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Startseite | Schweiz | Kommentar zum SP-Entscheid: Der Jositsch-Knatsch offenbart, wie schlecht es um die Gleichstellung steht
Der Jositsch-Knatsch
offenbart, wie schlecht es
um die Gleichstellung steht
Statt über kompetente SP-Politikerinnen redet die Schweiz während Tagen
über einen Mann. Das ist bezeichnend.
Der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch (links) spricht an der Seite von Roger Nordmann (VD), Nationalrat und Präsident der
SP-Bundeshausfraktion, am Point de presse zum Beschluss der SP-Bundeshausfraktion.
Foto: Anthony Anex (Keystone)
Die SP-Fraktion will, dass Simonetta Sommaruga durch eine Frau ersetzt
wird. Ein zweiter SP-Mann im Bundesrat kommt für sie nicht infrage. Dieser
Entscheid ist konsequent und erfüllt die Erwartungen ihrer – zu einem we-
sentlichen Teil weiblichen – Wählerschaft. Die SP setzt in ihren eigenen Rei-
hen um, was sie politisch fordert: die Gleichstellung der Geschlechter.
Die Fraktion stärkt ihrem Co-Präsidium den Rücken. Mattea Meyer und Céd-
ric Wermuth waren mit der Forderung nach einem Frauen-Ticket vorge-
prescht. Sie ernteten dafür Kritik. Der Knatsch mit dem Zürcher Ständerat Da-
niel Jositsch dominierte während Tagen die Schlagzeilen. Die Debatte – die
auch vom bürgerlichen Lager befeuert wurde – offenbarte, wo die Schweiz in
Sachen Gleichberechtigung steht: Dass Frauen in der Regierung angemessen
vertreten sind und gleichberechtigt mitbestimmen, ist immer noch nicht
selbstverständlich.
Die SP hat sich mit dem öffentlich ausgetragenen Streit keinen Gefallen getan.
Dass sie über äusserst kompetente Anwärterinnen verfügt, ging daneben fast
unter. Selbst wenn einzelne Frauen absagen, können die Sozialdemokraten
immer noch mehrere starke Kandidatinnen portieren. Anderen Parteien – na-
mentlich der SVP, wo Männer das Rennen um die Nachfolge von Ueli Maurer
unter sich ausmachen – sind sie damit weit voraus.
Doch die SP hat es verpasst, nach dem Rücktritt Sommarugas ihre fähigsten
Politikerinnen ins mediale Schaufenster zu stellen. Ein Jahr vor den eidgenös-
sischen Wahlen wirkt sie zerstritten.
Eveline Rutz ist Inland-Redaktorin bei Tamedia. Sie arbeitet seit 1998 im Journalismus und war
unter anderem als Bundeshauskorrespondentin tätig. Sie hat Germanistik, Publizistik und
Soziologie studiert und die Diplomausbildung am Medienausbildungszentrum (MAZ)
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