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Separatabdruck aus dem Correspondenz-Blatt d. deutschen anthropol. Gesellscli. 1884. Nr. 11.

Bericht über die XV. allgemeine Versammlung in Breslau.

sonders aber haben ein helles Licht auf diese


Herr T i s c h l e r : (Ueber Email).
Emailfabrikation die Ausgrabungen von Bibrakte
Im Anschluss an die Untersuchung der Perlen, — welches man mit Recht das gallische Pompei
von der ich gestern berichtete, habe ich im Som- nennen kann, geworfen, und ich bedauere nur,
mer die eingehende Erforschung des Emails auf- dass diese Ausgrabungen nicht fortgesetzt wurden.
genommen. Wenn dieselbe auch noch lange Ich werde auf diese Fabrikation zurückkommen.
nicht abgeschlossen i s t , und ich gerade im Das Email aus den Ateliers von Bibrakte ist
nächsten Winter die optische und chemische Un- wirklich gallisch aus der letzten Zeit der Unab-
tersuchung fortzusetzen gedenke, so habe ich doch hängigkeit,
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und war ausschliesslich von rother Farbe.
einige Resultate gewonnen, die von solcher Trag- Bereits kurz vor dem Beginn der La Tene-Periode,
weite zu sein scheinen, dass ich sie in den Grund- die wir vielleicht annähernd um 400 setzen dür-
zügen Ihnen vorzutragen mir erlaube. Ich hoffe, fen, findet sich die echte Koralle, (wie Sie im
in die Lage gesetzt zu werden , das Material zu nächsten Jahr in Karlsruhe sehen werden), sowohl
einer erfolgreichen Weiterführung der Studien zu als rothe Perle wie als rothe Einlage, als Besatz
erhalten, zumal ein minimaler Splitter f ü r die von Fibeln und zahlreichen anderen Geräthen.
Untersuchung genügt. Die ungeheuere Masse Korallen als Einlagen von
Die Geschichte des Emails geht in ferne, Schwertern, Schilden , Gürtelhaken zur frühen
dunkle Zeit zurück, bis in den Beginn der Eisen- La Tene-Zeit können davon einen Begriff geben,
zeit zu Kobän in solchen Stücken, die man viel- zumal wenn wir die grosse Menge dieser
leicht bis an den Anfang des 1. Jahrtausends v. Korallen im Museum zu St. Germain sehen.
Christi datiren kann. Von dem älteren ägyptischen Es ist möglich, dass die Einlagen bei den
echten Email besitzen wir nichts. Es finden sich Vogelkopffibeln, die im Saar-Nahegebiet häufig
n u r Abbildungen aus Gräbern der 18., 19. Dy- vorkommen, Korallen sind; ich habe aber nicht
nastie in Theben, welche auf emaillirte Gefässe Gelegenheit
ο zur näheren Untersuchuno;ο gehabt.
ο
schliessen lassen. Alle diejenigen Schmuckstücke P l i n i u s berichtet von der Vorliebe der Gallier
oder tempelartigen Platten(Pectorale)mitSkarabaeen für Korallen und schreibt, dass dieselben in
und Greifen, welche im Louvre aus dem Serapeum späterer Zeit knapp geworden sind. So dürfte
stammen, enthalten, wie mir die eingehendste Unter- denn das Email als Ersatz der Korallen aufge-
suchung zeigte, passend zugeschliffene dreieckige treten sein. Das zeigt auch die Form, in der
oder viereckige Steinchen oder Emailstücke, die das gallische Email verschieden von der Art und
meist in aufgelöthete Zellen eingelegt und durch Weise des Emails auf römischen und späteren
Kitt festgehalten werden, ein Kitt, der zu Tage Gegenständen auftritt. Denn während das Email
t r i t t , wo die Stücke Email herausgefallen sind, hauptsächlich später als Dekoration von Flächen
die einzigen Stücke in echtem Emailcloisonne, diente, die durch dünne Metallstege gegliedert
sind ein kleinen Sperber im Louvre und in den werden, tritt es hier linear auf in vertiefter
Antiquarien zu München und Berlin der Gold- Zeichnung in schmalen oft auch sich kreuzenden
schmuck aus der Pyramide zu Meroe, der aus Furchen, welche mit einer rothen Masse ausgefüllt
einer sehr späten Periode des Alterthums stammt, sind, in der Art des Niello, so dass man es mit
über die ich mir kein Urtheil erlauben möchte.*) dem Namen Furchenschmelz bezeichnen kann,
Zuerst t r i t t das echte Email in ziemlich be- andererseits als grössere Scheiben, welche nicht
deutender Menge in den letzten Jahrhunderten fest mit der Unterlage verbunden sind, sondern
vor Chr. in der La Tdne Periode vor uns, auf durch Stifte fixirt werden müssen. In dieser
dem Höhepunkt dieser Periode, die durch inter- Art erinnert es an Korallendekoration. Doch
essante , merkwürdige von den klassischen ab- finden sich auch Stücke, wo das Email grössere
weichende Ornamente charakterisirt wird. Wir Flächen bedeckt. So besonders bei zahlreichen
finden auf Fibeln vielfach rothe Einlagen, die Gürtel haken und dazu gehörigen Bronzeketten
man mit dem Namen Pasten bezeichnet hat, ohne Ungarns (in den Museen von Budapest, Klausen-
sie zu untersuchen. Die Ringe von Unter- burg.*) Ganz besonders interessant sind aber
ifflingen Ο
in den Museen von Stuttgart,
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und andere
zu Prag, Wiesbaden, Bern gehören hieher. Be- *) Eine nach Abhaltung meines Vortrags zu Buda-
pest vorgenommene Untersuchung dieser Haken, von
*) Hierüber am Schlüsse mehr. denen mir Proben bereitwilligst zur Disposition ge-
ο

die Emails aus England, die durch F r a n k s in Wir finden als rothes Email zwei verschieden-
den Horae ferales und neuerdings durch A n d e r - artige Stoffe, und es hat die Untersuchung des
s o n bekannt geworden sind. Hier sind grössere gallischen, wie römischen rothen Schmelzes er-
Flächen mit rothem Email bedeckt, auch scheinen geben, dass sie chemisch und anderweitig different
mehrere Farben aufzutreten, was beim gallischen sind; das Email von Bibrakte hat einen hoch-
Email sonst nicht der Fall ist. Die Stücke unter- gradigen Bleigehalt und Kupfer-Oxydul, während
scheiden sich im Style sehr von denen aus römi- die Glasperlen aus römischer Zeit ein bleifreies
scher Zeit, und da wir jetzt wohl vollständig von Kalkglas mit Zinn, Kupfer und einer grossen
der Ansicht zurückgekommen sind, dass die Be- Portion Eisen. Es sind die Untersuchungen über
wohner Britaniens zu Caesars Zeit rohe Barbaren die rothen Glaspasten durch v. P e t t e n k o f e r und
oder Halbwilde waren, und da wir wohl wissen, im Laboratorium der technischen Hochschule in
dass sie damals schon im Besitze einer eigenen Braunschweig durch E b e l ausgeführt worden,
nicht gering anzuschlagenden Technik waren, so welche interessante Ergebnisse geliefert haben
können wir uns der Annahme nicht verschliessen, und aber theilweise zu irrthümlichem Resultat
dass die fraglichen Stücke einer in England ein- führten, wegen der damaligen ungenügenden Aus-
heimischen vorrömischen Emaillirkunst angehören. bildung der mikroskopischen Untersuchung. Die
Ich konnte diese Stücke jedoch nicht in das Bereich chemische Untersuchung aber kann man nicht
meiner Untersuchungen ziehen, weil ich sie selbst ordentlich d u r c h f ü h r e n , weil man oft nur die
noch nicht gesehen habe. Vielleicht gelingt es kleinsten Stücke benutzen kann. Durch die mi-
mir aber ganz kleine Splitter davon zu einhalten kroskopische Untersuchung bin ich jedoch zu einem
und es würde deren Untersuchung dann einen erfreulichen Resultat gelangt. F r ü h e r verfiel ich
vorläufigen Abschluss dieser Arbeit bilden. auch noch in I r r t h ü m e r n durch Vermengung von
Es ist auch die Technik, in der man das Wesentlichem und Unwesentlichem. Erst im Dünn-
vorrömische Email anwendete, von der späteren schliff zeigt sich die vollständige Klarheit, Ich
verschieden. Während die cloisonnes und die habe meine Dünnschliffe nebenbei ausgestellt und
champleves hergestellt wurden, dadurch, dass man man hat mir ein Mikroskop versprochen, so dass
das Email als feuchtes Pulver eintrug, haben ich sie denjenigen Herren, die sich dafür inter-
die grossartigen Entdeckungen von Bibrakte ge- essiren, vorführen kann. Man erkennt dann, dass
zeigt, in welcher Weise man zu gallischer Zeit man es mit zwei ganz verschiedenen Arten rothen
verfuhr. In dieser Stadt hat man eine grosse undurchsichtigen Glases zu tliun hat. Ich habe
Menge von Werkstätten entdeckt unter anderen ein Splitterchen von Bibrakte untersucht, ferner
auch die des Emailleurs mit einer Masse von eins aus dem Stuttgai'ter Museum von Unter-
Abfallstücken, welche eine klare Anschauung der Ifflingen, ferner ein grosses Stück ägyptischen
Technik geben. Hierüber ist ein Werk erschie- Emails aus dem Berliner Museum und zum Schluss
nen von B u l l i o t : L ' a r t de l'Emaillerie chez les einen neuerdings hergestellten identischen rothen
Eduens, (das vorgelegt wird), leider die einzige Glasfluss, den ich näher skiziren werde. Das
ausführliche Publikation von den grossartigen ν. Ρ e 11 e η k ο f e r ' sehe Haematinon. Alle diese
Ausgrabungen. Danach ist die Prozedur folgende: Gläser zeigen einen einheitlichen Charakter, wenn
Man hat eine Nadel oder ein anderes Objekt mit sie auch in Einzelheiten abweichen; ich weiss
einem Thonmantel umgeben und das Email als nicht, ob eine weitere Differenzirung möglich ist.
Ganzes darauf geschmolzen, nachher auf kleinen In einer durchsichtigen Grundmasse bei starker
Sandsteinen so geschliffen, dass nur die Furchen Vergrösserung farbloser Glasmasse ist eine Menge
mit Email erfüllt zurückblieben. Selbstverständ- Krystalle zerstreut, am reinsten zu Bibrakte,
lich kam es vielfach vor, dass beim Email der meist sternförmige oder büschelförmige oder
Grund nicht dieselbe Temperatur hatte und das tannenzweigartige Bildungen im Winkel von 60
Stück absprang, und gerade die grosse Menge oder 90 0 formirt, welche an den Enden deutlich
dieser abgesprungenen Stücke mit abgedrückten in oktaedrischer Form abschliessen; es finden sich
Furchen zeigen dies klar. Ich habe durch die auch reguläre Oktaeder darunter, bei den
Freundlichkeit des Herrn B e r t r a n d , Direktor ägyptischen Stücken meist mit gebrochenen Kan-
des Musee St. Germain, einige solche Stücke er- ten, so dass wir es hier mit Pyramidenoktaedern
halten und sie haben Anlass zu einer interessanten zu thun haben. Es finden sich einzelne, wo die
Untersuchung gegeben. Krystallformen noch weniger zu erkennen sind,
wo die Nadeln rund oder spitzig auslaufen. Alle
stellt wurden, ergab, dass das Email ganz dieselben diese Bildungen sind, was man bei einer sehr
Krystallisationen zeigte wie bei dem Halsring von
Unter-Ifflingen, d. h. die vorrömischen Formen. starken Vergrösserung von 500 bis 1500 erkennt,
transparent, allerdings nur in dünnen Lamellen; Gehen wir nun zum rotlien römischen Email
die F a r b e ist ein bräunliches Roth, zeigt sich über, so finden wir wesentlich verschiedene Er-
nur in dickeren Stellen als mehr purpurroth; scheinungen. Ich habe hier eine grössere An-
erst ein P r ä p a r a t , welches ich Herrn Professor zahl von P r ä p a r a t e n , rothe Glasperlen aus Ost-
Z i r k e l in Leipzig verdanke, welches Anfangs preussen, Mosaikplatten aus T r i e r , Email von
der 60 er Jahre von Oschatz hergestellt wurde, einer ostpreussischen Fibel aus römischer Zeit. Wir
brachte mir völlige Klarheit. Leider ist die finden in diesen einen hellblauen durchsichtigen
H e r k u n f t dieses Glases unbekannt: es zeigen die G r u n d , in welchem ausserordentlich dicht feine
Krystalle hier ein prachtvolles dunkles Rubinroth schwarze, noch bei stärkster Vergrösserung absolut
und der Vergleich mit den andern Krystallen, opake Körnchen vertheilt sind, so klein, dass man
welche alle Uebergänge zum braun durchmachen, sie bei der stärksten Vergrösserung erst mit den
berechtigt zur Annahme, dass wir es überall schärfsten Immersions-Objektiven entziffern kann.
mit Kupferoxydulkrystallen zu thun haben, und Wir werden aufgeklärt durch das modei'ne Email
diese Annahme wurde mir zur Gewissheit, durch der Emailleurs, das dem römischen an Schönheit
ein mir von Herrn Prof. Z i r k e l geschenktes nicht gleichkommt. Ich habe ein Stück unter-
P r ä p a r a t von Kupfer-ßlüthe, welches lange feine sucht , das wahrscheinlich in Paris fabrizirt ist,
Nadeln von Kupferoxydul zeigt, die in dünneren und auf hellerem Grund feine Körnchen aber
Stücken bräunlich-roth, bei dickeren schön rubin- zellenartig geordnet und in der Mitte grös-
roth sind. v. P e t t e n k o f e r hat sich bemüht, das sere Körnchen zeigt, so dass sie wie Milch-
rothe Glas nachzumachen anknüpfend an eine strasse vom Sonnensystem erscheinen. Die Grös-
Notiz des P l i n i u s ; es ist ihm gelungen, ein seren erweisen sich bei 500 bis 700 facher Ver-
solches Glas darzustellen; seine Methode war die, grösserung krystallinisch, aber die feineren erst
dass er die Materialien in den durch chemische bei 1300 facher, als Tetraeder ähnlich denen des
Analyse festgestellten Maassen zusammenschmolz, Aventurins, aber gleichmässiger ausgebildet.*) In
dann den Fluss bis zum P u n k t der Erweichung auffallendem Lichte sieht man, dass gerade diese
erwärmte, worauf eine Krystallisation des Kupfer- kleinen schwarzen Körnchen es sind, welche
oxyduls erfolgte. Auf diese Weise wird auch leuchtend roth aufblitzen in metallischer Weise,
das Rubinglas dargestellt, nur muss die Quantität so dass wir sicher sein können, dass diese kleinen
Kupfer geringer sein. Ein anderes Glas herzu- tetraederischen opaken Körperchen, welche das
stellen ist v. P e t t e n k o f e r auch gelungen, wel- Ganze dicht erfüllen, die Ursache der rothen Farbe
ches ein Glasfabrikant Miotti zu Venedig im sind, dass wir es wahrscheinlich mit metallischem
17. J a h r h u n d e r t entdeckt hatte und das in den Kupfer zu thun haben und Sie werden den Unter-
20 er J a h r e n durch Β i g a g 1 i a wieder aufs Neue schied zwischen den kleinen selbst fast mikrosko-
zu Tage k a m , das prachtvoll goldflimmernde pischen Splitterchen aus Fibeln römischer Zeit und
Aventuringlas. Dieses zeigt kleine dreieckige denen von Unterifflingen sofort bemerken: es ist
Plättchec, n u r hie und da winzige Krystalle, keine Verwechslung, auch keine Vermittlung mög-
manchmal Oktaeder, vielfach sechseckige Plättchen. lich und es wird uns nun ein äusserst scharfes
Es ist nachgewiesen, dass wir es hier mit Hilfsmittel an die Hand gegeben, auch die klein-
metallischem Kupfer zu t h u n haben, indem es in sten Pröbchen zu untersuchen. ich habe ferner
Röhrchen eingeschmolzen und ausgeblasen, die noch Studien gemacht an den Perlen von Tschmy,
Krystalle ausreckte, so dass wir ein weiches, die für das Auge ein bereits schlechteres Email
dehnbares Metall vor uns haben. zeigen, wie die ganze Technik in der Völker-
Die Krystalle im Aventuringlase erwiesen sich wanderungszeit herabsinkt, es ist analog dein
noch bei den allerstärksten Vergrösserungen als Römischen und besser als das moderne Email, welches
absolut opak und auch das spricht für metal- unsere Industrie trotz aller Künste noch nicht in
lisches K u p f e r , während sie v. P e t t e n k o f e r alter Vollkommenheit herzustellen vermag. Doch
noch f ü r ein hypothetisches Kupfersilicat hielt. habe ich auch später sehr homogene moderne
Es g e l a n g im die Darstellung auf folgende, Gläser gefunden. Ich werde allen von Ihnen, welche
von der vorigen ganz abweichende Weise. Dem in der Lage sind über solche Stücke zu dispo-
Glasflusse mit Kupfer wurden noch Eisenfeilspäne nieren, dankbar sein, wenn sie mir die kleinsten
als Reduktionsmittel zugesetzt, der Ofen nachher Splitter zukommen Hessen. Dadurch werden die
ganz geschlossen und der Tigel in höchster Gluth Gegenstände nur in der minimalsten Weise ver-
24 Stunden stehen gelassen. Bei dieser hohen
Temperatur krystallisirte dann das Kupfer metal- *) Andere Stücke modernen rothen Emails zeigten
lisch aus. das gleichmässige feine Korn des Römischen.
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letzt. Ich ratlie folgende Prozedur an. Man Email bezeichnen könnte — und das dann in den
drückt dies auf gummirtes Papier, zieht einen emaillirten Stücken verwendet wird.
kleinen Kreis mit Bleistift herum, und überklebt Eine nocmmuige Untersuchung eines kleinen
dies mit Seidenpapier , so wird das Splitterchen Sperbers im Berliner Museum bestätigte die im
bewahrt und ich hoffe, dass ich auf meinen Reisen Louvre gewonnenen Resultate, dass hier die blauen
noch viel davon erhalten werde. Es wird darauf und grünen Stücke e i n g e l e g t sind (erstere wohl
ankommen, die Grenzen dieser beiden verschiedenen lapis lazuli), und dasselbe zeigte sich bei mehreren
Richtungeu zeitlich festzustellen, damit wir die Osiris-Statuetten im Wiener Museum und einigen
Formen klassificiren können, ob wir chronologisch Berliner Uraeusschlangen. Daraus folgt, dass wir
scharfe Grenzen haben, oder ob wir nebeneinader aus der Zeit der 18. und 19. Dynastie nur ein-
die beiden Fabrikationsarten finden, die verschie- gelegte Arbeit besitzen, zu Meroe ächtes blaues
dene Verbreitungswege verfolgen. Denn das alte und grünes Email mit eingelegtem Roth.
Kupferoxydulglas hat wohl in der römischen Die überraschendsten Resultate ergab das rothe
Kaiser-Zeit nicht aufgehört. Der Stoff war schöner, Email von Κ ο b a η im Kaukasus. Dasselbe ist
als das rothe römische Kupferglas. Die Analyse bereits von Herrn Geheimeraih V i r c h o w unter-
eines Stücks aus Pompeji hat ergeben, dass man sucht und beschrieben worden ( V i r c h o w : Das
es zu neuerer Zeit noch verwendete, nur zu Perlen Gräberfeld von Koban p. 66 ff.). Die in seinem
gebrauchte man die frühere Masse nicht, weil es Besitz befindlichen Stücke habe ich leider bei
sich nicht dazu verarbeiten lässt. Es entfärbt das meiner Rückreise in Berlin nicht sehen können.
Kupferoxydulglas sich sofort, indem es sich auflöst Hingegen konnte ich die im Wiener Hof-Museum
auch bei der grössten Vorsicht. Nur bei einer ganz vorhandenen untersuchen, daselbst befinden sich
vorsichtigen Behandlung gelingt es, es im rothen mehrere (circa 5) Gürtelplatten, ganz im Styl
Zustande zu schmelzen, während das römische der von V i r c h o w untei'suchten, die unzweifel-
sich viel schwerer auflöst. Daher scheinen auch haft emaillirt waren. Bei den meisten hat sich
von der römischen Kaiserzeit keine rothen Perlen das Email leider in eine krümmlige, verwitterte
vorzukommen. Masse umgesetzt, n u r bei einem einzigen sind in den
Die anderen Emailproben werde ich hier zinnenartigenartigen Furchen (wie V i r c h o w X 1)
nicht mehr behandeln, da dies bei der beschränk- ein Paar winzige Spuren von deutlich rothem
ten Zeit zu weit führen würde, Sie sehen aber, Email erhalten. Ich d u r f t e hievon ein selbst
dass das Mikroskop wieder in einer neuen Weise schon mikroskopisches Splitterchen ablösen, das
dem Archäologen als treuer Freund zur Seite ich bei meiner Rückreise sofort in Berlin bei
getreten ist. Fuess zuschleifen liess, ebenso wie den Splitter
Nachtrag. Nach Abhaltung dieses Vortra- von Meroe. Zu genauer Untersuchung ist das
ges gelang es mir durch die gütige Unterstützuug Zuschleifen solcher Splitter durchaus nothwendig.
vieler Museumsvorstände auf meiner Reise durch Es kann in ähnlicher Weise ausgeführt werden
Oesterreich-Ungarn eine grosse Menge von älteren wie bei grösseren Gesteinsdünnschliffen — , zur
und neueren Emailsplitterchen, besonders rothen Konstatirung der Hauptunterschiede ob Blutglas
zu erlangen und einige derselben bereits zu unter- oder lackrothes genügt schon die Betrachtung
suchen , wobei die obigen Resultate vollständig der rohen Splitter.
bestätigt wurden. Am wichtigsten dürfte die Die Probe von Koban zeigte nur die charak-
Untersuchung eines rothen Emailsplitterchens aus teristischen Eigenschaften des lackrothen Emails;
dem Armbande von M e r o e im Berliner Aegyp- in blauem transparenten Grunde sehr feine opake,
tischen Museum sein. Dasselbe erwies sich als also im durchfallenden Lichte schwarze Körnchen.
Haematinon — was ich B l u t g l a s nennen will — Bei auffallendem Licht waren sie roth und bei
rothe transparente dendritische Krystalle in klarer i sehr starker Vergrösserung zeigte es sich, dass
heller Glasmasse. Zugleich konnte ich nun end- gerade die opaken Körnchen die Träger der
giltig konstatiren, dass das grüne und blaue Email rothen Farbe waren. Es entspricht dann mithin
in diesen Stücken eingeschmolzen, also ächtes Email der von V i r c h o w 1. c. p. 68 gemachten Be-
cloisone, das rothe aber in kleinen vorher geformten schreibung. W i r haben es also mit achtem rothen
Plättchen eingekittet ist, also verroterie cloisonee; Lack-Email zu t h u n , das in seiner Haupteigen-
die Technik ist hier also eine gemischte. Es schaft mit dem Römischen und neueren überein-
werden demnach diese Stücke der Kaiserzeit vor- stimmt (einen Thonerdegehalt konnte ich auch im
angehen, da man dann in Aegypten dieselben Römischen Orange-Email nachweisen). Das von
Glasperlen antrifft wie in ganz Europa mit dem V i r c h o w ebenfalls konstatirte blaue Email fand
anderen rothen Email — das man als lackrothes ; sich bei den WTiener Stücken nicht. Da es eben-
falls kupferhaltig war und über rothem zu liegen Ich habe ebenfalls die Untersuchung aller
scheint, war es möglicherweise unbeabsichtigt und anderen Sorten von Email begonnen, die zum
bei unvorsichtiger Schmelzung des rothen durch Theil auch höchst merkwürdige Resultate liefer-
Oxydation des Kupfers zu Kupferoxyd entstan- ten. Nach Abschluss dieser Studien werde ich
den — denn dasselbe löst sich sehr leicht — sie ausführlich mittheilen. Bei den wichtigen
doch muss ich die Frage noch offen lassen. Konsequenzen, die sich daraus ziehen lassen,
Da nun diese Gürtelhaken unzweifelhaft den wiederhole ich aber die Bitte, mir möglichst reichlich
älteren Gräbern von Koban angehören, so ergiebt Proben zuzusenden. Es genügt, wo das Material
sich das überraschende R e s u l t a t , dass hier im knapp i s t , das kleinste Splitter, das mit einem
Kaukasus das rothe Lack-Email schon circa 1000 scharfen Stichel abgesprengt werden k a n n , ohne
J a h r e f r ü h e r a u f t r i t t als in Europa — dem dass man irgend einen Schaden bemerkt. Wenn
Römerreich wie den Barbarenländern — und ich nun auch aus Europa (mit Ausnahme gerade
A e g y p t e n : denn von allen diesen Ländern kennen Englands) schon ein ziemlich vollständiges, zumeist
wir vor der Kaiserzeit bisher nur Blut-Email. noch nicht durchgesehenes Material beisammen
Man kann also die vollständige Unabhängigkeit habe, so gilt es doch immer noch dies bedeutend
der älteren Kaukasusfelder von Aegypten anneh- zu vermehren, und besonders wären aussereuro-
men und wird die Quelle dieser Emaillirteclinik päische alte Proben von E m a i l , Glassplittern,
anderweitig suchen müssen. Untersuchung etwai- Glasuren ausserordentlich wichtig. Eine kurze Be-
ger Mesopotamischer Stücke wären sehr wichtig. schreibung oder ganz flüchtige Skizze des Objektes,
Es ist merkwürdig, dass diese Technik, soweit dem die Probe entnommen, wäre zugleich sehr
wir es jetzt übersehen können, so lange dem erwünscht.
Abendlande vorbehalten blieb, und es gilt die
Wege zu finden, auf welchen sie um Beginn der
Kaiserzeit dorthin gelangte.

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