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Algebra
Prof. Dr. Sander Zwegers
Benutzte Literatur:
Gerd Fischer, Lehrbuch der Algebra
Christian Karpfinger und Kurt Meyberg, Algebra
Gernot Stroth, Elementare Algebra und Zahlentheorie
Warnung!
Es handelt sich hier um Notizen. Es wird keinerlei Garantie gegeben für die gram-
matikalische oder mathematische Korrektheit des Textes. Die Anwendung dieser
Notizen erfolgt auf eigene Gefahr.
Inhaltsverzeichnis
1 Gruppen 1
1.1 Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Translationen und Kürzungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.3 Untergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.4 Gruppen-Homomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.5 Nebenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.6 Normalteiler und Faktorgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.7 Äußeres und inneres direktes Produkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.8 Operationen von Gruppen auf Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.9 Die Sätze von Sylow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2 Ringe 27
2.1 Ringe, Integritätsringe und Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.2 Ideale und Hauptideale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.3 Faktorringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
2.4 Primideale und maximale Ideale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.5 Ringhomomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.6 Euklidische Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.7 Teilbarkeit und Primfaktorzerlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.8 Polynomringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
2.9 Irreduzibilität in Z[x] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
2.10 Quotientenkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3 Körpererweiterungen 47
3.1 Körpererweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.2 Grad einer Körpererweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3.3 Algebraische und transzendente Körpererweiterungen . . . . . . . . . 50
3.4 Algebraisch abgeschlossene Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.5 Konstruktion mit Zirkel und Lineal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
iv Inhaltsverzeichnis
4 Galoistheorie 61
4.1 Nullstellen von Polynomen 3. und 4. Grades . . . . . . . . . . . . . . 61
4.2 Galoisgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.3 Zerfällungskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.4 Normale und separable Körpererweiterungen . . . . . . . . . . . . . . 67
4.5 Die symmetrische und alternierende Gruppe . . . . . . . . . . . . . . 71
4.6 Auflösbare Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.7 Die Galoisgruppe eines Polynoms über Q . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.8 Die Galoiskorrespondenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
4.9 Lösbarkeit durch Radikale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.10 Das inverse Galoisproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Kapitel 1
Gruppen
1.1 Gruppen
Definition 1.1.1. Eine Gruppe (G, ∗) ist eine (nichtleere) Menge G mit einer
Verknüpfung
∗ : G × G −→ G,
(g1 , g2 ) 7→ g1 ∗ g2 ,
so dass
Bemerkung 1.1.2. (a) Wir nennen b (aus (c)) das zu a inverse Element und wir
schreiben b = a−1 .
(b) Wir schreiben oft a · b oder ab statt a ∗ b und G statt (G, ∗).
(c) Wegen der Assoziativität können wir die Klammern weglassen. Ausdrücke wie
a1 ∗ a2 ∗ · · · ∗ ak haben daher Sinn.
(d) Das neutrale Element ist eindeutig bestimmt.
(e) Das Inverse a−1 zu einem Element a ist eindeutig bestimmt.
Definition 1.1.4. Die Anzahl der Elemente einer Gruppe G heißt die Ordnung von
G.
|G| = ord(G) := # Elemente in G
Beispiel 1.1.5. (a) (Z, +) ist eine abelsche Gruppe.
(b) (Z≥0 , +) ist keine Gruppe, da 1−1 = −1 nicht existiert.
(c) (Q, +) und (R, +) sind abelsche Gruppen.
(d) (Q \ {0}, ·) ist eine abelsche Gruppe.
(e) Die allgemeine lineare Gruppe GLn (K) (die Menge {A ∈ Mn,n (K) | det A 6= 0}
mit Matrixmultiplikation) und die spezielle lineare Gruppe SLn (K) (die Menge {A ∈
Mn,n (K) | det A = 1} mit Matrixmultiplikation) sind Gruppen, aber sie sind nicht
kommutativ.
(f) Die Gruppe mit einem Element: G = {e} mit e · e = e.
· e a
(g) Sei |G| = 2, dann ist G = {e, a} mit der Verknüpfungstafel e e a .
a a e
· e a b
e e a b
(h) Sei |G| = 3, dann ist G = {e, a, b} mit der Verknüpfungstafel .
a a b e
b b e a
Diese Gruppe ist zyklisch.
(i) Sei |G| = 4, dann ist G = {e, a, b, c}. Wir haben zwei Möglichkeiten für die
Verknüpfungstafel:
· e a b c · e a b c
e e a b c e e a b c
a a b c e (zyklisch), oder a a e c b (Kleinsche Vierergruppe).
b b c e a b b c e a
c c e a b c c b a e
(j) Sei Zn = {0, 1, . . . , n − 1} mit der Verknüpfung + gegeben durch
x + y = der Rest von x + y bei Division durch n.
| {z }
in Z
Dann ist (Zn , +) eine zyklische abelsche Gruppe von Ordnung n. Für n = 4 ist die
Verknüpfungstafel
1.1 Gruppen 3
+ 0 1 2 3
0 0 1 2 3
1 1 2 3 0 .
2 2 3 0 1
3 3 0 1 2
(k) Sei Z∗5 = Z5 \ {0} = {1, 2, 3, 4} mit der Verknüpfung · gegeben durch
x · y = der Rest von xy bei Division durch 5.
Dann ist (Z∗5 , ·) eine abelsche Gruppe von Ordnung 4. Auch ist (Z∗5 , ·) zyklisch (20 =
1, 21 = 2, 22 = 4, 23 = 3). Die Verknüpfungstafel ist
· 1 2 3 4
1 1 2 3 4
2 2 4 1 3
3 3 1 4 2
4 4 3 2 1
Allgemeiner ist (Zp \ {0}, ·), für eine Primzahl p, eine abelsche Gruppe der Ordnung
p − 1. Z.B. (Z6 \ {0}, ·) ist keine Gruppe, da 2 · 3 = 0 6∈ Z6 \ {0}.
(l) Sei X eine Menge. Sei
S(X) := {f : X −→ X, f bijektiv},
mit der Verknüpfung f ∗ g = f ◦ g. Dann ist (S(X), ◦) eine Gruppe (e = idX ). Für
die Menge X = {1, 2, . . . , n} schreiben wir Sn statt S({1, 2, . . . , n}). Diese Gruppe
Sn heißt die Permutationsgruppe und |Sn | = n!. Für σ ∈ Sn schreiben wir explizit
1 2 ... n
.
σ(1) σ(2) . . . σ(n)
Die Gruppe S3 hat folgenden Elemente
1 2 3 1 2 3 1 2 3
e= , a= , b= ,
1 2 3 2 1 3 1 3 2
1 2 3 1 2 3 1 2 3
c= , d= , f= .
3 2 1 3 1 2 2 3 1
Dann gilt
1 2 3 1 2 3 1 2 3
d·a= = =b
3 1 2 2 1 3 1 3 2
1 2 3 1 2 3 1 2 3
a·d= = = c,
2 1 3 3 1 2 3 2 1
also ist S3 nicht abelsch. Ebenso ist Sn nicht abelsch für n ≥ 3.
4 Kapitel 1. Gruppen
la : G −→ G, g→
7 a·g (Linkstranslation),
ra : G −→ G, g→7 g·a (Rechtstranslation).
Bemerkung 1.2.2. (a) Für alle a ∈ G sind die Translationen la und ra bijektiv:
la (x) = b ⇐⇒ ax = b ⇐⇒ x = a−1 b,
und ebenso
ra (x) = b ⇐⇒ xa = b ⇐⇒ x = ba−1 .
(b) Es gilt (la )−1 = la−1 und (ra )−1 = ra−1 .
(c) Wir haben also die Kürzungsregeln
ax = ay =⇒ x = y,
xa = ya =⇒ x = y.
Lemma 1.2.3. Sei G eine endliche abelsche Gruppe und sei a ∈ G. Dann gilt
a|G| = e.
Beweis. Sei G = {a1 , . . . , an } mit n = |G|, und sei a ∈ G. Da la bijektiv ist, folgt,
dass auch G = {aa1 , . . . , aan }. Deswegen gilt
n
Y n
Y n
Y
n
ai = (aai ) = a ai ,
i=1 i=1 i=1
und an = e.
1.3 Untergruppen
Definition 1.3.1. Sei (G, ∗) eine Gruppe und sei H ⊂ G eine Teilmenge. Dann
heißt (H, ∗) Untergruppe von (G, ∗) falls
(a) e ∈ H;
(b) g1 , g2 ∈ H =⇒ g1 ∗ g2 ∈ H;
(c) g ∈ H =⇒ g −1 ∈ H.
Bemerkung 1.3.2. (a) Eine Untergruppe ist selbst auch eine Gruppe.
(b) Aus A < B und B < C folgt sofort A < C (transitiv ).
Beispiel 1.3.3. (a) (Q, +) < (R, +).
(b) SLn (K) < GLn (K).
Lemma 1.3.4. Sei G eine Gruppe und sei H ⊂ G eine Teilmenge. Dann gilt H < G
genau dann, wenn H 6= ∅ und ab−1 ∈ H für alle a, b ∈ H.
Den Beweis lassen wir als Übung.
Satz 1.3.5. Sei H < Z = (Z, +). Dann gibt es ein (eindeutig bestimmtes) m ∈ Z≥0 ,
so dass H = mZ.
Beweis. Wenn H = {0}, dann folgt m = 0. Wir nehmen also an, dass H 6= {0}.
Sei m die kleinste positive Zahl in H. Dann sind auch −m, 2m = m + m, −2m =
(−m) + (−m) usw. in H. Wir haben also mZ ⊂ H. Sei k ∈ H. Wir schreiben
k = qm + r mit 0 ≤ r < m. Da k ∈ H und qm ∈ H folgt, dass r ∈ H. Da m
die kleinste positive Zahl in H ist, muss r = 0 sein. Also gilt k = qm ∈ mZ und
H ⊂ mZ.
1.4 Gruppen-Homomorphismen
Definition 1.4.1. Seien (G, ∗) und (G0 , ∗0 ) Gruppen. Sei ϕ : G −→ G0 , so dass
Definition 1.4.9. Sei G eine Gruppe ein sei g ∈ G. Wir definieren die Untergruppe
hgi < G durch
hgi := Im(ϕg ) = {g n | n ∈ Z} ⊂ G.
Die Untergruppe hgi heißt die von g erzeugte Untergruppe. Wir definieren die Ord-
nung von g durch
ord(g) := |hgi|.
Bemerkung 1.4.10. Sei G eine endliche abelsche Gruppe und sei g ∈ G. Da hgi
eine Untergruppe von G ist, gilt ord(g) ≤ |G|.
1 2 3 4
Beispiel 1.4.11. (a) Sei G = S4 und sei σ = ∈ G. Dann gilt
2 3 4 1
2 1 2 3 4 3 1 2 3 4 4 1 2 3 4
σ = , σ = und σ = = e.
3 4 1 2 4 1 2 3 1 2 3 4
1.5 Nebenklassen
Definition 1.5.1. Sei G eine Gruppe und sei H < G eine Untergruppe. Wir
definieren die Linksnebenklasse von a ∈ G durch
und ai H ∩ aj H = ∅ für i 6= j.
8 Kapitel 1. Gruppen
|G| = [G : H] · |H|.
Sn
Beweis. Folgt sofort aus Lemma 1.5.2 Teil (c) und (d): es gilt G = r=1 ar H mit
n = [G : H] und ai H ∩ aj H = ∅ für i 6= j, und es folgt
n
X n
X
|G| = |ar H| = |H| = n|H|.
r=1 r=1
Bemerkung 1.5.6. Aus Satz 1.5.5 folgt, dass |H| ein Teiler von |G| ist. Insbeson-
dere ist ord(g) ein Teiler von |G| für alle g ∈ G.
Beispiel 1.5.7. Sei G eine Gruppe mit |G| = p, wobei p eine Primzahl ist, und sei
H < G. Da |H| ein Teiler von p ist, gilt entweder |H| = 1 (d.h. H = {e}) oder
|H| = p (d.h. H = G).
Korollar 1.5.8. Sei G eine endliche Gruppe und sei a ∈ G. Dann gilt
a|G| = e.
Beweis. Sei a ∈ G. Wir betrachten hai, k = |hai| = ord(a) und l = [G : hai]. Dann
gilt also ak = e und |G| = kl. Daraus folgt
1 2 3
Beispiel 1.5.9. Sei G = S3 und σ = ∈ G. Dann ist H = hσi = {id, σ}
2 1 3
eine Untergruppe von G von Ordnung 2. Es gibt also [G : H] = 3 Linksnebenklassen:
1 2 3 1 2 3
H = idH = σH = , ,
1 2 3 2 1 3
1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3
H= H= , ,
1 3 2 3 1 2 1 3 2 3 1 2
1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3
H= H= , .
3 2 1 2 3 1 3 2 1 2 3 1
gH = Hg
Bemerkung 1.6.3. (a) Jede Gruppe G hat die trivialen Normalteiler {e} und G.
(b) In einer abelschen Gruppe ist jede Untergruppe Normalteiler.
(c) Die Normalteilerrelation ist nicht transitiv: aus A C B und B C C folgt im
Allgemeinen nicht A C C.
Definition 1.6.4. Eine Gruppe G die nur die trivialen Normalteiler {e} und G hat,
heißt einfach.
Lemma 1.6.5. Sei H < G. Dann sind folgende Aussagen äquivalent
(a) aH = Ha für alle a ∈ G;
(b) aHa−1 ⊂ H für alle a ∈ G;
(a) aHa−1 = H für alle a ∈ G.
Beweis. (a) ⇒ (b): Sei g ∈ aHa−1 . Dann gibt es ein h ∈ H, so dass g = aha−1 .
Da wir annehmen, dass aH = Ha, gibt es ein h0 ∈ H, so dass ah = h0 a gilt. Daraus
folgt dann, dass g = aha−1 = h0 aa−1 = h0 ∈ H.
(b) ⇒ (c): Wir nehmen an, dass aHa−1 ⊂ H gilt für alle a ∈ G. Dann gilt insbeson-
dere auch a−1 Ha ⊂ H. Sei h ∈ H. Da h = a(a−1 ha)a−1 folgt, dass h ∈ aHa−1 und
deshalb gilt H ⊂ aHa−1 . Zusammen mit der Voraussetzung folgt die Gleichheit.
(c) ⇒ (a): Wir zeigen nur Ha ⊂ aH. Analog zeigt man aH ⊂ Ha. Sei g ∈ Ha, d.h.
g = ha mit h ∈ H. Da H = aHa−1 gibt es ein h0 ∈ H, so dass h = ah0 a−1 . Dann
folgt g = ha = ah0 ∈ aH. Also Ha ⊂ aH.
Bemerkung 1.6.6. Sei H < G. Um zu zeigen, dass H C G, reicht es also nachzu-
weisen, dass aha−1 ∈ H für alle a ∈ G und alle h ∈ H.
Beispiel 1.6.7. (a) Sei ϕ : G −→ H ein Homomorphismus. Sei g ∈ Ker(ϕ) < G
und sei a ∈ G. Dann gilt
ϕ(aga−1 ) = ϕ(a)ϕ(g)ϕ(a)−1 = ϕ(a)ϕ(a)−1 = e.
Also gilt aga−1 ∈ Ker(ϕ) und es folgt, dass Ker(ϕ) C
G.
2 1 2 3
(b) Sei G = S3 und sei H = hσi = {e, σ, σ } mit σ = . Dann gilt H C G.
2 3 1
(c) SLn (R) C GLn (R), da det(ABA−1 ) = det A det B(det A)−1 = det B = 1 für alle
A ∈ GL2 (R) und B ∈ SLn (R).
(d) Sei H < G, so dass [G : H] = 2, dann gilt H C G (Übung).
Satz 1.6.8. Sei N C G ein Normalteiler. Dann ist die Verknüpfung ∗ : G/N ×
G/N −→ G/N gegeben durch
g1 N ∗ g2 N = (g1 g2 )N
wohldefiniert und die Menge G/N mit dieser Verknüpfung ist eine Gruppe. Hierbei
gilt eG/N = N und (aN )−1 = a−1 N .
1.6 Normalteiler und Faktorgruppen 11
Definition 1.6.9. Sei N CG ein Normalteiler. Die Menge G/N mit der Verknüpfung
g1 N ∗ g2 N := (g1 g2 )N heißt Faktorgruppe oder Quotientengruppe.
Beweis. Aus Satz 1.6.8 folgt unmittelbar, dass π ein Homomorphismus ist. Die
Surjektivität und Ker π = N folgt aus Lemma 1.5.2.
G/ Ker ϕ ' Im ϕ.
e : G/ Ker ϕ −→ Im ϕ mit
Ein entsprechender Isomorphismus ist gegeben durch ϕ
ϕ(g
e Ker ϕ) = ϕ(g).
Beweis. Sei N = Ker ϕ. Im Beispiel 1.6.7 haben wir gesehen, dass N C G. Wir
e falls aN = a0 N , dann gilt a = a0 h mit
zeigen zuerst die Wohldefiniertheit von ϕ:
h ∈ N und es folgt
ϕ(a) = ϕ(a0 h) = ϕ(a0 )ϕ(h) = ϕ(a0 ),
also ist ϕ
e wohldefiniert. Die Abbildung ϕ
e ist ein Homomorphismus, da
ϕ(aN
e ∗ bN ) = ϕe (ab)N = ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b) = ϕ(aN
e )ϕ(bN
e ).
12 Kapitel 1. Gruppen
e = {N }:
Für die Injektivität genügt es (nach Bemerkung 1.4.5) zu zeigen, dass Ker ϕ
sei aN ∈ Ker ϕ, e dann gilt e = ϕ(aN e ) = ϕ(a). Daraus folgt a ∈ Ker ϕ = N und
aN = N . Surjektivität: sei g ∈ Im ϕ, dann gibt es ein a ∈ G, so dass ϕ(a) = g.
Daraus folgt ϕ(aN
e ) = ϕ(a) = g und damit ist ϕ
e surjektiv.
Beispiel 1.6.13. (a) Sei ϕ : Z −→ Zn mit ϕ(k) = Rest von k bei Division durch n.
Im Beispiel 1.4.6(g) haben wir gesehen, dass Ker ϕ = nZ und Im ϕ = Zn . Deswegen
gilt Z/nZ ' Zn .
(b) Sei ϕ : GLn (K) −→ K∗ = K \ {0} gegeben durch ϕ(A) = det A. Im Beispiel
1.4.6(c) haben wir gesehen, dass Ker ϕ = SLn (K) und Im ϕ = K∗ . Deswegen gilt
GLn (K)/ SLn (K) ' K∗ .
(a) HN < G,
(b) N C HN ,
(c) (H ∩ N ) C H,
Ker ϕ = {h ∈ H | hN = N } = {h ∈ H | h ∈ N } = H ∩ N.
Satz 1.6.15. Sei H C G und sei N , so dass N < H und N C G. Dann gilt
(a) N C H,
wobei h0 = ghg −1 ∈ H, da H C G.
(c) Wir betrachten ϕ : G/N −→ G/H gegeben durch ϕ(aN ) = aH. Diese Abbildung
ist wohldefiniert: sei aN = a0 N , dann gilt a−1 a0 ∈ N . Daraus folgt a−1 a0 ∈ H und
a0 H = aH.
Die Abbildung ϕ ist ein Homomorphismus, da
ϕ(aN ∗ bN ) = ϕ (ab)N = (ab)H = aH ∗ bH = ϕ(aN ) ∗ ϕ(bN ),
G1 × G2 := {(g1 , g2 ) | g1 ∈ G1 , g2 ∈ G2 },
Beweis. Die Assoziativität folgt sofort aus der Assoziativität von G1 und G2 . Das
Einselement ist (e, e) = (eG1 , eG2 ), und das Inverse von (g1 , g2 ) ∈ G1 × G2 ist
(g1−1 , g2−1 ).
Bemerkung 1.7.3. (a) Falls G1 und G2 abelsch sind, dann ist auch G1 ×G2 abelsch.
(b) Die Projektion πi : G1 × G2 −→ Gi mit πi (g1 , g2 ) = gi (i = 1, 2) ist ein Homo-
morphismus.
(c) Die Gruppen G1 × {e} ' G1 und {e} × G2 ' G2 sind normale Untergruppen
von G1 × G2 .
(d) Jedes Element von G1 × G2 lässt sich eindeutig schreiben als Produkt
(e) Gilt G1 ' G01 und G2 ' G02 , dann gilt auch
n1 n2 = n2 n1
Da n2 n1−1 n−1 −1
2 ∈ N1 , folgt g ∈ N1 . Ebenso folgt aus n1 n2 n1 ∈ N2 , dass g ∈ N2 . Also
gilt g ∈ N1 ∩ N2 = {e}. Daraus folgt g = e und n1 n2 = n2 n1 .
N1 × N2 ' G.
Definition 1.7.6. In diesem Fall heißt G (inneres) direktes Produkt von N1 und
N2 . Wir schreiben dann
G = N1 × N2 .
und g2 = g1−1 . Also gilt g2 ∈ N1 , und da auch g2 ∈ N2 gilt, folgt, dass g2 = e und
g1 = g2−1 = e. Wir haben also gefunden, dass
Ker ϕ = {(e, e)}.
Nach Bemerkung 1.4.5 ist ϕ injektiv. Damit ist ϕ ein Isomorphismus und gilt N1 ×
N2 ' G.
Beispiel 1.7.7. Wir betrachten G = Z6 , N1 = {0, 3} C G und N2 = {0, 2, 4} C G.
Dann gilt N1 ∩ N2 = {0}, und auch N1 N2 = G (0 = 0 + 0, 1 = 3 + 4, 2 = 0 + 2,
3 = 3 + 0, 4 = 0 + 4 und 5 = 3 + 2). Dann folgt also
N1 × N2 ' Z6 ' Z/6Z.
Da N1 ' Z2 ' Z/2Z (ϕ : Z2 −→ N1 mit ϕ(k) = 3k ist ein Isomorphismus) und
N2 ' Z3 ' Z/3Z (ϕ : Z3 −→ N2 mit ϕ(k) = 2k ist ein Isomorphismus) folgt dann
Z/6Z ' Z/2Z × Z/3Z.
Bemerkung 1.7.8. Allgemeiner gilt
Z/mnZ ' Z/mZ × Z/nZ,
für ganze Zahlen m und n die keinen Teiler gemeinsam haben. Falls m und n einen
Teiler gemeinsam haben gilt es nicht. Zum Beispiel
Z/4Z 6' Z/2Z × Z/2Z,
weil Z/4Z zyklisch von Ordnung 4 ist, und jedes Element in Z/2Z × Z/2Z Ordnung
höchstens 2 hat.
Satz 1.7.5 können wir auch Verallgemeinern auf endlich viele Faktoren.
Definition 1.7.9. Seien G1 , . . . , Gk Gruppen. Dann ist das äußere direkte Produkt
von G1 , . . . , Gk gegeben durch
G1 × · · · × Gk := {(g1 , . . . , gk ) | g1 ∈ G1 , . . . , gk ∈ Gk }.
Das Produkt G1 · · · Gk ist gegeben durch
G1 · · · Gk := {g1 · · · gk ∈ G | g1 ∈ G1 , . . . , gk ∈ Gk }.
Satz 1.7.10. Seien N1 , . . . , Nk C G, mit
Ni ∩ (N1 · · · Ni−1 Ni+1 · · · Nk = {e},
für alle 1 ≤ i ≤ k, und N1 · · · Nk = G. Dann gilt
G ' N1 × · · · × Nk .
16 Kapitel 1. Gruppen
e(m) = eme−1 = m.
(d) Sei G = GLm (K) × GLn (K) und M = Mm,n (K), wobei (g1 , g2 ) ∈ G operiert per
(g1 , g2 )(m) := g1 mg2−1
auf M .
Definition 1.8.3. Operiert G auf M und ist m ∈ M , so heißt die Menge
G(m) := {g(m) ∈ M | g ∈ G} ⊂ M
die Bahn von m unter der Operation von G. Die Menge
StabG (m) = Gm := {g ∈ G | g(m) = m} ⊂ G
heißt der Stabilisator von m in G.
Beispiel 1.8.4. (a) Sei M = G mit der Operation durch Konjugation: g(m) =
gmg −1 . Dann heißen die Bahnen Konjugationsklassen.
(b) Sei G = GLn (K), M = Mn,n (K) und sei die Operation von G auf M gegeben
durch Konjugation: g(m) := gmg −1 ∈ M . In der linearen Algebra haben wir gesehen:
dass eine Matrix m diagonalisierbar ist, bedeutet, dass wir eine Diagonalmatrix d
finden können, so dass m ∈ G(d) (oder umgekehrt d ∈ G(m)).
1.8 Operationen von Gruppen auf Mengen 17
Definition 1.8.5. Operiert G auf M , dann heißt diese Operation transitiv, falls es
ein m ∈ M gibt, so dass
G(m) = M.
Bemerkung 1.8.6. Eine Operation von G auf M ist transitiv, falls sie nur eine
Bahn besitzt.
Definition 1.8.7. Operiert G auf M und ist m ∈ M , dann heißt m Fixpunkt der
Operation, falls
G(m) = {m},
d.h. g(m) = m für alle g ∈ G.
Bemerkung 1.8.8. Operiert G auf M , dann ist m ∈ M ein Fixpunkt der Operation
genau dann, wenn Gm = G.
Beispiel 1.8.9. (a) H < G operiert auf G durch Linksmultiplikation: h(g) = hg
für h ∈ H und g ∈ G. Die Bahnen H(g) = {hg | h ∈ H} sind Rechtsnebenklassen.
Für H 6= {e} gibt es keine Fixpunkte und keine nichttrivialen Stabilisatoren (d.h.
StabH (g) = Hg = {e} für alle g ∈ G).
(b) Sei G = On = {A ∈ GLn (R) | AT A = I} und sei M = Rn . Dann gilt kAvk = kvk
und die Bahnen G(v) sind
G(v) = {x ∈ Rn | kxk = kvk}.
Sei v ∈ Rn und sei A ∈ Gv , dann gilt Av = v, also ist v ein Eigenvektor von A zum
Eigenwert 1. Nach Lemma 1.78 (Skript LA II) gibt es ein g ∈ On und ein A0 ∈ On−1 ,
so dass
−1 1 O
gAg = .
O A0
Damit kann man zeigen, dass der Stabilisator Gv isomorph zu On−1 ist.
Beispiel 1.8.10. Wir betrachten das regelmäßige n-Eck Pn mit Eckpunkten ζnk ,
2πi
wobei 0 ≤ k < n und ζn = e n ist. Die Diedergruppe Dn ist definiert durch
Dn := {A ∈ O2 | A(Pn ) = Pn } < O2
(Isometrien von R2 die Pn auf sich abbilden). In Dn gibt es n Drehungen und n
Spiegelungen, also gilt |Dn | = 2n. Wir betrachten
cos 2π 2π
− sin 1 0
x= n n ∈ Dn und y= ∈ Dn .
sin 2π
n
cos 2π
n
0 −1
Dann ist xk eine Drehung um den Winkel 2πkn
, und es gilt xn = e. Die Spiegelungen
k 2
sind gegeben durch x y, und es gilt y = e. Weiter können wir einfach verifizieren,
dass
xk y = yx−k und (xk y)2 = e,
für alle 0 ≤ k < n.
18 Kapitel 1. Gruppen
ζn2
ζn3
ζn
2π
n
1
O
ζnn−1
xn = e, y2 = e und (xy)2 = e.
Wir schreiben
Dn = hx, y | xn = y 2 = (xy)2 = ei.
Explizit haben wir
Wir betrachten D4 und die Operation von D4 auf M = {d1 , d2 } (die Diagonalen
von P4 ).
d1 g g(d1 ) g(d2 )
e d1 d2
x d2 d1
x2 d1 d2
x3 d2 d1
y d2 d1
xy d1 d2
x2 y d2 d1
d2 x3 y d1 d2
Daraus sehen wir G(d1 ) = M = G(d2 ), also ist die Operation transitiv. Weiter
gilt Gd1 = {e, x2 , xy, x3 y} und Gd1 < D4 .
Satz 1.8.11. Operiert G auf M , dann
(a) für alle m ∈ M gilt Gm < G;
1.8 Operationen von Gruppen auf Mengen 19
und g(m) = (gg1−1 g2 )(n) ∈ G(n) für alle g ∈ G. Also gilt G(m) ⊂ G(n). Aus
Symmetriegründen gilt auch G(n) ⊂ G(m).
(c) Wir betrachten die Abbildung ϕ : G/Gm −→ G(m) gegeben durch ϕ(gGm ) =
g(m). Diese Abbildung ist wohldefiniert: gilt gGm = g 0 Gm , dann folgt g −1 g 0 ∈ Gm ,
(g −1 g 0 )(m) = m und g(m) = g 0 (m). Wir sehen sofort, dass ϕ surjektiv ist. Auch
ist ϕ injektiv: gilt ϕ(gGm ) = ϕ(g 0 Gm ), dann folgt g(m) = g 0 (m), m = (g −1 g 0 )(m),
g −1 g 0 ∈ Gm und gGm = g 0 Gm .
(d) Sei m ∈ M , sei g ∈ G und sei n = g(m), dann gilt
Gn = {a ∈ G | a(n) = n} = {a ∈ G | a g(m) = g(m)}
= {a ∈ G | (g −1 ag)(m) = m} = {a ∈ G | g −1 ag ∈ Gm } = gGm g −1 .
Da die Konjugation eine bijektive Abbildung ist, folgt auch |Gn | = |Gm |.
Definition 1.8.12. Sei G eine Gruppe. Dann heißt die Menge
C(g) := {a ∈ G | ag = ga}
Beispiel 1.8.14. Operiert G auf G durch Konjugation (also g(a) = gag −1 für alle
a, g ∈ G), dann gilt
Ga = {g ∈ G | g(a) = a} = {g ∈ G | gag −1 = a} = {g ∈ G | ga = ag} = C(a).
Satz 1.8.15 (Bahnengleichung). Sei G eine endliche Gruppe, die auf M operiert.
Dann gilt X
|M | = [G : Ga ],
a∈A
wobei A ein Repräsentantensystem der Bahnen ist (d.h. aus jeder Bahn wählen wir
genau ein Element).
Beweis. Nach Satz 1.8.11(b) ist M die disjunkte Vereinigung der Bahnen, also
G
M= G(a).
a∈A
Daraus folgt X X
|M | = |G(a)| = [G : Ga ],
a∈A a∈A
wobei |G(a)| = [G : Ga ] gilt nach Satz 1.8.11(c).
Bemerkung 1.8.16. Operiert G auf G durch Konjugation, dann gilt
a ∈ Z(G) ⇔ gag −1 = a für alle g ∈ G ⇔ G(a) = {a} ⇔ |G(a)| = 1.
Satz 1.8.17 (Klassengleichung). Sei G eine endliche Gruppe. Operiert G auf G
durch Konjugation, dann gilt
Xr
|G| = |Z(G)| + [G : C(ai )],
i=1
|G(ai )|>1
wobei {a1 , . . . , ar } ein Repräsentantensystem der Bahnen ist (also G = tri=1 G(ai )).
Beweis. Nach Satz 1.8.15 und Beispiel 1.8.14 gilt
r
X r
X Xr r
X
|G| = [G : Gai ] = [G : C(ai )] = [G : C(ai )] + [G : C(ai )].
i=1 i=1 i=1 i=1
|G(ai )|=1 |G(ai )|>1
Falls |G(ai )| = 1, dann gilt nach Bemerkung 1.8.16 ai ∈ Z(G). Mit Satz 1.8.11(c)
und Beispiel 1.8.14 folgt [G : C(ai )] = 1. Also
r
X
[G : C(ai )] = |Z(G)|
i=1
|G(ai )|=1
|GU0 | ≤ |U0 | = pk .
Zusammen mit der Gleichung (1.9.1) folgt |GU0 | = pk . Damit ist GU0 die gesuchte
Untergruppe von G.
Beispiel 1.9.5. Sei G eine Gruppe der Ordnung 120 und sei H eine nichttriviale
Untergruppe von G. Nach Bemerkung 1.5.6 gilt, dass die Ordnung von H 2, 3, 4,
5, 6, 8, 10, 12, 15, 20, 24, 30, 40 oder 60 ist. Nach Satz 1.9.2 existieren tatsächlich
Untergruppen der Ordnung 2, 3, 4, 5 und 8. Über die Existenz von Untergruppen
der Ordnung 6, 10, 12, 15, 20, 24, 30, 40 oder 60 sagt Satz 1.9.2 nichts.
Definition 1.9.6. Sei p eine Primzahl. Eine Gruppe G, so dass |G| = pr , mit r ≥ 1,
heißt eine p-Gruppe.
Beispiel 1.9.7. Die p-Sylow-Untergruppen einer Gruppe G sind p-Gruppen.
Lemma 1.9.8. Sei G eine p-Gruppe und sei M eine endliche Menge, wobei G
operiert auf M . Sei MG die Menge aller Fixpunkte der Operation, d.h.
wobei A ein Repräsentantensystem der Bahnen ist. Sei m ∈ A, dann gilt nach Satz
1.8.11(c) pr = |G| = |Gm | · |G(m)|. Daraus folgt, dass |G(m)| pr und |G(m)| = pa
mit 0 ≤ a ≤ r. Es gilt |G(m)| = 1 genau dann, wenn m ein Fixpunkt der Operation
ist. Falls |G(m)| =
6 1, dann gilt p G(m). Damit folgt
M = {gP1 | g ∈ G}.
a(gP1 ) = (ag)P1 ,
für alle a ∈ P2 und alle gP1 ∈ M . Für die Menge aller Fixpunkte
Definition 1.9.11. Sei G eine Gruppe und sei H < G. Die Menge
(b) Die Gruppe H ist eine normale Untergruppe von N (H): sei g ∈ N (H) und
h ∈ H, dann gilt ghg −1 ∈ H.
(c) NG (H) = G ⇔ H C G.
Sei Q ∈ MP , dann gilt also gQg −1 = Q für alle g ∈ P . Damit folgt, dass P < N (Q).
Weiter gilt nach Bemerkung 1.9.12(b), dass Q C N (Q). Da P und Q beide p-Sylow-
Untergruppen von G sind, sind P und Q auch p-Sylow-Untergruppen von N (Q) < G.
Nach Satz 1.9.10 gibt es ein g ∈ N (Q), mit gQg −1 = P . Da Q C N (Q) gilt dann
P = gQg −1 = Q.
Wir haben also gefunden, dass MP = {P }. Daraus folgt |MP | = 1 und nach Lemma
1.9.8 gilt
np = |M | ≡ 1 (mod p). (1.9.2)
Wir betrachten jetzt die Operation von G auf M durch Konjugation. Sei P ∈ M .
Aus Bemerkung 1.9.9 und Satz 1.9.10 folgt
G(P ) = {gP g −1 | g ∈ G} = M.
Mit Hilfe des Satzes 1.8.11(c) sehen wir dann, dass np = |M | = |G(P )| ein Teiler
von |G| = pr m ist, also
np pr m.
Nach Gleichung (1.9.2) ist np nicht teilbar durch p, also gilt np m.
Beweis. Sei M die Menge aller p-Sylow-Untergruppen und sei P ∈ M . Wir betra-
chten die Operation von G auf M durch Konjugation. Wie im Beweis des Satzes
1.9.13 haben wir
G(P ) = {gP g −1 | g ∈ G} = M,
und np = |M | = |G(P )|. Dann gilt
Beispiel 1.9.15.
Sei G eine Gruppe mit |G| = 42 = 2 · 3 · 7. Sei p = 7. Nach Satz
1.9.13 gilt n7 6 und n7 ≡ 1 (mod 7). Daraus folgt, dass n7 = 1. Sei P die 7-Sylow-
Untergruppe von G. Nach Korollar 1.9.14 gilt P C G. Da |P | = 7 gilt P 6= {e} und
P 6= G. Nach Definition 1.6.4 ist G also nicht einfach.
Beispiel
1.9.16. Sei G eine Gruppe mit |G| = 15 = 3 · 5. Nach Satz 1.9.13 gilt
n3 5 und n3 ≡ 1 (mod 3), also n3 = 1. Ebenso gilt n5 = 1. Sei P die 3-Sylow-
Untergruppe von G und sei Q die 5-Sylow-Untergruppe von G. Dann gilt P C G und
Q C G. Wir betrachten
P · Q.
Dann gilt P · Q < G und da P < P · Q und Q < P · Q,
folgt, dass 3 |P · Q| und 5 |P · Q|. Daraus folgt |P · Q| = 15 und P · Q = G. Auch
gilt P ∩ Q = {e}, da P ∩ Q eine Untergruppe
von P und auch von Q ist, und also
gilt |P ∩ Q| |P | = 3 und |P ∩ Q| |Q| = 5. Nach Satz 1.7.5 gilt dann G ' P × Q.
Nach Aufgabe 3.2(2) gilt
also folgt G ' Z/3Z × Z/5Z. Mit Bemerkung 1.7.8 folgt sogar
G ' Z/15Z.
Beispiel 1.9.17. Sei G eine Gruppe mit |G| = pq, wobei p und q verschiedene
Primzahlen sind. Wir zeigen, dass G dann nicht einfach ist: ohne Beschränkung
der
Allgemeinheit können wir annehmen, dass p > q. Nach Satz 1.9.13 gilt np q (also
np = 1 oder np = q) und np ≡ 1 (mod p). Da p > q folgt daraus, dass np = 1. Damit
ist die p-Sylow-Untergruppe normal in G und ist G nicht einfach.
Beispiel 1.9.18. Sei G eine Gruppe der Ordnung pq, wobei p und q Primzahlen
sind mit p > q und q 6 (p − 1). Dann kann man ähnlich wie im Beispiel 1.9.16
zeichen, dass
G ' Z/pqZ.
Insbesondere ist G zyklisch und abelsch.
Beispiel 1.9.19. Sei G eine Gruppe mit |G| = 30. Wir zeigen, dass G dann nicht
einfach ist: es gilt n3 10 und n3 ≡ 1 (mod 3). Wir haben also zwei Möglichkeiten:
26 Kapitel 1. Gruppen
n3 = 1 oder n3 = 10. Ist n3 = 1, dann ist |G| nicht einfach. Wir nehmen nun an, dass
es 10 3-Sylow-Untergruppen in G gibt. Da der Durchschnitt je zweier verschiedener
3-Sylow-Untergruppen trivial ist (sind P1 und P2 zwei 3-Sylow-Untergruppen, dann
ist P1 ∩ P2 eine Untergruppe von P1 , also gilt |P1 ∩ P2 | = 1 oder |P1 ∩ P2 | = 3),
enthalten die 3-Sylow-Untergruppen also insgesamt 10·2
= 20 Elemente der Ordnung
3 und das neutrale Element. Ebenso haben wir n5 6 und n5 ≡ 1 (mod 5), also ist
n5 = 1 oder n5 = 6. Ist n5 = 6, dann enthält G in diesen 6 5-Sylow-Untergruppen
6 · 4 = 24 Elemente der Ordnung 5. Damit erhalten wir einen Widerspruch:
20 + 24 = 44 > 30 = |G|.
Ringe
+ : R × R −→ R, · : R × R −→ R,
(a, b) 7→ a + b, (a, b) 7→ a · b,
so dass
(a) (R, +) ist eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 0 und Inversen −a zu
a;
a · (b + c) = (a · b) + (a · c),
(a + b) · c = (a · c) + (b · c).
Definition 2.1.2. Ein Ring heißt kommutativer Ring, falls ab = ba gilt für alle
a, b ∈ R.
0 · a = (0 + 0) · a = 0 · a + 0 · a,
Beispiel 2.1.4. (a) (Z, +, ·), (Q, +, ·), (R, +, ·) und (C, +, ·) sind kommutative
Ringe.
(b) (Mn,n (K), +, ·) ist ein Ring. Für n ≥ 2 ist dieser Ring nicht kommutativ.
(c) K[x] = {Polynome über K} ist ein Ring.
(d) (Z, , ) mit
a b := a + b − 1,
a b := a + b − ab,
ist ein kommutativer Ring.
Definition 2.1.5. Sei R ein Ring. Eine Teilmenge S ⊂ R heißt Unterring, falls
(a) (S, +) ist eine Untergruppe von (R, +);
(b) 1 ∈ S und für alle a, b ∈ S gilt ab ∈ S.
Definition 2.1.6. Sei R ein Ring. Sei a ∈ R, a 6= 0. Falls es ein b ∈ R, b 6= 0 gibt,
so dass ab = 0 oder ba = 0 gilt, dann heißt a ein Nullteiler.
Beispiel 2.1.7. Wir betrachten R = (Z6 , +, ·) mit die Addition und Multiplikation
wie im Beispeil 1.1.5. Dann ist R ein Ring. Das Element 2 ist ein Nullteiler, da
2 · 3 = 0.
Definition 2.1.8. Ein kommutativer Ring R heißt Integritätsring, falls R keine
Nullteiler hat.
Bemerkung 2.1.9. Sei R ein Integritätsring. Falls ab = 0 gilt, dann folgt daraus,
dass a = 0 oder b = 0.
Definition 2.1.10. Sei R ein Ring und sei a ∈ R. Falls es ein b ∈ R gibt, so dass
ab = 1 = ba, dann heißt a eine Einheit. Wir schreiben dann b = a−1 . Die Menge
aller Einheiten eines Rings R bezeichnen wir mit R∗ .
Bemerkung 2.1.11. (a) Sei R ein kommutativer Ring, dann ist (R∗ , ·) eine abelsche
Gruppe (die so genannte Einheitengruppe von R).
(b) Eine Einheit a ist sowohl eine Linkseinheit (es gibt ein b ∈ R mit ab = 1) als
auch eine Rechtseinheit (es gibt ein b ∈ R mit ba = 1). Übrigens gibt es Ringe, in der
es Elemente gibt, die eine Linkseinheit, aber keine Rechtseinheit (oder umgekehrt)
sind: als Beispiel betrachten wir M∞,∞ (R) und die Teilmenge R der Matrizen, die
in jeder Zeile und in jeder Spalte nur endlich viele Einträge haben die verschieden
von Null sind. Dann ist R ein Ring. Sei
0 1
0 1 g
A=
0 1 ∈ R.
g ..
0 .
..
.
2.2 Ideale und Hauptideale 29
Dann gilt AAT = I∞ . Damit ist A eine Linkseinheit (und AT eine Rechtseinheit).
Für jede Matrix B ∈ R gilt (BA)i,1 = 0 für alle i ≥ 1, also gilt BA 6= I∞ . Damit ist
A keine Rechtseinheit (und ebenso ist AT keine Linkseinheit).
Definition 2.1.12. Sei R ein Ring. Falls R∗ = R\{0} ist, dann heißt R Schiefkörper.
Ein kommutativer Schiefkörper heißt Körper.
Bemerkung 2.1.13. Ein Körper ist ein Integritätsring.
Beispiel 2.1.14. (a) R = (Z, +, ·) ist ein Integritätsring mit R∗ = {−1, 1}.
(b) Q, R und C sind Körper, da Q∗ = Q \ {0}, R∗ = R \ {0} und C∗ = C \ {0}.
(c) Z∗6 = {1, 5}
(d) K[x]∗ = K∗ = K \ {0}
Definition 2.1.15. Eine Teilmenge S eines Körpers R, die selbst mit dessen Oper-
ationen auch ein Körper bildet, nennen wir ein Teilkörper.
Beispiel 2.1.16. (a) Q ist ein Teilkörper von R und R ist ein Teilkörper von C.
(b) Die Teilmenge Q(i) := {a + bi | a, b ∈ Q} ⊂ C (die Gaußschen Zahlen) ist ein
Teilkörper von C. Auch ist Q ein Teilkörper von Q(i). Das Inverse zu z = a + bi ∈
Q(i) ist
−1 1 a − bi a −b
z = = 2 = 2 + i ∈ Q(i).
a + bi a + b2 a + b2 a2 + b 2
Die Teilmenge Z[i] = {a + bi | a, b ∈ Z} ⊂ Q(i) (die ganzen Gaußschen Zahlen) ist
ein Unterring von Q(i), aber kein Teilkörper: Sei z = a + bi ∈ Z[i]∗ , dann gibt es ein
w = c + di ∈ Z[i] mit zw = 1. Daraus folgt |z|2 |w|2 = 1. Da |z|2 = a2 + b2 ∈ Z≥0 und
|w|2 = c2 + d2 ∈ Z≥0 , folgt a2 + b2 = 1. Damit sehen wir, dass Z[i]∗ = {1, −1, i, −i}.
Beispiel 2.2.4. Seien I1 und I2 Ideale von R, dann sind die folgenden Teilmenge
auch Ideale von R
(a) I1 + I2 := {a + b | a ∈ I1 , b ∈ I2 };
(b) I1 · I2 := { ki=1 ai bi | ai ∈ I1 , bi ∈ I2 , k ≥ 1};
P
2i
α
i d β
0 1 2 3 4
2.3 Faktorringe 31
Beispiel 2.2.12. Wir betrachten R = Z[x] (die Menge aller Polynome mit Koef-
fizienten in Z), und I = {f (x) ∈ R | 3 f (0)}. Dann ist I ein Ideal von R, aber I ist
kein Hauptideal. Damit ist Z[x] kein Hauptidealring.
√ √
Beispiel 2.2.13.
√ Wir betrachten
√ R = Z[ −5] := {m + n −5 | m, n ∈ Z} und
I = {m + n −5 ∈ Z[ −5] | m ≡ n (mod 2)}. Da 1 6∈ I, gilt I 6= R, und wir
können einfach verifizieren, dass I ein Ideal von R ist. I ist aber kein Hauptideal:
wir nehmen an, dass√ es ein α ∈ R gibt, so dass I = hαi. Dann gibt es also r1 , r2 ∈ R
mit 2 = r1 α und 1 + −5 √ = r2 α. Wir betrachten die Normabbildung N : R −→ Z≥0
2 2
gegeben durch N (a + b −5) = a + 5b . Da N (α1 α2 ) = N (α1 )N(α2 ), folgt,
√ dass
N (2) = N (r1 )N (α), also N (α) N (2) = 4. Ebenso haben wir N (α) N (1 + −5) =
√
6. Daraus folgt, dass N (α) = 1 oder N (α) = 2. Wir schreiben α = a + b −5,
mit a, b ∈ Z. Da die Gleichung N (α) = a2 + 5b2 = 2 keine Lösungen hat, folgt
N (α) = a2 +5b2 = 1 und a = ±1, b = 0. Damit ist α = ±1 und es folgt I =√hαi = R.
Wir erhalten also einen Widerspruch. Damit ist I kein Hauptideal und√Z[ −5] kein
Hauptidealring. Übrigens ist I das kleinste Ideal in R, das 2 und 1 + −5 enthält.
2.3 Faktorringe
Auch in diesem Abschnitt ist R immer ein kommutativer Ring.
Sei I ⊂ R ein Ideal. Dann ist also (I, +) eine Untergruppe von (R, +). Da die
Addition kommutativ ist, gilt sogar (I, +) C (R, +). Nach Satz 1.6.8 ist R/I dann
eine Gruppe mit der Verknüpfung + : R/I × R/I −→ R/I gegeben durch
(a1 + I) · (a2 + I) = a1 a2 + I
Also gilt a1 a2 + I = a01 a02 + I, und die Multiplikation ist wohldefiniert. Die Assozi-
tivität und Distributivität sind klar.
32 Kapitel 2. Ringe
Beispiel 2.3.4. Sei R = Z und sei I = nZ. Dann ist R/I = Z/nZ ein Ring mit der
Addition und Multiplikation modulo n.
Definition 2.4.1. Sei P 6= R ein Ideal von R. Falls für alle a, b ∈ R mit ab ∈ P
gilt, dass a ∈ P oder b ∈ P , dann heißt P ein Primideal.
Beispiel 2.4.2. Sei R = Z und sei P = nZ, mit n ≥ 2. Dann ist P ein Primideal
von R genau dann, wenn n eine Primzahl ist: es gilt a ∈ P genau dann, wenn n a.
Wenn n eine Primzahl ist, dann folgt aus n ab, dass n a oder
n b. Damit ist P
ein Primideal.
Falls
n nicht eine Primzahl ist, dann folgt aus n ab nicht unbedingt,
dass n a oder n b, z.B. 6 12 = 3 · 4, aber 66 3 und 66 4.
Satz 2.4.3. P ist ein Primideal von R genau dann, wenn R/P ein Integritätsring
ist.
Beweis. Sei P ein Primideal und sei (a + P )(b + P ) = P = 0 + P , dann folgt, dass
(ab + P ) = P und ab ∈ P . Da P Prim ist, folgt a ∈ P , d.h. (a + P ) = P , oder b ∈ P ,
d.h. (b + P ) = P . Damit ist R/P nullteilerfrei. Andersrum: sei R/P nullteilerfrei.
Dann folgt aus ab ∈ P , dass (a + P )(b + P ) = ab + P = P und a + P = P , d.h.
a ∈ P , oder b + P = P , d.h. b ∈ P . Damit ist P ein Primideal.
Definition 2.4.4. Ein Ideal M 6= R von R heißt maximal, falls für alle Ideale I von
R mit M ⊂ I ⊂ R gilt, dass I = M oder I = R.
Beispiel 2.4.5. M = 2Z ist ein maximales Ideal von R = Z: sei I ein Ideal von Z
mit 2Z ⊂ I ⊂ Z. Nach Beispiel 2.2.10 gibt es ein m ∈ Z≥0 mit I = mZ. Die einzige
Zahlen m, für die mZ alle gerade Zahlen enthält sind m = 1 (d.h. I = Z = R) und
m = 2 (d.h. I = 2Z = M ).
Satz 2.4.6. M ist ein maximales Ideal von R genau dann, wenn R/M ein Körper
ist.
Beweis. Sei M ein maximales Ideal von R, und sei a + M ∈ R/M mit a + M 6=
0 + M . Dann gilt also a 6∈ M . Sei I = hai + M = {ra + m | r ∈ R, m ∈ M }.
Dann ist I ein Ideal von R, und es gilt M ( I ⊂ R (es gilt M 6= I, da a ∈ I
und a 6∈ M ). Da M maximal ist, folgt I = R. Da 1 ∈ R folgt daraus, dass es ein
r ∈ R und ein m ∈ M gibt mit ra + m = 1. Somit ist (a + M )(r + M ) = 1 + M ,
2.5 Ringhomomorphismen 33
d.h. (a + M )−1 = r + M , und somit ist R/M ein Körper. Sei umgekehrt R/M ein
Körper und sei I ein Ideal von R mit M ( I ⊂ R. Dann folgt, dass es für alle
a + M 6= 0 + M = M ein b + M ∈ R/M gibt mit (a + M )(b + M ) = 1 + M . Anders
gesagt: für alle a 6= M gibt es ein b ∈ R mit ab − 1 ∈ M ⊂ I. Sei a ∈ I, a 6∈ M .
Dann gibt es also ein b ∈ R mit ab − 1 ∈ I. Da I ein Ideal ist und a ∈ I, gilt ab ∈ I
und auch 1 = ab − (ab − 1) ∈ I. Nach Bemerkung 2.2.3(b) gilt dann I = R. Damit
ist M maximal.
Bemerkung 2.4.7. (a) Da Körper Integritätsringe sind, folgt aus Satz 2.4.3 und
Satz 2.4.6, dass maximale Ideale auch Primideale sind.
(b) Umgekehrt sind nicht alle Primideale maximale Ideale: sei R = Z[x] und sei
P = hxi = {f (x) ∈ Z[x] | f (0) = 0}. Dann ist P ein Primideal von R. Sei I =
{f (x) ∈ Z[x] | f (0) ist gerade}, dann ist I ein Ideal von R und es gilt P ( I ( R.
Damit ist P nicht maximal.
2.5 Ringhomomorphismen
Definition 2.5.1. Seien (R, +, ·) und (R0 , +0 .·0 ) Ringe. Sei ϕ : R −→ R0 , so dass
Definition 2.5.2. Zwei Ringe R und R0 heißen isomorph, wenn es einen Isomor-
phismus ϕ : R −→ R0 gibt. Wir schreiben dann R ' R0 .
Bemerkung 2.5.3. (a) ϕ ist ein Isomorphismus genau dann, wenn ϕ−1 ein Isomor-
phismus ist.
(b) ϕ induziert einen Homomorphismus abelscher Gruppen ϕ : (R, +) −→ (R0 , +0 ).
Ker ϕ := {r ∈ R | ϕ(r) = 0} ⊂ R.
Definition 2.5.8. Wir betrachten die Ordnung von 1 in (R, +). Falls die Ord-
nung endlich ist, dann nennen wir diese Zahl die Charakteristik von R, schreibweise
char(R). Falls 1 unendliche Ordnung hat, dann definieren wir char(R) := 0.
Lemma 2.5.9. Sei R ein Ring und sei r = char(R). Dann existiert ein injektiver
Homomorphismus Z/rZ −→ R.
n−mal
z }| {
Beweis. Wir betrachten ϕ : Z −→ R gegeben durch ϕ(n) = 1 + 1 + . . . + 1 ∈ R.
Wir können einfach verifizieren, dass ϕ ein Ringhomomorphismus ist, mit Ker ϕ =
rZ. Nach Satz 2.5.7 gibt es ein Isomorphismus ψ : Z/rZ −→ Im ϕ ⊂ R. Die Abbil-
dung ψ 0 : Z/rZ −→ R gegeben durch ψ 0 (a) = ψ(a), für alle a ∈ Z/rZ, ist dann ein
injektiver Ringhomomorphismus.
Bemerkung 2.5.10. Für jeden Integritätsring R (und insbesondere jeden Körper)
ist char(R) entweder 0 oder eine Primzahl: sei char R = n 6= 0. Dann ist n 6= 1 (da
sonst 1 = 0 wäre) und es gilt n = pq mit einer Primzahl p. Sei ϕ wie im Beweis des
Lemmas 2.5.9. Dann gilt ϕ(p) · ϕ(q) = ϕ(pq) = 0. Dann ist ϕ(p) = 0 oder ϕ(q) = 0
und die minimale Wahl von n liefert n = p.
2.6 Euklidische Ringe 35
Beispiel 2.6.2. (a) Ein Körper ist ein euklidischer Ring (r = 0).
(b) Z ist ein euklidischer Ring mit N (n) = |n|.
Beispiel 2.6.3. Sei K ein Körper. Dann ist der Polynomring in einer Variablen K[x]
ein euklidischer
Ring. Die Normabbildung wird dabei gegeben durch N f (x) =
deg f (x) , wobei der Grad deg f (x) eines Polynoms f (x) = a0 + a1 x + . . . + an xn
mit an 6= 0, gleich n ist. Mit der Division mit Rest können wir dann für alle Polynome
f (x) und g(x) 6= 0 Polynome q(x) und r(x) finden, so dass f (x) = q(x)g(x) + r(x),
mit r(x) = 0 oder deg r(x) < deg g(x).
Beispiel 2.6.4. Der Ring der ganzen Gaußschen Zahlen Z[i] ist ein euklidischer
Ring. Die Normabbildung ist N (x + yi) = x2 + y 2 : wie im Beispiel 2.2.11 gibt es für
alle a, b ∈ Z[i], b 6= 0, ein q ∈ Z[i] mit N ( ab − q) < 1. Sei nun r = a − bq. Dann folgt
a = bq + r und N (r) < N (b).
Beweis. Sei R euklidisch und sei I ein Ideal von R. Sei d ∈ I mit d 6= 0 und N (d)
minimal. Sei a ∈ I beliebig. Da R euklidisch ist, gibt es q, r ∈ R mit a = qd + r,
und N (r) < N (d) oder r = 0. Da r = a − qd in I ist, und N (d) minimal ist, folgt
dann r = 0, d.h. a = qd. Somit ist I = hdi und damit ist I ein Hauptideal und R
ein Hauptidealring.
Beispiel 2.6.7. Z, Z[i] und K[x] (K Körper) sind euklidisch und damit Haupt-
idealringe.
Bemerkung 2.7.2. Es gilt a b und b a (d.h. hai = hbi) genau dann, wenn es eine
Einheit c ∈ R∗ gibt mit b = ac. Wir sagen dann, dass a und b assoziert sind.
Definition 2.7.3. Seien a, b ∈ R und sei d ∈ R, so dass d a, d b und jeder
gemeinsame Teiler von a und b auch d teilt. Dann heißt d größter gemeinsamer
Teiler von a und b. Schreibweise: ggT(a, b).
Bemerkung 2.7.4. (a) Der ggT(a, b) ist nicht eindeutig bestimmt: ist d größter
gemeinsamer Teiler von a und b, dann ist auch cd, mit c ∈ R∗ , größter gemeinsamer
Teiler von a und b. √
(b) Ein ggT(a,
√ b) existiert nicht immer: man kann z.B. zeigen, dass in Z[ −5],
ggT(6, 4 + 2 −5) nicht existiert.
(c) Sei R ein Hauptidealring und seien a, b ∈ R. Da ha, bi := {xa + yb | x, y ∈ R}
ein Ideal von R ist, gibt es also ein d ∈ R mit ha, bi = hdi. Dann ist d größter
gemeinsamer Teiler von a und b.
(a) p heißt irreduzibel, falls für alle a, b ∈ R mit p = ab gilt, dass a ∈ R∗ oder
b ∈ R∗ . Sonst heißt p reduzibel.
(b) p heißt prim oder Primelement, falls aus p ab folgt, dass p a oder p b.
Bemerkung 2.7.6. p ∈ R ist prim genau dann, wenn hpi ein Primideal ist.
Beispiel 2.7.7. In Z[i] ist die Zahl 5 nicht irreduzibel, da 5 = (1 + 2i)(1 − 2i).
Die Zahlen (1 ± 2i) sind in Z[i] irreduzibel, denn N (1 ± 2i) = 5 und eine weitere
Faktorisierung von 1±2i würde eine weitere Faktorisierung der Zahl 5 ∈ Z bedeuten.
Satz 2.7.15. Sei R ein Hauptidealring. Dann ist R faktoriell. Sei a ∈ R, so dass a 6=
0 und a 6∈ R∗ , dann ist die Primfaktorzerlegung von a eindeutig bis auf Reihenfolge
und Einheiten.
√
Bemerkung 2.7.16. Aus Beispiel 2.7.14 und Satz 2.7.15 folgt, dass Z[ −5] kein
Hauptidealring ist (siehe auch Beispiel 2.2.13).
Der Beweis benötigt:
Definition 2.7.17. Sei R ein Ring, so dass jede aufsteigende Folge A1 ⊂ A2 ⊂ · · ·
von Idealen An von R stationär wird, d.h., es gibt ein N ∈ Z>0 mit An = AN für
alle n ≥ N . Dann heißt R noethersch.
Lemma 2.7.18. Jeder Hauptidealring ist noethersch.
Beweis. Sei R ein Hauptidealring, und sei A1 ⊂ A2 ⊂ · · · eine aufsteigende Folge
von Idealen von R. Da R ein Hauptidealring
S ist, gibt es für alle n ≥ 1, ein an ∈ R
mit An = han i. Wir betrachten I := n≥1 han i. Dann gibt es ein a ∈ I mit I = hai,
und ein N ∈ Z>0 mit a ∈ haN i. Daraus folgt, dass I = hai = haN i.
Beweis des Satzes 2.7.15. Sei a ∈ R, so dass a 6= 0 und a 6∈ R∗ . Falls a irre-
duzibel ist, ist a prim. Falls a reduzibel ist, zerlegen wir a in das Produkt a = bc
zweier Nichteinheiten. Da b a haben wir hai ⊂ hbi und wir haben sogar hai ( hbi
(da sonst c eine Einheit wäre). Ebenso haben wir hai ( hci. Diese Konstruktion
können wir für b und c wiederholen, usw. Falls dieses Verfahren nicht nach endlich
vielen Schritten abbricht, so erhalten wir eine aufsteigende Folge von Idealen in R,
die nicht stationär wird. Das steht im Widerspruch zu Lemma 2.7.18. Also hat a eine
Primfaktorzerlegung
a = p1 · · · pn . Sei q1 · · · qm eine andere Primfaktorzerlegung von
a. Da q1 a gilt, und da q1 prim ist, teilt q1 einer der Faktoren p1 , . . . , pn . Wir nehmen
an, dass die Faktoren so geordnet sind, dass q1 p1 . Da q1 irreduzibel ist, folgt dann
q1 = r1 p1 mit r1 ∈ R∗ , also sind p1 und q1 assoziert. Es folgt p2 · · · pn = r1 q2 · · · qn .
So gehen wir weiter mit q2 , q3 , usw. (Induktion!) und finden n = m und pi = ri qi
mit ri ∈ R∗ (bis auf Anordnung).
2.8 Polynomringe
Definition 2.8.1. Sei R ein Ring. Ein Polynom über R hat die Form
a0 + a1 x + . . . + an x n ,
mit n ∈ Z≥0 und ai ∈ R für alle i ∈ {0, 1, . . . , n}. Die ai ∈ R nennen wir die
Koeffizienten des Polynoms. Mit R[x] bezeichnen wir die Menge aller Polynome
über R. Dann bildet R[x] zusammen mit der Addition
X X X
ai x i + bi x i = (ai + bi )xi ,
i i i
2.8 Polynomringe 39
Satz 2.8.3. Sei R ein Integritätsring. Dann ist auch R[x] ein Integritätsring. Weiter
gilt R[x]∗ = R∗ .
Definition 2.8.6. Sei f ∈ R[x] und sei t ∈ R. Dann heißt t Nullstelle des Polynoms
f , falls f (t) = 0 gilt.
Satz 2.8.7. Sei K ein Körper und sei f ∈ K[x]. Dann ist t ∈ R genau dann eine
Nullstelle von f , wenn (x − t) f .
Beweis. Nach Beispiel 2.6.3 ist K[x] ein euklidischer Ring, also können wir f
schreiben als f (x) = q(x)(x − t) + r(x), mit q, r ∈ R[x] und deg r < deg(x − t) = 1.
Damit ist r(x) = r0 ∈ R konstant. Daraus folgt f (t) = r0 , und wir sehen, dass t
genau dann eine Nullstelle von f ist, wenn r0 = 0.
Aus Satz 2.8.7 folgt mit Induktion:
Satz 2.8.8. Sei K ein Körper, sei f ∈ K[x] und seien t1 , . . . , ts die Nullstellen von
f . Dann ist
f (x) = (x − t1 )m1 · · · (x − ts )ms q(x),
wobei m1 , . . . , ms ∈ Z≥1 und q keine Nullstellen hat.
Definition 2.8.9. Die Zahl mi nennen wir die Vielfachheit der Nullstelle ti .
Bemerkung 2.8.10. Mit Hilfe des Satzes 2.8.8 sehen wir, dass die Anzahl der
Nullstellen von f (gezählt mit Vielfachheit) kleiner oder gleich der Grad von f ist.
40 Kapitel 2. Ringe
Beispiel 2.8.11. Sei R = Z6 und sei f (x) = x2 + x ∈ R[x]. Dann sind 0, 2, 3 und
5 die Nullstellen von f . Die Anzahl der Nullstellen ist hier also größer als der Grad
von f . R ist dann auch kein Körper!
Beweis. K[x] ist ein euklidischer Ring, also auch ein Hauptidealring. Damit ist
K[x] faktoriell.
Bemerkung 2.8.13. Allgemeiner kann man zeigen, dass R[x] faktoriell ist, falls
R ein faktorieller Ring ist (Satz von Gauß). Da Z faktoriell ist, ist dann auch Z[x]
faktoriell.
Definition 2.9.1. Sei f ∈ Z[x] \ {0} mit f (x) = nk=0 ak xk . Der Inhalt von f ist
P
(b) Sei f ∈ Z[x] mit deg(f ) ≥ 1. Falls f irreduzibel ist in Z[x], dann ist f auch
als Polynom in Q[x] irreduzibel.
cont(gh) = bc cont(e
ge
h),
cont(g) cont(h) = bc cont(e
g ) cont(e
h).
Damit sehen wir, dass es genügt die Behauptung zu beweisen für den Fall cont(g) =
cont(h) = 1. Wir nehmen also an,Pdass cont(g) = cont(h) Pn = 1 lgilt und beweisen, dass
dann cont(gh) = 1: sei g(x) = m b
k=0 k x k
, h(x) = l=0 cl x und p eine Primzahl.
Da cont(g) = 1, teilt p nicht alle Koeffizienten von g, und es gibt ein maximales
r ∈ {0, . . . , m} mit p 6 br . Ebenso gibt es ein maximales s ∈ {0, . . . , n} mit p 6 cs .
Pr+s ak mit k ∈ {0, . . . , m + n} die Koeffizienten
Seien von g(x)h(x). Dann gilt ar+s =
k=0 bk cr+s−k . Wir haben r so gewählt, dass p bk für alle k > r. Auch gilt p cl
für alle l > s, also p cr+s−k für alle k < r. Also ist bk cr+s−k teilbar durch p für alle
k 6= r. Für k = r ist bk cr+s−k = br cs nicht teilbar durch p. Damit ist dann auch ar+s
2.9 Irreduzibilität in Z[x] 41
nicht teilbar durch p, und es folgt p 6 cont(gh). Da dies gilt für alle Primzahlen p,
folgt cont(gh) = 1.
(b) Sei f ∈ Z[x] irreduzibel mit deg(f ) ≥ 1, dann ist also cont(f ) = 1 (sonst gilt
f f
f = cont(f ) cont(f )
, wobei cont(f ) und cont(f )
beide nicht in Z[x]∗ = Z∗ sind). Sei
f = gh mit g, h ∈ Q[x]. Dann gibt es a, b ∈ Z, so dass ag, bh ∈ Z[x]. Daraus folgt
abf = (ag)(bh) ∈ Z[x] und
ab = cont(abf ) = cont (ag)(bh) = cont(ag) cont(bh).
Es folgt
ag bh
f= .
cont(ag) cont(bh)
ag ag
Da , bh
cont(ag) cont(bh)
∈ Z[x] und f irreduzibel in Z[x] ist, folgt dann cont(ag) = ±1
bh cont(ag) ∗ ∗ cont(bh)
oder cont(bh) = ±1. Daraus folgt g = ± a ∈ Q = Q[x] oder h = ± b ∈
∗
Q[x] .
n
Satz 2.9.3 (Eisenstein-Kriterium). Sei f ∈ Z[x] mit f (x) = a0 + . . . + an x und
cont(f )= 1. Sei p eine Primzahl, so dass p6 an , p ai für alle i ∈ {0, 1, . . . , n − 1},
und p2 6 a0 . Dann ist f irreduzibel in Z[x] (und auch in Q[x]).
Insbesondere
gilt a0 = b0 c0 und an = br cs . Nach Annahme
gilt p b0c0 , also gilt p b0
2
oder p c0 . O.V.d.A. können wir annehmen, dass p b0 gilt. Da p 6 b0 c0 folgt dann
p 6 c0 . Da p 6 br cs gilt p 6 br . Sei nun k die kleinste
Zahl (zwischen 1 und r) mit
p 6 bk . Aus ak = bk c0 + bk−1 c1 + . . . + b0 ck , p bi für alle i < k und p 6 c0 , folgt
dann, dass p 6 ak , also muss k = n sein. Mit k ≤ r ≤ n folgt dann k = r = n,
deg f = deg g und deg h = 0, also gilt h(x) = m ∈ Z \ {0}. Aus f (x) = mg(x) folgt,
dass alle Koeffizienten von f teilbar sind durch m. Da cont(f ) = 1, folgt m = ±1
und h(x) = ±1 ∈ Z[x]∗ . Somit ist f irreduzibel in Z[x].
Bemerkung 2.9.4. Dieses Kriterium ist hinreichend aber nicht notwendig: auch
wenn es für alle Primzahlen nicht erfüllt ist, kann das Polynom trotzdem irreduzibel
sein. Man kann mit diesem Kriterium also manchmal Irreduzibilität nachweisen aber
niemals Zerlegbarkeit eines Polynoms.
42 Kapitel 2. Ringe
Beispiel 2.9.5. (a) Sei f (x) = x5 +3x4 +9x3 +75x2 +12 ∈ Z[x]. Mit dem Eisenstein-
Kriterium mit p = 3 sehen wir, dass f irreduzibel ist.
3 4
(b) Sei f (x) = 25 x + 35 x2 + 25 x+ 53 ∈ Q[x]. Dann gilt 25f (x) = 3x4 +15x2 +10x+15 ∈
Z[x]. Mit dem Eisenstein-Kriterium mit p = 5 sehen wir, dass 25f irreduzibel ist,
also auch f .
(c) Sei p eine Primzahl und sei f (x) = xn − p. Dann ist f irreduzibel, und es folgt,
√
dass n p 6∈ Q.
Pp p
k−1 p
p2.9.6. Sei ppeine Primzahl und sei f (x) = k=1 2k x p = (1+x) −1 /x.
Beispiel
Da p 6 p = 1, p k für alle k ∈ {1, . . . , p − 1} und p 6 1 = p, folgt, dass f
irreduzibel ist. Damit ist auch f (x − 1) = (xp − 1)/(x − 1) = 1 + x + . . . + xp−1
irreduzibel (jede Zerlegung von f (x−1) hätte auch eine Zerlegung von f (x) geliefert).
Bemerkung 2.9.7. Wie im Beispiel 2.9.6 können wir Satz 2.9.3 nicht immer di-
rekt anwenden. Manchmal müssen wir einen Trick verwenden: f (x) ist genau dann
irreduzibel, wenn f (x + c) (c ∈ Z) irreduzibel ist.
Beispiel 2.9.8. Wir betrachten f (x) = x3 + 8x2 + 23x + 21. Dann ist f genau dann
irreduzibel, wenn fe(x) = f (x − 1) = x3 + 5x2 + 10x + 5 irreduzibel ist. Nach Satz
2.9.3 mit p = 5, ist fe irreduzibel, also ist auch f irreduzibel.
Bemerkung 2.9.9. Eine andere Möglichkeit um Irreduzibilität nachzuweisen ist
mit Hilfe der Reduktion modulo p: sei p eine Primzahl, dann ist Zp ein Körper (wir
können einfach sehen, dass Zp ein Integritätsring ist und nach Aufgabe 5.3 ist Zp ein
Körper). Wir betrachten ϕ : Z −→ Zp mit ϕ(k) = Rest von k bei Division durch p.
Dann ist ϕ ein Ringhomomorphismus. Dieser Homomorphismus setzt sich fort zu
einem Ringhomomorphismus Φ : Z[x] −→ Zp [x], wobei Φ(a0 + . . . + an xn ) = ϕ(a0 ) +
. . . + ϕ(an )xn . Sei f = gh in Z[x], dann gilt also Φ(f ) = Φ(g)Φ(h) in Zp [x]. Falls
Φ(f ) irreduzibel in Zp [x] ist, und p nicht den Leitkoeffizient von f teilt, dann folgt
daraus, dass f irreduzibel ist in Z. Der Vorteil von Zp [x] ist die Endlichkeit von Zp :
es gibt nur endlich viele Polynome f ∈ Zp [x] mit deg(f ) = n.
Beispiel 2.9.10. Sei f (x) = x4 + 5x2 + 15x + 7. Modulo 5 haben wir Φ(f ) = x4 + 2.
Indem wir 0, 1, 2, 3 und 4 einsetzen, sehen wir, dass Φ(f ) keine Nullstellen in Z5
hat. Falls Φ(f ) reduzibel ist, gilt also Φ(f ) = gh mit deg(g) = deg(h) = 2. Also gilt
x4 + 2 = (x2 + ax + b)(x2 + cx + d),
mit a, b, c, d ∈ Z5 . Koeffizientenvergleich liefert die Gleichungen a+c = 0, ac+b+d =
0, ad + bc = 0 und bd = 2. Daraus folgt b + d = −ac = a2 ∈ {0, 1, 4}. Aus bd = 2
folgt dann, dass einer der folgenden Gleichungen erfüllt ist: b(4 − b) = 2, b(1 − b) = 2
oder −b2 = 2. Da diese Gleichungen in Z5 alle nicht lösbar sind, folgt, dass Φ(f )
irreduzibel ist in Z5 [x] und damit ist f irreduzibel in Z[x]. Übrigens gilt modulo 3:
Φ(f ) = x4 + 2x2 + 1 = (x2 + 1)2 . Modulo 3 können wir die Irreduzibilität von f also
nicht nachweisen.
2.10 Quotientenkörper 43
2.10 Quotientenkörper
Sei R ein Integritätsring. Analog zur Konstruktion von Q aus Z möchten wir der
Körper der Brüche Q(R) konstruieren, der R als Unterring enthält.
Definition 2.10.1. Sei M := R × (R \ {0}) = {(a, b) | a, b ∈ R, b 6= 0}. Auf M
definieren wir die Relation ∼:
(a1 , b1 ) ∼ (a2 , b2 ) ⇔ a1 b 2 = a2 b 1 .
(b) Falls (a1 , b1 ) ∼ (a2 , b2 ) gilt, dann gilt auch (a2 , b2 ) ∼ (a1 , b1 ) ( Symmetrie);
(c) Aus (a1 , b1 ) ∼ (a2 , b2 ) und (a2 , b2 ) ∼ (a3 , b3 ) folgt auch (a1 , b1 ) ∼ (a3 , b3 )
( Transitivität).
Bemerkung 2.10.3. Eine Relation mit diesen Eigenschaften nennen wir eine Äqui-
valenzrelation.
Beweis des Lemmas 2.10.2. (a) und (b) sind trivial.
(c) Es gilt also a1 b2 = a2 b1 und a2 b3 = a3 b2 . Dann ist
a1 b 2 b 3 = a2 b 1 b 3 = a2 b 3 b 1 = a3 b 2 b 1 ,
Beweis des Satzes 2.10.5. Wir verifizieren nur, dass die Addition und Multi-
plikation wohldefiniert sind. Man kann leicht nachrechnen, dass Q(R) hiermit zu
einem Körper wird. Gilt (a, b) ∼ (a0 , b0 ) und (c, d) ∼ (c0 , d0 ), dann folgt
(ad + bc)b0 d0 = ab0 dd0 + bb0 cd0 = a0 bdd0 + bb0 c0 d = (a0 d0 + b0 c0 )bd,
acb0 d0 = ab0 cd0 = a0 bc0 d = a0 c0 bd.
Daraus folgt (ad + bc, bd) ∼ (a0 d0 + b0 c0 , b0 d0 ) und (ac, bd) ∼ (a0 c0 , b0 d0 ).
und wird mit K(x) bezeichnet. Wir nennen K(x) Körper der rationalen Funktionen.
(d) Q(Z[i]) = {a + bi | a, b ∈ Q} = Q(i).
Satz 2.10.9. Sei R ein Integritätsring, K ein Körper und ϕ : R −→ K ein in-
jektiver Homomorphismus. Dann kann ϕ zu einem injektiven Homomorphismus
e : Q(R) −→ K mit ϕ = ϕ
ϕ e ◦ ı erweitert werden.
K
ϕ
ϕ
e
ı
R Q(R)
Beweis. Wir definieren ϕ e : Q(R) −→ K durch ϕ(e ab ) = ϕ(a)ϕ(b)−1 (es gilt ϕ(b) ∈
−1
K, also hat ϕ(b) Sinn). Wir zeigen zuerst, dass ϕ e wohldefiniert ist: sei (a, b) ∼
0 0 0 0 0 0
(a , b ), dann gilt ab = a b (in R) und ϕ(ab ) = ϕ(a b). Da ϕ ein Homomorphismus
2.10 Quotientenkörper 45
ist, folgt ϕ(a)ϕ(b0 ) = ϕ(a0 )ϕ(b) (in K) und ϕ(a)ϕ(b)−1 = ϕ(a0 )ϕ(b0 )−1 . Damit ist ϕ
e
wohldefiniert. Weiter gilt
a c ad + bc
e +
ϕ =ϕ e = ϕ(ad + bc) ϕ(bd)−1
b d bd
= ϕ(a)ϕ(d) + ϕ(b)ϕ(c) ϕ(b)−1 ϕ(d)−1
a c
= ϕ(a)ϕ(b)−1 + ϕ(c)ϕ(d)−1 = ϕ e +ϕe ,
a c ac b d a c
−1 −1 −1
e ·
ϕ =ϕ e = ϕ(ac) ϕ(bd) = ϕ(a) ϕ(b) ϕ(c) ϕ(d) = ϕ e ϕ
e .
b d bd b d
e ein Homomorphismus. Sei ab ∈ Ker ϕ, e ab = ϕ(a)ϕ(b)−1 .
Damit ist ϕ e dann folgt 0 = ϕ
Dann gilt also ϕ(a) = 0 und a ∈ Ker ϕ. Da ϕ injektiv ist folgt dann a = 0 und ab = 01 .
Damit gilt Ker ϕe = { 01 } und ist ϕ
e injektiv. Sei nun r ∈ R. Dann gilt
r
= ϕ(r)ϕ(1)−1 = ϕ(r),
ϕ
e ı(r) = ϕ e
1
e ◦ ı = ϕ.
und somit gilt ϕ
Bemerkung 2.10.10. Sei K ein Körper der R als Unterring enthält und sei ϕ :
R −→ K gegeben durch ϕ(r) = r für alle r ∈ R. Da ϕ ein injektiver Homo-
morphismus ist, ist ϕ e : Q(R) −→ K auch ein injektiver Homomorphismus. Sei
b : Q(R) −→ Im ϕ
ϕ e gegeben durch ϕ( e ab ) für alle ab ∈ Q(R). Dann ist ϕ
b ab ) = ϕ( b
ein Isomorphismus, also gilt Q(R) ' Im ϕ, e wobei Im ϕ e ein Teilkörper von K ist.
Wir sehen also, dass jeder Körper der R als Unterring enthält, Q(R) als Teilkörper
enthält. Damit ist Q(R) der kleinste Körper der R als Unterring enthält.
Kapitel 3
Körpererweiterungen
3.1 Körpererweiterungen
Definition 3.1.1. Sei L ein Körper und sei K ⊂ L ein Teilkörper von L. Dann
heißt L Erweiterungskörper von K. Die Inklusion K ⊂ L heißt Körpererweiterung.
Beispiel 3.1.2. (a) Q ⊂ R ist eine Körpererweiterung.
(b) R ⊂ C ist eine Körpererweiterung.
(c) Q ⊂ C ist eine Körpererweiterung.
(d) Q ⊂ Q(i) ist eine Körpererweiterung.
√
Beispiel 3.1.3. Sei Q ⊂ L eine Körpererweiterung, so dass 2 ∈ L. Da L ein
Körper
√ ist, ist L abgeschlossen unter Addition
√ und Multiplikation. Deswegen gilt
s 2 ∈ L, für alle s ∈ Q, und auch r + s 2 ∈ L für alle r, s ∈ Q. Damit ist
√ √
Q( 2) := {r + s 2 | r, s ∈ Q}
√ √
eine Teilmenge von L und da Q( 2) ein Körper ist, ist Q( 2) √ ein Teilkörper von
L. Da dies gilt für alle Erweiterungskörper
√ L von Q, ist Q( 2) der kleinste Er-
weiterungskörper von Q, der 2 enthält.
√
Beispiel 3.1.4. Wir suchen der kleinste Erweiterungskörper √ von Q, der i und
√ 2
enthält.
√ Dann enthält dieser Körper jedenfalls L = Q(i, 2) := {r + si + t 2 +
ui 2 | r, s, t, u ∈ Q}. Hierbei ist L ein Körper: Wir können einfach verifizieren,
dass L abgeschlossen
√ √ist unter Multiplikation
√ und Addition. Für das Inverse von
α = r + si + t 2 + ui 2 6= 0 in Q(i, 2), betrachten wir
√ √
α1 = r − si + t 2 − ui 2,
√ √
α2 = r + si − t 2 − ui 2,
√ √
α3 = r − si − t 2 + ui 2.
48 Kapitel 3. Körpererweiterungen
B = {vi wj | 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n}
eine Basis von M über K ist. Die Behauptung folgt daraus unmittelbar.
P Zuerst
zeigen wir, dass die Vektoren aus B linear unabhängig sind: Sei i,j cij vi wj = 0,
50 Kapitel 3. Körpererweiterungen
P P
dann Pfolgt j i cij vi wj = 0. Da die Vektoren aus B2 linear unabhängig sind,
folgt i cij vi = 0 für alle 1 ≤ j ≤ n. Da die Vektoren aus B1 auch linear unabhängig
sind, folgt dann cij = 0 für alle 1 ≤ i ≤ m und alle 1 ≤ j ≤ n. Jetzt zeigen wir,
dass wir jedes v ∈ M als Linearkombination der Elemente aus B darstellen können:
Sei v ∈ M , dann können wir v schreiben als v = c1 v1 + . . . + cm vm , mit ci ∈ L.
P ci darstellen können als ci = ci1 w1 + . . . + cin wn , mit cij ∈ K, folgt dann
Da wir
v = i,j cij vi wj .
√ √
Beispiel√ 3.2.6. Wir betrachten
√ die Körpererweiterungen Q √⊂ Q( √2) ⊂ Q(i, 2).
Da [Q( 2) : Q]√= 2 und [Q(i, √ 2) : Q] = 4, folgt dann [Q(i, 2) : Q( 2)] = 2. Eine
Basis von Q(i, 2) über Q( 2) ist {1, i}.
Definition 3.2.7. Seien K ⊂ L ⊂ M Körpererweiterungen. Dann nennt man L
einen Zwischenkörper.
Beispiel 3.2.8. Sei L ein Zwischenkörper mit R ⊂ L ⊂ C, dann gilt [C : L][L :
R] = [C : R] = 2. Damit gilt [C : L] = 1 (d.h. L = C) oder [L : R] = 1 (d.h. L = R).
Es gibt also keinen Zwischenkörper L mit R ( L ( C.
Bemerkung 3.2.9. Allgemeiner gibt es keinen Zwischenkörper L mit K ( L ( M ,
falls [M : K] eine Primzahl ist.
(z.B. e und π). Übrigens gibt es in R abzählbar viele algebraische Elemente und
überabzählbar viele transzendente Elemente.
Satz 3.3.4. Jede endliche Körpererweiterung ist algebraisch.
Beweis. Sei K ⊂ L eine endliche Körpererweiterung und sei n = [L : K] < ∞. Sei
a ∈ L beliebig. Da L als Vektorraum über K die Dimension n hat, sind die n + 1
Elemente 1, a, a2 , . . . , an ∈ L linear
Pn abhängig. Es gibt also ci ∈ K (0 ≤P
i ≤ n), die
nicht alle gleich Null sind, mit i=0 ci a = 0. Wir definieren f (x) = ni=0 ci xi ∈
i
K[x] \ {0}. Dann gilt f (a) = 0 und damit ist a algebraisch über K.
Bemerkung 3.3.5. Umgekehrt gilt nicht, dass alle algebraische Körpererweiterun-
gen auch endlich sind.
Definition 3.3.6. Ein Polynom f (x) = ni=0 ai xi ∈ K[x], vom Grad n, heißt nor-
P
miert, wenn an = 1.
Lemma 3.3.7. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung und sei a ∈ L algebraisch über
K. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes normiertes irreduzibles Polynom m ∈
K[x], so dass m(a) = 0.
Definition 3.3.8. Das Polynom m aus Lemma 3.3.7 heißt das Minimalpolynom von
a über K.
Beweis des Lemmas 3.3.7. Wir betrachten den (Einsetzungs-)Homomorphismus
ϕa : K[x] −→ K(a) mit ϕa (f (x)) = f (a). Da a algebraisch ist, ist Ker ϕa 6= {0}.
Nach Bemerkung 2.5.5(a) ist Ker ϕa ein Ideal von K[x]. Da K[x] ein Hauptidealring
ist, gibt es ein m ∈ K[x] mit Ker ϕa = hmi. Wir können m normiert wählen und
damit ist m dann eindeutig bestimmt. Da Im ϕa ein Unterring vom Körper K(a)
ist, ist Im ϕa ein Integritätsring. Nach Satz 2.5.7 gilt K[x]/hmi ' Im ϕa , also ist
K[x]/hmi ein Integritätsring und nach Satz 2.4.3 ist hmi ein Primideal von K[x].
Nach Bemerkung 2.7.6 and Lemma 2.7.8 ist m dann irreduzibel in K[x].
Bemerkung 3.3.9. (a) Im Beweis des Lemmas 3.3.7 haben wir gesehen, dass
Ker ϕa = hmi, wobei m das Minimalpolynom
von a ist. Da Ker ϕa = {f ∈ K[x] |
f (a) = 0}, folgt daraus, dass m f für alle f ∈ K[x] mit f (a) = 0.
(b) Da m ∈ K[x] keine Einheit ist, und da K[x] ein Hauptidealring ist, folgt mit
Satz 2.7.10, dass hmi ein maximales Ideal von K[x] ist. Mit Satz 2.4.6 folgt dann,
dass K[x]/hmi ein Körper ist.
Beispiel 3.3.10. (a) Das Minimalpolynom
√ von i über R ist x2 + 1.
(b) Das Minimalpolynom von 2 über Q ist xn − 2.
n
(c) Sei p eine Primzahl und sei 0 < n < p − 1, dann ist das Minimalpolynom von
p −1
e2πin/p über Q gegeben durch xp−1 + . . . + x + 1 = xx−1 .
52 Kapitel 3. Körpererweiterungen
(a) Ist a transzendent über K, dann gilt K(a) ' K(x) und [K(a) : K] = ∞.
(b) Ist a algebraisch über K, dann gilt K(a) ' K[x]/hmi und [K(a) : K] = deg m,
wobei m das Minimalpolynom von a über K ist.
Beweis. Wir betrachten wieder die Abbildung ϕa : K[x] −→ K(a) mit ϕa (f (x)) =
f (a). Da Im ϕa ein Unterring vom Körper K(a) ist, ist Im ϕa ein Integritätsring.
(a) Falls a transzendent ist, gilt Ker ϕa = {0} und nach Satz 2.5.7 gilt K[x] ' Im ϕa .
Somit folgt
K(x) = Q(K[x]) ' Q(Im ϕa ) = K(a).
Damit folgt [K(a) : K] = dimK K(a) = dimK K(x) = ∞.
(b) Wir haben schon gesehen, dass falls a algebraisch ist, dass dann K[x]/hmi '
Im ϕa , wobei K[x]/hmi ein Körper ist. Damit ist auch Im ϕa ⊂ K(a) ein Körper und
es folgt, dass Im ϕa = K(a). Wir haben also gefunden, dass K[x]/hmi ' K(a). Mit
der Division mit Rest können wir für alle f ∈ K[x], Polynome q, r ∈ K[x] finden, so
dass f = qm + r und deg r < deg m =: n. Dann folgt f ∈ r + hmi und damit sehen
wir, dass {1 + hmi, x + hmi, . . . , xn−1 + hmi} eine Basis von K[x]/hmi über K ist.
Somit folgt
[K(a) : K] = dimK K(a) = dimK K[x]/hmi = n = deg m.
Bemerkung 3.3.12. (a) Sei a algebraisch über K, dann ist {1, a, . . . , an−1 }, mit
n = deg m, eine Basis von K(a) über K.
(b) Sei a algebraisch über K, dann ist K ⊂ K(a) eine endliche Körpererweiterung
und nach Satz 3.3.4 ist diese Erweiterung dann auch algebraisch.
√ √
Beispiel 3.3.13. (a) Sei a = 2 + 3. Dann gilt [Q(a) : Q] = 4. Da a4 = 10a2 − 1
ist das Mininalpolynom von a über Q gegeben durch x4 − 10x2 + 1.
(b) Es gilt R[x]/hx2 + 1i ' R(i) = C.
(c) Es gilt Q(e) ' Q(x) und Q(π) ' Q(x), also folgt Q(e) ' Q(π).
Beweis. (a) ⇒ (b): Wir beweisen die Behauptung mit Induktion über n. Für n = 1
gilt die Aussage nach Bemerkung 3.3.12(b). Sei jetzt n > 1. Es gilt K(a1 , . . . , an ) =
K(a1 , . . . , an−1 )(an ). Das Element an ∈ K(a1 , . . . , an ) ist nach Annahme algebraisch
über K, also auch über K(a1 , . . . , an−1 ) (da K ⊂ K(a1 , . . . , an−1 )). Nach Satz 3.2.5
gilt dann
Da [K(a1 , . . . , an−1 )(an ) : K(a1 , . . . , an−1 )] < ∞ (Fall n = 1) und [K(a1 , . . . , an−1 ) :
K] < ∞ (Induktionsannahme), folgt dann [K(a1 , . . . , an ) : K] < ∞.
(b) ⇒ (c): Folgt aus Satz 3.3.4.
(c) ⇒ (a): Da K ⊂ K(a1 , . . . , an ) algebraisch ist, sind alle Elemente in K(a1 , . . . , an )
(per Definition) algebraisch über K.
Satz 3.3.15. Seien K ⊂ L ⊂ M Körpererweiterungen. Dann gilt:
(a) Ist K ⊂ L algebraisch und ist a ∈ M algebraisch über L, dann ist a auch
algebraisch über K.
Dann gilt:
(a) K ⊂ L ⊂ M ist ein Zwischenkörper;
54 Kapitel 3. Körpererweiterungen
Beweis. (a) Wir zeigen, dass L ein Teilkörper von M ist: Sei a, b ∈ L, dann betra-
chten wir die Erweiterung K ⊂ K(a, b). Da a, b ∈ L sind, sind a und b algebraisch
über K, also folgt mit Satz 3.3.14, dass K ⊂ K(a, b) algebraisch ist. Da a − b und
ab−1 in K(a, b) sind (K(a, b) ist ein Körper), sind sie also algebraisch über K, d.h.
a − b, ab−1 ∈ L. Damit ist L ein Teilkörper von M .
(b) Dies gilt nach Definition von L.
(c) Ist a ∈ M algebraisch über L, dann folgt mit Satz 3.3.15(a) und Teil (b), dass a
auch algebraisch über K ist. Damit gilt a ∈ L.
Beispiel 3.4.2. (a) Nach dem Fundamentalsatz der Algebra ist C algebraisch ab-
geschlossen.
(b) R ist nicht algebraisch abgeschlossen, da f (x) = x2 + 1 ∈ R[x] keine Nullstelle
in R hat.
Lemma 3.4.4. Ein Körper K ist genau dann algebraisch abgeschlossen, wenn für
alle algebraische Körpererweiterungen K ⊂ L folgt, dass L = K.
Satz 3.4.5 (Satz von Kronecker). Sei K ein Körper und sei f ∈ K[x] irreduzibel.
Dann existiert eine einfache und algebraische Körpererweiterung K ⊂ L mit [L :
K] = deg f , so dass f in L mindestens eine Nullstelle hat.
Beweis. Da das Polynom f ∈ K[x] irreduzibel ist, ist f nicht konstant, und auch
keine Einheit. Da K[x] ein Hauptidealring ist, folgt mit Satz 2.7.10, dass hf i ein
maximales Ideal von K[x] ist. Mit Satz 2.4.6 folgt dann, dass L := K[x]/hf i ein
Körper ist. Wir betrachten die Abbildungen ı : K −→ K[x], mit ı(a) = a, und
π : K[x] −→ L, mit π(g) = g+hf i. Dann sind ı, π, und damit auch π◦ı, Körperhomo-
morphismen. Auch ist π◦ı injektiv, also mit der Identifizierung a = (π◦ı)(a) = a+hf i
können wir K auffassen
als Teilkörper von L, d.h. K ⊂ L ist eine Körpererweiterung.
Es folgt f π(x) = π f (x) = f (x) + hf i = 0 + hf i. Damit ist π(x) eine Nullstelle
von f in L. Das Minimalpolynom
von π(x) über K ist f . Mit Satz 3.3.11(b) folgt
dann L ' K π(x) und [L : K] = deg f .
Beispiel 3.4.6. Wir kennen die Körpererweiterung R ⊂ C und es gilt (als Vek-
torräume) C ' R2 . Wir suchen jetzt eine Körpererweiterung C ⊂ L, so dass L ' Rn .
Wir fassen L auf als Vektorraum über C. Dann gilt [L : C] = dimC L < ∞. Damit
ist die Erweiterung C ⊂ L algebraisch, und da C algebraisch abgeschlossen ist, folgt
mit Lemma 3.4.4 L = C. Es existiert also keine Körpererweiterung C ( L ' Rn
mit n > 2. Übrigens gibt es eine Erweiterung H (die sogenannte Quaternionen) mit
C ( H ' R4 . Dabei ist die Multiplikation in H aber nicht kommutativ. Damit ist H
ein Schief körper und kein Körper.
Definition 3.4.7. Sei K ein Körper und sei K ⊂ L eine algebraische Körper-
erweiterung, so dass L algebraisch abgeschlossen ist. Dann heißt L algebraischer
Abschluss von K. Notation: L = K.
56 Kapitel 3. Körpererweiterungen
K := {a ∈ C | a algebraisch über K}
Satz 3.4.10 (Satz von Steinitz, ohne Beweis). Jeder Körper K hat einen algebra-
ischen Abschluss K. Bis auf Isomorphie ist K eindeutig bestimmt.
(L) Ziehe mit einem Lineal eine Gerade durch zwei Punkte aus P .
(Z) Zeichne mit einem Zirkel einen Kreis um einen Punkt aus P , dessen Radius
der Abstand zweier Punkte aus P ist.
Bemerkung 3.5.1. Unser Lineal hat keine Einteilung. Wir können also keine
Strecken fester Länge abtragen.
Definition 3.5.2. Die Schnittpunkte von zwei Geraden, zwei Kreisen, oder Kreis
und Gerade, die mit (L) und (Z) konstruiert werden, nennen wir im ersten Schritt
aus P konstruierbare Punkte.
Ein Punkt r ∈ R2 heißt aus P konstruierbar, falls es Punkte r1 , . . . , rn = r gibt, so
dass ri im ersten Schritt aus P ∪ {r1 , . . . , ri−1 } konstruierbar ist.
Beispiel 3.5.3. (a) Seien p1 , p2 , p3 Punkte in R2 und sei M die Gerade durch p1
und p2 . Dann können wir eine Gerade durch p3 parallel zu M konstruieren:
(1) Zeichne einen Kreis um p3 vom Radius kp1 − p2 k.
(2) Zeichne einen Kreis um p2 vom Radius kp1 − p3 k.
Wir betrachten die zwei Schnittpunkte der beiden Kreise. Einer dieser Punkte p4
3.5 Konstruktion mit Zirkel und Lineal 57
ist so, dass die Gerade durch p3 und p4 parallel zu M ist (p1 , p2 , p3 und p4 sind die
Ecken eines Parallelogramms).
(b) Seien p1 , p2 ∈ R2 und sei M die Gerade durch p1 und p2 . Dann können wir eine
Gerade durch p1 senkrecht zu M konstruieren:
(1) Kreis um p1 , Radius kp1 − p2 k.
(2) Schnittpunkt Kreis und Gerade ist p3 .
(3) Kreis um p3 , Radius kp2 − p3 k.
(4) Kreis um p2 , Radius kp2 − p3 k.
(5) Gerade durch Schnittpunkte dieser beiden Kreise.
(c) Seien p1 , p2 ∈ R2 . Dann können wir den Mittelpunkt zwischen p1 und p2 kon-
struieren:
(1) Gerade durch p1 und p2 .
(2) Kreis um p1 , Radius kp1 − p2 k.
(3) Kreis um p2 , Radius kp1 − p2 k.
(4) Gerade durch die Schnittpunkte der beiden Kreise.
(5) Der Schnittpunkt der beiden Geraden ist der gesuchte Punkt.
Lemma 3.5.4. Sei {(0, 0), (1, 0)} ⊂ P ⊂ R2 . Dann gilt
(a) (x, y) ist genau dann aus P konstruierbar, wenn (0, x) und (0, y) aus P kon-
struierbar sind.
(b) Falls (0, x) und (0, y) aus P konstruierbar sind, dann sind auch (0, x ± y),
(0, xy) und (0, x/y) (mit y 6= 0) aus P konstruierbar.
√
(c) Falls (0, x) aus P konstruierbar ist, dann ist auch (0, x) aus P konstruierbar.
Beweis. (a) Da (0, 0) und (1, 0) in P sind, können wir aus P die Koordinaten-
achsen konstruieren. Falls (0, x) und (0, y) gegeben sind, dann konstruieren wir zuerst
(x, 0) (Schnittpunkt des Kreises um (0, 0) vom Radius x mit der x-Achse). Der
Schnittpunkt der Senkrechten (zu den Achsen) durch (x, 0) und (0, y) ist dann (x, y).
Ist umgekehrt (x, y) gegeben, so konstruieren wir die Parallelen durch (x, y) zu den
Achsen. Damit können (x, 0) und (0, y) konstruiert werden. Aus (x, 0) konstruieren
wir dann (0, x).
(b) Der Kreis um (0, y) mit Radius x schneidet die y-Achse in (0, x ± y). Sei y 6= 0.
Wir ziehen die Gerade M1 durch (0, y) und (1, 0). Wir konstruieren eine Gerade
M2 durch (0, x) parallel zu M1 . Dann ist der Schnittpunkt vom M2 mit der x-
Achse gegeben durch (x/y, 0). Damit ist (0, x/y) konstruierbar. Insbesondere ist
also (0, 1/y) konstruierbar. Damit ist auch (0, xy) = (0, x(1/y)−1 ) konstruierbar.
(c) Da (0, x) und (0, −1) konstruierbar sind, ist nach Beispiel 3.5.3(c) auch (0, (x −
1)/2) konstruierbar. Wir zeichnen einen Kreis um (0, (x − 1)/2) mit Radius (x +
1)/2 = k(0, x) − (0, (x − 1)/2)k. Die Gleichung dieses Kreises ist
x − 1 2 x + 1 2
X2 + Y − = .
2 2
58 Kapitel 3. Körpererweiterungen
√
Die Schnittpunkte
√ des Kreises mit der x-Achse (also Y = 0) sind (± x, 0). Damit
ist auch (0, x) konstruierbar.
Beispiel 3.5.5. (a) Aus Lemma 3.5.4 folgt, dass (x, y) aus P0 = {(0, 0), (1, 0)}
konstruierbar ist, für alle (x, y) ∈ Q2 .
(b) (0, cos 2π
17
) ist aus P0 = {(0, 0), (1, 0)} konstruierbar, da
√ q √
2π −1 + 17 + r− + 2 17 + 3 17 − r− − 2r+
=
cos ,
17 16
p √
mit r± = 34 ± 2 17.
Definition 3.5.6. Sei P0 ⊂ R2 eine Menge von Punkten. Mit K0 bezeichnen wir
den Teilkörper von R, der von den Koordinaten der Punkte von P0 erzeugt wird. Sei
r1 , . . . , rn = r, mit ri = (xi , yi ), so dass ri im ersten Schritt aus P0 ∪ {r1 , . . . , ri−1 }
konstruierbar ist. Dann definieren wir Ki := Ki−1 (xi , yi ) für i = 1, . . . , n.
Lemma 3.5.8. Sei P0 ⊂ R2 und sei r = (x, y) im ersten Schritt aus P0 konstruier-
bar. Dann sind x und y Nullstellen quadratischer Polynome über K0 .
Beweis. Wir betrachten nur den Fall, dass r ein Schnittpunkt eines Kreises mit
einer Geraden ist. Die anderen Fälle sind ähnlich. Die Gleichung einer Gerade durch
die Punkte (a1 , b1 ) und (a2 , b2 ) ist
(x − a1 )(b2 − b1 ) = (y − b1 )(a2 − a1 ).
Die Gleichung einer Kreises mit Mittelpunkt (a3 , b3 ) und Radius k(a4 , b4 ) − (a5 , b5 )k
ist
(x − a3 )2 + (y − b3 )2 = (a4 − a5 )2 + (b4 − b5 )2 .
Hierbei gilt ai , bi ∈ K0 für i = 1, 2, 3, 4, 5. Daraus folgt
2
2 b 2 − b1
(x − a3 ) + (x − a1 ) + b1 − b3 = (a4 − a5 )2 + (b4 − b5 )2 ,
a2 − a1
2
a2 − a1
(y − b1 ) + a1 − a3 + (y − b3 )2 = (a4 − a5 )2 + (b4 − b5 )2 .
b2 − b1
Satz 3.5.9. Sei P0 ⊂ R2 und sei r = (x, y) aus P0 konstruierbar. Dann sind [K0 (x) :
K0 ] und [K0 (y) : K0 ] 2-Potenzen.
3.5 Konstruktion mit Zirkel und Lineal 59
ist auch [Kn : K0 ] eine 2-Potenz. Mit [Kn : K0 (x)][K0 (x) : K0 ] = [Kn : K0 ] und
[Kn : K0 (y)][K0 (y) : K0 ] = [Kn : K0 ] folgt dann, dass [K0 (x) : K0 ] und [K0 (y) : K0 ]
2-Potenzen sind.
√ √
Korollar 3.5.10. Die Punkte (0, 3 2), (0, cos π9 ) und (0, π) sind nicht aus P0 =
{(0, 0), (1, 0)} konstruierbar.
√
Beweis. Sei P0 = {(0, 0), (1, 0)},√dann ist K0 = Q. Das Minimalpolynom von√3 2
über Q ist x3 − 2, also gilt [Q( 3 2) : Q] = 3. Nach Satz 3.5.9 ist dann (0, 3 2)
nicht aus P0 konstruierbar. Aus cos 3α = 4 cos3 α − 3 cos α und cos π3 = 21 folgt, dass
ξ = 2 cos π9 eine Nullstelle ist von f (x) = x3 − 3x − 1. Da f (x + 1) = x3 + 3x2 − 3
irreduzibel ist (Eisenstein-Kriterium mit p = 3), ist auch f irreduzibel. Damit ist f
das Minimalpolynom von ξ über Q und gilt [Q(ξ) : Q] = 3. Somit sind (0, ξ) und
(0, ξ/2) = (0, cos√π9 ) nicht aus P0 konstruierbar. Wir haben die √ Körpererweiterungen
√
Q ⊂ Q(π) ⊂ Q( π). Da π transzendent über Q√ist, folgt [Q( π) : Q] = [Q( π) :
Q(π)][Q(π) : Q] = 2·∞ = ∞. Damit ist auch (0, π) nicht aus P0 konstruierbar.
Bemerkung 3.5.11. Aus Korollar 3.5.10 folgt, dass die klassische Probleme der
Würfelverdopplung, der Winkeldreiteilung und der Quadratur des Kreises nicht mit
Zirkel und Lineal lösbar sind.
Bemerkung 3.5.12. Das regelmäßige n-Eck ist genau dann aus P0 = {(0, 0), (1, 0)}
konstruierbar, wenn (cos( 2πk n
), sin( 2πk
n
)) konstruierbar ist für alle 0 ≤ k < n. Man
kann zeigen, dass dies möglich ist falls n = 3, 4, 5, 6, 8, 10, 12, 15, 16, 17, 20, . . . und
nicht möglich, falls n = 7, 9, 11, 13, 14, 18, 19, 21, . . ..
Kapitel 4
Galoistheorie
Kurz gesagt, beschäftigt sich die Galoistheorie mit den Symmetrien der Null-
stellen von Polynomen.
Beweis des Satzes 4.1.1. Mit Hilfe u+ u− = −p, u3+ +u3− = −2q und 1+ω +ω 2 =
0 können wir leicht nachrechnen, dass
x1 + x2 + x3 = 0,
x1 x2 + x2 x3 + x1 x3 = −3u+ u− = 3p,
x1 x2 x3 = u3+ + u3− = −2q.
Damit folgt
(x − x1 )(x − x2 )(x − x3 )
= x3 − (x1 + x2 + x3 )x2 + (x1 x2 + x2 x3 + x1 x3 )x − x1 x2 x3
= x3 + 3px + 2q.
2 2
q 2
0 = (x + α) − (2α − p) x −
2(2α − p)
q2
= x4 + 2αx2 + α2 − (2α − p)x2 + qx −
4(2α − p)
4α2 (2α − p) − q 2
= x4 + px2 + qx + = x4 + px2 + qx + r.
4(2α − p)
√
von x2 + 1 = ±i 3(x + 1) sind dann auch Lösungen von x4 + 5x2 + 6x + 4 = 0.
Eigentlich haben wir hier gefunden:
√ √ √ √
x4 + 5x2 + 6x + 4 = x2 − i 3x + 1 − i 3 x2 + i 3x + 1 + i 3
= (x − x1 )(x − x2 )(x − x3 )(x − x4 ).
4.2 Galoisgruppen
Wir möchten zeigen, dass Gleichungen 5. Grades nicht allgemein durch Wurzelaus-
drücke lösbar sind. Dazu betrachten wir Galoisgruppen.
Lemma 4.2.2. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung. Dann gilt AutK (L) < Aut(L),
wobei Aut(L) die Gruppe der Automorphismen von L ist.
Beweis. Wir benutzen Lemma 1.3.4: Es gilt AutK (L) 6= ∅, da die Abbildung id ∈
Aut(L), mit id(l) = l füralle l ∈ L, in AutK (L) ist. Seien f, g ∈ AutK (L). Dann
gelten g −1 (k) = g −1 g(k) = k und f ◦ g −1 )(k) = f g −1 (k) = f (k) = k für alle
k ∈ K.
Definition 4.2.3. Wir nennen AutK (L) die Galoisgruppe von L über K und wir
definieren Gal(L/K) := AutK (L).
für alle α ∈ L. Damit folgt f ϕ(αi ) = ϕ f (αi ) = ϕ(0) = 0, also ist ϕ(αi ) eine
Nullstelle von f in L. Da ϕ bijektiv ist, ist ϕ : {α1 , . . . , αr } −→ {α1 , . . . , αr } eine
Permutation von r Elementen, d.h. ϕ ∈ Sr .
64 Kapitel 4. Galoistheorie
Beispiel 4.2.5. (a) Wir betrachten Gal(C/R): Sei ϕ ∈ Gal(C/R), dann gilt ϕ(i)2 =
ϕ(i2 ) = ϕ(−1) = −1. Damit gilt ϕ(i) = i oder ϕ(i) = −i. Da ϕ(x + iy) = ϕ(x) +
ϕ(i)ϕ(y) = x + ϕ(i)y gilt für alle x, y ∈ R, folgt, dass Gal(C/R) = {ϕ1 , ϕ2 }, wobei
ϕ1 (z) = z und ϕ2 (z) = z für alle z ∈ C. Weiterhin gilt Gal(C/R) ' Z/2Z.
√ √ √ 3
(b) Sei ϕ ∈ Gal(Q( 3 2)/Q), dann gilt ϕ( 3 2)3 = ϕ 3 2 = ϕ(2) = 2, also folgt
√3
√3
√
3
√
3
√
3
√
3
ϕ(
√ 2) =
√ 2. Damit gilt dann auch ϕ( 4) = √ 4 und ϕ(a + b 2 + c 4) = a +
b 3 2 + c 3 4 für alle a, b, c ∈ Q. Somit gilt Gal(Q( 3 2)/Q) = {id}.
4 2 2 2
√ = x√− x − 2 = (x + 1)(x − 2) ∈ Q[x]. Die Nullstellen von f über C
(c) Sei f (x)
sind i, −i, 2, − 2. Sei
√ √ √ √ √
L = Q(i, −i, 2, − 2) = Q(i, 2) = {r + si + t 2 + ui 2 | r, s, t, u ∈ Q}.
Sei ϕ ∈ Gal(L/Q), dann ist nach Lemma 4.2.4 ϕ(i) eine Nullstelle√von f . Da
√ ϕ(i)2 =
ϕ(i2 ) = ϕ(−1) = −1, gilt sogar ϕ(i) = ±i. Ebenso haben wir ϕ( 2) = ± 2. Damit
erhalten wir vier Möglichkeiten ϕ1 , ϕ2 , ϕ3 , ϕ4 für ϕ:
√ √
ϕ1 (i) = i und ϕ1 ( 2) = 2,
√ √
ϕ2 (i) = −i und ϕ2 ( 2) = 2,
√ √
ϕ3 (i) = i und ϕ3 ( 2) = − 2,
√ √
ϕ4 (i) = −i und ϕ4 ( 2) = − 2.
√ √ √ √
Da ϕ(r + si + t 2 + ui 2) = r + sϕ(i) + tϕ( 2) + uϕ(i)ϕ( 2) gilt, sind ϕ1 , ϕ2 , ϕ3
und ϕ4 damit eindeutig bestimmt. Wir haben also gefunden
Gal(L/Q) = {ϕ1 , ϕ2 , ϕ3 , ϕ4 }.
4.3 Zerfällungskörper
Definition 4.3.1. Sei K ein Körper und sei f ∈ K[x], mit deg f = n ≥ 1. Ein
Körper L heißt Zerfällungskörper von f über K, falls folgende Bedingungen erfüllt
sind:
(c) L ist minimal bezüglich Eigenschaft (b), d.h. es gibt keinen Zwischenkörper
K ⊂ L0 ( L, so dass f über L0 zerfällt.
Satz 4.3.3. Sei K ein Körper und sei f ∈ K[x], mit deg f = n ≥ 1. Dann gibt
es einen Zerfällungskörper L von f über K. Dabei ist K ⊂ L eine endliche und
algebraische Körpererweiterung.
Beweis. Nach dem Satz von Steinitz 3.4.10 hat K einen algebraischen Abschluss
K. Seien α1 , . . . , αn ∈ K die Nullstellen von f über K. Dann ist L = K(α1 , . . . , αn )
Zerfällungskörper von f über K. Da α1 , . . . , αn algebraisch sind über K, ist nach
Satz 3.3.14 K ⊂ L eine endliche und algebraische Körpererweiterung.
Beispiel 4.3.4. (a) Sei f (x) = x3 − √ 1 ∈ Q[x]. Die Nullstellen von f über C sind
2πi 1 i
2
1, ω und ω , mit ω = e 3 = − 2 + 2 3. Ein Zerfällungskörper von f über Q ist
Q(1, ω, ω 2 ) = Q(ω) = {a + bw | a, b ∈ Q}. Hierbei gilt [Q(ω) : Q] = 2. √
(b) Sei f (x) = (x2 − 3)(x2 +√ x + 1) ∈ Q[x].√Die Nullstellen
√ über C sind ± 3, ω, ω 2 .
Ein Zerfällungskörper ist Q( 3, ω) = Q(i, 3) = Q(i + 3). √
(c) Sei f (x) = x4 − x2 − 2 = (x√2 + 1)(x2 − 2)
√ ∈ Q[x]. Die Nullstellen sind ±i, ± 2.
Ein Zerfällungskörper ist Q(i, 2) = Q(i + 2).
Wir wollen zeigen, dass Zerfällungskörper bis auf Isomorphie eindeutig sind.
Wir können einfach verifizieren, dass Φ ein Isomorphismus ist. Damit ist auch ψ =
ϕ−1
2 ◦ Φ ◦ ϕ1 ein Isomorphismus. Explizit wird ψ gegeben durch
Korollar 4.3.9. Sei K ein Körper und sei f ∈ K[x], mit deg f ≥ 1. Seien L1 und L2
Zerfällungskörper von f über K. Dann gibt es einen Isomorphismus ψ : L1 −→ L2
mit ψ|K = id, also ψ(a) = a für alle a ∈ K. Weiterhin bildet ψ die Nullstellen von
f in L1 auf die Nullstellen von f in L2 ab.
Beweis des Satzes 4.3.8. Wir beweisen die Behauptung durch Induktion über
n = deg f1 . Induktionsanfang: Sei deg f1 = 1, dann folgt deg f2 = 1 und damit
zerfällt fi über Ki in Linearfaktoren. Somit gilt Li = Ki . Wir setzen dann ψ = ϕ.
Induktionsschritt: sei g1 ∈ K1 [x] ein normierter irreduzibler Teiler von f1 . Wir
setzen g2 = ϕ(g1 ) ∈ K2 [x]. Dann ist g2 ein Teiler von f2 . Es enthält Li einen
Zerfällungskörper von gi . Also gibt es eine Nullstelle αi von gi in Li . Da g1 normiert
und irreduzibel ist, ist g1 das Minimalpolynom von α1 über K1 . Auch g2 ist normiert
und irreduzibel (jede Zerlegung von ϕ(g1 ) hätte eine Zerlegung von g1 geliefert), also
4.4 Normale und separable Körpererweiterungen 67
ist g2 das Minimalpolynom von α2 über K2 . Nach Satz 4.3.6 existiert eine Fortset-
zung ψ0 : K1 (α1 ) −→ K2 (α2 ) von ϕ : K1 −→ K2 , mit ψ0 (α1 ) = α2 . Da αi auch eine
Nullstelle von fi ist, gilt fi (x) = (x − αi )hi (x), mit hi ∈ Ki (αi )[x]. Da ψ0 (f1 ) = f2
und ψ0 (α1 ) = α2 , folgt daraus ψ0 (h1 ) = h2 . Dann ist Li Zerfällungskörper von hi
über Ki (αi ). Es gilt deg h1 < n, also gibt es nach Induktionsannahme eine Fortset-
zung ψ : L1 −→ L2 von ψ0 .
Bemerkung 4.4.8. Man kann einfach verifizieren, dass die üblige Regeln für die
Ableitung auch hier gelten:
(a) (f + g)0 = f 0 + g 0 ;
(b) (f · g)0 = f 0 · g + f · g 0 ;
Satz 4.4.9. Sei f ∈ K[x] ein Polynom mit deg f ≥ 1 und Zerfällungskörper L über
K. Dann gilt:
(a) Genau dann ist a ∈ L eine mehrfache Nullstelle von f , wenn f (a) = f 0 (a) = 0;
(b) Genau dann hat f mehrfache Nullstellen in L, wenn f und f 0 einen gemein-
samen Teiler vom Grad ≥ 1 in K[x] haben.
(c) Ist f irreduzibel über K, dann hat f genau dann mehrfache Nullstellen in L,
wenn f 0 = 0.
Beweis. (a) Wenn a ∈ L eine mehrfache Nullstellen von f ist, dann gibt es ein
g ∈ L[x] mit f (x) = (x − a)2 g(x). Daraus folgt f 0 (x) = 2(x − a)g(x) + (x − a)2 g 0 (x)
und f 0 (a) = 0. Ist andererseits a eine einfache Nullstelle von f , dann gibt es ein
g ∈ L[x] mit f (x) = (x−a)g(x) und g(a) 6= 0. Daraus folgt f 0 (x) = g(x)+(x−a)g 0 (x)
und f 0 (a) = g(a) 6= 0.
(b) Wenn f und f 0 einen gemeinsamen nichtkonstanten Teiler g(x) ∈ K[x] haben,
dann hat g eine Nullstelle a ∈ L. Dann folgt f (a) = f 0 (a) = 0 und nach (a) ist a dann
4.4 Normale und separable Körpererweiterungen 69
eine mehrfache Nullstelle von f . Haben f und f 0 dagegen keinen gemeinsamen Teiler,
dann sehen wir mit Hilfe der Bemerkung 2.7.4(c), dass es Polynome g, h ∈ K[x]
gibt, mit f (x)g(x) + f 0 (x)h(x) = 1. Daraus sehen wir, dass für alle a ∈ L gilt, dass
f 0 (a) und f (a) nicht beide Null sind. Nach (a) folgt dann, dass f keine mehrfache
Nullstellen hat.
(c) Sei f irreduzibel über K. Wenn f mehrfache Nullstellen in L hat, dann folgt mit
(b), dass f und f 0 einen gemeinsamen Teiler vom Grad ≥ 1 in K[x] haben. Da f
irreduzibel ist, folgt dass f ein Teiler von f 0 ist. Da deg f 0 < deg f gilt, gilt dann
f 0 = 0. Gilt umgekehrt, dass f 0 Null ist, dann folgt aus (a), dass jede Nullstelle
a ∈ L von f eine mehrfache Nullstelle ist.
Satz 4.4.10. Sei K ein Körper der Charakteristik Null und sei f ∈ K[x] irreduzibel.
Dann ist f separabel über K.
Beweis. Sei f ∈ K[x] irreduzibel. Da f nicht konstant ist, folgt f 0 6= 0. Nach
Satz 4.4.9(c) hat f dann keine mehrfache Nullstellen in L, wobei L ein beliebiger
Zerfällungskörper von f über K ist. Damit ist f separabel über K.
Bemerkung 4.4.11. Falls char(K) 6= 0, dann gibt es nichtkonstante Polynome
f ∈ K[x] mit f 0 = 0. Z.B. gilt (x2 + 1)0 = 0 in Charakteristik 2.
Definition 4.4.12. Sei K ⊂ L eine Körpererweiterung. Ein algebraisches Element
α ∈ L heißt separabel über K, wenn das Minimalpolynom mα von α über K, über
K separabel ist. Eine algebraische Körpererweiterung K ⊂ L heißt separabel, wenn
α separabel ist für alle α ∈ L.
Bemerkung 4.4.13. (a) Sei K ⊂ L eine algebraische Körpererweiterung, wobei
char(K) = 0. Da das Minimalpolynom mα ∈ K[x] für alle α ∈ L irreduzibel ist,
folgt aus Satz 4.4.10, dass die Erweiterung K ⊂ L separabel ist.
(b) Seien K ⊂ L ⊂ M Körpererweiterungen. Falls K ⊂ M separabel ist, dann ist
auch K ⊂ L separabel.
Satz 4.4.14 (Satz von primitiven Elemente). Sei K ⊂ L eine endliche und separable
Körpererweiterung. Dann ist K ⊂ L einfach, d.h. es gibt ein a ∈ L, so dass L =
K(a).
Bemerkung 4.4.15. Wir nennen a ein primitives Element der Körpererweiterung.
Korollar 4.4.16. Jede endliche Erweiterung eines Körpers der Charakteristik Null
ist einfach.
Beweis des Korollars 4.4.16. Sei char(K) = 0 und sei K ⊂ L endlich. Nach
Bemerkung 3.2.3 ist die Erweiterung endlich erzeugt und nach Satz 3.3.14 ist die
Erweiterung algebraisch. Aus Bemerkung 4.4.13(a) folgt, dass die Erweiterung se-
parabel ist und nach Satz 4.4.14 ist die Erweiterung einfach.
70 Kapitel 4. Galoistheorie
Beweis des Satzes 4.4.14. Wir beweisen die Behauptung nur für den Fall, dass
|K| = ∞ gilt. Da K ⊂ L endlich ist, gibt es algebraische Elemente α1 , . . . , αn ∈ L,
so dass L = K(α1 , . . . , αn ). Wir haben also die Kette von Körpererweiterungen
Mit Induktion genügt es dann den Fall n = 2 zu beweisen. Wir zeigen also, dass falls
K ⊂ L = K(a, b) eine separable Körpererweiterung ist, dass es dann ein c ∈ K gibt,
so dass L = K(c). Seien ma und mb die Minimalpolynome von a bzw. b über K.
Seien a = a1 , a2 , . . . , ar die verschiedenen Nullstellen von ma in K, und b = b1 , . . . , bs
die von mb in K. Wir betrachten die Menge
Die Idee ist, dass dann L = K(c) gilt. Dazu haben wir a, b ∈ K(c) zu zeigen.
Wir betrachten die Polynome mb (x) und ma (c − λx) aus K(c)[x]. Da K(c)[x] ein
Hauptidealring ist, gibt es nach Bemerkung 2.7.4(c) ein d ∈ K(c)[x], so dass d
größter gemeinsamer Teiler von mb (x) und ma (c − λx) ist. Aus mb (b) = 0 und
ma (c − λb) = ma (a) = 0 folgt, dass b auch eine Nullstelle von d ist. Aus d mb
folgt, dass alle Nullstellen von d auch Nullstellen von mb sind. Für l ≥ 2 gilt aber
c − λbl 6= ak für alle 1 ≤ k ≤ r, also gilt ma (c − λbl ) 6= 0. Da d auch ma (c − λx) teilt,
folgt, dass b die einzige Nullstelle von d ist, also gilt d(x) = (x − b)t , mit t ≥ 1. Da
mb separabel ist, hat mb nur einfache Nullstellen. Da d mb folgt dann t = 1. Wir
haben also gefunden, dass
d(x) = x − b.
Da d(x) in K(c)[x] ist, folgt also b ∈ K(c). Damit ist dann auch a = c − λb in
K(c).
√
Beispiel 4.4.17. (a) Wir betrachten√ die Körpererweiterung Q ⊂ Q(i, 2). Die
Minimalpolynome von a = i und b = 2 über Q sind ma (x) = x2 + 1 bzw. mb (x) =
x2 − 2. √ von ma über C sind a1 = i und a2 = −i, und die von mb sind
√ Die Nullstellen
b1 = 2 und b2 = − 2. Die Menge
i√
(ak − a)(b − bl )−1 k = 1, 2, l = 2 = 0, −
2
2
4.5 Die symmetrische und alternierende Gruppe 71
√ √
enthällt nicht 1 ∈ Q. Damit gilt√Q(i, 2) = Q(i + 2) (siehe auch Beispiel 3.1.10).
b = 3. Da gilt√ma (x) = x2 + x + 1, mb (x) = x2 − 3 und
(b) Sei a = ω = e2πi/3 und √
a1 = a = ω, a2 = ω 2 , b1 = 3 und b2 = − 3. Die Menge
i
(ak − a)(b − bl )−1 k = 1, 2, l = 2 = 0, − }
2
√ √
enthällt nicht 1 ∈ Q, also gilt Q(ω, 3) = Q(ω + 3).
(b) σ(mk ) = m1 ;
{m1 , m2 , . . . , mk } ∩ {n1 , n2 , . . . , nl } = ∅.
Bemerkung 4.5.8. (a) Die Zerlegung von σ ∈ Sn als Produkt paarweise disjunkter
Zyklen nennen wir die Zyklenzerlegung von σ.
(b) Die Anzahl der Transpositionen in (b) ist nicht eindeutig bestimmt: Z.B. gilt
(1, 3) = (1, 2)(1, 3)(2, 3). Wir werden aber sehen, dass die Parität der Anzahl der
benötigten Transpositionen eindeutig bestimmt ist.
Beweis des Satzes 4.5.7. (a) Sei σ ∈ Sn . Wir betrachten die Untergruppe H =
hσi = {σ k | k ∈ Z} < Sn . Dann operiert H auf M = {1, 2, . . . , n} und wir können
M schreiben als disjunkte Vereinigung der Bahnen
G
M= H(a),
a∈A
wobei σi = (ai , σ(ai ), . . . , σ ki −1 (ai )) ein ki -Zyklus ist (für ki > 1). Diese Zyklen sind
paarweise disjunkt, da die Bahnen paarweise disjunkt sind. Die Anzahl der Zyklen
in der Zyklenzerlegung ist eindeutig durch σ bestimmt: Es ist die Anzahl der mehr-
elementigen Bahnen. Auch die Zyklen sind eindeutig durch σ bestimmt, also ist die
Zyklenzerlegung bis auf die Reihenfolge eindeutig.
(b) Nach (a) genügt es jeden Zyklus als Produkt von Transpositionen zu schreiben:
Bemerkung 4.5.9. Wir haben k-Zyklen nur definiert für k ≥ 2. Manchmal ist
es auch sinnvoll 1-Zyklen (m) = id zu betrachten. In der Zyklenzerlegung können
wir dann 1-Zyklen hinzufügen, so dass alle Zahlen zwischen 1 und n genau einmal
auftauchen. In dem Beweis des Satzes 4.5.7 bedeutet das, dass wir auch Bahnen mit
nur einem Element betrachten. Z.B. gilt dann ( 12 23 31 44 55 ) = (1, 2, 3)(4)(5).
Lemma 4.5.10. Wir definieren eine Abbildung ν : Sn −→ Z>0 , wobei ν(σ) die
Anzahl der Zyklen in der Zyklenzerlegung von σ ist. Hierbei zählen Zyklen der Länge
1 auch mit (ν(σ) ist also die Anzahl der Bahnen unter der Operation von hσi auf
M = {1, 2, . . . , n}). Seien σ, τ ∈ Sn , wobei τ eine Transposition ist. Dann gilt
ν(τ σ) = ν(σ) ± 1.
4.5 Die symmetrische und alternierende Gruppe 73
Beweis. Sei σ = ri=1 σi die Zyklenzerlegung von σ (mit 1-Zyklen, also r = ν(σ)).
Q
Sei τ = (α, β) mit α 6= β. Wir möchten die Zyklenzerlegung von τ σ finden. Es gibt
zwei Möglichkeiten für α und β:
α und β liegen im gleichen Zyklus σl = (m1 , m2 , . . . , mk ): Da jeder Zyklus an jeder
Stelle starten kann, können wir annehmen, dass α = m1 und β = mj+1 , mit 1 ≤ j ≤
k − 1. Dann gilt
τ σl = (m1 , mj+1 )(m1 , . . . , mk ) = (m1 , . . . , mj )(mj+1 , . . . , mk ).
Damit hat τ σ die Zyklenzerlegung
r
Y
τ σ = (m1 , . . . , mj )(mj+1 , . . . , mk ) σi .
i=1
i6=l
Definition 4.5.12. Eine Permutation σ ∈ Sn mit sgn σ = 1 nennen wir eine gerade
Permutation. Eine Permutation mit sgn σ = −1 nennen wir ungerade. Wir definieren
die alternierende Gruppe An durch
Bemerkung 4.5.13. (a) Nach Satz 1.6.11 gilt Sn /An ' Im sgn = {1, −1}. Damit
folgt [Sn : An ] = 2 und |An | = 21 |Sn | = 12 n!. Nach Beispiel 1.6.7(a) gilt An C Sn .
(b) Da wir (m1 , m2 , . . . , mk ) = (m1 , mk )(m1 , mk−1 ) · · · (m1 , m3 )(m1 , m2 ) haben, gilt
sgn σ = (−1)k−1 für einen Zyklus σ der Länge k. Damit erhalten wir eine einfache
Methode, um das Signum einer Permutation σ ∈ Sn zu berechnen: Sei µ die Anzahl
der Zyklen gerader Länge in der Zyklenzerlegung von σ, dann gilt sgn σ = (−1)µ .
Lemma 4.5.14. Sei Gn < Sn die Gruppe der Permutationen, die sich als Produkt
von 3-Zyklen schreiben lassen. Dann gilt Gn = An .
Beweis. Nach Bemerkung 4.5.13(b) sind alle 3-Zyklen gerade Permutationen, also
folgt unmittelbar Gn < An . Weiterhin ist jedes Produkt zweier Transpositionen ein
Produkt von 3-Zyklen: Seien a, b, c, d ∈ {1, . . . , n} paarweise verschieden, dann gilt
(für n = 3 brauchen wir nur die erste zwei Gleichungen und für n = 2 nur die erste).
Damit folgt An < Gn und Gn = An .
folgt, dass N alle 3-Zyklen enthält und somit auch alle Produkte von 3-Zyklen. Nach
Lemma 4.5.14 gilt dann N = An .
Beweis. Sei N C A5 mit N 6= {id}. Nach Lemma 4.5.15 genügt es zu zeigen, dass
N einen 3-Zyklus enthält. Sei σ ∈ N mit σ 6= id. Wir betrachten die Zyklenzer-
legung von σ. Da σ eine gerade Permutation ist, gibt es in dieser Zerlegung (nach
Bemerkung 4.5.13(b)) eine gerade Anzahl von Zyklen gerader Länge. Damit gibt es
drei Möglichkeiten für σ:
σ ist ein 5-Zyklus (m1 , m2 , m3 , m4 , m5 ): Sei ρ = (m1 , m3 , m2 ) ∈ A5 . Da N C A5 gilt,
gilt dann ρσρ−1 ∈ N und es folgt (ρσρ−1 )σ −1 = (m1 , m3 , m4 ) ∈ N . Damit enthält
N einen 3-Zyklus.
σ ist ein 3-Zyklus: Dann enthält N trivialerweise einen 3-Zyklus.
σ ist das Produkt 2 disjunkter 2-Zyklen (m1 , m2 )(m3 , m4 ): Da σ ∈ A5 ist, gibt es
dann auch noch ein m5 6= m1 , m2 , m3 , m4 . Sei ρ = (m1 , m2 , m5 ) ∈ A5 , dann gilt
(ρσρ−1 )σ = (m1 , m5 , m2 ) ∈ N .
Lemma 4.5.18. Sei p eine Primzahl und sei G < Sp , so dass G eine Transposition
und einen p-Zyklus enthält. Dann gilt G = Sp .
(a) Ni+1 C Ni ;
Beispiel 4.6.2. Sei G eine abelsche Gruppe. Wir setzen N1 = G und N2 = {e}.
Dann gilt N2 C N1 und ist N1 /N2 ' G abelsch. Damit ist G auflösbar.
Satz 4.6.3. Sei G eine Gruppe, sei H < G und sei N C G. Dann gilt
(a) Wenn G auflösbar ist, dann ist H auflösbar;
(b) Wenn G auflösbar ist, dann ist G/N auflösbar;
(c) Wenn N und G/N auflösbar sind, dann ist G auflösbar.
Beweis. (a) Da G auflösbar ist, gibt es eine Kette {e} = Nk CNk−1 C. . .CN2 CN1 =
G mit Ni /Ni+1 abelsch. Wir setzen Hi = Ni ∩ H. Dann gilt Hi ∩ Ni+1 = Hi+1 . Aus
Hi < Ni und Ni+1 C Ni , folgt dann mit Satz 1.6.14, dass Hi+1 C Hi , Ni+1 C Hi Ni+1 ,
und Hi Ni+1 < Ni . Damit folgt Hi Ni+1 /Ni+1 < Ni /Ni+1 und somit ist Hi /Hi+1
abelsch. Wir haben also die Kette {e} = Hk C Hk−1 C . . . C H2 C H1 = H, mit
Hi /Hi+1 abelsch. Damit ist H auflösbar.
(b) Da G auflösbar ist, gibt es wieder eine Kette {e} = Nk CNk−1 C. . .CN2 CN1 = G
mit Ni /Ni+1 abelsch. Wir betrachten die Kette {e} = Nk N/N < Nk−1 N/N < . . . <
N2 N/N < N1 N/N = G/N . Da Ni < G und N C G folgt mit Satz 1.6.14(b), dass
N C Ni N . Aus Ni+1 C Ni und N C G folgt Ni+1 N C Ni N . Mit Satz 1.6.15 gilt dann
Ni+1 N/N C Ni N/N und (Ni N/N )/(Ni+1 N/N ) ' Ni N/Ni+1 N . Da Ni /Ni+1 abelsch
ist, sind dann auch Ni N/Ni+1 N und (Ni N/N )/(Ni+1 N/N ) abelsch. Also ist G/N
auflösbar.
(c) Da N und G/N auflösbar sind, gibt es Ketten {e} = Nk CNk−1 C. . .CN2 CN1 = N
und {e} = Ql C Ql−1 C . . . C Q2 C Q1 = G/N mit Ni /Ni+1 und Qi /Qi+1 abelsch.
Wir betrachten den Homomorphismus π : G −→ G/N gegeben durch π(a) = aN
und die Untergruppen Mi = {a ∈ G | π(a) ∈ Qi } < G. Dann gilt Ml = Ker π = N
und M1 = G. Wir haben also die Kette N = Ml < Ml−1 < . . . < M2 < M1 = G
und zusammen mit die Kette für N können wir die zusammensetzen zu einer Kette
{e} = Nk C . . . C N1 = Ml < . . . < M1 = G. Seien a ∈ Mi+1 und b ∈ Mi , dann
gilt π(bab−1 ) = mnm−1 mit m ∈ Qi und n ∈ Qi+1 . Da Qi+1 normal ist in Qi , folgt
π(bab−1 ) ∈ Qi+1 und bab−1 ∈ Mi+1 . Damit gilt Mi+1 C Mi . Sei πi : Mi −→ G/N
gegeben durch πi (a) = aN . Dann gilt Ker πi = N , N C Mi und Mi /N ' Im πi = Qi .
Mit Satz 1.6.15 folgt dann Mi+1 /Mi ' (Mi+1 /N )/(Mi /N ) ' Qi+1 /Qi . Damit ist
Mi+1 /Mi abelsch und somit ist G auflösbar.
Satz 4.6.4. Die symmetrische Gruppe Sn ist genau dann auflösbar, wenn n ≤ 4 ist.
Beweis. S1 und S2 sind abelsch und somit auflösbar. Für S3 haben wir die Kette
{e} C A3 C S3 .
4.7 Die Galoisgruppe eines Polynoms über Q 77
A3 ist eine zyklische Gruppe der Ordnung 3 und S3 /A3 ' {1, −1} ist eine zykli-
sche Gruppe der Ordnung 2. Damit sind beide Gruppen abelsch und somit ist S3
auflösbar. Für S4 haben wir die Kette
{e} C V4 < A4 C S4 ,
mit V4 = {id, (1, 2)(3, 4), (1, 3)(2, 4), (1, 4)(2, 3)}. Wir können einfach verifizieren,
dass V4 eine abelsche Gruppe der Ordnung 4 ist. Die Elemente aus V4 sind genau die
Elemente h ∈ A4 mit h2 = id. Es gilt (ghg −1 )2 = gh2 g −1 = id für alle h ∈ V4 und alle
g ∈ A4 . Damit gilt V4 C A4 . Da A4 /V4 die Ordnung 12 4
= 3 hat, ist A4 /V4 abelsch.
Somit ist S4 auflösbar. Nach Satz 4.5.16 ist A5 einfach. Da A5 nicht abelsch ist (z.B.
gilt (1, 2, 3)(1, 2, 4) 6= (1, 2, 4)(1, 2, 3)), folgt unmittelbar, dass A5 nicht auflösbar ist.
Mit Satz 4.6.3(a) folgt dann, dass S5 nicht auflösbar ist. Da wir S5 auffassen können
als Untergruppe von Sn (n ≥ 5), ist Sn auch für n > 5 nicht auflösbar.
Bemerkung 4.6.5. (a) Man kann zeigen, dass jede Gruppe der Ordnung kleiner
als 60 auflösbar ist. Somit ist A5 die kleinste nicht auflösbare Gruppe.
(b) Wir werden sehen, dass dieses unterschiedliche Verhalten von Sn für n ≤ 4 und
n ≥ 5 Grund dafür ist, dass eine Polynomgleichung f (x) = 0 für deg f ≤ 4 allgemein
durch Wurzelausdrücke lösbar ist und nicht für deg f ≥ 5.
Satz 4.7.2. Sei f ∈ Q[x] irreduzibel über Q. Dann operiert Gal(f ) transitiv auf den
Nullstellen von f .
Beweis. Nach Satz 4.4.10 ist f separabel über Q. Damit hat f genau n := deg f
paarweise verschiedene Nullstellen α1 , . . . , αn ∈ C. Somit ist L = Q(α1 , . . . , αn )
Zerfällungskörper von f über Q. Seien a1 , a2 ∈ M ⊂ L, wobei M = {α1 , . . . , αn }
die Menge der Nullstellen von f ist. Sei ϕ : Q −→ Q gegeben durch ϕ = id. Da f
irreduzibel ist, ist f das Minimalpolynom von ai über Q und es gilt ϕ(f ) = f . Nach
Satz 4.3.6 gibt es einen Isomorphismus ψ0 : Q(a1 ) −→ Q(a2 ) mit ψ0 |Q = id und
ψ0 (a1 ) = a2 . Sei fi ∈ Q(ai )[x] gegeben durch fi = f . Dann ist L Zerfällungskörper
von fi über Q(ai ). Nach Satz 4.3.8 können wir ψ0 zu einem Isomorphismus ψ : L −→
L fortsetzen, also ψ|Q(a1 ) = ψ0 . Damit gilt ψ|Q = id und ψ ∈ Gal(L/Q) = Gal(f ).
Somit haben wir gezeigt, dass a2 ∈ Gal(f )(a1 ). Da a1 , a2 ∈ M beliebig sind, folgt
Gal(f )(a1 ) = M . Nach Definition 1.8.5 operiert Gal(f ) also transitiv auf M .
78 Kapitel 4. Galoistheorie
Satz 4.7.4. Sei f ∈ Q[x] irreduzibel mit deg f = n ≥ 1. Dann ist Gal(f ) zu einer
Untergruppe von Sn isomorph.
Beispiel 4.7.5. Sei f (x) = x4 − 2 ∈ Q[x]. Wir berechnen die Galoisgruppe von
f : Nach Eisenstein√mit p√= 2√ist f √ irreduzibel. Die Menge M√⊂ C√der Nullstellen
√
von f ist M = { 2, − 2, i 2, −i 4 2}. Damit ist L = Q( 4 2, i 4 2) = Q( 4 2, i)
4 4 4
eine Nullstelle von g. Somit gilt σ(i) = i oder σ(i) = −i. Wir können annehmen,
dass σ(i) = i√gilt (wenn
√ σ(i) =
√ −i gilt, dann ersetzen wir σ durch στ ; es gilt dann
4 4 4
nämlich στ ( 2) = σ( 2) = i 2 und στ (i) = σ(−i) = σ(−1)σ(i) = (−1)(−i) = i).
Wir erhalten
√
4
√
4
σ( 2) = i 2,
√
4
√4
√
4
√4
σ(i 2) = σ(i)σ( 2) = i · i 2 = − 2,
√
4
√ 4
√
4
σ(− 2) = σ(i)σ(i 2) = −i 2,
√
4
√4
√4
σ(−i 2) = σ(i)σ(− 2) = 2.
(siehe Beispiel 1.8.10) eine Untergruppe von Gal(f ) ist, d.h. Gal(f ) enthält die 8
Elemente
{id, σ, σ 2 , σ 3 , τ, στ, σ 2 τ, σ 3 τ }.
4.7 Die Galoisgruppe eines Polynoms über Q 79
Nach Satz 4.7.4 gilt D4 < Gal(f ) < S4 . Aus [S4 : D4 ] = 24/8 = 3 folgt dann mit
Satz 1.5.5,
√ dass Gal(f√ ) = D4 oder Gal(f ) = S4 . Sei ϕ ∈ Gal(f ). Dann gilt ϕ(i) = ±i
4 4
und ϕ(i 2) = ±iϕ( 2). Damit enthält Gal(f ) nicht den 3-Zyklus ρ ∈ S4 mit
√4
√4
√4
√
4
√4
√
4
√4
√4
ρ( 2) = 2, ρ(i 2) = − 2, ρ(− 2) = −i 2, ρ(−i 2) = i 2,
√ √
(da ρ(i 4 2) 6= ±iρ( 4 2)) also gilt Gal(f ) 6= S4 . Somit haben wir gefunden
Gal(f ) = D4 .
Satz 4.7.7. Sei p eine Primzahl und sei f ∈ Q[x] irreduzibel vom Grad p mit genau
zwei nichtreellen Nullstellen in C. Dann gilt Gal(f ) = Sp .
Beweis. Sei M die Menge der Nullstellen von f und sei L Zerfällungskörper von
f über Q. Da f irreduzibel ist, ist nach Satz 4.4.10 f separabel über Q. Damit
gilt |M | = p. Da Gal(f ) nach Satz 4.7.2 transitiv auf M operiert, gibt es ein
m ∈ M mit M = Gal(f )(m). Mit Satz 1.8.11(c) folgt dann, dass | Gal(f )| teil-
bar ist durch | Gal(f )(m)| = |M | = p und mit Satz 1.9.2 erhalten wir, dass Gal(f )
eine Untergruppe der Ordnung p hat. Es gibt also ein Element σ ∈ Gal(f ) der
Ordnung p. Da Gal(f ) < Sp (nach Satz 4.7.4), ist σ ein p-Zyklus. Wir betrachten
τ ∈ Gal(f ) = AutQ (L) gegeben durch komplexe Konjugation. Dann hält τ die p − 2
reellen Nullstellen fest und vertauscht die beiden nichtreellen Nullstellen. Damit ist
τ eine Transposition und mit Lemma 4.5.18 folgt dann Gal(f ) = Sp .
Beispiel 4.8.8. (a) Wir betrachten Q ⊂ Q(i). Da Q(i) Zerfällungskörper von f (x) =
x2 + 1 ∈ Q[x] ist, ist Q ⊂ Q(i) nach Beispiel 4.8.5 eine Galoiserweiterung. Es gilt
G = Gal(Q(i)/Q) = {id, τ }, mit τ gegeben durch komplexe Konjugation. Weiterhin
gilt
Q(i)G = {a ∈ Q(i) | id(a) = a und τ (a) = a} = Q.
√
(b)√Wir betrachten
√ Q ⊂ Q( 3 2). Es gilt G = {id} √ (siehe Beispiel 4.2.5(b)) und
3 G 3 3
Q( 2) = Q( 2) 6= Q. Die Erweiterung Q ⊂ Q( 2) ist dann auch keine Galois-
erweiterung, da sie nicht normal ist (siehe Beispiel 4.4.2(b)).
Satz 4.8.10. Sei L ein Körper und sei H < Aut(L) eine endliche Untergruppe.
Dann ist LH ⊂ L eine Galoiserweiterung mit [L : LH ] = |H| und Gal(L/LH ) = H.
| Gal(L/K)| = [L : K].
[L : K] = [L : LG ] = |G| = | Gal(L/K)|.
(b) K ⊂ M ist genau dann eine Galoiserweiterung, wenn ϕ(M ) = M gilt für alle
ϕ ∈ Gal(L/K).
Wir sind endlich soweit den Hauptsatz der Galoistheorie formulieren zu können.
U := {H | H < G},
Z := {M | K ⊂ M ⊂ L Zwischenkörper}.
Dann gilt
(b) µ und η kehren Inklusionen um: Es gilt µ(M2 ) < µ(M1 ) für M1 ⊂ M2 , und
η(H2 ) ⊂ η(H1 ) für H1 < H2 ;
Beispiel 4.8.15. Sei√f (x) = x4 − 2 ∈ Q[x] (wie im Beispiel 4.7.5). Wir haben
gesehen, dass L = Q( 4 2, i) Zerfällungskörper von f über Q ist, und, dass
Nach Beispiel 4.8.5 ist Q ⊂ L eine Galoiserweiterung und nach Satz 4.8.14 können
wir jedem Zwischenkörper M der Erweiterung Q ⊂ L eine Untergruppe der Galois-
gruppe D4 = Gal(L/Q) zuordnen, die M elementweise fest lässt, und umgekehrt
jeder Untergruppe H < D4 den Zwischenkörper, den sie fixiert.
4.8 Die Galoiskorrespondenz 83
Wir können die Untergruppen von D4 explizit bestimmen: Wegen |D4 | = 8 hat
D4 Untergruppen der Ordnung 1, 2, 4 und 8. Die Untergruppen der Ordnung 2
sind {id, σ 2 }, {id, τ }, {id, στ }, {id, σ 2 τ } und {id, σ 3 τ }, und die der Ordnung 4 sind
{id, σ, σ 2 , σ 3 }, {id, σ 2 , τ, σ 2 τ } und {id, σ 2 , στ, σ 3 τ }, also
D4
{id}
Sei h ∈ H < D4 , dann ist die Abbildung ϕh : L −→ L gegeben durch ϕh (a) = h(a)
eine lineare Abbildung. Wenn a durch h festgelassen wird, dann ist a also Eigenvektor
von ϕh zum Eigenwert 1. Damit ist LH als Vektorraum über Q gleich
\
Eig1 (ϕh ),
h∈H
Ähnlicherweise gilt
√ √
η {id, σ 2 } = Q( 2, i),
4
η {id, στ } = Q (1 + i) 2 ,
√ √
η {id, σ 2 τ } = Q(i 2), η {id, σ 3 τ } = Q (1 − i) 2 ,
4 4
√
η {id, σ, σ 2 , σ 3 } = Q(i), η {id, σ 2 , τ, σ 2 τ } = Q( 2),
√
η {id, σ 2 , στ, σ 3 τ } = Q(i 2).
√ √
Q( 2) Q(i) Q(i 2)
√ √ √ √ √
Q(i 4 2) Q( 4 2) Q( 2, i) Q (1 + i) 4 2 Q (1 − i) 4 2
√
Q( 4 2, i)
Beweis des Satzes 4.8.10. Sei a ∈ L. Wir betrachten die Bahn H(a) von a unter
der Operation von H. Da H endlich Qn ist, ist auch H(a) endlich, also H(a) = {a =
a1 , a2 , . . . , an } ⊂ L. Sei fa (x) := i=1 (x − ai ) ∈ L[x] und sei ϕ ∈ H. Wir betrachten
ϕ(fa ). Da ϕ die Faktoren (x − ai ) von fa permutiert (denn ϕ(x − ai ) = x − ϕ(ai ) =
x − aj ), folgt ϕ(fa ) = fa , d.h. fa ∈ LH [x]. Sei H
ma ∈ L [x] das Minimalpolynom von
H
a über L . Es gilt ϕ ma (α) = ma ϕ(α) für alle α ∈ L, da ϕ die Koeffizienten
von ma festlässt. Damit sehen wir, dass falls α eine Nullstelle von ma ist, dass
dann auch ϕ(α) eine Nullstelle von ma ist. Da ai in der Bahn von a unter der
Operation von H auf a liegt, und a eine Nullstelle von ma ist, ist damit ai eine
Nullstelle von f für alle 1 ≤ i ≤ n. Somit gilt fa ma und da ma irreduzibel ist,
folgt fa = ma . Da a ∈ L Nullstelle von ma ∈ LH [x] ist, ist a algebraisch über LH .
Auch ist a (nach Definition 4.4.12) separabel über LH , da ma (x) = ni=1 (x − ai )
Q
nur einfache Nullstellen hat und damit separabel ist. Weil a ∈ L beliebig ist, ist
damit die Erweiterung LH ⊂ L algebraisch und separabel. Weiterhin gilt nach Satz
3.3.11(b), dass [LH (a) : LH ] = deg(ma ) = n = |H(a)|. Mit Satz 1.8.11 folgt daraus,
dass [LH (a) : LH ] ≤ |H|, für alle a ∈ L. Nach Lemma 4.8.9 gilt dann
[L : LH ] ≤ |H|.
Damit ist die Erweiterung LH ⊂ L endlich und nach Satz 4.4.14 existiert ein pri-
mitives Element c ∈ L mit L = LH (c). Da alle Nullstellen von mc ∈ LH [x] in L sind
(wir haben gesehen, dass die Nullstellen von mc genau die Elemente aus H(c) sind),
zerfällt mc über L in Linearfaktoren. Somit ist L = LH (c) Zerfällungskörper von mc
über LH . Nach Satz 4.4.3 ist LH ⊂ L dann eine normale Erweiterung. Wir haben
also gefunden, dass LH ⊂ L eine separable, endliche und normale Erweiterung ist,
also ist sie eine Galoiserweiterung.
Nach Definition wird LH durch H elementweise festgelassen, also H ⊂ Gal(L/LH ).
Sei ϕ ∈ Gal(L/LH ). Da c eine Nullstelle von mc ∈ LH [x] ist, ist auch ϕ(c) eine
Nullstelle von mc . Damit folgt ϕ(c) ∈ H(c), und somit gibt es ein ψ ∈ H mit
ϕ(c) = ψ(c). Da L von LH und c erzeugt wird, wird ϕ bestimmt durch ϕ(c), also
4.8 Die Galoiskorrespondenz 85
gilt ϕ = ψ ∈ H. Wir haben also gefunden, dass Gal(L/LH ) ⊂ H und damit gilt
Gal(L/LH ) = H. Wir betrachten die Abbildung ` : H −→ H(c) gegeben durch
`(ϕ) = ϕ(c). Diese Abbildung ist bijektiv: ` ist trivialerweise surjektiv und da ϕ
bestimmt wird durch ϕ(c) ist ` auch injektiv. Damit folgt |H| = |H(c)| und
Beweis des Lemmas 4.8.13. Die Erweiterung K ⊂ L ist also endlich, normal und
separabel. Mit Satz 3.2.5 folgt unmittelbar, dass K ⊂ M und M ⊂ L dann auch
endlich sind.
(a) Nach Satz 4.4.3 gibt es ein Polynom f ∈ K[x], so dass L Zerfällungskörper von f
über K ist. Es gilt auch f ∈ M [x], und L ist auch Zerfällungskörper von f über M
(L ist der kleinste Körper der K und die Nullstellen von f enthält, und damit auch
der kleinste Körper der M und die Nullstellen von f enthält) und somit ist M ⊂ L
normal. Sei a ∈ L, dann betrachten wir die Minimalpolynome ma,K und ma,M von
a über K bzw. M . Da ma,K , ma,M ∈ M [x] und ma,M irreduzibel ist über M , folgt
mit Bemerkung 3.3.9(a), dass ma,M ma,K . Da K ⊂ L separabel ist, hat ma,K in L
keine mehrfache Nullstellen. Damit hat auch ma,M in L keine mehrfache Nullstellen
und somit ist M ⊂ L separabel.
(b) Sei K ⊂ M eine Galoiserweiterung und sei a ∈ M . Sei ma das Minimalpolynom
von a über K und sei ϕ ∈ Gal(L/K). Da a eine Nullstelle von ma ist, ist auch ϕ(a)
eine Nullstelle von ma (in L). Da K ⊂ M (nach Annahme) normal ist, folgt dann
ϕ(a) ∈ M und ϕ(M ) ⊂ M . Wenn {a1 , . . . , an } eine Basis von M über K ist, dann ist
{ϕ(a1 ), . . . , ϕ(an )} eine Basis von ϕ(M ) über K. Daraus folgt [ϕ(M ) : K] = [M : K]
und ϕ(M ) = M .
Jetzt nehmen wir umgekehrt an, dass ϕ(M ) = M gilt für alle ϕ ∈ Gal(L/K). Sei
ϕ ∈ Gal(L/K), dann ist ϕ|M eine Abbildung von M nach M , also ϕ|M ∈ Aut(M ),
und es folgt ϕ|M ∈ Gal(M/K). Sei H = {ϕ|M ∈ Gal(M/K) | ϕ ∈ Gal(L/K)}. Dann
ist H < Aut(M ) und es gilt
Da K ⊂ L eine Galoiserweiterung ist, folgt mit Lemma 4.8.6, dass Gal(L/K) endlich
ist, und mit Satz 4.8.7, dass LGal L/K = K. Damit folgt: H ist endlich und M H = M ∩
K = K. Mit Satz 4.8.10 folgt dann: K = M H ⊂ M ist eine Galoiserweiterung.
Beweis des Satzes 4.8.14. Wir bemerken zuerst, dass µ und η wohldefiniert
sind: Wir können einfach verifizieren, dass tatsächlich Gal(L/M ) < Gal(L/K) gilt
86 Kapitel 4. Galoistheorie
(siehe auch Aufgabe 1.1 von Übungsblatt 10), also µ(M ) ∈ U . Nach Bemerkung
4.8.3 gilt K ⊂ LH ⊂ L, also η(H) ∈ Z.
(a) Sei M ∈ Z, dann gilt
(η ◦ µ)(M ) = η µ(M ) = η Gal(L/M ) = LGal(L/M ) .
Nach Lemma 4.8.13 ist M ⊂ L eine Galoiserweiterung, also folgt mit Satz 4.8.7,
dass (η ◦ µ)(M ) = M , d.h. η ◦ µ = id. Sei H ∈ U . Nach Lemma 4.8.6 ist H endlich,
also folgt mit Satz 4.8.10
(µ ◦ η)(H) = µ η(H) = µ(LH ) = Gal(L/LH ) = H,
Beispiel 4.9.3. Sei f (x) = x3 + 3px + 2q ∈ Q[x] mit p, q ∈ Q, und sei L Zerfällungs-
körper von f über
q Q. Dann ist L nach Satz 4.1.1 enthalten in Q(ω, u+ , u− ), mit ω =
2πi 3
p
e 3 und u± = −q ± q 2 + p3 . Da u+ u− = −p ∈ Q, gilt Q(ω, u+ , u− ) = Q(ω, u+ ).
Mit p
Q ⊂ Q(ω) ⊂ Q(ω, q 2 + p3 ) ⊂ Q(ω, u+ )
sehen wir dann, dass Q ⊂ Q(ω, u+ ) eine Radikalerweiterung ist. Damit ist f durch
Radikale lösbar und somit sind alle Polynome f ∈ Q[x] vom Grad 3 durch Radikale
lösbar. Ähnlicherweise gilt dies auch für Polynome vom Grad 2 und 4.
Satz 4.9.4. Sei f ∈ Q[x]. Dann ist f genau dann durch Radikale lösbar, wenn
Gal(f ) auflösbar ist.
Bemerkung 4.9.5. Wir beweisen nur: Falls f durch Radikale lösbar ist, dann ist
Gal(f ) auflösbar.
Beweis. (a) Die Nullstellen von f (x) = xn − 1 ∈ Q[x] in C sind gegeben durch ζnk ,
mit 0 ≤ k < n. Damit ist Q(ζn , ζn2 , . . . , ζnn−1 ) = Q(ζn ) Zerfällungskörper
von f über
Q, also ist Q ⊂ Q(ζn ) eine Galoiserweiterung. Da ϕ ∈ Gal Q(ζn )/Q wird bestimmt
durch ϕ(ζn ), und ϕ Nullstellen von f abbildet auf Nullstellen von f , gilt ϕ = σl mit
0 ≤ l < n, wobei σl (ζn ) = ζnl . Dann folgt
l
(σl1 ◦ σl2 )(ζn ) = σl1 ζnl2 ) = σl1 (ζn ) 2 = ζnl1 l2 = σl1 l2 (ζn ),
(wobei wir l1 l2 modulo n betrachten).
Damit gilt σl1 ◦ σl2 = σl1 l2 = σl2 l1 = σl2 ◦ σl1
und somit ist Gal Q(ζn )/Q abelsch.
(b) Nach Satz 3.3.14 ist K ⊂ L eine endliche und algebraische Erweiterung. Da
K ⊂ C und char(C) = 0 gelten, gilt auch char(K) = 0. Nach Bemerkung 4.4.13√ ist
n k n
die Erweiterung K ⊂ L dann separabel. Die√Nullstellen von x − a in C sind ζn a
mit 0 ≤ k < n. Die liegen alle in L (da ζn , n a ∈ L). Somit ist L Zerfällungskörper
von xn − a ∈ K über K. Damit ist K ⊂ L eine normale Erweiterung und somit eine
Galoiserweiterung. Sei ϕ ∈ Gal(L/K), dann schickt √ ϕ wie immer Nullstellen von
n n
x − a auf Nullstellen von x −√a. Da ϕ √ durch ϕ( a) bestimmt wird, folgt dann,
n
l n
dass ϕ = σl (0 ≤ l < n), mit σl ( a) = ζn a). Also
n
√ √ √ √
(σl1 ◦ σl2 )( n a) = σl1 ζnl2 n a) = ζnl2 σl1 ( n a) = ζnl1 +l2 n a = σl1 +l2 (ζn ),
(wobei wir l1 +l2 modulo n betrachten). Damit gilt σl1 ◦σl2 = σl1 +l2 = σl2 +l1 = σl2 ◦σl1
und somit ist Gal(L/K) abelsch.
Bemerkung 4.9.8. (a) Es gilt nicht unbedingt, dass σl auch wirklich ein Element
aus Gal Q(ζn )/Q bzw. Gal(L/K) ist.
(b) Man kann (einfach) zeigen: Gal Q(ζn )/Q ist isomorph zu einer Untergruppe
der multiplikativen Gruppe Z∗n . Für n = p eine Primzahl ist Gal Q(ζp )/Q isomorph
Da bn ∈ L ist auch ϕ(bn ) ∈ L und damit sind alle Nullstellen von g Radikale über
L. Somit ist der Zerfällungskörper von g über L eine Radikalerweiterung über L. Sei
ψ ∈ Gal(L/Q). Dann gilt
Y Y
xn − (ψϕ)(bn ) = xn − ϕ(b
e n ) = g(x).
ψ g(x) =
ϕ∈Gal(L/Q) ϕ∈Gal(L/Q)
e
4.10 Das inverse Galoisproblem 89
Nach Beispiel 4.8.5 ist Q ⊂ L eine Galoiserweiterung also gilt LGal(L/Q) = Q (Satz
4.8.7). Da alle Koeffizienten von g durch ψ ∈ Gal(L/Q) festgelassen werden, gilt
also g ∈ Q[x]. Sei fe := f g ∈ Q[x] und sei L
e Zerfällungskörper von fe über Q. Dann
ist L ⊂ L
e eine Radikalerweiterung. Da g(b) = 0 ist, gilt b ∈ L e und L(b) ⊂ L. e
Beweis des Satzes 4.9.4 (nur eine Richtung). Sei L Zerfällungskörper von
f über Q. Nach Definition gibt es eine Radikalerweiterung Q ⊂ M mit L ⊂ M .
Das Problem ist, dass Q ⊂ M möglicherweise keine Galoiserweiterung ist. Darum
vergrössern wir M zu M 0 (also M ⊂ M 0 ), so dass Q ⊂ M 0 eine Radikalerweiterung
und gleichzeitig auch eine Galoiserweiterung ist. Dazu benutzen wir Lemma 4.9.9: Sei
Q = K1 ⊂ K2 ⊂ . . . ⊂ Kk = M eine Kette von Körpererweiterungen, so dass Ki+1 =
Ki (bi ) mit bni i ∈ Ki . Dann ist L1 := K1 Zerfällungskörper eines linearen Polynoms
f1 . Durch wiederholt anwenden des Lemmas 4.9.9 erhalten wir Polynome fi ∈ Q[x]
mit Zerfällungskörper Li über Q, so dass Li−1 ⊂ Li eine Radikalerweiterung ist.
Außerdem gilt Ki ⊂ Li . Wir haben dann Q = L1 ⊂ L2 ⊂ . . . ⊂ Lk . Sei M 0 = Lk ,
dann ist Q ⊂ M 0 also eine Radikalerweiterung und da M 0 Zerfällungskörper eines
Polynoms fk ∈ Q[x] ist, ist Q ⊂ M 0 auch eine Galoiserweiterung. Weiterhin gilt
L ⊂ M = Kk ⊂ Lk = M 0 , also L ⊂ M 0 . Da Q ⊂ M 0 eine Radikalerweiterung
ist, gibt es eine Körperkette Q = R1 ⊂ R2 ⊂ . . . ⊂ Rr = M 0 , mit Ri+1 = Ri (ui )
2πi
und usi i ∈ Ri . Sei s := kgV(s1 , . . . , sr−1 ) und sei ζ = ζs = e s . Sei Si = Ri (ζ)
(1 ≤ i ≤ r). Wir betrachten Q = S0 ⊂ S1 ⊂ . . . ⊂ Sr . Dann ist S0 ⊂ S1 eine
Galoiserweiterung mit abelscher Galoisgruppe (Lemma 4.9.7(a)). Da Si die si -te
Einheitswurzel enthalt, ist Lemma 4.9.7(b) anwendbar. Es folgt, dass Si ⊂ Si+1
(1 ≤ i < r) eine Galoiserweiterung mit abelscher Galoisgruppe ist. Da Sr = M 0 (ζ)
Zerfällungskörper von (xs − 1)fk (x) über Q ist, ist S0 ⊂ Sr eine Galoiserweiterung.
Mit Lemma 4.8.13 folgt, dass Si ⊂ Sr (0 ≤ i < r) eine Galoiserweiterung ist.
Wenn wir Teil (d) und (e) des Fundamentalsatzes anwenden auf Si ⊂ Si+1 ⊂ Sr ,
folgt Gal(Sr /Si+1 ) C Gal(Sr /Si ) und Gal(Sr /Si )/ Gal(Sr /Si+1 ) ' Gal(Si+1 /Si ). Sei
Ni = Gal(Sr /Si ), dann haben wir also {e} = Nr CNr−1 C. . .CN1 CN0 = Gal(Sr /Q),
wobei Ni /Ni+1 ' Gal(Si+1 /Si ) abelsch ist. Damit ist Gal(Sr /Q) auflösbar. Für L
(Zerfällungskörper von f ) erhalten wir dann L ⊂ M 0 ⊂ M 0 (ζ) = Sr , also Q ⊂
L ⊂ Sr . Da Q ⊂ L eine Galoiserweiterung ist, folgt mit dem Fundamentalsatz, dass
Gal(Sr /L) C Gal(Sr /Q) und Gal(Sr /Q)/ Gal(Sr /L) ' Gal(L/Q). Mit Satz 4.6.3(b)
folgt dann, dass Gal(L/Q) auflösbar ist.
Beweisidee. Sei n ∈ Zn≥2 , dann gibt es eine Primzahl p, so dass n (p − 1) (nach
dem Dirichletschen Primzahlsatz). Wir betrachten die Galoiserweiterung Q ⊂ Q(ζp ).
Nach Bemerkung 4.9.8(b) gilt Gal(Q(ζp )/Q) ' Z/(p − 1)Z, also ist Gal(Q(ζp )/Q)
eine zyklische Gruppe der Ordnung (p − 1). Es gibt eine zyklische Untergruppe
H < Gal(Q(ζp )/Q) der Ordnung m := p−1 n H ' Z/mZ. Wir betrachten
, also M :=
H
Q(ζp ) . Nach Satz 4.8.10
gilt Gal Q(ζp )/M = H. Da Gal Q(ζp )/Q abelsch ist,
gilt H C Gal Q(ζp )/Q , und mit Teil (d) des Fundamentalsatzes folgt, dass die
Erweiterung Q ⊂ M eine Galoiserweiterung ist. Mit Teil (e) folgt dann
Gal(M/Q) ' Gal Q(ζp )/Q Gal Q(ζp )/M ' Z/(p−1)Z (Z/mZ) ' Z/nZ.
Bemerkung 4.10.3. (a) Ähnlicherweise kann man zeigen, dass jede endliche abel-
sche Gruppe als Galoisgruppe über Q realisierbar ist.
(b) Auch jede endliche auflösbare Gruppe ist als Galoisgruppe über Q realisierbar.
Weiterhin sind An und Sn realisierbar.
Offenes Problem 4.10.4. Ist jede endliche Gruppe als Galoisgruppe über Q reali-
sierbar??