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Die intramedulläre
Drahtosteosynthese nach
Kapandji bei der proximalen
Humerusfraktur
Zusammenfassung chen Drähte wegen Perforation der Kalotte Das operative Spektrum reicht von
vorzeitig entfernt bzw.umgesetzt.Sekundä- minimal-invasiven Techniken bis zur
Minimalinvasive Techniken tragen bei der re Fragmentdislokationen oder Pseudarthro- primären Prothesenversorgung. Zentra-
operativen Versorgung proximaler Humerus- sen wurden im gesamten Patientengut nicht le Bedeutung kommt einer erhaltenen
frakturen dazu bei, das Risiko einer iatrogen beobachtet. Blutversorgung des Humeruskopfes zu,
bedingten Schädigung der Fragmentdurch- Es handelt sich um eine schonende während mäßige Restdeformierungen
blutung und periartikulärer Vernarbungen Operationstechnik, welche trotz frühzeitig im glenohumeralen Gelenk funktionell
der Gleitschichten zu vermindern.Zum einsetzender, frühfunktioneller Behandlung oft toleriert werden [25]. Hohe Raten
Spektrum dieser Verfahren gehört auch die bei instabilen und valgusimpaktierten Frak- avaskulärer Humeruskopfnekrosen im
intramedulläre K-Draht-Osteosynthese nach turen gute Ergebnisse ermöglicht und daher Zusammenhang mit klassischen Osteo-
Kapandji. an unserer Klinik die bisher übliche Technik syntheseverfahren [14] haben dazu ge-
Zwischen 3/95 und 6/00 wurden am der Spickdrahtosteosynthese abgelöst hat. führt, dass heute überwiegend minimal-
König-Ludwig-Haus Würzburg 29 Patienten Die Indikation zum primären endoprothe- invasive Operationstechniken zur An-
mit dislozierter Humeruskopfmehrfrag- tischen Ersatz wurde aufgrund dieser Erfah- wendung kommen. Während 2- und 3-
mentfraktur mittels dieser Technik versorgt. rungen wesentlich restriktiver gestellt. Fragment-Frakturen meist osteosynthe-
Alle Patienten wurden frühfunktionell nach- tisch versorgt werden können, wird bei
behandelt.Davon konnten 14 Patienten mit Schlüsselwörter 4-Fragment-Frakturen, zumindest beim
einem Durchschnittsalter zum Unfallzeit- älteren Menschen, zunehmend die pri-
punkt von 56 Jahren, die einen für das Auf- Proximale Humerusfraktur · märe Prothesenversorgung diskutiert
treten einer Humeruskopfnekrose akzepta- Minimalinvasive Technik · [4, 8].
blen Nachbeobachtungszeitraum von min- Intramedulläre Drahtosteosynthese Innerhalb des Spektrums der mini-
destens 24 Monaten (Mittel 36,4 Monate) mal-invasiven Osteosynthesetechniken
aufwiesen, röntgenologisch sowie klinisch [2, 3, 6, 9, 16, 19, 24, 26] lässt sich sowohl
mittels des „Constant Score“ nachuntersucht durch perkutane Draht- oder Schrau-
werden.Es handelte sich um drei instabile benosteosynthesen als auch durch frak-
turfern eingebrachte intramedulläre
2-Fragment-Frakturen, vier 3-Fragment- und
sieben 4-Fragment-Frakturen (5 im Valgus-
sinn impaktiert).
D ie proximale Humerusfraktur ist mit
einem Gesamtanteil von ca. 5% aller
Drähte oder Nägel das Risiko iatrogener
Beeinträchtigung von Durchblutung
Der mittlere Constant Score bei der Frakturen relativ häufig. Indikationen und Weichteilen nochmals reduzieren.
Nachuntersuchung betrug 70 Punkte zur operativen Therapie stellen dislo- An der Orthopädischen Universi-
(31–86 Punkte).An Komplikationen sahen zierte und nicht geschlossen reponier- tätsklinik Würzburg werden seit 1995 dis-
wir eine avaskuläre Kopfnekrose nach bare bzw. retinierbare Frakturen dar. lozierte oder instabile proximale Hume-
4-Fragment-Fraktur (Constant Score Nicht oder nur gering dislozierte Frak-
31 Punkte).Bei einem Fall (von 29 Fällen) turen werden zunehmend dann opera- Priv.-Doz. Dr. F. Gohlke
musste wegen Irritation der Haut am Ober- tiv versorgt, wenn keine ausreichende Orthopädische Universitätsklinik Würzburg,
arm eine Kürzung der Drähte vorgenommen Stabilität für eine frühfunktionelle The- König-Ludwig-Haus, Brettreichstrasse 11,
werden, und je einmal wurden nach 2 Wo- rapie vorliegt. 97074 Würzburg
Abstract
Abb.3a–g Intramedulläre Drahtosteosynthese einer dislozierten 4-Fragment-Fraktur bei einer 72-jährigen Frau. a Präoperativer Befund.
b Intraoperative Kontrolle unter BV – die Drähte sind im Markraum bis zur Frakturzone vorgeschoben.
c Ein Draht wird unter rotierenden Bewegungen in die subchondrale Zone des hinteren oberen Kopfquadranten vorgeschoben, die Kalotte damit
bereits teilweise aufgerichtet.
d Mit den restlichen 3 Drähten werden die kaudalen Anteile angehoben, die Tubercula legen sich durch den Effekt der Ligamentotaxis wieder an.
e Postoperative Kontrolle in der axialen Projektion: Diese zeigt die Aufrichtung der Kopfkalotte in der anderen Ebene und die günstige Position des
frakturierten Tuberculum minus (Pfeil).
f, g Ausheilungsergebnis 3 Monate nach Entfernung der Drähte unter funktioneller Nachbehandlung (Röntgenbefund in 2 Ebenen)
drale Zone des Humeruskopfes vorge- score von 87,3% und somit einem sehr Röntgenanalyse
schoben (Abb. 3, 4). guten Ergebnis. Eine Patientin mit einer
Die an einem Ende abgeflachten avaskulären Nekrose erreichte lediglich Wir fanden eine Kopfnekrose bei einer
Drähte werden primär am stumpfen 31 Punkte. 81-jährigen Patientin nach einer 4-Frag-
Ende ca. 20–30° abgewinkelt und bis zur ment-Fraktur, diese Patientin erreichte
Hälfte um ca. 45° vorgebogen, um eine Schmerz und Aktivitäten im Alltag lediglich einen Constant Score von 31
gute Aufspreizung im Kopffragment mit Punkten. Die radiologische Auswertung
entsprechender Rotationsstabilität zu Allgemein gaben die Patienten keine bis der übrigen Patienten zeigte keine Hin-
ermöglichen. Idealerweise sollten min- lediglich geringe Schmerzen an. weise für signifikante avaskuläre Nekro-
destens 3, besser 4 Drähte das Kopffrag- 13 von 14 Patienten konnten Arbei- sen oder Pseudarthrosen.
ment fixieren. Die ursprünglich von ten bis mindestens in Scheitelhöhe Im Vergleich zur unmittelbaren
Bellumore et al. [1] vorgeschlagene Plat- durchführen. Lediglich 1 Patientin konn- postoperativen Röntgenaufnahme war
zierung in den frakturierten Tubercula te den Arm maximal bis Nackenhöhe ge- im Zeitraum von 6–8 Wochen postope-
wurde aufgegeben, da sich hiermit unter brauchen. rativ bei 3 Fällen mit starker Valgusim-
dem Bildwandler eher eine Dislokation Der mittlere Constant Score für den paktion und deutlicher Osteoporose ein
der Tubercula bzw. eine Perforation der Bereich Schmerz und ADL betrug 28 leichtes Einsinken der Humeruskalotte
dünnen Kortikalis beobachten ließ. Die von 35 Punkten (17–35 Punkte). im Varussinne zu beobachten. Die retro-
Abflachung der Drähte und die Vor- spektive Analyse der Röntgenbilder lässt
spannung ermöglichen es in der Regel, Bewegungsumfang dafür folgende Ursachen annehmen:
nach Platzierung des Drahtes in einem schlechte Knochenqualität der alten Pa-
Fragment, dieses zu rotieren bzw. zu re- Die Beweglichkeit für die Elevation be- tienten, unzureichende Verteilung der
ponieren. trug im Mittel 156° (90–180°) bzw. für die Drähte unter der gesamten Kalotte und
In unserem Krankengut wurde die Außenrotation 47° (0–90°). Im Constant damit unvollständige Anhebung der
Valgusimpaktion der Kopfkalotte durch Score wurden im Mittel 33 von 40 Punk- kaudalen Anteile der Kalotte. Bei einem
das Vorschieben der Drähte von distal ten (12–40 Punkte) erreicht. Fall ist der Korrekturverlust einem
reponiert. Eine zusätzliche Spongiosa- Nachrutschen der Drähte und bei den
unterfütterung erfolgte nicht. Kraft beiden anderen mangelnder Erfahrung
mit dieser Methode in der Lernkurve
Ergebnisse Außer bei einer Patientin mit begleiten- der ersten Jahre zuzurechnen.
dem großem Rotatorenmanschettende- Ein Korrekturverlust als Folge des
Gesamtfunktion fekt wurden keine signifikanten Diffe- Substanzverlustes (durch Stauchung der
renzen zwischen verletzter und unver- osteoporotischen Spongiosa bei val-
Nach einer mittleren Nachbeobach- letzter Seite bei der Kraftmessung nach- gusimpaktierten Frakturen alter Patien-
tungsdauer von 36,4 Monaten (24– gewiesen. Erwartungsgemäß wurden ten) wurde aufgrund vergleichbarer Er-
55 Monate) erzielten unsere Patienten ei- hier im Constant Score durchschnittlich fahrungen, z. B. mit Radiusfrakturen, im
nen mittleren Constant Score von 70 nur 8,1 von 25 Punkten (2–15) erreicht, Verlauf der ersten 3 Monate postoperativ
Punkten (31–86 Punkte).Alterskorreliert was bei dem älteren, weiblich dominier- erwartet, war jedoch nicht in dem er-
entsprach dies einem Durchschnitts- ten Patientengut nicht verwunderte. warteten Maße zu beobachten.