Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Inzidenz
Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklini- Frakturen des oberen Sprunggelenkes
kums Bonn, Deutschland: Dr. med. Goost, Dr. med. Wimmer, Dr. med. Kabir, gehören mit einer Inzidenz von bis zu 174 pro
Prof. Dr. med. Burger
100 000 Personen zu den häufigsten Frakturen
Orthopädische Universitätsklinik Basel/Schweiz: Dr. med. Barg, Prof. Dr. med.
Dr. phil. Valderrabano des Erwachsenen.
*
Die Autoren HG und MDW haben zu gleichen Teilen zur Erstellung dieser Ar-
beit beigetragen.
kräftige Kollateralbänder entgegen. Lateral ist dies sind zum Ausschluss möglicher knöcherner Begleit-
das Lig. fibulotalare anterius (LFTA), Lig. fibulocal- verletzungen der Talus, der Kalkaneus, das Os navi-
caneare (LFC) und Lig. fibulotalare posterius culare beziehungsweise das Chopart-Gelenk sowie
(LFTP). Die mediale Stabilisierung erfolgt über das die Basis des fünften Metatarsale durch Palpation
breit gefächerte Lig. deltoideum sowie das funktio- hinsichtlich möglicher Krepitationen und eines loka-
nell dazugehörige Lig. calcaneonaviculare plantare len Druckschmerzes zu evaluieren. Wie bei allen dis-
(Spring-Ligament). Durch die asymmetrische Form lozierten Frakturen ist bei sichtbarer, grober Fehlstel-
des Talus vollzieht sich bei Bewegung keine reine lung die sofortige Reposition durch manuellen, axia-
Scharnierbewegung, sondern eine Dreh-Scharnierbe- len Zug unter suffizienter Analgesie und die Retenti-
wegung um die helikale Achse des OSG (3). Durch on in einer Schiene indiziert. Für die weitere Thera-
die hohe und funktionell essenzielle Kongruenz des pie der Verletzung sind weiterhin eine Beschreibung
OSG wirken sich traumatisch bedingte Fehlstell- des Weichteilschadens und der sichere Ausschluss ei-
ungen im Sinne einer veränderten Gelenkmechanik nes Kompartmentsyndroms wichtig (10).
und damit pathologischen Druckbelastungen stark
aus (4, 5). Radiologische Diagnostik
Auch wenn keine Gelenkfläche durch einen Frak- Falls ein Verdacht auf eine Sprunggelenksdistorsion
turspalt betroffen ist, sind Sprunggelenksfrakturen mit Bandinstabilität oder Fraktur besteht, ist die
generell als Gelenkfraktur zu werten. Eine nicht ana- Röntgendiagnostik in den weitaus meisten Fällen er-
tomische Reposition und Retention führt gerade am forderlich. Die Ottawa-Ankle-Rules bieten bei be-
OSG zu einem vorzeitigen Verschleiß. Daher ist die grenzten Ressourcen eine Möglichkeit zur Eingren-
anatomische Wiederherstellung und damit in der Re- zung der radiologischen Bildgebung, spiegeln jedoch
gel die Operation notwendig, um langfristig eine nicht den diagnostischen Standard in Europa wider
posttraumatische Degeneration zu verhindern. (11). Die Strahlenbelastung und Kosten des Rönt-
genbildes wiegen dabei weit geringer als die mögli-
Epidemiologie und Ätiologie chen Folgen des Übersehens einer möglichen ossä-
In Deutschland führten im Jahr 2008 Frakturen des ren Bandavulsion oder einer osteochondralen Läsi-
Unterschenkels und des OSG bei je 100 000 AOK- on. Aus diesem Grund empfehlen die Autoren das
Versicherten zu fast einer Million Arbeitsunfähig- folgende Vorgehen, welches in gewissem Gegensatz
keitstagen (6). Annähernd 75 000 stationäre Aufent- zu den Ottawa-Ankle-Rules steht: Die Röntgenauf-
halte in der Bundesrepublik gingen 2012 auf Behand- nahme des OSG erfolgt standardisiert in den zwei
lung von Sprunggelenksfrakturen zurück (7). In einer Ebenen anterio-posterior (a.p.; (sogenannte Sprung-
Auswertung des schwedischen ICD-10-Datensatzes gelenksgabelaufnahme/Mortise-View) und lateral.
für stationäre Behandlungen über 17 Jahre hinweg Bei Verdacht auf Fraktur werden dabei der Fuß und
konnte eine Inzidenz von 71/100 000 Personenjahren das Sprunggelenk entlastet, entgegen den angestreb-
ermittelt werden. Fast 60 % der Betroffenen waren ten belasteten Aufnahmen beim stehenden Patienten
Frauen, das Durchschnittsalter aller Patienten lag bei in elektiven Fällen. Je nach möglichen Begleitverlet-
52 Jahren. Etwas mehr als die Hälfte aller Frakturen zungen ist zusätzlich eine dorso-plantare Aufnahme
war auf einen Sturz zurückzuführen, 20 % waren oder eine laterale Aufnahme des Fußes anzufordern.
nach Verkehrsunfällen zu beobachten (8, 9). Zusätzlich kann eine Saltzman-Aufnahme wichtige
Hinweise auf das inframalleoläre Alignement liefern
Klinische Untersuchung (12). Wie bei allen Frakturen mit Beteiligung der Ge-
In der initialen körperlichen Untersuchung ist nach lenklinie kann eine Computertomographie (CT) sehr
Erfahrung der Autoren eine definitive Unterschei- hilfreich sein, um die Fraktur genau zu evaluieren
dung von Fraktur oder Bandverletzung des OSG (13).
schwierig. Richtungsweisend ist eine Schwellung Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist bei
oder Hämatombildung sowie der Druckschmerz über akutem Frakturverdacht nicht sinnvoll (14). Zur er-
dem Innen- und/ oder Außenknöchel, aber auch über weiterten Diagnostik bei vermuteten Schäden von
dem Fibulaköpfchen proximal (hohe Fibulafraktur – Knorpel und Ligamenten ist sie jedoch im Verlauf
die sogenannte Maisonneuve-Verletzung). Weiterhin häufig von Nutzen. Zur Betrachtung und Befundung
der Röntgenbilder eines Sprunggelenkes ist ein fest- akademisch sinnvoll, für den klinischen Gebrauch
gelegter Algorithmus wichtig (Abbildung 1). Dies ist jedoch zu kompliziert (18).
von entscheidender Bedeutung, da häufig relativ jun- Die Autoren bevorzugen daher die durch die Ar-
ge und unerfahrene Assistenzärzte als erstes mit den beitsgemeinschaft für Osteosynthese (AO) erweiter-
Patienten konfrontiert sind, zum Beispiel im Rahmen ten Klassifikationen nach Danis-Weber (eGrafik)
des Bereitschaftsdienstes, und es hilft, keine knö- (19, 20).
chernen Verletzungen zu übersehen. Hiernach liegt bei Bruch des Außenknöchels un-
terhalb der Syndesmose eine Typ-A-Verletzung vor.
Klassifikation von Weichteilschaden Ist ein Bruch auf Höhe der Syndesmose vorhanden,
und Fraktur liegt eine Typ-B-Verletzung vor. Ist die Fraktur ober-
Die Einteilung der Verletzungsschwere der umgeben- halb der Syndesmose zu finden, wird von einer Typ-
den Weichteile erfolgt im deutschsprachigen Raum für C-Verletzung gesprochen. Eine Besonderheit stellt
geschlossene Frakturen üblicherweise nach Tscherne die sogenannte Maisonneuve-Fraktur dar: Hierbei
und Oestern und für die am OSG eher seltenen offenen liegt, meist durch einen indirekten Pronationsmecha-
Frakturen nach Gustilo (eTabelle) (15–17). nismus, ein hoher, meist unterhalb des Fibulaköpf-
Für die Frakturen selbst wird oft im klinischen chens gelegener Bruch der Fibula vor. Durch Zerrei-
Alltag die rein deskriptive Einteilung in uni-, bi- ßung der gesamten Membrana interossea cruris, der
oder trimalleolare Frakturen verwendet. Mechanisch Syndesmose und des Lig. deltoideum ist die Malleo-
greift diese grobe, nicht ausreichende Differenzie- lengabel instabil.
rung jedoch zu kurz. Die oft zitierte Klassifikation Somit liegt formal auch hier eine Sprunggelenks-
nach Lauge-Hansen ist aus Sicht der Autoren zwar fraktur vor, insbesondere auch, weil es häufig zu ei-
vom zugrundeliegenden Pathomechanismus her und nem knöchernen Ausriss der hinteren Syndesmose an
Abbildung 2:
Röntgenbilder einer
luxierten Sprung-
gelenksfraktur (in
zwei Ebenen )
der dorsalen Seite der distalen Tibia, dem so genann- können nach Erfahrung der Autoren in aller Regel kei-
ten Volkmann-Fragment, kommt. ne relevanten Schäden für den Patienten entstehen. Bei
Der vordere Ausriss der Syndesmose an der ven- luxiert belassenem Gelenk droht hingegen eine irrever-
tralen Seite der Tibia wird als „Tubercule de Tillaux sible Zunahme des Weichteilschadens, welcher im bes-
Chaput“ (nur bei Adoleszenten) bezeichnet und der ten Falle nur zur Operationsverzögerung führt, aber im
fibulaseitige Ausriss der ventralseitigen Syndesmose schlimmsten Fall zur Entwicklung einer inneren
als „Wagstaffe-Fragment“ (21, 22). Drucknekrose mit Folgekomplikationen, bis zur Ampu-
tation führen können (Abbildung 3). Zudem muss der
Notfallbehandlung Unterschenkel anhand der Weichteilspannung und der
Im Rahmen der Notfallbehandlung ist die sofortige kli- Überprüfung der peripheren Durchblutung, Motorik
nische Untersuchung der entkleideten unteren Extremi- und Sensibilität hinsichtlich eines möglichen Kompart-
tät unerlässlich, um den Weichteilstatus, die Durchblu- mentsyndroms beurteilt werden.
tungssituation und mögliche Nervenschäden zu erfas- Bei jeglichem Verdacht auf Vorliegen eines Bru-
sen. Bei offensichtlicher Fehlstellung ist die sofortige ches, zum Beispiel bei Schmerzhaftigkeit und einge-
Reposition durch Längszug unter situations-adäquater schränkter Beweglichkeit, ist die Ruhigstellung in
Analgesie beim schmerzfreien oder zumindest mög- einer stabilisierenden Schiene bis zum Beweis des
lichst schmerzarmen Patienten indiziert. Eine Einliefe- Gegenteils obligat. Zur Vermeidung von Weichteil-
rung mit offenkundig luxiertem Gelenk (Abbildung 2) schäden durch Unterkühlung sollte die Kälteapplika-
ohne Repositionsversuch ist bei notärztlicher Versor- tion, wenn überhaupt, nur vorsichtig erfolgen (23).
gung nicht akzeptabel, unabhängig von der im Alltag Das formale Evidenzniveau hinsichtlich der optima-
ausgeübten Fachdisziplin des Notarztes. Durch eine len Notfallbehandlung bleibt nach evidence based
fachgerechte Reposition oder auch nur den Versuch medicine Kriterien jedoch gering.
Konservative Therapie
Grundsätzlich ist jede stabile Fraktur mit unverscho-
benen oder nur geringfügig verschobenen Bruchele-
menten konservativ behandelbar. Das Vorgehen
hängt wesentlich von der Compliance des Patienten
ab: Typ-A-Frakturen müssen nicht im Gips ruhigge-
stellt werden, sondern können wie Außenbandruptu-
ren in einer stabilisierenden Sprunggelenksorthese
frühfunktionell mit schmerzadaptierter Vollbelas-
tung behandelt werden.
Alle nicht Typ-A-Frakturmuster sollten in einem so
genannten Walker oder Vakuumschuh therapiert wer-
den. Die Anlage eines Unterschenkel-Kunststoffgipses
oder Weißgipses halten die Autoren aufgrund des man-
gelnden Patientenkomforts für nicht mehr zeitgemäß.
Für einen Zeitraum von sechs Wochen wird der Patient
bei schmerzadaptierter Vollbelastung mit dem angeleg-
ten Walker mit Unterschenkeleinschluss mobilisiert
(25). Auch zur Nacht bleibt die Orthese angelegt. Kann
der Patient aufgrund des Frakturmusters oder bei
Schmerzen nicht voll belasten, ist für diese Zeit eine Abbildung 3: Defekte nach innerem Druckulkus bei längeren, unbehandelten und unrepo-
Thromboseprophylaxe zu diskutieren (26). nierten Sprunggelenksfrakturen.
Mögliche Komplikationen der konservativen The-
rapie sind die Verschiebung der Bruchelemente im
Verlauf und das Auseinanderweichen der Sprungge-
lenksgabel. Die Autoren führen Röntgenverlaufskon- Operative Therapie
trollen daher in Abständen von 4, 7, 11 und 30 Tagen Die operative Therapie ist in Anlehnung an die AO-
nach dem kausalen Trauma durch. Klassifikation für folgende Frakturen indiziert:
In Abhängigkeit vom Gesamtbefund ist es beim ● grob dislozierte AO-44A-1-Frakturen
geriatrischen oder multimorbiden Patienten auch ● verschobene und instabile AO-44A-2- und
durchaus vertretbar, bei einem hohen operativen Ri- 44A-3-Frakturen
siko auf einen Eingriff zu verzichten und eine Aus- ● dislozierte AO-44B-1-Frakturen
heilung in Fehlstellung zu akzeptieren (27). Die Ru- ● alle weiteren Frakturen ab AO-44B-1.2.
higstellung erfolgt auch hier in der Regel in einem Definitionsgemäß ist jede OSG-Fraktur eine Frak-
sogenannten Walker oder Vakuumschuh. tur mit Gelenksbeteiligung. Die Ziele jeder operativen
TABELLE
CRPS, Complex Regional Pain Syndrome (komplexes regionales Schmerzsyndrom); OSG oberes Sprunggelenk
Therapie sind daher immer die anatomische, stufenfreie Der Zeitpunkt der definitiven operativen Versorgung
Wiederherstellung der Gelenkfläche, die Protektion ist im Wesentlichen vom Weichteilbefund abhängig.
der verletzten Bandstrukturen und die Möglichkeit Nur bei unkritischen Weichteilen ist die sofortige defi-
der frühfunktionellen postoperativen Therapie. Häu- nitive operative Versorgung möglich. Dieses Zeitfens-
figer als die direkten tibialen, talaren oder fibularen ter besteht meist nur für wenige Stunden nach Trauma.
Gelenkflächen ist jedoch das Gelenkalignement be- Ansonsten muss auf das Abschwellen des Ge-
troffen. Demzufolge gelten als Wiederherstellung der lenkes und Fälteln der Haut gewartet werden. Bei
Gelenkfläche in diesem Fall zuerst die korrekte Ein- der Operation in einen stark geschwollenen Befund
stellung der Länge, Achse und Rotation der Fibula, hinein kann es technisch unmöglich sein, den Opera-
der tibio-talaren beziehungsweise fibulo-talaren Ab- tionssitus spannungsfrei zu verschließen. Hier dro-
stände und gegebenenfalls die Reposition des Volk- hen dann Wundrandnekrosen oder Wundinfekte.
mann-Dreiecks. Wenn nach Reposition der Fraktur
und obligater Röntgenkontrolle nach Gipsanlage die Operationstechnik
Fraktur nicht mit anatomischer Reposition zu halten Die Operation erfolgt üblicherweise in Rückenlage,
ist, ist die anatomische Reposition unter Narkose her- sie ist in Allgemeinanästhesie wie auch in Leitungs-
beizuführen und die Fraktur definitiv oder temporär anästhesieverfahren möglich. Eine perioperative An-
zu stellen. tibiose ist der Standard (28). Die Anlage einer Blut-
Operations-Zeitpunkt Operationstechnik
Der Zeitpunkt der definitiven operativen Versor- Eine OSG-Arthroskopie vor oder begleitend zu der
gung ist vom Weichteilbefund abhängig. Nur bei eigentlichen Osteosynthese kann helfen, ver-
unkritischen Weichteilen ist die sofortige operati- steckte osteochondrale Läsionen aufzuzeigen und
ve Versorgung möglich. Dieses Zeitfenster besteht die anatomische Reposition zu kontrollieren.
meist nur für wenige Stunden nach Trauma.
sperre ist von der Vorliebe des Operateurs abhängig, lung. Eine Sicherung der Reposition wird durch eine
eine Verkürzung der Operationszeit genauso wie ein spitze Repositionszange oder einen sogenannten
besseres respektive schlechteres postoperatives Er- Spaniers erreicht. Die Zugschraube durch die Fraktur
gebnis ist nicht nachweisbar (29). Insbesondere das wird möglichst in einem Winkel von 90° zur Fraktur-
Weichteilmanagement ist wesentlich hinsichtlich der linie eingebracht, um eine interfragmentäre Kom-
postoperativen Rekonvaleszenz des Patienten (30). pression zu erzeugen. Zur weiteren Sicherung bezie-
Die üblicherweise in Deutschland eingebrachten hungsweise Stabilisation wird eine Drittelrohrplatte
Schrauben und Platten entstammen dem sogenannten (Neutralisationsplatte) anmodelliert und sowohl über
Kleinfragmentinstrumentarium und bestehen mit als auch unterhalb des Frakturspaltes mit Schrauben
Ausnahme der Drähte fast immer aus Titan. fixiert. Biomechanisch handelt es sich um eine soge-
Eine OSG-Arthroskopie vor oder begleitend zu nannte Abstützung, für die eine dünne Platte, die
der eigentlichen Osteosynthese kann helfen, ver- leicht mit der Hand gebogen werden kann, ausreicht.
steckte osteochondrale Läsionen aufzuzeigen und Ist die Fibula mehrfragmentär gebrochen, entfällt
die anatomische Reposition zu kontrollieren (31). das Einbringen einer Zugschraube. Es stehen auch
Aus medizinischen Gründen ist eine Entfernung moderne anatomische, partiell winkelstabile Implan-
des eingebrachten Osteosynthesematerials nur bei tate kommerziell zur Verfügung, die die technische
schmerzhaftem Auftragen unter der Haut oder begin- Reposition vereinfachen können. Zusätzlich ist die
nender Ulzeration nach vollständiger knöcherner Syndesmose hinsichtlich einer Verletzung zu testen
Durchbauung indiziert (32). Für eine Metallentfer- (siehe auch Verletzung der Syndesmose).
nung außerhalb einer medizinisch zwingenden Not- Der Innenknöchel beziehungsweise das Volk-
wendigkeit ist eine Aufklärung erforderlich, wie sie mann-Dreieck wird analog zum beschriebenen Vor-
für einen elektiv-kosmetischen Eingriff erforderlich gehen bei Typ-C-Frakturen fixiert.
ist.
AO/Danis-Weber-C-Frakturen
AO/Danis-Weber-A-Frakturen Die Operationstechnik entspricht im Wesentlichen
Eine isolierte Typ-A-Fraktur des Außenknöchels ist der bei Typ-B-Frakturen. Statt einer Drittelrohrplatte
nur bei dislozierten Fragmenten und/oder Gelenkbe- kann bei entsprechender Gelenkbeteiligung alterna-
teiligung über eine offene Reposition und interne Fi- tiv auch eine winkelstabile Platte verwendet werden.
xation (ORIF) zu versorgen. Dies ist insbesondere bei längeren Frakturzonen mit
Verschobene Frakturen des Innenknöchels sind mehreren Fragmenten sinnvoll. Ein Sonderfall ist die
meist am Gelenkwinkel im Bereich des Übergangs hohe Weber-Typ-C-Fraktur unterhalb des Fibulakop-
zur tibialen Gelenkfläche zu finden. Unbehandelt fes (sogenannte Maisonneuve-Fraktur). Hier ist häu-
kippt der Talus im Verlauf in eine Varusfehlstellung. fig die Syndemose und die Membrana interossea zer-
Je nach Befund kann daher über eine geschlossene rissen und folglich die Sprunggelenksgabel instabil.
oder offene Reposition die Gelenkfläche wiederher- Die Fibula muss in die Incisura fibulae eingestellt
gestellt werden. Mittels zweier kanülierter oder kon- werden. Die Maisonneuve-Fraktur selbst wird in der
ventioneller Kleinfragmentschrauben in Zugschrau- Regel jedoch nicht osteosynthetisch versorgt.
bentechnik wird die Reposition gehalten. Alternativ
kann auch eine Zuggurtung verwendet werden. Verletzung der Syndesmose
Bei jeder Typ-B- und Typ-C-Fraktur ist intraoperativ
AO/Danis-Weber-B-Frakturen das Sprunggelenk in 20°-Innenrotation einzustellen
Bei Weber-Typ-B-Frakturen kann eine isolierte und durch Zug mit einem Einzinker nach lateral die
Fraktur der Fibula vorliegen oder eine Fraktur des Stabilität der Syndesmose zu testen. Bei Taluslatera-
Außenknöchels mit kombinierter Fraktur des Innen- lisation, also Erweiterung des talo-tibialen Gelenk-
knöchels (sogenanntes Bi-Malleolarfraktur) oder ei- spaltes medial und/ oder des tibio-fibularen Spaltes
nes Volkmanndreiecks. Nach longitudinalem Stan- ist von einer mechanisch relevanten Ruptur der Syn-
dardzugang erfolgt durch Längszug und gegebenen- desmosen mit konsekutiver Instabilität auszugehen.
falls Rotation die anatomische Reposition der Fibu- In diesem Fall muss die Fibula in die Incisura fibulae
la, insbesondere auch hinsichtlich der Längeneinstel- eingestellt werden, ein 3D-Bildwandler kann dabei
hervorragend zur Kontrolle der Reposition einge- kern. Selbst bei gelungener Operation kann eine feh-
setzt werden. Meist geschieht das durch Setzen einer lende Compliance bezüglich des Belastungsaufbaus
spitzen Repositionszange und Einbringen einer min- die komplikationslose Heilung zunichte machen. Ab-
destens trikortikalen Stellschraube (33). hilfe kann hier gegebenenfalls die sofortige, post-
Die Stellschraube ist keine Zugschraube. Es darf operative Anlage eines Walkers oder Casts bringen.
kein Druck auf das Gelenk ausgeübt werden. Übli- Pichl und Hoffmann haben einen sehr praktika-
cherweise verläuft die Schraube etwa 2 cm oberhalb blen Algorithmus zur Entscheidungsfindung bei ger-
des tibialen Gelenkspaltes in einer Richtung von 30° iatrischen Patienten entwickelt. Hier wird anhand
lateral-fibular nach tibial-ventromedial. Ausgerisse- der folgenden Faktoren – Zustand des Weichteilman-
ne Knochenfragmente wie das bereits erwähnte tels, Knochenqualität und zu erwartender Complian-
„Wagstaffe-Fragment“ oder das „Tubercule des Cha- ce des Patienten – eine Option von konservativer,
put“ werden mit Schrauben refixiert. Das Volkmann- minimal-invasiver beziehungsweise normaler Platten-
Dreieck als dorsaler Syndesmosenausriss ist bei ei- osteosynthese bis zur Fixateur externe Anlage ange-
ner Beteiligung der Gelenkfläche von mehr als 25 % boten (e1).
durch eine oder zwei Zugschrauben, die von ventral
eingebracht werden, zu fixieren. Komplikationen
Die Stellschraubenversorgung hat den Preis der Akute Komplikationen
postoperativen Entlastung (Teilbelastung von maxi- Unmittelbar im postoperativen Verlauf sind das
mal 10 bis 20 kg) der betroffenen Extremität für etwa Wundhämatom sowie die Wundrandnekrose die häu-
sechs Wochen. Dann geht man von der Heilung der figsten Komplikationen. Im Zweifelsfall sollte zur
Syndesmose aus und die Stellschraube kann entfernt Vermeidung einer Infektion oder sogar eines größe-
werden. Es gibt zwar Untersuchungen, welche besa- ren, gegebenenfalls plastisch zu deckenden Defektes
gen, dass die Stellschraube nur bei symptomatischen großzügig und frühzeitig revidiert werden. Die post-
Patienten entfernt werden sollte (34). Die in situ be- operative Infektionshäufigkeit liegt bei bis zu 2 %.
lassenen Schrauben brechen sehr häufig, was die se- Kommt es im Verlauf zu einer Wundheilungsstörung,
kundäre Entfernung des osteosynthetischen Materials gegebenenfalls mit Freiliegen von Schrauben oder
sehr schwierig macht (35). Insbesondere bei Hoch- Platten, ist das Osteosynthesematerial zu entfernen
leistungsathleten bedeutet dies in der Regel sechs (40). Freiliegendes, also nicht von vitalem Weichteil
Wochen Trainingspause. Bei Belastung mit einliegen- bedecktes Osteosynthesematerial, ist per se als infi-
der Stellschraube können Komplikationen einschließ- ziert zu betrachten. Hier auf einen sekundären Ver-
lich einer distalen Tibiafraktur durch Überlastung schluss durch Granulation zu warten, ist fahrlässig
auftreten. Moderne dynamische Stabilisationssyste- und kontraindiziert.
me zeigen in klinischen Studien bislang vielverspre- SooHoo und Kollegen ermittelten 2007 nach Ana-
chende Erfolge, auch wenn eine definitive Bewertung lyse von 57 000 Frakturen die Komplikationsrate für
hier noch aussteht (36–39). Das formale Evidenzni- systemische Komplikationen. Die Arbeitsgruppe
veau hinsichtlich einer Überlegenheit von konservati- zeigte unter anderem eine Häufigkeit von 0,34 % für
ver oder operativer Therapie bleibt jedoch niedrig Lungenembolie (gelegentlich nach BfArM), 0,82 %
und in Entwicklung (24). Revisionseingriffe (gelegentlich nach BfArM) und
1,44 % für Wundinfektionen (häufig nach BfArM).
Die schwierige Indikation: Therapie bei Mit Komplexität der Verletzung und Alter des Pa-
relevanten Vorerkrankungen tienten stieg auch die Komplikationsrate (e2).
Vor allem bei Diabetikern und pAVK-Patienten, aber
auch bei geriatrischen Patienten mit Osteoporose Langfristige Komplikationen
oder „Pergamenthaut“ fällt die Therapieentschei- Im langfristigen Verlauf ist die Ausbildung einer
dung häufig schwer. Zu berücksichtigen ist zum ei- Sprunggelenksarthrose die schwerwiegendste Kom-
nen die deutlich erhöhte Rate an Wundinfektionen plikation einer Sprunggelenksfraktur (e3). Nach
mit bis zu 10 % aller Fälle (40). Auch kann es nach Ausschöpfung aller konservativen Therapiemöglich-
Erfahrung der Autoren schwierig sein, eine tragfähi- keiten, wie unter anderem orthopädischen Schuhzu-
ge Osteosynthese im „weichen“ Knochen zu veran- richtungen, muss diese dann später gegebenenfalls
Physiotherapie
Für die meisten Patienten ist eine frühfunktionelle
Nachbehandlung unter physiotherapeutischer
Anleitung zur Verbesserung der Gelenkfunktion
und Propriozeption sowie zur Abschwellung
(Lymphdrainage) notwendig.
18. Nielsen JO, Dons-Jensen H, Sorensen HT: Lauge-Hansen classifica- 33. Wikeroy AK, Hoiness PR, Andreassen GS, Hellund JC, Madsen JE:
tion of malleolar fractures. An assessment of the reproducibility in No difference in functional and radiographic results 8.4 years after
118 cases. Acta orthopaedica Scandinavica 1990; 61: 385–7. quadricortical compared with tricortical syndesmosis fixation in an-
19. Weber B, Colton C: Malleolar fractures. In: Müller M, Allgöwer M, kle fractures. J Orthop Trauma 2010; 24: 17–23.
Schneider R, Willenegger H, eds.: Manual of internal fixation. Vol 34. Tucker A, Street J, Kealey D, McDonald S, Stevenson M: Functional
rd
3 . Berlin: Springer; 1991: 595–612. outcomes following syndesmotic fixation: A comparison of screws
20. Weber B: Verletzungen des oberen Sprunggelenkes. Bern: Huber retained in situ versus routine removal—Is it really necessary? Inju-
Verlag: 1966; 20. ry 2013; 44: 1880–4.
21. Park JW, Kim SK, Hong JS, Park JH: Anterior tibiofibular ligament 35. Stuart K, Panchbhavi VK: The fate of syndesmotic screws. Foot An-
avulsion fracture in weber type B lateral malleolar fracture. The kle Int 2011; 32: 519–25.
Journal of trauma 2002; 52: 655–9. 36. Schepers T: Acute distal tibiofibular syndesmosis injury: a systema-
22. Dias LS, Giegerich CR: Fractures of the distal tibial epiphysis in tic review of suture-button versus syndesmotic screw repair. Inter-
adolescence. J Bone Joint Surg Am 1983; 65: 438–44. national orthopaedics 2012; 36: 1199–206.
23. Hoiness PR, Hvaal K, Engebretsen L: Severe hypothermic injury to 37. Naqvi GA, Shafqat A, Awan N: Tightrope fixation of ankle syndesmo-
the foot and ankle caused by continuous cryocompression therapy. sis injuries: clinical outcome, complications and technique modifi-
Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 1998; 6: 253–5. cation. Injury 2012; 43: 838–4.
24. Donken CC, Al-Khateeb H, Verhofstad MH, van Laarhoven CJ: Sur- 38. Egol KA, Pahk B, Walsh M, Tejwani NC, Davidovitch RI, Koval KJ:
gical versus conservative interventions for treating ankle fractures Outcome after unstable ankle fracture: effect of syndesmotic stabi-
in adults. The Cochrane database of systematic reviews 2012; 8: lization. J Orthop Trauma 2010; 24: 7–11.
CD008470. 39. Willmott HJ, Singh B, David LA: Outcome and complications of
25. Herscovici D, Jr., Scaduto JM, Infante A: Conservative treatment of treatment of ankle diastasis with tightrope fixation. Injury 2009; 40:
isolated fractures of the medial malleolus. J Bone Joint Surg Br 1204–6.
2007; 89: 89–93. 40. Zaghloul A, Haddad B, Barksfield R, Davis B: Early complications of
26. Pelet S, Roger ME, Belzile EL, Bouchard M: The incidence of throm- surgery in operative treatment of ankle fractures in those over 60: A
boembolic events in surgically treated ankle fracture. J Bone Joint review of 186 cases. Injury 2014; 45: 780–3.
Surg Am 2012; 94: 502–6.
27. Salai M, Dudkiewicz I, Novikov I, Amit Y, Chechick A: The epidemic Anschrift für die Verfasser
of ankle fractures in the elderly—is surgical treatment warranted? Dr. med. Hans Goost
Arch Orthop Trauma Surg 2000; 120: 511–3. Krankenhaus Wermelskirchen
Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie
28. AWMF: Perioperative Antibiotikaprophylaxe. 2012. www.awmf.org/ Königstraße 100, 42929 Wermelskirchen
leitlinien/detail/ll/029–022.html. Last accessed on 10 May 2104. goost@krankenhaus-wermelskirchen.de
29. Konrad G, Markmiller M, Lenich A, Mayr E, Ruter A: Tourniquets
may increase postoperative swelling and pain after internal fixation Zitierweise
of ankle fractures. Clinical orthopaedics and related research 2005; Goost H, Wimmer MD, Barg A, Kabir K, Valderrabano V, Burger C: Fractures of
433: 189–94. the ankle joint—investigation and treatment options. Dtsch Arztebl Int 2014;
111: 377–88. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0377
30. Chou LB, Lee DC: Current concept review: perioperative soft tissue
management for foot and ankle fractures. Foot & ankle internatio-
nal/American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot
and Ankle Society 2009; 30: 84–90.
31. Bonasia DE, Rossi R, Saltzman CL, Amendola A: The role of arthros-
copy in the management of fractures about the ankle. J Am Acad
Orthop Surg 2011; 19: 226–35.
32. Krettek C, Muller C, Meller R, Jagodzinski M, Hildebrand F, Gaulke @ eGrafik, eTabelle und eLiteratur:
www.aerzteblatt.de/lit2114 oder über QR-Code
R: Ist eine routinemäßige Implantatentfernung nach unfallchirurgi- The English version of this article is available online:
schen Eingriffen sinnvoll? Der Unfallchirurg 2012; 115: 315–22. www.aerzteblatt-international.de
Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.
Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.
Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik „Persönliche Daten“ nach der Registrierung die EFN in das entsprechende
Feld eingegeben werden und durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden.
Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.
Wichtiger Hinweis
Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.de
Einsendeschluss ist der 17. 8. 2014. Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.
Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.
Frage Nr. 7
Wann ist in der Regel die volle Belastungs-, Arbeits-, Frage Nr. 10
und Sportfähigkeit nach einer Sprunggelenksverletzung Was ist für eine Metallentfernung außerhalb einer medizinisch
wiederhergestellt? zwingenden Indikation erforderlich?
a) nach 1 bis 2 Wochen a) sofort anschließende Reha-Maßnahme
b) nach 4 bis 6 Wochen b) eine Aufklärung wie für einen elektiven kosmetischen Eingriff
c) nach 12 bis 16 Wochen c) eine Überweisung des vorherigen Operateurs
d) nach 20 Monaten d) ein ärztliches Attest
e) nach einem Jahr e) eine Leistungszusage der Krankenkasse