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Institut Digital
Joanneum Research
Steyrergasse 17-19
A-8010 Graz
alexander.stocker@joanneum.at
1 Einleitung
Web 2.0 [Or07] wird als die soziale Evolution im Web bezeichnet. Kernelement ist die
stetig zunehmende Bedeutung der durch Nutzer am Web freiwillig und weitestgehend
selbstorientiert geteilten Inhalte. Diese Entwicklung hat zur Herausbildung einer
Vielzahl an sozialen Web-Plattformen wie Wikipedia oder Facebook geführt.
Angespornt vom Erfolg dieser und weiterer Plattformen, vor allem im Hinblick auf die
Informationsverteilung, wollen auch Unternehmen Web 2.0 für sich nutzbar machen
[BGT 08], [KR07], [ST10]. Hierzu werden die Prinzipien und Muster von Web 2.0
zumeist einfach in die Unternehmenslandschaft integriert. Jedoch müssen sich
Entscheider bewusst sein, dass das somit entstehende Spannungsfeld zwischen Selbst-
und Fremdorganisation, also Freiwilligkeit contra Hierarchie, beherrschbar gemacht
werden will, um die Potenziale von Web 2.0 im Unternehmenskontext erfolgreich
auszuschöpfen. In diesem Zusammenhang hat McAfee [Mc06] schon 2006, angelehnt an
„Web 2.0“ [Or07], den Begriff „Enterprise 2.0“ geprägt, um das Potenzial der Web-2.0-
Anwendungen für Unternehmen und die in Unternehmen stattfindende Wissensarbeit zu
bezeichnen.
Obwohl in der Zwischenzeit zahlreiche Studien über die im Zusammenhang mit Wiki
und Weblog in Unternehmen beobachteten Phänomene vorliegen, erkennt der Autor
dieses Beitrags nach wie vor erheblichen Forschungsbedarf, vor allem was die Analyse
des wahrgenommenen Nutzens und der aus den bisher durchgeführten Projekten
gewonnenen Erfolgsfaktoren betrifft. Zu diesem Zweck hat der Autor 15 für den Einsatz
von Wiki und Weblog verantwortliche Projektleiter aus zehn deutschsprachigen
Unternehmen zu Einführung, Betrieb, Ergebnissen und Erfolgsfaktoren interviewt. Die
Beteiligung der Unternehmen Fraport AG (Frankfurt, DE), Infineon Technologies
Austria (Graz, AT), IVM Technical Consultants Wien GmbH (Wien, AT),
Maschinenfabrik Andritz AG (Graz, AT), Microsoft Österreich GmbH (Wien, AT),
Pentos AG (München, DE), Raiffeisen Informatik GmbH (Wien, AT), Spirit-Link
GmbH (Fürth, DE), Synaxon AG (Bielefeld, DE) und TAO GmbH (Graz, AT) verspricht
eine zufriedenstellende Übersicht über Nutzentypen und Erfolgsfaktoren.
2 Studiendesign
Wiki und Weblog unterstützen durch ihre Funktionsweise als spezielle Werkzeuge von
Web 2.0 primär die mitarbeiterübergreifende Sammlung und Präsentation von Inhalten
und erst sekundär die Vernetzung zwischen den Inhaltslieferanten und werden aufgrund
ihrer konzeptionellen Verwandtschaft in diesem Beitrag gemeinsam untersucht. Die
beiden Forschungsfragen zu Nutzen und Erfolg wurden aus der Literatur zu
Wissensmanagement und Informationssysteme abgeleitet, über eine Pilotstudie [SST08]
weiter detailliert und mit den Anforderungen der Praxis abgeglichen:
Forschungsfrage 2: Wie sind Erfolgsfaktoren beim Einsatz von Wikis und Weblogs
im Unternehmen ausgestaltet? Diese Fragestellung ist für Entscheider aus der Praxis
besonders relevant.
TAO
Raiffeisen
Unternehmen Pentos Spirit Link Synaxxon Management und
Informatik
Beratung
3 Studienergebnisse
Nutzentypen und Erfolgsfaktoren wurden entweder direkt den befragten Projektleiter in
den Interviews explizit als solche bezeichnet, oder durch den Autor über das
Einbeziehen des gesamten Kontexts nachträglich identifiziert. Im Anschluss an diese
Identifikation erfolgte eine Einteilung nach Unternehmen in Nutzenklassen und
Erfolgsfaktorenkategorien sowie eine Darstellung in der Nutzenmatrix (Abbildung 2)
bzw. in der Erfolgsfaktorenmatrix (Abbildung 3). Durch das gewählte Studiendesign
ergeben sich sowohl Nutzentypen als auch Erfolgsfaktoren immer aus der subjektiven
Einschätzung der Projektleiter. Beide Matrizen sind für Entscheider aus der Praxis
besonders relevant und können ihnen als wertvolle Hilfsmittel für eigene Projekte
dienen.
Abbildung 2: Nutzenmatrix (identifizierte und nach [DM92] kategorisierte Nutzentypen)
Dieser Beitrag versteht sich als eine initiale Datenerhebung zur Einschätzung von
Nutzen und Erfolg von Wiki und Weblog aus Sicht der zuständigen Projektleiter, sowie
als explorative Studie für wissenschaftliche Anschlussarbeiten. Eine Interpretation der
Ergebnisse muss vor dem Hintergrund passieren, dass die Darstellung von Nutzen und
Erfolg jeweils aus Sicht der zuständigen Projektleiter erfolgte. Eine Befragung der
Nutzer von Wiki und Weblog kann unter Umständen ein unterschiedliches Ergebnis ans
Licht bringen, war jedoch im Studiendesign nicht vorgesehen. Die Ergebnisse dieses
Beitrags sind vor allem für Entscheider aus der Praxis relevant, welche diese als
wertvolles Hilfsmittel für eigene Projekte im Umfeld von Enterprise 2.0 nutzen können.
Abbildung 3: Erfolgsfaktorenmatrix (identifizierte und kategorisierte Erfolgsfaktoren)
Literaturverzeichnis
[BGT08] Back A, Gronau N, Tochtermann, K.: Web 2.0 in der Unternehmenspraxis. Grundlagen,
Fallstudien und Trends zum Einsatz von Social Software. Oldenburg
Wissenschaftsverlag, 2008.
[DM92] DeLone W, McLean E.: Information Systems Success: The Quest for the Dependent
Variable. In: Information Systems Research (3:1), 1992.
[KR07] Koch M, Richter A.: Enterprise 2.0: Planung, Einführung und erfolgreicher Einsatz von
Social Software in Unternehmen, Oldenburg Verlag, 2007.
[Mc06] McAfee A.: Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration, in: MITSloan
Management Review, 2006.
[Or07] O'Reilly, T.: What Is Web 2.0: Design Patterns and Business Models for the Next
Generation of Software. Published in: International Journal of Digital Economics 65
(2007): pp. 17-37, 2007.
[SST08] Stocker, A., Strohmaier, M., Tochtermann, K.: Studying Knowledge Transfer with
Weblogs in Small and Medium Enterprises: An Exploratory Case Study, in Scalable
Computing: Practice and Experience - Special Issue: The Web on the Move, Volume 9,
No. 4., 2008.
[ST10] Stocker, A ; Tochtermann, K.: Wissenstransfer mit Wikis und Weblogs. Fallstudien zum
erfolgreichen Einsatz von Web 2.0 im Unternehmen, Gabler-Verlag, 2010.