Sie sind auf Seite 1von 7

Herpes zoster

Epidemiologie
 Vorkommen: Weltweit
 Lebenszeitprävalenz: ca. 50%
 Alter: In jedem Alter möglich, insb. Menschen >50 J. betroffen
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Ätiologie
 Erreger: Varizella-Zoster-Virus (VZV) = Humanes Herpesvirus 3 (HHV-3)
 Primärinfektion: Windpocken mit lebenslangem Persistieren des Virus in den Spinal-
bzw. Hirnganglien
 Reaktivierung: Herpes zoster infolge einer (oft passageren) Immunschwäche
 Mögliche Auslöser einer Immunschwäche und damit einer Reaktivierung
o Stress
o Malignome
o HIV-Infektion
o Andere Infektionskrankheiten
o Immunsuppressive Therapie
Kein Zoster ohne vorherige Windpockenerkrankung oder VZV-Impfung!

Pathophysiologie
 Erstinfektion in Form von Windpocken → Wahrscheinlich gelangt das Virus neurogen
von der Haut in die Hirn- und Spinalganglien → Lebenslanges Verbleiben in
den Ganglien → Reaktivierung bei (passagerer) Immuninsuffizienz → Viren gelangen
über die sensiblen Nerven an die Hautoberfläche, vermehren sich dort und verursachen
am entsprechenden Dermatom den Herpes zoster in Form multipler uniformer
Bläschen
 Warum bei der Reaktivierung nur bestimmte Dermatome betroffen sind, ist derzeit nicht
geklärt

Symptome/Klinik
 Reduzierter Allgemeinzustand und Fieber
 Lokalbefund dermatombezogen: Meist 1–3 Dermatome auf einer Körperhälfte
(unilateral), in 75% thorakal
o Starke Schmerzen
o Parästhesien und Allodynie (Schmerzen bei Berührung)
o Seltener motorische Ausfälle
o Ca. 4 Tage nach Krankheitsbeginn: Erythem mit uniformen Vesikeln und
Papeln

Verlaufs- und Sonderformen


 Zoster sine herpete: Fehlen von Läsionen
 Zoster generalisatus: Generalisierte Läsionen, ggf. sekundär hämatogene Streuung und
Organmanifestationen
 Zoster ophthalmicus: Zoster des Auges mit Befall des N. ophthalmicus
 Zoster oticus: Zoster des Ohrs, ggf. mit Befall des N. vestibulocochlearis und/oder N.
facialis
Der Zoster generalisatus ist ein fakultatives kutanes paraneoplastisches Syndrom; die
Malignomsuche wird daher dringend empfohlen!

Zoster ophthalmicus
Definition
 Reaktivierung einer VZV-Infektion mit Befall des 1. Trigeminusastes: N. ophthalmicus

Klinik
 ReduzierterAllgemeinzustand und Fieber
 Typische Hauteffloreszenzen und starke Schmerzen im Innervationsgebiet, insb. Stirn,
Nasenrücken und Nasenspitze
o Ggf. Hutchinson-Zeichen: Herpetiforme Hautläsion im Bereich der
Nasenspitze als Erstsymptom eines Herpes zoster
 Reduzierte Sensibilität des betroffenen Areals, ggf. auch der Hornhaut
 Schwere intraokulare Manifestationen möglich,
bspw. Uveitis, Iritis, Konjunktivitis, Keratitis, Sehnervenentzündung
Die Effloreszenzen von Herpes zoster, Zoster oticus und Zoster ophthalmicus haben das gleiche
Erscheinungsbild!
Ein Zoster ophthalmicus kann zum Visusverlust auf der betroffenen Seite führen!

Zoster oticus
Definition
 Reaktivierung
einer VZV-Infektion, ggf. mit Befall der Hirnnerven VII (N. facialis, in
knapp 90% der Fälle) und/oder VIII (N. vestibulocochlearis)

Klinik
 Fieber und Hautsymptome wie bei Gürtelrose
o Schmerzhafte Bläschen im äußeren Gehörgang und auf
der Ohrmuschel sowie Ohrenschmerzen
 Bei Befall des Nervus facialis (VII): Ipsilaterale periphere Fazialisparese
o Ramsay-Hunt-Syndrom: Trias aus
 Schmerzhaften Bläschen im äußeren Gehörgang und auf
der Ohrmuschel
 Ohrenschmerzen
 Ipsilateraler peripherer Fazialisparese
 BeiBefall des Nervus
vestibulocochlearis (VIII): Schwindel und Schallempfindungsschwerhörigkeit
Die Effloreszenzen von Herpes zoster, Zoster oticus und Zoster ophthalmicus haben das gleiche
Erscheinungsbild!

Spezifische Diagnostik
 Tonschwellenaudiometrie
 Liquordiagnostik erwägen
Ein Zoster oticus kann zu Hörverlust und bleibenden Fazialisparesen auf der betroffenen Seite
führen!
Diagnostik
 Typische Anamnese und Klinik i.d.R. ausreichend
 Ggf. Diagnosesicherung
o Erregernachweis mittels PCR
Bei Herpes generalisatus oder rezidivierendem Herpes zoster sollten ein Malignom und
ein Immundefekt (z.B. HIV) ausgeschlossen werden!

Therapie
Therapieziele
 Linderung und raschere Reduktion von Hautläsionen und Schmerzen
 Verringerung der Ansteckungsgefahr
 Vorbeugung einer Post-Zoster-Neuralgie

Symptomatische Therapie des Herpes zoster


 TopischeApplikation
o Synthetische Gerbstoffe
o Nicht mehr empfohlen wird eine Zinkschüttelmixtur, die
zwar Juckreiz lindert und Läsionen abtrocknen lässt, aber
eine bakterielle Superinfektion fördert
 Analgetische Therapie
 Nicht empfohlen wird die Gabe von Corticosteroiden

Antivirale Therapie des Herpes zoster


 Wirkstoff:
Aciclovir
o Alternative Virostatika
 Famciclovir p.o.
 Valaciclovir p.o.
 Brivudin p.o.
 Indikationsstellung
o Eine antivirale Therapie sollte immer erfolgen bei
 Personen >50 J.
 Kompliziertem Verlauf
 Chronischen Hautkrankheiten, z.B. atopischer Dermatitis
 Dauertherapie mit Steroiden oder Salicylaten
o Eine i.v. antivirale Therapie sollte immer erfolgen bei
 Zoster im Kopf-Hals-Bereich (insb. ältere Patienten)
 Starker Ausprägung oder bei mehr als einem befallenen Segment
 Viszeraler, ZNS- oder Schleimhautbefall
 Immunschwäche
Eine antivirale Therapie kann bei rechtzeitigem Beginn den Krankheitsverlauf verkürzen
(schnelleres Abheilen der Hautläsionen und Abklingen der Schmerzsymptomatik)!
Salicylate sind bei einer Varizelleninfektion im Kindes- und Jugendalter immer kontraindiziert,
da in diesem Zusammenhang das Risiko eines Reye-Syndroms erhöht ist!

Komplikationen
 Post-Zoster-Neuralgie
 Bakterielle Superinfektion, z.B. Perichondritis
 Zoster-Meningoenzephalitis (Vigilanzminderung, ggf. Meningismus)
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Post-Zoster-Neuralgie
Definition
 Persistierende Schmerzen (>3 Monate) nach Abheilung der Hauteffloreszenzen

Epidemiologie
 Häufigkeit: 10–15% aller Fälle mit Herpes zoster
 Alter: Bis zu 50% aller Fälle betreffen ältere Menschen (>60 Jahre), bei Kindern selten

Klinik
 Schmerzen bei Berührung (Allodynie)
 Akute Attacken bohrender Schmerzen im Bereich des Nerven

Therapie
Medikamentöse Therapie der Post-Zoster-Neuralgie
 Erwachsene
o Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Calciumkanäle
(Gabapentin, Pregabalin)
o Tri- und tetrazyklische Antidepressiva (z.B. Amitriptylin)
o Topische Therapeutika
 Lidocain-Pflaster
 Capsaicin-Hochdosis-Pflaster
o Bei starken Schmerzen: Opioide
Zusätzliche nicht-medikamentöse Therapiemöglichkeiten
 Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)
o Wirkweise: Elektrische Stimulation peripherer Nerven über Hautelektroden
(direkt über Schmerzareal oder versorgendem Hauptnervenstamm) →
Reizinduzierte Parästhesien lindern lokal Schmerzen
 Physikalische Therapie, Ergotherapie und/oder Psychotherapie

Prognose
 Persistieren
häufig >1 J., lebenslanger Verlauf möglich
 Bei ca. 30% der Betroffenen ist die Schmerztherapie nicht effektiv

Prognose
 Insgesamt gute Prognose, in 70% der Fälle folgenlose Ausheilung, bei 10% Post-Zoster-
Neuralgie

Prävention
Zoster-Impfung
Gegen Varizellen oder Herpes zoster geimpfte Personen haben ein geringeres Risiko, einen
Herpes zoster zu entwickeln; eine Erkrankung ist allerdings auch trotz Impfung möglich.
 Varizellen-Lebendimpfstoff (Standardimpfung im Alter von 11 und 15 Monaten, siehe
auch: Varizellen-Impfung)
 Zoster-Totimpfstoff
o Standardimpfung: Personen ≥60 Jahre
o Indikationsimpfung: Personen ≥50 Jahre bei schwerer Grunderkrankung
 Zoster-Lebendimpfstoff
 Für weitere Informationen siehe auch: Herpes-zoster-Impfstoff

Weitere Maßnahmen
 Abdecken der Läsionen, insb. im Beisein von Dritten, um das Ansteckungsrisiko zu
minimieren
 KeinKontakt zu Neugeborenen, Schwangeren, Menschen mit fehlender Immunität oder
mit Immunschwäche

Besondere Patientengruppen
 Siehe
o Therapie des Herpes zoster bei Kindern
o Therapie des Herpes zoster bei Immunsuppression

Das könnte Ihnen auch gefallen