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&
n Heinz Kusche, Peter Gutsfeld, Volker Bühren
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OP-JOURNAL 1/2012
posteriorer
Strang
Abb. 1 a und b a Radialer Bandapparat (aus: Miller, Howard, Plancher. Operationsatlas Sportorthopädie – Sporttraumatologie. 2003. S. 413. Mit
freundlicher Genehmigung des Elsevier Verlags, Oxford). b Ulnarer Bandapparat (aus: Miller, Howard, Plancher. Operationsatlas Sportorthopädie –
Sporttraumatologie. 2003. S. 420. Mit freundlicher Genehmigung des Elsevier Verlags, Oxford).
Motorische oder sensible Einschränkun- gebenenfalls ist eine Gefäßdarstellung bei positivem Testergebnis bei etwa 40°
gen sollten vor Durchführung diagnosti- mittels CT-Angiografie im Rahmen der Beugung ein Subluxationsphänomen,
scher und therapeutischer Maßnahmen Untersuchung sinnvoll. Die Indikation welches sich bei weiterer Beugung durch
subtil erfasst und dokumentiert werden. zur Gefäßdiagnostik sollte großzügig ein spürbares Schnappen reponiert
So wurden bei kindlichen Ellenbogenlu- gestellt werden, eine einfache und kos- (Abb. 2).
xationen Irritationen des N. ulnaris in tengünstige Methode stellt hierzu die
bis zu 21 % der Fälle beschrieben, Beein- Doppler-Sonografie dar. Die Kernspinto-
Einteilung/Klassifikationen
trächtigungen des Medianusnervs in bis mografie ist selten bei akuten Verletzun-
zu 12,5 %. Beschreibungen über Läsionen gen erforderlich, sondern hat ihre Be- Die Luxation des Ellenbogengelenks
des N. radialis beschränken sich auf Ein- rechtigung eher bei der Beurteilung läuft in 80–90 % der Fälle nach posterola-
zelfälle. Nach erfolgter Reposition sind chronischer, vor allem medialer Bandin- teral ab. Der Verletzung liegt meist ein
die neurologischen Irritationen zumeist stabilitäten, gegebenenfalls auch bei Pa- Sturz auf die extendierte Hand, bei ge-
nach wenigen Wochen komplett regre- tienten im Wachstumsalter zur Darstel- strecktem Ellenbogen, zugrunde. Selte-
dient. lung okkulter Frakturgeschehen. ner treten rein posteriore, posteroulnare
oder anteriore Luxationen auf. Bei der
Radiologische Diagnostik n Nach erfolgter Reposition wird die funk-
tionelle Untersuchung unter dem Bild-
sehr seltenen divergierenden Luxation
kommt es zur Zerreißung der Membrana
Als Standarddiagnostik gilt die Röntgen- verstärker empfohlen. Hierbei wird die interossea und zu einem Eintreten des
Luxationstendenz bei Streckung und
darstellung des Ellenbogens in 2 Ebenen. distalen Humerus zwischen Radius und
Beugung, insbesondere im Verlauf des
Hiervon abhängig kann das weitere Vor- „funktionellen Bogens“ zwischen 30° Ulna. Nach dem Modell von OʼDriscoll
gehen geplant werden. Bei Schmerzen und 130°, beurteilt. Zudem sollte eine nimmt die typische Ellenbogenluxation
im Handgelenksbereich wird die ergän- Überprüfung der Stabilität unter Valgus- ihren Ausgang mit einer subtotalen bzw.
zende Röntgendiagnostik des Handge- und Varusstress, jeweils in Streckung totalen Ruptur des radialen Bandkom-
lenks zum Ausschluss der oben genann- und 30 °Flexion, erfolgen. plexes. Mit zunehmender Krafteinwir-
ten Essex-Lopresti-Läsion, mit Ruptur kung kommt es zu einer weiter nach me-
der Membrana interossea und Instabili- Die Überprüfung der Stabilität unter Val- dial reichenden Läsion mit transossärem
tät im distalen Radioulnargelenk, emp- gisierung sollte in Pronationsstellung oder transkapsuloligamentären Verlauf.
fohlen. durchgeführt werden, um nicht eine Im Stadium I kommt es zu einer (sub-)
Pseudovalgusinstabilität falsch einzu- totalen Ruptur des lateralen ulnaren Kol-
n Bei knöchernen Verletzungen wie einer
Absprengung des Processus coronoi-
schätzen. Die meist chronisch bestehen-
de posterolaterale Rotationsinstabilität
lateralbands und einer posterolateralen
Subluxation des Ellenbogens. Im Stadi-
deus, knöchernen Bandausrissen oder (PLRI) kann durch den lateralen Pivot- um II sind zusätzlich die ventralen und
Radiusköpfchenfrakturen wird eine Dar- Shift-Test identifiziert werden. Hierbei dorsalen Kapselstrukturen verletzt und
stellung des Gelenks mittels CT empfoh- wird, beim auf dem Rücken liegenden es kommt zu einem „Reiten“ des Pro-
len.
Patienten, der Arm über den Kopf gehal- cessus coronoideus auf der Trochlea. Im
ten und in supinierter Stellung, bei axia- Stadium III zeigt sich eine komplette
Eine 3-D‑Darstellung kann hierbei zur ler Kompression, unter zunehmendem Luxation des Gelenks. Hierbei besteht
präoperativen Planung hilfreich sein. Ge- Valgusstress gebeugt. Dabei zeigt sich zusätzlich eine mediale Bandläsion. Im
Bandverletzungen im Wachstumsalter anschließender Bewegung des Unter- Ziel der operativen Versorgung ist es, die
arms in anteriorer Richtung mit leichter Kongruenz des Gelenks wiederherzu-
Im Kindesalter sind Bandverletzungen Bewegung in die Flexion. Bei der seltenen stellen, das Gelenk zu stabilisieren und
am Ellenbogen meist die Folge von Luxa- anterioren Luxation erfolgt die Reposi- eine möglichst frühzeitige Bewegungs-
tionsereignissen. Der Häufigkeitsgipfel tion in gegenläufiger Richtung. Das Ma- therapie einzuleiten, um bleibenden
liegt um das 10. Lebensjahr. Bandausris- növer sollte schonend durchgeführt wer- Funktions– und Bewegungseinschrän-
se treten hierbei in bis zu 75 % in Form den. Bei frustranem Versuch sollte ein kungen vorzubeugen.
von knöchernen Ausrissen auf. Bei un- mögliches Repositionshindernis in Erwä-
klaren konventionell-radiologischen Be- gung gezogen und keine weiteren Repo- Versorgung von Kapselbandverletzungen
funden kann die Kernspintomografie sitionsversuche unternommen werden.
sinnvolle Informationen zur Therapie- Zunächst sollte die durch die Verletzung
planung bringen, um okkulte Frakturen Nach erfolgreichem Repositionsmanöver entstandene Einsicht in das Gelenk aus-
und osteochondrale Läsionen darzustel- entscheidet die anschließende Stabili- genutzt werden, um das Hämatom aus-
len. Am häufigsten zeigt sich dabei eine tätsprüfung unter dem BV über die wei- zuspülen und evtl. im Gelenkspalt be-
Abrissfraktur des Epicondylus ulnaris. ter erforderlichen Therapieschritte. Der findliche Fragmente zu entfernen bzw.
neurovaskuläre Status wird erneut erho- zu refixieren. Größere Gelenkfragmente
Konservative Therapie
Diese erfordern ein hohes Maß an Erfah-
Operative Therapie
Die Reposition eines luxierten Ellen- rung, da die isometrischen Verhältnisse
bogengelenks kann in der Regel mit-
hilfe einer Analgosedierung problemlos
n Operationsindikationen nach Ellenbo-
genluxation bestehen bei folgenden Be-
und anatomischen Gegebenheiten exakt
berücksichtigt werden müssen. Als
durchgeführt werden. funden: Transplantat bietet sich idealerweise die
– Reluxationstendenz bei Beugung > 30° Palmaris-longus-Sehne an. Alternativ
n Die Reposition sollte nach Möglichkeit
unter Verwendung eines Bildverstärkers
– Repositionshindernisse
– dislozierte knöcherne Absprengungen
kann die Plantarissehne, ein Streifen aus
der Trizepssehne oder der mediale Rand
erfolgen, um das Ergebnis zu dokumen- und Frakturen (Kondylen, Epikon-
der Achillessehne verwendet werden.
tieren und die Stabilität zu prüfen. Es- dylen, Frakturen des Processus coro-
senziell ist die korrekte Einstellung der noideus Typ III, ggf. und Typ II) Die Fixierung der Transplantate erfolgt
Ebene, insbesondere in der seitlichen – Reluxation nach zunächst konser- mittels transossärem Durchzug. Radiale
Darstellung muss der Gelenkspalt frei vativer Behandlung Instabilitäten, insbesondere des ulnaren
einsehbar sein. – intraartikulär liegende Fragmente lateralen Seitenbands (LUCL), können
– „Terrible Triad“ erfolgreich mit einer entsprechenden
Für die Reposition erfolgt zunächst ein – offene Luxationen Ersatzplastik des Bandkomplexes thera-
– Gefäßnervenläsionen
Zug am Unterarm in der Humerus- piert werden. Posterolaterale Rotations-
– Kompartment
Längsachse bei fixiertem Oberarm mit instabilitäten Grad III und IV sollten
Koronoidfrakturen
a
n Typ-II-Verletzungen müssen bei Instabi-
lität, insbesondere bei begleitender Ra-
diusköpfchenfraktur und/oder begleiten-
der medialer Kollateralbandläsion, ver-
sorgt werden. Typ-III-Läsionen gelten
als instabil und müssen in der Regel os-
teosynthetisch versorgt werden.
Kindliche Bandverletzungen
Bewegungsfixateur
Abb. 6 a bis e a Fall 2: weibl. 11 J. Sturz von Schaukel, Ellenbogengelenksluxation mit Fraktur des Epicondylus ulnaris, Röntgenbild a.–p. b Fall 2:
Röntgenbild seitlich. c Fall 2: Offene Reposition über ulnaren Zugang mit Darstellung des N. ulnaris (mit Loop angeschlungen), Fixierung mit Dräh-
ten zur Versorgung mit kanülierten Schrauben. d Fall 2: Röntgenbild postop. a.–p. e Fall 2: Röntgenbild postop. seitlich.
Abb. 8 a bis e a Fall 3: männl. 72 J. Luxation des Ellenbogengelenks bei Sturz auf glatter Straße, medial ulnar knöcherner Bandausriss und laterale
intraligamentäre Bandruptur, Röntgenbild a.–p. b Fall 3: Röntgenbild seitl. c Fall 3. BV-Kontrolle nach Reposition lateral deutlich aufklappbar bei
evidenter medialer Instabilität bei knöchernem Bandausriss. d Fall 3: Versorgungsbild postop. a.–p. mit Nahtanker radial und transossärer Refixa-