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Therapie des
Diabetes mellitus Typ 2 3
Punkte
Andreas F. H. Pfeiffer, Harald H. Klein
cme
ZUSAMMENFASSUNG iabetes mellitus Typ 2 ist eine Stoffwech- Teilnahme nur im
TABELLE
GFR, glomeruläre Filtrationsrate; DPP-4, Dipeptidyl-Peptidase 4; GLP-1, Glucagon-like-peptide-1; TN, terminale Nierenisuffizienz
*1
Bei unzureichender Stoffwechselführung unter oralen Antidiabetika, Neigung zu Hypoglykämien oder Nachlassen des Allgemeinbefindens sollte der Patient unab-
hängig von der Clearance auf eine Form der Insulintherapie eingestellt werden. Dies gilt insbesondere bei Patienten mit stark wechselnder Nierenfunktion
(www.diabetes.versorgungsleitlinien.de [27]).
*2
gilt nicht in Kombination mit einem Hypoglykämien-induzierenden Präparat
*3
Pioglitazon ist seit März 2011 von der Verordnungsfähigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen.
*4
betrifft primär das subkutane Fettgewebe und nicht das metabolisch ungünstigere viszerale Fettgewebe
*5
Exenatid: nicht bei verzögertem Präparat
*6
in Deutschland nicht eingeführt
*7
Nateglinid ist nur in Kombination mit Metformin zugelassen, so dass es bei Niereninsuffizienz nicht eingesetzt werden kann.
KASTEN 4
● AkdÄ/DEGAM
*1 Lebensstilmodifizierende, nichtmedikamentöse Therapiemaßnahmen sind wichtig, oft aber allein nicht ausreichend. Wenn in
Einzelfällen von vornherein klar absehbar ist, dass lebensstilmodifizierende Maßnahmen allein nicht ausreichen werden (Ad-
härenzprobleme, Schweregrad der Hyperglykämie, Multimorbidität), können diese Maßnahmen sofort mit Metformin kombi-
niert werden.
*2 HbA1c-Zielkorridor von 6,5–7,5 %. Ein HbA1c-Zielwert nahe 6,5 % sollte nur mit Hilfe von Veränderungen des Lebensstils
und/oder Metformin angestrebt werden.
*3 Zum therapeutischen Stellenwert der einzelnen Wirkstoffe/Wirkstoffgruppen siehe Hintergrundinformationen, Kapitel H 6 (27).
*4 Wirkstoffe, zu denen klinische Studien mit diabetesrelevanten Endpunkten vorliegen.
*5 Bei der Gruppe der Sulfonylharnstoffe ist davon auszugehen, dass nicht alle Wirksubstanzen gleichermaßen nützen (27).
*6 Bei unzureichendem Therapieerfolg mit Therapiestufe 2 sollte zunächst verstärkt eine Veränderung des Lebensstils mit dem
Patienten besprochen werden. Sollte dann dennoch ein zweites antihyperglykämisches Medikament erforderlich sein, wird
vorrangig die zusätzliche Gabe von Insulin empfohlen. Die Kombination von zwei oralen Antidiabetika ist nur nach Aufklä-
rung des Patienten über deren möglichen Schaden zu akzeptieren, wenn der Patient zwar seinen HbA1c senken will, hierfür
aber kein Insulin zum aktuellen Zeitpunkt akzeptiert.
*7 Die Kombination von Metformin und Sulfonylharnstoffen (Glibenclamid) kann möglicherweise die kardiovaskuläre Mortalität
erhöhen (27).
*8 Warum GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT-2-Inhibitoren hier nicht erwähnt werden, wird in (27) ausgeführt.
Die Kombination von Metformin mit DPP-4-Hemmern wurde als dritte mögliche Option erwähnt. Diese Substanzgruppe führt selbst nicht zu Hypoglykämien,
und sie ist gewichtsneutral. Kardiovaskuläre Endpunkte nehmen nicht zu. Sorge bereiten allerdings Studien, nach denen Pankreatitiden unter DPP-4-Hem-
mern gehäuft vorkommen und auch Risikosignale für Pankreastumoren gefunden wurden. Bei über 70-Jährigen mit Diabetes können auch über 8 % liegende
HbA1c-Werte toleriert werden, solange es nicht zu diabetesassoziierten Symptomen kommt. In dieser Situation ist das Risiko von Hypoglykämien geringer,
und ein wesentliches Argument gegen die Kombination von Metformin mit Insulin entfällt. Zu Dreifachkombinationen mit oralen Antidiabetika liegen keine Stu-
dien mit diabetesrelevanten Endpunkten vor, und das Sicherheitsprofil wird durch steigende unerwünschte Arzneimittelinteraktionen eingeschränkt. Dreifach-
kombinationen werden daher nicht empfohlen.
● DDG/DGIM
*1 Lebensstilmodifizierende, nichtmedikamentöse Therapiemaßnahmen stellen in jeder Phase der Erkrankung die Basisthera-
pie dar, sind häufig jedoch allein nicht zielführend. Bei Patienten, bei denen mit lebensstilmodifizierenden Maßnahmen keine
ausreichenden Erfolge abzusehen sind (aufgrund von Adhärenzproblemen, Schweregrad, Multimorbidität) können diese
Maßnahmen sofort mit Metformin kombiniert werden.
*2 HbA1c-Zielkorridor von 6,5–7,5 %. Ein HbA1c-Zielwert nahe 6,5 % soll nur dann angestrebt werden, wenn:
– Hypoglykämien (insbesondere schwere) weitestgehend vermieden werden
– der therapeutische Effekt nicht mit einer wesentlichen Gewichtszunahme einhergeht
– hypoglykämisierende Mehrfachkombinationen von oralen Antidiabetika vermieden werden
– eine kürzere Diabetesdauer und keine klinisch relevanten Komorbiditäten vorliegen.
*3 Zum therapeutischen Stellenwert der einzelnen Wirkstoffe/Wirkstoffgruppen siehe Kapitel Pharmakotherapie (27).
*4 Die Kombination von Metformin und Sulfonylharnstoffen (Glibenclamid) kann möglicherweise die kardiovaskuläre Mortalität
erhöhen. Viele retrospektive Analysen zu Sulfonylharnstoffen mit und ohne Metformin zeigen signifikante Steigerungen kar-
diovaskulärer Komplikationen und der Mortalität.
*5 Bei der Gruppe der Sulfonylharnstoffe ist davon auszugehen, dass nicht alle Wirksubstanzen gleichermaßen nützen.
Zusätzlich weisen Sulfonylharnstoffe ein Nebenwirkungsprofil auf, das häufig den individuellen Therapiezielen widerspricht.
*6 Diese beiden Substanzen spielen eine geringe Rolle in den Verordnungszahlen. Pioglitazon wird über die GKV nicht mehr erstattet.
*7 Zur Dreifachkombination mit oralen Antidiabetika liegen keine Studien mit diabetesrelevanten Endpunkten vor, und das Si-
cherheitsprofil und die Therapieadhärenz werden durch mögliche steigende unerwünschte Arzneimittelinteraktionen einge-
schränkt. Dennoch können Dreifachkombinationen wünschenswert und sinnvoll sein, insbesondere wenn sie keine hypogly-
kämisierenden Substanzen enthalten.
*8 siehe kritische Wertung der Evidenz für die Therapie mit Sulfonylharnstoffen in Langfassung (27).
OAD, orale Antidiabetika; ICT, intensivierte konventionelle Therapie; CT, konventionelle Insulintherapie.
GRAFIK
Erste Stufe: Basistherapie (gilt zusätzlich auch für alle weiteren Therapiestufen):
Schulung, Ernährungstherapie, Steigerung der körperlichen Aktivität, Raucher-Entwöhnung*1
7JFSUF4UVGF*OUFOTJWJFSUF SF *OTVMJOVOE,PNCJOBUJPOTUIFSBQJFGPSNFO
Therapiealgorithmus zur Behandlung des Typ-2-Diabetes (nach 27). Weitere Erläuterungen siehe Kasten 4
Therapie benötigen und durch diese gefährdet sein Metformin als medikamentöse
könnten, die Vermeidung von Nebenwirkungen im „firstline“-Therapie
Vordergrund, so dass dann auch ein HbA1c über Nahezu alle Leitlinien sehen Lebensstil-Interventio-
7,5 % sinnvoll sein kann (1, 27). nen und Metformin als initiale Therapie (Grafik) (1,
19, 30). Eine dreimonatige Phase ohne medikamen-
Antihyperglykämische Substanzgruppen töse Therapie ist bei motivierten Patienten mit mode-
Die Ansatzpunkte der antihyperglykämischen Medi- rater oder geringer HbA1c-Erhöhung sinnvoll, es
kamente sind vielfältig (Tabelle). kann aber auch direkt Metformin verabreicht wer-
Alle, bis auf Insulin, setzen eine verbliebene den.
(Rest-)Insulinsekretion voraus und sind in ihrer Wesentliche Vorteile von Metformin sind neben
Wirksamkeit beschränkt. Während anfangs oft eine der reduzierten Mortalität in der UKPDS (32) das
antihyperglykämische Substanz ausreicht (Monothe- fehlende Hypoglykämierisiko, ein anorektischer Ef-
rapie), wird es im Verlauf meist nötig, eine weitere fekt, der eine Gewichtsabnahme begünstigt, sowie
Substanz mit anderem Wirkansatz hinzuzufügen positive Effekte auf Lipidparameter. Es eignet sich
(Kombinationstherapie). Die derzeitigen Empfehlun- besonders bei Patienten mit Adipositas und Insulin-
gen beschränken diese Kombinationstherapie wegen resistenz, ist aber auch bei schlanken Patienten wirk-
fehlender Studien auf zwei Substanzen (27), im fort- sam. Neuere Beobachtungsstudien geben Hinweise,
geschrittenen Stadium der Erkrankung wird Insulin dass es die Krebsmortalität bei Patienten mit Diabe-
als Kombinationspartner oder Monotherapie benö- tes zu senken scheint (33, 34). Wichtigste Kontrain-
tigt. Bei der Auswahl geeigneter Medikamente für dikation für Metformin ist eine GFR < 60 mL/min
den individuellen Patienten spielen neben dem Stadi- (35), die aufgrund der unzureichenden Datenlage des
um der Erkrankung, Alter, Körpergewicht und Ko- Laktatazidoserisikos diskutiert wird (36–38). Weite-
morbiditäten auch Faktoren wie Hypoglykämierisiko re Kontraindikationen sind ausgeprägte hypoxische
im Beruf, Compliance sowie persönliche Präferen- Komorbiditäten, schwere Lebererkrankungen und
zen eine große Rolle. Zustände, die metabolische Azidosen begünstigen,
Sulfonylharnstoffe, Glinide, DPP-4-Inhibitoren, wie zum Beispiel Fasten. Häufig finden sich gas-
Inkretinmimetika und natürlich Insulin führen durch trointestinale Nebenwirkungen, vor allem zu Beginn
eine Erhöhung des Insulinspiegels zu einer Senkung der Therapie (31). Es sollte daher mit einer niedrigen
des Blutzuckers. Erfolgt diese Erhöhung des Insulin- Dosierung (2 × 500 mg) begonnen werden.
spiegels glukoseunabhängig, das heißt auch bei nied-
rigen Blutglukosespiegeln (Sulfonylharnstoffe, Gli- Alternativen bei Kontraindikationen
nide, Insulin), besteht ein Hypoglykämierisiko. Bei oder Unverträglichkeit von Metformin
DPP-4-Inhibitoren und Inkretinmimetika, die die In- Sulfonylharnstoffe/Glinide
sulinsekretion glukoseabhängig steigern und bei Me- Die Sulfonylharnstoff-Therapie ist seit Jahrzehnten
dikamenten, die andere Ansatzpunkte haben (Metfor- etabliert. Es besteht jedoch insbesondere bei älteren
min, Acarbose, Pioglitazon oder die Ende 2012 zuge- und multimorbiden Patienten ein Hypoglykämierisiko.
lassenen SGLT2-Inhibitoren), geht bei fallenden Holstein et al. (39) beschrieben in einer deutschen po-
Blutzuckerspiegeln die Insulinsekretion zurück. Bei pulationsbasierten Studie, abhängig vom verwendeten
diesen Substanzen besteht daher, wenn sie nicht mit Präparat, 0,9–5,6 schwere Hypoglykämien pro 1 000
den oben genannten potenziell hypoglykämieauslö- Patientenjahre.Darüber hinaus wird eine Gewichtszu-
senden Substanzen kombiniert werden oder Sonder- nahme begünstigt (31). Auch gibt es Hinweise aus Be-
situationen vorliegen (M. Addison, Kachexie), kein obachtungsstudien, aber keine sichere Evidenz, für ein
Hypoglykämierisiko. erhöhtes kardiovaskuläres Risiko verglichen mit Met-
Bei Medikamenten, die die Insulinspiegel gluko- formin (40, e1–e4). Sulfonylharnstoffe scheinen zudem
seunabhängig steigern, besteht zudem die Gefahr, dass schneller als Metformin ihre Wirksamkeit zu verlieren
durch zeitweise oder dauerhaft zu hohe Insulinspiegel (e5). Repaglinid, das ein ähnliches Nebenwirkungs-
(Überinsulinierung) eine Gewichtszunahme erfolgt spektrum wie Sulfonylharnstoffe bei kürzerer Wirkdau-
(Tabelle), die zumindest langfristig den Verlauf der Er- er hat, kann auch bei fortgeschrittener Niereninsuffi-
krankung negativ beeinflussen kann (28–31). zienz eingesetzt werden.
Hinweis, dass diese ohne Nutzennachweis in End- genannten kommen nach Abwägung der Vorteile und
punktstudien seien. DDG und DGIM führen an die- Risiken unter Beteiligung des Patienten prinzipiell
ser Stelle alle derzeit verfügbaren Therapiealternati- alle in der Tabelle genannten anderen Präparate für
ven ohne Wertung an, da nach deren Verständnis ers- eine Kombination in Betracht (Grafik) (1, 19, 31).
tens alle Medikamente Vor- und Nachteile besäßen Die Kombinationstherapie von Sulfonylharnstoffen
und diese in Abhängigkeit von der Multimorbität und oder Repaglinid mit Metformin hat einen überzeugen-
Patientenpräferenzen mit jedem Patienten einzeln den antihyperglykämischen Effekt. Nachteilig sind das
besprochen werden sollten. Hypoglykämierisiko sowie die Gefahr der Gewichtszu-
Darüber hinaus halten DDG und DGIM die Evidenz nahme sowie eventuell kardiovaskuläre Nebenwirkun-
für Glibenclamid bezüglich positiver Effekte auf klini- gen (19, e4). Hierdurch ergibt sich eine größere thera-
sche Endpunkte nicht in jedem Fall für überzeugend, peutische Breite der DPP-4-Inhibitoren und ein gerin-
sondern sehen bei einigen retrospektiven Analysen im ges Hypoglykämierisiko bei Monotherapie oder Kom-
Gegenteil sogar signifikante Steigerungen kardiovas- bination mit Medikamenten, die ebenfalls nur selten zu
kulärer Komplikationen und der Mortalität. Sie weisen Hypoglykämien führen (1, e9).
darauf hin, dass eine Glibenclamidtherapie mit einem In Kombination mit Metformin sind auch injizier-
Hypoglykämierisiko und einer Gewichtszunahme ver- bare GLP-1-Rezeptoragonisten (Tabelle) zugelassen.
bunden ist, und die anderen als Alternative zu Metfor- Verglichen mit DPP-4-Hemmern wird eine stärkere
min aufgeführten Antidiabetika zwar bislang keine Er- und länger dauernde GLP-1-Wirkung erreicht (e12).
gebnisse bezüglich klinischer Endpunkte nachweisen Hieraus resultiert neben einer stärkeren Blutzucker-
konnten, diese jedoch Risikoprofile zeigten, die deut- senkung und HBA1c-Reduktion eine Verlangsamung
lich geringer seien als die von Sulfonylharnstoffen. der Magenentleerung sowie Stimulation des Sätti-
Aus Sicht der Autoren ist hier eine sehr individuelle, gungsgefühls im Hypothalamus. GLP-1-Rezeptor-
auf den Patienten abgestimmte und mit dem Patienten agonisten begünstigen neben der HbA1c-Senkung
abzustimmende Entscheidungsfindung gefragt. Muss daher eine Gewichtsabnahme vor allem im Vergleich
ein Hypoglykämierisiko vermieden werden (beispiels- zu Insulin oder Sulfonylharnstoffen (e13, e14). Häu-
weise bei gewerblicher Personenbeförderung), besteht figste Nebenwirkung dieser Substanzgruppe sind
eine besondere Hypoglykämiegefährdung oder eine Übelkeit und Völlegefühl (e12). Diese treten vor al-
deutliche Adipositas, ist der Einsatz von Sulfonylharn- lem in den ersten Wochen nach Behandlungsbeginn
stoffen oder Insulin eher ungünstig (19). Insulin, DPP- auf und können durch langsame Dosistitration ge-
4-Hemmer, Repaglinid und Pioglitazon bieten den Vor- mindert werden. Derzeit zugelassen sind die GLP-
teil einer Einsetzbarkeit bei fortgeschrittener Nierenin- 1-Rezeptoragonisten Exenatid, Lixisenatid und Lira-
suffizienz (Tabelle). glutid, die zweimal täglich beziehungsweise einmal
täglich subkutan injiziert werden. Exenatid ist seit
Therapieeskalation bei Versagen der Juni des Jahres 2011 auch als Präparat mit verzöger-
Monotherapie ter Freisetzung zugelassen, das einmal wöchentlich
Kommt es bei Metformin-Monotherapie zu einem injiziert wird (e15, e16). Ob GLP-1-Rezeptoragonis-
Anstieg des HbA1c über den vereinbarten Zielbe- ten das Pankreatitisrisiko erhöhen, ist nicht abschlie-
reich, im Allgemeinen mit einem HbA1c zwischen ßend geklärt (e16, e17). Aufgrund einzelner Fälle
6,5 und 7,5 %, kann die Therapie dadurch eskaliert von Pankreatitis unter GLP-1-Analoga schreiben die
werden, dass ein zweites Antidiabetikum zusätzlich Fachinformationen eine Aufklärung über Pankreati-
eingesetzt wird (Kombinationstherapie) oder es er- tissymptome, ein Absetzen bei Verdacht auf Pan-
folgt eine Umstellung auf Insulin allein (Grafik). Bei kreatitis sowie keine Anwendung nach gesicherter
der Empfehlung zu diesem Therapieschritt unter- Diagnose vor. Aufgrund des geringen Hypoglyk-
scheiden sich erneut die Empfehlungen der AkdÄ ämierisikos, der guten Wirksamkeit und des positiven
und DEGAM einerseits und DDG und DGIM ande- Effekts auf den Gewichtsverlauf ist die Kombination
rerseits. Die Erstgenannten legen sich auf drei mög- von Metformin mit einem GLP-1-Rezeptoragonisten
liche Alternativen fest und betonen dabei, dass für insbesondere bei adipösen Patienten und Patien-
jede Empfehlung Vor- und Nachteile bestehen, die ten, die hypoglykämiegefährdet sind oder beruflich
abzuwägen sind. Nach den Empfehlungen der Letzt- kein Hypoglykämierisiko haben dürfen, vorteilhaft
(e14–e17). Endpunktstudien stehen aus. Bei Kon- le Therapie (CT), zumeist in Form einer zweimal
traindikation für Metformin können sie mit einem täglichen Injektion eines Mischinsulins, die intensi-
Sulfonylharnstoff kombiniert werden (e18). Hypo- vierte konventionelle Insulintherapie mit Basalinsu-
glykämien können dann auftreten. lingabe und Bolusinsulin zu den Mahlzeiten (ICT)
und die kontinuierliche subkutane Insulininfusion,
Therapieeskalation bei Versagen das heißt Insulinpumpentherapie (CSII), die für Typ-
einer dualen Therapie 2-Diabetiker nicht empfohlen wird. Evidenzbasierte
Es ist derzeit unklar, ob eine Dreifachkombination Untersuchungen zu Vor- und Nachteilen der ver-
oder der Beginn einer Insulintherapie mit maximal schiedenen Therapieschemata hinsichtlich harter
einem weiteren Antidiabetikum bei Versagen einer Endpunkten liegen nicht vor. Es gibt Hinweise, dass
dualen oralen Therapie hinsichtlich relevanter End- die ICT gegenüber der CT vorteilhaft sein kann (16),
punkte über- oder unterlegen ist (31, e19–e22). Die und diese wird daher – soweit durchführbar – emp-
neue NVL enthält eine Empfehlung für den Über- fohlen (Grafik). Der Einsatz der verschiedenen The-
gang zu einer Kombinationstherapie mit Insulin, rapieregime sollte sich an den individuellen Bedürf-
(Grafik) weil unzureichende Daten für Dreifachthe- nissen des Patienten, der Lebensqualität und an der
rapien vorliegen (19). Abgesehen von Sondersitua- Stoffwechseleinstellung orientieren und sollte mit
tionen wie dem Busfahrer oder Piloten, der unter ei- dem Patienten explizit vereinbart werden (1, 19, 27).
ner Therapie mit beispielsweise Metformin, DPP- Beim Typ-2-Diabetes besteht bei Beginn der Insu-
4-Hemmern und Pioglitazon den Beruf ohne Hypo- lintherapie in der Regel noch eine Restsekretion, so
glykämiegefährdung weiter ausüben kann, ist häufig dass zunächst kein ICT-Schema nötig ist, sondern al-
der Wunsch des Patienten, die Insulintherapie noch ternativ mit einer Basalinsulin- oder Mahlzeiten-be-
hinauszuzögern, Grund für eine Dreifachtherapie. zogenen Insulintherapie begonnen werden kann. Für
Das Positionspapier der EASD/ADA diskutiert die beide Vorgehensweisen gibt es Argumente. Ein typi-
zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten und emp- scher Anlass für den Beginn mit der Basalinsulin-be-
fiehlt eine engmaschige Überwachung (1). zogenen Insulintherapie sind morgendlich erhöhte
BZ-Werte (Ziel 80–120 mg/dL), die mit einer abend-
Antihyperglykämische Therapien in lichen Gabe eines Verzögerungsinsulins durch die
Kombination mit Insulin Unterdrückung der hepatischen Glukoseproduktion
Die Kombination von basalem Insulin mit einem oralen gesenkt werden können (1). Man beginnt mit einer
Antidiabetikum ist ein gebräuchliches Schema, das die Verzögerungsinsulindosis von 10–20 IE je nach
DDG für ihren NVL-Entwurf benutzt hat (19). Falls Gewicht und steigert diese um jeweils 2 IE alle drei
keine Metformin-Unverträglichkeit oder Kontraindika- Tage, bis die morgendlichen Werte im Zielbereich
tion besteht, kann Metformin bei Aufnahme einer Insu- liegen. Problematisch können nächtliche Hypoglykä-
lintherapie und im weiteren Verlauf beibehalten werden mien sein, die zwischen 2–5 Uhr oft unbemerkt ver-
(Grafik). Hierdurch kommt es zur Einsparung von In- laufen, so dass der nächtliche Blutzucker in der Ein-
sulin und einer geringeren Gewichtszunahme. Ob es stellungsphase gezielt kontrolliert werden sollte.
sinnvoll ist, zusätzlich zu einer basalen Insulintherapie Nächtliche Hypoglykämien treten seltener mit den
mit oder ohne Metformin eine Steigerung der postpran- langwirkenden Analoginsulinen auf (e23).
dialen Insulinsekretion durch Sulfonylharnstoffe, DPP- Stehen Blutzuckeranstiege nach Mahlzeiten im
4-Inhibition oder GLP-1 Rezeptoragonisten zu bewir- Vordergrund, kommt eher ein mahlzeitenbezogener
ken, ist noch nicht klar (31). Beginn der Insulintherapie in Betracht. Dies können
fixe Dosen zu den Mahlzeiten sein, beispielsweise
Strategien der Insulintherapie wenn diese regelmäßig in gleicher Menge eingenom-
Ziele der Insulintherapie sind beim Typ-2-Diabetes men werden oder ein mahlzeiten- und blutzucker-
die Blutzucker- und Stoffwechselkontrolle zur mi- adaptiertes Schema (1, e24). Sowohl die DDG-Leit-
kro- und makrovaskulären Risikoreduktion bei Ver- linie (28) als auch die EASD/ADA-Empfehlungen
meidung von Hypoglykämien sowie einer ausge- betonen, dass für diese Vorgehensweisen nur schwa-
prägten Gewichtszunahme durch zu hohe oder falsch che Evidenz vorliegt und zahlreiche individuelle As-
verteilte Dosen. Prinzipiell gibt es die konventionel- pekte zu berücksichtigen sind (1, e24).
Es sind zahlreiche Titrationsschemata publiziert 7. Kelley DE, Wing R, Buonocore C, Sturis J, Polonsky K, Fitzsim-
worden, und es wird eine mögliche Vorgehensweise mons M: Relative effects of calorie restriction and weight loss in
noninsulin-dependent diabetes mellitus. J Clin Endocrinol Me-
dargestellt, die für hoch motivierte Patienten, die nicht tab. 1993; 77: 1287–93.
einfacher zu therapieren sind, möglich ist. Die erfor-
8. Markovic TP, Jenkins AB, Campbell LV, Furler SM, Kraegen EW,
derliche Dosis ist von der Insulinempfindlichkeit ab- Chisholm DJ: The determinants of glycemic responses to diet
hängig. Bei normaler Insulinsensitivität liegt der Insu- restriction and weight loss in obesity and NIDDM. Diabetes Care
linbedarf bei etwa 1–2 IE pro 40 kcal Kohlenhydrate, 1998; 21: 687–94.
entsprechend einer Kohlenhydrateinheit oder 10–12 g 9. Intensive blood-glucose control with sulphonylureas or insulin
Kohlenhydraten. Insulinresistente Typ-2-Diabetiker compared with conventional treatment and risk of complications
in patients with type 2 diabetes (UKPDS 33). UK Prospective
können ein Mehrfaches dieser Insulindosis benötigen. Diabetes Study (UKPDS) Group. Lancet 1998; 352: 837–53.
Der Bedarf wird empirisch bestimmt und danach ein 10. Wing RR, Lang W, Wadden TA, et al.: Benefits of Modest Weight
Schema erstellt, in dem der Patient eine berechenbare Loss in Improving Cardiovascular Risk Factors in Overweight
Menge Insulin entsprechend der Kohlenhydratmenge and Obese Individuals With Type 2 Diabetes. Diabetes Care
injiziert. Der Patient sollte Blutzuckermessungen 2011; 34: 1481–6.
durchführen und eine Korrekturdosis nach seinem ak- 11. Wing RR: Long-term effects of a lifestyle intervention on weight
tuellen Blutzuckerwert injizieren. Man geht von einem and cardiovascular risk factors in individuals with type 2 diabe-
tes mellitus: four-year results of the Look AHEAD trial. Arch In-
Insulinbedarf von 1 I.E. pro 30–40 mg/dL (1,7–2,2 tern Med 2010; 170: 1566–75.
mmol/L) Blutzucker für Insulinsensitive aus, mit er- 12. Lim EL, Hollingsworth KG, Aribisala BS, Chen MJ, Mathers JC,
heblich höheren Korrekturdosen für Insulinresistente. Taylor R: Reversal of type 2 diabetes: normalisation of beta cell
Die Regeln der Insulintherapie müssen auf jeden Fall function in association with decreased pancreas and liver tria-
in einer Schulung vermittelt werden, weil der Patient cylglycerol. Diabetologia 2011; 54: 2506–14.
auch den Umgang mit Hypoglykämien und Auswir- 13. Selvin E, Steffes MW, Zhu H, et al.: Glycated hemoglobin, diabe-
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kungen körperlicher Aktivität sowie weitere Einflüsse 2010; 362: 800–11.
auf die Insulinwirksamkeit erlernen muss (28).
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dations. Diabetes Care 2010; 33(Suppl 1): 3.
Interessenkonflikt 15. Kerner W, Brückel J: Definition, Klassifikation und Diagnostik
Prof. Pfeiffer erhielt Honorare für eine Beratertätigkeit von Novo, des Diabetes mellitus. Diabetologie 2011; Suppl 2: 107–10.
Berlin Chemie, Novartis, Astra Zeneca/BMS, Sanofi, Lilly und
Boehringer-Ingelheim. Ihm wurden Teilnahmgebühren für Kongresse 16. Ohkubo Y, Kishikawa H, Araki E, et al.: Intensive insulin therapy
erstattet von A & A und Boehringer Ingelheim. Er erhielt Honorare für die prevents the progression of diabetic microvascular complica-
Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen von tions in Japanese patients with non-insulin-dependent diabetes
Lilly, Thieme, PriMed, Novo, Berlin Chemie MSD und Sanofi. Honorare für mellitus: a randomized prospective 6-year study. Diabetes Res
die Durchführung klinischer Auftragsstudien auf eine Drittmittelkonto Clin Pract 1995; 28(2): 103–17.
erhielt er von Roche, Takeda, Astra Zeneca und Novo. Für ein von ihm
initiiertes Forschungsvorhaben erhielt er Gelder von Novartis, Bayer und 17. UK Prospective Diabetes Study (UKPDS): X. Urinary albumin ex-
Rettenmayer & Söhne. cretion over 3 years in diet-treated type 2, (non-insulin-depen-
dent) diabetic patients, and association with hypertension, hy-
Prof. Klein erhielt Honorare für Beratertätigkeiten von GlaxoSmithKline,
perglycaemia and hypertriglyceridaemia. Diabetologia 1993; 36:
Sanofi-Aventis, Janssen-Cilag und AstraZeneca. Ihm wurden
Teilnahmegebühren für Kongresse erstattet von Lilly, Novartis und 1021–9.
AstraZeneca. Für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungs- 18. Patel A, MacMahon S, Chalmers J, et al.: Intensive blood glu-
veranstaltungen erhielt er Gelder von Novo Nordisk. Für ein von ihm cose control and vascular outcomes in patients with type 2 dia-
ßinitiiertes Forschungsvorhaben erhielt er Gelder von GlaxoSmithKline und betes. N Engl J Med 2008; 358: 2560–72.
Sanofi Aventis.
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Für Heft 9/2014 ist das Thema „Strukturiertes Vorgehen bei Otitis media“ vorgesehen.
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Therapie des
Diabetes mellitus Typ 2 3
Punkte
Andreas F. H. Pfeiffer, Harald H. Klein
cme
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