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Die Zirbelkiefer
Die Zirbelkiefer ist ein Baum ker sogar eine eigene Art
des Hochgebirges. Vor allem (Pinus sibirica). In Europa ist
in den Zentralalpen bildet sie die Zirbe eine Baumart der Al-
die obersten Wälder und pen, verbreitet hauptsächlich
klettert, mehr Strauch als in den zentralen Inneralpen
Baum, bis zur Grenze jeg- und den angrenzenden
lichen Baumwuchses in Hö- Zwischenalpen. Herrliche
hen von 2500 m und darü- Arvenwälder findet man im
ber. Über 1000 Jahre trotzen Wallis und im Engadin oder in
manche Zirbeln hier den den Ötztaler und den Zil-
größten Unbilden der Berge, lertaler Alpen. Hier bildet die
haben von Wind und Wetter Zirbe zusammen mit der
zerzauste Baumgreise noch Lärche den obersten Wald-
eine schier unbeugsame Le- gürtel, nach unten oft be-
benskraft. Respekt und Ehr- grenzt durch Fichtenwälder,
furcht brachten ihr die Men- nach oben durch die alpine
schen im Gebirge deshalb Waldgrenze. Das vielleicht
entgegen, für viele galt sie als höchstgelegene Vorkommen
die „Königin der Alpen". einer Zirbe ist aus den italie-
nischen Alpen mit 2850 m ü.
Zirbe, Arve, gembra: NN belegt. Vereinzelt trifft
man sie auch in den
Eine Baumart, viele nördlichen, niederschlags-
Namen reichen Randalpen an. Ge-
trennt vom alpinen Teil des
Die vielen Namen, die diese Areals kommt die Zirbe in
Baumart bis heute trägt, sind kleinen und mehr oder we-
Ausdruck ihrer großen niger verstreuten Gebieten
Wertschätzung und Bedeu- auch in der Hohen Tatra und
tung, die sie gerade in den Karpaten vor.
Die „Königin der Alpen“ in den Bayerischen Alpen
entlegenen, lange Zeit nur
schwer zugänglichen Gebie-
ten der Alpen hatte. Mit Art, als Arve bekannt, ein siedelt sie im fernen Sibirien.
„Zirbe" hat man ursprünglich uralter Name, der auf Vor allem im Ural, im Altai und
wahrscheinlich nicht den vorromanische Zeiten zurück- am Oberlauf der Flüsse Ob,
Baum selbst, sondern seine geht. In der Schweiz, in Jenessei und Lena ist sie ein
Zapfen bezeichnet. Zirbel geht Osterreich und Italien haben wichtiger Waldbaum. Die
nämlich auf das mittel- sich bis heute viele sibirische Zirbe weicht in
hochdeutsche zirben zurück, Lokalnamen gehalten. mancher Hinsicht von der
was soviel bedeutet wie „sich europäischen ab. Sie wird mit
im Kreise drehen, wirbeln". Verbreitung maximal 40 m Höhe deutlich
Die essbaren Samen des größer, hat kürzere Nadeln,
Zirbelbaums sind dement- Betrachtet man die gesam- aber längere Zapfen und
sprechend die Zirbelnüsse. In te Verbreitung der Zirbe, so dünnschaligere Samen. Des-
der Schweiz ist Pinus cembra, sind die Alpen nur ein kleiner halb ist sie eine eigene Varie-
so die lateinisch-wissen- Teil ihres "Königreiches". Die tät (Pinus cernbra var. Samen benötigen für die Reife
schaftliche Benennung der bei weitem größte Fläche be- Sibirica), für manche Botani- bis zu zwei Jahre
Steckbrief von Pinus cembra
Jahres nicht komplett derte. Auf dem Weg dorthin Holz der nordamerikanischen
kompostiert werden können. Skipisten vor Lawinen,
Mit den Jahren sammeln Steinschlag und Muren. So
sich deshalb dicke Polster groß diese Leistung der Zirbe
wenig oder nicht zersetzter und anderer Gebirgs-
Streu am Boden, die vielen waldarten ist, so schwer lässt
Pflanzen die Keimung sie sich in Geld bewerten.
erschweren oder ganz un- Deutlich wird dieser Nutzen für
möglich machen. Mit ihren uns Menschen oft erst dann,
großen Nüssen, die viel wenn Zirbe und Lärche fehlen
Speicherstoffe enthalten, ist und mit ihnen der über
die Zirbe jedoch in der Lage, Jahrhunderte gratis er-
Keimlinge zu bilden, die kräftig brachte Schutz. Die Folge sind
genug sind, um durch den verheerende Katastrophen
Rohhumus hindurch bis in den und zu ihrer Abwehr immens
Mineralboden einzudringen. teuere technische Verbau-
Darüber hinaus können sie im ungen in der Gebirgs-
Schatten der Lärchen ganz landschaft, dort, wo vorher
gut aushalten und wachsen. Gemütlichkeit in einer Zirbenstube Wald war.
Partnerschaft: Der Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes) lebt im
Zirbe und Tannenhäher Verbreitungsgebiet der Arve überwiegend von deren Sa-
men. Lediglich im kurzen Sommer bieten Insekten etwas
Mit einem Rabenvogel, dem Tannenhäher, bildet die Arve in Abwechslung von der ansonsten rein vegetarischen Kost.
fast ihrem gesamten Verbreitungsgebiet eine hoch Von August an und bis in den Winter hinein ernten die
spezialisierte Lebensgemeinschaft. Unter den unwirtlichen Tannenhäher unermüdlich Zirbelnüsse und verstecken den
Lebensbedingungen sind beide Partner in ihrer Existenz auf
diese fein abgestimmte Beziehung angewiesen. Ein Großteil im Waldboden. Einzelne Vögellegen in einem Jahr
Paradebeispiel für eine Symbiose, dem Zusammenleben bis über 10.000 Versteckplätze an. Dabei werden
artverschiedener Organismen zum gegenseitigen Nutzen. Transportentfernungen bis 15 km und Höhendistanzen von
bis zu 600 m überwunden. In einer langjährigen Studie in
der Schweiz hat man ermittelt, dass eine Häherfamilie
bestehend aus zwei Altvögel und zwei Jungen in einem
Jahr mindestens 50.000 Arvensamen konsumiert.
Baum und Vogel haben im Zuge der Lebensgemein-
schaft erstaunliche Anpassungen und Fähigkeiten erwor-
ben. Durch eine geschickte Bewegung mit dem kräftigen
Schnabel kann der Häher die dünnen und nur wenig ver-
holzten Zapfenschuppen aufklappen und die Samen ent-
nehmen. Ganz gezielt wählt er volle Samenkörner aus.
Tannenhäher transportieren in ihrem Kehlsack bei einem
Flug zwischen 30 und 70, maximal 100 Arvensamen, die
dann auf viele Verstecke verteilt werden. Erstaunlich ist die
Präzision, mit der ein Vogel seine vielen Tausend Lager
noch nach Monaten wieder findet. Selbst im tiefsten Winter
gelangt er an die versteckte Nahrung, indem er sich
zielsicher einen schrägen Tunnel durch den Schnee zum
Versteck im Boden gräbt. Die Erfolgsrate solcher
Grabungen liegt bei sagenhaften 80% wiedergefundener
Lager!
Bleibt noch die Frage, welchen Nutzen die Zirbe davon
hat? Selbst der gründlichste Häher findet einen Teil seiner
Lager nicht wieder. Gut versteckt vor Mäusen und anderen
Samenräubern überdauern die Nüsse den Winter und haben
im folgenden Frühjahr ideale Bedingungen zu ihrer Keimung.
Viele Häherverstecke befinden sich in Lawinenzügen oder
auf Almen, auf Flächen also, die bislang waldfrei sind und
wo die schweren Arvensamen ohne den Häher nie
hingelangen würden. Auf solchen Standorten sind fast alle
Arven durch Häher gesät. Insgesamt, so nimmt man an,
verdankt in den Alpen mindestens jede zweite Zirbe ihre
Der Tannenhäher lässt sich die Samen der Zirbe schmecken Existenz dem Tannenhäher.
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