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AIR

Annals of Improbable Research

ACHTUNG:

Hochexplosives Gemisch
Wirksame Bestandteile:
Naturwissenschaften, Technik, Medizin, Literatur, Kunst. Enthält außerdem 3% biologisch
abbaubares Füllmaterial entsprechend den empfohlenen täglichen akademischen Mindest-
auf nahm em engen.

Empfohlene Dosis:
Eine Ausgabe alle zwei Monate. Kann mit den Mahlzeiten eingenommen werden. Zusätzliche
Dosen mini-AIH aus dem Internet können einmal monatlich hinzugefügt werden.

WARNUNG:
Inhalt wirkt unerwartet bildend und informativ, insbesondere auf Eltern, die allergisch gegen
Naturwissenschaften, Technik, Literatur oder Kunst sind. Hohes Suchtpotential.
Die amerikanische Originalausgabe erschien 1997 unter dem
Titel "The Best of Annais of Improbable Research (AIR)" bei
W.H. Freeman and Company, New York and Basingstroke,
USA.
First published in Ihe United States by W.H. Freeman and
Company, New York, New York and Basingstroke.
Copyright © 1998 by Marc Abrahams. All Rights Reserved.

Die Deutsche Bibliothek - ClP-Einheitsaufnähme


Der Einfluß von Erdnußbutter auf die Erdrotation :
Forschungen, die die Welt nicht braucht / Marc Abrahams
(Hrsg.). Aus d. Amerikan. von Gabriele Herbst. - Basel;
Boston ; Berlin : Birkhäuser, 1999
Hinheitssacht.: The best of annals of improbable research
<dt.>
ISBN 3-7643-5941-2

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch be­


gründeten Hechte, insbesondere die des Nachdrucks, des
Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der
Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung
auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbei­
tungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwer­
tung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder
von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den
Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechts-
gesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist
grundsätzlich vergütungspfüchtig. Zuwiderhandlungen un­
terliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts.

© 1999 der deutschsprachigen Ausgabe: Birkhäuser Verlag,


Postfach 133, CH-4010 Basel, Schweiz
Umschlaggestaltung: WSP Design, Heidelberg
Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei
gehleichtem Zellstoff. TCF ~
Printed in Germany
ISBN 3-7643-5941-2

987654321
5

Inhalt
Die mit (*) gekennzeichneten Beiträge beruhen auf Material, das unmittelbar aus der ganz normalen For-
schung (und anderer und daher immer korrekter Literatur) stammt. Viele andere Beiträge sind ebenfalls
echt, wir wissen nur nicht welche.

7 Widmung und Dank Hochtechnologie und moderner Alltag


63 Das Laser-Raclette
67 Nanotechnologie und die physikalischen
Grenzen der Toastbarkeit
Ein Meilenstein der Wissenschafts- 70 Der Möbel-^4irbag - Ein Ausblick auf die
geschichte - die Annais of Improbable Sicherheitstechnik der Zukunft
Research und der IgNobelpreis 71 Projekt AIRhead 2000*
11 Die unwahrscheinliche Geschichte von AIR 73 Die Pop-Tart-Lötlampe
16 Grundsteinlegung mit Internet-Barbie
19 Ig, Ig, IgNobel - die etwas andere Auszeichnung
22 Die IgNobelpreisträger
Physik und Metaphysik
79 Die Quanteninterpretation des Intelligenz­
quotienten (QI des IQ)
Astronomie, Physik und Fressalien si Der allgegenwärtige Heilige Gral*
35 Kinetik der Inaktivierung von Glasgeräten 85 Der unerforschliche Ratschluß Gottes
41 Chaostheorie: Belege für den Schmetterlings -
effekt
44 Die Top-Quark-Tour von AIR
45 Bericht über den Stand des Schlafforschungs- Die neue Chemie
projekts 89 Äpfel und Birnen: ein Vergleich
46 Ein seltsamer Teilchenbeschleuniger 91 Die Xerox-Vergrößerungsmikroskopie (XVM)
in der Schweiz 93 Wissenschaft sinnlich erfahrbar gemacht:
47 Die Aerodynamik von Kartoffelchips Rubbeln und Riechen
51 Der Einfluß von Erdnußbutter auf die 94 Das politisch korrekte Periodensystem der
Erdrotation Elemente
53 Mundozentrismus
55 Der Zusammenhang zwischen Tornados und
Trailern
58 Geringe Wahrscheinlichkeit weiterer
Entführungen durch fremde Lebewesen*
60 Planmäßige UFO-Sichtungen
6

Biologie und Medizin Mathematik und Modelle


97 Das Okamura-Fossüienlabor* 137 Fortschritte der Forschung zur Künstlichen
103 Zur taxonomischen Zuordnung von Barncy Intelligenz
110 Die traurige Krabbe aus Südafrika 1^8 Die Mathematik von Telefonnummern
m Zyklische Schwankungen beim Wachstum von 140 Der Wert der liebe anhand des Bob-Dylan-
Gras Modells
112 Fröhliche Hefe 142 Das Paradigrnenparadox
in Ein Mann, eine Frau, eine Hefe* 14^ Das Star-Modell der alljährlichen Badeanzug-
114 Fadenwürmer und Hieroglyphen Ausgabe
iu. Der Surferin-Pilz

Forschung und Lehre


Medizin und Biologie 147 Anleitung für Dozentinnen und Dozenten
119 Übertragung von Gonorrhoe durch eine 148 Tote im Unterricht
aufblasbare Puppe* ir>o Eine Methode zur Weckung und Aufrechter-
120 V o n M i l b e n u n d M e n s c h e n * haltung der Aufmerksamkeit von Studenten
122 Erfolglose Elektroschockbehandlung eines 151 Die Annals of Scientific Education
Klapperschlangenbisses* 152 Jugend forscht: Ein Fruchtgummi wurm auf dem
124 Das Micky-Maus-Gen Bürgersteig
i2f. Arrivederci, Aroma: eine Analyse des Parfüms 153 Die Virtuelle Akademie: Das Jahr 1 - ein Bericht
DNA IM Wie man einen wissenschaftlichen Aufsatz
128 Magischer Pheromoncoupon schreibt
124 Fifty Ways to Love Your Liver 157 Die wissenschaftliche Gemeinschaft von innen ­
130 Die Heilwirkung von Pusten auf kleinere Klatsch und Tratsch
Verletzungen 158 Besondere Empfehlung des Hauses zur weiteren
133 Fetaler Mann im Mo nd Lektüre*
134 Das Grabmal des unbekannten Zahnarztes
7

Widmung Nicki Sorel, Jerry Lettvin, Bob Rose, Amy Gorin,


Dudley Herschbach, Bill Lipscomb, Rieh Roberts,
Alexander Kohn starb Shelly Glashow, Bob (Smitty) Smith, Deb (Symme-
wenige Wochen, bevor tra) Kreuze, Howard Zaharoff, Karen Hopkin, Lynn
die erste Ausgabe von und Steve Baum, Len Finegold, Lois Malone, Mi-
AIR erschien. In allem, riam Bloom, Jim Stoll, Jim Mahoney, Brenda
was er unternahm, er- Twersky, Steve Nadis, Jo Rita Jordan, Roland Shar-
griff Alex mit Weisheit, rillo, Jon Connor, Chris Small, Jerry Lotto, Ariane
Freundlichkeit und Hu- Cherbuliez, Gary Dryfoos, Joe Wrinn sowie das
mor Partei für die Neu­ stets produktive, aber nie zu fassende Paar Stephen
gier und den gesunden Drew und Alice Shirrell Kaswell haben alle oftmals
Menschenverstand und und in verschiedener Weise Erstaunliches geleistet,
wandte sich als furcht- um Wunder zu wirken und Katastrophen zu verhü-
loser und kluger Agent ten. Sollten Sie sich jemals festgefahren haben oder
provocateur gegen die eine geniale Idee brauchen, dann suchen Sie sich
Ausbreitung von Jar­ zwei von ihnen aus und tun Sie alles, um sich ihrer
gon, Phrasendrescherei Hilfe und Gesellschaft zu versichern.
und Selbstbetrug. Mor- Gute Agenten und Verleger sind rar und müssen
gens war Alex Emeritus für Virologie an der Medi- wie ein Schatz gehütet werden. Meine Agentin Re­
zinischen Hochschule von Tel Aviv. Abends war er gula Noetzle hat sich als genauso überraschend
Forscher auf dem Gebiet der Wissenschaftsge­ und zuverlässig erwiesen wie ihr Name. Holly Hod-
schichte. (Sein Buch False Prophets schildert auf der, meine Lektorin bei W. H. Freeman and Compa­
faszinierende Weise die Aufklärung und die Ge- ny, ist eine reiche, verläßliche Quelle guter Ideen,
schichte des wissenschaftlichen Betrugs. Ein ande- klarer (und zutreffender und nützlicher!) Kritik so-
res Buch, Fortune and Failure, untersucht die Rolle wie perfekt dosierter Ermutigung. Danken möchte
des Zufalls in der wissenschaftlichen Forschung.) ich auch den anderen Mitarbeitern von W. H. Free-
Nachts, oft in der Maske von Dr. X. Perry Mental man, die für dieses Buch ihr Bestes gaben: Kate
(ein Pseudonym, das er sich mit Harry Lipkin Ahr, Diana Blume, Patrick Farace, Paul Rohloff,
teilte), verfaßte Alex einige der ulkigsten und geist- Sheridan Seilers und Susan Wein.
reichsten Kommentare, Parodien und Satiren, die Und an Martin Gardner, der mich auf den Pfad
je geschrieben wurden. Alex besaß die Liebe und der Unwiederholbarkeit und Unwahrscheinlichkeit
Bewunderung vieler Menschen allerorten. Alle, die führte:
seine Werke kennen, und insbesondere diejenigen,
die das Glück hatten, ihn persönlich zu kennen,
vermissen ihn furchtbar.
Dieses Buch ist Alex gewidmet, außerdem mei­
nen Eltern und meiner Schwester Jane sowie mei-
ner Nichte Kate und meinem Neffen Jesse, die bei­
de unwahrscheinlich und unbezähmbar sind.
Dank der Übersetzerin
Die Übersetzerin dankt:
Dank Manuel Breuning, Darmstadt
Dr. Ernst Guggolz, Mannheim
AIR würde es ohne die Hilfe vieler außergewöhnli- Dr. Heike Kühn, Boston
cher Menschen nicht geben, ein paar werden auf Dr. Ingolf Löffler, Steinen
den folgenden Seiten erwähnt. Einige ganz beson­ Inge Löwenfeld-Simon, Hamburg
dere Menschen möchte ich hervorheben, sie ver­ Dr. Thomas Meyer, Boston
dienen es, gesondert genannt und mit großzügigen Dr. Sabine Schräg, Überlingen
Schokoladeporüonen bedacht zu werden: Sid Abra­ Dr. Armand Simon, Hamburg
hams, Stanley Eigen, Mark Dionne, Sip Siperstein, Dr. Klemens Skorka, München
Die unwahrscheinliche
Geschichte von AIR
Die Annais of Improbable Research, kurz AIR, sind Wissenschaftler zu lachen". Ich glaube, Sagan hat
alles mögliche - erstens eine Zeitschrift, die Wis­ uns mißverstanden. Was wir wollen, ist, die Leute
senschaft mit Humor betrachtet. Wenn Sie so was dazu zu bringen, mit den Wissenschaftlern mitzu-
lesen, sind Sie vielleicht versucht, das Buch gleich lachen, wenn sie sich über diese verrückte Welt
in die Ecke zu pfeffern, weil Sie: und sich selbst amüsieren.
aj mit Wissenschaft nichts anfangen können und
das Buch sowieso nicht verstehen würden; oder Nicht nur für Wissenschaftler
b) die Wissenschaft lieben und meinen, daß sie zu
wichtig ist, als daß man sich darüber lustig ma- AIR ist nicht bloß ein Magazin für Humor in der
chen dürfte. Wissenschaft, sondern eines generell für Humor.
Etliche Wissenschaftler haben uns erzählt, daß die
In beiden Fällen mögen Sie recht haben. Doch ich Annais die einzige ihrer abonnierten Zeitschriften
bezweifle das. ist, die auch ihre Familienangehörigen und Freun-
Die Naturwissenschaften liegen Ihnen nicht? Ich de lesen. AIR ist nicht nur billiger, sondern, wie ich
wette, Sie haben nie miterlebt, wie zutiefst mensch- zu behaupten wage, auch anregender, umfassen-
lich und kurios, faszinierend und schlichtweg schön der und sogar interessanter als Leber Magen Darm,
sie für die Menschen sind, die sich ihr ganzes Leben Nachrichten aus Chemie, Technik und Laboratori-
lang damit beschäftigen. Ja, Wissenschaftler und um oder Vakuum in der Praxis.
Mediziner und Professoren sind Menschen und AIR deckt praktisch alle vorstellbaren Themen
nicht etwa übermenschliche Genies. Die meisten je- ab, wenn auch häufig aus einem Blickwinkel, wie
denfalls. Sie werden das Buch nicht verstehen? Ich ihn nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Unsere Le-
wette, das werden Sie doch! Lassen Sie sich nicht ser und unsere Autoren kommen aus allen Ecken,
mehr von diesem grandios schlechten Physik- oder Nischen und Kellerlöchern des Lebens - Wissen-
Chemielehrer, den Sie in der siebten Klasse hatten, schaftler, Ärzte, Ingenieure, Techniker, Journa-
ins Bockshorn jagen. Wissenschaft ist nicht das listen, Englischdozenten, Schwedischdozenten,
Pauken blöder Begriffe und fader Fakten. Wissen- Hebräischdozenten, Deutschdozenten, Chinesisch­
schaft hat etwas mit Fragenstellen zu tun - je dozenten (Sie haben's erfaßt ... jede Menge Dozen-
„dümmer" und einfacher, desto besser - und au- ten), Fußball- und Footballspieler, Baseballspieler,
ßerdem mit dem gewitzt und hartnäckig verfolgten Synchronschwimmer (allerdings lesen diese die An-
Versuch, vernünftige Antworten zu bekommen. nals meist asynchron), Künstler, Klempner, Dach­
Wissenschaft ist zu wichtig, um darüber zu la­ decker, Pastoren, Rabbis, Priester, Nonnen und
chen? Ha. Wissenschaft ist zu menschlich, zu lustig Auktionatoren.
und zu wichtig, um nicht darüber zu lachen. Einer
der Herausgeber der Annais wandte sich einmal an
den berühmten, aber stets düster gestimmten Denken ist möglich, sogar im
Astronomen Carl Sagan und schlug ihm vor, sich Unterricht
unserer kleinen, aufmüpfigen Bande anzuschlie-
ßen. Wie mir die Geschichte berichtet wurde, gab AIR ist auch, ob man es glaubt oder nicht, ein päd­
Sagan unwillig zur Antwort, das, was wir täten, sei agogisches Werkzeug, und das nicht nur auf Col­
„gefährlich, weil es die Leute dazu bringt, über lege- und Universitätsniveau. Mittel- und Oberstu­
12

Behauptung aus einer offiziellen Quelle verdient es,


daß man zumindest einen Moment lang nachdenkt,
bevor man etwas glaubt.

Real existierende Satire


AIR sorgt außerdem - und das voll Stolz - dafür,
daß zahlreiche Unternehmungen, die zu den schil-
lerndsten und beeindruckendsten der Welt zählen,
gebührend dokumentiert werden. Im allgemeinen
besteht etwa die Hälfte des Inhalts jeder Ausgabe
aus ganz regulären Berichten über ganz real exi-
stierende Forschungsprojekte und trifft damit eine
Auslese aus den mehr als zehntausend „ernsthaf-
ten" Fachzeitschriften, die heute erscheinen. Unse­
re Leser sehen in uns eine zentrale Clearingstelle
für ihre Lieblingsforschungsberichte und über­
schütten uns mit einer stetigen Flut von Fotoko­
pien, Faxen und E-Mails. Die echten Beiträge kenn-
zeichnen wir (siehe Inhaltsverzeichnis) und liefern
gewöhnlich ausreichende Informationen mit, so
daß Sie in die Bibliothek gehen und den Originalar-
tikel einsehen können. Jede Ausgabe der Annais
enthält mehrere Rubriken („Afffhead Research Re-
view", „A/flhead Medical Review", „Affihead Legal
Review" usw.), die vollgestopft sind mit solchem
AIR 1:1 (Januar/Februar 1995). Das war die allererste Aus- Zeug. Einige Juwelen aus dieser Fülle erscheinen
gabe. in diesem Buch unter dem Titel „Besondere Emp-
fehlung des Hauses".
Wie nimmt sich AIR im Vergleich zu anderen
fendozenten pflegen AIR-Artike\ zu kopieren und wissenschaftlichen Zeitschriften aus? Der Leser
sie kommentarlos an ihre Studenten zu verteilen. Avraham Sonenthal beantwortet diese Frage in ei-
Spätestens nach drei Minuten platzt der erste her- nem Leserbrief .so: „Sie bezeichnen AIR als ,die
aus: „He, Moment mal. Was ist denn das?" An die- Zeitschrift für aufgeblasene Forschung und Perso­
ser Stelle setzt das ein, was gute Lehrer lieben und nen ...'. Da befinden Sie sich in guter Gesellschaft.
schlechte fürchten: Die Studenten stellen für den Das könnte auf praktischjede bestehende Fachzeit­
Rest des Tages, und vielleicht den Rest der Woche, schrift zutreffen."
alle möglichen Fragen. Die Neugier hat ihren gro­ Wohl wahr, doch einen sehr wichtigen Punkt
ßen Auftritt. möchte ich unterstreichen. Eine Forschungsarbeit
Wir von AIR verfolgen durchaus eine ernste Ab­ kann sowohl a) lustig als auch b) solide Wissen­
sicht, die weit mehr als nur den regulären Unter- schaft sein. Und sie kann außerdem c) wichtig sein.
richt aufs Korn nimmt. Auf unsere wohlwollend- Andererseits kann sie auch einfach bloß a) bleiben.
größenwahnsinnige Art bemühen wir uns, Men­
schen allerorten dazu zu verführen, über das, was Da und dort und allerort
ihnen Fernsehen, Zeitschriften- und Zeitungsbe­
richte sowie offizielle Stellen vorsetzen, nachzu- AIR erscheint sechsmal im Jahr und geht an Leser
denken. Viele der Berichte auch in den angesehen­ in zahlreiche Länder. Auch im Internet sind wir
sten Zeitungen und Fernsehmagazinen, ob sie nun groß vertreten. Unser kostenloser monatlicher
mit Wissenschaft zu tun haben oder nicht, sind Newsletter mini-AIR ist vollgestopft mit Leckerbis-
rundherum genauso widersinnig und genauso sinn­ sen, die zu klein oder zu aktuell für die Zeitschrift
voll wie all das, was Sie in AIR finden können. Jede sind.
13

Vor kurzem wurde dort das offizielle Affihead- Sanders Theatre aus hatte Dr. Moi eine großartige
Motto in deutscher Sprache bekanntgegeben, das Sicht auf die Weltpremiere des „Lamento del Kü-
da lautet „Luft, Luft, nichts als Luft" und sehr bald chenschabe", einer Minioperette für Mezzosopran
Anlaß zu Zank und Hader gab. Ein Druckfehler, und Nobelpreisträger. Mehr über die IgNobelpreise
noch verschlimmert durch die obskure Quelle des erfahren Sie in diesem Kapitel unter „Ig, Ig, IgNo­
Zitats, erzürnte oder entflammte viele Leser, insbe­ bel - die etwas andere Auszeichnung". Im Oktober
sondere Dr. W—f aus München, der uns freundli- 1997 fand die Siebente Erste Jährliche IgNobel­
cherweise eine 16bändige Ausgabe seiner eigen- preisverleihung statt. Ich hoffe, Sie werden hinfort
händig verfaßten deutschen Grammatik sandte, für Ihre Augen für Personen offenhalten, die IgNobel­
die wir ihm herzlich danken. preiswürdig sind. Bitte schicken Sie uns Ihre Nomi-
Weitere Informationen erhalten Sie, wenn Sie nierungen.
eine E-Mail an unseren automatischen Informati­
onsdienst „info@improb.com" schicken oder bei
unserer sinnigerweise „HotAffi" betitelten Web- Unsere kuriose
Site vorbeischauen: http://www.improb.com oder nichtreproduzierbare Geschichte
http://www.improbable.com. Unsere Postadresse
lautet: AIR, P.O. Box 380853, Cambridge, MA, USA. Wir sind ein kurioser Haufen, wie immer man „ku-
Ab und an werden Sie an den unwahrscheinlich- rios" auch definiert. Und wir haben eine lange Ge-
sten Stellen auf uns stoßen, etwa in Vorlesungen schichte.
und Diashows über unwahrscheinliche Forschun- 1955 brütete Alexander Kohn, von Haus aus Vi-
gen und über die IgNobelpreise. Die amerikanische rologe, einen wissenschaftlichen Artikel aus, der
Vereinigung zur Förderung der Wissenschaft
(AAAS) läßt uns aus irgendeinem Grund im Rah-
men ihrer Jahreskonferenz ein eigenes Seminar
über unwahrscheinliche Forschung anbieten.

Ig, Ig, IgNobel


Und dann gibt es da noch die IgNobelpreise. 1991
rief ich mit der Hilfe nicht weniger Freunde und
Kollegen eine kleine Zeremonie ins Leben, mit der
Leute geehrt wurden, deren Leistungen „nicht wie­
derholt werden können und sollen". Wir vergaben
zehn Preise. Also eigentlich überreichten vier Trä-
ger des echten Nobelpreises (im Gegensatz zum
IgNobelpreisJ, angetan mit Groucho-Marx-Brillen,
die Trophäen. Seither hat sich dieses kleine Ritual
zu einer alljährlich ausverkauften Veranstaltung
im größten Auditorium der Harvard-Universität
ausgewachsen, die von 1200 erstklassigen Exzen-
trikern besucht und über den öffentlichen Rund-
funk, den Fernsehsender C-SPAN und über das In-
ternet übertragen wird. Letztes Jahr flog Dr. Ha-
rald Moi, Koautor des medizinischen Fallberichts
„Übertragung von Gonorrhoe durch eine aufblas­
bare Puppe" auf eigene Kosten von Oslo nach Cam-
bridge, um den IgNobelpreis für Öffentliche Ge-
sundheitspflege persönlich entgegenzunehmen
(vier weitere Preisträger nahmen ihre Preise ent- AIR 2:1 (Janu&r/Februar 1996) war eine Sonderausgabe zur
weder ebenfalls selbst in Empfang oder schickten Fünften Ersten Jährlichen IgNobelpreisverleihung. Das Ti-
telblatt zeigte zwei der fünf Nobelpreisträger beim Vortrag
Vertreter). Von seinem Stuhl auf der Bühne des des Gedichts „DNA und grüne Eier mit Schinken".
14

folgenden Titel trug: „Die Kinetik der Inaktivierung Wissens nicht mehr erschien. Man könnte es trotz-
von Glasgeräten". Darin beschrieb er die verschie- dem versuchen, meinte er, denn es gebe keine an-
denen Arten und Weisen, auf die Kolben, Reagenz- dere Publikationsmöglichkeit für Humor in der
gläser und ähnliches aus dem Labor verschwinden. Wissenschaft.
In die Kopfzeile des Artikels schrieb Alex „Journal Ich begab mich also in die Bibliothek (direkt,
qfIrreproducibleResults, Band 2, Nummer 1". Bald nicht über Los), grub tatsächlich eine alte Journal-
danach tat er sich mit dem Physiker Harry Lipkin Adresse aus und schickte meinen Packen Artikel ab.
zusammen, und die beiden publizierten viele Jahre Nicht allzu lange danach rief mich der Verleger des
lang das Journal von Israel aus. Das Journal wuchs Journal of Irreproducible Results an und fragte
und gedieh, bis die Flut der Abonnementswünsche mich, ob ich nicht Herausgeber des Journals wer­
Alex und Harry schier zur Verzweiflung trieb. Die den wollte. Einige Tage später, nachdem ich ein
Leute wollten für so was auch noch bezahlen! Exemplar mit eigenen Augen gesehen hatte, sagte
(Anm. d. Ü.: Auf Deutsch erschienen zwei Sammel- ich zu.
bände mit dem Titel Journal der unwiederholbaren Als eine der ersten Amtshandlungen schrieb ich
Experimente I und //. Frankfurt, Wolfgang Krüger an Alex Kohn, der hocherfreut war, daß sich je-
Verlag, 1986 und 1989, vergriffen.) mand gefunden hatte, der versuchen wollte, das
Deshalb trafen Alex und Harry eine Überein- Journal wieder zum Leben zu erwecken. Alex wur-
kunft mit einem Geschäftsmann, der die Abonnen- de mein Mentor, hauptsächlich per Post und später
tenverwaltung übernahm, so daß sie sich weiterhin per F.-Mail, gelegentlich auch über Telefon. Im
um die Inhalte kümmern konnten. Dieses Arrange- Herbst 1991 verbrachten Alex und ich in Woods
ment schuf jedoch Probleme, auf die ich hier nicht Hole fast eine ganze Woche miteinander; in dieser
eingehen möchte, von denen Ihnen Harry aber Zeit erfuhr ich eine Menge. Auch Harry Lipkin
gerne erzählt, wenn Sie ihn zu einem Kaffee einla­ klinkte sich wieder ein, und mit Hilfe der beiden
den. Gründerväter und aller anderen, die ich dazu über­
Viele Jahre gingen ins Land. Irgendwann hatte reden konnte, bekam das Journal bald wieder Auf-
das Journal seine Blütezeit hinter sich und war nur wind. Ich interviewte etliche Nobelpreisträger, von
mehr ein Schatten seiner selbst. 1990 betrat ich denen einige sich als Scherzkekse höchsten Grades
dann die Bühne. entpuppten und ganz wild darauf waren, zu der
Ich hatte schon seit Jahren so allerlei zu Papier rasch anwachsenden Bande dazuzustoßen. Und
gebracht und geduldige Freunde damit beglückt, 1991 rief ich mit Hilfe vieler wunderbarer und
mich jedoch niemals ernsthaft um eine Veröffentli- wunderbar exzentrischer Leute die IgNobelpreis-
chung bemüht. Meist trieb ich mich in der Welt der verleihung ins Leben.
Software herum, wo ich an Dingen wie der „Kurz-
weil-Lesemaschine für Blinde" arbeitete oder eine
Firma namens „Weisheitssimulatoren" gründete, Vom Journal of Irreproducible
wo wir komplexe kognitive Kenntnisse verschiede- Results zu den Annals of
ner Fachvertreter simulierten. Schließlich schickte
ich ein paar von meinen Artikeln an Martin Gard- Improbable Research
ner, dessen kluge, witzige, mathematisch-natur- Unwahrscheinlicher- und unvorhersagbarerweise
wissenschaftlich-literarische Kolumne im Scientific gab es in dem Verlag, dem das Journal gehörte, ei­
American mir bis zu jenem traurigen Tag Anfang nen personellen Wechsel, und plötzlich war man
der achtziger Jahre, an dem Martin in den Ruhe- absolut nicht mehr scharf darauf, das Journal wei­
stand ging, stets immenses Vergnügen bereitet hat. terlaufen zu lassen. Mehrere Jahre lang bemühten
Sollten Sie Martins Kolumne niemals zu Gesicht be- wir „nichtreproduzierbaren Leute" uns, Überzeu­
kommen haben, dann empfehle ich Ihnen drin- gungsarbeit zu leisten, und versuchten sogar, das
gend, die nächste Buchhandlung aufzusuchen und Journal zu kaufen und selbst zu verlegen. Schließ-
sich eines seiner Bücher zu Gemüte zu führen. lich jedoch zeichnete sich glasklar ab, daß es keine
Martin gab mir freundlicherweise den Rat, die Möglichkeit gab, das Journal in der Form, wie es
Adresse von einem Dings mit dem Titel Journal of Alex und Harry, später ich und alle übrigen Mitar­
Irreproducible Results herauszuknobeln, für das er beiter fast vierzig Jahre lang gestaltet hatten, zu
gelegentlich geschrieben hatte, das aber seines retten.
15

Also verließen wir Anfang 1994 das Journal und


fingen ganz von vorne an. Die Annals of Improbable
Research wurden geboren. Alex Kohn dachte sich
den neuen Namen aus; auch der alte war seinem
Hirn entsprungen.
Da wir nicht über Mittel, nicht einmal über die
alte Abonnentenliste des Journal verfügten, began-
nen wir mit den Annais im Internet in einer abge-
speckten Version. Seit ein oder zwei Jahren ver­
faßte ich regelmäßig einen Newsletter und ver-
sandte ihn per E-Mail. 1994 initiierte ich einen
neuen Newsletter, mini-AIR. Dieser gewann eine
rasch wachsende Leserschaft und in gewissem Sinn
auch Einfluß. Schließlich verkündete er, daß wir
Subskriptionen für ein demnächst erscheinendes
Druckerzeugnis, die Annais of Improbable Re-
search, annehmen würden. Viele Leute aus allen
Ecken und Enden sandten uns daraufhin Schecks -
viele auch gute Artikel. Im Januar 1995 erblickte
die erste Ausgabe von AIR das Licht der Welt.
Diejenigen Leser, die uns auf unserer nichtre-
produzierbaren - nein, unwahrscheinlichen - Reise
begleitet haben, wissen, daß wir noch mehr Aben-
teuer erlebt haben. Doch das ist eine andere Ge-
schichte.
AIR 1:2 (März/April 1995) war eine Sonderausgabe für Leh­
rer und Dozenten. Sie machte zudem einer nichtsahnenden
Was ist was? Welt Internet-Barbie bekannt.
Die meisten Artikel in diesem Buch erblickten zu-
erst in AIR oder mini-AIR das Tageslicht oder das
Dunkel der Nacht. Einige erschienen, bevor AIR ge­
boren war. Die meisten Beiträge sind mit Daten
versehen, in dem einen oder anderen Sinn dieses
Wortes.
Grundsteinlegung
mit Internet-Barbie
Dieser Artikel erschien in AIR 1:2 (März/April 1995).

Ende 1994 beschlossen wir, die Geburt der Annais „Ich schlage vor, ein Symbol in den geplanten
mit einer Grundsteinlegung zu feiern. Wir wollten Grundstein einzuschließen, das die Eigenschaften
am MIT einen Grundstein mit Zeitdokumenten in des Internet verkörpert. Es sollte zum einen die
der Erde versenken und schrieben einen Wettbe­ Vernetzung durch das Internet verkörpern, zum
werb aus, um die Frage zu entscheiden: „Was/Wer andern die Tatsache, daß diejenigen, die das Inter­
soll in den Grundstein hineinkommen?" Unter den net bevölkern, Menschen sind, und schließlich den
Vorschlägen waren Ross Perot, Prinz Charles, Newt Charakter der Kommunikation im Internet sowie
Gingrich, Bill Clinton, Elvis, Carl Sagan und, an der den Geist desselben zeigen. Eine halbnackte Bar-
Spitze aller Nennungen, Bill Gates. Alle diese Per- biepuppe mit Glasfaserkabeln anstelle des Haares
sonen lehnten es jedoch ab, mit dem Grundstein würde die Sache also recht gut treffen."
vergraben zu werden. Dieser Stein ist insofern ein-
zigartig unter allen 1994 versenkten Grundsteinen, Was mit dem Grundstein versenkt
als er NICHTS enthält, das mit 0. J. Simpson zu tun
hat. wurde
Die Gewinner des Wettbewerbs erhielten nichts; Alle Objekte wurden vor dem Einschließen in die
schließlich hatten ihn Luftikusse ausgeschrieben. Kapsel sorgfältig mit einer Müllpresse präpariert.
Es folgt der Siegervorschlag von Leser Donald Folgende Gegenstände sind mit dem Grundstein
Turnblade: vergraben worden:

• ein Strafzettel für falsches Parken


• ein gebrauchter Kaugummi eines Nobelpreis-
trägers
• eine Tüte Mc Donald's-Fritten
• Madonnas spitzer BH
• Internet-Barbie
• ein Pentium-Chip, montiert auf einer spiritisti-
schen Alphabettafel
• Plakat „Penisse des Tierreichs"
• eine Erinnerung an den kalten Krieg (Pakete
hochradioaktiven Abfalls)
• ein Fläschchen Max Factor 2000 Calorie Masca-
ra (stellvertretend für Projekt AIRhead 2000)
• die erste Ausgabe von AIR
• vier Power Rangers als „Wächter des Grund-
steins"
Das AIR-Team entwickelte dieses funktionierende Modell ei-
ner Internet-Barbie.
17

Während IQ-Rekordhalterin und


AIR- Kuratoriumsmitglied Marilyn
Vos Savant Suppe ißt, erläutert ihr
Kuratoriumskollege Dr. Thomas Mi­
chel seinen „Leitfaden für eine poli-
tisch korrekte Kardiologie". Der
AIR-Herausgeber Marc Abrahams
schaut zu. Darüber posiert Bob Her­
sey als lebendes Bild des Logos von
AIR, des Stinkers. Foto: John Na-
nian.

• eine Aufstellung der Kosten des Grundsteins Was in dem Grundstein von 1914
• ein IgNobelpreis von 1994 (ein halbes Gehirn
aus Wachs, montiert auf einem billigen hölzer-
gefunden wurde
nen Ständer)
• drei Bakterien • ein Strafzettel für falsches Parken
• Sternenkarte (keine Karte der Himmelskörper, • ein Brocken (über)reifer Käse
sondern der Domizile von Hollywood-Stars und - • ein Exemplar des Buches „Und immer wieder
Sternchen) die Zeit", signiert von jemandem namens „AI".
• eine Dose Spam-Frühstücksfleisch, signiert von • eine Dose mit abgeschnittenen Barthaaren
Robin Leach (dem amerikanischen Alfred Bio- • eine Tüte Gummibärchen (noch genauso
lek, d.U.). Leach sandte zudem auf Band gespro- schmackhaft und frisch wie am Tag ihrer Her-
chene Glückwünsche und ein Chili-Rezept. stellung)
• eine Kopie von Microsoft Windows • Madame Curies Lippenstift (phosphoreszierend)
• Marilyn Vos Savants Suppenteller, Löffel und • Schrödingers Katze
Serviette • eine braune Socke
• Haferkleie und ein Laufschuh • eine Rolle mit Voraussagen:
• ein Tütchen Trockenmittel - Verlagswesen: Jeder Geschäftsmann wird sein
• Potpourri persönliches Textbearbeitungsgerät besitzen -
eine kohlebetriebene 65-PS-Schreibmaschine.
Beim Graben der Grube stieß man auf einen - Politik: 1994 werden unsere Politiker - anders
Grundstein, der 1914 versenkt worden war. Er als heute - weise und gebildete Männer sein.
wurde geborgen und geöffnet. Der Inhalt ist im fol- - Sport: Babe Ruth wird als größter Schlagmann
genden aufgeführt. in die Geschichte der Red Sox eingehen.
- Architektur: Ein chinesisch-amerikanischer Ar-
chitekt wird vor dem Louvre in Paris eine Glas-
pyramide bauen.
18

- Kommunikation: Es wird ein Weltweites Kom­ - Internationale Politik: Eine internationale Liga
munikationsgewebe geben. Jeder Haushalt wird Vereinter Nationen wird sicherstellen, daß zwi­
seinen eigenen Telegraphen besitzen, und jedes schen allen Ländern Friede und Harmonie herr­
Kind wird den Morse-Code kennen. Ein automa- schen. Der Sitz dieser internationalen Körper­
tischer Telegrammbeantworter wird Nachrich­ schaft wird in Sarajewo sein.
ten entgegennehmen, wenn die Familie nicht zu
Hause ist.
Ig, Ig, IgNobel - die etwas
andere Auszeichnung
monie oder senden auf Video- oder Audioband
aufgezeichnete Dankreden. Einer der Geehrten
ging sogar so weit, auf eigene Kosten von Oslo nach
Cambridge zu reisen, um seinen Preis in Empfang
zu nehmen.
Wenn man einen IgNobelpreis bekommt, hat
man allen Grund, den Verleihungsfeierlichkeiten
beizuwohnen. Die Preise werden von echten Nobel-
preisträgern (nicht IgNobelpreisträgern) im wahr-
sten Sinn des Wortes ausgehändigt, und der ver-
Die Nobelpreisträger (von links nach rechts) Sheldon Gla- schwenderische, sinn- und verstandverwirrende
show, Eric Chivian, Dudley Herschbach und Henry Kendall Festakt findet in der großartigen alten Sanders-Au-
überreichten die Preise bei der Ersten Jährlichen IgNobel­
preisverleihung, die 1991 in einem Hinterzimmer im MIT la der Harvard-Universität statt. Eine begeisterte,
stattfand. Foto: Roland Sharrillo. seltsam gewandete, dicht gedrängte Menge über­
schüttet die neu gekürten Gewinner mit Beifall und
Papierfliegern und bejubelt die Nobelpreisträger,
die gutmütig ihre Hauptrollen in Miniopern, -ballet-
ten oder anderen unwahrscheinlichen Darbietun­
Die Gesellschaft läßt ihren Bürgern vielfältige Eh- gen absolvieren, die manche als Kunst bezeichnen
rungen zuteil werden - Nobelpreise, Olympische möchten. Das Ereignis wird live über das Internet
Medaillen, goldene Tressen, Messingringe, Ehren­ übertragen und auch für die Wissenschaftssendung
abzeichen, Schönheitsköniginnenszepter, Bowling- des öffentlichen Badios und den Fernsehsender C-
pokale, Blaue Bänder, Knöllchen. Wenn man sich SPAN aufgezeichnet. Zudem berichten Zeitungen,
weit genug den absteigenden Ast hinunter bewegt, Radiosender und Nachrichtenredaktionen des
gelangt man schließlich und endlich zum IgNobel- Fernsehens auf der ganzen Welt sowie die wichtig­
preis. sten wissenschaftlichen Zeitschriften darüber.
IgNobelpreise werden an Personen verliehen, Die erste Zeremonie veranstalteten wir 1991 am
deren Leistungen „nicht wiederholt werden können MIT, in einem Raum, in dem 350 Leute Platz hat­
oder sollen". Das Kriterium deckt ein weites Feld. ten. Am Abend des Ereignisses wußten wir nicht,
Seit den Anfängen 1991 vergeben wir jedes Jahr ob überhaupt jemand auftauchen würde. Wir wur-
zehn Preise auf Gebieten, die von Physik über Che­ den angenehm überrascht. Vier Nobelpreisträger
mie und Frieden bis zur Kurist reichen. Beiner Zu- kreuzten auf, mit Groucho-Brille auf der Nase und
fall ist, daß sich die Gruppe der Gewinner aufteilt Fez auf dem Kopf, und die Leute rannten uns Türen
in Personen, deren Errungenschaften (zumindest und Fenster ein, um einen Platz als Zuschauer zu
im nachhinein betrachtet) wunderlich und wunder­ ergattern. Der Festakt lockte jedes Jahr ein größe­
bar sind, und in andere Personen, deren Werk viel- res Publikum an, 1995 zogen wir daher nach Har-
leicht nicht so wunderbar ist. Viele Gewinner kom- vard um, wo im Oktober 1997 die Siebte Erste
men entweder persönlich zu der Verleihungszere­ Jährliche IgNobelpreisverleihung stattfand.
20

Das Zeremoniell setzt sich aus zahlreichen den „Nonextremisten für moderate Veränderung"
Punkten zusammen, die von der traditionellen (aus Finnland). Der „König und die Königin der
IgNobel-Willkommen- Willkommen-Ansprache bis schwedischen Fleischklößchen" geben sich die Eh-
zur nicht minder traditionellen IgNobel-Auf-Wie- re und in bester königlich-skandinavischer Traditi-
dersehen-Auf-Wiedersehen-Ansprache reichen. on den gesamten Abend lang absolut nichts von
Beschrieben wurde es als Mischung aus Oscar-Ver- sich. Die menschlichen Scheinwerfer, von Kopf bis
leihung, Nobelpreis-Verleihung, einem Drei-Mane- Fuß vergoldet, treten auf, um die Szenerie zu er­
gen-Zirkus und der alten Broadway-Show Hellza- leuchten. Der Majordomus und der Minordomus
poppin. wuseln geschäftig umher, wichtige Leute halten die
dreißigsekündigen Heisenbergschen Schärferelati­
onsvorlesungen. Ein glücklicher Losbesitzer oder
Die Willkommen-Willkommen-Ansprache eine -besitzerin gewinnt bei der jährlichen Gewinn-
Die traditionelle IgNobel-Willkommen-Willkom- ein-Rendezvous-mit-einem-Nobelpreisträger-Tom-
men-Ansprache hielt Lois Malone. Es folgt eine bola. Gipsabdrücke des linken Fußes von Nobel­
vollständige Mitschrift ihrer Rede: preisträgern werden versteigert. Das Publikum
Willkommen, willkommen. macht sich mit Zwischenrufen bemerkbar und wirft
Papierflieger. Die Leute auf der Bühne schmettern
die Zwischenrufe ab und die Papierflieger zurück.
Die IgNobel-Auf- Wiedersehen-Auf- Wiederse- Und, ach ja, die zehn neuen IgNobelpreisträger
hen-Ansprache werden bekanntgegeben und halten ihre Dankes-
rede.
Die traditionelle IgNobel-Auf-Wiedersehen-Aul- In der ganzen Sache steckt aber ein mehr oder
Wiedersehen-Ansprache hielt Lois Malone. Es minder ernster Kern. Der Ig, wie er allgemein ge-
folgt eine vollständige Mitschrift ihrer Rede: Auf nannt wird, zollt der Wissenschaft Lob und Preis,
Wiedersehen, auf Wiedersehen. und er belegt zugleich, daß die Wissenschaftler ih-
re Arbeit lieben und daß in der Wissenschaft Begei­
sterung, Menschlichkeit und wunderbare Ver-
Der Abend beginnt mit einem feierlichen Ein- schrobenheiten stecken können - und daß es gar
marsch der offiziellen Publikumsdelegationen. Ent- nicht so furchtbar ist, verschrobenen Ideen nach-
sandt werden sie von Gruppen wie den „Juniorwis- zugehen. Das meiste von dem, was man heute die
senschaftlern" (Zweitkläßlern der öffentlichen großen wissenschaftlichen Entdeckungen nennt,
Schulen Bostons); der „Harvard-Computergesell­ wurde ausgepfiffen und mit Hohn und Spott über-
schaft", dem „Museum für schlechte Kunst", den schüttet, als es neu war. Es gab eine Zeit, in der
„Rechtsanwälten für und gegen Artenvielfalt", den Ärzte, die forderten, sich vor einer Operation die
„Freunden von Daryl, Daryl, Daryl und Daryl" und Hände zu waschen, als Spinner galten. Dennoch ar-

Publikumsdelegationen ziehen zu Beginn der Fünften


Ersten Jährlichen Verleihung 1995 in die Lowell Lec­
ture Hall der Harvard-Universität ein. Die Katze oben
rechts gehört zur semizufälligen Diashow, die den
ganzen Abend untermalte. Foto: Stephen Powell.
21

Die Verleihungszeremonie 1996 wurde durch ein neues Ig-


Ritual bereichert. Hier versteigert Lin Calista (Mitte) vom
Auktionshaus „Füllhorn" Gipsabdrücke des linken Fußes
(auf dem Tisch rechts) der Nobelpreisträger Glashow,
Ilerschbach, William Lipscomb und Richard Roberts. Man
beachte den Papierflieger, der sich der Bühne nähert. Die
Eine Frau, als Kuh maskiert, löst ihr Siegerlos der Gewinne- Auktion führte zum Eklat, weil später gleich zwei Leute be-
em-Rendezvous-mit-einem-Nobelpreisträger-Tombola ein. haupteten, den Fuß von Roberts erworben zu haben. Trotz
Dudley Herschbach, der Preis des Jahres, besteht darauf, der dringenden Bitte des IgNobelpreiskomitees, die An-
daß sie sich zu ihm auf die Bühne setzt. Foto: Stephen Po­ spruchsteller möchten doch „diesen schmerzlichen Fehltritt
well. berichtigen", fand das Fußfiasko Eingang in das Wall Street
Journal. Foto: Enzo Crivelli/Mark Salza.

beiten heute an den meisten Krankenhäusern Chir­ auch die vielleicht seltsamen - Seiten allen men­
urgen, die sich die Hände waschen. schlichen Strebens ins Licht rücken. Wie oben er­
Wenn sie zum ersten Mal vom Ig hören, nehmen wähnt, reizt und freut es viele IgNobelpreisgewin-
manche Leute fälschlicherweise an, es gehe darum, ner, der Verleihungszeremonie beizuwohnen.
schlechte Wissenschaft bloßzustellen, das aber ver- Was ist mit den Geehrten, deren Werke man als
fehlt weit den Kern der Sache. Viele IgNobelpreis- verabscheuungswürdig oder, na ja, eben dumm be-
würdige Arbeiten sind Beispiele für beste Wissen- zeichnen könnte? Diese Leistungen sprechen für
schaft und möglicherweise sogar von großem sich selbst, und das um so beredter, als sie sich un-
Nutzen für die Menschheit. Andere mögen das viel- ter andere Igwürdige Leistungen einreihen, die Pa­
leicht nicht sein - aber schließlich machen wir alle radebeispiele für Schrulligkeit, Charme und selbst­
Fehler. Das IgNobelpreiskomitee möchte keines- kritischen Humor sind.
falls den Fehler begehen, Wissenschaftler, deren Die ganze Ig-Zeremonie ist eine Studie in Gegen-
Arbeit sich zwar komisch anhört, aber dennoch sätzen und ein Beweis, daß die meisten Dinge im
Lob und Anerkennung verdient, lächerlich zu ma- Leben zu facettenreich und zu mehrdeutig sind,
chen oder an den Pranger zu stellen. Die IgNobel- um sie nach dem ersten Anschein zu beurteilen.
preise sollen vielmehr die liebenswerten - ja, und
Die IgNobelpreisträger
Es folgt eine Auswahl der IgNobelpreisträger der Jahre 1996 zurück bis 1991, dem Jahr der ersten Zeremo
nie. Auch einige Dankadressen sind abgedruckt.

Biologie
Anders Baerheim und Hogne Sandvik von der Uni-
versität Bergen, Norwegen, für ihre geschmack-
volle und schmackhafte Arbeit „Wirkung von Bier,
Knoblauch und saurer Sahne auf den Appetit von
Blutegeln".

Medizin
James Johnston von R. J, Reynolds, Joseph Taddeo
von U.S. Tobacco, Andrew Tisch von Lorillard, Wil-
liam Campbell von Philip Morris und der verstor-
bene Thomas E. Sandefur Jr., Vorstandsvorsitzen-
der von Brown and Williamsson Tobacco, für ihre
nicht zu erschütternde, vor dem amerikanischen
Kongreß bezeugte Erkenntnis, daß Nikotin nicht
Das Publikum bereitet den lgNobelpreisträgern von 1995
süchtig macht.
den gewohnt artigen Hmpfang. Foto: Stephen Powell.
Literatur
Die Herausgeber der Zeitschrift Social Text dafür,
daß sie eifrig Forschungsarbeiten publizierten, die
sie nicht verstanden, die der Autor als sinnlos be­
zeichnete und in denen behauptet wurde, daß die
Realität nicht existiert.
IgNobelpreisträger 1996
Physik Wirtschaftswissenschaften
Robert Matthews von der englischen Aston-Univer- Dr. Robert J. Genco von der Universität Buffalo für
sität für seine Studien zu Murphys Gesetz und ins- seine Entdeckung, daß „finanzielle Belastung ... ein
besondere für den Beweis, daß Toast immer auf die Risikoindikator für schwere Parodontose" ist.
gebutterte Seite fällt.
Frieden
Chemie
Jacques Chirac, französischer Präsident, dafür,
George Globe von der Purdue-Universität für sei- daß er des 50. Jahrestages von Hiroshima mit
nen atemberaubenden Weltrekord beim Anzünden Atombombentests im Pazifik gedachte.
eines Gartengrills - drei Sekunden mit Holzkohle
und flüssigem Sauerstoff.
23

Öffentliche Gesundheitspflege DANKADRESSE


Ellen Kleist aus Nuuk, Grönland, und Harald Moi Don Featherstone, IgNobelpreis für Kunst 1996
aus Oslo, Norwegen, für ihren beherzigenswerten Ich möchte allen für diese großartige Auszeichnung
medizinischen Fallbericht „Übertragung von Go- danken. Die meisten Künstler sterben, bevor irgend
norrhoe durch eine aufblasbare Puppe". jemandem auffällt, daß sie etwas geleistet haben.
Ich habe das Glück, daß Sie nicht so lange gewartet
haben. Ich freue mich, hier zu sein, und weiß es
Biodiversität wirklich sehr zu schätzen. Vielen Dank.
Chonosuke Okamura vom Okamura-Fossilienlabor
in Nagoya, Japan, für die Entdeckung der Fossilien DANKADRESSE
von Dinosauriern, Pferden, Drachen, Prinzessinnen Robert Matthews, IgNobelpreis für Physik 1996
und mehr als hundert anderen ausgestorbenen
Vielen Dank für diesen Preis. Der Beweis, daß Mur-
„Mini-Spezies", allesamt kleiner als 0,025 Millime-
phys Gesetz - was schiefgehen kann, geht schief -
ter.
in die Struktur des Universums eingebaut ist, hat
mir, einem der pessimistischsten Menschen auf der
Kunst Erde, viel Vergnügen bereitet. Dieser IgNobelpreis
auch. Meine Arbeit hat natürlich auch eine ernst­
Don Featherstone aus Finchburg, Massachusetts, haftere Seite, ich kann mich nur nicht entsinnen
für seine ornamental revolutionäre Erfindung, den welche. Ach ja, jetzt fällt's mir ein. Ich sollte mehr
Plastikflamingo. dafür kriegen.

DANKADRESSE
Dr. Harald Moi, IgNobelpreis für Öffentliche
Gesundheitspflege 1996
Dr. Moi reiste auf eigene Kosten aus Oslo nach Har­
vard, um an der Zeremonie teilzunehmen. Am fol-

Der IgNobelpreisträger für Kunst 1996, Don Featherstone,


der Erfinder des rosa Plastikflamigos, hält im Sanders Thea-
tre von Harvard seine Dankesrede. Featherstone wurde be-
gleitet von seiner Frau. Die Featherstones waren gleichartig
in Hellrosa gekleidet. Der Preisträger des Jahres 1992 in der
Sparte Kunst, Jim Knowlton, Schöpfer des klassischen Ana-
tomieplakats „Penisse des Tierreiches", sitzt unmittelbar
hinter den Featherstones. Der Entomologiepreisträger von
1994, Robert Lopez (Ohrmilben), schaut zu, wie Konsul Ter­ Hiner der IgNobelpreisträger für öffentliche Gesundheits­
je Korsnes mit dem Preis spielt, den er im Namen von Anders pflege von 1996, Harald Moi, bei seiner Dankadresse. Dr.
Baerheim und Hogne Sandvik entgegengenommen hatte. Moi reiste auf eigene Kosten von Oslo nach Cambridge, um
Man beachte den Flamingohals, der links vom Podium zu se­ den Preis für seinen Bericht „Übertragung von Gonorrhoe
hen ist, sowie die über den Boden verstreuten Papierflieger. durch eine aufblasbare Puppe" entgegenzunehmen. Foto:
Foto: Stephen Powell. Stephen Powell.
24

genden Tag hielt er an der Medizinischen Hoch- dene Früchte, Gemüse und andere Lebensmittel,
schule von Harvard einen eher fachbezogenen und eine Edelsteinsäge, ein gefrorener Schweine-
viel ausführlicheren Vortrag über seine Arbeit. schwanz, ein Zinnbecher, ein Bierglas und die be-
Meine Damen und Herren, ich fühle mich geehrt merkenswerte Kollektion eines Patienten, be-
und freue mich, den berühmten IgNobelpreis ent- stehend aus einer Brille, einem Kofferschlüssel, ei-
gegennehmen zu dürfen. Ich glaube aber, ich sollte nem Tabaksbeutel und einer Illustrierten.
mich nicht zu geehrt fühlen, denn dieser Art For­
schung könnte leicht die Luft ausgehen.
Das größte Problem bei diesem Fall bestand in Wirtschaftswissenschaften
der zwingend notwendigen Information und Be- Zu gleichen Teilen an Nick Leeson und seine Vorge-
handlung der Partnerin. In der Literatur ließ sich setzten von der Barings-Bank und an Robert Citron
nichts über die Pharmakokinetik von Antibiotika in aus Orange County, Kalifornien, die mit Hilfe der
Puppen finden. Was blieb also anderes übrig, als Derivatenrechnung bewiesen, daß jede Finanzinsti­
zur Spritze zu greifen und beherzt zuzustechen? tution ihre Grenzen hat.

IgNobelpreis 1995 Frieden


Physik Das Parlament von Taiwan für den Beweis, daß es
Politikern mehr bringt, einander zu schlagen, zu
D. M. R. Georget, R. Parker und A. C. Smith vom In­
treten und übers Ohr zu hauen, als Kriege gegen
stitut für Lebensmittelforschung in Norwich, Groß-
andere Länder vom Zaun zu brechen.
britannien, für ihre knallharte Analyse matschiger
Frühstücksflocken, veröffentlicht in einem Bericht
mit dem Titel „Eine Untersuchung der Wirkung des Psychologie
Wassergehaltes auf das Verdichtungsverhalten von
Frühstücksflocken". Shigeru Watanabe, Junko Sakamoto und Masumi
Wakita von der Keio-Universität für ihren erfolgrei-
chen Versuch, Tauben darauf zu dressieren, zwi-
Chemie schen den Bildern Picassos und Monets zu unter­
scheiden.
Bijan Pakzad aus Beverly Hills für seine Duftkreati-
on „DNA", die keinerlei Desoxyribonukleinsäure
enthält und in einem Tripelhelixflakon abgefüllt ist.

Medizin
Marcia E. Buebel, David S. Shannahoff-Khalsa und
Michael R. Boyle für ihre anregende Studie mit der
Überschrift „Die Wirkung künstlich eingeschränk-
ter, unilateraler Einatmung durch die Nase auf die
Kognititon".

Literatur
David B. Busch und James R. Starling aus Madison,
Wisconsin, für ihren tiefschürfenden Forschungs­
bericht „Rektale Fremdkörper: Falldarstellungen
und ein umfassender Überblick über die Weltlitera- Bei der Verleihungsfeier von 1995 kredenzen die Nicola
tur." Erwähnt werden neben anderen Gegenstän- Hawkins Dancers den fünf Nobelpreisträgern eine Überra­
schung - dampfend heißen Luak-Kaffee, gebrüht aus Kaffee-
den: sieben Glühbirnen, ein Wetzstein, zwei Blitz­ bohnen, die von Luaks gefressen und ausgeschieden wur­
geräte, eine Stahlfeder, eine Schnupftabaksdose, den. Luaks {Palmenroller) sind luchsartige, in Indonesien
eine Öldose mit Stopfen aus Kartoffel, elf verschie­ heimische Tiere. Foto: Alexandra Murphy.
25

Erdbeben von schwänz schlagenden Katfischen


ausgelöst werden.

Chemie
Bob Glasgow, Senator von Texas, weiser Verfasser
vernünftiger Verordnungen, für seine Unterstüt­
zung des 1989 erlassenen Gesetzes zur Drogen-
bekämpfung, das den Kauf von Bechergläsern, Kol-
ben, Reagenzgläsern und anderen Laborglasgerä-
ten ohne eine offizielle Genehmigung unter Strafe
stellt.

Biologie
Herschbach (links, sich nach einem Eimer bückend), Gla- W. Brian Sweeney, Brian Kräfte-Jacobs, Jeffrey W.
show, Murray und Lipscomb probieren Luak-Kaffee. Roberts Britton und Wayne Hansen für ihre bahnbrechende
(hier nicht abgebildet) genoß ihn ebenfalls. Foto: Jeff Pie- Studie „Der verstopfte Soldat: Prävalenz unter sta­
trantoni.
tionierten U.S.Truppen" und insbesondere für ihre
numerische Analyse der Stuhlgangshäufigkeit.

Ernährung Medizin
John Martinez von J. Martinez & Company in Atlan- Dieser Preis wird geteilt und an zwei Empfänger
ta für Luak-Kaffee, den teuersten Kaffee der Welt. verliehen. Erstens an den Patienten X, ehemals An-
Er besteht aus Kaffeebohnen, die vom Palmenroller gehöriger der U.S. Marines, der von seinem Haus­
(in der Landesprache luak), einem luchsähnlichen tier, einer Klapperschlange, gebissen worden war
Tier, das in Indonesion beheimatet ist, gefressen und sich ohne Furcht und Tadel für den Einsatz der
und wieder ausgeschieden werden. Elektroschocktherapie entschied - auf eigenes Ver­
langen wurden die Zündkabel eines Autos an sei­
ner Oberlippe befestigt und der Motor fünf Minuten
Öffentliche Gesundheitspflege lang mit 3000 U/min laufen gelassen. Zweitens an
Martha Kold Bakkevig von Sintef Unimed in Trond- Dr. Richard C. Dart von der Rocky-Mountain-Ver-
heim, Norwegen, und Ruth Nielson von der Techni- giftungsnotrufzentrale und an Dr. Richard A. Gu­
schen Universität von Dänemark für ihre erschöp­ stafson vom Zentrum für Gesundheitswissenschaf-
fende Studie „Wirkung nasser Unterwäsche auf die ten der Universität von Arizona, die den Patienten
Thermoregulation und das thermische Wohlbefin- X schließlich auf herkömmliche Art behandelten,
den bei Kälte". für ihren fundierten Bericht „Erfolglose Elektro-
schockbehandlung eines Klapperschlangenbisses",
der die Erfahrungen von X mit dieser Therapie wie-
Zahnheilkunde dergab.
Robert H. Beaumont aus Shore View, Minnesota,
für seine einschneidende Studie „Patientenpräfe­ Literatur
renz für gewachste und ungewachste Zahnseide."
L. Ron Hubbard, fanatischer Verfasser von Science-
fiction und Gründungsvater von Scientology, für
IgNobelpreisträger 1994 sein bombiges Buch der Bücher Dianetik, das sich
als höchst profitabel für die Menschheit oder zu-
Physik mindest für einen Teil davon erwiesen hat.
Der japanische Meteorologendienst für seine sich
über sieben Jahre erstreckende Untersuchung, ob
26

Wirtschaftswissenschaften
Jan Pablo Davila aus Chile, unermüdlicher Futu­
res-Händler und ehemals Angestellter der staatli-
chen Firma Codelco, dafür, daß er seinen Computer
anwies, zu „kaufen", als er „verkaufen" meinte, so­
wie für den nachfolgenden Versuch, die Verluste
durch immer unprofitablere Geschäfte wettzuma­
chen; letztere summierten sich schließlich zu 0,5
Prozent des Bruttosozialprodukts von Chile. Davilas
gnadenlose Leistung schlug sich in einer neuen
Wortschöpfung seiner Landsleute nieder: „davilar",
was soviel bedeutet wie „etwas sauber an die Wand
fahren".

Frieden
John Hagelin von der Maharishi-Universität und
dem Institut für Wissenschaft, Technologie und öf-
fentliche Politik, Verbreiter friedlicher Ideen, für
seine experimentell gewonnene Schlußfolgerung,
daß viertausend geübte Meditierende einen 18pro-
Dr. Richard Dart, Kopreisträger des IgNobelpreises für Me-
zentigen Rückgang der Gewaltverbrechen in Wa- dizin 1994. Dart und ein Kollege behandelten den Patienten
shington, D.C., herbeiführten. X, der von seiner Schlange gebissen worden war und sich ei­
nen Elektroschock hatte versetzen lassen, auf konventio­
nelle Weise.
Mathematik
Die Southern Baptist Church of Alabama, mathe­
matischer Messer der Moral, für ihre Berechnun- DANKADRESSE
gen (in Bezirken), wie viele Bürger Alabamas in die Dr. Richard Dart, Leiter der Rocky-Mountain-
Hölle kommen werden, wenn sie nicht bereuen. Vergiftungsnotruf zentrale, IgNobelpreisfür
Medizin 1994
Entomologie Ich war ganz erschlagen, daß ich diesen Preis er-
halten sollte, allerdings nicht ganz so erschlagen
Robert A. Lopez aus Westport im Staat New York,
wie unser Patient.
wagemutiger Veterinär und Freund aller Kreatur,
ob groß oder klein, für sein mehrfach wiederholtes
DANKADRESSE
Experiment, bei dem er Ohrmilben von Katzen in
Terje Korsnes, norwegischer Honorarkonsul in
sein eigenes Ohr einführte und die Ergebnisse akri­
Massachusetts, IgNobelpreisfür Mathematik 1994
bisch beobachtete und analysierte.
Korsnes nahm den Preis im Namen des Preisträ-
gers, der Southern Raptist Church of Alabama, so-
Psychologie wie im Namen der Einwohner von Hell in Norwegen
Lee Kuan Yew, ehemaliger Premierminister von in seine Obhut.
Singapur, Praktiker der Psychologie der negativen Ich bin gebeten worden, heute abend hierher zu
Verstärkung, für seine dreißigjährigen Studien zur kommen und diesen Preis für die Einwohner von
Wirkung von Bestrafung bei drei Millionen Bürgern Hell („Hölle") in Norwegen entgegenzunehmen. Er-
von Singapur, wenn sie spucken, Kaugummi kauen freut haben wir vernommen, daß so viele Bürger
oder Tauben füttern. des großen Staates Alabama an diesen Ort kommen
werden. Wir haben dort auch einen besonderen
Platz für Sie alle reserviert.
27

Ich habe ein paar von den Tierchen dabei und


möchte sie an das Publikum weitergeben. Haben
Sie vielen Dank.

IgNobelpreisträger 1993
Physik
Louis Kervran aus Frankreich, ausgemachter
Adept der Alchemie, für seine Schlußfolgerung,
daß das Calcium in Eierschalen durch kalte Fusion
entsteht.

Chemie
James Campbell und Gaines Campbell aus Lookout
Mountain, Tennessee, ruchlose Riechstoffverteiler,
für die Erfindung des Duftstreifens - das anrüchige
Verfahren, Parfümproben auf Illustriertenseiten
aufzubringen.

Biologie
Paul Williams Jr. vom Staatlichen Gesundheitsamt
Oregon und Kenneth W. Newell vom Tropenmedizi-
nischen Institut Liverpool, draufgängerische biolo-

Der Autor von Und immer wieder die Zeit und MIT-Astronom
Alan Lightman zollt dem Literatur-lgNobelpreisträger 1994
Ron L. Hubbard Tribut. Entgegen allen Hrwartungen er­
schien Hubbard nicht auf der Bühne. Während Lightman
Hubbards Werdegang beschrieb, schwebte eine aus Ballons
verfertigte Figur unbekannten Ursprungs auf die Bühne und
kreiste träge über dem Podium. Der Ballon wurde zerstört,
bevor er Schaden anrichten konnte.

DANKADRESSE
Dr. Robert Lopez, IgNobelpreis für Entomologie Hiner der IgNobelpreisträger für Medizin 1993, Dr. James
1994 Nolan, nahm eine zwölfstündige Autofahrt auf sich, um sei-
nen Beitrag zu dem klinischen Bericht „Akutversorgung des
Die schulmeisterliche Milbe geht mir auf den Geist, im Reißverschluß eingeklemmten Penis" zu erläutern. Nach
sie krabbelt nur sinnlos herum und beißt. Nolans Vortrag erhob sich das mit 1200 Zuschauern bis auf
den letzten Platz gefüllte Auditorium und brachte ihm ein
Vollends zum Biest wird sie um den Abend herum, Ständchen dar - eine modifizierte Version des Titels von Mi­
Am Trommelfell macht sie ein Mordsgebrumm. chael Jackson „We Are the World". Foto: Roland Sharillo.
Dort kratzt und beißt sie dann ad infinitum.
28

gische Detektive, für ihre aufsehenerregende Stu- Visionäre Technik


die „Salmonellenausscheidung bei umherreisenden
Schweinen". Der Preis geht zu gleichen Teilen an Jay Schiffman
aus Farmington Hills, Michigan, Top-Erfinder von
AutoVision, einem Projektionsgerät, das es erlaubt,
Medizin gleichzeitig Auto zu fahren und fernzusehen, und
James F. Nolan, Thomas J. Stillwell und John P. den Gesetzgeber von Michigan für die einschlägige
Sands Jr., mildtätige Medizinmänner, für ihren pe- gesetzliche Zulassung.
niblen Projektbericht „Akutversorgung des im
Reißverschluß eingeklemmten Penis". Psychologie
John Mack von der Medizinischen Hochschule von
Literatur Harvard und David Jacobs von der Temple-Univer-
sität, geistige Visionäre, gewinnen den IgNobel­
Gemeinsam an E. Topol, R. Califf, F. Van de Werf,
preis für ihren Kurz-Schluß, daß Menschen, die
P. W. Armstrong und ihre 972 Koautoren für einen
glauben, von Außerirdischen entführt worden zu
medizinischen Artikel, der hundertmal so viele Au-
sein, dies wahrscheinlich auch erlebt haben - und
toren hat wie Seiten.
insbesondere für ihre Schlußfolgerung, daß „der
Zweck der Verschleppung in der Produktion von
Wirtschaftswissenschaften Nachkommen besteht".
Ravi Batra von der Southern Methodist University, DANKADRESSE
pfiffiger Volkswirtschaftler und Autor der Bestsel-
Dr. James Nolan, IgNobelpreis für Medizin 1993
ler The Great Depression of 1990 (17,95 Dollar)
und Surviving the Great Depression of 1990 (18,95 Ich wünschte, meine Mutter wäre hier, um zu se-
Dollar) für den Verkauf so vieler Exemplare seiner hen, wie ich diesen Preis entgegennehme. Meine
Bücher, daß er ganz allein einen weltweiten wirt­ Kollegen und ich hätten nicht im Traum gedacht,
schaftlichen Zusammenbruch verhinderte. daß dieser simple Artikel soviel Aufmerksamkeit
auf sich ziehen würde. Ich wollte nur meine Gene-
ration vor Penisverletzungen bewahren. Ihre Aner-
Frieden kennung hier und heute abend hat mich stimuliert,
Die philippinische Tochtergesellschaft von Pepsi- die Forschungen auf dem Gebiet der Zipfelzipper-
Cola, Zulieferer zuckersüßer Hoffnungen und lein weiter zutreiben. Meine Kollegen und ich am
Träume, für ein Preisausschreiben, das den Gewin­ Marinehospital in San Diego (wo wir die Arbeit
ner zum Millionär machen sollte. Leider wurde an- durchführten) sowie eine konkurrierende Gruppe
schließend eine falsche Gewinnzahl bekanntgege­ an der Universität von Kalifornien haben bereits
ben, wodurch Pepsi-Cola eine Zusammenrottung mehr Licht in die Versorgung von Menschenbissen
von achthunderttausend bis zum Siedepunkt er- in den Penis gebracht - für die Marine aufgrund
hitzter Gewinnanwärter auslöste und zum ersten der bevorstehenden Veränderungen, die die gegen­
Mal in der Geschichte des Landes viele verfeindete wärtige Verwaltung angekündigt hat, ein ganz ak-
Parteien zusammenbrachte. tuelles Thema. Und da ich mich zur Zeit beruflich
verändere und im ländlichen Amerika als Urologe
niederlassen will, hoffen meine Kollegen und ich an
Mathematik der Guthrie-Klinik, die Inzidenz und Signifikanz
Robert Faid aus Greenville, South Carolina, scharf- urologischer, durch Nutztiere bedingter Traumen
sichtiger und solider Sachwalter der Statistik, für weiter aufklären zu können.
die Berechnung der exakten Wahrscheinlichkeit
(8 606 091751882:1), daß Michael Gorbatschow
der Antichrist ist.
29

Yvette Bassa, die Erfinderin des hell­


blauen Wackelpuddings, nimmt den
Chemiepreis 1992 entgegen. Bassas
Arbeitgeber, Kraft General Foods,
flog sie und 20 ihrer Kollegen im fir­
meneigenen Jet zu der Verleihung.
Mehrere andere Mitglieder des Ent­
wicklungsteams stehen hier rechts
hinter dem Nobelpreisträger Shel-
don Glashow (mit der weißen Mütze)
und den der Zeremonie beiwohnen­
den Hohheiten, der Schwedischen
Fleischklößchenkönigin und ihrem
König.

DANKADRESSE Chemie
Kevin Stelling, Vizejustizminister des Staates Yvette Bassa, Konstrukteurin quietschbunter Kol­
Massachusetts, IgNobelpreis für Psychologie 1993 loide, für ihre Rolle bei der Errungenschaft, die der
Steiling nahm den Preis im Namen von John Mach Chemie unseres Jahrhunderts die Krone aufsetzt,
und David Jacobs entgegen. nämlich der Synthese hellblauen Wackelpuddings.
Ich heiße Kevin Steiling. Ich bin stellvertreten­
der Justizminister des Staates Massachusetts. Kid- DANKADRESSE
napping ist nach Bundesrecht eine Straftat. Es ist Yvette Bassa, Kraft General Foods,
auch nach den Gesetzen des Staates Massachusetts IgNobelpreisträgerinfür Chemie 1992
eine kriminelle Handlung. Vergangenes Jahr gab
Es beschämt mich, dieser Ehre teilhaftig zu wer-
es Hunderte von Entführungsfällen oder Entfüh­
den. Meine Arbeit ist doch lediglich der Schlußstein
rungsversuchen. An keinem waren fremde Lebe­
eines immensen Berges wissenschaftlicher For-
wesen von anderen Planeten beteiligt. Ich danke
schung, die im Lauf der letzten paar Jahrhunderte
Ihnen.
geleistet wurde.
Nach der Feier rief der Assistent von John Mack
das IgNobelpreiskomitee an und bat darum, Dr.
Mack zur Verleihung im nächsten Jahr einzuladen, Biologie
dort eine Rede zu halten. Im folgenden Jahr wur­
den umfangreiche Vorbereitungen getroffen, doch Dr. Cecil Jacobson, verschwenderischer Samen­
im letzten Moment sagte Dr. Mack noch ab. Bei die- spender und großzügiger Gründervater der Samen-
ser zweiten Zeremonie gab das IgNobelpreiskomi- bank, für die Erfindung einer einfachen, einhändi-
tee bekannt, es sei „enttäuscht und gekränkt, vor gen Methode zur Qualitätskontrolle.
allem aber besorgt".
Medizin
IgNobelpreis 1992 F. Kanda, E. Yagi, M. Fukuda, K. Nakajima, T. Ohta
Physik und 0. Nakata vom Shisedo-Forschungszentrum in
Yokohama für ihre Pionierarbeit „Die Aufklärung
David Chorley und Doug Bower, Nestoren der Nied- von für Fußgeruch verantwortlichen chemischen
rigenergiephysik, für ihre zirkulären Beiträge zur Verbindungen" und insbesondere für ihre geniale
Feldtheorie auf der Grundlage der geometrischen Schlußfolgerung, daß Menschen, die glauben, an
Destruktion englischen Getreides.
30

Käsefüßen zu leiden, wirklich welche haben, und


Menschen, die es nicht glauben, keine haben.

Literatur
Yuri Struchkov, nicht aufzuhaltender Autor vom In­
stitut für organische Chemie in Moskau, für die 948
wissenschaftlichen Aufsätze, die er in den Jahren
1981 bis 1990 veröffentlichte; im Durchschnitt also
mehr als einen alle 3,9 Tage.

Frieden
Daryl Gates, ehemaliger Polzeichef von Los Ange-
les, für seine einzigartig zwingenden Methoden,
Menschen zusammenzubringen.

Ernährung
Die Konsumenten des Frühstücksfleisches Spam,
furchtlose Verzehrer dubioser Doseninhalte, für 54
Ein offizielles Zwischenrulicommando geleitet das Publikum
Jahre wahlloser Verdauung. durch den heiteren intellektuellen Diskurs.

Archäologie
Eclaireurs de France, die protestantischen Pfadfin-
der, blitzsaubere Beseitiger von Grafitti, dafür, daß
sie die uralten Malereien von den Wänden der Höh-
le Meyrieres in der Nähe des französischen Dorfes IgNobelpreis 1991
Brunquiel wegschrubbten.
Physik
Kunst (1) Thomas Kyle, Entdecker von Atomen und origi-
neller Gelehrter, für seine Entdeckung des schwer-
Dieser Preis geht zu gleichen Teilen an Jim Knowl- sten Atoms im Universum, des Administratiums.
ton, moderner Renaissancemensch, für sein klassi-
sches Anatomieplakat „Penisse des Tierreiches"
und an die Nationale Kunststiftung der Vereinigten Chemie
Staaten, weil sie Mr. Knowlton ermutigte, seine Ar- Jacques Benveniste, produktiver Proselytenmacher
beit in Form eines Aufklappbuches fortzuführen. und couragierter Korrespondent von Nature, für
seine nachhaltige Entdeckung, daß Wasser - H2O -
eine intelligente Flüssigkeit ist, und dafür, daß er
für sich selbst zufriedenstellend nachwies, daß
Wasser sich Ereignisse noch „merkt", lange nach­
dem alle Spuren von ihnen verschwunden sind.

1
Bei der ersten IgNobelpreisverleihung im Jahr 1991 gingen
drei der sieben Preise an Personen, deren Existenz mögli-
cherweise fiktiv, vorgespiegelt oder ungeklärt war. Die an­
deren Preisträger dieses Jahres - und alle Preisträger der
folgenden Jahre - waren und sind durch und durch echt.
31

Biologie Frieden
Robert Klark Graham, Selektor der Samen und Edward Teller, Vater der Wasserstoffbombe und
Verherrlicher der Fortpflanzung, für seine wegwei- erster Verfechter des Krieg-der-Sterne-Waffensy-
sende Einrichtung des Repository for Germinal stems, für seine lebenslangen Bemühungen, die
Choice (etwa: Qualitätskeimzellendepot), einer Sa- Bedeutung von Frieden, wie wir sie kennen, zu ver-
menbank, die ausschließlich Spenden von Nobel­ ändern.
preisträgern und Olympiasiegern entgegennimmt.
KOMMENTAR VON LINUS PAULING,
Medizin N OBELPREIS FÜR C HEMIE 1954,
F RIEDENSNOBELPREIS 1962 UND
Alan Kligerman, Erfinder der enterologischen Erlö- GRÜNDUNGSMITGLIED VON AIR:
sung, Besieger der Blähung und Schöpfer des Nah- Ich fände es gut, [Edward] Teller einen zweiten
rungsergänzungspräparats Beano, für seine Pio- IgNobelpreis zu verleihen, denn dann käme er ins
nierarbeit an Anti-Flatulenz-Mitteln, die Völlege- Guiness Buch der Rekorde als derjenige Mensch,
fühl, Blähungen, Unbehagen und Peinlichkeiten der die meisten IgNobelpreise bekommen hat.
verhindern.
Interdisziplinäre Forschung
Literatur
(•) Josiah Carberry von der Brown-Universität,
Erich von Däniken, visionärer Erzähler und Verfas- kühner Erkunder und eklektischer Einsammler
ser von Erinnerungen an die Zukunft, für die Theo- von Wissen, für seine Pionierarbeiten auf dem Ge-
rie, daß die menschliche Zivilisation vor Urzeiten biet der Psychokeramik, der Erforschung des
von Astronauten aus dem Weltall beeinflußt wur- Sprungs in der Schüssel.
de.
Pädagogik
Wirtschaftswissenschaften
J. Danforth Quayle, ehemaliger Vizepräsident, Ver­
Michael Milken, Wall-Street-Titan und Erfinder des zehrer von Zeit und Verdränger von Raum, kennt-
Junk-Bond, dem die Welt zu Dank verpflichtet ist. nisreicher Kommentator, dafür, daß er besser als
jeder andere die Notwendigkeit der Förderung des
naturwissenschaftlichen Unterrichts bewiesen hat.
Kinetik der Inaktivierung von
Glasgeräten
von Alexander Kohn
Diesen bahn- und glasbrechenden Artikel verfaßte Alex Kohn im Jahre 1955. Er füllte die gesamte erste
Ausgabe des Journal of Irreproducible Results (diese erste Ausgabe trug natürlich die Bezeichnung „Band
II, Nummer 1", und der Artikel bezieht sich auf Beiträge im nichtexistenten Band I), das Alex und Harry Lip-
kin gemeinsam herausgaben. 39 Jahre später gründeten Alex und ich mit Hilfe von Harry und dem Rest der
mittlerweile beachtlichen Truppe die Annais of Improbable Research. Alex verstarb Ende 1994, wenige Wo-
chen bevor die erste Ausgabe von AIR an die Abonnenten verschickt wurde. Der Nachdruck dieses Artikels
erfolgt mit Genehmigung von Chana Kohn. Die Literaturangaben am Ende entsprechen exakt denen der Ori-
ginalversion.

Einführung schäftigt, wird keine chemische Klassifikation die-


ser Substanzen vorgenommen. Sehr viel größere
Seit den Zeiten der Phönizier sind etliche der eigen- Bedeutung besaß in diesem Forschungsprojekt die
tümlichen Eigenschaften von Glas bekannt; eine Form, in der Glas auftritt. Folgende Endprodukte
dieser Eigenschaften ist die hohe Zerbrechlichkeit wurden verwendet: Petrischalen, Reagenzgläser,
von Glasprodukten. Obwohl über andere Eigen- Pipetten, Erlenmeyer-Kolben, Flaschen und Kolben
schaften dieser Substanz,12 über Produktionsme- verschiedener Volumina und Formen, Becherglä-
thodeni-4 und Gebrauchsweisen6'7 viel geschrieben ser sowie Spezialgeräte wie Destillierkolben und
wurde, hat man ihre Zerbrechlichkeit sehr selten Kühler, Verbindungsstücke, Dewar-Thermoineter,
erwähnt. So offensichtliche Verfahren zur Erzeu- Spritzen usw. Man sollte zudem unterscheiden zwi-
gung von Glasscherben, wie sie berühmte histori­ schen Produkten aus technischem Glas, Boraxglas
sche Persönlichkeiten anwandten8, oder die Sitte, und Pyrex. Diese Definition ist wichtig, denn wo die
geleerte Trinkgläser über die Schulter hinter sich Unterschiede zwischen diesen Glasarten nicht be-
zu werfen9, sind umfassend belegt und werden in rücksichtigt wurden, führten die Versuche, zwei
diesem Beitrag nicht behandelt. solche unterschiedliche Glasarten mit Hilfe einer
Eine sorgfältige Prüfung der Situation in bezug Sauerstoffflamme zusammenzufügen, zu katastro-
auf die Verfügbarkeit und die Pflege der Glasgeräte phalen Ergebnissen.
in verschiedenen wissenschaftlichen Labors ergab, Sollen Glasgefäße der direkten Einwirkung ei-
daß dieses Thema einer neuerlichen Betrachtung ner offenen Flamme ausgesetzt werden, ist die
und systematischeren Erforschung bedarf. Es ist Kenntnis der verwendeten Glasart von höchster
Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Bedeutung.

Materialien und Methoden Halbwertszeit


Glasgeräte Die Schwundrate von Glas läßt sich durch einen
Glas definieren wir als ein chemisches Produkt, das der Nuklearchemie entlehnten Begriff definieren:
unterschiedliche Anteile von CaO, NaSiO3, A12O3, Halbwertszeit. Darunter versteht man die Zeit-
ZnO sowie Oxidationsprodukte anderer Metalle spanne, nach der sich die Zahl gebrauchsfähiger
enthält.1011 Da sich dieser Beitrag vorwiegend mit Glasgeräte einer bestimmten Art auf die Hälfte re­
den physikalischen Eigenschaften von Glas be­ duziert hat. Bevor diese Untersuchung in Angriff
36

genommen wurde, ging man im allgemeinen von von Glasgeräten trugen und stolperten. Kürzlich
der Annahme aus, daß die durchschnittliche Halb- konnten mit der einfachen Gravitationsmethode
wertszeit von Glasprodukten in der Größenordnung bei Flaschen oder Gefäßen mit biologischen Färbe-
von fünf bis zehn Wochen liegt. mitteln12 oder mit Chromschwefelsäure auch
Spritzeffekte nachgewiesen werden.
Die in Zentrifugen künstlich erhöhte Gravitation
Inaktivierungsmethoden läßt sich sehr gut zur Inaktivierung von Zentrifu-
Diese lassen sich summarisch einteilen in: gengläsern nutzen. Es sollten jedoch zwei Erforder-
A. Mechanische Methoden. Diese Methoden lassen nisse streng beachtet werden, um die gewünschten
sich wiederum unterteilen wie folgt: Effekte zu erzielen. Zum einen muß alle Sorgfalt
1. Schockinaktivierung darauf verwandt werden, zwischen den beiden ein-
2. Vibrationsinaktivierung ander gegenüberliegenden Bechern ein Ungleich-
3. Belastungs- und Druckinaktivierung gewicht herzustellen. Ist dieses gewährleistet, be-
4. Gravitationsinaktivierung siegelt eine Kombination aus Vibration und Gravita-
Letztere Methode ist die am häufigsten verwende­ tion das Schicksal des Glases - in den meisten Fällen
te; sie kann in zwei Varianten eingesetzt werden: desjenigen, das die Substanz enthält, die durch Zen­
mit normalem Gravitationsfeld und mit Zentrifuge. trifugieren gereinigt werden sollte. Mehrere Labors
B. Die thermische Inaktivierung läßt sich in vier berichteten, daß die verantwortlichen Laboranten,
Kategorien einteilen: unter deren Händen diese Inaktivierung eintrat, in
1. Direkte Einwirkung einer Sauerstoff- oder den meisten Fällen die zu zentrifugierende Sub-
Wasserstoffflamme stanz durch Filtrieren der Dispersion mit den Glas-
2. Einwirkung eines Bunsenbrenners, mit oder fragmenten wiederzugewinnen vermochten.
ohne Schutz durch ein Asbestnetz Die andere Voraussetzung besteht darin, daß in
3. Autoklav die Becher ein Röhrchen eingeführt wird, das ein
4. Sterilisator/Laborofen wenig länger ist als der für das Röhrchen vorgese­
C. Die chemische Inaktivierung ist von recht unter- hene Raum in der Zentrifuge. Diese Bedingung be-
geordeter Bedeutung, man sollte jedoch die Ver­ zieht sich nur auf Zentrifugen mit Ausschwingrotor
wendung konzentrierter KOH- oder NaOH-Lö- und besteht in aller Regel für Zentrifugen mit Fest-
sungen und Flußsäure erwähnen. winkelrotor nicht.
D. Vorsätzliche Zerstörung. Belastungs- und Druckmethoden werden im Zu-
Schließlich gibt es noch ein Verfahren, das oben sammenhang mit Kolben, Flaschen und Spritzen in
nicht aufgeführt wurde und eine Kombination aller einem eigenen Absatz behandelt.
drei Methoden - A, B, und C - darstellt, nämlich die Rotem1 '* hat gezeigt, daß das Evakuieren von 1-
thermochemisch-explosive, die im allgemeinen un- bis-2-Liter-Erlenmeyer-Kolben auf einen Druck
vorhergesehen erfolgt. von etwa 1 mm Quecksilbersäule zur sogenannten
Implosion führt. Es handelt sich hier um einen rei­
nen Druckeffekt.
Ergebnisse und Diskussion
Die Untersuchung des Themas „Inaktivierung von
Glasgeräten" ergab Hinweise darauf, daß die effizi-
Thermische Inaktivierung
entesten und meistverwendeten der verschiedenen Wie oben aufgeführt, gibt es mehrere Varianten
Methoden die thermischen und die mechanischen dieser Methode, und ihre Wirkungen auf Glasgerä-
sind, in letzterer Gruppe wiederum diejenigen, die te werden unter jeweils eigenen Überschriften be­
auf dem Gravitationseffekt gründen. Die normale schrieben. Eine Methode jedoch, die äußerst selten
gravitationsbedingte Inaktivierung erfolgt, wenn verwendet wird, soll hier dargestellt werden: Sie
das fragliche Glasgerät absichtlich oder unabsicht­ wurde jüngst von Fendrich und Nir entwickelt, und
lich in der Luft über einem Betonboden oder auch da bislang noch kein offiziell veröffentlichter Be-
einer hölzernen Tischplatte in der Schwebe gehal­ richt darüber erschienen ist, beschreiben wir sie
ten wird und dann jegliche Unterstützung von un­ hier in aller Ausführlichkeit. Etwa fünfzig Pyrex-
ten oder oben plötzlich zurückgezogen wird. Be- Reagenzgläser 16x180 mm werden sorgfältig ge-
richtet wurden auch bemerkenswerte akustische reinigt und getrocknet; man versieht sie oben mit
und verbalinjurische Effekte („Fluchen") bei Perso- einem Deckel aus Stanniol und legt die Gläser
nen, die ein Tablett mit nennenswerten Mengen waagrecht in eine große, rechteckige Pyrex-Schale.
37

Dann schiebt man das Ganze in einen Laborofen,


der auf 300°C eingestellt wird. Anschließend ver-
stellt man den Temperaturregler geringfügig und
läßt die Reagenzgläser über Nacht in dem Ofen.
Am nächsten Morgen öffnet man den Ofen und fin-
det eine sauber zusammengeschmolzene Glas-
masse vor. Wie sich zeigt, ist die Temperatur auf
800° angestiegen.
Hinsichtlich der Inaktivierung durch Autoklavie-
ren haben mehrere Forscher festgestellt, daß sich
mit flachen Gefäßen, wie sie normalerweise zur
Kultur von Bakterien verwendet werden, befriedi-
gende Resultate erzielen lassen. Von je 10 Gefäßen,
die in den Autoklaven gestellt werden, lassen sich 1
bis 3 mit Sprüngen oder zuweilen sogar gänzlich in Abbildung 1: Wirkung von Gravitation auf Pipetten.
Scherben herausnehmen.
Eine originelle Methode zur Kolbenzerstörung,
die sowohl auf mechanischer Belastung als auch
auf thermischer Interaktion beruht, probierte I. Tischkante zeigt. Dies bewirkt eine beschleunigte
Hertman14 in unserem Labor aus. Bewegung der Pipetten, die auf dem Boden ihr
Er füllte die Gefäße bis zum Rand mit Wasser niedrigstes Energieniveau erreichen.17 Die Zahl
von Raumtemperatur, verschloß sie mit einem der Pipetten, die man später auf dem Boden findet,
Schraubdeckel und stellte sie für verschiedene ist im allgemeinen erheblich höher als die ur-
Zeitspannen in das Gefrierfach eines Kühlschranks. sprüngliche Zahl im Gläschen.
Nur in seltenen Fällen ließ sich die Flasche unzer- Die Einführung der Pipetten in Desinfektionsbe-
brochen herausnehmen. Dieses Experiment be- hälter führt selten zur Inaktivierung, doch die Mas­
weist sehr schön die thermische Ausdehnung von senmethode von Zelda et al.18 zum schnellen
Wasser bei 0°C. Transfer von Pipetten aus dem Gläschen in den
Thermochemische Explosivmethoden wurden Ausguß erzielte erstaunliche Ergebnisse.
an diesem Institut zum ersten Mal 1955 ange- Wie Kellner19 über die Photoreaktivierung ul-
wandt.15 Eine Suspension eines Antigens in Aceton travioletter Mikroorganismen durch sichtbares
wurde in das Glasgefäß eines Waring-Mixers gege- Licht berichtet, gab es Versuche, ein ähnliches
ben und das Gerät durch Drücken des elektrischen Prinzip auf inaktivierte Pipetten anzuwenden. Man
Schalters in Gang gesetzt. Der resultierende Funke tut dies nur in Fällen, wo der Schaden an der Pipet-
ließ sowohl die Mischung als auch das Gefäß explo- te irreparabel ist und nicht mehr als 10% der Ge-
dieren, und die Flamme, die sich über die Wand samtlänge betrifft. Zuerst ritzt man das beschä-
und den Tisch ausbreitete, soll sogar die Augen- digte Ende mit einem Glasschneider an und trennt
brauen eines der Forscher erfaßt haben. es ab. Die Reaktivierung erfolgt thermisch in einer
Sh. Miller16 wollte sich mit derart simplen Me­ Sauerstoffflamme. Wenn die Beschädigung an dem
thoden zur Initiierung thermochemischer Reaktio­ Ende ohne Einteilung erfolgte, ist das wiederherge­
nen nicht zufriedengeben. Er destillierte Acetonlö- stellte Produkt genausogut wie ein neues. Es gab
sung in vacuo auf einer elektrischen Heizplatte und auch Versuche, Pipetten wiederherzustellen, die an
benötigte nach der Implosion des Destillierkolbens dem mit der Einteilung versehenen Ende zerstört
eine längere medizinische Behandlung. waren. Dies erforderte Nachgravieren, und die
Endprodukte konnten als Mutanten vom Kimbell-
Pipetten Typ gelten. Die Genauigkeit der wiederhergestell-
ten Pipette war nicht immer zufriedenstellend.
Pipetten lassen sich hauptsächlich mit der Gravita-
tionsmethode inaktivieren. Um ein gravitationsbe-
dingtes Zerbrechen herbeizuführen, legt man die Petrischalen
Pipetten in ihrem Röhrchen so auf die Tischplatte, Die Inaktivierungsrate von Petrischalen ist wahr-
daß der resultierende Winkel größer ist als 20° (Ab- scheinlich die höchste von allen Glasgefäßarten.
bildung 1), wobei die Öffnung des Zylinders zur Den Grund für diese hohe Rate muß man in dem
38

fen vor sich her schiebt. In einem derart kritischen


Moment ergreift die verantwortliche Person ge­
wöhnlich den Kolbenhals mit bloßer Hand, so daß
der Kolben, bevor er die Tischplatte sicher zu errei-
chen vermag, mitten in der Luft sich selbst überlas­
sen wird. Hier greift dann die Schwerkraft an und
führt das oben beschriebene Resultat herbei. In be-
stimmten Fällen gelangt man zum selben Ergebnis,
wenn man den heißen Kolben in kaltes Wasser fal-
len läßt; der Kolbenhals verbleibt dann in der Hand
des Experimentators, während der Rest zu guter
Letzt gekühlt wird. Zwar unterscheidet sich die
Haltemethode für Bechergläser geringfügig von der
für Kolben, doch das Verfahren führt auch hier zu
Abbildung 2: Umgang mit Petrischalen. den gleichen Endergebnissen wie oben beschrie-
ben.
Kürzlich fand man im Kühlraum einen Erlenme-
yer-Kolben festgeklebt auf einem Labortisch aus
Tempo suchen, mit dem Petrischalen von allen Marmor. Alle Versuche, sowohl chemische als auch
Restmaterialien, etwa verschiedenen Agar-Nähr- thermische, Tisch und Kolben zu trennen, schlugen
böden, gereinigt werden. Die hohe Turnover-Rate fehl, so daß der Kolben schließlich geopfert und
von Petrischalen in Labors stellt hohe Anforderun- Stück für Stück mechanisch entfernt werden
gen an den Arbeitseinsatz des Reinigungsperso- mußte.
nals. Unter diesem Druck steigert sich die Ge- Ein merkwürdiger additiver Effekt, der zur In­
schwindigkeit des Reinigungsprozesses bis zu aktivierung von Glas führt, sollte ebenfalls erwähnt
einem Punkt, an dem die Finger der Reinigungs- werden: Versucht man, einen Bodensatz aus orga­
kräfte schlüpfrig werden; in den Abfalleimern läßt nischem Material mittels eines Glasstabes vom Bo-
sich dann eine reiche Ernte von Petrischalenscher- den eines Glasgefäßes zu lösen, so besteht das Er­
ben finden. gebnis im allgemeinen in einem Loch im Boden des
Eine andere Methode zur Anihilisation von Pe- Gefäßes, d. h. Glas + Glas = Fehlen von Glas = Loch.
trischalen wendet man in Fällen an, in denen der
Deckel der Kupferdose klemmt, in der die Schalen Spritzen
normalerweise aufbewahrt werden. Wenn man
nun gewaltsam an dem Deckel zerrt, springt er un­ Bekanntlich bestehen Spritzen aus einem Zylinder
versehens so plötzlich auf, daß die Schalen heraus- und einem Kolben. Bei der Lüer-Spritze, die in die-
fliegen und ihr niedrigstes Energieniveau auf dem sem Institut verwendet wird, bestehen beide er-
Boden einnehmen (Abbildung 2). wähnten Teile aus Glas, so daß wenigstens nicht
die Art von Inaktivierung eintritt, die mit Rekord-
spritzen häufig vorkommt; bei der Sterilisierung im
Erlenmeyer-Kolben und Bechergläser Ofen lösen sich Metall- und Glasteile voneinander.
Diese Art von Glasgeräten wird kontinuierlich Sehr bedauerlich ist, daß Zylinder und Kolben indi-
durch thermische Prozesse inaktiviert. Eine der ge­ viduell aufeinander abgestimmt sind; wenn eines
bräuchlichsten Methoden besteht darin, einen Kol­ der beiden Teile zerbricht, läßt sich auch das ande­
ben mit einem Agar-Nährmedium über offener re nicht mehr gebrauchen.
Flamme zu erhitzen und den Raum für eine Zeit­ Spritzen zerbrechen infolge zweier Formen des
spanne zu verlassen, die zwei Minuten länger ist Gebrauchs:
als nötig, um das Medium zu schmelzen (oder ohne a) Durch Liegenlassen der Spritze, ohne sie gründ-
jemand anderen zu bitten, den Kolben im Auge zu lich zu reinigen. Dies führt letztlich zu einem
behalten). An einem bestimmten Punkt des hundertprozentigen Festsitzen, so daß sich der
Schmelzvorgangs bilden die sich entwickelnden Kolben nicht mehr aus dem Zylinder herauszie­
Gase einen Schaum, der schlagartig hochschießt hen läßt.
und sich freie Bahn verschafft, indem er den Stop­
b) Durch Prüfen der Dichtigkeit der Spritze, indem digkeit, mit der Glaskugeln verschwinden, keine
man sie mit einem Finger verschließt, dann den Rolle spielt.
Kolben herauszieht, um ein Vakuum herzustel- Eine interessante Beobachtung machten Kohn
len, und darauf den Kolben losläßt; dieses Ver­ und Zelda.20 In der Annahme, daß das Gesetz der
fahren führt zu einer sauberen Abtrennung der Erhaltung der Masse auch für Glaskugeln gilt,
vorderen Zylinderpartie. Der Zylinder läßt sich suchten sie in verschiedenen Bereichen des Insti-
dann noch als Verbindungsstück für Gummi­ tuts nach der fehlenden Fraktion. Einzelne Kugeln
schläuche verwenden. fanden sich unter Arbeitstischen und in Schubla-
Sterilisiert man Spritzen in kochendem Wasser, ist den, doch der einzige Ort, an dem sich Kugeln in
es ratsam, das Bad mehrere Stunden lang unbeauf­ großer Anzahl auftreiben ließen, war der Syphon
sichtigt zu lassen. Wird das Bad elektrisch beheizt, eines WCs gegenüber dem Waschraum.
schmelzen durch die zunehmende Hitze nach dem
Verdampfen des Wassers die Lötstellen. An diesem
Punkt ist zu erwarten, daß die zuständige Person Glasfenster
oder sonst jemand zurückkehrt, der von dem Ge- Zwar gehört dieses Produkt nicht in die Kategorie
ruch alarmiert wird. Gewöhnlich bereinigt man die „Laborausstattung", doch es soll hier als derjenige
Situation, indem man die ganze Geschichte kühlt, Teil des Labors betrachtet werden, der für den
also kaltes Wasser in das Sterilisiergefäß und über Lichteinfall sorgt und verhindert, daß der Regen
die Spritzen schüttet. Das Krakeleemuster der Zy- Reagenzien verdünnt, die auf der Fensterbank auf­
linder ist faszinierend anzuschauen. bewahrt werden.
Den größten Beitrag zur Inaktivierung von Fen­
Spezialinstrumente sterscheiben leisteten Greenberg und Mitarbei-
ter.21 Sie spezialisierten sich auf Milchglas. Er-
Eine sehr originelle Methode zur Inaktivierung des wähnt werden sollte vielleicht auch, daß die mei-
Warburg-Manometers beschreibt Avi-Dor (persön- sten Arbeiten zum Problem der Reaktivierung von
liche Mitteilung). Der in den USA hergestellte War­ Fensterscheiben ebenfalls von ihnen stammen.
burg-Apparat ist so konstruiert, daß er von Perso- Interessante Experimente führte R. Ben-Gu-
nen mit einer Größe von über 1,80 Meter bedient rion22 durch. Bei dem Versuch, eine üppige Pilzflo-
werden muß. Einige unserer israelischen, weniger ra auf einer marmornen, mit Agarresten bedeckten
hochgewachsenen Wissenschaftler müssen das mit Fensterbank zu beseitigen, erhitzte sie den Be-
dem Manometer verbundene Reaktionsgefäß in wuchs mit der Flamme eines Bunsenbrenners. Die
das Wasserbad stellen, während sie diesen Vor- ungleichmäßige Erwärmung der Fensterscheibe
gang von unten (statt von oben) beobachten. Infol­ zwang schließlich den Wartungstrupp, sie durch
ge des Parallaxenfehlers wird das Reaktionsgefäß eine neue zu ersetzen. Dieselbe Autorin wies zu-
häufig leicht gegen den Rand des Bades gestoßen, dem nach, daß es möglich ist, die Fensterscheibe
und das Manometer zerbricht. Im allgemeinen geht eines Busses durch angemessenen Ellbogendruck
an derselben Stelle auch die Kapillare zu Bruch. zu inaktivieren.
Wie Dr. Avi-Dor vermutet, konstruiert der Herstel­
ler das Instrument so, daß die zerbrechlichsten
Teile nicht die billigsten sind. Kinetik
Berechnungen der Inaktivierungsrate von Glasge-
Glaskugeln räten erfolgen nach der Formel:
Dieses Glasprodukt besteht aus diskreten Ele­ QT = Qo . eKT
menten und eignet sich sehr gut zur Inaktivierung;
deren Methoden unterscheiden sich jedoch deut- wobei Qo = ursprüngliche Menge der Glasgeräte,
lich von allen bereits beschriebenen. Das Ver­ QT = Menge nach Zeitraum T und K = exponentielle
schwinden von Glaskugeln aus wissenschaftlichen Konstante, die erwiesenermaßen mit der Art der
Labors ähnelt sehr stark der Verdunstung von Lö- Glasgeräte variiert. Bei Petrischalen betrug K =
sungsmitteln wie Ether oder Aceton, mit dem Un- 0,06, wenn T in Wochen gemessen wird (Abbildung
terschied, daß die Temperatur für die Geschwin­ 3).
40

Dank
Der Autor ist Y. Zelda und ihren Mitarbeitern zu
Dank verpflichtet; ohne ihre gewissenhafte Mitar­
beit wäre der Umfang dieses Artikels auf den einer
kurzen Notiz geschrumpft.
Der Autor dankt D. Yasky für die Berechnungen,
dem Verwaltungsdirektor des Instituts für die Ge­
nehmigung zur Publikation dieses Artikels und sich
selbst für die geniale Idee, ihn zu schreiben.

A NMERKUNGEN
1. Silverman, A. Glass Evolution: A factor in science. J.
Abbildung 3: Inaktivierung von Petrischalen. Chem. Educ.A955,32, 149.
2. Richter, E. M. A. The room of ancient glass. Bull. Metro-
politan Museum Arts, 1911.
3. Money, G. W. Properties of Glass, 2. Auflage, New York
(Harcourt, Brace & Co.), 1954, 336.
Ein Faktor, den wir als Unsicherheits- oder My- 4. Plinius. Naturalis historia. Venedig (Johannes de Spira)
steriositätsfaktor bezeichnen, bringt jedoch einen 1469, 36, 26.
Fehler hinein, so daß die berechnete Inaktivie- 6. Mumford, L. Technics and Ciuilisation. Harcourt, Brace
rungsrate nicht der experimentell ermittelten ent- & Co., 1935, 126.
7. Hoverstadt, II. Jena Glass and Its Scientific andIndustri­
spricht (Abbildung 3). Diese Diskrepanz tritt insbe- al Application. New York (MacMillan) 1902.
sondere bei Petrischalen und Kulturgefäßen auf. 8. Socrates and Xantippe, Review o/Antiquity, 1888, 6, 5.
Bislang wurde noch keine experimentelle Methode 9. Geheime Berichte über das Bankett im königlichen Pa-
last. Moskau, 1772,15,1.
zur Bestimmung des Mysterioritätsparameters ent- 10. Fitfll, W., Pirani, M., Scheel, K. Glastechnische Tabellen.
wickelt. Berlin (Springer) 1932.
Man hat darauf hingewiesen, daß die Inaktivie­ 11. Neri, A. L'arte vetraria. Stameriade giunta, 1612.
12. Segal, 7. EfTicient dispersal of methylene blue from flow-
rung von Glasgeräten kein physikalischer, sondern meters [Effizientes Verteilen von Methylenblau aus
ein chemischer Prozeß sei. Ähnlich wie das Zerbre- Durchflußmessern]. J. Irreprod. Res., 1955,1,25.
chen von Diamanten ist das Zerbrechen von Glas 13. Rotem, Z. Preparation of autonomous vacuum system
wahrscheinlich auf den Bruch von chemischen Bin- [Herstellung eines autonomen Vakuumsystems]. J. Irre-
prod. Res., 1955,1,45.
dungen in großen Molekülen zurückzuführen. Man 14. Hertman, I. Supply of culd drinking water in summer
sollte daher die kinetische Formel von Arrhenius [Bereitstellung kalten Trinkwassers im Sommer]. Bull.
Isr. Inst. Biol. Res., August 1954.
V = A. e-E/RF 15. Unveröffentlichbar.
16. Miller, Sh. Distillation of acetone in vacuo [Vakuumdestil-
anwenden, wobei E für die Aktivierungsenergie lation von Aceton]. J. Irreprod. Res., 1955,1,2.
17. Kohn, A. Improved method of storing sterile pipettes for
und A für den Kollisionsfaktor steht (aus den in die- use [Eine verbesserte Methode zur Lagerung steriler, ge-
sem Artikel vorgelegten Daten ergibt sich eindeu- brauchsfertiger Pipetten]. J. Irreprod. Res., 1955,1, 67.
tig, daß in diesem Institut E niedrig und A sehr 18. Zelda, Y. et al. Methodes in washing and sterilizing glass-
ware: II Mass-accelerated transfer of pipettes from chro-
hoch ist). mic-sulfuric acid to water [Methoden zum Waschen und
Sterilisieren von Glasgeräten: II. Massenbeschleunigter
Transfer von Pipetten aus Chrom-Schwefelsäure in Was-
Zusammenfassung serj. Unveröffentlichte Ergebnisse.
19. Kellner, M. J. Bact., 1949, 58, 511.
Die erhobenen und dargestellten Daten zur Inakti- 20. Kohn, A., Zelda, Y. Report on the search for glass beads
vierung von Glasgeräten belegen, daß bei der Inak- [Bericht über die Suche nach Glaskugeln]. Bull. Isr. Inst.
tivierung mehr Faktoren eine Rolle spielen als bis­ Biol. Res., 1955, 1026.
21. Greenberg, Y., Alkuser, Ch., Goldenberg, Sh., Wolf, I. An-
lang vermutet. Die verschiedenen Parameter wer- nual report of maintenance crews [Jahresbericht der
den berechnet und diskutiert. Wartungstrupps]. Bull. Isr. Inst. Biol. Res., 1953,1001.
22. Ben-Gurion, R. Fight against fungi [Kampf gegen Pilze].
Bull. Isr. Inst. Biol. Res., 1953,1003.
Chaostheorie: Belege für den
Schmetterlingseffekt
von D. Inaudi,*X. Colonna deLega,*A. Di Tullio,*, C. Forno,+ P. Jacquot,*
M. Lehmann, * Max Monti, * S. Vurpillot*
* IMAC, Institut de Statique et Structures, Mesure et analyse des deformations et constraintes, Ecole Poly­
technique Federale Lausanne
+ Gastprofessor von der Universität London
Dieser Artikel erschien in AIR 1:6 (November/Dezember 1995).

Vorbemerkung: Der für Regen in Paris (Frankreich) Hintergrund


verantwortliche Schmetterling fand sich in Lau-
sanne (Schweiz). Dieser Artikel faßt die experimen- Manche Phänomene sind derart komplex, daß so-
tellen Resultate zusammen, die zu diesem Ergebnis gar winzigste Einflüsse enorme, unvorhersagbare
führten, und liefert eine ethische und philosophi- Konsequenzen haben können. Die Chaostheorie1
sche Diskussion der Probleme, die diese Entdek­ besagt bekanntlich, daß ein einziger Flügelschlag
kung aufwirft. eines Schmetterlings2 zu katastrophalen Auswir-
kungen in weit entfernten Ländern führen kann.
Verschiedene Fassungen dieses Naturgesetzes be-
ziehen sich auf die Entstehung von Tornados in den
USA, Gewittern in Japan oder Regenfällen in Pa-
ris/ Die Frage jedoch, ob sich ähnliche meteorolo­
gische Ereignisse in derselben Region auf die Tätig-
keit eines einzelnen Insekts zurückführen lassen,
wurde nach Wissen der Autoren noch nie gestellt.

Methode
Die vorliegende erste Machbarkeitsstudie befaßte
sich mit Regenfällen in Paris. Die Wahl fiel auf
diese Stadt, weil für sie verläßliche meteorologi-
sche Daten vorliegen.
Es wurden zehn Schmetterlinge ausgewählt, die
in politisch korrekten Anteilen das Vorkommen
dieser Insekten in der Schweiz repräsentieren. Um
allfälligen Verfälschungen der Ergebnisse vorzu-
beugen, wurde die Untersuchung als Doppelblind­
Abbildung 1: Der für sämtliche Regenfälle in Paris verant- studie angelegt. Die Schmetterlinge wurden nicht
wortliche Schmetterling.
davon in Kenntnis gesetzt, daß sie an einem wis­
senschaftlichen Experiment teilnahmen.
42

Jeden Morgen rief einer der Autoren (auf Labor- Diskussion


kosten) seine Freundin in Paris an, um sie nach
dem Wetter zu fragen. Zur Gewährleistung eines Die meteorologischen Implikationen dieser Entdek­
zuverlässigen Ergebnisses erstreckten sich die Be­ kung sind natürlich sehr interessant, doch müssen
obachtungen täglich über mindestens eine Stunde, ihre sämtlichen ethischen, soziologischen und kom­
während der ununterbrochener telefonischer Kon­ merziellen Konsequenzen berücksichtigt werden.
takt bestand. Zur gleichen Zeit beobachtete ein zu- Bestimmte Fragen rücken hier in den Vorder­
fällig ausgewählter Forscher, der den Inhalt des grund. Erstens: Wäre es möglich, das Wetter in Pa-
Telefongesprächs nicht kannte, die Aktivitäten der ris zu steuern, indem man die Schmetterlinge in ih-
Schmetterlinge. rer Bewegungsfreiheit einschränkt (und sich dabei
Nachdem sämtliche relevanten Informationen auf die Nadeltheorie beruft)? Falls ja, dann könnte
erhoben waren, wurden die beiden Ergebnisreihen der Besitzer dieses Insekts großen Einfluß in politi-
verglichen. schen Kreisen erlangen (beispielsweise behaupten
Wenn in Paris die Sonne schien, wurden die ent- manche Beobachter, daß linksorientierte Wähler
sprechenden entomologischen Daten aussortiert, an Regentagen eher zur Wahl gehen). Das kom­
da der für Regen verantwortliche Schmetterling merzielle Potential einer solchen Entdeckung wäre
möglicherweise an sonnigen Tagen aus anderen beträchtlich. Es wäre möglich, einen sonnigen Tag
Gründen flog. Im Falle von Regenwetter wurde die für besondere Gelegenheiten zu verkaufen, etwa
Aktivität oder Inaktivität jedes Exemplars zum für eine Hochzeit in hohen und höchsten Kreisen,
Zweck weiterer Analysen aufgezeichnet. für das Tennisfinale im Stadion Roland Garros oder
Die Studie lief so lange, bis die erste Telefon­ für die Wagenwäsche von Herrn Du Pont.
rechnung in unserer Abrechnungsstelle eintraf. Es Auch ethische und philosophische Fragen stel­
gelang, Resultate für eine Zeitspanne von 54 Tagen len sich. Muß der Schmetterling J. L. als schädlich
zu erheben, von denen 16 regnerisch waren. betrachtet und daher beseitigt werden, oder bildet
er einen unentbehrlichen Bestandteil des Ökosy-
stems Paris? Was geschähe, wenn er plötzlich und
Experimentelle Ergebnisse gewaltsam zu Tode gebracht würde? Die Autoren
Tabelle 1 faßt die Beobachtungen der Schmetter­ vermochten bezüglich dieser Frage keine Einigkeit
lingsaktivitäten in Lausanne während 16 Regenta- zu erzielen. Manche brachten das Argument vor,
gen in Paris zusammen. Diese Ergebnisse zeigen daß, wenn ein simpler Flügelschlag schon schwe­
eine eindeutige Korrelation zwischen der Aktivität ren Niederschlag in Paris bewirkt, der gewaltsame
von Schmetterling J. L. (siehe Abbildung 1) und Tod des Schmetterlings eine Katastrophe riesigen
Niederschlägen in Paris. Die Schmetterlinge Curt Ausmaßes hervorrufen könnte. Andere glauben,
und Mr. X zeigten vielversprechende Aktivitätsmu- daß die Seele des Insekts einfach in ein anderes
ster, vermochten es jedoch nicht, zuverlässig und Exemplar wandern würde. Die letzte Theorie wird
durchgängig Regenfälle zu induzieren. Das Exem- von den experimentellen Daten gestützt: Nach dem
plar Max zeigte keine feststellbare, mit Regen kor­ Tod von Schmetterling Curt läßt sich offensichtlich
relierte Form von Aktivität. ein Aktivitätstransfer auf Schmetterling Ray beob-
Da die Wahrscheinlichkeit, daß ein Schmetter­ achten. Ray könnte daher die Reinkarnation von
ling zum richtigen Zeitpunkt während aller 16 Tage Curt sein.
aktiv war, nur 1 : 2 = 65536 beträgt, ergibt sich Eingedenk der möglichen Verheerungen, die
zwingend, daß tatsächlich ein Insekt in Lausanne unsere Arbeit herausfordern könnte, haben wir
sämtliche Regenfälle in Paris erzeugt. eine Ethikkommission gebildet, um das meteorolo-
Es war allerdings mit unseren begrenzten Res­ gisch aktive Insekt gegen jede Form von Manipula-
sourcen nicht möglich, mit Gewißheit zu ermitteln, tion durch einzelne sowie politische, militärische,
ob die anderen teilnehmenden Schmetterlinge für religiöse oder Sportorganisationen zu schützen.
das Wetter anderer Weltregionen verantwortlich
waren. Die Autoren fordern alle Leser auf, die Akti- Schlußfolgerungen
vitätsmuster der anderen Schmetterlinge mit den
Wetteraufzeichnungen ihrer Heimatländer abzu- Es gibt eindeutige, experimentell gewonnene Bele­
gleichen und uns über allfällige Korrelationen zu ge für den sogenannten Schmetterlingseffekt. Der
unterrichten. Schmetterling, der für Regenfälle in Paris verant­
wortlich ist, wurde in Lausanne, Schweiz, gefun­ dauern für die am 10. Mai herbeigeführten schwe-
den. Die Irrtumswahrscheinlichkeit dieses Ergeb­ ren Regenfälle aussprechen, als das Foto (hier als
nisses liegt unter 0,1%. Die Konsequenzen dieser Abbildung 1 bezeichnet) aufgenommen wurde.
Entdeckung lohnen weitere Forschungsarbeiten.
Die Autoren sind Mutter Natur zu Dank ver- LITERATUR
pflichtet, weil sie ihnen die Möglichkeit zur Unter- 1. Chaos Theory Journal, sämtliche Bände, sämtliche Aus-
suchung solch interessanter Phänomene eröffnete. gaben, sämtliche Seiten.
2. Entdeckung einer neuen fliegenden Spezies. Zeitschrift
Dieses Forschungsprojekt wurde unfreiwillig ge- für angewandte Entomologie, 3. Stein, 1238 v. Chr.
sponsert von der Schweizer Telecom. Die Autoren 3. Time Atlas ofthe World, Ausgabe 1995.
möchten den Einwohnern von Paris ihr tiefes Be-

Tabelle 1

Tabelle 1: Aktivität der einzelnen Schmetterlinge an jedem der 16 Regentage in Paris. Die Insekten erhielten Pseudonyme (zum
Schutz der Privatsphäre). Ein „X" bedeutet eine beliebige Form von Aktivität (z.B. Flügelschlagen). 2 bedeutet „wahrscheinlich
tot". 3 bedeutet „mit Sicherheit tot".
Die Top-Quark-Tour von AIR
Dieser Beitrag erschien 1995 in mini-AIR, dem über Internet verbreiteten Newsletter.

Ein kräftiges Hipp-Hipp-Hurra den Physikern vom trittspreise aufgrund des unerwart hohen Zulaufs
Beschleuniger am Fermilab! Sie haben 1995 das senken konnten. Lassen auch Sie sich von dem Ge-
flüchtigste der Elementarteilchen, das Top-Quark, danken faszinieren, daß die Top-Quarks vor Ihren
nachgewiesen. AIR plant, die gesamte Kollektion Augen - in den meisten Fällen sogar, bevor Sie Ih-
von Top-Quarks vom Fermilab zu erwerben und öf- ren Platz einnehmen können - zerfallen. Jeder Be-
fentlich auszustellen. Eine Wanderausstellung wird sitzer einer Eintrittskarte erhält einen Gutschein
in allen Metropolen der Welt zu sehen sein. Die ge- für vierzig Millionen (!) (kosten-)freie Elektronen,
nauen Termine der Top-Quark-Tour werden be­ paradoxerweise ausgegeben von unserem ge-
kanntgegeben, sobald einige unwesentliche techni- schätzten Erwin, dem Kater (ja, hier ist der Haken).
sche Probleme gelöst sind, etwa die Konservierung Ein überarbeiteter Plan der übrigen Tourtermine
und Befestigung der Ausstellungsexemplare. wird bekanntgegeben, sobald wir die Lieferung
Formalin-Plasma mit neuer Rezeptur erhalten ha-
ben, mit deren Hilfe es uns gelingen wird (das ver-
Neues von der Top-Quark-Tour spricht uns der Hersteller hoch und heilig), die Aus-
Unsere Ausstellung der Top-Quarks und ihrer stellungsexemplare zu konservieren und zu fixie­
Freunde hat weltweit eingeschlagen. Mit großer ren.
Freude geben wir hiermit bekannt, daß wir die Ein­
Bericht über den Stand des
Schlafforschungsprojekts
von Yuska-Marie Paskevitch

Forschungsgruppe 1 Forschungsgruppe 4
KD schläft mit RM. DS weiht gerade einen neuen graduierten
RM schläft mit PL Studenten ein.
PI schläft mit RK.
RK schläft mit WB. Forschungsgruppe 7
WB schläft mit GG.
GG schläft mit FP. FL probiert Haarfärbemittel aus.
FP schläft mit KD.
Forschungsgruppe 7
Forschungsgruppe 3 KD bekam die Forschungsgelder gestrichen
TDF berichtet von einer Serie enttäuschender und schläft mit niemandem mehr.
Ergebnisse. Sie sucht nach einem verbesserten
experimentellen Design.

Diese Ergebnisse wurden aus mehreren Ausgaben von AIR zusammengestellt.


Ein seltsamer
Teilchenbeschleuniger in der
Schweiz
Dieses Photo zierte die Titelseite von AIR 1:3 (Mai/Juni 1995).

Diese Photographie fand sich in einer Abstellkam- Rückseite stand die Zahl „1952" geschrieben. Man
mer des CERN, einer Forschungseinrichtung für hält die Vorrichtung für einen veralteten Teilchen-
Hochenergiephysik bei Genf, Schweiz. Auf der beschleuniger. Foto: Robert Richard Smith.
!■

Die Aerodynamik von


Kartoffelchips
von Scott Sandford, JimRoss, Joe Sacco und Nathaniel Hellerstein
Aerochip-Institut, Mountain View, Kalifornien
Dieser Artikel erschien in AIR 1:1 (Januar/Februar 1995).

Verbreitet besteht die Überzeugung, daß man ei- Aus diesem Grund entschlossen wir uns zu einer
nen Kartoffelchip nicht werfen könne. Den Autoren Serie rigoroser Windkanaltests an echten Chips.
schien es jedoch, daß die Aerodynamik von Kartof- Da wir Versuche mit Großausführungen als ab­
felchips stark von der Reynoldszahl abhängt.1 Da- solut notwendig erachteten, führten wir sie in ei-
her ist der Gehalt der Behauptung, man könne ei- nem Windkanal mit einem Meßstreckenquerschnitt
nen Kartoffelchip nicht werfen, solange in Zweifel von 24x36 Metern durch. Die benutzte Anlage ver-
zu ziehen, bis Versuche mit Groß ausführ un gen und fügt über zwei Meßstrecken; der Luftstrom in bei­
bei realen Fluggeschwindigkeiten durchgeführt den wird von einem einzigen Gebläse mit sechs
wurden. Das übliche Verfahren, aerodynamische Ventilatoren von je zwölf Metern Durchmesser er-
Versuche mit Modellen im Windkanal durchzufüh- zeugt (Gesamtleistung 136 000 PS). Das Bauprinzip
ren, wurde als zu schwierig erachtet, denn es er- der Anlage zeigt Abbildung 1. Die Auswahl der für
hob sich die naheliegende Frage nach der geome- einen bestimmten Versuch aktivierten Meßstrecke
trischen Ähnlichkeit, die jede Art einer Modellkon- erfolgt, indem man die in der Abbildung dargestell-
struktion aufwirft. Insbesondere die korrekte ten Umlenkgitter 3, 4, 6 und 7 entsprechend ein-
Salzverteilung, Oberflächenrauheit und Kanten- stellt. So kann man eine Meßstrecke mit einem
form hätten sich bei einem Modellkartoffelchip nur Querschnitt von 24x36 und von 12x24 Metern be-
unter großen Schwierigkeiten nachbilden lassen. nutzen. Für diesen bestimmten Versuch verwende-

Abbildung 1: Zoichnung der Versuchsanla­


48

Tabelle 1: Chipssorten und Durchschnittsgewichte Ausgehend von der Annahme, daß die aerody­
namischen Eigenschaften von Kartoffelchips stark
von deren Form, Größe, Gewicht usw. abhängen,
testeten wir eine Anzahl unterschiedlicher Chips­
sorten (siehe Tabelle 1 und Abbildung 2): Um form-
bedingte Effekte von gewichtsbedingten zu tren-
nen, untersuchten wir mehrere Sorten Chips des
Herstellers Pringles, da sie im allgemeinen dieselbe
Form haben, während sich ihr Gewicht und ihre
Zusammensetzung unterscheiden. Außerdem ver-
glichen wir die Testergebnisse von frischen und
von alten Chips jeder Sorte, um zu prüfen, ob die
Frische eine Rolle spielt. Die Tests gingen folgen-
dermaßen vonstatten: Mehrere Chips von jeder
Sorte wurden mittels JSSW2-Verfahren aus einer
Höhe von vier Metern abgeworfen. Vor dem Werfen
einer neuen Chipssorte prüfte der Chipsstarter1 die
ten wir einen neuartigen, selten benutzten Modus, nicht überlagerten Chips auf Frische; seine Kom-
hier als offener Lagerraummodus bezeichnet, bei mentare wurden protokolliert.4 Dann wurde die
dem der Windkanal so konfiguriert wurde, daß die Strecke, die der Chip zurücklegte, bevor er auf dem
Luft die 12x24-m-Strecke durchströmte, während Boden des Windkanals aufschlug, gemessen und
wir die 24x36-m-Meßstrecke benutzten. Da diese ebenfalls protokolliert. Die Zahl der geworfenen
Tests während der Mittagspause der Autoren statt- Chips jeder Sorte reichte zwar kaum aus, um signi-
fanden, wurden auch die seitlichen Zugangstüren fikante Ergebnisse zu erzielen, hing jedoch ge-
zur Meßstrecke offen gelassen. Die Qualität der wöhnlich von der Zeitspanne ab, nach der dem
Luftströmung war bei dieser Konfiguration ausge- Chipsstarter die zu testende Sorte Chips zum Hals
zeichnet und das Wetter hinreichend günstig, so heraushing.
daß praktisch keine Turbulenzen (und null Ge­ Nach Abschluß aller Versuche mit einzelnen
schwindigkeit) in der Meßstrecke auftraten. Chips führten wir einen weiteren Test durch, der

Abbildung 2: Die verschiedenen im Rahmen der Studie un-


tersuchten Chipssorten.

Abbildung 3: Die neuartige Methode der Autoren zur Daten­


reduktion. Das Foto wurde im Windkanal von Moffat Field
aufgenommen.
49

Abbildung 4: Daten, die belegen, daß man einen Kartoffel­


chip werfen kann, nur nicht sehr weit.
Weite bei frischen Chips [m]

klären sollte, ob ein enger „Formationsflug" zu ei- Abbildung 5: Beleg für die Vermutung, daß alte Pringles-
Kartoffelchips weiter fliegen als frische. Der Effekt ist jedoch
ner signifikanten Reduktion des Strömungswider- nicht statistisch signifikant.
stands führt. Wie sich zeigte, war dies der Fall, was
umfassend auch durch die Beobachtung erhärtet
wurde, daß wir eine Tüte (oder eine Dose) Chips
viel weiter werfen konnten als einen einzelnen
Chip. Nach Abschluß des letzten Chipflugtests wur­
den die Daten reduziert (Abbildung 3) und in die
nächste Mülltonne geworfen. Die Abbildungen 4, 5
und 6 fassen die Ergebnisse unserer Untersuchun-
gen zusammen. Abbildung 4 beweist, daß der Satz
„Man kann einen Kartoffelchip nicht werfen" falsch
ist. Einen Kartoffelchip kann man sehr wohl wer­
fen, nur nicht sehr weit. Darüber hinaus ist die
Strecke, die man ihn werfen kann, weitgehend un­
abhängig vom Gewicht des Chips, seiner Sorte oder
seiner Form. Aus Abbildung 5 geht hervor, daß alte
Pringles-Chips tendenziell weiter fliegen als frische
Pringles-Chips, doch diese Schlußfolgerung ist sta­
tistisch nicht signifikant. Vielleicht fliegen die alten
Chips weiter, weil sie mehr Wasserdampf absor-
biert haben und daher schwerer sind.'' Wir weisen
darauf hin, daß auf Pringles Com Chips das Gegen-
teil zutrifft, und zwar statistisch signifikant. Wir
verstehen das auch nicht, doch da wir schließlich
der Frage nachgehen, ob es möglich ist, Kartoffel­
chips - und nicht Tortillachips! - zu werfen, ver- Abbildung 6: Detaillierte Zusammenfassung der in dieser
Untersuchung erhobenen Daten.
folgten wir diesen Punkt nicht weiter. Abbildung 6
schließlich zeigt den Zusammenhang von Flugnum-
50

mer und Wurfweite und gibt einen Überblick über Hersteller von Kartoffelchips und Kurzstrecken-
die gesamte Testserie mit allen Chipssorten. Die flugzeugen sollten diese Ergebnisse nur auf eigene
Abbildung ist beigefügt, um den Leser davon zu Gefahr ignorieren.
überzeugen, daß bei sämtlichen Versuchen einheit­
liche Methoden verwendet wurden. Die horizontal
verlaufende Gerade ist eine lineare Approximation
Technische Bemerkung
an die Daten mit der Steigung null, was belegt, daß Diejenigen, die weitere Experimente in dieser Rich-
konstante JSSW-Techniken verwendet wurden. Die tung anstellen möchten, seien daraufhingewiesen,
gekrümmte Linie ist ein Polynom dritter Ordnung daß es bei Verwendung eines Windkanals wichtig
und zeigt an, daß mit der Zeit auf seilen des Chips- ist, die Kartoffelchips da fallen zu lassen, wo sie ge-
starters eine Verbesserung, gefolgt von rascher rade wollen.
Verschlechterung, eintrat (was ebenfalls mit konsi-
stenten JSSW-Techniken übereinstimmt). A NMERKUNGEN
So führt unsere Untersuchung der These „Man 1. Oder vielleicht nicht. Die Reynoldszahl ist ein dimen­
sionsloser Koeffizient, der als Kennzahl für Strömungs-
kann einen Kartoffelchip nicht werfen" zu folgen­ vorgänge dient; sie spielt eine grundlegende Rolle bei al-
den Schlußfolgerungen: len viskosen Flüssigkeiten. Hs ist darüber hinaus schwie-
• Man kann einen Kartoffelchip werfen, nur nicht rig, sie in einfachen Worten zu erklären.
sehr weit. 2. Joe-Sacco-Standard-Wurf. Der JSSW verlieh allen Chips
eine einheitliche Flugenergie, indem er gewährleistete,
• Die zurückgelegte Flugstrecke ist weitgehend daß jeder einzelne Chip mit jeweils der optimalen Wurf-
unabhängig von Gewicht, Form oder Frische des technik geworfen wurde, d.h. keine zwei Würfe waren
Chips. gleich.
3. JoeSacco.
• Kartoffelchips fliegen in Formation beträchtlich 4. Beispielsweise „knusprig und seh markhaft", „mmmmm",
weiter, vermutlich weil ein derartiger Flug den „besser als Ruffles Light" usw. (Der Chipsstarter wei­
Strömungswiderstand insgesamt reduziert. gerte sich, den Geschmack der überlagerten Chips zu
prüfen.)
• Wir mögen keine Pringles Original Ridges Chips. 5. Eine Vermutung, die in direktem Gegensatz zu der
Für unser Empfinden schmecken sie verbrannt. Schlußfolgerung aus Abbildung 4 steht.
• Ruffles Light Choice sind leicht, wiegen aber im-
mer noch mehr als der durchschnittliche Chip in
einem Laura Scudders Twin Pack (siehe Tabelle
1).
Der Einfluß von Erdnußbutter
auf die Erdrotation
Dieser Artikel erschien 1993.
Vorbemerkung des Herausgebers: Mit der Publikation dieses Artikels weichen wir von unserer seit langem bestehenden
Gepflogenheit hinsichtlich der Koautorenschaft ab. Früher wiesen wir jeden Artikel zurück, der mehr als zehn Koautoren
aufführte. Viele unserer Autoren haben daraufhin vermerkt, daß wissenschaftliche Zeitschriften für manche Fachgebiete,
insbesondere die Hochenergiephysik und die klinisch-medizinische Forschung, regelmäßig Artikel veröffentlichen, die
einhundert oder mehr Koautoren verzeichnen. Dementsprechend heben wir hiermit die Einschränkung auf.

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52

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Soweit wir ermessen können,


hat Erdnußbutter keinen Einfluß auf die Erdrotation.
Mundozentrismus
von George Englebretsen
Philosophische Fakultät, Bishop's Universität, Lennoxville, Quebec
Dieser Artikel erschien in AIR 2:2 (März/April 1996).

1992 wurde das Nationale Komitee zur Förderung


des Mundozentrismus gegründet, um all denen
eine Stimme zu verleihen, die der Überzeugung an­
hängen, daß Mutter Erde eine zentralere Stellung
in der Weltordnung verdient. 1994 ernannte das
Komitee mich zum Leiter einer Expertengruppe
aus verschiedenen wissenschaftlichen Fachgebie­
ten. Dieses Team sollte ein Forschungsprojekt in
Angriff nehmen, das zum Ziel hatte, ein für allemal
zu beweisen, daß die Erde der Mittelpunkt des Uni-
versums ist.
Foto: NASA Goddard-Labor für Atmosphärenforschung.

Interne Auseinandersetzungen
Unsere Arbeit wurde beeinträchtigt durch ein er-
bittertes Hauen und Stechen innerhalb der Gruppe. haft auf die Wirtschaft und das Bildungswesen aus-
Allerdings war dies bei einem Forschungsteam, das wirken würde. Ersteres folgt aus der sofortigen
sich aus Astronomen, Soziologen und einem Dich- Auflösung der NASA, was der Vergeudung von Res­
ter zusammensetzt, zwar bedauerlich, aber zu er- sourcen im Wert von Milliarden Dollar ein Ende
warten. Trotzdem gelang es uns, schlüssig nachzu­ machen würde und somit eine Riesenersparnis
weisen, daß sich Kopernikus geirrt hat und die Er­ brächte. Der zweite und vielleicht bedeutendere Ef­
de in der Tat im Zentrum des Universums steht. Die fekt bestünde darin, daß die amerikanischen Stu­
Kopernikanische Revolution und die nachfolgende denten den Ausländern um eine Nasenlänge voraus
Wissenschaftsgeschichte in der westlichen Welt ha- wären, was Mathematik und Naturwissenschaften
ben uns einen grausamen Streich gespielt, der von angeht.
zynischen, gefühllosen Wissenschaftlern und ihren Wir können beweisen, daß die im Vergleich mit
Handlangern immer weiter getrieben wird. Studenten anderer Länder schwächeren Leistun-
gen der amerikanischen Studenten in den natur-
wissenschaftlichen Fächern zum Großteil der Tat-
Ein gutes Gefühl ist eine gute sache zuzuschreiben sind, daß die Naturwissen-
Strategie, und das ist gut schaftler in Forschung und Lehre die Erde - ihr
Zuhause - weit vom Zentrum aller Dinge wegge­
Soziale und politische Erwägungen (der Dichter rückt und den Studenten damit ein geringes Selbst-
war betrunken, und die beiden Astronomen arbei- wertgefühl eingeflößt haben. Wir vermögen jetzt
ten nur nachts) veranlaßten die Überbleibsel unse- folgendes schlüssig nachzuweisen: Wenn die Stu­
res Teams zu der Schlußfolgerung, daß die Über- denten ihr Zuhause gut finden, dann finden sie
nahme des Mundozentrismus als offizielle Position auch sich selbst gut. Und wenn sie sich selbst gut
der Regierung der Vereinigten Staaten sich vorteil- finden, haben sie mehr Interesse am Lernen. Wenn
54

unsere Welt im Mittelpunkt des Universums steht, ganze Zeit hoch in die Luft.) Er verlangte, wir soll-
dann auch wir. Was für ein gutes Gefühl. ten zumindest versuchen, eine große Vielzahl
astronomischer Periodizitäten (oder ähnlichen Ho-
Astronomen neigen zu irrigen kuspokus) zu erklären, ohne in die alte Epizyklen-
theorie der mittelalterlichen geozentrischen Astro-
Ansichten nomie zurückzufallen. Wir konnten ihn schließlich
Einer der Astronomen in unserer Gruppe behaup­ davon überzeugen, daß sich keiner mehr um den
tete doch allen Ernstes, wir seien gar keine Wissen- Rest des Universums scheren wird, wenn erst alle
schaftler. (Beide Astronomen waren schlichtweg Amerikaner sich und die Erde gut finden.
hochnäsig; schließlich strecken sie ihre Nasen die
Der Zusamenhang zwischen
Tornados und Trailern
von Frank Wu
Universität von Wisconsin, Madison, Wisconsin
Dieser Artikel erschien in AIR 1:4 (Juli/August 1995).

Manche amerikanischen Bundesstaaten haben ger Ansichten über Tornados nachzuweisen und,
stärker unter Tornados und Hurrikans zu leiden falls möglich, mit Zahlen zu belegen.
als andere. So soll nach Ansicht führender Meteo-
rologen beispielsweise Kansas deshalb so häufig Methode
von Tornados heimgesucht werden, weil der Ver­
lauf der Rocky Mountains, die weite, ebene Prärie- Ein Vergleich verschiedener Bundesstaaten hin-
landschaft und die vorherrschende Windrichtung sichtlich der Zahl von Tornados und Hurrikans3 so-
zusammenwirken und so ihre Entstehung fördern.1 wie der Verkaufszahlen von Mobile Homes4 wurde
Die Experten irren. Ihre Analyse ist unvollständig durchgeführt.
und berücksichtigt nicht die verbreitete Vorstel-
lung, daß Tornados einfach am häufigsten in den Tornados und Trailer
Bundesstaaten auftreten, in denen es viele Groß-
wohnwagen, sogenannte Trailer oder Mobile Die Datensätze über Wohnwagen und Wirbel-
Homes, gibt2 (siehe Abbildung 1). Im folgenden ver­ stürme wurden auf die Fläche der jeweiligen Staa-
suche ich, die Richtigkeit dieser und anderer gängi- ten umgerechnet.5 Die Ergebnisse sind in den Ta­
bellen 1 und 2 nachzulesen. Tornados und Hurri­
kans treten in der Tat am häufigsten in Staaten mit
zahlreichen Mobile Homes auf. So rangieren acht
Staaten sowohl hinsichtlich dieser transportablen
Behausungen als auch hinsichtlich Tornados unter
den ersten elf. Darüber hinaus nimmt Florida den
Spitzenplatz bei Wirbelstürmen und den dritten
Platz bei mobilen Fertigunterkünften ein. Indiana
erreicht Platz zwei bei Tornados und Platz eins
bei Trailern. Unklar ist allerdings, welche zusätzli-
chen Auswirkungen die Indianapolis 500 auf die
atmosphärischen Bedingungen haben. Dieses Er­
eignis, bei dem Automobile in einem kleinen Oval
Runde auf Runde mit hoher Geschwindigkeit zu-
rücklegen, fällt mit dem Beginn der jährlichen Tor-
nadosaison zusammen.

Abbildung 1: Ein mobiler Anblick einer Siedlung aus Mobile


Homes. Foto mit freundlicher Genehmigung des F. Wu Mo­
bile Home Archive.
56

Tabelle 1 Tabelle 2

Verkaufte Mobile Homes pro Quadratkilometer. In diesen


Staaten konzentriert sich der Absatz, gemessen in je 1000
Dollar pro Quadratkilometer. Die Daten sollen aus dem Jahr
1982 stammen. Einzelheiten können in einem der unter „Li­
teratur" aufgeführten Werke enthalten sein. Die Richtigkeit
wird weder in Anspruch genommen noch unterstellt. Das Auftreten von schweren Stürmen im Vergleich zur Flä-
che ländlicher Gebiete. Diese amerikanischen Staaten wei-
sen die höchste Zahl von Tornados und Hurrikans pro Qua­
dratkilometer auf. Die Sturmzahlen sind mehr oder weniger
Irrelevanz von Großstädten Durchschnittswerte für die Jahre 1953-1990. Die Landflä-
che wurde in Einheiten von 1000 Quadratkilometern und als
So eindeutig der Zusammenhang zwischen dem Be- Durchschnittswert der Jahre 1987-1995 bestimmt. Einzel-
heiten können in Genauigkeit oder Interessantheitsgrad va­
stand an Trailer-Siedlungen und dem Auftreten riieren.
von Tornados auch sein mag, er ist nicht hundert-
prozentig. Um diese Unvollständigkeit zu erklären,
analysierte ich einen weiteren verbreiteten Volks­
glauben,8 nämlich daß in Staaten mit vielen Groß- Seltsamerweise jedoch haben einige ländliche
städten weniger Tornados wüten - angeblich bre- Flächenstaaten wie Alaska, Montana und Wyoming
chen die Hochhäuser die Kraft des Windes. Um sehr wenige Tornados aufzuweisen. Darin könnte
diese Hypothese zu testen, teilte ich die ländliche sich entweder das Fehlen von Trailer-Siedlungen ­
Fläche jedes Staates5 durch die Zahl seiner Groß- potentiellen Zielen von Tornados - oder die Abwe-
städte (Städte mit mehr als 250 000 Einwohnern - senheit von Tornadojägern niederschlagen; viel-
siehe Quelle 5); siehe Tabelle 2. Das Auftreten von leicht gibt es aber auch eine andere Erklärung.
Tornados scheint tatsächlich sowohl von der Zahl
der Mobile Homes als auch vom Fehlen großer Tornados und Camcorderverkauf
Städte abzuhängen. Kansas beispielsweise mit sei­
nen satten 211860 Quadratkilometern ländlichen Bereichert wurde die Tornadokunde jüngst um die
Gebiets rückt vom neunten Platz der Trailer-Liste Hypothese, daß die steigenden Verkaufszahlen von
auf den dritten der Tornado-Liste. Nebraska mit Videokameras auf irgendeine Weise die Zahl der
seinen 201 240 Quadratkilometern ländlichen Ge- Tornados in die Höhe treiben,9 als ob die Tornados
biets springt von Platz 16 der Trailer-Liste auf die für Filmaufnahmen „posieren" wollten. Um diese
sechste Position der Tornado-Liste. Im Gegensatz zunächst etwas weit hergeholte Vorstellung zu prü-
dazu liegen in Kalifornien viele Großstädte (nur fen, verglich ich die Absatzzahlen von Camcor-
50 500 Quadratkilometer liegen zwischen ihnen), dern10 mit dem Auftreten von Tornados in jüngster
und der Staat wird sehr selten von Tornados heim- Vergangenheit und stellte zu meiner Überraschung
gesucht (0,1 Tornado/10 000 Quadratkilometer). fest, daß tatsächlich ein direkter Zusammenhang
Natürlich gleicht Kalifornien dieses Wirbelsturm- besteht (siehe Abbildung 2, hier allerdings wegge­
defizit durch einen stolzen Erdbebenüberschuß lassen).
aus.
57

Ausweichliche Schlußfolgerungen 3. Storm Data, Band 32, Nummer 12 (Dezember 1990), Na-
tional Climatic Data Center, Asheville, N. C, S. 1-12. Es
1. Mit echten Statistiken läßt sich praktisch jedes wurden nur Staaten berücksichtigt, für die entsprechen­
de Daten über Mobile Homes vorliegen.
Märchen über Tornados belegen. 4. 1987 Census of Manufacturers, Industry Series, Wood
2. Sollte sich eine dieser Ideen als richtig erweisen, Buildings and Mobile Homes, Industries 2451 and 2452,
empfehle ich Ihnen, sofern Sie unter die Bau- Dept. of Commerce, Bureau of the Census, S. 24D-10.
herren gehen wollen, Ihr Haus stabil und in der Leider waren einige Staaten nicht in dieses publizierte
Datenmaterial einbezogen.
Nähe einer Stadt, weit entfernt von Trailern und 5. World Almanac and Book of Facts (1991), New York
hinter einem großen Felsen zu bauen und nie- (Pharos Books), S. 619-643.
mals jemanden mit einer Videokamera in die 6. Aufgrund einvernehmlichen Beschlusses gestrichen.
7. Aus nicht angeführten Gründen gestrichen.
Nahe zu lassen. 8. Cecil Adams, a.a.O.
9. The Capital Times (Madison, Wisconsin), 7. Juli 1994,
LITERATUR S. 3A.
1. New York Times, 28. April 1991, S. 22. lO.Annual Statistical and Marketing Reports. Dealerscope
2. Siehe: Cecil Adams. The Straight Dope. Isthmus (Madis- Merchandising, Mai 1994, S. 33; März 1992, S. 27.
on, Wisconsin), 14. Januar 1994, S. 30. 11. Storm Data, Bd. 34, Nr. 12, Dezember 1992, S. 92.
12. Unendlich.
13. Wisconsin ist bekannt für seinen Käse.
Geringe Wahrscheinlichkeit
weiterer Entführungen durch
fremde Lebewesen
von LeonardX. Finegold
Physikalische Fakultät, Drexel-Universität, Philadelphia, Pennsylvania
Dieser Artikel erschien in AIR 1:2 (März/April 1995).

Sie haben guten Grund, sich vor einer Entführung


durch fremde Lebewesen zu fürchten.1 Jacobs2 be-
richtet übor eine Reihe von ihm durchgeführter,
detaillierter Interviews während hypnoseinduzier-
ter Regression, in der sich die Probanden an ihre
Vergangenheit erinnern. Die Probanden behaup-
ten, von fremden Lebewesen in UFOs (Unidentifi-
zierten Flugobjekten) entführt worden zu sein.
Eine numerische Analyse der Geburtsdaten der
Probanden zeigt, daß nur vor 1970 geborene Men­
schen entführt werden. Daher darf man mit einiger
Sicherheit mutmaßen, daß die Wahrscheinlichkeit
weiterer Entführungen durch fremde Lebewesen
sehr gering ist, vielleicht sogar gegen null geht.

Datenanalyse
Jacobs gibt eine wunderbar einfache und elegante
Antwort auf die Frage, warum die angeblich Ent­
führten so ähnliche Schilderungen abgaben: Sie
wurden tatsächlich von fremden Lebewesen aus
UFOs entführt.3 Eine Liste der Entführten mit ihren
Geburtsjahren enthält Anhang B, S. 326 von Ja- Zahl der Entführton pro Halbjahrzehnt (senkrechte Achse).
Die waagrechte Achse verzeichnet die Geburtsjahre der Ent­
cobs' Buch. führten.
Das nebenstehende Diagramm zeigt die Anzahl
der Entführten in Abhängigkeit von ihren Geburts­
jahren in Fünfjahresabschnitten (die Bezeichnung
„1965" in dem Diagramm umfaßt also den Zeit-
raum 1965-1969 usw.)
59

Einige technische Bemerkungen durch UFOs Gott sei Dank der Vergangenheit ange-
hört.5
Die Sitzungen mit hypnotischer Regression began-
nen 1985, und das Buch erschien 1992, so daß die ANMERKUNGEN
Sitzungen über einen Zeitraum von etwa sechs Jah- 1. Eine Analyse der einschlägigen Rechtsfragen findet sich
ren stattfanden. Manche Entführte hatten zum in der ,^1/flhead Legal Review" in dieser Ausgabe von
Zeitpunkt der Verschleppung noch nicht einmal AIR. Um Ihnen einen Anreiz zu geben, das Haus zu ver­
lassen und sich auf den Weg in die Bibliothek zu machen,
das Teenageralter erreicht; einer war erst sechs wurde dieser Bericht nicht in das vorliegende Buch auf­
Jahre alt. Der Zeitraum der Erhebung ist gegen- genommen.
über der Spanne der angegebenen Geburtsjahre - 2. D. M. Jacobs. Secret Life: Firsthand Accounts o/UFOAb-
ductions, New York (Simon & Schuster), 1992. Der Autor
35 Jahre - so kurz, daß die Häufigkeit null für Ent­ vertritt in seinem Buch die These, daß die fremden Lebe-
führungen nach 1969 realistisch ist. Leider scheint wesen die Entführten zeitweise in UFOs verschleppen,
Jacobs die Originale der Archivzeitschriften, in de- um sie zu sexuellen Reproduktionsprozessen zu verwen-
nen die Arbeit zuerst veröffentlicht wurde, nicht den. Das Buch enthält ein Vorwort von John Mack. (Diese
Arbeit brachte den Drs. Jacobs und Mack 1993 den ver­
anzuführen; in meinem Exemplar von Jacobs' Buch dienten IgNobelpreis für Psychologie ein.) Jacobs lehrt
zumindest fehlt anscheinend der Index. an der Temple-Universität, Mack an der Medizinischen
Als bedeutsam soll hier festgehalten werden, Hochschule von Harvard.
3. Betont werden sollte hier, daß „fremde Lebewesen" nicht
daß die Entführungen nach einem Gipfelpunkt bei einfach „Nichtamerikaner", „Nichtfranzosen" oder was
den Geburtsjahrgängen 1930-1965 für die Ge- auch immer bedeutet, sondern „Außerirdische". Die Dis-
burtsjahrgänge nach 1969 auf null zurückgehen. kussion bezieht sich daher nicht auf gut dokumentierte
Entführungen durch Fremde aus anderen Ländern.
In der untersuchten Gruppe haben also, aus wel- 4. Die These des Buches2 lautet, daß die fremden Lebewe-
chen Gründen auch immer, die Verschleppungen sen die Entführten zeitweise in UFOs verschleppen, um
von Personen, die nach 1969 geboren wurden, auf- sie zu sexuellen Reproduktionsprozessen zu verwenden.
gehört.4 Da die Bevölkerung der USA während die- Zufällig arbeitete ich während der Erstellung des Condon
Reports mit Edward Condon (erwähnt in [2]) zusammen
ser Zeit fast exponentiell zunahm, sank die Zahl und wurde zu der UFO-Studie hinzugezogen (als für be-
der Entführungen pro 100 000 Menschen noch nachbarte Disziplinen aufgeschlossener Festkörperphy-
schneller, als es aus obigem Diagramm hervorgeht. siker). Ich kann mit Fug und Recht behaupten, daß mir
Jacobs' Buch sehr vieles über Außerirdische und UFOs
vermittelte, was ich zuvor nicht wußte, ja von dem ich
nicht einmal den blassesten Schimmer hatte.
Schlußfolgerung 5. Von mir persönlich kann ich glücklicherweise und sehr
zu meiner Erleichterung sagen, daß mich die Gnade der
Wir dürfen also aus dem Gesagten ohne weiteres späten Geburt in eine Gruppe mit null Hntführungsrisiko
ableiten, daß die Gefahr weiterer Entführungen einordnet.
Planmäßige UFO-Sichtungen
Diese Liste erschien in AIR 2:2 (März/April 1996).
Das Laser-Raclette
von A. Zryd, T. Liechti undJ. D. Wagniere
Centre de Traitement des Materiaux par Laser, Departement des Materiaux,
Ecole Polytechnique Federale Lausanne
CH-1015 Lausanne, Schweiz
Dieser Artikel erschien in AIR 1:3 (Mai/Juni 1995).

Als „Raclette" bezeichnet man ein archaisches Ge-


richt aus den Schweizer Alpen, das aus geschmol-
zenem Hartkäse besteht. Es unterscheidet sich von
dem bekannten Käsefondue durch seine Zuberei­
tungsweise: nur die obere Schicht des gesamten
Käsestücks wird geschmolzen, indem man es der
Einwirkung einer Wärmequelle aussetzt. Das ge-
schmolzene Innere des Käsestücks wird auf einen
Teller geschabt und nebst Kartoffeln und trocke-
nem Weißwein verzehrt. Der Vorgang laßt sich so-
lange wiederholen, wie kalter Käse vorhanden ist.
Zu den üblicherweise eingesetzten Wärmequellen
zählen das Holzfeuer1 und seit einiger Zeit auch die
Nutzung des Joule-Effekts, die Erzeugung von Wär-
me durch elektrischen Strom.2 Ersteres Verfahren
ist mit der Schwierigkeit verbunden, daß es in der
modernen Welt nicht immer praktikabel ist. Beide
herkömmlichen Methoden erfordern die Injektion
von Pfeffer per Hand, was den gesamten Prozeß
verlangsamt. Der vorliegende Artikel beschreibt
ein neuartiges Verfahren, das beide Nachteile ver-
meidet, indem es Geräte nutzt, die in den meisten
modernen Labors vorhanden sind.

Versuchsaufbau
Als zu prüfende Probe wurde ein handelsüblicher
Schweizer Raclette-Käse ausgewählt; zur Injektion
diente gemahlener schwarzer Pfeffer. Der Strahl
eines 1,5 Kilowatt starken C02-Dauerstrichlasers
wurde so eingestellt, daß nur die oberste Schicht Abbildung 1: Vorrichtung für ein Laser-Rarlette. Der Käse
des Käses schmolz. Der Käselaib wurde unter dem ist im unteren Teil des Bildes zu sehen (halbmondförmig).
ortsfesten Strahl auf einen computergesteuerten X- Der Laserstrahl kommt von oben durch das optische System.
Y-Tisch gestellt. Den Versuchsaufbau zeigt Abbil- Der dünne, von außen in das Bild hineinragende Schlauch
führt das Schutzgas heran, das die Linsen vor Pfefferparti­
dung 1. Die Verfahrensparameter führt Tabelle 1 keln schützt. Im Hintergrund der Abzug, der Rauch und Ge-
auf. ruch absaugt.
64

Tabelle 1 nötig; dabei war das „hutförmige" Intensitätsprofil


des Laserstrahls zu berücksichtigen.
Für ein gutes Raclette muß der Käse in einer
Schichtdicke von 1-3 mm auf circa 100°C erhitzt
werden (auf keinen Fall über 180°C, weil er sonst
kalziniert). Da die gesamte auftreffende Energie in
einer wenige Mikrometer dicken Schicht absorbiert
wird und Käse eine geringe Wärmeleitfähigkeit
hat, ist die Energiedichte (Leistungsdichte multipli­
Der Pfeffer wurde mit Hilfe eines Pulverbe­ ziert mit der Wechselwirkungszeit) begrenzt. Da­
schichtungsverfahrens aufgebracht, das an ande- her muß die Leistungsdichte auf Werte reduziert
rer Stelle beschrieben ist.'^ Zu diesem Zweck diente werden, wie sie für konventionelle elektrische
ein Twin IOC Pulverförderer von Plasma-Tech mit Heizgeräte typisch sind.
Argon als Trägergas. Die Wirkung der Partikelgrö- Aus diesem Grund verbietet sich die stärkste
ßenverteilung des Pfeffers wurde untersucht. Wie verfügbare Laserleistung. Wenn man den Käse mit
sich zeigte, beeinflußt Pfeffer mit einer Korngröße einem CCVLaser (mit einer Wellenlänge von 10,6
unter dreißig Mikrometer das Fließvermögen des Mikron) erhitzt, erhält man ähnliche Ergebnisse
Pulvers aufgrund elektrostatischer Aufladung ne­ wie beim Erhitzen mittels des Joule-Effekts (bei
gativ. Die besten Resultate hinsichtlich Aufbrin­ dem in der Regel vorwiegend Infrarotstrahlung
gung und Geschmack ergaben sich bei einer Parti- eine Rolle spielt). Um jedoch eine Laserleistung von
kelgröße zwischen vierzig und hundert Mikrome­ 1,5 kW zu erreichen, ist ein Energieaufwand von
tern (Abbildung 2). 15 kW nötig. Dies setzt den energetischen Wir-
kungsgrad des Laser-Raclette-Verfahrens stark
herab.

Verfahrenskarten
Die Erhitzungs- und Schmelzvorgänge wurden von
anderen Forschern mit Hilfe eines anderweitig pu­
blizierten Modells finiter Differenzen simuliert.4
Die Ergebnisse zeigt Abbildung 3.
Die berechnete Form stimmt bemerkenswert
gut mit unseren experimentellen Ergebnissen
überein. Wir erstellten daher eine Verfahrenskar-

Äbbildung 2: Analyse des gemahlenen Pfeffers: Geschmack


und Fließfähigkeit vs. Partikelgröße.

Ergebnisse und Diskussion


Effizienz
Aufgrund der Kreisform des Strahls und der be­
grenzten Brennfleckgröße ließ sich die rechteckige
Gesamtoberfläche des Käses nicht auf einmal be- Abbildung 3: Numerische Simulation mit finiten Differenzen
der Form der Käseprobe während der Bestrahlung. Wie er-
strahlen. Daher war ein Abrastern der Oberfläche sichtlich, verformt sich die Käseprobe aufgrund der tempe­
raturbedingten Kriechdehnung beträchtlich.
65

Abbildung 5: Ergebnisse des Blindversuchs zur Prüfung von


Geschmack und Qualität dos Laser-Raclettes.

Abbildung 4: Verfahrenskarte für herkömmlichen Schweizer


Raclette-Käse. Sie zeigt das optimale Fenster für die Ra-
clette-Zubereitung, wobei die Iso-Gästezahl-Linien die be- nen gleichbleibenderen Geschmack bedingt, als er
sten Parameter für eine bestimmte Anzahl Gäste angeben. sich mit den anderen Methoden erzielen läßt.
Ähnliche Karten lassen sich für andere Käsesorten und La- Erwähnen muß man darüber hinaus, daß dieses
ser mit anderen Wellenlängen erstellen. Verfahren, ähnlich wie das Schmelzen mittels
Joule-Effekt, gegenüber Holzfeuer einen Vorteil
aufweist: Die Entstehung von Rauch, der sich als
karzinogen erwiesen hat,5 wird vermieden.
te, aus der sich die wesentlichen Laserparameter
leicht ablesen lassen. Dazu gehören vor allem die S chlußfolger ung
Anzahl der verköstigten Personen und die Art des Diese neuartige Zubereitungsmethode für Raclette
Käses. Ein Beispiel für eine solche Karte zeigt Ab- erzielt ermutigende und schmackhafte Resultate.
bildung 4. Es handelt sich um eine interessante praktische
Anwendung des Lasers, die dem Schweizer Käse
Machbarkeit und Qualitätskontrolle und der Schweizer Laserindustrie neue Märkte er­
schließen könnte. Noch bedeutsamer ist, daß sie
Mit den oben erwähnten Verfahrensparametern neue Möglichkeiten eröffnet, Laserspezialisten
kann man, wenn auch etwas langsam, 23 Testper- oder Fachleute für Oberflächenbearbeitung so aus-
sonen auf zufriedenstellende Weise Raclette servie- zubilden, daß sie unter widrigen Bedingungen, et­
ren, außerdem läßt sich mit dieser neuen Methode wa Alkoholdämpfen, zu arbeiten vermögen.
sehr leicht die sogenannte „religieuse" gewinnen -
die knusprig gebackene Käserinde, die Experten
für das beste am Raclette halten, die aber auch am Dank
schwierigsten herzustellen ist. Unser Dank gilt allen Teilnehmern an dem Blind-
Um die Qualität eines Laser-Raclettes mit der ei- versuch, insbesondere Dr. Lang für sein tatkräfti-
nes herkömmlichen Raclettes zu vergleichen, wur- ges Interesse an dieser Studie. Sie wurde als Teil
de ein ßlindtest durchgeführt. Die Ergebnisse die­ des Entwicklungsprogramms für die Alpenregion
ses Tests sind in Abbildung 5 dargestellt. Sie spre- durchgeführt. Die finanzielle Unterstützung wird
chen zugunsten des Laser-Verfahrens. Der dankend gewürdigt.
Qualitätsunterschied geht zum Teil auf die automa-
tische Verteilung der Pfefferpartikel zurück, was
eine weitaus gleichmäßigere Schicht und daher ei-
66

Bibliographie R. Dekumbis, H. Mayer, P. Fernandez, A. Niku Lari


(Hrsg.). High Power Lasers. Oxford (Persimon Press)
1. E. Whymper. Fire cooking in the underdeveloped moun- 1989, S. 289-296.
tain regions of the world [Kochen mit Feuer in den unter- A. Hoadley, M. Rappaz. Metallurgical Transacäons tf,
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Hunziker, T. Liechti, L. Poire, M. Vandyoussefi, A, Zryd. chung von Zirrhose und Krebs in der Alpenbevölkerungl.
High temperature emissivity of materials for cheese mel- International Journal of Mountain Mediane, Bd. 234,
ting fHochtemperaturemissionsvermÖgen von Werkstof- 1994, S. 1-54.
fen zum Schmelzen von KäseJ. Ada Formattca, 1985, Bd.
3, S. 548-557.
Nanotechnologie und die
physikalischen Grenzen der
Toastbarkeit
von Jim Cser
Labor für Angewandte Frühstückskunde, Hillsboro, Oregon
Dieser Artikel erschien in AIR 1:3 (Mai/Juni 1995).

Prätentiöse Präliminarien turen konzipiert, allerdings meist nur zu dem


Zweck, Leute auf Parties zu beeindrucken, doch
Einige technische Errungenschaften (z.B. die Mou- selbst dann erzielten sie nur bescheidene Erfolge.
linette, das Achtspurtonband, der Fiat Panda) wirk­ Jedenfalls (insbesondere in diesem Fall) ist Re-
ten sich nur minimal auf die Gesellschaft aus, wäh- den Silber. Es ist an der Zeit, daß die Nanotechno­
rend andere (z.B. elektrische Gitarren, Post-it-No- logie ihren praktischen Nutzen unter Beweis stellt.
tizzettel, Smarties) einen weitaus größeren Einfluß Und dabei liegt auf der Hand, daß nichts nützlicher
zeigten. Ab und an setzt sich eine nützliche techni- ist als neue, verbesserte Haushaltsgeräte. Zu die-
sche Erfindung durch und verändert vor unseren sem Zweck nahm ich das höchste denkbare Wagnis
Augen die globale Zivilisation (siehe untenstehende in Angriff: ein Unternehmen, das die Grenzen des
Tabelle). Geistes, des Wagemuts und der finanziellen Aus­
Gerade jetzt stehen wir wieder an einer solchen stattung meiner Abteilung eigentlich sprengt. Ich
Schwelle: Die nanotechnische Revolution dämmert entschloß mich, den kleinsten Toaster der Welt zu
herauf. Sie befaßt sich mit dem Bau von Maschi­ entwickeln.
nen, die wirklich äußerst winzig sind. Und wie bei
jeder echten Revolution hat niemand auch nur die
leiseste Ahnung, was sich da eigentlich abspielt. Pseudowissenschaftliches
Zwar wurden verschiedene Arten von Nanoappara­ Brimborium
Welche Vorteile hätten Nanotoaster gegenüber der
herkömmlichen makroskopischen Toastertechnik?
Erstens ergäbe sich eine wesentliche Platzerspar­
nis auf der Küchenarbeitsfläche. Während zwei-
tens die aufgenommene Wärme proportional zur
Toastfläche zu- beziehungsweise abnimmt, verhält
sich der Energieeintrag pro Volumeneinheit Brot
umgekehrt proportional zu den Abmessungen des
Brotes. Kleinere und dünnere Toastscheiben be-
deuten also wirtschaftlicheres Toasten. Da schließ-
lich die Dimensionen von Nanotoastern kleiner sind
als die Wellenlängen des sichtbaren Lichts, besteht
keine Gefahr mehr, daß die Hersteller Toaster in
68

„Croutonen" zu bezeichnen. Es ist zu hoffen, daß


Quantentoaster den „Krümeln", den Abfallproduk-
ten von Toast, die auf makroskopischer Ebene so
viel Unbehagen bereiten, ein Ende machen.

Fragwürdige experimentelle
Methoden
Kaum überraschen dürfte, daß die Werkzeuge zur
Herstellung und Prüfung von Nanogeräten fast ge­
nauso spekulativ sind wie die Nanoapparate selbst.
Glücklicherweise hatte der Autor kurzzeitig (und
als niemand hinschaute) Zugang zu einem experi-
mentellen Virtuellen Tachyonenstrom-Nanopla­
stik-System (VTSN) auf dem neuesten Stand der
Ein vom Autor hergestellter Nanotoastor. 56 000fache Ver- Technik.2 Den Angaben des Herstellers zufolge
größerung. Foto: Stephon Drew. kann das VTSN kleinste Materiemengen unterhalb
der Nachweisgrenze bearbeiten, wobei es sich auf
das physikalische Prinzip „Vertraue mir" stützt.
Der erste Versuch mit dem VTSN-System - Her­
diesen fürchterlichen Farben wie Avocado auf den stellung einer herkömmlichen, makroskopischen
Markt bringen. Scheibe Toast - war leicht durchzuführen. Ich hielt
Bevor wir jedoch den kleinsten Toaster der Welt eine Scheibe Brot über die Netzanschlüsse an der
konstruieren können, müssen wir erst Einigkeit Hinterwand des Systems. Der nächste Schritt be-
darüber erzielen, was ein Toaster eigentlich tut. stand darin, das VTSN-System mit einigen Gramm
Die einfache Antwort lautet, daß ein Toaster Toast Büroklammern zu laden, die entsprechenden
herstellt. Genauer gesagt führt ein Toaster einem Knöpfe zu drücken und das Beste zu hoffen.
quadratischen, flachen Stück Brot (Kantenlängen Nach zehnminütigem lautem Knirschen und
etwa 10x10x1 cm) Wärme zu, bis das Brot braun Krachen kam das System quietschend zum Stil-
und knusprig ist. Ein Brötchen aufbacken zu kön- stand und stieß eine kleine weiße Rauchwolke aus,
nen, ohne es mit der Gabel aus einem Ofen holen
zu müssen, wäre ein großer Zusatznutzen, liegt je­
doch wahrscheinlich jenseits der Möglichkeiten je-
der vorstellbaren zukünftigen Toast-Technologie.
Toasties und Pop-Tarts1 - toastbare salzige und sü-
ße Snacks - sollten entsprechend angepaßt wer-
den, jedoch nicht vorrangig, da sie von vorneherein
so fabriziert werden können, daß sie beim Bench-
mark-Test von Toastern derart hervorragend ab-
schneiden, daß dagegen die Ergebnisse aller ande-
ren Toastvorgänge buchstäblich verblassen.
Ein philosophischer Aspekt, der nicht übersehen
werden sollte, liegt darin, daß die Herstellung des
kleinsten Toasters der Welt die Existenz der klein­
sten Toastscheibe der Welt impliziert. Das kleinste
Quantum Brot, das sich noch schneiden und toa­
sten laßt, muß erst noch experimentell bestimmt
werden. Beim Übergang zur Quantenphysik stoßen
wir zwangsläufig auf die kleinstmöglichen Toast- Drei Scheiben Nanotoast. 56000fache Vergrößerung. Foto:
partikel, die der Autor sich hier nicht scheut als Stephen Drew.
69

das Indiz für eine erfolgreiche Nanotoasterfabrika­ Unlogische Schlußfolgerungen


tion.
Die Brotscheiben in der Größenordnung von Na- Aufgrund der nanoskopischen Dimensionen des
nometern, die für die Toasterprobeläufe nötig wa- Toasts machte es die Unschärferelation unmöglich,
ren, konnte ich angenehmerweise über eine Ver­ genau festzustellen, wie „fertig" der Toast war. In
sandfirma für wissenschaftlichen Bäckereibedarf ähnlicher Weise erwies es sich als schwierig, zu er-
beziehen. Ich entschied mich für eine Scheibengrö- kennen, ob überhaupt irgend etwas von Belang ge-
ße von fünfzig Nanometer pro Seite, da die kleine- schehen war. Wir müssen uns jedoch im klaren
ren Größen vorübergehend ausgegangen waren. darüber sein, daß eine kleine, aber endliche Wahr-
Sowohl Toast als auch Toaster wurden in einen scheinlichkeit besteht, daß in diesem Versuchsauf-
kleinen Kolben gegeben und geschüttelt (nicht ge- bau tatsächlich ein Toastvorgang erfolgte.
rührt). Dem lag die Theorie zugrunde, daß die Was läßt sich daraus für die Zukunft der Nano­
Brotscheibchen eine natürliche Affinität zu den ih­ technologie ableiten? Gegenwärtig sind die Mei-
nen entsprechenden Toasterrezeptoren zeigen nungen gespalten: Das eine Lager sieht in der Na-
würden. notechnologie den großen Trend der Zukunft, das
In der Schlußphase des Experiments, dem ei­ andere nur einen großen Schwindel. Die unaus­
gentlichen Nanotoasten, wurde der Kolben für kur- weichliche Schlußfolgerung aus meinen Forschun-
ze Zeit auf eine Heizplatte gestellt. Unter der An- gen lautet, daß die Nanotechnologie sowohl der
nahme, daß die Heizplatte in etwa dieselbe Wärme- große Trend der Zukunft als auch ein großer
menge erzeugte wie ein gewöhnlicher Toaster, und Schwindel ist. Diese glückliche Vermählung von
auf der Grundlage des im vorigen Abschnitt be- unbegrenzter Zukunftshoffnung und von natürli­
schriebenen Umrechnungsverfahrens wurde eine cherweise uneindeutigen Ergebnissen dürfte auf
Toastzeit in einer Größenordnung von hundert Na- Jahre hinaus genügend Zündstoff für die Wissen-
nosekunden berechnet (mehrere große Tassen Kaf- schaftsmaschinerie liefern.
fee sorgten für die nötigen Reflexe zur Entfernung
des Kolbens). Da keine Andeutung des charakteri- A NMERKUNGEN
1. Siehe dazu auch „Die Pop-Tart-LÖllampe", S. 73-75.
stischen Geruchs nach verbranntem Toast wahrzu- 2. Der Hersteller DEI Industries hat das System zwischen-
nehmen war, durfte ich davon ausgehen, daß ich zeitlich wegen „Kausalitätsverletzungen" zurückgerufen,
das Experiment nicht rundweg als Fehlschlag ein- die vermutlich von einer Reihe geplatzer Schecks erzeugt
zuschätzen hatte. wurden.
Der Möbel-AIRbag -
Ein Ausblick auf die Sicherheits-
technik der Zukunft
von Stephen Drew, AIR-Redaktion
Dieser Beitrag erschien 1992.

Es geschieht tagtäglich. Jemand sitzt auf einem eine Person seitlich wegrollt, nachdem sie hinten-
Stuhl und lehnt sich zu weit hintenüber. Der Stuhl übergekippt ist. Diese Gefahr ist bei Sofas natürlich
kippt um. Schwere Kopfverletzungen sind die Folge. kein großes Problem, sie ist jedoch bei den meisten
Die herkömmliche Schutzvorkehrung besteht im Stühlen gegeben. Wie sich erwies, reicht ein Airbag
Tragen eines Sturzhelms (siehe Abbildung 1). Die- pro Stuhl nicht aus. Mindestens zwei sind nötig, um
ses Verfahren stößt jedoch bei den Verbrauchern zu verhindern, daß der Stuhl auf die Seite rollt.
auf wenig Gegenliebe - und diese Tatsache hatte Eine Ausstattung mit drei Airbags verhindert das
die Geburtsstunde des Möbel-/l//?bags zur Folge. seitliche Wegrollen zuverlässig, könnte sich jedoch
Die Airbag-Technologie wurde ursprünglich zum von der Wirtschaftlichkeit her verbieten - die Her-
Schutz von Autofahrern bei Kollisionen entwickelt. stellungskosten schnellen dadurch in die Höhe. Ex-
Gegenwärtig arbeitet man an Airbags für Stühle, perimente mit zwei großen, nicht zu stramm aufge-
Sofas und andere häusliche Einrichtungsgegen- blasenen Airbags erbrachten vielversprechende
stände. Ergebnisse (siehe Abbildung 2}.
Die Kombination aus Stuhl und Airbag soll vor
Verletzungen schützen, die eintreten können, wenn

Abbildung 1: Ein Sturz ohne Airbags: Die Probandin trägt ei­ Abbildung 2: Ein Sturz mit Airbags. Die sofort entfalteten
nen Sturzhelm gegen Kopfverletzungen und schlägt nach Airbags bewahren die Probandin vor Kopfverletzungen, ob­
dem Umkippen des Stuhls mit dem Kopf auf den Boden auf. wohl sie keinen Helm trägt.
Projekt AIRhead 2000
zusammengestellt von Grigor Beifrey, ^4//?-Redaktion
Die Fundstücke stammen aus diversen Ausgaben von AIR und mini-AIR.

Da das Jahr 2000 rasch1 näherrückt, fördern viele2 Buns of Steel 2000 (Pobacken aus Stahl 2000), ein
Organisationen aus Wissenschaft, Medizin, Tech- Gymnastikvideo.
nik, Justiz, Erziehungswesen, Verwaltung und Objekt Nr. 32-01 (Aus der Dennis Geller Collection):
Marketing Forschungsprojekte, die die Zahl 2000 Gluma 2000, ein Zahnfüllungsmaterial, das mit Pe-
in ihrem Namen tragen. Seit 1994 führen wir eine kafil, einem Universaldentinbindeharz, verwen-
Liste solcher Studien, Projekte und Produkte, zu det wird.
der unsere Leser in aller Welt fleißig beisteuern.
Täglich erhalten wir zwischen fünf und hundert
Einsendungen. Häufig berichten die Einsender,
daß es sie nervt - nervt und fasziniert zugleich -,
wie viele Personen und Organisationen sich für cle-
ver halten, wenn sie die magische Zahl benutzen.
Vier Dinge gaben den Anstoß zu diesem Projekt:
1. das Projekt Education 2000 in Großbritannien,
2. die Initiative Goals 2000 des amerikanischen
Bildungsministeriums,
3. der Kloreiniger Flushes 2000,
4. Lever 2000 Seife, mit der sich laut Angaben des
Herstellers die 2000 Körperteile eines Men-
schen reinigen lassen. A Dies stellt eine bedeu-
tende wissenschaftliche Entdeckung dar - näm­
lich daß der Körper exakt 2000 Teile hat.
Das ,4//?head-Projekt 2000 (das wir nach Belieben
auch als Projekt AIRhead 2000 bezeichnen) bemüht
sich stets um weitere Ergänzung der Liste. Wenn Sie
echte Produkte einsenden, dann bitte nichts, was
bereits benutzt und/oder verdaut wurde.
Es folgt eine winzige Stichprobe aus der Samm-
lung des Projekts /1/flhead 2000.

Objekt Nr. 9 (eingereicht von Steven Weller):


Bassomatic 2000, ein Angelgerät.
Objekt Nr. 9221-K7 (eingereicht von Kenneth A.
McVearry):
Salmon 2000 (Lachs 2000), eine „Fischinitiative"
des Bezirks Onondaga, Staat New York.
Objekt Nr. 5818 (eingereicht von Dudley A. Horque):
SCIENCE 2000 (Wissenschaft 2000), Veranstal-
tung der australischen Laborgerätehersteller in Abbildung 1: 2000 Calorie Mascara von Max Factor Interna­
Verbindung mit dem Weinzentrum von Victoria. tional ist Objekt Nr. 3628 der Sammlung des Projekts AIR-
head 2000. Dieses Exemplar wurde eingesandt von Deb
Objekt Nr. 3280 (eingereicht von Daniel Rosenberg): Kreuze. Foto: Alice Shirrell Kaswell.
72

Abbildung 2: BOB 2000, „die Kreditkarte, die Ihre Rechnun­


gen bezahlt", ist Objekt Nr. 0394 der Projekt-4/tfhead-2000-
Sammlung. Sie wird ausgegeben von der First National Bank
von Johannesburg, Südafrika. Das Exemplar wurde einge­
sandt von Lynne Murphy von der Fakultät für Linguistik,
Witwatersrand-Universität.

Objekt Nr. 6402-AB-4 (eingereicht von Alison, dem


offenbar kein Nachname eigen ist):
Europahalle 2000, ein Stand auf dem halbjährlich
stattfindenden Urfahrner Markt, auf dem es ne­
ben österreichischer Volksmusik Bier und
Hähnchen gibt.
Objekt Nr. 50388 (eingereicht von Robert Coontz):
Teapot 2000 (Teekanne 2000) „Teapot 2000 wur-
de eigens vom Tea Council in Auftrag gegeben
und bietet eine völlig neue Art des reinen Teege-
nusses. Durch ansprechende Gestaltung und
durchdachte Form ermöglicht es Ihnen Teapot
2000 auf einzigartige Weise, Tee in genau der
von Ihnen gewünschten Stärke zu genießen..."
Objekt Nr. 1085-86:
Domesday 2000 (Reichsgrundbuch 2000), ein Da-
tenbanknetzwerk, das Nutzung, Wert, Eigen­
tümer und Grenzen von Ländereien in Großbri­ Abbildung 3: Arizona Geruchloser Knoblauch 2000 ist Ob­
tannien verzeichnet. jekt Nr. 21907 der Projekt-Afflhead-Sammlung. Dieses
Objekt Nr. LATX-0 (eingereicht von Arnos Shapir): Exemplar wurde eingesandt von Paul Jewell aus Adelaide,
Australien. Foto: Stephen Drew.
Condomat 2000, ein Netz von Kondomautomaten
in Israel.
Objekt Nr. 86-K (eingereicht von Jussi Karlgren): ANMERKUNGEN
Kista 2000 (Sarg 2000), ein Sarg in modernem De- 1. Mit einer Geschwindigkeit von annähernd einem Jahr
sign, aus weißlackierter Faserplatte mit leichten pro Jahr.
Hartholzzierleisten. Ausgeschlagen mit Baum- 2. Ca. 2000.
3. Der Hersteller behauptete dies ursprünglich in seiner
wolle. Hergestellt von Fredahls in Aastorp, Werbung, unterließ es jedoch aus Gründen, die zu unter-
Schweden. suchen wir Sie ermuntern.
Die Pop-Tart-Lötlampe
von Patrick R. Michaud
Texas A&M-Universität, College of Science and Technology, Corpus Christi,
Texas
Dieser Artikel wurde dem Verlag für die deutsche Ausgabe freundlicherweise von Patrick R. Michaud zur
Verfügung gestellt.

Überblick sind mit und ohne Zuckerguß erhältlich, in diesem


Experiment kamen nichtglasierte Törtchen zum
Pop-Tarts mit Erdbeergeschmack1 lassen sich zur Einsatz.
Herstellung billiger verbrennungstechnischer Ge- Zusätzlich zu den Grundmaterialien mußten für
räte wie Lötlampen verwenden. Wenn so ein toast- unser Experiment noch einige sicherheitsrelevante
bares Törtchen im Toaster steckenbleibt, entzün- Aspekte geklärt werden. Zum ersten war ein pas­
det es sich irgendwann und geht in 25 bis 45 Zenti­ sender Ort erforderlich, um das Experiment durch­
meter hohe Flammen auf. zuführen; nach einhelliger Meinung schied die Kü-
che als geeigneter Raum zur Entzündung von EPTs
Einleitung aus. Schließlich entschieden wir uns für die Gara-
geneinfahrt des Autors. Zum zweiten mußte eine
Vergangenes Jahr schrieb der bekannte Zeitungs- angemessene Vorrichtung zum Löschen der EPTs
kolumnist Dave Barry, daß man die Erdbeer-Pop- zur Hand sein; ein wissenschaftlicher Assistent
Tarts von Kellogg (EPT) dazu bringen kann, sich brachte zu diesem Zweck etwas Backpulver mit.
„wie in einer Lötlampe" zu entzünden, wenn man
sie zu lange im Toaster läßt. Mit dieser Beobach-
tung erschließt sich ein völlig neues Gebiet, das Vorbereitung des Experiments
man in Anlehnung an „Infotainment" als „Food-o- Sowohl der Toaster als auch die EPTs waren für
tainment" bezeichnen könnte und das nähere Er- dieses Experiment entsprechend vorzubereiten.
forschung verlangt. Die vorhegende Arbeit be- Damit sichergestellt war, daß dem EPT ausrei-
schreibt unsere unabhängigen Untersuchungen chend Hitze zugeführt wurde, um die Verbrennung
und Erfahrungen mit der Verbrennungstechnik auf in Gang zu setzen, wurde der Toaster auf höchste
EPT-Basis. Stufe eingestellt und die Drucktaste mittels Klebe-
band in der „Unten"-Position fixiert. Ein EPT wurde
Material der Schachtel und der Schutzfolie entnommen und
sorgfältig in den Schlitz des Toasters eingeführt
Zur EPT-Verbrennungstechnik sind nur zwei Dinge (Abbildung 2).
nötig; ein (hoffentlich preiswerter) Toaster und ei-
Abbildung 1:
nige Erdbeer-Pop-Tarts (Abbildung 1). Für diese Toaster und Erd-
Studie verwendeten die Autoren Kellogg's Straw- beer-Pop-Tarts.
berry Pop Tarts with Real Smucker's Fruit. EPTs

1
Anm.d.Ü.: Die in Deutschland auf dem Markt befindlichen
„Toasties" gibt es (bislang) nur in pikanten Geschmacksno­
ten. Die Frage, ob sich auch Käse-Schinken-Toasties in der
geschilderten Weise verwenden lassen, bliebe empirisch zu
prüfen.
74

Sodann wurden Toaster und EPT in die Als die Flammen ihre Maximalhöhe erreichten,
Garageneinfahrt transportiert und die Stromzufuhr brachen die Brummgeräusche des Toasters abrupt
mittels eines Verlängerungskabels sichergestellt. ab. Wir vermuten, daß das Feuer an diesem Punkt
Nun waren wir bereit, mit dem Experiment zu be­ den Toaster kurzgeschlossen hatte. Der Stecker
ginnen. des Toasters wurde rasch aus der Steckdose gezo­
gen, um möglichen Schaden vom Haus des Autors
abzuwenden. Zu diesem Zeitpunkt erkannten die
Verlauf des Experiments und Forscher außerdem, daß durch die Hitze das Kle­
Beobachtungen beband unbeabsichtigt schmelzen und der Toaster
das brennende EPT plötzlich herauskatapultieren
Der Stecker des Toasters wurde eingesteckt. Zuerst könnte. Leider geschah dies nicht. Die Flammen
lief ein normaler „Toasf'zyklus ab (etwa sechzig züngelten noch mehrere Minuten lang weiter.
Sekunden), währenddessen das EPT mehr als Nun erhob sich die leise Sorge, daß die Flammen
knusprig buk (da der Toaster auf stärkste Stufe ein­ beträchtliche Zeit brauchen würden, um von selbst
gestellt war). Jetzt konnten wir deutlich einen Ge­ zu verlöschen. Wir versicherten uns daher der Hilfe
ruch von verbranntem EPT wahrnehmen. Dann des zögerlichen Assistenten, der Backpulver auf die
versuchte der Toaster, das EPT auszustoßen, was Flammen streuen sollte. Das Zögern war jedoch
jedoch durch das Klebeband verhindert wurde. verständlich angesichts der im vorigen Absatz be-
Darauf begann der Toaster rasselnde und brum- schriebenen Möglichkeit eines vorzeitigen Aussto-
mende Geräusche von sich zu geben, weil er das ßes des EPT. Das Backpulver erstickte die Flam­
EPT nicht auszuwerfen vermochte. men rasch, führte jedoch zu noch größerer Rauch-
An diesem Punkt stieg in den Forschern die Be- entwicklung (Abbildung 5 a).
fürchtung auf, der Lärm des Toasters könnte die Nach dem Löschen der Flammen waren die For-
Nachbarn aufwecken und unnötige Aufmerksam- scher mit einem unerwarteten Problem konfron-
keit erregen. Wir kamen jedoch zu dem Schluß, tiert: Was tun mit dem Toaster (der nun seinen
daß uns jetzt schon zuviel an dem Experiment lag Geist aufgegeben hatte) und dem verbrauchten
und daß die Nachbarn im Namen der Wissenschaft EPT? Es stellte sich rasch heraus, daß der Toaster
ruhig ein wenig Schlaf opfern konnten. nicht ins Haus des Autors zurückgebracht werden
Bald darauf quoll dichter Rauch aus dem Toa­ konnte, nicht nur weil weiterhin Feuergefahr be-
ster. Die Forscher bemerkten, daß einige Nachbarn stand, sondern auch wegen des Geruchs nach ver­
Neugierde zu zeigen begannen, doch das Experi­ brannten Erdbeeeren. Zudem war der Toaster im­
ment nahm unaufhaltsam seinen Lauf. Etwa vierzig mer noch zu heiß zum Anfassen, was den Einsatz
Sekunden später züngelten kleine Flammen aus eines herumliegenden Gartenschlauchs zur Küh­
dem Toaster. Sie wurden immer kräftiger und hö­ lung erforderlich machte. Abbildung 5b illustriert
her, bis sie eine Maximalhöhe von etwa 45 Zenti- diesen Schritt. Schließlich beschlossen die For-
meter ab Oberkante Toaster erreichten. Abbildung scher, den Toaster einfach an den Rinnstein zu
4 zeigt einige Photos der von dem EPT emittierten stellen, damit die Entsorgungsexperten ihn am
Flammen in zeitlicher Abfolge. nächsten Morgen mitnehmen konnten (Abbil-
dung 6).

Abbildung 2: Abbildung 3:
Vorbereitung von Toaster und EPT. Zur Verbrennung
von EPT vorbereite­
ter Toaster.
75

Abbildung 5 a + b:
Löschen des EPT.

Abbildung 4:
Fotoserie von flammenschlagendem EPT in zeitlicher Ab- Abbildung 6:
folge. Toasterentsorgung.

Zusammenfassung und ihn jedoch nicht umsetzen, weil uns keine zu die­
sem Zweck geeigneten Toaster mehr zur Verfü­
Empfehlungen gung standen. Für die Zukunft empfehlen wir dem
Zusammenfassend kann man sagen, daß das Handel, Toaster im Sechserpack anzubieten, um
scharfe Toasten des EPT eine Flamme von beachtli- den Bedarf dieser wichtigen EPT-Forschungen zu
cher Größe hervorrief. Der Effekt war zwar nicht decken. Die übrigen EPTs wurden daher im Lauf
so ausgeprägt wie von den Forschern erhofft, aber der nächsten Tage bei privaten, undokumentierten
doch zufriedenstellend. Nach Angaben des Assi­ Konsumptionsexperimenten verbraucht.
stenten variierte die Farbe der erzeugten Flamme.
Wir vermuten, daß sich mit tiefgefrorenen EPTs Dank
noch größere Feuergarben hervorrufen lassen.
Weitere Forschung auf diesem Gebiet ist garan- Besonderer Dank gilt Jennifer „Svetlana" Reckard
tiert. für ihre Vorschläge und das Korrekturlesen dieser
Wir hatten den Wunsch, das Experiment mit Arbeit.
den verbliebenen fünf EPTs zu replizieren, konnten
Die Quanteninterpretation des
Intelligenzquotienten (QI des IQ)
von Dudley Herschbach
Nobelpreisträger für Chemie 1986
Chemische Fakultät, Harvard-Universität
Dieser Artikel erschien in AIR 1:1 Uanuar/Februar 1995}.

Die Interpretation von IQ-Werten ist seit achtzig


Jahren umstritten.1 Zudem fehlen jegliche Erklä­
rungen für einige verblüffende Beobachtungen,
beispielsweise für die jüngste Entdeckung,2 daß
Musik von Mozart den IQ vorübergehend signifi­
kant um fast zehn Punkte erhöht. Ich skizziere im
folgenden eine neue Interpretation, die auf der
Quantenphysik fußt, die „QI des IQ".
Meine grundlegende Hypothese lautet, daß In­
telligenz ein Phänomen ist, das auf die schwingen-
den Moleküle in unserem Gehirn zurückgeht. Es
gibt dort eine Vielzahl verschiedener Moleküle, so
daß anzunehmen ist, daß unser Gehirn mit einem
breiten Frequenzspektrum oszilliert. Aus Gründen
der Einfachheit übernehme ich jedoch die Approxi­
mation, die Einstein in seinem berühmten Aufsatz
von 1907 über die spezifische Wärmekapazität von
Festkörpern'5 anwandte. Diese beschreibt den re­
sultierenden Effekt durch einen einzigen harmoni-
schen Oszillator. Die Schwingungsfrequenz F ist
proportional der Quadratwurzel aus dem Verhält-
nis K/M, wobei die Konstante K für die Steifheit des
schwingenden Gewebes (von hohlköpfig bis holz-
köpfig) und M für die effektive Masse (Erbsenhirn
bis Einsteinorgan} stehen. Für die vorliegende qua- Abbildung 1: Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die drei
litative Diskussion soll der IQ als direkt proportio­ niedrigsten Quantenzustände eines harmonischen Oszilla-
nal zur Schwingungsamplitude gelten, wenn auch tors (n = 0, 1, 2). Die gestrichelte Parabel gibt den Bereich
der von der klassischen Mechanik erlaubten Bewegung an;
die genaue Beziehung experimentell bestimmt die grauen Flächen zeigen die durch den Quantentunnelef­
werden müßte. fekt zugänglichen Bereiche. Die senkrechte Achse gibt die
Abbildung 1 zeigt die Wahrscheinlichkeitsver- Energie in Vielfachen von hF an, wobei h das Plancksche
Wirkungsquantum und F die Oszillatorfrequenz ist. Die
teilungen der Amplitude für die drei niedrigsten er­ waagrechte Achse gibt die Schwingungsamplitude an. Der
laubten Quantenzustände eines Oszillators, be- QI des IQ zufolge entspricht der Halbierungspunkt der hori­
zeichnet mit den Quantenzahlen n = 0, 1, 2. Sowohl zontalen Achse {Amplitude null) einem IQ = 100; positive
und negative Ausschläge (Fxpansion oder Kontraktion des
die Positionen als auch die Zahl der Schwingungs­ Oszillators) sind angegeben in Vielfachen der Standardab-
maxima unterscheiden sich bei diesen drei Vertei- weichung, die 15 IQ-Einheiten beträgt.
80

lungen deutlich. Die relativen Besetzungsdichten Trotz der Schwingungen in den angeregten Zu-
der verschiedenen Zustände hängen von dem Ver- ständen weist die Summe der Wahrscheinlichkeits­
hältnis F/T ab, wobei T eine effektive Temperatur verteilungen - wobei jeder Zustand mit seinem Be-
ist, die von Wechselwirkungen mit der Umwelt be- setzungsgrad gewichtet ist - in der Tat wieder die-
stimmt wird. selbe Glockenform wie im Grundzustand auf. Die
Wenn T im Vergleich zu F genügend gering ist, resultierende Verteilung ist jedoch breiter, worin
bleiben die meisten der schwingenden Moleküle im sich die temperaturabhängige Besetzungsdichte
niedrigsten Energiezustand n = 0, dem Grundzu- der angeregten Zustände widerspiegelt.
stand. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung seiner Die direkten und indirekten Implikationen die­
Schwingungsamplitude weist in der Tat exakt die- ser QI des IQ sind unmittelbar einleuchtend, selbst
selbe Glockenform auf wie die IQ-Verteilungskurve. für jemanden weit unterhalb des Durchschnitts.
Nach der herkömmlichen IQ-Skala entspricht ihr Ich nenne hier nur einige:
Gipfelpunkt IQ = 100. Werte, die eine Standardab­ 1. Die Bedeutung des Verhältnisses F/T zieht
weichung höher oder tiefer liegen, IQ = 115 bezie- den Schlußstrich unter die alte Kontroverse um
hungsweise 85, entsprechen der maximalen und Vererbung oder Umwelt. Bei einem Menschen, der
minimalen Schwingungsamplitude innerhalb des als Holzkopf (K groß) oder als geistiges Leichtge­
Bereichs, den die klassische Mechanik zuläßt (in­ wicht (M klein) geboren wird, ist die Frequenz F
nerhalb der gestrichelten Parabel). Amplituden groß, daher die Schwingungsamplitude klein. Den-
jenseits dieser Region sind zwar im klassischen Be­ noch kann ein hinreichend hohes T, das sich durch
reich verboten, in der Quantenmechanik jedoch er­ eine „heiße" intellektuelle Umwelt ergibt, immer
laubt, allerdings mit rasch abfallender Wahr- noch für ein günstiges F/T-Verhältnis sorgen.
scheinlichkeit. Dies ist eine Folge des berühmten 2. Zwar steigt bei Menschen, die intellektuelle
„Tunneleffekts", aufgrund dessen Quantenteilchen Anregung erfahren, der IQ deutlich, doch läßt sich
an Orten auftauchen, die sie mit der ihnen eigenen dies auch aus einem nichtangeregten Zustand her-
Energie eigentlich gar nicht erreichen könnten. Im aus erzielen. Dies ähnelt dem Anschieben eines
Grundzustand liegt die Gesamtwahrscheinlichkeit, Kindes auf einer Schaukel; eine große Amplitude
einen IQ über 115 zu erreichen, bei etwa 16%. Für läßt sich entweder durch einen kräftigen Schubs
IQs über 150, üblicherweise die Region des „Genia- oder durch sanfte Stupser zum richtigen Zeitpunkt
len", beträgt die Gesamtwahrscheinlichkeit nur erzielen. Die bislang rätselhafte Wirkung von Mo-
0,04% - das entspricht nur 400 Menschen auf eine zarts Musik beruht sicherlich auf solch sanften Re-
Million. sonanzstupsern.
Glücklicherweise liegt in einer derartigen „Tun­ 3. Da jeder Oszillator sowohl kontrahiert als
neleffekterhöhung" nicht der einzige Weg zu hohen auch expandiert, zeigen sowohl der Tunnel- als
IQs. Ist die Temperatur relativ zur charakteristi­ auch der Temperatureffekt eine stark verringernde
schen Frequenz hoch genug, kann das schwingen­ Wirkung auf den IQ. Dies erklärt unmittelbar ein
de Gehirn möglicherweise öfter in angeregte Zu­ verbreitet zu beobachtendes Phänomen (das von
stände springen, als wenn es im Grundzustand ver­ Psychologen, die nichts von Quantendynamik ver­
harrt. Wie Abbildung 1 zeigt, verschieben sich die stehen, schändlicherweise ignoriert wird), nämlich
Maxima der Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu die Tatsache, daß schlaue Leute oft Dummheiten
größeren Amplituden. Die klassisch erlaubte Re- machen.
gion wird zudem viel breiter als im Grundzustand,
und zwar um den Faktor der Quadratwurzel aus 2n LITERATUR
+ 1. Aufgrund dieses Faktors allein würde ein 1. R. J. Herrnstein, C. Murray. The Bell Curve, New York
Grundzustands-IQ von 115 in einem angeregten (The Free Press), 1994.
2. F. H. Rauscher, G. I.. Shaw, K. N. Ky. Music and Spatial
Zustand mit n = 5 auf 150 erhöht. Dies spricht da­ Task Performance. Nature, Bd. 365,1993, S. 611.
für, daß „Temperaturerhöhung" genauso wie der 3. A. Einstein. Annalen der Physik, Bd. 22, Nr. 180,1907.
Tunneleffekt bei der menschlichen Intelligenz eine
zentrale Rolle spielen muß.
Der allgegenwärtige
Heilige Gral
von Steve Nadis
Cambridge, Massachusetts
Erschienen in AIR 2:2 (März/April 1996).

Der Ausdruck „Heiliger Gral" ist in der wissen- existierte dieser „Katalog" nicht mehr. „Ist alles
schaftlichen Literatur nahezu allgegenwärtig (bei- computerisiert", erklärte die Bibliothekarin June,
spielsweise der „Heilige Gral der Haarersatzthera­ an die ich mich aus den Zeiten, als ich noch Bücher
pie" oder der „Heilige Gral der Hochenergiemeta- las, undeutlich erinnerte. Sie führte mich zu einer
physik"). Beeindruckt von der offensichtlichen Maschine namens „InfoTrac". Dort klärte mich
Bedeutung dieser Formel, machte ich mich daran, June über die Fähigkeiten dieses elektronischen
alle Erwähnungen des Terminus in den aktuellen Faktenhubers auf und tippte dann die Worte „Heili-
Periodika herauszusuchen und dann seine Bedeu- ger Gral" ein. Die Kiste blieb einen Augenblick lang
tung aus „kontextuellen" und/oder „anderen" Hin­ stumm, dann leuchtete auf dem Bildschirm auf:
weisen abzuleiten. „737 Treffer". Sie fragte: „Möchten Sie die Suche
eingrenzen?" Ich erwiderte: „Im Gegenteil, mit al-
len Mitteln ausweiten!" InfoTrac jedoch vermochte
Der erste Schritt nicht mehr als die oben erwähnten 737 „Treffer"
Im ersten Schritt suchte ich die Stadtbibliothek auf, zutage zu fördern. Also ließ ich mir das ausdrucken
um im Karteikartenkatalog nachzusehen. Leider - ein notwendiger, wenn auch zäher Vorgang, der

Anhaltspunkte für die Suche


nach dem Heiligen Gral.
Montage: Stephen Drew.
82

mich um 738 Vierteldollar ärmer machte, 737 für weihte vielleicht nichts weiß. Das Top-Quark bei-
die Kopien plus einen für einen Fehldruck. spielsweise ist nicht der hochgeschätzte H.G., son-
dern vielmehr der „Große Weiße Wal der Phy-
sik".11 Und die „ultimative Theorie für Alles"
Kabelfernseh-, Kardiologie- und (UTOE), die an Stelle der bloßen „Theorie für Alles"
Kraftfahrzeug-Grale tritt, ist das „Goldene Vlies", nicht aber der Heilige
Gral.12
Die 737 in der „aktuellen" Zeitschriftenliteratur ge­
Die Kosmologie ist ein weiteres Gebiet, auf dem
fundenen Belegstellen sind so interessant wie auf­
es bei jeder Gelegenheit von Grälen wimmelt. Für
schlußreich und wurden in einer ausführlichen Ta-
einige ihrer Vertreter stellt die Bestimmung der
belle zusammengefaßt. Statt diese Tabelle in ihrer
Hubble-Konstante (und infolgedessen des Alters
Gesamtheit aufzuführen, greife ich lediglich einige
des Universums) den H.G. des Fachs dar.13 Andere
Höhepunkte heraus. So fand sich beispielsweise
wenden den Ausdruck auf die Entdeckung der „Ur-
der „Heilige Gral des Kabelfernsehens", und dieser
falten" im Gewebe der Raumzeit an, wohingegen
steht offensichtlich für „video on demand, die Mög-
wieder andere letztere als „die Handschrift Gottes"
lichkeit, einen Film zu bestellen und ihn so abzu­
und/oder das „fehlende Glied" bezeichnen und den
spielen, als ob er sich in Ihrem Videorecorder be-
Titel „Heiliger Gral" lieber weniger erhabenen An-
fände, ihn also zu unterbrechen, zurück- und vor-
gelegenheiten vorbehalten sehen möchten.141516
zuspulen ..."1 Der „langgesuchte Heilige Gral der
Man sollte aber auch hervorheben, daß der „Fin-
Werkstoffkundler" dagegen besteht aus einem neu-
gerabdruck Gottes" und die „Handschrift Gottes" in
en synthetischen Material (noch nicht syntheti­
keinem wie auch immer gearteten Zusammenhang
siert), das „härter ist als Diamant".2 Ein Kardiologe
mit dem „Finger Gottes" stehen.17
an der Medizinischen Hochschule von Harvard bot
eine knallharte Definition, die beträchtlich weicher
als Diamant war: „Der Heilige Gral bei den Einzel­ Intelligente Grale, langlebige Grale
tests ist einer, der mir alles sagt, was ich wissen
Besonders erwähnt werden sollten zudem die
will."211 Keine geringere Zeitschrift als der Scientific
Künstliche Intelligenz18*1 und die „Unsterblichkeit",
American behauptete, daß der Heilige Gral im Ge-
welche an nicht weniger als sieben Stellen (eine
genteil eine Batterie sei, mit der „ein Auto mit einer
Zahl, auf die wir gleich zurückkommen werden) als
Ladung 300 Meilen weit sicher fahren" könne.3
„Heiliger Gral der Langlebigkeit" bezeichnet
Diese Behauptung steht im Widerspruch zu einer
wird.18b
früheren Aussage in eben demselben Publikations-
Was sollen wir also anfangen mit dieser „chimä-
organ, wonach dieser schwer faßbare Gral nichts
renhaften Entität", dem „Heiligen Gral" - ein Aus-
anderes ist als das Higgs-Boson, ein Partikel, des­
druck, der in einer so schwindelerregenden Viel-
sen Eigenart man am besten mit dem Schleier der
zahl von Verkettungen mit diversen Umständen
christlichen Nächstenliebe verhüllt.44a
und Kontexten verwendet wird? Nach einer syste­
matischen Durchmusterung der Daten gelangte ich
Wellen, heiße und kalte, und ein zu mehreren umfassenden Schlußfolgerungen. Er-
stens ist es praktisch unmöglich, eine einzige, un-
himmlischer Gral umstößliche Bedeutung für diesen Begriff abzulei­
Die Physik ist natürlich ein fast grenzenloses Beich ten. Der „Heilige Gral", so scheint es, besitzt die ei­
der Grale. Den Spitznamen „H.G." verpaßte man gentümliche Eigenschaft, für viele Menschen
wahlweise der „universellen Theorie" (alias TOE, vieles, wenn nicht sogar für alle Menschen alles zu
Theory Of Everything),5 den Gravitationswellen,6 bedeuten. Dieser chamäleonhafte Charakter läßt
dem „Bose-Einstein-Kondensat",6a dem Zerfall des ihn in der Tat zu einem sehr scheuen Wild werden.
Protons in geladene Teilchen6b und der sich selbst
erhaltenden heißen oder kalten Kernfusion, über
oder unter dem Labortisch7'89 - einer Leistung, die
Gral in einer Garage
von Thermodynamikern ebenfalls als „Heiliger Gral Die Verwirrung in diesem Zusammenhang wurde
der Energie" bezeichnet wurde.10 Es gibt einige neuerdings - statt geklärt - noch zusätzlich vertieft
subtile Unterscheidungen, von denen der Uneinge­ durch Berichte in den Massenmedien, wonach der
83

mystische Gral „ein für allemal" gefunden sei. Ein ser John Cleese mit, dessen Name sich auf das
britischer Exzentriker behauptete, im Speicher sei- englische Wort „keys" (Schlüssel) reimt. Diese Be-
nes Vetters Ginger auf eine Platte gestoßen zu sein, merkung ließ mich aufhorchen, weil sie möglicher-
die „unzweifelhaft der fragliche Gral" sei. Ein ande- weise bedeutungsvoll war. Und was noch wichtiger
rer Möchtegern-Archäologe stöberte bei einem war, eben dieser „J. C." war am 7. Tag des 7. Mo-
Trödler einen Pokal auf- in Wirklichkeit eine Rug- nats in dem und dem Jahr „A.D." geboren (das ge-
by-Trophäe -, der eine „deutliche Ähnlichkeit" mit naue Datum spielt keine besondere Rolle). Ein Mu-
dem Gral der Grale haben sollte.180 ster schälte sich heraus, eine überraschende An-
einanderreihung von „7ern" fast Schlag auf Schlag.
Ein Hinweis aus dem Videoladen Diese „7" ist zufällig auch die Zahl der Tage der
normalen Woche (von Schaltjahren abgesehen).
Alles in allem stand ich vor einem verblüffenden Obendrein ist dies zufällig mehr oder weniger ge-
Mysterium. Wenn sich mir auch nur eine Chance nau die Zahl von Tagen, plus/minus, in denen unser
eröffnen sollte, dieses Rätsel zu lösen, brauchte ich gütiger Herr die Erde schuf und alles, was darauf
zum mindesten eine neue Perspektive - einen neu­ ist, einschließlich des mysteriösen Grals. Künftige
en Zugangsweg. Da die Stadtbibliothek mir nicht Forscher täten gut daran, diesem Zusammenhang
weiter von Nutzen war, betrat ich einen anderen weiter nachzugehen.20
wissenschaftlichen Schauplatz - den nächsten grö­
ßeren Videoladen. In der dortigen Datenbank fand
ich einen Hinweis auf einen Film „Monty Python ANMERKUNGEN
and the Holy Grail" (deutsch Die Ritter der Kokos- 1. George Judson. For the Couch Potato..., New York
Times, 20. August 1995.
nuß, d.U.), in dem sich möglicherweise der Schlüs- 2. David Chandler. Nearly diamond-hard substance is syn-
sel zu diesem äonenalten Geheimnis verbarg. Lei- thesized. Boston Globe, 25. Februar 1995.
der war der Film bereits verkauft. 2a. Smaller firms developing new types of medical light.
Boston Globe, 19. Oktober 1994.
Nichtsdestotrotz gelang es mir, wichtige Infor­ 3. Sasha Nemecek. Bettering Batteries. Scientißc Ameri-
mation aus dem Kassierer des Ladens herauszu- can, November 1994, S. 106.
bringen, der sich zu meinem Erstaunen als einfalls- 4. John Horgan. Ixme Star Science. Scientific American,
Januar 1989, S. 17.
reicher, wenn auch nicht besonders gescheiter jun- 4a. Chet Kaymo. Particle Accelerators and Matters of Faith.
ger Mann erwies. Er hatte den Film „schon vor Boston Globe, 25. Januar 1993, S. 26.
ziemlich langer Zeit, aber echt"19 gesehen, meinte 5. D. Smith. Taking a Quantum Leap. Bostonia, Juli/Au­
sich aber zu erinnern, daß es darin um die Suche gust 1988.
6. Theresa Hitchens. Gravity Wave Detectors. Smilhso­
nach „irgendeinem religiösen Gegenstand" ging. nian News Service, Juli 1988.
Damit dürften wir, in einer ersten Annäherung, der 6a. C. Wu. Physics „Holy Grail" Finally Captured. Science
Bedeutung des schwer faßbaren Grals so nahe wie News, 15. Juli 1995.
6b. Dennis Normile. „Super" Japanese Site Gears Up to Sol­
gegenwärtig möglich kommen - er ist „irgendein ve Neutrino Puzzle. Science, 3. November 1995, S. 729.
religiöser Gegenstand". 7. Jerry Bishop. Cold Fusion. Populär Science, August
1993, S. 47.
8. D. Chandler. Cold fusion... Boston Globe, 11. Dezember
Etwas völlig anderes 9.
1989, S. 46.
Elizabeth Thomson. Physicists Discuss Fusion Break­
An diesem entscheidenden Punkt wollte ich gerade through. Tech Talk, 5. Januar 1994.
meine Untersuchung abschließen, als ich eine Zu- 10. Robin Johnson. Energy's Holy Grail. Research Horizons,
Winter 1990, S. 9.
fallsbegegnung mit einer Stammkundin des Video- 11. Douglas Birch. A unit of matter may be found. Boston
ladens hatte - einer jungen Frau, die während des Globe, 29. Dezember 1992, S. 6.
gesamten Gesprächs geduldig gewartet hatte, in 12. Malcolm W. Brown. Search Quiekens für Ultimate
Particles. New York Times, 19. Juli 1988, S. C13.
der Hoffnung, den Musik- und Tanzfilm „Swing 13. Ron Cowen. Search for Cosmology's Holy Grail. Science
Kids", der in Nazi-Deutschland spielt, bezahlen zu News, 8. Oktober 1994.
können. Diese Informantin {nennen wir sie um der 14. John Noble Wilford. Scientists Report Profound In-
sight... New York Times, 24. April 1992.
Vertraulichkeit willen „Frau X") lieferte mir folgen- 15. S. Begley. The Handwriting of God. Newsweek, 4. Mai
de Information, für deren Wahrheitsgehalt ich al- 1992, S. 76.
lerdings nicht bürgen kann. In dem „Schlangen- 16. M. Stroh. COBF Causes Big Bang in Cosmology. Science
film" (Python?), so behauptete sie, spiele ein gewis­ News, 2. Mai 1992.
84

17. A. Dyer. A New Map of the Universe. Astronomy, April 19. Eine unbestimmte Zeitspanne, im allgemeinen länger
1993, S. 44. als ein Jahr.
18a. Peter J. Howe. School for Robots. Boston Globe, 20. Ok- 20. Ich kann und werde beim Heiligen Gral beschwören,
tober 1995, S. 29-36. daß alles hier Mitgeteilte der Wahrheit entspricht.
18b. Der fleißige Forscher wird diese Belegstellen problem- Diese Art persönlicher Garantie macht meines Erach-
los auftreiben. tens weitere Belege nicht nur überflüssig, sondern ganz
18c. ibid. und gar unnötig.
Der unerforschliche Ratschluß
Gottes
von Alice Shirrell Kaswell und Stephen Drew, AIR-Redaktion
Bei vielen Menschen sträuben sich die Nackenhaa- ler Verlagsleute spielte der Inhalt des Buches, so
re, wenn behauptet wird, daß die Religion die Wis- gut er auch sein mag, eine unerhebliche Rolle - die
senschaft voranbringen könne oder die Wissen- Wirkung lag im Titel. Uns ist zu Ohren gekommen,
schaft Teil der Religion sei. Wir werden im folgen- daß Lederman das Buch urspünglich The Goddam
den beweisen, daß sowohl die Religion als auch die Particle [Das gottverdammte Teilchen] nennen
Wissenschaft von einer Annäherung profitieren. wollte, sich jedoch den hellsichtigeren Wünschen
Im Lauf der letzten zehn Jahre gab es Anzeichen seines Verlegers beugte.
faszinierender Berührungspunkte zwischen Wis­ In dem Buch, das Sie gerade lesen, geht es um
senschaft und Religion. Das Buch Eine kurze Ge- Wissenschaft. Es ist ein interessantes Buch, viel-
schichte der Zeit des Physikers Stephen Hawking leicht ein wichtiges Buch. Bei unserem begrenzten
wurde ein Bestseller, weitgehend aufgrund der Verständnis des Universums können wir als Men­
suggestiven Kraft seines Schlußsatzes: schen nicht wissen, wer dieses Buch lesen wird.
„Wenn wir die Antwort auf diese Frage fänden, Vielleicht kauft Gott ein Exemplar oder ein in Anbe-
wäre das der endgültige Triumph der menschli- tung ergebener Bewunderer schickt ihm eines. Die
chen Vernunft - denn dann würden wir Gottes Plan wichtige Frage lautet: Wird dieses Buch das Wohl-
kennen." gefallen Gottes erregen? Wenn wir die Antwort auf
Das Buch The God Particle (dt: Das schöpferi­ diese Frage fänden, wäre das der endgültige Tri-
sche Teilchen) des Physikers Leon Lederman umph der menschlichen Vernunft - denn dann
schlug sich ebenfalls beachtlich. Nach Meinung vie­ würden wir Gottes Plan kennen.
Äpfel und Birnen: ein Vergleich
von Scott A. Sandford
NASA/Ames-Forschungszentrum, Moffett Field, Kalifornien
Dieser Artikel erschien in AIR 1:3 (Mai/Juni 1995).

Wir alle haben schon Diskussionen (oder Debatten)


miterlebt, in denen einer der Kontrahenten ver-
sucht, ein Argument dadurch zu erläutern oder zu
stärken, daß er den fraglichen Diskussionsgegen-
stand mit einem anderen Gegenstand oder einer Si-
tuation vergleicht, die dem Publikum oder dem
Gegner vertrauter sind. Dieser Kniff beschwört in
vielen Fällen umgehend den Protestruf herauf:
„Aber das heißt Äpfel mit Birnen vergleichen!" Im
allgemeinen sieht man darin den Todesstoß für die
Analogie, denn meist glaubt man, daß sich Äpfel
und Birnen nicht vergleichen lassen.
Doch nachdem ich jüngst zur Zielscheibe genau
dieser Anschuldigung wurde, fiel mir auf, daß es in
mehrfacher Hinsicht problematisch ist, Analogien
mit dem Äpfel-Birnen-Argument zurückweisen zu
wollen.
Erstens steckt in der Behauptung, etwas werde
wie Äpfel und Birnen verglichen, selbst eine Art
Analogie. Eine Analogie mit dem Vorwurf zu verun-
glimpfen, sie vergleiche Äpfel mit Birnen, heißt an Abbildung 2: Vergleichende Darstellung der Infrarotspek­
und für sich schon, Äpfel mit Birnen zu verglei- tren eines Granny-Smith-Apfels und einer Williams-Christ-
Birne im Meßbereich von 4000-400 cm"1 (2,5-25 um).

chen. Und noch schwerer wiegt, daß es nicht


schwierig ist zu beweisen, daß Äpfel und Birnen
sich in der Tat vergleichen lassen (siehe Abbildung
1).

Material und Methoden


Abbildung 2 zeigt eine vergleichende Darstellung
der Infrarotspektren eines Granny-Smith-Apfels
und einer Williams-Christ-Birne im Meßbereich
von 4000-400 cm"1 (2,5-25 um).
Abbildung 1: Ein Granny-Smith-Apfel und eine Williams- Beiden Proben wurde durch sanftes, mehrtägi-
Christ-Birne ges Trocknen bei niedriger Temperatur in einem
90

Trockenschrank das Wasser entzogen. Die so vor- Es scheint daher so, daß der Vorwurf, man ver­
bereiteten trockenen Proben wurden mit Kalium- gleiche Äpfel mit Birnen, nicht mehr als stichhaltig
bromid vermischt und zwei Minuten lang in einer betrachtet werden kann. Dies ist eine durchaus
kleinen Kugelmühle gemahlen. Je einhundert Milli- verblüffende Erkenntnis. Man darf sich darauf ge-
gramm der beiden resultierenden Pulversorten faßt machen, daß sie einschneidende Auswirkun-
wurden zu einem runden Pellet mit einem Durch- gen auf die Strategien haben wird, die künftig in
messer von einem Zentimeter und einer Dicke von Debatten und Diskussionen zum Einsatz kommen.
etwa einem Millimeter gepreßt. Die Spektren wur-
den mit einem FTIR-Spektrometer Nicolet 740 mit
einer Auflösung von 1 cm"1 aufgenommen.
Persönliche Anmerkung
Ich zumindest beabsichtige, stets eine Kopie von
Schlußfolgerungen Abbildung 2 mit mir herumzutragen: wenn jemand
mir das nächste Mal vorwirft, ich vergleiche Äpfel
Diese Vergleichsmessung war nicht nur leicht mit Birnen, so kann ich sie dieser Person vor die
durchzuführen, sondern aus den Kurven geht auch Nase halten und sagen: „Nein - das heißt, Äpfel mit
eindeutig hervor, daß Äpfel und Birnen einander Birnen vergleichen!" Das sollte allen Nörglern ein
sehr ähnlich sind. für allemal den Mund stopfen.
Die Xerox-Vergrößerungs-
Mikroskopie (XVM)
von David P. Cann und Phillip Pruna
Labor für Werkstofforschung, Staatliche Universität von Pennsylvania,
University Park, Pennsylvania
Dieser Artikel erschien inAIR 1:2 (März/April 1995).

Ein revolutionäres neues Mikroskopierverfahren


erlaubt es, mit handelsüblichen Kopierern sub-
atomare Auflösungen zu erreichen. Früher be-
mühte man sich mittels eingeführter Verfahren wie
etwa der Transmissions-Elektronen-Mikroskopie
(TEM) oder der Atomic-force-Mikroskopie (AFM)
um eine hohe Auflösung. Es war ein regelrecht re-
volutionäres Umdenken nötig, um die von diesen
archaischen Methoden gesetzten Grenzen zu
durchbrechen. Die Autoren stellen hiermit die Xe-
rox-VergrÖßerungs-Mikroskopie (XVM) vor, ein
Verfahren, das der hochauflösenden Mikroskopie
ein neues, faszinierendes Betätigungsfeld erschlie-
ßen wird (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Laboranten beim Xerox-Vcrgrößerungs-Mikro-


skopieren mit handelsüblichem Kopierer.

Abbildung 2: Flußdiagramm des experimentellen XVM-Verfahrens.


92

Abbildung 3: XV-Mikroskopische Aufnahme von BaTiO:j, Abbildung 4: XV-Mikroskopische Aufnahme eines Deute­
15392fache Vergrößerung. riumatoms.

Beschreibung des Verfahrens Ultrahochauflösende XVM: Bilder


Dieses Verfahren hat eine Reihe gewichtiger Vor­ atomaren Wasserstoffs
teile. Zuerst und vor allem ist es extrem einfach an- Durch 48maliges Vergrößern ließ sich bei Proben
zuwenden. Abbildung 2 stellt das Verfahren in von deuteriertem Ammoniumhydrogenphosphat
Form eines Flußdiagramms dar. Da in den meisten (NH4H2PO4) eine unglaubliche, 1367481fache Ver­
Labors bereits Kopierer vorhanden sind, bringt das größerung erzielen. Zum ersten Mal konnte ein ein-
neue Verfahren keine zusätzlichen Kosten mit sich. zelnes Deuteriumatom abgebildet werden (siehe
Bei den meisten Kopierern entstehen nur Kosten Abbildung 4). Zu sehen ist auch ein bemerkenswer-
von etwa neun Pfennig pro Seite, was signifikant ter Beleg für die Heisenbergsche Unschärferelati­
unter den gegenwärtigen Betriebskosten eines on; man sieht die quantenmechanisch bedingte Un-
TEM oder RTM liegt. scharfe des Kerns und des Elektrons.
Es ist ferner keinerlei Probenvorbereitung von­
nöten. Abbildung 3 zeigt eine XV-Mikroskopische
Aufnahme von ferroelektrischem Bariumtitanat Schlußfolgerungen/Zukünftige
(BaTiO3J in 15392facher Vergrößerung. Diese Auf- Arbeiten
nahme von BaTiOs in Pulverform wurde angefertigt
mit einem Xerox-Kopierer der Reihe 1090 im Be- Eine einfache, kosteneffektive hochauflösende
triebsmodus Sortieren/Heften. Die größtmögliche Technik wurde vorgestellt. Weitere, gegenwärtig
Vergrößerung des Xerox 1090 beträgt 155 %, so laufende Arbeiten lassen sich zwei Bereichen zu­
daß 22 Vergrößerungsschritte nötig waren, um ordnen. Zum einen untersuchen Theoretiker die
eine 15392fache Vergrößerung ( 1.5522 = 15392) Möglichkeit, röntgenstrukturanalytische Daten aus
zu erzielen. den XVM-Bildern zu gewinnen. Zum anderen ver-
suchen unsere experimentell arbeitenden Kolle-
gen, den Atomkern mit XVM zu untersuchen und
XVM mit Sortieren/Heften die Existenz von Quarks nachzuweisen.
Die fortgeschritteneren XVM-Instrumente bieten
zuweilen die Option Sortieren/Heften. Dies ist eine N ACHWEISE
1. Isaac Newton, Opticks, 1704.
leistungsfähige Zusatzfunktion, die nach Wissen 2. Xerox 1090Handbuch.
der Autoren keine Parallele bei den anderen hoch­ 3. Mongolisches Patent Nummer 4,1993.
auflösenden bildgebenden Verfahren besitzt. 4. Persönliches Gespräch mit Dr. Clive A. Randall.
Wissenschaft sinnlich erfahrbar
gemacht: Rubbeln und Riechen
Für Chemiestudenten in den ersten und mittleren Semestern
von LaDuc Foment, AIR-Redaktion
Dieser Artikel erschien 1993.

Dieses spezielle Arbeitsblatt wurde hergestellt un-


ter Verwendung der von 3M entwickelten Mikro-
verkapselung.
Das politisch korrekte
Periodensystem der Elemente
von Robert Rose
MIT, Abteilung Werkstoffkunde, Cambridge, Massachusetts
Dieser Artikel erschien 1993.

Um die Gesundheit und das Wohlergehen der All- Sexistische Nomenklatur hat in der modernen Ge-
gemeinheit zu schützen, müssen wir alle Quellen sellschaft keinen Platz.
von toxischen Stoffen, Umweltschadstoffen und Ra- Allen diesen Ansprüchen kann man gerecht
dioaktivität beseitigen. Isotope und künstliche Ele- werden, wenn man die unten dargestellte Revision
mente sollten nicht geduldet werden, ebensowenig am Periodensystem der Elemente vornimmt.
Treibhausgase oder Ursachen von Bluthochdruck.

NB: Es sind keinerlei Isotopen erlaubt.


T- toxisches Element //-Halogene nicht erlaubt, siehe alles oben
U- Umweltsch ad Stoff R - radioaktive Elemente nicht erlaubt
5 - sexistische Nomenklatur K- künstliche Elemente, nicht ohne vorherige Zu-
B - gefährliches Element, blutdrucksteigernd lassung erlaubt
G - Quelle für Treibhausgas * - Steuerzuschläge auf diese Elemente
Das Okamura-Fossilienlabor
von Earle E. Spamer
Akademie der Naturwissenschaften, Philadelphia, Pennsylvania
Chonosuke Okamura erhielt den IgNobelpreis für Biodiversität 1996. Die folgende Würdigung von Okamu-
ras Werk erschien in AIR 1:4 (Juli/August 1994).
Der Autor Earle Spamer hat es sich zur Aufgabe gemacht, Okamuras Werk einer sicherlich bald ehrfürchtig
bewundernden Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen. Spamer stellte im Rahmen der IgNobelpreisverlei-
hung 1996 eine Kurzfassung dieser Arbeit vor.

Lebt und arbeitet Chonosuke Okamura noch? Wir Okamura führte seine Studien allesamt an den
wissen es nicht, fürchten aber das Schlimmste. paläozoischen Kalksteinformationen Japans durch.
Denn Earle Spamer hat jüngst eine drei Jahre wäh- Nach dem Schneiden, Schleifen und Polieren seiner
rende Suche nach Okamura ergebnislos abgebro­ Proben untersuchte Okamura die nunmehr glatten
chen. Wie auch immer, die vielen kleinen Beiträge Oberflächen mit dem Mikroskop und konnte so eine
dieses Mannes zum Wissen der Menschheit werden Vielfalt sehr kleinformatiger Fossilien dokumentie-
ewig weiterleben. ren. Über seine ersten Untersuchungen referierte
In den Ruhmeshallen der Wissenschaft prangen er bei Versammlungen der Paläontologischen Ge­
die Abbilder genialer Geister - hochragende Ehren- sellschaft Japans (PGJ). Seine Ergebnisse veröffent-
male für die Früchte der Geisteskraft, Erinnerung lichte er im ersten Band der Reihe Original Report
an das Werk von einzelnen, das die Weltsicht der of the Okamura Fossil Laboratory (OROFL); darin
Menschheit verändert hat. Jede wissenschaftliche beschreibt er fossile Wirbellose und Algen, deren
Disziplin vermag mit ihrem eigenen Pantheon un- Alter vom Ordivizium bis zum Tertiär reicht. Er
sterblicher Geistesheroen aufzuwarten, die die stellt fest, daß die Evolution dieser Organismen
Flamme der Liebe zur Wissenschaft weitertragen. rasch voranschritt, so daß diese sich sogar schon
Leider gibt es andere, deren Werk zu ihren Lebzei- während des Erdaltertums modernen Formen an-
ten nicht ausreichend gewürdigt oder kaum wahr- näherten.
genommen wird. Die Reihe OROFL erscheint in Englisch mit japa-
In Nagoya in Japan wurden die siebziger und nischen Zusammenfassungen und ist reich illu-
achtziger Jahre dieses Jahrhunderts Zeugen der striert mit mikroskopischen Aufnahmen, manche
Entdeckung und Erforschung der bemerkenswer- in Farbe. Neue fossile taxonomische Gruppen wer-
testen, doch leider überhaupt nicht zur Kenntnis den eindrucksvoll beschrieben und die entspre-
genommenen Wirbeltierfossilien. Der Forscher- chenden Fossilien bis ins einzelne illustriert.
drang eines einzigen Mannes, Chonosuke Okamu- Daß die wissenschaftliche Gemeinschaft keine
ra, bewirkte nichts Geringeres als eine Erschüt- Notiz von Okamuras Entdeckungen nahm, liegt
ternug der Paläontologie, Anthropologie und Ar- nicht daran, daß diese durch andere Belege ent-
chäologie bis in ihre Grundfesten. In sorgfältig kräftet worden wären, sondern viel eher an der be­
dokumentierten Berichten hat Okamura die ersten grenzten Verbreitung der OROFL. Da Okamuras
Anfänge der Evolution der Wirbeltiere und den Be- Befunde nicht in der „Mainstream"- oder „aner-
ginn der Zivilisation bis in das frühe Paläozoikum kannten" Literatur bekanntgegeben waren, wur-
zurückverschoben, da er die ältesten Vorfahren den sie genau von den Forschern übersehen, die
der modernen Wirbeltiere, also auch des Menschen von diesen neuen Fossilienfunden profitiert hätten.
entdeckte. Daher fällt seinen Nachfolgern die Aufgabe zu,
98

gel Archaeopteryx lithographica und schließt: „Der


hypothetische Vorfahr Archaeopteryx muß nun-
mehr ausgetauscht werden gegen die echten Vögel
wie Archaeoanas und andere; jener dürfte lediglich
zu den mit Flughäuten versehenen Reptilien Ptero­
sauria gehören."2
So stürzt Okamura mit einem einzigen Satz ei-
nes der bekanntesten Fossilien von seinem Podest
und belegt die direkte Abstammung der modernen
Vögel nicht von Archaeopteryx, also nicht von den
Dinosauriern, sondern von Vögeln zwergenhafter
Größe, die ihren modernen Gegenstücken aber in
allen anderen Aspekten stark ähnelten.
Eine so bemerkenswerte Entdeckung wie die
der Silurente, von der sich eine direkte biologische
Linie zur modernen Vogelwelt ziehen läßt, wäre für
einen gewöhnlichen Wissenschaftler die Krone sei-
nes Lebenswerkes. Doch Okamura setzt seine Be-
obachtungen und Entdeckungen fort. In OROFL 14,
in einem Artikel von 182 Seiten und mehr als 1000
Mikroskopaufnahmen, führt er den Nachweis für
den Ursprung der Wirbeltiere.

Der Ursprung des Lebens


In OROFL 14 berichtet Okamura, er habe „sehr
viele Stücke schwarzen Kalksteins vom Nagaiwa-
Abbildung 1: Oben: Mikroskopaufnahme der Silur-Miniente Berg in Higoroichicho bei der Stadt Ofunado in der
Archaeoanas japonica (OROFL 13, Tafel 31).
Unten: Okamuras Zeichnung davon. Präfektur Iware gesammelt. Geschliffene Exempla-
re wurden mit dem Mikroskop untersucht, und wie
Okamuras Resultate erneut und in Medien mit grö- sich herausstellte, gehörten die gefundenen Fossi­
ßerer Leserschaft zu verbreiten. lien hauptsächlich zu 92 Arten landlebender, kaum
aber mariner Wirbeltiere, insbesondere [fanden
sich] viele versteinerte Menschen sowie Wasser-
Federvieh und Landpflanzen, gemischt mit alten kontinenta-
Bis Mitte der siebziger Jahre beschränkte Okamura len paläozoischen Fossilien: ... allesamt aus einer
seine Studien auf versteinerte Wirbellose und Al­ Periode vom Kambrium bis zum Silur."3
gen. Dann hielt Okamura auf der Konferenz der Er fährt fort: „All diese Lebewesen waren nicht
PGJ am 18. Juni 1977 einen Vortrag - zwei Monate größer als 1,0 bis 5,0 Millimeter, und dennoch [ent-
später veröffentlicht in OROFL 13 - über die neue sprichtl jedes einer identischen neuzeitlichen Spe-
Spezies Archaeoanas japonica, eine Ente aus den zies."4 Er beschreibt Minifische, Minireptilien, Mi-
silurischen Formationen des Kitagami-Gebirges. niamphibien, Minivögel, Minisäugetiere und Mini­
Ihre Ähnlichkeit mit modernen Enten ist unbe- pflanzen.
streitbar. Seine Zeichnung (Abbildung 1) zeigt das Okamura gibt sich nicht mit der erstaunlichen
Exemplar eindeutig „in einem Krampfzustand auf- Entdeckung von Minimännern und Minifrauen zu-
grund des Schocks, im Silur lebendig begraben frieden, sondern enthüllt auch, daß er Gruppen von
worden zu sein".1 Das Exemplar mißt nur 9,2 mm, „Urminimenschen" entdeckt habe, deren Körper
ein klarer Beweis für die Abstammung moderner Drachenleibern ähneln. Er erklärt darüber hinaus,
Formen von winzigen Vorfahren. daß er über Exemplare verfüge, die „eine kontinu-
Okamura vergleicht Archaeoanas japonica mit ierliche und systematische Metamorphose des Ur-
dem berühmten versteinerten jurazeitlichen Urvo­ minimenschen"5 belegen.
99

Abbildung 3: Mikroskopaufnahme eines Minibrontosaurus


Brnntosaurus excelsus minilorientalus (OROFL 14, Tafel 38,
Abbildung g).

beim Minieisbär (Thalarctos maritimus minilorien-


talus) und beim Minihaushund (Canis familiaris
minilorientalis), dessen „Merkmale denen eines
Bernhardiners [sie] ähnelten, der jedoch in der
Länge nur 0,5 Millimeter maß".7
Okamura hat außerdem die Vorformen ausge­
storbener Spezies entdeckt, beispielsweise einen
Minipterodactylus (Pterodactylus speetabilis mini­
lorientalus) und den immerwährenden Liebling der
Kinder, den Minibrontosaurus (Brontosaurus excel-
sus minilorientalus) (Abbildung 3).
In den meisten seiner Beschreibungen verbindet
Okamura die Überzeugungskraft wissenschaftli-
cher Deduktion mit einfühlsamer Beobachtung. So
stellt er in seiner Beschreibung von Lynx lynx mini-
lorientalis fest:
„Manche wirken angstvoll in ihrem Wüten ge-
gen einen plötzlichen Aufruhr der Natur, während
andere gleichgültig sind oder sogar den Kopf auf
Abbildung 2: Titelseite von OROFL 14. die Brust gesenkt und jeden Widerstandsgeist auf­
gegeben haben. Dies sind Spuren psychischer Vor-
gänge, an denen sich die Höhe der Intelligenzent-
Okamura faßt seinen Geniestreich in einem ein­ wicklung ablesen läßt."8
zigen Satz zusammen: „Der alte Nagaiwa war die Hierin erkennen wir einzigartige und erhellende
Wiege aller Geschöpfe auf der Erde."6 Einsichten nicht nur auf paläontologischem Gebiet,
sondern auch für die wissenschaftliche Debatte um
die Rolle von Umwelt beziehungsweise Vererbung
Löwen, Tiger und Bären in der Evolution der Intelligenz.
Die meisten der von Okamura beschriebenen For- Für einige Fossilien, zu denen es keine moder­
men werden als neue Arten und Unterarten moder- nen Gegenstücke gibt, wurden neue Arten geschaf­
ner Gattungen und Arten bezeichnet; die Ähnlich­ fen. In einem Fall jedoch, wo Okamura mit einem
keiten springen förmlich ins Auge, beispielsweise völlig neuen Reptil konfrontiert ist, gelangt er zu ei-
beim Miniluchs {Lynx lynx minilorientalis), beim ner noch viel bemerkenswerteren Erkenntnis, die
Minigorilla {Gorilla gorilla minilorientalis), beim uns seine Neigung zur Deduktion deutlich illu­
Minikamel (Camelus dromedarius minilorientalus), striert.
100

Die Grenze zwischen Hexerei und raminiferen verlangt zweifellos nach einer Über-
prüfung der Untersuchungen dieser biostratigra-
Forschung phisch wichtigen Fossilien. Ähnlich werden
Okamura brach zu Feldstudien auf und drang tief Paläobotaniker sowie Wirbeltierpaläontologen
in die Berge der Präfektur Gifii ein, um mehr über Okamuras Entdeckung des winzigen fossilen Bau-
den Yokozuchi in Erfahrung zu bringen, „ein unbe- mes Lepidodendron minilorientoanulus, dessen
kanntes Lebewesen, an das lange nicht gerührt Ähnlichkeit mit der inneren Struktur von Korallen
worden war". Er befragte Straßenarbeiter und äl­ Revisionen in diesen Fachgebieten erzwingen
tere Ortsansässige über dieses Geschöpf, und man könnte, Beachtung schenken müssen.
wies ihn auf ein Buch hin, die Geschichte des Dorfes
Tokuyama, „veröffentlicht am 27. Mai 1973 von T. Die Morgendämmerung des
Neo, dem Vorsteher des Dorfes Tokuyama".9 Oka-
mura zitiert aus Seite 77 von Neos Buch: „Hier lebt Menschen
eine seltene Giftschlange namens Yokozuchi, die in Den größten Ruhmesanspruch kann Okamura ge­
keinem Buch abgebildet ist." Neos Buch enthält wiß für seine Entdeckung des Minimenschen Homo
eine grobe Umrißzeichnung, die Okamura wieder- sapiens minilorientales11 erheben. In einer er-
gibt.10 schöpfenden und peniblen anatomischen Diskussi-
Gestützt auf diese Quelle, beschreibt und be­ on, illustriert mit Hunderten mikroskopischer Auf­
nennt Okamura die zurückgezogen lebende nahmen (beispielsweise Abbildung 5), beschreibt
Schlange Yokozuchius yokozuchius und die siluri- er die frühesten Vorfahren des Menschen. „Die
sche Minischlange Y. y. minilorientalis. Körperhöhe des Nagaiwa-Minimenschen betrug
Besonders bemerkenswert ist, daß Okamura nur VMO derjenigen des neuzeitlichen Menschen, er
eine bislang nicht beschriebene moderne Spezies sah jedoch genauso aus."12 Beschrieben werden
zu entdecken vermag, indem er zunächst ihren an- auch die Werkzeuge dieser Minimenschen, darun­
nähernd 420 Millionen Jahre alten fossilen Vorfahr ter „eines der ersten Utensilien aus Metall".13
identifiziert. Dies könnte eine Möglichkeit eröffnen, Paläökologische Aspekte werden in Okamuras
das Rätsel um angebliche Fabelwesen wie den hi- eingehenden Beschreibungen der Minimenschen
malayischen Yeti oder den Bigfoot des amerikani- nicht übersehen. Es folgen repräsentative Stichpro-
schen Nordwestens zu lösen. ben aus seinen Interpretationen:
Zu diesem Zweck dringt Okamura zur wissen­ „Der Minimensch hatte eine Größe wie eine neu-
schaftlichen Beschreibung von Drachen vor; er be- zeitliche Ameise und lebte ab einem gewissen Ent-
nennt die Gruppe (Draconae) und teilt sie in 18 wicklungsstadium wahrscheinlich in Höhlen oder
neue Gattungen ein. Zudem beschreibt er die Le­ einfachen Behausungen aus Calcitplatten oder
bensgewohnheiten und die Physiologie der Dra- ähnlichem. Außerdem kannte er eine Schrift, die
chen. Besonders hervorzuheben ist, daß Drachen Herstellung von Zement durch Brennen von Calcit
häufig getarnt sind. Die Ähnlichkeit der seilförmi­ und die Herstellung von Porzellan."14
gen Tarnung (Abbildung 4) mit der Schale von Fo- „Alle Frauen in Abbildung 70 halten den Mund
geschlossen und leiden offensichtlich Qualen, da
sie lebendig in kochendem Schlamm begraben wer-
den, während die alte Frau in Abbildung 1 den
Mund weit aufgerissen hat und aussieht, als ob sie
den Verstand verloren hätte."15
„Sie hatten eine polytheistische Religion und
stellten zahlreiche Götzenbilder auf."16
Entdeckt werden „die ältesten Frisuren",17
„eine leichtfüßige Nagaiwa-Minifrau, [die] wahr-
scheinlich schwere Arbeit gewohnt war",18 eine Mi-
nifrau, die „eine ranghohe Persönlichkeit gewesen
Abbildung 4: Mikroskopaufnahme der „SeilforirT-Tarnung zu sein scheint"19, und der „Kopf eines Minimannes
von Drachen (OROFL 14, Tafel 55, Abbildung 55e). im Verdauungstrakt eines Drachens".20
101

nem grausamen Drachen ein Opfer darbietet"24,


neben anderen aufschlußreichen Szenen. Dieser
Überblick kann jedoch den Detailreichtum, den
Okamura ausbreitet, nicht einmal im Ansatz ange-
messen würdigen.
Die Beziehung zwischen Minimenschen und
Drachen scheint nicht von wechselseitigem Nutzen
bestimmt gewesen zu sein, wenn Okamuras Deu­
tungen stimmen.
„Soweit der Autor feststellen konnte, besaßen
die Minimenschen der Urzeit eine hochentwickelte
Intelligenz, aber zu ihrer Verteidigung nur die blo-
ßen Nägel. Selbst wenn sie sich mit Hilfe ihrer frei­
en vorderen Gliedmaßen auf Pfähle flüchteten oder
primitive Metallwaffen benutzten, über die sie
augenscheinlich verfügten, oder einfach behauene
Steine warfen, war es äußerst schwierig, der uner-
sättlichen Gier der zahllosen fleischfressenden
Drachen zu entkommen."25
Die Frühformen der Minimenschen waren
handlos, doch „es hätte keinen Unterschied ge­
macht, wenn sie eine Hand zur Hand gehabt hät-
ten, um mit den Drachen zu kämpfen, denn sie wä-
ren immer noch ohne den geringsten Widerstand
vernichtet worden. Die Drachen hätten sie tödlich
verletzt und ihren Körper zermalmt."26
Dennoch waren Okamuras aufsehenerregende
Abbildung 5: Mikroskopaufnahme eines Exemplars von Ho­ Beobachtungen nicht gänzlich ohne Gefühl; er
mo sapiens minilorientales, einer Nagaiwa-Minifrau von „et­ schreibt: „Der Autor wird sein Bestes geben, um
wa 30 Jahren... [, die] eine Art Umhang zu tragen scheint,
auf dem viele kleine Drachen festgeklebt sind, vielleicht ein den Geistern der Dahingeschiedenen Trost zu
Phänomen, das erst nach ihrem Tod eintrat" [OROFL 14, S. spenden."27
272, Tafel 62).

Implikationen für die Evolution


Die Nagaiwa-Minimenschen waren auch kunst­ „Der Autor hat mehr als 93 Arten von Nagaiwa-Mi-
fertige Handwerker, die vielfältige Skulpturen niWirbeltieren entdeckt, von denen jede ein ausge­
schufen. „Als ausgereifteste Arbeit" kann man „die storbenes oder neuzeitliches Pendant besitzt, und
lebensgroße Darstellung einer Frau [betrachten], es gab keine neuen Arten, das heißt, es gab über ei­
die auf dem Hals eines Drachens sitzt" und „gerade nen sehr langen Zeitraum keine große Evolution
einen Hut aufsetzen könnte". Okamura hält sie „für oder Metamorphose der Wirbeltierkörper"28 [Ab-
eine Art Gottheit", deren „Brüste geschwollen wir- bildung 6].
ken und ein wenig zu hängen scheinen".21 „Der Körper des Menschen hat sich seit dem Si­
lur nicht verändert... abgesehen von einer Zunah-
Natürliche Auslese im frühen me der Körpergröße von 3,5 auf 1700 Millime­
ter."29
Paläozoikum
Die Miniwelt von Nagaiwa war keine Idylle. Oka- Nachwort
mura zeigt „einen Urminimann und eine Urmini-
frau, die dicht aneinander gedrängt... einem Dra­ Das Okamura-Fossilienlabor hat allem Anschein
chen die Stirn bieten"22, einen „Drachen, der ein nach seit circa 1987 keine weiteren Arbeiten mehr
Mädchen erwürgt"23, und einen „Minimann, der ei­ herausgebracht. Chonosuke Okamura selbst
102

3. Chonosuke Okamura. Okamura Fossil Laboratory, Na-


goya, 1983? [Buch gänzlich in Japanisch; mit Errata für
OROFL \A\.
4. Chonosuke Okamura. New Facts: Homo and All Verte-
brata Were Born Simultaneously in the Former Paleozoic
in Japan. Okamura Fossil Laboratory, Nagoya, 1987.

ANMERKUNGEN
1. OROFL 13, S. 51.
2. S. 50.
3. OROFL 14, S. 174.
4. S. 174.
5. S. 305.
6. S. 339.
7. S. 262.
S.S. 257.
9. S. 226.
10. S. 226.
11. S. 269.
12. S. 271.
13. S. 297.
U.S. 271.
15.S. 289.
16. S. 304.
17. S. 279.
18. Abb. 64b.
19. Abb. 63f.
20. Abb. 65d.
21. S. 301.
22. Abb. 103.
23.Ahb. 65h.
24. Abb. 66.
25. S. 273.
26. S. 273.
Abbildung 6: Stammbaum des Menschen, der die direkte Ab- 27. S. 276.
stammung vom frühen paläozoischen Minimenschen illu- 28. S. 344.
striert und nicht etwa von Vierfüßern, wie bisher angenom- 29. S. 272.
men (ükamura 1983?, Tafel 51).

ANHANG
scheint sich völlig zurückgezogen zu haben. Sein so Die folgenden Institutionen besitzen Exemplare der Reports
ofthe Okamura Fossil Laboratory:
gründliches, detailreiches Werk fiel einfach der Akademie der Naturwissenschaften (Philadelphia, Pennsyl­
Vergessenheit anheim, ein trauriges Beispiel für vania)
unzulängliche Publizität. Es liegt auf der Hand, daß Bergbauschule von Colorado
Cornell-Universität
erneuerungswillige Kräfte in der Paläontologie und Stadtbibliothek Denver
Anthropologie den übersehenen, überaus gut do- Field-Museum für Naturgeschichte
kumentierten Nachweisen für Okamuras Miniwir­ Harvard-Universität, Museum für vergleichende Zoologie
beltiere angemessen Rechnung tragen müssen. Die Staatsuniversität Kent
Pell-Bibliothek für Meereswissenschaften (Narragansett,
wissenschaftliche Gemeinschaft sollte das Werk Rhode Island)
dieses Mannes in das Licht rücken, das es verdient. Smithsonian Institution
U.S. Geological Survey (Reston, Virginia)
Universität von Kalifornien in Los Angeles
A USGEWÄHLTE L ITERATUR Universität von Kalifornien in San Diego
1. Chonosuke Okamura. Archaeoanas japonica. Report of Universität Houston
the Okamura Fossil Laboratory, Nagoya, Okamura Fossil Universität von Texas in Austin
Laboratory, Nr. 13,1977, S. 157-163, Tafel 31. Universität von Wyoming
2. Chonosuke Okamura. Period of the Far Eastern Mini-
creatures. Report of the Okamura Fossil Laboratory, Nr.
14, Okamura Fossil Laboratory, Nagoya, 1980, S. 165­
346, Tafel 32-107.
Zur taxonomischen Zuordnung
von Barney
Anzeichen für Konvergenz in der Hominidenevolution

von Edward C. Theriot,1,4 Arthur E. Bogan,2,5, Earle E. Spamer3,4


Dieser Artikel erschien in AIR 1:1 (Januar/Februar 1995).

Einführung ten Hominidenform auf die Spur, die heute noch


lebt und vermutlich weltweit verbreitet ist. Mit Si-
Die Evolution der Hominiden ist umstritten. Der cherheit kommt sie in Nordamerika vor, wo wir sie
Schwindel mit dem „Piltdown-Menschen" hat dafür zum ersten Mal beobachteten. Ihre äußere Mor­
gesorgt, daß man diesem Forschungsgebiet Arg­ phologie unterscheidet sich stark von der der Ho­
wohn entgegenbringt, und der tragische Verlust miniden, und aus diesem Grund wurde sie bis
der Exemplare des Peking-Menschen hat politische heute übersehen. Ihre Entdeckung wird sich un-
Verwicklungen ausgelöst. Natürlich sollte man die mittelbar und tiefgreifend auf das Verständnis der
leidenschaftlich geführten Auseinandersetzungen Hominidenevolution auswirken.
um die Ansichten der Anhänger der Schöpfungs-
lehre über den Aufstieg des Menschen6 nicht über­
gehen, doch wir sehen uns außerstande, deren Da­ Material und Methoden
ten mit den unsrigen in Beziehung zu setzen, wes­ Im Februar 1994 beobachteten wir im Fernsehen
halb wir nur unsere Daten vorstellen. ein Tier, das dort als Dinosaurier bezeichnet wur-
de; es hieß Barney.8 Seine Verhaltenscharakteristi-
ka ließen vermuten, daß es sich von den diversen
Das Problem wohldokumentierten Gruppen der Dinosaurierfau-
National Geographie7 zufolge entwickelten sich die na9 unterschied. Selbst wenn man die Möglichkeit
Hominiden anfangs auf dem afrikanischen Konti- in Betracht zieht, daß einige Dinosaurier in engen
nent und breiteten sich dann während der letzten Sozialverbänden lebten und manche vielleicht so-
zehn- bis hunderttausend Jahre über die anderen gar warmblütig waren, deuteten Barneys Lebhaf-
Kontinente aus. Wie die Anthropologen gegenwär- digkeit, Kommunikationsfähigkeit und seine An-
tig glauben, entwickelten sich mehrere Gattungen hänglichkeit zu jugendlichen Exemplaren von Ho-
und Arten, von denen heute nur noch Homo exi- mo auf einen unerkannten Aspekt der Form und
stiert. Die einzigen Belege, auf die diese Mutmaß­ Funktion von Reptilien hin.10
ungen sich stützen, sind Überreste von Skeletten, Um die Hypothese zu prüfen, daß Barney ein
die meist nur als Fragmente erhalten sind. Aus kla- von den echten Dinosauriern abstammendes Reptil
distischen Untersuchungen der Merkmale der Kno- ist, nahmen wir eine Feldstudie in Angriff, bei der
chenbruchstücke schlössen die Wissenschaftler auf wir ein lebendes Exemplar fangen und untersu-
die evolutionären Beziehungen zwischen den ver- chen wollten. Dies gelang uns bemerkenswert
schiedenen Hominiden. leicht, da ein örtliches Einkaufszentrum damit
Durch Grabungsfunde und empirische Beobach- warb, daß Barney dort auftauchen sollte. In einem
tungen kamen wir jedoch einer bislang unbekann­ sicheren Bereich bauten wir eine Beobachtungssta­
104

tion auf, die den nächstliegenden Zweck erfüllte,


Barneys äußere physische Merkmale unter kontrol-
lierten Bedingungen zu dokumentieren.
Eine zusätzliche apparative Ausrüstung war
notwendig, um den inneren Körperbau Barneys zu
ergründen. Wir entschieden uns dafür, das Exem­
plar nicht zu töten, da wir der Überzeugung waren,
dies würde sich negativ auf die begleitende Fauna
(die jugendlichen Exemplare von Homo) auswirken.
Wir entwickelten vorwiegend nichtinvasive Metho-
den zur Datenerhebung. Um Bilder vom Skelett ins-
gesamt zu gewinnen, bauten wir einen Röntgenap-
parat mit stark aufgeweitetem Strahl und hängten
unbelichtete Röntgenplatten in der Nähe des Ortes,
an dem Barney sich zeigen sollte, dekorativ an die
Wände; dies fiel weder einem der menschlichen
Probanden noch dem Sicherheitsdienst des Ein­
kaufszentrums auf. Die durch die Röntgenquelle
bedingten Expositionszeiten waren nur kurz; die
menschlichen Probanden in Barneys Umgebung
dürften unseres Erachtens keiner größeren Gefahr
ausgesetzt gewesen sein als die Einwohner von
Tschernobyl.
Unsere kladistischen Untersuchungen führten
wir anfangs mit den beiden Merkmalsanalyse-Pro-
grammen PAUP und MaCLADE durch, stützten uns Abbildung 1: Zusammengesetztes Bild von Barney, das die
dann jedoch ausschließlich auf die mit MaCLADE äußere Morphologie und den Skelettbau zeigt.
erzielten Ergebnisse, weil sie viel schöner ausge-
druckt werden.
Klauen sind vorhanden. Die stämmigen, kurzen
Beobachtungen Beine haben breite Füße; jeder Fuß weist drei Nä-
gel oder Klauen auf, besitzt jedoch keine getrenn­
Das von uns beobachtete Exemplar ist 183 cm ten Zehen. Ein breiter, zylindrischer, sich verjün-
groß, hat eine dinosauroide Gestalt, und die Größe gender, etwa hundert Zentimeter langer Schwanz
seines Kopfes entspricht etwa einem Drittel der ge- entspringt am Hinterteil; er scheint mit diesem ver­
samten Körpergröße. Es besitzt zwei Augen auf der schmolzen, ohne Muskulatur, auch Willkürbewe­
Vorderseite des Kopfes, was für binokulares Sehen gungen wurden nicht beobachtet. Barney ist an-
spricht. Es sind keine sichtbaren Gehöröffnungen sonsten äußerlich unauffällig.
vorhanden. Am äußeren Ende der Schnauze sitzen Die erstaunlichsten Beobachtungen lieferten
beiderseits anstelle der Nasenöffnungen zwei Ver­ uns die Röntgenaufnahmen von Barney (Abbildung
tiefungen. Der Mund enthält zwei weiche, weiße 1). Das Skelett ist nicht etwa das eines Reptils, son­
Gebilde; eines sitzt am dorsalen Teil der Mundöff­ dern sowohl in bezug auf die Morphometrie als
nung, das andere am ventralen; sie weisen die auch die Verteilung der osteologischen Elemente
Form und Position von Zahnreihen auf. Der Mittel- eindeutig hominid. Es ist sogar ununterscheidbar
teil des Rumpfs ist sackartig erweitert. Die Epider- vom Skelett von Homo. Das Becken ist das eines
mis ist gänzlich mit lila Flaum aus Kunststoff be- Säugetiers; es sind heterodonte Zähne in exakt
deckt, außer am Bauch, wo der Flaum grün ist; auf dem Zahnschema von Homo vorhanden; an jeder
dem Hinterteil befinden sich zwei Flecken. Die der Extremitäten finden sich fünf Finger; über das
Gliedmaßen sind jeweils in zwei Hauptsegmente Steißbein der Wirbelsäule hinaus gibt es keine wei-
gegliedert. Die Vordergliedmaßen sind kurz und teren Wirbel, so daß der Schwanz nicht vom Skelett
am Ende gabelförmig geteilt; weder Nägel noch gestützt wird. Jedoch macht Barney das Vorhan­
105
106

Abbildung 3: Ein toter Lachs mit Hominiden. Man beachte,


daß Barney den Hominiden und dorn toten Lachs stärker äh­
nelt als den Dinosauriern (nicht abgebildet).

densein eines Zöloms, einer Leibeshöhle, das das


Skelett von der Körperwand trennt, Säugetieren
und Reptilien sehr unähnlich.

Analyse
Die äußere Morphologie von Barney steht einer
Säugetierverwandtschaft entgegen. Evolutions-
theoretisch spricht es für einen Selektionsvorteil,
wenn die äußere Gestalt eines Dinosaurierreptils
mit der inneren Struktur und den Fähigkeiten eines
hominiden Säugetiers vereint sind. Diese Ansicht
Abbildung 2: Stammbäume, die sich ergeben, wenn man
Barney A) den Menschen (der sparsamste Stammbaum, 29 wird gestützt durch die beobachtete ökologische
Stufen), B) den Dinosauriern (32 Stufen) und C) Lachs (31 Nische und die Verhaltensmerkmale von Barney,
Stufen) zuordnet. das heißt, durch seine beständige Gemeinschaft
mit jungen Hominiden. Die Gemeinschaft trägt al-
lem Anschein nach Züge einer wechselseitigen Ab-
hängigkeit, und wir wagen die Vermutung, daß
Barney sich in die von halbwüchsigen Hominiden
besetzte Nische hinein entwickelt hat; da diese Ho-
miniden von Natur aus einen sehr geschützten Be-
reich der hominiden Sozialstruktur besetzen.
107

denen anderer Säugetiere, Reptilien, Vögel und Fi-


sche (Tabelle 1). Die Merkmale wurden aufgrund
ihrer Ähnlichkeiten im gesamten Wirbeltierspek-
trum gewählt, wir fügten so lange Merkmale hinzu
oder nahmen sie heraus, bis wir die Ergebnisse er-
hielten, die uns plausibel schienen, und hörten
dann auf. Barney wurde verglichen mit Menschen,
Walen, Vogelbecken- und Echsenbecken-Dinosau-
riern sowie Vögeln. Als nicht dazugehörige Grup-
pen in den Kladogrammen wählten wir lebendige
und tote Lachse.
Ausgewählte Merkmale wurden bewertet und
dem MaCLADE-Programm unterzogen. Der erste
Stammbaum, den wir erhielten, war der sparsam­
ste; nach diesem wies Barney die größte Ähnlich-
keit mit Menschen auf. Der Baum hat 29 Stufen
(Abbildung 2A). Dann wurde Barney mit den ande-
ren Wirbeltieren in eine Gruppe eingeordnet, um
die Zahl der Stufen festzustellen, die diese Bäume
erzeugten. Da Barney äußere morphometrische Af-
Abbildung 4: Beispiel für äußere Kenn/eichen von Revierbe­ finitäten zu den bipedalen Vogelbecken-Dinosau-
sitz bei Hominiden. riern aufweist, interessierten uns vor allem die Er-
gebnisse des Stammbaums, in dem wir Barney die-
ser Gruppe zugewiesen hatten. Dieser weniger
ökonomische Baum enthält 32 Stufen (Abbildung
konnte Barney sein Überleben wirksam sichern, in- 2B). Schließlich verglichen wir Barney mit den
dem er sich in diese Umwelt integrierte. nicht dazugehörigen Gruppen „lebendige Lachse"
Doch dies erklärt noch immer nicht die taxono­ und „tote Lachse". Wir sagten richtig vorher, daß
mische Beziehung Barneys zu anderen Wirbeltie- Barney einem lebendigen Lachs sehr unähnlich
ren. Zu diesem Zweck verglichen wir verschiedene war, stellten jedoch zu unserer Überraschung fest,
physische Merkmalsausprägungen von Barney mit daß der Stammbaum, der Barney mit einem toten
Lachs (Abbildung 3) in Verbindung brachte, spar­
samer war (31 Schritte, Abbildung 2C), sogar noch
sparsamer als der Stammbaum, der Barney den Di­
nosauriern zuordnete.
Die bemerkenswerte Ähnlichkeit von Barney
mit totem Lachs unterstreicht ganz klar die nicht­
reptilienhaften Merkmale. Bei beiden bedeckt eine
Hülle aus Kunststoff die Körperoberfläche, ist ein
Zölom und ein auffälliger oraler Schmuckstreifen
vorhanden, der unabhängig vom Gebiß ist. Bei Bar­
ney dient diese Schmuckleiste (siehe Abbildungen
1 und 6) keinem ersichtlichen Zweck. Etwas Ver-
gleichbares gibt es sonst bei Reptilien nicht. Diese
funktionslose Leiste ähnelt dem Farbfleck am
Schwanz des paarungswilligen Lachses. Da jedoch
Barney nicht fortpflanzungsbereit zu sein scheint,
vermuten wir, daß die orale Schmuckleiste eine
Rolle beim Hevierverhalten spielt. Ähnliche äußere
Kennzeichen von Revierbesitz beobachteten wir
Abbildung 5: Apparatur zur Messung der Körpertemperatur auch bei Hominiden (Abbildung 4), was wiederum
von Barney.
108

toten Lachs als selbst den Dinosauriern, zu denen


er angeblich gehört. Wir deuten dies als Konver-
genz in der Evolution; der Barney-Vorfahr hat sich
im Verlauf seiner Entwicklung so angepaßt, daß er
in die ökologische Nische eindringen konnte, die
heute juvenile Hominiden besetzen.
Dies wirft bedeutsame Fragen hinsichtlich des
Fossilienbestandes auf. Nur in Ausnahmefällen
bleibt Material fossil erhalten, das nicht vom Ske-
lett stammt. Es ist daher wahrscheinlich, daß das
einzige, was von dem Barney-Tier erhalten bleibt,
sein Skelett ist. Wir stellen demnach die Frage, ob
nicht fossile Überreste bisher falsch interpretiert
worden sind. Die Kriterien, anhand derer die Ske­
lette früher Menschen und ihrer Vorläufer bislang
identifiziert wurden, erlauben keine eindeutige Zu­
weisung. Wenn das Skelett eines Urmenschen nicht
von dem Barneys zu unterscheiden ist, besteht die
Möglichkeit, daß manche Skelettreste früher Homi-
niden - „Lucy" beispielsweise - in Wirklichkeit von
einem Barney-Vorfahren stammen.

Schlußfolgerung
Abbildung 6: Ein Exemplar von Praetendosaurus barneyi.
Barney ist kein Dinosaurier. Er ist ein bislang unbe-
kanntes Mitglied der Familie Hominidae, dem wir
den Namen Praetendosaurus barneyi (vom lateini­
schen praetendo, „ich schütze vor" und saurus,
„Echse") gegeben haben. Fossile Funde sind gegen-
dafür spricht, Barney den Hominiden statt den wärtig nicht bekannt, doch schließen wir aus unse-
Reptilien zuzuordnen. ren Daten, daß sie bis ins Frühpaläolithikum zu-
Das sehr animierte Sozialverhalten, das wir bei rückreichen dürften. Eine vollständige Neubewer-
Barney beobachteten, spricht ebenfalls für eine tung der Fossilien, die von Vorfahren des
Verwandtschaft mit den Hominiden. Das Verhalten Menschen stammen sollen, ist erforderlich. Das
deutet auf Warmblütigkeit hin, was wir an dem kulturelle Klischee der Koexistenz von Dinosau-
Exemplar, das wir untersuchten, nachweisen woll­ riern und Menschen, die das Kino so gerne auf-
ten. Dies erforderte einen zeitweise invasiven Ein- greift (z.B. in King Kong und Familie Feuerstein),
griff, den wir vornahmen, als sich das Versuchstier könnte ebenfalls von einer Neuuntersuchung im
allein in einem Korridor befand. Es verhielt sich Lichte der an Barney gewonnenen Erkenntnisse
unkooperativ und verschwand, so daß unsere Mes- profitieren, da sich aus diesen bedeutende soziolo­
sungen von Barneys Körpertemperatur nicht zu ei- gische und anthropologische Schlußfolgerungen
nem schlüssigen Ergebnis führten. Wir hegen den ableiten lassen.
Verdacht, daß wir die Messung aufgrund einer un- Daß Barney heute an zahlreichen Orten gesich­
angemessenen apparativen Ausrüstung nicht er- tet werden kann, ist ein sicheres Zeichen für eine
folgreich zu Ende führen konnten (Abbildung 5). weite Verbreitung des Barney-Tieres, die vielleicht
sogar der Verbreitung des Menschen entspricht.
Eine sichere Identifikation wird möglicherweise
Evolutionstheoretische durch morphologische Veränderungen im Verlauf
Konsequenzen seines Lebenszyklus erschwert. Es könnte sein, daß
Wir haben bewiesen, daß Barney Menschen am die flauschige Epidermis und das Zölom, das diese
ähnlichsten ist. Dennoch ähnelt er stärker einem vom Skelett trennt, Merkmale sind, die sich erst mit
109

Eintreten der Geschlechtsreife ausbilden. Die Ju­ 7. Praktisch jede Ausgabe seit 1888.
gendform drückt sich vielleicht ausschließlich als 8. Öffentliches Fernsehen. Die Sendung „Barney" zeigt das
Tier in einer engen, harmonischen Beziehung zu Kin-
unreife Hominidengestalt aus, was sehr schwer- dern. Sie singen und tanzen zusammen und reden über
wiegende Fragen im Hinblick auf die korrekte Iden- Gott und die Welt, soweit Gott und die Welt Kinder im
tifikation menschlicher Kinder aufwirft. Vorschulalter betreffen. Neuerdings bestehen sie auch
Abenteuer miteinander, wie ein gerade angelaufener
Spielfilm („Barneys großes Abenteuer") belegt. Aus na-
ANMERKUNGEN heliegenden Gründen der Logik muß man annehmen,
1. Die Reihenfolge der Autoren wurde durch das Los be­ daß es mehr als ein Exemplar dieses Tieres gibt.
stimmt. 9. Weishampel, D. B., Dodson, P„ Osmölska, H. (Hrsg.). The
2. Die Reihenfolge der Autoren wurde ohne mein Wissen Dinosauria, (University of California Press) 1990.
bestimmt. 10. Daß Barney ein Dinosaurier sein könnte, ist als Hypo­
3. Die Reihenfolge der Autoren wurde bestimmt von der these annehmbar, auch wenn die Dinosaurier gemeinhin
letzten Person, die das Manuskript in der Hand hatte. als ausgestorben gelten. Wir glaubten anfangs, Barney
4. Akademie der Naturwissenschaften, Philadelphia, Penn- könnte von Dinosauriern abstammen, genauso wie man
sylvania. vermutet, daß sich die Vögel von diesen Reptilien herlei­
5. Süßwassermolluskenforschung, Sewell, New Jersey, die ten.
natürlich nichts mit Hominidenevolution zu tun hat.
6. Wir beziehen uns auf die Gattung Homo, doch „Aufstieg
des Homo" zu schreiben, klingt nicht so gut; „Aufstieg
des Menschen" ist weitaus vornehmer.
Die traurige Krabbe aus
Südafrika
Dieses Bild zierte das Titelblatt von AIR 1:6 (November/Dezember 1995).

Dieses Foto zeigt eine Krabbe {Ovalipes punctatus), Power, Abteilung für Pädiatrie und Kindergesund-
die traurig aussieht, gefunden an einem Südafrika- heitspflege, Red Cross Memorial Kinderhospital,
nischen Strand. Es wurde eingereicht von Michael Rondebosch, Südafrika.
Zyklische Schwankungen beim
Wachstum von Gras
von V. D. Irby undM. S. Irby
Fakultät für Physik und Astronomie, Universität von Kentucky, Lexington,
Kentucky
Dieser Artikel erschien in AIR 1:4 (Juli/August 1995).

Gras zeigt ein zyklisches Wachstumsmuster, das


sich in überraschender Weise von dem aller ande-
ren bekannten Pflanzen abhebt. Im Rahmen dieser
Studie wurden über einen Zeitraum von zehn Wo-
chen täglich die Durchschnittslängen von Grashal-
men gemessen. Die Messungen erfolgten mit einer
Schieblehre an einhundert zufällig ausgewählten,
einzelnen Grashalmen auf einer Fläche von drei
auf drei Metern vor einem Wohnblock in Lexington,
Kentucky. Die Messungen wurden mit einer ande­
ren Schieblehre wiederholt, um die Reproduzier­
barkeit mit einem anderen Instrument zu gewähr-
leisten. Der Durchschnitt der Meßwerte wurde be-
rechnet, als Meßfehler galt der Quotient aus der
Standardabweichung des Mittelwerts und der Qua- Abbildung 1: Experimentelle Messungen der durchschnittli­
dratwurzel der durchschnittlich erfaßten Zahl der chen Graslänge in Abhängigkeit von der Zeit. Die durchgezo-
gene Linie stellt die gemessenen Werte dar. Dio gestrichelte
Grashalme. Linie entspricht einer berechneten „konstanten Graslänge",
die die beste Approximation an die experimentellen Daten
darstellt.
Ergebnisse und Diskussion
Die in dieser Untersuchung gemessenen Durch­
schnittslängen sind in Abbildung 1 in Abhängigkeit
von der Zeit dargestellt. Was sofort ins Auge sticht, Da der periodische Zyklus der Graslänge sieben
ist eine periodische Schwankung der durchschnitt- bis zehn Tage beträgt, kann man schließen, daß
lichen Graslänge mit einem Zyklus von etwa sieben diese in etwa mit der Wochenlänge schwankt. Der
bis zehn Tagen. Faszinierend war auch die Beob- physikalische Mechanismus, der für dieses zykli-
achtung, daß es ein Minimum der Graslänge oder sche Phänomen verantwortlich ist, ist gegenwärtig
eine „Gras-Baseline" von etwa 3,25 Zentimetern noch nicht geklärt.
gibt.
Fröhliche Hefe
von Marcela A. Valderrama und Jennifer Yang
Biologische Fakultät, Massachusetts Institute of Technology
Dieser Artikel erschien in AIR 2:1 (Januar/April 1996).

Wir geben hiermit die Entdeckung eines neuen sächliche Zusammensetzung des Mediums ist nicht
Stammes von S. cerevisiae bekannt, eine phäno- bekannt.
typisch „fröhliche" Hefe. Auf den Platten wuchsen keine Kolonien, doch
Der Phänotyp trat in Erscheinung, nachdem die Art und Weise der Ausbreitung ergab diesen
S. cerevisiae-Transformanten auf Agarplatten aus- Zellcluster.
plattiert worden waren, die vermutlich „synthetic- Dies stützt unsere Theorie, daß die Biologie die
complete-urea" mit Harnstoff enthielten. Die tat­ fröhlichste aller Wissenschaften ist.
Ein Mann, eine Frau, eine Hefe
von Alice Shirrell Kaswell undArsenio Pfist, ^4//?-Redaktion
Dieser Artikel erschien in AIR 1:5 (September/Oktober 1995).

Saccharomyces cerevisiae zeigt nahezu unbegrenzt „Wir berichten über den Fall einer Frau, die ihr
vielfältige Aktivitäten. Dies wird vielleicht nirgends Brot selber buk und sich deshalb eine vulvovagi-
besser illustriert als in dem wissenschaftlichen Ar­ nale Infektion mit S. cerevisiae zuzog, einer Hefe,
tikel „Brotbacken als Quelle einer Vaginalinfektion die bei der Herstellung von Backwaren und in
mit Saccharomyces cerevisiae: Fallbericht über die Brauereien verbreitet zur Anwendung kommt. Ihr
Erkrankung einer Frau und die augenscheinliche Partner hatte sich ebenfalls angesteckt, und beide
Übertragung auf ihren Partner" von J. D. Wilson, B. Infektionen erwiesen sich als schwierig zu bekämp-
M. Jones und G. R. Kinghorn im Journal ofSexually fen. Eine orale und topische Behandlung mit Nysta-
Transmitted Diseases, Jan.-März 1988, S. 35-36. tin sowie die Desinfektion der Unterwäsche beider
Die Zusammenfassung lautet: Patienten bewirkten schließlich die klinische und
mikrobiologische Heilung."
Fadenwürmer und Hieroglyphen
von Mark Benecke
Zoologisches Institut der Universität Köln und Office of Chief Medical
Examiner, New York
Dieser Artikel erschien in AIR 1:2 (März/April 1995).

Die Hieroglyphen wurden nicht von den Ägyptern Schicht Escherichia coli. Die Würmer wurden dann
erfunden. Dieses Verdienst gebührt vielmehr dem in eine Phosphatpufferlösung gegeben und in ei-
mikroskopischen Fadenwurm Caenorhabditis ele- nem zweistufigen Zentrifugierverfahren vorsichtig
gans. Heute ist dieses bescheidene Geschöpf vor al­ konzentriert.3 Danach wurden die Würmer auf ei-
lem deshalb bekannt, weil es in entwicklungsbiolo- nen polylysinbeschichteten Objektträger übertra-
gischen und genetischen Untersuchungen eine be- gen, in flüssigem Stickstoff auf -210°C gefroren und
deutende Rolle spielt.12 Im Labor zeigt C. elegans nach dem Auftauen mit einem Interferenzmikro­
eine breite Palette von Verhaltensweisen. Meine skop mit Nomarski-Optik optisch dargestellt.
Forschungsarbeit weist nach, daß diese Palette
noch viel breiter ist, als wir bislang geahnt hatten. Ergebnisse
Die Würmer hatten ihre Körper in deutlich unter-
Material und Methoden schiedliche Formen gebogen. Ihre jeweiligen Hal-
Die Würmer (Nematoden) wurden in Schalen mit tungen hingen dabei von den Umgebungsbedingun-
bakterienbedecktem Agar gezüchtet. Als Herma­ gen des Zuchtmediums ab.
phrodit von etwa einem halben Millimeter Länge Das interessanteste Haltungsmuster bildete sich
vermehrte und ernährte sich C. elegans auf einer nach einer längeren Hungerperiode. Je drei Wür-

A B

Abbildung 1: Ägyptische Hieroglyphen (in der hieratischen Schreibweise) sind stilisierte Versionen der Formen, die der mikro-
skopische I;adenwurm Caenorhabditis elegans bildet. (A) Hier vereinigen sich drei Würmer zu dem Symbol für „Ewigkeit".
(B) Dieses Foto zeigt die entsprechende Hieroglyphe.
115

A B

Abbildung 2: (A) Hin ausgehungertes Exemplar von taenorhabditis elegans formt das Symbol mit der Bedeutung „erlebe".
(B) Dieses Foto zeigt die entsprechende hieratische Hieroglyphe.

mer lagerten sich zu einer Gruppe zusammen und Zusammengenommen machen es diese Tatsa-
bildeten gemeinsam die Hieroglyphe mit der Be- chen wahrscheinlich, daß die ersten gedruckten
deutung „Ewigkeit" (Abbildung 1A). Zugleich leg­ Schriftzeichen von Fadenwürmern in freier Wild­
ten sich andere Fadenwürmer zu dem Symbol zu­ bahn entwickelt wurden. Außerdem ist wahr-
sammen, das für die Aufforderung „erlebe" steht scheinlich, daß sich Champollion der Hilfe von C.
(Abbildung 2A). Zusammengenommen ist die Be- elegans versicherte, als er 1822 den Stein von Ro-
deutung unmißverständlich: „Erlebe die Ewigkeit". sette entzifferte,6 indem er einfach die Hierogly­
Die Abbildungen 1B und 2B zeigen die entspre- phen mit den Formen von Fadenwürmern verglich,
chenden Hieroglyphen. die er unter definierten, kontrollierten Bedingun-
Unter günstigen Lebensbedingungen bildeten gen züchtete.
die Würmer ganz andere Formen aus, die den Hie- Abschließend möchten wir die Aufmerksamkeit
roglyphen für „herrschen", „sich brüsten" und des Lesers auf den vollständigen Hieroglyphentext
„schlage die Trommel" ähnelten (ohne Abbildun- lenken, der von hungernden Nematoden gebildet
gen). wird. Sie fordern den Beobachter auf: „Erlebe die
Ewigkeit" - ein Vorschlag, der einigen Reiz ausübt
und dem die meisten Menschen, die in früheren
Diskussion Zeiten lebten, erlegen sind.78
Bodenlebende Fadenwürmer wie Caenorhabditis
elegans kommen auf der ganzen Welt vor, und das LITERATUR
seit mehr als 500 Millionen Jahren. Unter für sie 1. Lewin, R. A worm at the heart of the genome projeet.
ungünstigen Lebensbedingungen bilden sie hiero­ NewScientist, Bd. 25, Nr. 8, S. 38-42.
2. Schierenberg, E. und Cassada, R. Der Nematode Caenor-
glyphische Zeichen, die auf Tod und Vergänglich- habditis elegans: Ein entwicklungsbiologischer Modellor-
keit anspielen. Unter guten Bedingungen drücken ganismus. Biologie in unserer Zeit, Bd. 16, Nr. 1, S. 1-7.
die Würmer sich positiv - zuweilen begeistert - 3. Brenner, S. The genetics of Caenorhabditis elegans. Ge-
netics, Bd. 77,1974, S. 71-94.
aus. 4. Lexikon-Redaktion Bertelsmann, Volkslexikon. Hierati­
Wie wir durch Bertelsmann4 wissen, waren es sche Schrift, Gütersloh, 1956.
die Laryngaer, durch die die Hieroglyphen auf die 5. Aristoteles. Libelli, qui parua naturalia vulgo appellan-
tur, Paris (Brummenius) 1560.
alten Ägypter kamen. Die Menschen von Laryngaea 6. Champollion, J. F. Principes generaux de l'ecriture egyp-
konnten die Fadenwurmbotschaften mit an Sicher- tienne appliguee ä la representation de la langue parlee.
heit grenzender Wahrscheinlichkeit mit bloßem Paris (Institut d'Orient), 1841.
Auge entziffern. Aristoteles bezeugte dies indirekt,5 7. Heine, E. W. Wer ermordete Mozart? Wer enthauptete
Haydn? Zürich (Diogenes) 1986.
als er schrieb, daß die Laryngaer die scharfäugi- 8. Heine, E. W. Luthers Floh, Zürich (Diogenes), 1990.
sten Menschen auf Erden seien.
Der Surferin-Pilz
Diese Abbildung zierte die Titelseite von AIR 2:2 (März/April 1996), die die alljährliche Badeanzug-Ausgabe
war.

Diese Mikroskop aufnähme zeigt Sporen des Pilzes


Sporothrix flocculosa. Der Pilz wurde auf einem
sterilisierten menschlichen Haar kultiviert. Die
Sporen wurden freigesetzt und formten beim Ver­
trocknen das unten abgebildete Muster. Einge-
reicht von Don Pohlman aus Windsor, Ontario.
Übertragung von Gonorrhoe
durch eine aufblasbare Puppe
von E. Kleist
Krankenhaus Nanortalik, Nanortalik, Grönland
und H. Moi
Postfach 1001, Venereaklinikken, 3900 Nuuk, Grönland
Ellen Kleist und Harald Moi erhielten 1996 für diese Zuschrift, die in Genitourinary Medicine, Bd. 69, 1993,
S. 322 erschien, den igNobelpreis für Öffentliche Gesundheitspflege. Der Nachdruck ist autorisiert. Die Lite-
raturangaben entsprechen denen des Originals.
Eine nichtsexuelle Übertragung von Gonorrhoe vollziehen. Seine Beschwerden begannen wenige
kommt offenbar extrem selten vor. So ist nur ein Tage nach dieser Episode.
Fall einer solchen nichtsexuellen Übertragung von Der Ingenieur wurde untersucht und eine Go-
Neisseria gonorrhoeae bei Erwachsenen belegt.1 norrhoe wurde diagnostiziert. Ihm war seit der Ab-
Betroffen waren zwei Patienten eines Militärhospi- fahrt aus dem Hafen ein leichter Ausfluß aus der
tals, die ein Urinal gemeinsam benutzten. Erwiesen Harnröhre aufgefallen, er war jedoch nicht mit An­
ist, daß N. gonorrhoeae in infizierten Absonderun- tibiotika behandelt worden. Er gab zu, unmittelbar
gen auf Hand- und Taschentüchern 20 beziehungs- bevor der Skipper ihn rief, in die „Vagina" der Pup-
weise 24 Stunden überlebt.2 In Kulturen von Toilet- pe ejakuliert und die Puppe danach nicht gewa-
tenbrillen öffentlicher Toiletten und in Kliniken für schen zu haben. Er gab auch zu, einige Tage, bevor
Geschlechtskrankheiten traten keine N. gonor- sie in See gestochen waren, in einer anderen Stadt
rhoeae in Erscheinung/-4 mit einem Mädchen Verkehr gehabt zu haben. Die-
Der Kapitän eines Fischtrawlers, der drei Mo­ ses Mädchen konnte ermittelt werden, doch das Er-
nate auf See gewesen war, suchte die Klinik wegen gebnis ihrer Untersuchung ist nicht bekannt. Unse­
eines Ausflusses aus der Harnröhre auf. Seine Sym­ res Wissens ist bislang noch nie über einen Fall von
ptome bestanden seit zwei Wochen. Ein Urethral- Gonokokkenübertragung durch eine aufblasbare
abstrich ergab die typischen intrazellulären, gram- Puppe berichtet worden.
negativen Diplokokken, eine Kultur war positiv für
JV. gonorrhoeae. Es war keine Frau an Bord gewe- ANMERKUNGEN
sen, und der Kapitän verneinte auch homosexuelle 1. Neinstein, L. S., Goldenring, J., Carpenter, S. Nonsexual
transmission of sexually transmitted diseases: an infre-
Kontakte; es bestand jedoch kein Zweifel, daß die quent occurrence. Pediatrics, 1984, 74, S. 67-76.
Symptome mehr als zwei Monate nach Verlassen 2. Srivastava, A. C. Survivalof gonococciinurethralsecreti-
des Hafens eingesetzt hatten. ons with reference to the nonsexual transmission of go­
Nach einigem Zögern rückte er mit der Vorge- nococcal infection. J. Med. MicrobioL, 1980, 13, S. 593­
596.
schichte heraus. Einige Tage vor dem Einsetzen 3. Gilbaugh, J. H., Juchs, P. C. The gonococcus and the toilct
seiner Symptome hatte er wegen Problemen mit seat. N. Engl. J. Med., 1979, 301, S. 91-93.
der Maschine den Ingenieur in dessen Kabine ge­ 4. Rein, M. F. Nonsexual acquisition of gonococcal infection
(Brief). N. Engl. J. Med., 1979, 301, S. 1347.
weckt. Nachdem dieser die Kabine verlassen hatte,
entdeckte der Kapitän in dessen Bett eine aufblas­
bare Puppe mit künstlicher Vagina und gab der
Versuchung nach, den „Verkehr" mit der Puppe zu
Von Milben und Menschen
von Dr. med. vet Robert A. Lopez
Westport, New York
Robert Lopez erhielt 1994 den IgNobelpreis für Entomologie für diesen Brief, der im Journal ofthe American
Veterinary Medicinal Association, Bd. 203, Nr. 5, 1993, S. 606-607, erschien. Der Nachdruck ist autorisiert.
Die Literaturangabe am Ende entspricht der des Originals.

Zwei merkwürdige und miteinander zusammen- auf setzte ein Jucken ein, und alle drei Empfindun-
hängende klinische Fälle veranlaßten mich zu un­ gen verschmolzen zu einer wilden Kakophonie aus
tersuchen, ob die Übertragung der Ohrmilbe Oto­ Lärm und Schmerz, die sich von diesem Zeitpunkt
dectes cynotis auf Menschen möglich ist. Im ersten an - es war 16 Uhr - unaufhaltsam steigerte ... An­
Fall brachte eine Klientin in Begleitung ihrer drei­ fangs glaubte ich, dies würde und könnte nicht sehr
jährigen Tochter zwei Katzen mit schwerem Ohr­ lange dauern. Je weiter jedoch der Abend fort-
milbenbefall in die Praxis. Im Untersuchungszim­ schritt, desto mehr wuchs meine Besorgnis. Der
mer klagte die Tochter über Jucken an Brust und Juckreiz steigerte sich. Die Geräusche in meinem
Bauch. Die Mutter gab an, daß die Tochter die Kat- Ohr (glücklicherweise hatte ich nur ein Ohr infi-
zen oft längere Zeit wie Puppen herumzutragen ziert) wurden lauter, je mehr die Milben sich mei­
pflegte, und zeigte mir dann die zahlreichen klei- nem Trommelfell näherten. Ich empfand Hilflosig-
nen roten Stichmale, die die Ursache des Juckens keit. Fühlt sich so ein von Milben befallenes Tier?
darstellten. Ich empfahl ihr, ihren Kinderarzt auf­ Während der nächsten fünf Stunden waren die
zusuchen. Nachdem die Katzen von den Ohrmilben Milben äußerst aktiv. Dann ging ihre Aktivität, ge-
befreit waren, gab sich, wie ich erfuhr, auch bald messen an den Kratzgeräuschen und dem Juckreiz,
der Juckreiz bei der Tochter. zurück. Immer noch krabbelte eindeutig etwas tief
Ein Jahr später brachte dieselbe Kundin eine in meinem linken Ohr herum, doch das Unbehagen
schwer von Ohrmilben befallene Katze in die Praxis war erträglich.
und klagte über Stiche an ihren Knöcheln. Die Sti- Nach dem Zubettgehen um 23 Uhr steigerte sich
che traten nicht mehr auf, als der Ohrmilbenbefall die Aktivität der Milben zunehmend, und um Mit-
der Katze auskuriert war. ternacht waren sie eifrig damit beschäftigt, zu ste-
Zu diesem Zeitpunkt (1968) ergab das Literatur­ chen, zu kratzen und umher zukriechen. Um 1 Uhr
studium keinen Hinweis darauf, daß Otodectes cy­ waren die Geräusche sehr laut. Eine Stunde da-
notis Menschen zu befallen vermag, daher be­ nach wurde der Juckreiz sehr intensiv. Nach zwei
schloß ich, menschliches Versuchskaninchen zu Stunden erreichte das Jucken und Kratzen den Hö­
spielen. hepunkt. An Schlaf war nicht zu denken. Dann
Ich beschaffte mir Ohrmilben von einer Katze schienen die Milben plötzlich ihre Nahrungsauf-
und vergewisserte mich mit dem Mikroskop, daß es nahme einzustellen. Lärm und Pruritus versiegten,
sich um Otodectes cynotis handelte. Dann befeuch- so daß ein kurzer Schlaf möglich war. Die Milben-
tete ich ein steriles Wattestäbchen mit warmem aktivität setzte mit leisen Geräuschen und leichtem
Leitungswasser und übertrug etwa ein Gramm Jucken um sieben Uhr wieder ein. Dieses Muster
Ohrmilbenexsudat von der Katze in mein linkes wiederholte sich - geringe Milbenaktivät tagsüber
Ohr. Augenblicklich hörte ich Kratzgeräusche, mit einem leichten Anstieg am Abend von etwa 18
dann Bewegungsgeräusche, weil die Milben mei­ bis 21 Uhr, und dann starke Aktivität von Mitter-
nen Gehörgang zu erkunden begannen. Bald dar­ nacht bis 3 Uhr morgens. Dieses Nahrungsaufnah­
121

memuster war ziemlich regelmäßig und machte Diese deutliche Symptomreduktion ließ viele
Schlaf, wie dringend erforderlich auch immer, völ­ Fragen offen. Hatte sich eine Immunität gebildet?
lig ausgeschlossen. Waren menschliche Ohren relativ unempfindlich
Im Laufe der zweiten Woche, als sich das Muster gegen Otodectes? Ein dritter und letzter Versuchs­
der Nahrungsaufnahme fest etabliert hatte, begann durchgang war nötig.
die Milbenaktivität abzuflauen. In der dritten Wo- In der elften Woche wiederholte ich das Experi-
che füllte sich der Gehörgang mit Detritus, und ich ment in derselben Weise wie zuvor an meinem lin­
verlor das Gehör auf dem linken Ohr. In der vierten ken Ohr. Innerhalb einiger Minuten setzten der
Woche reduzierte sich die Milbenaktivität um 75%, Juckreiz und die Ohrgeräusche ein, dieses Mal je­
und nachts konnte ich fühlen, wie Milben über doch mit weitaus geringerer Intensität. Sehr wenig
mein Gesicht krochen. Sie versuchten weder, in Detritus sammelte sich an, und mein Gehör war
mein rechtes Ohr einzudringen, noch stachen sie nur teilweise beeinträchtigt. Das Muster der Nah-
oder verursachten sie Juckreiz an irgendeiner an­ rungsaufnahme blieb gleich. Am Ende des achten
deren Körperstelle. Am Ende eines Monats konnte oder neunten Tages hatten die Milben zu stechen
ich keine Milben aktivität mehr hören oder spüren. aufgehört; allerdings spürte ich nachts noch, daß
Der Pruritus und die Geräusche im Ohr hörten auf. einige von ihnen über mein Gesicht krochen. Wie­
Allerdings war mein Gehörgang vollständig von Ex- derum spülte ich das linke Ohr lediglich mit war-
sudat verstopft. Nun reinigte ich zum ersten Mal mem Wasser. Erneut verlief die Heilung rasch, ab-
mein Ohr mit warmem Wasser, Wattestäbchen und gesehen von gelegentlichen leichten Juckreizanfäl-
Spülungen. Innerhalb einer Woche war sämtlicher len.
Detritus aus meinem linken Ohr entfernt. In der Dieser Rückgang von Dauer und Intensität des
sechsten Woche juckte nichts mehr, und ich hörte Befalls beziehungsweise die zunehmende Immuni-
normal. Die Genesung erfolgte erstaunlich rasch tät unter ähnlichen experimentellen Bedingungen
und lediglich infolge der Spülungen mit warmem wirft einige interessante Fragen auf. Gibt es bei
Wasser. Säugetieren eine Immunreaktion auf Parasiten,
In der achten Woche beschloß ich, den Versuch insbesondere auf Otodectes cynotis? In meiner
zu wiederholen, um zu überprüfen, ob sich in das mehr als dreißigjährigen Praxis habe ich festge-
erste Experiment Fehler oder Fehlschlüsse einge- stellt, daß jüngere Katzen unter schwererem Ohr­
schlichen hatten. Da nun mein linkes Ohr geheilt, milbenbefall litten.
kein Detritus mehr vorhanden und das Gehör nor­ Zeigen Ohrmilben ein regelmäßiges Muster der
mal war, besorgte ich mir wiederum Ohrmilben Nahrungsaufnahme? Falls dem so ist, wären dann
von einer anderen Katze und prüfte unter dem Mi- Behandlungen am späten Abend wirksamer? Ich
kroskop, daß es sich wirklich um Otodectes cynotis rate meinen Klienten jedenfalls, die Medikamente
handelte, wie beim ersten Versuch. Ich übertrug gegen Milben spät am Abend anzuwenden.
eine Probe von ein bis zwei Gramm Exsudat aus Seit meiner ersten Literatursuche fand ich nur
dem Ohr der Katze in mein linkes Ohr wie zuvor. einen Bericht über eine Ohrmilbeninfektion auf na-
Wiederum reagierte dieses auf die Milbeninvasion. türlichem Wege bei einem Menschen;1 diese Infek-
Laute Kratzgeräusche, Juckreiz und Schmerz setz- tion löste einen Tinnitus aus. Ich wüßte nur gerne,
ten innerhalb weniger Sekunden ein. Dasselbe Mu- ob die Betroffene dieses Erlebnis genauso ausgeko-
ster entwickelte sich: Nahrungsaufnahme am frü- stet hat wie ich.
hen Abend und ausgiebige Nahrungsaufnahme
mitten in der Nacht. In der ersten Woche trat wie­ ANMERKUNG
derum intensiver Juckreiz auf; in der zweiten Wo­ 1. Suetake, M., Yuasa, R., Saijo, S. et al. Canine ear mites
che ließ die Milbenaktivität nach und hörte am 14. Otodectes cynotis found on both tympanic membranes of
adult woman causing tinnitus. Tohoku Rosat Hosp Proacl
Tag ganz auf. Das linke Ohr war mit viel weniger Otolog, Kyoto, 1991, 84, S. 38-42.
Exsudat gefüllt und mein Gehör nur leicht beein-
trächtigt. Spülungen mit warmem Wasser beseitig-
ten den Befall innerhalb von 72 Stunden.
Erfolglose Elektroschock-
behandlung eines
Klapperschlangenbisses
von Dr. med. Richard C. Dort und Richard A. Gustavson
Westport, New York und
Zentrum für Gesundheitswissenschaften der Universität von Arizona,
Tucson, Arizona
Richard Dart, Richard Gustavson und „Patient X" erhielten 1994 den IgNobelpreis für Medizin für diesen
Bericht, der in den Annais ofEmergency Medicine, Bd. 20, Nr. 6, 1991, S. 659-661 erschien. Der Nachdruck
ist autorisiert. Es handelt sich um eine gekürzte Fassung. Die Literaturangaben entsprechen denen des Ori-
ginals.

Einleitung sibilisierung für Schlangenserum in der Vorge-


schichte erfolgt.
Zur Behandlung von Klapper- und anderen Schlan-
genbissen soll sich, wie berichtet wurde,1 eine
Elektroschocktherapie unter Anwendung hoher
Spannung und geringer Stromstärke als wirksam
Falldarstellung
erwiesen haben. Geschildert wurde dieses Vorge- In die Vergiftungsnotrufzentrale von Arizona wur-
hen in einem Brief, der einen dramatischen Rück­ de ein 28jähriger Mann eingeliefert, der beim Um­
gang der Schmerzen und der Schwellung bei einem gang mit seinem Haustier, einer Great-Basin-Klap-
Fall von Schlangenbiß in einem entlegenen Gebiet perschlange {Crotalus viridis lutosus), in der Nähe
Ecuadors beschreibt. Dem ersten Bericht folgten der rechten Oberlippe gebissen worden war. Der
mehrere Artikel in medizinischen Fachzeitschriften Patient war früher bereits 14mal gebissen worden
und in der allgemeinen Presse,2"5 was dazu führte, und hatte nach einer Schlangenseruminjektion ei­
daß diese Vorstellung sich verbreitete und daß nen anaphylaktischen Schock erlitten. Innerhalb
transportable, in Eigenregie zu bedienende Elek- von Minuten nach dem Biß verspürte der Patient
troschockgeräte zur Anwendung bei Tieren und ein Brennen und Anschwellen des Gesichts. Auf-
Menschen auf den Markt kamen.6'7 grund eines Artikels über Selbsthilfemaßnahmen
Nur wenige Berichte belegen den Einsatz von in der Wildnis hatten der Patient und sein Nachbar
Elektroschocks zur Behandlung von Schlangenbis- Vorkehrungen getroffen, um im Fall eines Schlan-
sen bei Menschen. Die Verfechter der Elektro- genbisses das jeweilige Opfer einer Elektroschock-
schocktherapie führen zugunsten dieser Behand- therapie zu unterziehen. Der Patient legte sich also
lungsform anekdotische Berichte an, obwohl die neben ein Auto auf den Rücken und ließ sich mit
Methode bei Versuchstieren versagt hat. Wir be­ Hilfe eines Verlängerungskabels ein Zündkabel an
richten über einen Fall, der die potentiellen seine Oberlippe klemmen. Der Motor wurde ange-
Gefahren der Methode veranschaulicht und zeigt, lassen und etwa fünf Minuten lang wiederholt auf
daß sie wirkungslos ist, wenn sie - anstelle einer 3000 Umdrehungen gebracht. Der Patient verlor
Schlangenserumgabe - bei Patienten mit einer Sen­ mit der ersten Entladung das Bewußtsein.
123

Eine Hautempfindlichkeitsprüfung gegen das


Serum {Crotalidae Polyvalent) rief eine große ery-
thematöse Quaddel hervor. Der Patient erhielt vor
der Antiveningabe 200 mg Hydrocortison i.V., 100
mg Diphenhydramin i.v. und 1 g Cefazolin i.v. Das
Antitoxin wurde durch einen zentralen Venenka­
theder mit einer Anfangsrate von 24 ml/h gegeben.
Der Patient wurde später ohne Schwierigkeiten
extubiert. Nach viertägigem Krankenhau saufent-
halt trat Serumkrankheit auf. Bei der Entlassung
litt der Patient noch an einem Gesichtsödem und ei-
ner Gewebsnekrose an der Oberlippe. Er unterzog
sich in der Folge einer plastischen Operation zum
Wiederaufbau der Lippe.

Zusammenfassung
Obwohl hochgepriesen zur Behandlung von Gru-
benottern-, Gliederfüßer- und Hautflüglervergif-
tungen, gibt es nichts, was die Anwendung von
Elektroschocks stützen würde. Es gibt zwar weiter-
hin anekdotische Berichte über erfolgreiche An-
wendungen im ecuadorianischen Dschungel, sie
bleiben jedoch unveröffentlicht.8 Da sich in Tier­
Abbildung 1. versuchen kein Nutzen gezeigt hat, empfiehlt sich
dringend, die Elektroschocktherapie nicht zur Be­
handlung von Grubenotternbissen in den Vereinig-
Etwa 15 Minuten später trafen Rettungssanitä­ ten Staaten einzusetzen.
ter ein, die den Patienten bewußtlos und stuhlin-
kontinent vorfanden; die erste Überprüfung der Le- LITERATUR
benszeichen ergab einen Blutdruck von 100 mm 1. Guderian, R. H., Mackenzie, C. D., Williams J. F. High vol-
Hg, einen palpablen Puls von 100 und 20 Atemzüge lage shock treatment for snakebite. Lancet, 1986, 2, S.
pro Minute. Per Hubschrauber brachte man den 229.
2. High voltage shock treatment for snakebite. Postgrad.
Patienten in eine Notfalleinrichtung. Er wurde ag- Med.,1987, 82, S. 250.
gressiv, als während des Transports der Versuch 3. Herzberg, R. Shocks for snakebites. Outdoor Life, 1987,
einer nasotrachealen Intubation unternommen Juni.S. 55-77,110.
wurde. Der Blutdruck lag jetzt um die 80. 4. Mueller, L. A shock eure. Outdoor Life, 1998, Juni, S. 64-
65,110-112.
Beim Eintreffen in der Notfalleinrichtung nach 5. Mueller, L. A shock eure. Outdoor Life, 1998, S. 45-47,
einer Stunde und vierzig Minuten befand sich der 76-78.
Patient weiterhin in einem Schockzustand; der 6. Schlangenbißsot für Hunde. Master Vaccine Catalog,
Frühling 1988, S. 20.
Blutdruck betrug 62 mm Hg, der palpable Puls 120 7. Snake Doctor, Werbebroschüre. Claremore, Oklahoma,
und die Temperatur 35,4°. Es bestanden ein J and K Industries.
schweres Gesichtsödem und Petechien. Der Patient 8. Hardy, D. L. Appropriate first aid for venemous snakebite
war gelähmt und wurde wegen der zunehmenden should not come as a shock. Tucson Herpetological Soc.
Newsletter, 1988, 1, S. 12-13.
Schwellung von Gesicht, Hals und Kehlkopf naso-
tracheal intubiert (Abbildung 1).
Das Micky-Maus-Gen
Dieser Beitrag erschien in AIR 1:1 (Januar/Februar 1995).

Dies ist die Aufnahme der gelelektrophoretischen sin-Methionin-Serin-Glutamat besteht. Eingereicht


Auftrennung des sogenannten Micky-Maus-Gens. von Timothy P. Angelotti und Marco A. Scarpetta
Seinen Entdeckern zufolge, von denen das Foto von der Medizinischen Hochschule der Universität
stammt, codiert das Gen ein neues zytosolisches von Michigan in Ann Arbor. Trotz mehrfacher An-
Protein, das aus einer dreifachen Anordnung des fragen wurde dieses Foto nicht als Beweis im Pro-
acht Aminosäuren umfassenden Sequenzmotifs: zeß gegen O. J. Simpson verwendet.
Methionin, Isoleucin-Cystein-Lysin-Glutamat-Tyro­
Arrivederci, Aroma:
eine Analyse des Parfüms DNA
von Jon Marks
Anthropologisches Institut, Yale-Universität, New Haven, Connecticut
Dieser Artikel erschien in AIR 1:2 (März/April 1995). Ein Jahr später wurde der Schöpfer des Parfüms DNA
mit dem IgNobelpreis für Chemie geehrt.

Man ist allgemein überzeugt, daß die DNA (engli-


ches Kürzel für Desoxyribonucleinsäure) physiolo­
gisch überwiegend als Doppelhelix vorliegt.1 Ob-
wohl man dies nicht mit eigenen Augen sehen
kann,2 hat sich diese Hypothese bei der Untersu-
chung der Funktion der DNA und ihrer Manipulati-
on im Labor als außerordentlich wertvoll erwiesen.
Allerdings verspürten bisher im Vergleich zum
wissenschaftlichen Interesse an der DNA (und neu-
erdings auch dem wirtschaftlichen) nur relativ we-
nige Menschen den Wunsch, nach ihr zu riechen.
Der Publikumserfolg „Jurassic Park" hat das offen­
bar geändert und jedermanns (natürlich auch
jederfraus) Lieblingsbiomolekül zu neuem Auf-
schwung bei den Parfümkonsumenten verholfen.
Der Parfümhersteller Bijan in Beverly Hills hat auf
diese Nachfrage reagiert und einen Herrenduft mit
dem Namen „DNA" auf den Markt gebracht.
Der Werbeslogan lautet „Wage alles zu fühlen",
doch der Bezug zur DNA geht daraus nicht hervor.
Es gibt beispielsweise keinen Hinweis darauf, daß
die namensgebende DNA aus Neuronen gewonnen
würde. Abbildung 1: DNA-Flakon.
Der Geruch des Duftwassers ähnelt kaum dem
von DNA, wie ich zu meiner Erleichterung feststel-
len konnte; es riecht sogar weitaus besser. Wäh-
rend meiner Recherchen für diesen Artikel ent­
deckte ich jedoch zufällig auch, daß „Poison" ganz den Körperausdünstungen von Laboranten oder
und gar nicht nach Gift riecht und „Adidas" auch Doktoranden in Molekulargenetiklabors wäre.
nicht nach Trainingsanzug. Es gibt keinen Beleg Warum also dieser Name? Macht die Molekular-
dafür, daß zur Herstellung dieses Duftes tatsäch- genetik plötzlich derart an, daß bereits die bloße
lich DNA benutzt wird oder daß der Duft seinen Na- Erwähnung des Erbmoleküls das andere Ge-
men indirekt erhalten hat, weil er ein Gebräu aus schlecht in erotische Verzückung treiben soll?
126

Abbildung 3: DNA-Modell nach Pauling und Corey, 1953.

Abbildung 2: Die übliche jtf-Form der DNA-Doppelhelix mit


kleiner und großer Furche. Die gestrichelten Linien stehen
für die Basenpaare nach Watson und Crick.

dell von Pauling und Corey45 (Abbildung 3). Im


DNA. DNA. DNA. Wirkt es? Vergleich zu den vielen Jahrzehnten, die zwischen
Dem Augenschein nach ist es nur der Flakon, der Mendels Experimenten und der allgemeinen Aner-
den Namen verdient. Die blaue Glashelix, in die das kennung dieser Ergebnisse verstrichen, verdient
Parfüm abgefüllt wird, läßt tatsächlich sofort an die das dreisträngige DNA-Modell vielleicht endlich ei-
DNA denken und ist in der Tat sehr ansprechend nen Platz im Pantheon der „Ideen, die ihrer Zeit
(Abbildung 1). Zwar fehlen die für die übliche oder voraus waren". Unter den Wissenschaftlern mag es
^-Form der DNA charakteristischen Furchen, doch ein Flop gewesen sein, doch vier Jahrzehnte später
der Flakon entspricht der rechtsdrehenden Helix, ist es ein Hit bei den Parfümeuren.
deren Stränge von südwestlicher in nordöstliche Ein Eau de Cologne „DNA" zu nennen, soll ver-
Richtung verlaufen (Abbildung 2). mutlich daran erinnern, welche Macht über die Na-
Von beträchtlichem Interesse ist jedoch die An- tur die molekulargenetische Gemeinschaft besitzt.
zahl der DNA-Stränge, die als Modell für den Fla­ Benutzen Sie den Duft, und Sie können eine ver-
kon dienen. Sie zeigt sich am deutlichsten, wenn gleichbare Macht über die Natur des anderen Ge-
man ihn von oben her betrachtet. Obwohl die mei- schlechts ausüben. Und solange Ihre Partnerin
sten Wissenschaftler wie erwähnt mit dem Watson- oder Ihr Partner sich in Molekulargenetik nicht
Crick-Modell der DNA, einer Doppelhelix? arbei­ auskennt und den Flakon nicht eingehender unter-
ten, ist der Flakon von Bijan eine Tripelhelix aus sucht, könnte es funktionieren. Sonst beginnt sie
drei miteinander verdrillten Strängen. Hier feiert oder er vielleicht lediglich zu kichern.
also offensichtlich ein Modell fröhliche Urständ, Wir warten gespannt auf den Duft JB. coli", in
das unmittelbar vor dem Watson-Crick-Modell pro­ der Gewißheit, daß sein natürlicher Geruch sich
pagiert wurde, nämlich das dreisträngige DNA-Mo­ verbessern läßt.
127

ANMERKUNGEN Der Hersteller könnte das Design auch von der seltenen
1. Lewin, V. B. Genes, New York (Oxford University Press), H-Form der DNA abgeleitet haben (Mirkin et al. Nature,
1994 Bd. 330, 1987, S. 495; Rajagopal und Feigon. Nature, Bd.
2 Cricentietal Science Bd 245 1989 S 1226 339, 1989, S. 637). Dies dürfte jedoch unwahrscheinlich
3^ Watson, .1. D. und Crick, F. H.'c. Nature, Bd.' 171, 1953, sein - da die dreisträngige H-Form der DNA nicht ausrei­
c 737 chend charakterisiert scheint, um eine Flakonform dar­
4. Pauling, L. und Corey, R. B. Proceedings ofthe National auf zu gründen. Außerdem erfordert sie Hoogsteen-Ba-
Academy of Sciences, Bd. 39,1953, S. 84. senpaarungen, was furchtbar blöde klingt.
Dieser Coupon erschien in AIR 1:4 (Juli/August 1995).

Annals of Improbable Research (AIR)

Magischer
Pheromoncoupon
Dieses Stück Papier sorgt dafür, daß Sie anziehend auf andere wirken. Es enthält möglicherweise
chemische LockstpCfe, sogenannte Pheromone, die Sie unwiderstehlich für das andere Geschlecht
machen.
Falten Sie es zusammen und stecken Sie es in die Tasche. Tragen Sie es immer bei sich.

Warnungen
1. Es besteht eine fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit, daß dieser Coupon eher Ihr eigenes als
das andern Geschlecht anlockt.
2. Entflammbar, wenn ate Brennmaterial verwendet
3. Nicht innerlich anwenden.
4. Nicht in Flugzeuge oder andere geschlossene Räume mitnehmen.
5. Nicht aus Flugzeugen oder anderen geschlossenen Räumen entfernen.
6. Nicht per Post verschicken, da das Geschlecht des/r Empfängers/In und daher seine/Ihre Re-
aktion auf den Coupon nicht rorhersagbar ist.
7. Nicht in Anwesenheit von Insekten des anderen Geschlechts benutzen.
8. Die Herstellung dieses Produkts erfolgte unter Berücksichtigung des Tierschutzes. Jedoch
kann nicht garantiert werden, daß die Verwendung in Anwesenheit von Säugetieren - insbe-
sondere Rindviechern - dem Tierschutz in allen Aspekten Rechnung trägt.
9. Wir übernehmen keine Verantwortung.
10, Einen schönen Tag noch.
Fifty Ways to Love Your Liver
von Jeffrey B. Moran
(Entschuldigung, Paul Simon!)
Dieser Artikel erschien in AIR 1:4 (Juli/August 1995).

This organ's not inside your head, she said to me.


It's in the abdomen, anatomically.
I'd like to help you understand hepatically,
There must be fifty ways to love your liver.

She said, it's really not where food that has been
chewed
Is digested into tiny molecules.
But it makes bile which into the gut is spewed.
There must be fifty ways to love your liver.

Chorus:
You just lay off the smack, Jack.
Eat some more bran, Stan.
Make the right choice, Royce,
Just listen to me.

Cut out the brew, Sue.


Don't want to be yellow, fellow.
Eat your protein, Gene,
And let your liver be.

She said, hepatitis pains your liver so,


It usually comes from viruses, you know,
In contaminated food and used hypos.
There must be fifty ways to love your liver.

She said, remember how cirrhosis makes you bawl.


It comes from drinking too much alcohol.
And I realized that though she had a lot of gall,
There must be fifty ways to love your liver.

Chorus: wie oben.


Die Heilwirkung von Pusten auf
kleinere Verletzungen
von G. L. Hansen
Parapathologisches Institut, Staatsuniversität Minnesota, Minneapolis,
Michigan
Dieser Artikel erschien in AIR 1:5 (September/Oktober 1995}.

Wenn ein Kind sich stößt oder sich eine harmlose


Verletzung zuzieht, vertrauen viele Eltern auf die
althergebrachte Praxis, milde topische Heilmittel
anzuwenden, gefolgt von Handlungen und verbalen
Äußerungen, die das Kind trösten sollen. Häufig er-
zeugt der oder die Erwachsene durch Spitzen der
Lippen und Ausatmen einen Luftstrom, lenkt ihn
auf die schmerzende Körperstelle des Kindes (bläst
also darauf) und spricht vielleicht auch eine rituelle
Formel, beispielsweise: „Heile, heile, Gänschen, ist
gleich wieder gut." Zwar ist diese Form der Be­
handlung schon sehr alt und wird von denen, die
sie anwenden, zweifelsohne für wirkungsvoll ge-
halten, doch unter Klinikern herrschen schwerwie­
gende Zweifel, ob das Pusten auf eine Verletzung -
die orale Ventilationstherapie - tatsächlich die na-
türlichen Selbstheilungskräfte des Körpers unter-
stützt und somit eine medizinisch wirksame Maß-
nahme bildet.1'2 Eine Patientin (begleitet von der Bezugsperson) bei einer
In diesem Zusammenhang stellen sich verschie- Verlaufskontrolluntersuchung eine Woche nach der oralen
Ventilationsbehandlung. Foto: Bruce Petschek.
dene Fragen. Ist es notwendig, daf3 die Mutter des
Kindes die Behandlung durchführt, oder genügt
der Vater oder ein anderer Blutsverwandter? Wirkt
sich der verbale Trost in irgendeiner Weise aus?
an: Über einen Zeitraum von 18 Monaten über­
Falls ja, in welcher?
wachten wir Bereiche, in denen mit hoher Wahr-
scheinlichkeit pädiatrisch relevante Verletzungen
Die Untersuchung der oralen auftreten konnten. In der Praxis geschieht dies ge-
Ventilationstherapie wöhnlich auf Spielplätzen in der Nähe von Schau-
keln und Rutschen, unter Baumhäusern und am
Um die Wirksamkeit verschiedener Formen der Fuß steiler Hügel, wo Kinder Fahrrad fahren.
oralen Ventilationsbehandlung von Verletzungen Wenn ein Kind sich eine Verletzung zuzog, folgte
zu prüfen, legten wir die Studie folgendermaßen ihm ein Forscher oder eine Forscherin nach Hause,
131

und nach Unterzeichnung einer Einverständniser­ Die Behandlungsperson


klärung durch einen Elternteil beobachtete er oder
sie den Therapieprozeß und dokumentierte ihn In einigen Fällen wurde die Therapie nicht von der
schriftlich. Mutter des Kindes, sondern von einer anderen er-
Von 24617 Verletzungskandidaten gaben die wachsenen Bezugsperson angewandt. Die Daten
Erziehungsberechtigten in 23 Fällen ihr Einver­ zeigen, daß in den meisten Fällen die Beziehung
ständnis. Etwa die Hälfte der Bezugspersonen der behandelnden Person zu dem Kind unerheblich
wandte eine Ventilationsbehandlung an, die andere ist.
Hälfte nicht. Dieser Sachverhalt wurde gemeinsam
mit anderen relevanten Umständen vermerkt. In Tabelle 3. Heilungsgeschwindigkeit und Behandlungs­
person
der Folge wurden täglich Interviews zur Verlaufs-
kontrolle durchgeführt, bis der Heilungsprozeß als
abgeschlossen gelten konnte.

Die wesentlichen Ergebnisse


Aus den Daten geht eindeutig hervor, daß Pusten
tatsächlich hilft. Bei allen Arten von Verletzungen
verkürzt sich durch Anwendung der oralen Ventila­
tionsbehandlung während der Therapie die durch­
schnittliche Heilungsdauer geringfügiger pädiatri- Der Verband
scher Verletzungen um durchschnittlich 5,2 Tage.
Die günstigen Wirkungen der Ventilationsthera- Nach unseren Befunden weist die Art des benutz­
pie liegen auf der Hand. Die extrem langsame Hei- ten Verbandes kaum eine Korrelation zur Hei­
lung in der letzten Kategorie in Tabelle 1 ist bemer- lungsgeschwindigkeit auf. Die verschiedenen ange-
kenswert; sie bleibt eine unerklärliche Anomalie. wandten Verbandsmaterialien waren in dieser Hin-
sicht meist nicht zu unterscheiden.
Tabelle 1. Verletzungsklassen
Tabelle 4. Heilungsgeschwindigkeit und Verbandstyp

Tabelle 2. Heilungsgeschwindigkeit und Verletzungstyp

Zusammenfassung und
Empfehlungen
In den meisten Fällen sorgt Pusten auf eine Wunde
tatsächlich dafür, daß es „gleich wieder gut" wird.
Das gilt für Verletzungen unterschiedlichen Schwe-
regrades. Die Wirkung ist weitgehend unabhängig
von der Person, die die Methode anwendet.
132

In den meisten Fällen spielte der verwendete diese uralte Praxis einzuwenden und halten sie für
Verband kaum eine Rolle, manche Verbandsmittel klinisch wirksam. Dies zumindest ist ein Trost.3
wiesen jedoch weitaus schlechtere Heilungsge-
schwindigkeiten auf als normal. Wir empfehlen Kli­ LITERATUR
nikern, in kritischen Situationen die Verwendung 1. Melvyn Sneath. Heile, heile Gänschen neu betrachtet.
Maledictus, Bd. 47, Juni 1987, S. 3523.
von Dino-Strips zu vermeiden. 2. Otto Grompus. Übermäßige Sterblichkeit aufgrund von
Daß es nützt, auf eine Verletzung zu pusten, Pendikulation. Vierteljahrsschrift für Tod und Morbidi-
mag angesichts der Tatsache, daß es dafür keinen tat, Januar 1991, S. 23.
erkennbaren physiologischen Mechanismus gibt, 3. Points to Ponder. Readers Digest, Juli 1990, S. 153.
etwas überraschen. Wir haben jedoch nichts gegen
Fetaler Mann im Mond
Dieser Beitrag erschien in AIR 1:2 (März/April 1995).

Dieses Ultraschallbild wurde bei einer gynäkologi-


schen Untersuchung in der fünften Schwanger-
schaftswoche aufgenommen. Der schwarze Bereich
links ist die flüssigkeitsgefüllte Chorionhöhle. Der
kleine weiße Kreis darin ist der Dottersack. Der
weiße Bereich rechts sind die Trophoblastlakunen,
die sich zur Plazenta entwickeln. Der Embryo ist
auf dieser Aufnahme nicht sichtbar, entwickelte
sich jedoch normal, wie andere Aufnahmen zeig­
ten. Photo mit freundlicher Genehmigung von Ro-
bert Roger Lebel, Genetics Services, Elmhurst, Illi-
nois.
Das Grabmal des unbekannten
Zahnarztes
von A. J. Tuversen
Dieser Beitrag erschien in AIR 1:2 (März/April 1995).

In dem Weiler Lima in Ohio, am Westufer des Wur­


zelkanals, stifteten Zahnärzte aus dreißig Nationen
eine Gedenkplakette am Grabmal des unbekannten
Zahnarztes. Die Bedeutung der Zahl auf dem To­
tempfahl ist, wie der Zahnarzt, unbekannt.

Die Inschrift auf dem Sockel des Mahnmals lautet:

Spülen bitte,
Spülen bitte,
Das tut gar nicht weh.
Mein Leben ist ein Amalgam
Aus einseitigen Gesprächen
Mit Leuten, denen der Mund offen steht,
Deren schweigendes Unbehagen groß ist
Und deren Zähne faul.
Ich höre ihren Schmerz Die Gedenkplakette am Grabmal des Unbekannten Zahnarz-
Ich spüre ihre Karies.1 tes. Foto: Stanley Rudin.
Ich erkläre ihnen geduldig alles, was ich weiß:
Ich rede auf sie ein,
Ich rede auf sie ein,
Ich rede auf sie ein
Ich rede auf sie ein;
Bis es sich in ihren Kopf bohrt.

ANMERKUNG
1. Zahnfäule.
Fortschritte der Forschung zur
Künstlichen Intelligenz
von Albrecht Grumme, Kl-Institut, Frankfurt
Fritz Schmelzeisen, KI-Klinik, Hamburg
und Helmut Helmke, KI-GmbH, Köln
Dieser Beitrag erschien in AIR 1:3 (Mai/Juni 1995).
Die Mathematik von
Telefonnummern
von Yihren Wu
Hofstra-Universität, Hempstead, New York
Xiaohui Zhong
Universität Detroit Mercy, Detroit, Michigan
Dieser Artikel erschien in AIR 1:5 (September/Oktober 1995).

In diesem Artikel beginnen wir mit der Untersu­ gänglich sind, ist das Telefonbuch weitverbreitet.
chung einer Klasse mathematischer Ausdrücke von Dies mag erklären, wieso keine Publikationskosten
der Form entstehen, wenn man seine Nummer im Telefon-
buch zu veröffentlichen wünscht. Möchte man sie
x1x2x3–y0y1y2y3xiyi ∈ {0,1,2,…,9} dagegen nicht bekanntgeben, fällt eine Nichtveröf-
fentlichungsgebühr an. Zur Deckung dieser Kosten
Solche Ausdrücke sind in den Vereinigten Staaten stehen weder staatliche noch andere Drittmittel
bekannt als die Telefonnummern. Dabei handelt zur Verfügung, wahrscheinlich um die Publikati­
es sich um die Subtraktion einer vierstelligen Zahl onsbereitschaft zu fördern.
von einer dreistelligen. Diese Zahlen werden jähr- Unser Ergebnis ist in einer Tabelle enthalten,
lich kompiliert und von den örtlichen TelefongeSeil- die zu umfangreich ist (1000 x 10000), um sie hier
schaften, die einst mit den Bell Laboratories vereint abzudrucken. Einen Auszug zeigt Tabelle 1. Die
waren, publiziert.1 vollständige Zahlentafel liefern wir auf Anfrage in
Anders als die anderen wissenschaftlichen Pu- elektronischer Form.
blikationen der Bell Labs, die nicht allgemein zu- Telefonnummern existieren bekanntlich auch in
einer komplizierteren Form, die gewählt werden
muß, wenn Gespräche über Distanzen von großer
Länge, sogenannte Ferngespräche, geführt wer­
den sollen. In dem Ausdruck enthalten ist eine
Zahl, die den angewählten Bereich definiert. Sol-
che Nummern haben in der Regel die Form:
313-463-1645
Nach Lage der Dinge ist der Ausdruck zweideu-
tig, da die Subtraktion nicht assoziativ ist:
(313 - 463) - 1645 ≠ 313 - (463 - 1645)
Ein Experiment, das wir auf unserem Macin-
tosh-Computer mit eingebautem Rechenprogramm
durchführten, zeigt, daß die linke Seite des Aus­
Mathematik und Telefonnummern. drucks gleich -1895 ist, während die rechte Seite
139

Tabelle 1: Die Telefonnummern*

Fläche, die von einer Kurve Fläche, die von einer Kurve
*Dies ist nur ein Ausschnitt aus der vollständigen großer Länge begrenzt wird kleiner Länge begrenzt wird
Tabelle.

+1495 ergibt. Dieses Experiment ist aber eigentlich dem im Begriff, eine Tabelle für die Ferngesprächs-
unnötig, da die Nichtassoziativität der Subtraktion nummern zu berechnen. Diese Tabelle hat die Di­
eine wohlbekannte Tatsache ist.2 mensionen 1000 x 1000 x 10000.
Eine gleichwertige, wenn auch weniger ge­
bräuchliche Art und Weise, die Nummer für Fern-
gespräche auszudrücken, ist die etwas exotischere Dank
Rechenoperation der Multiplikation, Ein Teil dieser Arbeit wurde fertiggestellt, während
einer der Autoren (Y.W.) an der Universität von De-
(313)463-1645 troit weilte; wir möchten X.Z. für ihre Gastfreund-
In dieser Form wird das Produkt, (313) 463, als schaft danken.
angewählter Bereich interpretiert; 313, der erste
Faktor, heißt Vorwahlnummer. Es ist allerdings A NMERKUNGEN
ein Irrtum zu glauben, daß eine Kurve großer Län- 1. Vgl. Telefonbuch New York.
2. Persönliches Gespräch mit Johnny, über dessen Fall M.
ge immer einen Bereich oder eine Fläche füllt; dies Kline in seinem Buch Why Johnny Can't Add: The Fall-
geschieht nur unter ungewöhnlichen Umständen, ure ofNew Math, New York (St. Martin's Press), 1973 be-
wie Peano festgestellt hat.3 Man könnte argumen- richtet. Obwohl Johnny nicht zu addieren vermag, ken­
nen er und seine Generation sich doch gut mit mathema-
tieren, daß die Kurve, falls sie geschlossen ist, ei­ tischem Jargon wie diesem hier aus.
nen Bereich begrenzt, der durch das Produkt in der 3. Diese sind bekannt als raumfüllende Kurven oder Peano-
Ferngesprächsnummer bemessen wird.4 Dieses Ar­ Kurven nach G. Peano. Sur une courbe qui remplit toute
gument kann nicht ganz zutreffen, da eine Kurve une aire plane. Mathematical Annais, Nr. 36, 1890, S.
157-160.
kleiner Länge ebenfalls eine Fläche begrenzen 4. Eine andere Interpretation dieses Produkts sind die Ge­
kann, wie die folgende Zeichnung zeigt: bühren. Beobachtungen zufolge kostet das Gespräch ge-
Diese komplexen geometrischen Probleme von legentlich nichts, wenn man vor der Ferngesprächsnum-
mer eine „0" vorwählt.
Telefonnummern werden wir in einem in Kürze er- 5. In Vorbereitung.
scheinenden Artikel aufgreifen.5 Wir sind außer-
Der Wert der Liebe anhand des
Bob-Dylan-Modells
von Joseph Cliburn
Abteilung für Institutionelle Forschung/Planung, Mississippi Gulf Coast
Community College, Perkinston, Mississippi
Andrew Russ
Physikalische Fakultät, Penn-State-Universität, University Park,
Pennsylvania
Tiny Montgomery
State-Penn-Zentrum für Mathematik und Lasterfahren, University Park,
Pennsylvania
Zele deCork
Altersheim „Schattige Ländereien" und Staatsuniversität Perkinston,
Mississippi
Dieser Artikel erschien in AIR 1:5 (September/Oktober 1995).

(2)
Ausgehend von einem Ansatz, den Bob Dylan X = (Liebe - 0) / Keine Grenze.
[1965a] dargelegt hat, schätzen wir den Wert der
Also:
Liebe unter Zuhilfenahme der Algebra des Begeh­
rens [Mottram 1965], vielleicht etwas Analysis, (Keine Grenze) X = Liebe - 0 = Liebe,
möglicherweise etwas Geometrie der Unschuld (3)
[Dylan 1965f| und viel Wunschdenken.
wobei wir von der Tatsache Gebrauch machen, daß
für jedes A gilt A - 0 = A.
Die Grenzen der Liebe Also Liebe = etwas mal „Keine Grenze". Tradi-
Wir beginnen mit der folgenden Behauptung von tionell ist ein Wert, der keine Grenze besitzt, un-
Bob Dylan [1965a]: endlich. Wir erhalten also, daß Liebe unendlich ist,
(1)
vorausgesetzt X ist endlich. Wenn X gleich 0, erhal­
(Liebe - 0) / Keine Grenze, ten wir 0 mal unendlich, was nicht definiert ist.
wobei wir den Ausdruck auf dem Plattenlabel dem
auf der Rückseite des Covers [1965b] vorziehen
und einen Hinweis des Autors aufgreifen, daß es Zeichen der Liebe
sich um einen Bruch handelt [1965c], Wenn jedoch X negativ ist oder „Weniger als null"
Wir stellen die Frage beiseite, ob der Gebrauch [Costello 1977], erhalten wir das Ergebnis, daß Lie-
einer Formel Dylan hier zum Formalisten macht, be unendlich negativ ist. Dies ist vielleicht genü-
und setzen den Ausdruck gleich X, was vorläufig gend Negativität, die trägt, wenn die eigene
unbestimmt bleibt, und erhalten für Liebe: Schwerkraft einen im Stich läßt [Dylan 1965d], und
zieht den Leser wahrscheinlich runter. Wir können
141

(Keine Grenze) negativ sein lassen, und in diesem len, daß wir hier nicht die Unendlichkeit auf den
Fall wollen wir wohl entweder X und (Keine Gren- Prüfstand stellen [Dylan 1966]. Liebe ist schließlich
ze) zugleich positiv oder zugleich negativ anneh­ nur ein Wort [Dylan 1967b, Simmel 1973].
men.
Allerdings ist außer dem Zeichen X [Dylan LITERATUR
1967a] nichts daran näher bestimmt. Wenn X kom- Anderson, L. 1982. Let X = X. Big Science, Burbank (Warner
plex ist, dann hat es einen Realteil, der sich wie Brothers),.
Costello, E. 1977. Less Than Zero. My Aim Is True, 2. Aufl.
oben verhält, und einen Imaginärteil, in welchem New York (Columbia).
Fall (Keine Grenze) mal X ebenfalls komplex ist, Dylan, B. 1965a. (Love - 0)/No Limit. Subterranean Home­
was Liebe sowohl komplex als auch teilweise imagi- sick Blues, New York (Columbia).
Dylan, B. 1965b. Love - O/No Limit. Subterranean Homesick
när macht [Whitfield-Strong 196?]. Dylan selbst ist Blues, Coverrückseite, New York (Columbia).
diesem Gedanken in späteren Untersuchungen Dylan, B. 1965c. Rundfunkinterview.
[1975a, 1975b] gründlich nachgegangen, mit um- Dylan, B. 1965d. Just Like Tom Thumb's Blues. Highway 61
Revistted, New York (Columbia).
fangreichen Revisionen [1984, 1974/1993, ver- Dylan, B. 1965e. Plattenhüllennotiz. Highway 61 Revisited,
schiedene öffentliche Präsentationen seit 1975]. New York (Columbia).
Auf alle Fälle können wir definitiv schließen Dylan, B. 1965f. Tombstone Blues. Highway 61 Revisited,
[Anderson 1982], daß: New York (Columbia).
Dylan, B, 1966. Visions oi'Johanna. Blonde on Blonde, New
X=X (4) York (Columbia).
Dylan, B. 1967a. Sign on the Cross. Writings and Drawings,
Wir fassen daher mit folgenden Beobachtungen New York (Random House).
Dylan, B. 1967b. Love Is Just A Four-Letter-Word. Writings
zusammen: and Drawings, New York {Random House).
1. Liebe ist unendlich, wenn X endlich ist. Dylan, B. 1974/1993. Tangled Up In Blue. The Bootleg Series,
2. Liebe ist nicht definiert, wenn X null ist. Vol. 2, New York (Columbia).
Dylan, B. 1975a. Simple Twist of Fate. Blood On the Tracks,
3. Liebe ist unendlich negativ, wenn X negativ ist. New York (Columbia).
4. Liebe ist imaginär, wenn X imaginär ist. Dylan, B. 1975b Tangled Up In Blue. Blood On the Tracks,
New York (Columbia).
Dylan, B. 1984. Tangled Up In Blue. Real Live, New York (Co­
Fraktale Liebe ist problematisch lumbia).
Mottram, E. 1965. William Burroughs: The Algebra ofNeed.
Es bleiben einige Fragen dahingehend, ob es ange- Simmel, J. M. 1973. Liebe ist nur ein Wort, München (Droe-
messen ist, fraktale Mathematik zu benutzen, um mer Knaur).
Whitfield-Strong 196? „Just My Imagination", wie bespro-
diese Probleme zu lösen, z. B. „Ich akzeptiere chen von R. Stones, 1978, Some Girls, New York (Atlan-
Chaos. Ich bin aber nicht sicher, ob es mich akzep­ tic).
tiert" [Dylan 1965e], Doch wir sollten auch klarstel­
Das Paradigmenparadox
von Bill Schweber
Analog Devices, Norwood, Massachusetts
Dieser Artikel erschien in AIR 1:2 (Januar/Februar 1995).

Wissenschaftsbeobachter wundern sich über den Leserbrief


plötzlichen Rückgang beim Gebrauch des Substan-
tivs „Paradigma". Im vergangenen Jahr nahm die Anmerkung der Redaktion: Leserbriefe stellen die
Häufigkeit, mit der es in der Literatur auftauchte Meinung der jeweiligen Autoren dar und nicht un-
(die sogenannte Benutzungshäufigkeit), um 75% bedingt die Meinungen derjenigen, die anderer
ab. Die Aussichten für das kommende Jahr sind Meinung sind.
noch schlimmer: Das Wort ist nahezu verschwun-
den. Weitere Forschung ist vonnöten, um das Auf­ Warum nahm der Gebrauch des Wortes „Paradig-
tauchen/Verschwinden von „Paradigma" seit sei- ma" 1990 so plötzlich ab, nachdem es drei Jahr­
nem ersten Erscheinen in einem vielgelesenen zehnte immer häufiger benutzt worden war? Im Ge-
Buch1 grafisch darzustellen. gensatz zu dem, was Schweber, der Autor von „Das
Zur Erklärung dieser Situation wurden mehrere Paradigmenparadox" behauptet, gibt es eine weit
Hypothesen unterbreitet, darunter die globale Er- einfachere Erklärung: Es gab einen Paradigmen­
wärmung oder andere umweltbedingte Ursachen, wechsel.
„Verschleiß" und Abnutzung durch übermäßigen R. L. Pramalal
Gebrauch oder die Mode sowie Verwirrung der Be- Stanford-Universität, PaloAlto, Kalifornien
nutzer darüber, was „Paradigma" eigentlich be­
deutet.
Ein durchdachterer Vorschlag des Instituts für
Astronomische Linguistik lautet, daß der Lebenszy-
klus eines Wortes dem Lebenszyklus von Sternen
analog ist. Wenn der Gebrauch eines Wortes (oder
Ausdrucks) langsam zunimmt, kann er zu einem
sich selbst unterhaltenden Prozeß werden, und das
Wort geht schließlich in die Alltagssprache ein, was
zu einer sehr langen Lebensdauer führt. Flammt
dagegen der Gebrauch auf wie eine Nova, wird die
Masse an Bedeutungen, die der Ausdruck tragen
muß, zu groß, und er fällt plötzlich in sich selbst zu-
sammen. In schweren Fällen ähnelt er dann einem
Stern, der sich in ein Schwarzes Loch verwandelt
Erscheinungshäufigkeit des Wortes „Paradigma" in der all­
hat und nie mehr gesehen ward. gemeinen Literatur.

LITERATUR
1. Thomas S. Kuhn Die Struktur wissenschaftlicher Revolu-
tionen. Frankfurt (Suhrkamp), 1967.
Das Star-Modell der
alljährlichen Badeanzug-
Ausgabe
Die AIR-Redsktion reist kreuz und quer über den Globus, stets auf der Suche
nach den Schönheiten der Natur. Hier sehen Sie eine ihrer Entdeckungen.
Text von Lelivoldt Bruno, yl//?-Redaktion
Dieser Beitrag erschien in AIR 2:2 (März/April 1996). Aufmerksame Leser werden das schriftliche Werk un-
seres Modells an anderer Stelle in diesem Buch finden.

Schlank, bärtig, selbstbewußt. Seit mehr als 20 Jahren geht


der Geologe Earle Spamer seiner Neigung zu eingehenden
Feldstudien im Grand Canyon nach. Hier demonstriert Earle
im Little Colorado seine Methode, völlig in seiner Arbeit zu
versinken. Treibsand ist kein Hindernis für seine Bemühun­
gen, das geologische Prinzip des Ruhewinkels zu erforschen,
während desinteressierte Kollegen untätig herumstehen.
„Ich versperre den steigenden Fluten den Weg und erwarte,
auf diese Weise meine endgültige Studie in sieben Jahren
abschließen zu können", brüstet sich Earle. „Das ist wahr-
haft tiefschürfende Forschung."
Anleitung für Dozentinnen
und Dozenten
Diese Anleitung erscheint in jeder Ausgabe von AIR.

DREI VON FÜNF DOZENTEN STIMMEN FOLGENDER AUSSAGE ZU:

Neugier ist gefährlich,


insbesondere bei Studenten.
Wenn Sie zu den beiden anderen Dozentinnen/Dozenten gehören, könnend//? und mini-AIR in Ih-
rer Hand zu leistungsfähigen Unterrichtswerkzeugen werden. Wählen Sie Ihren Lieblingsartikel
aus und verteilen Sie ihn an Ihre Studenten. Die Methode ist einfach. Der Wissenschaftler/die Wis-
senschaftlerin denkt, daß unter allen Menschen ausgerechnet er/sie (oder was auch immer) eine
neue Erkenntnis darüber gewonnen hat, was die Welt im Innersten zusammenhält. Also:

• Hat der/die Wissenschaftler/in recht? Und was bedeutet überhaupt „recht haben"?
• Fällt Ihnen wenigstens eine alternative Erklärung ein, die genauso gut oder besser funktio-
niert?
• Prüfte das angewandte Verfahren wirklich, wirklich und wahrhaftig, unzweifelhaft, ganz und
gar das, was der Autor glaubte zu prüfen?
• Ist der Forscher ohne Rücksicht auf sich selbst durch und durch ehrlich, was die Erklärungs-
kraft seiner Vorstellungen betrifft, oder könnte er Wunschdenken zum Opfer gefallen sein?

Junge Leute sind von Natur aus gute Forscher. Sorgen Sie dafür,
daß sie es bleiben.
Tote im Unterricht
von Stephen Rushen
Penn-State-Universität, State-College, Pennsylvania
Dieser Artikel erschien in AIR 1:2 (März/April 1995).

Der Frage, wann eine Person aufhört zu lernen, ist Teilnahme am Unterricht
beträchtliche Aufmerksamkeit gewidmet worden.
Viele vertreten die Ansicht, daß Menschen ihr Le- Im Durchschnitt schwänzten die toten Studenten
ben lang lernen, andere behaupten, daß das Ler- weniger oft als die lebendigen, insbesondere an
nen schon in frühem Alter abgeschlossen sei und warmen, sonnigen Tagen. Die toten Studenten fehl-
daß jegliches „Lernen" nach diesem Zeitpunkt ein- ten eigentich nie, kamen immer pünktlich und gin­
fach in der Abwandlung bereits erworbenen Wis­ gen nie vorzeitig (sie blieben sogar oft länger und
sens für neue Situationen bestünde. Viele College- beklagten sich niemals, wenn ich überzog). Im Ge-
Lehrer glauben, daß das Lernen bei den meisten gensatz dazu fehlten ihre lebendigen Kommilitonen
Menschen irgendwann vor dem Eintritt ins College weitaus öfter, kamen häufig zu spät und gingen zu­
aufhört, was die zweite Ansicht weiter erhärtet. weilen früher.
Zum Zwecke meiner Untersuchung schlug ich
mich auf die Seite der ersten Ansicht und nahm zu Verhalten
einem frühmorgens stattfindenden Erstsemesterse­
minar in Volkswirtschaftslehre mit dreißig lebendi- Im Durchschnitt störten die toten Studenten weni­
gen Teilnehmern noch fünfzehn tote Studenten ger als die lebendigen. Tote Studenten unterbre-
hinzu. Dann beobachtete ich die Auswirkungen chen den Dozenten seltener, benehmen sich selte-
dieser Maßnahme. Nach einem vollen Semester ge­ ner respektlos, machen weniger Lärm und stellen
wissenhafter Forschungsarbeit schälten sich die weniger irrelevante Fragen als ihre lebendigen
folgenden Beobachtungen als festhaltenswert her­ Kommilitonen.
aus. (Tabelle 1 führt die RIP-Koeffizienten1 auf.)
Mitarbeit
Es gab keinen erkennbaren Unterschied zwischen
Tabelle 1: Maß der „Relativen Individuellen Partizipation" den Leistungen der lebendigen und der toten Stu-
denten bei Gruppendiskussionen, Beantwortung
von Fragen des Dozenten oder Problemlösungen an
der Tafel.

Prüfungsleistung
Dies war offenbar der Schwachpunkt der toten Stu­
denten. Im Durchschnitt lagen ihre Werte 30 bis 40
Punkte unter dem Klassendurchschnitt. Dies wirkte
sich gravierend auf die Notenverteilung aus, da es
die Noten aller lebendigen Studenten auf B+ oder
besser anhob.
149

Schlußfolgerung des Autors liegt der Schlüssel zur Überwindung


dieser Schwierigkeit zukünftig in einer „gesamt­
Nach Meinung des Autors gebührt toten Studenten ergebnisorientierten" Bewertung; sie dürfte die
eindeutig ein Platz im Seminarraum. Ihr zuverlässi- wahre Begabung aller Studenten, ob lebhaft oder
ger Unterrichtsbesuch und ihr vorbildliches Ver­ nicht, besser erfassen.
halten sprechen deutlich für ihren Lernwillen. In
drei der beschriebenen Bereiche erwiesen sie sich A NMERKUNG
ihren lebendigen Altersgenossen als ebenbürtig, 1. Die RIP-Koeffizienten für Teilnahme und Prüfungsnoten
wenn nicht gar überlegen. Sie schnitten zwar in wurden durch die direkte Umrechnung der Leistungen in
Prüfungen schlechter ab als diese, doch kann das diesen beiden Kategorien in Prozentwerte festgelegt. In
die Koeffizienten für Mitarbeit und Verhalten gingen so-
allein nicht als mangelnder Lernwille ausgelegt wohl quantitative als auch qualitative Maße dieser Lei­
werden. Die schlechteren Noten könnten auf ein stungen ein. Werte von 1,00 entsprechen 100 Prozent
niedrigeres Selbstwertgefühl hindeuten oder auf oder einer perfekten Leistung, 0,00 entspricht 0 Prozent
oder der schlechtestmöglichen Leistung.
mangelndes Verständnis der allgemeinen Prü-
fungsabläufe seitens der Studenten. Nach Ansicht
Eine Methode zur Weckung
und Aufrechterhaltung der
Aufmerksamkeit von Studenten
von Dennis McClain-Furmanski
College für Gesundheitswissenschaften, Old-Dominion-Universität, Norfolk,
Virginia
Dieser Artikel erschien in AIR 1:2 (März/April 1995).

Die Aufmerksamkeit von Studenten zu wecken und stet, drehen Sie sich um und fassen die Studenten
wachzuhalten, insbesondere wenn das Semester scharf ins Auge. Nun stecken Sie sich, während Sie
weiter fortgeschritten ist, stellt stets ein Problem ihnen bedeutungsschwer und konzentriert ins Ge-
dar. Ich unterbreite meinen Kollegen hiermit die sicht schauen, das Stück Zuckerstange in den Mund
folgende Methode, mit der ich mir schon im ersten und zerbeißen es. Je lauter, desto besser.
Augenblick des Unterrichts die volle Aufmerksam­ In den nächsten paar Minuten dämmert es dem
keit sichere und zu jeder beliebigen Zeit des Jahres Auditorium, daß Sie gerade die Kreide gegessen
wiedergewinne. haben. Während sich die Erkenntnis auf den Ge-
Kaufen Sie sich eine Zuckerstange, auf dem sichtern abzumalen beginnt, können Sie feststellen,
Jahrmarkt oder im Supermarkt vor den Kassen, wo wie schnell von Begriff die einzelnen Studenten in
die Ständer mit der Quengelware stehen. Die Stan­ dieser Truppe sind. Sie können die Grimassen aber
ge muß rein weiß sein, sie darf nicht farbig sein auch nur zu Ihrem eigenen Vergnügen beobachten.
und keine Streifen haben. Am ersten Unterrichts- Im weiteren Verlauf des Semesters können Sie,
tag brechen Sie ein Stückchen ab, wickeln das Zel- wenn die Aufmerksamkeit abflaut, ab und zu mit­
lophan ab und betreten den Raum, wobei Sie dieses ten im Satz innehalten, zur Tafel schreiten, sich ein
Stück in ihrer Hand verborgen halten. Gehen Sie Stück Kreide schnappen und es mehrere Sekunden
schnurstracks zur Tafel und nehmen Sie ein Stück lang genau betrachten. Die ungeteilte Aufmerk­
Kreide in die Hand. Schreiben Sie damit Ihren Na- samkeit aller Studenten ist Ihnen dann wieder si-
men an die Tafel und tauschen Sie danach die Krei- cher.
de heimlich gegen das Zuckerwerk aus. So gerü­
Die Annals ofScientific
Education
von Prof. Rebecca German
Biologische Fakultät, Universität Cincinnati, Cincinnati, Ohio
Vorbemerkung: Diese quasi-regelmäßige Kolumne in der Internet-Ausgabe von AIR bietet ein Forum für all
die Schnurren und Schrullen, die so kennzeichnend für das Geistesleben sind und die gerade Bildungsfach-
leuten (früher als Lehrer bezeichnet) so häufig widerfahren.

„Plagiate sind unmöglich" sich heraus, daß eine der Studentinnen den Aufsatz
verfaßt und ihn an die andere weitergereicht hatte.
An einer größeren Universität (gibt es eigentlich Die Studentin, die zugab, vom Aufsatz ihrer Freun­
andere?) sollten Studenten als Hausaufgabe einen din abgeschrieben zu haben, äußerte die Überzeu­
Aufsatz schreiben, der als Übung in „kritischem gung, nichts Verwerfliches getan zu haben. Sie er-
Denken" gedacht war. Leider reichten mehrere klärte dem Ausschuß, sie habe sich trotz der identi­
Studenten Texte ein, in denen sich Unredlichkeit in schen Sätze in beiden Aufsätzen das Original
der Frage des geistigen Eigentums in unterschiedli- lediglich „angeschaut". Da sich der Ausschuß wei­
chen Ausprägungen niederschlug. Das reichte von gerte, ihr diese Geschichte so einfach abzunehmen,
identischen Aufsätzen (bis auf die Namen der Ver- stand sie schließlich empört auf und sagte: „Ich bin
fasser) bis zu solchen, in denen dieselben Sätze, nur zwei Personen Rechenschaft schuldig: mir
nur umgestellt, verwendet worden waren. Zwei selbst und meinem Gott, und wir beide wissen, daß
Studentinnen, die bemerkenswert ähnliche Arbei- ich recht habe." Da murmelte einer der Professo-
ten abgaben, reichten Beschwerde gegen die Pro­ ren hinter vorgehaltener Hand: „Ein Jammer, daß
fessoren ein, die ihnen Betrug vorwarfen. Bei einer jetzt nur eine der beiden hier anwesend ist, um
Anhörung vor dem Schlichtungsausschuß schälte auszusagen."
Jugend forscht:
Ein Fruchtgummiwurm auf dem
Bürgersteig
von Kate Eppers, zwölf Jahre
Marblehaed Public Charter School, Marblehead, Massachusetts
Jesse Eppers, zehn Jahre
Horace Man School, Salem, Massachusetts
Dieser Artikel erschien in AIR 2:4 (Juli/August 1996).

Wir beschlossen, ein Experiment mit Fruchtgum-


miwürmern durchzuführen. Wir wollten herausfin-
den, wie viele Leute sich trauen, auf einen Gummi-
wurm zu treten, wie viele es vermeiden, wie viele
drauftreten, wenn sie nicht wissen, daß er daliegt,
und wie viele einfach so danebentreten.

Methode
Auf einem Ausflug nach North Conway in New
Hampshire kauften wir eine Tüte Gummiwürmer
„extra fruchtig". Wir setzten uns auf eine Bank und
warfen einen Wurm mitten auf den Bürgersteig. Abbildung 1: Ein Fruchtgummiwurm auf dem Bürgersteig.
Wir guckten dabei unbeteiligt und taten so, als hät-
ten wir keine Ahnung, woher der Gummiwurm
kam.
Schlußfolgerung
Ergebnisse Am Ende unseres Experiments kamen wir zu der
Erwachsene und Kinder gingen vorüber und traten Schlußfolgerung, daß drei von fünf Menschen auf
gelegentlich auf den Wurm. Manche Leute sahen einen Gummiwurm, der auf den Bürgersteig ge­
ihn und schauten ihn verwundert an. Ein Junge im worfen wird, zufällig drauftreten.
Rollstuhl fuhr mitten über ihn weg, ohne ihn zu se-
hen. Wir versuchten, nicht zu lachen. Drei junge
Mädchen gingen an ihm vorbei. Das mittlere starrte
nach unten, als sie vorüberging. Sie machte „huch"
und sprang darüber. Dann lachte sie und sagte:
„He, ich hab' gedacht, der wäre echt."
Die Virtuelle Akademie:
Das Jahr 1 - ein Bericht
von Anne Pamsum Hufnagle-Chang
Viktor Asa Gupta-Duffy
Abteilung für kognitive Verwaltung, Milhouse College, Whittier, Kalifornien
Dieser Artikel erschien 1993.

Die Virtuelle Akademie ist ein virtuelles Realitäts­


projekt, das viele kostspielige Aspekte der heutigen
Universitäten ersetzen soll.1 Dieser Bericht faßt das
erste vollständige Jahr ihres Bestehens kurz zu-
sammen.
Der Ausdruck „virtuelle Realität" bezieht sich
auf den Einsatz von Computern zur Simulation von
Objekten und Aktivitäten, die in der Natur oder in
der Phantasie vorkommen. Im Projekt Virtuelle
Akademie existieren Studenten, Professoren, La-
borausstattung, Seminarräume, Büros und Wohn­
heime nur im Rechner. Der computergenerierte Seminarraum des Projekts Virtuelle
16 Universitäten in sieben Ländern ersetzten ih­ Akademie wird ununterbrochen benutzt. In diesem virtuel-
len Unterrichtsraum werden gleichzeitig 223 virtuelle Semi-
ren gesamten oder einen Teil ihres herkömmlichen nare mit mehr als 600 virtuellen Studenten an 16 Universitä-
Betriebs durch das System Virtuelle Akademie. ten abgehalten. Foto: Alicia Ducovney-Lightpole.
Eine 17. Universität zog sich wegen Imkompatibili-
tätsproblemen aus dem Projekt zurück.
Jede Universität legt ihre Systemparameter -
Der vielleicht größte nachgewiesene Nutzen lag
Zulassungs- und Einstellungsgepflogenheiten, No-
darin, daß die numerischen Kenndaten jeder Uni-
tenstaffelung usw. - in Übereinstimmung mit den
versität im voraus bestimmt werden konnten, statt
jeweiligen nationalen und anderen Verwaltungs-
daß sie im nachhinein ermittelt und erklärt werden
vorschriften selbst fest.
mußten. Dies brachte eine signifikante Reduktion
von Verwaltungskosten und -aufwand.
Ergebnisüberblick
Alle Seminar-, Forschungs- und Wohngruppen an A NMERKUNG
1. Das Projekt wird finanziert vom Netzwerk Virtuelle Uni­
den 16 Universitäten wurden automatisch nach Ge- versität, einem Konsortium von 91 Universitäten und 12
schlecht, ethnischer Zugehörigkeit und Alter aus­ gemeinnützigen im Bildungswesen tätigen Stiftungen. 16
balanciert, um ein repräsentatives Abbild der Ge­ Universitäten nahmen an dem Versuchsbetrieb im Jahr
1 teil. Weitere 42 Universitäten werden in Jahr 2 online
sellschaft zu gewährleisten. gehen. Die verbleibenden Universitäten sollen planmäßig
Die allgemeinen Betriebskosten der Universitä- im Jahr 3 den Betrieb aufnehmen. Eine vollständige Mit­
ten reduzierten sich um durchschnittlich 38%. Die gliederliste enthält die NVU-Publikation Nr. 146 Mit-
gliedsorganisationen des Netzwerks Virtuelle Universi­
Lohn- und Gehaltskosten sanken um 54%, was der tät. Berkeley (Höllentor-Verlag), 1996.
Verkleinerung des Lehrkörpers und des sonstigen
Personals entsprach. Die Studentenzahl ging um
83% zurück.
Wie man einen
wissenschaftlichen Aufsatz
schreibt
von E. Robert Schulman
Charlottesville, Virginia
Dieser Artikel erschien in AIR 2:5 (September/Oktober 1996).

Zusammenfassung hat. Der wahre Zweck von Einleitungen besteht na-


türlich darin, die eigenen Arbeiten (z. B. Schulman
Wir (was bedeutet ich) stellen Betrachtungen über et al. 1993a), die Arbeiten des eigenen Beraters
den Prozeß des wissenschaftlichen Publizierens an, (z. B. Bregman, Schulman und Tomisaka 1995), die
die (was bedeutet welche) wichtig sind und gerade Arbeiten des Ehepartners (z. B. Cox, Schulman und
rechtzeitig kommen, insofern als (was bedeutet Bregman 1993), die Arbeiten eines Freundes vom
weil) ich nie eine andere Stelle kriegen werde, College (z. B. Taylor, Morris und Schulman 1993)
wenn ich nicht bald mehr Aufsätze veröffentliche. oder sogar die Arbeit von jemandem, den man
Diese Betrachtungen fügen sich ein in die Theorie, überhaupt nicht kennt, sofern nur der eigene Name
daß es schwierig ist, gute wissenschaftliche For- über dem Artikel steht (z. B. Richmond et al. 1994),
schung zu betreiben, gute wissenschaftliche Artikel zu zitieren. Man achte darauf, sich beim Zitieren
zu schreiben und genügend Publikationen vorwei- nicht auf begutachtete Fachzeitschriftenartikel zu
sen zu können, um eine gute Stelle zu bekommen. beschränken (z. B. Collura et al. 1994), sondern
auch Konferenzberichte (z. B. Schulman et al.
Einleitung 1993b) und andere veröffentlichte oder unveröf-
fentlichte Arbeiten (z. B. Schulman 1990) anzufüh-
Wissenschaftliche Aufsätze (z. B. Schulman 1988, ren. Am Ende der Einleitung muß man den Aufsatz
Schulman und Fomalont 1992, Schulman, Breg­ zusammenfassen, indem man die Abschnittsüber-
man und Roberts 1994, Schulman und Bregman schriften herunterbetet. In diesem Aufsatz bespre-
1995, Schulman 1996) stellen eine wichtige, jedoch chen wir die wissenschaftliche Forschung (Ab-
kaum verstandene Publikationsmethode dar. Sie schnitt 2), das wissenschftliche Schreiben (Ab­
sind wichtig, weil Wissenschaftler ohne sie kein schnitt 3) sowie das wissenschaftliche Publizieren
Geld vom Staat oder von der Universität kriegen. (Abschnitt 4) und ziehen einige Schlußfolgerungen
Sie werden kaum verstanden, weil sie nicht sehr (Abschnitt 5).
gut geschrieben sind, siehe beispielsweise Schul-
man 1995 und ausgewählte Literatur angaben dort.
Ein ausgezeichnetes Beispiel für dieses Phänomen Wissenschaftliche Forschung
liefern die meisten Einleitungen, die angeblich den Der Zweck von Wissenschaft besteht darin, gegen
Leser in das Thema einführen sollen, so daß der Bezahlung allerlei lustige Sachen zu machen, wenn
Aufsatz auch für den Leser verständlich ist, der man nicht gut genug im Programmieren ist, um
noch nicht auf dem jeweiligen Gebiet gearbeitet Computerspiele schreiben zu können und damit
155

seinen Lebensunterhalt zu verdienen (Schulman et Wissenschaftliches Publizieren


al. 1991). Dem Namen nach hat Wissenschaft mit
neuen Erkenntnissen über die Welt zu tun, doch Sie haben den Artikel nun geschrieben, und jetzt ist
das ist im Grunde keine notwendige Vorausset- es Zeit, ihn einer Fachzeitschrift einzureichen. Der
zung. Was wirklich nötig ist, sind Forschungsgel­ Redakteur wird denjenigen Gutachter wählen, dem
der. Um solche Forschungsgelder zu bekommen, Ihr Aufsatz am meisten auf die Zehen tritt, denn
muß in Ihrem Antrag stehen, daß Sie eine unglaub- dann wird wenigstens dieser Gutachter ihn lesen
lich grundlegende Entdeckung machen werden. und sein Gutachten noch innerhalb der Lebens-
Die geldgebende Institution muß zudem glauben, spanne des Redakteurs abliefern (Schulman, Cox
daß Sie der oder die Beste sind, um gerade dieses und Williams 1993). Gutachter, denen beides egal
Forschungsprojekt durchzuführen. Deshalb sollten ist, neigen dazu, Manuskripte unter einem Stapel
Sie sich selbst sowohl bald (Schulman 1994) als Papier liegenzulassen, der so lange wächst, bis der
auch oft (Schulman et al. 1993c) zitieren. Verwei- Boden durchbricht und die 27 graduierten Eng-
sen Sie nach Belieben auf andere Aufsätze (z. B. lisch-Studenten, die sich das Büro darunter teilen,
Blakeslee et al. 1993, Levine et al. 1993), sofern Sie erschlägt. Denken Sie stets daran, daß jeder wis-
auf der Autorenliste stehen. Wenn Sie die bean­ senschaftliche Aufsatz schwerwiegende Fehler ent-
tragten Mittel dann bewilligt bekommen, sackt Ihre hält. Wenn Ihre Irrtümer nicht vor der Veröffentli-
Universität, Firma oder Behörde sofort 30% bis chung entdeckt werden, müssen Sie irgendwann
70% davon ein, um das Gebäude zu heizen, den In- einen korrigierenden Nachtrag schreiben, in dem
ternet-Zugang zu bezahlen und große Yachten an­ Sie erklären a) wie und warum Sie Mist gebaut ha-
zuschaffen. Jetzt ist der Zeitpunkt für die eigentli­ ben und b) daß Sie, obwohl Ihre experimentellen
che Forschung gekommen. Sie werden rasch her­ Ergebnisse jetzt völlig anders aussehen, Ihre
ausfinden, daß a) Ihr Projekt nicht so einfach ist, Schlußfolgerungen nicht ändern müssen. Solche
wie sie gedacht haben, und b) Sie es nicht schaffen, Nachträge können Ihrer Karriere förderlich sein.
das Problem zu lösen. Ungeachtet dessen - und das Sie sind leicht zu schreiben, und üblicherweise
ist ganz wichtig - müssen sie auf jeden Fall publi- werden sie genauso zitiert wie richtige Aufsätze,
zieren (Schulman und Bregman 1994). was den oberflächlichen Leser (und vielleicht den
Science Citation Index) zu der Meinung veranlaßt,
Sie hätten mehr Aufsätze veröffentlicht, als es tat-
Wissenschaftliches Schreiben sächlich der Fall ist (Schulman et al. 1994).
Sie haben sich jahrelang mit einem Projekt be-
schäftigt und endlich festgestellt, daß Sie das Pro- Schlußfolgerungen
blem nicht lösen können, das Sie lösen wollten.
Nichtsdestoweniger ist es Ihre Pflicht, die wissen­ Der Abschnitt „Schlußfolgerungen" ist sehr einfach
schaftliche Gemeinschaft über Ihre Forschungen zu schreiben: Sie brauchen bloß Ihre Zusammen­
zu unterrichten (Schulman et al. 1993d). Halten Sie fassung zu nehmen und das Tempus von Präsens
sich vor Augen, daß negative Ergebnisse genauso zu Präteritum zu verändern. Es gilt als guter Ton,
wichtig sein können wie positive, und ebenso, daß lediglich in der Zusammenfassung und im Schluß-
Sie, wenn Sie nicht genügend veröffentlichen, Ihren teü mindestens eine relevante Theorie zu erwäh-
Platz in der wissenschaftlichen Gemeinschaft nie nen. Damit brauchen Sie nicht zu erklären, warum
behaupten werden. Wenn Sie einen wissenschaftli- Ihr Experiment mit der Theorie übereinstimmt
chen Artikel schreiben, dann ist das wichtigste, (oder nicht), Sie müssen nur behaupten, daß dies
was Sie beachten müssen, möglichst nie das Wort der Fall ist (oder nicht).
„welcher" zu benutzen. Verwenden Sie mindestens Wir (was bedeutet ich) stellten Betrachtungen
50% Ihrer Zeit (also zwölf Stunden pro Tag) auf das über den Prozeß des wissenschaftlichen Publizie-
Layout des Aufsätze, damit alle Tabellen auch rens an, die (was bedeutet welche) wichtig sind und
hübsch aussehen (Schulman und Bregman 1992). gerade rechtzeitig kommen, insofern als (was be­
156

deutet weil) ich nie eine andere Stelle kriegen wer­ Schulman, E., 1996, Publications ofthe Astronomical Soci­
de, wenn ich nicht bald mehr Aufsätze veröffentli- ety ofthe Pacific, 108, 460.
Schulman, E., Bregman, J. N., Collura, A., Reale, F. und Pe­
che. Diese Betrachtungen fügten sich ein in die res, C, 1993a,AstrophysicalJournal, 418, L67.
Theorie, daß es schwierig ist, gute wissenschaftli- Schulman, E., Bregman, J. N., Collura, A., Reale, F. und Pe­
che Forschung zu betreiben, gute wissenschaftliche res, G., 1994, Astrophysical Journal, 426, L55.
Schulman, E. und Bregman, J. N., 1992, Bulletin ofthe Ame-
Artikel zu schreiben und genügend Publikationen rican Astronomical Society, 24,1202.
vorweisen zu können, um eine gute Stelle zu be- Schulman, E. und Bregman, J. N., 1994, in: Schegel, E. und
kommen. Petre, R. (Hrsg.). The Soft X-Ray Cosmos, New York
(American Institute of Physics) 345.
Schulman, E. und Bregman, J. N., 1995, Astrophysical Jour-
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physicalJournal, 439, 155. Schulman, E., Bregman, J. N. und Roberts, M. S-, 1994,
Collura, A., Reale, F., Schulman, E. und Bregman, J.N., Astrophysical Journal, 423,180.
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Society, 26, 1411. cal Journal, 106,1978.
Schulman, E., 1995, Dissertation, Universität von Michigan.
Die wissenschaftliche
Gemeinschaft von innen -
Klatsch und Tratsch
zusammengestellt aus verschiedenen AIR-Ausgaben
von Stephen Drew, Aff?-Redaktion
Enthält 100% Tratsch aus Konzentrat

Hochfliegender Müll den (einschlägige Informationen in Science, 20. No-


vember 1993).
Die NASA-Verwaltung, die zu um so größerer Krea-
tivität aufläuft, je mehr ihr Budget zusammenge-
strichen wird, hat eine neue Methode ersonnen, Die Grenzen des Wachstums
um Geld aufzutreiben. Sie verfügt über einen nahe-
Die Erdbevölkerung wächst jährlich um etwa hun­
zu vollständigen Katalog der mehr als 10 000 Stük-
dert Millionen Menschen. Nun behaupten einige
ke Weltraumschrott, die auf Erdumlaufbahnen im
Ökonomen, daß „mit jedem Mund, den es zu stop-
All kreisen. Gegen eine Gebühr von 150 Dollar
fen gilt, ein zusätzliches Paar Hände vorhanden ist,
(„Wir haben diese Zahl gewählt, weil sie angemes-
das dafür sorgen kann, daß der Mund gestopft
sen klingt", erklärte uns ein Beamter) kann sich je-
wird". Ein neues Experiment soll diese Hypothese
de Privatperson ein Stück Schrott als Eigentum
testen. Nach dem Vorbild des Experiments „Bio-
überschreiben lassen. Gegen einen Zusatzbetrag
sphere" soll in der Wüste von Arizona eine Popu-
zeichnen Beobachtungssatelliten der NASA dessen
Sphere, ein hermetisch abgeschlossener Bau aus
feurigen Wiedereintritt in die Atmosphäre auf Vi-
Plexiglas, errichtet werden. Die Versuchsphase be-
deo auf. Eine weitere Gebühr wird erhoben, wenn
ginnt mit einer statistisch fast ausreichenden Men­
eventuelle Reste aufgespürt, geborgen und dem
ge von 200 Personen, allesamt im zeugungs- und
Besitzer frei Haus geliefert werden sollen. Eine
gebärfähigen Alter und mit strikter, religiös be-
vollständige Preisliste wird nächsten Monat her-
gründeter Ablehnung jeglicher Verhütung. Die Ver-
ausgegeben.
suchsleiter werden die Probanden im nächsten
Sommer in die PopuSphere einschließen und die
Schwer zu schlucken Bevölkerung zwanzig Jahre später zählen.
Ein dicker Bauch kann Vorteile haben. Christer
Brönmark und Jeffrey Miner von der Universität Dementi
Lund fanden heraus, daß europäische Karpfen ei-
Das US-Verteidigungsministerium will gegen einen
nen vergrößerten Mittelteil entwickeln, wenn sie
demnächst erscheinenden Bericht der Wirtschafts-
mehrere Monate mit Hechten zusammengelebt ha-
wissenschaftlerin Darlene Irons von der Plaston-
ben. Die Karpfen werden so dick, daß sie nicht
Universität vorgehen, wonach 42% der für die Stra-
mehr in das Maul des Raubfisches passen. Gegen-
tegische Verteidigungsinitiative (gemeinhin als
wärtig werden mehrere Studien in Angriff genom­
„Krieg der Sterne "-Raketenabwehrsystem bezeich­
men, die klären sollen, inwieweit dies auf Men-
net) bereitgestellten Geldmittel für die Entwicklung
schen übertragbar ist. Die künftigen Untersuchun-
von Videospielen verwendet worden seien.
gen sind insofern ungewöhnlich, als sie von einem
Konsortium deutscher Brauereien finanziert wer­
Besondere Empfehlung des
Hauses zur weiteren Lektüre
zusammengestellt aus verschiedenen 4//?-Ausgaben
von Stephen Drew und Katherine Lee, ,4//?-Redaktion
Wissenschaftliche Leckerbissen, die einen Gang in die Bibliothek verdienen1
tory, Bd. 107, 1977. (Wir danken Kevin Devine für
Ergebnisse, die haften bleiben den Hinweis auf diesen Artikel.)
„Deterministisches Chaos in der Fehlerfortpflan-
zung: Zur Dynamik des Abziehens von Klebestrei- Brisantes Bad
fen" [Deterministic Chaos in Failure Dynamics...], „Künstliche Kugelblitze" [Laboratory-Produced
von Daniel C. Hong und Su Yue, Physical Review Ball Lightning] von Robert K. Golka Jr., Journal of
Letters, Bd. 74, 1995, S. 254-257. (Wir danken Geophysical Research, Bd. 99, Nr. D5, 20. Mai
Claude Dion für den Hinweis auf diesen und auf 1994, S. 679-681. (Wir danken Dahv Klinerfür den
den nächsten Artikel.) Hinweis auf diesen Artikel.) Dieser Artikel be-
schreibt die Versuche des Autors, in seiner häusli-
Blatt im Wind chen Umgebung Kugelblitze zu erzeugen. Er schloß
dazu einen Trafo mit 150 000 Watt Leistung und
„Verhalten fallenden Papiers" [Behavior of a Fal- 10 000 Ampere mittels einer wassergefüllten Bade-
ling Paper], von Yoshihiro Tanabe und Kunihiko wanne kurz. Die entstehenden Feuerbälle
Kaneko, Physical Review Letters, Bd. 73, Nr. 10, „knistern und zischen und gleiten über die Wasser-
1994,S. 1372-1375. oberfläche... Ich sah einige unregelmäßig geformte
Feuerbälle sich in die Luft erheben... Diese leuch­
Keine Hitzköpfe tenden Feuerbälle tanzen manchmal schnurstracks
aus der Wanne auf den Boden."
„Das Kühlvermögen des Taubenkopfes" [The coo-
ling power of the pigeon head], von Robert St. Lau-
rent und Jacques Larochelle, Journal of Experi- Dunkel im Licht
mental Biology, Bd. 194, 1994, S. 329-339. (Wir „Die Verwendung von Bohnerwachs zur Fixierung
danken Zen FaulkesfÜr den Hinweis auf diesen Ar- von Gewebsschnitten für die Lichtmikroskopie"
tikel.) [Use of Floor Polish...] von K. M. Imel, Microscopy
today, Ausgabe Nr. 95-1, 1995. (Wir danken Gail
Besser geht's nicht Celio für den Hinweis auf diesen Artikel.) Ein Aus-
zug aus dem Bericht: „Im Lauf der Jahre wurde
„Die Korrektur des Unkorrigierbaren" [Correcting eine Reihe von Methoden zur Fixierung von Ge-
the incorrigiblel, von G. von Hilsheimer, W. Phil- websschnitten auf Objektträger beschrieben. Die-
pott, W. Buckley und S. C. Klotz, American Labora­ ser Artikel stellt ein neuartiges Fixiermedium vor,
das preiswert und jederzeit im nächsten Super-
markt zu beschaffen ist - Bohnerwachs. Bohner-
1 wachs wies bei manchen Geweben einen viel gerin-
Zum leichteren Aufspüren sind dio gekürzten Originaltitel
hinzugefügt, d.U. geren Grad von Veränderungen des Gewebsbildes
159

auf als die bisher in unserem Labor verwendeten Seekranke Seebewohner


Medien einschließlich Permount® (Fisher Chemical,
Fair Lawn, New Jersey) und dreißigprozentiger „Kinetose bei Amphibien" [Motion sickness in am-
Saccharose in destilliertem H20." phibians] von Richard J. Wassersug, Akemi Izumi-
Kurotani, Masamichi Yamashita und Tomio Naitoh,
Behavioral and Neural Biology, Bd. 60, 1993, S.
Geblöktes Blabla 42-51. Ein Auszug aus der Zusammenfassung:
„Die Wahrnehmung von Sprachlauten, aufgenom- „Wir untersuchten die Frage, ob es Amphibien
men im Uterus eines trächtigen Schafes" [The per­ beim Fliegen schlecht werden kann, und setzten
ception of speech sounds...] von Scott K. Griffiths, dazu Frösche (Anura) und Salamander {Urodela)
W. S. Brown Jr., Kenneth J. Gerhardt, Robert M. auf einem Parabelflug den entsprechenden Reizbe-
Abrams und Richard J. Morris, Journal oftheAcou- dingungen aus. Die Tiere wurden vor dem Flug ge-
stical Society of America, Bd. 96, Nr. 4, Oktober füttert. Wenn sich danach Erbrochenes in ihrem
1994. (Wir danken Lucy Horwitz für den Hinweis Behälter fand, wurde dies als Anzeichen für kineto-
auf diesen Artikel.) sebedingte Emesis gewertet."

Mißglückter Rinderbraten Tropisches Trauma


„Fremdkörperbedingte Endometritis bei einer „Verletzungen durch herabfallende Kokosnüsse"
Kuh" von A. Boos und D. Ahlers, Deutsche tierärzt- [Injuries Due to Falling Coconuts] von Peter Bars,
liche Wochenschrift, September 1994, S. 341-380. The Journal of Trauma, Bd. 24, Nr. 11, 1984, S.
(Wir danken R. S. Youngquist für den Hinweis auf 990-991. (Wir danken James Barone für den Hin­
diesen Artikel.) Die Autoren berichten, daß sie sich weis auf diesen Artikel.) Ein Auszug aus der Zu-
Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke einer Kuh sammenfassung: „Eine Durchsicht der traumabe-
vom örtlichen Schlachthof beschafften und daß die dingten Hinlieferungen in das Bezirkskrankenhaus
Befunde post mortem für eine subakute bis chroni- Alotau, Provinz Milne Bay, in einem Zeitraum von
sche Endometritis sprachen, hervorgerufen durch vier Jahren ergab, daß 2,5% dieser Patienten von
ein Feuerzeug, das sich im Uterus fand. einer herabfallenden Kokosnuß getroffen worden
waren. Da fruchttragende Kokosnußpalmen eine
Höhe von 24 bis 35 Meter haben und eine Kokos-
Milch und Haar nuß inklusive ihrer faserigen Hülle ein bis vier Kilo
wiegen kann, sind Schläge auf den Kopf mit einer
„Der Zusammenhang zwischen Kopfhaar wirb ein Kraft von über einer Tonne möglich."
und Melkstandseitenpräferenz" [The relationsship
between facial hair whorls...] von M. Tanner et al.,
Abstract Nr. 797 aus Journal of Dairy Science, Bd. Versüßte Geburt
77, Abstracts der Jahreskonferenz 1994. (Wir dan-
„Eine prospektive Studie des Nettogewichts von
ken C. Robert Campbell für den Hinweis auf diesen
Pralinenpräsenten postpartum: Korrelation mit
Artikel.)
dem Geburtsgewicht" [A Prospeetive Study of Post-
partum Candy Gift...] Obstetrics and Gynecology,
Ein großer Sprung für die Froschheit Bd. 82, 1993, S. 156-158. (Wir danken Stephan
Rössner für den Hinweis auf diesen Artikel.) Die
„Verhalten des japanischen Baumfrosches bei Mi- Autoren befragten für ihre Datenerhebung Hebam­
krogravitation" [Behavior of Japanese tree frog...] men; diese gaben das Gewicht der Pralinenschach-
von A. Izumi-Kurotani, M. Yamashita, Y. Kawasaki, teln an, die sie von dankbaren Eltern erhalten hat-
T. Kurotani, Y. Mogami, M. Okuno, T. Akiyama, A. ten, sowie das Geburtsgewicht des jeweiligen Kin­
Oketa, A. Shiraishi und K. Ueda, Biological Sciences des. Es fand sich keine Korrelation.
in Space, Bd. 5, 1991, S. 185-189.
160

Hinein ins digitale Zeitalter Chirurgische Chuzpe


„Die digital gewonnene Stuhlprobe" [The Digitally „Der Bauchreißverschluß: eine chirurgische Über-
Obtained Stool Sample] (ohne Autorenangabe), raschung" [The Abdominal Zipper...] von V. Marti-
Emergency Medicine, Bd. 25, Nr. 16, Dezember nez-Ibanez, J. Lloret und J. Boix-Ochoa, Chirurgia
1993, S. 42. (Wir danken Gauri Bhide für den Hin- Pediatrica, Bd. 5, Nr. 3, Juli 1992, S. 182-183. Be-
weis auf diesen Artikel.) merkenswerterweise ging der AIR-Mitbegründer
Alexander Kohn 1958 als erster mit der scherzhaft
gemeinten Idee eines Bauchreißverschlusses in die
Psychiatrisch bedeutsame Reaktionen Literatur ein.
auf Blutegel
„Psychiatrisch bedeutsame Reaktionen auf Blut­ Die Ausnahme von der Regel
egel" [Psychiatrie reactions to leeches] von W. A.
James, R. L. Frierson und S. B. Lippmann, Psycho- „Könnten Schaufensterpuppen menstruieren?"
somatics, Bd. 34, 1993, S. 83-85. In einem Teil die- [Could mannequins menstruate?] von Minna Rin-
ser Untersuchung erhielt der Patient die Anwei- tala und Pertti Mustajoki, British Medical Journal,
sung, er solle „die Blutegel benennen, um dadurch 19.-26. Dez. 1992, Bd. 305, S. 1575-1576. (Wir
Stärke zu gewinnen." (Wir danken Kerry Chamber- danken Doug Lindsey für den Hinweis auf diesen
lain für den Hinweis auf diesen Artikel.) Die Artikel.) Die Autorinnen erklären: „Schaufenster­
Diskussion gibt Empfehlungen für die Praxis: puppen in Modegeschäften können beeinflussen,
„Während der Anfangsphasen der Blutegeltherapie was Frauen als Idealgewicht wahrnehmen. Wir be-
empfinden manche Patienten möglicherweise ver- obachteten die Veränderungen der Figur von Klei­
stärkte Angst. Manchmal können Erscheinungen derpuppen im Laufe der Zeit und untersuchten, ob
wie Erregung, Feindseligkeit und Mißtrauen das Frauen mit einer solchen Figur ausreichend Kör­
Einsetzen ernster emotionaler Störungen ankündi- perfett besäßen, um zu menstruieren... Eine Frau
gen... Dies könnte von Bedeutung sein, da der zu­ mit der Figur einer modernen Schaufensterpuppe
sätzliche Streß der Blutegelanwendungen unter würde wahrscheinlich nicht menstruieren."
Umständen eine Depression mit Hoffnungslosigkeit
und suizidalem Denken verschlimmert."
Einstürzende Neubauten
„Zusammenbrechende Toiletten in Glasgow" [The
Denk' vorm Getränk! collapse of toilets...] von J. P. Wyatt, G. W.
„Milch und Denkstörungen" [Milk and thought dis- McNaughton und W. M. Tullet, Scottish Medical
order] von W. M. Bowerman, Journal ofOrthomole- Journal Bd. 38, 1993, S. 185. (Wir danken Vidya
cular Psychiatry, 1980, Bd. 9, S. 263. (Wir danken Rajanfür den Hinweis auf diesen Artikel.) Ein Aus­
Kevin Devinefür den Hinweis auf diesen Artikel.) zug aus der Einleitung: „Wir beschreiben drei Pa-
tienten, die sich in einem Zeitraum von sechs Mo­
naten mit Verletzungen vorstellten, die sie sich auf
Absorbierend einer Toilette zugezogen hatten, welche unvermit-
„Supersaugfähige Windel kann Verwirrung verur- telt unter ihnen zusammenbrach."
sachen" [Super effective diaper...] von A. Lavin, Pe-
diatrics, Bd. 78, Nr. 6, 1986, S. 1173-1174. (Wir Natürliche Stromerzeugung
danken Gary Park für den Hinweis auf diesen Arti-
kel.) „Elektrizität aus der Toilettenschüssel" [Electricity
Out of the Toilet Bowl] von B. Miller, Search, Bd.
25, Nr. 8, 1994, S. 246. (Wir danken Paul Rattray
Der Gipfel für den Hinweis auf diesen und den nächsten Arti-
„Urin- und Plasmaproteine bei Männern in 5400 m kel.)
Höhe" [Urine and plasma proteins...] von D. Rennie,
R. Freyser, G, Gray und C. Houston, Journal of Ap-
plied Physiology, Bd. 31,1972, S. 369-373.
161

Output Konferenz über die Verbesserung der Eigenschaf­


ten von Hülsenfrüchten, veranstaltet im Marriott
„Krankenhaustoilettenanlagen - eine Bestandsauf­ University Place, East Lansing, Michigan, am 25.-
nahme" [A Survey of Hospital Toilet Facilities] von 28. Oktober 1995. (Wir danken Bob Clark für den
A. F. Travers, E. Burns et al., British Medical Jour- Hinweis auf diesen Artikel.)
nal, Bd. 304, Nr. 6831, 1992, S. 878-879.

Der springende Punkt


Input
„Die Kopulation als möglicher Mechanismus zur
„Wirkung von oral aufgenommenem Sperma auf Aufrechterhaltung der Monogamie bei Stachel-
die Fruchtbarkeit der Ratte" [Effect of ingested schweinen, Hystrix indica" [Copulation as a possi-
sperm...] von R. A. Allardyce, Journal of Experi- ble mechanism...] von Z. Sever und H. Mendels-
mental Mediane, Bd. 159, 1984, S. 1548-1553. sohn, Animal Behavior, Bd. 36, Nr. 5, 1988, S.
(Wir danken Barbara Piacente für den Hinweis auf 1541-1542. (Wir danken Wendy Cooper für den
diesen Artikel.) Hinweis auf diesen Artikel.)

Neuro-urinäre Kartierung Sichere Sitzgelegenheit


„Kartierung der Gehirnaktivität während der Mik- „Der Gonokokkus und die Toilettenbrille" [The Go-
tion" [Mapping of the Brain Acitvity...], Vortrag von nococcus and the toilet seat] von James H. Gilbaugh
Bertil Blök von der Universität Groningen auf der Jr. und Peter C. Fuchs, The New England Journal of
Jahreskonferenz der Gesellschaft für Neurowissen- Mediane, Bd. 301, Nr. 2, 1979, S. 91-93. (Wir dan-
schaften im November 1995. (Wir danken John ken J. E. Charlton für den Hinweis auf diesen Arti-
Travis für den Hinweis auf diesen Beitrag.) Ein kel.) Ein Auszug aus dem Artikel: „Fest steht, daß
Handzettel beschrieb (unter anderem) eine Schwie­ sich auf Toilettenbrillen, die mit eitrigen, gonokok-
rigkeit, die die Forscher, äh, handhaben mußten: kenhaltigen Absonderungen kontaminiert sind,
„Eine erste Aufnahme des Gehirns wurde vor dem mehrere Stunden lang lebensfähige Erreger nach-
Wasserlassen hergestellt, als die Männer eine ge- weisen lassen. Doch [wir haben festgestellt, daß]
füllte Blase hatten. Eine zweite wurde aufgenom- kontaminiertes Toilettenpapier als unmittelbare
men, wenn die Blase entleert worden war. Neun Quelle ein größeres Potential besitzt als Toiletten-
der 14 Freiwilligen gelang es, unter diesen künstli- brillen."2
chen und schwierigen Umständen zu urinieren."

Erbsenzähler
„Ergänzende Untersuchungen zur Flatometrie" 1
Bezug auf diesen Artikel nehmen auch Moi, H. und Kleist.
[Further studies in flatometry] von D. Fan, J. Tom­ E. in ihrem hier abgedruckten Beitrag: „Übertragung von
lin und C. L. A. Leakey, Arbeitsunterlage für eine Gonorrhoe durch eine aufblasbare Puppe."

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