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Inhaltsverzeichnis

1. Preflop Philosophie .................................. -3-


1.1 Das Start-Hand Tabellen-Dilemma .................................. -3-
1.2 Das Start-Hand Puzzle .................................. -4-

2. Under the Gun (UTG) .................................. -5-


2.1 Eröffnungs-Range .................................. -5-
2.2 Verteidigung gegen 3-Bets .................................. -11-

3. Mittlere Position (MP) .................................. -14-


3.1 Eröffnungs-Range .................................. -14-
3.2 Verteidigung gegen 3-Bets .................................. -15-
3.3 Callen gegen Eröffnung von UTG .................................. -15-
3.4 3-Bet gegen Eröffnungen von UTG .................................. -16-

4. Cutoff (CO) .................................. -17-


4.1 Eröffnungs-Range .................................. -17-
4.2 Verteidigung gegen 3-Bets .................................. -18-
4.2.1 Verteidigung gegen 3-Bets vom Button .................................. -18-
4.2.2 Verteidigung gegen 3-Bets von den Blinds .................................. -19-
4.3 Callen gegen Eröffnungen von EP .................................. -19-
4.4 3-Bet gegen Eröffnungen von EP .................................. -21-

5. Button (BU) .................................. -22-


5.1 Eröffnungs-Range .................................. -22-
5.2 Verteidigung gegen 3-Bets .................................. -23-
5.3 Callen gegen Eröffnungen .................................. -24-
5.4 3-Bet gegen Eröffnungen .................................. -25-

6. Das Spiel aus den Blinds .................................. -26-


6.1 Small Blind (SB) .................................. -27-
6.1.1 Eröffnungs-Range .................................. -27-
6.1.2 Callen gegen Eröffnungen von UTG & MP .................................. -30-
6.1.3 Callen gegen Eröffnungen von CO & BU .................................. -31-
6.1.4 3-Bet gegen Eröffnungen .................................. -32-

6.2 Big Blind (BB) .................................. -33-


6.2.1 Callen gegen Eröffnungen von UTG & MP .................................. -34-
6.2.2 Callen gegen Eröffnungen von CO & BU .................................. -35-
6.2.3 3-Bet gegen Eröffnungen .................................. -39-

7. Limper isolieren .................................. -41-

8. Multiway Pötte & Squeezen .................................. -42-


8.1 Flatcall Multiway .................................. -42-
8.2 Squeeze .................................. -43-

9. Preflop Betsizing .................................. -43-


9.1 Open Raise Sizing .................................. -44-
9.2 3-Bet Sizing .................................. -44-
9.3 4-Bet Sizing .................................. -45-
9.4 Isolations Sizing .................................. -45-

10. Nachwort ................................. -46-

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1. Preflop Philosophie

1.1 Das Start-Hand Tabellen-Dilemma

Sobald jemand anfängt, ein neues Spiel zu spielen, sieht er sich zunächst natürlich
die Regeln an und orientiert sich oft an erfahrenen oder erfolgreichen Spielern, um
von diesen zu lernen. Für den Anfang lernt man dazu und verbessert sich, wenn man
vorhandene Strategien imitiert. Für Poker gilt das zwar auch…aber eben nur für den
Anfang!

Praktisch jeden Tag werde ich von anderen Spielern und meinen Schülern um Hilfe
bei der Erstellung oder beim Finden einer Tabelle gefragt, die all ihre Preflop Fehler
beseitigt. Jedes Mal muss ich die Illusion zerstören, dass eine solche Übersicht
existiert und daher muss ich das auch hier wiederholen.

Häufig sehen die Leute eine Starthand Tabelle als eine Art Zaubertrank oder eine
Medizin für alle ihre Poker-Probleme während sie versuchen ein System zu finden
oder selbst zu erstellen, das die Arbeit für sie macht. Die gute Nachricht ist, dass es
schwer sein wird, nur mittels eines Systems beim Pokern Erfolg zu haben – und ja,
das ist eine gute Nachricht, denn wenn es anders wäre, könnte Poker schon bald als
Spiel gelöst sein und man könnte kein Geld mehr damit verdienen! Poker ist
vielmehr ein sehr dynamisches, komplexes und sich ständig entwickelndes Spiel, das
bedeutende Glücks- und Psychologische Faktoren beinhaltet.

Daher bin ich wirklich froh, dass ich nicht in der Lage bin, in diesem Guide einfach
eine Starthand Tabelle abzudrucken und ihr solltet das auch sein. Mein Ziel in
diesem Guide ist es, die Richtlinien weiterzugeben, die ich für die Ermittlung der
Charakteristiken und Faktoren heranziehe, wenn ich meine Starthände auswähle
bzw. was ich in unterschiedlichen Situationen mit ihnen mache.

Beim Pokern entstehen Probleme normalerweise Postflop. In vielen Fällen können


die Probleme jedoch auf suboptimale oder fehlerhafte Entscheidung Preflop zurück
geführt warden. Daher ist der Schlüssel zum “Krieg” beim Pokern die zielorientierte
und situationsbezogene Auswahl der Preflop-Waffen!

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1.2 Das Start-Hand Puzzle

Ich mag es, jeden Preflop Spot und jede Auswahl meiner Preflop Starthand, die
damit verbunden ist, als ein neues Puzzle zu sehen, bei dem ich alle Teile erst finden
und dann richtig zusammensetzen muss.

Um diese Aufgabe zu erledigen muss ich jede verfügbare Information, die am Tisch
vorhanden ist, sammeln, sie in den richtigen Kontext bringen und dann gute
Schlussfolgerungen im Hinblick auf die optimale Auswahl meiner Starthand treffen.

Die wichtigsten Puzzleteile, auf die ich achte, sind:

• Meine Position
• Die Position meines Gegner/meiner Gegner
• Beteiligte Gegnertypen und ihre Statistiken
• Vorhergehende Setzhöhen
• Größe der Stacks
• Dynamiken & Vorgeschichte

Um den Auswahlprozess meiner Starthand jedes Mal zu verbessern gehe ich in


Gedanken die Checkliste dieser Puzzleteile im Kopf durch und ziehe die richtigen
Schlussfolgerungen.

Offen gesagt klingt das nach einer harten und zeitintensiven Aufgabe, die man bei
jeder neuen Hand erledigen muss, weshalb ich nur den Rat geben kann, als
Hausaufgabe diese Methode beim Review von Händen in der Datenbank zu üben
und jeden Spot intensiv anzusehen. Eines Tages wird es dann hoffentlich zur Routine
und ihr geht die oben genannten Faktoren automatisch durch, bevor ihr eine
Preflop-Entscheidung trefft.

Im nächsten Kapitel werde ich euch zeigen wie ich vorgehe, um eine bestimmte
Handrange mittels der oben genannten Checkliste aufzubauen und beginne mit
einer beispielhaften UTG Eröffnungs-Handrange. Für die restlichen Ranges werde ich
mich vorwiegend auf Hinweise auf die Faktoren, auf die ich Wert lege, beschränken,
so dass ihr auch noch in euren Hausaufgaben Handranges erarbeiten könnt.

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2. Under The Gun (UTG)

Vor dem Blick auf spezielle Tischinformationen und bevor ich überhaupt eine
einzelne Hand Poker gespielt habe versuche ich eine Grundauswahl an Standard-
Starthänden zu erarbeiten, von denen ich überzeugt bin, dass es sich um +EV Hände
für eine bestimmte Position handelt.

Ich versuche zu bedenken, welche grundsätzlichen Anforderungen solche Standard-


Starthände, die ich aus bestimmten Positionen heraus spielen will, erfüllen müssen.
Lasst uns einen 6-max Tisch anschauen und auf die grundsätzlichen Charakteristiken
achten, die eine Hand haben muss:

2.1 Eröffnungs-Range

Weil ich mich durch 5 mögliche Gegner arbeiten muss, von denen 3 Position auf
mich haben, möchte ich sicherstellen, dass meine Hand die folgenden Kriterien
erfüllt:

Die Fähigkeit, größere Pötte zu spielen

Meine Hände UTG sollen stark und eher leicht zu spielen sein. Sie sollen den Flop
möglichst häufig treffen, weil ich möglichst selten gegen einen oder mehrere Gegner
bluffen will. Auf späteren Straßen (Turn, River) will ich mit diesen Händen für Value
setzen und enge Entscheidungen möglichst vermeiden.

Spielbarkeit gegen mehrere Gegner

Wie wir wissen bekommen alle weiteren Gegner bessere Pot Odds, sobald jemand
bezahlt und plötzlich sind vor allem die schwächeren und die Spieler auf den
Microstakes in der Hand mit dabei als gäbe es kein Morgen. Vor allem vom Spieler
im Big Blind kann ich erwarten, dass er die Hand spielen will, wenn ein oder mehrere
Gegner vor ihm bezahlen. Das ist der Grund, warum meine UTG Hände gegen
mehrere Gegner gut spielbar sein müssen.

Spielbarkeit OOP

Position auf die Gegner zu haben ist einer der Schlüssel im No Limit Hold’em,
weshalb die Spieler dies auch ausnutzen wollen, wenn sie diese inne haben. Gegen
3-Bets, Squeezes, Floats oder Raises eine starke und wiederstandsfähige Hand zu
halten ist die richtige Antwort darauf. Der Versuch, mit einer schlechten Hand OOP
auf solche Aktionen zu reagieren, ist ein guter Weg aufgrund seines Egos viele Chips
zu verlieren, die Varianz zu erhöhen und möglicherweise zu tilten.

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Board Abdeckung & Täuschungsmöglichkeiten

Ich will, dass zumindest ein kleiner Teil meiner Range in der Lage ist, sehr spezielle
Gemeinschaftskarten zu treffen, vor allem solche, von denen mein Gegner es nicht
erwartet – auch die schwächeren, bei denen mein Gegner mich auch 2015 noch auf
AK setzt, wenn ich bei kleineren Karten auf dem Flop bette oder erhöhe. Im
folgenden werde ich eine mögliche UTG Range zusammenpuzzlen, um euch ein
Beispiel zu geben.

Paare:

55-AA

Die Fähigkeit, größere Pötte zu spielen

Paare sind die stärksten Hände mit den größten Implied Odds im No Limit Hold’em –
Sets und Full Houses. Die kleinsten Paare werfe ich in der Regel weg, da sie die
größten Reverse Implied Odds gegen höhere Sets haben und in großen Pots kaum
spielbar sind ohne ein Set zu treffen. Sie treffen weder auf dem Flop häufig, noch
erzielen sie auf dem Turn eine hohe Equity, die es uns ermöglichen würde, über den
Flop hinaus sinnvoll aggressiv fortzufahren. Die höheren Paare ermöglichen es uns
normalerweise, mittelgroße Pötte zu spielen und häufig sehr große Pötte gegen
schwächere Spieler zu gewinnen, wenn wir ein Overpair halten und der Gegner Top
Pair bis zum Showdown nicht weglegt.

Spielbarkeit gegen mehrere Gegner

Sets sind sehr gut gegen mehrere Gegner spielbar, vor allem, wenn man auf draw-
lastigen Boards mit höheren Bildkarten ein kleineres Set trifft, da die Gegner einen
häufig mit Draws oder Top Pair ausbezahlen.

Spielbarkeit OOP

Wenn wir das Set nicht treffen floppen wir in der Regel keine gute Equity und
können unsere Hand gegen mehrere Gegner beruhigt Check/Fold spielen mit
Ausnahme von Overpairs, bei denen eine Valuebet auf den frühen Straßen (Flop &
Turn) eigentlich immer angemessen ist.

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Board Abdeckung & Täuschungsmöglichkeiten

Die kleinsten Paare wegzulegen ist in dieser Hinsicht ein Problem, da wir die
niedrigen Gemeinschaftskarten nicht abdecken. Dies können wir jedoch einfach in
Ordnung bringen, indem wir die kleinen Paare einfach wieder mit in unsere Range
aufnehmen, sobald wir schwächere oder weniger aggressive/kompetente Gegner
am Tisch haben, die uns seltener ausbezahlen bzw. uns häufiger mit stärkeren
Händen stacken wenn wir unser Set treffen.

Offsuited Broadways

AKo,AQo,AJo
KQo

Die Fähigkeit, größere Pötte zu spielen

Top Pair/Top Kicker Hände haben heutzutage seltener das Potenzial, den Gegner zu
stacken, da selbst schwächere Spieler sich soweit verbessert haben, dass sie ihren
Stack nicht gleich mit einem Paar und schwachem Kicker in die Mitte stellen.

Spielbarkeit gegen mehrere Gegner

Ranges werden in Situationen mit mehreren Gegner in der Regel ehrlicher, eine Bet
als starker wahrgenommen und der Wille zum Bluff nimmt ab. Daher wird man mit
offsuited Broadways regelmäßig in engere und härtere Spots kommen, so dass man
keine schlechteren Karten als AJo und KQo spielen will. Manch einer will vielleicht
sogar die beiden letztgenannten weglegen, was abhängig von der Tischstärke auch
absolut in Ordnung ist. Umso mehr aktive 3-Better und weniger schwache Spieler
hinter einem sitzen desto weniger attraktiv sind solche Hände.

Spielbarkeit OOP

Top Pairs sind in der Regel leicht zu spielen, da man schlechtere Paare mit einem
starken Kicker dominiert. Auf dem River lässt sich oft entspannt eine Valuebet
spielen oder ein Bluff aufdecken, wenn ein Draw nicht trifft. Auch wenn man kein
Paar trifft floppt man häufig 4-6 outs (oder sogar mehr, wenn man Gutshots und
Backdoor Straight und Flush Draws mit einbezieht) auf vielen Bordtexturen, was
einem ein aggressives Spiel erlaubt, was den Gegner unter Druck setzt und es ihm
schwer macht, kleinere Paare bis zum Showdown zu callen. Je niedriger der Kicker
oder die Overcards sind desto schwerer sind diese gegen stärkere Calling Ranges zu
spielen.

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Board Abdeckung & Täuschungsmöglichkeiten

Hier besteht in beiderlei Hinsich ein gewisses Problem. Wir decken


Gemeinschaftskarten mit hohen Rängen ab, haben aber zumindest das Potenzial mit
Overcards und Backdoor Draws auf Texturen mit niedrigen Karten Bets zu feuern und
ein Board mit 2, 3, 4, 5 zu treffen, bei denen uns das Ass ein paar Gutshots
ermöglicht. Sollten unsere Gegner von uns erwarten, dass wir diese Hände spielen,
kann es gegen bessere Spieler richtig schwierig werden, wenn wir mehr Hände aus
diesem spielen als notwendig.

Suited Broadways

AKs,AQs,AJs,ATs
KQs,KJs,KTs
QJs,QTs
JTs

Die Fähigkeit, große Pötte zu spielen

Mit Broadwaykarten kann man häufiger auf dem Flop, Turn oder River die Nuts
treffen, was diese Hände zu richtig guten Starthänden macht und ihre Spielbarkeit
wesentlich verbessert. Sobald man eine sogenannte Pivot-Karte (also eine Karte, mit
der die Starthand über verschiedene Wege mit Straights oder Flushes die Nuts
bilden könnte – z. B. Jh wenn man QhTh hält) floppt kann man damit anfangen,
seine Hand aggressiv zu spielen, wenn der Gegner es erlaubt.

Spielbarkeit gegen mehrere Gegner

Eindeutiges Plus! Wegen des oben benannten Potentials behält die Hand eine große
Live Equity wenn ein geflopptes Top Pair von stärkeren Händen dominiert wird oder
sogar, wenn es gegen mehrere Made Hands geht.

Spielbarkeit OOP

Die Möglichkeit, mit Pivotkarten oder gefloppten Flush oder Straightdraws aggressiv
zu spielen ohne sich komplett auf den Wert einer Made Hand oder eines Top Pairs
verlassen zu müssen, macht diese Hände auch OOP einfach zu spielen.

Board Abdeckung & Täuschungsmöglichkeiten

Mit diesen Karten lassen sich die populärsten Bordtexturen abdecken, was sicherlich
ein Schlüssel zu jeder erfolgreichen Strategie ist. Es ist eher wahrscheinlich, dass

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Broadwaykarten vom Gegner preflop gespielt werden, weshalb man mehr Action
bekommt, wenn man eine starke Hand floppt oder diese auf späteren Straßen erst
macht.

Auf der anderen Seite ist eine solche Hand natürlich selbst für schwächere Gegner
leichter zu lesen, wenn eine mögliche Straight oder ein möglicher Flush auf dem
Board liegt. Dies betrifft natürlich nur die potenziellen Implied Odds und lässt die
vorhandenen Odds einer spielbaren Hand unangetastet.

Suited Connectors

T9s

Die Fähigkeit, große Pötte zu spielen

Natürlich lassen sich mit diesen Karten große Pötte spielen, wenn man eine Straight
oder einen Flush trifft. Allerdings zeigt sich das wahre Potenzial erst, wenn man
größere Pötte durch Aggression auf früheren Straßen androhen kann, solange man
viele Karten trifft, welche die eigene Equity verbessern. Um saubere Implied Odds zu
erzeugen oder eine gute Spielbarkeit in 3-Bet oder 4-Bet Pot Szenarien zu haben sind
jedoch tiefere Stacks und ein Positionsvorteil notwendig. Aus diesen Gründen und
aus weiteren Gründen, die ich später noch erwähnen werde, eröffne ich Suited
Connectors unter T9s nicht mit einer 100% Frequenz von UTG.

Spielbarkeit gegen mehrere Gegener

Natürlich bekommen Suited Connectors auch in diesem Bereich einen Haken,


allerdings nur mit einem Anmerkungs-Sternchen. Man darf auf keinen Fall
vergessen, dass man mit einem Flushdraw nicht sehr oft zu den Nuts kommt und das
ist noch häufiger der Fall, wenn man Suited Connectors unterhalb von T9s spielt.
Eines der Probleme, auf welches ich in meiner eigenen Datenbank gestossen bin
war, dass jedes Mal, wenn ich 98s hielt, meinen kompletten Stack gegen AK verloren
habe – daher ich achte wirklich darauf, wann ich diese Hand eröffne bzw. spiele.

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Spielbarkeit OOP

Diese Kategorie lässt sich im Hinblick auf die Spielbarkeit OOP nicht einfach abhaken,
da man in jedem Fall mehr Informationen benötigt, bevor man mit diesen Karten
barrelt oder die Möglichkeit hat, eine kostenlose Karte zu bekommen. Meistens hat
bzw. erhält man nur sehr wenig Showdown Value, was es noch schwieriger macht,
diese Kategorie OOP zu spielen. Dies ist auch einer der Gründe, warum man
normalerweise niedrigere Suited Connectors passen sollte, denn mit niedrigen
Karten wird es immer schwieriger sein, eine vernünftige Hand zu treffen.

Board Abdeckung & Täuschungsmöglichkeiten

Haken! Man will auf jeden Fall dafür sorgen, dass jede Range, die man spielt, auf
niedrigen oder mittleren Boards dazu in der Lage ist, die Nuts zu treffen. Suited
Connectors unterhalb von T9s der Range hinzuzufügen macht daher Sinn, allerdings
will man diese anfangs vielleicht nicht mit einer 100% Frequenz spielen und die
Spielbarkeit von Faktoren wie Stack-Größe und Position der Gegner abhängig
machen. Mit einem tieferen Stack, mit stärkeren Spielern auf den Positionen links
von mir oder mit schwächeren Spielern in den Blinds füge ich niedrigere Suited
Connectors auf jeden Fall meiner Range hinzu.

Kandidaten

Immer, wenn ich von “Kandidaten” spreche, meine ich Hände, die es nicht
standardmäßig in eine bestimmte Range schaffen. Sobald es aber darum geht, einen
Range zu erweitern um Gegner zu exploiten oder zu täuschen sind diese Kandidaten
zweifellos genau richtig.

Die UTG Range zu erweitern macht Sinn, wenn a) der Tisch sehr tight spielt und mir
gegenüber nicht sehr aggressiv ist oder b) wenn ein Freizeitspieler dabei ist, der viele
Fehler macht, aus denen sich Kapital schlagen lässt. Potenzielle Kandidaten sind für
mich:

+ Offsuited Broadways

ATo
KJo

Broadways können Paare floppen, die umso einfacher zu spielen sind je schwächer
die Gegner spielen. Sie können regelmäßig bis zum Showdown stark genug sein und
zusätzlich kann man eine Nut-Straight treffen.

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+ Suited Asse

A5s,A4s,A3s,A2s

Auch hier spielen mögliche Kicker-Probleme gegen schwächere Gegner keine große
Rolle, so dass ich die kleineren Suited Asse wie A2s-A5s wegen des größeren
Täuschungspotenzials A6s-A9s vorziehen würde. Ein Wheel (Straight mit A-5) zu
treffen und niedrigere Boards abzudecken ist etwas, das einem mit Broadway-
lastigen UTG Ranges nicht sehr häufig gelingt.

+ Niedrigere Suited Connectors

65s,76s,87s,98s

Mit Suited Connectors sollte man vorsichtig umgehen. Auch wenn man diese
wundervollen Hände auf Grund der Täuschungsmöglichkeiten gerne spielen würde
sollte man immer im Blick behalten, dass sie andere wichtige Faktoren wie kleinere
Stacks und schlechte Position nicht ausreichend kompensieren. Selbst Freizeitspieler
können nicht allzu viele Fehler machen, wenn man selbst nur kleine Paare oder
Draws trifft, die man dann aus einer schlechten Position heraus ohne den Einfluss
eines großen Stacks oder guter Fold Equity spielen muss. Auch auf Gegner, die eine
3-Bet, einen Squeeze oder sehr aggressiv Postflop spielen, sollte man achtgeben. An
Tischen mit härteren Gegnern oder problematischer Position wird man mit einer
weiten Erföffnungs-Range sehr leicht angreifbar.

2.2 Verteidigung gegen eine 3-Bet

Die Idee einer starken UTG-Range ist kein geheimes Konzept und selbst
Freizeitspieler werden Eröffnungen von der ersten Position am Tisch häufig
respektieren.

Das wiederum bedeutet, dass ich von einem durchschnittlichen Gegner nicht
erwarten würde, mich mit einer weiten Range zu 3-Betten – es sei denn wir selbst
eröffnen mit einer weiten Range wegen bestimmter Tischdynamiken (siehe oben).
Härtere Gegner sind sicherlich in der Lage sich auszurechnen, dass wir von UTG aus
looser spielen, wenn Freizeitspieler in den Blinds sitzen. Dies sollte man immer im
Hinterkopf haben. Davon abgesehen erwarte ich 3-Bets gegen meine Eröffnung aus
früher Position auf niedrigeren Stakes immer nur von starken Ranges.

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Das Ausarbeiten einer 4-Bet bzw. Bluff-Range wird umso wichtiger je höhere Stakes
mit aggresiven und positionsbewussten Regulars man spielt. Ich werde hier nicht
näher darauf eingehen, da die nötigen Strategien immer individuell den Tendenzen
dieser Regulars angepasst werden müssen, um auch hier Geld zu verdienen.

Als defensive Faustregel sollte man sich die Höhe der jeweiligen 3-Bet ansehen, den
Breakeven Point "X" für die jeweilige 3-Bet Größe ausrechnen, an dem dieser
automatisch von unserem Fold profitieren würde und dann (1-X)% von unser
ursprünglichen Eröffnungs-Range gegen diese 3-Bets verteidigen.

Generell würde ich nur mit Händen re-raisen, bei denen ich mir zu 100% sicher bin,
dass sie stark genug sind, um bei einem Call bzw. Shove eines durchschnittlichen
Gegners auf diesem Level Geld zu machen. Hände, die sehr gut gegen starke Ranges
OOP spielbar sind – so viele Pocket-Paare und so wenige dominierte Broadway-
Kombinationen wie möglich – würde ich callen.

Die Faktoren, die mich meine Calling-Range erweitern lassen, sind:

Schwacher 3-Better

Der 3-Better ist ein recht gut vorhersehbarer und leicht zu lesender Postflop-Spieler.
Es ist eher unwahrscheinlich, gegen ihn Fehler durch einen falschen Fold oder
Calldown zu Machen und eher wahrscheinlich, einen Weg auf späteren Straßen zu
finden, wie ich ihn ausspielen kann.

Tiefere Stacks

Mit einem tieferen Stack mit z. B. 150bb gewinnen suited und connected Hände
stark an Wert und Spielbarkeit, da hier mehr Raum für Postflop-Maneuver selbst
OOP besteht. Mittels Check/Call oder Check/Raise auf dem Flop riskiert man nicht
seine potenzielle Equity Realisierung zu gefährden oder Implied Odds in einem zu
großen Pot zu verlieren, wo normalerweise für eine kleinere, effektive Stackgröße
der einzig mögliche nächste Spielzug All-In lauten muss.

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Kleine 3-Bet Höhe

Immer wenn ein Gegner mir bessere Odds gibt, muss ich meinen Range erweitern,
um dem Equity Überhang gerecht zu werden und um meinem Gegner keinen
Autoprofit zu gewähren durch zu häufiges Folden. Im Vergleich von einer Reraise-
Höhe von 3x zu 2x benötige ich mehr als 30% für 3x und mehr als 25% für 2x (wegen
der Blinds und des übrigen toten Geldes).

Daher sollte es möglich sein einen Profit mit allen ordentlichen suited oder
connected Karten zu erzielen, indem man callt und postflop einen reinen Fit-or-Fold
Stil spielt. Ich neige dazu, wegen der Reverse Implied Odds offsuited Asse und
Broadways mit zu großen Lücken zu vermeiden - es sei denn, der Gegner erhöht auf
das absolute Minimum.

Positionsvorteil

Ich bin in Position gegenüber den Blinds und erwarte vom durchschnittlichen Spieler
aus dem Spielerfeld meines Level, dass er überwiegend geradliniges Postflop-Poker
spielt – d. h. dass er nicht zu häufig barrelt oder blufft, schwer lesbare Lines zu
spielen oder auch die Tendenz dazu hat, hohe Paare unabhängig von der Board-
Textur nicht zu folden. Der Informationsvorteil, den wir hier auf Grund unserer
Position haben, macht es uns einfacher möglicherweise auch mit eher spekulativen
Händen in 3-Bet Pötten einen Profit zu erzielen.

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3. Mittlere Position (MP)

Wir haben nun einen Spieler weniger hinter uns, können aber trotzdem nicht einfach
erheblich looser spielen als in erster Position. Zwei von vier Gegnern können ihre
Position immer noch durch einen Flatcall oder eine 3-Bet ausnutzen und uns so in
Schwierigkeiten bringen. Die Erweiterung meiner Kernrange beträgt daher nicht
mehr als 5% der Hände plus ein paar weitere Kandidaten.

3.1 Eröffnungs-Range

Aus folgenden Kategorien würde ich Hände zu meiner Kernrange hinzufügen:

Kleine Paare & Offsuited Broadways

Beide der oben genannten Kategorien werfen in der Regel nur dann mehr Profit in
MP ab solange nicht viele aktive 3-Better Position auf mich haben oder schwächere
Spieler in den Blinds sitzen, die mit den wildesten Händen callen und dann Postflop
Fehler machen.

Kleine Paare und dominierte Broadways sind in einem 3-Bet Pot extrem schwer OOP
zu spielen. Mit diesen Händen kommt man häufig in eine Position, in der man auf
vielen Board-Texturen nur Check/Call spielen kann, einen Move mit nur wenigen
Outs machen muss oder ein Ratespiel spielt bis zum Showdown. Daraus ensteht für
stärkere Spieler in Position ein großer Vorteil, der es ihnen erlaubt, uns aus Pötten zu
bluffen und ihren Gewinn gegen uns zu vergrößern.

Suited Asse

Auch hier bevorzuge ich die kleineren Kombinationen wie A2-A5s wegen der
besseren Board-Abdeckung und den Täuschungsmöglichkeiten weil der Kicker selbst
keine so große Rolle spielt, wenn wir tatsächlich ein Ass floppen. Ein schwächeres Ax
mit einem Ass auf dem Board (oder Flops mit niedriger Equity) zu spielen kann ohne
Position auf den Gegner zu haben einen negativen Einfluss auf unsere Gewinnquote
haben abhängig davon, wer hinter uns sitzt und wie wir mit diesen Spielern
umgehen können.

Suited Connectors

Hier rate ich zu großer Vorsicht und einer gegnerspezifischen Frequenzoptimierung.


Ich empfehle, diese Hände nicht zu 100% an beliebigen Tischen zu eröffnen, da
kleinere Stacks, stärkere Gegner und aktive 3-Better ihren EV aus diesen Händen
ziehen können.

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Kandidaten

Um insbesondere auf schwächere Spieler in den Blinds oder Spieler mit tieferen
Stacks zu zielen kann man sich überlegen, einige suited One-Gapper in die
Eröffnungs-Range mit einzubeziehen, da ihr Potenzial eine verschleierte Straße zu
treffen gegen größere effektive Stacks wesentlich mächtiger wird.

3.2 Verteidigung gegen 3-Bets

In der Theorie würde ich ungefähr 2-3% mehr Hände verteidigen müssen, um
meinem Gegner einen Autoprofit zu verweigern, in der Praxis stellt man allerdings
schnell fest, dass Spieler keinen großen Unterschied zwischen UTG oder MP
Eröffnungen machen, wenn sie eine 3-Bet spielen wollen. Beide werden als EP (Early
Position) angesehen und bekommen in der Regel großen Respekt für die Spielstärke,
die sie repräsentieren.

Auf der anderen Seite bedeutet das, dass eine Bluff 4-Bet von stärkeren Gegnern
eher respektiert wird, allerdings ist dies von Level zu Level unterschiedlich und
funktioniert nicht auf den Microstakes – Vorsicht ist geboten gegenüber Spielern, die
ungern folden. Diese werden zudem viel öfter mit genau den Händen auftauchen,
die sie repräsentieren, wenn sie Stärke gegenüber einer starken Position zeigen.

3.3 Callen gegen Eröffnungen von UTG

Wenn man in MP coldcallt muss man immer im Blick behalten, dass:

a) der eröffnende UTG Spieler in der Regel einen starken Range repräsentiert (es sei
denn man hat andere Reads oder Statistiken).
b) 4 weitere Spieler nach einem möglicherweise einen Squeeze spielen, der die
Möglichkeit, den Flop zu sehen verringert, die potenzielle Equity verweigert und die
Implied Odds reduziert.
c) es eher wahrscheinlich ist, dass der Pot Multiway gespielt wird und man sich
schnell in einer Sandwich-Position wiederfindet.

Die Calling-Range sollte also recht stark sein und viele Hände enthalten, die einem
Squeeze mit einem Call oder einem Reraise begegnen können – ich empfehle einen
Mix aus Slowplays und Händen, die sich Multiway sehr gut spielen lassen und gegen
starke Ranges hohe Implied Odds ergeben.

Je tiefer die effektiven Stacks sind und je mehr schwächere oder passive Spieler
hinter mir agieren werden umso wahrscheinlicher ist es, dass ich spekulative Hände
wie suited Asse, suited Connectors und kleinere Paare spiele.

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3.4 3-Bet gegen Eröffnungen von UTG

Dies ist ein sehr schwieriges Thema, da in der Regel kaum Profit aus einer zu leichten
3-Bet gegen einen starken UTG Eröffnungsrange zu schlagen ist. Es gibt nicht viele
Hände, mit denen man in diesen Dynamiken gerne eine 3-Bet spielt und dann gegen
eine 4-Bet für einen 100 Big Blind Stack All-In geht außer mit AA oder KK.

Selbst QQ oder AK stehen in solchen Situationen gegen ihre härtesten Gegner, vor
allem auf niedrigeren Levels, auf denen die Aggressivität preflop noch nicht so
verbreitet und fortgeschritten ist. Im Schnitt werden Gegner eher selten preflop
folden und wahrscheinlich auch postflop die Aggression aushalten können. Beide
Umstände machen es eher unattraktiv in diesen Situationen eine Bluff- oder
Semibluff-Strategie anzuwenden.

Dennoch würde ich empfehlen, hier und da Preflop einen Bluff gegen die richtigen
Gegner, die mehr als 15% ihrer Hände von UTG eröffnen mit einzubauen – das
daraus resultierende Image könnte sich auf diese Weise später auszahlen!

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4. Cutoff (CO)

Mit nur noch einem weiteren Spieler in einer besseren Position am Tisch nach uns
wird es am Cutoff immer attraktiver, so weit wie möglich zu eröffnen. Wir können
von dieser Position nicht nur effektiver versuchen, die Blinds zu bekommen, sondern
wir können auch die absolute Position des Spielers am Button stehlen, wenn er sie
nicht verteidigt.

Daher ist meine Eröffnungs-Range vom Cutoff sehr stark davon beeinflußt, wer
konkret am Button sitzt bzw. welche durchschnittliche Tendenz ich von einem Spieler
aus meinem Spielerpool am Button gegen eine Eröffnung vom Cutoff erwarte.

4.1 Eröffnungs-Range

Offsuited Broadways

Die schwächeren Hände aus dieser Kategorie wie z. B. KJo, KTo, QJo, QTo, JTo sind
nicht mehr so problematisch, da nur noch ein weiterer Spieler nach uns zum Zug
kommt. Wir können unsere Position im Hinblick auf die Spielbarkeit von Draws und
dem potenziellen Showdown Wert dieser Karten wesentlich besser ausnutzen.

Suited Asse & Suited höherwertige Karten

Diese Hände lassen sich besonders dann gut spielen, wenn wir Position haben und
niemand mehr nach uns agiert. Nicht nur, dass sie eher einen Flop treffen und ein
Paar am Showdown ausreichend ist, sie geben uns mehr Möglichkeiten Postflop mit
Nut Equity zu barreln – d. h. wir haben mehr Chancen kleinere Pötte wegen unserer
aggressiven Spielweise auf frühen Straßen zu gewinnen und größere Pötte, wenn wir
gegnerische Made Hands auf dem River übertrumpfen können.

Suited Connectors & Suited One-Gappers

Auch hier gilt, dass wir die Grenzen unserer spekulativen Hände ausweiten können,
wenn der Button kooperiert und auch suited one-gapper wie T8s, 97s, 86s, 75s usw.
in unsere Range implementieren können.

Behaltet aber die effektiven Stacksizes der Gegner hinter euch im Auge! Zu viele
schwache Händen mit einem Shortstack am Button oder in den Blinds zu eröffnen
kann den Wert dieser Karten drastisch vermindern.

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Kandidaten

Im Gegensatz zu niedrigeren spekulativen Händen werden offsuited Asse,


verbundene Broadways wie K9o, Q9o, J9o oder sogar schwächere suited Broadway
Hände wie höhere KXs oder QXs-Kombinationen bessere Kandidaten, die man in
eine erweiterte Eröffnungsrange einbauen kann. Beide lassen sich gut in Position
und gegen kleinere Stackgrößen spielen, da sie gutes Potenzial haben Paare zu
floppen, die auch All-Ins aus- bzw. häufiger bis zum River durchhalten. Das
"Barreling" Potenzial, die Implied Odds und die eigene Stackgröße spielen hier keine
so große Rolle, da man eher auf das Showdown Potenzial achtet.

4.2 Verteidigung gegen 3-Bets

Dies ist die erste Position, bei der wir uns häufiger 3-Bets gegenüber sehen, da wir
näher an die Blinds heranrücken und von uns ein weiterer Range erwartet wird.

Grundsätzlich unterscheiden sich meine Strategien gegen 3-Bet vom Button und aus
den Blinds, weil wir gegenüber den Blinds Position haben und gegenüber dem
Button OOP sind.

4.2.1 Verteidigung gegen 3-Bets vom Button

Angesichts der Tatsache, dass mein Gegner seine Position auf mich nutzen kann, um
mich aus schwachen Händen auf guten Board-Texturen zu barreln, freie Karten zu
bekommen oder bis zum Showdown checken kann will ich meine 4-Bet Bluffing
Range gegenüber Spielern, die häufiger als der Durchschnitt eine 3-Bet spielen, sehr
weit halten.

Auf der anderen Seite wird es mit einer angemessen starken Broadway Hand wie AJ+
und höheren Paaren wie TT+ in solchen Fällen wesentlich attraktiver eine 3-Bet nur
zu callen, da wir gegen die Aggression mit starken Paaren gut aussehen und wir
mehr Hände unseres Gegners dominieren oder seine Bluffs bis zu einem gewissen
Grad neutralisieren können. In einem 5-Bet All-In Szenario nach einer 4-Bet würden
diese Hände eher in Mitleidenschaft gezogen.

-18-
Mit Händen wie Suited Connectors, Suited Assen oder kleineren Paaren würde ich
OOP nur in den folgenden drei Fällen callen:

a) kleinere 3-Bet Höhe wegen besserer Pot-Odds und gesünderer effektiver Stacks
b) tiefere effektive Stacks wegen größerer Implied Odds und der Möglichkeit zu
manövrieren
c) schwächere, passive und gut lesbare Spieler wegen der verbesserten Chance
Postflop zu gewinnen

Entweder muss man also sicher stellen, dass man Postflop gut bezahlt wird oder
man muss Spots finden, in denen der Gegner schwach ist, um zu attackieren und
den Pot mit einem gut getimeten Semi-Bluff oder Bluff zu holen – und das alles OOP!

4.2.2 Verteidigung gegen 3-Bets aus den Blinds

Hier können wir uns leichter verteidigen, da wir nun in Position sind, wovon alle
unsere mittelstarken und spekulativen Hände stark profitieren werden. Wir können
unseren Gegner zunächst einen Bluff oder eine Valuebet spielen lassen während wir
uns bessere Spots für einen Angriff auf den Pot – vor allem in großen
Konfrontationen – aussuchen können, wenn unser Gegner Schwäche signalisiert.

Wie weit ich tatsächlich gegen verschiedene Gegner verteidige hängt sehr stark von
der jeweiligen 3-Bet Frequenz, den effektiven Stackgrößen und der Höhe der 3-Bet
ab. Ich empfehle, solche Situationen vor allem mit Paaren, Suited Broadways und
höheren Suited Connectors anzugehen, da diese sich unter diesen Umständen recht
gut spielen lassen.

Ich würde auch zwischen SB und BB 3-Bets unterscheiden, da es eher wahrscheinlich


ist, dass ein Spieler im SB mittelstarke oder gut spielbare Hände hält, die er in dieser
Position nicht nur callen will, während der BB einen sehr starken Range gemischt mit
nur wenigen Bluffs so spielt, da er ja Preflop mit einem Call die Action abschließen
könnte.

4.3 Callen gegen Eröffnungen von EP

Wir sehen uns den gleichen Problemen wie in MP gegenüber, wenn wir am CO eine
Eröffnung aus EP callen wollen. Die Bedrohungen und Gefahren sind:

a) die Bildung eines Multiway Pots


b) Sandwich-Position zwischen dem eröffnenden Spieler und dem Spieler am Button
c) ein mögliches Squeeze Play

-19-
Um das zu kompensieren empfehle ich eine Calling Range, die überwiegend aus
Händen mit sehr guter Spielbarkeit und solidem Verteidigungspotzenial gegen ein
Squeeze Play bestehen.

Mein Range würde ich hier überwiegend mit mittleren Paaren, hohen Suited
Broadways und starken Offsuited Broadways gestalten, die auch für eine 3-Bet gut
wären, jedoch den Gegner dazu bringen, mit schlechteren Händen zu folden (z. B.
AK, AQ, AJ) und die sich in Position auch gegen eine stärkere Range gut spielen
lassen.

Grundsätzlich tendiere ich dazu, offsuited und potenziell dominierte Broadways wie
KJo, QJo, QTo, JTo aus meiner Range komplett herauszulassen. Auch wenn sich aus
solchen Händen durchaus die Nuts ergeben können, halten sie Eröffnungen aus
früher Position und aggressiven Gegnern selten mit gefloppten Paaren stand. Auf
meine Datenbank bezogen spielen sich solche Hände selbst mit involvierten
Freizeitspielern in Multiway-Situationen nicht besonders gut.

Anfangs lasse ich so viele kleine Paare und spekulativen Hände wie möglich außen
vor. Auf diesem Weg reduzieren wir die Wahrscheinlichkeit, mit einem höheren Set
oder höheren Flush in großen Multiway-Pötten geschlagen zu werden und
verteidigen uns so auch gegen mögliche Squeezes. Unsere Anfälligkeit gegen
aggressive und bessere Spieler würde mit solchen Händen stark ansteigen, da wir
hier zu viel investieren müssen, um auf dem Flop zu treffen oder nur mit einem Draw
zu spielen. Wir würden viel zu häufig nur mit einer schwachen Hand verenden, die
wir vorzeitig aufgeben oder mit der wir gegen Barrels ein Ratespiel spielen müssten.

Sobald jedoch noch Freizeitspieler oder weniger aggressive Spieler nach mir am
Tisch sind, werde ich meine Calling-Range erweitern. Im Schnitt sollte dies vor allem
auf den Microstakes möglich sein.

Suited Connectors und schwächere Suited Asse werden unter diesen Umständen zu
Call-Kandidaten. Achtet hierbei auf jeden Fall auf die Stackgrößen, denn zu schmale
Stackgrößen der nachfolgenden Spieler können die Profitabilität und die Implied
Odds dieser Hände stark beeinflussen. Ein hinter uns sitzender Shortstack könnte
einfach preflop oder auf dem Flop All-In gehen und das tote Geld mit einer unüblich
weiten Range profitabel einsammeln. Tiefere Stacks werden hingegen mit
spekulative Calls und ihrer Position bevorzugt.

-20-
4.4 3-Bet gegen Eröffnungen von EP

Ähnlich dem in MP dargestellten Problem wollen wir auch hier in der Theorie die
Voraussetzungen für eine 3-Bet gegen eine Eröffnung aus MP nur wenig verändern.
In der Praxis ist es immer noch harte Arbeit, die richtigen Kandidaten auszuwählen,
da es weniger wahrscheinlich ist, dass wir einen Fold von besseren Händen oder
einen Call von schlechteren Händen bekommen. Gleichzeitig wird es
wahrscheinlicher, dass wir einer 4-Bet oder einem Call von einem sehr soliden Range
entgegen sehen.

Einige Leute gehen so weit, dass sie Paare gegen 3-Bets flatcallen, wenn sie OOP
sind. Das hört sich so an, als wäre gegen diese Gegner leicht zu spielen – Fakt ist
allerdings, dass ein solcher Spielzug den Wert unserer stärksten Premiumhände ein
wenig verringert und die Implied Odds des Gegners bis zu einem gewissen Grad
erhöht. Jedoch wird so eine kleine Bluffingrange wiederum attraktiv, da man durch
aggressives setzen auf bestimmten Boardtexturen übermäßige Folds erreichen kann.

Ich empfehle Eröffnungen von UTG genauso wie in MP zu behandeln – vor allem in
ZOOM Poker und auf den Microstakes. Meine Erfahrung ist, dass der
durchschnittliche Spieler hier in jedem Fall mit einer sehr soliden Auswahl an
Händen eröffnet.

Gegen einen 20%+ Eröffnungsrange von MP würde ich anfangen, ein paar Bluff- oder
Semibluff Kandidaten in meine Eröffnungsrange einzubauen. Üblicherweise würde
ich in diesen Bluff- bzw. Semi-Bluff-Range einige Suited Connectors, Suited Asse und
Suited Broadways mit einfließen lassen um möglichst viele Boardtexturen
abzudecken und Täuschungsmöglichkeiten zu haben.

Wenn ich schwächeren Spielern gegenüberstehe, die einen sehr weiten Range
eröffnen und viele Postflop-Fehler machen, dann würde ich meinen 3-Bet Range um
mittelstarke suited und offsuited Broadways erweitern. Diese lassen sich sehr gut
spielen, wenn man es schafft, einen schwächeren Spieler zu isolieren und mit ihm
Heads-Up zu spielen.

-21-
5. Button (BU)

Poker ist ein Spiel, dass sich um das “tote” Geld in den Blinds dreht. Gäbe es die
Blinds nicht, gäbe es auch keinen Kampf. Man muss sie bringen, man verliert sie,
man muss das, was man auf diesem Weg verloren hat zurückgewinnen und sie
stehlen, wenn die Gegner sie nicht verteidigen. Der Button gibt einem die beste
Möglichkeit, dies zu erreichen, da man Preflop absolute Position am Tisch inne hat
und Postflop die Hand potenziell kontrollieren kann. Nachdem ich über die Jahre so
viele Spieler gecoacht habe ist mir aufgefallen, dass eines der gängigsten Leaks aus
suboptimalen Button-Strategien resultiert. Einige stehlen die Blinds zu selten, andere
zu oft, benutzen falsche Handtypen oder gehen postflop viel zu weit mit zu
schwachen Händen gegen die falschen Gegner.

5.1 Eröffnungs-Range

Je niedriger die Stakes und je schwächer der durchschnittliche Gegner, desto


weniger wahrscheinlich ist es, dass sie merken, wie wichtig es ist, uns die zahllosen
Möglichkeiten zu verweigern 1.5 Big Blinds unangefochten mitzunehmen. Daher
denke ich, dass eine sehr weite Eröffnungs-Range als Standard hier nie falsch sein
kann und sehr wahrscheinlich die Basis unserer Gesamtgewinne darstellen wird.
Auch wenn es sich so anfühlt, als würde man häufig gecallt oder würde häufig eine
3-Bet kassieren darf man nicht unterschätzen, wie wertvoll es ist alle möglichen
Hände in Position und mit Initiative zu spielen. Folgende Hände zu unserem CO-
Range hinzuzufügen ist ein guter Anfang:

Offsuited Asse

Da wir nun in Position sind, werden Kicker weniger wichtig. Wir können wesentlich
häufiger mit Ass hoch oder dem Top-Paar das Showdown-Potenzial realisieren und
erweitern unseren Informationsvorteil, da unser Gegner auf allen Straßen zuerst
agieren muss und wir so eher wissen, wann ein guter Zeitpunkt für einen Fold
gekommen ist. Außerdem funktioniert ein Ass hier als Blocker, da es die möglichen
Handkombinationen, die aus den Blinds verteidigt werden, reduziert. Dies erhöht die
Chance, die Blinds kampflos mitzunehmen.

Suited Highcards & Suited One- oder Two-Gapper

Hände mit Blockern wie z. B. Ax, Kx, Qx oder auch Jx zu halten und gute Draws auf
dem Flop oder Turn zu treffen machen diese sehr gut in Position und mit Initiative
spielbar.

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Kandidaten

Ich würde langsam, aber stetig die Range erweitern und versuchen ein Gefühl dafür
zu bekommen, wie weit ich gegen den durchschnittlichen Spieler meines Levels
gehen kann. In manchen Spielen tendiere ich dazu, vom Button zwischen 50 und 100
Prozent aller möglichen Hände zu eröffnen.

5.2 Verteidigung gegen 3-Bets

Dies ist der erste Punkt, an dem wir eine durchgehende solide Verteidigungsstrategie
aufbauen müssen, da die Blinds wiederum anfangen, ihre Verteidigung gegen unsere
Steals hochzufahren. Auf den Microstakes ist das noch ein weniger großes Problem,
je höher man jedoch spielt desto wichtiger wird dieser Aspekt unseres Spiels.

Obwohl es vernünftig klingt, einfach eine tightere Eröffnungs-Range gegen


aggressive Blind-Verteidiger zu spielen, ist es doch eher ein Problem, da der Button
die Position ist, auf der wir unseren Profit so weit wie möglich maximieren müssen.
Wie vorher schon erwähnt dreht sich im Poker alles um die Blinds, weshalb es nicht
optimal ist, vor einem Kampf um die Blinds zurückzuschrecken.

Weil wir uns ja lediglich den Blinds gegenüber sehen, haben wir wesentlich mehr
Spielraum, mittelstarke Hände oder spekulative Hände zu flatcallen, da ihr Wert
allein auf Grund der Position extrem steigt. Wir können aufgrund der Informationen,
die wir durch die Aktionen unserer Gegner erhalten, viel besser einschätzen, wann
wir weiterspielen oder wie hoch unsere Implied Odds sein werden.

Je tiefer die effektiven Stacks sind desto eher sind Suited Asse, Suited Broadways
und Suited Connectors gut spielbar während dominierte Offsuited Highcards
weiterhin gegen Aggression schwer zu spielen sind.

Worauf man auch immer achten sollte, ist der Wert der Hand, mit der man callt im
Vergleich zum effektiven 3-Bet Range der Blinds. So hätte es kaum einen Wert, mit
einer Hand wie AJo oder KQo eine 4-Bet gegen jemanden zu spielen, der dann mit
einer schwächeren 3-Bet Hand weglegt während auf der anderen Seite ein Flatcall
mit einer schwächeren Hand wie 86s oder A2s einen selbst gegen eine schwache 3-
Bet Range schlecht aussehen lässt, vor allem gegen Gegner, die häufig postflop
barreln. Man sollte in einem solchen Fall seine Postflop-Strategie gut durchmischen
indem man mit schwächeren Händen durchcallt (was ziemlich aufreibend sein kann)
oder die Aggression des Gegners mit eigener Aggression in Form eines (Semi-)Bluffs
kontert.

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Dieses Konzept geht Hand in Hand mit der Konstruktion unserer 4-Bet Ranges:
Beginnen sollten wir mit Händen, mit denen wir ohne Probleme ein All-In callen
würden – wahrscheinlich also QQ+, AK – um dann weitere Hände hinzuzufügen, die
unter den vorstehenden Aspekten (möglicherweise dominiert, angreifbare Paare auf
dem Flop treffen oder schwache Draws) zu schwach für einen Call sind. Die übrig
geblienenen Hände werden entweder dem Calling oder dem Folding Range
hinzugefügt. Einige werden an diesem Punkt vielleicht darüber nachdenken, mit AK,
AA, KK oder QQ ein Slowplay zu spielen - aber seid gewarnt: Dem Gegner zu
erlauben, kostenlos den Flop zu sehen und freie Equity aufzusammeln kann vor
allem gegen versierte Gegner unserer Täuschung mehr Schaden zufügen als es
Nutzen bringt.

5.3 Callen gegen Eröffnungen

Entgegen unserer Strategie in MP oder am CO wollen wir hier so viele spekulative


und mittelstarke Hände wie möglich flatcallen, um unseren Positionsvorteil am
Button auszunutzen.

Die einzigen Faktoren, die zu einem tighteren Calling-Range und häufigeren Folds
oder 3-Bets führen sollten sind:

a) kleinere effektive Stackgröße des Openers


b) Fehlen eines attraktiven Multiway-Pots und Implied Odds
b) potenzielle “Squeezer” in den Blinds

Auf der anderen Seite sind tiefere effektive Stacks, Multiway-Szenarios mit einem
oder zwei Callern vor mir und schwächeren, passiven Spielern in den Blinds die
idealen Voraussetzungen für das Spiel vieler suited und connected Hände. Das ist
etwas, mit dem man sich gemächlich vertraut machen muss, da man sich häufig in
Spots mit höheren Reverse Implied Odds durch dominierte Paare oder kleine Flushes
wiederfinden wird.

Zu wissen wann man mit schwächeren Draws oder Made Hands nach dem Flop
weitermachen sollte ist sehr stark von den jeweiligen Stakes und der
durchschnittlichen Stärke der Gegner abhängig. Auf den Microstakes ergeben sich
mit Top Pair und schwachen Flushes oder Straights hohe Implied Odds, während
man mit solchen Händen auf den höheren Stakes überwiegend in Schwierigkeiten
gerät.

-24-
5.4 3-Bet gegen Eröffnungen

Obwohl ich meinen Fokus in dieser Position hauptsächlich auf das Callen lege will ich
doch ein paar Worte darüber verlieren, warum es Sinn macht, die CO Eröffnungen
einiger Spieler aggressiver zu attackieren. Einen schwächeren Opener zu isolieren
oder eine 3-Bet als Bluff gegen jemanden, der einem die Position am BTN mittels
einer weiten Eröffnungs-Range vom CO stehlen will, macht unter Umständen
wesentlich mehr Sinn als ein Call - vor allem wenn auf den Blinds keine
Freizeitspieler sitzen oder aggressive Spieler, die gerne eine 3-Bet spielen auf den
Blinds auf ihre Opfer für einen Squeeze warten.

Ich würde außerdem damit anfangen, meine Valuerange mit 3-Bet und All-In gegen
eine 4-Bet vieler Regulars auf höheren Stakes von dieser Position zu erweitern, da sie
davon ausgehen, dass man nur mit seinem Positionsvorteil herumspielt. Hände wie
z. B. JJ, TT oder AQs werden zu Kandidaten für diese Spielweise, da sie selbst bei
einem Call mit Händen wie QQ+ und AK noch eine gewisse Equity behalten während
sie davon profitieren, dass sie gegebenenfalls Hände zum Folden bringen, die noch
Equity haben, wenn sie einen Flop erleben würden. Man sollte auch nicht vergessen,
dass Bluff-Hände mit Kombinationen aus Ax, Kx oder Qx immer noch 30% oder
mehr gegen Hände wie TT oder JJ haben und einem das Leben auf den
unterschiedlichsten Overpair-Flops schwer machen, obwohl wir in Position sind.

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6. Das Spiel aus den Blinds

Zurückblickend auf das, was ich über Poker als Spiel, bei dem es sich vor allem um
die Blinds dreht, gesagt habe wird klar, dass der Kampf um das “dead money”, zu
dem wir jeden Orbit auf den Blinds beisteuern, die Grundlage jedes Pots bildet.
Allerdings tendieren viele dazu eine Strategie zu wählen, die entweder das eine oder
das andere Extrem abdeckt – also entweder viel zu häufig aus Unsicherheit oder
fehlendem Interesse OOP zu folden oder viel zu oft wegen des Discounts und des
puren Spieldranges zu verteidigen.

Die Blinds sind für die meisten von uns natürliche Verlustpositionen. Selbst große
Gewinner verlieren sowohl im Small Blind als auch im Big Blind bis zu einem
gewissen Grad Geld, weshalb wir uns darauf konzentrieren müssen, unsere Verluste
so weit wie möglich zu reduzieren, indem wir so viele potenzielle Leaks unseres
Blind Plays wie möglich beheben und uns danach damit beschäftigen, wie wir die
Leaks der anderen Spieler in Position auf uns ausnutzen.

Meine Empfehlung für Anfänger ist immer, die Anzahl der Hände, die sie von den
Blinds spielen sollten, zu reduzieren um so viele Spots für größere Postflop-Fehler zu
vermeiden und einen Teil dieser Hände dann nach und nach wieder in den Range mit
aufzunehmen, sobald sie sich damit wohler fühlen.

Schwächere Ranges und grenzwertige Hände ohne Position zu spielen ist vor allem
gegen stärkere und aggressivere Spieler schwierig. Sich die Initiative durch eine 3-Bet
statt eines Calls zurück zu holen kann auf jeden Fall helfen, ist aber kein
Universalheilmittel, da wir so unter Umständen 3-Bet Pötte OOP spielen müssen
oder uns einer 4-Bet gegenüber sehen.

Außerdem gibt es riesige Unterschiede zwischen den typischen Spots, die bei der
Verteidigung im Small oder Big Blind entstehen, dass die Entwicklung und die
Anpassung von sehr individuellen Strategien notwendig ist.

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6.1 Small Blind (SB)

Mit einem bereits investierten halben Big Blind scheint es sehr verlockend zu sein
mehr Hände zu spielen und vor allem gegen Eröffnungen aus später Position weiter
zu verteidigen. Die schlechteste Position am Tisch bringt jedoch zwei bedeutende
Probleme mit sich, welche die Profitabilität und die Spielbarkeit von vielen
ansonsten guten Händen verringert:

a) wir sind immer der Gnade des Spielers im Big Blind ausgeliefert, der die Action
Preflop mit einem Call oder einem Squeeze abschließen kann.
b) wir müssen in jedem Pot auf jeder einzelnen Straße als erster handeln.

Selbst Heads-Up kann das ein größeres Problem sein, so dass wir uns darauf
konzentrieren müssen, Pötte nur mit Händen mit guter Postflop-Spielbarkeit oder
dem Potenzial des Spiels gegen eine 3-Bet zu eröffnen, da wir uns in einen schweren
Kampf mit dem Big Blind begeben.

6.1.1 Eröffnungs-Range

Man hat zwei große Vorteile auf seiner Seite, die einen riesige Anreiz bieten so weit
wie möglich zu eröffnen und den Big Blind zu stehlen:

• Bis zu 0.5bb “Rabatt” auf die Erhöhung


• Nur ein einzelner Gegner übrig

Gleichzeitig ist der Mangel an Position gegenüber dem Big Blind während der Hand
nach der Eröffnung und einem Call störend. Da es nötig ist, dass man auf jeder
Straße als Erster handelt, kann sich die Profitabilität des ursprünglichen Steals auf
ein bestimmtes Maß reduzieren sobald man mehr Geld mit grenzwertigen Händen
verliert als nötig. Dies trifft vor allem zu, wenn man auf aggressivere oder solider
spielende Gegner trifft.

Meiner Erfahrung nach sollte man die Gegner auf den Microstakes hier trotzdem
erbarmungslos attackieren, da es sich hier meist um Spieler handelt, die sowohl
Preflop als auch Postflop relativ leicht aufgeben. Umso weniger aggressiv und clever
der durchschnittliche Gegner seinen Postitionsvorteil ausspielt desto eher lässt sich
hier profitabel spielen, selbst wenn man einen Flop sieht. Zu schnelle Aufgabe oder
zu loose Calldowns sind die Merkmale, nach denen man Ausschau halten sollte, um
so weit wie möglich zu eröffnen und dabei profitabel zu bleiben.

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Ich empfehle mit der üblichen Button Eröffnungsrange zu beginnen, jedoch die
schwächsten Hände, die wegen der schlechteren Position postflop am meisten
leiden würden, außen vor zu lassen:

Offsuited Highcards

Schwächere Blocker-Hände wie Kxo und Qxo mit einem niedrigen Kicker zu spielen
kann funktionieren solange man die Blinds kampflos gegen einen Gegner mitnimmt,
der in dieser Position zu häufig foldet und/oder einen nicht in Postflop-
Schwierigkeiten bringt. Sobald ich mich härterem Widerstand gegenübersehe lasse
ich die am schlechtesten verbundenen Broadway Hände aus und spiele eher solche,
die eine Straße oder ein ordentliches Medium Paar machen können – wie z. B. K9o,
Q9o oder J8o.

Suited Highcards & x-Gappers

Ich lege meinen Fokus eher auf Suited und Connected Hände als auf die Offsuited
Highcards, da es sich erwiesen hat, dass das Potential, mit solchen Händen zu treffen
und dann meine Draws aggressiv über mehrere Straßen zu spielen nachweislich
wesentlich einfacher ist als über dünne Valuebets oder einen Bluffcatcher OOP mit
schwachen Paaren zu entscheiden, die man mit Händen wie K4o oder Q7o getroffen
hat.

Ein anderer Gesichtspunkt sind die Täuschungsmöglichkeiten wenn man mehr


Frontdoor oder Backdoor Flushes erzeugt sowie Twopair, Trips oder Straights mit
Händen wie 73s oder T4s trifft, die der Gegner nie bei einem erwarten würde.

Kandidaten

Genau wie am Button versuche ich meine Range auf eine clevere Weise zu erweitern
und anzupassen, je nachdem mit welchem Gegnertyp ich zu tun habe und welche
Tendenzen er zeigt, seinen Big Blind aufzugeben. Sowohl meine typische BU oder SB
Eröffnungsrange können zwischen tighten 35% und bis zu 100% meiner Hände
liegen. Die Optimierung und das Anpassen sowohl gegen den durchschnittlichen
Gegner als auch gegen spezielle Gegnertypen ist hier der Schlüssel.

Betsizing:

Ich empfehle mit Setzgrößen zwischen zwei und drei Big Blinds zu experimentieren
um herauszufinden, welche die meisten Folds mit den schwächsten Händen
einbringt und uns mit den stärkeren Händen keine Action kostet.

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Man kann auch berechnen, wie oft der Big Blind folden muss, damit man
automatisch von einem Raise profitiert.

Exkursion: Berechnung der Erfolgsrate für Steals

Lasst uns 3x als unseren derzeitigen Standard Open Raise mit als SB bereits
eingebrachten 0,5bb annehmen. Wir haben also:

Risiko: 2.5bb
Belohnung: 1.5bb
Odds: 2.5 : 1.5 (verdoppeln wir beide Seiten um gerade Zahlen zu erhalten)
Benötigte Foldequity: 5 aus (5 + 3) = 8 mal, was 62,5% entspricht

Das bedeutet, dass der Big Blind nur ungefähr bei zwei Drittel aller Gelegenheiten
folden muss damit wir automatisch mit zwei beliebigen Karten einen Profit beim
Steal erzielen.

Limpen/Auffüllen

Das Auffüllen in Mulitway-Situationen sieht wegen des niedrigen Preises sehr


attraktiv aus, man darf sich jedoch von den Pot Odds nicht in die Irre führen lassen,
wenn die Reverse Implied Odds durch die Decke gehen. Das trifft vor allem auf
dominierte und Offsuited Hände zu, die sich Multiway nicht gut spielen lassen, wie z.
B. A7o, K8o, Q4o usw. Paare werden wesentlich weniger häufig gegen mehrere
Gegner halten, man hat weniger Optionen, um den Pot ohne einen Showdown
mitzunehmen und es ergeben sich viele Gelegenheiten in denen man vor schwierige
Entscheidungen gestellt wird.

Das Auffüllen in Heads-Up-Situationen mit dem Big Blind kann eine durchaus
passende Strategie sein, speziell gegen stärkere Gegner oder solche, die Preflop
nicht folden wollen. Wichtig ist in dieser Situation, dass ich einen günstigen Weg
finde, einen Teil meiner Preflop-Equity zu einem guten Preis zu realisieren ohne OOP
vor harte Entscheidungen gestellt zu werden oder mich aufgeblähten Pötten
gegenüber zu sehen. Für den Fall der BB-Gegner einem hier nicht oft genug erlaubt
einen Flop zu sehen sollte man sich überlegen, sowohl einen Limp/Call und
Limp/Raise Range zu erstellen, aber das ist eine sehr komplexe Aufgabenstellung für
das Spiel gegen sehr clevere Gegner und sprengt den Rahmen dieses Guides.

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6.1.2 Callen gegen Eröffnungen von UTG & MP

Ich bleibe dabei, diese beiden Positionen ähnlich zu behandeln, da der Range eines
durchschnittlichen Spieler sich hier nicht großartig unterscheiden wird. Der Rest des
Tisches inklusive des BB wird gegen erweiterte Openranges ebenfalls häufiger
“verteidigen” und auf Grund der besseren Position hier auch einen besseren Job als
man selbst machen, so dass die Verteidigung des SB nicht zwangsläufig notwendig
ist, auch wenn hier ein halber bb Rabatt winkt. Darüber hinaus ist es leicht, einen
einmal entdeckten, bestimmten loosen Opener mit einem angepassten Range
anzugreifen.

Grundsätzlich ist meine Empfehlung, nicht weiter zu callen als mit den Ranges, die
man in MP oder am CO gegen Eröffnungen aus EP spielen würde. Wegen des Rabatts
von 0.5bb, der relativen Stärke einer Eröffnung eines Spielers aus EP und der Präsenz
von nur noch einem weiteren Spieler hinter mir coldcalle ich alle beliebigen Paare
von 22 bis JJ, da ich bisher damit laut meiner Datenbank bis in die Midstakes einen
Profit erzielen konnte. Der BB wird nicht sehr häufig erfolgreich einen Squeeze
spielen können, allein auf Grund der Stärke der ursprünglichen Eröffnung und daher
eher callen um einen Flop sehen zu können.

Daher sind für mich alle Hände, die gegen starke Ranges und eine gute Multiway-
Spielbarkeit haben wie z. B. Paare und Suited Broadways hier für mich Standard-Calls
gegen nahezu jeden Gegner. Ich versuche so viele offsuited, potenziell dominierte
und schlechter verbundene Broadways wie ATo, KJo, QJo und sogar KQo oder AJo zu
vermeiden, da diese vor allem OOP gegen stärkere Ranges problematisch zu spielen
sind. Auf der anderen Seite werden Suited Connectors und Suited Asse recht gute
Kandidaten für unsere Range, sobald die Stacks tiefer sind und ein schwächerer
Postflop-Spieler im Big Blind overcallt.

Mit Premiumhänden kann hier ein Slowplay eine gute Idee sein, vor allem wenn man
sich einem tighten Opener entgegen sieht, der häufig nach einer 3-Bet foldet. Doch
ist es schwer, nicht zu stark auszusehen oder einen Range so zu erstellen, dass man
einen guten Mix aus Bluffs und starken Händen hat, wenn man gegen eine Eröffnung
aus EP eine 3-Bet spielt. Daher mag ich es, von Zeit zu Zeit mit QQ, AK, AQ nur zu
callen, vermeide einen Call aber mit KK oder AA damit ich keine Action gegen Spieler
verpasse, die verlässlicherweise mit einer Range von QQ+, AK zurückspielen werden.

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Diese Spielweise kann jedoch zu Multiway Action führen und gibt dem BB eine sehr
gute Chance, auf dem Flop zu treffen oder sogar den ursprünglichen Opener zu
übertreffen. Daraus ergeben sich oft hohe Reverse Implied Odds, da man selbst
häufig nur ein Paar trifft (Top Pair oder Overpair), was zu schwierigen
Entscheidungen OOP auf späteren Straßen führt.

6.1.3 Callen gegen Eröffnungen von CO & BU

Selbstverständlich wollen wir weiter verteidigen, wenn die Eröffnungs-Range unserer


Gegner weiter wird. Das Problem hier stellt der BB dar, der Preflop immer die Action
abschließt und daher die Macht hat uns den Flop zu verweigern bzw. uns dazu
zwingt OOP und Multiway zu spielen. Ich mache daher meine Calling-Range von
folgenden Faktoren abhängig:

a) Höhe der Eröffnung Preflop


b) Das vermutliche Skilllevel des Openers
c) Das vermutliche Skilllevel des Spielers im Big Blind
d) Die tatsächliche Range des Openers

Die “tatsächliche Range” des Openers ist selten eine verfügbare Information am
Tisch solange man keine große Anzahl an Händen gegen ihn gespielt hat. Daher
tendiere ich dazu, durchschnittliche Annahmen über die Spieler auf meinem Level zu
treffen und herauszufinden, welche Fehler ich von ihnen in später Position erwarte –
auf den Microstakes werden sie vermutlich nicht allzu weit eröffnen während sehr
viele Gegner auf den Small und Midstakes wesentlich häufiger versuchen werden zu
stehlen.

Je besser die Pot Odds und schwächere involvierte Spieler umso weiter werde ich
flatcallen – bis zu mittelstarken Broadway-Händen wie KJo, KTo, QJo, QTo, JTo,
kleineren Suited Assen und eher spekulativen Händen wie die kleinsten Pocket Pairs
22-66 oder niedrigere Suited Connectors bis hin zu 98s.

Der Grund dafür, diese eher suboptimalen Hände in der schlechtesten Position am
Tisch zu spielen findet sich in der potenziellen Postflop-Spielbarkeit und den Implied
Odds gegen diese Gegner. Ich will Preflop einen Squeeze vermeiden und
sicherstellen, dass ich Postflop auf Grund meiner schlechten Position und fehlender
Initiative leichte Entscheidungen treffen kann.

Es wird mehr als schwer sein mit diesen Händen einen Profit zu erzielen, wenn man
sie passiv gegen einen aggressiven oder kompetenten Gegner spielt während ein
kleiner Spielraum vorhanden ist gegen einen Gegner, der viele schwerwiegende
Fehler postflop macht. Dazu gehören z.B. das Durchbezahlen schwacher Treffer oder

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starke Passivität, die uns erlaubt das komplette Board für kleines Geld zu sehen (z. B.
kleiner Preflop Raise, kleine Postflop Bet oder das Fehlen einer C-Bet).

Diese Hände werden zu sehr attraktiven 3-Bet Bluffs, wenn der Opener eine weite
Range hat und häufig gegen 3-Bets wegwirft. Allerdings sollte man dies nur dann
versuchen, wenn man bereits viele Hände gegen diesen Gegner gespielt und daher
einen Read auf ihn hat.

6.1.4 3-Bet gegen Eröffnungen

Die Umsetzung einer Strategie, die sich einfach nur um das Spielen einer 3-Bet mit
allen Händen, die man von dieser Position wählen will, hat sich langsam aber sicher
als Standard für viele Spieler durchgesetzt. Der aggressive Ansatz kompensiert den
Nachteil der fehlenden Position und Initiative während man dem Spieler im Big Blind
einen wesentlich höheren Preis aufzwingt, wenn er sein Privileg zu seinem Vorteil
nutzen will, die Action preflop abzuschließen.

Ich neige dazu, meine 3-Bet Range auf den zwei grundlegenden Annahmen darüber
aufzubauen, wie oft meine durchschnittlichen Gegner…

a) ...den Pot eröffnen.


b) ...meine 3-Bet callen.

Selbstverständlich will ich, dass meine guten Hände zusätzlichen Value erzeugen,
wenn ich eine 3-Bet spiele, was nur dann Erfolg haben kann, wenn mein Gegner den
Pot sowohl mit schlechterem eröffnet als auch gegen einen Reraise callt (oder eine
4-Bet spielt). Dies nennt man den “linearen” Ansatz für die Auswahl der Hände, die
man für Value reraised – beginnend am oberen Ende der Verteidigungsrange bis
hinunter zur letzten Hand, mit der man sich noch über das Erzielen eines Profits bei
einem gegnerischen Call oder eines weiteren Raises sicher sein kann.

Sobald ich in der Anzeige meines HUDs bemerke, dass mein Gegner einen hohen
“fold to 3-Bet” (f3) Wert hat, füge ich meiner Range zusätzlich Bluff-Hände hinzu –
vorzugsweise mit Blockern oder gutem postflop Potential. Zu dieser Thematik gibt es
zusätzliche Informationen im ersten Teil meines Guides (Yellow Guide, Abschnitt zu
HUDs). Ein guter Mix zwischen Bluffs und Valuehänden ist das, was wir einen
“polarisierenden” Ansatz nennen.

Für beide Ansätze gilt, dass ich meine 3-Bet Range erweitere, wenn die Position
meines Gegners näher am Button liegt und ich sie ein weiteres Mal anpasse um
einen Squeeze zu spielen, da ich nicht nur gegen den Opener, sondern auch gegen
die potenziellen Caller einen Profit erzielen muss. Wie wir sehen hat die “3-Bet

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only”-Strategie auch einige Nachteile. Eine 3-Bet gegen einen eher tighten Opener
zu spielen, der mit schlechteren Händen nicht weiterspielt reduziert den Value von
Händen wie AJ, AQ, KQ und selbst Premiumhänden wie TT-QQ und AK drastisch.
Einen kleinen Pot mitzunehmen ist zwar schon ein annehmbares Resultat, Hände die
wir dominieren zum Folden zu bringen ist aber nicht unser eigentliches Ziel.

Sobald man jedoch auf höheren Stakes an Gegner gerät, die häufiger eine 4-Bet
auspacken, riskiert man, aus Händen mit großartiger Spielbarkeit und hohen Implied
Odds austeigen zu müssen. In diesem Fall ist es entscheidend, sein Preflop-Spiel auf
das nächste Level zu heben und herauszufinden, ob und wie man mit bestimmten
Händen eine 5-Bet entgegen setzt oder eine 4-Bet callt – was sicherlich
hochinteressant aber auch sehr trickreich sein wird wenn man mit tieferen
Stacksizes OOP spielt.

6.2 Big Blind (BB)

Meine erste Antwort in Live Trainings an Spieler, die gerade mit dem Pokern
anfangen und danach fragen, wie sie ihre Blinds verteidigen können lautete früher
ungefähr so:

"Versucht so weit wie möglich zu vermeiden OOP ohne Initiative zu spielen. Spielt
erstmal tight und konzentriert euch erst später auf die Big Blind-Verteidigung da die
größten Gewinne am Button und durch die großen Pötte erzielt werden, die ihr in
Position spielt!”

Diese Aussage muss ich 2015 korrigieren. Die Einführung von ZOOM Poker und der
fortschreitende Trend hin zum Stehlen von Blinds und dem häufigen Ausnutzen der
Position macht eine angemessene Blind-Verteidigung nötig. Die
Hauptverantwortung dafür liegt hauptsächlich beim Big Blind, denn dieser Spieler
hat:

a) den größten Betrag an erzwungenem totem Geld zu verteidigen


b) Preflop die besseren Pot Odds
c) das Privileg, Preflop die Action abzuschließen und garantiert einen Flop zu sehen
d) die relative Position in multiway postflop Situationen

Der Begriff “relative Position” in d) bezieht sich auf den positionellen Vorteil in
einem Multiway Pot gegenüber dem ursprünglichen Preflop Raiser und allen
anderen, die gecallt haben, weil der Spieler im Big Blind checken und auf die
Aktionen aller anderen Spieler im Pot warten kann. Dieser Umstand verschafft dem
Spieler im Big Blind nicht nur zusätzliche Informationen über die Handstärken der
Anderen, sondern sorgt auch für bessere Multiway Odds Postflop oder die

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Kapitalisierung des toten Geldes generell, da der Spieler im Big Blind Postflop als
letzter handeln wird.

Alle oben genannten Faktoren sprechen für eine passive Verteidigung durch den Call
einer Eröffnung – in der Theorie! Angenommen dass wir gegen einen Minraise vom
Button Pot Odds von ungefähr 1:3.5 erhalten benötigen wir nur circa 22% Equity um
Preflop profitabel zu callen. Die meisten Suited Hände haben knapp 20% Equity
selbst gegen AA so dass es scheint als könnten wir theoretisch eine große Anzahl an
Händen trotz fehlender Position und Initiative verteidigen. Das Problem liegt darin,
dass die rechnerische Preflop Equity es notwendig macht, alle 5
Gemeinschaftskarten und einen Showdown zu sehen, um zu klären zu können, ob
die Hand gewonnen wurde. Genau an dieser Stelle kann der Gegner in Position
unsere Pläne mittels Aggression und seines positionellen Vorteils zunichte machen.

Eine rein passive Big Blind Verteidigung kann gegen eher passive Gegner
funktionieren, die uns von Zeit zu Zeit ausbezahlen, wenn wir eine gute Hand treffen.
So paradox es auch klingen mag: Stärkere Gegner sind hier wieder in der Lage
dagegen mit ihrer relativ weiten Eröffnungs-Range anzugehen da diese es ihnen
nicht erlaubt eine von uns auf Flop, Turn oder River getroffene starke Hand
auszubezahlen. Genauso wie im SB mache ich meine BB Verteidigungs-Range sehr
stark davon abhängig, wie die folgenden Faktoren meiner durchschnittlichen Gegner
aussehen:

a) Höhe der preflop Eröffnung


b) angenommene Stärke des Openers
c) tatsächliche Range des Openers

Um jedoch eine gute Big Blind Verteidigung aufzubauen und unsere erzwungenen
Potbeiträge nicht zu häufig aufgeben zu müssen ist es nötig, tiefer zu graben. Unser
Ziel ist es, unsere Verluste zu minimieren und zusätzlich den Erwartungswert zu
maximieren indem wir solide Ranges aufbauen, die sowohl tighteren Eröffnungen
aus früher Position als auch weiteren Eröffnungen, die auf einen Steal der Blinds
zielen, angepasst sind.

6.2.1 Callen gegen Eröffnungen von UTG & MP

In der Theorie müssten wir einen realistischen Prozentsatz für den Eröffnungs-Range
unserer Gegner von diesen Positionen bestimmen und mittels der Pot Odds
entscheiden ob eine Hand ausreichend Equity hat um gegen diesen Range zu callen.
Gegenüber einer Eröffnung mit 3bb erhalten wir Pot Odds von besser als 2:1 (wir
müssen 2bb callen um 4.5bb = 3bb Eröffnung + 0.5bb SB + 1bb BB zu gewinnen) was
wiederum nötig macht, dass unsere Hand gegen die Eröffnungs-Range des Gegners

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mehr als 30% Equity für einen Call hat. Wie wir in den folgenden Abschnitten sehen
werden ist es nicht gerade leicht, diese 30% (oder sogar mehr) Equity zu realisieren,
da wir weder Position noch Initiative haben und die Spielbarkeit der Hand von vielen
Faktoren abhängt. Allerdings macht der Fakt, dass wir die Action abschließen, in
dieser Position im Vergleich zu allen anderen Positionen nach einer Eröffnung aus EP
wesentlich mehr Hände spielbar, so dass ich damit anfangen würde, alle Paare zu
callen. Gefloppte Sets werden sehr wahrscheinlich von jeder stärkeren Range selbst
OOP bezahlt und durch den Call sehen wir in jedem Fall nun einen Flop.

Als nächstes möchte ich bestimmen, welche Hände wirklich durch das tatsächliche
Realisieren der potentiellen Equity vom Preflop Rabatt profitieren. Angesichts der
Tatsache, dass man weder Position noch Initiative und meistens weniger als 50%
Equity hat, kann es schwer zu entscheiden sein, wann gegen die Barrel eines
vermutlich starken Ranges weitergespielt werden sollte.

Offsuited Broadways wie AJo, ATo, KQo, KJo scheinen auf den ersten Blick mit um
die 40% oder mehr Equity gegen einen UTG Eröffnungs-Range von ~13% recht gut
auszusehen. Allerdings leiden sie in diesem bestimmten Spot stark unter den
Reverse Implied Odds wenn man ein Paar flopt und der mangelnden Spielbarkeit,
wenn man kein Paar trifft – daher tendiere ich dazu, diese Händen zu folden, auch
wenn der Preis, den ich erhalte, eigentlich passt.

Stattdessen den Fokus mehr auf Suited Connectors, Suited Asse und Suited
Broadways zu legen bewegt den Spielbarkeitsfaktor deutlich in unsere Richtung.
Man trifft wesentlich häufiger Frontdoor und Backdoor Draws – selbst wenn diese
zunächst schwach aussehen – mit höheren Implied Odds und kann diese aggressiv
spielen, wenn Textur bzw. Spot es erlauben.

Die reine benötigte Preflop Equity für einen Call ist etwas niedriger, allerdings ist die
Chance, sie auch zu realisieren, wesentlich höher und der Prozess zur
Entscheidungsfindung im Verlauf der Hand ist wesentlich einfacher. Das setzt aber
auch voraus, dass man gefloppte Paare sehr vorsichtig spielt, da diese nur eine von
mir so genannte “cold” Equity bieten, während die meisten Draws eine “hot” Equity
gegen starke Ranges beibehalten.

Exkursion: Hot & Cold Equity

Ich bezeichne Equity als “hot equity” wenn man sich meistens darauf verlassen kann,
auch die stärkste Hand zu haben, wenn man sie vervollständigt. Das trifft
normalerweise dann zu, wenn die Outs auf dem Board sauber sind, d. h. dass die
Hand des Gegners mit der gleichen Karte sich gegenüber der unseren nicht
gleichzeitg verbessert. Equity, die sich nur dadurch realisieren lässt, dass man die

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gefloppte Made Hand zum Showdown bringt, sehe ich als “cold” Equity an, da man
erst am Showdown herausfindet, ob man gute Entscheidungen getroffen hat.

6.2.2 Call gegen Eröffnungen von CO & BU

Typische CO Eröffnungs-Ranges beginnen heutzutage bei ungefähr 25%, die Stealing


Ranges vom BU können mehr als zwei Mal so weit sein. Gegen solche Ranges ist eine
Verteidigung nicht nur notwendig, um nicht zu viel selbst eingebrachtes totes Geld
zu verlieren, sondern auch um wertvolle Equity mit bestimmten Händen zu
realisieren.

Um diesen Punkt zu verdeutlichen werfen wir einen kurzen Blick auf so schwachen
(suited) "Junk" wie T4s oder 95s. Diese Hände haben eine Equity von ungefähr 33%
oder mehr gegen einen Beispiels-Eröffnungs-Range von 25% vom CO {22+, A2s+,
K6s+, Q8s+, J8s+, T8s+, 98s, 87s, 76s, 65s, A9o+, KTo+, QTo+, JTo}. Verdoppeln wir
diesen Range zu 50% und mehr auf dem BU und wir haben mehr als 40% Equity!

Allerdings darf man hier nicht aus den Augen verlieren dass sich auf Grund
mangelnder Position, Initiative und möglicher Aggression eines Gegners diese eher
theoretische Equity nicht immer realisieren lässt. Mit solchen Händen hält man also
eher die oben beschriebene “cold” Equity, weshalb man es vorziehen sollte, Hände
mit möglicher “hot” Equity zu spielen.

Angenommen der Spieler am BU hilft uns, indem er gegen eine typische Eröffnung
vom CO kämpft, dann müssen wir uns nicht so viele Gedanken darum machen an
diese Spieler unnötig viel von unserem wertvollen am Blind eingebrachten Geld zu
verlieren. Daher würde ich meine passive Verteidigungs-Range gegen eine Eröffnung
von einem unbekannten Spieler am CO erweitern und sie nicht nur auf Hände mit
viel “hot” Equity oder soliden Showdown Value beschränken.

Dies trifft auf einige zusätzliche Suited Broadways zu (z. B. K9s, Q9s, J9s), auf
Offsuited Broadways die gegen stärkere Eröffnungs-Ranges von EP noch dominiert
wären (z. B. AJo, ATo, KQo, KJo, KTo, QJo) und sogar auf Suited Connectors oder
One-Gapper bis hin zu 54s und 97s. Schwächere Hände als diese eignen sich dann
auch zur Verteidigung gegen den BU, wo unsere Sorgen im Hinblick auf zu günstige
Gelegenheiten für einen Steal wesentlich mehr gerechtfertigt sind.

Allerdings möchte ich zunächst ein besseres Gefühl dafür bekommen, was ich
verteidigen muss um regelmäßigen Blind-Dieben vom BU einen automatischen Profit
zu verweigern. Sobald wir das herausgefunden haben können wir uns mit dem
Anpassen unserer tatsächlichen Verteidigungs-Range beschäftigen und einen Blick
auf bestimmte Faktoren wie Postflop Spielbarkeit, Showdown Value oder potenzielle

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Reverse Implied Odds werfen. Für diese Angelegenheit werde ich ein paar
Beispielberechnungen durchführen die verschiedene Open Raise Höhen vom BU
berücksichtigen um zu verdeutlichen, wie diese die benötigte Verteidigungsfrequenz
beeinflussen. Alle, die sich nicht gern mit Mathematik beschäftigen, können gleich
zur Schlußfolgerung springen!

Exkursion: Berechnung der benötigten Verteidigungsfrequenz vom BB

Sei d unsere Verteidigungs-Range (in %), r die Höhe des gegnerischen Raises in bb:

s := 1/[1+(1.5bb/r)]

die benötigte Erfolgsrate für den Steal des Gegners, um einen Profit zu erzielen (die
Grundlage für die Berechnung der Erfolgsrate findet ihr in Sektion 6.1.1 auf Seite 29).
Die in den runden Klammern benutzte Anzahl von 1.5bb, die Small Blind plus Big
Blind repräsentiert, muss gegebenenfalls angepasst werden, wenn der SB ein
kleinerer Anteil des BB ist wie z. B. auf NL5.

Wir erhalten:

d=1-s

Der Gegner riskiert r Big Blinds um 1.5 Big Blinds zu gewinnen, seinem Steal liegen
also Odds von 1 : (1.5bb/r) zu Grunde. Versucht der Gegner also in 100% der Fälle
einen Steal müssen wir also d = 1 - s % unserer Hände verteidigen.

Beispiel 1:

Der Gegner eröffnet auf 2 Big Blinds am Button, also ist r = 2. Die Berechnung seiner
Steal-Erfolgsrate ergibt s = 1/[1+(1.5bb/2)] = 1/1.75 = 0.5714. Das bedeutet, dass
unsere vorgeschlagene Verteidigungsquote d = 1 - 0.5714 = 0.4286 uns sagt, dass wir
in mehr als 43% der Fälle verteidigen müssen um unserem Gegner bei einem Steal-
Versuch mit zwei beliebigen Karten einen automatischen Profit zu verweigern.

Beispiel 2:

Der Gegner eröffnet auf 3 Big Blinds am Button, also ist r = 3. Villain opens to 3 big
blinds on the button so r = 3. Die Berechnung seiner Steal-Erfolgsrate ergibt s = 1/
[1+(1.5bb/3)] = 1/1.5 = 0.66. Das bedeutet, dass unsere vorgeschlagene
Verteidigungsquote d = 1 - 0.66 = 0.33 uns sagt, dass wir in mehr als 33% der Fälle
mit zwei beliebigen Karten verteidigen müssen um unserem Gegner bei einem Steal-
Versuch einen automatischen Profit zu verweigern.

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Schlußfolgerung:

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass wir versuchen sollten, abhängig von:

a) Standard Open Raise Höhe (beträgt meist zwischwen 2 und 3 Big Blinds)
b) Open Raise/Stealing Frequenz

in circa 33 bis 43% aller Fälle zu verteidigen.

Sehen wir also auf diese Schlußfolgerung und den Gesichtspunkt weiter oben im
Hinblick auf höhere Equity gegen weitere Ranges klingt es so, als sollten wir jede
Menge schwache Hände verteidigen, richtig? Nicht ganz! Wir müssen immer im Blick
behalten, dass die Preflop-Equity, die wir mit schwachen (auch suited) Händen
halten, noch lange keine Equity ist, die wir immer realisieren können, da wir keine
Position haben, keine Initiative und uns unter Umständen harter Gegenwehr von
einem aggressiven Gegner erwehren müssen. Einige dieser Hände haben somit
“cold” Equity wie im Kapitel zuvor beschrieben, wir sollten also auch hier unseren
Fokus auf Hände mit “hot” Equity legen. Aus diesem Grund sollten wir uns darauf
konzentrieren, wie gut die tatsächliche Spielbarkeit von schwachen Händen, die wir
unserer Verteidigungs-Range hinzufügen wollen, gegen den Opening-Range und die
Tendenzen unsers durchschnittlichen Gegners wirklich ist.

Denkt auch daran, dass die Top-Hände unserer Verteidigung selbstverständlich 3-


Bets für Value sind und wir eine gewisse Anzahl an Bluffs unserer 3-Bet Range
hinzufügen werden. Fürs Erste will ich also entscheiden, welche Hände auf jeden Fall
in meiner passiven Verteidigungs-Range sein müssen, die positionellem Druck stand
halten oder sogar kontern können. Gegen aggressive und häufig bluffende Gegner
will ich Hände haben, die soliden Showdown Value mitbringen, also z. B. Ax
(vorzugsweise Suited und falls Offsuited mit einem höheren Kicker gegen tightere
Ranges) und gut verbundene Suited und Offsuited Broadways.

In Spots, in denen ich den Eindruck habe, dass mein Gegner das Board häufig nicht
gut getroffen haben kann und er dennoch aggressiv spielt oder er eine ausnutzbar
hohe Continuation Bet Frequenz hat, ziehe ich es vor, dass meine Hände Suited und
Connected sind, so dass ich mir gefloppte oder am Turn erzielte Equity in Form selbst
schwächerer Draws wie Gutshots oder Backdoor Flushdraws in aggressiver Weise
gegen ihn zu Nutze machen kann. Diese Handtypen sind gute Kandidaten um auf
dem Flop einen Check/Raise zu spielen oder selbst zu leaden, da sie nicht unbedingt
darauf angewiesen ist, die Hand tatsächlich auf einer späteren Straße zu machen.
Vielmehr lässt sich hier davon profitieren, Gegendruck gegen den weiten Range
auszuüben und auf die zusätzliche Fold-Equity zu hoffen während ein kleiner
Rettungsschirm in Form von Outs für den Fall eines Look-Ups bleibt.

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Pocket-Paare sehen eher wie schlechte Kandidaten für diesen Job aus, weshalb viele
Spieler mit ihnen lieber einen Re-Raise spielen. Ich neige dazu, dies sehr stark von
den Stakes abhängig zu machen auf denen ich spiele und von den erwarteten
Tendenzen meiner durchschnittlichen Gegner in später Position. Je mehr Fehler wie
Passivität, schwaches Bet-Sizing, inkorrekte Calldowns usw. ich von meinem Gegner
Postflop erwarten kann je eher werde ich Paare einfach nur callen. Die Action
abzuschließen und mit getroffenen Sets bezahlt zu werden während man problemlos
einen Fold findet, wenn man das Set nicht trifft und sich heftiger Gegenwehr
entgegen sieht sind wichtige Voraussetzungen um einen Call hier trotz der eigentlich
besseren Big Blind Pot Odds profitabel zu machen.

Selbst niedrigere One- oder Two-Gapper verteidige ich, während andere


unzusammenhängende Suited Hände zu Kandidaten werden und sich in meiner
Standard-Range wieder finden, sobald das Raise Sizing des Gegners kleiner wird und
sich dadurch meine Pot Odds verbessern.

Ich neige dazu, so viele Offsuited und unzusammenhängende Hände wie möglich zu
vermeiden, sobald ich mich höheren Open Raises und aggressiveren Gegnern
gegenüber sehe. Diese Hände sind die am wenigsten attraktiven Kandidaten um
tatsächlich auch die Equity zu realisieren, denn es ist immer schwer, mit einem
gefloppten schwachen Paar OOP und auf einer koordinierten Boardtextur unter
Druck geraten zu sein und damit weiter zu spielen.

6.2.3 3-Bet gegen Opens

Vergleicht man alle Perspektiven, Vorteile und Nachteile, die wir für das Flatcallen
über alle Positionen heran gezogen haben, dann sieht ein Call am Big Blind gegen
eine Eröffnung am Attraktivsten aus.

Gegen unbekannte Spieler versuche ich so viele meiner Hände, die ich für
ausreichend spielbar und passend gegen den erwarteten Range in der jeweiligen
Position halte, zu spielen. Ich füge Hände nur meiner Value 3-Bet Range hinzu, wenn
ich davon zu profitieren glaube einen großen Pot OOP zu spielen, während ich von
auch von schlechteren Händen Action bekomme. Das bedeutet, dass ich bei den Top
5% meiner Hände {AKo, AQo, AKs, AQs, TT+} gegen Eröffnungen von EP bleibe und
meine Range um Suited Broadways, Suited Asse und andere Paare erweitere, wenn
die Eröffnung aus späterer Position erfolgt.

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Wenn ich allerdings an die vorgenannten Nachteile denke, wenn man OOP und ohne
Initiative spielen muss, dann kann ich mir drei häufige Situationen vorstellen, an die
ich meine 3-Bet Frequenz anpassen muss:

a) ausnutzen von weiteren Eröffnungs-Ranges mit der Tendenz zu häufigem Folden


gegen 3-Bets
b) mit mittelstarken Händen den Pot aufbauen gegen schwächere Spieler
c) erhöhen der Wahrscheinlichkeit gegen härtere und aggressivere Gegner die Equity
zu realisieren
d) hinzufügen von Bluffs um mehr Action von solideren Gegnern zu bekommen

Stärkere Gegner werden sowohl ihre bessere Position als auch die Initiative gegen
mich einsetzen, wenn ich grenzwertige Hände OOP verteidige, so dass es immer gut
ist, einen Workaround zu haben indem man ihren Eröffnungen mit einer 3-Bet
begegnet und so die Tendenz der Leute, preflop leicht aufzugeben, ausnutzt und
gegebenenfalls Postflop weiter selbst Druck ausübt. Eine 3-Bet gegen eine Eröffnung
aus früher Position werden vermutlich häufig stärker wahrgenommen, so dass es
eine gute Idee sein kann, gegen solide Gegner den ein oder anderen Bluff mit
einzubauen. Ich neige dazu, Hände für diese Aufgabe auszuwählen, die entweder
gute Blocker zu Premiumhänden (wie Ax, Kx) oder besonders hohe Postflop
Spielbarkeit und Täuschungsmöglichkeiten (wie Suited Connectors) haben, so dass
noch einiges an Equity übrig bleibt, wenn ein stärkerer Range callen sollte.

Wenn ich gegen schwächere Gegner spiele, die offensichtlich zu viele Pötte eröffnen
oder zu viele grenzwertige und schwächere Hände gegen Eröffnungen callen, will ich
meinen 3-Bet und Squeeze Range erweitern, damit ich isolieren, einen größeren Pot
aufbauen und Initiative an mich reißen kann um sowohl den potentiellen Value als
auch die Spielbarkeit meiner Hand zu erhöhen. Mittelstarke Broadway Hände wie AJ,
AT, KQ, KJ oder QJ – vor allem suited – sind gute Kandidaten für diese Aufgabe.
Selbst schwächere Suited Asse oder Könige können hier bestehen wenn der Gegner
mit zu vielen dominierten weiterspielt. Das Tüpfelchen auf dem I ist, wenn diese
bestimmten Gegner zusätzlich die Tendenz dazu haben, Postflop einen Fit-or-Fold
Stil zu spielen, so dass man selbst ohne getroffene Hand und OOP ein leichtes Spiel
hat den Pot mitzunehmen.

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7. Limper isolieren

Grundsätzlich gibt es zwei Spielertypen, die Limpen als Preflop Strategie in ihr Spiel
mit einbeziehen:

a) Passive Freizeitspieler
b) Trickreiche Regulars

Während der Gedankengang der Freizeitspieler grundsätzlich der ist, günstig einen
Flop zu sehen und dann mit kleinem Investment um einen großen Pot zu zocken,
wollen Regulars eher ihren Positionsvorteil aggressiv nutzen.

Es wird immer sehr schwierig sein, den tatsächlichen Limp-Range eines


Freizeitspielers einzugrenzen, da sie ab und zu auch mal mit stärkeren Händen eine
Falle stellen wollen, einen Limp auch mit vernünftigen Ax Kombinationen oder
mittleren Pocket-Paaren ansetzen, wenn sie sich nicht wohl damit fühlen, einen
größeren Pot zu spielen (Ich denke wir alle kennen den typischen “Ich hasse Pocket
Jacks!” Fluch in Home Games). Daher sollte man nicht überrascht sein einen Range
beginnend bei 52o (“das ist meine Lieblingshand!”) bis hin zu AA zu sehen. Wir
können eigentlich nur die Annahme treffen, dass die durchschnittliche Hand eines
Freizeitspielers eher schwach ist, wenn er limpt. Daher versuche ich einen Limp mit
einer weiteren Range als üblich zu isolieren um so viele Hände wie möglich mit guter
Spielbarkeit und ordentlichen Implied Odds gegen schwächere Gegner mit einer
weiten Range in Position spielen zu dürfen.

Alle Suited Broadways und Hände mit Königen und Damen mit schwächeren Kickern
als der Zehn können ein guter Anfang sein. Die Highcards stellen dabei sicher, dass
sich Showdown Value erzeugen lässt, was besonders wichtig ist, wenn der
Freizeitspieler nur einen kleineren Stacksize hat (was häufig vorkommt, da viele von
ihnen sich nur mit einem kleineren Betrag einkaufen – der Yellow Guide deckt dieses
Thema in der Sektion “Tisch Auswahl” ab). In diesen Fällen spielen sich Suited
Connectors und One- oder Two-Gapper nicht so gut, weshalb ich selbst offsuited
Broadways mit schwächeren Kickern und guter Verbundenheit wie K9o, Q9o oder
J9o vorziehen würde.

Falls ich beim Versuch zu isolieren im Schnitt einen stärkeren Range oder wesentlich
mehr Limp/Reraises zu fürchten habe, will ich meinen Raising Range mit genügend
Händen bestücken, die gegen das Reraise weiterspielen können. Dieses Szenario
spielt sich in etwa so wie nach der 3-Bet einer Eröffnung aus EP. Je tiefer die
effektive Stacksize hier ist, desto häufiger lassen sich gute Suited und Connected
Hände raisen und gegen einen Limp/Reraise callen – vorzugsweise in Position und
ohne allzu viele dominierte Ax/Kx Hände wie AJ, AT, KJ, KT oder schwächer.

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8. Multiway Pötte & Squeezen

Ein paar abschließende Bemerkungen über spezielle Situationen, die zu Multiway


Pötten postflop führen können, will ich hier noch anführen, bevor ich das Thema
preflop Strategie zum Abschluß bringe.

8.1 Flatcall Multiway

Das Spiel am Big Blind nach einem Raise und einem oder mehreren Calls begünstigt
einen Call, da wir nun selbst bessere Pot Odds bekommen, den Abschluß der Action
vornehmen dürfen und Postflop relative Position auf die anderen innehaben. Die
Größe des Pots Preflop macht meist sogar das Callen der schwächsten Hände
attraktiv. Allerdings neige ich dazu, potenzielle Probleme mit der “hot” und “cold”
Equity zu überdenken bevor ich mit Händen wie A2o oder 73s calle.

Auch wenn wir nicht sehr häufig Drillinge, Two Pair, einen Flush – oder auch nur
einen Flush für diese Angelegenheit – floppen müssen, damit sich unsere kleine
preflop Investition auszahlt, müssen wir dennoch um die potentiellen Reverse
Implied Odds und die mögliche Unfähigkeit wissen, unseren kleinen Anteil an Equity
gegen mehrere Gegner OOP und ohne Initiative zu realisieren.

Gegen einen höheren Flush zu verlieren, wenn wir Suited Karten callen, die
unterhalb vom Ass liegen oder von einem höheren Two Pair im Verlauf der Hand
geschlagen zu werden sind Situationen, die wesentlich häufiger in Multiway Pötten
vorkommen, in denen wir gegen mehr als zwei Karten antreten müssen.

Andererseits spielen sich auch stärkere Highcard Hände wie AKo, AQo, AJo, KQo, KJo
etc. nicht allzu gut, da sie stark von den Vorteilen der Heads-Up Equity und der
Initiative profitieren.

8.2 Squeeze

Um schwierige Multiway Spots wie die oben genannten zu vermeiden kann es eine
gute Idee sein, preflop häufiger einen Squeeze zu spielen um einen Pot sofort ohne
einen Kampf mitzunehmen oder in eine Heads-Up Situation zu kommen.

Als Squeeze bezeichnet man ein Reraise gegen den eröffnenden Spieler und einen
oder mehrere Caller um andere Spieler aus dem Pot zu bekommen. Eine Squeeze
Range für verschiedene Szenarios aufzubauen ist sehr situationsabhängig und
beinhaltet einen Blick auf jeden involvierten Spieler und deren Tendenzen.

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Die Hauptaufgabe liegt darin, nach beteiligten Spielern mit schwächeren Ranges
Ausschau zu halten, die Preflop oft genug:

a) bessere Hände folden


a) schlechtere Hände callen

Manchmal kann sogar das Callen einer besseren Hand ein gutes Ergebnis sein,
vorausgesetz wir haben den Read, dass der Gegner regelmäßig postflop aufgibt oder
uns bei Treffern bezahlt, da er eine leicht einzuschätzende Range spielt.

Ein Beispiel wären Spieler, die nur Paare gegen eine 3-Bet callen und auf ein Set am
Flop hoffen, da diese gegen Aggression auf vielen Boards nur einen kleinen Teil ihrer
Hände weiterspielen werden.

9. Preflop Betsizing

Viele Zuschauer von Grinding it UP! waren im Hinblick auf die Wahl meiner Betsizing
im Verlauf der Serie erstaunt und haben mich dazu befragt. Ich habe und werde auch
in Zukunft ständig meine preflop Open Raises in der Höhe zwischen 2x und 3x
variieren, abhängig von Position und Level.

Um ganz ehrlich zu sein: Es war immer und wird immer ein Experiment sein um zu
sehen, was gegen den durchschnittlichen Gegner, gegen den ich gerade kämpfe,
funktioniert. Ich passe mein allgemeines Preflop Betsizing anhand der folgenden drei
Aspekte an:

a) Meine Position
b) Stärke meines Ranges
c) Stacksize der Gegner hinter mir

Je später meine Position, je schwächer mein Range und je kleiner die Stacksizes
meiner Gegner, desto eher wähle ich eine niedrige Betsize zur Eröffnung, um den
durchschnittlichen Potsize und meine Verlustrate bei Gegenwehr zu reduzieren. Dies
ergibt sich zum Einen aus einem intuitivem Verständnis aber zum Anderen auch aus
der Erfahrung, wenn ich meine Datenbank nach den Resultaten für die Performanz
auf später Position durchsuche.

Meine schwachen spekulativen Hände und auch Bluffs profitieren sehr, wenn ich den
Positionsvorteil halte und viel Raum für Manöver sowohl pre- wie auch postflop
habe. Andererseits will ich mit einer starken Range OOP durch einen Reraise den Pot
vergrößern, potentielle Implied Odds und die positionelle Manövrierfähigkeit meiner
Gegner mit tieferen Stacks verringern.
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Ich glaube stark daran, dass es genau wie bei der Auswahl der Preflop-Hände keine
finale Antwort auf die Frage nach einem perfekten preflop Open Raise Sizing gibt –
was sicherlich einer der Aspekte ist, warum No Limit Hold’em so ein komplexes,
dynamisches und wundervolles Spiel ist.

Alles, was ich Euch fürs Erste mit auf den Weg geben kann sind ein paar meiner
Richtlinien dafür, welche Betsize Ansätze ich für effektiv halte bei Stacksizes von um
die 100 Big Blinds:

9.1 Open Raise Sizings

• UTG 3x
• MP 3x
• CO 2,5x
• BU 2x
• SB 3x

Ihr werdet bemerken, dass obwohl mein SB Opening Range so weit sein kann wie
mein BU Opening Range ich hier eine größere Betsize wähle. Der Grund dafür ist,
dass ich die Fold Equity erhöhen, meinen positionellen Nachteil kompensieren und
den Discount der bereits geposteten 0.5bb nutzen will.

9.2 3-Bet Sizings

Wenn ich Position auf den Opener habe tendiere ich dazu eine 3-Bet in Höhe von auf
3x der Eröffnung zu spielen und nur dann größer zu erhöhen, wenn die Stacks tiefer
als 100 Big Blinds sind oder es zusätzliche Caller vor mir gibt. Der Grund dafür ist,
dass ich froh über Action von schlechteren Händen bin, wenn ich meinen
positionellen Vorteil durch die Anwendung von Druck ausnutzen oder kostenlose
Karten bei Bedarf durch einen Checkbehind sehen kann.

Wenn ich OOP bin neige ich zu einem Reraise in Höhe von mindestens Pot, damit ich
das Potenzial möglicher mathematischer Fehler meiner Gegner durch das Callen
schwacher spekulativer Hände selbst in Position erhöhe.

Der Raise um die Höhe des Pots stellt sicher, dass mein Gegner keine besseren Pot
Odds als 2:1 bekommt, was es für eine profitable Spielweise seinerseits wiederum
nötig macht, dass seine Hände 33% ihrer Equity gegen meinen Range realisieren
müssen. Dies benachteiligt die meisten spekulativen Hände wie Suited Connectors,
dominierte Hände oder kleine Pocket Paare im Hinblick auf Implied Odds.

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Dieser Raisesize kann man bei zusätzlichen Callern und tieferen Stacks gerne auch
einige Big Blinds hinzufügen, um die Gegner so weit wie möglich davon abzuhalten
ihre gute Position, die Pot und Implied Odds auszunutzen.

9.3 4-Bet Sizings

4-Bets sollten groß genug sein um den kompletten Stack des Gegners zu bedrohen
oder zumindest die Bereitschaft zu zeigen, um den kompletten Stack zu spielen. Zur
gleichen Zeit sollten sie jedoch klein genug sein, um unseren Bluffs Geld zu sparen
und Action von schwächeren Händen zu begünstigen. Wenn man jemanden mit
einer zu großen 4-Bet bedroht läuft man Gefahr, ihn als “Kundschaft” zu verlieren
und hat auf der anderen Seite eine viel zu schlechtes Risk/Reward Ratio für Bluffs.

Ich neige dazu, eine 4-Bet in Höhe von so weit wie möglich unter einem Drittel
meines effektiven Stacks zu wählen, um Action von schlechteren Händen zu
bekommen oder bessere Hände zum Folden zu bringen. Sobald 1/3 meines
effektiven Stacks in Gefahr ist, gibt ein All-In mir Pot Odds von 2:1 und selbst ein
paar meiner Bluffhände können um die 33% Equity (oder mehr) gegen Hände wie AK
oder auch QQ haben, die für meinen Gegner gängige All-In Kandidaten sind.

Darüber hinaus sollte man nicht vergessen, das Sizing an tiefere effektive Stacks und
positionelle Dynamiken anzupassen.

9.4 Isolations Sizings

Abhängig von den Stacksize(s) der/des Limper(s) würde ich mit 3x Big Blind plus
jeweils einen Big Blind pro Limper isolieren um sicherzustellen, dass niemand einen
besseren Preis bekommt auch wenn ich Position auf beide habe. Außerdem will man
so die Chancen erhöhen den Pot Heads-Up zu bekommen, da dies wiederum die
eigenen Chancen erhöht, gegen nur zwei gegnerische Karten öfter zu gewinnen.
OOP würde ich wiederum mit einem Potsize Raise gehen und auch hier für jeden
zusätzlichen Limper einen Big Blind hinzufügen.

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10. Nachwort

Jede Preflop Situation in Cashgame Poker kann noch so geläufig oder ähnlich zu
einer anderen sein, die man vorher erlebt hat – jede für sich ist vollkommen
unterschiedlich. Sobald ein einzelner Parameter oder eine Ecke eines Puzzlestücks
anders ist passt die Hand schon nicht mehr in das große Bild, welches man sich
vorher gemacht hat: Tiefere Stacks, vertauschte Positionen, zusätzliches totes Geld
im Pot, mehr Caller, weniger Gegner am Tisch, übermäßig aggressive Gegner… Ich
kann einen ganzen Haufen neuer Faktoren oder zusätzlichen Ecken eines
Puzzlestücks nennen die es nötig machen, dass man eine komplett neue Leinwand
für das Postflop-Gemälde hernimmt.

Meiner Erfahrung nach ist der beste Weg, um die Entscheidungsfindung Preflop zu
meistern, zu spielen, noch mehr zu spielen, zu analysieren und noch mehr zu
analysieren. Treffe Entscheidungen auf Basis der besten vorherigen Erfahrungen mit
bestimmten preflop Situationen, wenn sie einer ähneln, die du bereits früher gelöst
hast. Nach der Session bleibt immer noch Zeit für eine Analyse, wenn du denkst,
dass etwas anders war oder das Ergebnis nicht dem entsprochen hat, was du
erwartet hast.

Lege so viel Aufmerksamkeit wie möglich auf Spots die sich regelmäßig wiederholen
und mit denen du dich unwohl fühlst. Dir ist z. B. unangenehm nach einer Eröffnung
vom Button eine 3-Bet von den Blinds zu callen? Überprüfe alle Hände, die du in
diesen Situationen verteidigt hast und analysiere, in welche Schwierigkeiten du
anschließend gekommen bist.

Siehst du dich schwierigen Entscheidungen mit Top Pair auf dem River entgegen?
Floppst du regelmäßig schwache Draws oder Paare? Musstest du mit frühzeitig mit
schwachen Händen aufgeben? Wurdest du nicht bezahlt wenn du ein Set getroffen
hast? – Analysiere, welche Hände in diesen Spots gegen welche Gegner
funktionieren, bereite dementsprechend einen passenden Verteidigungs-Range vor
und verstehe, welche Pötte du häufiger gewinnst, wenn du dich für eine bestimmte
Preflop-Linie entschieden hast.

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Lasst mich meinen Red Guide mit einem 3-Stufen-Plan abschließen, der mir immer
geholfen hat selbst schwierige preflop Entscheidungen mit mehr Selbstvertrauen
anzugehen:

1. Entwickle einen Schlachtplan mit klaren Zielen und anvisierten Spielern (z. B.
bluffe Spieler A in kleinen Pötten, bluffcatche gegen Spieler B, spiele die
meisten Pötte gegen Spieler C)
2. Wähle dementsprechend die passenden Waffen preflop, mit denen du
glaubst, diese Ziele erreichen zu können (z. B. attackiere die Blinds von Spieler
A mit Blockern, flatcalle starke Broadways gegen die 3-Bets von Spieler B,
eröffne vor und isoliere C so häufig wie möglich)
3. Bleibe bei diesem Schlachtplan, aber weiche davon ab, wenn der Gegner
unerwartet spielt und bleibe dabei, auch nach der Session dein Spiel zu
analysieren oder deinen Schlachtplan anzupassen!

Ich stelle mir meinen Handauswahl-Prozess Preflop vor, als würde ich an solchen
Stellen Samen säen, an denen ich mir sicher bin, dass sie aufgehen und gedeihen.
Allerdings behalte ich immer im Hinterkopf, dass ich letztendlich immer Mühe und
Arbeit hineinstecken muss um zu ernten was ich gesät habe, da das meiste Geld, das
man im Cashgame gewinnt, aus guten Postflop Entscheidungen resultiert.

Die Erfolgsrate unseres Postflop-Spiels wird von unseren preflop Entscheidungen


sehr stark beeinflußt und hängt mit ihnen zusammen. Seid darauf vorbereitet, noch
mehr und noch intensivere Arbeit in eure Postflop-Strategie zu investieren – meine
kommenden Guides werden sich dann mit meinen Erfahrungen und Richtlinien zu
häufigen Postflop-Situationen beschäftigen.

Keep grinding it up!

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