Sie sind auf Seite 1von 3

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Kapitel 3 / Die soziale Dimension

Der zufriedene Fischer


Ein philosophisches Gespräch zum Thema Arbeit
-------------------------------------------------------------------------------------------

Kurzbeschreibung
Die Teilnehmer_innen lesen Heinrich Bölls Kurzge-
8-14
schichte „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“
und führen anschließend ein philosophisches
Gespräch zu der Frage: Warum arbeiten wir? 45-90 Minuten
Das philosophische Gespräch ist ein wertungsfreier
und ergebnisoffener Raum, in dem Fragen aufge- visualisierte Frage, Ball,
worfen und reflektiert werden. Deko für die Kreismitte
Arbeitsmaterial auf der CD:
Ablauf Text, Mindmap

Vorbereitung Wenn möglich, sollte die Teilnahme


auf freiwilliger Basis erfolgen. Philo-
Im Raum wird ein Stuhlkreis aufgebaut. Die Mitte
sophische Gespräche sind prinzipiell
kann mit Tüchern, einer Blume oder Kerze einladend
für jede_n geeignet – oft finden
gestaltet werden. gerade besonders zurückhaltende
Das Mindmap (siehe Material) ist eine Unterstützung, oder besonders lebhafte Menschen
um die Bandbreite der Frage zu überblicken. Als Vor- hier Raum, sich einzubringen.
bereitung kann die/der Teamer_in das Mindmap mit
eigenen spontanen Ideen und Assoziationen ergän-
zen, um das Thema für sich zu durchleuchten. Es 2. Bei TN, die Gruppengespräche nicht gewohnt
dient als Orientierung und ist nicht dazu gedacht, im sind, kann hier zunächst eine Kleingruppenarbeit
Gespräch abgearbeitet zu werden. Das Gespräch kann anschließen. In Kleingruppen überlegen die TN in
sich in eine andere Richtung entwickeln und das 5 bis 10 Minuten, wie der Fischer oder der Tourist
Feld des Mindmaps verlassen. Wenn das Gespräch (jede Kleingruppe übernimmt nur eine Figur) diese
aber zu weit von der eigentlichen Fragestellung Frage beantworten würden. Bei TN, die sich bei
abschweift, hilft das Mindmap, wieder in das Feld Gruppengesprächen sicher fühlen, beginnt das phi-
zurückzukehren und eine neue Richtung einzuschla- losophische Gespräch direkt in der Gesamtgruppe,
gen. Für die abschließende Zusammenfassung durch ohne Kleingruppenarbeit.
die Gesprächsleitung sollte im Mindmap während des
Gesprächs der Verlauf grob in Stichworten festgehal- 3. Die TN kommen wieder im Stuhlkreis zusammen
ten werden. und bevor das Gruppengespräch beginnt, werden
die folgenden Gesprächsregeln kurz erklärt:
Durchführung Es gibt einen Redeball – nur wer diesen Ball in der
Hand hält, spricht. Die anderen hören gut zu und
1. Der Text wird (eventuell gemeinsam) vorgelesen.
lassen die Person ausreden. Die Gesprächsleitung
Als Überleitung zum Gespräch erzählt die/der Tea-
wirft den Ball einer Person zu. Wenn diese fertig
mer_in:
ist, wirft sie den Ball zurück an die Leitung. In
„Der Fischer und der Tourist waren nicht allein.
Gruppen mit Gesprächserfahrung können die TN
Unweit saß ein Fischerjunge, der Sohn des Nach-
sich den Ball auch direkt gegenseitig zuwerfen. Sie
barn, der das Gespräch mitgehört hatte. Er wollte
sollen dabei beachten, dass alle, die ein Zeichen
die beiden fragen, warum wir eigentlich arbeiten.
geben, zu Wort kommen. Zusätzlich können
Was glaubt ihr, was hätten der Fischer und der
gemeinsam weitere Gesprächsregeln vereinbart
Tourist darauf geantwortet?“
werden.
Die visualisierte Frage wird in die Mitte gelegt.

-------------------------------------------------------------------------------------------

84 / Endlich Wachstum!
----------------Kapitel
------3--/-Die
---soziale
------Dimension
--------------------------------------------------------------------------------------

4. Die Ideen aus den Kleingruppen werden zusam- > Konntest du gut zuhören?
mengetragen und damit beginnt das Gespräch. > Hast du das Gefühl, dir wurde zugehört?
Wenn die möglichen Positionen der Figuren erör-
> Konntest du dich auf deine Art und Weise
tert wurden, können die TN gefragt werden, wie
beteiligen?
sie diese Frage aus ihrer Sicht beantworten wür-
den, falls sie das nicht schon tun. Das Gespräch > Hast du dich in der Gruppe wohl gefühlt?
nimmt seinen Lauf (zur Rolle der/des Teamer_in > Hast du dich angestrengt beim Nachdenken?
dabei siehe Tipps für Teamer_innen). > Hast du Neues gehört oder gedacht?
Das Gespräch kann 30 bis maximal 60 Minuten > War es für dich interessant?
dauern, je nachdem wie viel das Thema für die
Gruppe hergibt. Das Ende des Gesprächs kann die/ Die Übung kann hier beendet werden. Möglich ist
der Teamer_in setzen, indem eine Sanduhr in die aber auch eine praktische Anwendung der Erkennt-
Mitte gestellt wird. Wenn der Sand durchgelau- nisse, z.B. in Form von Kleingruppenarbeit zu den
fen ist (nach ca. 5 Minuten), wird das Gespräch Fragen:
beendet. > Was sind die wichtigsten Kriterien für eure eigene
Arbeit?
Auswertung > Wie könnt ihr diese Ideen im Kleinen ab sofort
Am Ende fasst die/der Teamer_in das Gespräch kurz umsetzen?
zusammen und bittet die TN um eine abschließende
Blitzlichtrunde, in der die TN reihum folgende Frage
beantworten (wer nichts mehr sagen möchte, kann
den Ball auch weitergeben): „Was nimmst du für dich
als Wichtigstes mit zu der Frage ’Warum arbeiten
wir’?“
Das Gespräch wird anschließend mit einer Daumen-
runde ausgewertet. Hierfür schließen alle TN die
Augen und strecken ihre Faust nach vorne. Wenn
sie die folgenden Auswertungsfragen für sich mit ja
beantworten, strecken sie den Daumen nach oben
(Daumen hoch), wenn sie sie mit nein beantworten,
halten sie den Daumen nach unten (Daumen run-
ter). Sie können mit dem Daumen aber auch einen
Mittelwert anzeigen. Nacheinander werden folgende
Auswertungsfragen genannt:

-------------------------------------------------------------------------------------------

Endlich Wachstum! / 85
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Kapitel 3 / Die soziale Dimension

Varianten Alternativ kann ein Kurzfilm zu Tipps für Sie kann auch provokante Rück-
Heinrich Bölls Erzählung gezeigt Teamer_ fragen einwerfen, jedoch ohne
werden: <http://www.youtube. innen eigene Positionierung. Wenn das
com/watch?v=Ay-4XlefdLM>. Gespräch stockt, kann die Leitung
Philosophische Gespräche bie- neue Impulsfragen einwerfen,
ten sich für eine Vielzahl von achtet dabei jedoch darauf, dass
Fragen rund um die Themen das Gespräch nicht von Thema zu
dieses Methodensets an. Mehr Thema springt, sondern der einzelne
Informationen zum Aufbau philo- Punkt wirklich genau geklärt wird.
sophischer Gespräche gibt es in Impulsfragen sollten nicht eindeutig
dem Buch „Wie wollen wir leben? zu beantworten sein, sie sollten
Kinder philosophieren über Nach- den Kern einer Sache ergründen,
haltigkeit“ (siehe Literaturliste). nach Bedeutung und Sinn fragen
und ergebnisoffen gestaltet sein.
Tipps für Die Rolle der Gesprächsleitung ist
Teamer_ sehr wichtig. Die/der Teamer_in gibt Möglich- Im Anschluss kann mit der Methode
innen den Einstieg und die philosophische keiten zur „Die 20-Stunden-Woche“ (Kapi-
Frage vor und achtet darauf, dass Weiter- tel 5) ein Arbeitsmodell unter
die vereinbarten Gesprächsregeln arbeit die Lupe genommen werden.
eingehalten werden. Entscheidend Es kann auch näher auf den
ist die Gesprächshaltung der/des Zusammenhang von Wohlstand und
Teamer_in. Beim Philosophieren Wachstum eingegangen werden.
geht es nicht um das Erreichen Dazu eignet sich beispielsweise der
eines bestimmten Lernziels, sondern Film „Monitor: Besser statt mehr“
um das wirkliche Interesse an einer (Kapitel 1). Es können aber auch
Fragestellung. Die Gesprächsleitung – anknüpfend an die Visionen des
liefert keine inhaltlichen Beiträge, Touristen – die ökologischen Grenzen
um die Aussagen nicht bewusst wachstumsbasierter Wohlstands-
oder unbewusst zu werten. Der Ver- vorstellungen thematisiert werden.
lauf des Gesprächs wird so weit wie
möglich den TN überlassen.
Um den Erkenntnisgewinn der
Gruppe zu unterstützen, fasst die
Leitung immer wieder die verschie-
denen Gedanken zusammen und
stellt Bezüge unter den Beiträgen
her, indem z.B. gefragt wird, wie
zwei Aussagen zusammenhängen
oder was die anderen dazu denken.
Die Leitung kann auf Widersprü-
che aufmerksam machen und bei
unverständlichen Aussagen nach-
haken oder in die Gruppe fragen,
ob jemand den Gedanken mit
anderen Worten erklären kann. Die
Leitung regt dazu an, Meinungen
zu begründen, Beispiele zu nen-
nen, Behauptungen zu hinterfragen
und Aussagen zu differenzieren.

-------------------------------------------------------------------------------------------

86 / Endlich Wachstum!

Das könnte Ihnen auch gefallen