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Originalarbeit

Verletzungen und Erkrankungen der Deutschen


Mannschaft bei den Olympischen Sommerspielen 2016
in Rio de Janeiro
Sports Injuries and Illnesses of the German National Team
during the 2016 Olympic Summer Games in Rio de Janeiro

Autoren schwerdebildern wurden aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht


Casper Grim, Thilo Hotfiel, Martin Engelhardt, Syndey Plewinski, folgende schwere Verletzungen im Gesamtkollektiv verzeichnet:
Olav Spahl, Bernd Wolfarth ein letales Schädel-Hirn-Trauma, ein akutes Oberschenkel-Kompart-
ment-Syndrom, eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) mit
Institut Innenmeniskusläsion und anterolaterale Instabilität, eine isolierte VKB
Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie, Klinikum Osnabrück Ruptur, eine basisnahe Stressfraktur des dritten Mittelfußknochens,

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eine laterale Band-Kapsel-Ruptur des OSG, eine Schultereckgelenks-
Schlüsselwörter
sprengung und eine infizierte Bursa präpatellaris.
Olympische Spiele, Verletzungen, Erkrankungen, Team Deutschland
Schlussfolgerungen Das genutzte Dokumentationssystem lässt sich
Key words gut und zuverlässig für ein nationales „injury und illness surveillance"
Olympic Games, injury, illness, Team Germany bei Sportgroßveranstaltungen einsetzen. Die vorliegenden Daten sind
vergleichbar mit den Ergebnissen, die während der Sommerspiele
Bibliografie 2012 in London erhoben wurden, sodass von einer zuverlässigen
DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0043-101967 | Vorsorge- und Versorgungsstrategie ausgegangen werden kann. Ne-
Sportverl Sportschad 2017; 31: 25–30 ben der Behandlungsbedürftigkeit von Erkrankungen, die vor allem
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York den oberen Respirationstrakt betrafen, wurden zum Teil schwere
ISSN 0932-0555 Verletzungen des Bewegungsapparates verzeichnet. Dies impliziert
die Notwendigkeit der Interdisziplinarität des Betreuungsteams. Die
Korrespondenzadresse
verwendeten Methoden der Datenerfassung erlauben zurzeit keine
Dr. Casper Grim
Identifizierung von Risikofaktoren für Verletzungen und Erkrankungen
Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie, Klinikum Osnabrück
und sollten zukünftig diesbezüglich erweitert werden.
Am Finkenhügel 1
49076 Osnabrück
A BS T R AC T
Deutschland
Casper.Grim@klinikum-os.de Background This article aims to survey and describe the injuries and
illnesses of the German Team during the 2016 Olympic Games in Rio
de Janeiro.
ZUSA MM ENFA SSUNG Methods Through an electronic documentation system, injuries and
illnesses requiring treatment were recorded and evaluated. An injury
Hintergrund Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erhebung und
or illness was defined as any physical symptom that required medical
Beschreibung der behandlungsbedürftigen Verletzungen und Erkran-
attention and impaired participation in training and/or competition.
kungen der Deutschen Olympiamannschaft während der Olympischen
The classification distinguished between type of injury (acute or over-
Spiele in Rio 2016 Methoden: Über ein elektronisch gestütztes Doku-
load), region and type of illness (infections, skin, allergy, etc.).
mentationssystem wurden die behandlungsbedürftigen Verletzungen
Results A total of 808 treatments were performed on the German
und Erkrankungen erfasst und ausgewertet. Als Verletzung oder
team during Rio 2016. Out of 283 musculoskeletal-related treatments,
Erkrankung wurde jede medizinische Problematik gewertet, welche
160 were performed on the lower limb. 70 treatments addressed back
einer medizinischen Behandlung bedurfte, zu einer Behinderung des
problems. 164 treatments were performed due to upper respiratory
Trainings oder gar zur Verhinderung der Wettkampfteilnahme führte.
tract infections. When extrapolated to 1000 athletes, 617 treatments
Zahlreiche statistische Auswertung (z. B. Art der Verletzung/akut ober
were required due to illness while 672 treatments addressed muscu-
überlastungsbedingt, Art der Erkrankung, anatomische Lokalisation
loskeletal problems. The number of treatments for injuries and illness
der Verletzung) wurden durchgeführt.
is almost identical. In addition to less severe problems, the following
Ergebnisse Insgesamt wurden während Rio 2016 für das Deutschen
serious injuries occurred: lethal traumatic brain injury, acute thigh
Team 808 medizinische Behandlungen durchgeführt. Bei den Athleten
compartment syndrome, ACL tear with a medial meniscal lesion and
entfielen von 283 bewegungsapparatbezogenen Behandlungen 160
antero-lateral instability, isolated ACL tear, stress fracture of the base
auf die untere Extremität. Weitere 70 Behandlungen wurden aufgrund
of the third metatarsal bone, acute lateral ankle instability, AC joint
von Rückenproblemen durchgeführt. Es wurden 164 Behandlungen
dislocation, and infected bursa prepatellaris. Conclusions: The docu-
bei Infekt der oberen Atemwege durchgeführt. Hochgerechnet entfie-
mentation system is reliable for "injury and illness surveillance" at
len von der Gesamtanzahl der Behandlungen 617 pro 1000 Athleten
multi-sport events. Treatment numbers are consistent with the 2012
auf Erkrankungen und 672 pro 1000 Athleten auf Störungen des
Summer Games in London, so a reliable strategy can be assumed. In
Bewegungsapparates. Neben den weniger schwerwiegenden Be-
addition to illnesses predominantly affecting the upper respiratory

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tract, the system also recorded serious musculoskeletal injuries, which identification of risk factors for injuries and illness and should there-
implicates the need for an interdisciplinary setup of the medical team. fore be extended in the future.
The methods used for data collection currently do not allow for the

ventionsstrategien [11]. Ziel der vorliegenden Studie war es,


Einleitung
über eine systematische Erfassung die Inzidenz, den Schweregrad
Die sportmedizinische Betreuung der Deutschen Olympiamann- und die Entität von Verletzungen und Erkrankungen der gesam-
schaft stellt immer wieder eine vielschichtige Herausforderung ten Deutschen Olympiamannschaft bei den Olympischen Spielen
dar. Das IOC hat es sich zu einer zentralen Aufgabenstellung und Rio de Janeiro 2016 (Rio 2016) auszuwerten.
gemacht, das Auftreten von Verletzungen und Erkrankungen ins-
besondere bei Multisport-Veranstaltungen zu reduzieren. Seit
den Olympischen Sommerspielen in Peking 2008 werden Verlet- Material und Methoden
zungen und im weiteren Verlauf auch Erkrankungen über Frage- Es handelt sich um eine prospektive Kohortenstudie. Die Doku-
bogen erfasst [1 – 4]. Die Prävention von Verletzungen und mentation erfolgte auf einem Formular, das handschriftliche
Erkrankungen sowie der Schutz der Athletengesundheit gehören ausgefüllt wurde, sodass die behandelnden Ätzte einfach und

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zu den selbst formulierten Kernaufgaben und Zielen des IOC [5]. unkompliziert die Behandlungsdokumentation vornehmen konn-
Das Verständnis für die Bedeutung von „injury and illness surveil- ten. Die betreuenden Mannschaftsärzte konnten die Behandlun-
lance“ wächst stetig und wird in vielen internationalen Verbänden gen in den Mannschaftsquartieren oder an den Trainings- und
bereits im Sinne von epidemiologischen Datenerhebungsprojek- Wettkampfstätten auf diese Weise ebenfalls einfach und mit
ten umgesetzt. Dies gilt unter anderem für Fußball (FIFA), Rugby wenig Aufwand dokumentieren. Auf dem Dokumentationsformu-
(International Rugby Board), Leichtathletik (IAAF, International lar wurden Name, Geburtsdatum, Datum der Behandlung, Ver-
Association of Athletics Federations), Schwimmen (FINA, Fédéra- band, Sportart, behandelnder Arzt, Anamnese, Befund, Diagnose,
tion Internationale de Natation) und den Paralympischen Sport Therapie und verordnete Medikamente festgehalten.
(IPC, International Paralympic Committee) [6 – 10, 15].
Die meisten vorliegenden Studien zu dieser Thematik untersu- Definition von Verletzung und Erkrankung
chen die Verletzungs- und Erkrankungsraten für eine einzelne Als Verletzung oder Erkrankung wurde jede medizinische Proble-
Sportart bei jeweiligen Sportgroßveranstaltungen der internatio- matik gewertet, welche einer medizinischen Behandlung bedurf-
nalen Fachverbände. Nur wenige befassen sich mit einzelnen te, zu einer Behinderung des Trainings oder gar zur Verhinderung
nationalen Mannschaften und dem sich hieraus ergebendem der Wettkampfteilnahme führte. Inkludiert wurden alle Athletin-
Betreuungs- und Behandlungsbedarf. nen und Athleten der Deutschen Olympiamannschaft im Zeit-
Medizinische Probleme sind vor allem während der Wett- raum von der Eröffnung des Olympischen Dorfes am 24.7.2016
kampfphase, in diesem Fall während der Olympischen Spiele, bis zur Schließung am 21.8.2016. Parallel wurden diese Daten
eine leistungsbeeinflussende Größe und sind in Bezug auf Erfolg auch für die medizinischen Behandlungen bei Mitgliedern des
oder Misserfolg der Athletinnen und Athleten, als relevant einzu- Betreuerteams erhoben.
schätzen.
Wenn es möglich ist, die absolute Zahl von Verletzungen und
Auswertung
Erkrankungen zu reduzieren und die Verletzungs- und Erkran-
kungsschwere und deren Auswirkungen zu minimieren, wird sich Die Behandlungsfälle wurden in ein EDV-gestütztes Dokumenta-
der nachteilige Effekt auf die Athletengesundheit, die Leistungs- tionssystem für die Auswertung der Untersuchungs- und Behand-
minderung und die Ausfallzeit in Training und Wettkampf reduzie- lungsfälle überführt. Auf diese Weise konnte sichergestellt
ren lassen. werden, dass die Behandlungsfälle der Mannschaft zuverlässig,
Es bedarf hierfür als ersten Schritt einer Standortbestimmung systematisch und möglichst vollständig erfasst wurden. Die Klas-
mit systematischer Datenerfassung der Inzidenz und des Schwe- sifizierung erfolgte angelehnt an die ICD-10-GM Einteilung (Inter-
regrads von sportartspezifisch relevanten Verletzungen und nationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwand-
Erkrankungen sowie des notwendigen Behandlungsaufwands. ter Gesundheitsprobleme, German Modifikation, DIMDI 2016
Diese Grundlagenarbeit mit dem Monitoring von Verletzungen [12]).
und Erkrankungen sollte nicht nur für einzelne Sportarten, son- Für die sportmedizinische Betreuung der deutschen Olympia-
dern für möglichst viele Verbände und bei übergreifenden Veran- mannschaft standen in Rio 24 Ärzte, 43 Physiotherapeuten und
staltungen das gesamte nationale Team standardisiert eingeführt 4 Sportpsychologen zur Verfügung (▶ Abb. 1). Leitender Arzt
und umgesetzt werden. des deutschen Olympiateams war Prof. Dr. Bernd Wolfarth (Ber-
Durch eine systematische Datenerhebung kann das Verlet- lin/Leipzig), sein Stellvertreter und leitender Orthopäde war Dr.
zungs- und Erkrankungsrisiko quantifiziert werden, es können Casper Grim (Osnabrück). Leitender Physiotherapeut war Klaus
verlässliche Aussagen über den Behandlungsbedarf der zu betreu- Eder (Donaustauf) und von Seiten des DOSB agierte Olav Spahl
enden Gesamtmannschaft geben werden und vor allem sind diese als Koordinator zwischen Sport und Medizin. Zusätzlich fungierte
Daten Grundlage für die Entwicklung und Priorisierung von Prä- er als Antidopingbeauftragter.

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Ergebnisse insgesamt 283 dem Bewegungsapparat zuzuordnenden medizini-
schen Behandlungen wurden 164 Behandlungen bei Infekt der
Insgesamt wurden während Rio 2016 für das Deutschen Team
oberen Atemwege durchgeführt (▶ Abb. 3). Bei den Athletinnen
808 medizinische Behandlungen durchgeführt. Von diesen
und Athleten entfielen von 283 der muskuloskelettalen Behand-
Behandlungen entfielen 595 auf Athletinnen und Athleten und
lungen 160 auf die untere Extremität. Weitere 70 Behandlungen
213 auf den Betreuerstab (▶ Tab. 1). Die absolute Geschlechter-
wurden aufgrund von Rückenproblemen durchgeführt. Die abso-
verteilung ergab 528 Arztbesuche bei den Männern und 280 bei
luten Behandlungszahlen pro Verband sind in ▶ Abb. 4 darge-
den Frauen (▶ Abb. 2).
stellt.
Eine Auflistung der unterschiedlichen Krankheitsbilder ist
Im Rahmen der sogenannten „Needle policy“ des IOC wurde
in ▶ Tab. 1 abgebildet. Hier erfolgte eine Einteilung zur besseren
jede Verwendung einer Hohlnadel zu medizinischen Zwecken do-
Übersicht im Wesentlichen nach Kausalität und Art der Erkran-
kumentiert. Durch die Ärztinnen und Ärzte der Deutschen Olym-
kung (Infekt, Haut, Allergie etc.). Bei den Verletzungen wurde
piamannschaft wurden insgesamt 86 Injektionen bei internisti-
zusätzlich weiter unterschieden, nach Region und ob die Verlet-
schen und orthopädischen Indikationen dokumentiert. Hiervon
zung akut oder überlastungsbedingt aufgetreten ist. Neben den
entfielen 24 Injektionen auf eine Glukokortikoidinjektion bei or-
thopädischer Indikation (▶ Abb. 5, ▶ Tab. 2).

24Ärzte/-innen
Zusammenfassung der schwereren

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Verletzungen
14Orthopäden 4Internisten Neben den weniger schwerwiegenden Problemen, wie z. B. klei-
nen Haut- und Weichteilverletzungen, Prellungen und Distorsio-
5Allgemeinmediziner nen, sind aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht bei der
1Dermatologe Deutschen Mannschaft während Rio 2016 einige schwere Verlet-
zungen aufgetreten. Insbesondere ist an dieser Stelle der tragi-
43Physiotherapeuten/-innen sche Tod eines Trainers zu nennen. Nach einem Verkehrsunfall
verstarb er an den Folgen einer schwersten Schädel-Hirn-Verlet-
zung.
4 Sportpsychologen/-innen Folgende schwerere Verletzungen, die zum Teil mit relevanter
Ausfallzeit einhergingen wurden verzeichnet:
    in Rio 2016 ▪ ein akutes Kompartment-Syndrom des Oberschenkels
Sportmedizinisches Personal der deutschen Olympiamannschaft
▪ eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) mit Innenmenis-
kusläsion und anterolaterale Instabilität
▶ Abb. 1 Sportmedizinisches Personal der deutschen Olympia-
mannschaft in Rio 2016. ▪ eine isolierte VKB Ruptur
▪ eine basisnahe Stressfraktur des 3. Mittelfußknochens

▶ Tab. 1 Anzahl der Behandlungen und Verteilungsmuster der Krankheitsbilder.

Verteilungsmuster der Krankheitsbilder

Athlet Betreuer Gesamt

Allergien 15 6 21
Augenerkrankungen 12 4 16
Hauterkrankungen 24 9 33
Herz-Kreislauf-Erkrankungen 4 10 14
Infekte (URT) 164 79 243
Magen-Darm-Erkrankungen/Infekte 43 15 58
Orthopädische Erkrankungen – akute Verletzung 243 30 273
Orthopädische Erkrankungen – Überbelastungsbeschwerden 25 20 45
sonstiges 42 22 64
Trauma 17 9 26
Zahnbeschwerden 6 9 15
gesamt 595 213 808

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Originalarbeit

▪ eine laterale Band-Kapsel-Ruptur des oberen Sprunggelenkes Dies entspricht 0,29 Behandlungen/Athlet für Verletzungen und
(OSG) 0,27 Behandlungen/Athlet für Erkrankungen. Die Anzahl der
▪ eine Schultereckgelenkssprengung Behandlungen bei Verletzungen und die Anzahl der Behandlun-
▪ eine infizierte Bursa präpatellaris gen bei Erkrankungen ist nahezu identisch. Insgesamt kam es
während der Olympischen Spiele in Rio in der deutschen Mann-
Das Schädel-Hirn-Trauma, das Kompartment-Syndrom des Ober- schaft zu einer, im Vergleich zu vorhergehenden Olympischen
schenkels und die infizierte Bursa präpatellaris wurden vor Ort in Sommerspielen, durchschnittlichen Anzahl an krankheits- oder
affiliierten Krankenhäusern behandelt bzw. notfallmäßig operativ verletzungsbedingten Problemen, welche zu einem längeren Trai-
versorgt. nings- bzw. Wettkampfausfall führten.
Nabhan kommt in seiner Erhebung bei den Summer Youth
Olympic Games 2014 in Nanjing (YOG) zu vergleichbaren Zahlen
Diskussion
[13]. Die Daten des deutschen Teams sind mit denen des US-YOG-
Die vorliegende Arbeit gibt Aufschluss über die behandlungsbe- Teams vergleichbar.
dürftigen Erkrankungen- und Verletzungen der Athletinnen und Bei den Verletzungen dominiert als Körperlokalisation die
Athleten der deutschen Olympiamannschaft während der Olym- untere Extremität (▶ Tab. 3, ▶ Abb. 6). Jedoch zeigt die Auflis-
pischen Sommerspiele 2016. Über die parallel erhobenen Daten tung der schwereren Verletzungen, dass in der Wettkampfperi-
des Betreuerstabes können Rückschluss bezügliches des Behand- ode der Olympischen Spiele mit teils erheblichen Problemen auf

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lungsbedarfs der gesamten deutschen Olympiamannschaft gezo- akut orthopädisch-traumatologischer Seite zu rechnen ist und
gen werden. Es wurden 595 Behandlungen bei den Athletinnen dass das Betreuungsteam hierfür breit aufgestellt und entspre-
und Athleten durchgeführt. Hochgerechnet entfielen von den chend vorbereitet sein muss. Die obere Atemwegsinfektion war
Behandlungen 617 pro 1000 Athleten auf Erkrankungen und die am häufigsten verzeichnete Erkrankung (▶ Tab. 1). Deren Inzi-
672 pro 1000 Athleten auf Störungen des Bewegungsapparates. denz ist im Vergleich zu den Sommerspielen 2012 in London [14]
konsistent. Im Zusammenhang mit akut auftretenden Infekten in
einzelnen Teilmannschaften muss stets berücksichtigt werden,
dass so rasch wie möglich eine Trennung von erkrankten und
gesunden Sportlern erfolgen sollte, um eine weitere Verbreitung
solcher Infekte innerhalb einer Mannschaft zu vermeiden. Dies
stellt auch eine logistische Herausforderung dar. Insbesondere im
olympischen Dorf sind in der Regel kaum Vakanzen vorhanden,
sodass hier auch die Flexibilität der Mannschaftsleitung gefragt
ist. Zusätzlich gab es im olympischen Dorf erhebliche Probleme
mit der Reinigung der Apartments und den hygienischen Verhält-
▶ Abb. 2 Verteilung der Arztbesuche nach Geschlecht. nissen in den Wohnblocks. Eine überdurchschnittliche Anzahl
von Magen-Darm Infektionen war jedoch nicht zu beklagen. Dies

▶ Abb. 3 Darstellung der Verletzungen und Erkrankungen der Athleten nach Art und Region.

28 Grim C et al. Verletzungen und Erkrankungen… Sportverl Sportschad 2017; 31: 25–30
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▶ Abb. 4 Absolute Zahl der Behandlungen nach Verband.

▶ Tab. 2 Absolute Anzahl der Glukokortikoidinjektionen an den


Gesamtinjektionen.

Injektion GCS Absolute Zahl

ja 24
nein 62
gesamt „needle forms“ 86

▶ Tab. 3 Tabellarische Darstellung der Verletzungslokalisationen


▶ Abb. 5 Anteil der Glukokortikoidinjektionen an den Gesamtin- aufgeteilt nach Athleten und Betreuer.
jektionen.

Anzahl von Athlet/ Athlet Betreuer Gesamt-


Betreuer ergebnis
ist am ehesten auf die gute Informationspolitik und die konse-
quente Einhaltung und regelmäßige Erinnerung bezüglich der
Kopf 11 5 16
Handhygiene zurückzuführen.
obere Extremität 42 6 48

Schlussfolgerung Rücken 70 25 95
untere Extremität 160 19 179
Das genutzte Dokumentationssystem lässt sich gut und zuverläs-
sig für ein nationales „injury und illness surveillance“ bei Sport- Gesamtergebnis 283 55 338

Grim C et al. Verletzungen und Erkrankungen… Sportverl Sportschad 2017; 31: 25–30 29
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▶ Abb. 6 Verteilungsmuster der Verletzungslokalisationen (gesamt).

großveranstaltungen einsetzen. Eine solche Plattform kann wei- [3] Engebretsen L, Steffen K, Alonso JM et al. Sports injuries and illnesses

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terhin für die Entwicklung von medizinischen Managementsyste- during the Winter Olympic Games 2010. Br J Sports Med 2011; 44: 772 –
780
men für Sportgroßveranstaltungen genutzt werden. Eine weitere
[4] Engebretsen L, Soligard T, Steffen T et al. Sports injuries and illnesses
Differenzierung im Sinne einer Patienten-/Athleten-bezogenen
during the London Summer Olympic Games 2012. Br J Sports Med 2013;
Akte würde eine detailliertere Auswertung erlauben. Die verwen- 47: 407 – 414
deten Methoden der Datenerfassung erlauben keine Identifizie-
[5] Ljungqvist A. Sports injury prevention: a key mandate for the IOC.
rung von Risikofaktoren für Verletzungen und Erkrankungen. Br J Sports Med 2008; 42: 391
Hier sind insbesondere die Erfassung von demografischen und [6] Alonso JM, Tscholl PM, Engebretsen L et al. Occurrence of injuries
anthropometrischen Daten sowie die Informationen zur medizini- and illnesses during the 2009 IAAF World Athletics Championships.
schen Vorgeschichte und Trainingshistorie zu nennen. Hierzu Br J Sports Med 2010; 44: 1100 – 1105
müsste eine Verknüpfung mit der Trainingsdatendokumentation [7] Mountjoy M, Junge A, Alonso JM et al. Sports injuries and illnesses in the
und sportmedizinischen Datenbanken welche im Verlauf der 2009 FINA World Championships (Aquatics). Br J Sports Med 2010; 44:
522 – 527
Olympiazyklen geführt werden, ermöglicht werden. Hierzu
bedarf es zukünftig größer angelegter zentraler Datenbankmodu- [8] Dvorak J, Junge A, Derman W et al. Injuries and illnesses of football play-
ers during the 2010 FIFA World Cup. Br J Sports Med 2011; 45: 626 – 630
le, welche langfristig angelegt und konsequent auch außerhalb
[9] Willick SE, Webborn N, Emery C et al. The epidemiology of injuries at the
der Olympischen Spiele geführt werden müssten. Wird dies kon-
London 2012 Paralympic Games. Br J Sports Med 2013; 47: 426 – 432
sequent umgesetzt kann zukünftig sicherlich detaillierter auf die http://bjsm.bmj.com/content/47/7/426.short—aff-4
Identifikation von Risikofaktoren für Sportverletzungen und
[10] Schwellnus M, Derman W, Jordaan E et al. Factors associated with illness
Erkrankungen eingegangen werden und damit die Entwicklung in athletes participating in the London 2012 Paralympic Games: a pro-
von Verletzungspräventionsprogrammen besser umgesetzt wer- spective cohort study involving 49910 athlete-days. Br J Sports Med
den. 2013; 47: 433 – 440
[11] van Mechelen W. The Severity of Sports Injuries. Sports Med 1997; 24:
Interessenkonflikt 176 – 180
[12] https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/downloadcenter/icd-10-gm/
version2017 (Zugriff 17.11.2016)
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
[13] Nabhan D, Walden T, Street J et al. Sports injury and illness epidemiology
during the 2014 Youth Olympic Games: United States Olympic Team
Literatur Surveillance. Br J Sports Med 2016; 50 (11): 688 – 693
[14] Wolfarth B, Schreiber H, Eder K et al. Sportmedizinische Betreuung bei
[1] Junge A, Engebretsen L, Alonso JM et al. Injury surveillance in multi-sport den Olympischen Sommerspielen 2012. Leistungssport 1/2013. 25 – 29
events: the International Olympic Committee approach. Br J Sports Med [15] Fuller C, Sheerin K, Targett S. Rugby World Cup 2011: International
2008; 42: 413 – 421 Rugby Board Injury Surveillance Study. Br J Sports Med 2013; 47: 1184 –
[2] Junge A, Engebretsen L, Mountjoy ML et al. Sports injuries during the 1191
Summer Olympic Games 2008. Am J Sports Med 2009; 37: 2165 – 2172

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