Sie sind auf Seite 1von 2

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/koeln-das-steht-im-internen-polizeibericht-zur-silvesternacht-a-1070837.

html

Interner Polizeibericht zu Kölner Silvesternacht: "Es waren


einfach zu viele zur gleichen Zeit"

DPA

Donnerstag, 07.01.2016

Ein internes Protokoll der Polizei offenbart das ganze Ausmaß der Kölner
Silvesterübergriffe. Laut dem Report, der dem SPIEGEL vorliegt, befürchteten die
Beamten Tote. Der Autor schildert die Situation als "chaotisch und beschämend".

Der Staat war in der Silvesternacht von Köln nicht mehr Herr der Lage. Das geht aus einem
internen Bericht der Bundespolizei hervor, der dem SPIEGEL vorliegt. Verfasser des Berichts, der
auf den 4. Januar datiert ist, ist ein leitender Beamter. Er schreibt: "Frauen mit Begleitung oder ohne
durch liefen einen im wahrsten Sinne 'Spießrutenlauf' durch die stark alkoholisierten
Männermassen, wie man es nicht beschreiben kann." Die Masse vor dem Bahnhof und im Gebäude
habe sich durch die Polizisten nicht beeindrucken lassen
Dem Bericht zufolge trafen die Beamten auf zahlreiche verstörte, weinende, verängstigte Passanten,
insbesondere Frauen und Mädchen. Diese hätten "Schlägereien, Diebstähle, sex. Übergriffe an
Frauen usw." gemeldet. Als Täter wurden immer wieder männliche Migrantengruppen genannt.
Eine Identifizierung - insbesondere der Täter bei sexuellen Übergriffen - "war leider nicht mehr
möglich" - denn: "Die Einsatzkräfte konnten nicht allen Ereignissen, Übergriffen, Straftaten usw.
Herr werden, dafür waren es einfach zu viele zur gleichen Zeit." Man habe nicht jedem Opfer
helfen können, was die Polizisten frustriert habe. Zeitweise sei es nicht möglich gewesen,
Strafanzeigen aufzunehmen.
Der Bericht listet einige Beispiele für konkrete Erlebnisse von Polizisten auf:
• Beamte wurden demnach durch enge Menschenringe daran gehindert, zu Hilferufenden
vorzudringen
• Ein Mann wird zitiert: "Ich bin Syrer, ihr müsst mich freundlich behandeln! Frau Merkel hat
mich eingeladen."
• Zeugen wurden bedroht, wenn sie Täter benannten.
• Menschen zerrissen dem Bericht zufolge vor den Augen der Polizisten Aufenthaltstitel,
grinsten und sagten: "Ihr könnt mir nix, hole mir morgen einen neuen." Ob es sich um echte
Dokumente handelte und um welche Art von Dokumenten, geht aus dem Bericht nicht
hervor.
• Erteilte Platzverweise wurden ignoriert; Wiederholungstäter in Gewahrsam zu nehmen, war
aufgrund fehlender Kapazitäten nicht möglich.
• Nach Gleissperrungen wegen Überfüllung seien Leute einfach auf das Nebengleis und dann
über die Schienen wieder auf den gesperrten Bahnsteig gegangen.
• Beim Einsteigen in Züge gab es körperliche Auseinandersetzungen, es galt das "Recht des
Stärkeren".
Die Situation ("Chaos") geriet derart außer Kontrolle, dass laut Autor mit erheblichen Verletzungen
oder sogar Todesopfern zu rechnen gewesen sei. Daher habe man sich in der Einsatzleitung für eine
Räumung des Platzes entschieden. Dazu notiert der Bericht, Polizisten seien "mit
Feuerwerkskörpern beschossen und mit Flaschen beworfen" worden. Auch nach der Räumung sei
es "immer wieder zu mehrfachen körperlichen Auseinandersetzungen vereinzelter Personen wie
auch Personengruppen, Diebstählen und Raubdelikten an mehreren Ereignisorten gleichzeitig"
gekommen.
Der Verfasser des Berichts zieht ein düsteres Fazit: Den Maßnahmen der Beamten sei mit einer
Respektlosigkeit begegnet worden, "wie ich sie in 29 Dienstjahren noch nicht erlebt habe". Weil
man nicht genug Einsatzkräfte gehabt habe, seien die Polizisten" ziemlich schnell an die
Leistungsgrenze" gekommen - der Einsatz hatte von 21.45 bis 7.30 Uhr gedauert. Der Bericht nennt
als eines der Hauptprobleme für die Überforderung der Beamten zu wenig Personal und Schwächen
bei der Ausrüstung, was "so nicht zu erwarten" gewesen sei. Die gesamte Situation in der
Silvesternacht beschreibt der Autor als "chaotisch und beschämend".
Inzwischen sind bei der Polizei in Köln mehr als 100 Anzeigen eingegangen. In einer ersten
Mitteilung am Neujahrsmorgen hatte die Pressestelle die Einsatzlage noch als "entspannt"
beschrieben. Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers räumte später ein: "Diese erste Auskunft war
falsch."

Das könnte Ihnen auch gefallen