Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
1
Institute Berner Fachhochschule, Gesundheit, Disziplin Physiotherapie, Bern Schweiz
2
AfiPT, Akademie für Physiotherapie und integrative Trainingslehre, Grenzach-Whylen, Deutschland
Einleitung Methodik
! !
Bis zu den Sommerspielen in London 2012 zählten Judo, Taekwon- Literatursuche
do und Ringen zu den olympischen Kampfsportarten. Wie in jeder Diese systematische Übersichtsarbeit erfolgte im Zeitraum von
anderen Sportart auch, werden in diesen drei Kampfsportarten April bis Juni 2014 nach den Vorgaben für systematische Reviews
kleinere und größere Verletzungen beobachtet. Eine Sportverlet- und Metaanalysen, dem PRISMA-Guideline [11]. Eine systemati-
zung bildet eine häufige Ursache ärztlicher und therapeutischer sche Literatursuche wurde in den Datenbanken Cochrane Central
Behandlung und führt den Sportler häufig zu Trainingsausfall, Register of Controlled Trials, PEDro, PubMed und in der Internet-
Leistungseinbuße, Gefahr einer Rückstufung im Nationalkader suchmaschine Google scholar durchgeführt. Des Weiteren wurde
oder im Verein, finanziellem Verlust oder, im schlimmsten Fall, die Literatursuche mit einer Handsuche ergänzt. Die Referenzlis-
zum Ende seiner Karriere. ten der gesichteten Artikel wurden gescreent.
Jede Sportverletzung und Rehabilitation ruft für das Gesundheits-
system hohe Kosten hervor. Nach Fußball (35,9 Wettkampfverlet- Fragestellung
zungen pro 1000 sportlichen Einsätzen) steht Ringen mit 26,4 Unter Anwendung definierter Ein- und Ausschlusskriterien, soll-
Resultate Kampfsportarten Judo [7], Taekwondo [9] und Ringen [8], um da-
! raus erste Empfehlungen für eine Verletzungsprophylaxe auszu-
● Abb. 1 zeigt, dass 96 Übersichtsarbeiten gesichtet wurden. Davon
" sprechen. Die eingeschlossenen Übersichtsarbeiten zeigen eine
konnten insgesamt drei Übersichtsarbeiten eingeschlossen werden. niedrige bis mittlere methodologische Qualität aufgrund fehlender
interner Validität und mangelhaftem Studiendesign. Aufgrund des
Methoden Verletzungstypus Erguss können keine Präventivmaßnahmen aus-
Insgesamt zeigen die eingeschlossenen Übersichtsarbeiten eine gesprochen werden.
niedrige bis mittlere Qualität (●
" Tab. 1). Ein Anliegen dieser Literaturübersicht war es, ein Präventionspro-
gramm analog zum FIFA 11 + für die Praxis zu empfehlen. Evidenz-
Datenextraktion basierte Medizin bzw. die evidenzbasierte Praxis als Forderung der
Eine einheitliche Definition für Verletzungen existiert nicht. Dies besten wissenschaftlichen Evidenz, ist ein wesentlicher Baustein
erschwert einen Vergleich der Resultate sowie deren Interpreta- der medizinischen Entscheidungsfindung, gekoppelt mit klini-
tion. So definieren Pocecco et al. [7] eine Verletzung als „ein dem scher Erfahrung und den Zielvorstellungen des Patienten [13]. Der
Körper beigebrachter Schaden als direkte oder indirekte Folge ei- Praktiker ist jedoch auf das wissenschaftliche Vorgehen und deren
ner äußeren Kraft, mit oder ohne Unterbrechung der strukturel- Analysen angewiesen. Die eingeschlossenen Übersichtsarbeiten
len Kontinuität“ und zusätzlich eine medizinische Behandlung in weisen eine niedrige methodologische Qualität auf, sodass Inkon-
Anspruch genommen wird oder der Kampf nicht mehr weiterge- sistenz und Verzerrungen auftreten und Empfehlungen nicht aus-
führt werden kann. Pieter et al. [9] beschreiben eine Verletzung, gesprochen werden können. Bezugnehmend auf die methodologi-
wenn ein Ereignis eine Betreuung des Athleten durch das medizi- sche Qualität kann gesagt werden, dass innerhalb des Reviews die
Verletzungsrisiko
Aufgrund rudimentärer Informationen und Datenlage ist es kaum
Totall Revi
Review s
n = 76 möglich, klare Aussagen zum Verletzungsrisiko auszusprechen. So
schwankt das Verletzungsrisiko im Judo je nach Studie zwischen
11,35 % [16] und 118,3 % [17], wobei in vier von sieben Studien
[17 – 20] ein Risiko zwischen 11,35 und 13,5 % angegeben wird.
Judo n = 33
Teakwondo n = 31
T Entscheidend ist in diesem Fall jedoch die Untersuchungsperiode.
Ringen n = 3 Je kleiner die Untersuchungsperiode, umso weniger Wettkämpfe
fallen in diese Periode, umso tiefer ist auch die Inzidenzrate. Das
tiefste Verletzungsrisiko von 11,35 % wurde im Zeitraum der olym-
Mögliche
he Re
Review s pischen Sommerspiele von 2008 in Peking ermittelt [20]. Das Ver-
n=9
letzungsrisiko von 118,3 % hingegen, wurde über den Zeitraum ei-
nes Jahres (2005) an den Sâo Paulo State Meisterschaften erhoben
Taekwondo n = 4 [17]. Dabei zeigte sich, dass sich ein Athlet im Laufe eines Jahres
Ringen n= 2
durchschnittlich 1,18 mal verletzte.
Im Taekwondo liegt das Risiko einer Verletzung bei Männern zwi-
schen 2,06 % [21] und 16,84 % [22], während Frauen ein Risiko zwi-
Eingeschlossene schen 2,25 % [23] und 15,3 % [22] aufweisen.
Review
n=3 Im Ringen liegt die Verletzungsrate bei 9,6 Wettkampfverletzun-
gen pro 1000 sportlicher Einsätze [24]. Laut Zetaruk et al. [2]
steigt das Verletzungsrisiko ab dem 18. Lebensjahr und einer
Kampfsporterfahrung > 3 Jahren signifikant an. Aus der Literatur
Abb. 1 Flow Chart.
Tab. 1 Auswertung der eingeschlossenen Literaturübersichtsarbeiten mittels Critical Appraisal Checklist for a Systematic Review (CASP).
Tab. 1 (Fortsetzung)
Tab. 2 Übersicht des Verletzungsrisikos in Prozent (%). Tab. 3 Übersicht der Verletzungslokalisation und Wettkampfverletzungen
pro 1000 sportlichen Einsätzen (/1000).
Verletzungsrisiko Sportart
Verletzungsrisiko Sportart
Pocecco et al. [7] 11,9 – 118,5 % Judo
Pieter et al. [9] 2,5 – 16 % Taekwondo Pocecco et al. [7] OE: 3,1 – 29,5 % Judo
Halloran [8] 0,96 % Ringen UE: 4,2 – 26,4 %
Rumpf: 3,1 – 12,8 %
Pieter et al. [9] OE: 3,9/1000 – 32,8/1000 Taekwondo
UE: 6,9/1000 – 156,2/1000
ist bekannt; je trainierter ein Sportler ist, desto weniger verlet-
Rumpf: 2,4/1000 – 17,5/1000
zungsanfällig ist dieser [25].
Verletzungslokalisation
Es zeigt sich, dass im Judo und Taekwondo die untere Extremität zungen auch bei Stürzen oder im Kampf am Boden oder auch
am häufigsten verletzt wird. Gegen Ende des Kampfes, bzw. des durch Tritte in die unteren Extremitäten hervorgerufen werden.
Wettkampftages kann es aufgrund von Koordinationsschwierig- Des Weiteren sind sowohl im Judo als auch im Ringen die Schul-
keiten bei explosiven und schnellen Bewegungen zu Verletzun- tern und Oberarme betroffen. Hervorgerufen werden dürfte dies
gen der unteren Extremität kommen [26]. Jedoch können Verlet- dadurch, dass sich der Athlet im Fallen zu drehen versucht, um
nicht auf dem Rücken zu landen. Gelingt es ihm nicht, sich voll-
10 Ressing M, Blettner M, Klug SJ. Systematic literature reviews and meta- 19 Engebretsen L, Soligard T, Steffen K et al. Sports injuries and illnesses
analyses: part 6 of a series on evaluation of scientific publications. during the London Summer Olympic Games 2012. British journal of
Deutsches Arzteblatt international 2009; 106: 456 – 463 sports medicine 2013; 47: 407 – 414
11 Liberati A, Altman DG, Tetzlaff J et al. The PRISMA statement for repor- 20 Junge A, Engebretsen L, Mountjoy ML et al. Sports injuries during the
ting systematic reviews and meta-analyses of studies that evaluate Summer Olympic Games 2008. The American journal of sports medici-
health care interventions: explanation and elaboration. PLoS medicine ne 2009; 37: 2165 – 2172
2009; 6: e1000100 21 Beis K, Tsaklis P, Pieter W et al. Taekwondo competition injuries in
12 Zakowski L, Seibert C, VanEyck S. Evidence-based medicine: answering Greek young and adult athletes. Eur J Sports Traumatol Relat Res 2001;
questions of diagnosis. Clinical medicine & research 2004; 2: 63 – 69 23: 130 – 136
13 Rogan S, Köhler B. Die Rolle von Assessments in der EBP. In: Lehrbuch 22 Pieter W, Zairatulnas W, Thung JS. Competition injuries and their
Assessments in der Rehabilitation. Bern, Switzerland: Verlag Hans Hu- mechanisms in Malaysian taekwondo athletes. In: First Asia Pacific
ber; 2014 Sports Science Conference. Kota Kinabalu, Malaysia: 2005
14 von Elm E, Altman DG, Egger M et al. The Strengthening the Reporting 23 Kazemi M, Pieter W. Injuries at the Canadian National Tae Kwon Do
of Observational Studies in Epidemiology (STROBE) statement: guide- Championships: a prospective study. BMC musculoskeletal disorders
lines for reporting observational studies. Journal of clinical epidemio- 2004; 5: 22
logy 2008; 61: 344 – 349 24 Agel J, Ranson J, Dick R et al. Descriptive epidemiology of collegiate
15 Moher D, Liberati A, Tetzlaff J et al. Preferred reporting items for syste- men’s wrestling injuries: National Collegiate Athletic Association Inju-
matic reviews and meta-analyses: the PRISMA statement. Journal of ry Surveillance System, 1988–89 through 2003–2004. Journal of athle-
clinical epidemiology 2009; 62: 1006 – 1012 tic training 2003; 42: 303 – 310
16 Junge A, Engebretsen L, Alonso JM et al. Injury surveillance in multi- 25 Rogan S, Blasimann A, Nyffenegger D et al. The relevance of core mus-
sport events: the International Olympic Committee approach. British cles in ice hockey players: a feasibility study. Sportverletzung Sport-
journal of sports medicine 2008; 42: 413 – 421 schaden: Organ der Gesellschaft fur Orthopadisch-Traumatologische
17 Souza A, Monteiro H, Del Vecchio F et al. Referring to judo’s sports inju- Sportmedizin 2013; 27: 212 – 218
ries in Sào Paulo State Championship. Sci Sports 2006; 21: 280 – 284 26 Russo C, Zenhäusern R, Valderrabano V. Verletzungen bei Karate-ähnli-