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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN

ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH

34 Epidemiologisches
2020 Bulletin
20. August 2020

Empfehlungen der Ständigen


Impfkommission beim Robert Koch-Institut
2020/2021
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 2

Inhalt
Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut 2020/2021

Die Impfempfehlungen der STIKO wurden auf der 94. bis 96. Sitzung der STIKO verabschiedet. Die folgen-
den Ausführungen ersetzen die im Epidemiologischen Bulletin des RKI (Epid. Bull.) 34/2019 veröffentlichten
Impfempfehlungen. Die Begründungen zu den Empfehlungen zur Pertussis-Impfung in der Schwanger-
schaft, zur Impfung gegen Japanische Enzephalitis bei Reisen in Endemiegebiete und für Laborpersonal, zur
Grundimmunisierung mit dem 6-fach-Impfstoff nach dem reduzierten 2+1-Impfschema sowie die Anglei-
chung der beruflich indizierten Masern-Mumps-Röteln-(MMR-) und Varizellen-Impfung wurden bereits im
Epid. Bull. veröffentlicht bzw. sind auf den Internetseiten des RKI (www.stiko.de) verfügbar. Inhaltliche
­Änderungen gegenüber 2019/2020 sind am Rand gekennzeichnet. Die aktuellen Empfehlungen werden auch
im Pocket-Format veröffentlicht oder können über die STIKO-App aufgerufen werden (s. S. 64).

Wesentliche inhaltliche Änderungen und Ergänzungen zu den Empfehlungen 2019/2020


▶▶ Im Impfkalender (Tabelle 1) ist das reduzierte Impfschema für die 6-fach-Impfung und die
Tabelle neu strukturiert
▶▶ Empfehlung der Pertussisimpfung in der Schwangerschaft mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff

(Epid. Bull. 13/2020)


▶▶ Empfehlung zur Impfung gegen Japanische Enzephalitis bei Reisen in Endemiegebiete

und für Laborpersonal (Epid. Bull. 18/2020)


▶▶ Empfehlung zur Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis,

Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B im Säuglingsalter mit dem 6-fach-Impfstoff


(DTaP-IPV-Hib-HepB) nach dem reduzierten 2+1-Impfschema (Epid. Bull. 26/2020)
▶▶ Angleichung der beruflich indizierten Masern-Mumps-Röteln-(MMR-) und

Varizellen-Impfung (Epid. Bull. 02/2020)


▶▶ Aktualisierung der FSME-Risikogebiete (Epid. Bull. 8/2020)

▶▶ Redaktionelle Änderungen

Impressum
Herausgeber Allgemeine Hinweise/Nachdruck
Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung:
Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull
Telefon 030 18754 – 0
Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise
Redaktion die Meinung des Robert Koch-Instituts wider.
Dr. med. Jamela Seedat
Telefon: 030 18754 – 23 24 Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons
E-Mail: SeedatJ@rki.de Namensnennung 4.0 International Lizenz.

E-Mail: EpiBull@rki.de ISSN 2569-5266


Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung)

Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 3

Inhaltsverzeichnis

1. Vorbemerkung 4

2. Impfkalender 5

3. Standardimpfungen des Erwachsenenalters, Indikations- und Auffrischimpfungen sowie Impfungen aufgrund eines erhöhten beruflichen


Risikos oder einer Reise 7
3.1 Übersicht 7
3.2 Anmerkungen zu einzelnen Impfungen 14

4. Hinweise zur Durchführung von Schutzimpfungen  25


4.1 Aufklärungspflicht vor Schutzimpfungen 25
4.2 Off-label-use 27
4.3 Dokumentation der Impfung 27
4.4 Impfmanagement in der Arztpraxis 28
4.5 Impfabstände 29
4.6 Hinweise zur Schmerz- und Stress­reduktion beim Impfen 30
4.7 Kontraindikationen und falsche Kontra­indikationen 32
4.8 Impfen bei Immundefizienz bzw. ­Immunsuppression 33
4.9 Impfkomplikationen und deren Meldung 33
4.10 Lieferengpässe von Impfstoffen 35
4.11 Impfempfehlungen für MigrantInnen und  Asylsuchende nach Ankunft in Deutschland  35
4.12 Hinweise zur Kostenübernahme von Schutzimpfungen 37

5. Postexpositionelle Impfungen bzw. andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe übertragbarer Krankheiten  39
5.1 Übersicht 39
5.2 Impfungen bei gehäuftem Auftreten oder Ausbrüchen von Meningokokken-Erkrankungen 41
5.3 Postexpositionelle Hepatitis-B-­Immunprophylaxe 42
5.4 Postexpositionelle Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall 44
5.5 Postexpositionelle Tollwut-Immunprophylaxe 45

6. Empfehlungen zu Nachholimpfungen  46
6.1 Vorbemerkung 46
6.2 Ungeimpfte und Personen mit unklarem Impfstatus 46
6.3 Teilgeimpfte Personen 46
6.4 Vorgehen bei fehlender Impfdokumentation 46
6.5 Anamnestische Angaben zu Varizellen 47
6.6 Indikation für serologische Titerbestimmungen 47
6.7 Ist „Überimpfen“ gefährlich? 47
6.8 Wahl der Impfstoffe 47
6.9 Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis und Pertussis ab dem Alter von 5 – 6 Jahren 48
6.10 Altersabhängige Empfehlungen zur Durchführung von Nachholimpfungen 49
6.11 Literatur zum Abschnitt „Empfehlungen zu Nachholimpfungen“ 57

7. Liste der STIKO-Empfehlungen und ihrer wissenschaftlichen Begründungen 58

8. Stichwortverzeichnis 61

9. STIKO-App 64
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Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI)

Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim


Robert Koch-Institut – 2020/2021

1. Vorbemerkung
Die Ständige Impfkommission (STIKO) ist ein im In der Bundesrepublik Deutschland werden Imp-
Infektionsschutzgesetz (IfSG) verankertes unab- fungen und andere Maßnahmen der spezifischen
hängiges Expertengremium aus 12 bis 18 Mit­ Prophylaxe von den obersten Gesundheitsbehörden
gliedern, das vom Bundesministerium für Gesund- der Länder auf Grundlage der STIKO-Empfehlun-
heit (BMG) im Benehmen mit den obersten Landes- gen entsprechend § 20 Abs. 3 IfSG „öffentlich emp-
gesundheitsbehörden alle 3 Jahre berufen wird. Die fohlen“. Die Versorgung bei anerkannten Impfschä-
Kommission gibt in Deutschland gemäß dem IfSG den durch „öffentlich empfohlene“ Impfungen wird
Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimp- durch die Bundesländer sichergestellt.
fungen und anderen Maßnahmen der spezifischen
Prophylaxe übertragbarer Krankheiten. Bei der Er- Es ist eine wichtige ärztliche Aufgabe, für einen aus-
arbeitung von Impfempfehlungen führt die Kom- reichenden Impfschutz bei den betreuten Personen
mission in erster Linie eine medizinisch-epidemio- zu sorgen. Dies bedeutet, die Grundimmunisierung
logische Nutzen-Risiko-Bewertung auf Basis der bei Säuglingen und Kleinkindern frühzeitig zu be-
besten verfügbaren Evidenz durch. ginnen, ohne Verzögerungen durchzuführen und
zeitgerecht (vor dem 2. Geburtstag) abzuschließen.
Dabei berücksichtigt sie auch den Nutzen einer Neben der Grundimmunisierung im Säuglingsalter
Impfung auf Bevölkerungsebene (z. B. zu erwarten- sind auch die Standardimpfungen im Jugend- und
de epidemiologische Effekte einer Impfempfeh- Erwachsenenalter sowie regelmäßige Auffrischimp-
lung). Die STIKO-Empfehlungen dienen den obers- fungen sicherzustellen, um einen lebenslangen um-
ten Landesgesundheitsbehörden als Grundlage für fassenden Impfschutz zu erzielen. Impfungen auf
deren öffentliche Empfehlungen und bilden gemäß Grund individueller und beruflicher Indikationen
Sozial​gesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) die Grund- runden den Impfschutz weiter ab. Grundsätzlich
lage für die Entscheidung des Gemeinsamen Bun- sollte jeder Arztbesuch von Kindern, Jugendlichen
desausschusses (G-BA), ob eine Schutzimpfung als und Erwachsenen dazu genutzt werden, die Impf-
Pflichtleistung von der gesetzlichen Krankenkasse dokumentation zu überprüfen und gegebenenfalls
übernommen wird. den Impfschutz zu vervollständigen.

Impfungen gehören zu den wirksamsten und wich- Die ärztliche Impfleistung umfasst neben der
tigsten medizinischen Maßnahmen. Moderne ­Impfung:
Impfstoffe sind gut verträglich; bleibende gravieren-
de unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) ▶▶ Informationen über den Nutzen der Impfung
werden nur in sehr seltenen Fällen beobachtet. Un- und die zu verhütende Krankheit,
mittelbares Ziel einer Impfung ist es, Geimpfte vor
einer bestimmten Krankheit zu schützen. Bei einer ▶▶ Hinweise auf mögliche unerwünschte Arznei-
bevölkerungsweit hohen Akzeptanz von Impfungen mittelwirkungen und Komplikationen,
können hohe Impfquoten erreicht werden. Dadurch
ist es möglich, bestimmte Krankheitserreger regio- ▶▶ Erheben der Anamnese und der Impfanamnese
nal zu eliminieren und schließlich weltweit auszu- einschließlich der Befragung über das Vorliegen
rotten. Die Eliminierung von Masern, Röteln und möglicher Kontraindikationen,
Poliomyelitis ist erklärtes und erreichbares Ziel
­nationaler und internationaler Gesundheitspolitik.
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▶▶ Feststellen der aktuellen Befindlichkeit zum ­ egen Pneumokokken wird nur bis zum 2. Geburts-
g
Ausschluss akuter Erkrankungen, tag und die Hib-Impfung nur bis zum 5. Geburtstag
nachgeholt.
▶▶ Empfehlungen über Verhaltensmaßnahmen im
Anschluss an die Impfung, Zu den zeitlichen Mindestabständen zwischen zwei
Impfungen sowie zur Möglichkeit der Koadministra­
▶▶ Aufklärung über Beginn und Dauer der tion von Impfstoffen sind die Fachinformationen
Schutzwirkung, der jeweiligen Impfstoffe zu beachten. Für einen
lang dauernden Impfschutz ist es von besonderer
▶▶ Hinweise zu Auffrischimpfungen, Bedeutung, dass bei der Grundimmunisierung der
empfohlene Mindestabstand zwischen vorletzter
▶▶ Dokumentation der Impfung im Impfausweis und letzter Impfung nicht unterschritten wird.
bzw. Ausstellen einer Impfbescheinigung.
Für die Impfprophylaxe genutzt werden sollen ins-
besondere die Früherkennungsuntersuchungen für
2. Impfkalender Säuglinge und Kinder (U1 – U9 sowie evtl. U10 und
Der Impfkalender für Säuglinge, Kinder, Jugendliche U11), die Schuleingangsuntersuchung, Schulunter-
und Erwachsene (s. Tab. 1, S. 6) umfasst Imp­ suchungen, die ­Jugendgesundheitsuntersuchungen
fungen zum Schutz vor Tetanus (T), Diphtherie (D/d), (J1 und evtl. J2), die Untersuchungen nach dem Ju-
Pertussis(aP/ap), Haemophilus influenzae Typ b (Hib), gendarbeitsschutzgesetz und die Vorsorgeuntersu-
Poliomyelitis (IPV), Hepatitis B (HB), ­Herpes zoster chungen im Erwachsenenalter, sowie die Routine­
(HZ), Pneumokokken, Rotaviren (RV), Menin­go­ untersuchungen von Müttern innerhalb der ersten
kokken C (MenC), Masern, Mumps, Röteln (MMR), 6 – 8 Wochen nach der Geburt. Die im Impfkalen-
Varizellen (V) sowie gegen humane Papillomviren der empfohlenen Standardimpfungen sollten auch
(HPV) und Influenza. alle Personen mit chronischen Krankheiten erhal-
ten, sofern keine spezifischen Kontraindikationen
Das empfohlene Impfalter wird in Wochen, Mona- vorliegen.
ten und Jahren angegeben. Beispiel: Impfung im
Alter von 5 – 6 Jahren: d. h. vom 5. Geburtstag bis Wegen der besonderen Gefährdung in der frühen
zum Tag vor dem 7.  Geburtstag. Die Impfungen Kindheit ist es notwendig, empfohlene Impfungen
­sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen. für Säuglinge möglichst frühzeitig durchzuführen
­Soweit Kombinationsimpfstoffe verfügbar sind und und spätestens bis zum Alter von 14 Monaten (bzw.
Empfehlungen der STIKO dem nicht entgegenste- 23 Monaten bei MMR, Varizellen) die Grundimmu-
hen, sollten Kombinationsimpfstoffe verwendet nisierungen zu vollenden. Erfahrungen zeigen, dass
werden, um die Zahl der Injektionen möglichst ge- Impfungen, die später als empfohlen ­begonnen
ring zu halten. Die Überprüfung und ggf. Vervoll- wurden, häufig nicht zeitgerecht fortgesetzt werden.
ständigung des Impfstatus ist in jedem Lebensalter Bis zur Feststellung und Schließung von Impflü-
sinnvoll. Fehlende Impfungen sollten sofort, ent- cken, z. B bei der ­Schuleingangsuntersuchung, ver-
sprechend den Empfehlungen für das jeweilige fügen unzureichend geimpfte Kinder nur über
­Lebensalter, nachgeholt werden. Es ist zu beachten, ­einen mangelhaften Impfschutz. Vor dem Eintritt
dass bestimmte Impfungen nur in einem bestimm- in eine Gemeinschaftseinrichtung, spätestens aber
ten Zeitfenster möglich bzw. empfohlen sind. Die vor dem Schuleintritt, ist für einen altersentspre-
RV-Impfung muss bis zum Alter von 24 bzw. 32 Le- chenden vollständigen Impfschutz Sorge zu tragen.
benswochen abgeschlossen sein. Die Impfung
Tabelle 1:  Impfkalender (Standardimpfungen) für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene; 2020/2021

Impfung Alter in
Alter in Monaten Alter in Jahren
Wochen

6 2 3 4 5 – 10 11 * 12 13 – 14 15 16 – 23 2 – 4 5 – 6 7 – 8 9 – 14 15 – 16 17 ab 18 ab 60

U4 U5 U6 U7 U7a/U8 U9 U10 U11/J1 J2

Rotaviren G1 a G2 (G3)

Tetanus b G1 G2 G3 c A1 A2 A e

Diphtherie b G1 G2 G3 c A1 A2 A e


Epidemiologisches Bulletin

Pertussis b G1 G2 G3 c A1 A2 A3 e

Hib b
G1 G2 G3 c
H. influenzae Typ b
34 | 2020

Poliomyelitis b G1 G2 G3 c A1

Hepatitis B b G1 G2 G3 c

Pneumokokken b G1 G2 G3 c S g

Meningokokken C G1
20. August 2020

Masern G1 G2 S f

Mumps, Röteln G1 G2

Varizellen G1 G2

HPV
G1 d G2 d
Humane Papillomviren

Herpes zoster G1 h G2 h

Influenza S
(jährlich)

Empfohlener Impfzeitpunkt a Erste Impfstoffdosis bereits ab dem Alter von 6 Wochen, je nach verwendetem Impfstoff 2 bzw. 3 Impfstoffdosen im Abstand von mind. 4 Wochen
b Frühgeborene: zusätzliche Impfstoffdosis im Alter von 3 Monaten, d. h. insgesamt 4 Impfstoffdosen
c Mindestabstand zur vorangegangenen Dosis: 6 Monate
Nachholimpfzeitraum für Grund- bzw. Erstim- d Zwei Impfstoffdosen im Abstand von mind. 5 Monaten, bei Nachholimpfung beginnend im Alter > 14 Jahren oder bei einem Impfabstand von < 5 Monaten
munisierung aller noch nicht Geimpften bzw. für ­zwischen 1. und 2. Dosis ist eine 3. Dosis erforderlich
6

Komplettierung einer unvollständigen Impfserie e Td-Auffrischimpfung alle 10 Jahre. Nächste fällige Td-Impfung einmalig als Tdap- bzw. bei entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombinationsimpfung
f Einmalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff für alle nach 1970 geborenen Personen ≥ 18 Jahre mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer
Erläuterungen Impfung in der Kindheit
G Grundimmunisierung g Impfung mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff
(in bis zu 3 Teilimpfungen G1 – G3) h Zweimalige Impfung mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-Totimpfstoff im Abstand von mindestens 2 bis maximal 6 Monaten
A Auffrischimpfung Impfungen können auf mehrere Impftermine verteilt werden. MMR und V können am selben Termin oder in 4-wöchigem Abstand gegeben werden
* 
S Standardimpfung
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3. Standardimpfungen des Erwachsenenalters, Indikations- und Auffrischimpfungen
sowie Impfungen aufgrund eines erhöhten beruflichen Risikos oder einer Reise

3.1 Übersicht
Zur Umsetzung des Impfkalenders für Säuglinge, Wenn die individuell gestellte Impfindikation nicht
Kinder, Jugendliche und Erwachsene (s. Tab. 1, S. Bestandteil einer für Deutschland gültigen Zulas-
6) sollte der Impfstatus regelmäßig ­ überprüft sung und der Fachinformation des entsprechenden
und gegebenenfalls ergänzt werden; dafür sollte je- Impfstoffes ist, erfolgt die Anwendung außerhalb
der Arztbesuch genutzt werden. der zugelassenen Indikation. Das hat im Schadens-
fall Folgen für Haftung und Entschädigung und un-
Neben den Standardimpfungen (S) können auch In- terliegt daher besonderen Dokumentations- und
dikationsimpfungen (I) bei besonderer epidemiolo- Aufklärungspflichten (s. Kapitel 4.1 und Kapitel 4.2).
gischer Situation oder Gefährdung für Kinder, Ju- Versorgungsansprüche wegen eines anerkannten
gendliche und Erwachsene indiziert sein. Bei den Impfschadens gemäß § 60 IfSG werden nur bei den
Impfungen der Kategorien B (Impfungen aufgrund von den Landesgesundheitsbehörden öffentlich
eines beruflichen Risikos) und R (Reiseimpfungen) empfohlenen Impfungen gewährt.
handelt es sich um Sonderfälle einer Indikations-
impfung. Reiseimpfungen können aufgrund der in- Die in Tabelle 2 (s. S. 8 ff.) genannten Impfun-
ternationalen Gesundheitsvorschriften (Gelbfieber-­ gen unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihrer
Impfung) erforderlich sein oder werden zum indi- epidemiologischen Bedeutung als auch hinsichtlich
viduellen Schutz empfohlen. ihrer Kostenübernahme (s. Hinweise zur Kosten-
übernahme von Schutzimpfungen, S. 37); sie
Die Empfehlung über Art und zeitliche Reihenfolge werden in folgende Kategorien eingeteilt:
der Impfungen gehört zu den ärztlichen Aufgaben
und ist im Einzelfall unter Abwägung der Indikati- S 
Standardimpfungen mit allgemeiner Anwen-
on und gegebenenfalls bestehender Kontraindikati- dung (s. a. Impfkalender, Tab. 1, S. 6)
onen zu treffen.
A Auffrischimpfungen

Neben den von der STIKO empfohlenen Imp- I 


Indikationsimpfungen für Risikogruppen bei in-
fungen sind auf der Basis der existierenden Impf- dividuell (nicht beruflich) erhöhtem Exposi-
stoff-Zulassungen weitere „Impfindika­tionen“ tions-, Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko
möglich, auf die nachfolgend nicht einge­gangen sowie zum Schutz Dritter
wird, die aber für einzelne Personen, ihrer indi-
viduellen (gesundheitlichen) S ­ ituation entspre- B Impfungen aufgrund eines erhöhten berufli-
chend, sinnvoll sein können. Es liegt in der ärzt- chen Risikos, z. B. nach Gefährdungsbeurtei-
lichen Verantwortung, Patien­tInnen auf diese lung gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)/
weiteren Schutzmöglichkeiten hin­zuweisen. Bio­stoffverordnung  (BioStoffV)/Verordnung zur
Insofern ist eine fehlende STIKO-­Empfehlung arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
kein Hindernis für eine begründete Impfung. und/oder zum Schutz Dritter im Rahmen der
beruflichen Tätigkeit

R Impfungen aufgrund von Reisen


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Tabelle 2: E
 mpfehlungen zu Standardimpfungen des Erwachsenenalters sowie zu Indikations- und Auffrischimpfungen
für alle Altersgruppen

Impfung Kate­ Indikation Anmerkungen


gegen gorie (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Cholera R Aufenthalte in Infektionsgebieten unter Nach Angaben in den Fachinformationen des Herstellers.
mangelhaften Hygienebedingungen bei aktuellen
Ausbrüchen, z. B. in Flüchtlingslagern oder bei
Naturkatastrophen.
Diphtherie S/A Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger Erwachsene sollen die nächste fällige Diphtherie-
Grundimmunisierung oder wenn die letzte Impfung der Impfung einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung
Grundimmunisierung oder die letzte Auffrischimpfung erhalten, bei entsprechender Indikation als
länger als 10 Jahre zurückliegt. Tdap-IPV-Kombinationsimpfung.
Ungeimpfte oder Personen mit fehlendem Impfnach-
weis sollten 2 Impfungen im Abstand von 4 – 8 Wochen
und eine 3. Impfung 6 – 12 Monate nach der
2. Impfung erhalten.
Eine Reise in ein Infektionsgebiet sollte frühestens nach
der 2. Impfung angetreten werden.
FSME I Personen, die in FSME-Risikogebieten zeckenexponiert Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen mit einem
(Früh- sind. für Erwachsene bzw. Kinder zugelassenen Impfstoff nach
sommer- Angaben in den Fachinformationen.
B Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind
meningo- Entsprechend den Empfehlungen der Gesundheits-
(exponiertes Laborpersonal sowie in Risikogebieten, z. B.
enzephalitis) behörden; Hinweise zu FSME-Risikogebieten –
Forstbeschäftigte und Exponierte in der Landwirtschaft).
und andere veröffentlicht im Epid. Bull. 8/2020 – sind zu beachten.
TBE- R Personen, die in TBE-Risikogebieten außerhalb Saisonalität beachten: April – November
(Tickborne­ Deutschlands zeckenexponiert sind.
encephalitis)- Risikogebiete in Deutschland sind zurzeit:
Subtypen ▶▶ Baden-Württemberg
▶▶ Bayern:
(außer einigen Landkreisen [LK] in Schwaben
und im westlichen Teil Oberbayerns)
▶▶ Hessen:LK Odenwald, LK Bergstraße,
LK Darmstadt-Dieburg, SK Darmstadt,
LK Groß-Gerau, LK Offenbach, SK Offenbach,
LK Main-Kinzig-Kreis, LK Marburg-Biedenkopf
Nach Aktualisierung der FSME- ▶▶ Niedersachsen: LK Emsland
Risikogebiete sind 2021 folgende
▶▶ Rheinland-Pfalz: LK Birkenfeld
5 Kreise neu hinzugekommen:
Bayern: LK Dillingen a.d. Donau ▶▶ Saarland: LK Saarpfalz-Kreis
Hessen: LK Fulda ▶▶ Sachsen:LK Vogtlandkreis, LK Erzgebirgskreis,
Sachsen: LK Mittelsachsen LK Bautzen, LK Zwickau;
Sachsen-Anhalt: SK Dessau-Roßlau LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
Thüringen: LK Weimarer Land 2020 neu hinzugekommen: SK Dresden, LK Meißen
FSME-Risikogebiete (Stand Januar 2021) ▶▶ Thüringen: SK Jena, SK Gera, LK Saale-Holz-
veröffentlicht im Epid Bull 9/2021. land-Kreis, LK Saale-Orla-Kreis,
LK Saalfeld-Rudolstadt, LK Hildburghausen,
LK Sonneberg, LK Greiz, LK Ilm-Kreis,
LK Schmalkalden-Meiningen, SK Suhl

Gelbfieber R Vor Aufenthalt in Gelbfieber-Endemiegebieten im Einmalige Impfung in einer von den Gesundheits-
tropischen Afrika und in Südamerika (Hinweise der behörden zugelassenen Gelbfieber-Impfstelle. Es gibt
WHO zu Gelbfieber-Infektionsgebieten beachten) seltene Konstellationen, bei denen aus medizinischer
Sicht eine Auffrischimpfung zu empfehlen ist
oder (s. Kapitel 3.2).
Das Internationale Zertifikat für eine Gelbfieber-Impfung
entsprechend den Anforderungen eines Gelbfieber-​ ist lebenslang gültig. Dies betrifft bereits ausgestellte
Impfnachweises der Ziel- oder Transitländer. und neue Gelbfieber-Impfzertifikate. Laut WHO dürfen
Einreisende seit 2016 mit einem Gelbfieber-Impf-
zertifikat nicht mehr mit der Begründung, dass dieses
nach 10 Jahren abgelaufen sei, abgewiesen werden.
Eine Liste der Länder mit der Gefahr einer
Gelbfieber-Übertragung und der Länder, die bei Einreise
eine Gelbfieber-Impfung erfordern, stellt die WHO zur
Verfügung
(www.who.int/publications/m/item/vaccination-require-
ments-and-recommendations-for-international-tra-
velers-and-malaria-situation-per-country-2020-edition;
www.who.int/ith/ITH_Annex_I.pdf?ua=1)
B bei Tätigkeiten mit Kontakt zu Gelbfieber-Virus Einmalige Impfung in einer von den Gesundheits-
(z. B. in Forschungseinrichtungen oder Laboratorien). behörden zugelassenen Gelbfieber-Impfstelle.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 9

(Fortsetzung Tabelle 2)

Impfung Kate­ Indikation Anmerkungen


gegen gorie (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Haemophilus I Personen mit anatomischer oder funktioneller Asplenie Einmalige Impfung. Ob Wiederholungsimpfungen
influenzae (z. B. Sichelzellanämie). sinnvoll sind, kann aufgrund unzureichender Datenlage
Typ b (Hib) derzeit nicht beurteilt werden.
Hepatitis A I ▶▶ Personen mit einem Sexualverhalten mit erhöhtem Grundimmunisierung und Auffrischimpfung nach
(HA) Expositionsrisiko; z. B. Männer, die Sex mit Männern Angaben in den Fachinformationen.
haben (MSM). Die serologische Vortestung auf Anti-HAV ist nur bei
▶▶ Personen mit häufiger Übertragung von Blutbestand- Personen sinnvoll, die länger in Endemiegebieten
teilen, z. B. i. v. Drogenkonsumierende, Hämophile, gelebt haben oder in Familien aus Endemiegebieten
oder mit Krankheiten der Leber/mit Leberbeteiligung. aufgewachsen sind oder vor 1950 geboren wurden.

▶▶ BewohnerInnen von psychiatrischen Einrichtungen


oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Men-
schen mit Verhaltensstörung oder Zerebralschädigung.
B Personen mit erhöhtem beruflichen Expositionsrisiko,
einschließlich Auszubildender, PraktikantInnen,
Studierender und ehrenamtlich Tätiger mit vergleichba-
rem Expositionsrisiko in folgenden Bereichen:
▶▶ Gesundheitsdienst (inkl. Sanitäts- und Rettungs-
dienst, Küche, Labor, technischer und Reinigungs-
dienst, psychiatrische und Fürsorgeeinrichtungen).
▶▶ Personen mit Abwasserkontakt, z. B. in Kanalisations-
einrichtungen und Klärwerken Beschäftigte.
▶▶ Tätigkeit (inkl. Küche und Reinigung) in Kindertages-
stätten, Kinderheimen, Behindertenwerkstätten,
Asylbewerberheimen u. a.
R Reisende in Regionen mit hoher Hepatitis-A-Inzidenz.
Hepatitis B I 1. Personen, bei denen wegen einer vorbestehenden Für die Indikationsgruppen 1 – 4 gilt:
(HB) oder zu erwartenden Immundefizienz bzw. Eine routinemäßige serologische Testung zum
-suppression oder wegen einer vorbestehenden Ausschluss einer vorbestehenden HBV-Infektion vor
Erkrankung ein schwerer Verlauf einer Hepatitis-B- Impfung gegen Hepatitis B ist nicht notwendig. Eine
Erkrankung zu erwarten ist, z. B. HIV-Positive, Impfung von bereits HBV-infizierten Personen kann
Hepatitis-C-Positive, DialysepatientInnen.* gefahrlos durchgeführt werden, ist allerdings wirkungs-
2. Personen mit einem erhöhten nichtberuflichen los. Eine serologische Testung kann in bestimmten
Expositionsrisiko, z. B. Kontakt zu HBsAg-Trägern in Situationen sinnvoll sein (z. B. aus Kostengründen, zur
Familie/Wohngemeinschaft, Sexualverhalten mit Vermeidung unnötiger Impfungen, bei hohem
hohem Infektionsrisiko, i. v. Drogenkonsumierende, anamnestischem Expositionsrisiko wie beispielsweise
Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene, ggf. bei HBsAg-positivem Sexualpartner).* *
PatientInnen psychiatrischer Einrichtungen.* Zur Kontrolle des Impferfolgs sollte 4 – 8 Wochen nach
B 3. Personen mit erhöhtem beruflichen Expositionsrisiko, der 3. Impfstoffdosis Anti-HBs quantitativ bestimmt
einschließlich Auszubildender, PraktikantInnen, werden (erfolgreiche Impfung: Anti-HBs ≥ 100 IE/l).* * *
Studierender und ehrenamtlich Tätiger mit vergleich- Bei „Low-Respondern“ (Anti-HBs 10 – 99 IE/l) wird eine
barem Expositionsrisiko, z. B. Personal in medizini- sofortige weitere Impfstoffdosis mit erneuter
schen Einrichtungen (einschließlich Labor- und Anti-HBs-Kontrolle nach weiteren 4 – 8 Wochen
Reinigungspersonal), Sanitäts- und Rettungsdienst, empfohlen. Falls Anti-HBs immer noch < 100 IE/l, bis zu
betriebliche ErsthelferInnen, PolizistInnen, Personal 2 weitere Impfstoffdosen jeweils mit anschließender
von Einrichtungen, in denen eine erhöhte Prävalenz Anti-HBs-Kontrolle nach 4 – 8 Wochen. Welches
von Hepatitis-B-Infizierten zu erwarten ist Vorgehen sinnvoll ist, falls nach insgesamt 6 Impfstoff-
(z. B. Gefängnisse, Asylbewerberheime, Einrichtungen dosen weiterhin Anti-HBs < 100 IE/l, wird kontrovers
für Menschen mit Behinderungen).*, * * diskutiert; s. Erläuterungen im Epid. Bull. 36/37 2013.4
R 4. Reiseindikation: individuelle Gefährdungsbeurteilung Bei „Non-Respondern“ (Anti-HBs < 10 IE/l):
erforderlich.* * * Bestimmung von HBsAg und Anti-HBc zum Ausschluss
einer bestehenden chronischen HBV-Infektion. Falls
beide Parameter negativ sind, weiteres Vorgehen wie bei
„Low-Respondern“ (s. o.).
Nach erfolgreicher Impfung, d. h. Anti-HBs ≥ 100 IE/l,
sind im Allgemeinen keine weiteren Auffrischimpfungen
erforderlich. Ausnahme: PatientInnen mit humoraler
Immundefizienz (jährliche Anti-HBs-Kontrolle;
*
Die

angeführten Personengruppen haben exemplarischen Auffrischimpfung, wenn Anti-HBs < 100 IE/l), ggf.
Charakter und stellen keine abschließende Indikationsliste dar.
Die Impfindikation ist auf Grundlage einer Einschätzung des
Personen mit besonders hohem individuellen
tatsächlichen Expositionsrisikos zu stellen Expositionsrisiko­(Anti-HBs-Kontrolle nach 10 Jahren;
(s. a. Epid. Bull. 36/37 2013). 5 Auffrischimpfung, wenn Anti-HBs < 100 IE/l).
* *
Im Bereich der Arbeitsmedizin sind die Empfehlungen der Bei im Säuglingsalter gegen Hepatitis B geimpften
ArbMedVV zu beachten.
Personen mit neu aufgetretenem Hepatitis-B-Risiko
* * *
 ei zur Gruppe 4 (Reiseindikation) gehörenden Personen ist
B
individuell abzuwägen, ob angesichts des konkreten Expositions-
(Indikationen 1 – 4) und unbekanntem Anti-HBs sollte
risikos und des individuellen Risikos eines Impfversagens eine eine weitere Impfstoffdosis gegeben werden mit
Impferfolgskontrolle erforderlich erscheint. anschließender serologischer Kontrolle (s. o.).
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 10

(Fortsetzung Tabelle 2)

Impfung Kate­ Indikation Anmerkungen


gegen gorie (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Herpes S Personen ≥ 60 Jahre Zweimalige Impfung mit dem adjuvantierten


 zoster (HZ) Herpes-zoster-Totimpfstoff im Abstand von
I Personen ≥ 50 Jahre bei erhöhter gesundheitlicher
mindestens 2 bis maximal 6 Monaten.
Gefährdung infolge einer Grundkrankheit, wie z. B.:
▶▶ Angeborener
oder erworbener Immundefizienz
oder Immunsuppression;
▶▶ HIV-Infektion;
▶▶ Rheumatoider Arthritis;
▶▶ Systemischem Lupus erythematodes;
▶▶ Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen;
▶▶ Chronischobstruktiven Lungenerkrankungen
oder Asthma bronchiale;
▶▶ Chronischer Niereninsuffizienz;
▶▶ Diabetes mellitus.
Die Impfung mit dem Herpes-zoster-Lebendimpfstoff s. a. Kapitel 3.2 (s. S. 14)
wird nicht als Standardimpfung empfohlen.

Humane s. S. 18
Papillom-
viren (HPV)

Influenza S Personen ≥ 60 Jahre Jährliche Impfung im Herbst mit einem inaktivierten


quadrivalenten Hochdosis-Impfstoff mit aktueller von
der WHO empfohlener Antigenkombination.
I Alle Schwangeren ab 2. Trimenon, bei erhöhter Impfung mit einem inaktivierten quadrivalenten
gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlener
Grundleidens ab 1. Trimenon. Antigenkombination.
I Personen ab 6 Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Jährliche Impfung im Herbst mit einem inaktivierten
Gefährdung infolge eines Grundleidens, wie z. B.: quadrivalenten Impfstoff mit aktueller von der WHO
▶▶ chronische Krankheiten der Atmungsorgane empfohlener Antigenkombination.
(inklusive Asthma und COPD); Kinder und Jugendliche im Alter von 2 bis 17 Jahren
▶▶ chronische
Herz-Kreislauf-, Leber- und können alternativ mit einem attenuierten Influenza-
Nierenkrankheiten; Lebendimpfstoff (LAIV) geimpft werden, sofern keine
Kontraindikation besteht (s. Fachinformation). Bei
▶▶ Diabetesmellitus und andere Hindernissen für eine Injektion (z. B. Spritzenphobie,
Stoffwechselkrankheiten; Gerinnungsstörungen) sollte präferenziell LAIV
▶▶ chronischeneurologische Krankheiten, z. B. Multiple verwendet werden.
Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben; Für Personen ab dem Alter ≥ 60 Jahren werden
▶▶ Personen
mit angeborener oder erworbener inaktivierte quadrivalente Hochdosis-Impfstoffe
Immundefizienz bzw. Immunsuppression; empfohlen.
▶▶ HIV-Infektion.

BewohnerInnen von Alters- oder Pflegeheimen.


Personen, die als mögliche Infektionsquelle im selben Letzte Änderung am 3.3.2021
Haushalt lebende oder von ihnen betreute Risiko- Wissenschaftliche Begründung
personen gefährden können. Als Risikopersonen gelten veröffentlicht im Epid Bull 1/2021.
hierbei Personen mit Grundkrankheiten, bei denen es
Hinweise auf eine deutlich reduzierte Wirksamkeit der
Influenza-Impfung gibt, wie z. B. Personen mit
dialy­se­pflichtiger Niereninsuffizienz oder Personen mit
angeborener oder erworbener Immundefizienz bzw.
-suppression.
I Wenn eine schwere Epidemie aufgrund von Erfahrungen Entsprechend den Empfehlungen der Gesundheitsbe-
in anderen Ländern oder nach deutlichem Antigendrift hörden (Pandemiepläne der Bundesländer: www.rki.de/
bzw. einem Antigenshift zu erwarten ist und der pandemieplanung > Pandemiepläne der Bundesländer.
Impfstoff die neue Variante enthält.
B Personen mit erhöhter Gefährdung, z. B. medizinisches Jährliche Impfung im Herbst mit einem inaktivierten
Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem quadrivalenten Impfstoff mit aktueller von der WHO
Publikumsverkehr sowie Personen, die als mögliche empfohlener Antigenkombination.
Infektionsquelle für von ihnen betreute Risikopersonen Für Personen ab dem Alter ≥ 60 Jahren werden
fungieren können. inaktivierte quadrivalente Hochdosis-Impfstoffe
Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten empfohlen.
Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln.*
*
Eine Impfung mit saisonalen humanen Influenza-Impfstoffen
erfolgt nicht primär zum Schutz vor Infektionen durch den Erreger
der aviären Influenza, sie kann jedoch Doppelinfektionen mit den
aktuell zirkulierenden Influenzaviren verhindern (s. a. TRBA 608
des ABAS unter https://www.baua.de/DE/Angebote/
Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRBA/TRBA.html).
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 11

(Fortsetzung Tabelle 2)

Impfung Kate­ Indikation Anmerkungen


gegen gorie (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Influenza R/I Für Reisende ab 60 Jahren und die unter I (Indikations- Impfung mit einem quadrivalenten Impfstoff mit
(Fortsetzung) impfung) genannten Personengruppen, die nicht über aktu­eller von der WHO empfohlener, Antigen-
einen aktuellen Impfschutz verfügen, ist die Impfung kombination.
generell empfehlenswert, für andere Reisende ist eine Für Personen ab dem Alter ≥ 60 Jahren werden
Influenza-Impfung nach Risikoabwägung entsprechend inaktivierte quadrivalente Hochdosis-Impfstoffe
Exposition und Impfstoffverfügbarkeit sinnvoll. empfohlen.
Japanische R Aufenthalte in Endemiegebieten (Südost-Asien, weite Grundimmunisierung mit 2 Dosen gemäß Fachinforma-
Enzephalitis Teile von Indien, Korea, Japan, China, West-Pazifik, tion; eine Auffrischungsdosis vor erneuter Exposition,
(JEV) Nordaustralien) während der Übertragungszeit, frühestens 12 Monate nach der Grundimmunisierung
insbesondere bei:
▶▶ Reisen in aktuelle Ausbruchsgebiete
▶▶ Langzeitaufenthalt ( > 4 Wochen)
▶▶ wiederholten Kurzzeitaufenthalten
▶▶ voraussehbarem Aufenthalt in der Nähe von Reis-
feldern und Schweinezucht (nicht auf ländliche
Gebiete begrenzt)

B Laborpersonal, das gezielt mit vermehrungsfähigen


JEV-Wildtypstämmen arbeitet
Masern S Nach 1970 geborene Personen ≥ 18 Jahre mit unklarem Einmalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff.
Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfung
in der Kindheit.
I Bei bevorstehender Aufnahme bzw. bei Besuch einer Zweimalige Impfung mit einem MMR/V-*Impfstoff.
Gemeinschaftseinrichtung (z. B. Kita): Sofern die Erstimpfung im Alter von 9 – 10 Monaten
▶▶ Säuglinge ab dem Alter von 9 Monaten. erfolgt, soll die 2. MMR/V-Impfung bereits zu Beginn
des 2. Lebensjahres gegeben werden.
I Im Rahmen eines Ausbruchs: Einmalige MMR(V)* *-Impfung
▶▶ nach 1970 Geborene ab dem Alter von 9 Monaten mit
Ggf. Vervollständigung entsprechend den für die
unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur Alters­gruppe geltenden Empfehlungen.
einer Impfung in der Kindheit,
Sofern die Erstimpfung im Alter von 9 – 10 Monaten
▶▶ ausnahmsweise 6 – 8 Monate alte Säuglinge erfolgt, soll die 2. MMR/V*-Impfung bereits zu Beginn
nach individueller Risiko-Nutzen-Abwägung des 2. Lebensjahres gegeben werden.
(Off-label-use).
Bei Erstimpfung im Alter von 6 – 8 Monaten sollen eine
2. und 3. MMR/V*-Impfung im Alter von 11  und 15
*
 MR/V = MMRV oder MMR in Ko-Administration mit
M
VZV-Impfstoff Monaten erfolgen.
**
MMR(V) = MMR mit oder ohne Ko-Administration von
VZV-Impfung

Masern, B Nach 1970 geborene Personen (einschließlich Insgesamt 2-malige Impfung mit einem MMR-Impfstoff
Mumps, Auszubildende, PraktikantInnen, Studierende und (bei gleichzeitiger Indikation zur Varizellen-Impfung ggf.
Röteln ehrenamtlich Tätige) in folgenden Tätigkeitsbereichen: MMRV-Kombinationsimpfstoff verwenden).
(MMR) ▶▶ Medizinische Einrichtungen (gemäß § 23 (3) Satz 1 Die Anzahl der notwendigen Impfstoffdosen richtet sich
IfSG) inklusive Einrichtungen sonstiger human- nach der Komponente mit den wenigsten dokumen-
medizinischer Heilberufe tierten Impfungen.
▶▶ Tätigkeiten mit Kontakt zu potenziell infektiösem Bei Frauen ist für jede der drei Impfstoffkomponenten
Material (M-M-R) eine 2-malige Impfung erforderlich.
▶▶ Einrichtungen der Pflege (gemäß § 71 SGB XI) Bei Männern ist für die Masern- und Mumps-Impfstoff-
komponente eine 2-malige Impfung erforderlich, zum
▶▶ Gemeinschaftseinrichtungen (gemäß § 33 IfSG) Schutz gegen Röteln reicht eine 1-malige Impfung aus.
▶▶ Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung Es existieren keine Sicherheitsbedenken gegen weitere
von AsylbewerberInnen, Ausreisepflichtigen, Flücht- MMR-Impfung(en) bei bestehender Immunität gegen
lingen und Spätaussiedlern einzelne Komponenten.
▶▶ Fach-, Berufs- und Hochschulen
Meningo- I Gesundheitlich gefährdete Personen mit angeborener Impfung mit Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff
kokken- oder erworbener Immundefizienz bzw. -suppression, und einem MenB-Impfstoff.
Infektionen insbesondere: Nähere Erläuterungen zur Anwendung (s. S. 20 f).
▶▶ Komplement-/Properdindefizienz,

▶▶ Therapie mit C5-Komplement-Inhibitoren


(z.B. Eculizumab oder Ravulizumab),
▶▶ Hypogammaglobulinämie,

▶▶ anatomischer oder funktioneller Asplenie


(z. B. Sichelzellanämie).
I Bei gehäuftem Auftreten oder Ausbrüchen auf Entsprechend den Empfehlungen der
Empfehlung der Gesundheitsbehörden (s. S. 41). Gesundheitsbehörden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 12

(Fortsetzung Tabelle 2)

Impfung Kate­ Indikation Anmerkungen


gegen gorie (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Meningo- B Gefährdetes Laborpersonal (bei Arbeiten mit dem Impfung mit Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff
kokken- Risiko eines N. meningitidis-haltigen Aerosols). und einem MenB-Impfstoff (s. S. 20 f).
Infektionen
R Reisende in Länder mit epidemischem Vorkommen, Impfung mit Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff
(Fortsetzung)
besonders bei engem Kontakt zur einheimischen (s. S. 20).
Bevölkerung (z. B. Entwicklungshelfer-
Innen, KatastrophenhelferInnen, medizinisches
Personal, bei Langzeitaufenthalt); dies gilt auch für
Aufenthalte in Regionen mit Krankheitsausbrüchen und
Impfempfehlung für die einheimische Bevölkerung
(WHO- und Länderhinweise beachten).
R Vor Pilgerreise nach Mekka (Hadj, Umrah). Impfung mit Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff
(s. S. 20; Einreisebestimmungen beachten).
R SchülerInnen/Studierende vor Langzeitaufenthalten in Entsprechend den Empfehlungen der Zielländer.
Ländern mit empfohlener allgemeiner Impfung für
Jugendliche oder selektiver Impfung für SchülerInnen/
Studierende.
Mumps B Siehe unter Masern, Mumps, Röteln (s. S. 11)

Pertussis S/A Erwachsene sollen die nächste fällige Td-Impfung Tdap-Kombinationsimpfstoff, bei entsprechender
einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung erhalten. Indikation Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff (zu
verfügbaren Impfstoffen s. a. Tab. 10, S. 54 f.).
I Schwangere Frauen zu Beginn des 3. Trimenons Verwendung eines Tdap-Kombinationsimpfstoffs
(ab der 28. Schwangerschaftswoche). (Covaxis, Boostrix), bei entsprechender Indikation
Bei erhöhter Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt als Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff (Repevax,
sollte die Impfung ins 2. Trimenon vorgezogen werden. Boostrix-Polio).
Impfung unabhängig vom Abstand zu einer vorher
verabreichten Pertussis-Impfung und in jeder
Schwangerschaft.
I Folgende Personen sollen alle 10 Jahre 1 Dosis Tdap-Kombinationsimpfstoff, bei entsprechender
Pertussis-Impfstoff erhalten: Indikation Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff (zu
verfügbaren Impfstoffen s. a. Tab. 10, S. 54 f.).
▶▶ enge Haushaltskontaktpersonen (z.B. Eltern*,
Geschwister, Freunde) und Betreuende (z. B. Tages-
mütter, Babysitter, ggf. Großeltern) eines Neugebo-
renen nach Möglichkeit spätestens 4 Wochen vor
dem voraussichtlichen Entbindungstermin.

*
Ist die in der Schwangerschaft empfohlene Impfung nicht erfolgt,
sollte die Mutter bevorzugt in den ersten Tagen nach der Geburt
geimpft werden.

B Personal im Gesundheitsdienst sowie in Gemeinschafts-


einrichtungen soll alle 10 Jahre 1 Dosis Pertussis-Impf-
stoff erhalten.

Pneumo- S Personen ≥ 60 Jahre. Impfung mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff


kokken- (PPSV23), ggf. Wiederholungsimpfungen mit PPSV23
Krankheiten im Abstand von mindestens 6 Jahren nach individueller
Indikationsstellung Kapitel 3.2, s. S. 14.
I Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter
gesundheitlicher Gefährdung infolge einer
Grundkrankheit:
1. Angeborene oder erworbene Immundefekte bzw. 1. Sequenzielle Impfung mit dem 13-valenten
Immunsuppression, wie z. B.: Konjugat-Impfstoff (PCV13), gefolgt von PPSV23 nach
▶▶ T-Zell-Defizienz bzw. gestörte T-Zell-Funktion 6 – 12 Monaten, wobei PPSV23 erst ab dem Alter von
▶▶ B-Zell- oder Antikörperdefizienz (z. B. Hypogamma- 2 Jahren gegeben werden soll.* 
globulinämie)
▶▶ Defizienz oder Funktionsstörung von myeloischen
Zellen (z. B. Neutropenie, chronische Granulomatose,
Leukozytenadhäsionsdefekte, Signaltransduktions-
defekte)
▶▶ Komplement- oder Properdindefizienz
▶▶ funktioneller Hyposplenismus (z. B. bei Sichezell-
anämie), Splenektomie* oder anatomische Asplenie
▶▶ neoplastische Krankheiten
▶▶ HIV-Infektion
▶▶ nach Knochenmarktransplantation
▶▶ immunsuppressive Therapie* (z. B. wegen Organ-
transplantation oder Autoimmunerkrankung)
▶▶ Immundefizienz bei chronischem Nierenversagen,
nephrotischem Syndrom oder chronischer Leber-
insuffizienz
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 13

(Fortsetzung Tabelle 2)

Impfung Kate­ Indikation Anmerkungen


gegen gorie (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Pneumo- I 2. Sonstige chronische Krankheiten, wie z. B.: 2. Personen ab dem Alter von 16 Jahren erhalten eine
kokken- ▶▶ chronische Erkrankungen des Herzens oder der Impfung mit PPSV23. Personen im Alter von 2 – 15
Krankheiten Atmungsorgane (z. B. Asthma, Lungenemphysem, Jahren erhalten eine sequenzielle Impfung mit PCV13,
(Fortsetzung) COPD) gefolgt von PPSV23 nach 6 – 12 Monaten.* *
▶▶ Stoffwechselkrankheiten, z. B. mit oralen Medikamen-
ten oder Insulin-behandeltem Diabetes mellitus
▶▶ neurologische Krankheiten, z. B. Zerebralparesen oder
Anfallsleiden
3. Anatomische und fremdkörperassoziierte Risiken für 3. Sequenzielle Impfung mit PCV13, gefolgt von PPSV23
Pneumokokken-Meningitis, wie z. B.: nach 6 – 12 Monaten, wobei PPSV23 erst ab dem Alter
▶▶ Liquorfistel von 2 Jahren gegeben werden soll.* *
▶▶ Cochlea-Implantat*
  Aufgrund der begrenzten Dauer des Impfschutzes soll die
**

*
Impfung möglichst vor der Intervention Impfung mit PPSV23 in allen drei Risikogruppen mit einem
Mindestabstand von 6 Jahren wiederholt werden.
 inweise zur praktischen Umsetzung s. S. 14
H
„Anmerkungen zu einzelnen Impfungen“

B Berufliche Tätigkeiten wie Schweißen und Trennen von Impfung mit PPSV23 und Wiederholungsimpfung mit
Metallen, die zu einer Exposition gegenüber Metall- PPSV23 mit einem Mindestabstand von 6 Jahren,
rauchen einschließlich metalloxidischen Schweiß- solange die Exposition andauert.
rauchen führen.
Poliomyelitis S/A Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger Als vollständig geimpft gelten Personen, die eine
Grundimmunisierung. komplette Grundimmunisierung und eine einmalige
Alle Personen ohne einmalige Auffrischimpfung. Auffrischimpfung erhalten haben.
Ausstehende Impfungen sollen entsprechend den
Angaben in den Fachinformationen mit IPV nachgeholt
werden.
Darüber hinaus wird eine weitere routinemäßige
Auffrischimpfung für Erwachsene in Deutschland
nicht empfohlen.
I Für folgende Personengruppen ist eine Impfung indiziert: Personen ohne Nachweis einer Grundimmunisierung
sollten vor Reisebeginn wenigstens 2 IPV-Impfstoff-
▶▶ Reisende in Regionen mit Infektionsrisiko durch dosen in 4-wöchigem Abstand erhalten.
Wild-Poliovirusstämme (WPV) oder durch einen mu-
tierten Impfvirusstamm (circulating vaccine-derived po- Ausstehende oder nicht dokumentierte Impfungen der
liovirus [cVDPV]) (die aktuelle epidemische Situation Grundimmunisierung sollen mit IPV nachgeholt werden.
ist zu beachten, insbesondere die Meldungen der Wenn bei abgeschlossener Grundimmunisierung die
WHO), letzte Impfung > 10 Jahre zurückliegt, sollte eine
einmalige Auffrischimpfung erfolgen.
▶▶ AussiedlerInnen, Flüchtlinge und Asylsuchende, die
in Gemeinschaftsunterkünften leben, bei der Einreise Für bestimmte Länder hat die WHO verschärfte,
aus Gebieten mit Infektionsrisiko, s. S. 35 ff. temporäre Empfehlungen ausgesprochen, hier können
kürzere Impfabstände gelten (Informationen der WHO:
https://www.who.int/news-room/detail/08-04-2020-statement-
of-the-twenty-fourth-ihr-emergency-committee).
B ▶▶ Personal der oben genannten Einrichtungen; Ausstehende Impfungen der Grundimmunisierung
sollen mit IPV nachgeholt werden. Bei Personen mit
▶▶ medizinisches Personal, das engen Kontakt zu weiter bestehendem Expositionsrisiko sollten
Erkrankten haben kann; Auffrischimpfungen alle 10 Jahre erfolgen.
▶▶ Personal in Laboren mit Infektionsrisiko.
Röteln I Ungeimpfte Frauen oder Frauen mit unklarem Zweimalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff.
Impfstatus im gebärfähigen Alter.40
Einmal geimpfte Frauen im gebärfähigen Alter.40 Einmalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff.

B Siehe unter Masern, Mumps, Röteln (s. S. 11)

Tetanus S/A Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger Erwachsene sollen die nächste fällige Tetanus-Impfung
Grundimmunisierung, wenn die letzte Impfung der einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung erhalten, bei
Grundimmunisierung oder die letzte Auffrischimpfung entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombinations-
länger als 10 Jahre zurückliegt. impfung.
Eine begonnene Grundimmunisierung wird vervoll-
ständigt, Auffrischimpfungen in 10-jährigem Intervall.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 14

(Fortsetzung Tabelle 2)

Impfung Kate­- Indikation Anmerkungen


gegen gorie (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)
Tollwut B ▶▶ TierärztInnen,
JägerInnen, Forstpersonal u. a. Dosierungsschema nach Angaben in den
Personen mit Umgang mit Tieren in Gebieten mit Fachinformationen.
neu aufgetretener Wildtiertollwut; Personen mit weiter bestehendem Expositionsrisiko
▶▶ Personenmit beruflichem oder sonstigem engen sollten regelmäßig eine Auffrischimpfung entsprechend
Kontakt zu Fledermäusen; den Angaben in den Fachinformationen erhalten.
Mit Tollwutvirus arbeitendes Laborpersonal sollte
▶▶ Laborpersonal mit Expositionsrisiko gegenüber halbjährlich auf neutralisierende Antikörper untersucht
Tollwutviren. werden. Eine Auffrischimpfung ist bei < 0,5 IE/ml Serum
R Reisende in Regionen mit Tollwutgefahr und einer indiziert.
erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Tollwutexposition
(z. B. durch Kontakt mit streunenden Hunden
oder Fledermäusen).
Tuberkulose Die Impfung mit einem BCG-Impfstoff wird nicht
empfohlen.

Typhus R Bei Reisen in Endemiegebiete mit Aufenthalt unter Nach Angaben in den Fachinformationen.
schlechten hygienischen Bedingungen.

Varizellen I ▶▶ Seronegative Frauen mit Kinderwunsch, Zweimalige Impfung.


▶▶ SeronegativePatientInnen vor geplanter immun- Anwendungshinweise für Impfungen seronegativer
suppressiver Therapie oder Organtransplantation, PatientInnen unter immunsuppressiver Therapie sind
hier verfügbar: www.rki.de/immundefizienz.
▶▶ Empfängliche Personen* mit schwerer Neurodermitis,
▶▶ Empfängliche
________________________________
Personen* mit engem Kontakt zu den *
„Empfängliche Personen“ bedeutet: keine Impfung und
beiden zuvor Genannten. anamnestisch keine Varizellen oder bei serologischer Testung kein
Nachweis spezifischer Antikörper.

B Seronegative Personen (einschließlich Auszubildende, Insgesamt 2-malige Impfung (bei gleichzeitiger


PraktikantInnen, Studierende und ehrenamtlich Tätige) Indikation zur MMR-Impfung ggf. MMRV-Kombinations­
in folgenden Tätigkeitsbereichen: impfstoff verwenden
▶▶ Medizinische Einrichtungen (gemäß § 23 (3) Satz 1
IfSG) inklusive Einrichtungen sonstiger human-
medizinischer Heilberufe
▶▶ Tätigkeiten mit Kontakt zu potenziell infektiösem
Material
▶▶ Einrichtungen der Pflege (gemäß § 71 SGB XI)
▶▶ Gemeinschaftseinrichtungen (gemäß § 33 IfSG)
▶▶ Einrichtungenzur gemeinschaftlichen Unterbringung
von AsylbewerberInnen, Ausreisepflichtigen, Flücht-
lingen und Spätaussiedlern

3.2 Anmerkungen zu einzelnen Impfungen


Im vorliegenden Kapitel werden Immunisierungs- Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen haben
schemata und Anwendungshinweise zu einzelnen Anspruch auf Leistungen für Schutzimpfungen, die
Impfungen besprochen. Für Nachholimpfungen in der Schutzimpfungs-Richtlinie des G-BA aufge-
und irreguläre Impfschemata wird auf die altersent- führt sind. Im Kapitel 4.12 finden sich weitere Informa­
sprechenden Tabellen 9 A – E im Kapitel 6.10 ver- tionen hierzu und zur Kostenübernahme von Imp-
wiesen. Handelsnamen und Anwendungsalter für fungen mit beruflicher Indikation. Bei Reiseimp-
die empfohlenen Impfstoffe sind in Tabelle 10 im fungen muss die Kostenübernahme individuell ge-
Kapitel 6.10 zusammengefasst. Grundsätzlich ist klärt werden, ggf. muss der Patient selbst zahlen.
verbindlich, was in der Fachinformation des einzel-
nen Impfstoffs steht. Weitere hilfreiche Anwen- Cholera
dungshinweise zu einzelnen Impfungen finden In Deutschland gibt es derzeit einen zugelassenen
sich in den „häufig gestellten Fragen“ (FAQs) auf Cholera-Impfstoff (Dukoral). Hierbei handelt es
der Webseite des RKI unter www.rki.de/impfun- sich um eine Schluckimpfung mit abgetöteten
gen-a-z. Informationen zu Lieferengpässen und An- Cholera­-Erregern. Die Grundimmunisierung ge-
gaben zu Alternativimpfstoffen erhalten Sie auf den gen Cholera besteht bei Erwachsenen und Kindern
Webseiten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und der ab 6 Jahren aus 2 Impfstoffdosen, die im Abstand
STIKO. von mindestens 1 bis maximal 6 Wochen verab­
reicht werden. Kinder von 2 bis unter 6 Jahren
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 15

sollten 3 Dosen erhalten. Die Impfung sollte späte- hier der Grundsatz „jede Impfung zählt“: Eine ein-
stens 1 Woche vor der Einreise in ein Endemiege- mal begonnene Grundimmunisierung kann zu je-
biet abgeschlossen sein. der Zeit fortgesetzt werden und es muss KEINE er-
neute Grundimmunisierung erfolgen. Auch wenn
Diphtherie eine Auffrischimpfung erst Jahre nach dem emp-
Für die Grundimmunisierung von Reifgeborenen fohlenen Impfzeitpunkt verabreicht wird, bietet sie
sind im Säuglingsalter drei Impfstoffdosen im Alter je nach Lebensalter wieder 3 – 5 Jahre Schutz (siehe
von 2, 4 und 11 Monaten empfohlen (siehe Epid. Fach­informationen). Beide Impfstoffe schützen so-
Bull. 26/2020) 2. Es ist sinnvoll diese Impfungen wohl vor dem zentraleuropäischen FSME-­Virus-
mit einem Kombinationsimpfstoff (z. B. DTaP-IPV- Subtyp als auch vor den fernöstlichen und sibiri-
Hib-HepB) durchzuführen, der gleichzeitig gegen schen FSME-Virus-Subtypen.
Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung,
Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis  B Gelbfieber
schützt. Für Frühgeborene (Geburt vor der vollende- Die Gelbfieber-Impfung mit dem attenuierten
ten 37. Schwangerschaftswoche) sind 4 Impfstoff­ Lebendimpfstoff (Stamaril) wird bei Reisen in
dosen im chronologischen Alter von 2, 3, 4 und Gelbfieber-Endemiegebiete empfohlen. Bei eini-
11 Monaten empfohlen. gen Ländern besteht bei Einreise eine Nachweis-
pflicht. Andere Länder fordern den Nachweis ei-
Zwischen der letzten und vorletzten Dosis des je- ner Gelbfieber-Impfung nur bei Einreise aus
weiligen Impfschemas zur Grundimmunisierung gelb­fieberendemischen Ländern oder bei Flugha-
sollte ein Abstand von 6 Monaten nicht unterschrit- fentransit > 12 h in einem gelbfieberendemischen
ten werden. Auffrischimpfungen sind mit 5 – 6 Jah- Land. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
ren und 9 – 16 Jahren empfohlen und dann in hat 2014 nach Bewertung der verfügbaren Evi-
10-­jährigem Abstand. Ab einem Alter von 5 bzw. 6  denz festgelegt, dass in den meisten Fällen nach
Jahren wird zur Auffrischimpfung oder bei eventu- einmaliger Gelbfieber-Impfung von einem le-
ell nicht erfolgter Grundimmunisierung ein Impf- benslangen Schutz auszugehen ist (Strategic Ad-
stoff mit reduziertem Diphtherietoxoid-Gehalt (d) visory Group of Experts on immunization [SAGE]:
verwendet, in der Regel kombiniert mit Tetanus­ Working Group. Background Paper on Yellow
toxoid und Pertussis-Antigen (TdaP) oder weiteren Fever Vaccine, 19 March 2013). Die Gültigkeit
indizierten Antigenen. eines internationalen Zertifikates für eine Gelb-
fieber-Impfung wurde von 10 Jahren auf lebens-
Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) lang geändert. Dies betrifft sowohl bereits ausge-
Ein Impfschutz sollte möglichst zu Beginn der Ze- stellte als auch neue Gelbfieber-Impfzertifikate.
ckensaison aufgebaut sein – ca. 95 % der Erkran-
kungen werden in Deutschland in den Monaten Mai Eine Liste der Länder mit der Gefahr einer ­Gelbfieber
bis November gemeldet. Bitte beachten Sie die aktu- Übertragung und der Länder, die bei Einreise den
ellen Hinweise zu Risikogebieten in Deutschland: Nachweis einer Gelbfieber-Impfung verlangen,
FSME-Risikogebiete Stand Januar 2020; veröffent- stellt die WHO zur Verfügung:
licht im Epid. Bull. 8/2020. Für die Impfung stehen (www.who.int > Health Topic's > yellow fever;
Kinder-Impfstoffe (FSME-IMMUN Junior, Encepur www.who.int/ith/ITH_Annex_I.pdf?ua=1).
Kinder) und Erwachsenen-Impfstoffe (FSME-­
IMMUN, Encepur) zur Verfügung. Eine unterbro- Folgenden Personengruppen wird bei Reiseindika-
chene Grundimmunisierung sollte mit den fehlen- tion eine Auffrischimpfung empfohlen, da bei ih-
den Impfstoffdosen abgeschlossen werden. In der nen die Immunantwort abgeschwächt sein kann
Fach­information von FSME-IMMUN wird darauf und deshalb nach einmaliger Impfung möglicher-
hingewiesen, dass eine Grundimmunisierung nur weise kein lebenslanger Schutz besteht: (1) Kinder,
nach zwei bereits gegeben Impfstoffdosen durch die im Alter von < 2 Jahren erstmals geimpft wur-
eine zusätzliche Impfung vervollständigt werden den, insbesondere solche, die gleichzeitig zur Gelb-
kann. Nach Auffassung der STIKO gilt jedoch auch fieber-Impfung eine MMR-Impfung erhalten
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 16

­ atten, (2) Frauen, die während der Schwanger-


h Hepatitis­-A-Schutz. Bei Erwachsenen kann für die
schaft geimpft wurden, (3) HIV-Infizierte, siehe Twinrix-Kombinationsimpfung bei nicht ausrei-
auch die ausführliche wissenschaftliche Begrün- chender Zeit für eine reguläre Erstimmunisierung
dung zur Änderung der Gelbfieber-Impfempfeh- vor einer Reise ein verkürztes Schema (0, 7, 21 d)
lung im Epid. Bull. 35/2015. 3 angewendet werden. Dabei ist zu beachten, dass
eine 4. Impfdosis nach 12 Monaten notwendig ist,
Haemophilus influenzae Typ b (Hib) um die Impfserie abzuschließen. Bei Verwendung
Für die Grundimmunisierung von Reifgeborenen eines monovalenten Hepatitis-A-Impfstoffs oder
sind im Säuglingsalter drei Impfstoffdosen im Alter des Kombinationsimpfstoffs mit Typhus (Zulassung
von 2, 4 und 11 Monaten empfohlen. (siehe Epid. ab 16 Jahren) besteht bereits nach der 1. Dosis ein
Bull. 26/2020) 2 Es ist sinnvoll diese Impfungen mit vollumfänglicher Schutz für ca. ein Jahr. Hier ist zur
einem Kombinationsimpfstoff (z. B. DTaP-IPV-Hib- Vervollständigung der Grundimmunisierung bzw.
HepB) durchzuführen, der gleichzeitig gegen Teta- für einen langanhaltenden Schutz eine 2. Impfstoff-
nus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, dosis nach einem Mindestabstand von 6 – 12 Mona-
Haemophilus influenzae Typ  b und Hepatitis B ten notwendig. Für die postexpositionelle Prophylaxe
schützt. Für Frühgeborene (Geburt vor der vollende- sollte nur der monovalente Impfstoff verwendet wer-
ten 37. Schwanger­schaftswoche) sind 4 Impfstoffdo- den. Bei einer Exposition von Personen, für die eine
sen im chronologischen Alter von 2, 3, 4 und 11 Mo- Hepatitis  A ein besonderes Risiko darstellt, kann
naten empfohlen. zeitgleich mit der ersten Aktivimpfung ein Immun-
globulinpräparat gegeben werden.
Zwischen der letzten und vorletzten Dosis des jewei-
ligen Impfschemas sollte ein Abstand von 6 Mona- Hepatitis B (HB)
ten nicht unterschritten werden. Wird eine Hib-Imp- Für die Grundimmunisierung gegen Hepatitis B
fung im Alter von 1 – 4 Jahren nachgeholt, reicht eine sind im Säuglingsalter drei Impfstoffdosen im Alter
einmalige Impfung. Ab einem Alter von 5 Jahren ist von 2, 4 und 11 Monaten empfohlen. (siehe Epid.
eine Hib-Impfung nur in Ausnahmefällen indiziert Bull. 26/2020) 2. Zwischen der letzten und vorletz-
(s. Tab. 2, S. 9, bei funktioneller oder anatomischer ten Dosis des jeweiligen Impfschemas sollte ein Ab-
Asplenie). Monovalente Hib-Impfstoffe Act-Hib, stand von 6 Monaten nicht unterschritten werden.
­Hiberix) werden aktuell in Deutschland nicht ver- Es ist sinnvoll diese Impfungen mit einem Kombi-
marktet, sind jedoch über internationale Apotheken nationsimpfstoff (z. B. DTaP-IPV-Hib-HepB) durch-
bestellbar. zuführen, der gleichzeitig gegen Tetanus, Diphthe-
rie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Haemophilus
Hepatitis A ­influenzae Typ b und Hepatitis B schützt. Serolo-
Zugelassen zur Impfung gegen Hepatitis A sind in gische Vor- bzw. Nachtestungen im Kindes-, Jugend-
Deutschland monovalente Impfstoffe (Havrix 720 und Erwachsenenalter zur Kontrolle des Impfer-
Kinder bzw. Havrix 1440, VAQTA Kinder, VAQTA, folges sind nicht erforderlich. Ebenso ist eine
HAVpur) und Kombinationsimpfstoffe (VIATIM Auffrisch­impfung nach Impfung im Säuglingsalter
mit Typhus und Twinrix Kinder/Erwachsene mit und Kleinkindalter derzeit für Kinder, Jugendliche
Hepatitis  B). Twinrix Kinder ist für das Alter von und Erwachsene ohne besonderes Risiko nicht ge-
1  bis 15 Jahren zugelassen. Bei beiden Formulie- nerell empfohlen. Bei Personen, die in der Kindheit
rungen des Twinrix-Impfstoffs ist zu beachten, dass gegen Hepatitis  B geimpft wurden, sollte eine
eine einzelne Dosis noch keinen ausreichenden ­HB-Auffrisch­impfung nur dann durchgeführt wer-
Schutz (z. B. vor einer Reise) gewährleistet, da nur den, wenn für diese Person ein besonderes HB-Ri-
halb so viel Hepatitis-A-Antigen wie in den mono­va­ siko besteht (z. B. Aufnahme einer Beschäftigung
lenten Hepatitis-A-Impfstoffen enthalten ist. Erst im Gesundheitsdienst). In diesem Fall soll eine
nach der 2. Dosis des Kombinationsimpfstoffs kann sero­logische Kontrolle 4 – 8 Wochen nach der Imp-
von einem ca. 1 Jahr andauernden Schutz für fung entsprechend den Empfehlungen in Tabelle 2
­Hepatitis A ausgegangen werden. Die 3. Dosis nach erfolgen (s. S. 9 sowie Epid. Bull. 31/2007 6 und
6 (– 12) Monaten verleiht einen anhaltenden 36/37 2013 5).
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 17

Hepatitis-B-Immunprophylaxe bei Neugeborenen von (s. o.) zu kontrollieren. Über das weitere Vorgehen
HBsAg-(Hepatitis-B-Surface-Antigen-)positiven Müt- (evtl. weitere Impfungen) ist individuell zu entschei-
tern bzw. von Müttern mit unbekanntem HBsAg-Status den (s. a. Epid. Bull. 10/2000 und 8/2001).
Entsprechend den Mutterschafts-Richtlinien ist bei
allen Schwangeren nach der 32. Schwangerschafts- Da es aufgrund eines geringen Geburtsgewichtes zu
woche, möglichst nahe am Geburtstermin, das Se- einer verminderten Antikörperantwort kommen
rum auf HBsAg zu untersuchen. Bei positivem Er- kann, ist bei Säuglingen unter 1.000 g bereits 4 Wo-
gebnis ist bei dem Neugeborenen innerhalb von 12 chen nach der 2. Impfung eine serologische Kon-
Stunden nach der Geburt mit der Immunisierung trolle (Anti-HBs) erforderlich. Bei einem Anti-HBs-
gegen Hepatitis B zu beginnen. Dabei werden si- Wert von ≥ 100 IE/l erfolgt die 3. Impfung 5 Monate
multan die 1. Dosis HB-Impfstoff und HB-Immun- nach der 2. Impfung. Bei einem Anti-HBs-Wert
globulin an unterschiedlichen Extremitäten verab- < 100 IE/l ist die 3. Impfung umgehend zu verabrei-
reicht. Zwei Impfschemata können zur Grundim- chen. Vier Wochen später sollte bei diesen Säuglin-
munisierung mit einem monovalenten Impfstoff gen eine erneute Anti-HBs-Kontrolle erfolgen. Bei
zur Anwendung kommen: 0-1-2-12-Monate oder Werten von ≥ 100 IE/l wird eine 4. Impfung 9 Mo-
0-1-6-Monate, wobei das erste Schema eine raschere nate nach der letzten Immunisierung durchgeführt.
Immunantwort bewirkt. Frühgeborene sollten im-
mer das 0-1-2-12-Monate-Schema erhalten. Herpes zoster (HZ)
Kommt das 0-1-2-12-Monate-Schema zur Anwen- In Deutschland sind zwei Impfstoffe gegen Herpes
dung, können die Dosen im Alter von 2 und 12 Mo- zoster (HZ) für Personen ab 50 Jahren zugelassen
naten mit einem hexavalenten Impfstoff verabreicht und verfügbar: Seit 2013 ein attenuierter Lebend­
werden. impfstoff (Zostavax) und seit 2018 ein adjuvantierter
Die übrigen Impfstoffdosen der Grundimmuni- HZ-subunit-Totimpfstoff (Shingrix).
sierung gegen DTaP-IPV-Hib können mit einem
Fünffach- oder Sechsfachimpfstoff erfolgen. Wird Adjuvantierter Herpes-zoster-Totimpfstoff
ein Sechsfachimpfstoff verwendet, bekommt der Zur Verhinderung von HZ und Postherpetischer
Säugling zwei Dosen der HB-Impfstoffkomponente Neuralgie (PHN) empfiehlt die STIKO seit De­­ze­m-
mehr als nötig. Dies ist jedoch unschädlich. Wichtig ber 2018 den adjuvantierten HZ-Totimpfstoff
ist, dass am Ende der Impfserie zwischen den letz- ­Shingrix als Standardimpfung (S) für alle Personen
ten beiden Impfstoffdosen ein Mindestabstand von ≥ 60 Jahren. Zusätzlich empfiehlt die STIKO die
5 Monaten eingehalten wird. Impfung als Indikationsimpfung (I) für Personen
Bei Neugeborenen von Müttern, deren HBsAg­- ≥ 50 Jahren mit einer erhöhten gesundheitlichen
Status nicht bekannt ist und bei denen vor bzw. so- Gefährdung für das Auftreten eines HZ infolge ei-
fort nach der Geburt die serologische Kontrolle ner Grundkrankheit oder für Personen mit angebo-
nicht möglich ist, wird unmittelbar post partum die rener bzw. erworbener Immundefizienz bzw. Im-
Grund­immunisierung mit HB-Impfstoff begonnen. munsuppression (Epid. Bull. 50/2018). 7 Dazu gehö-
Bei nachträglicher Feststellung einer HBsAg-Positi- ren u. a. PatientInnen mit HIV-Infektion, rheumat-
vität der Mutter kann beim Neugeborenen inner- oider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes,
halb von 7 Tagen postnatal die passive Immunisie- chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, chro-
rung mit Immunglobulin nachgeholt werden. nisch obstruktiven Lungenerkrankungen oder:
Nach Abschluss der Grundimmunisierung des ­Asthma bronchiale, chronischer Niereninsuffizienz
Neugeborenen einer HBsAg-positiven Mutter ist oder Diabetes mellitus.
eine serologische Titer-Kontrolle beim Säugling
­erforderlich. Dazu werden 4 – 8 Wochen nach der Durch die Impfung soll die T-Zell-vermittelte Im-
letzten Impfstoffdosis der Grundimmunisierung munabwehr gegenüber Varizella-zoster-Viren (VZV)
die Hepatitis-B-Marker HBsAg, Anti-HBs und gesteigert und so die Reaktivierung der latent in den
­Anti-HBc bestimmt. Besteht zu diesem Zeitpunkt Nervenganglien verbliebenen VZV verhindert wer-
keine Immunität, sollte umgehend eine weitere Do- den. Die Impfserie für den HZ-Totimpfstoff besteht
sis appliziert werden. Der Impferfolg ist serologisch aus zwei Impfstoffdosen, die intramuskulär im
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 18

­ bstand von mindestens 2 bis maximal 6 Monaten


A Die vollständige Impfserie sollte vor dem ersten Se-
verabreicht werden. Aktuell kann davon ausgegan- xualkontakt abgeschlossen sein. Bei Beginn der
gen werden, dass fast jeder in Deutschland aufge- Impfserie im Alter von 9 – 14 Jahren (Cervarix,
wachsene Erwachsene im Alter ≥ 50 Jahren in Gardasil-9) ist ein 2-Dosen-Impfschema mit einem
­seinem Leben eine Windpocken-Erkrankung durch- Impfabstand von 5 Monaten zugelassen. Bei Nach-
gemacht hat. Es ist daher nicht notwendig, vor der holimpfungen im Alter von > 14 Jahren oder bei
Impfung eine Windpockenerkrankung in der Ver- ­einem Impfabstand von < 5 Monaten zwischen der
gangenheit anamnestisch oder serologisch abzuklä- 1. und 2. Dosis ist eine 3. Impfstoffdosis erforderlich
ren. Die Impfung mit dem HZ-Totimpfstoff kann (Angaben in den Fachinformationen beachten). Für
entsprechend den Fachinformationen zusammen die Anzahl der erforderlichen Impfstoffdosen ist
mit einem inaktivierten, nicht-adjuvantierten saiso- das Alter bei Beginn der Impfserie entscheidend.
nalen Influenza-Impfstoff verabreicht werden. Zur
Koadministration mit anderen Impfstoffen sind Eine begonnene Impfserie sollte möglichst mit dem
bisher keine Daten veröffentlicht. Eine durch­
­ gleichen HPV-Impfstoff vervollständigt werden.
gemachte HZ-Erkrankung schützt nicht davor, Weitere Details zur Anwendung der HPV-Impf­
wieder­holt an einem HZ zu erkranken. Die HZ-­ stoffe s. a. Epid. Bull. 16/2016: „Mitteilung der
Impfung mit dem Totimpfstoff können auch ­STIKO am RKI: Anwendung des neunvalenten
­Personen bekommen, die bereits in der Vergangen- Impfstoffs gegen Humane Papillomviren (HPV)“.
heit an HZ erkrankt waren. Der Totimpfstoff ist
­allerdings nicht zur Therapie einer HZ-Erkrankung Die Impfung gegen HPV sollte auch als Gelegen-
oder ihrer Spätfolgen bestimmt. Auf Basis einer heit genutzt werden, andere für Jugendliche emp-
Studie bei ≥ 50-Jährigen ist der Impfstoff nach fohlene Impfungen zu vervollständigen. Zur gleich-
voraus­ gegangener HZ-Erkrankung ausreichend zeitigen Gabe mit anderen Impfstoffen verweist die
immun­ogen und sicher. Die Datenlage zur klini- STIKO auf die jeweiligen Fachinformationen.
schen Wirksamkeit bei Anwendung des Impfstoffs
und zum günstigsten Zeitpunkt der Impfung nach Personen, die älter als 17 Jahre sind und keine Imp-
HZ-Erkrankung ist begrenzt. Die Impfung sollte fung gegen HPV erhalten haben, können ebenfalls
­daher zu einem Zeitpunkt erfolgen, wenn die akute von einer Impfung gegen HPV profitieren, jedoch
Erkrankung vorüber ist und die Symptome ab­ ist die Wirksamkeit der Impfung bei nicht HPV-­
geklungen sind. naiven Personen reduziert. Es liegt in der ärztlichen
Verantwortung, nach individueller Prüfung der
Attenuierter Herpes-zoster-Lebendimpfstoff Impf­indikation PatientInnen auf der Basis der
Der Herpes-zoster-Lebendimpfstoff Zostavax wird Impf­stoffzulassung darauf hinzuweisen. Die Kos-
von der STIKO aufgrund der eingeschränkten Wirk- tenübernahme muss individuell geklärt werden.
samkeit und seiner begrenzten Wirkdauer nicht für
die Standardimpfung empfohlen. Der Lebendimpf- Geimpfte Personen sind darauf hinzuweisen, dass
stoff ist nicht zur Impfung von Personen geeignet, die Impfung mit den aktuell verfügbaren Impfstof-
die aufgrund einer Immunschwäche oder einer fen nicht gegen alle potenziell onkogenen HPV-Ty-
immun­suppressiven Therapie ein erhöhtes Risiko pen schützt. Frauen sollen deshalb die Früherken-
haben, an Herpes zoster zu erkranken (Epid. Bull. nungsuntersuchungen zum Gebärmutterhalskrebs
36/2017). 8 weiterhin in Anspruch nehmen. Die wissenschaftli-
che Begründung zur Empfehlung der H ­ PV-Impfung
Humane Papillomviren (HPV) für Jungen ist – ergänzend zu den Begründungen
Zur Reduktion der Krankheitslast durch HPV-asso- zur Änderung des Impfalters (Epid. Bull. 35/2014) 10
ziierte Tumore ist eine generelle Impfung gegen hu- zur Begründung der HPV-Impfung für Mädchen
mane Papillomviren (HPV) für alle Kinder und Ju- (Epid. Bull. 12/2007) 12 und der Bewertung der
gendlichen im Alter von 9 – 14 Jahren empfohlen. ­Impfung (Epid. Bull. 32/2009) 11 –  im Epid. Bull.
Spätestens bis zum Alter von 17 Jahren sollen ver- 26/2018 9 veröffentlicht.
säumte Impfungen gegen HPV nachgeholt werden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 19

Influenza Masern
Die jährliche Impfung im Herbst ist als Standard­ Die Impfung gegen Masern sollte mit einem Kombi­
impfung für alle Personen ab 60 Jahren sowie als nationsimpfstoff (MMR-Impfstoff) durchgeführt
Indikationsimpfung bei bestimmten Personengrup- werden, in der Regel im Alter von 11  Monaten. Eine
pen (s. Tab. 2, S. 10) empfohlen. Verwendet wer- zweite Impfung sollte mit einem Abstand von
den soll ein quadrivalenter Impfstoff mit aktueller ≥ 4  Wochen erfolgen, spätestens jedoch bis zum
von der WHO empfohlener Antigenkombination 2.  Geburtstag, um den frühestmöglichen Impf-
(Epid. Bull. 2/2018) 13. Neben den quadrivalenten in- schutz zu erreichen.
aktivierten Vakzinen (IIV4) zur Injektion, die je
nach Impfstoffhersteller für verschiedene Alters- In folgenden Situationen kann die 1. MMR-Impfung
gruppen zugelassen sind, ist für die Altersgruppe unter Berücksichtigung der gegebenen epidemiolo-
2 bis einschließlich 17 Jahren auch eine ­quadrivalente gischen Situation bereits ab einem Alter von 9 Mo-
attenuierte Lebendvakzine (LAIV4) zur nasalen naten erfolgen:
­Applikation zugelassen. In dieser Altersgruppe kön-
nen die inaktivierten Impfstoffe oder die Lebend- ▶▶ bevorstehende Aufnahme in eine Gemein-
vakzine verwendet werden. Bei Hindernissen für schaftseinrichtung (z. B. Kita);
eine Injektion (z. B. Spritzenphobie, Gerinnungs- ▶▶ nach Kontakt zu Masernkranken. Sofern die

störungen) sollte präferenziell LAIV4 verwendet ­Erstimpfung im Alter von 9 – 10 Monaten er­
werden. Die jährliche Impfung wird auch dann folgte, muss die 2. MMR-Impfung bereits zu
empfohlen, wenn die Antigenzusammensetzung ­Beginn des 2. Lebensjahres gegeben werden.
des Impfstoffs gegenüber der vorhergehenden
­Saison unverändert ist. Für eine MMR-Impfung von Säuglingen unter
9 Monaten fehlen umfassende Daten zur Sicherheit
Japanische Enzephalitis und Wirksamkeit, sodass solche Säuglinge in einem
Derzeit ist in Deutschland nur der inaktivierte adju- Ausbruchsgeschehen in erster Linie durch Impfun-
vantierte Totimpfstoff IXIARO zugelassen. Eine gen der Kontaktpersonen in der Umgebung zu
Impfung gegen das Japanische Enzephalitis Virus schützen sind. Individuelle Risiko-Nutzen-Abwä-
(JEV) ist vor Aufenthalten in Endemiegebieten wäh- gungen können eine Impfung mit 6 – 8 Monaten
rend der Übertragungszeit empfohlen, insbesonde- ausnahmsweise begründen. Säuglinge, die im Alter
re wenn die in Tabelle 2 (S. 11) unter R genann- von 6 – 8 Monaten geimpft wurden, sollen zum
ten Bedingungen vorliegen. ­Aufbau einer langfristigen Immunität 2 weitere
MMR/V-Impfstoffdosen mit 11 und 15 Monaten
Die Grundimmunisierung besteht bei Erwachse- ­erhalten.
nen aus 2 Dosen à 0,5 ml im Abstand von 4 Wo-
chen oder im Abstand von 1 Woche (Schnellsche- Nach Kontakt zu Masernkranken sollte die passive
ma: d 0 und d 7, zugelassen für die Anwendung Immunisierung mit Immunglobulinen bis zu
von 18 – 65 Jahren). Bei Kindern im Alter von 2 Mo- 6 Tage nach Exposition bei kontraindizierter aktiver
naten – 3 Jahren werden 2 Dosen à 0,25 ml im Ab- Impfung vor allem für ungeschützte Personen mit
stand von 4 Wochen verabreicht. Ab einem Alter hohem Komplikationsrisiko, z. B. für Säuglinge un-
von 3 Jahren werden volle Impfstoffdosen à 0,5 ml ter 6 Monaten, immundefiziente PatientInnen und
gegeben. empfängliche Schwangere, erfolgen bzw. erwogen
werden. Die Anwendung erfolgt außerhalb der Zu-
Bei einem fortgesetzten Expositionsrisiko wird die lassung. Säuglinge im Alter von 6 – 8 Monaten kön-
1. Auffrischimpfung 12 – 24 Monate nach der Grund­ nen nach individueller Risiko-Nutzen-Abwägung
immunisierung verabreicht, eine 2. Auffrischimp- ­alternativ zur 1. Impfung Immunglobuline erhalten.
fung bei weiterhin bestehender Indikation 10 Jahre Nach einer Immunglobulingabe ist die MMR/V-­
nach der 1. Auffrischung (siehe Epid. Bull. 18/2020) 19 Impfung für 8 Monate nicht sicher wirksam. Dies
empfohlen. sollte bei der Indikation zur Immumglobulingabe
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 20

berücksichtigt werden (s. a. Tab. 5, S. 39 f. und Probanden. Zudem ist das Risiko, an einer invasi-
Epid. Bull. 2/2017). ven Meningokokken-Infektion zu erkranken je nach
Grundkrankheit unterschiedlich hoch, wie in der
Die MMR-Impfung wird auch als Standardimpfung „Wissenschaftlichen Begründung für die Aktualisie-
für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen mit un- rung der Meningokokken-Impfempfehlung“ detail-
klarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur ei- liert ausgeführt wird (s. Epid. Bull. 37/2015). 22
ner Impfung in der Kindheit empfohlen. Die Imp-
fung erfolgt als einmalige Gabe eines MMR-Impf- Somit sollte die Entscheidung für eine Meningokok-
stoffs. Eine ausführliche Begründung dieser Emp- ken-B-Impfung nach individueller Risikoabschät-
fehlung findet sich im Epid. Bull. 32/2010. 20 zung getroffen werden.

Zusätzlich ist die zweimalige MMR-Impfung für nach Meningokokken C


1970 geborene Personen in besonderen beruflichen Empfohlen ist die Impfung gegen Meningokokken
Tätigkeitsbereichen indiziert. Hierzu zählt das P
­ ersonal der Serogruppe C mit einer Impfstoffdosis eines
in medizinischen Einrichtungen, Einrichtungen der konjugierten Meningokokken-C-Impfstoffs für alle
Pflege, Gemeinschaftseinrichtungen, Einrichtungen Kinder im Alter von 12 Monaten. Verfügbare Menin-
zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbe- gokokken-C-Konjugatimpfstoffe sind ab dem Alter
werberInnen, Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und von 2 Monaten zugelassen.
Spätaussiedlern sowie in Fach-, Berufs- und Hoch-
schulen (siehe Epid. Bull. 2/2020) 21. Ein zweiter niedrigerer Inzidenzgipfel der Erkran-
kung besteht in Deutschland bei Jugendlichen. Eine
Meningokokken ausführliche Begründung der Impfempfehlung fin-
det sich im Epid. Bull. 31/2006.26 Eine fehlende
Meningokokken B Impfung soll bis zum 18. Geburtstag nachgeholt
In Deutschland sind zwei Impfstoffe gegen Menin- werden. Eine Auffrischimpfung wird derzeit nicht
gokokken der Serogruppe B zugelassen: Bexsero ist von der STIKO empfohlen. Zusätzlich zu diesen
für Personen ab dem Alter von 2 Monaten und Hinweisen sind die Empfehlungen zur Impfung
­Trumenba ab dem Alter von 10 Jahren zugelassen. von Risikopersonen (s. Tab. 2, S. 11) zu beachten.
Die STIKO kommt gegenwärtig zu dem Schluss,
dass die bisher vorliegenden Studienergebnisse und Meningokokken ACWY
die daraus resultierende Evidenz für eine abschlie- Bei bestimmten Indikationen, z. B. bei Personen mit
ßende Entscheidung über eine generelle Impfemp- angeborener oder erworbener Immundefizienz oder
fehlung noch nicht ausreichen. Eine Stellung­nahme bei Reisenden (s. Tab. 2, S. 11 f. und Tab. 5, S. 40),
zum Stand der Bewertung des neuen Meningokok- ist eine Meningokokken-Impfung gegen die Sero-
ken-B-Impfstoffs wurde erstmals im Epid. Bull. gruppen ACWY empfohlen. Für Kinder und Jugend-
36/2014 veröffentlicht und 2018 aktualisiert (Epid. liche, die bisher noch keine Meningokokken-­C-­Impfung
Bull. 3/2018). bekommen haben und aufgrund einer Indikation
(z. B. Reise) eine ACWY-Impfung erhalten, ist keine
Allerdings empfiehlt die STIKO für Personen mit weitere Meningokokken-C-­Impfung erforderlich. Die
spezifischen Grundkrankheiten (z. B. bei Personen ACWY-Konjugatimpfstoffe sind in Deutschland ab
mit angeborener oder erworbener Immundefizienz) dem Alter von 6 Wochen (­Nimenrix) bzw. ab dem
zusätzlich zu einer Impfung gegen Meningokokken Alter von 2 Jahren (Menveo) ­zugelassen.
der Serogruppen A, C, W und Y auch eine Impfung
gegen Meningokokken B (MenB) (s. Tab. 2, S. 11). Mumps
Es liegen keine Daten zur Wirksamkeit der Ein monovalenter Mumps-Impfstoff ist in Deutsch-
MenB-Impfung bei diesen Personen vor; in einer land nicht mehr erhältlich. Die Impfung gegen
kleineren Studie war die Immunogenität jedoch bei Mumps sollte mit einem Kombinationsimpfstoff
Kindern und Jugendlichen mit Komplementdefek- (MMR-Impfstoff) durchgeführt werden, in der
ten geringer als bei gesunden oder asplenischen ­Regel im Alter von 11 Monaten. Eine zweite Impfung
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 21

sollte mit einem Abstand von ≥ 4 Wochen erfolgen, Impfstoffe mit reduziertem Pertussis-Antigengehalt
spätestens jedoch bis zum 2. Geburtstag, um den (ap statt aP) verwendet (zu verfügbaren Impfstoffen
frühestmöglichen Impfschutz zu erreichen. Eine s. a. Tab. 10, S. 54 f.).
bereits bestehende Immunität gegen einen oder
zwei der enthaltenen Erreger des Impfstoffs stellt Standardimpfung für Erwachsene: Für alle Erwach-
keine Kontraindikation für die Impfung dar. senen ist empfohlen, die nächste fällige Td-Impfung
einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung zu verab-
Zusätzlich ist die zweimalige MMR-Impfung für reichen (siehe dazu Epid. Bull. 15/2019, S. 125 – 127),
nach 1970 geborene Personen in besonderen beruf- bei entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombi-
lichen Tätigkeitsbereichen indiziert. Hierzu zählt nationsimpfung. Da ein monovalenter Pertus-
das Personal in medizinischen Einrichtungen, Ein- sis-Impfstoff nicht mehr zur Verfügung steht, muss
richtungen der Pflege, Gemeinschaftseinrich­ einer der genannten Kombinationsimpfstoffe ver-
tungen, Einrichtungen zur gemeinschaftlichen wendet werden. Bei bestehender Indikation zur
­Unterbringung von AsylbewerberInnen, Ausreise- ­Pertussis-Impfung kann auch kurz nach einer er-
pflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern, folgten Td-Impfung eine Impfung mit Tdap-Impf-
­sowie in Fach-, Berufs- und Hochschulen (siehe stoff durchgeführt werden. Für einen der Tdap-­
Epid. Bull. 2/2020) 21. Impfstoffe konnte in einer Studie gezeigt werden,
dass ­dieser bereits 1 Monat nach der letzten Td-Imp-
Pertussis fung verabreicht werden kann, ohne dass es zu ver-
Säuglingsimpfung: In Anbetracht der epidemiologi- mehrten Nebenwirkungen kommt (die Vergleichs-
schen Pertussis-Situation in Deutschland und der gruppe hatte zuvor keinen Td-Impfstoff, sondern
Schwere des klinischen Verlaufs einer Pertussis-­ ein ­ Placebo erhalten; siehe dazu Epid. Bull.
Erkrankung im Säuglingsalter ist es dringend gebo- 33/2009 29, S. 340 – 341).
ten, mit der Grundimmunisierung der Säuglinge
und Kleinkinder zum frühestmöglichen Zeitpunkt, Indikationsimpfung für Schwangere: Eine Impfung
d. h. unmittelbar nach Vollendung des 2. Lebensmo- mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff ist zu
nats, zu beginnen und sie zeitgerecht fortzuführen. ­Beginn des 3. Trimenons empfohlen. Bei erhöhter
Für die Grundimmunisierung von Reifgeborenen Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt sollte die
im Säuglingsalter sind drei Impfungen im Alter von Impfung ins 2. Trimenon vorgezogen werden. Die
2, 4 und 11 Monaten empfohlen (siehe Epid. Bull. Impfung soll unabhängig vom Abstand zu vorher
26/2020) 2. Es ist sinnvoll diese Impfungen mit ei- verabreichten Pertussis-Impfungen und in jeder
nem Kombinationsimpfstoff (z. B. DTaP-IPV-Hib- Schwangerschaft erfolgen. Das Ziel der Pertussis-­
HepB) durchzuführen, der gleichzeitig gegen Teta- Impfung in der Schwangerschaft ist die Reduzie-
nus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, rung von Erkrankungen bei Neugeborenen und jun-
Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B gen Säuglingen (siehe Epid. Bull. 13/2020) 28.
schützt. Für Frühgeborene (Geburt vor der vollende-
ten 37. Schwangerschaftswoche) sind 4 Impfstoffdo- Vorgehen bei Pertussis-Häufungen: Im Zusam-
sen im chronologischen Alter von 2, 3, 4 und 11 Mo- menhang mit Pertussis-Häufungen kann auch bei
naten empfohlen. vollständig geimpften Kindern und Jugendlichen
mit engem Kontakt zu Erkrankten im Haushalt oder
Zwischen der letzten und vorletzten Dosis des je- in Gemeinschaftseinrichtungen eine Impfung er-
weiligen Impfschemas zur Grundimmunisierung wogen werden, wenn die letzte Impfung länger als
sollte ein Abstand von 6 Monaten nicht unterschrit- 5 Jahre zurückliegt. Speziell vor Geburt eines Kin-
ten werden. des sollte überprüft werden, ob ein adäquater Im-
Auffrischimpfungen sind mit 5 – 6 Jahren und munschutz (Impfung innerhalb der vergangenen
9 – 16 Jahren empfohlen. Ab dem Alter von 5 – 6 Jah- 10 Jahre) gegen Pertussis für enge Haushaltskon-
ren werden sowohl zur Auffrischimpfung als auch taktpersonen und Betreuende des Neugeborenen
für eine ggf. nachzuholende Grundimmunisierung (s. Tab. 2, S. 12) besteht.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 22

Tabelle 3: U msetzung der sequenziellen Pneumokokken-Indikationsimpfung ab dem Alter von 2 Jahren unter
­Berücksichtigung des bisherigen Impfstatus

Empfohlenes Impfschema für die


sequenzielle Impfung PPSV23-Wiederholungsimpfung im Abstand
Impfstatus von mindestens 6 Jahren zur
letzten PPSV23-Impfung
1. Impfung 2. Impfung

PPSV23 im Abstand
Keine Impfung PCV13 Ja
von 6 – 12 Monaten*
PPSV23 im Abstand
PCV13 entfällt Ja
von 6 – 12 Monaten
PPSV23 im Abstand
PCV7 oder PCV10 PCV13 Ja
von 6 – 12 Monaten*
PPSV23 im Abstand von
PCV13 im Abstand
PPSV23 vor < 6 Jahren 6 Jahren zur vorangegangenen Ja
von 12 Monaten
PPSV23-Impfung
PPSV23 im Abstand
PPSV23 vor ≥ 6 Jahren PCV13 Ja
von 6 – 12 Monaten*

PCV13 + PPSV23 entfällt entfällt Ja

*
 PSV23 (23-valenter Polysaccharid-Impfstoff) kann frühestens 2 Monate nach der PVC13-Impfung (13-valenter Konjugatimpfstoff) gegeben werden (z. B. bei Impfung vor
P
geplanter immunsuppressiver Therapie); ein längerer Abstand von 6 – 12 Monaten ist immunologisch günstiger.

Pneumokokken (IPD) und die daraus entstehenden Folgen wie Hos-


Säuglingsimpfung: Für die Grundimmunisierung pitalisierung, Behinderung und Tod zu reduzieren.
von reifgeborenen Säuglingen bis zum Alter von 12
Monaten werden ab dem Alter von 2 Monaten 2 Standardimpfung für SeniorInnen: Für Personen
Impfstoffdosen Pneumokokken-Konjugatimpfstoff ≥ 60 Jahren, die keiner der in Tab. 2 (S. 12  f.) ­unter
im Abstand von 8 Wochen verabreicht. Frühgebore- „I“ oder „B“ genannten Risikogruppen angehören,
ne (Geburt vor der vollendeten 37. Schwanger- wird als Standardimpfung die einmalige Impfung
schaftswoche) erhalten ab dem chronologischen Al- mit dem 23-valenten Polysaccharid-­Impfstoff (PPSV23)
ter von 2 Monaten 3 Impfstoffdosen im Abstand von (Pneumovax 23) empfohlen (Kategorie „S“).
jeweils 4 Wochen. Die Grundimmunisierung wird
geändert am
26.08.2020
mit einer weiteren Dosis im Alter von 11 – 14 ­Monaten Indikationsimpfung: Für Personen mit bestimmten
und mit einem Mindestabstand von 6 Monaten zur Risikofaktoren für schwere Pneumokokken-Erkran-
vorausgegangen Impfung abgeschlossen. Die ab- kungen (Kategorien „I“ und „B“) wird die Impfung
weichende Empfehlung für Frühgeborene ist da- gegen Pneumokokken unabhängig vom Alter emp-
durch begründet, dass in der Zulassung der Pneu- fohlen. Für Personen mit Immundefizienz bzw.
mokokken-Konjugatimpfstoffe die Anwendung des -suppression (Gruppe 1) sowie für Personen mit ana-
2+1-Impfschemas bisher (Stand: August 2018) auf tomischen und Fremdkörper-assoziierten Risikofak-
Reifgeborene beschränkt ist. Eine ausführliche Be- toren (z. B. Cochlea-Implantat) und damit einem er-
gründung der Impfempfehlung findet sich im Epid. höhten Risiko für eine Pneumokokken-Meningitis
Bull. 36/2015.35 Bisher noch nicht gegen Pneumo- (Gruppe 3) wird die sequenzielle Impfung mit dem
kokken geimpfte Säuglinge im Alter > 12 Monate 13-valenten Konjugatimpfstoff PCV13 (Prevenar 13),
(bis 24 Monate) erhalten als Nachholimpfung nur gefolgt von PPSV23 (Pneumovax) in einem Abstand
2 Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 8 ­  Wo- von 6 – 12 Monaten, empfohlen. PPSV23 ist ab dem
chen. Alter von 2 Jahren zugelassen (s. Tab. 3,). Davor
kann nur PCV13 geimpft werden. Für Personen mit
Primäres Impfziel der generellen Impfung aller chronischen Krankheiten, die nicht mit ­einer Im-
Kinder bis zum Alter von 24 Monaten mit einem munsuppression einhergehen (Gruppe 2) oder mit
Pneumokokken-Konjugatimpfstoff ist es, die Mor- beruflicher Indikation wird die alleinige Impfung
bidität invasiver Pneumokokken-Erkrankungen mit PPSV23 empfohlen. Ausnahme:
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 23

In der Altersgruppe 2 – 15 Jahren soll auch in Grup- HepB) durchzuführen, der gleichzeitig gegen
pe 2 eine sequenzielle Impfung erfolgen. ­Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinder­lähmung,
Haemophilus influenzae Typ b und ­ Hepatitis  B
Wiederholungsimpfungen: Aufgrund der begrenz- schützt. Im Alter von 9 – 16 Jahren wird für Jugend-
ten Dauer des Impfschutzes hält die STIKO Wieder- liche eine Auffrischimpfung mit einem Impfstoff,
holungsimpfungen mit PPSV23 in einem Mindest- der IPV enthält, empfohlen. Eine mit OPV begon-
abstand von 6 Jahren aus medizinisch-epidemiolo- nene Grundimmunisierung wird mit IPV komplet-
gischer Sicht für alle in Tab. 2 (S. 12 f.) genannten tiert (s. a. Tab. 2, S. 13).
Gruppen grundsätzlich für sinnvoll. Laut Fachinfor-
mation von PPSV23 sollten jedoch „gesunde Er- Röteln
wachsene nicht routinemäßig erneut geimpft Ein monovalenter Röteln-Impfstoff ist in Deutsch-
­werden“. Hingegen können Wiederholungsimp­ land nicht mehr erhältlich. Die Impfung gegen Rö-
fungen „bei Personen mit erhöhtem Risiko für teln sollte mit einem Kombinationsimpfstoff
schwere Pneumokokken-Erkrankungen in Erwä- (MMR-Impfstoff) durchgeführt werden, in der
gung gezogen werden“. Auf Personen der Kategori- ­Regel im Alter von 11 Monaten. Eine zweite Impfung
en „I“ und „B“ trifft dies regelmäßig zu. Bei sollte mit einem Abstand von ≥ 4 Wochen erfolgen,
­SeniorInnen, die keiner dieser beiden Kategorien spätestens jedoch bis zum 2. Geburtstag, um den
angehören, ist die Indikation individuell zu prüfen. frühestmöglichen Impfschutz zu erreichen.
Die PatientInnen sind auf die stärkere Reakto­genität Eine bereits bestehende Immunität gegen einen
der Wiederholungsimpfung im Vergleich zur Erst­ oder zwei der enthaltenen Erreger des Impfstoffs
impfung, aber auch auf den möglichen Verlust des stellt keine Kontraindikation für die Impfung dar.
Impfschutzes nach unterbleibender Wiederholungs­ Ziel der Impfempfehlung ist in erster Linie die Ver-
impfung, hinzuweisen. hinderung von Röteln-Embryopathien sowie die Eli-
Ausführliche wissenschaftliche Begründungen mination der Röteln in Deutschland.
zu diesen Empfehlungen finden sich im Epid. Bull.
36/2016 und 37/2016.34,33 Müttern, die in der Schwangerschaft seronegativ für
Röteln getestet wurden, sollte postpartal eine zwei-
Poliomyelitis malige MMR-Impfung im Abstand von vier Wochen
Typ 2 und 3 des Wildpoliovirus sind ausgerottet. Es verabreicht werden. Für die erste Impfstoffdosis bie-
besteht weiterhin das Risiko der Infektion durch das tet sich die Mutterschaftsnachsorgeuntersuchung
Wildpoliovirus Typ 1 sowie durch mutierte zirkulie- am Ende des Wochenbetts an.
rende Impfviren (circulating vaccine-derived polio­
viruses – cVDPV) aller 3 Typen bei Reisen in Regio- Zusätzlich ist die zweimalige MMR-Impfung für nach
nen mit Infektionsrisiko. Der Polio-Lebendimpf- 1970 geborene Personen in besonderen beruflichen
stoff, die orale Polio-Vakzine (OPV), wird wegen des Tätigkeitsberichen indiziert. Hierzu zählt das Perso-
– wenn auch sehr geringen – Risikos einer Vakzi- nal in medizinischen Einrichtungen, Einrichtungen
ne-assoziierten paralytischen Poliomyelitis (VAPP) der Pflege, Gemeinschaftseinrichtungen, Einrichtun-
seit 1998 nicht mehr empfohlen. Zum Schutz vor gen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asyl-
Poliomyelitis sollte ein zu injizierender Impfstoff, bewerberInnen, Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen
inaktivierte Polio-Vakzine (IPV), eingesetzt werden und Spätaussiedlern, sowie in Fach-, Berufs- und
(ggf. als Kombinationsimpfstoff). Für die Grundim- Hochschulen (siehe Epid. Bull. 2/2020) 21.
munisierung gegen Poliomyelitis sind im Säugling-
salter drei Impfstoffdosen im Alter von 2, 4 und 11 Rotaviren (RV)
Monaten empfohlen. (siehe Epid. Bull. 26/2020) 2. Bei der Impfung gegen RV handelt es sich um eine
Zwischen der letzten und vorletzten Dosis des je- Schluckimpfung mit einem oralen Lebendimpf-
weiligen Impfschemas zur Grund­immunisierung stoff. Je nach verwendetem Impfstoff werden ab
sollte ein Abstand von 6 Monaten nicht unterschrit- dem Alter von 6 Wochen 2 (Rotarix) bzw. 3 Impf-
ten werden. Es ist sinnvoll diese Impfungen mit ei- stoffdosen (RotaTeq) in einem Mindestabstand von
nem Kombinationsimpfstoff (z. B. DTaP-IPV-Hib- 4 Wochen verabreicht. Es besteht ein möglicher­
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 24

weise geringfügig erhöhtes Risiko für Darminvagi- dosen im chronologischen Alter von 2, 3, 4 und
nationen (ca. 1 – 2 Fälle pro 100.000 geimpfte Kin- ­11 Monaten empfohlen.
der) innerhalb der 1. Woche nach der 1. RV-Impfung,
das mit dem Alter des zu impfenden Säuglings zu- Zwischen der letzten und vorletzten Dosis des je-
nimmt. Daher empfiehlt die STIKO dringend, die weiligen Impfschemas sollte ein Abstand von 6 Mo-
Impfserie frühzeitig – spätestens bis zum Alter von naten nicht unterschritten werden. Auffrischimp-
12 Wochen – zu beginnen und vorzugsweise bis fungen sind mit 5 – 6 Jahren und 9 – 16 Jahren
zum Alter von 16 Wochen (Rotarix) bzw. von ­empfohlen. Alle weiteren Auffrischimpfungen soll-
20 – 22 Wochen (RotaTeq) abzuschließen. Die Impf- ten in 10-jährigen Abstand zur vorangegangenen
serie muss für Rotarix auf jeden Fall bis zum Alter Impfung erfolgen. Jede Auffrischimpfung mit Td
von 24 Wochen und für RotaTeq bis zum Alter von (auch im Verletzungsfall) sollte Anlass sein, die In-
32 Wochen abgeschlossen sein. dikation für eine Pertussis-Impfung zu überprüfen
und g­ egebenenfalls einen Kombinationsimpfstoff
Eine ausführliche Begründung der Impfempfehlung (Tdap) einzusetzen; bei entsprechender Indikation
findet sich im (Epid. Bull. 35/2013) 41. Zur gleichzei- ­Tdap-IPV.
tigen Gabe mit anderen Impfstoffen ­verweist die
­STIKO auf die jeweiligen Fachinformationen. Tollwut
Deutschland gilt nach den Kriterien der WHO seit
Auch für Frühgeborene und andere Reifgeborene, 2008 als frei von terrestrischer Tollwut durch das
aber stationär versorgte Säuglinge ist die RV-Imp- Rabies-Virus. Lediglich durch den illegalen Import
fung entsprechend ihres chronologischen Alters ab von Haustieren (Hunde und Katzen) aus nicht toll-
6 Wochen nach der Geburt empfohlen. Der Nutzen wutfreien Regionen besteht weiterhin ein Risiko für
für hospitalisierte Säuglinge, durch die RV-Impfung terrestrische Tollwut. Deutschland zählt in Europa
vor einer nosokomialen RV-Infektion geschützt zu zu den Ländern mit den häufigsten Fledermaus-­
werden, überwiegt deutlich das äußerst geringe Er- Tollwutfällen, die durch Fledermaus-Lyssaviren ver-
krankungsrisiko anderer hospitalisierter PatientIn- ursacht werden. Diese können auch auf den Men-
nen durch die denkbare Übertragung von RV-­ schen übertragen werden. Die präexpositionelle
Impfviren. Das Übertragungsrisiko von Impfviren Grundimmunisierung erfolgt mit Tollwut-Impfstoff
ist z­ udem bei konsequenter Anwendung der auf (HDC) oder Rabipur durch eine dreimalige intra-
neonatologischen Stationen üblichen Standard­
­ muskuläre Impfung nach dem Schema 0,7,21 oder
hygienemaßnahmen als gering zu bewerten. Zur 28 Tage. Bei fortgesetzter Exposition sind Auffrisch­
RV-Impfung von Früh- und Neugeborenen im impfungen für den Tollwut-Impfstoff (HDC) 1 Jahr
­stationären Umfeld hat die STIKO gemeinsam mit nach der Grundimmunisierung und dann alle 5 Jah-
der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugend- re empfohlen und für Rabipur alle 2 – 5 Jahre. Zur
medizin e. V. und der Gesellschaft für Neonatologie postexpositionellen Prophylaxe s. Kapitel 5.5.
und Pädiatrische Intensivmedizin e.  V. eine
Stellung­nahme im Epid. Bull. 1/2015 publiziert. Typhus abdominalis
Für die Impfung stehen in Deutschland ein Leben-
Tetanus dimpfstoff und drei Totimpfstoffe zur Verfügung.
Für die Grundimmunisierung von Reifgeborenen Die Schluckimpfung mit dem Lebendimpfstoff
sind im Säuglingsalter drei Impfstoffdosen im Alter ­(Typhoral L Kapseln) besteht aus 3 Impfstoffdosen
von 2, 4 und 11 Monaten empfohlen (siehe Epid. an den Tagen 0, 2 und 4. Die Impfserie sollte min-
Bull. 26/2020) 2. Es ist sinnvoll diese Impfungen destens 10 Tage vor der Reise in ein Endemiegebiet
mit einem Kombinationsimpfstoff (z. B. DTaP-IPV- abgeschlossen sein. Die parenteralen Totimpfstoffe
Hib-HepB) durchzuführen, der gleichzeitig gegen (Typhim Vi, Typherix) werden einmalig i. m. spätes-
Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, tens 2 Wochen vor Betreten des Endemiegebiets
Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis  B gegeben. Bei einer zusätzlichen Indikation für
­
schützt. Für Frühgeborene (Geburt vor der vollende- ­Hepatitis A kann der kombinierte Typhus-­Hepatitis-
ten 37. Schwangerschaftswoche) sind 4 Impfstoff­ A-Totimpfstoff (Viatim) verwendet werden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 25

Varizellen Bei allen ungeimpften Kindern und Jugendlichen


Für die Grundimmunisierung im Säuglings- bzw. ohne Varizellen-Anamnese sollte die Varizellen-­
Kleinkindalter werden 2 Impfstoffdosen im Alter von Impfung mit 2 Impfstoffdosen nachgeholt werden.
11 und 15 Monaten verabreicht. Der Mindestabstand Der Mindestabstand zwischen den Varizellen- bzw.
von 4 Wochen sollte eingehalten werden. Die 1. Do- MMRV-Impfungen beträgt 4 – 6 Wochen (je nach
sis der Impfung gegen Varizellen (V) wird in der Re- Hersteller, Fachinformation beachten). Kinder und
gel entweder simultan mit der 1. MMR-Impfung ver- Jugendliche, die bisher nur eine Varizellen-­Impfung
abreicht oder frühestens 4 Wochen nach dieser. Die- erhalten haben, sollen eine 2. Impfung ­bekommen.
se Abstände sind einzuhalten, da es sich um Lebend­
impfstoffe handelt. Für die 1. Impfung gegen Die wissenschaftliche Begründung der Varizellen-
Varizellen und Masern, Mumps, Röteln sollte die Impf­empfehlung wurde im Epid. Bull. 32/2009 44,
simultane Gabe von Varizellen-Impfstoff und MMR-­ eine Evaluation dieser Impfempfehlung im Epid.
Impfstoff an verschiedenen Körperstellen bevorzugt Bull. 1/2013 veröffentlicht.
werden. Grund für diese Empfehlung ist das leicht
erhöhte Risiko von Fieberkrämpfen 5 – 12 Tage nach Beruflich indiziert ist die 2-malige Varizellen-Imp-
der Gabe des kombinierten MMRV-Impfstoffs im fung von seronegativen Personen, die in medizini-
Vergleich zur simultanen Impfung mit ­Varizellen- schen Einrichtungen, mit Kontakt zu potenziell in-
und MMR-Impfstoff. Dies wurde nur bei der Erstimp- fektiösem Material, in Einrichtungen der Pflege, in
fung beobachtet. Die 2. Impfung gegen Varizellen Gemeinschaftseinrichtungen oder in Einrichtungen
geändert am
26.08.2020 sollte im Alter von 15 – 23 Monaten verabreicht ­werden zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbe-
und kann mit einem MMRV-Kombinationsimpfstoff werberInnen, Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und
erfolgen (s. a. Mitteilung der ­STIKO zur „Kombina- Spätaussiedlern, tätig sind (siehe Epid. Bull. 2/2020) 21
tionsimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und
Varizellen (MMRV)“ im Epid. Bull. 38/2011).

4. Hinweise zur Durchführung von Schutzimpfungen

Behandelnde ÄrztInnen haben im ­Rahmen des Be- 4.1 Aufklärungspflicht vor Schutzimpfungen
handlungsvertrages zwischen ihnen und ihren Pa- Allgemeines
tientInnen die rechtliche Pflicht (­§§ 630a ff. BGB), Die Aufklärung ist ein wichtiger Teil der ärztlichen
die PatientInnen oder die Eltern bzw. Sorgeberech- Impfleistung. Die Aufklärungspflichten gegenüber
tigten im Rahmen der vorgesehenen Routineunter- zu impfenden Personen sind im „Gesetz zur Verbes-
suchungen auf die Möglichkeit, Zweckmäßigkeit serung der Rechte von Patientinnen und Patienten“
und Notwendigkeit indizierter Impfungen zum (Patientenrechtegesetz) im Jahr 2013 neu geregelt
Schutz vor Infektionskrankheiten hinzuweisen. Zu- worden (§ 630e BGB).
sätzlich haben sie die Pflicht, ­PatientInnen über die Vor Durchführung einer Schutzimpfung ist es
Folgen einer unterlassenen ­Impfung zu informie- ärztliche Pflicht, die zu impfende Person oder den
ren. Diese Pflicht besteht ­unabhängig von der per- anwesenden Elternteil bzw. Sorgeberechtigten über
sönlichen ärztlichen Auf­fassung und möglichen die zu verhütende Krankheit und die Impfung auf-
subjektiven Bedenken oder Vorbehalten.1 zu klären, damit eine wirksame Einwilligungserklä-
Literatur rung abgegeben werden kann.
1 Deutsch E, Spickhoff A, Ullrich K: Die Pflicht des Arztes, den Patienten auf
eine Impfung hinzuweisen. Schriftenreihe der Stiftung EINE CHANCE FÜR
KINDER Mai 2017; Band 15: ISBN 978-3-943421-08-8
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 26

Umfang der Aufklärung formalen Merkposten innerhalb eines Aufklärungsbo-


Die Aufklärung sollte in der Regel Informationen gens reduziert wird.“
über folgende Punkte umfassen: Es ist darauf zu achten, dass die Aufklärung recht-
zeitig und für die zu impfende Person oder den an-
▶▶ die zu verhütende Krankheit und deren wesenden Elternteil bzw. Sorgeberechtigten verständ-
Behandlungsmöglichkeiten, lich durchgeführt wird. Informationen unmittelbar
▶▶ den Nutzen der Impfung, vor der Impfung sind möglich, wenn damit kein Ent-
▶▶ die Kontraindikationen, scheidungsdruck aufgebaut wird. Es ist – insbeson-
▶▶ die Durchführung der Impfung, dere bei Sprachbarrieren – darauf zu achten, dass
▶▶ den Beginn und die Dauer des Impfschutzes, die ärztlichen Ausführungen auch verstanden wer-
▶▶ das Verhalten nach der Impfung, den; es sollte im Zweifel geklärt werden, ob die Hin-
▶▶ mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen zuziehung z. B. einer DolmetscherIn – ggf. auf Kos-
und Impfkomplikationen, ten der zu impfenden Person – gewünscht wird.
▶▶ die Notwendigkeit und die Termine von

Folge- und Auffrischimpfungen. Aufklärungsmerkblätter


Aufklärungsmerkblätter für Impfungen durch nie-
Der genaue Umfang der erforderlichen Aufklärung dergelassene ÄrztInnen stehen unentgeltlich über
hängt jedoch immer von den konkreten Umständen die Homepage des „Forum impfende Ärzte“ zur
des Einzelfalls ab. Es gilt das Prinzip der patienten- Verfügung (www.forum-impfen.de, nach Anmel-
bezogenen Information, d. h. es ist jeweils der Ver- dung mit Passwort). Teilweise werden Aufklärungs-
ständnishorizont der konkreten Person bzw. der merkblätter durch verschiedene Anbieter (z. B.
Einwilligungsberechtigten zugrunde zu legen. Ent- durch das Deutsche Grüne Kreuz oder durch ­Thieme
scheidende Kriterien können z. B. Alter, Bildungs- Compliance) kostenpflichtig vertrieben.
grad, Vorerfahrungen und medizinische Kenntnisse Zur Unterstützung der Beratung von Personen,
sein. Es ist daher immer ein individueller Maßstab die nicht Deutsch sprechen, stellt das RKI übersetz-
anzulegen, der PatientInnen bzw. Einwilligungsbe- te Impfaufklärungsbögen mit Einverständniserklä-
rechtigten gerecht wird. Im Hinblick auf die Imp- rung sowie Impfkalender in bis zu 20 verschiede-
fung ist ein allgemeines Bild von der Schwere und nen Sprachen als Downloads kostenfrei bereit
Richtung des konkreten Risikospektrums zu ver- (www.rki.de/impfen > Informationsmaterialien).
mitteln. Im Ausnahmefall kann ein ausdrücklicher Zusätzlich stellt die Bundeszentrale für gesundheit-
Aufklärungsverzicht von Seiten der zu impfenden liche Aufklärung (BZgA) zahlreiches Informations-
bzw. einwilligungsberechtigten Person eine Aufklä- material zum Impfen und zu impfpräventablen
rung entbehrlich machen. Krankheiten für Laien über ihre Homepage w ­ ww.
impfen-info.de zur Verfügung.
Form und Zeitpunkt der Aufklärung
Die Aufklärung muss gemäß § 630e Abs. 2 Nr. 1 Die Aufklärungsmerkblätter enthalten auch einen
BGB mündlich durch die behandelnde Person oder auf die jeweilige Impfung abgestimmten Frage­
durch eine Person erfolgen, die über die zur Durch- bogen zum Gesundheitszustand der zu impfenden
führung der Maßnahme notwendige Ausbildung Person und zu vorausgegangenen Schutzimp­
verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Be- fungen. Nachfolgend müssen zu impfende Perso-
zug genommen werden, die PatientInnen in Text- nen bzw. Eltern oder Sorgeberechtigte Gelegenheit
form erhalten. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. ­haben, Fragen und Unklarheiten in einem Gespräch
17/10488, S. 24 zu § 630e BGB) wird zu dieser The- beantwortet zu bekommen. Die meisten Aufklä-
matik ausgeführt: „Dem Patienten soll die Möglichkeit rungsmerkblätter enthalten eine vorformulierte
eröffnet werden, in einem persönlichen Gespräch mit Einwilligungserklärung, die von der zu impfenden
dem Behandelnden gegebenenfalls auch Rückfragen zu Person oder den Eltern bzw. den Sorgeberechtigten
stellen, so dass die Aufklärung nicht auf einen lediglich unterschrieben werden kann.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 27

Form der Einwilligung und Dokumentation 4.2 Off-label-use


Eine schriftliche Einwilligung ist nicht gesetzlich Unter Off-label-use versteht man die Verordnung ei-
vorgeschrieben, sie kann jedoch in Einzelfällen nes zugelassenen Fertigarzneimittels außerhalb des
sinnvoll sein. in der Zulassung beantragten und von den nationa-
Aufklärungen und Einwilligungen – egal in w­ elcher len oder europäischen Zulassungsbehörden geneh-
Form sie erfolgt bzw. erklärt worden sind ­– sind ver- migten Gebrauchs, beispielsweise hinsichtlich der
pflichtend in der Patientenakte zu dokumentieren Anwendungsgebiete (Indikationen), des Anwen-
(§ 630 ff. Abs. 2 S. 1 BGB). Wird der A
­ ufklärung ein dungsalters, der Dosierung oder der Behandlungs-
entsprechendes Aufklärungsmerkblatt zugrunde ge- dauer. Bei Off-label-use bezieht sich die ärztliche
legt, sollte in der Dokumentation darauf verwiesen ­Haftung sowohl auf die medizinische Richtigkeit
werden. Zudem ist es sinnvoll, die Ablehnung einer der Behandlung als auch auf eventuelle uner-
Impfung durch die vorstellige P­ erson bzw. die Eltern wünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Die ärzt-
oder Sorgeberechtigten nach durchgeführter Aufklä- lichen Fachgesellschaften empfehlen, Off-label-­
rung in der Patientenakte zu dokumentieren. Von Verordnungen nur auf Basis von gültigen Leitlinien
Unterlagen, die PatientInnen bzw. Einwilligungsbe- bzw. Empfehlungen oder von anerkannter wissen-
rechtigte im Zusammenhang mit der Aufklärung schaftlicher Literatur durchzuführen. Unabdingbar
oder Einwilligung unter­zeichnet haben, sind Kopien ist im Rahmen eines Off-label-Gebrauchs die vorhe-
auszuhändigen (§ 630e Abs. 2 S. 2 BGB). rige umfassende Aufklärung und Beratung von
­PatientInnen bzw. Sorgeberechtigten über Nutzen
Minderjährige PatientInnen und Risiken der jeweiligen Impfung und darüber,
Bei Minderjährigen unter 14 Jahren ist regelmäßig dass der Impfstoff im Off-label-use angewendet wird.
die Einwilligung der Eltern bzw. Sorgeberechtigten Die ärztliche Behandlung und die ärztliche Aufklä-
einzuholen. Jugendliche können selbst einwilligen, rung müssen in der Patientenakte umfassend doku-
wenn sie die erforderliche Einsichts- und Entschei- mentiert werden.
dungsfähigkeit besitzen; das ist in der Regel mit
16 Jahren der Fall. Allerdings ist es stets ärztliche 4.3 Dokumentation der Impfung
Aufgabe, im Einzelfall festzustellen, ob der Jugend- Allgemeines
liche „nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Im Impfausweis und in der ärztlichen Dokumenta-
Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner tion müssen – den Vorgaben des Infektionsschutz-
Gestattung zu ermessen vermag“ (BGHZ 29, gesetzes (IfSG) § 22 entsprechend – die Chargen-­
33 – 37). Gem. § 630e Abs. 5 S. 1 BGB sind auch ein- Nummer, die Bezeichnung des Impfstoffs (Han-
willigungsunfähige PatientInnen entsprechend delsname), das Impfdatum sowie die Krankheit,
­ihrer Verständnisfähigkeit aufzuklären, soweit sie gegen die geimpft wurde, eingetragen werden.
­
aufgrund ihres Entwicklungsstandes und ihrer Ebenfalls zur Impfdokumentation gehören ärztli-
­Verständnismöglichkeit in der Lage sind, die Erläu- cher Stempel und Unterschrift der ÄrztInnen. Dies
terungen aufzunehmen und dies ihrem Wohl nicht gilt für alle Impfstoffe und kann retrospektive Er-
zuwider läuft. mittlungen erleichtern, wenn sich Fragen zu Wirk-
samkeit und Sicherheit bestimmter Impfstoffe oder
Öffentliche Impftermine einzelner Impfstoffchargen ergeben. Als Impfaus-
Für öffentliche Impftermine (z. B. bei Schulimpf- weis kann jedes WHO-gerechte Formular, das die
programmen) werden eine vorherige Aufklärung in Vorgaben des IfSG berücksichtigt, wie z. B. „Inter-
schriftlicher Form und ggf. auch die Einholung ei- nationale Bescheinigungen über Impfungen und
ner schriftlichen Einwilligungserklärung empfoh- Impfbuch“, benutzt werden.
len. Das entbindet ÄrztInnen allerdings nicht von
ihrer gesetzlichen Verpflichtung, die zu impfende Die Anlage 2 der Schutzimpfungs-Richtlinie des
Person bzw. die Eltern oder Sorgeberechtigten zu- Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) weist ei-
sätzlich auch mündlich aufzuklären, um ihnen die nen einheitlichen Dokumentationsschlüssel für
Möglichkeit für Rückfragen zu geben. Impfungen aus, der seit dem 1. Juli 2008 bei der
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 28

­ brechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen


A per E-Mail erfolgen, als allgemeine Erinnerung z. B.
­verwendet werden soll. durch die Krankenversicherung, den ÖGD oder als
Einladung der behandelnden ÄrztInnen. Im letztge-
Fehlende Impfdokumentation nannten Fall müssen PatientInnen mittels Unter-
Häufig fehlen Impfdokumente, sind nicht auffind- schrift dazu im Vorfeld ihr Einverständnis g­ eben.
bar oder lückenhaft. Dies ist kein Grund, notwendi- Muster für die Einverständniserklärung zum Recall
ge Impfungen zu verschieben, fehlende Impfungen stellen z. B. die Kassenärztlichen Vereinigungen zur
nicht nachzuholen oder eine Grundimmunisierung Verfügung.
bzw. Erstimmunisierung nicht zu beginnen. Von
zusätzlichen Impfungen bei bereits bestehendem Organisatorische Aufgaben und Logistik
Impfschutz geht kein besonderes Risiko aus. Dies Für ein effizientes und erfolgreiches Impfmanage-
gilt auch für Mehrfachimpfungen mit Lebendvirus­ ment in der Praxis kann es sehr hilfreich sein, ge-
impfstoffen. Serologische Kontrollen zur Überprü- zielt einzelne MitarbeiterInnen und Stellvertretende
fung des Impfschutzes sind nur in Ausnahmefällen mit der Organisation zu beauftragen. Zu den Routi-
angezeigt (z. B. Anti-HBs bei Risikopersonen); zum neaufgaben dieser Personen kann die Bestandskon-
Nachweis vorausgegangener Impfungen bei unkla- trolle und Bestellung der Impfstoffe, die Schulung
rem Impfstatus sind serologische Kontrollen im All- der übrigen MitarbeiterInnen sowie das praktische
gemeinen nicht sinnvoll. Impfmanagement gehören. Viele Praxisverwal-
tungssysteme bieten nützliche Hilfen zur Verwal-
4.4 Impfmanagement in der Arztpraxis tung des Impfstoffdepots an.
Ein gut etabliertes Impfmanagement in Arztpraxen
und anderen medizinischen Einrichtungen leistet Aufgaben des Praxispersonals
einen wichtigen Beitrag, die Inanspruchnahme von Das Praxispersonal kann durch gezielte Maßnah-
Impfungen zu fördern und Impfziele zu erreichen. men das Impfmanagement in der Praxis unterstüt-
Durch das Managementsystem werden die Arbeits- zen. Bei der Terminvergabe kann daran erinnert
abläufe koordiniert und die Zuständigkeiten festge- werden, Impfpässe zur Prüfung mitzubringen, oder
legt. Zu einem Impfmanagementsystem gehören: Terminzettel können mit Hinweisen zur Vorlage
des Impfpasses beim nächsten Arzttermin ergänzt
Patientenkontakte und Einladungssysteme werden. Geschultes Personal kann den aktuellen
Jeder Arztbesuch sollte dafür genutzt werden, den Impfstatus anhand der Impfpasseinträge erfassen,
Impfstatus von PatientInnen zu überprüfen und Impflücken identifizieren und bei Bedarf einen
ggf. zu vervollständigen. Anlässe zur routinemäßi- Impfplan erstellen. Im Gespräch mit zu impfenden
gen Überprüfung des Impfstatus können Vorsorge­ Personen kann das Praxispersonal bereits über aus-
untersuchungen (z.  B. U-Untersuchungen im stehende Impfungen informieren, Informations-
Kindes­alter, die J1/J2-Untersuchung bei Jugendli- material zur entsprechenden Impfung aushändigen
chen Gesundheits-Check-Ups und Vorsorgeunter- und zur Impfung motivieren. Die medizinischen
suchungen bei Erwachsenen, sowie die Routineun- Fachangestellten können die ÄrztInnnen bei Vorla-
tersuchungen von Müttern innerhalb der ersten ge der Patientenunterlagen auf mögliche Impflü-
6 – 8 Wochen nach der Geburt), Erstkontakte mit cken hinweisen. Sind Impfungen im Rahmen des
neuen PatientInnen, besondere Ereignisse (z. B. Be- Praxisbesuches geplant, können Impfpass und
handlung nach Unfällen oder Verletzungen, Kinder­ Impfstoff durch das Praxispersonal vorbereitet wer-
garten-Eintritt, Gesundheitsbescheinigungen für den. Qualifizierte Medizinische Fachangestellte
Praktika, Berufs- bzw. Stellenwechsel) oder saisona- können nach ärztlicher Indikationsstellung die In-
le Anlässe (Reiseimpfungen, FSME- oder Influenza-­ jektion des Impfstoffes übernehmen, die Haftung
Impfungen) sein. Die Einrichtung eines Erinne- bleibt jedoch bei den ÄrztInnen.
rungs-(Recall-)Systems kann dabei helfen, Patien-
tInnen rechtzeitig an fällige Impfungen zu ­erinnern Lagerung der Impfstoffe
und die Teilnahmerate zu erhöhen. Die Erinnerung Impfstoffe sind empfindliche biologische Produkte
der zu Impfenden kann schriftlich, telefonisch oder und müssen vor allem vor Erwärmung und vor
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 29

Licht geschützt werden. Alle Impfstoffe sollen in desinfiziert werden. Bei der Injektion sollte die
der Originalverpackung in einem separaten Kühl- Haut wieder trocken sein.
schrank bei +2° C bis +8° C gelagert werden. Die Für intramuskulär zu injizierende Impfstoffe ist
Impfstoffe sollten auf keinen Fall Kontakt zur Au- die bevorzugte Impfstelle der M. deltoideus. Solange
ßenwand des Kühlschranks haben und nicht in der dieser Muskel nicht ausreichend ausgebildet ist (z. B.
Kühlschranktür gelagert werden. Besonders ge­ bei Säuglingen und Kleinkindern), wird empfohlen,
eignet sind Spezialkühlschränke, es können aber in den M. vastus lateralis (anterolateraler Oberschen-
auch Haushaltskühlschränke ohne Eisfach genutzt kel) zu injizieren. Hier ist die Gefahr einer Verletzung
werden. Der Kühlschrank sollte ausschließlich zum von Nerven oder Gefäßen gering. Eine Aspiration ist
Kühlen von Impfstoffen und anderen Arzneistoffen an diesen Injektionsorten nicht erforderlich. Bei In-
verwendet werden. Die Lagertemperatur sollte jektion von Adsorbatimpfstoffen in das subkutane
­regelmäßig – am besten morgens und abends, aber Fettgewebe kann es zu schmerzhaften Entzündungen
mindestens einmal täglich – überprüft werden. Zur und zur Bildung von Granulomen oder Zysten kom-
Erfassung eignen sich ein Thermometer, das die men. Darüber hinaus ist bei Injektion in das Fettge-
­Minimal- und Maximaltemperatur anzeigt, oder ein webe der Impferfolg in Frage gestellt.
Thermometer-Datenlogger, der die Temperatur fort-
laufend misst. Das Thermometer sollte in der Mitte 4.5 Impfabstände
des Kühlschranks platziert werden. Die Ergebnisse Allgemeines
der Kontrolle sollten dokumentiert werden. Impf- Die im Impfkalender, in den Tabellen 2 (S. 8)
stoffe, die versehentlich falsch gelagert oder einge- und 9 A – E (S. 49) sowie den entsprechenden Fa-
froren wurden, müssen verworfen werden. Durch chinformationen angegebenen Impfabstände soll-
das Einfrieren können Haarrisse in den Ampullen ten eingehalten werden.
entstehen und der Impfstoff kann unsteril werden.
Angefrorene oder tiefgefrorene Adsorbatimpfstoffe Bei dringenden Indikationsimpfungen, wie bei-
sind schlechter verträglich und können zu eitrigen spielsweise der postexpositionellen Tollwutprophy-
Entzündungen oder Spritzenabszessen führen. Be- laxe oder der postnatalen Immunprophylaxe der
sonders empfindlich sind Lebendimpfstoffe (MMR, Hepatitis B des Neugeborenen, ist das empfohlene
Varizellen, LAIV, Rotavirus, Gelbfieber), die ver- Impfschema strikt einzuhalten.
mehrungsfähige Viren enthalten. Bei diesen Impf-
stoffen muss eine lückenlose Kühlkette eingehalten Für einen lang dauernden Impfschutz ist es von be-
werden. sonderer Bedeutung, dass bei der Grundimmuni-
sierung der empfohlene Mindestabstand zwischen
Impfstoffvorbereitung und Injektion des Impfstoffs vorletzter und letzter Impfung (in der Regel 6 Mo-
Der Impfstoff sollte erst kurz vor der Anwendung nate) nicht unterschritten wird.
aus dem Kühlschrank genommen werden. Vor dem Andererseits gilt grundsätzlich, dass es keine un-
Öffnen sollte der Impfstoffbehälter kräftig geschüt- zulässig großen Abstände zwischen den Impfungen
telt werden. Impfstoffe dürfen nicht mit Desinfekti- gibt. Jede Impfung zählt! Auch eine für viele Jahre
onsmitteln in Kontakt kommen. Durchstechstopfen unterbrochene Grundimmunisierung oder nicht
müssen trocken sein. Die Injektionskanüle sollte zeitgerecht durchgeführte Auffrischimpfung, z. B.
trocken sein, insbesondere sollte kein Impfstoff die gegen Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis, Hepati-
Kanüle außen benetzen. Dies macht die Injektion tis B, FSME (s. dazu www.rki.de > Infektionsschutz
schmerzhaft und kann zu Entzündungen im Be- > Impfen > Impfungen A – Z), muss nicht neu be-
reich des Stichkanals führen. Nach Aufziehen des gonnen werden, sondern wird mit den fehlenden
Impfstoffs in die Spritze und dem Entfernen evtl. Impfstoffdosen komplettiert. Dies gilt auch im
vorhandener Luft sollte eine neue Kanüle für die In- Säuglings- und Kleinkindalter. Im Interesse eines
jektion aufgesetzt werden. Der aufgezogene Impf- frühestmöglichen Impfschutzes sollten Überschrei-
stoff soll innerhalb von 2 – 5 Minuten verwendet tungen der empfohlenen Impfabstände besonders
werden. Unter Beachtung der vom Hersteller ange- beim jungen Kind vermieden werden.
gebenen (Mindest-)Einwirkzeit soll die Impfstelle
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 30

Für Abstände zwischen unterschiedlichen Impfun- auftreten. Die Angst oder Sorge vor möglichen
gen gilt: Lebendimpfstoffe (attenuierte, vermeh- Schmerzen kann die Einstellung gegenüber dem
rungsfähige Viren oder Bakterien) können simultan Arztbesuch, dem Impfen und die Akzeptanz von
verabreicht werden. Werden sie nicht simultan ver- Impfungen ein Leben lang negativ beeinträchtigen,
abreicht, ist in der Regel ein Mindestabstand von­ sowohl bei Kindern als auch ihren Eltern.
4  Wochen einzuhalten. Es gibt inzwischen mehrere evidenzbasierte
Bei Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen (inak- Empfehlungen für schmerz- und stressreduziertes
tivierte Krankheitserreger, deren Antigenbestand­ Impfen. Dort sind bestimmte Injektionstechniken,
teile, Toxoide) ist die Einhaltung von Mindestabstän- altersabhängige Ablenkungsmethoden und andere
den zu anderen Impfungen, auch zu solchen mit Verhaltensweisen aufgeführt, durch die Schmerzen
Lebendimpfstoffen, nicht erforderlich. Impfreaktio- bei der Impfung gemildert werden können. An die-
nen vorausgegangener Impfungen sollten vor er- ser Stelle sollen diese Empfehlungen kurz zusam-
neuter Impfung vollständig abgeklungen sein. Zu mengefasst werden. Wir möchten die Ärzteschaft
den zeitlichen Mindestabständen zwischen zwei ermuntern, diese Hinweise zum schmerzredu­
Impfungen sowie zur Möglichkeit der Koadminist- zierten Impfen im Praxisalltag zu berücksichtigen
ration von Impfstoffen sind die Fachinformationen und so die Impfakzeptanz in der Bevölkerung zu
des jeweiligen Impfstoffes zu beachten. fördern. Weiterführende Hinweise finden sich in
den zitierten Veröffentlichungen (s. S. 32).2-8
Zeitabstand zwischen Impfungen und Operationen
Bei dringender Indikation kann ein operativer Ein- Generelle Empfehlungen
griff jederzeit durchgeführt werden, auch wenn eine ▶▶ Gesundheitspersonal sollte beim Impfen eine

Impfung vorangegangen ist. Bei Wahleingriffen ruhige Ausstrahlung haben, kooperativ und
sollte nach Gabe von Totimpfstoffen ein Mindestab- sachkundig sein. Wenn der zu impfenden Per-
stand von 3 Tagen und nach Verabreichung von Le- son das Impfprozedere beschrieben wird, ist es
bendimpfstoffen ein Mindestabstand von 14 Tagen wichtig, auf einen neutralen Sprachgebrauch zu
eingehalten werden. achten und Worte sorgfältig zu wählen, damit
Weder klinische Beobachtungen noch theoreti- Angst nicht eventuell verstärkt oder Misstrauen
sche Erwägungen geben Anlass zu der Befürch- gefördert wird. Unbedingt vermeiden sollte man
tung, dass Impfungen und operative Eingriffe in- fälschlich beruhigende oder unehrliche Phrasen
kompatibel sind. Um aber mögliche Impfreaktio- wie „Das tut überhaupt nicht weh!“.
nen von Komplikationen der Operation unterschei-
den zu können, wird empfohlen, die genannten Schmerzreduzierende Lokalanästhetika
Mindestabstände einzuhalten. ▶▶ In Einzelfällen können Lokalanästhetika-haltige

Schmerzpflaster oder Cremes unter einem


Nach operativen Eingriffen sind keine bestimmten ­Okklusionsverband bei Kindern ab Geburt (Fach­
Zeitabstände einzuhalten; Impfungen können erfol- informationen beachten) benutzt werden, um
gen, sobald der Allgemeinzustand stabil ist. Imp- die Schmerzen bei der Injektion zu reduzieren.
fungen aus vitaler Indikation (z. B. Tetanus-, Toll- Im Alter von < 12 Monaten sollten die Pflaster
wut-, Hepatitis-B-Impfung) können jederzeit gege- oder Cremes nicht gleichzeitig mit Arzneimit-
ben werden. Nach Operationen, die mit einer im- teln (z. B. Sulfonamide) angewendet werden, die
munsuppressiven Behandlung verbunden sind, z. B. die Bildung von Methämoglobin fördern. Auch
Transplantationen, sind Impfungen in Zusammen- bei Jugendlichen und Erwachsenen mit ausge-
arbeit mit den behandelnden ÄrztInnen zu planen. prägter Angst vor der Injektion kann ein
Schmerzpflaster hilfreich sein. Die empfohlene
4.6 Hinweise zur Schmerz- und Stress­ Mindest­einwirkzeit von 30 – 60 min muss bei
reduktion beim Impfen der Planung berücksichtigt werden.
Hintergrund
Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei der Injektion
von Impfstoffen Schmerzen und Stressreaktionen
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 31

▶▶ Zur Schmerzreduktion kann auch Eisspray ver- ▶▶ Kinder im Alter von < 2 Jahren, die nicht mehr
wendet werden. Die Aufsprühzeit beträgt 2 – 8 s. gestillt werden, können ein bis zwei Minuten vor
Im Anschluss kann nach Hautdesinfektion so- der Impfung 2 ml einer 25 %-igen Glukose-­
fort geimpft werden. Lösung oder eine andere süße Flüssigkeit
­bekommen. Da Rotavirus-Impfstoffe Saccharose
Sonstige unterstützende Verfahren enthalten, sollte bei der Durchführung mehrerer
▶▶ Bereits vor dem ersten Impftermin ihrer Kinder Impfungen an einem Termin die RV-Impfung,
(ab 2 Monate) sollten Eltern über die anstehen- sofern geplant, als erste verabreicht werden.
den Impfungen und damit verbundenen
Schmerzen sowie Möglichkeiten der Schmerz­ Empfehlungen zur Körperposition
reduktion aufgeklärt werden. Das heißt, bereits ▶▶ Kleinkinder im Alter von < 3 Jahren sollten

bei der U3 könnte mit einer entsprechenden ­während der Impfung am besten auf dem Arm
Aufklärung begonnen werden, um den Einsatz oder auf dem Schoß gehalten und nach der Imp-
schmerzreduzierender Strategien beim Impf­ fung leicht geschaukelt und liebkost werden.
termin zu fördern.
▶▶ Kinder im Alter von ≥ 3 Jahren sowie Jugendli-
▶▶ Eltern von Kindern im Alter von < 10 Jahren che und Erwachsene sollten bei der Impfung
­sollten bei der Impfung ihrer Kinder anwesend möglichst aufrecht sitzen. Kinder können auf
sein. dem Schoß der Eltern sitzen, weil die Eltern so
das Stillhalten der Gliedmaßen unterstützen
▶▶ Kinder im Alter von ≥ 3 Jahren sowie Jugendli- können.
che und Erwachsene sollten direkt vor der Injek-
tion darüber aufgeklärt werden, was beim Imp- ▶▶ Personen, die beim Impfen oder anderen medi-
fen passieren wird und wie sie mögliche zinischen Interventionen schon einmal ohn-
Schmerzen oder Angst am besten bewältigen mächtig geworden sind, sollten im Liegen
können, z. B. durch Drücken der Hand von geimpft werden.
­Mutter oder Vater. Kinder im Alter von ≤ 6 Jah-
ren sollten mittels geeigneter Ablenkungs­ Empfehlungen zu Injektionstechniken
manöver (z. B. durch Aufblasen eines Ballons, ▶▶ Die Nadellänge sollte bei Säuglingen von < 2

Windrädchen, Seifenblasen, Spielzeuge, Videos, Monaten 15 mm betragen, bei älteren Säuglingen


Gespräche oder Musik) direkt vor und nach der und Kleinkindern 25 mm und bei Jugendlichen
Injektion von den Schmerzen abgelenkt werden. und Erwachsenen 25 – 50 mm.
­Erwachsene können zur Ablenkung zu leichten
Hustenstößen oder zum Luftanhalten aufgefor- ▶▶ Die intramuskuläre Injektion soll altersunabhän-
dert werden. gig ohne Aspiration erfolgen. Die Aspiration ist
überflüssig, da an den Körperstellen, an denen
▶▶ Im jungen Säuglingsalter wirkt auch das Nu- die Injektion erfolgt, keine großen Blutgefäße
ckeln an einem Schnuller schmerzreduzierend. existieren (M. vastus lateralis oder M. deltoideus).

▶▶ Säuglinge können, solange sie noch gestillt wer- ▶▶ Werden mehrere Impfungen am selben Termin
den, während der Impfung angelegt werden. gegeben, soll die schmerzhafteste Impfung
Wird der Säugling parallel gegen Rotaviren ­zuletzt injiziert werden. Besonders schmerzhaft
geimpft, sollte jedoch auf das Stillen vor und können die Injektionen der Pneumokokken-
während der RV-Impfung verzichtet werden, da und der MMR-Impfung sein.
das Stillen zum Zeitpunkt der Impfung die
­Wirkung der RV-Schluckimpfung möglicherwei- ▶▶ Durch eine zügige Injektion können Schmerzen
se vermindern kann (s. FAQ zu Rotavirus-Imp- bei der intramuskulären Injektion reduziert
fung und Stillen Epid. Bull. 39/2013). Ersatz­ ­werden.
weise kann ein Schnuller benutzt werden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 32

Maßnahmen, die nicht zur Schmerzreduktion ÄrztInnen konsultiert werden. Die serologische
empfohlen sind Kontrolle des Impferfolgs ist bei PatientInnen mit
Immundefizienz angezeigt.
▶▶ Erwärmung des Impfstoffs.
▶▶ Manuelle Stimulation der Injektionsstelle z. B. Nicht empfohlene oder nicht dringend indizierte
durch Reiben oder Kneifen. Impfungen sollten während einer Schwangerschaft
▶▶ Orale Analgetika-Gabe vor oder während der nicht durchgeführt werden. Für die Lebendimpf-
Impfung. stoffe gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen
stellt eine Schwangerschaft eine Kontraindikation
Literatur dar. Eine Impfung gegen Gelbfieber darf in der
2. Report to SAGE: On reducing pain and distress at the time of vaccination. Schwangerschaft nur bei eindeutiger Indikation
Geneva: SAGE Technical Consultation Group on Reducing Pain and Distress
at the Time of Vaccination 2015. Einsehbar: www.who.int/immunization/ und nur nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung
sage/meetings/2015/april/1_SAGE_latest_pain_guidelines_March_24_Final.
pdf (Zugegriffen: 23.6.2016) verabreicht werden. Die Impfung gegen Gelbfieber
3. Berrang J, Vosschulte P, Zernikow B: Schmerzreduktion bei Blutabnahmen
und Injektionen. In: Zernikow B (Hrsg) Schmerztherapie bei Kindern,
soll bei stillenden Frauen nicht erfolgen. Es sind
Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Springer Berlin Heidelberg
2015;355 – 367
weltweit vereinzelte Fälle beschrieben, in denen ge-
4. Boerner KE, Birnie KA, Chambers CT, et al.: Simple Psychological stillte Säuglinge nach Impfung der Mutter gegen
Interventions for Reducing Pain From Common Needle Procedures in Adults:
Systematic Review of Randomized and Quasi-Randomized Controlled Trials. Gelbfieber an einer Meningoenzephalitis erkrankt
Clin J Pain 2015;31:90 – 98
sind.
5. SAGE: Meeting of the Strategic Advisory Group of Experts on Immunization,
April 2015: conclusions and recommendations. WER 2015;22(29)261 – 280
6. Taddio A, McMurtry CM, Shah V, et al.: Reducing pain during vaccine Falsche Kontraindikationen
injections: clinical practice guideline. CMAJ 2015;187:975 – 982
Häufig unterbleiben indizierte Impfungen, weil be-
7. WHO: Reducing pain at the time of vaccination: WHO position paper
– September 2015. WER 2015;90:505 – 516 stimmte Umstände irrtümlicherweise als Kontrain-
8. Taddio A, Shah V, McMurtry CM, et al.: Procedural and Physical Interventions
for Vaccine Injections: Systematic Review of Randomized Controlled Trials
dikationen angesehen werden. Dazu gehören zum
and Quasi-Randomized Controlled Trials. Clin J Pain 2015;31:20 – 37 Beispiel:

4.7 Kontraindikationen und falsche Kontra­ ▶▶ banale Infekte, auch wenn sie mit subfebrilen
indikationen Temperaturen (< 38,5° C) einhergehen;
Kontraindikationen ▶▶ ein möglicher Kontakt der zu impfenden Person

Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit akuten zu Personen mit ansteckenden Krankheiten;
schweren Erkrankungen sollten erst nach Gene- ▶▶ Krampfanfälle in der Familie;

sung geimpft werden (Ausnahme: postexpositionel- ▶▶ Fieberkrämpfe in der Anamnese des zu impfen-

le Impfung). den Kindes;


Unerwünschte Arzneimittelwirkungen im zeitli- ▶▶ Ekzem u. a. Dermatosen, lokalisierte Haut

chen Zusammenhang mit einer Impfung müssen infektionen;


in Abhängigkeit von der Diagnose keine absolute ▶▶ Behandlung mit Antibiotika

Kontraindikation gegen eine nochmalige Impfung ▶▶ Behandlung mit niedrigen Dosen von Kortiko­

mit dem gleichen Impfstoff sein. Impfhindernisse steroiden oder lokal angewendeten steroid­
können Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffs haltigen Präparaten;
sein. In Betracht kommen vor allem Neomycin und ▶▶ Schwangerschaft der Mutter des zu impfenden

Streptomycin sowie in seltenen Fällen Hühner­ Kindes (Varizellen-Impfung nach Risiko­


eiweiß. Personen, die nach oraler Aufnahme von abwägung*);
Hühnereiweiß mit anaphylaktischen Symptomen ▶▶ angeborene oder erworbene Immundefekte bei

reagieren, sollten nicht mit Impfstoffen, die Impfung mit Totimpfstoffen;


Hühner­eiweiß enthalten (Gelbfieber-, Influenza-­ ▶▶ Neugeborenenikterus;

Impfstoff), geimpft werden.



Im Fall eines angeborenen oder erworbenen Im- Bei der derzeitigen Varizellen-Impfquote ist das Risiko für ein konnatales
*

Varizellensyndrom bei einer seronegativen Schwangeren mit Kontakt zu


mundefekts sollte vor der Impfung mit einem Le- ihrem ungeimpften und damit ansteckungsgefährdeten Kind höher als das
Risiko einer solchen Komplikation durch die Impfung und ggf. die
bendimpfstoff die den Immundefekt behandelnden Übertragung von Impfvarizellen durch ihr Kind.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 33

▶▶ Frühgeburtlichkeit: Frühgeborene sollten unab- ▶▶ das Erkennen und Abschätzen der Schwere des
hängig von ihrem Reifealter und aktuellen Immundefekts;
­Gewicht entsprechend dem empfohlenen Imp- ▶▶ die Indikation und Kontraindikation für spezifi-

falter geimpft werden; sche Impfungen bzw. Impfstofftypen, je nach


▶▶ stillende Frauen: Sie können alle notwendigen Art und Schwere der Grundkrankheit und der
Impfungen erhalten außer einer Impfung gegen daraus resultierenden Immuninkompetenz;
Gelbfieber (s. o. unter Kontraindikationen); ▶▶ der Zeitpunkt der Impfung (z. B. rechtzeitig vor

▶▶ gestillte Säuglinge: voll- und teilgestillte Säuglin- geplanter iatrogener Immunsuppression);


ge können genauso nach den Empfehlungen der ▶▶ die spezifische Aufklärung der Personen,

STIKO geimpft werden wie Säuglinge, die ­insbesondere wenn eine Off-label-Anwendung
Mutter­milchersatzprodukte oder andere Baby- unumgänglich ist.
nahrung erhalten.
Eine Expertengruppe hat unter Federführung der
Indizierte Impfungen sollen auch bei Personen mit STIKO Anwendungshinweise für Impfungen bei
chronischen Krankheiten – einschließlich neurolo- PatientInnen mit Immundefizienz bzw. Im-
gischer Krankheiten – durchgeführt werden, da die- munsuppression mit dem Ziel erarbeitet, die imp-
se Personen durch schwere Verläufe und Komplika- fende Ärzteschaft bei den o. g. Punkten zu unter-
tionen impfpräventabler Krankheiten besonders ge- stützen und eine Entscheidungshilfe zu geben. Die
fährdet sind. Personen mit chronischen Krankhei- Anwendungshinweise wurden in vier thematisch
ten sollen über den Nutzen der Impfung im getrennten Dokumenten publiziert und sind online
Vergleich zum Risiko der Krankheit aufgeklärt wer- verfügbar (www.rki.de/immundefizienz): Das
den. Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse dar- Grundlagenpapier (Papier I), die Anwendungshin-
über vor, dass eventuell zeitgleich mit der Impfung weise zum Impfen bei primären Immundefekter-
auftretende Krankheitsschübe ursächlich durch krankungen (inkl. autoinflammatorischer Erkran-
eine Impfung bedingt sein können. kungen) und bei HIV-Infektion (Papier II), die
Anwendungs­hinweise zum Impfen bei hämato­log­
4.8 Impfen bei Immundefizienz bzw. ischen und onkologischen Erkrankungen (anti­
­Immunsuppression neoplastische Therapie, Stammzell­trans­plan­tation),
PatientInnen mit Immundefizienz bzw. Im- Organtransplantation und Asplenie (Papier III) so-
munsuppression leiden häufig an Infektionskrank- wie die Anwendungshinweise zum Impfen bei Au-
heiten, die bei diesen Personen mit schwereren Ver- toimmunerkrankungen und unter immunmodula-
läufen einhergehen als bei Immungesunden. Daher torischer Therapie (Papier IV).
sollten Menschen mit Immundefizienz bzw. Im-
munsuppression grundsätzlich einen möglichst 4.9 Impfkomplikationen und deren Meldung
weitreichenden Schutz durch Impfungen erhalten. Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreak-
Daneben spielt ein solider Impfschutz von tion von dem Verdacht auf eine mögliche Impf­
Haushalts­ k ontaktpersonen entsprechend der komplikation
­STIKO-Empfehlungen sowie anderer Personen aus Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) (§ 6 Abs. 1,
dem direkten Umfeld der PatientInnen (z. B. in Nr. 3) ist der Verdacht einer Impfkomplikation dem
­Gesundheitsdienst, Kita oder Schule) eine zentrale zuständigen Gesundheitsamt zu melden. Diese
Rolle für die Infektionsprävention. Meldung gehört zu den ärztlichen Aufgaben. Unter
In Tabelle 2 (S. 8 ff.) der ­STIKO-Empfehlungen einer Impfkomplikation wird eine über das übliche
sind bereits einige Gruppen mit angeborener oder Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende ge-
erworbener Immundefizienz bzw. -suppression auf- sundheitliche Schädigung verstanden. Um eine
geführt. Bei der Planung und Durchführung von Impfkomplikation von einer üblichen Impfreakti-
Impfungen bei diesem speziellen Personenkreis on, die nicht meldepflichtig ist, abzugrenzen, hat
sind einige Besonderheiten zu beachten, wie z. B.: die STIKO, wie nach IfSG (§ 20 Abs. 2) gefordert,
Merkmale für übliche Impfreaktionen definiert.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 34

Übliche und damit nicht meldepflichtige Impfreak- chungsmaterialien, wie z. B. Serum oder Stuhlpro-
tionen sind das übliche Ausmaß nicht überschrei- ben, zu asservieren.
tende, vorübergehende Lokal- und Allgemeinreakti-
onen, die als Ausdruck der Auseinandersetzung des Die Meldepflicht besteht unabhängig davon, ob die
Organismus mit dem Impfstoff anzusehen sind. betroffene Schutzimpfung öffentlich empfohlen ist.
Die STIKO hat die folgenden Kriterien für übliche Für die bundesweit einheitliche Meldung eines Ver-
Impfreaktionen entwickelt: dachtsfalls ist vom PEI in Absprache mit der STIKO
und dem BMG ein Berichtsformblatt „Bericht über
▶▶ für die Dauer von 1 – 3 Tagen (gelegentlich län- Verdachtsfälle einer über das übliche Ausmaß einer
ger) anhaltende Rötung, Schwellung oder Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen
Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle; Schädigung“ entwickelt worden, das online verfüg-
▶▶ für die Dauer von 1 – 3 Tagen Fieber < 39,5° C (bei bar ist: www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/
rektaler Messung), Kopf- und Gliederschmerzen, arzneimittelsicherheit/pharmakovigilanz/ifsg-mel-
Mattigkeit, Unwohlsein, Übelkeit, Unruhe, debogen-verdacht-impfkomplikation.pdf oder vom
Schwellung der regionären Lymphknoten; Gesundheitsamt angefordert werden kann. Die Mel-
▶▶ im gleichen Sinne zu deutende Symptome einer dungen tragen dazu bei, die Datenlage über Impf-
„Impfkrankheit“ 1 – 3 Wochen nach der Verabrei- komplikationen zu verbessern.
chung von attentuierten Lebend­impfstoffen: z. B.
eine leichte Parotisschwellung, kurzzeitige Darüber hinaus sind ÄrztInnen nach § 6 der Berufs-
­Arthralgien oder ein flüchtiges Exanthem nach ordnung verpflichtet, die ihnen aus ihrer ärztlichen
der Masern-, Mumps-, Röteln- oder Varizellen-­ Behandlungstätigkeit bekannt werdenden uner-
Impfung oder milde gastro­intestinale Beschwer- wünschten Wirkungen von Arzneimitteln der Arz-
den, z. B. nach der oralen Rotavirus- oder neimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
Typhus-­Impfung; mitzuteilen (im Internet unter www.akdae.de > Arz-
▶▶ Ausgenommen von der Meldepflicht sind auch neimittelsicherheit > Unerwünschte Arzneimittel-
Krankheitserscheinungen, denen offensichtlich wirkung melden). Ebenso kann der Hersteller infor-
eine andere Ursache als die Impfung zugrunde miert werden.
liegt. Alle anderen Impfreaktionen sollen ge­
meldet werden. Impfschaden und Anerkennung eines
­Impfschadens im Sinne des IfSG
Meldung des Verdachts auf eine Impfkomplikation Nach § 2 Nr. 11 (IfSG) ist ein Impfschaden definiert
Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) (§ 6 Abs. 1, als gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer
Nr. 3) ist der Verdacht einer über das übliche Aus- über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hin-
maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesund- ausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch
heitlichen Schädigung (Verdacht auf eine Impfkom- die Schutzimpfung. Ein Impfschaden liegt auch vor,
plikation) namentlich an das Gesundheitsamt zu wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft
melden. Die Meldung der ÄrztInnen muss vom Ge- (Lebend­impfstoffe) und nach Übertragung des Impf­
sundheitsamt gemäß § 11 Abs. 2 (IfSG) unverzüglich virus eine andere als die geimpfte Person geschädigt
der zuständigen Landesbehörde und nach § 77 Arz- wurde. Erleidet eine Person aufgrund einer öffent-
neimittelgesetz der zuständigen Bundesoberbehör- lich von dem Bundesland, in dem sie ansässig ist,
de (PEI) mitgeteilt werden. Die Meldeverpflichtung empfohlenen Impfung einen Impfschaden, so ­stehen
wurde gesetzlich festgeschrieben, um die zur Klä- ihr aufgrund der gesundheitlichen und wirtschaftli-
rung einer unerwünschten Arzneimittelwirkung re- chen Auswirkungen Versorgungsleistungen nach
levanten immunologischen (z. B. zum Ausschluss dem Bundesversorgungsgesetz i. V. m § 60 IfSG zu.
eines Immundefektes) oder mikrobiologischen Der Antrag auf Versorgung ist beim zuständigen Ver-
(z. B. zum differenzialdiagnostischen Ausschluss ei- sorgungsamt durch die/den Betroffene/n oder die
ner interkurrenten Infektion) Untersuchung unver- Eltern bzw. Sorgeberechtigten zu stellen. Die Bewer-
züglich einzuleiten und dafür notwendige Untersu- tung erfolgt durch das Versorgungsamt auf Landes-
ebene nach den Versorgungsmedizinischen Grund-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 35

sätzen (Anlage zu § 2 Versorgungs­medizinverordnung völkerungsgruppen mit eingeschränktem Zugang


– VersMedV). Der Nachweis eines wahrscheinlichen zu medizinischer Versorgung und Impfungen. Eine
kausalen Zusammenhangs mit der Impfung reicht Übersicht über die in einzelnen Ländern empfohle-
dabei für die Bewilligung der Leistung aus, setzt aber nen Impfungen ist auf den Internetseiten des ECDC
eine nicht nur vorübergehende und damit über ­einen (https://vaccine-schedule.ecdc.europa.eu/) oder der
Zeitraum von mehr als 6 Monaten sich erstreckende WHO (http://apps.who.int/immunization_monito-
Gesundheitsstörung voraus. ring/globalsummary/schedules) zu finden.
Das Verfahren zur Anerkennung eines Impf-
schadens ist somit anders und getrennt zu sehen Vorliegende Impfdokumente sollten berücksichtigt
von der Meldung eines Verdachtsfalls einer Impf- werden, um den individuellen Impfstatus zu über-
komplikation (s. Kapitel 4.9). Betroffene Personen prüfen und fehlende Impfungen nachzuholen ­(s.
oder die Eltern bzw. Sorgeberechtigten sollten von Kapitel 6.). Häufig kann der Impfstatus aufgrund
dem Gesundheitsamt oder den behandelnden fehlender Dokumente nicht überprüft werden. Aus
­ÄrztInnen auf die gesetzlichen Bestimmungen zur pragmatischen Gründen gelten Impfungen, die
Entschädigung (§§ 60 – 64 IfSG) und das Verfahren nicht dokumentiert sind, als nicht gegeben. Diese
informiert sowie auf das zuständige Versorgungs- Impfungen sollen entsprechend den STIKO-Emp-
amt hingewiesen werden. Informationen hierzu fehlungen nachgeholt werden. Nur in Ausnahme-
können auch von den regional zuständigen Versor- fällen sollten glaubwürdige mündliche Angaben zu
gungsämtern selbst eingeholt werden. früher erfolgten Impfungen berücksichtigt werden.

4.10 Lieferengpässe von Impfstoffen ▶▶ Kinder und Jugendliche, die ungeimpft sind
Das PEI informiert seit Oktober 2015 auf seinen In- bzw. deren Impfstatus unklar ist, sollten Imp-
ternetseiten über Lieferengpässe von Impfstoffen fungen gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis
und die voraussichtliche Dauer der Nicht-Verfüg- sowie gegen Poliomyelitis, Masern, Mumps,
barkeit (www.pei.de/lieferengpaesse). Diese Infor- ­Röteln, Varizellen, Hepatitis B, Meningokok-
mationen beruhen auf Mitteilungen der pharma- ken C und HPV (ab dem Alter von 9 Jahren) be­
zeutischen Unternehmen, die einen Lieferengpass kommen. Säuglinge sollten zusätzlich gegen
melden, sobald die Lieferkette für die Auslieferung Rota­viren (Abschluss der Impfserie bis zum
eines Impfstoffes für einen Zeitraum von mindes- ­Alter von 24 Wochen [Rotarix] bzw. 32 Wochen
tens 2 Wochen unterbrochen ist. In Absprache mit [RotaTeq] und Säuglinge und Kleinkinder gegen
dem RKI und der STIKO informiert das PEI außer- Pneumokokken (bis zum Alter von 24 Monaten)
dem darüber, welche alternativen Impfstoffe dersel- und H­ aemophilus influenzae Typ b (S. 16 f.)
ben Zusammensetzung verfügbar sind und verwen- (bis zum Alter von 4 Jahren) geimpft werden.
det werden können. Kinder, bei denen eine Grundimmunisierung
gegen ­Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Polio­
Ist kein Impfstoff mit gleicher Antigenzusammen- myelitis dokumentiert ist, benötigen eine einma-
setzung verfügbar, gibt die STIKO einen Hand- lige Auffrischimpfung im Abstand von 5 Jahren
lungshinweis, wie die erforderliche Impfung unter zur Grundimmunisierung.
Verwendung anderer Impfstoffe erfolgen kann
(www.rki.de > Kommissionen > Ständige Impfkom- ▶▶ Ungeimpfte Erwachsene bzw. Erwachsene mit
mission > Lieferengpässe). unklarem Impfstatus sollten Erstimmunisierun-
gen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und
4.11 Impfempfehlungen für MigrantInnen Poliomyelitis erhalten. Erwachsene, die bereits
und  Asylsuchende nach Ankunft in eine Grundimmunisierung gegen Tetanus,
Deutschland Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis aufwei-
In Deutschland lebende MigrantInnen und Asyl­ sen, sollen in 10-jährigem Abstand zur vorange-
suchende sollen entsprechend den STIKO-Empfeh- gangenen Impfung eine Tdap-IPV-Auffrischimp-
lungen altersgerecht geimpft sein. Asylsuchende fung bekommen. Nach 1970 Geborene ­sollten
stammen oftmals aus Ländern oder gehören zu Be- einmalig gegen Masern (MMR) geimpft werden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 36

Frauen im gebärfähigen Alter sollten zweimal in Deutschland können folgende Ziele erreicht wer-
gegen Röteln (MMR) und seronegative Frauen den:
mit Kinderwunsch zweimal gegen ­Varizellen
geimpft werden. Ab dem Alter von 6 ­ 0 Jahren ist ▶▶ individueller Impfschutz und Schließen von
zusätzlich eine Pneumokokken-­­Impfung und Impflücken;
jährlich im Herbst eine ­Influenza-Impfung ▶▶ Begrenzung oder Verhinderung von Ausbrüchen

­empfohlen. impfpräventabler Erkrankungen in den Unter-


künften;
Für die Aufklärung der zu impfenden Person über ▶▶ Verhinderung einer schwer erreichbaren un-

die zu verhütende Krankheit und die geplante Imp- geimpften Bevölkerungsgruppe.


fung stellt das RKI Informationsmaterialien ein-
schließlich Einwilligungserklärungen zu verschie- Die Situation (Größe der Unterkunft, Verweildauer,
denen Impfungen (Hepatitis A, Hepatitis B, Herpes Ressourcen) und auch die Organisation von Impf­
zoster (Totimpstoff), HPV, Influenza, MMR, Menin- angeboten ist in den Erstaufnahmeeinrichtungen
gokokken C, Varizellen, Pneumokokken, Rotavirus, und Gemeinschaftsunterkünften sehr unterschied-
Tdap-IPV, 6-fach-Impfung [DTaP-IPV-Hib-HepB]) lich. Wenn möglich, sollte das Angebot alle von der
in mehreren (aktuell 19) Sprachen im Internet zur STIKO empfohlenen Impfungen beinhalten. In
Verfügung: www.rki.de > Infektionsschutz > Imp- Einrichtungen, in denen die Umsetzung der
fen > Informations­materialien zum Impfen. ­STIKO-Empfehlungen durch kurze Verweildauern
erschwert ist, da ggf. nur ein Impftermin möglich
Die Kostenübernahme für öffentlich empfohlene ist, sollte eine Priorisierung der Impfungen
Schutzimpfungen ist bei Asylsuchenden durch das ­erfolgen.
Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG § 4 Abs. 3)
geregelt. Bei allen anderen MigrantInnen werden Tabelle 4 (S. 37) führt die Impfungen auf, die pri-
Impfungen in der Regel von der jeweiligen Kran- oritär und frühzeitig (möglichst in den ersten Ta-
kenversicherung übernommen. gen) nach Ankunft und Aufnahme in die Einrich-
tung begonnen werden sollten. Nach dem Verlassen
Empfehlungen zu Impfungen in Erstaufnahmeein- der Unterkünfte soll die Vervollständigung der
richtungen für Asylsuchende und in anderen Grundimmunisierung bzw. der Beginn neuer Imp-
Gemeinschaftsunterkünften mit beengten fungen altersentsprechend auf Basis der Nachho-
­Wohnbedingungen limpfempfehlungen (s. Kapitel 6.10) durch die nie-
Das Zusammenleben über einen längeren Zeit- dergelassenen ÄrztInnen oder durch den ÖGD am
raum unter beengten Wohnbedingungen (z. B. in späteren Aufenthaltsort erfolgen.
Erstaufnahmeeinrichtungen für AsylbewerberIn-
nen) erhöht die Wahrscheinlichkeit für Ausbrüche Die allgemeinen Hinweise der STIKO zur Durch-
von Infektionskrankheiten. Durch eine wachsende führung von Schutzimpfungen sollen berücksich-
Zahl unzureichend geimpfter Personen kann sich tigt werden (Kapitel 4.1). Falls in der Einrichtung
eine epidemiologisch relevante, ungeschützte Impfstoffe nicht in ausreichender Menge zur Verfü-
­Bevölkerungsgruppe entwickeln, bei der sich die gung stehen, sollten Kinder bevorzugt geimpft wer-
Schließung von Impflücken aufgrund des dezentra- den. Riegelungsimpfungen zur Eindämmung von
len Gesundheitssystems und der notwendigen Ei- Ausbrüchen impfpräventabler Erkrankungen soll-
genverantwortung in Deutschland schwierig gestal- ten prioritär verabreicht und eventuell mit anderen
ten kann. In den Erstaufnahmeeinrichtungen und notwendigen Impfungen kombiniert werden.
Gemeinschaftsunterkünften besteht hingegen ein
guter Zugang durch den öffentlichen Gesundheits- Aufgrund des engen Zusammenlebens in Erstauf-
dienst (ÖGD) oder durch vom ÖGD beauftragte nahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunter-
ÄrztInnen zur gezielten Schließung von Impf­ künften besteht ein erhöhtes Risiko für Influenza-­
lücken. Durch frühzeitige Impfungen nach Ankunft Ausbrüche. Es kann daher durch die lokalen Ge-
sundheitsbehörden erwogen werden, über die
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 37

Tabelle 4: Priorisierung des Impfangebotes für unge­


impfte Asylsuchende und Asylsuchende mit unklarem 02/2020) 21. Bei angestellten MitarbeiterInnen ist
Impfstatus am ersten Impftermin frühzeitig nach Ankunft die ArbMedVV zu beachten.

Alter zum Zeitpunkt der


1. Impfung
1. Impftermin# Ferner empfiehlt die STIKO die folgenden berufli-
chen Indikationsimpfungen für MitarbeiterInnen
mit erhöhtem Expositionsrisiko in den Einrichtun-
2 – 8 Monate DTaP-IPV-Hib-HBV1
gen; die Impfindikation ist auf Grundlage einer Ein-
DTaP-IPV-Hib-HBV1
schätzung des tatsächlichen Expositionsrisikos zu
9 Monate – 4 Jahre stellen:
MMR-V2

Tdap-IPV
5 Jahre – 17 Jahre
▶▶ Hepatitis A
MMR-V ▶▶ Hepatitis B

▶▶ Auffrischimpfung gegen Poliomyelitis, falls


Tdap-IPV3
Erwachsene, die nach 1970
geboren sind
MMR4
letzte Impfung vor mehr als 10 Jahren
▶▶ Influenza (in der Saison)

Erwachsene, die vor 1971


Tdap-IPV3
geboren sind
4.12 Hinweise zur Kostenübernahme von
Schutzimpfungen
Zusätzliche Indikations-
impfung für: Für die Kostenübernahme von Schutzimpfungen
Influenza
• Schwangere ab 2. Trimenon kommen verschiedene Träger in Frage. Welche
(zusätzlich zu obigen
• Personen ab 60 Jahren
Impfungen) Impfungen als Pflichtleistung von allen gesetzli-
• Kinder und Erwachsene mit
chronischen Krankheiten5
chen Krankenkassen übernommen werden, ist im
Jahr 2007 neu geregelt worden. Nach § 20i Abs. 1
# Die hier genannten Impfstoffe können zeitgleich verabreicht werden.
1. Es kann auch ein Fünffach-Impfstoff verwendet werden.
Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leis-
2. Bei Kindern unter 5 Jahren kann erwogen werden, statt des MMR-V-­
tungen für Schutzimpfungen im Sinne des
Kombinationsimpfstoffs zum 1. Impftermin MMR- und Varizellen-Impfstoff
getrennt zu verabreichen. § 2 Nr. 9 des IfSG. Die Einzelheiten zur Leistungs-
3. Schwangerschaft stellt keine Kontraindikation dar.

4. Nicht in der Schwangerschaft.


pflicht für Schutzimpfungen (Voraussetzungen, Art
5. Bei unklarer Anamnese großzügige Indikationsstellung zur Impfung. und Umfang) hat der Gemeinsame Bundesaus-
schuss (G-BA) auf der Basis der Empfehlungen der
­ TIKO-Empfehlung hinausgehend in den Herbst-
S STIKO in einer Schutzimpfungs-Richtlinie festzu-
und Wintermonaten nicht nur den Risikogruppen, legen (www.g-ba.de). Dabei soll die besondere Be-
sondern allen BewohnerInnen eine Impfung gegen deutung der Schutzimpfungen für die öffentliche
die saisonale Influenza anzubieten. Gesundheit berücksichtigt werden. Gemäß §  20i
Abs. 1 Satz 2 SGB V gilt Satz 1 für Schutzimpfungen,
Empfehlungen zur Impfung von MitarbeiterInnen die wegen eines erhöhten Gesundheitsrisikos durch
in Erstaufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschafts- einen Auslandsaufenthalt indiziert sind, nur dann,
unterkünften wenn der Auslandsaufenthalt beruflich oder durch
MitarbeiterInnen (inkl. beispielsweise ehrenamt- eine Ausbildung bedingt ist oder wenn zum Schutz
liche HelferInnen), die in Erstaufnahmeeinrich- der öffentlichen Gesundheit ein besonderes Interes-
tungen oder Gemeinschaftsunterkünften tätig se daran besteht, der Einschleppung einer übertrag-
sind, sollen gemäß den aktuellen Impfempfeh- baren Krankheit in die Bundesrepublik Deutsch-
lungen der STIKO geimpft werden. Der Impfsta- land vorzubeugen. Nach § 20 i Absatz 1 Satz 3 und 4
tus gegen Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis, SGB  V bestimmt der G-BA in Richtlinien nach § 92
Pertussis sowie für nach 1970 Geborene gegen SGB V Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und
Masern, Mumps und Röteln sollte möglichst auf Umfang der Leistungen auf der Grundlage der
Basis des Eintrages im Impfausweis geprüft wer- ­STIKO-Empfehlungen gemäß § 20 Abs. 2 IfSG un-
den. Ein Impfschutz gegen Varizellen ist allen ter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung der
Sero­negativen empfohlen (siehe Epid. Bull. Schutzimpfungen für die öffentliche Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 38

Abweichungen von den Empfehlungen der STIKO darf z. B. ein Arbeitgeber nach § 3 Abs. 3 Arbeits-
sind besonders zu begründen. schutzgesetz die Kosten für Arbeitsschutzmaßnah-
men nicht den Beschäftigten auferlegen. Zu den Ar-
Kommt eine Entscheidung nicht innerhalb von beitsschutzmaßnahmen gehören Impfungen, die
2 Monaten nach Veröffentlichung der Empfehlun- gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)/Biostoffver-
gen der STIKO zustande, müssen die von der ordnung (BioStoffV)/Verordnung zur arbeitsmedi-
­STIKO empfohlenen Schutzimpfungen von den zinischen Vorsorge (ArbMedVV) anzubieten sind.
Krankenkassen erstattet werden, bis die Richtlinie Das Impfangebot richtet sich insbesondere nach
vorliegt. Die Krankenkassen können in ihren Sat- dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung.
zungsleistungen die Kostenübernahme auch für
Schutz­impfungen vorsehen, die nicht Bestandteil Die in den STIKO-Empfehlungen mit „B“ gekenn-
der Richtlinie des G-BA sind. Außerdem haben die zeichneten Impfungen umfassen auch solche für
Krankenkassenverbände auf Landesebene gemein- Berufsgruppen, die den genannten Verordnungen
sam und einheitlich Vereinbarungen mit den für die nicht unterliegen. Ebenso werden in dieser Katego-
Durchführung von Impfungen zuständigen Behör- rie auch Impfungen aufgeführt, die vorrangig zum
den der Länder zu treffen, in denen die Förderung Schutz Dritter indiziert sind. Selbst wenn die ge-
der Schutzimpfungen und die Erstattung von Impf- nannten Verordnungen in diesen Fällen nicht grei-
stoffkosten geregelt werden. fen, sollten betroffene Arbeitgeber diese Impfungen
in ihrem eigenen Interesse anbieten, da hierdurch
Für die Kostenübernahme von Schutzimpfungen eventuellen Regressansprüchen entgegengewirkt
kommen außer den Krankenkassen weitere Träger werden kann bzw. Kosten für Ausfallzeiten von Be-
in Frage. Zu diesen zählen der Öffentliche Gesund- schäftigten entfallen. Inwieweit die mit „B“ gekenn-
heitsdienst (ÖGD) für Schutzimpfungen nach § 20 zeichneten Empfehlungen eine Pflichtleistung der
Abs. 5 des IfSG sowie weitere aufgrund gesetzlicher GKV sind, richtet sich nach der Schutzimpfungs-
Vorschriften benannte Stellen (z. B. Arbeitgeber). So Richt­linie des G-BA.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 39

5. Postexpositionelle Impfungen bzw. andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe


übertragbarer Krankheiten

5.1 Übersicht
Zusätzlich zu den Empfehlungen der Standard- und Weiterverbreitung der Infektionskrankheit zu ver-
Indikationsimpfungen gibt die STIKO Empfehlun- hindern oder den Verlauf einer Erkrankung abzu-
gen zu postexpositionellen Impfungen und zu an- mildern. Als Präventionsmaßnahmen werden die
deren Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe von postexpositionelle Impfung, die passive Immunisie-
Kontaktpersonen im privaten und beruflichen Be- rung durch die Gabe von Immunglobulinen oder
reich sowie in Gemeinschaftseinrichtungen. Diese eine Chemoprophylaxe aufgeführt. Informationen
beinhalten Hinweise, wie unzureichend geschützte zur Postexpositionsprophylaxe einzelner Infektions-
Personen nach dem Kontakt zu bestimmten Infek- krankheiten finden sich auch in den „RKI-Ratge-
tionserregern geschützt werden können, um die bern“ (www.rki.de/ratgeber).

Tabelle 5:  Postexpositionelle Impfungen sowie andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe
Prophylaxe Indikation Anmerkungen
gegen (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Diphtherie Für Personen mit engem (face to face) Kontakt zu Erkrankten. Chemoprophylaxe:
Unabhängig vom Impfstatus präventive antibiotische
Therapie, z. B. mit Erythromycin (s. RKI-Ratgeber
„Diphtherie“, www.rki.de/ratgeber > Diphtherie).
Postexpositionelle Impfung, wenn letzte Impfung
> 5 Jahre zurückliegt.
Bei Epidemien oder regional erhöhter Morbidität. Impfung entsprechend den Empfehlungen der Gesundheits-
behörden.
Haemophilus Nach engem (face-to-face) Kontakt zu PatientInnen mit Chemoprophylaxe:
influenzae invasiver Haemophilus-influenzae-Typ-b-Infektion wird eine Rifampicin:
Typ b Chemoprophylaxe empfohlen:
(Hib) ab 1 Monat: 1 x 20 mg/kg KG (maximal 600 mg)
▶▶ füralle Haushaltsmitglieder der PatientInnen ab einem p. o. für 4 Tage
Alter von 1 Monat, wenn sich dort ein ungeimpftes oder
unzureichend geimpftes Kind im Alter bis zu 4 Jahren oder Erwachsene: 1 x 600 mg p. o. für 4 Tage
aber eine Person mit relevanter Immundefizienz bzw. Da bei Schwangeren die Gabe von Rifampicin kontraindiziert ist,
-suppression befindet, kommt hier zur Prophylaxe ggf. Ceftriaxon in Frage
(1 x 250 mg i. m.).
▶▶ für
ungeimpfte in Gemeinschaftseinrichtungen
exponierte Kinder bis 4 Jahre, Falls eine Prophylaxe indiziert ist, sollte sie zum frühest-
möglichen Zeitpunkt, spätestens 7 Tage nach Beginn der
▶▶ füralle Kinder unabhängig von Impfstatus und Alter sowie Erkrankung des Indexfalls, begonnen werden.
für BetreuerInnen derselben Gruppe einer Gemeinschafts- Zusätzlich zur Chemoprophylaxe sollten ungeimpfte oder
einrichtung für Kleinkinder, wenn dort innerhalb von etwa unvollständig geimpfte Kinder ≤ 4 Jahren gegen Hib
2 Monaten ≥ 2 Fälle aufgetreten sind und in der nachgeimpft werden.
Einrichtung nicht oder nicht ausreichend geimpfte Kinder
betreut werden.
Hepatitis A Kontakt zu Hepatitis-A-Kranken (vor allem in Gemeinschafts- Postexpositionelle Impfung mit monovalentem HAV-Impfstoff
(HA) einrichtungen). innerhalb von 14 Tagen nach Exposition:
Nach einer Exposition von Personen, für die eine Hepatitis A
eine besonders große Gefahr darstellt (z. B. chronisch HBV-
oder HCV-Infizierte), sollte simultan mit der 1. Impfung ein
Immunglobulin-Präparat gegeben werden. (s. a. RKI-Ratgeber
„Hepatitis A“, www.rki.de/ratgeber > Hepatitis A)
Hepatitis B Verletzungen mit möglicherweise HBV-haltigen Gegenständen s. postexpositionelle Hepatitis-B-Immunprophylaxe, S. 42.
(HB) (z. B. Nadelstich) oder Blutkontakt mit Schleimhaut oder
nichtintakter Haut.
Neugeborene HBsAg-positiver Mütter oder von Müttern mit s. Anmerkungen zu einzelnen Impfungen, S. 14.
unbekanntem HBsAg-Status (unabhängig vom Geburts-
gewicht).
Masern Personen mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit Impfung mit einem MMR(V)*-Impfstoff möglichst innerhalb
nur einer Impfung in der Kindheit nach Kontakt zu Masern- von 3 Tagen nach Exposition; zur Anzahl der Impfstoffdosen
kranken: und den Zeitpunkten der Verabreichung sind folgende
altersspezifischen Hinweise zu beachten. geändert am
*
MMR(V) = MMR mit oder ohne Ko-Administration von VZV-Impfung.
26.08.2020
(s. auch
▶▶ im ▶▶ Impfung;
Alter von 6 – 8 Monaten: ausnahmsweise nach Impf­kalender
individueller Risiko-Nutzen-Abwägung (Off-label-use). die 2. und 3. Impfung soll im Alter von 11 – 14 und
auf S. 6)
15 – 23 Monaten erfolgen.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 40

(Fortsetzung Tabelle 5)

Prophylaxe Indikation Anmerkungen


gegen (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Masern
(Fortsetzung) ▶▶ im ▶▶ 1.
Alter von 9 – 10 Monaten. Impfung;
die 2. Impfung soll zu Beginn des zweiten
Lebensjahres erfolgen.

▶▶ im Alter von 11 Monaten – 17 Jahren. ▶▶ Ungeimpfte bzw. Personen mit unklarem Impfstatus erhal-
ten eine zweimalige Impfung im Abstand > 4 Wochen;
bisher einmal Geimpfte erhalten eine Impfung.

▶▶ im Alter von ≥ 18 Jahren, nach 1970 Geborene. ▶▶ Ungeimpfte bzw. Personen mit unklarem Impfstatus oder
mit nur einer Impfung in der Kindheit erhalten eine
einmalige Impfung.
Ungeschützte Personen mit hohem Komplikationsrisiko Postexpositionelle Gabe von Standardimmunglobulinen
bei kontraindizierter aktiver Impfung nach Kontakt zu Masern- (Off-label-use) so schnell wie möglich, möglichst innerhalb
kranken: von 6 Tagen nach Exposition: 1 x 400 mg/kg KG intravenös.
▶▶ Säuglinge im Alter von < 6 Monaten, Bei 6 – 8 Monate alten Säuglingen kann nach individueller
Risiko-Nutzen-Abwägung statt der 1. aktiven Impfung eine
▶▶ Empfängliche Schwangere, passive Immunisierung mit Immunglobulinen erwogen
▶▶ Immundefiziente. werden, z. B. wenn der Kontakt länger als 3 Tage her ist.
Nach Immunglobulingabe ist die MMR-Impfung für 8 Monate
nicht sicher wirksam. Dies sollte bei der Indikationsstellung
berücksichtigt werden (s. a. Epid. Bull. 2/2017).
Meningo- Für Personen mit engem Kontakt zu einer Person, die an einer Chemoprophylaxe:
kokken invasiven Meningokokken-Infektion (alle Serogruppen) Rifampicin:
erkrankt ist, wird eine Chemoprophylaxe empfohlen. Neugeborene: 2 x 5 mg/kg KG p. o. für 2 Tage
Hierzu zählen: Säuglinge, Kinder und Jugendliche bis 60 kg:
▶▶ alle Haushaltskontakte der PatientInnen, 2 x 10 mg/kg KG (max. ED 600 mg) p. o. für 2 Tage
Jugendliche und Erwachsene ab 60 kg:
▶▶ Personen mit Kontakt zu oropharyngealen Sekreten einer 2 x 600 mg p. o. für 2 Tage
erkrankten Person, Eradikationsrate: 72 – 90 %
▶▶ Kontaktpersonen in Kindereinrichtungen mit Kindern unter oder:
6 Jahren (bei guter Gruppentrennung nur die betroffene Ciprofloxacin:
Gruppe), ab 18 Jahren: 1 x 500 mg p. o.
▶▶ Personen mit engen Kontakten in Gemeinschaftseinrich- Eradikationsrate: 90 – 95 %
tungen mit haushaltsähnlichem Charakter (Internate, ggf. Ceftriaxon:
Wohnheime sowie Kasernen). von 2 – 12 Jahren: 1 x 125 mg i. m.
Die Chemoprophylaxe ist indiziert, falls enge Kontakte mit ab 12 Jahren: 1 x 250 mg i. m.
dem Indexfall in den letzten 7 Tagen vor dessen Erkrankungs- Eradikationsrate: 97 %
beginn stattgefunden haben. Sie sollte möglichst bald nach Da bei Schwangeren die Gabe von Rifampicin und Gyrase-
der Diagnosestellung beim Indexfall erfolgen, ist aber bis zu hemmern kontraindiziert ist, kommt bei ihnen zur Prophylaxe
10 Tage nach letzter Exposition sinnvoll. ggf. Ceftriaxon in Frage (1 x 250 mg i. m.).
Eine postexpositionelle Impfung wird zusätzlich zur Ein Indexfall mit einer invasiven Meningokokken-Infektion
Chemoprophylaxe ungeimpften Haushaltskontakten oder sollte nach Abschluss der Therapie ebenfalls Rifampicin
engen Kontakten mit haushaltsähnlichem Charakter erhalten, sofern er nicht intravenös mit einem Cephalosporin
empfohlen, wenn die Infektion des Indexfalls durch die der 3. Generation behandelt wurde.
Serogruppen A, C, W, Y oder B verursacht wurde. Die Impfung Postexpositionelle Impfung:
sollte sobald wie möglich nach Serogruppenbestimmung des
▶▶ Bei Serogruppe C:
Erregers beim Indexfall durchgeführt werden.
Impfung mit einem Konjugat-Impfstoff ab dem Alter von
2 Monaten nach den Angaben in den Fachinformationen
(s. S. 20 f.).
▶▶ BeiSerogruppe A, W oder Y:
Impfung mit Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff ,
sofern für Altersgruppe zugelassen (s. S. 20).
▶▶ BeiSerogruppe B:
Impfung mit einem Meningokokken-B-Impfstoff nach den
Angaben der Fachinformation, sofern für Altersgruppe zu-
gelassen (s. S. 20 f.).
(s. a. Neuerungen Epid. Bull. 33/2010 und Epid. Bull.
31/2012).

Mumps ▶▶ Ungeimpfte bzw. in der Kindheit nur einmal geimpfte Einmalige Impfung mit MMR-Impfstoff.
Personen oder Personen mit unklarem Impfstatus mit
Kontakt zu Mumpskranken; möglichst innerhalb von
3 Tagen nach Exposition.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 41

(Fortsetzung Tabelle 5)

Prophylaxe Indikation Anmerkungen


gegen (Packungsbeilage/Fachinformation beachten)

Pertussis ▶▶ Ungeimpfte Personen mit engen Kontakten zu einer er- Chemoprophylaxe mit einem Makrolid empfohlen (s. a.
krankten Person in Familie, Wohngemeinschaft oder einer RKI-Ratgeber „Pertussis“ unter www.rki.de/ratgeber >
Gemeinschaftseinrichtung. Pertussis).
▶▶ Geimpfte Personen mit engen Kontakten zu einer erkrank-
ten Person, wenn sich in ihrer Umgebung gefährdete Per-
sonen (wie z. B. ungeimpfte oder nicht vollständig geimpfte
Säuglinge, Kinder mit kardialen oder pulmonalen Grundlei-
den oder Schwangere im letzten Trimenon) befinden.
Poliomyelitis Alle Kontaktpersonen von Poliomyelitis-Erkrankten unab- Postexpositionelle Impfung mit IPV ohne Zeitverzug.
hängig von ihrem Impfstatus. Sofortige umfassende Ermittlung und Festlegung von
Maßnahmen durch die Gesundheitsbehörde.
Ein Sekundärfall ist Anlass für Riegelungsimpfungen. Riegelungsimpfung mit IPV und Festlegung weiterer Maßnah-
men durch Anordnung der Gesundheitsbehörden.
Tetanus s. Tabelle 7, S. 44

Tollwut s. Tabelle 8, S. 45

Varizellen 1. Bei ungeimpften Personen mit negativer Varizellen- Postexpositionelle Impfung innerhalb von 5 Tagen nach
Anamnese und Kontakt zu Risikopersonen Exposition* * oder innerhalb von 3 Tagen nach Beginn des
Exanthems beim Indexfall. Unabhängig davon sollte der
Kontakt zu Risikopersonen (wie z. B. die unter 2. Genannten)
unbedingt vermieden werden.
2. Personen mit erhöhtem Risiko für Varizellen- Postexpositionelle Gabe von Varizella-zoster-Immunglobulin
Komplikationen, dazu zählen: (VZIG) sobald wie möglich und nicht später als 96 h nach
▶▶ ungeimpfte Schwangere ohne Varizellen-Anamnese, Exposition.* * VZIG kann den Ausbruch einer Erkrankung ver-
hindern oder deutlich abschwächen.
▶▶ immunkompromittierte Personen mit unsicherer oder feh- Für Applikation und Dosierung von VZIG sind die Angaben in
lender Varizellen-Immunität, den Fachinformationen zu beachten!
▶▶ Neugeborene, deren Mütter 5 Tage vor bis 2 Tage nach der Die postexpositionelle Gabe von VZIG kann ggf. in Verbin-
Entbindung an Varizellen erkrankten, dung mit antiviraler Chemoprophylaxe erfolgen.
▶▶ Frühgeborene ab der 28. Schwangerschaftswoche, deren * *
Exposition heißt:
Mütter keine Immunität aufweisen, nach Exposition in der ▶▶ 1 Stunde oder länger mit infektiöser Person in einem Raum,
Neonatalperiode, ▶▶ face-to-face-Kontakt,
▶▶ Haushaltskontakt.
▶▶ Frühgeborene,die vor der 28. Schwangerschaftswoche
geboren wurden, nach Exposition in der Neonatalperiode,
unabhängig vom Immunitätsstatus der Mutter.

5.2 Impfungen bei gehäuftem Auftreten oder Ausbrüchen von Meningokokken-Erkrankungen


▶▶ Unter einem „Ausbruch von Meningokokken-­ In Ergänzung zur Antibiotikaprophylaxe für enge
Erkrankungen“ versteht man 2 oder mehr Er- Kontaktpersonen (s. Tab. 5, S. 39, sowie Empfeh-
krankungen der gleichen Serogruppe binnen 4 lungen der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische
Wochen in einer Kindereinrichtung, Schulklas- Infektiologie – DGPI – oder des Nationalen Ref­er­
se, Spielgruppe oder einer Gemeinschaftsein- enz­zentrums für Meningokokken sowie im RKI-­
richtung mit haushaltsähnlichem Charakter Ratgeber „Meningokokken“) können die zuständi-
(Wohnheim, Internat, Militärkaserne u. a.); gen Gesundheitsbehörden zusätzlich eine Impf­
▶▶ unter „regional gehäuftem Auftreten“ versteht prophylaxe empfehlen, sofern das gehäufte Auftre-
man 3 oder mehr Erkrankungen der gleichen ten oder der Ausbruch durch einen impfpräventablen
Serogruppe binnen 3 Monaten: Stamm hervorgerufen wurde. Begründet ist die
• in einem begrenzten Alterssegment der Impfprophylaxe dadurch, dass die Möglichkeit des
Bevölkerung (z. B. Jugendliche) eines Ortes Auftretens weiterer Erkrankungen bis zu einigen
oder Monaten nach Beginn der ersten Erkrankungen be-
• in einer Region mit einer resultierenden steht.
Inzidenz von ≥ 10/100.000 der
jeweiligen Bevölkerung.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 42

Einbeziehen kann man bei einem Ausbruch in Ana- Die weiteren Maßnahmen hängen vom HBsAg-­
logie zur Antibiotikaprophylaxe die engen Kontakt- Status des Indexfalls ab:
personen in den Haushalten der Erkrankten und de-
ren Intimpartner sowie die engen Kontaktpersonen 1. Der Indexfall ist HBsAg-negativ: Weitere Maß-
in Kindereinrichtungen, Schulklassen, Spielgrup- nahmen bzgl. Hepatitis B erübrigen sich (s.* un-
pen und in Gemeinschaftseinrichtungen mit haus- ten, S. 43). Sind Exponierte ungeimpft oder
haltsähnlichem Charakter. unvollständig geimpft, sollte die Grundimmuni-
sierung begonnen bzw. komplettiert werden.
Bei regional gehäuftem Auftreten ist die Entschei- 2. Der Indexfall ist HBsAg-positiv: Das weitere
dung der zuständigen Gesundheitsbehörden in Ab- Vorgehen ist abhängig vom Impfstatus der Ex-
wägung der epidemiologischen und zeitlichen Zu- ponierten und ist weiter unten erläutert.
sammenhänge der Erkrankungen, ihrer Altersver- 3. Der HBsAg-Status des Indexfalls ist unbekannt:
teilung, des Grades der öffentlichen Besorgnis und Hier sollte umgehend (innerhalb von 48 h)
der Machbarkeit der Maßnahmen zu treffen. ­HBsAg beim Indexfall bestimmt werden. In
­Abhängigkeit vom Testergebnis sollte wie unter
Für die Impfungen können die zugelassenen Impf- 1. bzw. 2. beschrieben vorgegangen werden. Ist
stoffe eingesetzt werden, die mit der den Ausbruch eine Testung nicht innerhalb von 48 h oder gar
verursachenden Meningokokken-Serogruppe korre- nicht möglich (z. B. Stich erfolgte durch Kanüle
spondieren (s. S. 20 f. Anmerkungen zu Menin-
   im Müllsack), wird der Indexfall grundsätzlich
gokokken). als HBsAg-positiv eingestuft, d. h. weiteres Vor-
gehen abhängig vom Impfstatus der Exponier-
Bei jedem Verdacht auf eine Meningokokken­- ten (s. u.).
Meningitis sollte deshalb umgehend Material zur Das nachfolgend beschriebene Vorgehen ist zusätz-
Erregerisolierung an ein geeignetes Labor gesendet lich in Form eines Fließschemas (s. Abb. 1, S. 43)
werden. Das Gesundheitsamt sollte auf die mög- dargestellt.
lichst schnelle Übersendung der isolierten Menin-
gokokken an das NRZ dringen, um deren Feintypi- Für vollständig geimpfte Exponierte gilt:
sierung zu gewährleisten und bei einer Häufung Vorgehen in Abhängigkeit vom letzten Anti-HBs-
eine Impfprävention empfehlen zu können. Wert:

5.3 Postexpositionelle Hepatitis-B­ ▶▶ Anti-HBs wurde innerhalb der letzten 10 Jahre


Immunprophylaxe ­gemessen:
Im Fall einer Exposition gegenüber dem Hepatitis-B-­ • Anti-HBs war ≥ 100 IE/l: keine Maßnahmen

Virus (HBV) ist eine schnelle Prophylaxe erforderlich. • Anti-HBs war 10 –   99 IE/l: Sofortige Bestim-

Die nachfolgenden Hinweise sind für die arbeitsmedizi- mung des aktuellen Anti-HBs-Wertes, das
nische Anwendung formuliert und können analog auf weitere Vorgehen ist vom Testergebnis abhän-
andere Bereiche übertragen werden. gig (s. Tab. 6,  S. 44).
• Anti-HBs war < 10 IE/l: Blutentnahme

Ein Infektionsrisiko besteht bei Stich- und Schnitt- (Bestimmung von: HBsAg, Anti-HBc,
verletzungen (insbesondere mit Hohlnadeln) und Anti-HBs), danach sofort simultane Gabe von
bei Blutkontakt mit Schleimhaut oder nicht intakter HB-Impfstoff und HB-Immunglobulin, ohne
Haut. Jedes Ereignis dieser Art (z. B. im Gesund- das Testergebnis abzuwarten (s.* * u.). Ausnah-
heitsdienst bei der Tätigkeit an PatientInnen, nach- me: Wenn zu einem früheren, d. h. mehr als
folgend als Indexfall bezeichnet) sollte durch die Be- 10 Jahre zurückliegenden Zeitpunkt schon
schäftigten (nachfolgend als Exponierte bezeichnet) einmal ein Anti-HBs ≥ 100 IE/l gemessen
als Arbeitsunfall gemeldet werden. Der HBsAg-Sta- wurde, sollte nur HB-Impfstoff (kein HB-Im-
tus des Indexfalls und der HBV-Impfstatus der Ex- munglobulin) gegeben werden
ponierten sollten ermittelt werden. (s. a. Fließschema Abb. 1, S. 43).
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 43

▶▶ Anti-HBs wurde zuletzt vor mehr als 10 Jahren oder Für ungeimpfte Exponierte und bekannte „Non-­
noch nie gemessen (oder Ergebnis ist u
­ nbekannt): Responder“ (d. h. dauerhaft Anti-HBs < 10 IE/l) gilt:
Sofortige Bestimmung des aktuellen Anti-­HBs- ▶▶ Blutentnahme (Bestimmung von: HBsAg, Anti-­

Wertes. Das weitere Vorgehen ist vom Testergeb- HBc, Anti-HBs), danach sofort simultane Gabe
nis abhängig (s. Tab 6, S. 44). von HB-Impfstoff und HB-Immunglobulin,
ohne das Testergebnis abzuwarten (s.* * u.).
Für unvollständig geimpfte Exponierte gilt: ▶▶ Bei ungeimpften Personen sollten 2 weitere

▶▶ Sofortige Bestimmung des aktuellen Anti­-HBs- Impfstoffdosen (im Anschluss an die Erstimp-
Wertes. Das weitere Vorgehen ist vom Testergeb- fung) nach dem üblichen Impfschema gegeben
nis abhängig (s. Tab. 6, S. 44). werden, um eine vollständige Grundimmuni­
▶▶ Durchführung der fehlenden Impfungen (gege- sierung zu erreichen. Die Antikörperantwort auf
benenfalls kann ein verkürztes Impfschema an- die HB-Impfung wird durch eine ggf. erfolgte
gewandt werden, s. Fachinformation). ­simultane Immunglobulingabe nicht
­beeinträchtigt.
*
 ehr selten können auch HBsAg-negative Personen infektiös sein. Aus
S
Kosteneffektivitätsgründen scheint eine routinemäßige Testung aller Indexfälle
auf HBV-DNA nicht praktikabel.
* *
Ein isoliert positives Ergebnis des Anti-HBc-Tests erfordert u. U. weitere
diagnostische Abklärung. Eine erforderliche Impfung darf dadurch nicht
verzögert werden.

Abbildung 1:  Vorgehen zur postexpositionellen Hepatitis-B-Immunprophylaxe (Einzelheiten s. Text)

Ja Nur
Impfstoff
Anti-HBs War
innerhalb der Anti-HBs war < 10 IE/l Anti-HBs
letzten jemals
10 Jahre ≥ 100 IE/l?
gemessen Nein Impfstoff
und
Immunglobulin
Vollständig
geimpft

Anti-HBs vor
Anti-HBs war ≥ 100 IE/l
> 10 Jahren
oder nie
gemessen Keine
Aktuelles Anti-HBs ≥ 100 IE/l Maßnahmen

Anti-HBs war 10 – 99 IE/l

Anti-HBs- Aktuelles Anti-HBs 10 – 99 IE/l


Bestimmung
Unvollständig innerhalb von 48 h Nur
geimpft#  Impfstoff
Ja

Aktuelles War
Anti-HBs < 10 IE/l Anti-HBs
Ungeimpft #  jemals
oder Bestimmung ≥ 100 IE/l?
oder innerhalb von 48 h Nein
„Non-Respon- nicht möglich Impfstoff
der“ (dauerhaft und
Anti-HBs Immunglobulin
negativ bzw.
< 10 IE/l)

Bei unvollständig geimpften oder ungeimpften Personen sollte die Grundimmunisierung komplettiert werden.
# 
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 44

Tabelle 6: Hepatitis-B-Immunprophylaxe nach Exposition in Abhängigkeit vom aktuellen Anti-HBs-Wert (Fließschema


Abb. 1, S. 43 und Text beachten!)

Erforderlich ist die Gabe von


Aktueller Anti-HBs-Wert
HB-Impfstoff HB-Immunglobulin

≥ 100 IE/l Nein Nein

10 – 99 IE/l Ja Nein

und Anti-HBs war ≥ 100 IE/l zu einem früheren


Ja Nein
Zeitpunkt
< 10 IE/l oder nicht innerhalb von 48
Stunden zu bestimmen
und Anti-HBs war nie ≥ 100 IE/l oder
Ja Ja
unbekannt

5.4 Postexpositionelle Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall


Auch Bagatellverletzungen können Eintrittspforten für Clostridium tetani und dessen Sporen sein und sollten
immer Anlass für behandelnde ÄrztInnen sein, den Tetanus-Impfstatus zu überprüfen. Falls erforderlich,
sind postexpositionelle Tetanus-Impfungen unverzüglich durchzuführen. Fehlende Impfungen der Grundim-
munisierung sind unbedingt nachzuholen (Kapitel 6.10 „Altersabhängige Empfehlungen zur Durchführung
von Nachholimpfungen“).

Tabelle 7: Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall


Dokumentierter Tetanus-­ Zeit seit letzter Impfung TDaP/Tdap2,5 Tetanusimmunglobulin
Impfstatus (TIG)3
Saubere gering- Ungeimpft oder
Ja Ja
fügige Wunden unbekannt
< 3 Impfstoffdosen Ja4
Nein
≥ 10 Jahre Ja Nein
≥ 3 Impfstoffdosen
< 10 Jahre Nein Nein
Alle anderen < 3 Impfstoffdosen oder
Ja4
Ja
Wunden1 unbekannt
≥ 5 Jahre Ja Nein
≥ 3 Impfstoffdosen
< 5 Jahre Nein Nein

1.  iefe und/oder verschmutzte (mit Staub, Erde, Speichel, Stuhl kontaminierte)


T (c) Eindringen von Fremdkörpern (z. B. Biss-, Stich- oder Schusswunden);
Wunden, Verletzungen mit Gewebszertrümmerung und reduzierter (d) schweren Verbrennungen und Erfrierungen, Gewebsnekrosen und
Sauerstoffversorgung oder Eindringen von Fremdkörpern (z. B. Quetsch-, Riss-, septischen Aborten.
Biss-, Stich-, Schusswunden), schwere Verbrennungen und Erfrierungen, 4. Für PatientInnen, bei denen die Grundimmunisierung begonnen, aber noch
Gewebsnekrosen, septische Aborte. nicht abgeschlossen ist (z. B. Säuglinge), muss der Abstand zur letzten
2. Kinder unter 6 Jahren erhalten einen Kombinationsimpfstoff mit TDaP, ältere Impfstoffdosis berücksichtigt werden. Eine postexpositionelle Impfung am Tag
Kinder und Jugendliche Tdap. Erwachsene erhalten ebenfalls Tdap, wenn sie der Wundversorgung ist nur sinnvoll, wenn der Abstand zu der vorherge-
noch keine Pertussis-Impfung im Erwachsenenalter (≥ 18 Jahre) erhalten haben henden Impfstoffdosis mindestens 28 Tage beträgt. Bezüglich des Abschlusses
oder sofern eine aktuelle Indikation für eine Pertussis-Impfung besteht einer Grundimmunisierung gelten im Übrigen die Nachholimpfempfehlungen
(s.  Tab. 2, S. 12 f.). der STIKO.
3. TIG = Tetanus-Immunglobulin. Im Allgemeinen werden 250 IE TIG verabreicht. 5. Nach Mitteilungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
TIG wird simultan mit dem TDaP- bzw. Tdap-Impfstoff kontralateral appliziert. von April 2018 werden die Kosten für Tetanus-Kombinationsimpfungen generell
Die TIG-Dosis kann auf 500 IE erhöht werden bei: übernommen, soweit nach Empfehlungen der STIKO nach einem Arbeitsunfall
(a) infizierten Wunden, bei denen eine angemessene chirurgische Behandlung eine Tetanus-Prophylaxe erforderlich ist .
nicht innerhalb von 24 h gewährleistet ist; (b) tiefen oder kontaminierten
Wunden mit Gewebszertrümmerung und reduzierter Sauerstoffversorgung;
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 45

5.5 Postexpositionelle Tollwut-Immunprophylaxe


Ausführliche Informationen zur Tollwut-Epidemiologie in Deutschland finden sich im Epid. Bull. 8/2011.

Tabelle 8:  Postexpositionelle Tollwut-Immunprophylaxe

Art der Exposition durch ein Immunprophylaxe*


Art der Exposition (Fachinformation beachten)
Grad der tollwutverdächtiges oder
durch einen Tollwut-
Exposition tollwütiges Wild- oder Haustier
Impfstoffköder Nicht oder nur unvollständig Vollständig grundimmuni­
oder eine Fledermaus
vorgeimpfte Personen sierte Personen
I Berühren/Füttern von Tieren, Berühren von Impfstoff- Keine Impfung. Keine Impfung.
Belecken der intakten Haut. ködern bei intakter Haut.
II Nicht blutende, oberflächliche Kontakt mit der Impfflüs- Vollständige aktive Grundimmu- Aktive Immunisierung mit
Kratzer oder Hautabschürfun- sigkeit eines beschädigten nisierung bzw. Vervollständigung zwei Dosen im Abstand von
gen, Lecken oder Knabbern an Impfstoffköders an der begonnener Impfserie. 3 Tagen.
der nicht intakten Haut. nicht intakten Haut.
III Bissverletzungen oder Kratz-​ Kontamination von Verabreichung von Tollwut- Aktive Immunisierung mit
wunden, Kontakt von Schleim-​ Schleimhäuten und fri-​ Immunglobulin (20 IE/kg zwei Dosen im Abstand von
häuten oder Wunden mit schen Hautverletzungen Körpergewicht), simultan dazu 3 Tagen.
Speichel (z. B. durch Lecken), mit der Impfflüssigkeit aktive Immunisierung (voll-
Verdacht auf Biss oder Kratzer eines beschädigten ständige Tollwut-Impfserie bzw.
durch eine Fledermaus oder Impfstoffköders. Vervollständigung begonnener
Kontakt der Schleimhäute mit Impfserie).
einer Fledermaus.
*
Die einzelnen Impfungen und die Gabe von Tollwut-Immunglobulin sind sorgfältig zu dokumentieren.

Anmerkungen zur postexpositionellen Tollwut-Immunprophylaxe

▶▶ Möglicherweise kontaminierte Körperstellen ▶▶ Bei erneuter Exposition einer Person, die bereits
und alle Wunden sind unverzüglich und groß­ vorher mit Tollwut-Zellkulturimpfstoffen
zügig über mindestens 15 Minuten mit Seife geimpft wurde, sind die Angaben des Herstellers
oder Detergenzien zu reinigen, mit Wasser zu beachten.
gründlich zu spülen und mit 70 %igem Alkohol ▶▶ Bei unvollständiger Impfanamnese wird

oder ­einem Jodpräparat zu behandeln; dies gilt ­entsprechend Tabelle 8 (S. 45) eine vollstän-
auch bei einer Kontamination mit Impfflüssig- dige Immunprophylaxe durchgeführt.
keit ­eines Impfstoffköders. Wunden sollten mög- ▶▶ Bei gegebener Indikation ist die Immunpro-

lichst nicht primär genäht werden. phylaxe unverzüglich durchzuführen; kein


▶▶ Ab Expositionsgrad II erfolgt die aktive Immuni- ­Abwarten bis zur Klärung des Infektionsver-
sierung mit einem Tollwut-Impfstoff nach ­einem dachts beim Tier. Wird der Tollwutverdacht ­beim
für die Postexpositionsprophylaxe indizierten Tier durch tierärztliche Untersuchung entkräf-
Schema entsprechend den Fachinformationen. tet, kann die Impfserie abgebrochen oder als
▶▶ Bei Expositionsgrad III wird bei Personen, die präexpositionelle Impfung weitergeführt
keinen aktuellen Tollwutimpfschutz haben, zu- ­werden.
sätzlich zur aktiven Immunisierung eine passive ▶▶ Aufgrund der großen Variabilität der Inkubati-

Immunisierung mit humanem Tollwut-Immun- onszeit, die zwischen < 10 Tagen und > 1 Jahr
globulin (20 IE/kg Körpergewicht) durchgeführt. ­betragen kann, ist bei begründetem Verdacht
Dazu wird vom Tollwut-Immunglobulin so viel eine Postexpositionsprophylaxe auch Wochen ­bis
wie möglich intramuskulär in und um die Wun- Monate nach Exposition noch sinnvoll.
de instilliert und die verbleibende Menge in den ▶▶ Zu beachten ist die Überprüfung der Tetanus­

M. vastus lateralis verabreicht. Impfdokumentation und ggf. die gleichzeitige


▶▶ Falls eine indizierte Tollwut-Immunglobulin-­ Tetanus-Immunprophylaxe (s. Tab. 7, S. 44).
Gabe beim ersten Impftermin versäumt wurde,
kann diese bis zu 7 Tage nach der ersten Tollwut-­
Impfstoffdosis nachgeholt werden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 46

6. Empfehlungen zu Nachholimpfungen
bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit unvollständigem oder unbekanntem Impfstatus

6.1 Vorbemerkung sonderer Bedeutung, dass bei der Erst- bzw. Grund­
Die vorliegenden Hinweise basieren auf den Emp- immunisierung (G) der empfohlene Mindestab-
fehlungen zu Standardimpfungen für Säuglinge, stand zwischen vorletzter und letzter Impfung
Kinder, Jugendliche und Erwachsene (s. Impfkalen- (meist 6 Monate) nicht unterschritten wird. Unter
der, S. 6). dieser Voraussetzung gilt:

Die Hinweise sollen ÄrztInnen im Praxisalltag eine Jede Impfung zählt!


Hilfestellung geben, welche Impfungen bei un-
geimpften bzw. verspätet oder unvollständig geimpf- Dies bedeutet, dass es grundsätzlich keine unzuläs-
ten Personen erforderlich sind, um den altersentspre- sig großen Abstände zwischen den Impfungen gibt.
chend empfohlenen Impfschutz zu erreichen. Evi- In der Regel muss auch bei einer für viele Jahre
denzbasierte Empfehlungen können bei diesen ­unterbrochenen Grundimmunisierung – z. B. gegen
Frage­­stellungen häufig nicht gegeben werden, da es Diphtherie, FSME, Tetanus, Poliomyelitis, Hepati-
oft keine methodologisch hochwertigen Studien zur tis B – die Impfserie nicht neu begonnen werden.
Impfeffektivität bei irregulären Impfschemata gibt. Auch eine nicht rechtzeitig gegebene Auffrischimp-
Die hier aufgeführten Empfehlungen beruhen daher fung kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt
überwiegend auf langjähriger Erfahrung und Exper- werden.
tise der Mitglieder der STIKO.
Weitere Expertenmeinungen sowie Empfeh- Unter Berücksichtigung des aktuellen Alters, der
lungen ausländischer Impfkommissionen 1,2,6-10 wur- Anzahl und der Zeitpunkte früher durchgeführter
den berücksichtigt. Die Literatur ist am Ende des Impfungen sollte ein individueller Impfplan erstellt
Kapitels „Empfehlungen zu Nachholimpfungen“ re- werden.
ferenziert.
Jeder Arztbesuch von Kindern, Jugendlichen und Bei Impfungen, die nur bis zu einem bestimmten
Erwachsenen sollte dazu genutzt werden, den Impf- Alter empfohlen werden (Pneumokokken für Säug-
status zu überprüfen und fehlende Impfungen linge/Kinder, Hib, Rotavirus), wird eine unvollstän-
möglichst umgehend nachzuholen. dige Grundimmunisierung dann nicht fortgesetzt,
wenn die zu impfende Person dieses Alter inzwi-
6.2 Ungeimpfte und Personen mit unklarem schen überschritten hat. Eine unvollständige
Impfstatus HPV-Impfserie soll hingegen auch nach dem 18. Ge-
Tabelle 9 (s. S. 49 ff.) gibt einen Überblick über burtstag komplettiert werden (Kostenübernahme
die empfohlenen Impfungen und das entsprechen- klären).
de Impfschema in verschiedenen Altersgruppen. In

den angegebenen Altersgruppen sind altersabhän- Literatur (s. S. 57 f.) und Tabelle 10 (s. S. 54 f.) zum Abschnitt
„Empfehlugen zu Nachholimpfungen“.
gige Besonderheiten der Impfempfehlungen sowie
Anwendungshinweise aus den Fachinformationen
der zugelassenen Impfstoffe berücksichtigt. Maß- 6.4 Vorgehen bei fehlender Impfdokumentation
geblich für die erforderlichen Impfungen ist das Ist der Impfausweis nicht auffindbar, sollte versucht
­Alter zu Beginn der Nachholimpfserie. werden, die Informationen zu früher durchgeführ-
ten Impfungen aus ärztlichen Unterlagen zu ermit-
6.3 Teilgeimpfte Personen teln. Gegebenenfalls kann auf Basis der dokumen-
Bei teilimmunisierten Kindern, Jugendlichen und tierten Impfanamnese ein neuer Impfausweis aus-
Erwachsenen zählen bisher dokumentierte Impfun- gestellt werden.
gen, sofern der Mindestabstand zwischen den ein-
zelnen Impfstoffdosen nicht unterschritten wurde. Dem Problem fehlender Impfdokumente begegnet
Für einen lang dauernden Impfschutz ist es von be- man in der Praxis auch häufig bei immigrierten
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 47

Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen. Einen chende Sensitivität und Spezifität aufweisen. Für
Überblick über die aktuellen Impfempfehlungen im manche impfpräventablen Krankheiten (z. B. Per-
Herkunftsland bietet die WHO-Internetseite unter: tussis) existiert kein sicheres serologisches Korrelat,
http://apps.who.int/immunization_monitoring/ das als Surrogatmarker für bestehende Immunität
globalsummary/schedules und die ECDC-Internet- geeignet wäre. Ferner lässt die Antikörperkon­
seite https://vaccine-schedule.ecdc.europa.eu/Pa- zentration keinen Rückschluss auf eine möglicher-
ges/Scheduler.aspx, wo die nationalen Impfpläne al- weise bestehende zelluläre Immunität zu. Grund-
ler Länder aufgelistet sind. Grundsätzlich gilt, dass sätzlich gilt, dass routinemäßige Antikörperbestim-
Impfungen, die nicht dokumentiert sind, den mungen vor oder nach Standardimpfungen nicht
­STIKO-Empfehlungen entsprechend nachgeholt angebracht sind. Ausnahmen bilden die Überprü-
werden sollen. fung des Impferfolges bei Personen mit Immun­
defizienz bzw. -suppression (s. Grundlagenpapier
Bei unbekanntem Impfstatus, das heißt bei fehlen- mit Anwendungshinweisen für Impfungen bei Pa-
der oder unvollständiger Dokumentation von Imp- tientInnen mit Immundefizienz bzw. Immunsup-
fungen, ist im Interesse der zu schützenden Person pression (www.rki.de/immundefizienz) sowie zum
von fehlenden Impfungen auszugehen. Anamnes- Nachweis des Schutzes gegen Hepatitis B bei Perso-
tische Angaben zu bisherigen Impfungen oder nen mit einer Impfindikation gemäß Tab. 2, S.
durchgemachten Krankheiten (z.  B. Masern, 8. Empfohlen werden Titerkontrollen außer-
Mumps, Röteln) sind mit Ausnahme von Varizellen dem zum Nachweis eines Varizellen-Schutzes bei
(s. u.) oft unzuverlässig und sollten bei der Planung Frauen mit Kinderwunsch und unklarer Varizel-
von Nachholimpfungen nicht berücksichtigt wer- len-Anamnese.
den. In Einzelfällen ist ein hiervon abweichendes
Vorgehen vertretbar. 6.7 Ist „Überimpfen“ gefährlich?
Von zusätzlich verabreichten Impfstoffdosen geht
6.5 Anamnestische Angaben zu Varizellen in der Regel kein erhöhtes Risiko aus. Deshalb kön-
Meist zuverlässig sind die anamnestischen Anga- nen zur Verringerung der notwendigen Injektionen
ben zu Varizellen (Windpocken). Studien belegen, Kombinationsimpfstoffe auch dann verwendet wer-
dass die Angabe einer früher durchgemachten Vari- den, wenn nicht alle enthaltenen Antigene/Impf-
zellen-Erkrankung mit typischem klinischem Bild stoffkomponenten erforderlich sind (s. a. Wahl der
eine hohe Aussagekraft besitzt.3 Nach anamnestisch Impfstoffe). In Ausnahmefällen kann es nach wie-
durchgemachten Windpocken ist die Varizellen-­ derholter Gabe von Totimpfstoffen zu Nebenwir-
Impfung nicht erforderlich. In Zweifelsfällen sollte kungen wie einer ausgeprägten lokalen Unverträg-
die Varizellen-Impfung jedoch durchgeführt wer- lichkeitsreaktion mit schmerzhafter Schwellung
den, da insbesondere bei Jugendlichen und jungen und Rötung der betroffenen Extremität (sogenann-
Erwachsenen Komplikationen der Varizellen (z. B. tes Arthus-Phänomen) kommen. Diese selbstlimi-
Pneumonie, Enzephalitis, Risiko der Fetopathie bei tierende Reaktion tritt am ehesten bei hohen vorbe-
Erkrankungen in der Schwangerschaft) zunehmen.4 stehenden Serum-Antikörperkonzentrationen nach
Bei Personen, die aus tropischen Ländern, insbe- sehr häufigen Impfungen mit Tetanus- und/oder
sondere Südostasien einreisen, ist zu beachten, dass Diphtherietoxoid auf. Nach dem Auftreten eines
eine Immunität gegenüber Varizellen bei Jugendli- Arthus-Phänomens sollte vor weiteren Impfungen
chen und jungen Erwachsenen dort deutlich selte- mit Td eine Antikörperbestimmung erfolgen. Für
ner besteht als in Europa. Pertussis-Antigene besteht dieses Risiko nicht.5

6.6 Indikation für serologische Titerbestim- 6.8 Wahl der Impfstoffe


mungen Kombinationsimpfstoffe sind den monovalenten
Serologische Kontrollen zur Klärung der Notwen- Impfstoffen vorzuziehen, weil dadurch die Anzahl
digkeit von Nachholimpfungen sind nur in Ausnah- der Injektionen reduziert, das Impfziel früher er-
mefällen sinnvoll, da die in klinischen Laboratorien reicht und die Akzeptanz von Impfungen gesteigert
verwendeten Testmethoden häufig keine ausrei- werden kann. Gegen bestimmte Krankheiten
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 48

(Diphtherie im Kindesalter, Masern, Mumps, Rö- 6.9 Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie,
teln, Pertussis) sind in Deutschland aktuell keine Poliomyelitis und Pertussis ab dem Alter
monovalenten Impfstoffe verfügbar, sodass hier von 5 – 6 Jahren
zwangsläufig Kombinationsimpfstoffe gegeben Ein Schutz gegen Pertussis kann bei älteren Kin-
werden müssen (z. B. zum Nachholen einer fehlen- dern und Erwachsenen bereits durch die einmalige
den Mumps- oder Röteln-Impfung mit MMR-Impf- Gabe eines Kombinationsimpfstoffs mit Pertussis-­
stoff). Aufgrund der altersabhängigen Änderungen Komponente erreicht werden, weil bei der derzeiti-
von Impfindikationen (z. B. Haemophilus influenzae gen Durchseuchung mit Bordetella pertussis die zu
Typ b bis zum 5. Geburtstag, Pneumokokken bis impfende Person im Allgemeinen nicht mehr im-
zum 2. Geburtstag) und der Einschränkung der An- munologisch naiv gegen Pertussis ist. In einer Stu-
wendung von zugelassenen Impfstoffen auf be- die wurde bei über 90 % der Geimpften ab dem Al-
stimmte Altersgruppen sind für Nachholimpfungen ter von 11 Jahren bereits durch eine Impfstoffdosis
meist individuelle Impfpläne notwendig. eine Immunantwort induziert.2 Entsprechende
Hinweise finden sich auch in den Fachinformatio-
Die 6-fach-Impfstoffe (DTaP-IPV-Hib-HepB) nen der betreffenden Impfstoffe.
­Infanrix hexa, Hexyon und Vaxelis können entspre- Ab dem Alter von 5 – 6 Jahren sollen für Impfun-
chend den aktuellen Fachinformationen für die gen gegen Diphtherie und Pertussis Impfstoffe mit
Grundimmunisierung und Auffrischimpfung von reduzierter Antigenmenge (d statt D und ap statt aP)
Säuglingen und Kleinkindern verwendet werden; verwendet werden. Während die Td-Impfstoffe
ein konkretes Höchstalter ist nicht aufgeführt. Nach (Td-Impfstoff Mérieux, Td-pur) und der monovalen-
Aussage des PEI in seiner Funktion als nationale te IPV-Impfstoff (IPV-Mérieux) nach den Fachinfor-
Zulassungsbehörde existiert in diesem Zusammen- mationen zur Grundimmunisierung zugelassen
hang keine verbindliche Definition des Begriffs sind, sind die entsprechenden Kombinationsimpf-
„Kleinkind“. Die 5-fach-Impfstoffe (DTaP-IPV-Hib) stoffe mit Pertussis-Komponente (Tdap: Boostrix,
Infanrix-­IPV+Hib und Pentavac sind laut Fachinfor- Covaxis, Tdap-IPV: Boostrix-Polio, Repevax) primär
mationen ab dem Alter von 2 Monaten anwendbar; zur Auffrischimpfung vorgesehen.
eine obere Altersgrenze ist nicht genannt (s. Nach Auffassung des PEI ist mit dem Begriff
Tab. 10,­S. 54 f.). Zur Grundimmunisierung ge- „Grundimmunisierung“ nur die Erstimmunisie-
gen ­Haemophilus influenzae Typ b reicht ab dem Al- rung im Säuglings- und frühen Kleinkindalter ge-
ter von 12 Monaten eine Impfstoffdosis aus. Trotz- meint, für die Impfstoffe mit höherem Diphtherie-
dem können die üblichen 5-fach- bzw. 6-fach-Impf- und Pertussis-Antigengehalt (groß D bzw. groß P)
stoffe DTaP-IPV-Hib(-HepB) weiter verwendet wer- verwendet werden sollen. Das PEI hat – in seiner
den, wenn dies zur Komplettierung der übrigen Funktion als Zulassungsbehörde für Impfstoffe –
Impfungen zweckmäßig ist. Negative Auswirkun- festgestellt, dass die oben genannten ap-haltigen
gen aufgrund der überzähligen Hib-Impfstoffdosen Impfstoffe zur Erstimmunisierung von älteren Kin-
sind nicht zu befürchten. Alternativ können fehlen- dern, Jugendlichen und Erwachsenen mit unbe-
de Impfungen mit dem 3-fach-Impfstoff Infanrix kannten Impfstatus bzw. ohne bisherige Impfung
(DTaP, zugelassen bis zum 6. Geburtstag) und – gegen Tdap-(IPV) verwendet werden können
­simultan oder zeitlich versetzt – mit monovalenten
Impfstoffen gegen Hepatitis B und Poliomyelitis er- Der Gebrauch von Boostrix (Tdap), Boostrix-Polio
gänzt werden. Eine mit einem bestimmten Kombi- (Tdap-IPV), Covaxis (Tdap) und Repevax (Tdap-IPV)
nationsimpfstoff begonnene Impfserie kann mit ist zur Erstimmunisierung ab dem jugendlichen Al-
Impfstoffen eines anderen Herstellers vervollstän- ter ≥ 12 Jahre von der Zulassung gedeckt.
digt werden.
Wenn die aufgeführten Impfstoffe außerhalb der
Für die Hepatitis-B-Impfung werden je nach Le- genannten Altersgrenzen verwendet werden, sollte
bensalter unterschiedlich dosierte Impfstoffe ver- über den Off-label-use entsprechend aufgeklärt (Off-
wendet (Fachinformation beachten). label-use s. S. 27 f.) und dies auch schriftlich
­dokumentiert werden.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 49

Für Auffrischimpfungen können alle genannten Die STIKO hat Hinweise zur „Anwendung von
Impfstoffe für das in der jeweiligen Zulassung ge- Tdap- bzw. Tdap-IPV-Impfstoffen für die Erstimmu-
nannte Alter ohne Einschränkung verwendet wer- nisierung von Personen“ in einer Stellungnahme
den. Dies schließt die Vervollständigung einer frü- im Epid. Bull. 4/2016 veröffentlicht.
her begonnenen Impfserie ein.

6.10 Altersabhängige Empfehlungen zur Durchführung von Nachholimpfungen

In den Tabellen 9A – E sind die empfohlenen Nachholimpfungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachse-
nen mit fehlender Erst- bzw. Grundimmunisierung aufgeführt. Es ist die jeweilige Tabelle für das aktuelle
Alter zu benutzen.

N = nachzuholende Impfstoffdosis A = Auffrischimpfung G = Grundimmunisierung


Hib = Haemophilus influenzae Typ b MMR = Masern, Mumps, Röteln HPV = Humane Papillomviren

Tabelle 9A:  Kinder im Alter von < 12 Monaten

Mindestabstand in Monaten zur vorangegangenen Impfstoffdosis Alter in Jahren


Impfung
0 2 6 5 – 8 9 – 16

Tetanus N1 N2 N3 A1 A2

Diphtherie (D) N1 N2 N3 A1 A2

Pertussis (aP) N1 N2 N3 A1 A2

Hib N1 N2 N3

Poliomyelitis N1 N2 N3 A1

Hepatitis B N1 N2 N3

Pneumokokken N1 N2 N3

Kinder im Alter von < 12 Monaten


Fehlende DTaP-IPV-Hib-HepB- und Pneumokokken­ dosis bis zum Alter von 12 Wochen verabreicht und
konjugat-Impfstoffdosen werden nachgeholt. Für die letzte Dosis je nach verwendetem Impfstoff vor-
eine vollständige DTaP-IPV-Hib-HepB- und Pneu- zugsweise bis zum Alter von 16 Wochen (Rotarix)
mokokken-Grundimmunisierung sollen je 2 Impf- bzw. 20 – 22 Wochen (RotaTeq) abgeschlossen wer-
stoffdosen in zweimonatigem Abstand und eine 3­ . den sollte (s. Fachinformationen). Die Impfserie
Impfstoffdosis mit dem jeweiligen Impfstoff im Ab- muss bis zum Alter von 24 (Rotarix) bzw. 32 (Rota-
stand von ≥ 6 Monaten zur vorangegangenen Imp- Teq) Wochen abgeschlossen sein.
fung verabreicht werden.
Weitere Impfungen erfolgen gemäß dem allgemei-
Die Rotavirus-Impfserie kann nur in einem kurzen nen Impfkalender der STIKO.
Zeitfenster nachgeholt werden, da die 1. Impfstoff-
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 50

Tabelle 9B:  Kinder im Alter von 12 Monaten bis < 5 Jahre

Mindestabstand in Monaten
Alter in Jahren
zur vorangegangenen Impfstoffdosis
Impfung
0 1 – 2a 6 5 – 16

Tetanus N1 N2 N3 A1 b A2 b

Diphtherie (D) N1 N2 N3 A1 b A2 b

Pertussis (aP) N1 N2 N3 A1 b A2 b

Hib N1

Poliomyelitis N1 N2 N3 A1 c

Hepatitis B N1 N2 N3

N2
Pneumokokken d N1 (Impfabstand
≥ 8 Wochen)

Meningokokken C N1

MMR e N1 N2

Varizellen e N1 N2

a. Impfabstand abhängig vom Impfstoff oder der Indikation.


b. Auffrischimpfung 5 – 10 Jahre nach der letzten Dosis der Grundimmunisierung bzw. nach einer vorangegangenen Auffrischimpfung.
c. Die Auffrischimpfung soll im Alter von 9 – 16 Jahren erfolgen.
d. Die Pneumokokken-Impfung ist ab dem Alter von 24 Monaten nicht mehr als Standardimpfung empfohlen und wird auch nicht nachgeholt.
e. Ab dem Alter von 11 Monaten.

Kinder im Altern von 12 Monaten bis < 5 Jahre


Fehlende DTaP-IPV-Hib-HepB-Impfstoffdosen nur noch für Kinder mit besonderem Risiko emp-
werden nachgeholt (s. S. 48 und Tab. 
­ 10, 
S. fohlen (Indikationsimpfung). Zusätzlich erfolgen 2
54). Für eine vollständige Grundimmunisierung MMR- und Varizellen-Impfungen im Abstand von
werden 2 Impfstoffdosen in 2-monatigem Abstand 4 – 6 Wochen und eine Meningokokken-C-Konju-
verabreicht sowie eine 3. Impfung im Abstand von gatimpfung. Aufgrund eines leicht erhöhten Risikos
≥ 6 Monaten zur vorangegangenen Impfung. Auf- von Fieberkrämpfen nach der Erstimpfung mit
frischimpfungen werden im Alter von 5 – 6 Jahren MMRV-Kombinationsimpfstoff im Vergleich zu ei-
(frühestens 2 Jahre nach der 3. Impfstoffdosis) und ner simultanen Gabe von MMR- und V-Impfstoff
mit 9 – 16 Jahren gegeben. Ab dem Alter von 12 Mo- sollte für die 1. Impfung von Kindern < 5 Jahre die
naten sind für Hib nur noch eine Impfstoffdosis getrennte MMR- und V-Impfung bevorzugt werden.
und für Pneumokokken nur noch 2 Impfstoffdosen Die 2. Impfung gegen MMR und V kann mit dem
(im Abstand von 8 Wochen) erforderlich. Ab dem MMRV-Kombinationsimpfstoff oder simultan mit
Alter von 2 Jahren ist eine Pneumokokken-Impfung einem MMR- und V-Impfstoff erfolgen.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 51

Tabelle 9C:  Kinder im Alter von 5 bis < 11 Jahre

Mindestabstand in Monaten zur vorangegangenen Impfstoffdosis Alter in Jahren


Impfung
0 1 6 10 – 17

Tetanus N1 N2 N3 A1 a

Diphtherie (d) N1 N2 N3 A1 a

Pertussis (ap)b N1 N2 N3 A1 a

Poliomyelitis N1 N2 N3 A1

Hepatitis B N1 N2 N3

Meningokokken C N1

MMR N1 N2

Varizellen N1 N2

HPV c (Kinder und


G1 G2
Jugendliche) ab 9 Jahren

a. J e nach Alter bei Abschluss der Grundimmunisierung sind auch 2 Auffrischimpfungen bis zum Erreichen des Erwachsenenalters möglich (Abstand zwischen G und A1
sowie A1 und A2 jeweils 5 – 10 Jahre).
b. In Deutschland ist kein monovalenter Pertussis-Impfstoff verfügbar. Daher kann die Impfung nur mit Tdap- oder Tdap-IPV-
Kombinationsimpfstoff erfolgen.
c. Grundimmunisierung (G) mit 2 Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 5 Monaten (Fachinformation beachten).

Kinder im Alter von 5 bis < 11 Jahre


Fehlende Polio-Impfungen und DTaP- bzw. Tdap-­ In Abhängigkeit vom Alter bei Abschluss der Erstim-
Impfstoffdosen werden unter Verwendung von munisierung können für diese Altersgruppe eine oder
Impfstoffen mit altersentsprechendem Antigenge- zwei Tdap-Auffrischimpfungen im Alter von 10 – 17
halt nachgeholt. Bis zum 6. Geburtstag kann laut Jahren sinnvoll sein. Eine Auffrischimpfung sollte frü-
Fachinformation der 3-fach-Impfstoff Infanrix hestens 5 Jahre nach der letzten Dosis der Erstimmuni­
(DTaP) verwendet werden und simultan am ande- sierung bzw. nach einer vorangegangenen Auffrisch­
ren Arm eine Impfung gegen Poliomyelitis mit impfung erfolgen. Die Erstimmunisierung gegen
IPV-Impfstoff erfolgen. ­Hepatitis B besteht aus 3 Impfungen (0-1-6 Monate).
Zusätzlich erfolgen zwei MMR- und Varizellen­-Impfungen
Ab dem Alter von 5 bzw. 6 Jahren (je nach Angaben im Abstand von 4 – 6 Wochen und eine Impfung mit
des Herstellers) sollte ein Impfstoff mit reduzier- einem Meningokokken­-C-­Konjugatimpfstoff.
tem Diphtherietoxoid- (d) und Pertussis-Antigen­
gehalt (p) verwendet werden (3 Impfstoffdosen im Kinder und Jugendliche im Alter von 9 – 14 Jahren
Abstand von 0-1-6 Monaten) (s. S. 48 und Tab.  10, sollten eine zweimalige HPV-Impfung im Abstand
S. 54 f.). von mindestens 5 Monaten erhalten (Fachinforma-
tion beachten).
In Deutschland ist jedoch aktuell kein Tdap- oder
Tdap-IPV-Impfstoff für die Grundimmunisierung
in der Altersgruppe von 6 – 11 Jahren verfügbar. Für
Kinder in dieser Altersgruppe muss mit einem der
Impfstoffe, die ab 12 Jahren zugelassen sind, off-­
label geimpft werden. Eine entsprechende Aufklä-
rung und Dokumentation ist erforderlich.
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 52

Tabelle 9D:  Kinder bzw. Jugendliche im Alter von 11 bis < 18 Jahren

Mindestabstand in Monaten zur vorangegangenen Impfstoffdosis Impfintervall


Impfung
0 1 6 5 – 10 Jahre

Tetanus N1 N2 N3 A1

Diphtherie (d) N1 N2 N3 A1

Pertussis (ap)a N1 A1

Poliomyelitis N1 N2 N3 A1

Hepatitis B N1 N2 N3

Meningokokken C N1

MMR N1 N2

Varizellen N1 N2

9 – 14 Jahre G1 G2
HPV b (Kinder und
Jugendliche)
> 14 Jahre N1 N2 N3

a. I n Deutschland ist kein monovalenter Pertussis-Impfstoff verfügbar. Daher kann die Impfung nur mit Tdap- oder Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff erfolgen.
b. Wenn 1. Impfung im Alter von 9 – 14 Jahren: Grundimmunisierung (G) mit 2 Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 5 Monaten; bei Nachholimpfung (N) mit der 1.
Impfung im Alter von > 14 Jahren sind 3 Impfstoffdosen erforderlich (Fachinformation beachten).

Kinder bzw. Jugendliche im Alter von 11 bis < 18 Jahren


Bei fehlender Impfung gegen Pertussis kann ein Eine Erstimmunisierung gegen Hepatitis B sollte
Schutz bereits durch 1 Dosis Tdap- oder Tdap-­IPV- mit einem für das jeweilige Alter zugelassenen
Impfstoff erreicht werden.11 Falls auch eine Erstim- Impfstoff mit 3 Impfstoffdosen (0-1-6 Monate)
munisierung gegen Tetanus, Diphtherie und/oder durch­geführt werden.
Poliomyelitis indiziert ist, sollte die erste der erfor-
derlichen 3 Impfungen (0-1-6 Monate) mit einem Zusätzlich erfolgen 2 MMR- und Varizellen-Imp-
Tdap- bzw. Tdap-IPV-Impfstoff erfolgen s. Erläute- fungen im Abstand von 4 – 6 Wochen und eine
rungen S. 48 und Tab. 10, S. 54 f.). Meningokokken-C-Konjugatimpfung.

Eine Auffrischimpfung mit Tdap bzw. Tdap-IPV soll- Bei Kindern und Jugendlichen im Alter bis 14 Jah-
te 5 – 10 Jahre nach Abschluss der Erstimmunisie- ren sollte eine zweimalige HPV-Impfung im Ab-
rung, möglichst noch vor Erreichen des Erwachse- stand von mindestens 5 Monaten durchgeführt wer-
nenalters, erfolgen. den. Die Impfung soll bis zum Alter von 17 Jahren
nachgeholt werden. Bei Nachholimpfungen mit der
1. Impfung im Alter von > 14 Jahren sind 3 Impf-
stoffdosen erforderlich (Fachinformation beachten).
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 53

Tabelle 9E:  Erwachsene ab 18 Jahren

Mindestabstand in Monaten zur vorangegangenen Impfstoffdosis Impfintervall


Impfung
0 1 2 6 alle 10 Jahre

Tetanus N1 N2 N3 A

Diphtherie (d) N1 N2 N3 A

Pertussis (ap)a N1 A1 (einmalig)

Poliomyelitis N1 N2 N3 A1 (einmalig)

Masern für nach 1970


N1
Geborene
Röteln für Frauen im
N1 N2
gebärfähigen Alterb
Varizellen für seronegative
N1 N2
Frauen mit Kinderwunsch
Wiederholungsimp-
fung nur nach
Pneumokokken individueller
für Erwachsene N1 Indikationsstellung,
≥ 60 Jahre s. Tab. 2, S. 8 f.
(frühestens nach 6
Jahren)
Herpes zoster
für Erwachsene N1 N2
≥ 60 Jahrec

a. I n Deutschland ist kein monovalenter Pertussis-Impfstoff verfügbar. Daher kann die Impfung nur mit Tdap- oder Tdap-IPV-Kombinationsimpfstoff erfolgen.
b. Ungeimpfte Frauen oder Frauen ohne Impfdokumentation erhalten 2 Impfungen, einmal geimpfte Frauen
1 Impfung. Mangels eines monovalenten Röteln-Impfstoffs kann MMR-Impfstoff verwendet werden.
c. 2-malige Impfung mit dem Herpes-zoster-Totimpfstoff im Abstand von mindestens 2 bis maximal 6 Monaten

Erwachsene ab 18 Jahren
Auch Erwachsene sollten alle für ihre Altersgruppe Alter sollten eine zweimalige Röteln-Impfung mit
empfohlenen Impfungen und gegebenenfalls Nach- einem MMR-Impfstoff erhalten.
holimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis
und Poliomyelitis erhalten. Ungeimpfte bzw. Perso- Die Varizellen-Impfung (2 Impfstoffdosen im Ab-
nen mit unklarem Impfstatus können 3 Impfstoff- stand von 4 – 6 Wochen) ist für seronegative Frauen
dosen eines Td- oder Td-IPV-Kombinationsimpfstoffs mit Kinderwunsch empfohlen.
(0-1-6 Monate) erhalten. Für den Pertussis-I​ mpfschutz
sollte bei der ersten Impfung ein Tdap- bzw. Ab dem Alter von 60 Jahren empfiehlt die STIKO
­Tdap-IPV-Impfstoff verwendet werden (s. Erläuterun- die Impfung gegen Pneumokokken mit einem Po-
gen S. 48 und Tab. 10, s. S. 54 f.).7 Td-Auffri- lysaccharid-Impfstoff (PPSV23), die Impfung gegen
schimpfungen sollten jeweils 10 Jahre nach der vo- Herpes zoster mit dem Totimpfstoff (zweimalige
rangegangenen Impfung erfolgen. Bei der ersten fäl- Impfung im Abstand von mindestens 2 bis maximal
ligen Auffrischimpfung sollte einmalig ein Tdap-Kom- 6 Monaten) und die jährliche Impfung gegen Influ-
binationsimpfstoff verwendet werden. enza mit einem quadrivalenten Impfstoff als Stan-
dardimpfungen. Eine Wiederholungsimpfung ge-
Nach 1970 geborene Personen ≥ 18 Jahre sollten gen Pneumokokken sollte frühestens nach 6 Jah-
eine einmalige Masern-Impfung mit einem ren erfolgen und sollte individuell geprüft werden
MMR-Impfstoff erhalten. Frauen im gebärfähigen (s. S. 21 f. und Tab. 2, s. S. 8 f.).
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 54

Tabelle 10: Handelsnamen und Anwendungsalter der im Text erwähnten Impfstoffe


(ohne Gewähr für Vollständigkeit, Fachinformationen beachten; Influenzaimpfstoffe sind nicht aufgelistet)

Antigene/
Handelsname Zulassung ab a Anwendung bis a
Zielkrankheit

keine Angabe
Cholera Dukoral 2 Jahren
(Daten bis 65 Jahre vorliegend)

DTaP Infanrix 2 Monaten 6. Geburtstag (72 Monate)

Infanrix-IPV + Hib 2 Monaten keine Angabe


DTaP-IPV-Hib
Pentavac 2 Monaten keine Angabe

Infanrix hexa Säuglingsalter einschließlich Kleinkindalter b

DTaP-IPV-Hib-HepB Hexyon 6 Wochen einschließlich Kleinkindalter b

Vaxelis 6 Wochen einschließlich Kleinkindalter b

FSME-IMMUN 0,25 mL Junior 1 Jahr 15 Jahre

Encepur Kinder 1 Jahr 11 Jahre


FSME
FSME-IMMUN Erwachsene 16 Jahren keine Angabe

Encepur Erwachsene 12 Jahren keine Angabe

Gelbfieber Stamaril 9 Monaten ohne Altersgrenze

Act-Hib 2 Monaten 5 Jahre c


Haemophilus influenzae
Typ b
Hiberix 2 Monaten einschließlich Kleinkindalter c

Havrix 720 Kinder 1 Jahr 14 Jahre

VAQTA Kinder 25 E 1 Jahr 17 Jahre

Hepatitis A Havrix1440 15 Jahren ohne Altersgrenze

Avaxim 16 Jahren ohne Altersgrenze

VAQTA 50 E 18 Jahren ohne Altersgrenze

Hepatitis A/Typhus Viatim 16 Jahren ohne Altersgrenze

Engerix-B Kinder Geburt 15 Jahre

HBVAXPRO 5 Mikrogramm Geburt 15 Jahre

Engerix-B Erwachsene 16 Jahren ohne Altersgrenze


Hepatitis B
HBVAXPRO 10 Mikrogramm 16 Jahren ohne Altersgrenze

HBVAXPRO 40 Mikrogramm d 18 Jahren ohne Altersgrenze

Fendrixe 15 Jahren ohne Altersgrenze


Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 55

Antigene/
Handelsname Zulassung ab a Anwendung bis a
Zielkrankheit

Twinrix Kinder 1 Jahr 15 Jahre


Hepatitis A+B
Twinrix 16 Jahren ohne Altersgrenze

Herpes zoster Shingrix 50 Jahren ohne Altersgrenze

Cervarix 9 Jahren keine Angabe


HPV
Gardasil 9 9 Jahren keine Angabe

IPV (Poliomyelitis) IPV-Mérieux 2 Monaten f ohne Altersgrenze

Japanische Ezephalitis Ixiaro 2 Monaten ohne Altersgrenze

M-M-RVaxPro (9 –) 12 Monaten g ohne Altersgrenze


MMR
Priorix 9 Monaten ohne Altersgrenze

Priorix-Tetra (9 –) 11 Monaten g ohne Altergrenze


MMR-V
ProQuad (9 –) 12 Monaten g ohne Altersgrenze

Menveo 2 Jahren ohne Altersgrenze


Meningokokken ACWY
Nimenrix 6 Wochen ohne Altersgrenze

Bexsero 2 Monaten ohne Altersgrenze


Meningokokken B
Trumenba 10. Geburtstag ohne Altersgrenze

Menjugate 10 Mikrogramm 2 Monaten ohne Altersgrenze


Meningokokken C
NeisVac-C 2 Monaten ohne Altersgrenze

Pneumovax 23 2 Jahren ohne Altersgrenze

Pneumokokken Prevenar 13 6 Wochen ohne Altersgrenze

Synflorix 6 Wochen 5. Geburtstag

Rotarix 6 Wochen 24 Wochen


Rotavirus
RotaTeq 6 Wochen 32 Wochen

Td-pur 5. Geburtstag (60 Monaten) f ohne Altersgrenze

Td-Immun
Td 5. Geburtstag (60 Monaten) ohne Altersgrenze
(vorübergehend nicht verfügbar)

Td-Mérieux 5. Geburtstag (60 Monaten) f ohne Altersgrenze

Boostrix 4. Geburtstag (48 Monaten) h ohne Altersgrenze

Tdap Covaxis 4. Geburtstag (48 Monaten) h ohne Altersgrenze

TdaP-IMMUN
4. Geburtstag (48 Monaten) i ohne Altersgrenze
(vorübergehend nicht verfügbar)
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 56

Antigene/
Handelsname Zulassung ab a Anwendung bis a
Zielkrankheit

Boostrix Polio 3. Geburtstag (36 Monaten) h ohne Altersgrenze


Tdap-IPV
Repevax 3. Geburtstag (36 Monaten) h ohne Altersgrenze

Td-IPV Revaxis 5. Geburtstag (60 Monaten) ohne Altersgrenze

Tollwut-Impfstoff (HDC)
Geburt ohne Altersgrenze
Inaktiviert
Tollwut
Rabipur Geburt ohne Altersgrenze

Typhoral L Kapseln 5 Jahren ohne Altersgrenze


Typhus
Typhim Vi 2 Jahren ohne Altersgrenze

Varivax (9 –) 12 Monaten ohne Altersgrenze


Varizellen
Varilrix (9 –) 11 Monaten ohne Altersgrenze

a. Laut Fachinformation (Stand: August 2020).


b. Laut Fachinformationen kann der Impfstoff für die Impfung von „Säuglingen und Kleinkindern“ angewendet werden. Eine verbindliche Definition des Begriffs „Kleinkind“
existiert nach Aussagen der Zulassungsbehörde (PEI) nicht.
c. Ab einem Alter von 5 Jahren ist eine Hib-Impfung nur in Ausnahmefällen indiziert (z. B. bei funktioneller oder anatomischer Asplenie).
d. Impfstoff für Prädialyse- und DialysepatientInnen.
e. Impfstoff für PatientInnen mit Niereninsuffizienz sowie für Prädialyse- und DialysepatientInnen.
f. Auch für Grund- und Erstimmunisierung zugelassen.
g. Wird ein früherer Impfschutz für notwendig erachtet, kann bereits ab dem Alter von 9 Monaten geimpft werden, s. Anmerkungen zur Impfung gegen Masern (s. S. 19).
h. Erstimmunisierung von Personen mit unbekanntem Impfstatus und bisher Ungeimpften ab dem jugendlichen Alter (12 Jahren) ist zulassungskonform.
i. Erstimmunisierung von Personen mit unbekanntem Impfstatus und bisher Ungeimpften ab dem Alter von 4 Jahren ist zulassungskonform: Hinweis: TdaP-IMMUN zählt
trotz des großen „P“ im Präparatenamen zu den Impfstoffen mit reduziertem Pertussis-Antigengehalt (ap).
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 57

6.11 Literatur zum Abschnitt „Empfehlungen zu Nachholimpfungen“


1 Kommission für Infektionskrankheiten und Impffra- 7 Advisory Committee on Immunization Practices:
gen der Deutschen Akademie für Kinder- und Ju- Preventing tetanus, diphtheria, and pertussis
gendmedizin e. V. (DAKJ): Stellungnahme zu medi- among adolescents: use of tetanus toxoid, reduced
zinischen Maßnahmen bei immigrierenden Kin- diphtheria toxoid and acellular pertussis vaccines.
dern und Jugendlichen. Monatsschr Kinderheilkun- MMWR 2006; 55(RR-3)
de 2008;156(2):170 – 175
8 Public Health Agency of Canada: Canadian Immu-
2 Bundesamt für Gesundheit und Eidgenössische nization Guide. 7th edition 2006. www.phac-aspc.
Kommission für Impffragen: Schweizerischer Impf- gc.ca/publicat/cig-gci/index-eng.php
plan 2018, Stand Januar 2018. Bundesamt für Ge-
9 Quast U, Ley-Köllstadt S, Arndt U: Schwierige
sundheit Bern 2018; www.bag.admin.ch/infinfo
Impffragen – kompetent beantwortet. 3. Auflage,
3 Heininger U, Baer G, Bonhoeffer J, Schaad UB: Reli- DGK-Beratung und Vertrieb GmbH 2013
ability of varicella history in children and adole-
10 Sächsische Impfkommission: Empfehlungen der
scents. Swiss Med Wkly 2005 Apr 30;135
Sächsischen Impfkommission zur Durchführung
(17 – 18):252 – 255
von Schutzimpfungen im Freistaat Sachsen. Vom
4 Boelle PY, Hanslik T: Varicella in non-immune per- 02.09.1993; Stand: 01.01.2020; https://www.slaek.
sons: incidence, hospitalization and mortality rates. de/media/dokumente/02medien/Patienten/ge-
Epidemiol Infect 2002 Dec;129(3): 599 – 606 sundheitsinformationen/impfen/E1_2020.pdf

5 Stehr K, Heininger U, Uhlenbusch R, et al.: Im- 11 Knuf M, Zepp F, Meyer C, Grzegowski E, Wolter J,
munogenicity and safety of a monovalent, multi- Riffelmann M, et al.: Immunogenicity of a single
component acellular pertussis vaccine in 15 month- dose of reduced-antigen acellular pertussis vaccine
6-year-old German children. Monovalent Acellular in a non-vaccinated adolescent population. Vaccine
Pertussis Vaccine Study Group. Eur J Pediatr 1995 2006 Mar 15; 24(12):2043 – 2048
Mar;154(3):209 – 214

6 Institut de Veille Sanitaire: Le calendrier des vacci-


nations et les recommandations vaccinales 2010
selon l’avis du Haut conseil de la santé publique.
BEH 2011 (10 – 11): 117. www.invs.sante.fr/Publica-
tions-et-outils/BEH-Bulletin-epidemiologique-heb-
domadaire/Derniers-numeros-et-archives/Archi-
ves/2011/BEH-n-10-11-2011
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 58

7. Liste der STIKO-Empfehlungen und ihrer wissenschaftlichen Begründungen


Cholera: 8 Wissenschaftliche Begründung zur Entscheidung
1 Änderung der Empfehlungen zur Impfung gegen die Herpes zoster Lebendimpfung nicht als Stan-
Cholera; publiziert im Epid. Bull. 31/2010 dardimpfung zu empfehlen; publiziert im Epid.
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2010) Bull. 36/2017
(www.rki.de/epidbull Ausgabe > 36/2017)
DTaP-IPV-HIB-HepB:
2 Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung HPV:
zur Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Teta- 9 Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung
nus, Pertussis, Poliomeyelitis, Haemophilus der HPV-Impfung für Jungen im Alter von 9 – 14
influenzae Typ b und Hepatitis B mit dem ­Jahren; publiziert im Epid. Bull. 26/2018
6-fach-Impfstoff im Säuglingsalter nach dem (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 26/2018)
2+1-Impfschema; publiziert im Epid. Bull. 26/2020
10 Wissenschaftliche Begründung für die Änderung der
(www.rki.de/epibull Ausgabe > 26/2020)
Empfehlung zur Impfung gegen humane Papillom­
viren; publiziert im Epid. Bull. 35/2014
Gelbfieber: (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 35/2014)
3 Wissenschaftliche Begründung zur Änderung der
Gelbfieber-Impfempfehlung aufgrund der Änderun- 11 Impfung gegen HPV – Aktuelle Bewertung der

gen in den Regelungen der Internationalen Ge- ­ TIKO; publiziert im Epid. Bull. 32/2009
S
sundheitsvorschriften zu Gelbfieber; publiziert im (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 32/2009)
Epid. Bull. 35/2015 12 Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) für
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 35/2015) Mädchen von 12 bis 17 Jahren – Empfehlung und
Begründung; publiziert im Epid. Bull. 12/2007
Hepatitis B: (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 12/2007)
4 Wissenschaftliche Begründung für die Anpassung
der Empfehlungen zur Impfung gegen Hepatitis A Influenza (saisonal):
und B, publiziert im Epid. Bull. 35/2017 13 Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 35/2017) des quadrivalenten saisonalen Influenzaimpfstoffs;
publiziert im Epid. Bull. 2/2018
5 Wissenschaftliche Begründung für die Änderung der
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 2/2018)
Empfehlung zur Impfung gegen Hepatitis B; publi-
ziert im Epid. Bull. 36/37/2013 14 Wissenschaftliche Begründung für die geänderte
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 36/37 2013) Empfehlung zur Anwendung von Influenzaimpf-
stoffen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von
6 Hinweise zur Notwendigkeit der Wiederimpfung 10
2 – 17 Jahren, publiziert im Epid. Bull. 35/2017
Jahre nach erfolgter Grundimmunisierung gegen He-
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 35/2017)
patitis B (HB) im Säuglings- bzw. Kindesalter; publi-
ziert im Epid. Bull. 31/2007 15 Wissenschaftliche Begründung für die Änderung
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2007) der Empfehlung zur Impfung gegen Influenza; pub-
liziert im Epid. Bull. 36/37/2013
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 36/37 2013)
Herpes zoster:
7 Wissenschaftliche Begründung zur Empfehlung ei- 16 Änderung der Empfehlungen zur Impfung gegen
ner Impfung mit dem Herpes zoster-sub- Influenza; Empfehlung zur Impfung von Schwange-
unit-Totimpfstoff; publiziert im Epid. Bull. 50/2018 ren; publiziert im Epid. Bull. 31/2010
(www.rki.de/epidbull Ausgabe > 50/2018) (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2010)
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 59

17 Begründung der STIKO für die Influenza-Impfung 25 Empfehlung und Begründung einer postexpositio-
bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) mit nellen Meningokokken-Impfung; publiziert im Epid.
durch Infektionen getriggerten Schüben; Bull. 31/2009
publiziert im Epid. Bull. 32/2004 (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2009)
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 32/2004)
26 Begründungen zur allgemeinen Empfehlung der
18 Wirksamkeit und Sicherheit der Influenza-Impfung Impfung gegen Meningokokken im Säuglings- und
für Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen Kindesalter – Impfung der Kinder im 2. Lebensjahr
(online verfügbar unter: www.rki.de > Kommissio- mit konjugiertem Meningokokken-Impfstoff der
nen > STIKO > Empfehlung der STIKO > Begrün- Serogruppe C; publiziert im Epid. Bull. 31/2006
dung > Influenza) (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2006)

Japanische Enzephalitis: Mumps:


19 Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung 27 Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen
zur Impfung gegen Japanische Enzephalitis bei Rei- Mumps; publiziert im Epid. Bull. 31/2012
sen in endemiegebiete und für Laborpersonal, pub- (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2012)
liziert im Epid. Bull. 18/2020
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 18/2020) Pertussis:
28 Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung
Masern: der Pertussisimpfung mit dem Tdap-Kombinations-
20 Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen Ma- impfstoff in der Schwangerschaft; publiziert im
sern; publiziert im Epid. Bull. 32/2010 Epid. Bull. 13/2020
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 32/2010) (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 13/2020)

29 Zusätzliche Pertussis-Impfung im Erwachsenenal-


Masern-Mumps-Röteln-Varizellen: ter als Tdap-Kombinationsimpfung bei der nächs-
21 Empfehlung und wissenschaftliche Begründung für ten fälligen Td-Impfung – Empfehlung und Begrün-
die Angleichung der beruflich indizierten Masern- dung; publiziert im Epid. Bull. 31/2009
Mumps-Röteln-(MMR-) und Varizellen-Impfung; (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2009)
publiziert im Epid. Bull. 2/2020
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 02/2020) 30 Klinische Studien mit azellulären Pertussiskompo-
nenten-Impfstoffen bei Erwachsenen: Anlage
zumEpid. Bull. 31/2009
Meningokokken:
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2009)
22 Aktualisierung der Meningokokken-Impfempfeh-
lung: Indikationsimpfung – Postexpositionelle Imp- 31 Erweiterung der beruflichen Indikationen für eine
fung – Berufliche Indikation; Pertussis-Impfung;
publiziert im Epid. Bull. 37/2015 publiziert im Epid. Bull. 31/2009
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 37/2015) (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2009)

23 Änderung der Empfehlungen zur Indikationsimp- 32 Begründung für die STIKO-Empfehlung einer Per-
fung gegen Meningokokken; publiziert im Epid. tussis-Auffrischimpfung im Vorschulalter; publiziert
Bull. 32/2012 im Epid. Bull. 3/2006
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 32/2012) (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 3/2006)

24 Änderung der Empfehlungen zur Impfung gegen


Meningokokken; publiziert im Epid. Bull. 32/2010
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 32/2010)
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 60

Pneumokokken: Röteln:
33 Wissenschaftliche Begründung zur Aktualisierung 40 Änderung der Empfehlungen zur Impfung gegen
der Empfehlung zur Indikationsimpfung gegen Röteln; publiziert im Epid. Bull. 32/2010
Pneumokokken für Kinder und Erwachsene; (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2010)
publiziert imEpid. Bull. 37/2016
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 37/2016) Rotavirus:
41 Empfehlung und wissenschaftliche Begründung der
34 Wissenschaftliche Begründung zur Aktualisierung
der Pneumokokken-Impfempfehlung bei Senioren Empfehlung zur Rotavirus-Standardimpfung von
(Standardimpfung ab 60 Jahren); Säuglingen; publiziert im Epid. Bull. 35/2013
publiziert im Epid. Bull. 36/2016 (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 35/2013)
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 36/2016)
Tollwut:
35 Wissenschaftliche Begründung zur Änderung der
42 Änderung der Empfehlungen zur Impfung gegen
Pneumokokken-Impfempfehlung für Säuglinge; pu-
Tollwut; publiziert im Epid. Bull. 31/2010
bliziert im Epid. Bull. 36/2015
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2010)
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 36/2015)

36 Wissenschaftliche Begründung für die Änderung Varizellen:


der Empfehlung zur Indikationsimpfung gegen 43 Wissenschaftliche Begründung für die Änderung
Pneumokokken; publiziert im Epid. Bull. 36/2014 der Empfehlung zur passiven Immunisierung mit
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 36/2014) Varizella-Zoster-Immunglobulin (VZIG); publiziert
im Epid. Bull. 35/2015
37 Begründungen zur allgemeinen Empfehlung der
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 35/2015)
Impfung gegen Pneumokokken im Säuglings- und
Kindesalter – Pneumokokken-Impfung mit 7-valen- 44 Impfung gegen Varizellen im Kindesalter: Empfeh-
tem Konjugat-Impfstoff für Kinder unter 2 Jahren; lung einer zweiten Varizellenimpfung; publiziert im
publiziert im Epid. Bull. 31/2006 Epid. Bull. 32/2009
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2006) (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 32/2009)

38 Zur Impfung gegen Pneumokokken-Krankheiten; 45 Begründung der STIKO für eine allgemeine
publiziert im Epid. Bull. 31/2005 Varizellen­impfung; publiziert im Epid. Bull. 49/2004
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 31/2005) (www.rki.de/epidbull > Ausgabe 49/2004)

39 Begründung der STIKO-Empfehlung zur Pneumo-


kokken-Impfung; publiziert im Epid. Bull. 28/2001
(www.rki.de/epidbull > Ausgabe 28/2001)
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 61

8. Stichwortverzeichnis

A F
Allergien  32 Fieberkrampf  25, 32, 50
ArbMedVV  7, 9, 37 – 38 Fledermaus  24, 45
Arthus-Phänomen  47 Flüchtlinge  8, 11, 13 – 14, 20 – 21, 23, 25
Aspiration  29, 31 Forstbeschäftigte  8, 14
Asplenie  9, 11 – 12, 16, 33, 56 Frühgeborene Säuglinge  6, 15 – 17, 21 – 22, 24, 33, 41
Asthma  10, 13, 17 Frühsommermeningoenzephalitis (FSME)  8, 15, 28,
Asylbewerberheime  9 29, 46, 54
Asylsuchende  13 – 37
Aufklärung  5, 7, 25 – 27, 31, 33, 36, 51, 64 G
Ausbrüche/Epidemien 8, 10 – 12, 19, 36 – 37, 39, 41 – 42 Gebärfähiges Alter  36, 53, 13
Auslandsaufenthalt  37 Gebärmutterhalskrebs  18
Auszubildende  11, 14 Gefängnis  9
Autoimmunerkrankungen  14, 33 Geflügel und Wildvögel  10
Aviäre Influenza  10 Gelbfieber  7 – 8, 15 – 16, 29, 32, 54
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)  4, 14, 27, 38
B Gemeinschaftseinrichtung  5, 11, 19, 39, 41
Babysitter  12 Gestillte Säuglinge  32 – 33
BCG-Impfstoff  14
Behinderteneinrichtung  9 H
Betreuungsperson  39 Haemophilus influenzae Typ b (Hib)  5 – 6, 9, 16 – 17,
Bissverletzung  45 21 – 24, 36 – 37, 39, 46, 48 – 50, 54
Blutkontakt  39, 42 Hämophilie  9
Haushaltskontaktpersonen  12, 21, 33
C HBsAg-Status  17, 39, 42
Chemoprophylaxe  39, 40 – 41 Hepatitis A  9, 16, 25, 37, 39, 54v55, 58
Cholera  8, 14, 54, 58 Hepatitis B  2, 5 – 6, 9, 16 – 17, 21, 23, 29, 35 – 37, 39,
Cochlea-Implantat  13, 22 42, 47 – 52, 54, 58
COPD  10, 13 Hepatitis C  9
Herpes zoster  5 – 6, 17 – 18, 36, 53, 55, 58
D Herz-Kreislauf-Krankheiten  10
HIV-Positive  9
Diabetes mellitus  10, 13, 17
Hühnereiweißallergie  32
Diphtherie  2, 5 – 6, 8, 15 – 16, 21, 23 – 24, 29, 35, 37, 39,
Humane Papillomviren (HPV)  5 – 6, 10, 18, 35 – 36, 46,
46, 48 – 49, 50 – 53, 58
49, 51, 52
Dokumentation  5, 27, 47, 51
Drogenkonsum (i. v.)  9
I
E Immundefizienz  9 – 12, 17, 20 – 22, 32 – 33, 39, 47
Eculizumab-Therapie 11 Immunglobuline  19
Ehrenamtlich Tätige 9 – 11, 14, 37 Immunprophylaxe  17, 29, 39, 42 – 45
Einwilligungserklärung  25 – 27, 36 Immunsuppression, s. Immundefizienz
EntwicklungshelferInnen  12 Impfabstände  6, 13, 18, 29, 50
ErsthelferInnen  9 Impfausweis  5, 27, 37, 46
Impfdokumentation  4, 27, 28, 45 – 46, 53
Impferfolgskontrolle  9
Impfkalender  2, 5 – 7, 26, 29, 46, 49
Impfkomplikation  33, 34 – 35
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 62

Impfmanagement  28 Meningokokken  5 – 6, 11 – 12, 20, 35 – 36, 40 – 42,


Impfreaktion  30, 33 – 34 50 – 52, 55, 59
Impfschaden  4, 7, 34 MMR  2, 5 – 6, 11, 13 – 15, 19, 20 – 21, 23, 25, 29, 31,
Impfschema  2, 18, 22, 29, 43, 46, 58 36 – 37, 39 – 40, 48 – 49, 50 – 53, 55, 59, 64
Impfstoffverfügbarkeit  11 MigrantInnen  35 – 36
Indikationsimpfung  7, 11, 17, 19, 21 – 22, 50, 59, 60 Monovalenter Impfstoff   16 – 17, 20 – 21, 23, 39, 47 – 48,
Infektionsschutzgesetz (IfSG)  4, 7, 11, 14, 27, 51 – 53, 57
33 – 36, 38 MSM (Männer, die Sex mit Männern haben)  9
Influenza  5, 6, 10, 11, 18 – 19, 28, 32, 36 – 37, 53, 58, 59 Multiple Sklerose  10
Influenza-Lebendimpfstoff (LAIV)  10, 19, 24 Mumps  2, 5 – 6, 11 – 13, 20, 25, 32, 34 – 35, 37, 40,
Injektionstechnik  30 – 31 47 – 49, 59
Internat  40 – 41
Invagination  24 N
Nachholimpfungen  14, 18, 44 – 49, 52 – 53, 57
J Nadelstich-Verletzung  39
JägerInnen  14 Neurodermitis  14
Neurologische Krankheiten  10, 13, 33
K Nierenkrankheiten  10
Kanalisation 9 Non-Responder  9, 43
Kaserne 40 – 41
KatastrophenhelferInnen  12 O
Keuchhusten, s. Pertussis Off-label-use  11, 27, 39 – 40, 48
Kinderwunsch  14, 36, 47, 53 Operationen  30
Kita/Kindertagesstätte 9, 11, 19, 33 Organtransplantation  12, 14, 33
Klärwerksarbeit mit Abwasserkontakt 9
Knochenmarktransplantation  12 P
Koadministration  5, 18, 30 Paul-Ehrlich-Institut (PEI)  14, 34 – 35, 44 – 45, 48, 56
Kombinationsimpfstoffe  5, 16, 21, 24, 37, 44, 47 – 48, Pertussis  2, 5 – 6, 12, 15, 21, 24, 35, 37, 41, 44, 47 – 53,
50 – 53 56 – 59
Kontaktpersonen  12, 19, 21, 33, 39 – 41 Pilgerreise  12
Kontraindikationen  4, 5, 7, 26, 32 – 33 Pflegeheim  10
Kostenübernahme  7, 14, 18, 36 – 38, 46 Pilgerreise  12
Kratzwunde  45 Pneumokokken  5 – 6, 13, 22 – 23, 31, 35 – 36, 46,
48 – 50, 53, 55, 60, 64
L Poliomyelitis  2, 4 – 6, 13, 23, 29, 35, 37, 41, 46,
Laborpersonal  2, 8, 11 – 12, 14, 59 48 – 53, 55
Landwirtschaft  8 PolizistInnen  9
Lebendimpfstoffe  10, 15, 17  – 18, 23 – 25, 29 – 30, 32, Polysaccharid-Impfstoff  6, 12, 22, 53
34 – 35 Publikumsverkehr  10
Lebererkrankungen  9 – 12 Postexpositionelle Prophylaxe  16, 24, 29, 39,
Lieferengpässe  14, 35, 63 41 – 43, 45
Liquorfistel  13 Psychiatrische Einrichtung  9
Low-Responder  9 Publikumsverkehr  10

R
M
Reinigungsdienst  9
Masern  2, 4 – 6, 11 – 13, 19, 25, 32, 34 – 37, 40, 47 – 49,
Reiseimpfungen  7, 14, 28
53, 56, 59, 64
Rettungsdienst  9
Medizinisches Personal  10, 12 – 13
Riegelungsimpfung  41
Mehrfachimpfung  28
Rotaviren  5 – 6, 23, 31, 35
Meldepflicht für Komplikationen  34
Epidemiologisches Bulletin 34 | 2020 20. August 2020 63

Röteln  2, 4 – 6, 11 – 13, 23, 25, 32, 34 – 37, 47 – 49, 53,


U
59, 60
Überimpfen  47
S Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)  4,
SanitäterInnen  9 26 – 27, 32
Schluckimpfung  14, 23, 24, 31 Unklarer Impfstatus  11 – 12, 20, 22, 28, 35 – 37, 39 – 41,
Schmerzreduziertes Impfen  30 – 31, 60 46 – 48, 53, 56
Schnittverletzung  42 Untersuchungshäftlinge  9
Schutzimpfungs-Richtlinie  14, 27, 37, 3 Unvollständig geimpfte Personen  6, 8, 13, 39, 42 – 43,
Schwangerschaft  2, 12, 16, 21, 23, 32, 37, 47, 59 45 – 47
Schweißen  13
SeniorInnen  22 – 23 V
Serologische Titerbestimmung  9, 45, 47 Varizella-Zoster-Immunglobulin (VZIG)  41, 60
Sexuelles Risikoverhalten, s. MSM Varizellen  2, 5 – 6, 11, 14, 25, 29, 32 – 33, 34 – 37, 41, 47,
Sichelzellanämie  9, 11 50 – 53, 56, 59, 60, 64
Stichverletzung  39, 42, 44 Verbrennungen  44
Stillen  31 Verletzungen, s. Nadelstichverletzung bzw. ­
Stoffwechselkrankheiten  10, 13 Stichverletzung
Strafgefangene  9

W
T Windpocken  18, 47, s. Varizellen
Technischer Dienst  9 Wohnheim  41
Tetanus-Immunglobulin (TIG)  44 – 45
TierärztInnen  14
Tollwut  14, 24, 30, 41, 45 – 56, 60
Tollwut-Immunglobulin  45
Totimpfstoffe  6, 10, 17 – 19, 24 – 25, 30, 33, 47, 53, 58
Tuberkulose  14
Typhus  14, 16, 24 – 25, 34, 54, 56,
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9. STIKO-App
Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission und Empfehlungen zum Schließen bestehender
am Robert Koch-Institut gibt es auch in Form einer Impflücken gegeben.
App. Die kostenlose STIKO@rki-App für Android
(ab Version 5.1), iOS (ab Version 8.2) und für Abrufbar in der App sind auch die Fachinformatio-
Windows (ab Version 10) wurde für die impfende nen aller Impfstoffe, Antworten auf häufig gestellte
Ärzteschaft entwickelt, um sie bei Fragen zum Imp- Fragen zu Impfungen sowie die RKI-Ratgeber zu
fen im Praxisalltag zu unterstützen. Mit wenigen impfpräventablen Infektionskrankheiten. Über eine
Klicks bekommen NutzerInnen die für die Bera- integrierte News-Feed-Funktion werden NutzerIn-
tung der einzelnen PatientInnen relevanten Infor- nen mit Nachrichten über aktuelle Informationen
mationen. Herzstück ist der interaktive Impfcheck: und Stellungnahmen der STIKO sowie über weitere
Nach Eingabe von Alter, Geschlecht und Impfhisto- wichtige impfspezifische Meldungen (z. B. Liefer-
rie der PatientInnen wird deren Impfstatus über- engpässe von Impfstoffen) informiert.
prüft, noch ausstehende Impfungen identifiziert
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Notizen
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Notizen
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Notizen
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Ständige Impfkommission (STIKO) beim Weitere Informationsmaterialien


Robert Koch-Institut ▶▶ RKI-Ratgeber zu einzelnen Infektionskrankheiten
www.rki.de/ratgeber
Vorsitzender:
Prof. Dr. Thomas Mertens (em.), Abteilung Virologie, ▶▶ Kurz
& Knapp: Faktenblätter zum Impfen
Universitätsklinikum Ulm (www.rki.de/impfen-infomaterial)
▶▶ Faktenblatt zur HPV-Impfung
Stellvertretende Vorsitzende: ▶▶ Faktenblatt zur Herpes-zoster-Impfung
Prof. Dr. Dr. Sabine Wicker; Leiterin des ▶▶ Faktenblatt zur Masern-Impfung

Betriebsärztlichen Dienstes Universitätsklinikum ▶▶ Fremdsprachige Informationsmaterialien zu


Frankfurt am Main ­Impfungen www.rki.de/impfen > Informations­
materialien in verschiedenen Sprachen
Mitglieder der STIKO:
▶▶ Impfkalender in 20 Sprachen
Siehe www.stiko.de/Mitgliedschaft ▶▶ Aufklärungsbögen und Einverständniserklärungen in
deutscher Sprache
Geschäftsstelle der STIKO: ▶▶ Aufklärungsinformationen zu folgenden Impfungen
Robert Koch-Institut | Abteilung für Infektionsepide- in 19 Sprachen:
• Hepatitis-A-Impfung
miologie | Fachgebiet Impfprävention Seestraße 10 | • Hepatitis-B-Impfung
13353 Berlin • Herpes-zoster-Impfung mit dem Totimpfstoff
• HPV-Impfung
Das Fachgebiet Impfprävention am Robert Koch-Insti- • Influenza-Impfung
• Influenza-Impfung mit dem Lebendimpfstoff (nasal)
tut bietet telefonische Auskunft bei Fragen zur Umset- • Meningokoken-C-Impfung
zung der STIKO-Empfehlungen an (nur für impfende • MMR-Impfung
• Pneumokokken-Impfung
ÄrztInnen!). Es wird keine reisemedizinische Impfbe- • Rotavirus-Impfung
ratung angeboten. • TdaP-IPV-Impfung
• 6-fach-Impfung (DTaP-IPV-Hib-HepB)
Tel.: 030 . 18 754 – 35 39, Montag von 9.30 – 11.30 Uhr • Varizellen-Impfung
▶▶ Glossar medizinischer Begriffe zum Thema Impfen
und Donnerstag von 12.00 – 14.00 Uhr
in 15 Sprachen
▶▶ Informationen zu Kinderlähmung (engl., franz., arab.)
▶▶ Praxis-Plakat zur Aufklärung über das schmerzredu-
Bezugsmöglichkeiten der Empfehlungen der zierte Impfen „Wie helfen Sie Ihrem Kind beim Imp-
Ständigen Impfkommission (STIKO) beim fen?“, finden Sie auf der Seite www.rki.de/impfen
Robert Koch-Institut (Epid. Bull. 34/2020): ▶▶ Ein Merkblatt für ÄrztInnen mit Hinweisen zum
Einzelexemplare können beim RKI zu folgenden Be- schmerzreduzierten Impfen im Praxisalltag steht
dingungen angefordert werden: ­unter www.rki.de/schmerzreduziertes-impfen zum
▶▶ kostenfreibis zu 2 Exemplare nach Einsenden eines Download zur Verfügung
adressierten und mit 1,55 Euro frankierten Rückum- ▶▶ Laienverständliche Informationsmaterialien
schlages für das Format A4, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
▶▶ mehrals 2 Exemplare nach Bestellung (schriftl.) (BZgA) zum Thema Impfen (teilweise fremdspra-
­ egen Rechnung.
g chig): www.impfen-info.de/infomaterial

Wir bitten, zur Bestellung folgende Adresse zu


­verwenden: Vorgeschlagene Zitierweise
Robert Koch-Institut Ständige Impfkommission: Empfehlungen der
Kennwort „STIKO-Empfehlungen“ ­Ständigen Impfkommission (STIKO)
Nordufer 20 am Robert Koch-Institut 2020/2021.
13353 Berlin
Epid Bull 2020;34:1 – 68 | DOI: 10.25646/7083.7
Die Impfempfehlungen der STIKO sind auch im (Bei Verbreitung dieses Textes wird gebeten, die
­Internet abrufbar unter www.stiko.de, ­Quelle korrekt wiederzugeben. Falls ein Nachdruck
in englischer Sprache unter www.stiko.de/en. ­gewünscht ist, bitte die Redaktion kontaktieren.)

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