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Lokale Kritische Infrastrukturen

KRITIS-Kataster: Schutzgutorientierte Identifikationsansätze für die


kommunale Gefahrenabwehr- und Katastrophenschutzplanung

Dr.-Ing. Thomas Münzberg | info@doktormuenzberg.de

26.04.2020 Vorstellungsgespräch Thomas Münzberg 26.04.2020 1 1


Kritische Infrastrukturen: Definition
Vorherrschender Definitionsansatz Kritischer Infrastrukturen

Kritische Infrastrukturen: vorherrschender Definitionsansatz

„Kritische Infrastrukturen sind Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche
Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche
Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“ (BMI, 2011a).

- Konsensdefinition zwischen dem Bund und den Ländern innerhalb der Innenministerkonferenz basierend
auf dem Beschluss des Arbeitskreises Kritische Infrastruktur beim Bundesministerium des Innern vom
17. November 2003.
- Erstmalige Verwendung als Rechtsbegriff mit der Novellierung des Raumordnungsgesetzes (ROG) in 2008
- Entsprechend § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG ist dem Schutz Kritischer Infrastrukturen in Raumordnung
„Rechnung zu tragen“
- Erstmalige Definition mit Rechtskraft im Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSIG)
- In § 3 Abs. 10 Satz 2 BSIG werden Kritische Infrastrukturen definiert als „Einrichtungen, Anlagen oder
Teile davon, die […] von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sind, weil durch
ihren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen für die
öffentliche Sicherheit eintreten würden“
Dr. Münzberg
Kritische Infrastrukturen: Definition
Vorherrschender Definitionsansatz Kritischer Infrastrukturen

Kritische Infrastrukturen: vorherrschender Definitionsansatz

„Kritische Infrastrukturen sind Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche
Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungs-engpässe, erhebliche
Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“ (BMI, 2011a).

Sektoren- und Brancheneinteilung


in Deutschland (vgl. BMI, 2011a)

Dr. Münzberg
Kontroversität vorherrschender Definitionsansätze
Eine Frage der Perspektive

Warum führt der vorherrschende


vorherrschenderDefinitionsansatz
Definitionsansatzzu
zuKontroversität?
Kontroversität?

In der kommunalen Gefahrenabwehr- und Katastrophenschutzplanung führt dieser Definitionsansatz


wiederkehrend zu kontroversen Diskussionen, bestimmte Einrichtungen als Kritische Infrastrukturen zu
erkennen. Einige Gründe sind:
- Bestehende Sektoren- und Brancheneinteilung zielt stark auf Bundesrelevanz und Europäische Kritische
Infrastrukturen ab
- Kaum vereinbar mit dem örtlich-zeitlichen Bezug der Planungen kommunaler Gefahrenabwehr
- Keine objektive Sachverhaltselemente für die Gefahrenprognose feststellbar
- Kein bundeseinheitliches Verständnis über konkrete schutzwürdige Bauten als Lokale Kritische
Infrastrukturen ableitbar
- Die informationstechnische Sicherheit orientiert sich mit der BSI-KritisV auf zu erbringende kritische
Dienstleistungen
- Es fehlt der örtlich-zeitliche und objektspezifische Bezug für die Anwendung in der Gefahrenabwehr
- Regelschwellenwert in der informationstechnischen Sicherheit: Eine kritische Dienstleistung wird erkannt,
wenn eine Einrichtung über 500.000 Personen im Jahr versorgt (BMI, 2017)
- Keine schutzgutorientierte Betrachtung durch eine Gefahrenprognose

Dr. Münzberg
Lokale Kritische Infrastrukturen
Schutzgutorientierte Identifikationsansätze

Welche Schutzpflichten sind mit dem kontinuierlichen Betrieb von Kritischen Infrastrukturen
im wesentlichen verbunden?

Schutzpflicht auf körperliche Unversehrtheit Sozialstaatliche Leistungspflicht

Aus dem Grundrecht „auf Leben und Die sozialstaatliche Leistungspflicht leitet sich aus
körperlicher Unversehrtheit“ nach dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1. GG
Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit dem im her (Murswiek, 2009, Rn. 213). Demnach führt das
Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Schutz der Sozialstaatsprinzip zu einer Schutzpflicht zur
unantastbaren Menschenwürde leitet sich die Daseinsvorsorge, die in den Fällen eintritt, in
Abwehr vor unzulässigen Eingriffen als denen sich der Einzelne nicht allein helfen kann
Schutzpflicht des Staates her (u. a. BVerfGE 46, und es der Solidarität der Gemeinschaft bedarf
160, 164; BVerfGE 45, 187, 254 f.; BVerfGE 56, 54, (ebd.).
63; Dietlein, 2005, S. 62 ff.; Stern, 2010, 241 ff.;
Schulze-Fielitz, 2004, Rn. 76 ff.; Sachs, 2009, Art.
1 Rn. 35; Walus, 2012).

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Schutzgutorientierte Identifikationsansätze

Welche Schutzpflichten sind mit dem kontinuierlichen Betrieb von Kritischen Infrastrukturen
im wesentlichen verbunden?

Schutzpflicht auf körperliche Unversehrtheit Sozialstaatliche Leistungspflicht

Ein Schutzgut in Gefahr: Rechtsdefinition einer Gefahr

Polizei- und ordnungsrechtliche Generalklausel: Eine Gefahr ist eine Sachlage, die in absehbarer Zeit mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit bei ungehindertem Geschehensablauf zu einem Schaden für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung führen würde (u. a. Götz, 2001, S. 61 ff; BVerwGE 45, 51, 57; OVG Koblenz, NVwZ,
1992, 499; Jochum und Rühle, 1996, Rn. 38; § 2 Nds. SOG). Ein Schaden stellt eine objektive Verschlechterung
oder Verletzung des Schutzguts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar (Götz, 2001, S. 61 ff.).

Um Lokale Kritische Infrastrukturen im Hinblick auf grundrechtliche Schutzpflichten des Staates zu


identifizieren, sind entsprechende Schutzgüter herauszustellen und auf Einrichtungen zu projizieren.

Dr. Münzberg
Lokale Kritische Infrastrukturen
Schutzgutorientierte Identifikationsansätze
Schutzgutorientierte Identifikationsansätze

Lokale Kritische Infrastrukturen lassen such aufgrund ihres Schutzgutcharakters bestimmen, so bspw. anhand

- ihrer anhaftenden betrieblichen Eigengefahr im Sinne des SÜG, des BImSchG und im Sinne des Schutzes von Leib
und Leben von Menschen, Tieren, bedeutenden Sachgütern und die natürliche Lebensgrundlage nach Art. 2 GG,
- ihrer schutzwürdigen Nutzung und Festlegung als sensible Einrichtungen im Sinne Art. 13 Seveso-III-Richtlinie und
§ 50 BImSchG,
- ihrer Funktion zur Sicherstellung der lebensnotwendigen Versorgung im Sinne der
Landeskatastrophenschutzgesetze,
- ihrer Funktion zum Schutz des Bestandes und die Funktionsfähigkeit des Staates, seiner Einrichtungen und
sonstige kollektive Rechtsgüter im Sinne der polizei- und ordnungsrechtlichen Generalklausel,
- ihrer Funktion zur Sicherstellung von Leistungen der Daseinsvorsorge,
- ihrer Funktion zur Sicherstellung von Leistungen nach den Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze,
- ihrer Festlegung als Europäische Kritische Infrastruktur im Sinne EU-Richtlinie 2008/114/EC,
- ihrer Festlegung als Kritische Infrastruktur mit Bundesrelevanz im Sinne des BSIG und der KritisV
- ihrer Festlegung als lebenswichtige Einrichtungen und verteidigungswichtige Einrichtungen im Sinne des SÜG
und
- ihrer Funktion zur Sicherstellung der Leistungen der Grundversorgung in Klein- und Unterzentren im Sinne des ROG

Dr. Münzberg
Schutzgutorientierte Identifikationsansätze
Lokale Kritische Infrastrukturen identifizieren: die Rechtsgrundlagen für KRITIS-Kataster
Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

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Schutzgutorientierte Identifikationsansätze
Lokale Kritische Infrastrukturen identifizieren: die Rechtsgrundlagen für KRITIS-Kataster
Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

Landesspezifischen Brand-, Hilfeleistungs- und Katastrophenschutzgesetze


- Betrachtete Schutzgüter
- Leib und Leben von Menschen, Tieren, bedeutende Sachgüter und die Umwelt
- Außer in Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz wird des Weiteren genannt
- die lebensnotwendige Versorgung
- (vgl. § 16 Abs. 1 SaarBKG, § 25 ThürBKG, § 1 Abs. 1 LKatSG S-H, § 1 Abs. 2 LKatSG M-V,
§ 1 Abs. 2 BHKG NRW, § 24 HessBKG, § 1 Abs. 2 BbgBKG, § 1 Abs. 2 LKatSG B-W) bzw.
- die „lebenswichtige Versorgung“
- (vgl. § 1 Abs. 2 KatSG-LSA, § 1 Abs. 2 NKatSG, § 37 Abs. 2 BremHilfeG),
- die „natürliche Lebensgrundlage“
- (vgl. § 1 Abs. 2 BayKSG) und
- die „Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern und Leistungen“
- (vgl. § 2 Abs. 3 SächsBRKG)

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Lokale Kritische Infrastrukturen identifizieren: die Rechtsgrundlagen für KRITIS-Kataster
Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

- „lebenswichtige Versorgung“ ist Rechtsbegriff im Sabotageschutz des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes


(SÜG)
- § 1 Abs. 5 SÜG definiert lebenswichtige Einrichtungen und verteidigungswichtige Einrichtungen:
- Beides sind Einrichtungen, „deren Beeinträchtigung auf Grund der ihnen anhaftenden betrieblichen
Eigengefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung erheblich gefährden kann“.
- lebenswichtige Einrichtungen: Einrichtungen, die „für das Funktionieren des Gemeinwesens
unverzichtbar sind und deren Beeinträchtigung erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung
und somit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen lassen würde“.
- Verteidigungswichtige Einrichtungen sind solche, die für die Herstellung und den Erhalt der
Verteidigungsbereitschaft nicht kurzfristig ersetzbar sind.
- In Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung (SÜFV) werden lebenswichtige Einrichtungen in den
Zuständigkeitsbereich der Bundesministerien festgelegt. Länder können weitere Landesverordnungen in
Kraft setzen.

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Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

- Betriebliche Eigengefahren bestehen bei erhöhtem Gefahrenpotential insbesondere im Zusammenhang mit


- Gefahrstoffen und -gütern
- Kontaminationsgefahren (wie bei Gefahrguttransporten und -lagerung, Anlagen zur Kontrolle und
Reinigung von Altlasten und Schadenstoffen),
- Infektionsgefahren (wie bei Krematorien oder Tierkörperbeseitigungsanstalten),
- Ausfall von Brandschutz- und raumlufttechnischen Anlagen (wie in Tunneln, Bergwerken und
Sonderbauten wie Versammlungsstätten),
- Hochwassergefahren (wie bei Hochwasserschutzanlagen und der Steuerung der Wasserhaltung bei
Hochwasserrückhaltebecken und Talsperren) und
- Flutungsgefahren (wie bei Schöpf-, Sielbau-, Bach-, Fluss- und Seepumpwerken, Schleusen,
Grubenwasserpumpen und Anlagen zur Grundwasserabsenkung)

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Schutzgutorientierte Identifikationsansätze
Lokale Kritische Infrastrukturen identifizieren: die Rechtsgrundlagen für KRITIS-Kataster
Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

- Betriebliche Eigengefahr besteht bei Störfallbetrieben


- Störfallbetriebe sind Betriebe, für die entsprechend der Störfall-Verordnung in der jeweils geltenden
Fassung ein Sicherheitsbericht zu erstellen ist

- Bei Planungsentscheidungen als auch bei Genehmigungsentscheidungen sieht das Störfallrecht nach Art. 13
Seveso-III-Richtlinie angemessene Abstände zwischen Störfallbetrieben und sogenannten schutzwürdigen
Nutzungen vor (störfallrechtliches Abstandsgebot). Angemessene Abstände sind von Störfallbetrieben in der
Bauleitplanung im Rahmen des § 50 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) zu berücksichtigen.

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Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

- Schutzwürdige Nutzungen
- Angemessene Abstände sind von Störfallbetrieben zu schutzwürdigen Nutzungen in der Bauleitplanung
im Rahmen des § 50 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) zu berücksichtigen.
- Keine Festlegung von schutzwürdigen Nutzungen in Seveso-III-Richtlinie und BImSchG
- In der Umsetzung und Auslegung des Störfallrechts finden sich einige nicht abschließende
Einrichtungslisten.
- Wohngebiete, sensible Einrichtungen und wichtige Verkehrswege unterschieden
- sensible Einrichtungen: Anlagen für soziale, kirchliche, kulturelle, sportliche oder gesundheitliche
Zwecke, Schulen, Kindergärten, Altenpflegeheime und Krankenhäuser genannt
- Weitere landesspezifische bauaufsichtliche Auslegungen, u.a. Beherbergungsstätte mit über 60
Gästebetten, Tageseinrichtungen für behinderte Menschen oder Heime und sonstige
Einrichtungen zur Pflege und Unterbringung von Personen

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Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

- Ordnungsrechtliche Generalklausel: Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung


- Öffentliche Ordnung sind alle „ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils
herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen
Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens
innerhalb eines Gebietes angesehen wird“ (BVerfG NVwZ 2004, 90, 91)
- Schutzdimensionen
- der Gesamtheit der objektiven Rechtsordnung,
- der Individualrechte und -rechtsgüter (Individualrechtsgüter des Bürgers) und
- des Bestandes und die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen sowie
sonstiger kollektiver Rechtsgüter (bzw. Kollektivrechtsgüter, Universalrechtsgüter oder kollektiver
Schutzgüter)

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Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

- Gesamtheit der objektiven Rechtsordnung,


- alle öffentlich-rechtlichen Normen, aus denen sich Verhaltenspflichten ergeben

- Bestand und die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen


- Zum Bestand und zur Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen zählen
- alle Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Selbstverwaltungskörperschaften,
Universitäten etc.),
- ihre Behörden und Organe (z. B. Parlamente, Gerichte, Polizei- und Ordnungsbehörden)
- öffentliche Anstalten (z. B. Schulen, Obdachlosenunterkünfte, Rundfunkanstalten),
- die ihnen zugeordneten Einrichtungen (z. B. Theater, Museen, Kasernen) und von ihnen abgehaltene
Veranstaltungen (z. B. Staatsbesuche) (ebd.).

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Schutzgutorientierte Identifikationsansätze
Lokale Kritische Infrastrukturen identifizieren: die Rechtsgrundlagen für KRITIS-Kataster
Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

- Kollektive Rechtsgüter (bzw. Kollektivrechtsgüter, Universalrechtsgüter oder kollektiver Schutzgüter)


- Kollektive Rechtsgüter betreffen Gegebenheiten der Allgemeinheit, deren Schutz insbesondere in Bezug
auf das Leben in der staatlich organisierten Gemeinschaft geboten ist und von dem niemand
ausgeschlossen werden kann (Nicht-Anwendbarkeit des Ausschlussprinzips)
- Im allgemeinen Verständnis zählen zu Kollektivrechtsgütern insbesondere
- Gesundheit („Volksgesundheit“) und öffentliche Gesundheitsversorgung (s. a. Klas, 2000, S. 152;
Möhle, 2001, S.217 ff.; Musil, 2003, S. 53; Oberender und Zerth, 2005), saubere Luft, sauberes
Wasser, öffentliche Wasserversorgung, Natur, Landschaft, Umwelt, Lebensmittelhygiene,
Infektionsschutz, Leichtigkeit des Straßenverkehrs und Sicherheit des Geldverkehrs.

Dr. Münzberg
Schutzgutorientierte Identifikationsansätze
Lokale Kritische Infrastrukturen identifizieren: die Rechtsgrundlagen für KRITIS-Kataster
Lebenswichtige
Lebens- und Öffentliche
Betriebliche Störfallbetriebe Schutzwürdige Daseinsvorsorge
notwendige verteidigungs- Sicherheit und
Eigengefahr Nutzung
Versorgung wichtige Ordnung
Einrichtung

- Daseinsvorsorge: bisher kein einheitliches Verständnis


- Appropriationsbedürfnis, sich lebensnotwendige Güter und Dienstleistungen aus nicht eigenen Quellen zu
beschaffen (Krajewski, 2011).
- Alle „Veranstaltungen, welche zur Befriedigung des Appropriationsbedürfnisses getroffen werden“
(Forsthoff, 1956). Die Befriedigung des Appropriationsbedürfnisses sei Aufgabe der Daseinsvorsorge.
- Moderns Verständnis: Daseinsvorsorge ist
- Staatliche Sorge für soziale Existenzbedingungen (Franz, 2005),
- Bereitstellung bestimmter notwendiger Güter durch das Gemeinwesen und Leistungen mit besonders
öffentlichen Interesse (vgl. Krajewski, 2011)
- Sicherstellung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein (Franz, 2005)
- Schutzgut aus Sozialstaatsprinzip: Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums bzw.
Gewährleistung eines Mindestmaßes an Daseinsvorsorge

Dr. Münzberg
KRITIS Kataster und Typlisten Lokaler Kritischer Infrastrukturen
Kommunale Gefahrenabwehr im Fokus

Lokale Kritische Infrastrukturen für eine schutzgutorientierte Gefahrenprognose


Im Hinblick auf die Schutzgutorientierung sowie der Lokale KRITIS-Einrichtungen sind im Sinne der
lokalen Zuständigkeit der operativen Krisenbewältigung Gefahrenabwehr und des Zivil- und Katastrophenschutzes
und der damit notwendigen örtlichen raum-zeitlichen als objektspezifische Produktions- und
Orientierung der Gefahrenprognose bedarf es einer Dienstleistungsstätten zu verstehen, die entsprechend
Ausrichtung an lokalen Einrichtungen Kritischer grundgesetzlicher Pflichten schützenswürdige kritische
Infrastrukturen. Durch gefahrenspezifische Charakteristika Dienstleistungen erbringen und die in der Regel in jeder
(wie Stromausfall, Hochwasser oder Pandemien, …) lassen Gebietskörperschaft in unterschiedlicher Anzahl und Größe
Einrichtungen nicht klar eingrenzen. zu finden sind.

KRITIS-Kataster zur Vorbereitung auf Stromausfälle

- Für die Beherrschung stromausfallbedingter - Daten sollten enthalten: wichtige Kontaktpersonen,


Gefahren sollte ein KRITIS-Kataster mit Standort, Größe, gefahrenträchtige Eigenschaft,
einrichtungsbezogenen Daten aus Notstrom- und Ersatzstromkapazitäten (Tankvolumen)
behördlichen Quellen und Abfragen und Möglichkeiten zur externen Stromeinspeisung und
bestehen. weiteren Besonderheiten.

Dr. Münzberg
KRITIS Kataster und Typlisten Lokaler Kritischer Infrastrukturen
Kommunale Gefahrenabwehr im Fokus

KRITIS-Kataster Typliste Lokaler Kritischer Infrastrukturen

- Anhand einer Typliste Lokaler Kritischer - Eine Typliste führt zu einer Liste von
Infrastrukturen lassen sich die in einer schutzwürdigen Einrichtungen auf Basis einer
Gefahrenprognose zu berücksichtigenden objekt- und einrichtungsspezifischen
lokalen KRITIS-Einrichtungen bestimmen, so Schutzgutbetrachtung.
dass ein KRITIS-Kataster einer
Gebietskörperschaft anhand einheitlicher - Eine bundeseinheitliche und etablierte
Standards erarbeitet werden kann. Typliste von Lokalen KRITIS-Einrichtungen
existierte in Deutschland bisher nicht. Die
- Zur effektiven Katastrophenabwehr haben vorliegende Arbeit bietet erstmals eine fachliche
Untere Katastrophenschutzbehörden für fundiert und systematische betrachtete
ihren Zuständigkeitsbereich ein KRITIS- Grundlage.
Kataster zu erstellen (auch „Local CI Cadaster“
oder „Land Register“, s. a. Münzberg, Wiens
und Schultmann, 2017; Münzberg, Müller und
Raskob, 2017a).

Dr. Münzberg
KRITIS Kataster und Typlisten Lokaler Kritischer Infrastrukturen
Kommunale Gefahrenabwehr im Fokus

KRITIS im engeren, im weiteren und im weitesten Sinne

Anhand der von den genannten Ansätzen abgeleiteten Typen können Lokale Kritische Infrastrukturen im
engeren, im weiteren und im weitesten Sinne unterschieden werden.

Lokale Kritische Infrastrukturen im engeren Sinne Lokale Kritische Infrastrukturen im weiteren Sinne
zeichnen sich dadurch aus, dass sie in der Regel in sind dagegen vereinzelt in den Landkreisen und
allen Landkreisen und kreisfreien Städten anzufinden kreisfreien Städten anzutreffen und weisen teilweise
sind und in Zusammenhang mit unmittelbaren eine bedingte, zeitverzögerte Gefahrendringlichkeit
stromausfall-bedingten Gefahren stehen. Die auf.
unmittelbare Gefahr ergibt sich dabei aus der ihr
anhaftenden Eigengefahr oder aus der drohenden Lokale Kritische Infrastrukturen im weitesten Sinne
Unterversorgung des durch sie bedienten alltäglichen existieren bundesweit nur vereinzelt, weisen ein
Bedarfs. beschränktes Gefahrenpotential auf und sind nicht
in jedem Fall zu berücksichtigen.

Dr. Münzberg
Typliste Lokale Kritische Infrastrukturen
Kommunale Gefahrenabwehr: zu betrachtende Einrichtungen in KRITIS-Kataster

Dr. Münzberg
Typliste Lokale Kritische Infrastrukturen
Kommunale Gefahrenabwehr: zu betrachtende Einrichtungen in KRITIS-Kataster

Dr. Münzberg
Typliste Lokale Kritische Infrastrukturen
Kommunale Gefahrenabwehr: zu betrachtende Einrichtungen in KRITIS-Kataster

Dr. Münzberg
Typliste Lokale Kritische Infrastrukturen
Kommunale Gefahrenabwehr: zu betrachtende Einrichtungen in KRITIS-Kataster

Dr. Münzberg
Typliste Lokale Kritische Infrastrukturen
Kommunale Gefahrenabwehr: zu betrachtende Einrichtungen in KRITIS-Kataster

Dr. Münzberg
Relevanz von Lokalen Kritischen Infrastrukturen
Expertenschätzung mithilfe Direct Weighting

Die Relevanz ausgewählter Lokaler KRITIS- Die Experten haben mithilfe eines einheitlichen
Einrichtungen wurde durch ein Direct-Weighting- Fragebogens unabhängig von einander die
Verfahren durch über 30 Experten aus den lokalen Bedeutung von Einrichtungstypen zwischen 100
Zivil- und Katastrophenschutzbehörden (sehr relevant) und 0 (nicht relevant) bewertet.
exemplarisch ermittelt.

Individuell erhobene
Experteneinschätzungen
aus Pool des Direct-
Weighting-Verfahrens

nPool = 32

Dr. Münzberg
Weiterführende Literatur

Münzberg, Thomas (2019) Entwicklung einer spatial-temporalen Vulnerabilitätsanalyse für die Münzberg, T., Wiens, M., Raskob, W., and Schultmann, F.(2015) Measuring Resilience - The
initiale Krisenbewältigung von Stromausfällen, Dissertation, Karlsruher Institut für Benefits Of An Empirical Study Of Power Outages By Media Data, Future Security
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Way for an Urban Resilient Continuity Management, International Journal of Information Münzberg, T., Wiens, M., and Schultmann, F. (2015) The Effect of Coping Capacity Depletion on
Systems for Crisis Response and Management, 9, 4, 1-22. Critical Infrastructure Resilience. Proceedings of the 12th International Conference on
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118. Assessments: A Methodical Review for Decision Support in Emergency Planning For
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Kritikalität? Zu einem Schlüsselbegriff der Debatte um Kritische Infrastrukturen, Jens Ivo Volume 78, pp. 78–87, Boston, USA.
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Schultmann, F. (2017) Challenges in Establishing Cross-Border Resilience, Urban Disaster of Papers, 11th International Conference on Information Systems for Crisis Response and
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Book Series, Fiedrich, F., Fekete, A. (Eds.), Springer. Pennsylvania State University, USA.
Münzberg, T., Wiens, M., and Schultmann, F. (2016) Understanding Resilience: A Spatio- Münzberg, T, Wiens, M. und Schultmann, F. (2014) Ausfall Kritischer Infrastrukturen:
temporal Vulnerability Assessment of a Population affected by Sudden Lack of Food, Gefahrenabwehrpläne und Notfallkonzepte auf kommunaler Ebene. In: Tagungsband der
Springer International Series in Operations Research & Management Science: Advances in 62. Jahresfachtagung der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V.
Managing Humanitarian Operations, 2014, Altay, N., Haselkorn, M., and Zobel, C (Eds). mit Zusatzveranstaltung Critical Infrastructure Event, 16.-18. Juni 2014, Dortmund, S. 673-
Ottenburger, S., Münzberg, T., Strittmatter, M., and Müller, T. (2017) Smart Grids enhancing 687.
Urban Resilience: A further Control Mechanism applying Criticality, IEEE International Münzberg, T., Ludäscher, S. und Bach, C. (2013) Stromausfall gegen Stromausfälle: wie
Conference on Smart Grid Communications, 23-26 October 2017, Dresden, Germany. Lastreduzierungen Netzzusammenbrüche verhindern können und welches Dilemma daraus
Ottenburger, S. and Münzberg, T. (2017) Smart Grid Topologies for Enhanced Resilience für den Bevölkerungsschutz und die Gefahrenabwehrplanung resultiert. In:
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Conference on Information Systems for Crisis Response and Management, Comes, T. Münzberg, Th., Käser, B., Bach, C. und Schultmann, F. (2013) Beherrschung und Bewältigung
Benaben, F., eds., Albi, France. von Stromausfällen, Vorbereitung der Kommunalen Gefahrenabwehr. In: Zeitschrift für
Rigaud, E., Adrot, A., Fiedrich, F., Münzberg, T., Raskob, W., Wiens, M. and Schultmann, F. Forschung und Technik im Brandschutz vfdb, Vereinigung zur Förderung des Deutschen
(2015) Engineering Resilience to Power Outages, 6th Resilience Engineering International Brandschutzes e.V., 4/2013, S. 205-211.
Symposium Lisbon, 22 – 25 June 2015, Lisbon, Portugal.

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Die Inhalte dieser Präsentation sind Teil nachfolgender Veröffentlichung:

Empfohlene Zitierweise:

Münzberg, Thomas (2019) Entwicklung


einer spatial-temporalen
Vulnerabilitätsanalyse für die initiale
Krisenbewältigung von Stromausfällen,
Dissertation, Karlsruher Institut für
Technologie.

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Kontakt:
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