8Menschen und Tiere haben telepathische Fähigkeiten, behauptet 9Rupert Sheldrake, seine Experimente mit Hunden, Tauben und 10Menschen sollen es beweisen. Wissenschaftler verachten, Esoteriker 11vergöttern ihn. Ein Besuch beim Messias der Parawissenschaft. 12 1310. April 2012, 8:00 UhrZEIT Wissen Nr. 3/2012 14So etwas kommt an. Soeben ist das Männermagazin Esquire mit einem Feature über 15Sheldrake erschienen, mit doppelseitigem Foto, mehr Platz bekommt auch Dustin 16Hoffman nicht. Drei Tage zuvor hat der Guardianein Porträt über ihn online gestellt , 1724 Stunden später gab es dazu 600 Kommentare. "Ich finde es traurig, dass Rupert 18Sheldrake mehr Aufmerksamkeit bekommt als viele ernst zu nehmende 19Wissenschaftler", sagt Martin Rees, der ehemalige Präsident der 20Wissenschaftsakademie Royal Society. 21Sheldrakes Theorien sind hochspekulativ. Aber eines macht er anders als die meisten 22Esoteriker: Er akzeptiert die wissenschaftliche Methode. Hypothesen müssen in 23kontrollierten Experimenten überprüft werden. Genau das tut er – mit unglaublichen 24Ergebnissen. So hat Sheldrake das Verhalten des Terriermischlings Jaytee in einem 25Vorort von Manchester dokumentiert, der offenbar immer dann zum 26Wohnzimmerfenster lief, wenn sein Frauchen Pamela Smart auf dem Nachhauseweg 27war, und zwar laut Sheldrake auch dann, wenn sie zu ungewohnten Uhrzeiten nach 28Hause kam und sich noch außer Hör- und Sichtweite befand. Die statistische 29Auswertung von rund 100 Videoaufzeichnungen des Hundes, veröffentlicht im 30Außenseiter-Fachblatt Journal of Scientific Exploration , soll die telepathischen 31Fähigkeiten des Hundes belegen. 32In einer anderen Arbeit untersuchte Sheldrake die Wahrnehmung fremder Blicke 33mithilfe von Dutzenden Erwachsenen und Schülern, die sich jeweils zu zweit nach einer 34genauen Versuchsanleitung abwechselnd in den Nacken starrten. Ob jemand angesehen 35wurde oder nicht, entschied ein Münzwurf. Anschließend musste die Versuchsperson 36angeben, ob sie die Blicke des anderen gespürt hatte. Ergebnis: Wer angestarrt wurde, 37konnte dies mit 58-prozentiger Wahrscheinlichkeit korrekt angeben. Rein statistisch 38wären 50 Prozent zu erwarten gewesen. 39Noch deutlicher fielen die Ergebnisse zur Telefon-Telepathie aus. In einem Experiment 40sollten vier Versuchspersonen vorhersagen, von wem sie angerufen werden. Dafür 41mussten sie vor Beginn des Versuchs jeweils vier Kontaktpersonen nennen, die dann 42vom Versuchsleiter in einer zufälligen Abfolge angewiesen wurden, die Testperson 43anzurufen. Diese sollte, bevor sie den Anruf annahm, mutmaßen, welcher der vier 44Freunde tatsächlich am anderen Ende der Leitung war. Statistisch müsste die 45Testperson eine Trefferquote von 25 Prozent erzielen. Sheldrake publizierte eine Arbeit, 46in der die vier Probanden bei insgesamt 271 Anrufen in durchschnittlich 45 Prozent der 47Fälle richtig lagen. 48Sheldrakes Versuchsergebnisse widersprechen so ziemlich allem, was 49Naturwissenschaftler heute über die Welt wissen. Ist der Mann womöglich nur ein 50Fälscher? "Wer das behauptet, macht es sich zu einfach", sagt Christopher French, 51Professor für anomale Psychologie am Goldsmiths College. "Aber in solche Experimente 52können sich viele Fehler einschleichen." Viele der Anstarr-Experimente wurden von 53Lehrern nach Sheldrakes Anleitung beaufsichtigt. Waren diese wirklich so neutral, wie 54sie sein sollten? Die Telefon-Telepathie haben zwei von Frenchs Studenten unter 55ähnlichen Bedingungen wiederholt. Sie konnten Sheldrakes Resultate nicht 56reproduzieren. Und der Hund Jaytee rennt im Laufe des Tages immer wieder mal zum 57Fenster. In welchem Fall soll man dies als Zeichen dafür nehmen, dass der Hund 58tatsächlich sein Frauchen erwartet? Die Videoaufnahmen lassen Spielraum für 59unterschiedliche Interpretationen.