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kann zu einer nicht kontrollierbaren in- J.

Müller
vasiven Ausbreitung viraler Bestandtei-
le im Körper führen.
Klinik und Poliklinik für HNO,
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
I n den letzten Jahren entwickelte sich
die Versorgung ertaubter oder resthö-
riger Patienten mit einem Cochlear-
„Die Gentherapie bei onkologi- Implant (CI) mehr und mehr zum
schen Fragestellungen im Cochlear- Standard. Im Zusammenwirken der
unterschiedlichen, daran beteiligten
Kopf-Hals-Bereich wird
als sicher und realisierbar Implant-Versor- Spezialdisziplinen wurden erfreuliche
Fortschritte erreicht. Den Betroffenen
eingeschätzt.“ gung heute ermöglichen CI's die Rückkehr in die
Gemeinschaft der Hörenden und taub-
Im Bereich der Onkologie wird die ge- geborene Kinder können mit einem
zielte Einschleusung eines Gens in den Cochlear-Implant Sprache auf kindge-
Patientenorganismus als mögliche neue Während Ende der 1970er Jahre Cochle- mäße Weise lernen, indem sie diese hö-
adjuvante Strategie in der multimodalen ar-Implante in erster Linie das Erkennen ren und nachahmen.
Behandlung von Tumorerkrankungen und Differenzieren von Umweltge-
im Kopf-Hals-Bereich angesehen. Dabei räuschen ermöglichten, ist heute für vie- Operationstechniken
werden derzeit verschiedene experi- le Patienten ein früher kaum für mög-
mentelle Strategien verfolgt. lich gehaltenes, offenes Sprachver- Weitgehend hat sich eine standardisierte
ständnis Realität geworden. Eine binau- Operationstechnik etabliert, die in den
◗ Gentherapie mit Genen für Cytokine rale Cochlear-Implant-Versorgung mit verschiedenen Zentren geringfügigen
und kostimulierende Moleküle der modernen Implantaten erlaubt eine Variationen unterliegt. Diese betreffen
Immunantwort, weitere Verbesserung des Sprachver- z. B. den Hautschnitt oder die Würzbur-
◗ Gentherapie mit Substitution von ständnisses und die Wiederherstellung ger „Doppellappentechnik“ zur sicheren
Tumorsuppressorgenen, des räumlichen Hörens. Entsprechend Implantatbedeckung. Im Allgemeinen
◗ Gentherapie mit Blockierung von hat sich das Indikationsspektrum mehr wird die Cochlear-Implant-Elektrode
Onkogenen über z. B. Antisense- und mehr in Richtung Resthörigkeit ver- über eine Mastoidektomie mit Eröffnung
Konstrukte, schoben. des Recessus facialis in der funktionslo-
◗ Gentherapie mit Suizidgenen, Technische Weiterentwicklungen sen Cochlea platziert. Operative Kompli-
◗ andere Ansätze z. B. Antiangiogenese. betrafen die implantierbare Elektronik, kationen sind selten.Allerdings sollte der
die Elektroden selbst oder die verwen- N. facialis dargestellt und identifiziert
Studien mit den aufgeführten therapeu- deten Sprachkodierungsstrategien. Aus werden, damit eine unbeabsichtigte
tischen Strategien belegen, dass die Gen- der Vielzahl der modifizierbaren Para- Schädigung vermieden wird.
therapie bei onkologischen Fragestel- meter ergibt sich oft eine komplexe
lungen im Kopf-Hals-Bereich sicher und Wechselwirkung.Weiterentwicklungen „Der suprameatale Zugang
realisierbar ist. Durch die gute Zugäng- vom erreichten, hohen Standard aus un-
lichkeit von HNO-Karzinomen und die terliegen grundsätzlich natürlich auch bietet einen mäßigen
damit verbundene Möglichkeit der visu- dem Risiko, die gewünschten Ziele nicht Zeitvorteil, birgt aber auch
ellen Verlaufsbeobachtung ist die Tumo- im erhofften Umfang zu erreichen. potentielle Risiken.“
rentität im Kopf-Hals-Bereich für diese Anlässlich der Sitzungen „Cochlear
Strategien prädestiniert. Technische Ver- Implants“ im Rahmen des Deutsch- Als Alternative zum bewährten, her-
besserungen der derzeit verwendeten Österreichischen HNO-Kongresses 2002 kömmlichen Zugang stellte Baumgart-
Vektorsysteme mit der Applikation ge- in Baden-Baden soll ein kurzer Überblick ner (583) eine auf Kronenberg zurückge-
eigneter Gene lassen daher hoffen, dass zum Stand der Thematik gegeben und hende Modifikation, den sog. „supra-
in Zukunft eine Verbesserung der The- gegenwärtige Entwicklungen bzw. Ent- meatalen Zugang“ (SMA = Supra Meatal
rapieverfahren möglich sein wird. wicklungsmöglichkeiten kritisch be- Approach) vor. Dieser verzichtet auf eine
leuchtet werden. Mastoidektomie. Beim SMA wird ein su-
prameataler Tunnel hinter der Gehör-
gangswand, im Prinzip eine Antrotomie,
angelegt und die Cochlear-Implant-
Elektrode an den Gehörknöchelchen
vorbei in die Pauke vorgeschoben. Der

Hinweis:
© Springer-Verlag 2002
Die in Klammern angegebenen
Ziffern entsprechen den Priv. Doz. Dr. Joachim Müller
Vortragsnummern des Tagungs- Klinik und Poliklinik für HNO,
Julius-Maximilians-Universität,
programms.
Josef-Schneider-Straße 11, 97080 Würzburg
E-Mail: joachim.m@mail.uni-wuerzburg.de

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Im Fokus
N. facialis wird dabei nicht explizit dar- bei gleicher Elektrodenzahl eine weite- genaue Angabe der applizierten Dosis
gestellt. Nach Eröffnung der Pauke, die re – im Hinblick auf die nicht erwünsch- war so verfahrensbedingt nicht möglich.
ähnlich wie bei Eingriffen am Stapes er- ten Kanalinteraktionen – günstigere Die erwartete Verringerung der
folgt, wird die Cochleostomie durch den Elektrodenspreizung. Zudem werden postoperativen Elektrodenimpedanzen
Gehörgang ausgeführt. Danach wird die bei einer tiefen Insertion auch die deutete sich in den Ergebnissen zwar an,
Elektrode in der Pauke gefasst und in die neuralen Strukturen in der Spitze der blieb wegen der kleinen Patientengrup-
Cochlea eingeführt. Cochlea gereizt. pen aber schwierig zu verifizieren. Der
Eine Auswertung von 103 Operatio- Ein Vertreter der modiolusnahen Einfluss auf das postoperative Hörver-
nen über diesen Zugang, welche in Tel Elektroden ist die Nucleus 24-Contour- mögen kann anhand der präsentierten
Aviv und Wien durchgeführt wurden, Elektrode. Klenzner (563) berichtete Daten zum Sprachverständnis (noch)
zeigte durch den Verzicht auf die Mas- über die Ergebnisse von 10 Patienten, die nicht sicher nachvollzogen werden.
toidektomie einen moderaten Zeitvor- eine Contour-Elektrode erhielten, vergli- Doch scheint sich hier eine Möglichkeit
teil. Zu bedenken bleiben potentielle chen mit den Ergebnissen von 13 Patien- abzuzeichnen, das Interface zwischen
Risken, nämlich eine Berührung der Os- ten, die mit der Standardelektrode ver- Elektrode und Hörnerv günstig zu be-
sikel und eine Affektion des N. facialis. sorgt worden waren. Bei 2 Patienten einflussen. Von besonderem Interesse
Bei Kindern kann außerdem die Dura konnte nach der Implantation der Con- werden daher die Langzeitergebnisse
tief stehen, so dass Baumgartner anreg- tour-Elektrode das Restgehör erhalten und deren Stabilität sein.
te, diese vor dem Anlegen des Tunnels werden. Zwar waren die elektrischen
darzustellen. Erfahrungen über Revisio- Schwellen erwartungsgemäß reduziert, Cochlear-Implant-Versorgung
nen liegen bislang nicht vor. im Sprachverständnis ergaben sich kei- bei Kindern
ne signifikanten Unterschiede zwischen
Modiolusnahe Standard- und Contour-Elektrode. Lesinski-Schiedat (569) berichtete über
Elektrodenträger Klenzner stufte die Elektrode als chirur- die positive Entwicklung der früh, d. h.
gisch handhabbar ein, sprach ihr aber vor dem ersten Lebensjahr implantier-
Normalerweise positioniert sich der eine höhere Invasivität im Vergleich zu ten Kinder. Sie zog ein positives Resü-
Elektrodenträger eines Cochlear-Im- den Nucleus-Standard-Elektrode zu. mee für die dargestellte Patientengrup-
plant-Systems an der lateralen Wand der Diese Einschätzung stehe mit Felsenbein- pe, wies aber darauf hin, dass die Indi-
Scala tympani.Von einer medial, modio- experimenten im Einklang, in denen kation zur Operation kritisch zu stellen
lusnah platzierten Elektrode verspricht sich nach histologischer Aufarbeitung sei. Als Risiken für die Operation bei
man sich eine selektivere Stimulierung Perforationen der Basilarmembran zeig- kleinen Kindern führte sie den relativen
der neuralen Strukturen und damit ver- ten, weil die Elektrode in die Skala vesti- Blutverlust in Relation zum Körperge-
bunden ein besseres Sprachverständnis. buli eindrang. wicht, evtl. Beatmungsprobleme bei un-
Wegen der Nähe zum Modiolus sollten In Anbetracht des erhöhten, in Fel- reifer Lunge und allgemeine anästhesio-
die für die Stimulation notwendigen senbeinexperimenten verifizierten In- logische Aspekte auf.
Ströme und somit auch der Batteriever- sertionstrauma, das auch anderen peri-
brauch sinken.Allerdings müssen bei ei- modiolaren Elektroden wie der Clarion- „Eine frühe Implantation
ner modiolusnahen Lage die einzelnen HiFocus-Elektrode zugeschrieben wird,
Elektrodenkontakte bei gleicher Anzahl sollten die elektrophysiologisch messba-
bringt bessere Ergebnisse und
näher aneinander rücken, da der Innen- ren Vorteile kritisch bewertet werden, da verbessert die Chancen der
durchmesser der Scala tympani deutlich sich bislang keine messbaren Verbesse- Hörsprachentwicklung.“
geringer ist als der Außendurchmesser. rungen im Sprachverständnis ergeben
Als Folge davon könnten mit kleiner haben. Mit der zunehmenden Verbreitung des
werdendem Abstand die unerwünschten Neugeborenenhörscreenings wird die
Kanalinteraktionen zwischen benach- Intraoperative Steroidgaben Früherkennung von Hörstörungen un-
barten Elektroden zunehmen. terschiedlichen Ausmaßes möglich. Bei
Postoperativ bildet sich in der Cochlea gesicherter Diagnose einer Taubheit
„Eine modiolusnahe Elektrode um die Elektrode eine bindegewebige kann so schon sehr jungen Kindern mit
soll die neuralen Strukturen Hülle, welche deren elektrischen Über- einem Cochlear Implant die Chance auf
gangswiderstand erhöht und uner- eine Hörsprachentwicklung eröffnet
selektiver stimulieren und wünschterweise auch den Energiever- werden. Dabei erfordert die Cochlear-
damit ein besseres Sprachver- brauch beeinflusst. Daher erscheint der Implant-Versorgung eine intensive in-
ständnis bewirken.“ Versuch plausibel, eine intracochleäre terdisziplinäre Zusammenarbeit. Bei 4
Bindegewebsreaktion medikamentös zu von 4100 Kindern, die im Rahmen des
Weitere Parameter, welche mit dem reduzieren. Mehrere Arbeitsgruppen Neugeborenenscreenings in Würzburg
Elektrodendesign zusammenhängen, versuchen dieses Ziel durch eine intra- seit August 1997 untersucht wurden, be-
betreffen Lage und Ausdehnung des ak- cochleäre Steroidapplikation zu errei- stätigte sich die Taubheit. Sie erhielten
tiven Interfaces der Elektrode. Die Ein- chen. Die Elektroden wurden vor der In- ein Cochlear-Implant uni- oder bilateral
führtiefe variiert je nach Elektrodentyp sertion in eine steroidhaltigen Lösungen und werden in ihrer Entwicklung zu-
und Hersteller zwischen 16 und 31 mm. eingetaucht oder eine Kortison-Kristall- nehmend an der Entwicklung normaler
Eine tiefere Elektrodeninsertion ergibt suspension in die Cochlea injiziert. Eine Kinder gemessen (416).

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Im Zusammenhang mit der Im- gutes Sprachverständnis. Zusätzliche tersuchungen erreichen nach einem Jahr
plantation junger Kinder bestätigte Verbesserungen des Sprachverständnis- 54% aller in Würzburg implantierten Pa-
Lenarz (572) in seiner Übersicht, dass ses ergaben sich für EAS-Patienten tienten ein Sprachverständnis im Frei-
sich bei Betrachtung der medizinischen durch das zusätzlich getragene Hörgerät burger Einsilbertest von mehr als 50%,
Kosten und Folgekosten für den Erzie- bei den Satztests im Rauschen. so das davon auszugehen ist, dass sie mit
hungs- und Schulaufwand für frühver- Es bleibt sicher spannend zu beob- fremden Personen telefonieren können.
sorgte Kinder ein Kostenvorteil von bis achten, ob das Restgehör langfristig sta- Trotzdem ist lange Zeit der Schritt
zu 13% errechnen lässt. bil erhalten werden kann, und wie sich zur beidohrigen Cochlear-Implant-Ver-
die Ergebnisse im Vergleich zum sorgung nicht gewagt worden. Die Ursa-
Cochlear-Implant und Hörgerät Sprachverständnis der Patienten entwi- chen sind wohl vielfältig: Frühere Unter-
ckeln, die bei funktionell nutzbarem suchungen dieser Art von van Hoesel
Die klinisch interessante Beobachtung, Restgehör eine vollständige, 31 mm tiefe [13] in Australien erbrachten anschei-
dass sich nach einer Cochlear-Implant Insertion erhielten. Im eigenen Kran- nend nicht die gewünschten Effekte. Es
das Hörvermögen auf dem nichtimplan- kengut erreichen resthörige Patienten ließ sich keine Verbesserung im Sprach-
tierten Ohr wieder soweit bessert,dass es 3–12 Monate nach Erstanpassung im verständnis mit den australischen Hör-
hörgerätefähig wird, griff Pok (566) aus Freiburger Einsilbertest Werte von prothesen und den ihnen zur Verfügung
der Wiener Arbeitsgruppe auf. Er konnte 60–90%. stehenden Sprachkodierungsstrategien
zeigen,dass in einer Gruppe von 7 vor der messen. Weitere Entwicklungen der
Implantation resthörigen Patienten ein Bilaterale Cochlear-Implant- Sprachkodierungsstrategie, wie die 1991
kontralateral getragenes Hörgerät zu ei- Versorgung von Wilson [14] publizierte CIS-Strate-
nem verbesserten Sprachverständnis bei- gie, brachten eine deutliche Verbesse-
trug. Das CI erwies sich als dominieren- In alltäglichen Hörsituationen profitie- rung des Sprachverständnisses für
de Hörhilfe und ermöglichte ein höheres ren wir von der Existenz zweier Ohren. Cochlear-Implant-Träger. Die Imple-
Sprachverständnis als das Hörgerät, aber Tatsächlich sind verschiedene Aufgaben mentierung als 8- später als 12-Kanal-
die gemeinsame Nutzung von CI und des Hörens sogar grundsätzlich nur mit Gerät ermöglichte Sprachverständlich-
Hörgerät verbesserte das Sprachver- keitsergebnisse, wie sie vorher nicht be-
ständnis über das Niveau des CI’s hinaus. „Das binaurale Hören wird zur obachtet wurden [3, 4].
Auch Kiefer (565) berichtete über Lokalisation und Separation Seit 1996 werden, den Anregungen
eine Verbesserung des Sprachverständ- eines Patienten folgend Erwachsene [10]
nisses durch eine gemeinsame Nutzung
von Schallquellen, zur Sprach- und seit 1998 Kinder bilateral versorgt
von Hörgerät und CI, allerdings auf verständlichkeit im Störlärm [11] (573). Bislang erhielten 63 Patienten
demselben Ohr als sog. kombinierte und bei der Unterdrückung von im Alter von 15 Monaten bis 60 Jahren
elektrisch-akustische Stimulation Klangverfärbungen benötigt.“ beidseits ein Cochlear-Implant-System
(EAS). Zusätzlich zum erhaltenen Tief- (Combi 40 oder Combi 40+ der Fa. Med
tonrestgehör bis 1000 Hz stimulierte ein 2 Ohren zu bewältigen. Das wohl be- El). Sie wurden entweder einzeitig oder
ca. 20 mm eingeführter Elektrodenträ- kannteste Beispiel hierzu ist die Lokali- zweizeitig operiert. Chirurgische Kom-
ger den Hörnerv elektrisch. Nach der sation einer Schallquelle. Dabei profi- plikationen wurden nicht beobachtet.
Prozessoranpassung trugen die Patien- tiert das Gehör davon, dass die Schall- Die von den Patienten subjektiv
ten ein Cochlear-Implant und ein Hör- wellen das Ohr, welches der Schallquel- dramatisch erlebte Verbesserung der
gerät auf demselben Ohr. le zugewandt ist, früher erreichen als das Hör- und Lebensqualität spiegelt sich
abgewandte Ohr (Interaural Time Diffe- auch in den Messergebnissen wider: Im
„Es bleibt zu beobachten, ob rences, ITDs), und dass die Schallwellen Freiburger Einsilbertest in Ruhe stieg
an dem der Schallquelle zugewandten das absolute Sprachverständnis signifi-
die elektrisch-akustische Ohr eine höhere Intensität aufweisen als kant um rund 19% [12].
Stimulation das Restgehör auf dem abgewandten Ohr (Interaural
langfristig stabil halten kann.“ Level Differences, ILDs). Neben der Lo- „Bilaterale Cochlear-Implant-
kalisation spielt das binaurale Hören
Bislang wurden 12 Patienten, deren eine wichtige Rolle bei vielen weiteren
Versorgung verbessert das
Einsilberverständnis mit Hörgeräten Höraufgaben, wie z. B. bei der Separati- Sprachverständnis in Ruhe und
30–40% nicht überschritt, mit einer limi- on von Schallquellen, bei der Sprachver- im Rauschen.“
tierten Elektrodeninsertion versorgt. Bei ständlichkeit im Störlärm und bei der
6 Patienten verschlechterte sich das Rest- Unterdrückung von Klangverfärbungen. Auch in den Satztests im Rauschen
gehör um 0 bis 10 dB, bei 4 Patienten um Für Cochlear-Implants konzentrier- (HSM-Satztest) zeigte sich eine signifi-
10 bis 20 dB und bei 2 Patienten konnte te sich die Forschungsarbeit bislang auf kante Verbesserung des Sprachverständ-
das Restgehör nicht erhalten werden. die monaurale Versorgung. Dies ist aus nisses. Für die binaurale Kondition war
EAS-Patienten erreichten im Ver- historischen Gründen verständlich, be- es im Vergleich mit dem der Rausch-
gleich mit der Gesamtgruppe der Pati- trachtet man die Entwicklung der Coch- quelle zugewandten Ohr um 31,1% hö-
enten, die ein gleiches Cochlea-Implant- lear-Implants von einer akustische Ein- her, im Vergleich mit dem der Schall-
System (Combi 40, Combi 40+ der Fir- drücke vermittelnden Prothese zu einem quelle abgewandten, kontralateralen
ma Med El) erhielten, ein vergleichbar „Hightech“-Implant: Nach eigenen Un- Ohr 10,7%.

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Im Fokus
Im HSM-Test, in welchem durch die 4. Helms J, Müller J (1999) Über die Auswahl P. K. Plinkert
Anordnung der Signal- und Rausch- eines Cochlear Implant Systems.Laryngorhino- Universitäts-HNO-Klinik Homburg/Saar
otologie 78
quellen der Kopfschatteneffekt weitge- 5. Helms J, Müller J, Schoen F, Shehata-Dieler W
hend eliminiert wurde, verbesserte sich (1999) Surgical concepts and techniques for
die Sprach-Verständlichkeits-Schwelle
zwischen 0,5 und 5,5 dB.
cochlear implantation in young and very
young children.Second Congress of Asia Pacific
Robotik und
Auch bei Kindern bestätigten sich
diese von den Erwachsenen bekannten
Symposium on Cochlear Implants and related
Sciences, Seoul
6. Hochmair-Desoyer I, Schulz E, Moser L,
Navigation
Ergebnisse: Beispielsweise erwies sich die Schmidt M (1997) The HSM sentence test as a
binaurale Kondition mit einer Verbesse- tool for evaluating the speech understanding
rung des Sprachverständnisses um 18,4%
in noise of cochlear implant users.Am J Otol Der wachsenden Bedeutung der compu-
18: S83
dem einohrigen CI-Gebrauch signifikant 7. Lawson DT,Wilson BS, Finley CC et al.(1997)
terassistierten Chirurgie (CAS) und Ro-
überlegen (binaurale CI's im Vergleich Cochlear implant studies at Research Triangle botik wurde auf dem HNO-Kongress in
zum besserhörenden CI, SNR 15dB). Institute and Duke University Medical Center. Baden-Baden mit einem Minisymposi-
Scand Audiol Suppl.46: 50–64 um Rechnung getragen. Das Symposium
Eine weitere wichtige Qualität des 8. Müller J, Schön F (1994) Lautheitsskalierung
binauralen Hörens ist das Richtungsge- bei Cochlear-Implant Patienten.Laryngorhino- zeigte neben einer Videokonferenz in
hör. Nachdem gezeigt werden konnte, otologie 73: 128–131 Echtzeitübertragung zahlreiche Ergeb-
dass Erwachsene wieder ein Richtungs-
9. Müller J,Schön F,Helms J (1997) Fast-Stimulator nisse neuer Studien zum Thema „Tech-
Cochlear Implant Systems-The Würzburg nologien des 3. Milleniums“.
gehör erlangen konnten, wurde die Fra- Experience using the MED-EL Combi 40:
ge interessant, ob dies auch Kindern Surgical considerations and preliminary
möglich sei. 15 bilateral und 10 monaural results.In: Honjo I (ed): Cochlear Implant and
implantierte Kinder wurden von Mai
1999 bis Juli 2000 im Rahmen einer
Related Sciences Update.Adv Otorhinolaryngol.
Karger, Basel, vol 52, pp 272–273 D as Symposium zu „Technologien des
3. Milleniums“ (200) wurde mit einer Vi-
10. Müller J, Schön F, Helms J (1997) Bilaterale
Doktorarbeit begleitet und im Hinblick Cochlear Implant Versorgung – erste Analyse deokonferenz in Echzeitübertragung
auf ihre Fähigkeiten zum Richtungshö- einer interessanten Kasuistik.HNO 45 zwischen der Universitäts HNO-Klinik
11. Müller J (1999) Angemeldete Diskussions-
ren untersucht (571): 13 Kinder entwi- bemerkung.Dt.HNO-Kongress Aachen des Saarlandes (Homburg/Saar) und
ckelten innerhalb von 2 Jahren ein signi- 12. Müller J, Schön F, Helms J (2002) Speech under- dem Kongresszentrum Baden-Baden er-
fikantes Richtungsgehör, 1 Kind verwei- standing in quiet and in noise in bilateral users öffnet. Entsprechend der Vortragsankün-
gerte den Test. 9 der monaural versorg- of the Med-El Combi 40/40+ Cochlear Implant digung „Navigation und Telemedizin an
System.Ear & Hearing 23: 198–206
ten Kinder entwickelten kein Richtungs- 13. Van Hoesel RJ,Tong YC, Hollow RD, Clark GM der vorderen Schädelbasis“ demons-
gehör. In der Gruppe der monaural im- (1993) Psychophysical and speech perception trierten B. Schick und U. Geisthoff einen
plantierten Kinder erfüllte 1 Kind die Si- studies: a case report on a binaural cochlear minimal-invasiven transsphenoidalen
gnifikanzkriterien des Testaufbaus, so- implant subject.J Acoust Soc Am 94: 3178–89 Zugangsweg zur Hypophyse. Der endo-
14. Wilson BS, Finley CC, Lawson DT et al.(1991)
dass hier ein gewisses Richtungshören Better speach recognition with cochlear skopische, navigationsgestützte Zugang
angenommen werden kann. implants.Nature 352: 236–238 erfolgte endonasal zur Demonstration
Bilateral versorgte CI-Träger kön- 15. Wilson BS, Finley CC, Lawson DT, Zerbi M (1997) einer Hypophysenadenomresektion am
Temporal representations with cochlear
nen wie Normalhörende interaurale implants.Am J Otol 18: S30–S34
anatomischen Präparat. Die Präparation
Zeit- und Lautstärkedifferenzen nutzen 16. Wilson BS (1997) The future of cochlear wurde in Echtzeit via 6 ISDN-Leitungen
(573). Die Würzburger Ergebnisse zum implants.Br J Audiol 31: 205–225 in den Vortragssaal übertragen. Zur An-
Sprachverständnis finden mittlerweile wendung kamen ein Videokonferenzsys-
Bestätigung durch kürzlich initiierte tem (Fa. Tenovis), das Navigationsgerät
Studien anderer Studiengruppen (251). Vectorvision (Fa. Brainlab) und das
sprachgesteuerte Endoskopführungsys-
tem (AESOP®), welches bisher in der en-
Weiterführende doskopischen Abdominalchirurgie seine
Literatur Anwendung findet.

1. Brill SM, Gstottner W; Helms J (1997) Optimi-


zation of channel number and stimulation rate
for the fast continuous interleaved sampling Hinweis:
strategy in the COMBI 40+.Am J Otol Die in Klammern angegebenen
18: S104–S106 Ziffern entsprechen den
2. Hellbrück J (1993) Hören.Physiologie, Psycho-
logie und Pathologie.Hogrefe, Göttingen Vortragsnummern des Tagungs-
3. Helms J,Müller J,Schön F et al.(1997) Evaluation programms.
of performance with the COMBI 40 Cochlear
Implant in adults: A multicentric clinical study.
J Otorhinolaryng Rel Spec 59: 23–35 © Springer-Verlag 2002
Prof. Dr. P.K. Plinkert
Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde,
Universitätskliniken des Saarlandes,
Kirrberger Straße, 66421 Homburg/Saar

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