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eDOSSIER

52.2015
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Fußball & Design


Wie man treffsicher authentische
Corporate Designs für
Fußballvereine gestaltet

Das PAGE eDossier 52.2015 enthält einen Beitrag aus PAGE 12.2015 (EVT 04.11.2015) im Originallayout.
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Klassen-
erhalt!
Der Ball ist rund, ein Spiel hat 90 Minuten. Klar.
Aber wie gestaltet man treffsicher für Fußballclubs und ihre Anhänger?

● Fußballfans verzeihen schwer. Kom­mu­ wert deutscher Fußball-Profis ermittelt – den Saison – bei vielen Klubs spätes­tens
nizieren ihr Verein und ihre Spieler nicht und zwar ausschließlich anhand der Wahr­ dann, wenn der Ausrüster gewechselt wird.
authentisch mit ihnen, verlieren sie sehr nehmung durch die Fans. »Das führt in der aktuellen Spielzeit da­
schnell Vertrauen. Denken wir nur mal an Die Ergebnisse der Studie waren teils zu, dass die von PUMA ausgestatteten Ver­
die empörten Kommentare zum »Kicker«- überraschend. So ist Bastian Schweinstei­ eine (Borussia Dortmund, VfB Stuttgart
Interview mit Manuel Neuer, in dem der ger trotz seines Wechsels zu Manchester und Fortuna Düsseldorf ) alle mit dersel­
Star-Keeper auswendig gelernte Sätze sei­ Uni­ted der Spieler, der sich am besten ver­ ben Schrift für Rückennummern, Vereins-
nes Wer­be­part­ners Sony strikt herunter­ markten lässt, gefolgt von Thomas Müller und Spielernamen auflaufen«, sagt Helmut
plapperte. Auch im Fußball sind ein pro­ und Philipp Lahm. Mario Götze dagegen, Ness. Nahezu iden­tische Trikotbeschriftun­
fessionel­les Markenmanagement und ein WM-Siegtorschütze und Sponsorenliebling, gen – ebenfalls aufgrund des Ausrüsters –
stringen­tes Erscheinungsbild wesentli­cher landete nur auf Platz 23 (  w ww.soccerstar gibt es auch bei dem 1. FSV Mainz 05 und
Be­stand­teil einer starken Unternehmens­ check.de  ). Warum das wichtig ist? Weil Fuß­ der TSG 1899 Hoffenheim (Lotto Sport) so­
kommunikation. baller beliebte Testimonials sind – und es wie beim SV Werder Bremen und Hertha
Nicht umsonst entstand 2013 Jung von nicht zielführend ist, mit einem bei Fans BSC (Nike). »Eine nachhaltige Differenzie­
Matt/sports, mit den ehemaligen Fußball­ ungeliebten Gesicht zu werben. Dass auch rung des Erscheinungsbilds durch Schrift,
profis Christoph Metzelder und Katja Kraus »normale« Agenturen prima Fußballkom­ wie es die allgegenwärtigen Klubfarben ver­
sowie Werber Raphael Brinkert als Grün­ munikation machen können, beweist Milk, mö­gen, ist dadurch ungleich schwerer.«
dungsgeschäftsführern. Die Hamburger die neben Nicht-Fußball-Kunden verschie­ Nicht zuletzt, so Ness und Berndt, habe
Agen­tur entwickelt nicht nur die Kommu­ dene Klubs und Einzelspieler betreut. Mehr die richtige Schriftwahl auch einen ganz
nikation für Vereine wie den FC Schalke 04, dazu im Interview mit Milk-Geschäftsfüh­ prag­matischen Grund – die gute Lesbar­
sondern hat zusammen mit der Strategiebe­ rer Lukas Keller ab Seite 32 f.. keit. »Al­ler typografischen Eigenbrötlerei
ratung &Equity kürzlich auch den Marken­ zum Trotz: Steht man im obersten Rang der
Stiefkind Vereins-Typo Fan­kurve, ist die Fernwirkung der Beschrif­
Helmut Ness und Stefan Berndt von Fuenf­ tung nicht unerheblich, schließlich müs­
werken Design machen sich als einge­ sen die Fans Spieler zweifelsfrei zuordnen
fleisch­te Fußballfans eine Menge Gedan­ können. Auch hier lassen die meisten Ver­
ken über die Auftritte der Vereine, die vor­ eine das nötige Fingerspitzengefühl für
der­gründig durch ihre Farbigkeit geprägt Schrift, Zei­chenabstände und lesefreund­

THE
sind. »Selbst diejenigen, die wenig für Fuß­ liche Formen vermissen.«
ball übrighaben, können Spitznamen wie Exklusiv für PAGE nahmen Helmut Ness

ME die Königsblauen oder die Roten Teufel ei­ und Stefan Berndt vier Vereine sehr genau

N nigermaßen fehlerfrei bestimm­ten Klubs


zuordnen«, meint Stefan Berndt. Der Ty­po­
grafie messen die Vereine dagegen nach wie
unter die Lupe (siehe Seite 34 f.) und frag­
ten: Welche der vier Elemente – Verein,
Aus­rüster, Hauptsponsor und Verband –
vor wenig Bedeutung bei. Ent­sprechend sind identitätsstiftend? Wie ist die Ge­
flüch­tig und beliebig wirkt die Schriftaus­ wich­tung und somit die Kommunikation
wahl, häufig ändert sie sich nach der laufen­ nach außen? ant
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Die Verkaufserlöse aus


Lukas Podolskis Street-
wear-Label Strassenkicker
( w
  ww.strassenkicker.com ) 
gehen zu 100 Prozent an
seine Stiftung für den Bau
von Bolzplätzen in sozial
schwächeren Regionen
Foto: Paul Ripke
032 PAGE 12.15 › THEMEN › Fußball & Design

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»Wenn es gelingt, eine


gute, authentische
Marke aufzubauen, hilft
das auch in sportlich
schlechten Zeiten«
Lukas Keller, einer der Geschäftsführer von Milk, Köln ↗  www.milkdesign.de  

● Lukas Keller betreibt zusammen mit Tim tern: Du musst die Zielgruppe richtig gut Jung von Matt/sports. Außerdem betreue
Baader seit 1998 Milk in Köln, eine Full- kennen, die Sprache der Leute treffen und ich sehr gerne auch Nicht-Fußball-Projek­
Service-Agentur für strategische Marken­ im richtigen Moment das Richtige tun. te. Die Fokussierung auf authenti­sche Kom­
führung und -kommunikation. Einer ihrer Fußballfans verzeihen nicht so munikation, die im Fußball so wichtig ist,
Schwerpunkte liegt im Sport, so entwickel­te schnell, wenn man mal danebenliegt? hilft mir auch bei sämtlichen anderen Jobs.
Milk nicht nur das neue Corporate Design Das ist ganz schlimm. Da kann man rich­ Egal, ob nun Fan, Vorstand oder Verbrau­
der Fußballnationalmannschaft und gestal­ tig viel Vertrauen verspielen. cher, es geht immer um die Beziehung zu
tete das WM-Buch »One Night in Rio«. Die Wie bekommt man diese Kompetenz, Menschen und darum, sie zu bewegen. Wir
Kölner arbeiten auch für Vereine wie den dieses Gefühl für die Fans? wollen verstehen, was an­dere besonders
VfL Wolfsburg sowie für einzelne Spieler, Hilfreich ist, selbst schon mal gekickt oder macht, und anschließend diese Ei­gen­schaf­
darunter Lukas Podolski, Thomas Müller, ein Stadion von innen gesehen zu haben, ten, Vor­teile oder Botschaften in eben­so be­
Sven und Lars Bender, Mats Hummels oder um zu verstehen, was bei einem Fan zu kom­ son­dere Konzepte, Bilder oder Filme über­
René Adler. Mit Lukas Keller sprachen wir merziell wirkt, zu platt oder zu anbiedernd. setzen. Spannende und authentische Ge­
über die richtige Tonality, Designbewusst­ Und dann macht es natürlich die Erfahrung. schich­ten sind doch der Weg, Menschen
sein und Durchhaltevermögen.  ant Wir sind einfach schon sehr lan­ge in die­ zu begeistern – ich suche genau diese Ge­
sem Geschäft. Hinzu kommt, wir spielen schich­ten.
Brauchen Fußballfans eine spezielle selbst Fußball. Welches war der erste Verein, den Sie
gestalterische Ansprache? Aber Milk ist keine reine betreut haben?
Lukas Keller: Sie sind sehr emotional mit Fußballagentur? 2005 haben wir als Kölner Agentur den Ju­
ihrem Verein verbunden. Deshalb gilt im Nein. Wir sind fußballaffin, aber keine ehe­ das-Akt vollzogen und begonnen für Bayer
Fußball noch stärker als bei Konsumgü­ maligen Profis wie Christoph Metzelder bei 04 Leverkusen zu arbeiten. Nach kurzer Zeit

Ob die Jungs vom VfL Wolfsburg wirklich ihr letztes Hemd für Thomas Müller ist wohl einer der authentischsten, bodenständigsten
den Verein geben? Wohl eher nicht, trotzdem machte die Kampagne Fußball-Profis. Das kommuniziert auch die von Milk konzipierte und
die Stars weniger unnahbar gestaltete Homepage ( w  ww.esmuellertwieder.de ) 
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stellten wir fest: Die einzig authentische Natürlich ist für jeden Fußballfan die Na-­ steht halt immer an erster Stelle – Bildbe­
Bot­schaft, die der Verein kommunizieren tionalmannschaft etwas sehr Besonderes. arbeitung schießt eben keine Tore.
kann, ist zu sagen »Wir sind eine Werkself«. Schon allein, weil die Projekte und das De­ Wie viel nützt ein gutes Corpo­-
Also haben wir dieses Thema entwickelt – sign ja eine komplett andere Strahlkraft rate Design, wenn die fußballerische
vom Icon-Set bis zur Fankollektion. Acht haben, dafür interessieren sich viel mehr Leistung nur mittelmäßig ist?
Jahre lang haben wir den Verein betreut, von Menschen als für das Erscheinungsbild ei­ Völlig egal, was man macht, wenn die
der Gestaltung von Anzeigenkampagnen ner regional verankerten Mannschaft. Ich Mann­schaft unterirdisch spielt, hat es we­
über die Realisierung von TV-Spots und das bin ohnehin seit jeher der Meinung, dass nig Wert. Viel hängt einfach am sportli­chen
Sta­dion-Branding bis hin zum Merchandi­ die Nationalmannschaft eine der stärks­ Erfolg. Wobei es auch da Ausnahmen gibt.
sing. Und ganz nebenbei haben wir mit der ten Mar­ken im Sport ist und daher auch ei­ Etwa das Phänomen 1. FC Köln. Egal, in
Werks­elf-Kampagne den Sportmarketing­ nen ganz besonderen Auftritt haben müss­ welcher Liga der Club spielt, es kommen
preis gewonnen. te. Das ist in einem derart großen Verband immer 40 000 Zuschauer. Gleiches gilt für
Die Mannschaft als Werkself zu allerdings nicht immer so einfach zu ver­ St. Pauli. Eigentlich das beste Beispiel, weil
positionieren, stieß aber nicht überall mitteln. St. Pauli es auch gestalterisch richtig macht.
auf Begeisterung. Wie stark ist Designbewusstsein im Köln ist in dieser Hinsicht leider nicht so
In diversen Foren gab es zunächst einen hef­ Fußball ausgeprägt? gut beraten. Wenn es aber gelingt, eine gu­
tigen Shitstorm. Das hat sich aber geän­ Das ist unterschiedlich. Es gibt Vereine, te, authentische Marke auf­zubauen, hilft
dert. Das Wort »Werkself« ist inzwischen die sehr professionell aufgestellt sind. Der das auch in sportlich schlech­ten Zeiten.
nicht nur in die Trikots der ersten Elf ein­ VfL Wolfsburg beispielsweise ist da gut be­ Ver­einen ein Gesicht zu geben ist bei man­
gestickt, wenn Bayer 04 Leverkusen heute setzt und hat als Tochterunternehmen von chen leichter, bei manchen eben schwieri­
ein Tor schießt, brüllt das ganze Stadion: VW ein ech­tes Bewusstsein für Corporate ger. Die nicht so beliebten ein biss­chen be­
»Tor für die Werkself !« Identity. Der DFB hat mit Oliver Bierhoff liebter zu machen ist eine schöne Heraus­
Das Durchhalten des Konzepts hat einen der design- und markenaffinsten forderung.
sich also gelohnt. Menschen im Sport in seinen Reihen. Bei Für welchen Verein würden Sie gerne
Auf jeden Fall. Wenn man mit Kunden zu­ anderen Klubs muss man bezüglich Cor­ mal arbeiten?
sammenarbeitet, die mit Gestaltung nicht porate Design, Bildsprache et cetera erst Am liebsten würde ich es irgendwo in Eng­
so viel Erfahrung haben, und die Idee der mal viel Überzeugungsarbeit leisten. Es ist land versuchen. Vielleicht bei Arsenal. In
Agentur schlägt nicht sofort ein, wird sehr nicht immer leicht, die Verantwortlichen Großbritannien hat Fußball noch mal ei­
schnell der Ruf nach etwas komplett Neu­ davon zu überzeugen, dass Dinge wie Post­ nen anderen Stellenwert – noch mal ein
em laut. Den Kunden davon zu überzeugen, produktion zwar Geld kosten, aber trotz­ ganz anderes emotionales Niveau.
dass man den eingeschlagenen Weg erst dem nötig sind. Ich denke ein Bedarfsge­ Kicken Sie denn selbst auch noch?
mal eine ganze Zeit gehen muss, bis Fans fühl für mehr Qualität ist schon da, man Ich habe vorgestern das Siegtor geschos­
und Medien die Idee verstanden und ge­ muss es nur wecken. sen. Davon werde ich den Rest der Woche
lernt haben – das kann ein schwieriger Pro­ Dass Geld eine Rolle spielt, wundert zehren. Die großen Ambitionen sind mit
zess sein. mich. Wenn man zig Millionen für meinen 46 Jahren zwar vorbei, aber ein biss­
Noch schwieriger stelle ich mir das bei Spieler ausgibt, sollten doch auch chen was geht noch.
der Zusammenarbeit mit einem noch ein paar Euro fürs Design
Riesenverband wie dem Deutschen übrig sein.
Gelungene Fußball-Kommunikation.
Fußball Bund vor. Oder war das Die unglaublichen Gehälter und Ablöse­ Weitere spannende Beispiele sehen
Projekt »Die Mannschaft« ein Job summen im Fußball sind ja zu Recht auch Sie unter↗  www.page-online.de/
wie jeder andere? in der Diskussion, aber sportlicher Erfolg fussball_1215  

Und noch ein Sympathieträger des deutschen Fußballs, für den Milk Gemeinsam entwickeln Milk und Lukas Podolski gerade das
die Website realisierte. Mats Hummels, der keine Marke sein will, Label Strassenkicker. Höhepunkt der Kollektion: Poldi trägt
sondern lieber eine starke Persönlichkeit ( w
  ww.mats-hummels.net )  »University of Strasse« im Harvard-Look
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Viererkette
Helmut Ness und Stefan Berndt von Fuenfwerken
Design über Vereins-Identitäten im Spannungsfeld
von Klub, Verband, Hauptsponsor und Ausrüster

Schalke 04
Abseits vom Mainstream
● Die Königsblauen aus dem wenig royal anmutenden
Gelsenkirchen gehen typografisch eigene Wege. So setzt
das Erscheinungsbild auf jene Schriftsippe, die Kurt Wei­
demann in den 1980er Jahren für Daimler-Benz entwarf:
die Corporate A-S-E. Besonders die kontrastreichen
Schnit­te der Egyptienne (Corporate E) und Sans (Cor-
porate S) prägen den Schalker Auftritt seit einigen Jah-
ren. Schließlich sind die Knappen aktuell der einzige Bun­
desligaverein, der auf eine elegante serifenbetonte Li-
near-Antiqua setzt. Und noch etwas ist einzigartig: Trotz
der offiziellen DFL-Statuten, die besagen: »Es sind Block­
buchstaben zu verwenden, deren Schriftgröße maximal
7,5 Zentimeter betragen darf«, laufen die Schal­ker mit ei-
ner Trikotbeschriftung in gemischter Schreibweise auf.

VfL Wolfsburg
Undercover-Marketing
● Der typografische Auftritt der Wölfe hat sich dem
Betrachter in den vergangenen Spielzeiten wenig
aufgedrängt. Und auch in der laufenden Saison ver-
mag die eigenartige Kombination aus grüner Schrift
mit blauer Outline nicht vollständig zu überzeugen.
Spannend ist sie dennoch, da sie die Grenzen des er-
laubten Sponsorings verschiebt. Denn tatsächlich ist
es den Bundesligamannschaften vonseiten der DFL
lediglich auf der Vorderseite der Trikots erlaubt, Wer­
bung zu platzieren. In diesem Fall ist es die neue Volks­
wagen-Hausschrift (siehe PAGE 08.15, Seite 59),
die deutlich sichtbar auf jedem Rücken des Werk­-
teams prangt.
Zwar hatte man bereits in der Vergangenheit mit
der Volkswagen Headline – einer modifizierten Futu­
ra – eine Unternehmensschrift in Gebrauch, aller-
dings tat sich diese im Fußballkontext nicht sonder-
lich hervor. Die jetzige Marketingmaßnahme, die aus
typografischer Sicht wohl einzigartig im deutschen
Profifußball ist, springt zwar wahrscheinlich nur we-
nigen Kennern ins Auge, interessant ist sie dennoch.
Stellen wir uns vor, wie Trikots in Zukunft aussehen
könnten, die von Sponsoren mit deutlich prägnan­
terem Erscheinungsbild finanziert werden.
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Manchester United
Nerv der Fans getroffen
● Im Vergleich zur deutschen Liga nimmt die eng-
lische einen viel größeren Einfluss auf das typogra-
fische Erscheinungsbild der Teams. In den offiziellen
Spielen der Premier League treten alle Vereine ein-
heitlich mit der Schrift Premier League für Rücken­
nummern, Vereins- und Spielernamen auf. Eine typo­
grafische Differenzierung der Vereine findet nur im
internationalen Wettbewerb statt, zum Beispiel in
der Champions League. Dafür hat sich Manchester
United in der laufenden Saison eine Exklusivschrift
von Sponsor adidas entwerfen lassen, die bereits
1982 das Trikot der Red Devils zierte und für die Sai-
son 2015/2016 behutsam modernisiert wurde (rotes
Trikot). Auf schriftgestalterische Details und Lese-
freundlichkeit legte man dabei jedoch wenig Wert.
Nichtsdestotrotz scheint die röhrenartig-geome-
trische Schrift, die von den britischen Nummernschil­
dern inspiriert ist, genau den Nerv der Anhänger zu
treffen: Laut adidas stieg der Verkauf des neuen
Manchester-United-Kits in den ersten Verkaufsta-
gen um 200 Prozent.

Hamburger SV
Markenbewusst
● Die von Mutabor 2011 auf den Weg gebrachte
Markenidentität des Hamburger Sportvereins schafft
in vielen Medien eine visuelle Stringenz, die nur die
wenigsten Bundesligavereine erreichen. Im Mittel-
punkt des stark typografisch geprägten Auftritts
stehen die Exklusivschriften HSV Slab und HSV Sans,
die auf der Soho und Soho Gothic des britischen De-
signers Seb Lester (  www.seblester.com )  basieren. Im
Grafiken: Sieglinde Fischer/Fuenfwerken Design AG (www.fuenfwerken.com)

Gegensatz zur dezenten Corporate E der Schalker


setzt der HSV auf eine kräftige Vertreterin der Slab-
Serif-Schriften. Vor allem auf den Trikots hebt man
sich mithilfe der serifenbetonten Schrift deutlich vom
serifenlosen Einheitsbrei der Liga-Konkurrenz ab.
Im typografischen Konzept des HSV lässt sich ganz
deutlich das Mitwirken einer Brandingagentur erken­
nen – ein sinnvoller Zusammenschluss, wenn vom
Verein als Marke die Rede ist.

Als Anhängern des 1. FC Union Berlin


ist Helmut Ness und Stefan Berndt
von Fuenfwerken Design der eklek­-
tische Einsatz von Schriften im Auf-
­tritt der Eisernen ein Dorn im Auge.
Es juckt sie in den Fingern, aus dem
einzigartigen Vereinswappen mit
seinem nach links geneigten Schriftzug eine identitätsstif-
tende Typografie zu entwickeln – man stelle sich die ersten
linkskursiven Rückennummern der Liga vor!
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