunmehr bewältigt, ungesche- der gesellschaftlich Verstoßene eine intensive Feindseligkeit gegen die -
hen gemacht und besiegt werden müssen (Schorsch 1980, 95). Wenn Projektion der - Ober-Mächtigen, doch kann er in ihnen unter Umständen
bereits in der nicht-devianten Sexualität ein "Hauch von Feindseligkeit" projektiv-identifikatorisch auch sein Ideal sehen, mit dem er sich - und sei
(whisper of hostility) enthalten sein kann (Stoller 1976), wird diese es nur ambivalent - in narzißtischer Weise identifiziert (Dieckmann &
Feindseligkeit dann als sexualisierte Destruktivität intensiviert, wenn Otto-Wulff 1993, 36).
äußere und innere Umstände die "Überbeinigkeit", die Angstabwehr- und
Konfliktbewältigungsmechanismen des Individuums aktivieren. Denn das Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, wie unabdingbar der Respekt des
Spezifische der Störung liegt hier in der Sexualisierung von Konflikten, Therapeuten vor der - erzwungen-alternativlosen - Wahl des Patienten ist,
Ängsten, Impulsen, auch Beziehungen, sodaß diese in der Devianz ge- wie aktuell ethisch-moralische Fragestellungen an Psychotherapie im all-
bunden sind und die übrige Persönlichkeit scheinbar intakt wirkt, wie gemeinen und erst recht im Maßregelvollzug sind (Zatti 1987; Hoffmann
beispielsweise der eingangs erwähnte pädophile Patient. Insofern begreift 1989; Kobbe 1991a; 1992a). "Der Therapeut muß", schreiben Kernberg
Stoller (1975) die Perversion als "erotisierte Form von Haß" und arbeitet et al. (1989, 152), "die Möglichkeit anerkennen können, daß der Patient
er ihre kompensatorische Funktion i.S. einer kreativen Ich-Leistung die Behandlung abbrechen wird, ... Er muß die Autonomie des Patienten
heraus: "Es finden sich hier deutliche Parallelen zum Perversionskonzept akzeptieren und auch die Unmöglichkeit, den Patienten zu kontrollieren
Morgenthalers (1974), der die vielzitierte Formel geprägt hat, daß die oder alle Gefühle und Motive /u verstehen, die mit dem Wunsch zu gehen
Perversion gleichsam als Plombe eine Lücke im Selbst ausfüllt"(Hartmann verbunden sind."
1989, 18), mithin die Interpretation der Metapher vom Überbein als stabi-
lisierendes Element, als drittes Standbein stützt bzw. bestätigt. Insofern sind bei diesen Patienten auch sogenannte Probetherapien proble-
matisch: Sie sind m.E. nur da statthaft, wo sie als therapeutisches Probe-
In gleicher Weise setzt Dali mit groller ikonographischer Bedeutung in diversen handeln in einem Akt von Versuch und Irrtum den Erfolg oder Mißerfolg
Bildern Krücken ein (Cowles 1960. 318 IT.). In vielen Bildern (z.B. «Das Rätsel eines bestimmten psychotherapeutischen Handlungsansatzes (s. Heigl
Wilhelm Teils» 1933; «Brennende Giraffe« 1936; «Der Schlaf» 1937) stützt er mit 1978, 137) oder die grundsätzliche Therapiemotivation des Patienten
ihnen Extremitäten, die "als Metaphern eines tief verwurzelten Impotenz-Traumas
ermitteln sollen. Sie verbieten sich m.E. jedoch dann, wenn ihr Scheitern
oder einer latenten Kastrationsangst" begriffen werden können. "Die Krücke
verweist aufdie menschlichen Schwächen - sie fängt sie auf, stützt sie ab, gibt ihnen oder Abbruch als individuelle Unfähigkeit kausal dem Patienten - folglich
Halt. Wo die Natur versagt, springt die Kunst bzw. das Künstliche ein und bietet weder der Institution noch den Behandlern - zugeschrieben (vgl. Pollähne
eine Krücke an. »Mit einer Krücke kann man sich darauf verlassen, daß es noch 1994, 97) und "im Versagensfalle (des Patienten)" zur Versagens-Falle
nicht zu Ende ist«, sagt Dali selbst" (Schmied 1991, 61). So interpretiert Dali die wird (Platz 1994, 91). Und: Die Probetherapie verbietet sich erst recht,
Teil-Sage als inzestuöse Verstümmelung des Sohnes durch den Vater, den er u.a. wenn durch sie - wie Kutter (1994, 87) sich in psychoanalytischer
mit grotesk verlängertem Steißbein (sie!) darstellt, das - obwohl etymologisch Arroganz ausdrückt - die Frage entschieden werden soll, "ob sich eine
Stütz- oder Schwanzbein - einer zusätzlichen Krücke bedarf: Wird der (Ur-)Vater Therapie lohnt** oder nicht"! 6 Weiterhin bleibe festzuhalten, so Brock-
selbst ursprünglich "als Stützpunkt im Innern meiner fließenden geistigen Struk- mann (1995, 358) in einer zusammenden Darstellung der Ergebnisse
turen" gebraucht (Dali 1968, 34), so fungieren die Krücken - auf Leben und Tod
empirischer Psychotherapieforschung, daß "der Glaube an die Analysier-
verweisend - kompensatorisch i.S. intrapsychischer Prothetik "als Unterstützung
der Zartheit weicher Struktur" (Maddox 1979, 66), die der Paranoia ausgesetzt ist barkeit eines Patienten als Prädikator der Geeignetheit für eine analytische
und sich ihrer erwehren muß. Behandlung ... zu den Vorurteilen von Psychoanalytikern" gehört. Hin-
gegen: Soll und/oder muß man die protektive, defensive Haltung der Pati-
Je mehr Angstabwehr und Konfliktbewältigung durch sexuelle Erregung enten, die konsequent "jede Behandlung ablehnen und nicht dafür geeignet
bestimmt wird und ihr dient, desto stärker tritt das Element der Hostilität sind" (Goudsmit), in jedem Fall respektieren, also mitmachen? Oder gibt
als zwar aggressiv-distanzierendes, feindselig-abwehrendes, aber eben es auch ein Recht - vielleicht gar eine moralisch-ethische Pflicht - des
intrapsychisch stabilisierendes Element, als stabilisierendes drittes Stand- Therapeuten, im Einzelfall einzugreifen, sprich, die Chronifizierung
bein, in den Vordergrund (Schorsch 1980, 97-98). Denn zwar entwickelt passiver Verweigerung mindestens zu unterbrechen zu suchen, um den
126 WsFPP4Jg. (1997) H. l WsFPIM.Jg. (1997) I I . l 127
sonst zur reinen Sicherung verkommenden Freiheitsentzug (s. Bigler und ersetzt ihn durch den des Pathologischen, sie legt das pragmatische
1987, 164-167) wieder als potentiell sinn- und hoffnungsvoll antizipieren Feld der Behandlungschancen frei" (Starobinski 1976, 18-19). Die Ord-
zu können? " Es darf nicht geleugnet werden, daß wir diesen Patienten noch nung hinter dem therapeutischen Scheitern ist ja zunächst die der Störung
nicht helfen können", stellt Goudsmit (1974, 693) fest. Und unterstellt oder Erkrankung als solcher: Wir gehen mehr oder weniger davon aus,
dabei, wir seien um Hilfe gebeten - ich persönlich bin da nicht immer psychische Störungen seien - zumindest diesseits der Psychose - prinzipiell
sicher, da diese Hilfe auch reaktiv konvertierte Gegenaggression sein erfolgreich behandelbar. Dies entpuppt sich spätestens in der Konfronta-
kann: Denn wie die Sphinx Neugier weckt, bei deren Befriedigung der Tod tion mit schwersten Persönlichkeitsstörungen, mit chronifizierten Perver-
droht (Bion 1963, 81), erregt der schwer oder nicht therapierbare Patient sionen als sozialtechnologische Fiktion des Machbaren, als psychothera-
Behandlungsinteresse und droht bei dessen Befriedigung die Zerstörung peutische Allmachtsphantasie, als individuelle Anmaßung. Selbst für die
des therapeutischen Narzißmus. So werden Psychotherapeuten in der als therapierbar definierten Patienten der forensischen Psychiatrie formu-
forensischen Psychiatrie mit den Grenzen der Behandlungsbereitschaft liert Auchter (1991, 57): "Die Veränderungsstrategien müssen jedoch
und - wessen? - Behandlungsfähigkeit, mit der Unerreichbarkeit bestimm- wegen der Langwierigkeit ganz langfristig angelegt werden und benötigen
ter erforderlicher oder wünschenswerter Veränderungen konfrontiert. Geduld, Geduld und nochmals Geduld. Wenn wir uns dieser Beschränkt-
Was bedeutet, daß therapeutische Hilflosigkeit, Gefühle des Mitleids heit und Begrenztheit unserer Möglichkeiten bewußt sind, ersparen wir
ausgehalten und ertragen werden müssen (Kobbe 1992a, 161) - eine Be- uns und den Delinquenten Enttäuschungen. Aber was kann uns dabei
lastung, die vom Einzelnen in der Einschlußsituation des Maßregelvoll- helfen, unsere relative Ohnmacht zu ertragen?"
zugs in besonderer Weise als tragisch empfunden wird.
Die therapeutische Ohnmacht, die individuelle Subjektivität mit diesen
Die individuelle Tragik führt zum Mythos des Ödipus zurück: Mit ihm befinden Patienten ist von einer chronischen Verzweiflung geprägt, die Kierkegaard
wir uns zugleich in der Niederschrift des Dramas, das m der Antike vom soge- (1849, 18) als "Krankheit zum Tode" charakterisiert, da ihre Qual und ihr
nannten tragischen Chor vorgetragen wurde (vgl. Melchinger 1974. 62-66): Was
"kalter Brand" gerade darin bestehen, nicht sterben zu können8. Auf unser
aber ist der tragische Chor? Das Wort trtif>ox bedeutet 'Bock' und verweist auf
Thema bezogen und in die Gegenwart transponiert ist es eine Verzweiflung
einen Chor, der in Erinnerung an den ekstatisch-wilden, triebhaften Gott Pan im
Satyrspiel des Dionysos-Kults aus maskierten, dämonischen Bockswesen bestand, angesichts der panisch-geängstigten Verweigerung, paranoid-aggressiven
als tragikos choros nichts anderes als ein 'Bocks-Chor' war (Dethlefsen 1990, 46). Gegenwehr und scheinbaren Ohnmacht dieser Patienten, die sich "die
Allein der Sichtbarmachung dient die Aufführung, um das Tierisch-Triebhafte des Trotzmacht des Geistes" erschließt (Frankl 1949, 174). Eine Verzweif-
Menschen als in unserem Fall pädophile, strafbare konkrete Handlung - nicht als lung - Sartre folgend - als Erleben des Absurden im Oszillieren zwischen
antizipierendes, lustvolles Sprechen - transparent zu machen, und den Chor an- Notwendigkeit und Möglichkeit oder - bei Camus - als Bejahen des Ab-
stelle des Zuschauers, der unfähig ist, sich rückhaltlos auf das Drama einzulassen, surden (Richter 1984, 134) in der quälenden Arbeit des Sisyphos am
wie erforderlich Leid und Mitleid fühlen bzw. erfahren zu lassen (Zizek 1991, 49- tückisch zurückrollenden Stein (Ranke-Graves 1960, 196 Ziff. 67.i). Die
50): "Sie sind also von allen Sorgen befreit; selbst wenn Sie gar nichts fühlen, der ursprüngliche therapeutische Ausgangsposition des grundsätzlichen
Chor wird dies an Ihrer Stelle tun" (Lacan 1959/60, 295).
Heilungsanspruchs entpuppt sich spätestens im längeren Umgang mit
schwerst gestörten, während der Behandlung chronifizierenden Patienten
In der Tragödie (tragoidos)1 sind zwischenmenschliches Konfliktgeschehen
als Mythos der Heilbarkeit: Als kindlich-naives, idealistisches Trugbild
und intrapsychische Konfliktdynamik ineinander verwoben (Stierlin 1992,
einer potentiell heilen, zu heilenden Innenwelt, das in der Phase des Kon-
22) und die Tragödie, der 'Bocksgesang' auch dieses Vortrags, ist im Sinne
flikts, in der Verzweiflung des zwiespältigen Erwachsenen ernüchtert
einer "archaischen Autorisierung" (Jaynes 1976,392 Fn4, 394)einzigund
wird.
allein daran interessiert, die Ordnung hinter den menschlich-individuellen
Schicksalen mit all ihren Konflikten, Nöten und Katastrophen sichtbar
Auf der Bildebene des antiken Mythos wird der Stab als Stütze oder Halt,
werden zu lassen (vgl. Dethlefsen 1990, 50). "Im Maße ihrer Schuld-
als drittes Bein benutzt. Für uns bedarf es folglich eines dritten Punktes,
verneinung löscht die moderne Psychologie den Begriff des Tragischen aus
von dem aus - z.B. wie in dieser Arbeit metapsychologisch - das Wechsel-
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spiel der Gegensätze, die Differenz des synthetischen Verhältnisses von aktiv mit ihr umzugehen. "Weder unterwirft Ödipus sich demütig seinem
Möglichkeit und Notwendigkeit begriffen und ertragen werden kann Schicksal, noch versucht er, ihm zu fliehen. Indem er die Selbstkonfron-
(Dethlefsen 1990, 144-145). Denn immerhin müssen nun gerade diejeni- tation sucht", erkennt er Realität an und nimmt er "die Sphinx, das Miß-
gen, die gesellschaftlich delegierte Schuld übernommen und deren unein- geschick, knechtend mit hünd'schem Sinn" (Aischylos b, 326), bewußt auf
gestandene wie eigene Ängste mit einer humanistisch-sozialpsychiatrischen sich: "Das ist etwas anderes, als sich ihm zu unterwerfen" (Gottschalch
Ideologie avantgardistisch bekämpft haben (vgl. Kobbe 1991b passim, 1984, 86). In den Grenzsituationen des Maßregelvollzugs erfährt auch der
insb. 18), müssen diejenigen, die gegen den Mythos der Unheilbarkeit Therapeut persönliche Veränderungen als Transzendenz, als Wandlung
psychischer Störungen, gegen Anpassung, Disziplinierung und Verwah- zum tragischen Wissen (Jaspers 1948, 124).
rung mitsamt der "Therapieverweigerung der Psychiater" (Kammeier
1984, 207) angetreten sind, den offensiv vertretenen Heilungsanspruch als Diese Haltung impliziert den Abschied von psychotherapeutischen Grö-
Mythos der Heilbarkeit aufgeben. Dörner (1983, 29) schreibt hierzu, der ßen- und Allmachtsphantasien, aber eben auch von therapeutischen Ohn-
Heilungsanspruch berge immerhin "die Gefahr, daß er selbst seine Opfer machts- und InsulTizienz.gelühlen: Sie erkennt die eigene Verstrickung des
- die Unheilbaren - produziert. Ähnlich wie der Anspruch, alle Menschen Behandlers analog der tragischen Ausweglosigkeit des Ödipus an (Anselm
erziehen zu können, irgendwann die 'Unerziehbaren' aussondert, ihre 1979, 113). Versucht werden müsse also - so Stierlin (1992, 27) - analog
gleichberechtigte Existenz in Frage stellt." Hierin liege das eigentliche zum Betrachter der antiken Tragödie eine Metaposition zu gewinnen, die
Lernpotential der Psychiatriegeschichte, kommentiert Blasius (1986, dem sich distanzierenden Therapeuten ein Oszillieren der Wahrnehmung
101): "Sie klärt über die Mythen psychiatrischen Fortschritts auf, die in zwischen gegensätzlichen Kontexten, Verhaltensmaximen, auch Identifi-
der Illusion einer leidensfreien Gesellschaft ihre Wurzeln haben." In kationsbereitschaften ermöglicht. Denn: Welche Sozialisation zu unge-
diesem Sinne riskiert auch die Reformentwicklung der forensisch-psych- fährlicher Normalitäl, welches versteckte Konzept der (klein)bürgerlichen
iatrischen Praxis von einer kustodialcn Anstaltspsychiatrie hin zu einer Normopathie verfolgen wir? Gerade im Maßregelvollzug ist hier eine kri-
therapeutischen Spezialklinik um/.uschlagen (vgl. Kobbe 1994; 1996): tische und insofern eben 'elitäre' Sensibilität aufzubringen, ob sie sich nun
Denn immerhin phantasiert bspw. Kammeier (1984, 213) beim Entwurf wie bei Adorno (1955) aus differenzierter Analyse der "Disparatheit von
einer "zukünftigen sozialrechtlichen Gestaltung des Maßregelvollzugs" Psychologie und Gesellschaft" oder wie bei Sloterdijk (1983, 20) aus dem
davon, auch "rehabilitationsunfähigen Personen" eine "Mitwirkungs- "Widerwillen gegen das Leichengift der Normalität meinem Land der har-
pflicht" abverlangen und bei "rehabilitationsunwilligen Personen" wegen ten Köpfe und der Panzerseelen" nährt (Kobbe 1991b, 15). Diese Haltung
der sich "aus rechtsstaatlichen, ethischen und therapieimmanenten Grün- macht sich eine quasi stoische Position8 zu eigen, in der Gottschalch (1984,
den" verbietenden Zwangsbehandlung, also bei "bewußter (willentlicher) 92) dem Prinzip Hoffnung und der Utopie des Noch-Nicht das Prinzip
Therapieresistenz", grundsätzlich die Verlegung in den Strafvollzug vor- Vergänglichkeit entgegen setzt9.
nehmen zu können. Womit wir bei der negativen Dialektik des Behandlungs-
anspruch angelangt sind ... Wenn jedermann Ödipus ist, erscheinen Selbstbescheidenheit und Zuver-
sicht versus Selbstaufgabe und Fatalismus als psychotherapeutische Berufs-
Abgefordert wird den Therapeuten im Maßregelvollzug also ein inneres aufgabe zwischen Scheitern und Erfolg. Anders ausgedrückt, geht es
Gleichgewicht, das die eigene Angst vor den Affekten und Ohnmächten, darum, die Sphinx dadurch zu überwinden, daß sie durch Ödipus introjiziert
diese uneingestandene Panik überwindet, die an unser eigenes Geworfens- - und nicht bekämpft - wird (vgl. Grunberger 1980, 35). Zuversichtlich
ein in die Welt erinnert. "Man muß lernen," sagt Laing (1975, 52), "bei könnte ja zum Beispiel stimmen, daß der Perversion an sich nach Befunden
einem Menschen auszuharren, auch wenn man weiß, daß man ihm nicht von Müller (1981, 160) keineswegs mehr der von Giese (1958) angenom-
helfen kann - und zwar ohne in das Gefühl des Scheiterns oder Gescheitert- mene irreversible und schicksalshafte Charakter anhaftet, sondern die
seins zu fallen. Diese Negativ-Fähigkeit ist wichtig und grundlegend für altersbedingte Regression auf orale oder anale Funktionsebenen nicht
die Arbeit des Analytikers." Erst in der Selbstkonfrontation, im Einge- unbedingt mit entsprechenden sexuellen Manifestationen einher geht.
ständnis der eigenen Schwäche ist es möglich, Ohnmacht zu ertragen und Müller (1981, 161) folgert: "Unsere Befunde führen uns dazu, den
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Als Alternative ganz anderer Art wird institutionell als Antwort auf Psych-
Pessimismus, den gewisse psychiatrische Experten bei der Begutachtung
von jüngeren Sexualdelinquenten zeigen, etwas zu korrigieren. Der iaters Traum 'Wo lasse ich meine schwierigen ungeliebten Patienten?'
(vgl. Kobbe 1992b, 45; Pollähne 1994, 96) immer wieder von der Not-
lebenslängliche Verlauf der Sexualperversionen ist nicht immer so ungün-
stig, wie man meint." Daß andererseits kein Grund zu therapeutischem wendigkeit einer sogenannten 'Parkstation' phantasiert. Diesem Versuch
Optimismus besteht, belegte zwar die 5-Jahres-Katamnese entlassener erneuter intrainstitutioneller Ausgrenzung innerhalb bereits vorgenomme-
Sexualdelinquenten von Berner & Bolterauer (1995), doch stimmen die ner gesellschaftlicher Ausschließung eignet etwas fraglos Hilfloses, doch
von Pollähne (1996) vorgelegten Ergebnisse zumindest verhalten zuver- läßt diese "Geste des Internierens" (Glucksmann) auch eine Verschiebung
sichtlich. in der Dialektik von Subjekt und Objekt erkennen (vgl. Kobbe 1996, 62,
80-81). Indem die Unerbittlichkeit der Störung die Institution dazu ver-
"Was groß ist am Menschen, ... was gelieht werden kann am Menschen, anlaßt, den nicht zu beeinflussenden Patienten objekthaft zu 'ver-legen',
das ist, daß er ein Übergang und ein Untergang ist." geschieht dies um den den Preis kaum zu verarbeitender Schuldgefühle
(Nietzsche 1891, 13) dieses Patienten: Denn dieser wird trotz der bewirkten 'Sprengung' der
imaginären institutionellen Vollständigkeit (vgl. Kobbe 1992b) nicht
Der Über-Gang des Patienten mit dem päderastrischen Überbein vom "einen reinen Triumph genießen, sondern verzweifelt, vernichtet sein
sicheren Stand des So-Sein zum antizipatorisch unsicheren Stand eines über den Verlust eines Teils seiner selbst" (Feuling 1991, 157 Fn 28).
unklaren, noch Undefinierten Anders-Sein beinhaltet den Untergang dieser
pädosexuellen Identität und ist entsprechend angstmachend. Gerade Pati- Selbst engagierte therapeutische Begleitung fixiert als ausgrenzende
enten, die wie der eingangs zitierte Pädophile auf ihr ich-syntones Symp- Spezialisierung das Individuum dort auf das Stigma, "behandlungsunfä-
tom nicht verzichten können, sondern aus Gründen psychischen Über- hig", "therapieresistent", "unbehandelbar", "refraktär"oderein "Thera-
lebens daran festhalten müssen, lösen in Therapeuten häufig Phantasien pieversager" zu sein. Anders ausgedrückt, gerinnt das Wechselspiel zwi-
über unrealistische Therapiezicle aus, die an den Möglichkeiten des Pati- schen Subjekt- und Objektpositionen von Individuum und Institution zum
enten oder an der Wirklichkeit vorbeigehen (Schorsch et al. 1985, 103): erstarrten Entweder-Oder einer zur strukturellen und subtil psychothera-
So schlug der Gutachter im konkreten Fall vor, diesem Patienten im Sinne peutischen Totalisierung tendierenden Reform (Kobbe 1994, 163-165):
einer wahrlich schlichten Aversions- und Verhaltenstherapie das Vermei- Damit geraten Patient wie Therapeut u.U. in den "Zangengriff eines kom-
den der Aufenthaltsorte von Kindern anzutrainieren. Als Symptomkon- promißlosen Logos, das heißt, eines harten Entweder-Oder" (Stierlin
trolle dürfte der Slalom um Kindergärten, Schulen, Spiel- und Sportplätze, 1992, 35), das einem Sowohl-als-Auch - wie im Mythos - keinen Platz
Bäder, Jugendtreffs, Fußgängerzonen, Spielstraßen usw. ebenso unreali- mehr läßt, ein Offenhalten der Zukunft nicht gestattet, und dennoch nicht
stisch sein wie der oberflächliche Übungsansatz angesichts ich-syntoner zu einer (Er)Lösung führt. "Ödipus, sein Name ist atheos. Er erfindet et-
Verarbeitung auch die mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit auf Seiten des was Schlimmeres als Tod oder Exil." Die Auflösung "ist nicht mehr Mord
Patienten schlechthin ignoriert. Die ebenso unrealistische Alternative war oder ein plötzlicher Tod, sondern das Überleben in der Gnadenfrist, der
dann die Negierung der Störung durch Umdefinition zum "päderastrischen endlosen Verschleppung" (Deleuze & Guattari 1980, 173-174): Der Pati-
Überbein". ent könnte mit der Verlegung auf die Parkstation an einem point of no
return, einem Punkt unumkehrbarer Ausgrenzung angelangt sein, an dem
Das Präfix "über" des Neologismus verweist im übrigen darauf, daß dieses foren- die Störung und attribuierte Negatividentität durch Prozesse der Etikettie-
sische Objekt nur "Oberflächenphänomen" (Vattimo 1985, 42) eines Wortspiels rung, des Labeling, durch Halo-Effekte 10 und sich selbst erfüllende Pro-
und insofern nur ein Ich-qua-Metapher (Jaynes 1976, 83-84) ist, dessen Dekonstruk- phezeiungen so verstärken, daß ihm eine Weiter- und Herausentwicklung
tion auch bei "Interpretation inprogress" (Vattimo 1985, 49) keine Übereinstim- aus der identitätsstiftenden Zugehörigkeit zur Anti-Gruppe der "Unbehan-
mung von Metapher und realer tragischer Existenz des Ich-qua-Analogon (Jaynes delbaren", der 'Beweis' nun doch erfolgreicher erscheinenden Behand-
1976, 83) anzeigt oder ermöglicht: Imparspro toto der Reduzierung des Patienten
lung kaum, sprich erst recht nicht mehr gelingen dürfte 1 '. Denn im Über-
auf eine Eigenschaft kann der Überbeinige daher weder als Subjekt gedacht noch
gangs- und Wandlungsmotiv der Sphinx wie in der Metapher des Über-
erkannt werden.
132 Ws! : PP4.J K . (1997) H. l
WsFPP4.Jg. (1997) H. l 133
Beins deutet sich auch eine Vorbereitungsphase zum Über-Schreiten der nen: Erst in einer gegenseitigen Unzulänglichkeit finden diese Patienten
defensiv-statischen Dreibeinposition des Über-Stehens der Unterbringung ihren Platz als begehrendes Subjekt. Das mag mitnichten begeistern und
an, d.h. eine latente und u.U. langwierige Übergangsphase, die den Über- wenig zufriedenstellen, so doch aber beruhigen und entlasten:
Gang vom Zu-Stand zum ersten therapeutischen Fort-Schritt vorbereitet.
Analog müßte sich der abwartende Therapeut darauf einlassen, entlang "Der Ausweg aus der Tragödie ist die Tragödie selbst: Ihre Wirkung ist als
einer "merkwürdig positive(n) Trennungs- oder Deterritorialisierungsli- Reinigung der Leidenschaften durch die Leidenschaften zu begreifen. ... Denn
nie" zu wandern: "Statt der genauen Grenzen, die man ordnungsgemäß wenn man den »Schrecken« und das »Mitleid« durch Mitleid und Schrecken ver-
treibt, wird man ihnen wohl kaum entrinnen können. Aber wer sagt denn, daß man
überschreitet oder die man im Gegenteil nicht überschreiten darf (Hybris),
es sollte? ... Weder Sophokles noch Freud lehren uns, nicht Ödipus zu sein"
enthüllt sich eine verborgene Grenze" (Deleuze & Guattari 1980, 173).
(Glucksmann 1983, 208).
"Wohl lerne ich sie auf ihre Art Schreiten und Vorwärts-Schreiten:
das heiße ich ihr Humpeln -. Damit werden sie jedem zum Anstoß, der Eile hat." Die dramatische Situation des - noch - nicht erfolgreich Behandelbaren
(Nietzsche 1891, 137) impliziert folglich keine Katharsis i.S. eines harmonischen Ausgangs
(Melchinger 1974, 231), eines 'glücklichen Endes' der Maßregel: Antike
Der nicht nur zweiseitige, sondern auch zweiwertige Charakter der Tragödie und jetziger Bocksgesang ermöglichen Katharsis nur "durch die
widersprüchlichen Psyche legt nahe, deren Ambivalenz ohn-mächtig aus- unausweichliche und trostlose Notwendigkeit des inneren Entscheidungs-
zuhalten, ihre scheinbar statischen Dynamik mitzumachen und den Zwie- gangs des Subjekts am Grunde seiner Verzweiflung" (Warsitz 1995, 94);
spalt ohne Polarisierung, ohne Entwertung, ohne einseitiges Macht- also nicht durch philantropisch.es Mitleid, sondern im 'Mit-leiden' im
bedürfnis zu bewältigen. Denn /u den prädiktiven Faktoren psychoanaly- Affekt (Melchinger 1974, 208). Durch eine ernüchternde Radikalität der
tisch orientierter Psychotherapie, mithin auch Eingangsvoraussetzungen therapeutischen Selbstbescheidung folglich, eine Herausforderung des
gehört die Aufnahmebercilschaft des Patienten, die durch zwei Faktoren therapeutischen Selbstverständnisscs diesseits jedes offensiven Heilungs-
bestimmt wird (Orlinsky et al. 1994): Dem Faktor 'Offenheit versus Ver- anspruchs und Mythos der Heilbarkeit, jenseits eines therapeutischen
teidigungshaltung ' und dem Faktor 'Bereitschaft/Fähigkeit des Patienten, Nihilismus und abschiebenden Aufgebens: " Die tragische Zerrissenheit ist
sich auf Erfahrungen und Gefühle einzulassen und diese zu artikulieren'. ja gerade das Zusammenwirken der neu erworbenen Erkenntnis und der
Beide Faktoren knüpfen an die oben diskutierte Angstabwehr und Feind- Unmöglichkeit, auf die alte Forderung zu verzichten" (Starobinski 1976,
seligkeit an, verweisen auf das indizierte Offenhalten der - noch nicht - 61).
therapeutischen Situation und das grundsätzliche Empathieangebot der
Therapeuten. Es bleibt daher wohl nur, diese Patienten in ihrer Ohn- und
Trotzmacht (Frankl 1949, 106) ebenso ohnmächtig anzunehmen, sie im Fußnoten
"fraglosen Aushaltenkönnen und Standhalten" mit "gelassene(m) Trotz" 1 Der heute abfällig verwendete Begriff 'Päderastie' kommt vonpais (Knabe) und eran
(Jaspers 1948, 94) ohne Manipulationsbestreben oder Abschiebetendenzen (lieben) in der griechischen Antike und bezeichnete eine Knabenliebe zu vorpubertären
engagiert, unverzweifelt und ambivalent in die Behandlungsstationen inte- Jungen (Licht 1965, 246); heute wird der Terminus 'Päderastie' vielfach ausschließlich
griert zu begleiten. Als Bedingung wird hierbei vorausgesetzt, daß die Kli- für Analkoitus reserviert (Schorsch 1975, 52).
2 Die Doppelgeschlechtlichkeit, die im Gastmahl des Platon(o.J., 130-135, Z. 189d-193e)
nik ihren Anspruch auf Omnipotenz und Omnipräsenz aufgeben kann, sich von Aristophanes als Mythos der androgynen "Kugelhaftigkeit des ursprünglichen Men-
angesichts dieser Patienten keineswegs als - schuldhaft - inkompetent oder schen" (Lacan 1960/64,224) berichtet wird und auf die Spaltung des bisexuellen Subjekts
defizitär empfindet, sondern sich als im positiven Sinne ohnmächtig und hindeutet, das "die beiden, aber in sich abgeschlossenen, nicht-kommunizierenden Ge-
mangelhaft, sprich, sich affirmativ als unvollständig begreifen und beja- schlechter" besitzt (Behrendt o.J., 67). Aristophanes erklärt über die Teilung des Ku-
gelmenschen u.a. die pädophile Neigung, da der "Liebhaber von Knaben" in diesen
hend anerkennen kann (Feuling 1988, 42). Denn das dergestalt gestörte "seiner eigenen Hälfte begegnet" (Platon o.J., 133, Z. 191e-192c). Von Bedeutung ist
Subjekt braucht beider Mangel, um eine Beziehung zulassen bzw. aufneh- die sexuelle Differenz, weil sie nicht als Unterschied zwischen konkreten Subjekten zu
men, einen sozialen Ort finden und ein emotionales Band ertragen zu kön- verstehen ist, sondern als eine beide Geschlechter determinierende, sie 'durchquerende'

134 WsFPP4Jg. (1997) H. l WsFPP4Jg. (1997) H . l 135


Struktur, ohne die sexuelle Differenz m einen Androgynismus aufzulösen (Gürtler 1996, AISCHYLOS (467 v.Chr.) a: Sieben gegen Theben. In: AISCHYLOS (o.J.) a.a.O., S. 285-
38). Unter Bezug auf Arendts Ausführungen zur "Gebürtigkeit" oder Natalität (Arendt 325
1981) ist das Subjekt daher "als generatives Subjekt" gedacht, d.h. "als ein durch die AISCHYLOS (467 v.Chr.) h: Fragmente aus der Sphinx. In: AISCHYLOS (o.J.) a.a.O..
Zweigeschlechtlichkeit hindurch, über die Achsen der 'doppelten Differenz' von Gen- S. 326
erativität und Geschlecht konstituiertes Subjekt" zu begreifen (Gürtler 1996, 40).
AISCHYLOS (Übers. L. Wolde): Tragödien und Fragmente. Dieterich, Leipzig o.J.
"Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei hier ein für allemal betont, daß überall, wo wir ANSELM, S. 1985 (1979): Angst und Solidarität. Eine kritische Studie zur Psychoanalyse
in unseren Ausführungen von Kastration sprechen, das Symbol der Kastration gemeint der Angst. Syndikat/EVA, Frankfurt a.M. 1985
ist. niemals ein personalistischer, d.h. durch eine Drohung in der individuellen Kindheit ARENDT, H. 1981: Vita acliva oder Vom tätigen Leben. Piper, München 1981
erworbener Kastrationskomplex, der sich konkretistisch auf das männliche Genitale be- AUCHTER, Th. 1991: Das fremde eigene Böse. Zur Psychoanalyse von Schuld. Schani und
zieht" (Neumann 1968, 54). Verantwortung. In: S C H U M A N N . V. & DIMMEK. B. (1992) a.a.O., S. 31-62
Zur sprachexperimentell-sprachanalytischen Bedeutung der Homophone s. Kohbe BASAGLIA, F. & BASAGLIA-ONGARO, F. 1980(1975): Befriedungsverbrechen, I. Der
(1995, 134-140). Techniker des praktischen Wissens. In: BASAGLIA/FOUCAULT/CASTEL/WULFF/
Zur etymologischen Identität von VulvaundBaubo s. Devereux (l 981. 70); zum Zusam- CHOMSKY/LAING/GOFFMAN u.a. (1980): Befriedungsverbrechen. Über die Dienst-
menhang von Gorgo und Sphinx s. Devereux (1981, 57); zum Kontext von Medusa und barkeit der Intellektuellen. LVA, l ; rankfurt a.M. (1980) S. 11-54
Gorgo s. Freud (1940), Ferenczi (1923) und Devereux (1981, 73-74); zur spezifisch my- BECKER, G. &SCHORSCII, !•. 1975: Die psychoanalytische Theorie sexueller Deviatio-
thologischen Ambivalenz der Medusa und Gorgo s. Schlesier (1981, 190 Fn 4) und Ver-
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BEHRENDT, G. ( o . J . ) : ( A m i ) Odipus-Sprache-Frau. Anti-Ödipus-Sprache: Kritik der
"Denn schließlich, machen wir uns da nichts vor, mag Freud die Schizophrenen nicht,
symbolischen Ordnung. In: H l i l N / , R. & THOLEN, G.Ch.: Schizo-Schleichwege. Bei-
nicht ihren Widerstand gegenüber der Ödipalisierung, neigt er viel eher dazu, sie wie
träge zum Anü-Ödipus. Impuls, Bremen ( o . J . ) S. 59-73
Idioten zu behandeln" (Deleuze & Guattari 1972, 32; s.a. Bergeret 1984, 144-146).
BERGERET, J. 1984: La violence fondamentale. L'inepuisable Oedipe. Dunod, Paris 1984
Ähnliches widerfährt den schwer persönlichkeitsgestörten Straftäter und ihrer psycho- BERNER, W. & B O L T l i R A U l i R . J. 1995: 5-Jahres-Verläufe von 46 aus dem therapeuti-
tischen Abwehr durch viele Repräsentanten der klassischen Psychoanalyse auch noch
schen Strafvollzug entlassenen Sexualdelinquenten. In: R&P, 13.Jg. (1995) H.3, S. 114-
bzw. wieder heute .. 118
"In der tragischen Poesie waren homoerotische Motive so häuf ig, daß einige alte Kritiker BIGLER, B. 1978: Probleme des heutigen Massnahmevollzugs. In: SCHUH, J. (Hrsg.):
die Tragödie eine «Pflege-Ställe der Päderaslie» genannt haben" (Licht 1965, 266). Aktuelle Probleme des Straf- und Massnahmenvollzugs. Rüegger. Grüsch (1987) S. 163-
Das Ursprungszitat aus dem Johannes Evangelium, 1 1 . Kapitel, lautet: "Diese Krank- 179
heit ist nicht zum Tode". BION, W.R. 1992 (1963): Elemente der Psychoanalyse. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1992
Die Maxime der Stoiker war: 'Keine Hoffnung, keine Furcht' (nee spe nee metu). BLASIUS, D. 1986: Irrwege der Reform. Zum Mythos psychiatrischen Fortschritts. In:
Halo-Effekt = Generalisierung einer - negativen - Eigenschaft auf die ganze Person. BLASIUS, D. 1986: Umgang mit Unheilbarem: Studien zur Sozialgeschichte. Psychia-
Und für die Mitarbeiter dürfte die Arbeit mit diesen Patienten - wie aus eigener Super- trie-Verlag, Bonn (1986) S. 91-102
visionstätigkeit auf einer solchen Parkstation in einer anderen forensischen Psychiatrie BROCKMANN. J. 1995: Liefert die empirische Psychotherapieforschung relevante Ergeb-
zu berichten - angesichts der aus Hoffnungslosigkeit, aus der 'Länge der Zukunft' re- nisse für die Praxis des Psychoanalytikers? Über Wirkfaktoren psychoanalytisch orientier-
sultierenden selbst- und fremdaggressiven Phantasien und Reaktionen äußerst schwer zu ter Psychotherapie. In: Forum Psychoanal, 11.Jg. (1995) H.4, S. 348-364
ertragen sein, wie auch Bigler (1987, 167) zur Arbeit mit "Zustandsdelinquenten" im BRONFEN. E. 1995: Vom Omphalos zum Phallus: Weibliche Todesrepräsentanzen als
schweizer Massnahmevollzug anmerkt. kulturelles Symptom. In: rebus, Nr.8/9 (1995/96) S. 73-92
CIXOUS, H. 1977: Die unendliche Zirkulation des Begehrens. Merve, Berlin 1977
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Anschrift des Verfassers

Dr. phil. Ulrich Kobbc


Westf. Zentrum für Forensische Psychiatrie Lippstadt
Eickelbornstr. 21
D-59556 Lippstadt

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