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Diagnostik und Therapie


der Zöliakie 3
Punkte
Detlef Schuppan, Klaus-Peter Zimmer
cme
rst vor etwa 10 000 Jahren wurde in Mesopota- Teilnahme nur im
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Die Zöliakie ist eine entzündliche Erkrankung
E mien Getreide in die Ernährung des Menschen
eingeführt und erreichte vor circa 7 000 Jahren Mit-
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme
des Dünndarms mit einer Prävalenz von etwa 0,5–1 %. Sie teleuropa. Aretaeus von Kappadokien berichtete
wird durch Verzehr von Gluten in genetisch disponierten
erstmals im 2. Jahrhundert n. Chr. über eine (ernäh-
Personen (HLA-DQ2/8) ausgelöst. Pathogenetisch beteilig-
rungsabhängige) „bauchige“ Erkrankung. S. J. Gee
tes Autoantigen der Zöliakie ist die Gewebetransglutami-
(London, 1888) wird als Erstbeschreiber der Zöliakie
nase (TG2).
angesehen. In den ersten Jahrzehnten des letzten
Methoden: Selektive Literaturrecherche unter Einschluss Jahrhunderts war die hohe Letalität aufgrund der Zö-
nationaler und internationaler Leitlinien. liakie von bis zu 30 % gefürchtet (e1).
Ergebnisse: Die Zöliakie kann sich in jedem Alter mit gas- Erst der Pädiater K. W. Dicke (Den Haag/Utrecht)
trointestinaler (beispielsweise Malabsorption) oder ex- erkannte in den frühen 1930er-Jahren den Zusam-
traintestinaler Symptomatik (beispielsweise Dermatitis menhang zwischen der Zufuhr von Weizen und der
herpetiformis Duhring) oder in Assoziation mit anderen Er- Erkrankung (e2). Er sah seine Vermutung bestätigt,
krankungen (wie Typ-1-Diabetes) manifestieren. Ein Groß- als sich seine Patienten unter der Weizenverknap-
teil der Erkrankungen verläuft oligosymptomatisch. Es gibt pung im Verlauf der späten Jahre des 2. Weltkrieges
zahlreiche Differenzialdiagnosen, unter anderem Nah- erholten.
rungsmittelunverträglichkeiten, Entzündungen des Darms, In den frühen 1950er Jahren identifizierten und
oder das Reizdarmsyndrom. Zur Diagnose sind der Nach- charakterisierten Dicke, H.A. Weyers und J.H. van
weis der zöliakiespezifischen Autoantikörper gegen TG2 de Kamer Gluten, die Speicherproteine des Weizens,
(Endomysium) mit einer Sensitivität und Spezifität > 90 %, als Auslöser der Zöliakie (e2).
charakteristische histologische Läsionen der Dünndarm- Das morphologische Korrelat der Zöliakie, die Zot-
schleimhaut und eine Remission unter glutenfreier Ernäh- tenatrophie mit Kryptenhyperplasie, wurde von L.W.
rung erforderlich. Paulley (Ipswich, 1954) und M. Shiner (London,
Schlussfolgerung: Wegen ihrer Häufigkeit bei phänotypi- 1956) detailliert untersucht, die Gliadin-Antikörper
scher Heterogenität, einer effektiven Diagnostik, der leich- wurden von E. Berger (Basel, 1958) und der Endomy-
ten Behandlungsmöglichkeit und damit der Vermeidbarkeit sium-Antikörper von T.P. Chorzelski (Warschau,
akuter und langfristiger Komplikationen sollte die Zöliakie 1983) entdeckt. Ein weiterer Meilenstein war die Ent-
im klinischen Alltag aller Fachdisziplinen berücksichtigt deckung des Autoantigens der Zöliakie, der Gewebe-
werden. Die strikt glutenfreie Diät ist lebenslang einzuhal- transglutaminase (TG2) (1).
ten. Trotz der Möglichkeit einer differenzierten und ratio-
nalen Diagnostik ist die Zöliakie aufgrund ihres breiten
►Zitierweise
klinischen Spektrums und bei fehlender Anwendung se-
Schuppan D, Zimmer KP: The diagnosis and treatment of
rologischer Screening-Methoden weit unterdiagnosti-
celiac disease. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(49): 835–46.
ziert (2, 3).
DOI: 10.3238/arztebl.2013.0835
Heute beträgt die diagnostische Latenz etwa vier
Jahre (e3). Dies ist umso bedauerlicher, weil mit der
glutenfreien Diät eine sehr effektive Therapiemöglich-
keit mit präventivem Potenzial zur Verfügung steht.

Institut für Translationale Immunologie und Medizinische Klinik I, Johannes


Gutenberg-Universität, Mainz: Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Schuppan
Definition
Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Justus-Liebig-Universität,
Gießen: Prof. Dr. med. Zimmer Die Zöliakie ist eine häufige entzündliche
Dünndarmerkrankung, die durch glutenhaltige
Nahrungsmittel ausgelöst wird.

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Grundlage des Artikels sind evidenzbasierte Leit- Pathogenese


linien, die in den letzten Jahren von der Agency for Die Zöliakie ist eine der am besten charakterisierten
Healthcare Research and Quality (AHRQ, 2004), der immunologischen Erkrankungen. Die betroffenen Pa-
American Gastroenterological Association (AGA, tienten weisen Folgendes auf:
2006), der North American Society for Pediatric ● HLA-DQ2 oder -DQ8 als genetische Prädispositi-
Gastroenterology, Hepatology and Nutrition on
(NSPGHAN, 2005), dem National Institute for ● einen definierten Auslöser (Gluten)
Health and Clinical Excellence (NICE, 2009) und ● hochsensitive und spezifische Autoantiköper ge-
der European Society for Pediatric Gastroenterology, gen das körpereigene Enzym Gewebetransgluta-
Hepatology, and Nutrition (ESPGHAN, 2012) entwi- minase (TG2).
ckelt wurden (3–7), und eine selektive Literaturre- TG2 spielt als Autoantigen der Zöliakie eine zentrale
cherche. Die Suchstrategie beinhaltete alle Publika- Rolle in der Pathogenese, da es die immunogenen Glu-
tionen der letzten zehn Jahre, die in PubMed unter tenpeptide durch eine chemische Reaktion im Dünn-
dem Begriff „celiac disease“ mit den Einschluss- darm (Deamidierung) in ihrer Immunogenität poten-
kriterien „diagnosis“, „therapy“, „epidemiology“, ziert.
„pathogenesis“ und „guideline“ angezeigt wurden. Gluten, die alkohollösliche Fraktion des Weizen-
proteins, wird in großen Mengen (10–20 g pro Tag)
Lernziele mit der normalen Nahrung aufgenommen. Einige
Lernziele für den Leser sind: Glutenpeptide werden durch die gastrointestinalen
● neue Erkenntnisse zur Ätiopathogenese dieser Enzyme (e4) nicht abgebaut und über die Dünndarm-
Systemerkrankung zu gewinnen Mukosa transepithelial aufgenommen (9). Sie werden
● die heterogene Symptomatik dieser Systemer- dort auf den antigenpräsentierenden Zellen von Trä-
krankung frühzeitig zu erkennen, eine fundierte gern des HLA-DQ2 oder HLA-DQ8 (etwa 90 % be-
Basisdiagnostik durchzuführen und die weiter- ziehungsweise 10 % der Zöliakiepatienten) präsen-
führende Konfirmationsdiagnostik zu veranlas- tiert und stimulieren damit glutenspezifische T-Zellen
sen (Grafik 1).
● Indikationen, Potenziale und Grenzen der glu- Das Enzym und Autoantigen TG2 wandelt dabei
tenfreien Diät einschätzen zu können durch eine Deamidierung einen neutralen Glutamin-
● Komplikationsspektrum und Präventionsmög- rest in einen sauren Glutaminsäurerest um und ver-
lichkeiten der Erkrankung zu kennen. bessert damit die Bindung der Glutenpeptide an HLA-
DQ2 oder -DQ8, was zur Potenzierung der entzündli-
Definition chen T-Zellreaktion führt (8). Durch Zytotoxizität der
Die Zöliakie (Synonym: einheimische Sprue) ist eine in der Lamina propria (und intraepithelial) aktivierten
häufige entzündliche (autoimmune) Dünndarmerkran- T-Lymphozyten kommt es unter anderem zu einer
kung mit systemischer Manifestationsmöglichkeit, die Apoptose der Enterozyten, zum atrophischen Muko-
durch den Verzehr glutenhaltiger Nahrungsmittel (un- sa-Umbau und zur Malabsorption.
ter anderem Weizen, Gerste, Roggen, Dinkel) ausge- Kürzlich konnten Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI),
löst wird. Sie lässt sich bei HLA-DQ2/8-positiven Resistenzproteine aus Weizen, Roggen und Gerste, als
Patienten durch Serum-Autoantikörper gegen Endo- Aktivatoren des angeborenen Immunsystems bei Patien-
mysium (EMA) oder Gewebetransglutaminase (TG2), ten mit Zöliakie und Nicht-Zöliakie-bedingter Weizen-
eine charakteristische duodenale Histologie (entzünd- sensitivität identifiziert werden (10).
liches Infiltrat, Kryptenhyperplasie, Zottenatrophie) Da 30–40 % der gesamten Bevölkerung Träger von
und eine Remission der klinischen und serologischen HLA-DQ2 oder -DQ8 sind und eine Vielzahl anderer
Befunde unter glutenfreier Ernährung belegen. Neben kürzlich identifizierter genetischer Prädispositionen
der klassischen Zöliakie mit schwerer Diarrhö und eine geringere Rolle spielen (insgesamt 3–4 % gegen-
Malabsorption manifestiert sich die Zöliakie häufiger über circa 50 % für HL-DQ2/8), werden noch andere
mit geringen oder atypischen Symptomen oder primär Faktoren, zum Beispiel eine frühe und massive Glu-
über die mit ihr assoziierten Autoimmunerkrankungen tenexposition, Darminfektionen oder Medikamente
(5, 8). als Auslöser einer Zöliakie verdächtigt (8).

Genetik Autoantigen
Nur Individuen mit dem Genotyp HLA-DQ2 oder Autoantigen der Zöliakie ist die Gewebetrans-
-DQ8 können eine Zöliakie entwickeln. glutaminase (TG2).

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GRAFIK 1

Gluten aus der Nahrung intestinales Lumen

Permeabilität
intestinales (villöses) Epithel

IL-15
aktiviert intraepitheliale
Lymphozyten Basalmembran
Glutenpeptide reagieren
mit TG2 subepithelial (Th1) Zellen verursachen Lamina propria
in der Lamina propria nichtglutenhaltige Bestandteile Matrixdestruktion Villusatrophie
stimulieren angeborene
Immunität in Makrophagen/ MMP-1, -3, -12
dendritischen Zellen
IFNγ, TFNα (Myo-) Fibroblast
CD4+T-Zelle
B-Lymphozyten produzieren
B-Zelle Antikörper gegen Gluten und TG2
Glutenpeptide werden deamidiert
und durch HLA-DQ2/8 pos.
APZ an T-Zellen präsentiert

glutenspezifische T-Zellen
werden stimuliert
Autoantikörper binden
antigenpräsentierende im Gewebe oder
Glutenpeptide Zelle (APZ) gelangen ins Blut
deamidierte
Glutenpeptide
TG2

Pathogenese der Zöliakie. Transepithelial aufgenommene Glutenpeptide werden durch die Gewebetransglutaminase (TG2) deamidiert und
in der Lamina propria unter anderem durch dendritische Zellen präsentiert und aktivieren so glutenspezifische zytotoxische T-Zellen und
T-Helfer-Zellen. Vom intestinalen Epithel und dendritischen Zellen gebildetes IL-15 stimuliert intraepitheliale Lymphozyten. Weitere Zytokine
der Zöliakie-typischen Th1-Immunreaktion sind zum Beispiel IFN-γ, TNF-α, IL-8, IL-18 und IL-21 (modifiziert aus 8).
Gelb unterlegt sind Prozesse, weiß Zellen beziehungsweise Proteine. MMP, Matrix-Metalloproteinase

Epidemiologie chinas (in Abhängigkeit der Prävalenz von HLA-DQ2 und


Erst mit den hochsensitiven (96,1 beziehungsweise -DQ8 (11). In einzelnen Populationen, unter anderem in
93,1 %) und hochspezifischen (97,4 beziehungsweise Finnland, Mexiko oder bei den Saharawi-Kindern Nord-
96,3 %) serologischen Tests (IgA-EMA und IgA-anti- afrikas liegt sie zwischen 2 und 5 % (11, 12). Die Zöliakie
TG2) und nachfolgender Bestätigung durch Endoskopie kann sich in jedem Alter manifestieren. Heute wird sie et-
und Dünndarm-Histologie Antikörper-positiver Proban- wa zu gleichen Teilen bei Erwachsenen und Kindern dia-
den konnte die wahre Prävalenz der Zöliakie abgeschätzt gnostiziert, bei Kindern inzwischen häufiger im Schulalter
werden (7, e5). Sie beträgt um 0,5–1,0 % in der Bevölke- als im Kleinkindalter (11, e6–e7).
rung Amerikas, Europas und Australiens, Nordafrikas, des Gute epidemiologische Studien zur Zöliakie in
mittleren Ostens, Indiens und wahrscheinlich auch Nord- Deutschland sind rar. Im Raum Dresden wurde 1995/96

Manifestationsalter Epidemiologie
Die Zöliakie kann sich in jedem Alter Gute epidemiologische Studien zur Zöliakie in
manifestieren. Heute wird sie etwa zu gleichen Deutschland sind rar. Im Raum Dresden wurde
Teilen bei Erwachsenen und Kindern diagnosti- 1995/96 für die bioptisch bestätigte Zöliakie eine
ziert, bei Kindern inzwischen häufiger im Prävalenz von mindestens 0,2 % im Screening
Schulalter als im Kleinkindalter. von 3 004 Schulkindern ermittelt.

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KASTEN 1 für die bioptisch bestätigte Zöliakie eine Prävalenz von


mindestens 0,2 % im Screening von 3 004 Schulkin-
dern ermittelt (13). In Studienkollektiven von 9 201
Screening von Risikopatienten* (KORA/MONICA) und 2 157 (EMIL) Erwachsenen
wurden im Raum Augsburg und Ulm Prävalenzen von
● Asymptomatische/atypische Manifestationen 0,3 und 0,4 % beschrieben (2, e8). Unveröffentlichte
– erstgradige Verwandte 10–20 % Daten des bundesweiten Gesundheitssurvey (KIGGS),
– Down-Syndrom 5–12 % mit Einschluss von 17 000 Kindern und Jugendlichen
– Ullrich-Turner-Syndrom 2–5 % 2003–2006 weisen auf eine höhere Seroprävalenz hin
– Williams-Beuren-Syndrom 9% (RKI, persönliche Mitteilung).
– selektiver IgA-Mangel 2–8 % Das seltenere Auftreten der Zöliakie in Deutschland
– Autoimmunthyreoiditis 3–7 % im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist bisher
nicht erklärt, möglicherweise nutritiv bedingt (höhere
– Autoimmunhepatitis (Kinder) 12–13 %
Stillrate und -dauer, geringere frühkindliche Glutenzu-
– Diabetes mellitus Typ 1 2–12 % fuhr), oder steht im Zusammenhang mit einer niedrigeren
– juvenile chronische Arthritis 1,5–2,5 % beziehungsweise höheren Prävalenz von Infektionen und
Autoimmunerkrankungen (Hygienetheorie) (14, 15).
● oligosymptomatische Symptome
– Gedeihstörung Symptomatik
– Gewichtsverlust Nur noch selten manifestiert sich die Zöliakie des Er-
wachsenen, aber auch des Kindes mit den klassischen
– Kleinwuchs/Wachstumsretardierung
Symptomen der profusen Diarrhö und den Folgen der
– Pubertas tarda (Amenorrhö)
schweren intestinalen Malabsorption in Form einer Ge-
– Eisenmangelanämie deihstörung beziehungsweise eines Gewichtsverlustes
– Appetitverlust (e9) (eTabelle). Mehr als die Hälfte der diagnostizierten
– dyspeptische Beschwerden (Erbrechen/Übelkeit) Fälle sind oligosymptomatische oder atypische Formen,
– chronisch rezidivierende Bauchschmerzen (Bläh- die zum Beispiel mit einer Anämie, Osteoporose, Störun-
bauch) gen des muskuloskelettalen und neuralen Systems, mit
– chronische Obstipation Endokrinopathien oder Hauterscheinungen einhergehen
(e3, e12). Symptomfreie beziehungsweise -arme Formen
– chronische Müdigkeit/verringerte Leistungsfähigkeit
mit oder ohne Zöliakie-typische Veränderungen der
– rezidivierende Mundaphthen
Dünndarmschleimhaut, auch latente oder potenzielle Zö-
– chronische/intermittierende Diarrhö liakie genannt (7, e13), werden serologisch vor allem im
– Konzentrationsstörungen Rahmen von Screening-Untersuchungen gefunden (16).
– depressive Verstimmung Die unbehandelte Zöliakie kann exazerbieren und ist nach
– chronische Kopfschmerzen langer Laufzeit mit einem erhöhten Risiko für gastroin-
– Transaminasenerhöhung testinale Malignome, insbesondere dem insgesamt sehr
– Zahnschmelzdefekte seltenen intestinalen T-Zell-Lymphom, assoziiert (e14).
Von besonderer Bedeutung sind die extraintestinalen
– Osteoporose/Osteopenie
Manifestationen der Zöliakie, die gegenüber intestina-
Aufgrund der Häufigkeit der Zöliakie bei den oben genannten
len Symptomen im Vordergrund stehen können und bei
Erkrankungen (in Prozent) sollte ein Zöliakie-Screening (Untersuchung früher Diagnosestellung häufig auf eine glutenfreie Diät
auf TG2-Antikörper oder HLA-DQ2/8) auch dann erfolgen, wenn diese (GFD) reagieren. Hierzu gehören zum Beispiel Hepato-
Patienten keine klinischen Hinweise für eine Zöliakie bieten.
pathien, die Dermatitis herpetiformis Duhring, IgA-
Bei oligosymptomatischen Patienten, das heißt Patienten, die nur
einzelne Symptome der Zöliakie zeigen, sollte eine Zöliakie-Serologie
Nephropathie, Temporallappen-Epilepsie, zerebelläre
durchgeführt werden, wenn die Symptomatik differenzialdiagnostisch Ataxie, periphere Neuropathie, Lungenhämosiderose
nicht hinreichend erklärt ist. oder „unspezifische“ Symptome wie Gelenkbeschwer-
*modifiziert nach (7, e15) den, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Stimmungsschwan-
kungen (Depression) und Obstipation (Kasten 1).

Extraintestinale Organbeteiligung Komplikationen


Neben der charakteristischen gastrointestinalen Wird eine glutenfreie Ernährung nicht eingehalten,
Symptomatik zeigen Zöliakie-Patienten häufig können sich neben einer Malabsorption auch
auch eine extraintestinale Organbeteiligung extraintestinale Komplikationen entwickeln.
beziehungsweise Autoimmunität.

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Assoziierte Autoimmunität KASTEN 2


In einer größeren italienischen Studie fanden sich bei
30 % der erwachsenen Zöliakiepatienten Autoimmun-
erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 1, Autoim- Komplikationsspektrum der klassischen Zöliakie
munthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis und M. Base- ● akute globale/selektive Malabsorption (unter anderem Anämie)
dow) oder Autoimmunhepatitis. Somit kann eine Zölia-
kie geradezu als Indikator für eine erweiterte Auto- ● somatische und psychosoziale Retardierung
immundiagnostik dienen (17). Grund ist die gemeinsa- ● Einschränkung der Lebensqualität
me primäre genetische Prädisposition für Zöliakie und ● Infertilität, Fehl-/Frühgeburt, hypotrophe Neugeborene (32)
diese Autoimmunerkrankungen (HLA-DQ2 oder HLA-
DQ8, welche mit HLA-DR3 und HLA-DR4 vergesell- ● Osteoporose (37)
schaftet sind) (18). ● extraintestinale Manifestationen, beispielsweise neurologisch
(zerebelläre Ataxie, periphere Neuropathie), renal (IgA-Nephropathie),
Komplikationen/refraktäre Zöliakie pulmonal (Lungenhämosiderose)
Das Komplikationsspektrum der klassischen Zöliakie
ist sehr breit (Kasten 2). Wird eine glutenfreie Ernäh-
● Autoimmunität (Diabetes mellitus Typ 1, Autoimmun-Thyreoiditis) (17)
rung nicht eingehalten, können sich neben einer Mal- ● Malignomentwicklung,
absorption auch extraintestinale Komplikationen ent- insbesondere enteropathie-assoziiertes T-Zell-Lymphom (EATL) (38)
wickeln. ● erhöhte Mortalität (39, 40)
In seltenen Fällen spricht bei älteren Patienten eine
Zöliakie nicht auf Glutenkarenz an oder die Symptome
und Mukosaläsionen treten trotz glutenfreier Diät erneut
auf. Hier müssen neben fehlender Diätadhärenz oder un-
beabsichtigter Glutenaufnahme differenzialdiagnostisch
seltenere atrophische oder entzündliche Darmerkran- eine aktive Zöliakie (mit klassischer Histologie und
kungen ausgeschlossen werden. In etwa einem Drittel unter normaler Glutenzufuhr) bei Normalwerten
dieser Fälle liegt eine refraktäre Zöliakie mit Ausbil- praktisch ausgeschlossen ist, haben Antikörper gegen
dung einer Zottenatrophie vor (19). Während der Typ 1 natives Gliadin nur einen geringen positiv prädikti-
einen normalen Phänotyp intraepithelialer Lymphozyten ven Wert von 18–31 % (bei einer angenommenen
zeigt, mit milden Immunsuppressiva (Steroide, Azathio- Prävalenz von 5 % bei Risikopatienten) (22). Dage-
prin) behandelbar ist und eine gute Prognose hat, bietet gen liegt der positiv prädiktive Wert der endomysia-
der Typ 2 das Bild einer beginnenden Vermehrung atypi- len Autoantiköper (EMA) und der IgA-anti-TG2-An-
scher, monoklonaler intraepithelialer Lymphozyten und tikörper bei dieser Prävalenz im Mittel um 83 % be-
ist schwerer behandelbar. Rund die Hälfte dieser Patien- ziehungsweise 72 % (22). Da der TG2-ELISA stan-
ten entwickeln innerhalb von drei bis fünf Jahren ein dardisiert in jedem klinischen Labor durchgeführt
manifestes intestinales T-Zell-Lymphom, dessen Prog- werden kann und TG2 das wesentliche Autoantigen
nose mit einem Überleben von wenigen Monaten bis der EMA ist, wird er als primärer serologischer Such-
Jahren sehr schlecht ist (8, 20, 21). test auf Zöliakie empfohlen. Da > 2 % der Zöliakie-
Patienten einen selektiven IgA-Mangel und damit
Serologische Diagnostik auch bei aktiver Erkrankung negative IgA-Autoanti-
Bei jedem (auch geringem) Verdacht auf Zöliakie und körpertests haben, sollte zu Beginn der IgA-Spiegel
bei Personen mit Zöliakierisiko werden serologische bestimmt werden. Bei erwiesenem IgA-Mangel emp-
Antikörpertests eingesetzt (22). Wie für die Biopsie fiehlt sich die Untersuchung auf IgG-Antikörper ge-
gilt hier, dass die Patienten zumindest noch wenige gen deamidierte Gliadinpeptide (IgG anti-DGP), die
Tage bis Wochen zuvor eine glutenhaltige Kost zu nach der oben erwähnten Deamidierung durch TG2 in
sich genommen haben sollen, weil die Halbwertszeit der Dünndarm-Mukosa nur bei Zöliakie entstehen.
der Serum-Antikörper zwischen 30 und 60 Tagen Auch sie besitzen einen guten, aber geringeren posi-
liegt. Während alle Tests einen exzellenten negativen tiv prädiktiven Wert (unter 70 %) für die Diagnose ei-
prädiktiven Wert nahe 100 % aufweisen, dass heißt ner Zöliakie (22).

Serologische Diagnostik Antikörpernachweis im Stuhl und Speichel


Die serologische Diagnostik wird vorzugsweise Der Antikörpernachweis im Stuhl und
mit IgA-Antikörpern gegen TG2 (gegebenenfalls Speichel sowie Antikörper gegen natives Gliadin
auch gegen Endomysium und deamidierte sind ungeeignet.
Gliadinpeptide) durchgeführt.

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GRAFIK 2

IIIa IIIb IIIc

infiltrativer Typ 1 hyperplastischer Typ 2 destruktiver Typ 3


> 3:1  2:1 < 2– 0

Villus: Krypten-Verhältnis

Mukosaläsionen der Zöliakie (Marsh-Oberhuber-Klassifikation): Die histologischen Veränderungen der Darmschleimhaut bestehen aus ei-
ner Vermehrung von Lymphozyten intraepithelial und in der Lamina propria, einer Hyperplasie der Krypten und einer Verminderung der Zot-
tenhöhe. Für die Diagnosestellung ist mindestens eine Typ-2-Mukosaläsion erforderlich. Modizifiziert nach (e16)

Zu beachten ist, dass gelegentlich bei genetisch prä- steigenden Duodenums und vorzugsweise ein bis zwei
disponierten Personen zöliakiespezifische Antikörper weiteren Proben aus dem Bulbus sichern die Diagnose.
vorübergehend nachweisbar sind (23) und unter dem Vielfach sind die Schleimhautläsionen nur fleckförmig
zweiten Lebensjahr die Sensitivität der IgA-Antikörper („patchy lesions“) ausgebildet. In der Mehrzahl findet
gegen Endomysium, TG2 und deamidierte Gliadinpep- sich die charakteristische Marsh-III-Läsion mit den
tide geringer ist (24, e16). Antikörperbestimmungen im Stadien III a–c (partielle bis totale Zottenatrophie) (25).
Stuhl oder Speichel haben keinen Wert in der Diagnos- Auch eine Kryptenhyperplasie mit ≥ 25 intraepithelia-
tik der Zöliakie. Von Antikörpertests gegen natürliches len Lymphozyten pro 100 Enterozyten bei fehlender
(nicht deamidiertes) Gliadin ist abzuraten (7). Schnell- Zottenatrophie (Marsh-II-Läsion) sichert bei positiven
tests für TG2-Autoantikörper, ähnlich einem Schwan- Autoantikörpern die Diagnose einer Zöliakie, während
gerschaftstest, die marketingmäßig geschickt platziert die Marsh-I-Läsion (alleinige Vermehrung der intraepi-
neben glutenfreien Nahrungsmitteln angeboten wer- thelialen Lymphozyten auf ≥ 25 pro 100 Epithelzellen)
den, erreichen nicht die Genauigkeit der Labortests und höchst unspezifisch ist (positiver Vorhersagewert um
erzeugen ohne Bestätigung, Bewertung und Beratung 15 %) (Grafik 2) (25, 26). Der Wert immunhi-
durch den Facharzt mehr Verunsicherung als Klarheit, stochemischer Methoden (IgA-TG2-Ablagerungen in
mit der Gefahr einer Über- oder Unterbehandlung. der Mukosa) ist noch umstritten.
Wichtig ist, dass die duodenale Histologie zeitnah zur
Histologie Zöliakie-Serologie (und Symptomatik) untersucht und
Die Zöliakie zeigt meist bereits während der Endo- keine glutenfreie Ernährung bereits vor Entnahme der
skopie makroskopische Auffälligkeiten im proximalen Biopsien begonnen wird. Da eine normale Histologie
Dünndarm (Verminderung der Falten, Felderung und der Mukosa eine Zöliakie ausschließt und eine Marsh-II-
Atrophie der Schleimhaut). Eine histologische Beurtei- Läsion makroskopisch nicht zu erkennen ist, sollten vor
lung nach der Klassifikation von Marsh (e17) mit min- dem Hintergrund der Häufigkeit der Erkrankung bei je-
destens vier Biopsien aus den vier Quadranten des ab- der Gastroduodenoskopie Biopsien entnommen werden.

Histologie Zeitpunkt der Histologie


Die Dünndarmschleimhaut unbehandelter Wichtig ist, dass die duodenale Histologie zeit-
Zöliakie-Patienten zeigt primär eine Zotten- nah zur Zöliakie-Serologie (und Symptomatik)
atrophie (Marsh III), seltener auch eine isolierte untersucht und keine glutenfreie Ernährung
Kryptenhyperplasie (Marsh II), jeweils mit bereits vor Entnahme der Biopsien begonnen
Vermehrung der intraepithelialen Lymphozyten. wird.

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Die Proben müssen zur histologischen Aufarbeitung tan- Diese diagnostische Empfehlung basiert auf der Er-
gential eingebettet und differenziert nach Marsh beur- kenntnis, dass hohe TG2-IgA-Titer eine Zottenatrophie
teilt werden, was häufig noch nicht erfolgt. Bei klini- voraussagen (27). Berücksichtigt man den hohen Anteil
scher und serologischer Normalisierung ist es nicht er- an silenten beziehungsweise oligosymptomatischen
forderlich, die Mukosa-Remission unter glutenfreier Di- Formen, so wird diese Konstellation nur auf einen sehr
ät mit einer erneuten Endoskopie zu belegen. kleinen Teil der Zöliakie-Patienten zutreffen.
In komplizierten Fällen (zum Beispiel bei refraktärer
Zöliakie) kann eine Kapselendoskopie wichtige Auf- Screening von Risikopatienten
schlüsse über einen atypischen oder distalen Dünn- Dies betrifft asymptomatische Risikopatienten mit geneti-
darmbefall liefern. scher oder autoimmuner Grunderkrankung und bei oligo-
symptomatischer Manifestation (Kasten 1). Bei HLA-
Leitlinien-Empfehlungen der ESPGHAN DQ2/8-Positivität sollte alle zwei bis drei Jahre TG2-IgA
Die Europäische Gesellschaft für Pädiatrische Gastro- bestimmt werden. Wenn bei einem Patienten eine Zöliakie
enterologie, Hepatologie und Ernährung (ESPGHAN) nachgewiesen wurde, empfiehlt es sich, Verwandte 1. Gra-
hat 2012 eine dritte Version diagnostischer Leitlinien des nach genetischer Beratung in Bezug auf den HLA-
für die Zöliakie von Kindern und Jugendlichen erarbei- DQ2/8 Genotyp oder TG2-Antikörper zu untersuchen.
tet (7, e18). Einige wichtige Punkte dieser Leitlinie sol-
len im Folgenden kurz dargestellt werden. Eine Leitli- Glutenbelastung
nie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Bei Kindern unter dem zweiten Lebensjahr ist eine Glu-
Stoffwechselerkrankungen für Erwachsene (und Kin- tenbelastung bis zum sechsten Lebensjahr (oder auch spä-
der) ist derzeit in Bearbeitung. ter) nicht erforderlich, wenn neben einer Marsh-II- bis III-
Läsion, positivem HLA-DQ2/8 und hohem TG2-IgA-Ti-
Nicht-invasive Diagnostik ter EMA nachweisbar sind. Die medizinisch kontrollierte
In die ESPGHAN-Leitlinie wurde als neuer diagnosti- Glutenbelastung ist bei Zweifel an der Diagnose oder
scher (molekulargenetischer) Parameter aufgenommen wenn die diagnostischen Kriterien nicht eindeutig erfüllt
(Cave: Gendiagnostikgesetz): sind, indiziert. Die Glutenbelastung stellt ein sehr aussa-
● HLA-DQ2 Heterodimer in cis-Konfiguration gekräftiges Instrument dar, um entweder eine frühere
(HLA-DR3-DQA1*0501-DQB1*0201) oder in Fehldiagnose oder eine latente Zöliakie zu identifizieren.
trans-Konfiguration (HLA-DR5-DQA1*0505- Vor Durchführung einer Glutenbelastung sollten eine
DQB1*0301 beziehungsweise und DR7-DQA1* HLA-Typisierung und eine aktuelle duodenale Histologie
0201-DQB1*0202) und vorliegen. Die Glutenbelastung erfolgt mit Normalkost
● HLA-DQ8 Heterodimer (HLA-DR4-DQA1*0301- (das Äquivalent von drei bis fünf Scheiben Brot) oder
DQB1*0302). verdeckt mit Glutenpulver, wobei je nach Alter eine tägli-
Dieser neue Diagnostikparameter schließt bei Nega- che Glutenmenge von mindestens 10–18 g angestrebt
tivität eine Zöliakie (weitestgehend) aus und bietet bei wird. Zöliakieserologie und Duodenalbiopsie werden
Positivität die Option an, auch ohne Biopsie die Zölia- durchgeführt, wenn sich im Rahmen der Glutenbelastung
kie zu bestätigen, wenn alle folgenden Voraussetzun- eine Symptomatik einstellt oder spätestens sechs Monate
gen erfüllt sind: und erneut 24 Monate nach Beginn der Belastung (7, 28).
● klassische (gastrointestinale) Manifestation
● 10-fach über dem Grenzwert erhöhte TG2-IgA- Differenzialdiagnostik
Titer Neben infektiösen (parasitären) und chronisch-entzünd-
● Bestätigung der Seropositivität durch positiven lichen Darmerkrankungen (M. Crohn, Autoimmunente-
Endomysium-Antikörper (≥ 1 : 5) in einem zerti- ropathie), dem Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittel-
fizierten Labor allergien kommen insbesondere bei Säuglingen und
● Aufklärung der Eltern durch einen Kinder-Gas- Kleinkindern auch seltene, unter anderem kongenitale
troenterologen über Vor- und Nachteile einer duo- Durchfallerkrankungen (unter anderem Disaccharida-
denalen Biopsie sen-Mangel, zum Beispiel Lactoseintoleranz, Fructose-
● klinische und serologische Remission unter glu- Malabsorption, Immundefekte) differenzialdiagnostisch
tenfreier Diät. in Frage.

Genetische Erkrankung Regelmäßige Kontrollen bei erhöhtem Risiko


Einige genetische Erkrankungen (insbesondere Individuen mit einem erhöhten Risiko, eine
Down- und Turner-Syndrom) sind mit der Zöliakie Zöliakie zu entwickeln (unter anderem Verwandte
assoziiert. 1. Grades), sollten bei HLA-DQ2/8-Positivität
regelmäßig serologisch untersucht werden.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013 841


MEDIZIN

GRAFIK 3

1a
%&& J"  
1b
 9K7     %&& 9

2a HLA-DQ2/8 Ausschluss Zöliakie


; <
= *# Lebensjahr
3 #- IgA-anti$'*  9  & 
6" & 
>&& 7 
2b HLA-DQ2/8  7 @  "
4   6 7>>–>>>

 !:
" # $%&& "
glutenfreie Diät latente Zöliakie  $'*. 10 x Cutoff
6
(klin. + serol. " 7  79
Remission)
Glutenbelastung
Zöliakie gesichert Diätadhärenz?     
lebenslange, strikte refraktäre Zöliakie       Ausschluss Zöliakie
glutenfreie Diät Differenzialdiagnose (nur bei HLA-DQ2/8-


Entscheidungsprozesse der Zöliakie-Diagnostik (modifiziert aus 22); Die diagnostischen Parameter zum Nachweis der Zöliakie sind in
rot und die Kriterien zum Ausschluss der Zöliakie sind in braun dargestellt. Bei der latenten Zöliakie ist es wichtig, die Positivität für HLA-
DQ2/8 nachzuweisen und die Diagnose unter Fortführung glutenhaltiger Ernährung (gestrichelte Pfeile) serologisch und bioptisch zu bestäti-
gen oder auszuschließen. In Hellblau sind die ESPGHAN-Kriterien aufgeführt, die bei Kindern und Jugendlichen die Diagnose einer Zöliakie
ohne Durchführung einer duodenalen Biopsie erlauben. CAVE: In seltenen Fällen (z.B. IgA-Mangel) können bei einem Zöliakie-Patienten keine
typischen Antikörper oder HLA-DQ2/8 nachgewiesen werden, so dass eine Zöliakie-Symptomatik im Rahmen der Differenzialdiagnose Anlass
zu einer bioptischen Abklärung ist. EMA, Endomysium-Antikörper; GI, Gastrointestinaltrakt

Bei der differenzialdiagnostischen Abklärung ist unter te, Dinkel, Kamut, Emmer, Einkorn, Grünkern und daraus
anderem mit Hilfe der Ernährungsanamnese, des Ge- hergestellten Fertigprodukten zum Beispiel Nudeln – eine
wichtsverlaufes und des klinischen Untersuchungsbefun- schwere Bürde für die meisten Patienten, da Spuren von
des durch gezielte Labordiagnostik und gegebenenfalls Gluten in nahezu allen verfeinerten Nahrungsmitteln vor-
Bildgebung und Endoskopie ein rationales Vorgehen zu kommen und die Patienten durch die strikte Diät in sozia-
planen (Grafik 3). Bei Jugendlichen und Erwachsenen fo- len Aktivitäten eingeschränkt werden. Es sollte zu Beginn
kussiert sich die Differenzialdiagnostik auf die nicht-zö- eine professionelle Diätberatung und die Anbindung an
liakiebedingte Weizensensitivität, die Glutenallergie, die die deutsche Zöliakie-Gesellschaft erfolgen. Zunehmend
Histamin-Intoleranz und die Unverträglichkeit gegenüber sind auch glutenfreie Nahrungsmittel verfügbar und mehr
fermentierbaren Oligo-, Di-, Monosacchariden und Po- Restaurants stellen sich auf glutenfreie Gerichte ein. Über
lyolen (FODMAP) (Tabelle). den Codex alimentarius (www.wheat-free.org/celiac-
disease-codex-alimentarius.html) wurde der Richtwert
Therapie für glutenfreie Nahrungsmittel von 200 auf 20 ppm he-
Die Therapie der Zöliakie ist die lebenslange strikt gluten- runtergesetzt. Dies bedeutet bei einer durchschnittlichen
freie Diät (GFD) mit Verzicht auf Weizen, Roggen, Gers- täglichen Glutenzufuhr von 10–20 g in 120–250 g Wei-

Zuverlässige Therapie Verhinderung langfristiger Komplikationen


Die glutenfreie Ernährung stellt eine sichere und Die glutenfreie Ernährung kann langfristige
zuverlässige Therapie der Zöliakie dar, die strikt Komplikationen (Osteoporose, Anämie, Malignome)
und lebenslang durchgeführt werden muss. und einige extraintestinale Manifestationen
verhindern.

842 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013


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TABELLE

Engere Differenzialdiagnose der Zöliakie

Zöliakie Weizen-Sensitivität Weizen-Allergie Histamin-Intoleranz FODMAP-Intoleranz


Prävalenz 0,5–1,0 (2,5) % 3–7 % ? selten selten ? (häufig mild)
Anamnese Symptome bei Besserung unter multiple, unter anderem Histamin aus FODMAPs
Einführung von Weizen, glutenfreier Diät Gluten Fisch, Käse, Salami, z. B. Weizen, Roggen,
Roggen, Gerste, Dinkel Sauerkraut, Rotwein, Knoblauch, Zwiebel, Milch,
(Hafer) Sekt Honig, Apfel,
Birne, Pilze, Salizylat
Symptomatik-Beginn Wochen – Jahre Stunden – Tage Minuten – Stunden Minuten – Stunden Stunden – Tage
Pathogenese (Auto-)Immunität ? Allergie Diaminoxidase-Mangel vermehrte Vergärung im
TG2/ATI (ATI) Darm
Mikrobiota?
HLA-Restriktion HLA-DQ2/8 negativ negativ negativ negativ
Serologie IgA-anti TG2, EMA negativ speziell IgE gegen Weizen negativ negativ
IgG-DGP (RAST)
Histologie Marsh II bis III negativ Gewebseosinophilie negativ negativ
(Gewebseosinophilie)
Klinik (extra-)intestinal oder intestinal (extra-)intestinal (extra-)intestinal intestinal: Blähungen,
oligosymptomatisch Bauchschmerzen, Diarrhö
Diagnose Symptome, Serologie, DBPC-Belastung IgE-RAST, Pricktest (Diaminoxidase↓) DBPC-Belastung
HLA-DQ2/8, Histologie (idealerweise) DBPC-Belastung (Histamin Plasma/Urin↑) (idealerweise)
DBPC-Belastung
Therapie strikt glutenfrei Reduktion glutenhaltiger strikte Meidung histaminfreie Diät FODMAP-arme Diät
lebenslang Nahrungsmittel glutenhaltiger
(um > 90 %?) Nahrungsmittel
Komplikationen Malabsorption negativ allergische/anaphylakti- anaphylaktoide negativ
(Langzeitkomplikationen) sche Reaktionen
(refraktäre Zöliakie?) Reaktionen

ATI, Amylase-/Trypsin-Inhibitoren aus glutenhaltigen Getreiden; DBPC, doppelblind und placebokontrolliert; FODMAP, fermentierbare Oligo-, Di-, Monosacchride und Polyole; TG2, Gewebe-
transglutaminase; EMA, Endomysium-Antikörper; DGP, Antikörper gegen deamidierte Gliadinpeptide; RAST, Radio-Allergo-Sorbens-Test; Weizen-Sensitivität: die diagnostischen Kriterien der
Zöliakie sind nicht erfüllt, aber die Symptome verbessern sich unter glutenfreier Diät

zenmehl eine Menge von weniger als 10 mg Gluten täg- für alle Komplikationen (inklusive Osteoporose) ge-
lich, was als sicher gilt. Die strikt glutenfreie Diät führt zeigt. Bei nicht-klassischen (oligosymptomatischen)
bei circa 70 % der Patienten mit klassischer Symptomatik Zöliakie-Formen ist dieser Effekt weniger klar, aller-
innerhalb von zwei Wochen zu einer Besserung der Be- dings scheint eine Beziehung zur Ausprägung der Mu-
schwerden. Innerhalb von drei bis zwölf Monaten norma- kosa-Läsion zu bestehen (30).
lisiert sich die Zöliakie-Serologie und langsamer bildet Eine Beobachtungsstudie deutet darauf hin, dass bei
sich auch die intestinale Entzündung zurück (8). Viele einem Patient mit Typ-1-Diabetes, der gleichzeitig von
Leitlinien schließen reinen (nicht mit Gluten kontaminier- einer Zöliakie betroffen ist, die Diabetes-Einstellung
ten) Hafer nicht mehr in der GFD aus und empfehlen, die bei Einhaltung einer glutenfreien Diät Vorteile auf-
meist gute Verträglichkeit des Hafers unter ärztlicher Auf- weist (31). Auch für zöliakiebedingte Infertilität und
sicht zu prüfen (29, e19). Für die klassische Form der Schwangerschaftskomplikationen (Frühgeburt, hypo-
Zöliakie inklusive der Dermatitis herpetiformis Duh- trophe Neugeborene) sind ähnlich positive Effekte der
ring wurde der protektive Effekt der glutenfreien Diät GFD beschrieben worden (32).

Einführung von glutenhaltiger Nahrung Differenzialdiagnose


Stillen und die Einführung von glutenhaltiger Es sind andere entzündlich bedingte Darmer-
Nahrung noch unter Muttermilchernährung besitzt krankungen, angeborene Durchfallerkrankungen,
einen protektiven Effekt gegenüber der Zöliakie. weitere Nahrungsmittelunverträglichkeiten,
aber auch das Reizdarmsyndrom abzugrenzen.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013 843


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Da die Adhärenz-Raten einer GFD (insbesondere bei schen Erkenntnisfortschritts exzellent (Autoantikörper
oligosymptomatischen Patienten) unbefriedigend sind gegen TG2, HLA-DQ2/8 und duodenale Histologie
und einige Patienten auf kleinste Glutenmengen (zum nach Marsh). Damit kann bei Aufmerksamkeit trotz des
Teil 50 mg pro Tag, das Äquivalent einer Nudel) rea- sehr breiten klinischen Spektrums der Zöliakie frühzei-
gieren, wird nach einer unterstützenden pharmakologi- tig die glutenfreie Diät eingeleitet werden, die in der
schen Therapie gesucht. Derartige Therapien werden Regel vor Komplikationen der Malabsorption und ex-
zurzeit entwickelt (8, 33), insbesondere: traintestinaler Beteiligung schützt.
1. Abbau der immundominanten Glutenpeptide, die Protektive Ansätze und experimentelle Therapiean-
sonst dem intestinalem proteolytischen Abbau sätze werden in Studien geprüft. Das Screening von
entgehen, durch sogenannte Glutenasen Personen mit erhöhtem Risiko, eine Zöliakie zu entwi-
2. Verringerung der intestinalen Permeabilität ckeln, ist sinnvoll.
3. Induktion einer oralen Toleranz durch sogenannte
Glutenvakzination Interessenkonflikt
4. Inhibition der intestinalen TG2 durch spezifische Prof. Schuppan hält ein Patent für den Anti-TG2-Test und bezieht dafür
Lizenzgebühren. Erstattung von Teilnahmegebühren für Kongresse sowie Rei-
TG2-Blocker se- und Übernachtungskosten und Honorare für die Vorbereitung von wissen-
5. Blockierung des antigen-präsentierenden HLA- schaftlichen Fortbildungsveranstaltungen bekam er von Firma Schär, Merckle
Recordati und Instrumentation Laboratory.
DQ2 (-DQ8)
6. Modulation proinflammatorischer intestinaler Zy- Prof. Zimmer erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

tokine durch Biologika.


Manuskriptdaten
Zu 1. bis 3. wurden Phase-I- bis -II-Studien durchge- eingereicht: 2. 5. 2013, revidierte Fassung angenommen: 11. 9. 2013
führt, die insbesondere für den Einsatz einer Kombina-
tion von Glutenasen bei Patienten in Remission nach LITERATUR
Zufuhr kleinerer Mengen Gluten einen klinischen Vor- 1. Dieterich W, Ehnis T, Bauer M, et al.: Identification of tissue transgluta-
teil zeigen. Ob diese Enzyme in der Praxis die antige- minase as the autoantigen of celiac disease. Nat Med 1997; 3:
nen Glutenpeptide schnell genug abbauen, bevor sie 797–801.
den oberen Dünndarm erreichen, ist allerdings fraglich. 2. Mustalahti K, Catassi C, Reunanen A, et al.: The prevalence of celiac
disease in Europe: results of a centralized, international mass screening
Noch spekulativ ist die Vakzination mit immundomi- project. Ann Med 2010; 42: 587–95.
nanten Glutenepitopen, in der Hoffnung, damit eine To- 3. Rostom A, Dube C, Cranney A, et al.: Celiac Disease. Evidence Report/
leranz zu induzieren. Vielversprechend ist die Entwick- Technology Assessment No. 104. Rockville (MD): Agency for Healthcare
lung eines spezifischen TG2-Inhibitors. Research and Quality (US); 2004.
4. Hill ID, Dirks MH, Liptak GS, et al.: Guideline for the diagnosis and treat-
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Der protektive Effekt des Stillens ist hinreichend be-
Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition 2005; 40: 1–19.
kannt (e20). Einen zusätzlichen Schutzfaktor scheint
5. Rostom A, Murray JA, Kagnoff MF: American Gastroenterological Asso-
die Einführung kleinerer Glutenmengen vorzugsweise ciation (AGA) Institute technical review on the diagnosis and manage-
zwischen dem fünften und siebten Lebensmonat darzu- ment of celiac disease. Gastroenterology 2006; 131: 1981–2002.
stellen (34, 35, e21); eine europaweite prospektive Stu- 6. (UK) CfCPaN: Coeliac disease: recognition and assessment of coeliac
die untersucht zurzeit diese Hypothese. Ob auch die disease. London: National Institute for Health and Clinical Excellence
Entwicklung zum Beispiel eines Typ-1-Diabetes in prä- (UK)2009.
disponierten Familien durch eine vorsichtige Einfüh- 7. Husby S, Koletzko S, Korponay-Szabo IR, et al.: European Society for
Pediatric Gastroenterology, Hepatology, and Nutrition guidelines for the
rung von Gluten reduziert wird, ist unklar. Eine kleine diagnosis of coeliac disease. Journal of Pediatric Gastroenterology and
Studie an 150 Risikokindern zeigte keinen signifikan- Nutrition 2012; 54: 136–60.
ten Effekt (36). 8. Schuppan D, Junker Y, Barisani D: Celiac disease: from pathogenesis to
novel therapies. Gastroenterology 2009; 137: 1912–33.
Ausblick 9. Zimmer KP, Fischer I, Mothes T, et al.: Endocytotic segregation of gliadin
Die Zöliakie ist eine häufige autoimmunologische Er- peptide 31–49 in enterocytes. Gut 2010; 59: 300–10.
krankung mit primär intestinaler aber auch extraintesti- 10. Junker Y, Zeissig S, Kim SJ, et al.: Wheat amylase trypsin inhibitors
naler Symptomatik. Die diagnostischen Möglichkeiten drive intestinal inflammation via activation of toll-like receptor 4. The
Journal of Experimental Medicine 2012; 209: 2395–408.
sind, unter anderem aufgrund des rasanten pathogeneti-
11. Reilly NR, Green PH: Epidemiology and clinical presentations of celiac
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844 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013


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tissue transglutaminase. Journal of Pediatric Gastroenterology and Nu-
trition 2010; 50: 140–6.
Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und
Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe
28. Leffler D, Schuppan D, Pallav K, et al.: Kinetics of the histological, sero-
logical and symptomatic responses to gluten challenge in adults with der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.
coeliac disease. Gut 2012. Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik „Persönliche Daten“ oder
29. Zimmer KP: Nutrition and celiac disease. Current problems in pediatric nach der Registrierung die EFN in das entsprechende Feld eingegeben werden
and adolescent health care 2011; 41: 244–7.
und durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden.
30. Elfstrom P, Granath F, Ekstrom Smedby K, et al.: Risk of lympho-
proliferative malignancy in relation to small intestinal histopathology Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.
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stitute 2011; 103: 436–44. Wichtiger Hinweis
31. Hansen D, Brock-Jacobsen B, Lund E, et al.: Clinical benefit of a gluten- Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet
free diet in type 1 diabetic children with screening-detected celiac
disease: a population-based screening study with 2 years’ follow-up. möglich: cme.aerzteblatt.de. Einsendeschluss ist der 9. 3. 2014.
Diabetes care 2006; 29: 2452–6. Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.
32. Khashan AS, Henriksen TB, Mortensen PB, et al.: The impact of
maternal celiac disease on birthweight and preterm birth: A Danish po- Die Bearbeitungszeiten der folgenden cme-Einheiten sind:
pulation-based cohort study. Hum Reprod 2010; 25: 528–34.
– „Das fiebernde Kind“ (Heft 45/2013) bis zum 9. 2. 2014
33. Mukherjee R, Kelly CP, Schuppan D: Nondietary therapies for celiac
disease. Gastrointestinal endoscopy clinics of North America 2012; 22: – „Akute Vergiftungen“ (Heft 41/2013) bis zum 12. 1. 2014
811–31.
– „Degenerative lumbale Spinalkanalstenose im höheren Lebensalter“ (Heft 37/2013)
34. Norris JM, Barriga K, Hoffenberg EJ, et al.: Risk of celiac disease auto-
immunity and timing of gluten introduction in the diet of infants at in- bis zum 8. 12. 2013
creased risk of disease. JAMA 2005; 293: 2343–51.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013 845


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Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1 Frage Nr. 6


Wodurch wird die Zöliakie ausgelöst? Eine Mutter stellt ihren 4-jährigen Sohn, bei dem
a) durch glutenhaltige Nahrungsmittel kürzlich eine Zöliakie diagnostiziert wurde, vor und
b) durch einen selektiven IgA-Überschuss berichtet, dass sie zwei weitere gesunde Kinder hat.
c) durch eine allergische Mukosaläsion Was empfehlen Sie der Mutter?
d) durch tierische Proteine a) eine molekulargenetische Bestimmung von HLA-DQ2/8 bei
e) durch Lactose-Intoleranz ihren beiden Kindern nach genetischer Beratung
b) die Gastroduodenoskopie mit histologischer Untersuchung
duodenaler Biopsien
c) eine FODMAP-arme Diät
Frage Nr. 2 d) den Nachweis von IgA-anti-Gliadin im Speichel
Bei wie viel Prozent der Patienten mit klassischer e) das Screening von anti-Gliadin-Antikörper im Stuhl
Zöliakie führt eine strikt eingehaltende glutenfreie Diät
zu einer Besserung innerhalb von zwei Wochen?
a) 50 %
b) 60 % Frage Nr. 7
c) 70 % Welches Nahrungsmittel enthält Gluten?
d) 80 % a) Kartoffeln
e) 90 % b) Quinoa
c) Amaranth
d) Wildreis
e) Nudeln
Frage Nr. 3
Welche der folgende Autoimmunerkrankungen sind
mit der Zöliakie assoziiert?
a) Diabetes mellitus Typ 1, Glomerulonephritis, Psoriasis Frage Nr. 8
b) Diabetes mellitus Typ 2, multiple Sklerose, Was scheint ein zusätzlicher Schutzfaktor zur Prävention
Myasthenia gravis der Zöliakie zu sein?
c) Diabetes mellitus Typ 1, Colitis ulcerosa, a) glutenfreie Beikost bis zum 12. Lebensmonat
Lupus erythematodes b) vegetarische Beikost bis zum 8. Lebensmonat
d) Diabetes mellitus Typ 1, Autoimmunthyreoditis, c) vegane Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft
Autoimmunhepatitis d) vollwertige Ernährung der Mutter während der
e) Diabetes mellitus Typ 2, Autoimmunenteropathie, Schwangerschaft
Morbus Crohn e) die Einführung kleiner Glutenmengen zwischen dem 5. und 7.
Lebensmonat beim gestillten Kind

Frage Nr. 4
Welche Erkrankung entwickelt etwa die Hälfte aller Frage Nr. 9
Patienten mit einer refraktären Zöliakie Typ 2? Welche(r) diagnostische(n) Parameter ist/sind im Verlauf
a) ein Rhabdomyosarkom einer glutenfreien Ernährung zu prüfen?
b) ein T-Zell-Lymphom a) Normalisierung der duodenalen Mukosa
c) ein Guillain-Barré-Syndrom b) klinische und serologische Remission
d) ein Chondrosarkom c) klinische, serologische und histologische Remission
e) ein Leiyomyosarkom d) klinische Remission
e) serologische Remission

Frage Nr. 5
Welches diagnostische Kriterium wird für die Frage Nr. 10
Zöliakie angewandt? Welches ist das Autoantigen der Zöliakie?
a) HLA-B27 a) basisches Myelinprotein
b) Kryptenabzesse der Darmmukosa b) Th0
c) DNA-Antikörper c) TG2
d) Antikörper gegen natives Gliadin d) CTL
e) Antikörper gegen Gewebetransglutaminase (TG2) e) Th2

846 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013


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Diagnostik und Therapie


der Zöliakie 3
Punkte
Detlef Schuppan, Klaus-Peter Zimmer
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Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013 13


MEDIZIN

eTABELLE

Häufigste Symptome der Zöliakie-Patienten in Prozent

Kinder/Jugendliche Erwachsene
(n = 251) (n = 359)
Diarrhö 28–55 18–47
Bauchschmerzen 12–33 18–28
ausladendes Abdomen 12–29 26
Anämie 2–19 38–51
Gedeihstörung 13–26 34*
Wachstumsstörung 9–16 −

*Gewichtsverlust
(modifiziert nach 11, e11, e12 [Prozentangaben sind stark abhängig unter anderem von Alter, Patientenkol-
lektiv, Anwendung von Screening-Indikationen])

14 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013


MEDIZIN

Diagnostik und Therapie


der Zöliakie 3
Punkte
Detlef Schuppan, Klaus-Peter Zimmer
cme
Teilnahme nur im
Internet möglich:
Die Kasuistik gastrointestinale Symptomatik, zum Beispiel in aerzteblatt.de/cme
Form von Durchfall, liegt nicht vor. Daraufhin wird
in sieben Jahre altes Mädchen, das sich bisher eine glutenfreie Ernährung begonnen. Darunter sis-
E normal entwickelte und anamnestisch keine
Hinweise auf Nahrungsunverträglichkeiten bietet,
tiert der Bluthusten und die Lungenfunktion normali-
siert sich. Innerhalb eines halben Jahres sind die zö-
wird von ihren Eltern in einer kinderpneumonologi- liakietypischen Antikörper nicht mehr nachweisbar.
schen Ambulanz vorgestellt, weil es seit längerem Bei stabilem Hämoglobin-Wert fällt laborchemisch
unter nächtlichem Bluthusten leidet. Da der Hämo- lediglich noch (als Folge der Transfusionen) ein Fer-
globin-Wert wiederholt (auf minimal 3,8 g/dL) ab- ritin-Wert von 500–600 ng/mL auf. Die bioptische
fällt, erhält es mehrere Transfusionen. Die Vitalkapa- Bestätigung der duodenalen Schleimhautheilung un-
zität ist auf 46 % reduziert. In der Bronchiallavage ter glutenfreier Diät oder die Durchführung einer
werden bei der Patientin eisenbeladene Makropha- Glutenbelastung sind nicht erforderlich. Die Patien-
gen nachgewiesen, so dass die Diagnose einer pul- tin ist HLA-DQ2 positiv. Mit den Eltern wird die
monalen Hämosiderose gestellt wird. Bei der weite- Notwendigkeit einer lebenslangen und strikt einzu-
ren Abklärung wird ein Heiner-Syndrom ausge- haltenden glutenfreien Ernährungsweise besprochen
schlossen, aber positive Endomysium- und Gewebe- und eine jährliche Verlaufskontrolle vereinbart.
transglutaminase-Antikörper gefunden. Daraufhin
wird das Mädchen ösophagogastroduodenoskopiert.
Zitierweise
Bei der histologischen Aufarbeitung der duodenalen Schuppan D, Zimmer KP: The diagnosis and treatment of celiac disease.
Biopsien wird eine Marsh III-Läsion bestätigt. Eine Dtsch Arztebl Int 2013; 110(49): 835–46. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0835

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 49 | 6. Dezember 2013 15

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