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Der Kürenberger
Der Falke
[Text nach 1150]
Ich zôch mir einen valken mêre danne ein jâr. (I) Ich zog mir einen Falken länger als ein Jahr.
dô ich in gezamete als ich in wolte hân Als er von mir gezähmt und mir zu Wunsche war
und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant, und ich um sein Gefieder goldene Bänder wand,
er huop sich ûf vil hôhe und fluog in ándèriu lant. steil stieg er in die Lüfte und flog in andere Land.
Sît sach ich den valken schône fliegen. (II) Fortan sah ich den Falken herrlich schwingen;
er fuorte an sînem fuoze sîdîne riemen, er trug an seinem Fuße seidene Schlingen,
und was in sînem gevidere alrôt guldîn. es glänzte sein Gefieder um und um von Gold.
got sende si zesamene die gerne gelíep wéllen sîn! Gott sende sie zusammen, die sich sehnsüchtig hold.
In den tîden van den jâre (I) In des Jahres frühen Zeiten,
dat dî dage werden lanc wenn die Tage lang werden,
énde dat wéder weder clâre, und der Himmel wieder hell ist,
sô ernouwen openbâre da erneuern öffentlich, für alle hörbar
mérelâre heren sanc, die Amseln ihren herrlichen Gesang,
dî uns brengen lîve mâre. der uns grosse Lust bereitet.
gode mach hers weten danc Dann mag auch Gott danken,
dê hévet rehte minne wer rechte Minne trägt,
sunder rouwe ende âne wanc. die ohne Betrübnis und ohne Zweifel ist.
Ich wil vrô sîn dore here êre (II) Froh will ich sein um ihrer Ehre willen,
dî mich hevet dat gedán die mich veranlasst hat,
dat ich van den rouwen kêre mein Leiden zu missachten,
dê mich wîlen irde sêre. das mich lange so tief verwundet hat.
dat is mich nû sô ergân: Nun aber ergeht es mir so:
ich bin rîke ende grôte hêre Ich bin beglückt und erhoben,
sint ich muste al umbevân seit ich bei ihr sein darf,
dî mich gaf rehte minne die mir rechte Minne gab,
sunder wîc ende âne wân. die ohne Anfechtung und Vermutungen ist.
Dî mich drumbe willen nîden (III) Mag den Neidern nicht behagen,
dat mich lîves ît geschît, dass mir Liebes nun geschieht,
dat mach ich vele sáchte lîden, das will ich sehr gerne ertragen,
mîne blîtscap nît vermîden mich von der Freude nicht fernhalten,
ende enwille drumbe nît und ich will deshalb nicht
nâ gevolgen den unblîden, in Trübsinn verfallen,
sint dat sî mich gerne sît da ja sie mich gerne sieht,
dî mích dore rehte minne um deren rechte Minne
lange pîne dolen lît. ich lange mich bemühte und litt.
Ze frouwen habe ich einen sin: (III) Über die Damen denke ich so:
als sî mir sint, als bin ich in. So wie sie zu mir sind, so bin ich zu ihnen.
wand ich mac baz vertrîben Denn ich kann besser meine Zeit
die zît mit armen wîben. mit Frauen verbringen, die nicht von Stand sind.
swar ich kum, da ist ir vil: Wo ich auch hinkomme, gibt es viele von ihnen,
dâ vinde ich die diu mich dâ wil. und da finde ich jene, die auch mich will:
diu ist ouch mînes herzen spil. Die ist dann die Freude meines Herzens.
waz touc mir ein ze hôhez zil? Was nützt mir ein zu hohes Ziel?
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Minnesang
Si nam daz ich ir bôt (II) Sie nahm an, was ich ihr bot,
einem kinde vil gelîch daz êre hât. wie ein Kind von Anstand, das Verehrung verdient.
ir wangen wurden rôt Ihre Wangen wurden rot,
same die rôse, dâ si bî der liljen stât. gleich einer Rose, wenn sie unter Lilien blüht.
do erscâmpten sich ir liehten ougen: Scham verdunkelte ihre hellen Augen,
dóch neic si mir schône. doch sie neigte sich mir anmutig zu.
daz wart mir zu lône: Das wurde mir zum Lohn,
wirt mirs iht mêr, daz trage ich tougen. und wird mir mehr zuteil, bewahre ich Schweigen.
Mich dûhte daz mir nie (IV) Mir schien, dass mir niemals
lieber wurde, danne mir zu muote was. seliger zumute war als damals.
die bluomen vielen ie Blüten fielen immerfort
von dem boume bî uns nider an daz gras. von dem Baum um uns nieder in das Gras.
seht, dô muost ich von fröuden lachen. Ja, ich lachte vor Glück.
do ich sô wünneclîche Und als ich so den Traum
was in troume rîche, von der Fülle des Glücks träumte,
dô tagete ez und muose ich wachen. da wurde es Tag, und ich musste erwachen
Mir ist von ir geschehen, (V) Sie hat mich dazu gebracht,
daz ich disen sumer allen meiden muoz dass ich diesen Sommer allen Mädchen
vaste únder d’ougen sehen: tief in die Augen sehen muss.
lîhte wirt mir einiu: so ist mir sorgen buoz. Finde ich die eine, dann schwände mein Kummer.
waz óbe si gêt an disem tanze? Wie, wenn sie in diesem Tanz mittanzt?
frouwe, durch iuwer güete Frauen, habt die Güte,
rucket ûf die hüete. rückt empor die Hüte!
ôwê gesæhe ich si under kranze! Ach sähe ich sie doch unter dem Kranz!
3
Minnesang
4
Minnesang
Anonym
[Aus dem Lochamer Liederbuch (1452-60); Text bedeutend älter, mündlich überliefert]
Ich spring an diesem ringe (I) Ich spring’ bei diesem Reigen
des pesten so ichs kan so gut ich’s eben kann
von hübschen frewlein singen und sing’ von hübschen Fräulein,
als ichs geleret han wie ich’s gelernt habe.
Ich raidt durch fremde lande Ich ritt durch fremde Lande.
Do sach ich mancher hande Da sah ich mancherlei,
do ich dy frewlein vand. wo ich die Fräulein fand.
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Schmid · Deutsch
Den frewelein soll man hofieren, 0 (VII) Die Fräulein soll man hofieren
alzeyt und weil man mag, jederzeit und solange man kann.
die zeit dy kommet schire, Die Zeit, die kommt schnell,
es wirt sich alle tag wenn es jeden Tag schlechter wird.
Nun pin ich worden alde, Nun bin ich alt geworden,
zum weinen muß ich mich hgalden 5 ich muss mich an den Wein halten,
all dy weyl ich mag solange ich kann.