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Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte Bd. 22, 200 I, S.

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Die goldenen Lockenringe der Bronzezeit.


Einblicke in das frühe Goldschmiedehandwerk im Karpatenbecken

Petra Weihennann, Berlin

Der Gegenstand 1 Das zahlreiche Vorkommen von goldenen Lockenrin-


gen in den bronzezeitlichen Hortfunden legt eine über
Lockeminge, Ohrringe, Haarringe, Hängespiralen den reinen Schmuckcharakter hinausgehende Ver-
oder Anhängsel - die Bezeichnungen in der archäolo- wendung dieser Gegenstände nahe: die exemplarische
gischen Literatur fiir die hier besprochene Artefakt- Untersuchung des Fundes aus Pecs erbrachte neben
gruppe der Bronzezeit sind vielfältig. Es handelt sich auffalligen Bündelungen der Ringe nach Windungs-
dabei um offene Ringe aus Gold oder Bronze, deren richtungen zudem eine Staffelung von Gewichtsklas-
Enden kahnfdrmig ausgearbeitet sind (Abb. 1). Ihre sen. Somit ist eine Interpretation der Lockenringe als
Spitzen stehen sich gegenüber oder liegen soweit genormte Wertgegenstände, die auch als Opfer und
übereinander, daß eine halbe Windung entsteht. Je eventuell im Tauschhandel Verwendung fanden,
nach Windungsrichtung sind zwei Varianten zu unter- durchaus in Betracht zu ziehen (Hänsel / Weihermann
scheiden: mit oder gegen den Uhrzeigersinn gewun- 2000).
dene Ringe. Ein weiterer Lockenringtyp hat ein ver-
längertes und zur Noppe umgebogenes Ende, wobei
auch hier zwei Windungsvarianten unterschieden Fragestellung und methodische Grundlagen
werden können. In der Mehrzahl sind die Lockeminge
unverziert; einige Exemplare weisen jedoch aus Stri- Bisherige Arbeiten zu Lockemingen befaßten sich
chen, Bögen, Punkten und Kreisen zusammengesetzte vor allem mit der typologischen Gliederung und Da-
Muster auf. In vielen Fällen sind die Ringe auch zu tierung (Hänsei 1968; Mozsolics 1958; dies.
Ketten, seltener zu Bündeln zusammengefaßt. 1965/1966; dies. 1973; dies. 1988; Olshausen 1886;
Ein deutlicher Verbreitungsschwerpunkt der Lok- Schmidt 1904; Zaharia 1959). Als Unterscheidungs-
kenringe ist im Karpatenbecken zu beobachten. In der kriterien dienten den Autoren dabei die Gestaltung der
Früh- und Mitt~lbronzezeit gehören sie in diesem Ge- Enden sowie die verschiedenen Materialquerschnitte
biet sowohl zur Totenausstattung als auch zum In- der Ringe.
ventar zahlreicher Hortfunde. Der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung
Die Fundsituation in den Bestattungen erlaubt die soll auf handwerklichem Gebiet liegen. Es wird ange-
Ansprache der Ringe als zum Kopfschmuck gehörig: strebt, die bei der Herstellung der Lockeminge ange-
sie liegen im Bereich des Schädels, wobei ihre Anzahl wandten Goldschmiedetechniken soweit wie möglich
nicht mehr als fünf Stück beträgt. Sie bestehen haupt- zu rekonstruieren, indem charakteristische Spuren auf
sächlich aus Bronze, seltener aus Gold und können der Oberfläche der Stücke mit bestimmten Techniken
auch zu Ketten verbunden sein (z.B. Niina Mysl'a: und Werkzeugen in Beziehung gebracht werden. Auch
Katalog Nr. 6; Sarata-Monteoru: Katalog NI. 8). schadhafte Stellen, Bearbeitungsfehler oder Abfall-
Die Hortfunde beinhalten bis auf eine Ausnahme produkte können wichtige Hinweise auf die Arbeits-
(Vinca: Katalog NI. 17) ausschließlich Lockeminge abläufe geben. Die so gewonnenen Details sollen
aus Gold, oft sogar in großer Anzahl. Der umfang- einen Einblick in die Arbeitsweise der bronzezeitli-
reichste bekannte Hort stammt wahrscheinlich aus chen Goldschmiede im Karpatenbecken ermöglichen.
dem ungarischen Pecs und enthält neben Spiral- und Aufgrund der großen Bandbreite an Techniken er-
Noppemingen aus Gold 124 goldene Lockeminge mit scheinen die goldenen Lockeminge fiir eine solche
einem Gesamtgewicht von über 650 g (Katalog Nr. 7). Untersuchung gut geeignet. Grundsätzlich bieten sich
Gegenstände aus Gold für Fragestellungen dieser Art
an, da das Edelmetall auch durch eine lange Lagerung
1 Der Aufsatz stellt eine auf den metall technischen Schwerpunkt
konzentrierte Zusammenfassung meiner Magisterarbeit mit dem
im Boden nicht korrodiert und die originale Oberflä-
Titel" Die goldenen Lockenringe der Bronzezeit - Metallkundliche che erhalten bleibt. Einschneidende restauratorische
und archäologische Studien" dar, die 1999 am Seminar für Ur- und Maßnahmen sind deshalb nicht notwendig. Mittels
Frühgeschichte der Freien Universität Berlin eingereicht wurde. Für eines Auflichtmikroskops können die Arbeits- und
die Auszeichnung meiner Arbeit mit dem Rudolf-Virchow-
Förderpreis durch die Berliner Gesellschaft für Anthropologie,
Werkzeugspuren mit geringem technischen Aufwand
Ethnologie und Urgeschichte möchte ich mich bei allen Beteiligten vor Ort im Museum sichtbar gemacht werden, wobei
herzlich bedanken.
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sich Vergrößerungen ungefahr zwischen dem 5- und nicht auszuschließen. So ist beispielsweise damit zu
dem 60fachen als sinnvoll erwiesen haben. rechnen, daß längst vergessene handwerkliche Prakti-
Für die Studie konnte auf diese Weise eine Anzahl ken angewandt wurden (Foltz 1979, 213). Ein weite-
von Hort- und Grabfunden mit goldenen Lockenrin- res Problem, dessen man sich bewußt sein sollte, stellt
gen aus den Beständen des Ungarischen Nationalmu- sich mit der alleinigen Betrachtung des Goldschmie-
seums in Budapest sowie des Berliner Museums ftir dehandwerks und der Gliederung des Fertigungsablau-
Vor- und Frühgeschichte untersucht werden. 2 fes nach heutigen Maß gaben. Dies beinhaltet implizit
Die mit dem Herstellungsprozeß in Verbindung ge- eine Organisationsstruktur des Handwerks, die natür-
brachten und auf Photos dokumentierten Oberflächen- lich nicht in die Vergangenheit übertragen werden
spuren lassen sich in drei Verfahrensgruppen gliedern kann.
(Brepohl 1998, 7-9). Begonnen wird mit der Gruppe
der Urformungsverfahren, zu der alle Gußverfahren
zählen. Unter dem Begriff der weiterverarbeitenden Die Goldschmiedetechniken
Techniken werden Umformungsverfahren - bei-
spielsweise Biegen und Schmieden - sowie trennende 1. Urformungsverfahren: Gießen von Lockenringen
Techniken zusammengefaßt; auch Sondertechniken und Barren
wie Punzieren und Gravieren werden hierzu gerech- Bei der Untersuchung verschiedener Lockenring-
net. Die vollendenden Techniken beinhalten schließ- formen mit massivem und v-fOrmigem Materialquer-
lich das Feilen, Schmirgeln, Schleifen und Polieren schnitt zeigt sich, daß die überwiegende Mehrzahl der
der Gegenstände. Stücke gegossen worden ist. Neben unversäuberten
Im Folgenden werden anhand von aussagekräftigen Guß strukturen sprechen vor allem oberflächlich sicht-
Stücken die Goldschmiedetechniken dem Verfahrens- bare Fehler im Metallgeftige ftir dieses Vorgehen.
ab lauf entsprechend vorgestellt. Von Interesse ist Viele Ringe weisen Gußschulpen, Spannungsrisse
dabei auch die Ausrüstung der Werkstatt mit den not- oder Hohlräume - sogenannte Gußlunker - auf, die
wendigen Gerätschaften, die dem vor allem aus Sied- auf den Volumenschwund beim Erstarren der Metall-
lungsfunden bekannten Werkzeugspektrum gegen- schmelze zurückzuführen sind (Abb. 2).
übergestellt werden sollen. Darüber hinaus wird der Auf die spezielle Art des Gußverfahrens kann aus
Frage nachgegangen, inwieweit anhand von charakte- verschiedenen Beobachtungen geschlossen werden.
ristischen Werkzeugspuren, Überarbeitungszuständen Die Verwendung zwei- oder mehrteiliger Formen aus
oder Fehlern sogar Aussagen über die an der Herstel- Lehm oder Stein läßt sich ausklammern, da damit
lung beteiligten Goldschmiede zu treffen sind. zusammenhängende typische Spuren völlig fehlen: so
Zur Illustration können außer ikonographischen sind keine Gußnähte oder deren versäuberte Reste zu
Darstellungen - beispielsweise ägyptischen Grabmale- erkennen; auch charakteristische Absätze, die durch
reien - ferner antike und mittelalterliche Schriftquel- gegeneinander verrutschte Formhälften entstehen, sind
len herangezogen werden. Neben dem Buch 33 der nicht zu beobachten. Gegen dieses Verfahren spricht
naturalis historia von Plinius d.Ä. (23/24 - 79 n. Chr.) ferner die Tatsache, daß unter den zahlreichen be-
ist hier vor allem de diversis artibus von Theophilus kannten Gußformen aus dem Arbeitsgebiet kein Ex-
Presbyter zu nennen. Es wird angenommen, daß es emplar zu identifizieren ist, das zur Herstellung von
sich bei dem Verfasser um einen Mönch und Gold- Lockenringen gedient haben könnte.
schmied handelt, der zu Beginn des 12. Jahrhunderts Der Sandguß, bei dem ein Modell des zu gießenden
n. Chr. neben anderen Handwerkstechniken das prak- Gegenstandes in speziell angerichteten Formsand
tische Wissen der Metallbearbeitung seiner Zeit aus gedrückt wird, scheidet ebenfalls aus, da die oben
der Sicht eines Fachmanns niederschrieb (Brepohl beschriebenen Spuren und Fehler auch bei dieser
1987; Projektgruppe Plinius 1993). Gußart auftreten (Goldmann 1981, 115; ders. 1985,
Die Spuren auf der Oberfläche der goldenen Lok- 57). Außerdem ist es damit nicht möglich, hinter-
kenringe werden ausgehend vom Wissen um heutige schnittene Formen oder den typischen v-förmigen
Goldschmiedetechniken interpretiert, ein Vorgehen, Querschnitt vieler Ringe herauszuarbeiten, da beim
das mit dem Begriff der funktionalen Analogie um- Entfernen des Modells aus dem Sand der Abdruck
schrieben wird (vgl. auch Armbruster 1995a; dies. wieder zerstört werden würde.
1995b). Allerdings sind Schwierigkeiten bei der di-
rekten Übertragung des aktuellen Kenntnisstandes Mit dem Guß in verlorener Form, der auf dem
Wachsausschmelzverfahren beruht, ist dagegen die
Herstellung der unterschiedlichen Lockenringe befrie-
2Für den freundlich gewährten Zugang zu den Goldgegenständen digend zu erklären. Bei diesem Verfahren wird ein aus
mächte ich Herrn Or. T. Kemenczei, Ungarisches Nationalmuseum Wachs geformtes Modell des zu gießenden Gegen-
Budapest, und Herrn Prof. Or. W. Menghin, Museum für Vor- und
standes, an das ein ebenfalls aus Wachs gefertigter
Frühgeschichte Berlin, danken.
Eingußtrichter angesetzt wurde, in mehreren Schritten
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mit einem Lehmmantel umgeben. Um ein Reißen der erzielt werden, bei der ein Metallgegenstand durch
Lehmform beim anschließenden Ausschmelzen des den Anguß eines zweiten "überfangen" oder um-
Wachses und beim Gießen des Metalls zu vermeiden, klammert wird (Drescher 1958, 2). Bei der Herstel-
müssen dem Ton zuvor Magerungsbestandteile zuge- lung des Lockenrings muß in einem ersten Schritt das
setzt worden sein. Auf der Oberfläche eines Locken- innere Teil aus Wachs modelliert und im Wachsaus-
ringes aus dem Pecser Fund (Katalog Nr. 7) zeichnen schmelzverfahren gegossen worden sein. Nach dem
sich unter dem Mikroskop mehrere schmale Vertie- Versäubern wurde ein zweiter Ring aus Wachs aufge-
fungen ab: hierbei handelt es sich wahrscheinlich um setzt, das Ganze wurde wieder mit Ton ummantelt und
Reste organischer Magerungsbestandteile, die sich in gegossen. Den äußeren Ring hat man in einem weite-
das Wachsmodell eingedrückt haben (Abb. 3). ren Arbeitsgang entsprechend hergestellt. Eventuell
Genau dieses Vorgehen - die Herstellung des haben die beiden inneren Ringe auf ihrer Oberseite
Wachsmodells, das Anrichten des Formlehms mit eine Art Führungsnut, die auf der Unterseite des dar-
Dung zur Magerung sowie das wiederholte Auftragen über befindlichen Rings eine Entsprechung findet und
dieser Mischung in dünnen Schichten auf das Modell ein seitliches Verschieben der Teile gegeneinander
- wird ausfuhriich bei dem Goldschmiedemönch verhindert. Aus dem Arbeitsgebiet sind zwei Locken-
Theophilus Presbyter beschrieben (Brepohl 1987, 102; ringe bekannt, die einen solch speziellen Querschnitt
181 ff.). aufweisen; möglicherweise handelt es sich bei ihnen
Durch die Anfertigung von Wachsmodellen entste- derrmach um Halbfabrikate, die ursprünglich noch
hen auch die individuellen Unterschiede in der Größe durch weitere Ringe ergänzt werden sollten (Alba
und dem Materialquerschnitt der Lockenringe: jeder Iulia, Fund II: Katalog Nr. 2; MaklartaIya: Katalog Nr.
einzelne ist ein Unikat. Zu klären ist dabei die Frage, 5). Aufgrund der Spannung, die beim Gießen durch
in welcher Gestalt die Wachsmodelle mit Lehm um- den Volumenschwund entsteht, werden die Ringe
mantelt wurden - gerade ausgestreckt oder schon in zusammengehalten. Zusätzlich wurden bei dem Stück
ihre endgültige Form gebogen. Die Kähne der Lok- aus Alba Iulia die beiden inneren Ringteile mit einer
kenringe dürfen auf jeden Fall nicht zu dicht aneinan- Öse an ihren Spitzen gegossen; der äußere Ring läuft
der gelegen haben, um noch genügend Platz fur den in einen drahtartigen Fortsatz aus, der durch die Ösen
Lehmmantel zu lassen, derrmach müssen die Modelle fuhrt (Abb. 6). Die kommaf6rmigen Eintiefungen, mit
etwas aufgebogen gewesen sein. denen der Kompositlockenring aus Alba Iulia verziert
Der Eingußtrichter aus Wachs war höchstwahr- ist, müssen bereits am Wachs modell mit einem ent-
scheinlich oben am Bügel aufgesetzt. Darauf deuten sprechend geformten Punzen angebracht worden sein,
an vielen Lockenringen zu beobachtende Gußfehler in da sie sich an am fertigen Stück kaum zugänglichen
Form von Spannungsrissen oder Lunkern an dieser Bereichen befinden.
Stelle hin (Abb. 4 u. 5). Am Eingußbereich treten Auch bei anderen Lockenringen dürfte die Technik
solche Fehlbildungen nämlich vermehrt auf, was seine des Überfanggusses Anwendung gefunden haben. Aus
Ursachen in einer zu raschen Erstarrung der Schmelze dem rumänischen Simleul Silvaniei (Katalog Nr. 14)
hat. Aufgrund des Volumenschwunds muß das flüssi- stammen drei Exemplare, die jeweils aus zwei Ringen
ge Metall aus dem Gußtrichter, der eine Reserve bil- zusammengesetzt sind, was ebenfalls erst bei der Be-
det, in die Form nachlaufen. Wenn jedoch bei fort- trachtung unter dem Mikroskop sichtbar wird. Bei
schreitender Abkühlung auch am Einguß das Metall diesen Stücken muß die Verzierung gleichfalls bereits
bereits erstarrt ist, kann dieser Volumenschwund nicht am Wachsmodell angebracht worden sein.
mehr ausgeglichen werden, weshalb unterhalb der Wie unterschiedlich beim Anbringen der Muster
Eingußfläche die genannten Störungen entstehen kön- am Wachsmodell vorgegangen werden kann, ist gut an
nen (Brepohl 1998, 151). Das fehlerhafte Gefuge ist zwei Lockenringen nachzuvollziehen, die wahr-
natürlich sehr anfallig und kann bei weiteren Bean- scheinlich aus einem Hortfund in Siebenbürgen stam-
spruchungen - beispielsweise beim Biegen - Schaden men (Katalog Nr. 9; Abb. 7). Der Gesamteindruck ist
nehmen. bei beiden Ringen der gleiche: sie sind jeweils mit
Mit der Herstellung der Lockenringe im Wachsaus- Reihen von Punktbuckelchen verziert, die sich auf den
schmelzverfahren ist auch die Fertigung einiger inter- Kähnen entlangziehen und an den Bügeln auslaufen.
essanter Sonderformen gut nachzuvollziehen. Aus Der Falz der Lockenringe ist mit kleinen Buckeln
Alba Iulia in Rumänien (Fund I: Katalog Nr. 1) versehen, die teilweise in ein Kerbschnittmuster über-
stammt ein aus drei Teilen zusammengesetztes, ver- gehen, wodurch in der Frontalansicht eine Art Zäh-
ziertes Exemplar, wobei nur unter dem Mikroskop der nung entsteht, die bei dem einen Ring rundherum
Spielraum zwischen den einzelnen Segmenten zu verläuft, bei dem zweiten dagegen im Bügelbereich
erkennen ist (Abb. 6). Diese hohe Paßgenauigkeit, die endet. Im Detail verraten die Verzierungen sehr unter-
durch das Gießen dreier Einzelteile und dem an- schiedliche Herangehensweisen. Bei dem linken Lok-
schließenden Zusammensetzen nicht zu erreichen ist, kenring auf Abbildung 7 wurden die Verzierungen mit
kann dagegen mit der Technik des Überfanggusses einem Hohlpunzen einfach unterschiedlich tief in das
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Wachsmodell eingedrückt, so daß Kreise und Buckel- in einer Holzkohlenmulde zu kleinen Barren wieder-
chen entstanden sind. Bei dem anderen Stück dagegen aufbereitet, um sie anschließend weiterzuverarbeiten.
wurde vom Körper des Wachsmodells Material abge-
nommen, bis ein erhöhter Steg stehenblieb, der in 2. Weiterverarbeitende Techniken: Biegen, Schmie-
Ansätzen noch zu erkennen ist. Darauf wurde dann die den, Trennen, Gravieren und Punzieren
Punktverzierung mit einem Punzen angebracht. Dieses Die Rekonstruktion des Gußverfahrens ergab, daß
Vorgehen schlägt sich auch im Querschnitt des Ringes die Mehrzahl der Lockenringe mit dem Wachsaus-
nieder: der Kahn ist im Gegensatz zu dem anderen schmelzverfahren in einer verlorenen Form gegossen
Exemplar sehr viel flacher geraten. Die geschilderten wurden. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die
Differenzen bei der Herstellung der Ringe sowie ihre Wachsmodelle etwas aufgebogen gewesen sein muß-
unterschiedlichen Goldfarben, die auf verschiedene ten, um zwischen den Kähnen der Ringe genügend
Goldsorten hindeuten, können als Hinweis darauf Platz für den Lehmmantel der Gußform zu lassen.
gelten, daß die in diesem Hortfund vereinten Locken- Nach dem Gießen wurden die Stücke dann in ihre
ringe nicht aus einer Hand, sondern von verschiedenen endgültige Form gebogen. Hierauf weisen Quetsch-
Goldschmieden stammen. spuren an einigen Lockenringen hin, die durch ein
Werkzeug verursacht wurden, das zum Halten des
Wie gezeigt wurde, gibt die Anfertigung von Rings bei der Bearbeitung diente (Abb. 8). Einzelne
Wachsmodellen dem Goldschmied die Gelegenheit, Exemplare hielten der Beanspruchung durch das Bie-
auch sehr filigrane oder sehr materialaufwendige Ver- gen jedoch nicht stand und sind am Bügel gebrochen,
zierungen schon vor dem Guß anzubringen. Darüber da das durch die oben beschriebene Konstruktion des
hinaus hat das Arbeiten in Wachs Auswirkungen auf Gußmodells bedingte fehlerhafte Gefüge eine gefahr-
das Werkzeugspektrum: es genügt, wenn Musterpun- liche Sollbruchstelle darstellt (z.B. Pecs: Katalog Nr.
zen, Spatel u.ä. beispielsweise aus Knochen oder Holz 7; Szolnok: Katalog Nr. 13).
bestehen.
Der archäologische Nachweis des Wachsaus- Bei wenigen großen Lockenringen sind Hinweise
schmelzverfahrens ist natürlich sehr schwierig. Als darauf zu erkennen, daß ihre Kähne nach dem Gießen
Glücksfall kann deshalb der Befund aus der Sied- noch ausgeschmiedet wurden (Hangospuszta: Katalog
lungsgrabung von Feudvar in Jugoslawien gewertet Nr. 4). Sie wdsen gegen das Licht gehalten spiegelnde
werden, wo die Reste einer frühbronzezeitlichen Facetten auf, die von Hammerschlägen stammen.
Bronzegießerwerkstatt aufgedeckt wurden: neben Andere Lockenringe wurden dagegen vollkommen
Schlackeresten, Tiegelscherben und mehrteiligen aus einem Blechrohling aufgetieft. Es handelt sich
Gußformen aus Lehm fand man zahlreiche, kleinteili- dabei um einen speziellen Typ, der ein zu einer Noppe
ge Bruchstücke von zerschlagenen Lehmformen, die umgebogenes Ende aufweist und verziert ist (z.B.
von Güssen in verlorener Form stammen. Leider Siebenbürgen: Katalog Nr. 10). Bei der Herstellung
konnte nicht mehr rekonstruiert werden, welche Ge- muß zuerst mit einem Meißel eine Abwicklung des
genstände darin hergestellt worden waren (Hänsel / Lockenrings aus einem Blech herausgetrennt werden.
Medovic 1991, 82 f. Taf. 11,2). Bronzegeräte, die als Trennwerkzeuge gedient haben
können, sind aus zahlreichen Funden bekannt (z.B.
Ebenfalls zu den Urformungsverfahren zählt das Velem-Szentvid: von Miske 1908, Taf. 17). In dem
Gießen von Goldbarren, die beispielsweise als Aus- Hortfund von Hangospuszta (Katalog Nr. 4) waren
gangsmaterial für die Blechherstellung dienen. Ledig- außer zahlreichen goldenen Lockenringen, Perlen und
lich in zwei Hortfunden mit goldenen Lockenringen Draht auch Blechstücke enthalten. Eines davon zeigt
finden sich solche Barren (Bägäu: Katalog Nr. 3; an einer Kante parallele Riefen, wie sie beim spanlo-
~mig: Katalog Nr. 15). Das ovale Exemplar aus dem sen Trennen mit einem Meißel entstehen.
rumänischen ~mig, das untersucht werden konnte, hat Beim Auftiefen wird die Rundung des Lockenrings
eine flache, grob strukturierte und eine gewölbte Seite mit einem Hammer in einer Mulde eines Holzklotzes
ohne Textur; auf der flachen Seite befindet sich eine erarbeitet. Dabei muß man gleichmäßig auf die
moderne Beschädigung, bei der mit einer Säge wahr- Außenkanten des Werkstückes schlagen, um das Ma-
scheinlich eine Probe entnommen wurde. Die spezielle terial zu strecken. Mit der freien Hand werden die
Form des Barrens gibt Auskunft über seine Herstel- Enden zusammengehalten, um die Streckung in eine
lung: in eine ovale Mulde mit ebenem, aber sehr rau- Wölbung umzudirigieren. Langsam arbeitet man sich
hem Boden - Z.B. in einen Sandstein - wurden Gold- nun in die Mitte der Form vor. Bevor die Wölbung zu
stückchen gelegt und im Feuer aufgeschmolzen. eng wird, muß der trog- oder u-förmige Querschnitt
Durch die Oberflächenspannung der Goldschmelze der Lockenringkähne aufgetieft werden. Dazu wird
entstand nach dem Erstarren die leicht gewölbte Ober- der Kahn in einer entsprechenden Mulde mit Hammer
seite. Heutzutage werden auf diese Weise saubere oder Punzen bearbeitet, was eine Streckung in die
Draht- und Blechabfallstücke der gleichen Legierung Breite bewirkt, die der ersten Arbeitsrichtung entge-
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genwirkt, so daß sich der Lockenring wieder aufbiegt. Die beschriebene Verzierungsart, bei der Gravuren
Dies wird verhindert, indem man auch jetzt die Enden und Punzierungen miteinander kombiniert wurden,
des Rings zusammenhält und die Längsrichtung im- fand an einer größeren Zahl von Lockenringen An-
mer wieder nacharbeitet. wendung. Ein schönes Beispiel stellt ein Exemplar aus
Hat eine größere Verformung des Gegenstandes Tiszasüly in Ungarn dar (Katalog Nr. 16; Abb. 1).
stattgefunden, muß zwischengeglüht werden, da mit Durch die Überlagerung einzelner Verzierungs ele-
wachsender Umformung die Dehnbarkeit des Materi- mente sowie kleiner Fehler ist es möglich, an diesem
als abnimmt. Härte und Festigkeit steigen dagegen, da Stück die Reihenfolge der Arbeitsschritte bis ins De-
das Kristallgefiige sich in einem Zwangs zustand be- tail nachzuvollziehen. Zuerst hat der Goldschmied hier
findet, bei dem alle Kristallite fadenartig in Beanspru- Linien und Liniengruppen graviert, um dann die Zwi-
chungsrichtung orientiert sind. Ist das Maximum der schenräume mit den Punzmustern zu fiillen, bzw. die
Beanspruchung erreicht, kann das Metall reißen. Um Punzeinschläge an der Gravurlinie entlangzufiihren,
das zu verhindern, muß das Gefiige rekristallisiert deren Negativabdrücke auf der Innenseite des Stückes
werden, was durch Glühen des Werkstücks zu errei- zu sehen sind. Bei dem gravierten Bogenmuster kann
chen ist (Brepohl 1998, 184 ff.) die Richtung der Stichelfiihrung von rechts nach links
Im Bestand des ungarischen Nationalmuseums in anhand des Verlaufs der Gravurlinien nachgezeichnet
Budapest befinden sich zwei als Einzelfunde inventa- werden (Abb. 11): ihr Anfang, an dem der Stichel auf
risierte Lockenringe mit einem zur Noppe umgeboge- das Metall aufgesetzt wurde, ist meist schmal; der
nen Ende und entgegengesetzter Windungsrichtung, Abschluß der Linie dagegen ist breit und stumpf, da
die auf die beschriebene Weise hergestellt wurden. Ihr sich der Stichel tief ins Metall gegraben hat. Um sol-
genauer Fundort ist unbekannt; es wird jedoch ange- che Unregelmäßigkeiten in der Stichfiihrung zu ver-
nommen, daß sie aus Siebenbürgen stammen. Auf- meiden, wird heutzutage der Anfang einer Gravurlinie
grund ihrer ähnlichen Verzierung werden sie als zu- noch einmal in die entgegengesetzte Richtung nachge-
sammengehöriges Paar angesprochen (Kovacs 1976, stochen. Bei den geraden Gravurstichen auf dem Lok-
58/ Katalog Nr. 10 u. 11). Eine genaue Untersuchung kenring wurde dieses unregelmäßige Erscheinungsbild
herstellungstechnischer Aspekte stützt diese Annah- auf eben diese Weise verhindert, indem vom Falz weg
me: Beide Ringe weisen an den Rändern ihrer Kähne über die Kahnfläche zum Rand hin gestochen und der
Stauchungsfalten und Wellen auf, die entstanden sind, Ring anschließend umgedreht wurde, um die Linie am
weil beim Auftiefen der Ringwölbung die Hammer- Falz wieder aufzunehmen und über die zweite Fläche
schläge zu dicht gesetzt wurden und sich dadurch das zu fiihren. So wurde der Beginn der Linie auf dem
Material am Rand zu sehr gedehnt hat; anschließend Falz in beide Richtungen graviert, wodurch Unregel-
wurden die trogförmigen Kähne aufgetieft, wobei das mäßigkeiten ausgeglichen werden konnten (Abb. 12).
gedehnte Blech keinen Platz fand und sich faltete Allerdings ist hier auch eine mißratene Gravurlinie zu
(Abb. 9 u. 10). erkennen, bei der der Goldschmied mit dem Stichel
Erst nach dem Auftiefen wurden die beiden Lok- abgerutscht ist.
kenringe mit ihrem aus Kreisaugen, kommaförmigen Der Lockenring aus Tiszasüly verrät insgesamt eine
Eintiefungen und Strichgruppen bestehenden Muster hohe Kunstfertigkeit im Umgang mit Punzen und
versehen. Die einzelnen Elemente unterscheiden sich Stichel. Ein ähnlich verziertes Stück aus dem ungari-
in ihren Herstellungstechniken: die Striche wurden mit schen Szolnok (Katalog Nr. 13) weist dagegen zahl-
einem Stichel graviert - ein spanabhebendes Verfah- reiche typische Fehler im Umgang mit diesen Werk-
ren -, die anderen Verzierungen wurden mit speziellen zeugen auf, weshalb man auf eine eher ungeübte Hand
Musterpunzen mit Hilfe eines Hammers in das Metall schließen möchte. Ähnlich wie das zuvor beschriebene
geschlagen; es handelt sich hierbei um ein spanloses Exemplar hat auch dieser Lockenring ein aus Linien-
Verfahren. Da die kommaförmigen Vertiefungen bei gruppen, Bögen, Punkten und Kreisaugen zusammen-
beiden Lockenringen deckungsgleich sind, wurde gesetztes Muster. Bei den gravierten Linien ist der
dafiir höchstwahrscheinlich ein und derselbe Muster- Goldschmied häufig mit dem Stichel abgerutscht, da
punzen verwendet. Die Kreisaugen wurden auf beiden das Werkzeug insgesamt sehr flach gehalten wurde.
Lockenringen in zwei Arbeitsgängen hergestellt: zu- Die Bogenmuster sind im Gegensatz zu den Girlanden
erst wurde mit einem Hohlpunzen der äußere Kreis auf dem Ring aus Tiszasüly aus Einschlägen eines
eingeschlagen, um dann mit einem kleineren Kugel- Punzen zusammengesetzt, wobei jeder Bogen aus drei
punzen die Vertiefung in der Mitte des Kreises zu Eindrücken besteht, die sich zum Teil überschneiden
schaffen. Die aufgezählten Aspekte sprechen nicht nur (Abb. 13). Die Kreisaugenmuster bestehen jeweils aus
dafiir, daß die zwei Lockenringe zusammengehören, dem Eindruck eines sehr unregelmäßig gerundeten
es darf vor allem aufgrund der charakteristischen Kugelpunzen und eines Hohlpunzen; hierbei sind oft
Fehler beim Auftiefen sogar angenommen werden, verwackelte Konturen zu sehen, weil der Punzen ver-
daß sie aus der Hand eines Goldschmiedes stam- rutscht ist oder verkantet und ein zweites Mal ange-
men. setzt wurde. Die Punktlinien, die von den Kreisaugen
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wegführen, wurden nach dem Bogenmustern gepunzt, Versuche, die oftmals aufgetretenen Gußfehler wie
da sie die Bogenmuster an einigen Stellen überlagern, Poren, Lunker oder Gußschulpen zu reparieren, sind
wie Abbildung 13 deutlich zeigt. an keinem Lockenring zu erkennen und waren offen-
sichtlich nicht üblich.
Werden solche Verzierungen erst am Metallgegen-
stand angebracht, müssen die Werkzeuge natürlich aus Auf die Grobbehandlung folgte das Schleifen und
anderen Materialien bestehen als die, die zum Bear- Polieren der Oberflächen mit einem feinkörnigen
beiten eines Wachsmodells ausreichen. Bronzestäbe, Pulver beispielsweise aus Sand oder feuchter
die als Punzen vor allem zum Ziselieren gedient haben Schlämmkreide, das auf die Hand oder einen Leder-
können, kennt man aus mehreren Werkzeugensembles lappen aufgetragen wurde. An den Stücken sind kreis-
(z.B. Velem-Szentvid: von Miske 1908, Taf. 29). förmige oder ungerichtete Schleifspuren zu erkennen.
Spezielle Muster- oder Hohlpunzen, wie sie zur Ver- Vielfach wurden dabei die Kähne sorgfältig bearbeitet,
zierung der vorgestellten Lockenringe verwendet während man den Bügeln weniger Aufmerksamkeit
wurden, sind jedoch noch nicht gefunden worden. gewidmet hat. Vor allem die Schauseiten der Stücke
Ebenso unbekannt sind Werkzeuge, die als Stichel wurden versäubert, die Innenseiten der Lockenringe
zum Gravieren gedient haben könnten. hat man dagegen nicht weiter behandelt. Ebensowenig
Zum Anbringen der Punzverzierung bedarf es einer sind bei den meisten Ringen die einander zugewand-
Unterlage, die dem Werkzeugdruck nachgibt, zugleich ten Kahnaußenseiten geschliffen, was als Hinweis
aber das Werkstück stabilisiert, so daß es beim Ar- darauf gelten kann, daß sie erst nach dem Biegen in
beiten nicht zerdrückt wird. Für diesen Zweck sind einem abschließenden Arbeitsgang versäubert wurden.
Holzklötze und Lederkissen geeignet. Allerdings be- Bei einigen Lockenringen bildete das Schmirgeln
nötigt der Goldschmied beide Hände für Hammer und und Polieren jedoch nicht den Abschluß der Arbeiten,
Punzen, somit muß der Lockenring auch fixiert wer- sondern die Oberfläche wurde auf diese Weise für
den. Eine Möglichkeit ist bei Theophilus Presbyter eine Verzierung vorbereitet. So sind Z.B. an dem gros-
beschrieben, der sich von einem Gehilfen das Werk- sen Ring aus Tiszasüly (Katalog Nr. 16) noch deutli-
stück halten läßt (Brepohl 1987, 137; 223). Eine wei- che Grate an den Gravurstichen zu sehen (Abb. 11).
tere Möglichkeit besteht darin, den Punzen über das
Werkstück zu führen, während eine zweite Person mit
dem Hammer gleichmäßig auf den Punzen schlägt. Zusammenfassung
Bei einer weiteren Variante wird das Werkstück auf-
gekittet: ideal ist eine bestimmte Mischung aus Pech, Die metallkund1iche Untersuchung früh- und mit-
Ziegelmehl und Talg, die die Schläge beim Punzieren telbronzezeitlicher goldener Lockenringe aus dem
abfedert (Brepohl 1998, 427). Eventuell wurden auch Karpatenbecken ergab zwei verschiedene Möglich-
andere Materialien dazu verwendet: im Schifferstadter keiten der Herstellung. Die Mehrzahl der Ringe wurde
Goldblechkegel fanden sich beispielsweise Reste von in verlorener Form auf Grundlage des Wachsaus-
Fichten- und Weißtannenharz, die als Treibkitt inter- schmelzverfahrens gegossen. Eine bestimmte Locken-
pretiert werden (Schauer 1986, 93). ringform hat man dagegen aus einem Blechrohling
Um die Handhabung zu erleichtern, ist es auch aufgetieft.
beim Gravieren sinnvoll, das Werkstück aufzukitten Ein kleiner Anteil der Lockenringe ist verziert. Wie
oder in eine Haltevorrichtung einzuspannen. gezeigt werden konnte, brachten die bronzezeitlichen
Goldschmiede diese Verzierungen zu ganz verschie-
3. Vollendende Techniken: Feilen, Schmirgeln, denen Zeitpunkten im Herstellungsablauf an. Einige
Schleifen und Polieren Stücke wurden bereits am Wachsmodell verziert,
Die Gußspuren sowie die Reste der abgetrennten andere hat man im Gegensatz dazu erst am Schluß des
Gußtrichter hat man wahrscheinlich nach dem Gießen Fertigungsprozesses mit Punzierungen und Gravuren
mit einem sehr groben Schmirgelkörper beseitigt. An versehen. Diese unterschiedlichen Vorgehensweisen
einigen Lockenringen aus dem Pecser Fund (Katalog können Auswirkungen auf die Werkzeuge haben, die
Nr. 7) sind noch tiefe, gleichgerichtete Rillen am Bü- dabei verwendet wurden. Für die Bearbeitung und
gel zu sehen, die offensichtlich beim Schmirgeln mit Verzierung von Wachsmodellen genügen Geräte bei-
gebundenem Kom - beispielsweise einem Sandstein spielsweise aus Holz, Horn oder Knochen. Gravierun-
o.ä. - entstanden sind (Abb. 14). Da aus dem Arbeits- gen und Punzierungen auf Metall bedürfen jedoch
gebiet auch bronzene Feilen bekannt sind (z.B. Ve- härterer Werkzeuge. Das bekannte bronzezeitliche
lem-Szentvid: von Miske 1908, Taf. 29), könnte es Werkzeugspektrum deckt die durch Herstellungs- und
sich sogar um Feilenhiebe handeln, was jedoch ohne Werkzeugspuren rekonstruierten Techniken nicht ab.
vergleichende Untersuchungen von Werkzeug und Zur Klärung dieser speziellen Problematik sind bei-
Werkzeugspuren an dieser Stelle nicht entschieden spielsweise Experimente mit unterschiedlichen Werk-
werden kann. zeugmaterialien erforderlich.
173

Die beobachteten Variationen im Herstellungspro- 10. Siebenbürgen?: ein goldener Lockenring. Die
zeß - beispielsweise wann oder auf welche Art eine Fundumstände sind unbekannt. Lit.: Kovacs 1976, 58
Verzierung am Lockenring angebracht wurde - sowie Abb. 4,2; 5 (unter Fundort unbekannt); Mozsolics
charakteristische Fehler lassen eine Art Handschrift 1973,95 mit Fußnote 32.
einzelner Goldschmiede erkennen. Dies ermöglicht es, 11. Siebenbürgen?: ein goldener Lockenring. Die
sogar getrennt gefundene Lockenringe einem einzel- Fundumstände sind unbekannt. Lit.: Kovacs 1976, 58
nen Handwerker zuzuweisen. Umgekehrt kann aus Abb. 4,la-b; 5 (unter Fundort unbekannt); Mozsolics
verschiedenen Handschriften darauf geschlossen wer- 1973,95 mit Fußnote 32.
den, daß die Gegenstände z.B. eines Hortes von meh- 12. Szeleveny - Menyasszonypart, Kom. Szolnok,
reren Goldschmieden stammen. Neben einem Beitrag Ungarn: 5 goldene Lockenringe. Die Fundumstände
zur Technikgeschichte können solche Beobachtungen sind unbekannt. Lit.: Bel Age du Bronze, Nr. 382;
neue Aspekte bei der Interpretation von Hortfunden Kalicz 1968, 128; Kovacs 1976, 62; ders. 1994, 181
liefern. ff. Abb. 1,1-5; ders. 1999,42 Kat. Nr. 17; Mozsolics
196511966, 19 ff.
13. Szolnok, Kom. Szolnok, Ungarn: ein goldener
Katalog der im Text genannten Lockenringfunde Lockenring (am Bügel gebrochen). Die Fundumstände
sind unbekannt. Lit.: Arch. Ert. 10, 1890, 185; Bel
1. Alba Iulia 1 Gyulafehervar, Jud. Alba, Rumänien, Age du Bronze, Nr. 378.
Fund I: 7 goldene Lockenringe, ein Goldblechtutulus. 14. ~imleul Silvaniei 1 Szilagysornlyo, Jud. Salaj,
Die Fundumstände sind unbekannt. Lit.: Arch. Ert. 24, Rumänien: 3 goldene Lockenringe. Die Fundumstände
1904,404; 434; Mozsolics 1958,260; dies. 1988,35; sind unbekannt. Lit.: Mozsolics 1965/1966, Taf. 17,3
Roska 1942, 102; Trogmayer 1966-67, 18. (unter Fundort unbekannt); dies. 1973,207.
2. Alba Iulia 1 Gyulafehervar, Jud. Alba, Rumänien, 15. ~mig, Jud. Br~ov, Rumänien: 18 goldene Lok-
Fund 11: ein goldener Lockenring (7,58 g; Höhe 2,1 kenringe, ein Goldbarren, 15 große Goldblechphale-
cm, Breite 2,3 cm; Sonderform mit Nut). Die ren, 11 kleine Goldblechphaleren, goldene Spiralröhr-
Fundumstände sind unbekannt. Lit.: unpubliziert. chen, 3 zylindrische Goldperlen, 149 tonnenf6rmige
3. Bagau - Corpadea Noua, Jud. Alba, Rumänien: 2 Goldperlen, ein Goldarrnreif mit rhombischem Quer-
goldene Lockenringe, ein Goldbarren. Depot, um das schnitt und spitzen Enden, 2 kleine tordierte Goldrin-
Jahr 1900 gefunden. Lit.: Goldhelm 1994, 125 Abb. ge, ein Bronzegefäß, ein Keramikgefäß. Depot, im
22,1-2. Jahre 1880 gefunden. Lit.: Goldhelm 1994, 127 Nr.
4. Hangospuszta, Kom. Tolna, Ungarn: 62 goldene 24; Horedt 1947,42 f.; Kovacs 1999,42 Abb. 23 Kat.
Lockenringe, Goldperlen, Goldblechstücke, Gold- Nr. 26; Mozsolics 196511966,52 f. Taf. 13-16; 17,3;
draht. Depotfund? Lit.: Hänsel 1968,220 f.; 231 Taf. Soroceanu 1998,239 f.; 245 ff.
4,3-25; Kovacs 1999, 42 ff. Abb. 15 Kat. Nr. 18; 16. Tiszasüly, Kom. Szolnok, Ungarn: 6 goldene
Mozsolics 1958,268; v. Tompa 1928,202 ff. Abb. 94; Lockenringe. Die Fundumstände sind unbekannt. Lit.:
Trogmayer 1966-67, 21. Bel Age du Bronze, Nr. 373 Abb. 29; Kovacs 1999,
5. Maklartalya, Kom. Heves, Ungarn: ein goldener 42 Abb. 16 Kat. Nr. 20; Mozsolics 1949,24 Abb. 8,3;
Lockenring (Sonderform mit Nut). Die Fundumstände dies. 1988, 35; Stanczik 1991, 9 Abb. 9; Trogmayer
sind unbekannt. Lit.: Arch. Ert. 32, 1912, 79 (Abb.); 1966-67, 19.
Hänsel 1968,220. 17. Vinca, Opstina Beograd, Jugoslawien: 13 gol-
6. Nizna Mysl'a, Okr. Kosice, Slowakei: goldene dene Lockenringe, ein Lockenring aus Kupfer. Die
und bronzene Lockenringe in Gräbern. Lit.: Olexa Fundumstände sind unbekannt. Lit.: GaraSanin 1954,
1982,391 f.; ders. 1983, Abb. 1; ders. 1987,266 Abb. 70 Taf. 46,1; Hänsel 1968,221; Hartmann 1970, 112
8. ff.; Mozsolics 196511966; 56; Trogmayer 1966-67,20.
7. Pecs?, Kom. Baranya, Ungarn: 124 goldene
Lockenringe, sechs goldene Noppenringe, ein Spiral-
ring aus Golddraht, ein goldener Spiralring mit großen Literaturverzeichnis
Endspiralen, vier kleine goldene Spiralringe mit klei-
nen Endspiralen. Depotfund. Angaben zu Fundort und Armbruster 1995a: B. R. Armbruster, Traditionelles Goldschmiede-
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175

Abb. I. Lockenringe aus Tiszasüly (Katalog Nr. 16), Maßstab I: 0,75 (Foto P. Weihermann)

Abb. 2. Kahnspitze eines Lockenrings aus Szeleveny (Katalog Nr. 12) in ca. 14facher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)
176

Abb. 3. Kahn eines Lockenrings aus Pecs (Katalog Nr. 7) in ca. 21 facher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)

Abb. 4. Bügel eines Lockenrings aus Pecs (Katalog Nr. 7) in ca. 21 faeher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)
177

Abb. 5. Bügel eines Lockenrings aus Pecs (Katalog Nr. 7) in ca. 14facher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)

Abb. 6. Spitze des Lockenrings aus Alba Iulia, Fund I (Katalog Nr. 1) in ca. 7facher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)
178

Abb. 7. Zwei Lockenringe aus Siebenbürgen (Katalog Nr. 9), Maßstab 2: I (Foto P. Weihermann)

Abb. 8. Bügel eines Lockenrings aus Hangospuszta (Katalog Nr. 4) (Millimctcreinteilung oben) (Foto P. Weihermann)
179

Abb. 9. Kahn eines Lockenrings aus Siebenbürgen (Katalog Nr. 11) in ca. 7facher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)

Abb. 10. Kahn eines Lockenrings aus Siebenbürgen (Katalog Nr. 10) in ca. 10facher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)
180

Abb. 11. Kahn eines Lockenrings aus Tiszasü1y (Katalog Nr. 16) (Millimetereinteilung oben) (Foto P. Weihermann)

Abb. 12. Falz eines Lockenrings aus Tiszasüly (Katalog Nr. 16) (Millil11ctcrcintcilung rechts) (Foto P. Weihermann)
181

Abb. 13. Kahnspitze eines Lockenrings aus Szolnok (Katalog Nr. 13) in ca. 12facher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)

Abb. 14. Innenseite eines Lockenrings aus Pccs (Katalog Nr. 7) in ca. IOfacher Vergrößerung (Foto P. Weihermann)

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