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Kasuistiken

Hautarzt Svetoslava Troyanova-Slavkova · Lena Eickenscheidt · Jörg-Martin Pönnighaus ·


https://doi.org/10.1007/s00105-018-4267-6 Lutz Kowalzick
Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HELIOS Vogtland-Klinikum Plauen GmbH, Plauen,
© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Deutschland
Springer Nature 2018

Niedrig dosierte prophylaktische


orale Therapie mit Isotretinoin
über 18 Jahre bei einer Patientin
mit Epidermodysplasia
verruciformis und zahlreichen
Plattenepithelkarzinomen

Die Epidermodysplasia verruciformis Kasuistik Dermatologischer Befund,


Lewandowsky-Lutz (EV) ist eine sel- histologische und virologische
tene hereditäre Genodermatose, die Anamnese Befunde
gekennzeichnet ist durch disseminier-
te persistierende Infektion der Haut Wir berichten über den Fall einer jetzt 81- Bei der ersten Vorstellung vor 18 Jahren
mit onkogenen und nichtonkogenen, jährigen Patientin, die sich seit ca. 20 Jah- fanden sich am gesamten Integument mit
teilweise für Nichtbetroffene apathoge- ren in unserer stationären und ambulan- Betonung der unteren Extremitäten mul-
nen humanen Papillomaviren [7]. Ein ten Betreuung befindet. Initial erfolgte tiple rötlich-bräunliche, teilweise auch
bemerkenswertes Phänomen ist die frü- die Vorstellung der Patientin aufgrund z. T. hyperkeratotische und z. T. mehre-
he Entwicklung von Non-Melanoma- mehrerer histologisch gesicherter Plat- re Zentimeter durchmessende Tumoren.
Krebsarten v. a. an lichtexponierten Stel- tenepithelkarzinome. Etwa 7 Jahren zu- Am Stamm fielen zahlreiche weißliche
len bei ca. 50 % der Patienten mit EV [13]. vor (seit ca. dem 50. Lebensjahr der Pati- oder rötliche, Pityriasis-versicolor-artige
Retinoide sind Analoga von Vitamin A entin) waren disseminiert am gesamten Herde (. Abb. 1 und 2) und an den Unter-
und inhibieren die Krebsentstehung in Integument zunächst weiße Flecken, spä- armen und Händen Läsionen im Sinne
einer Vielzahl von Geweben. Die Re- ter gelegentlich juckende Warzen aufge- planer juveniler Warzen und besonders
tinoide zeigen ihren therapeutischen treten. Nach einer Laserbehandlung von an den Extremitäten auch verruköse hy-
Effekt auch in Epithelien, indem sie das ca. 10 störenden Veränderungen ohne perkeratotische Tumoren (. Abb. 3) auf.
Zellwachstum, die Zelldifferenzierung histologische Sicherung sei es zu einem Die Haut, insbesondere im Gesicht und
und das Immunsystem beeinflussen [12, erneuten Wachstum von auffälligen Pa- an den Extremitäten, war stark chronisch
14]. Wir berichten hier über eine Pati- peln und Plaques gekommen. Die dar- aktinisch geschädigt. Insgesamt fand sich
entin mit EV, die unter einer 20-jährigen auffolgend durchgeführten Biopsien er- ein poikilodermatischer Aspekt (. Abb. 4
oralen Therapie mit Isotretinoin im gaben multiple Plattenepithelkarzinome, und 5). Die Patientin hat einen ausgespro-
Verlauf immer weniger oft und immer weswegen die Patientin hier vorstellig chen keltischen Hauttyp I nach Fitzpa-
weniger nichtmelanozytäre Hautkrebse wurde. Die Patientin war jahrzehntelang trick mit rötlichem Haar, heller Augen-
entwickelte. privat durch Outdoorsport (Tennis, Se- farbe und zahlreichen Epheliden. Die hier
geln, Golf) und Fernurlaube erheblicher durchgeführten Biopsien ergaben weite-
UV-Belastung ausgesetzt. Die Familien- re Plattenepithelkarzinome, mehrere Ba-
anamnese war bezüglich der Kinder der salzellkarzinome, Morbus Bowen, aktini-
Patientin suspekt, jedoch gelang es nicht, sche Präkanzerosen und vulgäre Warzen.
diese zu einer klinischen und virologi- Es konnte aus einer Biopsie vom linken
schen Diagnostik zu motivieren. Unterarm und vom Rücken Virus-DNA
(HPV 9 und HPV 57) nachgewiesen wer-
Herrn Prof. Dr. Theodor Nasemann, Bernried, den, sodass die Diagnose einer Epider-
zum 95. Geburtstag gewidmet

Der Hautarzt
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Abb. 2 8 Relativ scharf begrenzte rötliche Pityriasis-versicolor-artige Ma-


Abb. 1 8 Relativ scharf begrenzte weißliche Pityriasis-versicolor-artige Ma- kulae und deutlich hyperkeratotische Plaques am unteren Rücken
kulae am oberen Rücken. Nachweis von HPV 57

modysplasia verruciformis Lewandow-


sky-Lutz gesichert werden konnte.

Therapie und Verlauf


Die bioptisch gesicherten malignen Tu-
moren wurden operativ entfernt. An-
schließend wurde prophylaktisch eine
®
orale Therapie mit Roaccutan (Isotreti-
noin) initial mit 70 mg/täglich eingeleitet,
im Verlauf wurde die Dosis auf 60 mg/
täglich, dann 40 mg/täglich reduziert,
und in den letzten 15 Jahren wurde die
Patientin – auch wegen angestiegener Se-
Abb. 3 8 Deutlich hyperkeratotischer, flach erhabener Tumor an der Dorsalseite des linken Ober- rumfett- und Transaminasenwerte – auf
schenkels. Kontralateral rötliche Pityriasis-versicolor-artige Makula 20 mg/täglich, initial entsprechend ca. 1,0
bis dann ca. 0,3 mg/kg Körpergewicht,
eingestellt. Hierunter waren die regelmä-
ßig kontrollierten Laborwerte unauffäl-
lig. Über sonstige Nebenwirkungen wie
trockene Haut oder Schleimhäute oder
Gelenkbeschwerden klagte die Patien-
Abb. 4 9 Poikilo- tin nicht. Anfänglich erfolgte 4 Monate
dermie mit planen nach der Exzision der invasiven nicht-
juvenilen Warzen- melanozytären Hautkrebse unter der
ähnlichen Herden
und mit 18 Jahre al-
systemischen Isotretinoin-Medikation
ter Narbe am rech- eine zusätzliche topische Therapie mit
ten Oberschenkel ®
5-Fluoruracil (Efudix -Creme) zahlrei-
nach Exzision eines cher aktinischer Keratosen über 2 bis
großen spinozellu- 4 Wochen (sog. Turbotherapie nach
lären Karzinoms bei
Epidermodysplasia
Plewig) ([13]; . Abb. 6). Darüber hinaus
verruciformis wurde der Patientin konsequenter Schutz
vor UV-Strahlung durch entsprechendes
Verhalten sowie textilen Lichtschutz und
physikochemische topische Lichtschutz-

Der Hautarzt
Zusammenfassung · Abstract

®
mittel (Daylong ultra bzw. Daylong Hautarzt https://doi.org/10.1007/s00105-018-4267-6
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®
actinica ) empfohlen. Während der ers-
ten 10 Behandlungsjahre erfolgten mehr
als 80 Exzisionen kleinerer Tumoren, die S. Troyanova-Slavkova · L. Eickenscheidt · J.-M. Pönnighaus · L. Kowalzick
histologisch v. a. als Basalzellkarzinome Niedrig dosierte prophylaktische orale Therapie mit Isotretinoin
und Plattenepithelkarzinome diagnos- über 18 Jahre bei einer Patientin mit Epidermodysplasia
tiziert wurden. Während der letzten verruciformis und zahlreichen Plattenepithelkarzinomen
10 Behandlungsjahre erfolgten deutlich
weniger Exzisionen, die alle histologisch Zusammenfassung
Morbus Bowen ohne Hinweis auf Inva- Epidermodysplasia verruciformis (auch Entwicklung zahlreicher kutaner Karzinome
Lewandowsky-Lutz-Dysplasie) ist eine extrem seit ca. 18 Jahren eine prophylaktische orale
sion erbracht haben. Häufig waren bei
seltene autosomal-rezessive Genodermatose, Therapie mit Isotretinoin in einer Dosis von
halbjährlichen Kontrollen stark hyper- bei der eine ungewöhnlich hohe Emp- 1,0–0,33 mg/kg Körpergewicht täglich erhält.
keratotische Hautveränderungen nicht findlichkeit der Haut gegenüber humanen Im Verlauf zeigte sich eine starke Reduktion
mehr vorhanden, die Patientin berichte- Papillomviren vorliegt. Die Erkrankung ist der Inzidenz, des Größenwachstums und der
te, dass diese spontan „abgefallen“ seien. mit einem hohen Risiko für die Entwicklung Invasionsneigung von weiteren Karzinomen
von nichtmelanozytären Hauttumoren der Haut, sodass wir im vorliegenden Fall
Eine deutliche Reduktion der Pityriasis-
verbunden. Eine Behandlung mittels einen protektiven Effekt der Retinoidgabe
versicolor-artigen Herde und der planen keratolytischen Retinoiden gilt derzeit als auf die Aktivität der Hautkrebserkrankung
juvenilen Warzen war dagegen nicht zu die effektivste Therapie. Retinoide haben ein postulieren.
beobachten. breites Wirkungsspektrum und hemmen das
Während regelmäßiger klinischer Wachstum von Plattenepithelkarzinomen und Schlüsselwörter
anderen bösartigen Tumoren. Wir berichten Retinoidtherapie · Basalzellkarzinom ·
und sonographischer Staging-Untersu-
über eine 81-jährige Patientin, die aufgrund Genodermatose · Humane Papillomviren ·
chungen ergaben sich zu keiner Zeit einer Epidermodysplasia verruciformis (Nach- Hauttumor
Hinweise auf eine Metastasierung von weis von HPV 9 und HPV 57) mit der raschen
Plattenepithelkarzinomen. Gynäkolo-
gische Untersuchungen zeigten stets
unauffällige Befunde ohne Nachweis Low-dose prophylactic oral isotretinoin treatment for 18 years in
von Papillomen oder zervikaler intra- a patient with epidermodysplasia verruciformis and numerous
epithelialer Neoplasie (CIN). Im Verlauf squamous cell carcinomas
der langjährigen Betreuung der Patien-
tin und etwa 18-jähriger Therapie mit Abstract
Epidermodysplasia verruciformis (also isotretinoin at a daily dose of 1.0–0.33 mg/kg
Isotretinoin zeigte sich insgesamt eine bodyweight for about 18 years because
known as Lewandowsky–Lutz dysplasia)
deutliche Reduktion der Inzidenz von is an extremely rare autosomal recessive of her epidermodysplasia verruciformis
invasiven Plattenepithelkarzinomen und genodermatosis, in which the skin is unusually (HPV types 9 & 57 detected). We observed
Basalzellkarzinomen der Haut (. Abb. 7). sensitive to human papilloma viruses (HPV). a reduction of the incidence of squamous cell
It is associated with a high risk of developing carcinomas of the skin and presume a causal
non-melanocytic skin tumors. Treatment with relationship between the treatment with this
Diskussion keratolytic retinoids is currently considered retinoid and the reduction of squamous cell
to be the most effective therapy. Retinoids carcinomas of the skin in this patient.
Retinoide sind für die Embryogenese, have a broad spectrum of activity and inhibit
Reproduktion, Sehfähigkeit, Glykopro- the growth of squamous cell carcinoma and Keywords
teinproduktion, Regulation von Entzün- other malignant tumors. We report the case Retinoids · Squamous cell carcinoma ·
of an 81-year-old woman who had been Genodermatosis · Human papillomavirus ·
dung, Wachstum und Differenzierung Skin cancer
receiving prophylactic treatment with oral
von normalen und neoplastischen Zel-
len lebenswichtig und neigen dazu,
sich bevorzugt in der Haut anzusam-
meln. Vitamin A (Retinol) und seine Retinoide beeinflussen eine Vielzahl barten Zellen erlauben. Retinoide üben
natürlich vorkommenden Derivate (Re- von zellulären und biologischen Pro- ihre Wirkung typischerweise aus, indem
tinoide) haben ihre Anwendung in der zessen einschließlich Gentranskription, sie an nukleare Retinsäurerezeptoren
Prävention und Behandlung von Platten- Proteinphosphorylierung und Prote- binden und dadurch die Genexpression
epithelkarzinomen sowie von anderen inmodifikation [12]. Retinoide zeigen regulieren. Die Schlüsselrolle der Reti-
Malignomen. Die Retinoide sind für sowohl Up-Regulation als auch Down- noide an der Epidermis ist deutlich zu
die Reifung und Differenzierung von Regulation der intrazellulären Kom- sehen, wenn beim Fehlen der Retinoide
Epithelien bedeutend. Obwohl die che- munikation der Gap-Junctions (GJIC) eine Atrophie der schleimbildenden Zel-
mopräventive und chemotherapeutische in verschiedenen Zellen. Gap-Junctions len deutlich wird und dabei das normale
Wirkung von Retinoiden gut etabliert sind transmembrane Kanäle, die die Pas- Epithel von atypischen keratinisierten
ist, sind die genauen Wirkungsmecha- sage von kleinen Molekülen zwischen Zellen verdrängt wird.
nismen noch nicht vollständig geklärt. dem geteilten Zytoplasma von benach-

Der Hautarzt
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Epidemiologische und klinische Stu-


dien haben die Aktivität von Vitamin-A-
Verbindungen bei der Behandlung und
Vorbeugung von malignen Hauterkran-
kungen gezeigt. Aktinische Keratosen
waren die ersten Hautläsionen, die er-
folgreich mit topisch applizierter Retin-
säure behandelt wurden. Die wichtigsten
pharmakologischen Wirkungen der Re-
tinoide bestehen in der Steuerung von
Zellproliferation und -differenzierung,
Hemmung der Arachidonsäurekaskade,
Verdünnung der Epidermis und Vermin-
derung der Talgdrüsenproduktion. Die
Retinoide stimulieren die Mitoseaktivität
Abb. 5 8 Poikilodermie mit zahlreichen hyperkeratotischen Herden und Exzisionsnarben am Innen-
knöchel links
der Keratinozyten und hemmen gleich-
zeitig die Produktion von Keratin [1].
Die topische oder orale Verabreichung
synthetischer Retinoide hat nachweis-
bare Wirkungen bei der Umwandlung
prämaligner Hautläsionen und der Un-
Abb. 6 9 Zustand terstützung normaler Differenzierung
unter kombinierter der Epidermis.
oraler Isotretinoin- Es gibt ausreichend Studien über die
(40 mg täglich)
und topischer
orale Einnahme von Retinoiden mit
5-FU(5-Fluoruracil)- unterschiedlichen Konzentrationen, z. B.
Therapie („Turbo- Isotretinoin 2–5 mg/kg pro Tag, Acitretin
therapie“ nach 0,3–30 mg/kg Körpergewicht pro Tag [5,
Plewig): exsuda- 17]. Die Studienpopulationen bestanden
tive Entzündung
multipler aktini-
aus Patienten mit positiver Anamnese
scher Keratosen für nichtmelanozytären Hautkrebs und
mit anschließender seinen Vorstufen. Es zeigte sich, dass das
Abheilung Auftreten von spinozellulären Karzino-
men in den meisten Studien reduziert
werden konnte. Es wurde postuliert, dass
30 die chemopräventive Wirkung innerhalb
von 2 bis 3 Monaten nach Therapiebe-
25 ginn einsetzte und nach Absetzen der
Therapie nicht mehr nachweisbar war.
20 Daraus folgend, kann eine lebenslange
M. Bowen Gabe notwendig sein, die aber durch
SCC die zahlreichen Nebenwirkungen der
15
Retinoide erschwert sein kann. Die Te-
Akt. Keratose
ratogenität dieser Medikamente ist lange
10 BCC bekannt. Sie können aber auch zu einem
Anstieg des Cholesterins, der Triglyzeri-
5 de und der Leberenzyme sowie zu einem
Abfall der Leukozyten und des Hämo-
0 globins führen. Zusätzlich werden Aus-
2000 2001 2004 2006 2007 2008 2009 2014 2017 trocknung der Haut und Schleimhäute,
vermehrter Haarverlust, Arthralgie, My-
algie, und Kopfschmerzen beschrieben.
Abb. 7 8 Zeitliche Frequenz der Exzisionen nichtinvasiver und invasiver nichtmelanozytärer Haut-
krebse während 18-jähriger systemischer Retinoidtherapie einer Patientin mit Epidermodysplasia Bei Langzeitanwendung von Retinoiden
verruciformis. SCC Plattenepithelkarzinom, Akt. Aktinische, BCC Basalzellkarzinom kann es zu einer Demineralisierung der
Knochen und Kalzifizierung von Bän-
dern und Bandscheiben kommen [17].

Der Hautarzt
Die bislang bekannten Nebenwirkungen Erhöhte Sensibilität für Infektionen mit
Korrespondenzadresse
sind dosisabhängig und in der Regel HPV zeigt sich auch bei immunsuppri-
nach Absetzen reversibel. mierten Patienten. Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick
Die Epidermodysplasia verruciformis Eine kausale Therapie der Erkran- Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie,
HELIOS Vogtland-Klinikum Plauen GmbH
Lewandowsky-Lutz (EV) ist eine seltene kung ist nicht bekannt. Es wurden Bes- Postfach 100153, 08505 Plauen, Deutschland
hereditäre Genodermatose, verursacht serungen des Krankheitsbildes unter lutz.kowalzick@helios-gesundheit.de
durch eine disseminierte persistieren- Retinoiden, Interferon und externer
de Infektion der Haut mit onkogenen Therapie mit Imiquimod beschrieben Danksagung. Wir danken Frau E.M. de Villiers, sei-
und nichtonkogenen humanen Papillo- [3]. Die Erkrankung beginnt häufig in nerzeit Nationales Referenzzentrum für Humane Pa-
maviren. Ein Teil der Patienten weist der Kindheit, kann aber auch bei Er- pillomviren im Deutschen Krebsforschungszentrum
Heidelberg, für die HPV-Typisierung der kutanen
eine allgemeine Störung der zellulären wachsenen erstmals auftreten – wie in Läsionen der Patientin. Wir danken Herrn Prof. Dr.
Immunität auf [7, 9, 11]. Insbesondere unserem Fall – und persistiert während E. Stockfleth, Fachbereich Dermatologie, Venerologie
werden auch die HPV-Typen 5, 8, 9 (wie des gesamten Lebens des Patienten. und Allergologie, Ruhr-Universität Bochum, für die
kritische Durchsicht des Manuskriptes.
im vorliegenden Fall nachgewiesen), 12, HPV 9 gehört zum Beta-Genus der
14, 15, 17, 19, 20, 21–25, 36, 38, 47 und humanen Papillomviren und gilt wie die
50 bei EV-Patienten gefunden, die für Typen HPV 5 und 8 als typischer Ver- Einhaltung ethischer Richtlinien
immunkompetente Nichterkrankte zu- treter onkogener EV-Typen [8, 9], findet
meist apathogen sind. Die EV-Patienten sich jedoch gelegentlich auch in klinisch Interessenkonflikt. S. Troyanova-Slavkova, L. Eicken-
neigen zur Ausbildung generalisierter unauffälliger Haut und in aktinischen Ke- scheidt, J.-M. Pönnighaus und L. Kowalzick geben an,
Warzeninfektionen meist unter dem ratosen [16]. dass kein Interessenkonflikt besteht.
klinischen Bild von planen juvenilen HPV 57 gehört zum Alpha-Genus der Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren
Warzen und/oder Pityriasis-versicolor- humanen Papillomviren und fand sich durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Für
artigen Herden. Die Läsionen sind ty- häufig in klinisch unauffälliger Haut der Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb
des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren
pischerweise hypopigmentiert, können Hand im ländlichen China [4] und in sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen
aber gelegentlich hyperpigmentiert oder benignen Warzen [15]. Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
erythematös sein. Sie sind oft am Stamm Zusammenfassend berichten wir über
zu finden, aber Läsionen im Gesicht, den Fall einer langjährigen prophylakti-
an den Armen, an den Handflächen, schen oralen Therapie mit Isotretinoin Literatur
an den Beinen und an den Fußsohlen bei einer Patientin mit Epidermodyspla-
wurden berichtet. Schleimhäute sind im sia verruciformis, bei der unter dieser 1. Berking C (2007) Photokarzinogenese. Molekulare
MechanismenundpräventiveStrategien. Hautarzt
Regelfall nicht betroffen [10]. Therapie immer seltener Plattenepithel- 58:398–405
Ein bemerkenswertes Phänomen ist karzinome und Basalzellkarzinome auf- 2. Bhutoria B, Shome K, Ghosh S, Bose K, Datta C,
die frühe Entwicklung von nichtmelano- traten und es zu keinem Lokalrezidiv Bhattacharya S (2011) Lewandowsky and Lutz
dysplasia: report of two cases in a family. Indian J
zytären Hautkrebsen, meist Plattenepi- oder einer Filialisierung der operativ ent- Dermatol 56:190–193
thelkarzinomen, aber auch Basalzellkar- fernten Tumoren kam. In unserem Fall 3. Boxman IL, Russell A, Mulder LH, Bavinck JN, ter
zinomen [2, 6] v. a. an lichtexponierten reichte eine Dosis von 1,0–0,33 mg/kg Schegget J, Green A (2001) Association between
epidermodysplasia verruciformis-associated hu-
Stellen bei ca. 50 % der Patienten mit Körpergewicht aus, eine deutliche Re- man papillomavirus DNA in plucked eyebrow
EV. Infektionen mit den nicht-EV-spezi- duktion der Frequenz des Auftretens, des hair and solar keratoses. J Invest Dermatol
fischen Typen HPV 3 und HPV 10 füh- Größenwachstums und derInvasionsnei- 117:1108–1112
4. Deng Q, Li J, Pan Y, Liu F, He Z, Liu M, Liu Y, Zhang
ren bekannterweise nicht zur Entwick- gung von epidermalen Karzinomen zu C, Abliz A, Shen N, Hang D, Xu Z, Wang Q, Ning T,
lung von Malignomen. Eine Infektion mit erreichen. Guo C, Liang Y, Xu R, Zhang L, Cai H, Ke Y (2016)
HPV 5, HPV 8 und HPV 14 sowie an- Eine langfristige Anwendung von ora- Prevalence and associated risk factors of human
papillomavirusinhealthyskinspecimenscollected
deren kann jedoch zur Entwicklung von len Retinoiden als vorbeugende Therapie from rural Anyang, China, 2006–2008. J Invest
nichtmelanozytärenHauttumoren, inder von nichtmelanozytären Hauttumoren, Dermatol 136:1191–1198
Regel Plattenepithelkarzinomen (SCC), insbesondere Plattenepithelkarzinomen, 5. Fox SH, Elston DM (2016) Epidermodysplasia
verruciformis and the risk for malignancy. Cutis
führen [10]. In ca. 30 % der Fälle ist ein sollte bei Patienten mit sehr deutlich er- 98:10–12
familiär gehäuftes Vorkommen beschrie- höhtem Risiko für das Auftreten weite- 6. HunzekerCM, SoldanoAC, PrystowskyS(2008)Epi-
ben. Diskutiert wird die autosomal-re- rer Tumoren trotz des Nebenwirkungs- dermodysplasia verruciformis. Dermatol Online J
14:2
zessive Vererbung von Mutationen des profils dieser Medikamentengruppe im 7. KimC, Hashemi P, CagliaM, ShulmanK(2016)Treat-
EVER1-Gens („epidermodysplasia ver- Einzelfall erwogen werden. Weitere Fall- ment of imiquimod resistant epidermodysplasia
ruciformis endoplasmatic reticulum ge- beschreibungen, insbesondere von Lang- verruciformis with ingenol mebutate. J Drugs
Dermatol 15:350–352
ne“) oder EVER2-Gens, die zur Störung zeitverläufen, wären jedoch wünschens- 8. Kowalzick L, Mensing H (1986) Failure of etritinate
integraler Membranproteine des endo- wert. in epidermodysplasia verruciformis. Dermatologi-
plasmatischen Retikulums führen und ca 173:75–78
9. Kremsdorf D, Jablonska S, Favre M, Orth G
die Empfindlichkeit für eine Infektion (1983) Human papillomaviruses associated with
mit humanen Papillomaviren erhöhen. epidermodysplasia verruciformis. II. Molecular

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Kasuistiken

cloning and biochemical characterization of


human papillomavirus 3a, 8, 10, and 12 genomes.
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