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CE 02A M 02

DER BANDSCHEIBENVORFALL
DEFINITION BANDSCHEIBENVORFALL

Bei einem Bandscheibenvorfall bewegt sich Bandscheibengewebe aus den normalen


anatomischen Strukturen heraus und gelangt in den Wirbelkanal.
Man spricht auch von einer Diskushernie (von lat. discus = Scheibe, griech. hernie =
Bruch).
Klinisch auffällig wird ein Vorfall, sobald er auf eine austretende Nervenwurzel
drückt.
Man spricht dann von einem Nervenwurzelkompressionssyndrom oder radikulären
Syndrom.
PATHOPHYSIOLOGIE
• Am häufigsten ereignen sich Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule
(lumbaler Bandscheibenvorfall. Am zweithäufigsten im Bereich der Halswirbelsäule
(zervikaler Bandscheibenvorfall)
• Mit zunehmendem Alter und durch dauerhafte Belastung beginnt die Bandscheibe zu
degenerieren.
Dabei wird der äußere Faserring (Anulus fibrosus) rissig und der innere Gallertkern
(Nucleus pulposus) verliert an Flüssigkeit.
Dadurch nimmt die Höhe der Bandscheibe ab und der innere Gallertkern wird nach
außen gedrückt.
Bandscheibenvorfälle sind insbesondere zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr
häufig, wenn der äußere Faserring durch seine Risse nicht mehr so stabil, der innere
Gallertkern aber noch elastisch ist und nach außen drückt.
Bei älteren Patienten nimmt der Flüssigkeitsgehalt des Gallertkerns immer weiter ab,
wodurch die Bandscheibe nicht mehr so leicht hinausgedrückt werden kann.
DIFFERENZIERUNG VON BANDSCHEIBENEREIGNISSEN

• Wölbt sich der innere Gallertkern nach außen, spricht man von einer
Protrusion.
• Wenn er ganz hindurchtritt, handelt es sich um einen Prolaps (= eigentlicher
Bandscheibenvorfall).
• Verliert der Gallertkern beim Austritt den Kontakt mit dem Faseranteil, spricht
man von einer Sequestration oder Sequesterbildung (völlige Loslösung).
DIE VERSCHIEDENEN SCHWEREGRADE:
RISIKOFAKTOREN

• Risikofaktoren für einen Bandscheibenvorfall sind v. a.


1. Übergewicht,
2. chronische schwere körperliche Belastung,
3. Bewegungsmangel,
4. aber auch Beckenschiefstand durch Beinverkürzung, Wirbelsäulenverkrümmungen und
angeborenes Wirbelgleiten.
• Wiederholte punktuelle Belastung, beispielsweise durch berufsbedingte Zwangshaltungen
können das Risiko massiv erhöhen.
SYMPTOME
Lokale Rückenbeschwerden (im Bereich des unteren Rückens) bestehen meist
schon seit längerer Zeit.
Steigender Druck auf die Nervenwurzel („Wurzelkompressionssyndrom“ oder
„radikuläres Syndrom“) führt zu ziehenden Schmerzen, die in die Extremitäten
ausstrahlen.
Oft gibt es einen Auslöser (Initialereignis), der zur plötzlichen
Schmerzverstärkung und evtl. auch zu neurologischen Ausfällen wie
Empfindungsstörungen oder Lähmungen führt.
Typische Beispiele sind eine abrupte Körperbewegung (wie Heben schwerer
Lasten) oder Bücken.
Aufgrund der Schmerzen nimmt der Patient die für ihn am wenigsten
schmerzhafte Haltung ein (Schonhaltung).
SYMPTOME
• Die Symptome sind häufig so typisch, dass die betroffene Nervenwurzel (man
spricht dann von der Segmenthöhe) rein klinisch ermittelt werden kann.
„L 4-Syndrom“ bedeutet beispielsweise, dass die Nervenwurzel zwischen dem
4. und 5. Lendenwirbel betroffen ist und entsprechende Beschwerden
verursacht.
Eine Besonderheit kommt dem lumbalen Bandscheibenvorfall, der nach
medial austritt, zu: Er kann auf das Rückenmark drücken und zum
Kaudasyndrom führen (CE 09 M01)
Hinweis: 98% der lumbalen Bandscheibenvorfälle befinden sich zwischen den
Lendenwirbelkörpern L 4 und L 5 oder zwischen den Lendenwirbelkörpern L 5
und S 1.
KLINISCHE DIAGNOSTIK: DERMATOME
Dermatome sind
Hautbereiche, die einem
Rückenmarkssegment und
dem dazugehörenden
Rückenmarksnerv
bezüglich Empfindung
zugeordnet sind.
DIAGNOSTIK
Anamnese
• Besonders wichtig ist es, nach Schmerzverlauf und -lokalisation, Bewegungseinschränkungen und
Sensibilitätsstörungen zu fragen.
Klinische Untersuchung
• Objektivierung von evtl. Sensibilitätsstörungen, Objektivierung von evtl. Lähmungen: Hierzu die
entsprechenden Muskeln testen, z. B. Fersenstand/ Großzehenheber (L 5), Zehenstand (S 1), Armbeugung (C
6).
• Reflexprüfung: Bei einer Wurzelkompression sind die Reflexe meist abgeschwächt (muss immer im
Seitenvergleich geprüft werden).
• Lasègue-Test: Der Test wird bei Ischialgie bzw. Verdacht auf einen lumbalen Bandscheibenprolaps gemacht.
Der Patient liegt auf dem Rücken und hält sein Bein gestreckt. Durch das Anheben des gestreckten Beins wird
der Dehnungsschmerz des Ischias geprüft. Der Test ist positiv, wenn Schmerzen im Ischiasnerv auftreten.
BILDGEBUNG

Die beste Möglichkeit, einen Bandscheibenvorfall nachzuweisen, ist das MRT.


Hiermit lassen sich Wurzel- und Wirbelkanal gut beurteilen. Abgetrennte und
gewanderte Bandscheibenanteile (Sequester) kann man genauso wie degenerativ
veränderte Stellen sicher erkennen.
Wichtig: Der bildgebende Befund allein hat eigentlich keine Bedeutung, denn es gibt
viele zufällig entdeckte Bandscheibenvorfälle, die keinerlei Beschwerden verursachen
(und daher auch nicht behandlungspflichtig sind!) – die Bilder sollten also immer zur
Klinik passen und nicht umgekehrt!
LUMBALER BANDSCHEIBENVORFALL L4/L5
THERAPIE
Massive Beschwerden mit (akuten) Lähmungen und/oder Störungen der Blasen-/Mastdarmfunktion, stellen eine Notfall-
Operationsindikation dar. Abgesehen von diesen sollte immer ein konservativer Therapieversuch unternommen werden!
Zentrales Element der konservativen Therapie ist eine ausreichende Schmerztherapie!
 Verabreichung von nicht-opioiden Analgetika, wahlweise auch in Kombination mit Opiaten
 Lokale Injektionen von Lokalanästhetika und Kortison an betreffender Stelle (MRT)
 Maßnahmen wie Wärmeapplikation und Stufenbett- Entlastung (bei lumbalen Syndromen) sind nur dann sinvoll, wenn der
Patient sie als angenehm empfindet.
 Massagen und physiotherapeutischen (Dehn-)Übungen zur Entlastung der verkrampften Stützmuskulatur (diese kann enorme
Schmerzen verursachen)
 Ziel ist es, die reflektorische Verspannung langsam zu durchbrechen und damit einen normaleren Bewegungsablauf zu
ermöglichen.
 In den meisten Fällen gelingt es, mit dieser konservativen Therapie eine Operation zu vermeiden.

 Bei persistierenden oder zunehmenden Beschwerden muss erneut die Indikation einer Operation geprüft werden.
 Bei der operativen Therapie des Bandscheibenvorfalls werden die ausgetretene Flüssigkeit/ausgetretenes Gewebe
chirurgisch entfernt.
POST-OPERATIVE PFLEGE NACH BANDSCHEIBENOPERATION

Am OP-Tag achten Pflegende auf:


• Vigilanz, Vitalzeichen, Schmerzen, Nachblutung, Drainagen, Verbände,
Motorik und Sensorik
• Blasentätigkeit (ggf. Einmalkatheter)
• Mobilisation etwa 6–8 Stunden nach OP, Wirbelsäule nicht belasten
• Neue oder zunehmende Lähmungen/Gefühlsstörungen sofort melden!
Am 1. postoperativen Tag:
• Schmerz erfassen
• Redondrainage entfernen, Verbandwechsel, Wundkontrolle (Sekretmenge,
Beschaffenheit)
WEITERE POSTOPERATIVE BETREUUNG:

• Pflegeempfänger sollte mehr Ruhephasen als Belastungsphasen einhalten und keine Treppen steigen
• Lagewechsel im Liegen, Aufstehen, Gehen, alltägliche Bewegungsablaufe üben
• Duschen mit Duschpflaster ab dem 3. postoperativen Tag
• 4–6 Wochen nach OP Sitzen möglichst vermeiden
• Die weitere Behandlung erfolgt häufig in Form einer stationären Anschlussheilbehandlung oder ambulanten Rehabilitation.
Wichtig:
• vermehrte Belastungen sind erst 6 Wochen nach OP erlaubt
• Dauerbelastungen (langes Sitzen) und Anheben schwerer Gegenstande vermeiden
• 3 Monate lang keine hohen Schuhe tragen
PRÄVENTIVE MAßNAHMEN ZUR VERMEIDUNG EINES
BANDSCHEIBENVORFALLS
• Dehnungs- und Lockerungsübungen
• Kräftigung der Bauch- und Rücken-muskulatur
• trainieren von rückenschonenden und
-entlastenden Bewegungsabläufen
• Sport treiben (Laufen, Nordic Walking, Radfahren, Skilanglauf,
Rückenschwimmen)
„EN-BLOC-MOBILISATION“

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