Sie sind auf Seite 1von 152

Naturschutzfachliche Aspekte

des Grünlandes in Sachsen


Naturschutz und Landschaftspflege
Vorwort

Der Dauergrünlandanteil an der landwirtschaftlich


genutzten Fläche beträgt im Freistaat Sachsen
etwa 20 %, dies entspricht ca. 190.000 ha. Die
drama­tische Halbierung der Rinderbestände seit
1990 und die agrarpolitischen Rahmenbedin­
gungen mit der GAP-Reform 2005 führten
dazu, dass derzeit über 20 % des Grünlandes in
Sachsen nicht mehr für die Fütterung landwirt­
schaftlicher Nutztiere benötigt werden. Dennoch
ist Dauergrünland aufgrund seiner vielfältigen
Ausprägungen als Lebensraum einer artenreichen
Pflanzen- und Tierwelt unverzichtbarer Bestandteil
der sächsischen Kulturlandschaft. Die bunten
Bergwiesen in den Mittelgebirgen und die blüten­
reichen Feuchtwiesen der Bachauen in den Tälern
bereichern das Landschaftsbild in Sachsen.

Neben der besonderen Bedeutung für Naturschutz


und Landschaftspflege erfüllt Dauergrünland auch
wertvolle Funktionen für Boden-, Grundwasser-
und Hochwasserschutz. Deshalb ist es wichtig,
dass das Dauergrünland einschließlich seiner
ökologischen Funktionen Gegenstand umfangrei­
cher Schutzbemühungen ist. Um diese Schutz­
maßnahmen erfolgreich gestalten zu können
und entsprechende Strategien für eine natur­
verträgliche Nutzung und Pflege zu entwickeln,
führte das LfULG verschiedene Untersuchungen
und Forschungsprojekte durch. Die Broschüre
beinhal­tet die wichtigsten Erkenntnisse aus diesen
Projekten.

Es bleibt zu wünschen, dass die Ergebnisse dieser


Untersuchungen dazu beitragen, Dauergrünland
als bedeutendes Natur- und Kulturgut zu erkennen
und dauerhaft in seinem Wert zu erhalten.

Norbert Eichkorn
Präsident des Sächsischen Landesamtes
für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

3
Inhaltsverzeichnis

Hempel, W.: 5
Die historische Entwicklung des Wirtschaftsgrünlands in Sachsen
und daraus resultierende Natur- und Artenschutzaspekte

Böhnert, W.: 17
Zur aktuellen Situation der sächsischen Bergwiesen

Hachmöller, B.; Hardtke, H.-J.; 35


Hölzel, M.; Schmidt, P. A.; Walczak, C.; Zöphel, B.; Döring, N.:
Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben
„Grünlandverbund im Osterzgebirge am Beispiel der Oelsener Höhe“
des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz

Hachmöller, B.; Forker, M.; König, B.: 51


Floristisch-vegetationskundliche Erfolgskontrolle
im Naturschutzgroßprojekt
„Bergwiesen im Osterzgebirge“ am Beispiel der Wiesen
im Naturschutzgebiet „Geisingberg“

Döring, J.: 85
Mehrjährige Landschaftspflegeversuche auf verschiedenen
Standorten des Erzgebirges – eine zusammenfassende Auswertung

Koch, A.; Schneier, C.; Deussen, M.: 118


Ergebnisse der naturschutzfachlichen Begleituntersuchungen
zu grünlandbezogenen Maßnahmen im Programm
„Naturschutz und Erhalt der Kulturlandschaft (NAK)“

4
Die historische Entwicklung Der Verfasser kennt das geschützte Grünland in
des Wirtschaftsgrünlandes in Sachsen Sachsen seit ca. 60 Jahren und hat persönlich
und daraus resultierende Natur- und den Wandel in der Artengarnitur verfolgt. Anfang
Artenschutzaspekte der 60er Jahre waren noch alle aus der Literatur
bekannten Grünlandpflanzen vorhanden. Trotz al­
Werner Hempel ler Pflegemaßnahmen, bisheriger Forschungen
zur Grünlandpflege und zum Artenschwund, der
Seit den Anfängen der Natur- und Heimatschutz- Kartierung der Grünlandpflanzen zwecks daraus
bewegungen in Deutschland wird von etablierten abzuleitender Schutzstrategien, der mehrfachen
Institutionen, Naturschutzorganisationen und eh­ Ausarbeitung „Roter Listen“ seit 1976 und admi­
renamtlich engagierten Personen ein besonderes nistrativer Maßnahmen zeigt sich ein konsequenter
Augenmerk den Wiesen gewidmet. Diese prägten Rückgang, ohne dass im Einzelnen ein Grund für
als landschaftsästhetisches Element mit häufig das Verschwinden von Arten (mit Ausnahme des
außergewöhnlicher Buntblumigkeit bis ca. 1960 absichtlichen Ausgrabens bei Orchideen) zu erken­
das Gesicht unserer Agrarlandschaften und waren nen wäre. Leider betrifft dieser Rückgang vor allem
zur Zeit des Aufkommens der Heimatschutzbe­we­ pflanzengeographische Weiserarten, Relikte des
gun­gen in nicht unbeträchtlichem Maße Ursache Spätglazials und aus biologischen Gründen interes­
für die Ausbreitung des Naturschutzgedankens. sante Pflanzen (Ernährungsspezialisten, phylogene­
Bereits vor dem 1. Weltkrieg gab es in Deutschland tisch alte Sippen).
mehrfach Bestrebungen zur Erhaltung land­
schaftstypischer Grünländer, da mit Einführung 1 Probleme der Ursachenforschung
der Kunstdüngung ab 1870 mehr und mehr die zum Artenschwund/Gesellschafts-
Buntblumigkeit aus der Agrarlandschaft ver- wandel im Grünland
schwand, die ihrerseits Produkt einer – aus heu­
tiger Sicht – extensiven Grünlandwirtschaft war. Das Areal des heutigen Wirtschaftsgrünlandes
Die allmähliche Überführung der „bunten Wiesen“ resultiert aus zwei Prämissen:
im weniger reliefierten Hügel- und Tiefland in er­ 1 Standortsökologie,
tragsfähigeres Grasland wurde von Naturschützern Eignung für Grünlandwirtschaft und
weniger wahrgenommen als im stark reliefier­ 2 Nutzungsgeschichte der letzten
ten Hügel- und Bergland, zumal in Letzterem die Jahrhunderte.
Wandlungen zu massereicheren Grünländern
aus pedologischen Gründen und der monetären Während der Faktor „Ökologie“ in der Forschung
Situation der meisten landwirtschaftlichen Betriebe bestens vertreten, mess- und demonstrierbar ist,
vor 1920 weit langsamer vonstatten ging als in wird der Faktor „Historie“ zwar berücksichtigt, aber
tieferen Lagen und die tradierte Erntetechnik mit­ in der Regel in seiner ganzen Tiefe nicht erfasst.
tels Sense noch allgemein verbreitet war. Dies liegt sicher daran, dass der Botaniker resp.
Diese in ganz Deutschland zu beobachtende Vegetationskundler in der Regel auch Ökologe ist
Situation betraf auch Sachsen. Hier sicherte der oder ökologische Aspekte sein Vorgehen bestim­
Landesverein Sächsischer Heimatschutz mittels men, aber kaum Historiker. Historische Aspekte
Ankauf die damals artenreichsten Bergwiesen im lassen sich nur erschließen, aber nicht in ihrer
Erzgebirge (Umgebung Oelsen, Geisingwiesen, Aufeinanderfolge demonstrieren.
Zechengrund bei Oberwiesenthal) als NSG, die Es ist eine zwar immer wieder abgestrittene, aber
zu DDR-Zeiten ab 1961 als solche bestätigt und letztendlich doch existierende Ansicht, dass früher
durch eine Anzahl FND ( z. B. Börnerwiese bei alles „natürlicher“ war und dass der vegetations­
Tellerhäuser, Halbmeiler Wiesen) ergänzt wurden. kundlich arbeitende Botaniker seine heute erfassba­
Da die Bergwiesen seit ca. 90 Jahren besonders ren „Pflanzengesellschaften“ als Folgegesellschaften
im Blickpunkt des erhaltenden Naturschutzes vergangener Phytozönosen sieht und Vergleiche zur
stehen, beziehen sich die folgenden Ausführungen Natürlichkeit bzw. zum Artenreichtum anstellt. Nun
und die aus ihnen resultierenden Pflegehinweise reicht aber die vegetationskundliche Forschung nur
vorwiegend auf diese. bis in die 20er Jahre des 20. Jh. zurück und die

5
damals beschriebenen Vegetationseinheiten waren 2 Probleme der Analysen zur
auch schon Folgevegetation früherer Phytozönosen, Wirtschaftsgeschichte des Grünlandes
die über Jahrhunderte mit ± charakteristischem
Artengefüge existierten. Sie erscheinen nicht als Arbeiten zur Nutzungsgeschichte und Entwicklung­
„Pflanzengesellschaften“, da sie bereits vor Beginn des Grünlandes in Sachsen werden dadurch
vegetationskundlicher Aufzeichnungen verschwan­ erschwert, dass es – im Gegensatz zur Forstwissen­
den. Dies betrifft vor allem Extensivweiden und frühe schaft – kaum richtungsweisende Aufzeichnungen
Wiesen. Eine Vorstellung von der Zusammensetzung gibt, da der Landwirt vor 150 Jahren in der Regel
der Triftweiden, zumindest der auffälligen Arten, liegt noch Analphabet war und seine Wirtschaftsflächen
aus der Zeit um die Jahrhundertwende nur von entsprechend der Familientradition, der Verpflich­
Drude (1902, 1907) vor. Die rückwärtige Betrach­- tungen in der dörflichen Gemeinschaft oder nach
tung der nicht waldkundlich orientierten Vegeta­ eigenem Ermessen bestellte. Hinzu kommen fol­
tionskundler der Gegenwart reicht in der Literatur gende Spezifika in Sachsen:
meist nur bis zur Generation ihrer Großväter; 1. Die sächsische Landwirtschaft zeichnete sich
deren Ansichten und Forschungsergebnisse über 1000 Jahre durch das Nebeneinander
bilden oft die Grundlage zum Vergleich mit aktuellen von Gutsherren- und Bauernwirtschaften aus,
Verhältnissen. Die entscheidenden Veränderungen hinzu kamen Häusler mit Kleingruppen- oder
in der Nutzungsgeschichte der Landwirtschaft, aus Einzeltierhaltung. Aufzeichnungen zu Aus­saaten
denen das heutige Wirt­schaftsgrünland resultiert, und Versuchen zur Änderung von Fruchtfolgen
sind aber schon in der Mitte des 18. Jh. vor sich oder zum Aufbau von Wiesenkulturen, zu
gegangen. Samenaufkäufen und Erträgen sind nur bei
Gutsherrenwirtschaften zu erwarten, die aber
nach 1945 im Zuge der Vertreibungen und

Abb. 1: Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea) Foto: Archiv Naturschutz LfULG, W. Fiedler

6
Bodenreform wohl sämtlich verschwunden natürlich einen erheblichen Artenschwund zur Folge
oder vernichtet worden sind. Insofern sind und wird daher aus Naturschutzinteressen nicht
heute entsprechende historische Analysen in weiter verfolgt (vgl. Kapitel 3).
den wenigsten Fällen durch schriftliche Beweise Obwohl generell in der Vergangenheit das Grünland
hinterlegbar und müssen auf Vergleichen oder als Wiese und Weide Grundlage der Viehhaltung
logischen Schlussfolgerungen aufbauen. in der Landwirtschaft ist und der Bauer immer be­
2. Im Vergleich mit südwest- und westdeutschen strebt war, das Maximum an Futter für sein Vieh
Wirtschaftsstrukturen wurde in Sachsen zwar zu ge­win­nen, haben sich in ihm die verschie­den­sten
eine Dreifelderwirtschaft betrieben, aber die zu­ Pflanzenarten eingefunden, die im Zuge der Land­
gehörigen Begriffe fehlen vollständig (z. B. nutzung natürliche Standorte verloren haben oder
Eschkultur, Zelge), auch die Allmende. Der einfach unter den Bedingungen der landwirt­schaft­
Allgemeinheit dienende kleinere, vom Ort meist lichen Nutzung stärkeres Repro­dukti­ons­­­po­­ten­zial
weit entfernte Flächen besaßen Allmende­ entwickeln konnten, als ihnen sonst in der „freien
charakter, spielen aber in der Wirtschafts­ Natur“ gegönnt war. Insofern haben Wiesen und
geschichte keine Rolle. Feld- und Weideflächen Weiden eine hohe Bedeutung für den Artenschutz.
gehörten Gutsherren oder Bauern, die jeweils
über anzubauende Kulturen entschieden. 3.1 Nutzungstyp Extensivweide
3. Entscheidende Veränderungen in der Land-
wirtschaft (Einführung neuer Kulturpflanzen, Weideflächen sind generell für die Sommerhaltung/-
Mineral-Düngungen, Dränungen, Erntemaschi­ fütterung der Haustiere notwendig. Ihr Artenbestand
n­en u. a.) gingen im Zeitraum 1730 – 1830 vor wird durch das Weidevieh selektiert, d. h. Dorn-,
sich und spiegelten sich damit nicht in der äl­ Stachel-, Gift-, Bitterstoffpflanzen und andere nicht
teren floristischen Literatur wider. Zwischen schmeckende Arten werden stehen­gelassen. Dazu
der „Kräuterbuchbotanik“ des 16. Jh. und der zählen auch Orchideen, Enziane u. a. schwach (ex­
Altfloristik ab 1840 klafft eine Lücke von über tensiv) beweidete Flächen sind reich an derartigen
200 Jahren. Die in Sachsen der „Reichenbach- Pflanzenarten; das gelegentliche Zertreten hat keinen
Ära“ (Reichenbach 1842) vorangehenden Lokal­ Einfluss auf die Populationsentwicklung. Gefördert
floren (z. B. Oettel 1799, Curie 1804, Bucher durch Weidegang werden auch Tiefwurzler, deren
1806, Ficinus 1807, Kölbing 1828, Klett & Richter oberirdische Teile zwar abgefressen werden, die
1830) bieten aber einige interessante Ansätze aber immer wieder neu austreiben. Sichtbarer
zur Aufhellung der Einführungsgeschichte von Ausdruck der „Symbiose“ von Weidetieren und
Kulturpflanzen oder zum Florenwandel ( z. B. Vegetation sind noch heute u. a. die Extensiv-
Kölbing 1828 bei Orchis morio: „.... war früher Gebirgs­weiden in der Slowakei und in Rumänien, im
viel häufiger“ (!). Mittelmeergebiet (Orchideenreichtum trotz Ziegen­
herden) sowie in Südschweden.
3 Nutzungstypen des Grünlandes
und ihre Geschichte 3.1.1 Geschichte der Extensivweiden

Wirtschaftsgrünland sind Wiesen und Weiden. Nach Abschluss der Sesshaftwerdung im Neo­
Beide Typen sind grundsätzlich Kulturformationen, lithikum vor ca. 7000 Jahren und dem Aufbau frühe­
die in der mitteleuropäischen Flora hinsichtlich rer agrarischer Strukturen musste für die Haustiere
ihrer Artengarnitur keine natürlichen Entsprechungen Weideland gewonnen werden. Dies geschah im
haben. Für den Artenbestand beider ist die Nutzung mitteleuropäischen Binnenland aus zwei Wurzeln:
der Fläche von primärer Bedeutung (vgl. Abb. 1 und
2), die Ökologie spielt nur eine untergeordnete Rolle. 1. Weideland auf seit dem Spätglazial waldfrei­
Für den Natur- und Artenschutz ist der Artenbestand gebliebenen Flächen. Dies betrifft Küsten­ge­
in der düngerlosen Bewirtschaftung, in der Regel biete, Kerne von Hochmooren und Fels- und
vor 1870, im Bergland auch bis gegen 1930, von Geröllfelder im Binnenland. Letztere existier­
Bedeutung. Die Fortentwicklung von Extensivwei­ ten in Sachsen mit hoher Wahrscheinlichkeit
den und Wiesen zu ertragreichem Grünland hat an Basalt- und Phonolithkuppen, auf denen

7
sich Relikte der spätglazialen Offenlandflora form ist zwar lange bekannt, aber wohl erst­
gehalten haben (z. B. Sattelberg, Pöhl- und mals von Ellenberg 1963 explizit formuliert
Scheibenberg, Oberlausitzer Basaltkuppen worden. Auf Lichtungen beweideter Wäl­der
u. a.). Diese Flächen dienten vor allem der konzentrierten sich heliophile Arten der Wald­-
Ziegenhutung; sie wurden nach Erfordernis saum­vegetation oder von natürlichen Offen­
erweitert durch Rodungen „von oben nach stellen, die über ca. 6000 – 7000 Jahre den
unten“. Auf diesen Hutungsflächen breiteten Grundstock der Artengarnitur der Exten­siv-
sich Relikte der spätglazialen Offenlandflora wei­den bil­de­ten und die heute als Weide­re-
aus (s. u.), solche ehemaligen Extensivweiden likte in Er­scheinung treten (s. Arten­lis­te unten).
gehören zu den wichtigsten Standorten für
reliktäre Arten; am bekanntesten sind hierfür Trift- bzw. Extensivweidebetrieb wurde am längsten
Teile der Oelsener Wiesen, der Zechengrund, (z. T. bis nach 1945) an für den Feldfruchtbau nicht
das Ketzerbachtal, der Guttauer Eisenberg, der geeigneten Steilhängen mit nachbrechenden
Spitzkunnersdorfer Große Stein und vielleicht Brocken und Böden als Ziegenweide durchge­
auch vogtländische Pöhle mit Felspartien. führt, sie sind z. T. noch als Flurnamen oder im
2. Weideland im Ergebnis von Waldweide als Sprachgebrauch der älteren Generation gebräuch­
vorherrschender Wirtschaftsform in der Vieh­- lich und beziehen sich auf das Viehtreiben durch
haltung bis zum Beginn der Einstallung von der dörflichen Gemeinschaft angestellte Hirten
des Hausviehs nach 1760; Letztere wurde (Viehtreibe, Viehtrift, Viehbig, Fiebig, Triften in der
durch den großflächigen Anbau der Kartoffel älteren floristischen Literatur): Derartige Standorte
(ganzjährige Fütterung) und der Futter- und sind in Sachsen aus geologischen Gründen weit
Streu­wiesen (Heugewinnung) möglich. Für seltener als in den Muschelkalklandschaften Mittel­
die prähistorische Waldweide dürften von deutschlands oder in SW-Deutschland, so dass
Natur aus (wildlebende Großtiere!) lichte heute pflanzliche Relikte dieser Wirtschaftsform bei
eichendominierte Wälder in Frage kommen, uns zu den aussterbenden oder stark gefährdeten
deren Existenz im frühen Neolithikum mit Arten gehören.
Sicherheit auch fördernd für die Anlegung
von Wohnplätzen war. Waldweide führt gene­
rell zur Auflichtung des Waldes, ihre Bedeu­
tung als landschaftsprägende Wirtschafts­-

Biologische und biogeografische Besonderheiten


der Grünlandvegetation

Arten des Lichtliebende Arten Arten lichtoffener


spätglazialen primärer Wälder und Säume
Offenlandes Offenlandbiotope der
Waldlandschaft

Kaltzeitrelikte Phylogemetisch alte


Arten
Extensives (Botrychium)
Weideland
Tierkotsymbionten Saisonpolymorphe Arten
in der mit postglazialer Evolution
Keimungsphase Gift- und Dornpflanzen (Euphrasia, Gentianella)
Pflanzen mit ätherischen
Ölen

Abb.: 2 Biologische und biogeographische Besonderheiten der Extensivweide-Vegetation

8
Relikte des Extensivweidebetriebes in der 3.1.2 Artenschutzrelevante ökologische
sächsischen Flora: Parameter der Extensivweiden

Juniperus communis Prunus spinosa Die Zusammensetzung einer Phytozönose wird in


Carlina acaulis Gentianella baltica erster Linie durch die Aufwuchsmöglichkeiten der
Cirsium acaule Gentianella campestris Arten und damit deren erforderliche Keimungs-
Ononis repens Gentianella amarella bedingungen bestimmt. Die das Keimungsver-
Ononis spinosa Gentianella germanica halten bestimmende Ökologie auf Extensivweiden
Centaurea scabiosa Gentianella ciliata ist durch folgende Parameter ausgezeichnet:
Centaurea jacea Gentiana cruciata 1. Ständiger Bodenanriss durch das Weidevieh
(spätere Ausbreitung) schafft keimungsbegünstigende durchsonnte
Trifolium montanum Dactylorhiza sambucina Mikrostandorte und damit flächenhafte Roh­
Trifolium aureum Orchis ustulata bodenstrukturen.
Centaurium umbellatum Orchis morio 2. Viehkot ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Träger
Hypochoeris maculata Eryngium campestre der für die Orchideen- und Gentianaceen-
Euphrasia nemorosa s. l. Genista germanica Keimung notwendigen Mikroorganismen bzw.
Spiranthes spiralis Antennaria dioica Pilze.
3. Durchwärmung des weitestgehend „abgefres­
Extensivweideverträglich bzw. durch sie gefördert senen“ Oberbodens begünstigt die Ansiedlung
werden außerdem: von (samenverschleppenden) Ameisen, in
de­ren Nestern besonders wärmeerfordernde
Botrychium-Arten Auf­keimungen (Gentianella amarella u. a.) und
Euphrasia-, Rhinanthus-Arten Ver­mehrung von Mikroorganismen stattfinden
Sudeto-karp. Offenlandelemente (Gentianella können.
praecox, Traunsteinera globosa) 4. Ständig hoher Lichtgenuss gewährleistet die
Cynosurus cristatus, Briza media Fortexistenz heliophiler Arten der spätglazia­
Thymus pulegioides len Offenlandvegetation bzw. der natürlichen
Meum athamanticum Waldlichtungsflora.
Hypericum maculatum Jede Epoche in der Landnutzung hat die ihr zu­
Arnica montana gehörige Flora hervorgebracht. Die Bemühungen
in Mitteleuropa zielen auf mögliche Substitutions-
Zu den Besonderheiten der Flora der Extensiv- maßnahmen und Simulation früherer Landnut­
wei­­de­flächen gehören Relikte der spätglazialen­ z­ungen, dabei mit moderner Technik. Die o. g.
Offenlandvegetation, von denen einige kein Ausbrei­ Para­meter müssen aber erreicht werden. Dies ist
t­ungsvermögen mehr zeigen. Ihre „Lebensuhr“ ist wohl nur bei der Wiedereinführung des extensiven
offensichtlich abgelaufen, eine Erhaltung durch Um- Weideganges auf ausgewählten Flächen erfolg­
oder erneute Auspflanzung ist kaum möglich. versprechend, da die artenreiche Extensivweide
Zu ihnen gehören: ein Produkt der wechselseitigen Abhängigkeit von
Pflanze und Haustier über Jahrtausende ist. Es ist
Pulsatilla pratensis Carex humilis daher nicht zu erwarten, dass – falls versuchswei­
Potentilla arenaria Biscutella laevigata se wieder Extensivweidebetrieb eingeführt wird –
Thesium alpinum, Hypochoeris maculata sich ein gewünschter Artenreichtum innerhalb der
Th. pyrenaicum Seseli annuum nächsten 10 Jahre einstellen wird. Vielleicht ist dies
Helianthemum nummularium nie mehr möglich, da Luftbelastung und alle mög­
lichen negativen Umwelteinflüsse dies verhindern
Dagegen zeigen einige Arten ein Ausbreitungs­ können. Zumindest für die Pflanzen, die nicht auf
ver­mögen in ökologisch ähnliche Phytozönosen Keimungssymbiosen angewiesen sind, können fol­
(Mager-, Steppenrasen), z. B. Eryngium campestre, gende Maßnahmen von Bedeutung sein:
Artemisia campestris, Anthyllis vulneraria. 1. Schaffung ständiger Bodenanrisse und Auf-
­reißen der Vegetation mittels Egge und

9
2. Aufbringen und lockere Verteilung von orga- Auftreten von Trifolium repens in der Landwirtschaft
nischem Material aus der Stallhaltung. nicht sicher bezeugt. Die Abbildung des Weißklees
bei Fuchs (1543) zeigt Trifolium montanum und da­
Parallel zu den praktischen Maßnahmen sind For­ mit eine Art des Extensivweidelandes.
schungsarbeiten zur Keimungsphysiologie der Sym­- Intensivweiden bzw. Koppelweiden erlangten erst
­­bi­osepflanzen (Orchideen, Enziane) und Hemi­­para­ in den 20er Jahren des 20. Jh. nach Erfindung
siten notwendig, da diese sich ohne Weide­betrieb des Elektrozaunes eine weite Verbreitung. Mo­
nicht mehr einstellen werden. der­ne Formen des Weidebetriebes (Rotations-,
Umtriebsweide) und Graslandaussaaten sind seit
den 60er Jahren Rückgrat der Viehhaltung in der
3.1.3 Geschichte der Intensivweiden
Landwirtschaft.
Infolge der andauernden Nährstoffverarmung der
Extensivweiden und damit des Rückganges der
3.2 Nutzungstyp Wiese
Sommerfuttergewinnung wurde erstmals vor etwa
250 Jahren auf mehrere Arten versucht, die Erträge Der Artenbestand wird durch den Schnitt bestimmt.
der Weideflächen zu steigern. Seit der Slawenzeit Im Gegensatz zum Weideland dienen Wiesen der
wurden bis ca. 1870 über einen Zeitraum von Sicherung des Winterfutters und in gewissem Maße
1300 Jahren die Stoppel- und Brachflächen in der als Stalleinstreu; Magerwiesen wurden auch als
3-Felderwirtschaft be- bzw. nachbeweidet. Vor Weideland nach der Mahd genutzt. Mahd bedeu­
Ein­führung der Kunstdüngung gab es mehrere tet gleichzeitige Entfernung und Schaffung gleicher
Versuche zur Aufwertung der Brachfläche als Startbedingungen für alle Pflanzen.
Futterlieferant mittels Esparsetten-, Klee- und Im Gegensatz zum Weideland sind Wiesen
Lu­zer­ne­anbau, aber auch erste Mineraldüngungen re­la­tiv jung; ihre Existenz ist an die Sense gebun­
(Guano). Eine einschneidende Änderung war die den. Wiesenartiges, mit der Sense bewirtschaf­
Ausbringung von Englischem Raygras (Lolium tetes Grünland gab es schon zur Römerzeit; in
perenne), wohl in der 2. Hälfte des 18. Jh. Vorbild Sachsen jedoch erst als Nutzung gewässerbeglei­
dabei waren die Dauerweiden des Marschengras­ tender Hochstaudenfluren seit knapp 1000 Jahren
landes an der Küste Englands, Hollands und im mit Einsetzen der bäuerlichen Kolonisation im
Emsland. Auf ihnen konnte infolge des wintermilden 11./12. Jh., spätestens seit dem 14. Jh. im Zuge
Klimas das Weidevieh ganzjährig im Freien stehen. der Aufsiedlung der Bergländer mit Ortsgründungen
Dieser Weidebetrieb wurde in Mitteleuropa als abso­ aus „wilder Wurzel“. Den Slawen (vor 1000) war die
lutes Vorbild angesehen und so kam es, vorwiegend Sense unbekannt (Hermann 1968), d. h. es exis­
in Westdeutschland, zur „Raygras-Euphorie“, die tierten nur Weideland (Waldweide und Ackerland
sicher auch um 1800 bis Sachsen wirkte. Das tritt­ in der näheren Umgebung der Siedlungen) für die
feste, aber nicht dauerfrostharte Gras konnte aber Sommerfuttergewinnung. Winterfutter wurde wohl
bei uns im Gebirge nicht richtig Fuß fassen, so dass überwiegend durch Trocknung gewonnen.
Weidelgras-Weißklee-Weiden vor allem im Tiefland Mit der Entwicklung der Wiesenkultur haben sich bis
(Flussauen) und Hügelland entstanden sind. ca. 1970 in Deutschland nur wenige Naturschützer
Das Indigenat von Lolium perenne und Trifolium oder im Naturschutz verankerte Wissenschaftler
repens in Sachsen ist durchaus zu hinterfragen. befasst. Dies ist umso verwunderlicher, als bereits
Ersterer ist mit Sicherheit schon aus dem 16. Jh. im 19. Jh. seitens der Landwirtschaft entsprechen­
bekannt (Franke 1594), aber wohl als Pflanze der de historische Analysen durchgeführt wurden (z. B.
Wegränder und als Ackerungras, ab 18. Jh. zuneh­ Fraas 1852, Rau 1860, Krause 1892). Schon die
mend im Grasland (Kauter 2002). Dass im 19. Jh. älteren Autoren äußern die Ansichten, die seit den
in Sachsen Aussaaten des Englischen Raygrases 60er Jahren wieder Inhalt der Forschungen zur
stattfanden, ist sekundär aus der frühen floristi­ Wiesenerhaltung sind. Seit den 60er Jahren wer­
schen Literatur zu schließen (Klett & Richter 1830 den im Rheinland (z. B. Knörzer 1975) und vor al­
mit Beschreibung der Monstrositäten als typischer lem an der Universität Hohenheim richtungweisende
Verhaltensweise von Floristen bei neuen oder unge­ Forschungen zur Wiesenproblematik durchgeführt
wöhnlichen Pflanzen). Demgegenüber ist das frühe (z. B. Schröder-Lembke 1983, Kauter 2002). Eine zu­

10
sammenfassende Darstellung liegt von Dierschke & mit raschwüchsigen und hochhalmigen Gräsern, so
Briemle (2002) vor. dass „Laubwiesen“ entstanden, wie sie noch heu­
Für Sachsen sind vor allem die Arbeiten von Hundt te in Finnland, NW-Russland und in den baltischen
(1958, 1964a, 1964b) von Interesse, die jedoch rein Ländern zu beobachten sind. Erst in der (frühen)
vegetationskundlich aufgebaut sind und das his­ Neuzeit mit Entwicklung der Dräntechnik und der
torische Moment nicht berücksichtigen. Letzteres Ansaat von Hochgräsern kommt es zur Entwicklung
kommt in der sächsischen Literatur nur bei der Nasswiesen, die als „Naturwiesen“ aus der
Apitzsch (1964) vor; der Autor äußerte damals au­tochthonen Vegetation hervorgegangen sind.
bereits Ansichten zur Geschichte des Altenberger
Grünlandes, die heute wieder neu erkannt wer­ Typische Elemente der Laub- und Nasswiesen
den. Für die sächsische Wirtschaftsgeschichte außerhalb der Stromtäler im Hügel- und Bergland:
finden sich die meisten verwertbaren Angaben bei
Kötzschke (1953). Caltha palustris Polygonum bistorta
Cirsium palustre Cardamine pratensis
3.2.1 Geschichte der Naturwiesen Cirsium oleraceum Chaerophyllum hirsutum
Scirpus sylvaticus Lychnis flos-cuculi
Hinsichtlich Geschichte und Nutzungsart ist das Crepis paludosa Poa trivialis
Mahdgrünland wesentlich vielfältiger als die ­Ex­­- Angelica sylvestris
tensivweide. Die ersten Schnitte zur Zeit der frü­
hen deutschen Kolonisation in Sachsen er­fol­­­g-­­ Hinzu kommen gebietstypische pflanzengeo­
ten mit Sicherheit in krautreichen Beständen (Hoch­ graphische Weiserarten und schnittverträgliche
staudenfluren) an Feucht- und Nasstandorten. Orchideen:
Das gewonnene „Krautheu“ wurde gebündelt und
in der „Laube“ getrocknet. Eine solche Winter­ Trollius europaeus Dactylorhiza majalis
futtergewinnung findet noch heute in der Ostslo­ Cirsium anglicum Colchicum autumnale
wakei stellenweise statt. Die regelmäßige Mahd der Cirsium canum Crepis mollis
Hochstaudenfluren führte vielleicht zur Anreicherung Senecio rivularis

Natürlicher Grasbestand
lichter Wälder

Hochstauden der Submediterrane


autochthonen Arten der
Vegetation Trockenstandorte

Pflanzen, die Schnitt Extensives


und gleiche Kontinentale Arten
Mahdgrünland der Steppenvegetation
Startbedingungen
vertragen
Kontinentale
Stromtalpflanzen

Polyploide Sippen Saisonpolymorphe Sippen


alpiner mit postglazialer Evolution
Formenkreise (Rhinanthus)

Postglaziale Postglazial
Sippendifferenzierung entstandene
(Ranunculus) Grünlandpflanzen
(Phyteuma nigrum)

Abb. 3: Biologische und biogeographische Besonderheiten des Schnittgrünlandes

11
Nasswiesen im sächsischen Tiefland resultieren in städtischen Bevölkerung und der nicht in der Land­
der Regel aus Niedermoorkultivierungen mit spä­ wirtschaft verankerten Erwerbstätigen unbe­dingt
terer neuzeitlicher Einsaat von Hochgräsern, im notwendig wurde. Der hohe Futter- und Streu-
Elbetiefland aus Hochstaudenfluren mit osteuropä­ ­­­bedarf war mit den überkommenen Wirt­schafts­­
ischen Feucht-Waldsteppenpflanzen. formen nicht zu decken. Das extensive Trift­­weide-
Flutrasen existierten mit Sicherheit auf lehmgepräg­ land wurde bei ganzjähriger Stallhaltung nicht
ten Flussalluvionen. Auf ihre ehemalige Existenz mehr benötigt; die Umwandlung zu Intensiv­weiden
deuten heute noch u. a. Carex vulpina, Alopecurus mit Weißklee und Englischem Raygras oder zu
geniculatus und Deschampsia caespitosa hin. Sie Futterwiesen durch Grasaussaat erfolgte in der
wurden schon frühneuzeitlich, aber auch gezielt Mitte das 18. Jh. Wahrscheinlich wurde anfangs aus
nach 1945 zu Fuchsschwanzwiesen gewandelt. dem deutschen Saatguthandel Mischsaatgut, bald
aber artspezifisches Saatgut bezogen, das auf (auf­
gerissenen) Triftweiden oder Flutrasen aufgebracht
3.2.2 Geschichte der Ansaat-Futterwiesen
wurde. In der Folge bestimmte je nach Höhenlage,
oder Kulturwiesen
Lokalklima und Bodennährstoffgehalt die eine oder
Der Aufbau hochhalmiger, grasdominierter Wiesen andere Grasart das Bild der zukünftigen Futter­-
setzt wohl überall in Deutschland (außer dem Süd­­- wie­se. Dabei setzten sich auf Feuchtstandorten der
westen) frühestens in der Mitte des 18. Jh. mit Fluss­auen Fuchsschwanzwiesen, der Niederungen
Einrichtung der Saatgutbetriebe und des Saat­ Honiggraswiesen u. a., im mäßig trockenen Hügel­­
gut­handels ein (Kauter 2002). Für einzelne Hoch­ län­dern Glatthaferwiesen und im Bergland Gold­
gräser liegen gründliche Untersuchungen zu deren hafer­wiesen (in Sachsen selten) durch. Diese Wie­
Indigenat oder Introduktion vor (Kauter 2002). Die sentypen prägten bis ca. 1960 das Gesicht un­
Grasanzuchten setzten vor allem in England ein, serer Agrarlandschaften; sie waren bevorzugtes
nicht zuletzt aus Gründen des Bedarfs in den USA Untersuchungsobjekt von Vegetationskundlern, die
zum Aufbau der Farmwirtschaften. Offensichtlich im Grunde genommen aufgegangenes Saatgut mit
wurde aus den USA wieder Saatgut bezogen, wissenschaftlichen Namen belegten.
nachdem dort entsprechende Betriebe aufgebaut Eine Sonderform der Graslandwirtschaft, deren­
worden sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Aus­­­wirkungen heute größte Bedeutung im Arten­
polyploiden Wiesengräser Phleum pratense und schutz hat, ist die Extensiv-Wiesenwirtschaft mit
Dactylis glomerata aus europäischen Grundformen Rotschwingel (Festuca rubra) und Rotstraußgras
dort entstanden sind. Nach Schröder-Lembke (1983) (Agrostis tenuis) im Erzgebirge im Zusammenhang
gehört Dactylis glomerata zur Flora von Virginia und mit einer Zwei-Felder­wirtschaft. Diese bestand in
wäre damit bei uns als Neophyt zu werten. einem Wechsel von Feldfruchtbau und Grasland
Kauter (2002) weist für wichtige Hochgräser der auf der gleichen Fläche mit einem Wechsel von
Wiesenvegetation (Arrhenatherum elatius, Dactylis mehreren Jahren (meist 7 – 8). Diese Rotschwingel-
glomerata, Phleum pratense, Helictotrichon pu­be­ Rot­­straußgras-Grünländer wurden sowohl als
scens u. a.) eine Aussaat in Westdeutschland erst Schnitt­­grasland als auch als Triftweide genutzt. In
seit Mitte des 18. Jh. nach. Dies bedeutet, dass un­ ihnen breitete sich u. a. die Bärwurz (Meum atha­­-
sere Glatthafer-, Goldhafer-, Fuchsschwanzwiesen manticum) aus. Diese Grasmischung wurde mit
nur etwa 200 Jahre existierten! Es ist zu erwarten, Sicherheit auch auf Extensivweiden aufgebracht,
dass auch in Sachsen derartige Kulturwiesen nicht so dass Rotschwingel-Rotstraußgras-Weiden und
früher entstanden sind und man wird annehmen -Wiesen entstanden, die als Bärwurzwiesen zum
dürfen, dass sich solche zuerst Gutsherren „leisten“ landschaftstypischen Element wurden und heu­
konnten. Von ihnen bezogen dann sicher die Bauern te im Mittelpunkt des Artenschutzes im montanen
ihr Saatgut, das wohl als Abfall des Heus auf der Grünland stehen.
Tenne zusammengekehrt wurde.
Der Aufbau von Schnitt-Grasland bedeutet verstärk­
te Winterfuttergewinnung und damit Möglichkeit der
Erweiterung der Viehbestände, was zur Sicherung
der Nahrungsmittelversorgung der wachsenden

12
Abb. 4: Silberdistel (Carlina acaulis) Foto: Archiv Naturschutz LfULG, W. Böhnert

3.2.3 Geschichte der Streuwiesen wiese als Ersatzgesellschaft 1. Grades ohne Fut­-
und Halbtrockenrasen ­terwert, waren. In Sachsen betraf dies die Rand­-
bereiche von Schotterzügen der Hügellandschwelle
Ganzjährige Stallhaltung bedeutet Sicherung der und Bergflanken unterhalb 300 m ü. NN mit epi­
Einstreu, die ihrerseits aus Getreidestroh gewon­ sodisch schüttenden Quellen. Die Mahd der Wie­
nen wurde und nach „Ausmisten“ als organischer sen erfolgte nach Strohig­werden des Pfei­fengrases
Dünger auf die Felder gebracht werden konnte. (Molinia caerulea); in den Be­ständen breiteten sich
Lediglich Häusler und Kleinstbetriebe („Gärtner“) die subkontinentalen Wechsel­feuchtezei­ger (Relikte
ohne Ackerland gewannen in Sachsen ihre Einstreu der frühen postglazialen Wiederbewaldung aus
aus Magergrasland. Eine sehr wichtige, landschafts­ Osteuropa) aus. Pfeifengraswiesen waren mit der
prägende Nutzungsart war die im Tiefland be­ charakteristischen Artengarnitur (Schütze 1936)
triebene Streugewinnung mittels Streurechen im bis ca. 1945 noch allgemein verbreitet, jedoch
Kiefernwald, die letztendlich infolge des Ausreißens schon ab Mitte der 50er Jahre mit dem Ausbau
der Flachwurzler (Gräser) und Stehenlassen der des Meliorationswesens stark zurückgehend
Tiefwurzler (Heidelbeere, Bärlappe, Wintergrünarten Streu­wiesen hatten in Sachsen bei weitem nicht
u. a.) das Bild der „Kiefernheiden“ bestimmte, wie die Bedeutung wie in Süddeutschland oder in der
es die ältere floristische Literatur beschreibt und Schweiz (Konold & Hackel 1990).
wie sie noch die Generation unserer Väter kennt Der zeitlich letzte Wiesentyp in Sachsen dürfte im
(Beerkraut-Kiefernwälder). Gegensatz zu Thüringen und Süddeutschland der
Mit der notwendigen Aufstockung der Stallstreu- Trespen-Halbtrockenrasen sein. Nach der floristi­
Menge ist deren Gewinnung im Magergrasland schen Literatur (Klett & Richter 1830) tritt Bromus
verbunden. Dies setzte eine lokale Rodungsaktion erectus erstmals 1826 im Leipziger Raum auf, bei
in bodensauren, grasreichen und niederwaldar­ Ficinus noch 1836 für den Dresdner Raum unbe­
tig bewirtschafteten Aspen-Eichenwäldern und kannt, nach Reichenbach (1842) selten (Dresden,
ähnlichen Waldgesellschaften voraus, deren End­- Vogtland, Mittelsachsen), nach Barber (1917) in
produkt nach der dort vorherrschenden Grasart die der Oberlausitz nur angesät oder eingeschleppt.
wechselfeuchten Pfeifengraswiesen, eine Natur­- Derartige „Halbtrockenrasen“ (wissenschaftlicher­

13
Name, dem Landwirt nur als Magerrasen Beschattung und Verfeuchtung des Keimbettes
bekannt) eigneten sich als Schnittgrasland und für Lichtkeimer, die bei Maschinenschnitt generell
als Triftweide und waren wohl die optimale Form zurückgehen. Diese Art der Grünlandbehandlung
der Futtergewinnung auf flachgründigen Böden im ist zwar bei Vorhaben zur Erhaltung des Land­
warmen Hügelland. Mit Aufgabe der Nutzung der schaftsbildes und einer gewissen Artenvielfalt im
Halbtrockenrasen findet eine autogen verlaufende Offenland richtig, nicht aber artenschutzrelevant!
Sukzession zu Glatthaferwiesen statt. Der Verfasser Gleiches gilt für Belassung des Mähgutes auf der
beobachtet seit 1961 die Populationsentwicklung Fläche, sofern Populationen von Lichtkeimern ge­
von Orchis purpurea am NSG Ziegenbusch. Vor 55 fördert werden sollen. Im Sinne des Artenschutzes
Jahren war der Bestand bestens in Trespenrasen ist es sicher richtig, maschinengemähtes Grasland
entwickelt, allerdings weideten im Herbst dort 1 – 2 nach der Mähgutberäumung teilweise zu eggen.
Rinder. Nach Einstellung der Beweidung ca. 1967 Den verantwortlichen Institutionen und For­schungs­
findet eine zunehmende Anreicherung von Glatthafer einrichtungen, die sich mit der Rekonstruk­tion
und Untergräsern statt, die das Keimbett für die ar­­ten­reichen Extensivgrünlandes und mit den Mög­-
Orchideen beschatten und durchfeuchten und ­lichkeiten zur Wiedereinbringung oder Po­pu­la­tions­
somit keine Ausbreitung dieser mehr nach sich vergrößerung aussterbender Grün­land­pflanzen be­
ziehen. Vielleicht fehlt auch der Rinderdung für die fassen (vor allem Bergwiesen), muss bewusst sein,
Entwicklung des symbiontischen Pilzes. dass die Bergwiese auf der Bergweide angelegt
wurde und dass der Artenreichtum an die Be­
triebsform der Extensiv-Weide gekoppelt ist.
3.2.4 Artenschutzrelevante Aspekte des
Wenn aussterbende Arten erhalten oder vermehrt
Schnittgrünlandes
werden sollen, muss zuerst der Wiesenzustand
Die Mahd schafft zwar für alle Pflanzen gleiche „rückgebaut“ werden, da mit diesem die aufwuchs­
Ernte- und Startbedingungen, ist aber hinsichtlich garantierenden Mikroorganismen ver­schwunden
der angewandten Technik sehr differenziert zu be­ sind. Dies bedeutet, dass Forschungen zum Arten­
trachten. Der Sensenschnitt wird manuell sehr sorg­ schutz ohne experimentelle Arbeiten in mikrobiolo­
fältig geführt, er „rasierte“ bei guter Handhabung alle gischen Labors zum Scheitern verurteilt sind.
Pflanzen bis zu 1 – 2 cm Höhe über dem Boden ab.
Dies bedeutet, dass sich bei Sensenschnitt auch
alle Lichtkeimer des Trift-Weidelandes regenerie­
ren können. Damit wird die auf Triftweideland an­
gelegte „Bergwiese“ zur artenreichsten heimischen
Grünlandvegetation, da diese sowohl Weiderelikte,
also trittverträgliche, als auch schnittverträgliche
Arten umfasst. Dieser intermediäre Zustand des
montanen Grünlandes dauerte bis in die 50er Jahre
an und bestand vor allem in der Anfangszeit der
Naturschutzbewegung; er war der Grund für die
Unterschutzstellung von Bergwiesen.
Qualifizierter Sensenschnitt ist heute sicher selten.
Der Verfasser beobachtete ihn in den 70er Jahren
in Tharandt und Halbmeil; er ist noch üblich in der
Slowakei und sicher im ganzen Karpatenbogen.
Ein bodennaher Sensenschnitt bedingt die totale
Räumung der Fläche von Steinen, was im Erzgebirge
sicher zur Aufhöhung der mit der Ackerkultur ent­
standenen Steinrücken zur Folge hatte.
Der Maschinenschnitt (seit Ende 19. Jh.) lässt bis zu
10 cm hohe Stoppeln stehen. Dies bedeutet infol­
ge der Förderung der sterilen Teile der Untergräser

14
Literatur Kauter, D. (2002): „Sauergras“ und „Wegbreit“?
Die Entwicklung der Wiesen in Mitteleuropa.
Apitzsch, M. (1964): Rotschwingel-Rotstraußgras­ Berichte des Instituts für Landschafts- und
wiesen des Altenberger Gebietes und ihre Pflanzenökologie Universität Hohenheim Beihefte
Entwicklungstendenzen. Bericht der Arbeits­ 14.
gemeinschaft Sächsischer Botaniker Neue Folge Klett, G. T. & Richter, H. E. F. (1830): Flora der
5/6, S. 183 – 214. phaner­ogamischen Gewächse der Umgegend
Barber, E. (1917): Flora der Oberlausitz preußi­- von Leipzig. Leipzig.
schen und sächsischen Anteils einschließlich Knörzer, K.-H. (1975): Entstehung und Entwick­
des nördlichen Böhmens, III. Teil Die Dico­ty­ lung der Grünlandvegetation im Rheinland.
ledonen. Abhandlungen der Naturfor­schenden Decheniana 127, S. 195 – 214.
Gesell­schaft Görlitz 28, S. 371 – 445. Kölbing, F. W. (1828): Flora der Oberlausitz. Görlitz
Bucher, C. T. (1806): Florae Dresdensis Nomen­ Kötzschke, R. (1953): Ländliche Siedlung und
clator. Dresden. Agrarwesen in Sachsen. Forsch. Dt. Landes­
Curie, P. F. (1804): Flora Kleinwelkiensis. Manuskript kunde 77.
Stadtmuseum Bautzen. Konold, W. & Hackel, A. (1990): Beitrag zur
Dierschke, H. & Briemle, G. (2002): Kulturgrasland: Geschichte der Streuwiesen und der Streu­
Wiesen, Weiden und verwandte Staudenfluren. wiesenkultur im Alpenvorland. Zeitschrift für
Ulmer Verlag, Stuttgart. Agrargeschichte und Agrarsoziologie 38/2, S.
Drude, O. (1902): Der Hercynische Florenbezirk. 176 – 191.
Leipzig. Krause, H. L. E. (1892): Beitrag zur Geschichte der
Drude, O. (1907): Die kartographische Darstel­ Wiesenflora in Norddeutschland. Engl. Bot. Jb.
lung mitteldeutscher Vegetationsforma­­t­io­nen. 15, S. 387 – 400.
Dresden (Vorabdruck Mitt. Ver. Erdkde. Oettel, K. C. (1799): Systematisches Verzeichnis
Dresden 7, S. 83 – 129, 1908). der in der Oberlausitz wildwachsenden
Ellenberg, H. (1963): Vegetation Mitteleuropas mit Pflanzen. Görlitz.
den Alpen (ed. 1). Stuttgart. Rau, L. (1860): Die Wiesen in Württemberg.
Ficinus, H. D. (1807): Botanisches Taschenbuch Wochenblatt fur Land- u. Forstwirtschaft 12/2,
oder Flora der Gegend um Dresden. Dresden. S. 5 – 7.
Fraas, Dr. (1852): Geschichte der Landwirthschaft. Reichenbach, H. G. L. (1842): Flora Saxonica. Dresden.
Franke, J. (1594): Hortus Lusatiae. Budissin. Schröder-Lembke, G. (1983): Wiesenbau und Gras­
Fuchs, L. (1543): New Kreuterbuch. Basel. zucht. Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrar­
Hempel, W. (2000): Entwicklung und naturwis­ soziologie 31/2, S. 172 – 193.
senschaftliche Bedeutung des Wirtschaftsgrün­
landes in Sachsen. Artenschutzreport Jena 10, Ausstellungsmaterialien:
S. 1 – 3. 1. Landwirtschaft im Wandel der Zeit: Von der ma­
Hermann, J. (1968): Slawische Stämme zwischen nuellen zur maschinellen Arbeitsweise. Queich­
Elbe und Oder. Berlin. talmuseum Ottersheim 23.07. – 24.09.2000
Hundt, R. (1958): Beiträge zur Wiesenvegetation 2. Sorbische Kultur in der Oberlausitz. Dauer­
Mitteleuropas. I. Die Auenwiesen an der Elbe, ausstellung Museum der sorbischen Kultur in
Saale und Mulde. Nova Acta Leopoldina NF 135, Bautzen
Bd. 20.
Hundt, R. (1964a): Die Bergwiesen des Harzes,
Thüringer Waldes und Erzgebirges. Pflanzen­
soziologie 14.
Hundt, R. (1964b): Die Geisingwiesen im Ost­
erzgebirge. Berichte der Arbeitsgemeinschaft
Sächsischer Botaniker Neue Folge 5/6, GH. 1,
S. 155 – 181.

15
16
Zur aktuellen Situation
der sächsischen Bergwiesen

Wolfgang Böhnert

„Rückblickend auf den Zustand der Flora und niedriger, diejenigen für die Niederschläge höher
Vegetation Mitteleuropas … bedeutet die heute als im Hügel- und Tiefland. Damit sind geringere
überall wirksame Eutrophierung im Interesse des Ertragsleistungen und zum Teil ein deutlicher Wan­
Naturschutzes eine Bedrohung.“ del in der floristischen Zusammensetzung des
Ellenberg (1996, S.84) Grün­landes, der Vegetationskundler bevorzugt
den Begriff Grasland, verbunden. Dieser Wandel
wird allerdings nur bei den Wiesen auffällig, bei
1 Einleitung
den Weiden dagegen kaum (vgl. Abb. 1). Der
Die Grenze zwischen dem Hügel- und dem Berg­ Begriff Bergwiese für Futterwiesen über 500 m
land lässt sich etwa bei 500 m Höhenlage ziehen. Höhenlage ist deshalb gebräuchlicher als derjeni­
Im Bergland sind das Klima rauer, die Vegetations­ ge der Bergweide für die andere Nutzungsart des
zeit kürzer, die Jahresmittelwerte für die Temperatur Graslandes.

0m 500 m 1000 m NN
Tief- und Hügelland Bergland

Abb. 1: Floristische Höhenstufendifferenzierung im Grasland

17
2 Entwicklungsgeschichte, Kultureinfluss die Wiesen recht unterschiedlich gemäht und be­
und Eigenschaften weidet, gerade wie es der jeweilige Bedarf erforder­
te. Erst in späterer Zeit wurde deutlicher zwischen
„Keine Wiese ohne Sense“. Dieser verkürzte, „Mäh“-Wiesen und Weiden getrennt. Dünger dürfte
alte Spruch verdeutlicht sehr schön die Wechsel­ vor der Einführung der mineralischen Möglichkeiten
wirkungen zwischen Natur und Kultur, in denen der kaum auf die Wiesen gekommen sein, da der kost­
Mensch durch Mahd den Lebensraum Wiese ge­ bare Stallmist für die Ertragssteigerung der Äcker
formt hat. Generationen von Landwirten ist es damit benötigt wurde. Eine gelegentliche Kalkung ist an­
gelungen, „Landschaftselemente mit Persönlichkeit“ zunehmen. Dabei wurden sicherlich die hofnäheren
(Haberreiter & Rötzer 2003, S. 7) zu entwickeln. Wiesen gegenüber den hofferneren begünstigt.

Die Lebensräume der Bergwiesen sind die seit Das Berggrasland hat sich – wie das Grasland ge­
dem Mittelalter im oberen Vogtland und im Erz­ nerell – im Verlauf der Geschichte mit der Zunahme
gebirge urbar gemachten Rodungsinseln, die ver­ der Bewirtschaftungsintensität gewandelt. In einem
hältnismäßig schmalen Wiesentäler im Wald, die ersten langen Abschnitt, der bis zur Mitte des
Steinrückenlandschaften um Annaberg und im 19. Jahrhunderts währte, bildeten sich die artenrei­
Osterzgebirge sowie die großräumigeren Offen­ chen Magerwiesen heraus, die das Extensivgras­-
länder in den unteren Berglagen. Nach der Gründung land kennzeichnen. Durch den ständigen Entzug
der Siedlungen hat es vermutlich neben dauerhaf­ von Nährstoffen, die sowohl von den Wiesen als
ten Äckern, die anfangs überwogen, und Wiesen auch von den Weiden und Wäldern auf die Äcker
auch einen Nutzungswechsel zwischen beiden, die geleitet wurden, entstanden die Lebensbedingun­
Feldgraswirtschaft, gegeben. Große Haustierherden gen für viele wuchsschwache Pflanzenarten, so­
waren im Erzgebirge nicht üblich, weil die Tier­ genannte Hungerkünstler, die heute im Blickpunkt
haltung individuell erfolgte. Für die winterliche des Arten- und Biotopschutzes stehen. Mit der
Stallhaltung war Heu erforderlich, weswegen die Einführung der mineralischen bzw. chemisch-syn­
Bergwiesen angelegt wurden. Ursprünglich wurden thetischen Dünger konnten im zweiten Abschnitt

Nutzungsintensität Nutzungstyp Vegetationstyp


• Borstgras-Magerrasen
Magerweide
Extensivgrasland • Trocken- und Halbtrockenrasen
(Waldweide, Triftweide/Hutung)
• Sand-Magerrasen
• Pfeifengras-Wiese
Magerwiese • Borstgras-Magerrasen
(Streuwiese, Laubwiese) • Borstgras-Bärwurz-Wiese
• Esparsetten-Halbtrockenwiese
Traditionelles
Kulturgrasland
a) halbextensiv Magere Fettweide • Rotschwingel-Kammgras-Weide
• Zittergras-Glatthafer-Wiese
• Rotschwingel-Rotstraußgras-Wiese
Magere Fettwiese • Magere submontane Goldhafer-Wiese
• Fuchsschwanz-Bärwurz-Wiese
• Borstgras-Goldhafer-Bergwiese
b) halbintensiv Fettweide • Weißklee-Kammgras-Weide
• Glatthafer-Wiese
Fettwiese • Submontane Goldhafer-Wiese
• Fuchsschwanz-Goldhafer-Bergwiese
Intensives
• Artenarmes Intensivgrünland
Kulturgrasland

Tab. 1: Kulturhistorische Einstufung ausgewählter Graslandtypen

18
etwa bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die ent­ einigen bodendeckenden Arten, die die schlagarti­
zogenen Nährstoffe regelmäßig ersetzt werden. Auf ge Lichtzunahme nach der Mahd nutzen, bestehen
diesem mäßigen Intensivierungsniveau sind die sehr (Weißklee, Einjähriges Rispengras). Dieses Bild be­
artenreichen, blütenbunten Fettwiesen des halbex­ stimmt das artenarme Intensivgrünland von stark
tensiven bis halbintensiven Kulturgraslandes ange­ eingeschränkter Biodiversität.
siedelt (vgl. Dierschke & Briemle 2002). Erst seit etwa
50 Jahren wurde mit hohen Düngergaben und wei­te­ Zwei wichtige Vorraussetzungen für Bergwiesen
ren Intensivierungsmaßnahmen der dritte Abschnitt mit hoher Biodiversität sind relative Nährstoffarmut
des artenarmen, naturschutzfachlich geringwertigen und lockere, bodenoffene Vegetationsstrukturen.
Intensivgrünlandes eingeleitet (vgl. Tabelle 1). Magerwiesen sind grundsätzlich schon bei nähr­
stoffarmen Verhältnissen artenreich. Anders dage­
Wiesen und Weiden unterscheiden sich durch die gen die Fettwiesen, die ihren Artenhöhepunkt
Art und Weise der Bewirtschaftung. Wiesen wer­ erst bei geringer Nährstoffzuführung erreichen,
den durch den Schnitt geformt – Jahrhunderte darüber hinaus aber schnell mit Artenverarmung
lang durch die Handsense, heute durch moto­ reagieren. Deshalb sind deren Ausbildungen re­
risierte Schneidwerkzeuge. Kennzeichnend ist, lativ nährstoffarmer Standorte für den Arten- und
dass bis zum ersten Schnitt im Juni die Pflanzen Biotopschutz besonders wichtig und wertvoll.
annähernd gleichmäßig aufwachsen und dann Eine lockere, niedrigwüchsige Vegetation mit
plötzlich alle auf einmal bis auf die bodennah­ klei­­nen Pionierstandorten ohne Streufilz, in der
en Überdauerungsorgane abgeschnitten werden, das Sonnenlicht vielerorts die Bodenoberfläche
um anschließend wiederum annähernd gleichmä­ erreicht, bietet Lebensstätten für eine große Zahl
ßig aufzuwachsen (Aufwuchs, Hochstand, Mahd/ konkurrenzschwacher Pflanzenarten. Neben einer
Tiefstand, Regeneration/2. Aufwuchs). Auf traditio­ biotoptypischen Bewirtschaftung ist die relative
nell genutzten, extensiven Wiesen werden die ge­ Nährstoffarmut besonders in den Fettwiesen die
mähten Gräser und Kräuter zwei bis drei Tage lang Grundlage für diese lockeren Strukturen, in deren
zu Heu getrocknet, wodurch Samen und Früchte Folge sich eine hohe Biodiversität entwickeln kann.
auf der Fläche ausfallen sowie Kleintiere fliehen
können. Ein wertbestimmendes Merkmal artenrei­ Nach Ellenberg (1996) sind die Herkunftsgebiete
cher Bergwiesen ist ihr Kräuterreichtum, während der mesophilen Wiesenflora auf wenige Bereiche
Unter- und Mittelgräser nur begleitend auftreten, der Nordhalbkugel der Erde begrenzt – auf die
Obergräser sogar weitgehend fehlen. Hochgebirge von Europa, Nordamerika und der
temperierten Zone Asiens. Durch die Wie­sen­­
Von der Bewirtschaftungsintensität (Schnitt­häu­ bewirtschaftung wurden sie in den Berg­län­dern
fig­keit, Düngermenge) wird die Struktur eines weiter verbreitet. Beispielsweise zeigt die Ver­
Bestandes stark beeinflusst. In den ungedüng­ breitungskarte der Bärwurz (Meum athamanticum)
ten, einschürigen Bärwurz-Magerwiesen sind alle nur wenige kleine Inseln in West- und Mitteleuropa
Pflanzenarten sehr niedrigwüchsig (Untergräser, (Meusel et al. 1978). Diese Art ist demnach, wie ver­
Rosetten- bzw. Halbrosettenpflanzen) und auf schiedene andere Bergwiesenpflanzen auch, ein
der Fläche locker angeordnet (Lichtrasen – vgl. europäischer Endemit, der sonst auf keinem ande­
Vahle 2004). Die ­schwach gedüngten, ein- bis ren Platz der Erde vorkommt.
zweischürigen Fettwiesen (Wald­storchschnabel-
Goldhafer-Bergwiese) erreichen annähernd mittle­
3 Bergwiesen in Sachsen
re Wuchshöhe. Durch drei zeitgleiche Stockwerke
(Ober-, Mittel- und Unterschicht) und eine mäßig dich­
3.1 Einteilung
te Flächenstruktur wird ein sehr großer Artenreichtum
ermöglicht. Häufiger Schnitt und ertragssteigern­ Für das Berggrasland gibt es verschiedene Ein­
de Stickstoffdüngung führen zu hochwüchsigen teilungsmöglichkeiten. Vegetationskundlich gehört
Beständen aus zwei zeitlich getrennten Schichten, nur das Berggrasland zu den Bergwiesen, das sich
die aus dicht wachsenden, wenigen Obergräsern dem Verband der Goldhafer-Bergwiesen zuordnen
(Glatthafer, Wiesen-Fuchsschwanz, Knaulgras) und lässt. Dieses wird auf der Ebene der Biotop­typen

19
Biotoptyp
Sächsisches
(Buder & Kartierungs- Gefährdungsgrad FFH-
Code Naturschutz-
Uhlemann code (Buder 1999) Richtlinie
gesetz
2004)
Bergwiese 06.02.310 GB Stark gefährdet 6520 § 26
Submontane Von vollständiger
Goldhafer- 06.02.320 GB Vernichtung 6510 § 26
Frischwiese bedroht
Sonstige
extensiv
06.02.210 GMY Gefährdet 6510 -
genutzte
Frischwiese

Intensiv-
06.03.000 - - - -
grünland

Tab. 2: Einordnung und Bewertung der Biotoptypen des Berggraslandes

Floristische Zusammensetzung
(Artenreichtum/pflanzensoziologische Identität)

Durchschnittlich
Artenreich (n = ab 25) Artenarm (n = bis 15)
(n = 16 bis 25)
pflanzensoziologische
weniger gut schlecht (untypisch)
Identität: sehr gut (typisch)
floristische Besonderheiten:
fehlend fehlend
vorhanden

Struktur des Bestandes

strukturreich mäßig strukturreich strukturarm


locker dicht sehr dicht
dreischichtig, zweischichtig, einschichtig,
niedrig bis mittelhoch mittelhoch bis hoch hoch
krautreich mäßig krautreich krautarm
grasarm mäßig grasreich grasreich

Farbe des Bestandes

blütenbunt wenig farbig einfarbig


Blühaspekte: reiche Mischung
verarmte Mischung entweder grün, weiß
aus weiß, gelb, rosa, rot, rost­
weniger Farben oder gelb
rot, violett und blau
mittel-
Grasmatrix: hell- bis mittelgrün dunkelgrün
bis dunkelgrün

Abb. 2: Merkmale zur Einstufung des Berggraslandes


Linker Block: Bergwiese (GB); Zustandsstufe I, sehr gut
Mittlerer Block: Sonstige extensiv genutzte Frischwiese (GMY); Zustandsstufe II, noch gut
Rechter Block: Intensivgrünland; Zustandsstufe III, schlecht

20
Kennzeichnende Arten GB GMY IGL

Perücken-Flockenblume X •
Weichhaariger Pippau X
Wald-Storchschnabel X
Bärwurz X •
Verschiedenblättrige­
Kratzdistel
X

Ährige Teufelskralle X
Schwarze Teufelskralle X •
Reichblütiges Habichtskraut X
Berg-Rispengras X
Magerkeitszeiger
Rundblättrige Glockenblume X •
Blutwurz X •
Gewöhnliches Ruchgras X •
Rot-Schwingel X x
Kanten-Hartheu X x
Wolliges Honiggras X x •
Wiesen-Goldhafer X • •
Rot-Straußgras X x
Rauer Löwenzahn X •
Nährstoffzeiger
Wiesen-Fuchsschwanzgras • x X
Glatthafer • X
Wiesen-Knäuelgras • x X
Gewöhnliches Rispengras • X
Wiesen-Kerbel x X
Wiesen-Bärenklau x X
Stumpfblättriger Ampfer • X

Tab. 3: Floristische Unterscheidung des Berggraslandes (generalisiert)


GB Goldhafer-Bergwiese, GMY Sonstige extensiv genutzte Frischwiese,
IGL Intensivgrünland
X regelmäßiges Vorkommen
• seltenes Vorkommen

ebenfalls als Bergwiese bezeichnet, und zwar als gehö­ren entweder zum Biotoptyp „Sonstige extensiv
typische Ausprägung. Ergänzt wird der Biotoptyp genutzte Frischwiese“ oder sogar zum „Artenarmen
„Bergwiese“ aber noch durch die „Submontane Intensivgrünland“ (vgl. Tabelle 2).
Goldhafer-Frischwiese“ (vgl. Buder & Uhlemann 2004), Für eine grobe Ansprache unterschiedlich intensiv
die vegetationskundlich aber zum Verband der bewirtschafteter Bestände mit verschiedener Bio­
Glatt­hafer-Frischwiesen gehört. Durch die FFH- toptypenbindung lassen sich einige Merkmale wie
Richtlinie wird eine weitere Zuordnung möglich. Artenreichtum, Struktur und Farbe aufstellen, wo­
Hier umfasst der Lebensraumtyp „Berg-Mähwiesen mit gleichzeitig eine Zustandsbewertung möglich ist
(6520)“ die Goldhafer-Berg­wiesen und die monta­ (vgl. Abbildung 2, Tabelle 3).
nen Ausbildungen der Rotschwingel-Rotstraußgras- Ergänzend sei nur erwähnt, dass die Goldhafer-
Frischwiese, während die Submontane Goldhafer- Berg­wiesen sehr häufig eng verzahnt mit Borst­-
Frischwiese zum Lebensraumtyp „Flachland-Mäh­ gras-­Mager­rasen und Kleinseggenriedern vorkom­
wiesen (6510)“ gehört. Naturschutzfachlich weni­ men. Nach­fol­gend werden nur die Goldhafer-Berg­
ger wertvolle Ausbildungen des Berggraslandes wiesen behandelt.

21
Syntaxonomische Wissenschaftlicher Name Deutscher Name Rote Liste
Zuordnung Sachsen
Polygono-Trisetion Br.-Bl. &
Verband Tx. ex Marschall 1947 nom. inv. Tx. Goldhafer-Bergwiesen
& Preising 1951
Waldstorchschnabel-
Pflanzen- Geranio sylvatici-Trisetetum
Goldhafer-Bergwiese, Stark gefährdet
gesellschaft R. Knapp ex Oberd. 1957
Goldhafer-Wiese
Festuca rubra-Meum athamanti-
Rotschwingel-Bärwurz-
cum-Gesellschaft
Magerwiese,
(Synonym: Meo-Festucetum rubrae Stark gefährdet
Bärwurz-Magerwiese,
(Tx. 1937) J. & M. Bartsch 1940
Bärwurz-Wiese
nom. inv. Oberd. 1957)

Tab. 4: Pflanzengesellschaften der Goldhafer-Bergwiesen

Deutscher Name Wissenschaftlicher Name


Perücken-Flockenblume Centaurea pseudophrygia
Weichhaariger Pippau Crepis mollis
Wald-Storchschnabel Geranium sylvaticum
Schwarze Teufelskralle Phyteuma nigrum
Ährige Teufelskralle Phyteuma spicatum
Buschwindröschen Anemone nemorosa D
Rundblättrige Glockenblume Campanula rotundifolia D
Verschiedenblättrige Kratzdistel Cirsium heterophyllum D
Reichblütiges Habichtskraut Hieracium floribundum D
Kanten-Hartheu Hypericum maculatum D
Berg-Platterbse Lathyrus linifolius D
Bärwurz Meum athamanticum D
Berg-Rispengras Poa chaixii D
Blutwurz Potentilla erecta D
Hain-Hahnenfuß Ranunculus nemorosus D
Rote Lichtnelke Silene dioica D
D: Differenzial- oder Trennart

Tab. 5: Kennzeichnende Arten der Goldhafer-Bergwiesen (Polygono-Trisetion)

3.2 Goldhafer-Bergwiesen Wiese (vgl. Tabelle 5) fehlen der Bärwurz-Wiese und


dienen zur Unterscheidung (vgl. Dierschke 1997,
Die Goldhafer-Bergwiesen sind die Leitgesell- Burkart et al. 2004). Von Dierschke & Briemle (2002)
schaf­ten der sächsischen Bergwiesen ab etwa wird vermutet, dass die Bärwurz-Magerwiese
600 m Höhenlage auf frischen bis mäßig feuch­ ein Urtyp (Relikt) extensiver Bergwiesen magerer
ten, basenarmen bis basenreichen Silikatböden Standorte aus der vergangenen Zeit der exten­
von mittlerer Ertragslage. Sie bestehen aus zwei siven Landnutzung ist, der ein hoher kulturhistori­
Pflanzengesellschaften, der Waldstorchschnabel- scher und naturschutzfachlicher Wert zukommt.
Goldhafer-Bergwiese und der Rotschwingel-Bär­­- Die Waldstorchschnabel-Goldhafer-Bergwiese ge­
wurz-Magerwiese (vgl. Tabelle 4). Beide Gesell­ hört zu den artenreichen Fettwiesen des halbex­
schaften können sehr artenreich sein, lediglich ­die tensiven bis halbintensiven Kulturgraslandes. In
pflanzensoziologischen Kennarten der Goldhafer- Sachsen wird die floristische Unterscheidung bei­

22
der Gesellschaften gebietsweise erschwert, da mezeigern, die die standörtliche Gunst von Kalk im
mehrere der Kennarten der Goldhafer-Wiese offen­ Gimmlitztal, Basalt am Geisingberg oder um Oelsen
sichtlich aus pflanzengeo­graphischen Gründen im nutzen, von den anderen Beständen abgegrenzt
oberen Vogtland und Erz­gebirge nicht gleichmäßig werden (vgl. Tabelle 6). Mit den seltenen Arten
verbreitet sind (vgl. Hardtke & Ihl 2000). So gibt es Sterndolde, Kugeliger Teufelskralle, Kugelorchis,
viele ortsferne, aber auch einige ortsnahe Bestände, Trollblume und Karpaten-Fransenenzian wird wie­
die zur Bärwurz-Magerwiese zu stellen sind, insge­ derum die Verbindung zu den südosteuropäischen
samt sind es etwa 25 % der Goldhafer-Bergwie­sen. Karpaten geknüpft. Die bisher genannten Arten wer­
Die sächsischen Bergwiesen gehören mit den den noch durch Säurezeiger ergänzt, so dass in den
sudeto-karpatisch verbreiteten, in Sachsen relativ­ Beständen insgesamt eine große Anzahl von floristi­
häufigen Trennarten Perücken-Flockenblume, Ver­ schen Besonderheiten gefunden werden kann (vgl.
schiedenblättrige Kratzdistel und Reichblütiges Ha­ Tabelle 6).
bichtskraut zu einer östlich verbreiteten, sich in den Die Goldhafer-Bergwiesen (Berg-Mähwiesen)
Sudeten fortsetzenden Rasse, die in Deutschland haben im Idealfall eine mittelhohe und ziemlich
nur im Erzgebirge und im Bayerischen Wald zu lockere Bestandesstruktur. Das obere Stockwerk
finden ist. ist meist nur schwach entwickelt und spärlich mit
Die Bergwiesen des Osterzgebirges können durch wenigen Obergräsern [Knaulgras (Dactylis glome­
einen hohen Anteil von Basen- und teilweise Wär­ rata), Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecurus pra­ten­-

Trennarten des Osterzgebirges


Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Basenzeiger Säurezeiger
Große Sterndolde Astrantia major X
Aufrechte Trespe Bromus erectus X
Nordisches Labkraut Galium boreale X
Karpaten-Fransenenzian Gentianella lutescens X
Große Händelwurz Gymnadenia conopsea X
Gemeines Helianthemum
X
Sonnenröschen nummularium
Feuer-Lilie Lilium bulbiferum X
Stattliches Knabenkraut Orchis mascula
Kugelige Teufelskralle Phyteuma orbiculare X
Kugelorchis Traunsteinera globosa X
Berg-Klee Trifolium montanum X
Trollblume Trollius europaeus X
Busch-Nelke Dianthus seguieri X
Pyrenäen-Vermeinkraut Thesium pyrenaicum X
Übrige Arten
Arnika Arnica montana X
Mond-Raute Botrychium lunaria X
Grüne Hohlzunge Coeloglossum viride X
Geöhrtes Habichtskraut Hieracium lactucella X
Großes Zweiblatt Listera ovata X
Niedrige Schwarzwurzel Scorzonera humilis X
Moor-Klee Trifolium spadiceum X

Tabelle 6: Floristische Besonderheiten und geographische Trennarten der Goldhafer-Bergwiesen

23
­­
sis), Wald-Rispengras (Poa chaixii)] und im wöhn­liche Hainsimse (Luzula campestris), Knöll­-
Hoch­­sommer etwas mehr mit hochwüchsigen chen-Steinbrech (Saxifraga granulata), Gebirgs-
Stauden besetzt (Perücken-Flockenblume, Wald- Hellerkraut (Thlaspi caerulescens)] und Roset­ten­-
Storchschnabel, Sterndolde, Verschiedenblättrige losen [Buschwindröschen (Anemone nemorosa),
Kratzdistel). Die mittlere Schicht prägt wesentlich Berg-Platterbse, Kleiner Klappertopf (Rhi­nan­thus
das Erscheinungsbild der Bergwiesen mit Mittel- minor), Gemeines Kreuzblümchen (Poly­gala vul-
und Untergräsern [Goldhafer (Trisetum flavescens), garis), Gamander-Ehrenpreis (Veronica cha­mae­-
Rot-Schwingel (Festuca rubra), Rot-Straußgras drys)]. Am Aufbau der Moosschicht sind meist
(Agrostis capillaris), Ruchgras (Anthoxanthum odo­ nur wenige Arten beteiligt und das häufig nur
ratum), Zittergras (Briza media), Wiesen-Rispengras in geringen Mengen. Im Verlaufe des Sommers
(Poa pratensis)] sowie mit reichlich Kräutern (Arni­- entwickeln sich nach- und nebeneinander ver­
ka, Glockenblumen (Campanula patula, C. rotun­- schiedene Blühaspekte, die von weißen, gelben,
di­folia), Weicher Pippau, Kanten-Hartheu, Wiesen- rosafarbenen, roten, rostroten, violetten und blau­
Margerite (Leucanthemum vulgare), Bärwurz, en Farbtönen bestimmt werden. Das Grün der
Schwarze und Ährige Teufelskralle, Rote Lichtnelke Stän­gel und Blätter wirkt überwiegend mittel- bis
(Silene dioica) u. v. a.). Die bodennahe Schicht hellgrün mit warmer Tönung. Auf Grund ihrer wei­
ist ebenfalls gut aus­gebildet, beispielsweise mit ten Verbreitung im Gebirgsraum sind mannigfal­
Rosettenpflanzen [Kleines Habichtskraut (Hieracium tige Untergesellschaften bzw. Sub­asso­ziationen
pilosella), Rauer Löwen­zahn (Leontodon hispidus), entstanden, die in ihrer Vielfalt den Wert der
Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata)], Halb­roset­- Goldhafer-Bergwiesen für den Arten- und Bio­
tenpflanzen [Kriechender Günsel (Ajuga reptans), topschutz begründen und in dieser oder jener Form
Frauenmantel (Alchemilla vulgaris aggr.), Ge­ auch in Sachsen vorkommen (vgl. Tabelle 7, vgl.

Geranio sylvatici-Trisetetum mit Subassoziationen (Subass.) bzw. Untergesellschaften (UG)

Subassoziationsgruppe schwachwüchsiger Bergwiesen basenarm-magerer Standorte, die


zu den Borstgras-Magerrasen überleiten

⇒ Subass. von Borstgras (Nardus stricta)

⇒ UG von Pechnelke (Lychnis viscaria) wärmebegünstigter Standorte


Subassoziationsgruppe schwachwüchsiger Bergwiesen basenreich-magerer, meist
wärmebegünstigter Standorte die z. T. zu den Xerothermrasen überleiten
⇒ Subass. von Aufrechter Trespe (Bromus erectus)
⇒ UG von Kopfiger Teufelskralle (Phyteuma orbiculare)
⇒ UG von Gemeinem Wundklee (Anthyllis vulneraria)
⇒ UG von Nordischem Labkraut (Galium boreale) und weiteren Molinion-Arten
Subassoziationsgruppe wuchskräftiger Bergwiesen auf frischen Standorten mit
mittlerer Nährstoffversorgung
⇒ Typische Subassoziation
⇒ Subass. von Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecurus pratensis) bei mäßigem
Intensivierungseinfluss
Subassoziationsgruppe wuchskräftiger Bergwiesen auf feuchten Standorten mit mittlerer
(bis guter) Nährstoffversorgung
⇒ Subass. von Wiesen-Schlangenknöterich (Bistorta officinalis)
⇒ UG von Trollblume (Trollius europaeus)
⇒ UG von Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa)

Tab. 7: Pflanzensoziologische Vielfalt der sächsischen Goldhafer-Bergwiese

24
Dierschke 1997). Während sich in der typischen Die Bärwurz-Magerwiese ist vor allem bärwurz- und
Subasssoziation nur der reiche Artengrundstock untergrasreich, sonst aber eher krautärmer. Sie wird
findet, werden die anderen Untergesellschaften zu­ meist nur von einer Unter- und einer Mittel­schicht
sätzlich durch Trennarten hervorgehoben. Für die aufgebaut und wirkt weniger blütenbunt. Es kön­
Borstgras-Subassoziation sind Borstgras (Nardus nen wiederum verschiedene Unter­gesellschaften
stricta), Gemeines Kreuzblümchen, Arnika und fest­gestellt werden (von Borstgras, von Schlangen-
Echter Ehrenpreis (Veronica officinalis) charak­ Wiesenknöterich, von Wiesen-Fuchsschwanz).
teristisch. Wärmezeiger auf bodensauren Standor­ Die Goldhafer-Bergwiesen werden außerdem von
ten sind z. B. Heide-Nelke (Dianthus deltoides), einer artenreichen, lebensraumtypischen Tier­welt
Pech­nelke (Silene viscaria) und Große Fett­hen­- besiedelt ( z. B. Wachtelkönig, Birkhuhn, Rund­­au­
ne (Sedum maximum), die die Übergänge zu den gen-Mohrenfalter, Großer Perlmutterfalter, Braun­-
Rot­schwingel-Rotstraußgras Frischwiesen und den au­ge, Lilagold-Falter sowie diversen Heuschrecken,
Sub­montanen Goldhafer-Frischwiesen anzeigen, Laufkäfern, Zikaden u. v. a.). Die Eignung dafür
die im Ost­erz­gebirge (Oelsen, Trebnitzgrund, hängt aber mehr von der Struktur sowie der
Müglitztal) und im oberen Vogtland zu beobachten Häufigkeit und dem Zeitpunkt der Nutzung als
sind. Untergesellschaften basenreicher, frischer von der Artenzusammensetzung und der vege­
Stand­orte zeichnen sich durch Sterndolde, Auf­ tationskundlichen Zugehörigkeit ab. Wichtige Merk­-
rechte Trespe, Karpaten-Fransenenzian, Großes male dafür sind Höhe und Dichte, Fein­blätt­rigkeit

Durch­
West- Mittleres Osterz- schnitt.
Vogtland erzgebirge Erzgebirge gebirge Summe Fläche

Unter-
suchungs- 389 km2 533 km2 1.096 km2 452 km2 2.470 km2
fläche

ha n ha n ha n ha n ha n ha

Bergwiese 62 58 485 392 725 1.253 513 889 1.785 2.592 0,689

Sonstige
Frisch- 575 501 416 240 819 447 621 2.475 2.181 1,135
wiese

Summe 637 559 901 632 2.072 960 1.510 4.260 4.773 0,893

Tab. 8: Statistik der sächsischen Bergwiesen

Zwei­blatt, Hain­Wachtelweizen (Melampyrum nemo­ und Blütenreichtum des Bestandes, hors­tige


rosum), Kugelorchis, Berg-Klee und Purgier-Lein Wuchs­­formen und generell der Anteil an Klein­
(Linum catharticum) aus. Bodenfeuchte Sub­as­ struk­turen (Ameisenhügel, besonnter Boden u. a.).
so­­ziationen werden durch Schlangen-Wiesen- Da die benachbarten Vegetationstypen die Fauna
knö­terich (Bistorta officinalis), Trollblume, Rasen- ei­ner Bergwiese immer mit beeinflussen, gibt es
Schmiele (Deschampsia cespitosa), Großen Wie­- kei­ne eigenständige Bergwiesenfauna. Erschwe­
­sen­knopf (Sanguisorba officinalis) und Großes Mä­de- -rend kommt hinzu, dass die Lebensstätten für
­süß (Filipendula ulmaria) differenziert. Die re­la­tiv Larven und Raupen mancher (oder vieler?) wirbel­
artenarme Subassoziation vom Wiesen-Fuchs­ loser Arten in anderen Vegetationstypen zu finden
schwanz zeigt mäßig intensivierte Bestände an. sind als die fortpflanzungsfähigen Tiere.

25
3.3 Menge, Verbreitung und Bewertung und 66 ha Borstgras-Magerrasen kartiert, auf die
der Goldhafer-Bergwiesen hier aber nicht weiter eingegangen wird, da diese
Ergebnisse auf Grund der räumlichen Begrenzung
Die sächsischen Bergwiesen wurden botanisch des Kartierungsgebietes für Sachsen unvollstän­
erstmals­ qualitativ von Hundt (1964) bearbeitet. dig bleiben. Die Bergwiesen wurden in drei Stufen
Auf Seite 38 zeigen die Abbildungen 5 und 6 bewertet, deren Kriterien annähernd in Abbildung
Grün­landstatistiken auf Altkreisebene. Im Berg­ 2 dargestellt sind. Die Be­wer­tung ergab, dass von
wiesengebiet betrug demnach um das Jahr 1960 den 1.785 ha nur 283 ha im sehr guten Zustand (I),
der Grünlandanteil ca. 20 % bis 30 % an der land­ 729 ha im noch guten Zustand (II) und 573 ha im
wirtschaftlichen Nutzfläche. Jedoch war der Anteil schlechten Zustand (III) vorkommen. Viele dieser
der ein- und zweischürigen Mähwiesen, die si­ Bergwiesen befinden sich in den Ortsrandberei­chen
cherlich mit den heutigen Biotoptypen Bergwiese und sind von Nutzungsaufgabe oder Intensivierung
und Sonstige extensiv genutzte Frischwiese ver­ bedroht. Auch die Bestände der Zustandstufe II
glichen werden können, mit mindestens 60 % am können, wenn sie nicht lebensraumtypisch be­
Gesamtgrünland sehr hoch. In den letzten Jahren wirtschaftet werden, schnell in einen schlech­
wurden vor allem osterzgebirgische Bergwiesen ten Zustand übergehen. Bedenkt man, dass die
untersucht (vgl. Hachmöller 2000, Hachmöller et durchschnittliche Fläche der Goldhafer-Bergwiesen
al. 2003, Schmiede 2004). Für eine erneute Be­ mit 0,689 ha ziemlich klein ist (vgl. Tabelle 8),
standsaufnahme und Bewertung aller sächsi­ so ist schon dadurch ihre Anfälligkeit gegen­
schen Bergwiesen hat der Freistaat Sachsen von über Gefah­ren verhältnismäßig groß. In der Tat
1995 bis 2003 ein Bergwiesenförderprogramm gehen regelmäßig kleine Flächenanteile durch
aufgelegt, das in drei Abschnitten bearbeitet wur­ Nutzungsänderungen (Brachfallen, Intensivierung,
de – Vogtland und Westerzgebirge (Böhnert 1996, Bebauung, Versiegelung, Bepflanzung u. a.) verlo­-
1998), Mittelerzgebirge (Böhnert 2001a, b) und ren. Der gegenläufige Pro­­zess, dass Wiesen aus­
Osterzgebirge (Böhnert 2004). Im Oberlausitzer gehagert werden, ist zwar hier und da zu beobach­
Bergland bzw. Zittauer Gebirge kommen keine ten, in seinem Umfang aber noch zu gering, um die
Goldhafer-Bergwiesen vor, weil dort die meisten aktuellen Verluste auszugleichen. Diese Befunde
Kennarten fehlen (vgl. Hardtke & Ihl 2000). liefern insgesamt ein eher kritisches Bild der Qua­
Die Goldhafer-Bergwiesen wurden in einem lität und Zukunft der verbliebenen Bergwiesen.
2470 km2 Kartierungsgebiet etwa ab der 500 m- Schwerpunktvorkommen der Bergwiesen befin­
Höhenlinie nach einheitlicher Methodik auf Erhe- den sich im Osterzgebirge am Geisingberg, in den
bungsbögen erfasst und bewertet sowie auf Topo- Grenzwiesen Fürstenau und um Oelsen. Wegen
graphischen Karten im Maßstab 1 : 10000 darge­ ihrer großen, unzerschnittenen Flächen und ihrer
stellt. Ausgewählte Bestände wurden mit Vege­- floristischen Besonderheiten sind diese Bereiche
tationsaufnahmen doku­mentiert. Im Bereich meh­ landesweit bedeutsam. Weitere Zentren sind um
rerer Gemeinden (Mark­neukirchen, Stützen­grün, Schöneck, Klingenthal mit Aschberg und Mühl­leithen,
Wildenthal, Jöhstadt, Steinbach, Hirtsteingemein­­ Sosa und Rehefeld-Zaunhaus zu finden. Obwohl
de, Cämmerswalde, Deut­scheinsiedel, Deutsch­- die Bergwiesen gegenüber den Ergebnissen von
neudorf, Holzhau, Seiffen, Rechenberg-Bienen­ Hundt (1964) sicherlich deutliche Flächenverluste
müh­le, Bärenstein, Glas­hütte, Johnsbach, Lauen­- erlitten haben, sind die Bergwiesen der letzte
stein, Liebstadt, Rehefeld-Zaun­haus, Altenberg/ Wiesentyp in Sachsen, der noch in ausreichender
Gei­sing) wurden von den regio­na­len Land­schafts- Menge, Ver­breitung und Vielfalt anzutreffen ist. Ihre
­­­pflege­verbänden bzw. der Grünen Liga Osterz­­ge­- Ko­hä­­r­­enz im Sinne der FFH-Richtlinie ist gut, ins­
birge zu­sätzlich Bergwiesen­fördergebiete vertieft besondere im Osterzgebirge hervorragend. Da die
bear­beitet (flurstück scharf, Nutzerkontakte, För­ Bergwiesen als Naturerbe, für den Naturhaushalt
der­möglichkeiten). Die zu­sam­­men­gefassten Ergeb­- und als Kulturerbe vielfältige Bedeutungen und
nisse werden in der Tabelle 8 mitgeteilt. Es wur­ Nutzungsmöglichkeiten haben, erhält der sächsi­
den insgesamt 1.785 ha Bergwiesen und 2.475 ha sche Bergwiesenschutz mindestens eine europäi­
Sonstige extensiv genutzten Frischwiesen kartiert. sche Bedeutung (vgl. Tabelle 9).
Weiterhin wurden 549 ha Magere Frischwiesen

26
3.4 Gefährdung und Schutz Wiesen zur Anhäufung von Streu mit der Folge der
Artenverarmung und schließlich zur Verbuschung
Zwar unterlag die Artenzusammensetzung der Wie- und Bewaldung. Intensivierung in Form von Dün-
­­sen entsprechend der menschlichen Nutzungs­an­ g­ung, Umbruch, Graseinsaat, Vielschnitt, Portions­
sprüche und Einflussmöglichkeiten schon immer ei­ weide u. ä. führt zu artenarmen naturschutzfach­
nem geschichtlichen Wandel, doch hat dieser heute lich wertlosen Beständen. Auch Wiesen, die über
Geschwindigkeiten und Ausmaße erreicht, die auch viele Jahre nur gemulcht werden, verlieren an Wert.
die Existenz der artenreichen Bergwiesen in Zukunft Eine weitere Gefährdung von Wiesen und mahd­
bedrohen könnten. Artenreiche Bergwiesen werden abhängigen Rasen ist der gegenwärtig häufig zu
immer dann gefährdet, wenn die Art und Weise der beobachtende vollständige Ersatz der Mahd durch
Mahd, die zu ihrer Entstehung geführt hat, deut­ Beweidung. Von wenigen Einzelfällen abgesehen, ist
lich verändert wird. Solche Veränderungen können das mit dem Verlust von naturschutzwertiger Vielfalt
sowohl Nutzungsauflassung (Verbrachung) als verbunden.
auch Intensivierung sein. Verbrachung führt auf den

Naturerbe Kulturerbe/Nutzungsmöglichkeiten

Artenschutz Kulturgut von europäischem Rang


- Rote-Liste-Arten Pflanzen und Tiere - kulturhistorisches Erbe traditioneller
Landnutzungsformen

Biotopschutz Heimatgeschichte
- gesetzlich geschützte Biotope nach § 26 - Traditionell bewirtschaftete Bergwiesen
SächsNatSchG erzeugen eine Identifikation der Bevölkerung mit
- Rote Liste Pflanzengesellschaften und dem Natur- und Landschaftsraum.
Biotoptypen - Eigentumsbindung (Wiesenmahd ist mühsam.)
- FFH-Lebensraumtypen - soziale Funktionen (Bergwiesenwettbewerb,
- Biotopverbund Bergwiesenfeste)
- Offenlandkohärenz

Biodiversität Genressourcen
- innerartliche, zwischenartliche und - Nutzung der Biodiversität
ökosystemare Vielfalt (Pilze, Pflanzen, Tiere, - Heilpflanzen, Tee, Kräuterheu
Ausbildungen der Pflanzengesellschaften)

- Pflanzengeographie: europäische Endemiten, Landschaftsästhetik


ökologische und geographisch Unikate von - farblich und strukturell wechselnder Bestandteil
begrenzter Verbreitung der europäischen des Landschaftsbildes
Mittelgebirge

Naturhaushalt Erholungseignung (Qualität) historisch


- Ausgleichsfunktionen für einen ausgewogene gewachsener Kulturlandschaften
Naturhaushalt (Biotopverbund) - Wechsel farbenprächtiger Blühaspekte
- sensible Bioindikatoren für Zustand - Duft von Kräuterheu
und Veränderung der entsprechenden - strukturelle Bereicherung während der
Umweltbedingungen traditionellen Heuernte (Mensch, Traktor,
Heureuter)

Bildung
- Naturerfahrung
- Heimatgeschichte
Bergwiesen sind der letzte Wiesentyp in Sachsen, der noch in ausreichender Menge, Verbreitung
und Vielfalt sowie Kohärenz anzutreffen ist.

Tab. 9: Bedeutung und Schutzgründe für artenreiche Bergwiesen

27
Entwicklungsziel
Leitbild Bemerkung Biotoptyp Bestand (ha) aus dem Gesamt-
bestand (ha)
„blütenbunte Berg-
und Falterwiese“
Artenreiche zur Erhaltung der
GB 1.785 2.500
Bergwiese Biodiversität (Arten-
und Biotopschutz,
kulturhistorische Vielfalt)
Erhaltung der
Kulturlandschaft
Gehölzfreies (Landschaftsbild,
GMY 2.475 1.760
Grasland Erholungspotenzial,
eingeschränkter Arten-
und Biotopschutz)
Summe 4.260 4.260

Tab. 10: Bergwiesen-Leitbilder und Entwicklungsziele

Sollen die biotoptypischen, heute naturschutz­fach­ naturschutzfachlicher Sicht zwei Leitbilder zu formu­
lich hervorgehobenen Werte der Bergwiesen nicht lieren – artenreiche Bergwiesen zur Erhaltung der
verloren gehen, müssen die strukturbestimmenden Biodiversität und gehölzfreies Grasland zur Erhaltung
Kulturfaktoren durch geeignete Be­wirtschaftung der Kulturlandschaft (vgl. Tabelle 10). Während im
oder Biotoppflege nachhaltig aufrechterhalten wer­- erstgenannten Leitbild das zweite enthalten ist, ge­
den. Wichtig sind die Bewahrung der Biotop­tra­- lingt der Umkehrschluss nur sehr eingeschränkt.
dition und die Förderung historischer Nut­zungs-
formen, insbesondere die Heumahd des ersten Für die Wiesen im Leitbild „artenreiche Bergwiesen“
Wiesenaufwuchses, die langfristig durch keine gelten die Ziele, in der Zustandsstufe I den sehr gu­
andere Nutzung ersetzt werden kann, sowie die ten Zustand zu erhalten, in der Stufe II den noch gu­
Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen ten Zustand zu erhalten (Mindeststandard) sowie auf
magerer Standorte. geeigneten Flächen die sehr gute Qualität zu entwi­
ckeln und in der Stufe III wenigstens die gute Grund­
Alternative Schutzstrategien aus einer Kombination qualität der Stufe II zu entwickeln. Bezogen auf die
von natürlicher Entwicklung mit geduldeten Kata­ Flächenstatistik muss der langfristigen Entwicklung
strophen, Nutzung sekundärer Standorte und/oder von 715 ha neuer Bergwiesen wenigstens aus den
Einsatz von dynamischen Nutzungskonzepten sind 2.475 ha Entwicklungspotenzial verstärkte Auf­
auf geeigneten Flächen willkommene Er­gänzungen merksamkeit geschenkt werden (vgl. Tabelle 10).
der notwendigen traditionellen Be­wirtschaftungs- Für jeden Bestand muss ein Schutzziel festgelegt
und Pflegemaßnahmen. werden. Neben der hier mehrfach begründeten
Erhaltung des Bestandes soll der Aushagerung
Besonders anspruchsvoll ist der Schutz der Berg­ auf geeigneten Flächen mehr Aufmerksamkeit ge­-
wiesen, wenn botanische und vegetationskundliche schenkt werden. Während schwachwüchsige Be­
Schutzgüter mit zoologischen Schutzgütern durch stände durch Düngung leicht in Fettwiesen über­
Portionsmahd und zeitlich begrenzte Brachestreifen führt werden können, gelingt die entgegengesetz­
auf derselben Fläche verknüpft werden müssen. te Entwicklung, wüchsige Bestände auszuhagern,
nur sehr mühsam. Bärwurz-Magerwiesen (eben­
so Borstgras-Magerrasen und schwachwüchsige
3.5 Leitbilder und Ziele
Rotschwingel-Rotstraußgras-Wiesen) sind seltener
Abgeleitet von der Bestandsaufnahme und Be­ als die Fettwiesen und kulturhistorisch sowie na­
wer­tung ist es sinnvoll, für das Berggrasland aus turschutzfachlich sehr interessant. Rote-Liste-Arten

28
Abb. 3: Fieberklee-Wiese in Pfaffenloh Foto: Archiv Naturschutz LfULG, W. Böhnert

sind überwiegend Zeiger für Stickstoffmangel, viele die jährliche Heumahd ist. Überwiegende Bewei­-
gefährdete Wirbellose sind an magere Lebensräume dung führt über kurz oder lang zu einem floristisch
gebunden. anders zusammengesetzten Vegetations- und
Nutzungs­typ, der Weide. Mit Mulchen (zweimal
jährlich! – vgl. Spatz 1994) kann zwar ziemlich lange
3.6 Bewirtschaftung und Pflege
der Grundcharakter der Bergwiesen erhalten wer­
Ein wesentliches Merkmal für artenreiche Berg­ den, es gehen aber die notwendigen Lücken für
wiesen ist deren Strukturvielfalt, die nur durch klein­ wuchsschwache Magerkeitszeiger verloren – die
flächig wechselnde Bewirtschaftung/Pflege erzeugt Artenvielfalt schwindet, die Roten Listen würden
werden kann, die im Idealfall zu einem kleinräumi­ noch mehr belastet. Dauernde Spätmahd ist aus
gen Nutzungsmosaik führt. Nur in dieser Form ist diesen Gründen ebenfalls ungeeignet, da sie eine
es möglich, die hohe Biodiversität der Pflanzen- und schleichende Tendenz zur Verbrachung bewirkt.
Tierwelt, wie sie historisch belegt ist, für die Zukunft Auf Wiesenflächen, die wegen floristischer und/
zu sichern bzw. zu entwickeln (vgl. Briemle et al. oder faunistischer Besonderheiten nicht mit einem
1991). Die nachfolgenden Ausführungen im Sinne speziellen Schutzziel belegt sind, kann der Schnitt
von Behandlungsgrundsätzen beziehen sich auf die ziemlich früh im Jahr erfolgen, damit die Landwirte
1.785 ha der gesetzlich geschützten Bergwiesen eiweißreiches Futter von hohem Wert gewinnen kön­
und auf einige geeignete Entwicklungsflächen. nen. Unbedingt einen vorgegebenen Termin nicht
zu unterschreiten, wie es die Förderprogramme
leider vorsehen, ist weniger wichtig als vielmehr
3.6.1 Mahd
zwischen erster und zweiter Nutzung mindestens
Die Goldhafer-Bergwiesen müssen regelmäßig be­ acht Wochen Pause zu lassen, damit der zweite
wirtschaftet werden. Als Bestandteil des halbexten- Aufwuchs zur Frucht- und Samenreife gelangen
siven bis halbintensiven traditionellen Kultur­gras­ kann. Da die Lebensdauer der Wiesenpflanzen
landes sind sie sogenannte klassische Heuwiesen nicht unbegrenzt ist, müssen sie sich von Zeit zu
(vgl. Dierschke & Briemle 2002), deren wichtigster Zeit geschlechtlich vermehren können.
struktur- und damit werterhaltender Kulturfaktor

29
Mahdtermin die Keimung konkurrenzschwacher Pflanzenarten
geschaffen werden kann.
Im Normalfall (witterungsbedingte Verschiebungen
sind möglich) beginnt der erste Schnitt Anfang Juni Selektive Mahd
und kann/soll sich bis Anfang/Mitte Juli erstrecken.
Phänologisch reicht dieser Zeitraum von der Mitte Zur Sicherung konkurrenzschwacher floristischer
der Phänophase 6 (Leucanthemum-Lychnis flos- Besonderheiten ( z. B. Arnika, Deutscher Fransen­
cuculi-Phase – vgl. Dierschke & Briemle 2002), wenn enzian, Stattliches Knabenkraut) ist eine kleinflä­
Margerite, Glockenblumen, Klappertopf, Ährige chige, selektive Mahd, die vom normalen Nut­
Teufelskralle, Rot-Schwingel, Wiesenrispe, Weicher zungs­termin abweicht, erforderlich. In der Regel
Pippau sowie Kuckucks-Lichtnelke und Schlangen- muss eine Anleitung durch geschultes Fachperso­-
Wiesenknöterich in Vollblüte stehen (Bärwurz, Schar­ ­nal erfolgen.
fer Hahnenfuß, Trollblume und Wald-Storchschnabel
sind zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend abge­ Rohboden
blüht) bis zur Mitte der Phänophase 7 (Cirsium pa-
lustre-Galium album-Phase), wenn Rotstraußgras, Zur Sicherung konkurrenzschwacher floristischer
Wolliges Honiggras, Goldhafer und Weißes Wiesen- Besonderheiten ( z. B. Arnika, Deutscher Fransen­
Labkraut voll erblüht sind (Perücken-Flockenblume enzian, Stattliches Knabenkraut) sind kleine Roh­
und Kanten-Hartheu beginnen erst zu erblühen). bodenflächen (Pionierstandorte) erforderlich, die
beispielsweise durch tief gestelltes Schneidwerkzeug
Staffel- oder Rotationsmahd erzeugt werden oder während der Nachweide
entstehen. In der Regel muss eine Anleitung durch
Für besonders artenreiche, großflächige Bergwiesen geschultes Fachpersonal erfolgen.
ist es aus naturschutzfachlichen Gründen wich­
tig, wenn in einem überschaubaren Gebiet eini­ Spätmahd
ge Teilflächen ( z. B. Flurstücke) zu Beginn, andere
gegen Ende des angegebenen Zeitraums gemäht Spätmahd ist auf konkret auszuweisenden Teilflä­
­werden. Das sichert die vollständige Entwicklung chen zum Schutz von bodenbrütenden Vogelar­ten
vieler Pflanzenarten bis zur Frucht- und Samenreife erforderlich ( z. B. Wachtelkönig, Braunkehlchen).
und schafft Ausweichmöglichkeiten für die Tierwelt
( z. B. Insekten, Spinnen und wiesenbewohnende Zweite Nutzung
Vogel­arten).
In den meisten Jahren wächst ein deutlicher
Brachestreifen zweiter Aufwuchs heran, der nach achtwöchiger
Nutzungspause durch einen zweiten Schnitt oder
Auf geeigneten Flächen können Kurzzeit-Brache­ extensive Herbstweide (Rinder, Schafe, Ziegen) ab­
streifen belassen werden, die aber im Folgejahr in geschöpft werden soll, damit sich bis zum kommen­
die Nutzung einbezogen werden müssen. Diese den Frühjahr so wenig wie möglich vegetationshem­
Streifen dienen zum vollständigen Aussamen der mende Streu ansammelt.
Pflanzenarten sowie als Habitate für Kleintiere und
deren Entwicklungsstadien (Ei, Raupe, Puppe usw.). Aushagerung

Schnitthöhe Zur Entwicklung artenreicher Bergwiesen können


geeignete Flächen, die brachgefallen oder mäßig in­
Für besonders artenreiche, großflächige Bergwiesen tensiviert sind, durch zweimaligen und frühen Schnitt
ist es wünschenswert, wenn die Mahd in Streifen ausgehagert werden.
mit unterschiedlich hoher Schnitthöhe erfolgen
kann. Bei einer Schnitthöhe über 5 cm werden
Rosettenpflanzen und Kleintiere geschont, wäh­
rend unter 5 cm Streu zerstört und Rohboden für

30
3.6.2 Beweidung Landwirtschaftliche Nutzung

Grundsätzlich ist eine extensive herbstliche Nach- Auf Waldstorchschnabel-Goldhafer-Wiesen mit re­
beweidung wünschenswert (Rinder – möglichst gelmäßiger landwirtschaftlicher Nutzung kann eine
Jungrinder, Schafe, Ziegen). Düngung mit Phosphor, Kalium bzw. Stallmist sowie
gegebenenfalls eine Kalkung in Höhe des Entzuges
3.6.3 Düngung erfolgen, soll aber von regelmäßigen bodenche­
mischen Untersuchungen und von floristischer
Da der Stickstoff der Pflanzennährstoff ist, mit des­ Erfolgskontrolle begleitet werden. Damit kann der
sen Hilfe Ertrag und Artenzusammensetzung am Artenreichtum, vor allem an blütenbunten Kräutern,
schnellsten verändert werden können, spielt er bei erhalten bzw. gefördert werden.
der­ Entscheidung, ob und wenn ja, welche Berg­
wiesen gedüngt werden können, eine entschei­
Biotoppflege
dende Rolle. Seit den letzten Jahrzehnten findet in
Mitteleuropa ein steter Eintrag von Stickstoff aus Wiesen, die dauerhaft über die Naturschutzrichtlinie
der Luft in alle Biotope statt. Nach neueren Berech­- gefördert werden, sollen grundsätzlich nicht gedüngt
nungen (vgl. Balla 2005, S. 176) sind die Stick­ werden, damit das Ziel, über eine spezifische floris­
stoffeinträge im bundesdeutschen Durchschnitt tische Artenzusammensetzung einen bestimmten
von 1990 bis 1999 zwar von 35 kg Stickstoff pro ha Vegetationstyp zu erhalten, nicht gefährdet wird.
und Jahr auf 26 kg Stickstoff pro ha und Jahr zu­
rückgegangen, für Magerwiesen sind das aber jähr­ Aushagerung
lich 26 kg zu viel. Für naturschutzfachlich wertvolle
Fettwiesen dürfte diese Menge schon ausreichen, Auszuhagernde Flächen dürfen nicht gedüngt wer­
um den Entzug durch die extensive Nutzung oder den.­­
die Biotoppflege annähernd zu ersetzen. Deshalb
sollen die gesetzlich geschützten Bergwiesen Magerwiesen
grundsätzlich­ nicht mit chemisch-synthetischem
Um den kulturhistorisch und naturschutzfachlich wert­
Stickstoff und mit Gülle gedüngt werden, weil
vollen Charakter der Bärwurz-Wiese als Magerwiese
dadurch über die Konkurrenzverhältnisse letzt­
zu erhalten, darf diese nicht gedüngt werden.
lich nur wenige Arten, namentlich Obergäser und
Hochstauden, gefördert werden.
Artenschutzmaßnahmen

Im Einzelfall kann eine gelegentliche Gabe von Kalk,


Phosphor und/oder Kalium aus Artenschutzgründen
erforderlich werden, wenn eine unerwünschte Ten-­
denz zur Vergrasung auf Kosten konkurrenzschwa­
cher Kräuter eintritt. Dabei ist eine floristische
Erfolgskontrolle unerlässlich.

31
Aufgabe Bemerkung

Flächenkonkrete Formulierung der Schutzziele, die


von der jeweiligen Ausstattung abhängig sind (fau­
Formulierung der Schutzziele nistischer/floristischer Artenschutz, Biotopschutz,
Bewahrung des kulturhistorischen Erbes, Entwick­
lungsaspekte)

Der durch die Kartierungen, Bewertungen und


Biotopfeststellungen erfasste Istzustand soll
Bewahrung der Biotoptradition
hinsichtlich Anzahl, räumlicher Verteilung und
Typzuordnung weitgehend erhalten bleiben.

Erhaltung und Förderung der historischen


Bewahrung der Tradition des Nutzungstyps
extensiven Wiesenbewirtschaftung als Heumahd

Entwicklung zusätzlicher Bergwiesen vom


„klassischen“ Typ durch Aushagerung, Sonstiger
extensiv genutzter Frischwiesen, um wenigstens
Entwicklung von Bergwiesen Verluste auszugleichen;
Entwicklung „moderner“ Bergwiesen auf neuen
Standorten (Straßenbegleitgrün, Flächen mit
dynamischen Nutzungskonzepten u. ä.).

Magerwiesen und Magerrasen als Relikte der


extensiven Landnutzungsphase sind durch
Entwicklung von Biotopen magerer Standorte
Nährstoffeinträge stark gefährdet und deshalb
besonders förderungswürdig.

Einfache Bewertung des Bergwiesenzustandes zur


Zustandsbewertung
Erfolgskontrolle der Förderprogramme

Aufbau eines Bergwiesenkatasters (Gesellschafts-,


Ausbildungs- und Artenübersicht, Samenquelle für
Ausgleichs- und Gestaltungsmaßnahmen u. a.) und
Bergwiesenkataster und Monitoring
verknüpfen mit einem Monitoring ausgewählter Flä­
chen (z. B. floristisch-vegetationskundlich, Indika­
torarten, Bodenchemie, Bewirtschaftung, Nutzer).

Weitere Bearbeitung von Bergwiesenfördergebieten


auf Gemeindebasis durch die Landschaftspflegever­
bände, die Grüne Liga u. a.,
Bergwiesenfördergebiete und Vernetzung Vernetzung mit anderen Projekten (FFH-Monitoring,
FFH-Managementplanung, „Artenreiches
Grünland in Sachsen“ im Deutschen Verband für
Landschaftspflege e. V.).

Spezifische Erhaltungsmaßnahmen für Arten,


Artenhilfs- oder Artenschutzprogramme
Erhaltung und Entwicklung seltener und müssen verstärkt entwickelt werden.
gefährdeter Arten Dabei sind populationsökologische bzw.
populationsgenetische Aspekte zu beachten bzw.
zu erforschen.

Geeignet sind Flächennaturdenkmale, geschützte


Ergänzung des Schutzgebietssystems Landschaftsbestandteile und in Einzelfällen auch
Naturschutzgebiete.

32
Aufgabe Bemerkung

Anpassung der Fördersätze der Förderprogramme


an die erhöhten naturschutzfachlichen
Anpassung der Fördersätze Anforderungen zur Bewirtschaftung und
Biotoppflege (vermehrte Arbeitsgänge,
Spezialeinsätze, steigende Betriebskosten usw.)

Rechts- und Planungssicherheit muss für


die Landnutzer durch langfristige vertragliche
Gewährleistung von Rechts- und
Bindungen und geeignete Förderprogramme
Planungssicherheit
gewährleistet werden. Nutzungsverträge sollten
flexibel gestaltet werden können.

Tab. 11: Aufgaben des Bergwiesenschutzes

4 Ausblick Literatur

Die Goldhafer-Bergwiesen sind der letzte Wiesen­ Balla, S. (2005): NOx-Immissionen entlang von
typ Sachsens, der noch in ausreichender Menge, Straßen. Grundlagen zur Beurteilung von Beein­
Verteilung und Ausbildungsvielfalt sowie Kohärenz trächtigungen der Vegetation im Rahmen von
erhalten geblieben ist. Für den Bergwiesenschutz UVP, Eingriffsregelung und FFH-VP. Naturschutz
muss einerseits der überlieferte Bestand mit den und Landschaftsplanung 37, 5/6, S. 169 – 178.
Mitteln des Arten- und Biotopschutzes gesichert Böhnert, W. (1996): Bergwiesenförderprogramm
und gleichzeitig als wertvolles Erbe, in diesem Sinne des Freistaates Sachsen, Teil I. Bearbeitungs­­-
als Kulturgut, das beispielsweise den Denkmal gebiet Vogt­land und Westerzgebirge. Manu­
geschützten historischen Bauernhäusern eben­ skript Naturschutzbund Deutschland (NABU),
bürtig ist, anerkannt werden. Andererseits ist eine Regional­verband Elstertal e.V., Hartmannsgrün.
Anpassung an sich verändernde gesellschaftliche Böhnert, W. (1998): Gefährdete südwestsächsische
Rahmenbedingungen nötig. Damit verbunden sind Bergwiesen. Naturschutzbund Deutschland
sowohl die Erhaltung und Förderung historischer (NABU), Regionalverband Elstertal e.V. (Hrsg.),
Nutzungsformen als auch die Erarbeitung von alter­ Plauen. 40 S.
nativen Strategien für den Arten- und Biotopschutz Böhnert, W. (2001a): Bergwiesenförderprogramm
(Lebensraumdynamik). Erforderlich ist auch eine des Freistaates Sachsen, Teil II. Bearbeitungs-
Erweiterung des klassischen Berufsbildes des Land­ gebiet Mittelerzgebirge. Manuskript Naturpark
wirtes auf zukunftsweisende Geschäftsfelder wie Erz­gebirge/Vogtland, SchlettauBöhnert, W.
alternative Energien und Rohstoffe, ökologisch (2001b): Blütenbunte Bergwiesen im Naturpark
orientierte Landschaftspflege (Arten- und Biotop­ „Erz­gebirge/Vogtland“. Naturpark Spezial 4.
schutz) und Erholungsvorsorge, Nutzung von Zweck­­verband Naturpark „Erzgebirge/Vogtland“
Heilpflanzen u. ä. Da mit dem Bergwiesenschutz ein (Hrsg.), Schlettau. 36 S.
bedeutender Beitrag zum Arten- und Biotopschutz Böhnert, W. (2004): Bergwiesenförderprogramm
im Bergland sowie zum Kulturgutschutz im Freiland des Freistaates Sachsen, Teil III. Bearbeitungs­
geleistet werden kann und muss (europäische gebiet Osterzgebirge. Manuskript Grüne Liga
Bedeutung, siehe vorn), sind verschiedene Aufgaben Osterz­gebirge, Dippoldiswalde.
zu berücksichtigen (vgl. Tabelle 11). Böhnert, W.; Gutte, P. & Schmidt, P. A. (2001):
„Kein Weg führt daran vorbei, die Landwirtschaft für Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzen­ge­sell­
den Arten- und Biotopschutz zu honorieren.“ schaften Sachsens. Sächsisches Landes­amt
Hampicke (1991) für Umwelt und Geologie (Hrsg.), Materialien
zu Naturschutz und Landschaftspflege 2001,
Dresden, 302 S.

33
Briemle, G.; Eickhoff, D. & Wolf, R. (1991): Mindest­ Hardtke, H.-J. & Ihl, A. (2000): Atlas der Farn-
pflege und Mindestnutzung unter­schiedlicher und Blütenpflanzen Sachsens. Sächsisches
Grünlandtypen aus landschafts­ökologischer und Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.),
landeskultureller Sicht. Praktische Anleitung zur Materialien zu Naturschutz und Landschafts­
Erkennung, Nutzung und Pflege von Grünland­ pflege, Dresden, 806 S.
gesellschaften. Beih. Veröff. Naturschutz Land­ Hundt, R. (1964): Die Bergwiesen des Harzes,
schaftspflege Bad.-Württ. 60, S. 1 – 160 Thüringer Waldes und Erzgebirges. Pflanzen­so­
Buder, W. (1999): Rote Liste Biotoptypen. zio­­logie, 14, Gustav Fischer Verlag, Jena, 284 S.
Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geo­ Meusel, H.; Jäger, E.; Rauscher, S. & Weinert, E.
logie (Hrsg.), Materialien zu Naturschutz und (1978): Vergleichende Chorologie der zentral­
Landschaftspflege 1999, Radebeul, 59 S. europäischen Flora. Band II – Karten. Gustav
Buder, W. & Uhlemann, S. (2004): Biotoptypenliste für Fischer Verlag, Jena, S. 259 – 421.
Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt Richtlinie 92/ 43/ EWG des Rates zur Erhaltung der
und Geologie (Hrsg.), Materialien zu Naturschutz natürlichen Lebensräume sowie der wildleben­
und Landschaftspflege 2004, Dresden, 135 S. den Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitat-
Burkart, M.: Dierschke, H.; Hölzel, N.; Nowak, B. Richtlinie) vom 21. Mai 1992, zuletzt­ ge­ändert
& Fartmann, T. (2004): Molinio-Arrhenatheretea durch RL 97/ 62/ EG vom 27. Oktober 1997.
(E1). Kulturgrasland und verwandte Vegetations­ SächsNatSchG (1994): Sächsisches Gesetz über
typen. Teil 2: Molinietalia. Futter- und Streuwiesen Natur­schutz und Landschaftspflege (Säch­si­-
feucht-nasser Standorte und Klassenübersicht sches Naturschutzgesetz – SächsNatSchG).
Molinio-Arrhenatheretea. – Synopsis der Pflan­ Neu­fas­sung in der Bekanntmachung vom 11.
zen­­­ge­sellschaften Deutschlands, 9, Göttingen, Oktober 1994 (SächsGVBl. S.1601, 1995 S. 106),
103 S. rechtsbereinigt mit Stand vom 10. Mai 2007.
Dierschke, H. & Briemle, G. (2002): Kulturgrasland. Schmiede, R. (2004): Vegetationskundliche Analyse
Wiesen, Weiden und verwandte Staudenfluren. und naturschutzfachliche Bewertung ausge­
Ökosysteme Mitteleuropas aus geobotanischer wählter Grünlandbiotope im Osterzgebirge.
Sicht. Ulmer-Verlag, Stuttgart, 239 S. Diplom­arbeit TU Dresden, Institut für Geo­
Dierschke, H. (1997): Molinio-Arrhenatheretea (E 1). graphie.
Kulturgrasland und verwandte Vegetationstypen, Spatz, G. (1994): Freiflächenpflege. Ulmer-Verlag,
Teil 1: Arrhenatheretalia. Wiesen und Weiden Stuttgart, 296 S.
frischer Standorte – Synopsis der Pflanzen­ Vahle, C. (2004): Lichtrasen. Zum landschafts­
gesellschaften Deutschlands, 3, Göttingen, 74 S. ökologischen, ästhetischen und landwirt­schaft­
Ellenberg, H. (1996): Vegetation Mitteleuropas lichen Verständnis von Magerrasen. Natur und
mit den Alpen in ökologischer, dynamischer Landschaft. 79, 1, S. 10 – 17.
und historischer Sicht. Ulmer-Verlag, Stuttgart,
5. Auflage, 1095 S.
Haberreiter & Rötzer (2003): Ein Blick auf die Wiesen
und Weiden Niederösterreichs. In: Wiesen und
Weiden Niederösterreichs. St. Pölten, S.7 – 9.
Hachmöller, B.; Böhnert, W. & Schmidt, P. (2003):
Vegetationsentwicklung von Bergwiesen-Re­
generationsflächen am Geisingberg im Ost­
erzgebirge – Bewertung mit Hilfe vege­tations­
kundlicher Dauerbeo­bach­tungs­flächen. Hercynia
N. F. 36, S. 171 – 195.
Hachmöller, B. (2000): Vegetation, Schutz und
Regeneration von Bergwiesen im Osterzgebirge.
Dissertationes Botanicae 338, 300 S.
Hampicke, U. (1991): Naturschutz-Ökonomie. Ulmer-
Verlag, UTB, Stuttgart.

34
Erprobungs- und Flächen erwarb (Hardtke & Weber 1998, s. Abb. 1),
Entwicklungsvorhaben in den folgenden Jahrzehnten durch Bodenreform,
„Grünlandverbund im Osterzgebirge fehlende und unzureichende Pflege, Intensivierung
am Beispiel der Oelsener Höhe“ der landwirtschaftlichen Nutzung, Talsperrenbau
des Landesvereins Sächsischer und damit verbundener Aufforstung sowie stark
Heimatschutz überhöhte Immissionen entgegen gewirkt. Aus­
gehend von Restflächen, die durch das engagierte
Bernard Hachmöller, Hans-Jürgen Hardtke, Mike Wirken von ehrenamtlichen Natur­schützern und
Hölzel, Peter A. Schmidt, Claudia Walczak, Birgit Vertretern der TU Dresden seit Beginn der 1970er
Zöphel, Peter Kandler, Frank Müller, Norman Döring Jahre erhalten werden konnten (Grundig 1958,
Kandler 1977, Sommer 1979, Kastl 1982), ergab
sich nach 1990 durch die veränderte ökonomische
1 Einleitung, Problemstellung und Ziel
Situation die Chance zur großflächigen Wieder-
des Projektes
­herstellung schutzwürdiger Grünlandbiotope. Als
Im östlichen Teil des Osterzgebirges in der Umge- wichtige Voraussetzungen dafür wurden seit Beginn
bung des Ortes Oelsen konnten große­ Teile einer der 1990er Jahre zahlreiche Offenlandflächen
kulturhistorisch bemerkenswerten Stein­rü­ckenland­­ durch den Landesverein Sächsischer Heimatschutz
schaft mit überaus wertvollen Wie­senflächen erhalten zurück erworben. Durch eine zeitige Einbeziehung
werden. Die hohe naturschutzfachliche Bedeutung der vor Ort tätigen Landwirte wurden umfangreiche
dieses Gebietes beruht u. a. auf einem subkontinen­ Vereinbarungen zur naturschutzgerechten Bewirt­
talen Klimaeinfluss am Ostrand des Erzgebirges so­ schaftung des Grünlands mit Landwirtschafts-
wie dem kleinräumigen Wechsel basenhaltiger und und Landschaftspflegebetrieben abgeschlossen.
basenarmer Gesteine. Die artenreichen Wiesen ha­ Auswirkungen dieser Pflegemaßnahmen wurden
ben sich durch eine extensive Nutzung über mehre­ durch Untersuchungen der floristischen bzw. vege­
re Jahrhunderte in traditionellen Grünlandstandorten tationskundlichen Erfolgskontrolle dokumentiert.
wie Quellmulden und Bachtälchen herausgebildet. (Hachmöller 2000, Kastl & Hachmöller 1999,
Sie sind von zahlreichen Lesesteinrücken durch­ Sommer & Hachmöller 2001).
zogen. Bis heute enthalten die Wiesen hochgradig
schutzwürdige und gefährdete Biotoptypen wie Das Ziel des Erprobungs- und Entwicklungsvor­
Bergwiesen, Borst­grasrasen, Feuchtwiesen und habens besteht in der Erhaltung, Vergrößerung
Nie­­dermoore, die gleichzeitig Lebensraumtypen und Verbindung eines national bedeutsamen Kom­
europäischer Bedeutung gemäß der FFH-Richtlinie plexes artenreicher submontaner und montaner
darstellen. Im Jahr 2002 wurde das 680 ha große Grünlandgesellschaften im Osterzgebirge durch
Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet „Mittel­­gebirgs­ Maßnahmen der Grünland-Regeneration und eine
landschaft um Oelsen“ Bestandteil des euro­ nachhaltige und naturschutzgerechte Grünland­
päischen Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“. nutzung und -pflege. Aus den kleinen und vonein­
Das Projektgebiet des Erprobungs- und Entwick­ ander isolierten schutzwürdigen Biotopen im
lungsvorhabens nimmt im Wesentlichen den ca. Oelsener Gebiet soll durch eine innovative Kombi­-
200 ha großen Offenlandanteil dieses FFH-Gebietes nation ge­eigneter Pflege- und Entwicklungs­maß­
ein. nahmen ein funktionsfähiger Grünlandverbund
ent­stehen. Durch die wissen­schaftlichen Be­gleit­-
Die besondere Problemstellung des E+E Vorha­ ­­untersuchungen wird der Effekt dieser Maß-
bens ergibt sich auch durch die wechselvolle ­nahmen auf die Grünlandbio­tope beispielhaft
Nutzungs- und Eigentumsgeschichte, in deren dokumentiert, um ihre Übertrag­barkeit auf
Folge im Projektgebiet auf großer Fläche wertvolle andere Gebiete bzw. im Rahmen vergleichbarer
Grünlandbiotope zerstört, stark beeinträchtigt und Projekte zu überprüfen. Gleichzeitig werden so
voneinander isoliert worden sind. So wurde den neue Erkenntnisse zu Ökologie und Soziologie,
bereits früh einsetzenden Schutzbemühungen des Struktur und Dynamik sowie Leit- und Zielarten der
Landesvereines Sächsischer Heimatschutz, der Bergwiesen gewonnen.
in diesem Gebiet zwischen 1920 und 1945 große

35
Abb. 1: Südlich der Oelsener Höhe, im Grenzbereich zum tschechischen Spicak (Sattelberg) sollen großflächige artenreiche Bergwiesen,
die um 1930 im Besitz des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz waren, durch das Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben wieder-
hergestellt werden. Foto: Archiv LVSH

2 Naturschutzfachliche Bedeutung • 22 bzw. 53 gefährdete Gefäßpflanzenarten,


des Projektgebietes 19 bzw. 17 gefährdete Moos- und Flech­
tenarten, 30 gefährdete Pilzarten, 20 bzw.
Die naturschutzfachliche Bedeutung der Offen­ 19 gefährdete Tagfalter-, Heuschrecken- u.
landflächen im Oelsener Gebiet belegen vor allem: Zikadenarten sowie 5 bzw. 9 gefährdeten
• 7 Lebensraumtypen, die nach Anhang I der Brutvogelarten nach den Roten Listen der
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU (FFH- Bundesrepublik Deutschland bzw. Sachsens
Richtlinie) besonders geschützt sind (Berg- (Stufa 2000).
Mähwiesen, Borstgrasrasen, magere Flach­­
land-Mähwiesen, kalkreiche Niedermoore, Die botanische Bedeutung des Projektgebietes
Pfeifengraswiesen, Hochstaudenfluren feuch- ergibt sich vor allem aus dem Vorkommen der (sub-)
ter Standorte und Fließgewässer), montanen Grünlandgesellschaften in für ostdeut-
• 12 gefährdete Biotoptypen (Borstgrasrasen, sche Mittelgebirge typischen Ausprägungsformen
Bergwiesen, Frischwiesen der planaren bis sowie einer einzigartigen Kombination von charak­
submontanen Stufe, Pfeifengraswiesen, ex- teristischen Pflanzenarten der Berg- und Feucht­-
tensives Feucht- und Nassgrünland, kalkarme wiesen wie Trollblume (Trollius europaeus), Berg­
Niedermoore, Steinrücken, Gebüsche frischer wohlverleih (Arnica montana), Moor-Klee (Trifo­
sowie feuchter bis nasser Standorte, sommer- lium spadi­ceum) und Breitblättriges Knabenkraut
kalte Bäche, Sumpf- und Sickerquellen sowie (Dacytlorhiza majalis) mit bevorzugt basenhaltige
Tümpel, nach Riecken et al. 1994) und Standorte besiedelnden Arten wie Wiesen-Schlüs­-
selblume (Primula veris), Kugelige Teufelskralle
(Phyteuma orbiculare) und Stattliches Knabenkraut
(Orchis mascula) sowie Vertretern der Pfeifen­
graswiesen wie Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica),
Preußisches Laserkraut (Laserpitium prutenicum) und

36
Abb. 2: Grünlandbewirtschaftung im Bereich des Grenzstreifens südlich der Oelsener Höhe –
zwischen Sattelbergwiese und Hinterer Wiese

Abb. 3: Ersteinrichtende Maßnahmen für die Grünlandentwicklung (Mähgutauftrag, Bodenabtrag, Vertikutierung, Wiedervernässung
sowie Steinrückenpflege und Entbuschung) im Grenzstreifen südlich der Oelsener Höhe – zwischen Sattelbergwiese und Hinterer Wiese

37
Färber-Scharte (Serratula tinctoria). Für die Erhaltung Regeneration der schutzwürdigen Grünlandbiotope
der Busch-Nelke (Dianthus seguieri) als „Sippe im Oelsener Gebiet wird durch eine Kombination
mit isolierten Vorposten in Deutschland“ kommt der naturschutzgerechter Grünlandnutzung und speziel­-
Bundesrepublik eine besondere Ver­antwortung zu ler Pflegemaßnahmen angestrebt, die auf die spe­
(Korneck et al. 1996). Aus zoologischer Sicht be­- zifischen Ausgangs- und Zielzustände der Vegetation
deutsam sind unter anderem die artenreiche im Projektgebiet ausgerichtet sind. Dabei sollen
Insektenfauna der Grünlandbiotope mit gefähr­ grundlegende Erkenntnisse zur Grünlandpflege und
deten Arten wie Plumpschrecke (Isophya krausii) -regeneration gewonnen und Methoden entwickelt
und Lilagold-Feuerfalter (Lycaena hippothoe) so­ werden, die eine Entwicklung in Richtung der
wie unter den Vogelarten gefährdete Wiesen- und Projektziele mittelfristig ermöglichen.
Heckenbrüter, darunter Braunkehlchen (Saxicola Die wichtigste Voraussetzung für die Erhaltung und
rubetra) und Neuntöter (Lanius collurio). Regeneration der schutzwürdigen Grünlandbiotope
ist die Schaffung der notwendigen Standort-
Aufgrund der zahlreichen Beeinträchtigungen durch und Nutzungsverhältnisse, wobei naturbürtige
Intensivierung der Bewirtschaftung, Nutzungs­auf­ regionalspezifische Standortbedingungen ebenso
gabe und Aufforstung hat der Anteil naturschutz- zu berücksichtigen sind wie deren Abwandlung
fachlich wertvoller Grünlandbiotope im Gebiet je­ durch die differenzierte Nutzung in den Zeiten der
doch stark abgenommen. So wurden Mitte der traditionellen Landwirtschaft. Dies bedeutet unter
1990er Jahre noch etwa drei Viertel der ca. 200 ha anderem die Gewährleistung einer edaphischen
Offenland-Biotoptypen von artenarmem Intensiv­ Vielfalt von mageren bis mäßig nährstoffreichen,
grünland eingenommen (Hachmöller 2000), und die sauren bis schwach basischen Böden. Gleichzeitig
artenreichen Wiesen waren weit über das Gebiet muss die natürliche Wasserversorgung auf ent­
verstreut und oft nur etwa 1 ha groß. Gleichzeitig wässerten Standorten wiederhergestellt werden.
sind über 10 besonders seltene Pflanzenarten ver­- Eine naturschutzgerechte Grünlandnutzung soll
schollen, darunter Besonderheiten wie Kugel­ mittel- bis langfristig eine Annäherung an ehemalige
orchis (Traunsteinera globosa), Holunder-Knaben­- Standortverhältnisse durch Aushagerung bisher
kraut (Dactylorhiza sambucina), Sumpf-Herz­blatt intensiv genutzter Standorte bewirken. Gleichzeitig
(Parnassia palustris) und Berg-Klee(Trifolium mon-­ sollen spezielle Pflegemaßnahmen die Bedin­-
tanum). Zahlreiche weitere vom Aussterben bedrohte­ gungen für Ausbreitung, Keimung und Etablierung
oder stark gefährdete Pflanzenarten weisen nur der Wiesenarten verbessern, damit die aufgrund der
noch sehr kleine Populationen auf, so dass ein Intensivierung stark geschrumpften Populationen
Erlöschen ihrer Bestände befürchtet werden muss. der Leit- und Zielarten stabilisiert, vergrößert und
dauerhaft erhalten werden.

3 Leitbild
4 Organisation des Vorhabens
Das Leitbild orientiert sich an der herausragenden
Artenausstattung der Bergwiesen, Borstgrasrasen, Die 2003 bis 2006 geförderten Pflegemaßnahmen
Feuchtwiesen und Niedermoore des Oelsener wurden von der Agrargenossenschaft „Weideland“
Gebietes einschließlich ihrer vielfältigen standört­- in Bad Gottleuba und der „Beschäftigungsgesell­-
lichen und nutzungsabhängigen Ausprägungs­ schaft Pirna e. V.“ durchgeführt. Die wissenschaft­-
formen. Ein besonderes Augenmerk gilt den ost­ lichen Begleituntersuchungen umfassten einen
mitteleuropäisch und subkontinental verbreiteten fünfjährigen Zeitraum von 2003 bis 2007.
Ausbildungen der schutzwürdigen Grünlandbio­- Eine Übersicht der verschiedenen Maßnahme­
tope, die zum größten Teil auf Standorten vorkom­ kombinationen für die Pflegeflächen, deren Aus­-
men, die von Basalt und anderen basenhaltigen wirkungen durch die wissenschaftlichen Begleit­
Ge­steinen beeinflusst sind. Um dieses Leitbild zu untersuchungen doku­mentiert werden, zeigt Tab. 1.
konkretisieren, wurde zu Beginn des Projektes ein Bei den Treffen der das Projekt begleitenden Arbeits­-
System der angestrebten Grünlandgesellschaften gruppe mit Mitarbeitern des Landesvereins Säch­
mit einer Eingruppierung der dazugehörigen Leit- und sischer Heimatschutz, Vertretern der beiden am
Zielarten definiert (Hölzel 2001). Die Erhaltung und Projekt beteiligten Betriebe und wissenschaftlichen

38
Abb. 4

Abb. 4 und 5: Das Mähgut von artenreichen Bergwiesen und Nasswiesen wurde im Rahmen des Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens
teilweise in Handarbeit gewonnen und auf Entwicklungsflächen aufgebracht, auf denen vorher Bodenverwundung durch Vertikutieren bzw.
Wiedervernässung erfolgte Fotos: A. Neumann; M. Schultz

39
Ausgangszustand zusätzliche
Grundpflege Zieltyp der Vegetation
der Vegetation Maßnahmen
- einschürige Mahd
- einschürige Mahd mit - Mähgutauftrag
teilweise ausgehagertes artenreichere submonta­
Nachbeweidung - Bodenverwundung
Intensivgrünland frischer ne Grünlandgesellschaf­
- zweischürige Mahd - Bodenabtrag
Standorte ten
- zweischürige Mahd
mit Nachbeweidung

- einschürige Mahd - Mähgutauftrag


teilweise ausgehagertes artenreiche Feuchtwie­
- einschürige Mahd mit - Bodenverwundung
Intensivgrünland feuchter sen
Nachbeweidung - Bodenabtrag
Standorte oder Kleinseggensümpfe
- zweischürige Mahd - Wiedervernässung

artenarme oder durch - einschürige Mahd


- Mähgutauftrag
ehemalige Beweidung - einschürige Mahd mit artenreiche
- Bodenverwundung
oder Nährstoffeintrag Nachbeweidung Bergwiesen
- Kalkung
gestörte Bergwiesen - zweischürige Mahd

ausgehagerte oder durch


- einschürige Mahd - Mähgutauftrag
ehemalige Beweidung artenreiche Rotschwin­
- einschürige Mahd mit - Bodenverwundung
oder Nährstoffeintrag gel-Frischwiesen oder
Nachbeweidung - Kalkung
gestörte, artenarme Rot­ Bergwiesen
- zweischürige Mahd - Düngung
schwingelwiesen

artenarmes oder durch


- einschürige Mahd
ehemalige Beweidung - Mähgutauftrag artenreiche Feucht­
- Mahd mit
gestörtes, teilweise aus­ - Bodenverwundung wiesen oder
Nachbeweidung
gehagertes Feucht- - Bodenabtrag Kleinseggensümpfe
grünland

gerodete Aufforstungen
- einschürige Mahd - Mähgutauftrag
auf ehemaligen Wiesens­ artenreiche Bergwiesen
- einschürige Mahd mit - Bodenverwundung
tandorten: und Borstgrasrasen
Nachbeweidung - Kalkung
trockene Bereiche

gerodete Aufforstungen
auf ehemaligen Wiesens­ Feuchtwiesen oder
- einschürige Mahd - Mähgutauftrag
tandorten: Kleinseggensümpfe
feuchte Bereiche

Tab. 1: Übersicht über Vegetation, Nutzung, Maßnahmen und Entwicklungsziele im Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben
„Grünlandverbund Oelsen“

Institutionen sowie Naturschutzbehörden unter der Grünlandbiotope auch über den Projektzeitraum
Leitung von Prof. Hardtke und Dr. Kandler wurden hinaus. Um die Ergebnisse des Projektes in der
die Ergebnisse der Begleituntersuchungen diskutiert Öffentlichkeit dar­zustellen, wurden ein Faltblatt
und über die Ausführung der geplanten Pflegemaß­- heraus­gegeben und Informationstafeln an mar­
nahmen entschieden. Diese Form der engen kan­ten Punkten für Wanderer im Gelände aufge­-
Zu­sam­men­arbeit zwischen Betrieben, wissen­­- stellt. Außerdem werden jährlich Exkursionen durch­
schaft­­lichen Be­treuern und Naturschutzbehörden geführt, an denen sowohl die lokale Be­völkerung als
führte zu einer hohen Praxisnäheund schafft auch Naturinter­es­sierte aus der Region teilnehmen.
Vor­­aussetzungen für eine möglichst gute und nach­
haltige Pflege und Ent­­wicklung der schutzwürdigen

40
5 Flächenkauf Als Alternative zur zweischürigen Mahd werden viele
der einschürig gemähten Flächen, insbesondere im
Im Rahmen des E + E- Projektes hat der Landes­ ehemaligen Intensivgrünland oder auf artenarmen
verein Sächsischer Heimatschutz insgesamt 83 ha Berg- und Frischwiesen, mit Rindern oder Schafen
Flächen erworben, die überwiegend als Grünland nachbeweidet, um die Aushagerung zu befördern
genutzt werden. Flächenanteile von Flurstücken, die und eine lockere horizontale Vegetationsstruktur zu
teilweise Acker oder Intensivgrünland enthalten, weil schaffen, damit in den Lücken Arten der Berg- und
ihre Grenzen über das Projektgebiet herausragen, Frischwiesen keimen und sich etablieren können.
werden mit der Agrargenossenschaft „Weideland“ Der Anteil nachbeweideter Flächen nahm im Verlaufe
gegen naturschutzfachlich wertvolle Grünland­ des Projektes von 22 auf 67 ha zu, dementspre­
flächen eingetauscht. Für die erworbenen Flächen chend verringerte sich der Anteil der zweischürigen
wurden Pachtverträge mit der Agrargenossenschaft Mahd von 74 auf 40 ha. Um „Problemarten“ wie die
„Weideland“ und der Beschäftigungsgesellschaft sich auf Teilflächen stark ausbreitende Lupine zu­
Pirna abgeschlossen, um langfristig eine natur­ rückzudrängen und den Gehölzaufwuchs an vorher
schutz­gerechte Nutzung zu gewährleisten. Zu­sam­ entbuschten Wiesenrändern zu verhindern, erfolgt
men mit den seit 1990 erworbenen Flächen befin­ ebenfalls eine zusätzliche Mahd.
det sich somit ca. 185 ha Offenland im Oelsener
Gebiet im Besitz des Landesvereins Sächsischer Maßnahmen zur Verbesserung der Bedingungen für
Heimatschutz. Keimung und Etablierung der Wiesenarten (s. Abb. 3)

6 Maßnahmen des Erprobungs- und Zur Bodenverwundung wurden mit einem im


Entwicklungsvorhabens Rahmen des Projektes geförderten Vertikutiergerät
etwa 45 ha mit dichtem Grasfilz bedecktes Grünland
Grünlandbewirtschaftung (s. Abb. 2) bearbeitet, um die Grasnarbe aufzulockern und
die Keimungs- und Wachstumsbedingungen der
Einschürig gemäht werden viele Berg- und Wiesenarten zu verbessern. Die Bestände werden
Feuchtwiesen, die bereits weitgehend dem Ziel­ dabei ausgelichtet, entfilzt und belüftet, gleichzeitig
zustand entsprechen und die gleichzeitig zur werden eine Verbesserung der Krume und ein
Gewinnung von Mähgut zum Übertrag auf bisher Anstieg der Bodenaktivität angestrebt. Zusätzlich
artenarme Wiesen dienen. Außerdem wurde eine wurde ab 2006 ein Forstmulcher eingesetzt, der eine
Mahd als Erstpflege auf solchen Flächen durchge­ wesentlich stärkere Bodenverwundung verursacht,
führt, die im Rahmen des Projektes durch Auflich­- indem die Grasnarbe teilweise entfernt wird.
tung von Aufforstungen oder Wiedervernässung Bodenabtrag mit anschließendem Mähgutauftrag
wieder­ in Wiesen überführt werden. Die teilweise wurde auf kleinen Flächen von insgesamt 0,45 ha im
feuchten, buckeligen und stark hängigen Standorte ehemaligen Intensivgrünland sowie auf artenarmen
erfordern den Einsatz leichter Spezialtechnik so­ Rotstraußgras-Rotschwingelwiesen durchgeführt.
wie einen großen Anteil von Handarbeit. Die Mit CaCO3 (Calziumkarbonat) gekalkt wurden
Mahdzeiträume richten sich nach der Samenreife insbesondere artenarme Rotschwingel- und Bär­
der Leit- und Zielarten, innerhalb dieser werden wurzwiesen auf stark sauren Standorten, vor allem
die Zeitpunkte relativ flexibel festgelegt. Bei den mit dem Ziel, durch eine bessere Basenversorgung
Feuchtwiesen wird zunächst das Ende der Brutzeit den Artenreichtum zu erhöhen. Auf ausgewählten
von Wiesenvögeln abgewartet. Insgesamt wurden Standorten wurde auch eine Düngung mit Stallmist
zum Ende des Projektes etwa 125 ha einschürig durchgeführt. Mähgutauftrag von artenreichen
gemäht. Berg- und Feuchtwiesen erfolgte jährlich von 2003 –
2006 auf je 20 - 25 ha artenarmen Frisch- und
Zweischürig gemäht werden Grünlandflächen, auf Berg­wiesen sowie auf ausgehagerten Standorten
denen aus artenarmem Intensivgrünland artenreiche im ehemaligen Intensivgrünland (Abb. 2 + 3).
Berg-, Frisch- oder Feuchtwiesen entwickelt wer­ Dabei waren die Spenderflächen größer als die
den sollen. Auf diesen Standorten wird oft gleich­ Empfängerflächen (möglichst Verhältnis von 2 : 1).
zeitig Mähgut von artenreichen Wiesen übertragen. Das Mähgut wurde gewonnen, aufgenommen und

41
über Entfernungen von wenigen 100 m bis mehreren zwischen artenreichen und artenarmen Wiesen
Kilometern transportiert. Es wurde auf vorher defi­ verbessert werden. Das Ziel der auf insgesamt 4,9 km
nierten Teilflächen portioniert und entsprechend der durch­geführten Steinrückenpflege bestand vor
Zielstellung auf unterschiedliche Standorte der Em­p- allem in der Entwicklung streckenweise belichteter
­fängerflächen verteilt. Auf großflächigen, relativ ein­ offener Lesesteinrücken mit Gebüschstadien, die
heitlichen Wiesen gelang die Übertragung mit Hilfe seltenen und gefährdeten Pflanzenarten wie Feuer-
eines durch einen Schlepper gezogenen Silowa­ Lilie (Lilium bulbiferum) und Busch-Nelke (Dianthus
gens, der es ermöglicht, das Mähgut aufzunehmen, seguieri) Lebensraum bieten. Dabei wurden die
zu transportieren, und mittels Mengendosierung Gehölze der Hecken auf den Stock gesetzt, aber
gleichmäßig aufzu­tra­gen,­ um eine ausgeglichene auch die zur Verbuschung beitragenden Brombeeren,
Stärke der Mäh­gutauflage zu gewährleisten. Himbeeren und Holunder zurückgedrängt.
Feucht­flächen sowie kleinflächige, stark struk­-
turierte Wiesen mussten überwiegend in Handarbeit
7 Wissenschaftliche
belegt werden. Dem Mähgutauftrag folgten im
Begleituntersuchungen und
Abstand von mehreren Tagen das Wenden des
erste Ergebnisse
Heues sowie die Wiederaufnahme des Mähgutes
und dessen Abtransport. Die wissenschaftliche Begleitung der im Pro­
jekt vorgesehenen Maßnahmen wird neue Er­
kennt­nisse über die Regeneration (sub-)montaner
Ersteinrichtende Maßnahmen
Grünlandgesellschaften und die Ökologie der dafür
In ausgewählten meliorierten Feuchtwiesen wurden charakteristischen Pflanzen- und Tierarten erbrin­
vor allem in der Umgebung der Oelsener Höhe gen. Dies ist vor allem für die Pflege der Offen­
Maßnahmen zur Wiedervernässsung durch­geführt. landbereiche im Naturschutzgroßprojekt „Berg­
Auf etwa 1 km Länge wurden Drainagen zurück­ge­baut, wiesen im Osterzgebirge“ (Hachmöller et al. 2001),
flache Mulden ausgeschoben und der abgetragene aber auch darüber hinaus für die Bergwiesen der
Boden zur Geländemodellierung verwendet, um Mittelgebirge von Bedeutung.
die ehemalige Standortvielfalt der mit quelligen Den Schwerpunkt der wissenschaftlichen Begleit­
Nassstellen und trockenen Buckeln strukturierten ung bildeten floristisch-vegetationskundliche sowie
Wiesen zumindest teilweise wiederherzustellen. populations- und vegetationsökologische Unter­
Auf den entstandenen Roh­böden­wurde anschlies- suchungen, die von zwei Instituten der Technischen
send Mähgut aufgetragen. Daneben wurde in Universität Dresden (Institut für Botanik, Institut für
einem Wiesenbereich ein Ent­wässerungsgraben Allgemeine Ökologie und Umweltschutz) durch­
auf einer Länge von 700 m mehrfach angestaut, geführt wurden. Einer der Bearbeiter vertritt
um eine Regeneration angrenz­ender Bereiche gleichzeitig den Fachbereich Landschaftspflege
zu Feuchtwiesen zu befördern. Auf Standorten der Fachhochschule für Wirtschaft und Technik
ehemaliger artenreicher Berg- und Feuchtwiesen, Dresden. Die zoologischen Untersuchungen wur­
die in der Vergangenheit aufgeforstet wurden, er- den für die Entwicklung der Zikadenfauna an ein
­folgte auf 3,5 ha eine Auflichtung der Ge­ Planungsbüro (Landschaftsplanung Dr. Böhnert &
hölzbestände, um noch erhaltene Individuen Dr. Reichhoff GmbH) und die Entwicklung der
licht­bedürftiger Wiesenpflanzen zu fördern. Die Avifauna an das Naturschutzinstitut Dresden verge­
ausgewählten Bäume wurden nach Absprache mit ben. Die Untersuchung der Pilzflora erfolgte durch
der Forstverwaltung gefällt und beräumt sowie die die Arbeitsgruppe „Mykologie“ der Arbeitsgemein­
Stubben gefräst. Um in den aufgelichteten Bereichen schaft sächsischer Botaniker.
in Zukunft eine Grünlandnutzung zu ermöglichen,
hat sich im Zuge der Erstpflege der Einsatz einer Nach bisher vorliegenden Ergebnissen erbringen
Schlegelmähers bzw. Mulchgerätes bewährt, außer­ vor allem solche Maßnahmen in kürzeren Zeit­
dem wird teilweise Mähgut aufgebracht. Durch räumen nachweisbare Erfolge, die eine drastische
Entbuschung stark zugewachsener Wiesenränder Änderung der Standort- bzw. Konkurrenzverhältnisse
konnten Wiesenflächen vergrößert, ihre Beschat­ bewirken. So deutet sich eine schnelle Rege­nera­
tung reduziert und der Austausch von Diasporen tion artenreicherer Grünlandgesellschaften im ehe­-

42
maligen Intensivgrünland (s. Abb. 6) und auf arten Auf entbuschten Flächen und in gerodeten Auf­
armen Rotstraußgras-Rotschwingelwiesen an, auf forstungen können sich in kurzer Zeit Regene­
denen durch Bodenabtrag die Grasnarbe und oberste rationsstadien von Berg- und Feuchtwiesen aus­
Bodenschicht entfernt wurden und gleichzeitig bilden (Hachmöller 2000), und in einer 2003 aufge­
Mähgutauftrag erfolgte. Hier konnten sich aus dem lichteten Aufforstung neben einer wechselfeuchten
übertragenen Mähgut innerhalb weniger Jahre Wiese blühten schon zwei Jahre später zahlreiche
zahlreiche Arten der Berg- und Frischwiesen bis hin bereits vor der Auflichtung vegetativ vorhandene
zu Magerkeitszeigern wie Busch-Nelke (Dianthus Exemplare der Sibirischen Schwertlilie (Iris sibirica;
seguieri, Abb. 16) und Rosettenpflanzen wie Rauer Walczak & Schmidt 2006, s. Abb. 15).
Löwenzahn (Leontodon hispidus) und Habichts- Deutliche Bestandsveränderungen zeigten sich
kraut-Arten etablieren. Maßnahmen der Wieder­ auch im Bereich ehemaliger Intensivgrünlander (s.
vernäs­sung wie die Beseitigung der Drainage und Abb. 9 und 11 - 12). Vor allem auf zweischürig oder
das Ausschieben flacher Mulden sind nach den einschürig gemähten und nachbeweideten Wiesen
ersten Erfahrungen geeignete Renaturierungs­ haben die Artenzahlen (s. Abb. 6) im Vergleich
maßnahmen für Feucht- und Nasswiesen. Inner­ zu früheren Erfassungen (Stufa 2000) bzw. den
halb kurzer Zeit etablierten sich artenreichere Erfassungen aus den Voruntersuchungen (Hölzel
Entwicklungsstadien der Feuchtwiesen mit Binsen­ 2001) stark zugenommen, und es entwickelten sich
arten sowie ge­fährdeten Pflanzenarten wie Moor- Übergangsstadien zu den dem Projektziel entspre­
Klee (Trifolium spadiceum) und Schmalblättrigem chenden Grünlandbiotopen (Hölzel 2006). Diese
Wollgras (Eriophorum angustifolium) (Hölzel 2007), Entwicklung steht auch im Zusammenhang mit ei­
wobei im Feuchtgrünland – anders als auf trockenen ner langfristigen Aushagerung, die im Gebiet bereits
Standorten – neben dem Mähgutauftrag auch der über 15 Jahre andauert.
Diasporenvorrat zur Regeneration beitragen kann Nach den ersten Erkenntnissen siedelten sich
(Zöphel 2006). durch die langjährige extensive Grünlandnutzung
bisher mehrere weit verbreitete Vertreter der Frisch-,
Jahr Berg- und Feuchtwiesen an, so dass das Ziel der
60,0

55,0
2003
2007
Entwicklung großflächiger, mäßig artenreicher
50,0 Frisch- und Feuchtwiesen mittelfristig erreichbar­
45,0 erscheint. Durch zusätzliche Maßnahmen zur Ver­-
40,0 besserung der Keimung und Etablierung wie
35,0
Mähgutauftrag in Verbindung mit zweischüriger­
Artenzahl

30,0
Mahd oder Nachbeweidung kann das Arten­
25,0

20,0
spektrum jedoch erheblich erweitert werden
15,0 (Abb. 6). Zahlreiche Arten nährstoffarmer Standorte
10,0 und mehrere gefährdete Zielarten konnten sich in
5,0 dem untersuchten ehemaligen Intensivgrünland aber
0,0
nur dort etablieren, wo Bodenabtrag in Verbindung
1 2 3 4
Bewirtschaftungsvarianten
5 6
mit Mähgutauftrag durchgeführt wurde, und nur dort
erreichten auch die Deckungsgrade von Arten der
Abb. 6: Berg- und Frischwiesen etwa 50 % (Hölzel 2006 s.
Veränderungen von prozentualen Anteilen definierter Arten­ Abb. 7 und 8, Zöphel 2007, s. Abb. 13 und 14).
gruppenklassen an der Gesamtartenzahl verschiedener Bewirt­ Betrachtet man für ein ausgewähltes Beispiel-
schaftungsvarianten einer Blockversuchsanlage in Grenznähe auf
gebiet südlich der Oelsener Höhe die Ver­änderungen
der Untersuchungsfläche 40; Ausgangsvegetation ehemaliges
Intensivgrünland; fehlende Anteile an 100 % umfassen nicht klas- der Flächenanteile (s. Abb. 9 und 11 - 12)
sifizierte Arten (Bewirtschaftungsvarianten: der einzelnen Vegetationstypen im Vergleich
1 Bodenabtrag + Mähgutauftrag; zwischen der Erstkartierung im Jahr 1997 von
2 zweischürige Mahd + Mähgutauftrag; Hachmöller (Hachmöller 2000, Stufa 2000) zur
3 zweischürige Mahd;
Wieder­holungserfassung im Jahr 2007 von
4 0-Flächen (einschürig)
5 Nachbeweidung; Hüttinger (2008) ergeben sich zusammengefasst
6 Nachbeweidung + Mähgutauftrag) folgende Entwicklungstendenzen:

43
2003 2007

100,0 Arten der 100,0 Arten der


Intensivgrünländer Intensivgrünländer
Anteil von Artengruppenklassen an der Gesamtartenzahl in %

Arten der Feucht- und Arten der Feucht-

Anteil der Artengruppenklassen an der Gesamtartenzahl in %


90,0 Nassgrünländer 90,0 und Nassgrünländer
Arten der Berg- und Arten der Berg- und
Frischwiesen Frischwiesen
80,0 80,0
Arten der nährstoffarmen Arten der nährstoffarmen
Rasen und Wiesen Rasen und Wiesen
70,0 70,0

60,0 60,0

50,0 50,0

40,0 40,0

30,0 30,0

20,0 20,0

10,0 10,0

0,0 0,0
1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6
Bewirtschaftungsvarianten Bewirtschaftungsvarianten

Abb. 7: Veränderungen von prozentualen Anteilen definierter Artengruppenklassen an der Gesamtartenzahl verschiedener
Bewirtschaftungsvarianten einer Blockversuchsanlage in Grenznähe auf der Untersuchungsfläche 40; Ausgangsvegetation ehema-
liges Intensivgrünland; fehlende Anteile an 100 % umfassen nicht klassifizierte Arten (Bewirtschaftungsvarianten: 1 Bodenabtrag +
Mähgutauftrag; 2 zweischürige Mahd + Mähgutauftrag; 3 zweischürige Mahd; 4 0-Flächen (einschürig); 5 Nachbeweidung;
6 Nachbeweidung + Mähgutauftrag)

2003 2007

100,0 Arten der


100,0 Arten der
Intensivgrünländer
Intensivgrünländer
Anteil der Artengruppenklassen an der Gesamtdeckung aller Arten

Anteil der Artengruppenklassen an der Gesamtdeckung aller Arten

Arten der Feucht- und Arten der Feucht-


Nassgrünländer 90,0 und Nassgrünländer
90,0
Arten der Berg- und Arten der Berg- und
Frischwiesen Frischwiesen
80,0 80,0
Arten der nährstoffarmen Arten der nährstoffarmen
Rasen und Wiesen Rasen und Wiesen
70,0 70,0

60,0 60,0
in %

in %

50,0 50,0

40,0 40,0

30,0 30,0

20,0 20,0

10,0 10,0

0,0 0,0
1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6
Bewirtschaftungsvarianten Bewirtschaftungsvarianten

Abb. 8: Veränderungen von prozentualen Anteilen definierter Artengruppenklassen an der Gesamtdeckung aller Arten verschiedener
Bewirtschaftungsvarianten einer Blockversuchsanlage in Grenznähe auf der Untersuchungsfläche 40; Ausgangsvegetation ehema-
liges Intensivgrünland; fehlende Anteile an 100 % umfassen nicht klassifizierte Arten (Bewirtschaftungsvarianten: 1 Bodenabtrag +
Mähgutauftrag; 2 zweischürige Mahd + Mähgutauftrag; 3 zweischürige Mahd; 4 0-Flächen (einschürig); 5 Nachbeweidung;
6 Nachbeweidung + Mähgutauftrag)

Der Anteil von artenärmeren Beständen ehemals ausgehagerten artenreicheren Stadien ehemali­
intensiv genutzter Grünländer ist im Beispielgebiet ger Intensivgrünländer frischer bzw. feuchter Aus­
von 1997 bis 2007 extrem gesunken. Ein Großteil prägung eingenommen. Flächenzunahmen zeigen
dieser Standorte ehemaliger Intensivgrünländer ebenfalls die Berg- sowie Frischwiesen. Weiterhin
wird heute von Ausbildungen der Rotschwingel- haben sich die Flatterbinsenrieder zu artenreiche­
Straußgraswiesen bzw. von extensivierten bis ren Feucht­wiesen entwickelt. Vor allem auf feuchten

44
Stand­orten treten teilweise Verbrachungstendenzen erreicht ist, um die generative Ausbreitung der
auf. Deutliche Vegetationsveränderungen zeigten über Mähgutauftrag etablierten Arten auf den Auf­-
sich insbesondere in den Bereichen, wo Maßnahmen tragsflächen zu ermöglichen und zu fördern.
des E+E – Projektes wie Bodenabtrag, Wieder­
vernässung, Mähgutauftrag und Bodenver­wu­ndung
8 Ausblick
erfolgt sind (s. Abb. 3).
Nach Abschluss der fünfjährigen wissenschaft­-
Insgesamt sind die Flächenentwicklungen im Pro- lichen Begleituntersuchungen werden die Ergeb­-
jektgebiet positiv zu bewerten. Dabei ist die Ab­ nisse des Projektes 2009 in der Schriftenreihe
nahme von artenarmen Beständen ehemali­ „Naturschutz und biologische Vielfalt“ des Bundes­-
ger Intensivgrünländer im Sinne des Pro­jektziels. ­amtes für Naturschutz veröffentlicht. Um das Pro­-
Da­gegen verringerten sich geringfügig die Flächen­- jektziel der Schaffung und Er­haltung eines­ Grün-
anteile naturschutzfachlich hochwertiger Ausbil­ ­landverbundes im Oelsener Gebiet zu errei­­chen,
dungen von Vegetationstypen wie u. a. borst­ werden auf Grundlage der Be­wertung der durch­­
grasreiche Wiesen bzw. Kleinseggenriedern auf geführten Maßnahmen detaillierte Pflege­vor­
langjährig einschürig und spät gemähten Flächen. schläge für die Einzel­flächen unterbreitet, die in
Diese Tendenz muss in den nächsten Jahren durch der Folge vor allem mit Förder­mitteln der säch­si­-
eine Veränderung der Pflege und Bewirtschaftung schen Richtlinie „Natür­lich­es Erbe“ sowie dem
gestoppt bzw. umgekehrt werden. Vertragsnaturschutzprogramm „Agrar-Umweltmaß­
Schwierig erscheint auch die Entwicklung artenrei­ nahmen“ umgesetzt werden. Im gesamten Pro­
cher Bergwiesen aus artenarmen Rot­strauß­gras- jektgebiet wird auch in den kommenden Jahren
Rotschwingelwiesen oder Bärwurz-Rotschwingel- eine nachhaltige, naturverträgliche und extensive­
wiesen auf bodensauren Standorten mit dichtem landwirtschaftliche Nutzung durch die Partner­
Gras­filz, wo eine einschürige Mahd ohne weitere betriebe des Landesvereins Sächsischer Heimat­
Maß­nahmen die Bestandessituation eher zu ver­ schutz durchgeführt. Diese beinhaltet in den Offen­
schle­chtern scheint und auch das Vertikutieren nicht land­bereichen neben der Pflegemahd auf vielen
immer die gewünschten Entwicklungen bewirkt Flächen eine zusätzliche Beweidung sowie die
(Hölzel 2006, Zöphel 2007, Abb. 14). Auf einigen Fortsetzung der Steinrückenpflege und Ent­bu­
dieser Flächen wurde als zusätzliche Maßnahme schung der Wiesenränder. Daneben sollen spe­
während des Projektes mit einer Nachbeweidung zielle Pflegemaßnahmen wie Bodenabtrag und
mit Schafen begonnen, um den Grasfilz aufzulo­ -ver­wundung, Mähgutauftrag, Wiedervernässung
ckern, lückige Stellen in der Vegetation zu schaf­ und Kalkung gezielt eingesetzt werden, um das
fen und die Struktur der Bestände zu verbessern. Naturschutzpotenzial der Flächen zu verbessern.
Als erste Schlussfolgerung lässt sich festhalten, dass Es wird angestrebt, diese Maßnahmen weiterhin
in intensivierten oder artenarmen Wiesenbe­ständen durch die Zusammenarbeit zwischen dem Lan­
Mähgutauftrag aus floristisch sehr wertvollen des­­verein Sächsischer Heimatschutz und seinen
Flä­chen­ dann erfolgen sollte, wenn die Bestände Partnerbetrieben mit wissenschaftlichen Instituten
schon weit entwickelt sind oder der Mähgutauftrag und Naturschutzbehörden zu begleiten sowie Erfol­ge
mit zusätzlichen Maßnahmen zur Konkurrenzab­ der Schutz- und Pflegemaßnahmen der Öffen­
schwä­chung, Strukturverbesserung (z. B. Nach­ tlichkeitsarbeit zugänglich zu machen. Um die ge­
beweidung und Aushagerung (Oberbodenabtrag) samte Mittelgebirgslandschaft im Oelsener Gebiet
bzw. Boden­verbesserung (Kalkung, Aufdüngung)) einschließlich der Waldflächen des Lan­desvereins
kombiniert wird. Mehrjähriger Mähgutauftrag ist Sächsischer Heimatschutz langfristig für den Na­tur­
unbedingt zu empfehlen, um witterungsbedingte schutz zu sichern, ist eine großflächige Erweiterung
Einbrüche und Verluste in der Juvenilentwicklung der des Naturschutzgebietes notwendig.
zu etablierenden Arten besser abzupuffern. Dies be­
trifft vor allem Arten mit langer Entwicklungsdauer bis
zur ersten Blüte. Strukturverbessernde Maßnahmen
sollten nach einigen Jahren wiederholt oder konti­
nuierlich durchgeführt werden, bis der Zielzustand

45
22,0
sonstige 15,5
0,0
Brachen 0,9
0,0
sonstige Feucht- und Nasswiesen 0,5
0,6
Honiggras-Feuchtwiesen 2,4
Kleinseggenrieder 1,3
0,6
0,7
Spitzblütige-Binsenrieder 0,7
Molinion-Gesellschaften 0,1
0,3 1997
2,2
Flatter-Binsenried 0,1 2007
0,0
Rotschwingel-Rotstraußgras-Gesellschaft 4,0
0,9
Frischwiesen 2,0
Bergwiesen 11,4
17,5
0,8
ehem. Intensivgrünland; Tendenz zur Feuchtwiese 6,4
4,6
ehem. Intensivgrünland; extensiviert/ausgehagert 48,5
55,3
ehem. Intensivgrünland; intensiv 0,7

0 10 20 30 40 50 60

Abb. 9: Prozentuale Flächenanteile der Vegetationstypen im Grenzstreifen südlichen der Oelsener Höhe bezogen auf 100 % Projektfläche
in den Jahren 1997 (Stufa 2000) und 2007 (Hüttinger 2008). Kartographische Darstellung siehe Abbildung 10 und 11.

Abb. 10: Keimlinge der Bärwurz (Meum athamanticum) auf einer Bodenabtragsfläche Foto: B. Zöphel

46
Abb. 11

Abb. 12
Abb. 11 und 12: Vegetationsveränderungen im Grenzstreifen südlich der Oelsener Höhe 1997 - 2007 (obere Karte: Zustand 1997,
Kartierung Hachmöller (Stufa 2000), untere Karte Zustand 2007, Kartierung Hüttinger (2008))

47
Keimrate 0-24 Mon Saaterfolg 0-12 Mon Saaterfolg 0-24 Mon
60 %

50 %

40 %

30 %

20 %

10 %

0%
BM1

BM1

BM1

BM1

BM1

BM1

BM1

BM1

BM1
OO2
OO1

OO2
OO1

OO2
OO1

OO2
OO1

OO2
OO1

OO2
OO1

OO2
OO1

OO2
OO1

OO2
OO1
BO1

BO1

BO1

BO1

BO1

BO1

BO1

BO1

BO1
Betonica Polygonum Campanula Centaurea Leucanthemum Meum Primula elatior Rhinanthus Trollius
officinalis bistorta rotundifolia pseudophrygia vulgare athamanticum minor europaeus

K/ S12/ S24 -/ S12/ S24 K/ S12/ S24 K/ S12/ S24 K/ S12/ S24 K/ S12/ S24 K/ S12/ - -/ - K/ S12/ -

Abb. 13: Keimung und Etablierung ausgewählter Bergwiesenarten bei unterschiedlichen Initial- und Pflegemaßnahmen in einem
ehemaligem Intensivgrünland (Oelsen, Fläche 40, Saat 2004)
Legende:
BO1 – Bodenabtrag, kein Mulch, einschürig;
BM1 – Bodenabtrag, Mulch, einschürig;
OO2 – ohne Initialbehandlung, kein Mulch, zweischürig;
OO1 – ohne Initialbehandlung, kein Mulch, einschürig; signifikante Unterschiede zwischen
den Varianten im H-Test mit p< 0,05 für K – Keimrate, S12 – Saaterfolg 12 Mon, S24 – Saaterfolg 24 Mon

Keimrate 0-24 Mon Saaterfolg 0-12 Mon Saaterfolg 0-24 Mon

70 %
60 %

50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0%
V2a

V2a

V2a

V2a

V2a

V2a

V2a

O
B

V2K
V2K

V2K

V2K

V2K

V2K

V2K

V2b
V2b

V2b

V2b

V2b

V2b

V2b

Carex pallescens Helianthemum Lathyrus linifolius Leontodon hispidus Lotus corniculatus Polygala vulgaris Rhinanthus
nummularium serotinus
K/ S12/ S24 -/ S12/ - -/ -/ - K/ S12/ S24 -/ -/ - K/ S12/ - K/ -

Abb. 14: Keimung und Etablierung ausgewählter Bergwiesenarten bei unterschiedlichen Initial- und Pflegemaßnahmen in einer
artenarmen Rotschwingel-Rotstraußgras-Wiese (Oelsen, Fläche 52, Saat 2004)
Legende:
alle Varianten einschürig,
B – kleinflächiger Bodenabtrag;
V2a – 2x Vertikutieren, kein Mulch,
V2b – 2x Vertikutieren, Mulch 30 %;
V2K – 2x Vertikutieren, Kalkung;
O – ohne Maßnahmen; signifikante Unterschiede zwischen
den Varianten im H-Test mit p< 0,05 für K – Keimrate, S12 – Saaterfolg 12 Mon, S24 – Saaterfolg 24 Mon)

48
Literatur

Grundig, H. (1958): Pflanzengeographische Kar­


tierung des Gebietes Oelsen (Kreis Pirna).
Schriftliche Hausarbeit für das Staatsexamen an
der Pädagogischen Hochschule zu Potsdam.
Hachmöller, B. (2000): Vegetation, Schutz und
Regeneration von Bergwiesen im Osterzgebirge
– eine Fallstudie zu Entwicklung und Dynamik
montaner Grünlandgesellschaften. Dissertationes
Botanicae 338, J. Cramer Verlag, Berlin-Stuttgart,
300 S.
Hachmöller, B.; Menzer, H.; Kafurke, B. & König, B.
(2001): Naturschutzgroßprojekt Bergwiesen im
Osterzgebirge. Natur und Landschaft 76 (9/10),
S. 442 – 453.
Hachmöller, B.; Forker, M. & König, B. (2008):
Floristisch-vegetationskundliche Untersuchungen
auf den Wiesen im NSG „Geisingberg“ zur
Erfolgskontrolle des Naturschutzgroßprojektes
„Bergwiesen im Osterzgebirge am Beispiel der
Abb. 15: Blühende Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) in einer auf-
Wiesen im Naturschutzgebiet „Geisingberg“.
gelichteten Aufforstung an der Stockwiese Foto: M. Hölzel
In: LfULG – Sächsisches Landesamt für Umwelt,­
Landwirtschaft und Geologie (2008): Natur­schutz­
fachliche Aspekte des Gründlandes in Sachsen.
Naturschutz und Landschaftspflege, S. 51 – 84
Hardtke, H.-J. & Weber, R. (1998): Das Wirken des
Landesvereins Sächsischer Heimatschutz für den
Naturschutz in Vergangenheit und Gegenwart.
Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer
Heimatschutz e. V., 2/1998, S. 6 – 27.
Hölzel, M. (2001): Endbericht zum Projektteil „flo­
ristisch-vegetationskundliche Untersuchungen“
im Rahmen der Voruntersuchung zum
Er­pro­bungs- und Entwicklungsvorhaben „Grün­
landverbund Osterzgebirge“. TU Dresden, Fach­
richtung Biologie, Institut für Botanik, 68 S. +
Tabellenanhang.
Hölzel, M. (2006): Zwischenbericht 2005 zum
Projektteil „Vegetationskundliche Unter­such­
ungen“ im Rahmen des Erprobungs- und En­t­
wicklungsvorhabens „Grünlandverbund Ost­
erzgebirge am Beispiel des Oelsener Gebietes“.
TU Dresden, Fachrichtung Biologie, Institut für
Botanik, 89 S.

Abb. 16: Blühende Busch-Nelke (Dianthus seguieri) auf einer


Bodenabtragsfläche südlich der Oelsener Höhe
Foto: M. Hölzel

49
Hölzel, M. (2007): Zwischenbericht 2006 zum Zöphel, B. (2006): Zwischenbericht 2005 zum
Projektteil „Vegetationskundliche Unter­such­ Projektteil „Untersuchungen zur Dia­sporen­
ungen“ im Rahmen des Erprobungs- und Ent­ ökologie“ im Rahmen des Erprobungs- und
wicklungsvorhabens „Grünlandverbund Ost­ Entwicklungsvorhabens „Grünlandverbund Ost­
erzgebirge am Beispiel des Oelsener Gebietes“. erz­gebirge am Beispiel des Oelsener Gebietes“.
TU Dresden, Fachrichtung Biologie, Institut für TU Dresden, Fachrichtung Biologie, Institut für
Botanik, 66 S. Botanik, 95 S.
Hüttinger, A. (2008): Ökonomische Analyse sowie Zöphel, B. (2007): Zwischenbericht 2006 zum
Finanzierungsmöglichkeiten von grünlandrele­ Projektteil „Untersuchungen zur Diasporen­
vanten Bewirtschaftungsszenarien im Oelsener ökologie“ im Rahmen des Erprobungs- und Ent­-
Raum. Diplomarbeit HTW Pillnitz. wicklungsvorhabens „Grünlandverbund Ost­erz­
Kandler, P. (1977): Neue Wege in der praktischen gebirge am Beispiel des Oelsener Gebietes“.
Naturschutzarbeit. Sächs. Heimatblätter 23, S. TU Dresden, Fachrichtung Biologie, Institut für
47-50. Botanik, 45 S.
Kastl, C. (1982): Entwicklung und Problematik
der geschützten Wiesen im NSG „Oelsen“.
Naturschutzarbeit und naturkundliche Heimat­
forschung Sachsen 24, S. 20 – 30.
Kastl, C. & Hachmöller, B. (1999): 25jährige
Dokumentation der Blühaktivität ausgewähl­
ter Bergwiesenpflanzen im Naturschutzgebiet
„Oelsen“ im Osterzgebirge. Artenschutzreport 9,
S. 21 – 28.
Riecken, U.; Ries, U. & Ssymank, A. (1994): Rote Liste
der gefährdeten Biotoptypen der Bundesrepublik
Deutschland. Schriftenreihe für Landschaftspflege
und Naturschutz 41.
Sommer, S. (1979): Bisherige Erfahrungen und
Ergebnisse bei der Pflege der Wiesen des NSG
„Oelsen“. Naturschutzarbeit in Sachsen 21, S.
23 – 31.
Sommer, S. & Hachmöller, B. (2001): Aus­wertung
von Vegetationsaufnahmen von Dauerbeo­
bachtungsflächen auf Bergwiesen im NSG
Oelsen bei variierter Mahd im Vergleich zur
Brache. Berichte der Arbeitsgemeinschaft säch­
sischer Botaniker NF 18, S. 99 – 136.
StUFA – Staatliches Umweltfachamt (2000):
Schutzwürdigkeitsgutachten für das zu erwei­
ternde Naturschutzgebiet „Bergwiesen und
-wälder bei Oelsen-Bienhof“. Unveröffentlichtes
Manuskript, Radebeul.
Walczak, C. & Schmidt, P. A. (2006): Zwischenbericht
2005 zum Projektteil „Untersuchungen zur
Populationsökologie“ im Rahmen des Er­pro­
bungs- und Entwicklungsvorhabens „Grün­
land­verbund Osterzgebirge am Beispiel des
Oelsener Gebietes“. TU Dresden, Fachrichtung
Forstwissenschaften, Institut für Allgemeine
Ökologie und Umweltschutz, 84 S.

50
Floristisch-vegetationskundliche liegt in den Gemeinden Altenberg und Geising un­
Erfolgskontrolle im Naturschutz- mittelbar an der tschechischen Grenze und um­
großprojekt „Bergwiesen im fasst die Kerngebiete „Geisingberg“ (310 ha, 314
Osterzgebirge“ am Beispiel der ha Naturschutzgebiet), „Grenzwiesen Fürstenau“
Wiesen im Naturschutzgebiet (ca. 500 ha, 524 ha geplantes Naturschutzgebiet)
„Geisingberg“ und „Bärenwald“ (59 ha). Mit diesen Gebieten sowie
den 232 ha großen Teilflächen des FFH-Gebietes
Bernard Hachmöller, Melanie Forker, Bernd König „Müglitztal“ an den Oberläufen von Müglitz und
Schwarzbach an der tschechischen Grenze sind
große Teile als „Site of Community Importance (SCI)“
1 Einleitung
entsprechend der FFH-Richtlinie ausgewiesen.
Im Naturschutzgroßprojekt „Bergwiesen im Ost­ Das Projektgebiet überlappt außerdem in weiten
erzgebirge“ werden durch großflächige Maßnahmen Teilen mit dem 3.387 ha großen Vogelschutzgebiet
der naturschutzgerechten Nutzung und Pflege vor „Osterzgebirge um Fürstenau“ sowie dem 347 ha
allem Biotoptypen des Offenlandes wie Bergwiesen großen Vogelschutzgebiet „Geisingberg“. Die vom
und Borstgrasrasen, Feuchtwiesen, Nieder- und Bundesministerium für Umwelt, dem Freistaat
Zwischenmoore, Steinrücken und Fließgewässer Sachsen und den Trägern Weißeritzkreis, Alten­
geschützt. Das ca. 2.770 ha große Projektgebiet berg und Geising zur Verfügung gestellten ca.

Abb. 1

51
5 Mio. € Fördermittel werden vor allem zur Pfle­ Trisetetum) im Vordergrund der botanischen
ge von Grünlandbiotopen und Steinrücken, zur Erfolgskontrolle. Da sich im Gebiet die sächsischen
Wiedervernässung von Moorbereichen, zum Wald­- Verbreitungsschwerpunkte mehrerer Pflanzenarten
um­bau und zum Grunderwerb eingsetzt (Hachmöller des montanen Grünlands befinden, werden die
et al. 2001, Menzer 2003). Bestände ausgewählter gefährdeter Arten auf
Gleichzeitig nehmen viele Landwirte an Vertrags­ Pflegeflächen durch Naturschutzvereine regelmäßig
naturschutzprogrammen teil, mit deren Hilfe die dokumentiert. Aus zoologischer Sicht hat vor allem
naturschutzgerechte Nutzung auf ca. 690 ha im die Offenland-Avizönose mit den vom Aussterben
Projektgebiet unterstützt wird. Naturschutzvereine bedrohten Arten Birkhuhn und Wachtelkönig
werden für die Dauerpflege schwer zu bewirt­ hohe Priorität. Die Bestände dieser sowie weiterer
schaftender, schutzwürdiger Grünland- und Moor- Offenland-Arten werden regelmäßig erfasst, um die
flächen auf ca. 70 ha durch die sächsische Natur­ Brutreviere besonders schützen zu können.
schutzrichtlinie gefördert. Aufgrund der guten Ak­
zeptanz des Projektes bei der Bevölkerung und­ In diesem Beitrag werden die Untersuchungen zur
den mitwirkenden Landwirten und Naturschutz­ floristischen und vegetationskundlichen Erfolgs­kon­
vereinen sowie der hochwertigen Natur­raum­aus­ trolle der Maßnahmen zur Grün­landerhaltung­ und
stattung wird derzeit eine zweite Phase mit einer -regeneration im Naturschutzgroßprojekt „Berg­
Erweiterung der Kerngebiete um ca. 600 ha für den wiesen im Osterzgebirge“ am Beispiel der Wiesen
Zeitraum von 2009 – 2013 geplant. im Naturschutzgebiet „Geisingberg“ dargestellt.
Dazu dienen der Vergleich einer 2006 wiederhol­
Da außerordentlich artenreiche und naturschutz­ ten Vegetationskartierung mit dem Zustand im Jahr
fachlich hochwertige Bergwiesen im Gebiet nur auf 1996, seit 1993 regelmäßig durchgeführte vegeta­
relativ kleinen Flächen durch kontinuierliche Pflege tionskundliche Dauerbeo­bachtungs­untersuch­ungen
über mehrere Jahrzehnte erhalten geblieben sind sowie jährliche Bestandserfassungen ausgewählter
und ein großer Teil des Grünlands zwischen 1950 gefährdeter Pflanzenarten. Dadurch wird geprüft, in­
und 1990 intensiviert wurde, liegt ein Schwerpunkt wieweit sich die Wiesen in Richtung der angestreb­
der Pflegemaßnahmen in der Entwicklung ehe­ ten Zielgesellschaften ent­wickeln und ob die Pflege­
mals intensiv genutzter Wiesen und Weiden sowie maßnahmen zum Erhalt und zur Förde­rung der
deren Brachen zu Bergwiesen, Borstgrasrasen Populationen gefährdeter Pflanzenarten beitragen.
und Feuchtwiesen (Hachmöller 2000). Im Natur­
schutzgebiet „Geisingberg“ dienen dabei die aus
2 Methodik
der Zeit vor der Intensivierung (Hundt 1965) be­
2.1 Untersuchungsgebiet: abiotische
schriebenen und auf Teilflächen noch erhaltenen
Faktoren und Nutzungsgeschichte
artenreichen Bergwiesen als Zielgesellschaften.
Das Naturschutzgebiet „Geisingberg“ liegt in den
Im Rahmen des Pflege- und Entwicklungsplanes oberen Lagen des Naturraums Osterzgebirge
für das Naturschutzgroßprojekt wurden verschie­ nahe der tschechischen Grenze (Abb. 1, 2). Der
dene Strategien zur Erfolgskontrolle vorgeschla­ kontinentale Klimaeinfluss in diesem Teil des­
gen (Tab. 1, vgl. Böhnert et al. 2003). Mit Hilfe Erzgebirges ist eine Voraussetzung für das Vor­
­von­ Vegetationsaufnahmen im Naturschutzgebiet kommen südosteuropäischer Floren- und Fau­
„Geisingberg“ sowie im Kerngebiet „Grenzwiesen nenelemente und zeigt sich im Vergleich zur mon­
Fürstenau“ sollen vor allem die Erhaltung, Rege­ tanen Stufe anderer Mittelgebirge in geringeren
neration und Entwicklung von Bergwiesen und Niederschlagsmengen, kälteren Wintern, einer
Borstgrasrasen, aber auch die Entwicklung ein­ höheren Sonneneinstrahlung und einer verlänger­
zelner Feuchtwiesen, Nieder- und Zwischenmoore ten Vegetationsperiode (Mannsfeld & Richter 1995).
sowie Steinrücken überprüft werden. Aufgrund ih­ Im größten Teil des Gebietes dominieren relativ
rer besonderen Bedeutung stehen die Bergwiesen ba­senarme Gesteine wie Grauer Gneis und Granit­
am Geisingberg als artenreiche und gute ausge­ por­phyr, über denen sich lehmig-sandige, meist
prägte Beispiele der ostdeutschen Varian­te der bodensaure Braunerden gebildet haben. Dagegen
Storchschnabel-Goldhafer-Bergwiesen (Geranio- werden die Böden in der Umgebung der Basalt­

52
Abb. 2: Blick auf die ausgedehnten Grünlandflächen an den Nord- und Westhängen des Geisingberges. Foto: H. Menzer, Juli 2007

kuppe des Geisingberges durch Hangzugwasser Im Zuge der Intensivierung der landwirtschaftlichen
und überrollende Basaltblöcke beeinflusst und Nutzung wurde das kleinflächige Nutzungsmosaik
bestehen aus zumeist tiefgründigen Braunerden aus Wiesen, Äckern und Feldgrasfluren durch die
mit einem hohen Lehmanteil und einer guten Schaffung zusammenhängender Weideflächen im
Wasserversorgung. Norden und Nordwesten des Geisingberges abge­
Insgesamt eignen sich die Braunerden des oberen löst. Dabei erhöhte sich einerseits die Fläche des
Osterzgebirges im Vergleich zu anderen Standorten Grünlandes auf Kosten der Ackerfläche, anderer­
im Erzgebirge relativ gut für die Grünland- und seits wurde die Nutzung des Grünlands intensiver,
Ackernutzung, und auch deswegen ist es seit weil die Flächen gedüngt wurden und durch indivi­
dem Mittelalter durch landwirtschaftliche Nutzung duenstarke Rinderherden mit hohen Besatzdichten
­geprägt. Die Nutzung des Gebietes um den Geising­ von drei bis fünf Großvieheinheiten/ha bewei­
berg entwickelte sich als Nebenerwerb und zur det wurden.­ Auf schwer zu bewirtschaftenden
Versorgung der Bergbauern mit Lebensmitteln. Flächen ­in­ den Feuchtbereichen im Nordwestteil
Die landwirtschaftliche Nutz­fläche wurde dabei des Gebietes sowie auf den steilen, von zahlrei­
stark zersplittert. Dadurch entstanden ein schnel­ chen Steinrücken durchzogenen Wiesenflächen
ler Wechsel von Acker- und Grünlandflächen auf am Osthang­ ­des­ Geisingberges entstanden im
engem Raum sowie sehr kleine Einzelschläge, die Gegenzug große Brachflächen. Eine extensive
zudem durch zahlreiche Steinrücken und Feldraine Wiesennutzung konnte nur im 22,2 ha großen, 1967
voneinander getrennt waren. Die Wiesen wurden ausgewiesenen Naturschutzgebiet „Geisingwiesen“
dabei überwiegend ein- bis zweischürig gemäht aufrechterhalten werden. In den Jahren nach 1990
und mit einzelnen Rindern, Schafen oder Ziegen verstärkten sich die Bemühungen, die verbliebe­
nachbeweidet. Zusätzlich wurde eine Feldgras- und nen geschützten Grünlandbiotope am Geisingberg
Brachenwirtschaft betrieben, bei der Ackerland ein durch extensive landwirtschaftliche Nutzung und
bis drei Jahre lang mit Futtergras bewachsen und naturschutzgerechte Pflege zu erhalten und wei­
dann wieder umgebrochen wurde (Hammermüller ter zu entwickeln, um große, zusammenhängende
1964). Be­rgwiesen wiederherzustellen. Seit 1999 bil­

53
Transekte mit je 8 – 10 Vegetationsaufnahmen auf Grünland-Regenerationsflächen:

- ehemals brache Bergwiesen und Borstgrasrasen:

Fläche A: Meum athamanticum-Brachestadium, bis 1990 brach, danach entbuscht und einschürig
gemäht (Braunerde über Granitporphyr, lehmiger Sand bis sandiger Lehm, ­pH 3,6 – 4,1; P 0,6 – 1,1
mg/100g)
Fläche B: Meum athamanticum-Brachestadium, bis 1997 brach, vorher beweidet und gedüngt, seit
1997 einschürig gemäht und mit Schafen nachbeweidet (Braunerde über Granitporphyr, lehmiger
Sand bis sandiger Lehm, pH 3,7 – 3,9; P 1 – 1,9 mg/100g)

- früher beweidete Bergwiesen:

Fläche C: Alopecurus pratensis-Subassoziation des Geranio-Trisetetum, bis 1990 beweidet danach


einschürig gemäht, 2003 erstmals mit Rindern nachbeweidet (Braunerde-Pseudogley über Gneis, mit
Nephelinbasalt vermischt, schwach toniger Lehm, pH 4,4 – 4,5; P 0,75 – 1 mg/100g)

- ehemaliges Intensivgrünland, frisch:

Fläche D: Alopecurus pratensis-Gesellschaft, in den 1960er Jahren als Grünland neu eingesät, ge­
düngt und beweidet, nach 1990 ein- bis zweischürig gemäht, in den letzten Jahren mit Schafen nach­
beweidet (Braunerde über Granitporphyr, mit Nephelinbasalt vermischt, schwach sandiger Lehm, pH
4,6 – 5,0, P 0,5 – 1,7 mg/100g)

- ehemaliges Intensivgrünland, feucht:

Grenzwiesen Fürstenau

- Transekt einer artenreichen Berg- und Feuchtwiese, gemäht (NSG Geisingberg)

- Transekt einer ehemals beweideten Berg- und Feuchtwiese, jetzt gemäht (NSG Geisingberg)

einzelne Vegetationsaufnahmen zur Kontrolle auf artenreichen Flächen:

- artenreiche Bergwiesen (Bistorta officinalis-Subassoziation des Geranio-Trisetetum, Braunerde-


Pseudogley über Gneis mit Nephelinbasalt, schwach tonig-schlufiger Lehm, pH 4,4 – 4,5) und
Borstgrasrasen (Polygalo-Nardetum, Braunerde über Granitporphyt, z. T. mit Nephelinbasalt,schwach
sandiger Lehm bis sandig-lehmiger Schluff, pH 3,9 – 4,5) am Geisingberg
- Nasswiesen und Kleinseggensümpfe (Geisingberg, - Lesesteinrücken und -haufen
Grenzwiesen Fürstenau) Zwischenmoore (Grenzwiesen (Geisingberg, Grenzwiesen
Fürstenau) Fürstenau

Erfassung der Bestände ausgewählter Zielarten der Flora:

- Zahl der blühenden Sprosse bzw. Individuen: Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis),
Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata), Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula), Mücken-
Händelwurz (Gymnadenia conopsea), Bergwohlverleih (Arnica montana), Niedrige Schwarzwurzel
(Scorzonera humilis), Karpaten-Enzian (Gentianella lutescens)

- überwiegend halbquantitativ (Größenklassen, bedeckte Fläche): z. B. Trollblume (Trollius europaeus),


Gewöhnliches Fettkraut (Pinguicula vulgaris), Buschnelke (Dianthus seguieri), Pyrenäen-Vermeinkraut
(Thesium pyrenaicum), Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia)

Erfassung der Bestände ausgewählter Zielarten der Fauna

Wachtelkönig, Birkhuhn, Raubwürger, Bekassine und andere Vogelarten des Offenlandes

Tab. 1: Übersicht der von BÖHNERT et al. (2003) im Projektgebiet des Naturschutzgroßprojektes “Bergwiesen im Osterzgebirge“
vorgeschlagenen Untersuchungen zur Erfolgskontrolle

54
den die Pflege und Entwicklung dieser Wiesen ei­ wolke nahe beieinander; Vegetations­auf­nah­men,­
nen Schwerpunkt des Naturschutzgroßprojekts deren Artenzusammen­setzung unter­schiedlich ist,
„Bergwiesen im Osterzgebirge“ (Hachmöller et al. liegen in dieser Punkt­wolke ent­sprechend weit von­-
2001). Dabei wird das ehemalige Intensivgrünland einander entfernt. Durch eine Reduzierung der
überwiegend zweischürig bzw. einschürig gemäht Dimensionen wird ein Maximum der Varianz in
und nachbeweidet, um es auszuhagern. Ehemalige Bezug auf Vegetationsgradienten oder das Auf­
Brachflächen wurden teilweise entbuscht und wer­ treten von Arten sichtbar. Die Achsen des Or­
den seitdem zumeist einschürig gemäht, teilweise in dinationsdiagrammes können dabei als ökologische
Verbindung mit einer Nachbeweidung durch Schafe Gradienten interpretiert werden. Die erste Achse
(Böhnert et al. 2003). (x-Achse) repräsentiert das Maximum der Varianz
zwischen den Vegetationsaufnahmen und erstreckt
sich entlang der maximalen Aus­deh­nung der
2.2 Vergleichende Vegetationskartierung
Punktwolke. Die zweite Achse (y-Achse) steht im
Von Mai bis Juli 2006 erfolgte im Rahmen ei­ Nullpunkt senkrecht auf der ersten Achse und gibt
ner Diplomarbeit (Forker 2007) eine Vegetations­ damit die größte Breite der Punktwolke wieder.
kartierung mit Hilfe von Luftbildausschnitten, um Aus der in Standardabweichungen ge­messenen
die aktuelle Entwicklung der Grünlandbestände Distanz der Vegetationsaufnahmen im Dia­gramm
im Vergleich zur Kartierung aus dem Jahre 1996 wird deren floristische Ähnlichkeit sichtbar.
(Hachmöller 2000) aufzuzeigen. Der gemeinsame
Maßstab beider Kartierungen von 1 : 5000 erlaubt Damit ein Vergleich der Kartierungen auf der Ebene
ein differenziertes, detailgetreues Abbild der räum­ der Pflanzengesellschaften möglich ist, wur­
lichen Verteilung der Pflanzengesellschaften, wobei den 2006 die gleichen Kartiereinheiten wie 1996
die kleinsten noch abgegrenzten Flächen aus tech­ (Hachmöller 2000) eingesetzt. Um gleichzeitig die
nischen Gründen nur knapp 2 mm messen. Diese Vegetationsveränderungen im ehemaligen Intensiv­
Kartierung wurde ebenso wie 1996 auf ca. 194 ha grünland dokumentieren zu können, mussten ent­
Grünland vorgenommen, wobei im Jahr 2006 28 ha sprechend der „Ad-hoc-Typenbildung“ (Glavac 1996)
im ehemaligen Intensivgrünland aufgrund der be­reits neue Einheiten definiert werden, um den Grad der
erfolgten Mahd nicht differenziert werden konnten.­ Aushagerung und der Übergänge zu Berg-, Frisch-
Gleich­zeitig wurden die Pflanzengesellschaften oder Feuchtwiesen auf Flächen zu dokumentieren,
durch 142 Vegetationsaufnahmen nach der Methode die im Ausgangszustand von artenarmen In­
von Braun-Blanquet (1964) charakterisiert, deren tensivgrünländern eingenommen wurden. Für
Größe in der Regel 5 m x 5 m betrug. Von diesen den Vergleich der beiden Kartierungen wurden
Vegetationsaufnahmen wurden 76 zum Zweck des anschließend mit dem Programm ArcGIS 9.1 die
Ve­getationsvergleiches mit der Kartierung von 1996 Flächeninhalte der Vegetationseinheiten berechnet
wiederholt, und 66 Aufnahmen wurden neu angefer­ und einander gegenübergestellt. Außerdem wur­
tigt, hauptsächlich im ehemaligen Intensivgrünland den beide Karten miteinander verschnitten, um die
und in Bergwiesen außerhalb des NSG. Vegetationsübertritte quantifizieren zu können. Mit
„Vegetationsübertritt“ wird der Wechsel von einer
Eine Ordination („Detrended Correspodence Ana­ Kartierungseinheit zu einer anderen in derselben
lysis“ - DCA) ermöglicht den Vergleich der Vege­ Fläche von 1996 auf 2006 bezeichnet, zum Bei­-
tationsaufnahmen des ehemaligen Intensivgrün­ spiel die Entwicklung eines Brachestadiums aus
lands mit den Bergwiesen. Die Ordination bietet dem Jahr 1996 zur „typischen Variante der Gold-
die Möglichkeit, mehrdimensionale Ähn­lichkeits­- hafer-Bergwiese (Geranio-Trisetetum) im Jahr 2006.
­­strukturen zwischen den Vegetationsauf­nahmen In der vorliegenden Arbeit werden vor allem
möglichst übersichtlich darzustellen (Dierssen die Ergebnisse der Entwicklung der ehemaligen
1990). Vegetationsaufnahmen und Arten wer­­den Brachflächen sowie des ehemaligen Intensiv­grün­
dabei in einem n-dimensionalen Raum wie in einer lands dargestellt, da sie für die Erfolgskontrolle im
Punktwolke nach ihrer Ähnlich­keit angeordnet. Vordergrund stehen.
Vegetationsaufnahmen, die sich in ihrer Arten­
zusammensetzung ähneln, liegen in dieser Punkt­

55
2.3 Vegetationskundliche terungsschwankungen und anderen Ursachen für
Dauerbeobachtungsuntersuchungen die Vegetationsentwicklung im Gebiet hinweisen
(vgl. Rieger 1996, Weber et al. 1995).
Pflanzensoziologische Dauerbeobachtungsflächen Um eine aussagekräftige Auswertung von Dauer­beo­
wurden auf den Wiesen im NSG Geisingberg von bachtungsflächen zu ermöglichen, wurden pro Flä­-
1993 – 1997 untersucht (Hachmöller 2000), dazu che acht Vegetationsaufnahmen von 25 m² Grö­ße
nochmals 2001, 2004 und 2007 (Abb. 2, Tab. 1). ­angefertigt (vgl. Pfadenhauer et al. 1986, Kammer­
Dabei repräsentieren die Flächen A und B arten­ 1998) und mit Dauermagneten von 2 cm Durchmes­
arme, durch Brachfallen beeinträchtigte Stadien ser markiert. Sie wurden gleichzeitig in Bezug ­zu ei­
der Bergwiesen am Osthang des Geisingberges. nem markanten Punkt ( z. B. Baum, Baum­­stumpf,
Während die Fläche A lange brach lag und nie ge­ Stein) am Wiesenrand eingemessen. Die einzelnen
düngt wurde, war die Fläche B bis in die 1980er Vegetationsaufnahmen wurden jeweils in Abständen
Jahre in die Beweidung einbezogen und wurde von etwa 10 m in einer Flucht vom Wiesenrand
dabei auch leicht gedüngt, so dass hier von einem her angelegt. Die Vegetationsaufnahmen erfolgten
leichten Intensivierungs-Einfluss auszugehen ist. nach der Methode von Braun-Blanquet (1964) mit
Außerdem wurde diese Fläche erst ab 1997 in die der erweiterten Skala nach Wilmanns (1989). Für die
Pflegemahd einbezogen. Bei der unmittelbar neben häufigsten und charakteristischen Gefäßpflanzen
den artenreichen Bergwiesen im Alt-NSG gelege­ wurde ab 1995 zusätzlich nach Londo (1975) die
nen Fläche C handelt es sich um eine bis 1990 in­ Deckung mit einer erweiterten Dezimalskala (Stufen
tensiv beweidete und seitdem einschürig gemähte 0%, 1%, 3%, 5%, 8%, 10%, 15%, 20% usw.) sowie
Bergwiese auf einem feuchten Standort, die kaum die Abundanz nach der vierstufigen Skala (r = 1 Ex.,
gedüngt wurde. Hier begann 2002 eine gestaffelte p = 2 – 5 Ex., a = 6 – 50 Ex. und m = > 50 Ex.) ange­
Mahd sowie eine Nachbeweidung auf Teilflächen. wandt. Die Dauerbeobachtungsflächen wurden in
Die Fläche D liegt zwischen zwei Teilflächen des alten jedem Jahr zu einem ähnlichen phänologischen
NSG nordöstlich des Geisingberges und besteht aus Entwicklungszustand erfasst.
ehemaligem Ackerland, das in den 1960er Jahren mit
einer artenarmen Grasmischung als Grünland neu
2.4 Bestandszählungen gefährdeter
eingesät wurde. Bis 1990 wurde diese Fläche inten­
Pflanzenarten
siv beweidet und anschließend zweischürig gemäht
bzw. einschürig gemäht und mit Schafen nachbe­ Im Zuge der Betreuung naturschutzfachlich­ wert­
weidet. In den artenreichen Bergwiesen des Alt-NSG voller Grünlandbiotope im Gebiet des Natur­
wurden Kontrollflächen ausgewählt, um die auf den schutzgroßprojektes „Bergwiesen im Ost­erz­gebirge“
Versuchsflächen angestrebten Zielgesellschaften sowie dessen Umfeld durch einen Naturschutz­-
der Borstgrasrasen (Polygalo-Nardetum strictae) verein (Förderverein für die Natur des Osterzgebirges)
und Bergwiesen (Geranio-Trisetetum) auf möglichst begann auf den zumeist einschürig gemähten
ähnlichen Standorten zu repräsentieren. Flächen eine systematische Dokumentation der
Blühaktivität ausgewählter gebietstypischer und
Trends der Vegetationsentwicklung werden insbe­ gefährdeter Arten (König & Schindler 1997 – 2007).
sondere aus dem Vergleich der Stetigkeit der ein­ Diese bot sich vor allem für Wiesenorchideen an, die
zelnen Arten in den Dauerbeobachtungsflächen gut erkennbar sind, in zählbaren Größenordnungen
zu Beginn und Ende des Untersuchungszeitraums vorkommen und repräsentative Aussagen für die
ermittelt. Dabei wird geprüft, ob die Arten in min­ Untersuchungsflächen ermöglichen. Ebenso er­
destens 25% oder 50% der Probeflächen zu- oder fasst wurde die Blühaktivität bei Arten, die oft
abgenommen haben. Mit den Kontrollflächen wer­ dichte, klonal wachsende Bestände bilden, deren
den die Dauerbeobachtungsflächen ebenfalls an­- Individuen nur schwer auseinander zu halten sind,
hand der Vegetationstabellen, aber auch an­ z. B. Bergwohlverleih (Arnica montana) und Niedrige
hand der Artenzahlen und der Zeigerwerte nach Schwarzwurzel (Scorzonera humilis) (Urbanska
Ellenberg et al. (1991) verglichen. Die Ana­lyse 1992). Bei Arten wie der am Geisingberg in sehr in­-
der Vegetationsentwicklung auf den Kontroll­ dividuenreichen Beständen vorkommenden Troll­
flächen soll auf den möglichen Einfluss von Wit­ blume (Trollius europaeus) konnten die Bestände nur

56
Flächen-
1996 2006
veränderung
Kartierungseinheit [ha] [ha] [ha] [%]
Goldhafer-Bergwiese (Geranio-Trisetetum) 25,8 58,3 32,5 126
Typische Variante 7,1 28,5 21,0 296
Alopecururs pratensis-Subass. 11,5 18,1 6,6 57

Bistorta officinalis-Subass., Trollius-Variante 5,7 9,6 3,9 69

Typische Variante, mit Astrantia major 0,5 1,4 0,8 165


Bromus erectus-Variante 1,0 0,8 -0,2 -21

Tab. 2: Vergleich der Flächenanteile der verschiedenen Ausprägungen der Bergwiesen zwischen 1996 und 2006

Abb. 3: Artenreiche Bergwiese (Goldhafer-Bergwiese, typische Variante) am Geisingberg mit Arten wie Bärwurz (Meum athamanticum),
Wiesenmargerite (Leucanthemum vulgare), Hain-Wachtelweizen (Melampyrum nemorosum), Rauer Löwenzahn (Leontodon hispidus) und
Große Sterndolde (Astrantia major). In den Bereichen um die Basaltkuppe im Alt-NSG können bis über 50 Arten/Probefläche registriert
werden. Foto: Archiv Naturschutz LfULG, W. Böhnert

in Größenklassen geschätzt werden. Die halbquanti­ der Orchideen Breitblättriges Knabenkraut (Dact­
tative Erfassung der Trollblume sowie weiterer Arten ylorhiza majalis) und Stattliches Knabenkraut (Orchis
wie Busch-Nelke (Dianthus seguieri), Gewöhnliches mascula) sowie von Bergwohlverleih (Arnica monta-
Fettkraut (Pinguicula vulgaris) und Pyrenäen-Ver­ na) und Niedrige Schwarzwurzel (Scorzonera humi-
meinkraut (Thesium pyrenaicum) bietet zwar kei­ lis) am Geisingberg dargestellt, weil bei diesen Arten
ne Grundlage für eine statistische Auswertung, ist Zahl­enreihen von mehreren Fundorten aus dem
aber als qualitative Aussage über den Zustand der letzten zehn Jahren vorliegen, durch deren Darstel­
Populationen im Gebiet und den Pflegezustand lung eine Beziehung der Bestandsentwicklung der
der untersuchten Flächen ebenfalls von großer Ziel­arten zur Vegetationsentwicklung hergestellt
Bedeutung. Im vorliegenden Artikel werden bei­ werden kann.
spielhaft die Ergebnisse der Bestandsentwicklung

57
3 Ergebnisse 3.1.2 Entwicklung des Intensivgrünlands

3.1 Ergebnisse des Vergleichs der Im Bereich des ehemaligen Intensivgrünlandes


Vegetationskartierungen 1996 – 2006 nim­mt die Wiesenfuchsschwanz-Gesell­schaft (Ra­nun­­
culus repens-Alopecurus pratensis­-Gesell­schaft),
3.1.1 Entwicklung der Bergwiesen die oft als Fragmentgesellschaft der Frisch­wie­sen
des Verbandes Arrhenatherion bezeichnet wird
Innerhalb des 22 ha großen Alt-NSG sind die durch (Dierschke 1997a + b), nach wie vor große Flächen
Hundt (1965) und Hachmöller (2000) ausführlich be­ ein. Allerdings hat sie sich durch veränderte
schriebenen Bergwiesen-Gesellschaften (Abb. 3) Nutzung und Pflegemaßnahmen bezüglich ihrer
seit langem vor tief greifenden Veränderungen ge­ Artenverbindung entwickelt und aus­differenziert.
schützt. Die an feuchte Standorte gebundene, sehr Dadurch sind relativ artenreiche Ausprägungen und
artenreiche Wiesenknöterich (Bistorta officinalis)- Übergangsbestände entstanden. Während nach
Subassoziation der Goldhafer-Bergwiese (Geranio- Hachmöller (2000) die Artenzahl/Probefläche der
Trisetetum) hat hier mit über 6 von insgesamt knapp Gesellschaften des Intensivgrünlandes nur knapp
10 ha nach wie vor ihre Hauptausdehnung. Die über 20 liegt, beträgt sie nun im Schnitt 30.
Zunahme des Flächenanteils dieses Wiesentyps Der Aufwuchs überragt mit etwa 80 – 120 cm (selte­
ist darauf zurückzuführen, dass er sich an den ner bis 150 cm) Höhe deutlich den der Bergwiesen.
benachbarten (Nord-)Westhängen oberhalb der Die Vegetation enthält produktive Obergräser wie
Bahn­linie Altenberg-Heidenau neben der typischen Wiesen­fuchsschwanz (Alopecurus pratensis), Knaul­-
Variante und der Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus gras (Dactylis glomerata) und Nährstoffzeiger
pratensis)-Subassoziation der Goldhafer-Bergwiese wie Gemeiner Löwenzahn (Taraxacum officinale),
ausgebreitet hat (Tab. 2). Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris) und Wiesen-
Die „typische Variante“ der Goldhafer-Bergwiese, Bärenklau (Heracleum sphondylium), ist jedoch
deren Flächenanteil in den letzten 10 Jahren um durch eine niedrigere Schicht von Kräutern stock­
das Vierfache auf 28,5 ha ausgedehnt hat, findet werkartig abgestuft (s. Abb. 6). Je nach Untereinheit
sich heute vor allem auf den steilen Osthängen des herrschen hier Bergwiesenarten, Magerkeits- oder
Geisingberges, die bis 1996 größtenteils Brache­- Feuchtezeiger oder Arten des Arrhenatheretum
stadien der Bergwiesen beherbergten. Diese Be­ elatioris vor. Außerdem sind die Untergräser
stände liegen außerhalb des Einflusses vom Basalt Rotschwingel (Festuca rubra agg.) und Rotes
des Geisingberges und sind mit einer durchschnitt­ Straußgras (Agrostis capillaris) zunehmend ver­
lichen Zahl von 28 Arten/Probefläche zumeist deut­ treten. Dabei wird deutlich, dass eine floristische
lich artenärmer als die Bestände der typischen wie ökologische Differenzierung die frühere Homo­-
Variante im Alt-NSG. Daher wurden sie in der genität allmählich ablöst.
Vegetationskartierung von Forker (2007) als „typi­
sche Subassoziation“ einer für den Bereich des Alt- Die in Tab. 3 mit ihren Flächenanteilen 2006 dar­­
NSG definierten, mit durchschnittlich fast 40 Arten/ gestellten Übergangsformen des ehemaligen Inten­
Probefläche sehr artenreichen Potentilla erecta- sivgrünlands zu Berg- und Frischwiesen lassen sich
Subassoziation gegenübergestellt. Die Flächen am grob in folgende Typen einteilen:
Osthang unterhalb der Bahnlinie werden von der • Bestände mit Magerkeitszeigern wie Ruchgras
Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis)-Sub­ (Anthoxanthum odoratum), Kleinem Klappertopf
assoziation beherrscht, die darüber hinaus überall (Rhinanthus minor) und Wiesenmargerite (Chry­
im Gebiet verbreitet und auf einen Flächenanteil santhemum leucanthemum) sowie dem ver­
von ca. 18 ha angestiegen ist. Die drei genannten stärkten Auftreten der Gräser Rotstraußgras
Einheiten bilden heute den Kern der Bergwiesen (Agrostis capillaris) und Rotschwingel (Festuca
am Geisingberg. Weitere Ausbildungsformen wie rubra), innerhalb derer die Stickstoffzeiger be­
eine von der Großen Sterndolde (Astrantia major) reits stark zurückgetreten sind;
geprägte Variante und die Variante der Aufrechten • Bestände mit Arten der Bergwiesen wie
Trespe (Bromus erectus) nehmen nur 2,2 ha ein und Bärwurz (Meum athamanticum), Perücken-
sind überwiegend auf das Alt-NSG beschränkt. Flockenblume (Centaurea pseudophrygia) und

58
Flächen­
1996 2006
veränderung
[ha] [ha] [ha] [%]
Wiesenfuchsschwanz-Wiese (Alopecurus
96,0 85,3 -10,7 -11
pratensis-Gesellschaft)
davon 2006 auskartiert: 57,4

Typische Ausbildung 81,2 3,6 -77,6 -96

Mit Elementen der Bergwiesen 14,8 28,2 13,5 91

Mit Magerkeitzeigern - 15,1 15,1 neu

Mit Feuchtezeigern - 4,4 4,4 neu

Glatthafer-Frischwiese (Arrhenatheretum elatioris) - 6,1 6,1 neu

Intensivgrünland, undifferenziert - 27,9

Tab. 3: Vergleich der Flächenanteile der Pflanzengesellschaften im Bereich des ehemaligen Intensivgrünlandes zwischen 1996 und 2006

Alantdistel (Cirsium heterophyllum), die aber Wiesen-Knöterich (Bistorta officinalis), Rasen-


vegetationskundlich von den Beständen mit Schmiele (Deschampsia cespitosa), Kuckucks-
Magerkeitszeigern schlecht abzugrenzen sind; Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) und Sumpf-
• Bestände mit Stauden und Feuchtezeigern wie Kratzdistel (Cirsium palustre), die zum Teil

Gesamtfläche 1996 [ha]


Undifferenziertes Inten­
Glatthafer-Frischwiese

IG mit Feuchtezeigern
Phyteumo-Trisetenion

IG mit Elementen der


Intensivgrünland mit

2006
Magerkeitszeigern
Caricion fuscae

Gehölzbestand
Violo-Nardion

Bergwiesen
sivgrünland
Brachen
Calthion

1996

Violo-Nardion 2,4 0,5 0,2 3,1

Phyteumo-Trisetenion 0,9 21,9 2,1 0,3 0,3 0,1 0,1 0,1 25,8

Calthion 0,1 1,3 7,6 0,5 0,3 0,1 0,3 0,1 0,2 10,5

Caricion fuscae 0,2 0,3 0,7 0,1 1,3

Brachen 0,3 22,3 1,7 0,2 3,3 0,3 0,4 0,4 28,9

Intensivgrünland (IG) 5,7 0,8 0,2 0,4 5,9 27,5 15 23,6 2,2 81,3

IG mit E. d. B. 5,4 1,9 0,2 0,1 0,1 1,2 3,9 2 14,8

Gehölzbestand 1 0,4 0,1 0,1 24,2 25,8

Acker 2,1 2,1

Gesamtfläche 2006 [ha] 3,7 58,3 15 2,2 4,2 6,1 31,5 15,1 28,2 4,4 24,9 193,6

Tab. 4: Zusammenfassung der Entwicklung der Vegetationseinheiten 2006 aus den 1996 kartierten Beständen

59
auch Magerkeitszeiger enthalten und sowohl tigen Wiese (Crepido-Juncetum acutiflori), von
zu Feuchtwiesen-Gesellschaften des Calthion- Hochstaudenfluren (Filipendula ulmaria-Gesell­
Verbandes als auch zu den feuchten Varianten schaft) oder Kleinseggenbeständen (Caricetum
der Bergwiesen vermitteln; sowie fuscae) eingenommen wird. In Feuchtgrünland
• nach wie vor artenarme Bestände, in denen nur umgewandelt haben sich sowohl Teile des Inten­
vereinzelt Arten der Berg- und Magerwiesen sivgrünlands als auch Brachen oder verbuschte
oder der Glatthaferwiesen auftreten und die Flächen. Für den überwiegenden Teil der vormals
in der aktuellen Kartierung nur noch geringe intensivbewirtschafteten Flächen reichte die bishe­
Flächenanteile einnehmen (der tatsächliche rige Aushagerung noch nicht für eine vollständige
Anteil dürfte etwas höher liegen, da besonders Umwandlung in Bergwiesen. Legt man dabei die
diese Bestände relativ früh gemäht oder bewei­ 57,4 ha der 2006 auskartierten Fläche zugrunde,
det wurden und 2006 nicht auskartiert werden hat sich aber die typische, artenarme Ausbildung
konnten). der Wiesenfuchsschwanz-Gesellschaft um mehr als
90 % reduziert (Tab. 3). Die höchsten Flächenanteile
Eine so nicht erwartete Entwicklungstendenz zeigen weist demnach die Ausbildung mit Arten der
Bestände von Goldhafer (Trisetum flavescens) und Bergwiesen aus, die damit zu einer der flächen­
Glatthafer (Arrhenatherum elatius), die in Begleitung mäßig bedeutendsten Grünlandgesellschaften am
von Arten wie Wiesen-Labkraut (Galium mollugo), Geisingberg wird. Relativ große Flächenanteile
Wiesen-Glockenblume (Campanula patula) und nimmt auch die ausgehagerte Ausbildung ein, bei
Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis) eine der noch nicht erkennbar ist, ob die Entwicklungs­
submontane Form der Glatthafer-Frisch­wiese tendenz eher zu submontanen Goldhafer- oder
(Arrhenatheretum elatioris) charakterisieren. Die­ Glatt­hafer-Frischwiesen oder zu Bergwiesen ver­
se Pflanzengesellschaft hat ihren Verbreitungs­ läuft. Etwas kleiner sind die Flächenanteile des
schwerpunkt im planaren bis sub­montanen Be­ Intensivgrünlands mit Feuchtezeigern und der
reich und wurde bisher am Geising­berg noch nicht Glatthafer-Frischwiese.
belegt. Sie wächst heute vor ­allem auf Flächen,
die vor der Grünland-Neueinsaat im Rahmen der
Intensiv­ierung als Acker oder „Feldgrasflur“ genutzt 3.2 Ergebnisse der vegetationskundlichen
worden sind. Dauerbeobachtungsversuche

3.2.1 Vegetationsentwicklung nach


3.1.3 Zusammenfassung Wiederaufnahme der Mahd auf
der Vegetationsveränderungen Brachflächen

Aus der Matrix der „Vegetationsübertritte“ (Tab. 4) Auf beiden untersuchten Brachflächen ist eine deut­
lässt sich zurückverfolgen, aus welchen der 1996 liche Tendenz vom Bärwurz (Meum atha­manticum)
kartierten Vegetationseinheiten die 2006 erfassten Brachestadium in Richtung der Zielgesell­schaften
Einheiten entstanden sind. So wurde im Grünland erkennbar. Dabei hat sich die 1992 entbuschte und
am Geisingberg allein durch die Umwandlung der seither­ regelmäßig gemähte Fläche A am Geising­
Brachestadien (vor allem Meum athamanticum- berg-Osthang in Richtung eines Kreuz­blümchen-
Brachestadium und Holcus mollis-Gesellschaft) in Borstgrasrasens (Polygalo-Narde­tum strictae) ent-
Bergwiesengesellschaften fast eine Verdopplung­ ­wickelt. Dies ergibt sich vor allem aus der Zunahme
des Flächenanteils der Bergwiesen erreicht. Zusätz­ von Arten der Borstgrasrasen und Bergwiesen,
lich entstanden rund 11 ha aus dem Intensivgrünland, z. B. Borstgras (Nardus stricta), Pillen-Segge
so dass der Zuwachs für die Bergwiesen insgesamt (Carex pilulifera), Heide-Labkraut (Galium pumi-
sogar 126 % beträgt. lum), Rundblättrige Glockenblume (Campanula
rotundifolia) und Kanten-Hartheu (Hypericum ma-
Um fast die Hälfte zugenommen haben die Flä­ culatum) sowie weiterer Magerkeitszeiger, z. B.
chenanteile des Feuchtgrünlands, das vor allem Zittergras (Briza media, Tab. 5). Die Artenzahlen
von Wiesenknöterich-Feuchtwiesen (Bistorta offici­ der Gefäßpflanzen sowie der Moose haben sich
nalis-Gesellschaft), der Gesellschaft der Spitzblü­ in kurzer­Zeit deutlich erhöht und an die Kontroll­-

60
Entwicklung der Artenzahlen/Probefläche (25 m2) auf
ehemaligen Brachen
100
Artenzahl/25 m 2

10
1993 1995 1997 2001 2007
ehem. Brache (A) ehem. Brache bis 1997 (B)
Polygalo-Nardetum (Kontrollfläche)

Abb. 4.1

Entwicklung der Artenzahlen/Probefläche (25 m2) auf


ehemaligen Weiden
100
Artenzahl/25 m 2

10
1993 1995 1997 2001 2007
ehemalige Weide (C) ehem. Intensivgrünland
Geranio-Trisetetum (Kontrollfläche)

Abb. 4.2
Abb. 4.1 und 4.2: Entwicklung der gemittelten Artenzahlen/Probefläche
auf Bergwiesen-Regenerations- und Entwicklungsflächen am Geisingberg

61
62
Ehemalige Brache (Fläche A) Ehemaliges Intensivgrünland (Fläche C)
5
5,9

Abb. 5.3 Fläche C

Abb. 5.1 Fläche A


4,5 5,7

5,5
4
5,3

3,5 5,1

mittlere gewichtete Zeigerwerte


4,9
3
4,7

2,5 4,5
1993 1994 1995 1996 1997 2001 2004 2007 1994 1995 1996 1997 2001 2004

Ehemalige Brache (Fläche B) Ehemaliges Intensivgrünland (Fläche D)


5,5 6,5

Abb. 5.2 Fläche B


Abb. 5.4 Fläche D
6
4,5

5,5

mittlere gewichtete Zeigerwerte


3,5
Abb. 5.1 bis 5.4: Entwicklung der gewichteten mittleren Zeigerwerte auf Bergwiesen-Regenerationsflächen am Geisingberg

3
5
1994 1995 1996 1997 2001 2004 2007 1993 1994 1995 1996 1997 2001 2004 2007
Feuchtezahl Reaktionszahl Nährstoffzahl Feuchtezahl Reaktionszahl Nährstoffzahl
flächen angenähert (Abb. 4, vgl. Hachmöller et (Arrhenatherum elatior), Kanten-Hartheu (Hypericum
al. 2003). Auch die mittleren gewichteten Zeiger­ maculatum) und Wiesen-Glockenblume (Campanula
werte nach Ellenberg et al. (2001) entspra­ patula) ausbreiten (Tab. 5). Auch weit verbreite­
chen durch einen kontinuierlichen Rückgang der te Wiesenarten frischer, mäßig nährstoffreicher
Nährstoffzahlen bereits 2001 weitgehend dem Poly­ Standorte wurden häufiger. Weitere Arten der Berg-
galo-Nardetum strictae des Osterzgebirges (Abb. 5, und Frischwiesen wie Alantdistel (Cirsium helenioi­
vgl. Hachmöller 2000). Im Vergleich zu typischen des), Weicher Pippau (Crepis mollis), Wiesenmargerite
Borstgrasrasen-Beständen bleibt allerdings das (Leucanthemum vulgare) und Kleiner Klappertopf
Borstgras im Deckungsgrad gegenüber dominan­ (Rhinanthus minor) wurden seit 2001 neu nachge­
ten Grasarten wie Rotstraußgras (Agrostis capilla- wiesen und konnten sich bis 2007 deutlich aus­
ris) und Rotschwingel (Festuca rubra) zurück, und breiten. Magerkeitszeiger wie z. B. Rundblättrige
das Kreuzblümchen (Polygala vulgaris) als eine Glockenblume (Campanula rotundifolia), Lachenal’s
der Charakterarten der Gesellschaft fehlt bisher Habichtskraut (Hieracium lachenalii) und Berg-
in den Vegetationsaufnahmen, obwohl es auf der Platterbse (Lathyrus linifolius) blieben bisher auf ein­
Fläche vereinzelt vorkommt. Im Vergleich zu den zelne der Probeflächen beschränkt. Insgesamt be­
artenreichen Borstgrasrasen im Alt-NSG sind auch stehen sowohl bei den Magerkeitszeigern als auch
Rosettenpflanzen wie Rauer Löwenzahn (Leontodon bei den Rosettenpflanzen noch deutliche Defizite ge­
hispidus), Spitzwegerich (Plantago lanceolata) und genüber den Bergwiesen und Borstgrasrasen im Alt-
Kleines Habichtskraut (Hieracium pilosella) schwä­ NSG (Tab. 5). Durch die gleichzeitige Zunahme von
cher vertreten, und der ansonsten häufige Kleine Arten magerer wie frischer sowie mäßig nährstoff­
Klappertopf (Rhinanthus minor) kommt nur verein­ reicher Wiesenstandorte blieben die Nährstoffzahlen
zelt vor. Den Einfluss des steilen, flachgründigen (Ellenberg et al. 2001) annähernd konstant, wäh­
Osthanges dokumentieren Wärme liebende Arten rend die Reaktionszahlen anstiegen (vgl. Abb. 5).
wie Pechnelke (Lychnis viscaria) und Feld-Thymian 2007 wurde zudem mit 4,0 ein etwas höherer pH-
(Thymus pulegioides). Die Artenzahlen/Probefläche Wert als mit 3,7/3,8 im Ausgangszustand gemes­
schwankten innerhalb der Fläche 2007 zwischen sen (Forker 2007), ohne dass eine Kalkung oder
21 und 43 entsprechend der Unterschiede im pH- Düngung erfolgte. Im derzeitigen Zustand entspricht
Wert zwischen der artenärmsten (pH 3,6) und der die Fläche den leicht intensivierten Bergwiesen
artenreichsten Probefläche (4,1). Zwischen 2001 (Geranio-Trisetetum, Alopecurus pratensis-Subasso­
und 2007 kam es auf der Fläche A kaum noch zur ziation. Die Artenzahl/Probefläche schwankte 2007
Neuansiedlung weiterer Arten. zwischen 18 und 29 und war in den zwei Probe-
­flä­chen mit den niedrigsten Nährstoff- und Reak­
tionszahlen am geringsten.
3.2.2 Vegetationsentwicklung nach Mahd In dieser früher intensiv beweideten, aber kaum ge­
einer ehemaligen Weide (Fläche C) düngten Fläche C nahmen von 1993 bis 2001 vor
allem Arten frischer, nährstoffreicher Standorte zu,
Auf der bis 1997 brachliegenden Fläche B domi­ z. B. Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecurus praten-
nierten zunächst Bärwurz (Meum athamanticum), sis), Wiesen-Schwingel (Festuca pratensis), Wie­-
Weiches Honiggras (Holcus mollis), Rotstraußgras sen-Kerbel (Anthriscus sylvestris), Goldhafer (Tri­
(Agrostis capillaris) und hochwüchsige Gräser wie setum flavescens), Sauer-Ampfer (Rumex aceto-
Gemeine Rispe (Poa trivialis). Die Artenzahlen die­ sa) und Wiesen-Schaumkraut (Cardamine praten-
ser Probefläche waren sehr niedrig. Diese Pflanzen sis, s.Tab.5). Magerkeitszeiger nahmen dagegen
bildeten einen dichten Bestand, in dem sich kaum kaum zu. Buschwindröschen (Anemone nemorosa)
weitere Arten halten konnten. Von 1997 bis 2007 und Hohe Schlüsselblume (Primula elatior), die
stiegen die Artenzahlen auf der inzwischen ge­ nach Ellenberg (1986) und Dierschke (1997) zu
mähten und mit Schafen nachbeweideten Fläche den Differentialarten des Bergwiesen-Verbandes
kontinuierlich an (Abb. 4), und es konnten sich Polygono-Trisetion zählen, wurden ab 1996 häufiger
ausgehend von Restvorkommen insbesondere registriert. Erst 2004 wurden einzelne Mager­
Arten der Berg- und Frischwiesen, z. B. Perücken- keitszeiger wie Kammgras (Cynosurus cristatus) und
Flockenblume (Centaurea pseudophrygia), Glatthafer Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor) neu nachge­

63
Abb. 6: Diese im Rahmen der Strukturuntersuchungen von Ritter (2008) aufgenommen Fotos zeigen den Aufbau eines 30 cm breiten
Wiesenstreifens der Fläche D, der in der Struktur Bergwiesen ähnelt. Die Schicht der Obergräser ist offen, eine zweite Grasschicht ist locker
entwickelt, und ausreichend Licht ermöglicht die Ausbildung einer Unterschicht. Foto: J. Ritter, 25.06.2007

wiesen. Im Vergleich zu artenreichen Bergwiesen 3.2.3 Vegetationsentwicklung auf ehemaligem


wie auf der benachbarten Klengel­steigwiese fehlen Intensivgrünland nach zweischüriger
jedoch noch zahlreiche kleinwüchsige Arten (Tab. Mahd bzw. Mahd mit Nachbeweidung
5). 2004 zeigte sich auch ein Trend zur Zunahme (Fläche D)
von Arten der Feuchtwiesen wie Sumpf-Kratzdistel
(Cirsium palustre), Hain-Vergissmeinnicht (Myosotis Auf dieser Anfang der 1990er Jahre sehr artenar­
nemorosa) und Sumpf-Schafgarbe (Achillea ptar- men Fläche waren in den ersten Jahren nach der
mica). Neu nachgewiesen wurde zudem der Moor- Nutzungsumstellung auf regelmäßige Mahd vor
Klee (Trifolium spadiceum). Da die Fläche 2007 allem bei weit verbreiteten Wiesenarten wie z. B.
schon sehr früh gemäht wurde, konnte die Schafgarbe (Achillea millefolium), Scharfer und
Bestandsentwicklung in diesem Jahr nicht doku­ Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus acris und R.
mentiert werden. Die Artenzahlen der Fläche C stie­ repens), Rot-Klee und Weiß-Klee (Trifolium pra-
gen über die Jahre kontinuierlich an und lagen 2004 tense und T. repens) sowie Sauer-Ampfer (Rumex
nur leicht unter denen der Kontrollflächen (Abb. 4). acetosa) deutliche Zunahmen der Stetigkeit zu
Die Zeigerwerte nach Ellenberg et al. (2001) zeig­ registrieren (s. Tab. 5). Erst ab 2001 weisen die
ten im Allgemeinen nur leichte Schwankungen, deutlichen Bestandszunahmen der Gräser Rot-
nur bei den Feuchtezahlen ist zum Ende des Schwingel (Festuca rubra), Rotstraußgras (Agrostis
Untersuchungszeitraums ein leichter­ Anstieg er­
Abb. 7 D1 bis D8
kennbar (Abb. 5). Die Moosschicht ist artenarm; Entwicklung der Deckung ausgewählter Gräser in den
und nur Brachythecium rutabulum konnte regel­ Vegetationsaufnahmen der Fläche D (ehemaliges Intensiv­
mäßig nachgewiesen werden. Durch das häufi­ grünland) am Geisingberg - Deckungsgrade: 3 = 37,5 %, 2b = 20
%, 2a = 10 %, 2m = 3 %, 1 = 1 %
ge Auftreten von Nährstoff- und Feuchtezeigern,
das Fehlen zahlreicher­ Magerkeitszeiger und
Wiesen-Fuchsschwanz
die teilweise Dominanz hochwüchsiger Stauden
wie Mädesüß (Filipendula ulmaria) und Wiesen-
Knöterich (Polygonum bistorta) ist die Fläche derzeit­
Knaulgras
einer feuchten Variante der Nährstoff liebenden
Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis)-Sub­ Rotschwingel
assoziation (Forker 2007) zuzuordnen.
Rotes Straußgras

Legende für Abb. 7 D1 bis D8

64
Probefläche D1 Probefläche D2
40 40

30 30

20 20

10 10

0 0
1993 1997 2001 2004 2007 1993 1997 2001 2004 2007

Abb. 7 D1 Abb. 7 D2

Probefläche D3 Probefläche D4
40 40

30 30

20 20

10 10

0 0
1993 1997 2001 2004 2007 1993 1997 2001 2004 2007

Abb. 7 D3 Abb. 7 D4

Probefläche D5 Probefläche D6
40 40

30 30

20 20

10 10

0 0
1993 1997 2001 2004 2007 1993 1997 2001 2004 2007

Abb. 7 D5 Abb. 7 D6

Probefläche D7 Probefläche D8
40 40

30 30

20 20

10 10

0
0
1993 1997 2001 2004 2007
1993 1997 2001 2004 2007

Abb. 7 D7 Abb. 7 D8

65
Arten der Borstgrasrasen und Magerkeitszeiger
Wuchsform Art Sb. Ausbr. Str. Soz. A B C D K
H caesp Nardus stricta 1 – 2 a, t S N ++
H caesp rhiz b Galium pumilum 1 (4) t N +
Danthonia
H caesp 1–2 t S N ++
decumbens
C caesp Calluna vulgaris 3 t SC N +
H caesp Carex pilulifera 3 t, r S N ++
H rept rhiz Lathyrus linifolius 1 S/CSR N + n
Hieracium
H sem - S/CSR N + + (n)
lachenalii
Hypericum
H rept stol l 3 t CR/CSR M ++ ++ +
maculatum
Campanula
H caesp rhiz b 2 (3) t S M ++ + n
rotundifolia
H caesp rhiz b Luzula campestris 3 t, r S/CSR M ++ n
H caesp Briza media 1/4 t S M ++ +
H caesp rhiz Rumex acetosella 3 t SR/CSR M +
H Sedum maximum - S M +
Dianthus
(C), H caesp - r M +
deltoides

Arten der Berg- und Frischwiesen


Wuchsform Art Sb. Ausbr. Str. Soz. A B C D K
Meum
H caesp - PT +
athamanticum
Centaurea
H caesp - a PT + ++ n
pseudophrygia
H sem Crepis mollis 2 r PT +
H caesp rhiz b Alchemilla vulgaris 1/3 t S/CSR A ++
H rept rhiz l Agrostis capillaris 3 a, t, r CSR W ++
Leucanthemum
H scap 3 t CR/CSR A + +
vulgare
Anthoxanthum
H caesp 1 – 3 a, t, r SR/CSR W ++ + ++
odoratum
T Rhinanthus minor 2 (3) a, r R/SR MA n ++ ++ ++
H rept rhiz l Festuca rubra 1 – 3 a, t CSR MA + + ++
H rept rhiz l Galium album 2/4 t A + ++
Arrhenatherum
H caesp 2/4 a C/CSR A ++ ++
elatius
Trisetum
H caesp 1/4 t, r CSR A ++ ++
flavescens
Saxifraga
H scap 2–3 A (+)
granulata
H sem Crepis biennis 2 a, r A ++
Thlaspi
H - A ++
caerulescens
H ros rhiz b Primula elatior 1 t W ++
Anemone
G rhiz 1 r S/SR W n ++
nemorosa

Tab. 5: Arten mit deutlichen Zunahmen der Stetigkeit in den untersuchten Dauerbeobachtungsflächen von 1993/1994 bis 2007 (bei
Fläche C: 2004)

66
Arten der Feuchtwiesen
Wuchsform Art Sb. Ausbr. Str. Soz. A B C D K
H sem Cirsium palustre 3 a, t, r CSR Mol. + ++
H caesp Achillea ptarmica 2 t CR/CSR Mol. +
Myosotis
H - CR Mol. +
nemorosa
Trifolium
T - Mol. n (n)
spadiceum
Polygonum
H sem 3 MA +
bistorta

Weit verbreitete Wiesenarten


Wuchsform Art Sb. Ausbr. Str. Soz. A B C D K
H rept rhiz l Poa pratensis 3 a, t, r CSR MA ++
H rept rhiz l Achillea millefolium 3 t, r CR/CSR A + ++ + +
Veronica
C caesp rhiz 3 t S/CSR W ++ ++ + ++ +
chamaedrys
H rept rhiz l Vicia cracca 3 a C/CSR MA + + + +
H caesp rhiz b Rumex acetosa 3 a, r CSR MA + ++ ++ +
H caesp Festuca pratensis 1–2 a, t CSR MA + + ++ +
H caesp rhiz l Vicia sepium 1 (3) t C/CSR W + + +
Cardamine
H sem 3 t R/CSR MA ++ ++
pratensis
Cynosurus
H caesp 1/4 a, t CSR C ++ +
cristatus
Ranunculus
H sem rhiz b 1–3 S/SR W + ++
auricomus
Cerastium
C caesp rhiz 3 t, r R/CSR MA + + +
holosteoides
H sem Ranunculus acris 1 – 3 a, t CSR MA ++ ++
H caesp Trifolium pratense 3 a, t CSR MA n n ++
H caesp Stellaria graminea 3 CSR MA ++
H rept rhiz l Lathyrus pratensis 2–3 t CSR MA +
H sem Prunella vulgaris 2 – 3 a, t CSR MA +

Nährstoff- und Beweidungszeiger sowie Ruderalarten


Wuchsform Art Sb. Ausbr. Str. Soz. A B C D K
Taraxacum
H ros 3 a, t, r R/CSR W ++ +
officinale
H caesp Phleum pratense 3 t, r CSR MA ++ +
Anthriscus
H caesp 2 a CR MA ++ +
sylvestris
H caesp Dactylis glomerata 1 – 3 a, t, r C/CSR MA + ++
Heracleum
H scap 3 a, t CR MA +
sphondylium
C rept Trifolium repens 3 t CR/CSR MA ++
Ranunculus
H rept 3 a, t CR W ++
repens
Bromus
T 3 a, t, r R W ++
hordeaceus
H brev Myosotis arvensis 3 T R/SR R +
Veronica
C rept stol 3 t R/CSR C +
serpyllifolia

67
Beispiele für floristische Defizite der Flächen A, B und C im Vergleich zu den Kontrollflächen (s. Tab. 1)

Wuchsform Art Sb. Ausbr. Str. Soz. A B C


T Rhinanthus minor 2 (3) a, r R/SR MA x
1–2
H ros stol l Hieracium pilosella t, r S/CSR M x x
(3)
H rept rhiz l Trifolium medium 1? r SC/CSR M x x
C caesp rhiz Cerastium holosteoides 3 t, r R/CSR MA x x
H caesp Polygala vulgaris 1 (2) S N x x x
1–2
H ros Leontodon hispidus t S MA x x x
(3)
H ros Plantago lanceolata 3 a, t CSR MA x x x
H caesp Lotus corniculatus 3 t S/CSR MA x x x
H caesp Trifolium pratense 3 a, t CSR MA x x x
H caesp Nardus stricta 1–2 a, t S N x x
H caesp rhiz b Potentilla erecta 3 t S/CSR M x x
H caesp rhiz b Luzula luzuloides 2/4 M x x
H caesp rhiz b Luzula campestris 3 t, r S/CSR M x x
H caesp Briza media 1/4 t S M x x
H scap Leucanthemum vulgare 3 t CR/CSR A x
H scap Saxifraga granulata 2–3 A x
H ros Leontodon autumnalis 1–3 a, t R/CSR C x

Wuchsform: nach Schiefer (1981), Rosenthal (1992) u. a.:


Sb. = Samenbank nach Thompson et al. (1997)
1 = vorübergehend 3 = dauerhaft
2 = wenige Jahre dauerhaft 4 = Zuordnung nicht klar

Ausbr. = Samenverbreitung u. a. nach Müller-Schneider (1986), Fischer (1987), Fischer et al. (1995),
Stender et al. (1997), Strykstra et al. (1997), Tackenberg (2001):
a = agochor (z. B. durch Mähgeräte) t = Verbreitung durch Weidetiere einschließlich Wild
r = Diasporenregen einschließlich Windverbreitung

Str. = ökologische Strategietypen nach Grime et al. (1988):

C = competitors R = ruderals
S = stress-tolerators

Soz. = Soziologie (u.a. nach Oberdorfer 1994):


N = Nardetalia MA = Molinio-Arrhenatheretea
A = Arrhenatheretalia W = Wiesen
PT = Polygono-Trisetion M = Magerkeitszeiger
C = Cynosurion B = Brachezeiger, Fg. - Fagion
Mol. = Molinetalia

Probeflächen:
A, B = ehemalige Brachflächen D = ehemaliges Intensivgrünland
C = ehemalige Weide K = Kontrollflächen

Entwicklung der Stetigkeit:


++ = ≥ 50 % Zunahme (+) = vorübergehende Zunahme
+ = ≥ 25 % Zunahme n = neuer Nachweis
-- = ≥ 50 % Abnahme (n) = unbeständig nachgewiesen
- = ≥ 25 – 50 % Abnahme

68
capillaris) und Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) Magerkeitszeigern (Forker 2007) und weist so­
auf eine Aushagerung hin. Die Dominanz der Nähr­ wohl Entwicklungstendenzen zur Rotschwingel-
stoffzeiger Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecurus pra- Goldhaferwiese (Poa pratensis-Trisetum flavescens-
tensis) und Knaulgras (Dactylis glomerata) nahm ab, Gesellschaft) mit Arten der Bergwiesen als auch
so dass inzwischen genügend Licht an die unteren zur submontanen Ausprägung der Glatthaferwiese
Bodenschichten kommt und sich hier eine arten­ (Alchemillo-Arrhenatheretum elatioris) auf.
reiche Krautschicht ausbilden kann (Abb. 6). Diese
Entwicklung war von Probefläche zu Probefläche 3.2.4 Vergleich mit der Vegetations-
sehr unterschiedlich. Auf einzelnen Probeflächen entwicklung der langfristig gemähten
kam das Rotstraußgras bereits früh zur Dominanz, Kontrollflächen
aber auf anderen Probeflächen ging der Wiesen-
Fuchsschwanz erst 2004 oder 2007 deutlich zurück Auch auf den Kontrollflächen erhöhten sich die
(Abb. 7). Auf mehreren Probeflächen erreichten 2007 Artenzahlen in den Vegetationsaufnahmen der arten­
sowohl die Nährstoffzeiger als auch Rotstraußgras reichen Bergwiesen, z. B. von 1993 bis 1997 sowie
und Rotschwingel nur Deckungsgrade von 10 – 20%. nach dem trockenen Jahr 2003 (Abb. 4). Ein durch
Zumindest vorübergehend waren ähnlich hohe De­ Witterungsschwankungen oder durch methodische
ckungs­grade bei Arten zu beobachten, die mäßig Ursachen bedingter leichter Trend zur Zunahme der
nährstoffreiche Standorte bevorzugen, z. B. Wiesen- Artenzahl in allen Untersuchungsflächen ist daher
Schwingel (Festuca pratensis), Weiß-Klee (Trifolium bei der Bewertung der Vegetationsentwicklung auf
repens) und Goldhafer (Trisetum flavescens). Vor allem den Versuchsflächen zu berücksichtigen.
ab 2001 wurden Zunahmen bzw. das neue Auftreten
zahlreicher kleinwüchsiger Grünlandarten registriert, 3.3 Ergebnisse der Bestandserfassungen
z. B. Berg-Hellerkraut (Thlaspi caerulescens), Wiesen- gefährdeter Pflanzenarten
Schaumkraut (Cardamine pratensis), Gold-Hahnenfuß
(Ranunculus auricomus), Kammgras (Cynosurus cris­- Breitblättriges Knabenkraut
tatus) und Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor). (Dactylorhiza majalis): Diese Art wächst im
Einige der neu nachgewiesenen Arten gelten als NSG Geisingberg vor allem im Bereich der Sumpf­
Ruderalarten bzw. als Weidezeiger, wie z. B. Acker- dotterblumen-Feuchtwiesen (Verband Calthion) und
Vergissmeinnicht (Myosotis arven­sis), Quen­del­blät­ der Kleinseggenrasen (Verband Caricion fuscae).
tiger Ehrenpreis (Veronica serpyllifolia) und Kleine Es kommen aber auch individuenstarke Popula­
Braunelle (Prunella vulgaris). tionen in feuchten Bergwiesen vor. Da ein Indivi­
Die Artenzahlen der Probeflächen in der Fläche D duum jährlich zumeist nur einen Blütenstand
haben sich von 1993 bis 2007 fast verdoppelt (Abb. her­vorbringt, entspricht die Zahl der blühenden
4), und parallel dazu ist ein stetiger Rückgang der Sprosse im Wesentlichen der Zahl der Individuen. In
Nährstoffzahlen nach Ellenberg et al. (2001) zu ver­ den letzten Jahren zeigen sich deutliche Zunahmen
zeichnen (Abb. 5). Diese liegen derzeit zwischen 5,3 der Bestände sowohl in den Bereichen des Alt-
und 5,8 und damit immer noch höher als die der NSG, die bereits große Populationen beherbergen,
artenreichen Frisch- und Bergwiesen. Auf mehreren als auch außerhalb davon (Abb. 8). Dabei fallen
Probeflächen haben Arten der Glatthaferwiesen wie die Zunahmen der Populationen im Alt-NSG mit
Wiesen-Pippau (Crepis biennis), Wiesen-Labkraut über 1.000 Individuen etwas schwächer aus, so
(Galium album) und Glatthafer (Arrhenatherum ela- dass hier das Standortpotenzial schon weitgehend
tius) stark zugenommen, während die Ansiedlung ausgeschöpft sein könnte. Der größte Bestand auf
oder Ausbreitung typischer Arten der Bergwiesen der so genannten „Klengelsteigwiese“ im Alt-NSG
wie Bärwurz (Meum athamanticum), Perücken- umfasst inzwischen ca. 10.000 Exemplare und lässt
Flockenblume (Centaurea pseudophrygia) und Kan­- sich nicht mehr mit vertretbarem Aufwand zählen,
ten-Hartheu (Hypericum maculatum) bisher vor so dass der Bestand in Abb. 8 nicht enthalten
allem auf den Probeflächen erfolgt ist, die von ist. Außerhalb des Alt-NSG zeigen sich positive
Rotstraußgras und Rotschwingel bestimmt wer­ Bestandsentwicklungen um etwa das 10fache in
den. Somit entspricht diese ehemalige Acker- und den letzten 10 Jahren vor allem auf Flächen mit
Intensivgrünlandfläche derzeit der Ausbildung mit Feuchtwiesen und Kleinseggenrasen, die früher

69
beweidet waren und jetzt jährlich gemäht werden Hachmöller 2000) und gilt in Sachsen inzwischen
(Abb. 9), sowie auf Flächen, die brach gelegen als „vom Aussterben bedroht“. Am Geisingberg
haben und inzwischen gemäht werden. In den sind dagegen in den letzten Jahren deutliche Be­
meisten Fällen haben sich dabei große Bestände standszunahmen zu registrieren, die vor allem
aus Restvorkommen regeneriert, auf der an die die bereits seit längerem gemähten, artenreichen
Klengelsteigwiese angrenzenden Fläche ist dagegen Bergwiesen im Alt-NSG betreffen. Hier lag die Zahl
eine Neuansiedlung wahrscheinlich. Einzelne Indi­ der blühenden Exemplare im Jahr 2006 insgesamt
viduen blühen auch auf Flächen im ehemaligen deutlich über 1.000 (Abb. 8). Ebenfalls zugenom­
Inten­sivgrünland in der Nähe großer Bestände men haben die Bestände auf den ehemals brach
auf benachbarten Flurstücken, wobei hier noch liegenden, trockenen Bergwiesen am Osthang
nicht abgeschätzt werden kann, ob sich daraus oberhalb von Geising, die inzwischen jährlich ge­
individuenstarke Populationen entwickeln können. mäht und nachbeweidet werden. Auf diesen außer­
halb des Einflusses vom Basalt des Geisingberges
Stattliches Knabenkraut liegenden Flächen sind die Individuenzahlen aber
(Orchis mascula): Diese Orchidee kommt vor nach wie vor deutlich geringer als im Alt-NSG.
allem auf frischen, artenreichen Bergwiesen vor und Eine Bestandszunahme ist auch auf einer ehemals
hat ihren Verbreitungsschwerpunkt am Osthang des beweideten Bergwiese an der Bahnlinie Altenberg-
Geisingberges. Diese als basiphil geltende Art hat im Heidenau nordwestlich des Geisingberges sichtbar,
Osterzgebirge in den letzten Jahrzehnten sehr stark die seit etwa 10 Jahren regelmäßig gemäht wird.
im Bestand abgenommen (Müller & Hardkte 1987, Die positive Bestandsentwicklung kann jedoch

10000
Flächen im
Breitblättriges Alt-NSG
Knabenkraut
(Dacylorhiza majalis )

1000

ehemalige
Weiden

100

ehemalige
blühende Exemplare

Brachen
10

ehemaliges
Intensivgrünland
1
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Abb. 8.1

1000
Flächen im
Stattliches Knabenkraut Alt-NSG
(Orchis mascula)

100

ehemalige
Weide
ehemalige
Brachen
10
blühende Exemplare

1
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Abb. 8.2

70
1000
Flächen im
Bergwohlverleih Alt-NSG
( Arnica montana )

100
blühende Sprosse

10
ehemalige
Brachen

1
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Abb. 8.3

1000 Flächen im
Alt-NSG

ehemalige
Weiden
100
Niedrige Schwarzwurzel
( Scorzonera humilis )
blühende Sprosse

10

ehemalige
Brachen

1
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Abb. 8.4
Abb. 8.1 bis 8.4: Entwicklung der Blühaktivität ausgewählter Zielarten der Grünlandbiotope im NSG Geisingberg

auch unterbrochen werden. So zeigten sich im Jahr 1987, Kastl & Hachmöller 1999). Außerhalb der
2001 starke Rückgänge in der Zahl der blühen­ Borstgrasrasen im Alt-NSG kommt die Art kaum vor.
den Exemplare, nachdem das Frühjahr 2000 sehr Daher erscheint es bemerkenswert, dass sie in den
trocken war, und eine ähnliche Entwicklung war in letzten Jahren auf ehemals brachliegenden und jetzt
dem sehr trockenen Frühjahr 2007 festzustellen gemähten und nachbeweideten mageren Bergwie­­
(König, mdl. Mitteilung). sen am Osthang an drei Standorten neu nachge­
wiesen wurde, und dass auf einem dieser Standorte
Bergwohlverleih ein leichter Anstieg der blühenden Exemplare zu ver­
(Arnica montana): Diese Art hat ihren Ver­brei­ zeichnen ist. Dabei erscheint es aber noch zu früh,
tungsschwerpunkt auf den Borstgrasrasen im von einer erfolgreichen Etablierung der Art auf diesen
Alt-NSG, die bereits seit längerer Zeit jährlich ge­ Wiesen auszugehen.­
mäht werden. Die Anzahl der blühenden Sprosse
schwankt von Jahr zu Jahr, und die höchste Niedrige Schwarzwurzel
Blühaktivität war im trockenen Sommer 2003 fest- (Scorzonera humilis): Die Niedrige Schwarzwurzel
zustellen (Abb. 8). Insgesamt erscheint der Bestand kommt inzwischen ähnlich häufig auf Bergwiesen
in den letzten Jahren stabil und die jährlichen Unter­ im Alt-NSG wie auf ehemaligen Brachen und
schiede in der Blühaktivität angesichts der starken Weiden vor. Anders als in anderen Gebieten im Ost-
Witterungsschwankungen normal (vgl. Pfadenhauer erzgebirge (vgl. Zieverink & Hachmöller 2003)

71
Abb. 9: Kleinseggenrasen mit Massenbestand vom Breitblättrigen Knabenkraut. Foto: H. Menzer

liegt der Schwerpunkt der Vorkommen nicht auf 4 Diskussion


Borstgrasrasen oder Pfeifengraswiesen sondern
auf Feuchtwiesen und feuchten Bergwiesen. Viele 4.1 Wiesen-Regeneration auf
Standorte befinden sich auf ehemals beweideten ehemaligen Brachen
bzw. brach gefallenen Flächen nordwestlich des
Geisingberges unterhalb der Bahnlinie Heidenau- Die Wiederaufnahme der Mahd auf brachliegen-
Altenberg, die in den letzten Jahren wieder regel­- den Standorten hat am Geisingberg durch die An-
mäßig gemäht wurden. Die Entwicklung der Blüh­ siedlung oder Ausbreitung zahlreicher typischer
aktivität im Gebiet ist aufgrund der starken jährlichen Pflanzenarten in einem relativ kurzen Zeitraum
Schwankungen (Abb. 8) schwer zu beurteilen. Es zur großflächigen Regeneration von Bergwiesen,
gibt auf den ersten Blick auch keine deutlichen Borstgrasrasen und Feuchtwiesen ge­führt, was so­-
Korrelationen mit Witterungsphänomenen. Die Art wohl durch die vergleichende Vege­tationskar­tier­
bildet dichte, oft klonale Bestände (vgl. Urbanska ung als auch die vegetationskundlichen Dauer­beo­
1992), die jeweils eine unterschiedliche Zahl von bachtungsflächen belegt wird. Da es sich bei den
Blüten hervorbringen. Zunahmen in der Anzahl der Pflanzengesellschaften der Borstgrasrasen, Berg-
blühenden Sprosse zeichnen sich insbesondere wiesen und Feuchtwiesen um vom Aussterben
auf mehreren ehemaligen Brachflächen ab, die bedrohte bzw. stark gefährdete Pflanzengesell­
wieder gemäht worden sind, z. B. im Bereich der schaften handelt (Böhnert et al. 2001), sind diese
Feuchtbrachen am so genannten „Jacobstollen“. Entwicklungen aus naturschutzfachlicher Sicht po­-
Eines der größten Vorkommen zeigt nach mehreren sitiv zu bewerten. Brachestadien sind von den re­
Jahren der Mahd dagegen eine ähnliche Blüh­ gelmäßig gemähten Flächen im NSG Geisingberg
aktivität wie vor 10 Jahren, als die Fläche noch inzwischen fast verschwunden. Ähnlich positive
beweidet war. Entwicklungen sind bereits für andere Grünlandbiotope
des Offenlandes wie Kalkmagerrasen (Poschlod
& Jordan 1992, Kiefer & Poschlod 1996) und
Feuchtwiesen (Müller & Poschlod 1997, Rosenthal et
al. 1998) nach Wiederaufnahme der Nutzung nach­
gewiesen worden.
Die von der Intensivierung der Nutzung ausgenom­
mene Fläche A (Abb. 10) entwickelte sich in kur­

72
zer Zeit in Richtung eines Kreuzblümchen-Borst­ kurzrasiger Bestände mit offenen Stellen für die Kei­-
grasrasens (Polygalo-Nardetum, vgl. Hachmöller mung zahlreicher Wiesenarten hin, auch wenn ein
2000). Die Ansiedlung und Ausbreitung zahlreicher Nachweis dieser Auswirkungen erst durch die Ge­
Arten der Bergwiesen, Borstgrasrasen und wei­ gen­überstellung nachbeweideter mit nicht nach­
terer Magerkeitszeiger, die anhand ihrer ökologi­ beweideten Standorten auf vergleichbaren Flächen
schen Strategie als standorttreue „stress-tolerators“ erbracht werden kann. Floristische Defizite zu den
gelten (Tab. 5), wurde vor allem durch die vielen artenreichen Bergwiesen und Borstgrasrasen im­
Lücken in der Vegetation ermöglicht, die durch die Alt-NSG können bei dieser Fläche entweder mit
Entbuschung entstanden. Außerdem waren diese dem bodensauren Standort und dem fehlen­
Arten im Ausgangsbestand in Resten noch vorhan­ den Einfluss vom Basalt oder mit dem leichten
den. Im FFH-Managementplan (Böhnert 2005) wird Intensivierungseinfluss zusammenhängen. So gibt
die Wiese als Borstgrasrasen im Erhaltungszustand es auf anderen ehemaligen Brachflächen am Ost­
„B“ (gut) bewertet. Nach mittlerweile 15 Jahren hang des Geisingberges, die ebenfalls gemäht
entspricht der Bestand jedoch in seiner Struktur und nachbeweidet werden, inzwischen artenrei­
noch nicht den Borstgrasrasen und wird neben che Bergwiesen auf bodensauren Standorten mit
der Bärwurz (Meum athamanticum) von Gräsern Magerkeitszeigern wie Zittergras (Briza media),
wie Rotstraußgras (Agrostis capillaris) und Draht- Gemeinem Kreuzblümchen (Polygala vulgaris),
Schmiele (Avenella flexuosa) bestimmt. Die Lücken Heide-Labkraut (Galium pumilum) und Blutwurz
in der Vegetation haben sich inzwischen weitgehend (Potentilla erecta), die im FFH-Managementplan als
geschlossen, und der Boden ist teilweise mit dich­ Bergwiesen im Erhaltungszustand „A“ (sehr gut)
tem Grasfilz bedeckt. So konnten sich in den letz­ bewertet worden sind (Böhnert et al. 2005, Forker
ten Jahren kaum noch neue Arten etablieren, und 2007).
floristische Defizite gegenüber den Borstgrasrasen Der Erfolg der Wiederaufnahme der Mahd auf
im Alt-NSG (Tab. 5) sind bestehen geblieben. brachliegenden Standorten zeigt sich auch an­hand
Diese können einerseits durch die stark boden­ der Bestandsentwicklung zahlreicher gefährdeter
sauren Standorte, andererseits aber auch durch Pflanzenarten, die in den meisten Fällen in Rest­
das Fehlen der Nachbeweidung bedingt sein. Die beständen innerhalb der Brachflächen überlebt
Fläche ist aber nach wie vor Lebensraum gefähr­ haben. Besonders eindrucksvoll wird dies durch die­
deter Insektenarten wie Warzenbeißer (Decticus positive Entwicklung des Breitblättrigen Knaben­
verrucivorus), Plumpschrecke (Isophya kraussii) und krautes (Dactylorhiza majalis) in den früher brach­
Lilagoldfalter (Lycaena hippothoe, Abb. 14 + 15). liegenden Feuchtwiesen und Kleinseggenrasen
Die Fläche B, die vor dem Brachfallen beweidet (Abb. 8) verdeutlicht. Ähnliche Tendenzen sind
und etwas gedüngt wurde, repräsentiert einen für die Vorkommen der Niedrigen Schwarzwurzel
großen Teil der Brachflächen am Osthang des (Scor­­zonera humilis) in diesen Bereichen sichtbar,
Geisingberges. Diese zunächst durch einen dich­ deren Blühaktivität allerdings von Jahr zu Jahr stark
ten Bewuchs von Bärwurz (Meum athamanticum) schwankt. Sie hat außerdem auf dem Borstgras­
und verschiedenen Gräsern geprägte Fläche entwi­- rasen der Fläche A außerhalb der Probeflächen zu­-
ckelte sich im Vergleich zur entbuschten Fläche A deut­ genommen. Die Bestände des Stattlichen Knaben­
lich langsamer und hat noch nicht die Artenzahl der krautes (Orchis mascula) sind auf den ehemals
Kontrollflächen erreicht (Abb. 4). Der Artenzuwachs brachliegenden Bergwiesen am Osthang des
seit Wiederaufnahme der Pflege 1997 ist jedoch kon­ Geisingberges deutlich angestiegen, nachdem
tinuierlich, und es konnte auch zwischen 2001 und diese Flächen teilweise entbuscht und wieder
2007 die Ausbreitung bzw. Neuansiedlung typischer gemäht sowie von Schafen nachbeweidet worden
Arten der Berg- und Frischwiesen nachgewiesen sind. Die Standorte dürften jedoch durch das Fehlen
werden. Im FFH-Managementplan (Böhnert 2005) des Basalteinflusses und der stärkeren Trockenheit
wird die Wiese als Bergwiese im Erhaltungszustand gegenüber den Standorten im Alt-NSG benach­-
„B“ (gut) eingestuft. Die Bestandsentwicklung weist teiligt sein, wo starke Bestandszunahmen am Rand
auf positive Auswirkungen einer Nachbeweidung von Steinrücken zu beobachten waren, die im
mit Schafen durch den möglichen Transport von Rahmen des Naturschutzgroßprojektes gepflegt
Diasporen (Fischer et al. 1995) und die Schaffung wurden. Bei dem sich sehr schwer ausbreitenden

73
Bergwohl­verleih (Arnica montana), der außerhalb und den Kleinseggenrasen um stark gefährdete
des Alt-NSG so gut wie nicht mehr vorkommt, sind bzw. gefährdete Pflanzengesellschaften handelt
bereits die kleinen neu nachgewiesenen Vorkommen (Böhnert et al. 2001). Es erscheint allerdings möglich,
auf artenreichen Bergwiesen bodensaurer Standorte dass einige artenarme Stadien der ehemaligen
in den ehemaligen Brachflächen am Osthang des Intensivweiden bei der Vegetationskartierung im
Geisingberges als Erfolg zu werten. Jahr 2006 übersehen wurden, da diese Standorte
besonders früh gemäht worden sind. Außerdem
hat sich in einer ehemals beweideten Wiese auf ca.
4.2 Wiesen-Regeneration auf
1 ha das besonders hartnäckige Dominanzstadium
ehemaligen Intensivweiden
der Zittergras-Segge (Carex brizoides) erhalten, in
In vielen früher intensiv beweideten Flächen haben der Artenzusammensetzung aber den Bergwiesen
sich nach Wiederaufnahme der Mahd Gesellschaf­ angenähert (Forker 2007).
ten der Berg- und Feuchtwiesen regeneriert. Dies Die vegetationskundlich untersuchte Fläche C kann
betrifft in der Regel ehemalige Weideflächen, die als repräsentativ für die früheren Intensivweiden
kaum gedüngt und auf ehemaligen Wiesen angelegt gelten. Sie liegt im Übergang von Bergwiesen
wurden. Hier haben sich je nach Standort feuchte- (Geranio-Trisetetum) zur Wiesenknöterich-Feucht­
oder nährstoffliebende Bestände der Goldhafer- wiese (Bistorta officinalis-Gesellschaft) und weist so­-
Bergwiese, Wiesenknöterich-Feuchtwiesen oder wohl feuchtere als auch nährstoffreichere Stand­
Übergänge des Intensivgrünlands zu Feuchtwiesen ortverhältnisse als die Bistorta officinalis-Subasso­
sowie kleinflächig auch Kleinseggenrasen aus­ ziation des Geranio-Trisetetum im Alt-NSG auf.
gebreitet. Diese Entwicklungen sind aus natur­ Hier waren auch 2004 noch Nährstoffzeiger deut­
schutz­fachlicher Sicht positiv zu bewerten, da es lich häufiger als auf den Kontrollflächen, wäh­
sich nicht nur bei den Goldhafer-Bergwiesen, son- rend viele Magerkeitszeiger seltener waren oder
dern auch bei der Wiesenknöterich-Feuchtwiese fehlten (Tab. 5). Im FFH-Managementplan wird

Abb. 10 Abb. 11

Abb. 10 und 11: Ausschnitte einer ehemaligen Brache (Fläche A) mit Bärwurz (Meum athamanticum), Lachenals Habichtskraut
(Hieracium lachenalii) und Rundblättriger Glockenblume (Campanula rotundifolia) sowie einer Fläche im ehemaligen Intensivgrünland mit
Wiesenmargerite (Leucanthemum vulgare), Wiesen-Glockenblume (Campanula patula), Perücken-Flockenblume (Centaurea pseudo­
phrygia) und Kleinem Klappertopf (Rhinanthus minor) Fotos: B. Hachmöller

74
die Fläche als Bergwiese im Erhaltungszustand 4.3 Wiesen-Entwicklung im ehemals neu
B („gut“) eingestuft (Böhnert 2005). Um der hier angesäten Intensivgrünland
deutlich ausgeprägten Dominanz von Stauden
wie Wiesen-Knöterich (Bistorta officinalis) und Bei der Vegetationsentwicklung von weiten Teilen
Mädesüß (Filipendula ulmaria) bzw. hochwüchsigen des ehemaligen Intensivgrünlands am Geisingberg
Gräsern wie Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecurus handelt es sich nicht um Grünland-Regeneration,
pratensis) dauerhaft entgegenzuwirken, die auch sondern um Grünland-Entwicklung, da diese Flä­
nach einer Extensivierung lange anhalten kann chen vor der Intensivierung als Acker genutzt
(vgl. Oomes & Altena 1987, Rosenthal 1992), er­ bzw. in die Feldgraswirtschaft einbezogen worden
scheint auch hier eine regelmäßige mehrfache sind (Hundt 1965). Daher war es zu Beginn der
Mahd bzw. Mahd mit Nachbeweidung notwendig. Pflegemaßnahmen schwer einzuschätzen, welche
Diese kann durch stärkeren Lichteinfall, höhere Grünlandtypen sich durch die extensive Bewirt­
Temperaturamplitude, mechanische Schädigung schaftung einstellen. Daher kann schon die in der
und Nährstoffentnahme zu Bedingungen führen, Vegetationskartierung 2006 nachgewiesene Differ­
die Keimung und Wachstum niedrigwüchsiger und enzierung der ehemaligen arten- und struktur­
lichtbedürftiger Magerkeitszeiger befördern. Dafür armen Intensivgrünlandflächen in Übergangsstadien
spricht z. B. das Auftreten von Arten wie Kammgras zu artenreichen Frisch-, Berg- und Feuchtwiesen
(Cynosurus cristatus), Moor-Klee (Trifolium spadice- als Erfolg der Pflegemaßnahmen ge­wertet werden.
um) und Kleinem Klappertopf (Rhinanthus minor) im Außerdem kam es zumindest auf einem Flurstück
Jahr 2004 nach der Nachbeweidung im trockenen in unmittelbarer Nach­bar­schaft zu den artenreichen
Sommer 2003. Bergwiesen am Ost­hang zur Ausbildung einer Berg­
wiese mit charakteristischen Arten und Magerkeits­
Die positive Bestandsentwicklung des Breitblätt­rigen zeigern wie Perücken-Flockenblume (Centaurea
Knabenkrautes (Dactylorhiza majalis) an mehreren­ pseudo­ph­rygia), Weicher Pippau (Crepis mollis),
früher beweideten Seggen- und Binsensümpfen Alantdistel (Cirsium helenioides) und Kleinem
(ein­schließlich der Fläche C außerhalb der Probe­ Klappertopf (Rhinanthus minor, vgl. Forker 2007).
flächen) ist ein weiteres Indiz für die erfolgreiche
Regeneration artenreicher Feuchtwiesen. Dabei Das Ordinationsdiagramm (Abb. 12) verdeutlicht
hat sich die Nachbeweidung der nassen Standorte zusammen mit den Kartierungsergebnissen (Tab. 3)
mit Rindern dem Anschein nach nicht negativ auf den derzeitigen Entwicklungsstand des ehemaligen
die Ausbreitung der Art ausgewirkt. Zumindest Intensivgrünlands. Dabei zeigen sich als stärkste
auf einer ehemals beweideten Bergwiese ist nach Faktoren in der Analyse der Vegetationsaufnahmen
Wiederaufnahme der Mahd zudem ein deutlicher einerseits der Feuchtegradient, an dem die Vege­
Bestandsanstieg des Stattlichen Knabenkrautes tations­aufnahmen auf der x-Achse angeordnet
(Orchis mascula) festzustellen. Die extremen sind, sowie andererseits der Nährstoffgradient, der
Schwan­kungen der Blühaktivität der Niedrigen anhand des Vektors für den Phosphatgehalt in dia­
Schwarz­wurzel (Scorzonera humilis) lassen dage­ gonale Richtung zeigt und die artenarmen­Bestände
gen noch keine Rückschlüsse auf den Erfolg der der typischen Variante der Wiesenfuchsschwanz-
Regeneration auf ehemals beweideten Flächen Gesellschaft als besonders Nährstoff liebend
zu. Die ehemaligen feuchten Weideflächen nord­ cha­rak­terisiert. Gleichzeitig zeigen sich breite­
westlich des Geisingberges haben sich außerdem Über­­­gänge von ausgehagerten Stadien des In­
zu bedeutenden Bruthabitaten von Wiesenbrütern tensivgrünlands zur Wiesenfuchsschwanz-Sub­
wie Wachtelkönig (Crex crex) und Braunkehlchen assoziation der Bergwiese. Von den artenreichen
(Saxicola rubetra) entwickelt (Böhnert et al. 2003). mageren Bergwiesen sind diese Bestände aber
immer noch weit entfernt. Außerdem zeigen sich
entlang des Feuchtegradienten auf der linken
Seite die Vegetationsaufnahmen der submontanen
Glatthafer-Frischwiese, die auf trockenere, sowie
auf der rechten Seite die Aufnahmen der Variante
mit Feuchtezeigern, die auf feuchtere Standorte

75
hindeuten. Aus naturschutzfachlicher Sicht wäre und auf den feuchten Bergwiesen im Alt-NSG vor­
neben der Entwicklung von Berg- und Feuchtwiesen wiegend eine e­ inschürige Mahd.
auch die Entwicklung artenreicher Frischwiesen (z. B. Derzeit weist das ehemalige Intensivgrünland bis
submontane Goldhafer- oder Glatthaferwiesen) als auf weit verbreitete Arten wie Perücken-Flo­
gefährdete Pflanzengesellschaften (Böhnert et al. ckenblume (Centaurea pseudophrygia, s. Abb. 13),
2001) positiv zu bewerten. Die Auswirkungen der Einzelvorkommen von Orchideen wie Breitblättriges
einzelnen Pflegeklassen sind nur schwach zu er­ Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) sowie­ Vor­
kennen, da die Art der Maßnahmen im Pflege- und kommen des kurzlebigen Moor-Klees (Trifolium spa-
Entwicklungsplan (Böhnert et al. 2003) entspre­ diceum) erst relativ wenige gefährdete Pflanzenarten
chend des Standortes und Ausgangszustands der auf und ist in dieser Hinsicht mit den artenreichen
Vegetation unterschiedlich definiert wurde. So er- Bergwiesen des Alt-NSG noch nicht vergleich­
­folgt im ehemaligen Intensivgrünland vorwiegend­ bar. Es zählt aber bereits jetzt zum Lebensraum
eine zweischürige Mahd oder Mahd mit Nach­ gefährdeter Tierarten wie Wachtelkö­nig (Crex crex),
beweidung durch Rinder, auf den ehemaligen Plumpschrecke (Isophya kraussi) und Lilagold-
Brachflächen am Osthang des Geisingberges vor Feuerfalter (Lycaena hippothoe, Abb. 14 und
allem eine Mahd mit Nachbeweidung durch Schafe 15). Für die Tagfalterfauna ist insbesondere das

Abb. 12: Ordinationsdiagramm der DCA mit Untereinheiten der Bergwiesen (Polygono-Trisetion) und des ehemaligen Intensivgrünlands
(Arrhenatherion)
Legende:
Gt, GPt, GPb: typische Subassoziation;
GAt, GAA, GAB: Alopecurus pratensis-Subassoziation;
GB: Brachestadien;
ARt: typisches Intensivgrünland:
ARE: Intensivgrünland mit Arten der Bergwiesen;
ARF: Intensivgrünland mit Feuchtezeigern;
ARM: Intensivgrünland mit Magerkeitszeigern,
AAe: Glatthafer-Frischwiese
Umweltvariablen: pH: pH-Wert, K = Kalium, P = Phosphat (nicht alle Umweltvariablen wurden projiziert)
Pflegeklassen: 1 = einschürige Mahd, 2 = zweischürige Mahd, 3 = Nachbeweidung Schafe, 4 = Nachbeweidung Rinder

76
verbesserte Blütenangebot dieser Flächen von ihrer Vegetatonsentwicklung leistet diese Fläche­
großer Bedeutung. inzwischen einen wertvollen Beitrag zum Biotop­
verbund zwischen zwei sehr artenreichen Berg­
Die vegetationskundlich untersuchte Fläche D im wie­sen des Alt-NSG. Bei der Ansiedlung von Arten
ehemaligen Intensivgrünland hat von 1993 bis 2007 spielt auch die Ausbreitungsbiologie eine wichtige
eine bemerkenswerte Entwicklung von einer rude­ Rolle. So haben sich in der Fläche D viele Gräser
ralisierten Ausprägung junger, erst durch intensive und Arten der Korbblüter (Asteraceae) etabliert,
Nutzung entstandener Fuchsschwanzwiesen (Ran­- die sich teilweise durch Wind und teilweise durch
unculus repens-Alopecurus pratensis-Gesellschaft Mähgeräte oder Weidetiere von benachbarten ar­
nach Dierschke 1997) zu einem artenreichen­ Aus­ tenreichen Bergwiesen gut ausbreiten können (Tab.
hagerungsstadium mit zahlreichen Arten der 5). Andere Arten wie z. B. die meisten Ruderalarten,
Frischwiesen und Magerkeitszeigern vollzogen.­ können sich aus einer dauerhaften Samenbank re­
Einzelne Probeflächen können bereits einer Rot­ generieren. Daneben gibt es Arten, die aufgrund ih­
schwingel-Goldhaferwiese (Poa pratensis-Trisetum rer Ausbreitungsbiologie weniger leicht in der Lage
flavescens-Gesellschaft) mit Arten der Bergwiesen sind, Bergwiesen-Entwicklungsflächen zu besie­
zugeordnet werden, und in Teilen der Fläche bilden deln. Zu dieser Gruppe zählt wahrscheinlich auch
Bergwiesenarten wie die Perücken-Flockenblume die Bärwurz (Meum athamanticum).
(Centaurea pseudophrygia) große Bestände (Abb.
10). Im FFH-Managementplan (Böhnert 2005) gilt die Die Vegetationsentwicklung der Fläche D verdeut­
Fläche D ebenso wie weitere große Teile des ehema­ licht andererseits auch den langen Zeitraum, den
ligen Intensivgrünlandes als Bergwiesen-Entwick­- die Aushagerung im ehemaligen Intensivgrünland
lungsfläche. Im Vergleich zu anderen Ausha­ in Anspruch nimmt. In den bisher untersuchten 14
gerungsversuchen ( z. B. Bakker 1989, Briemle 1999) Jahren hat sich ein Rückgang der Mediane der
erscheint der starke Anstieg der Artenzahlen bemer­ gewichteten Nährstoffzahlen um fast eine Stufe
kenswert, der darauf zurückzuführen ist, dass sich (von 6,4 zu 5,55) ergeben (Abb. 5). Ähnliche mitt-
ein breites Spektrum von Arten der Frischwiesen lere Werte zeigen auch die 2006 durchgeführten
und der Weiden sowie Magerkeitszeiger und kurz­ Vegetationsaufnahmen im ehemaligen In­tensivgrün­
lebiger Arten angesiedelt bzw. ausgebreitet hat, land Forker (2007). Wenn eine Fortsetzung des
­andererseits aber die Nährstoff- und Ruderalzeiger Tempos der bisherigen Entwicklung für die Zukunft
nach wie vor im Bestand vertreten sind. Aufgrund­ zugrunde gelegt wird, sind insgesamt Zeiträume

Abb. 13: Submontane Goldhaferwiese (Poa pratensis-Trisetum flavescens-Gesellschaft) mit großen Beständen von Perücken-Flockenblume
(Centaurea pseudophrygia) im ehemaligen Intensivgrünland am Geisingberg (Fläche D), 07.07. 2007 Foto: B. Hachmöller

77
von etwa 20 – 25 Jahren zu erwarten, bis sich aus oder Bergwiesen ist auch etwa 15 Jahre nach
den neu angesäten Intensivgrünländern Frisch- Beginn der Pflegemaßnahmen noch nicht abge­
oder Bergwiesen gebildet haben, die eine mitt­ schlossen. Zwischen den derzeit erfassten ca. 58
lere Nährstoffzahl von 5 aufweisen. Bis ähnliche ha Bergwiesen und den von Hundt (1965) doku­
Zustände wie in den artenreichen Bergwiesen im mentierten ca. 85 ha klafft noch eine Lücke, die
Alt-NSG (mit mittleren Nährstoffzahlen zwischen 4 auch in Zukunft nicht ganz geschlossen werden
und 4,5, vgl. Forker 2007) erreicht werden, könnten kann, da zahlreiche ehemalige Wiesen aufgefors­
sogar noch längere Zeiträume erforderlich sein. tet oder durch natürliche Sukzession zu Wald ge­
worden und einige der ehemaligen Intensivweiden
artenarm geblieben sind. Andererseits können im
5 Schlussfolgerungen und Ausblick Bereich des ehemaligen Intensivgrünlands bei einer
Fort­setzung der Aushagerung großflächige arten­
Die floristisch-vegetationskundlichen Untersuchun- reiche Frisch- oder sogar Bergwiesen entstehen,
gen zur Erfolgskontrolle der Pflegemaßnahmen im die zur Biotopvernetzung der bestehenden wertvol­
NSG Geisingberg dokumentieren in vielen Fällen len Grünlandbiotope beitragen. Der Flächenanteil
positive­Auswirkungen in Form der Regeneration von des Feuchtgrünlands liegt heute ähnlich hoch wie
ehemaligen Brachen und Weiden zu artenreichen vor der Intensivierung, wobei sich auf vielen Flächen
Berg- und Feuchtwiesen, einer Artenanreicherung Feuchtwiesen und Hochstaudenfluren auf Kosten
und Differenzierung des ehemaligen Intensivgrün­ der früher vorherrschenden, naturschutzfachlich
lands in Richtung artenreicher Berg- und Frisch­wie­ hoch­wertigen Kleinseggenrasen ausgebreitet ha­
sen sowie Bestandszunahmen der untersuchten ben. Inwieweit sich im ehemaligen Intensivgrün­-

Abb. 14 Abb. 15
Abb. 14 und 15: Lilagoldfalter (Lycaena hippothoe) und Plumpschrecke (Isophya kraussi) zählen zu den gefährdeten Insektenarten, die in
NSG Geisingberg inzwischen auf ehemaligen Brachflächen sowie im ehemaligen Intensivgrünland nachzuweisen sind. Fotos: V. Kuschka

Pflanzenarten auf den Regenerationsflächen. Es be­- land auch viele der in den artenreichen Bergwie­-
­­stehen jedoch sowohl auf den ehemaligen Bra­ch­ sen vorkommenden gefährdeten Pflanzenarten an­-
flächen als auch den ehemaligen Weiden noch flo­ siedeln­ können, ist derzeit noch ungewiss. Daher
ristische Defizite im Vergleich zu den artenreichen bietet es sich hier auf ausgewählten Flä­chen an,
Bergwiesen im Alt-NSG, und die Entwicklung des die typische Artenkombination der wert­vollen Berg-­
ehemaligen Intensivgrünlands zu mageren Frisch- wiesen und gefährdete Zielarten durch Mähgut­auf­trag,

78
gezielte Aussaat und Boden­ver­wundung zu fördern. was aus naturschutzfachlicher Sicht als Kompro-
Als wichtige Voraussetzungen für die bisherigen ­miss zwischen der fachlich notwendigen Pflege und
Erfolge der Pflegemaßnahmen im NSG Geising­- den Interessen und Möglichkeiten der Bewirtschafter
berg ist einerseits die Erhaltung artenreicher Berg­ anzusehen ist. Bei den beweideten Flächen hängt
wiesen im Alt-NSG und in weiteren Teilbereichen die weitere Entwicklung zu Berg- oder Feuchtwiesen
des Gebietes zu nennen, die als wichtige Diasporen­ davon ab, inwieweit zusätzlich zur Beweidung eine
quelle für die Entwicklung der benachbarten Flächen Mahd erfolgt. Bei den nur alle zwei Jahre gemäh­
dienen. Andererseits wurde das Grünland am ten Flächen handelt es sich in vielen Fällen um
Geisingberg nicht so stark intensiviert wie andere Hochstaudenfluren und Kleinseggenrasen, für die
Flächen im Osterzgebirge, so dass große Teile des eine jährliche Mahd nicht unbedingt erforderlich ist.
ehemaligen Intensivgrünlandes inzwischen relativ Gleichzeitig erscheint es wahrscheinlich, dass sich
niedrige Nährstoffkonzentrationen aufweisen, z. B. die Hochstaudenfluren auf Kosten der artenreichen
Phosphatgehalte der Gehaltsklasse „sehr niedrig“ Feuchtwiesen ausdehnen. Derzeit noch nicht gesi­
(< 2 mg/100g) oder „niedrig“ (2 – 10 mg/100g) nach chert ist die weitere Pflege der ca. 50 ha besonders
Finck (1991). Außerdem wurden im Bereich des wertvoller Wiesen, die bis 2007 im Rahmen der
Feuchtgrünlands kaum Meliorationsmaßnahmen sächsischen Naturschutzrichtlinie gemäht und teil­
durchgeführt, und intensiver Ackerbau wurde nicht weise mit Schafen nachbeweidet wurden.
betrieben. Im Umfeld des Geisingberges sind die Um die Auswirkungen der nach Ablauf der Projekt­
Böden außerdem durch den Basalt beeinflusst, so förderung vereinbarten Pflegemaßnahmen für die
dass in diesen Bereichen trotz der Aushagerung Er­haltung der artenreichen Wiesen sowie die weitere­
keine Versauerung der Böden befürchtet werden Entwicklung der ehemaligen Brachflächen und Wei­
muss. Nicht zuletzt war die Fortsetzung der groß­ den sowie des ehemaligen Intensivgrünlands zu
flächigen Grünlandnutzung und -pflege nach der überprüfen, erscheint eine Fortsetzung der vege­
Extensivierung zu Beginn der 1990er Jahre es­ tationskundlichen Untersuchungen und der jähr­
sentiell für die Gebietsentwicklung. Dabei hat sich lichen Dokumentation der Bestände gefährdeter
das Zusammenwirken von Naturschutzvereinen Pflanzen- und Tierarten notwendig. Dabei sollten
und Landwirten bewährt, weil Naturschutzvereine die Dauerbeobachtungsflächen in Abständen von
die schwer zu pflegenden Wiesenbereiche mit etwa 3 – 5 Jahren erfasst und die vergleichende
Spezialtechnik mähen und die großflächige Pflege Vegetationskartierung im Abstand von 5 – 10 Jahren
der maschinengängigen Flächen von Landwirten wiederholt werden.
mit einem Nutzungsinteresse übernommen wird,
die das Mähgut verwerten und die Flächen nach 6 Zusammenfassung
der Mahd auch als Weidefläche nutzen.
Inwieweit sich die Entwicklung des Grünlandes im Im NSG Geisingberg im Naturschutzgroßprojekt
NSG Geisingberg weiter in Richtung der Projektziele „Bergwiesen im Osterzgebirge“ (Sachsen) wur­
bzw. der Ziele des FFH-Managementplanes ent­ den seit Anfang der 1990er Jahre Untersuchungen
wickelt, hängt vor allem davon ab, ob es ge­ zu Dokumentation der angestrebten Erhaltung,
lingt, nach Ablauf der Projektförderung durch den Regeneration und Entwicklung artenreicher Grün­
Bund eine Fortsetzung der naturschutzgerech­ landbiotope durchgeführt. So wurden Berg­wiesen
ten Grünlandnutzung und Pflege zu erreichen. (Polygono-Trisetion) und Borstgrasrasen (Violion)
Von 2007 bis 2013 werden im NSG Geisingberg auf insgesamt 40 Dauerbeobachtungs­flächen in
nach Abschluss der meisten ersteinrichtenden ehemaligen Brachflächen und Intensiv­weiden zwi­
Maßnahmen des Naturschutzgroßprojektes durch schen 1993 und 1997 jährlich und dann wieder
ortsansässige Landwirte im Rahmen des Ver­ 2001, 2004 und 2007 untersucht. Durch eine­
tragsnaturschutzes etwa 125 ha Wiesen regelmä­ Wiederholung der Vegetationskartierung des Grün­
ßig gemäht, wobei für die Mehrzahl der Flächen lands am Geisingberg im Jahr 2006 im Rahmen ei­
ein Mahdtermin zwischen 15. Juni und 31. Juli gilt. ner Diplomarbeit wurde die Entwicklung der Grün­
Für ca. 12 ha wird eine naturschutzgerechte Be­ landvegetation seit der letzten Kartierung 1996
weidung und für 9,6 ha Feuchtflächen eine späte dokumentiert. Außerdem werden durch Mitarbeiter
Pflegemahd im Abstand von zwei Jahren gefördert, eines Naturschutzvereins die Bestände ausgewähl­

79
ter gefährdeter Pflanzen- und Tierarten im Natur­ Erfüllung der Projektziele notwendig, auch weiter­
schutzgebiet jährlich erfasst. Im Ergebnis der Unter- hin eine naturschutzgerechte Pflege und Nutzung
suchungen zeigen sich positive Auswirkungen der im NSG Geisingberg durchzuführen und ihre
Pflegemaßnahmen. So zeigen ehemalige Brach­ Auswirkungen durch vegetationskundliche­ Dauer­
flächen bereits nach wenigen Jahren eine Re­ge­ beobachtungsflächen, Erfassungen bota­nischer
neration von Bergwiesen und Borstgrasrasen. und zoologischer Zielarten, in größeren­ Abständen
Auf diesen Flächen haben Charakterarten dieser auch durch Vegetations- und Bio­top­kartierungen zu
Gesellschaften und Magerkeitszeiger in Stetigkeit dokumentieren.
und Deckungsgrad zugenommen, und sowohl die
Zeigerwerte nach Ellenberg et al. (1991) als auch
der tabellarische Vergleich der Artenzusammen­
setzung verdeutlichen eine zunehmende Ähnlichkeit
der Vegetation zu benachbarten artenreichen
Wiesen. Im ehemaligen Intensivgrünland, das teil­
weise auf Ackerstandorten angelegt wurde, konnte
nach mehrjähriger zweischüriger Mahd bzw. Mahd
mit Nachbeweidung eine Verdoppelung der Artenzahl
in den Probeflächen sowie die Ausbreitung zahlrei­
cher Wiesenarten festgestellt werden. Da sich hier
neben einzelnen Bergwiesen-Arten auch Arten der
Glatthafer-Frischwiesen angesiedelt haben, ist auch
über 15 Jahre nach Beginn der Pflegemaßnahmen
noch nicht klar, ob sich hier artenreiche submonta­
ne Frischwiesen oder Goldhafer-Bergwiesen entwi­
ckeln. Von den zur Bestandskontrolle ausgewähl­
ten Zielarten haben sich besonders die Orchideen
Breitblättriges und Stattliches Knabenkraut auf
ehemaligen Weiden, ehemaligen Brachen sowie im
Alt-NSG aufgrund der Pflegemaßnahmen positiv
entwickelt. Bei Arnika und Niedriger Schwarzwurzel
sind die Trends aufgrund der Schwankungen in der
Blühaktivität schwer zu beurteilen, aber es zeichnet
sich zumindest eine Stabilisierung ihrer Bestände
ab.

Die Maßnahmen zur Wiesen-Regeneration im


Naturschutzgroßprojekt „Bergwiesen im Osterz­
gebirge“ können aufgrund der hier vorgestellten
Untersuchungen zur Erfolgskontrolle grundsätzlich­
positiv bewertet werden. Einschränkungen be­
stehen aufgrund der bisher unvollständigen Ent­
wicklung des ehemaligen Intensivgrünlandes zu
artenreichen Bergwiesen, die ggf. mit Hilfe weiterer
Maßnahmen wie Mähgutauftrag und Boden­be­
arbeitung unterstützt werden kann, sowie aufgrund
von Defiziten im Vorkommen bestimmter Mager­
keitszeiger, Rosettenpflanzen sowie gefährdeter
Pflanzenarten in den ehemaligen Brachen und den
früher beweideten Bergwiesen. Aufgrund der langen
Zeiträume der Vegetationsentwicklung ist es für die

80
Literatur Ellenberg, H.; Weber, H. E., Düll, R.; Wirth, V.;
Werner, W. & Paulissen, D. (1991): Zeigerwerte
Bakker, J. P. (1989): Nature management by grazing der Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geo­bota­
and cutting – on the ecological significance of nica Bd. 18, S. 1 – 248.
grazing and cutting regimes applied to restore Finck, A. (1991): Pflanzenernährung in Stichworten.
former species-rich grassland communities in 5. Aufl. Hirt’s Stichwortbücher, Gebrüder Born­
the Netherlands. Geobotany 14, Dordrecht/ träger Verlagsbuchhandlung Berlin-Stuttgart.
Boston/London, 400 pp. Fischer, A. (1987): Untersuchungen zur Popula­
Böhnert, W.; Gutte, P. & Schmidt, P. A. (2001): tions­dynamik am Beginn von Sekundärsukzes­
Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzen­gesell­ sionen. Die Bedeutung von Samenbank und
schaften Sachsens. Sächsisches Landesamt Samenniederschlag für die Wiederbesiedlung
für Umwelt und Geologie (Hrsg.), Materialien zu vegetationsfreier Flächen in Wald- und Grün­land­
Naturschutz und Landschaftspflege, 303 S. gesellschaften. Dissertationes Bota­nicae Band
Böhnert, W.; Walter, S.; Franz, U. & Grasselt, A. 110, 233 S.
(2003): Pflege- und Entwicklungsplan für das Fischer, S.; Poschlod, P. & Beinlich, B. (1995):
Natur­schutzgroßprojekt „Bergwiesen im Osterz­ Die Bedeutung der Wanderschäferei für den
gebirge“. Manuskript, LRA Weißeritzkreis, Artenaustausch zwischen isolierten Schaftriften.
Dippoldiswalde. Beihefte zu den Veröffentlichungen für Natur­
Böhnert, W. 2005: FFH-Managementplan für das schutz und Landschaftspflege Baden-Würt­
Gebiet SCI 5248-303, Landesmeldenummer temberg 83, S. 229 – 256.
039E Geisingberg und Geisingwiesen Weißeritz­ Forker, M. (2007): Auswirkungen von landwirt­
kreis. Abschlussbericht, Sächsisches Landesamt schaftlicher Nutzung und Pflegemaßnahmen
für Umwelt und Geologie (Hrsg.) Dresden, unver­ auf die Grünlandvegetation am Geisingberg
öffentlicht, 168 S. + Anhänge. (Osterzgebirge). Diplomarbeit Carl-von-Ossietzky-
Braun-Blanquet, J. (1964): Pflanzensoziologie. Universität Oldenburg, 85 S.
3. Aufl., Wien, 865 S. Glavac, V. (1996): Vegetationsökologie. Grundfragen,
Briemle, G. (1999): Auswirkungen zehnjähriger Aufgaben, Methoden, Gustav Fischer Verlag,
Grünlandausmagerung. Vegetation, Boden, Bio­- Jena.
masseproduktion und Verwertbarkeit der Auf­ Grime, J. P.; Hodgson, J. G. & Hunt, R. (1988):
wüchse. Naturschutz und Landschaftsplanung Comparative Plant Ecology. A functional
31 (8), S. 229 – 237. approach to common British species. London.
Dierschke, H. (1997a): Kulturgrasland und verwandte Hachmöller, B. (2000): Vegetation, Schutz und
Vegetationstypen, Teil 1: Arrhenatheretalia, Regeneration von Bergwiesen im Osterzgebirge
Wiesen und Weiden frischer Standorte. In: – eine Fallstudie zu Entwicklung und Dynamik
Dierschke, H. (Hrsg.): Synopsis der Pflanzen­ montaner Grünlandgesellschaften. Disser­ta­
gesellschaften Deutschlands Heft 3. Floristisch- tiones Botanicae Band 338, 300 S.
soziologische Arbeitsgemeinschaft und Reinhold- Hachmöller, B., Menzer, H., Kafurke, B. & König, B.
Tüxen-Gesellschaft, Göttingen. (2001): Naturschutzgroßprojekt Bergwiesen im
Dierschke, H. (1997b): Wiesenfuchsschwanz- Ost-Erzgebirge. Natur und Landschaft 76 (9/10),
(Alopecurus pratensis-)Wiesen in Mitteleuropa. S. 442 – 453.
Osnabrücker Naturwissenschaftliche Mittei­ Hachmöller, B.; Böhnert, W. & Schmidt, P. (2003):
lungen 23, S. 95 – 107. Vegetationsentwicklung von Bergwiesen-Rege­
Dierssen, K. (1990): Einführung in die Pflanzen­ nerationsflächen am Geisingberg im Ost-Erz­
soziologie (Vegetationskunde). Stuttgart, 241 S. gebirge – Bewertung mit Hilfe vegetationskundli­
Ellenberg, H. (1986): Vegetation Mitteleuropas cher Dauerbeobachtungsflächen. Hercynia N. F.
mit den Alpen aus ökologischer Sicht. 4. Aufl., 36, S. 171 – 195.
Stuttgart, 989 S.

81
Hachmöller, B. & Böhnert, W. (2005): Erfolgskontrolle Menzer, H. (2003): Erste Erfahrungen im Naturschutz­
im Naturschutzgebiet „Bergwiesen im Ost­ großprojekt „Bergwiesen im Osterzgebirge“.
erzgebirge“: Bewertung der Regeneration von Naturschutzarbeit in Sachsen 45, S. 35 – 42.
Berg­wiesen am Geisingberg mit Hilfe vegetati­ Müller, J. & Poschlod, P. (1997): Wiederbesiedlung
onskundlicher Dauerbeobachtungsflächen. Nat. von gerodeten Talflächen im Mittelgebirge.
schutz Biol. Vielfalt 22, S. 35 – 52. Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie 27,
Hammermüller, (1964): Um Altenberg, Geising und S. 63 – 70.
Lauenstein. Wert der Heimat Bd. 7, Akademie Müller-Schneider, P. (1986): Verbreitungsbiologie der
Verlag Berlin. Blütenpflanzen Graubündens. Veröffentlichung
Hardtke, H.-J. & Müller, F. (1987): Die Orchideen des des Geobotanischen Instituts ETH Stiftung Rübel
Osterzgebirges. Naturschutzarbeit in Sachsen 85, 260 S.
29, S. 15 – 22. Oberdorfer, E. (1994): Pflanzensoziologische
Hundt, R. (1965): Die Geisingbergwiesen im Exkursionsflora. 6., überarbeitete und ergänzte
Osterzgebirge. Berichte der Arbeitsgemeinschaft Aufl.,Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart.
sächsischer Botaniker NF V/VI, S. 155 – 182. Oomes, M. J. M. & Altena, H. J. (1987): Changes
Kammer, P. M. (1998): Erfolgskontrolle im Natur­ in the vegetation of extensively used agricultural
schutz: eine Methode für die repräsentative grassland caused by cutting date and cutting
Überwachung von Pflanzenbeständen mit Dauer­ frequency. In: Schubert, R. & Hilbig, W.: Er­
flächen. Zeitschrift für Ökologie und Naturschutz fassung und Bewertung anthropogener Ve­
7, S. 99 – 109. getationsveränderungen. Ber. Internat. Sym­
Kastl, C. & Hachmöller, B. (1999): 25jährige posium IVV Halle, Wissenschaftliche Bei­träge
Dokumentation der Blühaktivität ausgewähl­ der Martin Luther -Universität Halle 1987/25, S.
ter Bergwiesenpflanzen im Naturschutzgebiet 152 – 162.
“Oelsen” im Osterzgebirge. Artenschutzreport 9, Pfadenhauer, J. (1987): Indikatoren zur Erfassung
S. 21 – 27. anthropogener Vegetationsveränderungen in
Kiefer, S. & Poschlod, P. (1996): Restoration of fallow Streuwiesen des Alpenvorlandes. Wissen­
or afforested calcareous grasslands by clear-cut­ schaftliche Beiträge der Martin-Luther-Univ.
ting. A case study of the reestablishment of tem­ Halle-Wittenberg 25, S. 163 – 178.
porally isolated plant populations. – In: Settele, Pfadenhauer, J., Poschlod, P. & Buchwald, R. (1986):
J.; Margules, C.; Poschlod; P. & Henle, K. (eds.): Überlegungen zu einem Konzept geobotani­
Species survival in fragmented landscapes, scher Dauerbeobachtungsflächen für Bayern,
Dordrecht/Boston/London, S. 209 – 218. Teil 1: Methodik der Anlage und Aufnahme. Ber.
König, B. & Schindler, M. (1997 – 2007): Erfassung ANL, Laufen/Salzach, S. 41 – 60.
und Dokumentation der Bestandsentwicklung Poschlod, P. & Jordan, S. (1992): Wiederbesiedlung
von Zielarten (Pflanzen und Tiere) auf den eines aufgeforsteten Kalkmagerrasenstandortes
Pflegeflächen und weiteren Flächen im oberen nach Rodung. Zeitschrift für Ökologie und
Weißeritzkreis (LSG Osterzgebirge). Jährliche Naturschutz 1, S. 119 – 139.
Abschlussberichte des Fördervereins für die Rieger, W. (1996): Ergebnisse elfjähriger Pflege­
Natur des Osterzgebirges. Regierungspräsidium beweidung von Halbtrockenrasen. Natur und
Dresden (Hrsg.), Umweltfachbereich Radebeul. Landschaft 71 (1), S. 19 – 25.
Londo, G. (1975): Dezimalskala für die vegeta­ Ritter, J. (2008): Vergleichende Untersuchungen
tionskundliche Aufnahe von Dauerquadraten. In: zu Struktur und Zusammensetzung von bewei­
Schmidt, W. (Hrsg.): Sukzessionsforschung. Ber. detem und nicht beweidetem (sub-)montanem
internat. Sympos. Rinteln 1973, S. 89 – 105. Grünland. Diplomarbeit HTW Pillnitz.
Mannsfeld, K. & Richter, H. (1995): Naturräume Rosenthal, G. (1992): Erhaltung und Regeneration
in Sachsen. Forschungen zur deutschen von Feuchtwiesen. Vegetationskundliche Unter­
Landeskunde Trier 238, 228 S. suchungen auf Dauerflächen. Dissertationes
Botanicae Band 182, 283 S.

82
Rosenthal, G.; Hildebrandt, J.; Zöckler, C.;
Hengstenberg, M.; Mossakowski, D.; Lakomy,
W. & Burfeindt, I. (1998): Feuchtgrünland in
Norddeutschland – Ökologie, Zustand, Schutz­
konzepte. Bundesamt für Naturschutz, Bonn-
Bad Godesberg, 318 S.
Schrautzer, J. & Trepel, M. (1997): Wechsel­
wirkungen zwischen bodenphysikalischen
Prozessen, Grundwasserdynamik und der Ve­
getationszusammensetzung in unterschiedlich
stark genutzten Niedermoor-Ökosystemen.
Feddes Repertorium 108, S. 119 – 137.
Stender, S. ; Poschlod P.; Vauk-Hentzelt, E. &
Dernedde, T. (1997): Die Ausbreitung von
Pflanzen durch Galloway-Rinder. Verhandlungen
der Gesellschaft für Ökologie 27, S. 173 – 180.
Strykstra, R. J.; Verweij, G. L. & Bakker, J. P. (1997):
Seed dispersal by mowing machinery in a Dutch
brook valley system. Acta Botanica Neerlandica
46, S. 387 – 401.
Tackenberg, O. (2001): Methoden zur Bewertung
gradueller Unterschiede des Ausbreitungspoten­
tials von Pflanzenarten. Dissertationes Botanicae,
Band 347.
Thompson, K.; Bakker J. P. & Bekker, R. M. (1997):
The soil seed banks of North West Europe:
methodology, density and longevity. Cambridge
University Press, 275 pp.
Urbanska, K. M. (1992): Populationsbiologie der
Pflanzen. Grundlage, Probleme, Perspektiven.
Stuttgart, Jena.
Weber, D.; Hintermann, U.; Flechtner, S. & Bühler,
D. (1995): Optimieren der Vegetationskontrolle
für die Erfolgskontrolle in Naturschutzgebieten.
Naturschutz und Landschaftsplanung 27,
S. 45 – 51.
Wilmanns, O. (1989): Ökologische Pflanzensoziologie.
2. Aufl. UTB 269, Quelle und Meyer, Heidelberg.
Zieverink, M. & Hachmöller, B. (2003): Populations­
ökologische Untersuchungen an ausgewählten
Zielarten des Grünlandes im Osterzgebirge als
Grundlage für praktische Artenschutzmaßnah­
men. Hercynia N.F. 36, S. 75 – 89.

83
84
Mehrjährige Landschaftspflegeversuche Schafbestände dramatisch ein (siehe Tab. 1). Infol­
auf verschiedenen Standorten gedessen wurde das Grünland als Futterfläche im
des Erzgebirges – bestehenden Umfang nicht mehr gebraucht. Ver­
eine zusammenfassende Auswertung stärkt wurde diese Entwicklung dadurch, indem
das Gras für die verbliebenen Tiere zunehmend
durch hochenergetisches Futter (Mais) in den Fut­
Jörg Döring
terrationen ersetzt wurde. Es zeichnete sich ab,
dass nur noch ein vergleichsweise geringer Anteil,
1 Einleitung
sehr hochwertigen­ Grünlands für den verbliebenen
Die Erkenntnisse, über die nachfolgend berichtet Viehbestand­benötigt würde.
wird, beruhen auf mehrjährigen Versuchen, die über Unter anderem aus diesem Grund bestand für das
Werkverträge im Auftrag des damaligen Sächsi­ damalige Staatsministerium für Umwelt die Frage,
schen Staatministeriums für Umwelt (SMU) sowie wie mit den naturschutz- und landeskulturell be­
des Landesamtes für Umwelt und Geologie (LfUG) deutsamen extensiven und semi-extensiven Grün­
an verschiedenen Versuchstandorten in den mittle­ landflächen künftig umzugehen sei. Im Hinblick da­
ren bis oberen Lagen des Erzgebirges in Sachsen rauf sollte in diversen Landschaftspflegeversuchen
(siehe Abb. 1) durchgeführt wurden. In diesem Bei­ auf verschiedenen Standorten untersucht werden,
trag kann nur ein kleiner Teil der umfangreichen Er­ wie extensives bzw. zu extensivierendes Grünland
gebnisse auszugsweise und stark komprimiert wie­ unter natur- und landschaftspflegerischen Gesichts­
dergegeben werden. punkten zu nutzen bzw. zu pflegen ist. Ökonomi­
sche Fragestellungen sollten dabei partiell mit be­
Die Bearbeitung der Landschaftspflegeversuche trachtet werden.
von Börnchen im Osterzgebirge, nahe Glashütte, er­ Bereits im Jahr 1992 wurde durch das Versuchs­
folgte durch Dr. U. Auerswald (Bodenanalytik, Land­- gut der Universität Leipzig in Börnchen (Osterzge­
nutzung), der Mitarbeiter M. Förster, C. Hept­ birge), das ÖkoProjekt Elberaum, der Sächsischen
ing, B. v. Blanckenhagen des Büro AVENA sowie Landes­anstalt für Landwirtschaft (LfL) sowie dem
C. Noppe (floristische und vegetationskundliche SMU ein Versuchskonzept erarbeitet. Später wur­
Erhebungen). Die botanischen Erhebungen an den den Versuchsflächen der LfL an weiteren Standor­
Standorten Gopplasgrün in der Nähe von Mark­ ten in das Vorhaben einbezogen.
neukirchen sowie Forchheim (bei Pockau) wurden Übergeordnetes Ziel der Untersuchungen sollte es
durch U. Fischer (Büro für Landschaftsökologie & sein, unter praxisnahen Bedingungen die Entwick­
Land­schaftsplanung) durchgeführt. Im ersten Jahr lung von Grünlandflächen durch extensivere Nut­
wurde er dabei am Standort Gopplasgrün durch zungs- bzw. Pflegeformen zu dokumentieren. Im
M. Fleischer unterstützt. Vergleich dazu wurden einzelne Flächen aus der
Allen Beteiligten sei an dieser Stelle ausdrücklich für Nutzung genommen, um Verlauf und Geschwin­
ihr Engagement gedankt. digkeit des Sukzessionsprozesses zu beobachten.
In Abhängigkeit der Versuchshistorie unterscheidet
Mit der politischen Wende 1989/90 kam es auch sich z. T. der Untersuchungsumfang für den jewei­
in der sächsischen Landwirtschaft zu tiefgreifenden ligen Standort. Ein Versuchsstandort der LfL im
Umwälzungen. So brachen u. a. die Rinder- und Flachland in der Nähe von Kalkreuth wurde infolge

Datum Rinder Datum Schafe


Okt. 89 1.261.597 Okt. 89 486.096
Dez. 95 644.395 Jun. 95 146.339
Nov. 00 548.982 Mai 00 139.340
Nov. 05 497.021 Mai 05 128.464
Nov. 06 483.588 Mai 06 121.698

Tab. 1: Entwicklung des Rinder- und Schafbestandes in Sachsen (Smul 2007)

85
Abb.: 1 Karte Sachsen mit Versuchsstandorten

Eigentümerwechsels aufgegeben und wird nicht in 2 Die Versuchsanlage


diese Auswertung einbezogen. Als Ersatz dienten
ab der Vegetationsperiode 2000 Versuchsflächen 2.1 Versuchsstandorte
der LfL am Standort Forchheim. Der zu betrachten­
de Untersuchungszeitraum für diese Flächen war Börnchen
entsprechend kürzer, was bei der Interpretation der Die Untersuchungsflächen des Versuchsgutes
Ergebnisse zu beachten war. be­­finden sich im Naturraum Osterzgebirge süd­
Zwischen 1995 und 2004 erfolgte die fach­wis­ lich der Ortschaft Börnchen in einer Höhe von
senschaftliche Begleitung für den floristisch-vege­ 470 - 525 Meter ü. NN. Als Ausgangsgesteine für
tationskundlichen Teil durch Büros, die dazu vom die Bodenbildung treten im Untersuchungsgebiet
LfUG beauftragt wurden. Die hier dargestellten überwiegend Gneise auf. Unter diesen erz­gebir­
Ergebnisse dokumentieren (bis auf den Standort gischen Gneisen sind im Gebiet besonders die
Forchheim) somit eine Zeitspanne von 10 Jahren. In biotitreichen Freiberger Gneise vertreten. Diese­
der Literatur herrscht Einvernehmen darüber, dass Gneise verwittern zu relativ basen- und phos­
ein Untersuchungszeitraum von 10 bis 15 Jahren phorarmen, sandig-lehmigen Böden, die aber in
für derartige Fragestellungen eine Untergrenze dar­ Folge ihres Stein- und Grusreichtums eine recht
stellt. Aus Sicht des LfUG war es besonders wich­- gute Wasserführung aufweisen. In der mittel­
tig, durch jährliche Bestandsaufnahmen die Dyna­ maßstäblichen landwirtschaftlichen Stand­ortkar­
mik innerhalb­ von Grünlandbeständen, die sich in tierung werden folgende Bodentypen für das
der Extensivierung befinden, abzubilden. Gebiet ausgewiesen: Bergsandlehm, Bergsand­-
lehm-Braunerde, Braunstaugley und zum Teil
Schuttbraunerde. Hinzu kommen im Talbereich
des Liebenauer Baches Auensand­lehm Amphigley

86
und Gley als hydro­morphe Bodentypen. Geomor­ grusige, vorwiegend aber sandig-lehmige Braun­
phologisch weisen die Untersuchungs­flächen eine erden mit mittlerer nutzbarer Wasserkapazität und
mehr oder weniger starke Hängigkeit auf. mittlerem bis geringem Nährstoffpotenzial entwi­
Klimatisch befindet sich das Gebiet unter leicht kon­ ckelt haben. Die schwach sauren bis sauren Böden
tinentalem Einfluss. Die Höhe der Nieder­schlags­ besitzen ein mittleres Ertragsvermögen. Geomor­
summen liegt im Durchschnitt der Jahre 1992 bis phologisch betrachtet ist die Untersuchungsfläche
2004 bei ca. 850 mm, während sich die Jahresdurch­ nicht in irgendeine Richtung exponiert, sondern ist
schnittstemperatur für diesen Zeitraum auf 6,6 °C relativ eben. Klimatisch liegt das Untersuchungs­
beläuft (Auerswald et al. 2005). gebiet im Übergangsbereich von subatlantisch zu
kontinental geprägtem Klima mit durchschnittlichen
Gopplasgrün Jahresniederschlagssummen von 900 mm und
Der Versuchsstandort Gopplasgrün liegt in der Ge­ Jahresdurchschnittstemperaturen von 5,5 - 7,0 °C.
meinde Erlbach nordöstlich von Markneukirchen Im Hinblick auf die Nutzungsgeschichte des Stand-
im Landkreis Vogtland. Naturräumlich wird dieses ortes gibt es wenig konkrete Informationen (s. u.).
Gebiet dem Westerzgebirge zugerechnet. Als geo­
logisches Ausgangsmaterial herrschen am Versuch­ 2.2 Informationen zu den Versuchsflächen
standort relativ basenarme Phyllite vor, die zudem
durch einen sehr niedrigen Phosphorgehalt gekenn­ Börnchen
zeichnet sind. Der Versuch der LfL wurde an einem Die Versuchsanlage am Standort Börnchen unter­
leicht nach Süd-West geneigten Hang in einer Höhe schied sich deutlich von der an den beiden o. g.
von ca. 550 Meter ü. NN. angelegt. Aus dem o. g. Standorten Gopplasgrün und Forchheim.
Ausgangsgestein entwickelte sich als Bodentyp ei­ Während es sich bei den beiden Letztgenannten um
ne Berglehm-Braunerde mit vergleichsweise gerin­ klass­ische Blockversuchsanlagen handelte, wurden
gem Nährstoffpotenzial. Entsprechend der Boden­- die Versuchsvarianten in Börnchen sehr praxisnah
art „lehmiger Sand“ ist die Wasser- und Luftführung auf ganzen Grünlandschlägen bzw. -teilschlägen
gut bis eingeschränkt. Die durchschnittliche Jahres­ getestet.
niederschlagssumme im Gebiet liegt bei 860 mm; Eine Übersicht über die frühere Nutzung der Unter­
die mittlere Jahres­temperatur beträgt 5,8 °C. suchungsflächen vermittelt die Tabelle 2.
Der Standort wurde vor seiner Inbetriebnahme als
Versuchsanlage (April 1993) seit jeher intensiv (u. a. Gopplasgrün
melioriert) als Grünland genutzt. Eine Erneu­erung Die Mahd-Versuchsfläche in Gopplasgrün wurde
des Grünlandes erfolgte in den Jahren 1985 und in der Mitte der 80er Jahre mit einer speziellen
1988 mit speziellen Saatmischungen. Angaben zur Grünlandsaatmischung (26 kg/ha) bestehend aus
Bestandszusammensetzung vor der Grünlander­ Wiesenschwingel (15 kg), Ausdauerndem Weidel­
neuerung liegen nicht vor. gras (2 kg), Wiesenrispe (4 kg), Wiesen­lieschgras
(3 kg), und Weißklee (2 kg) eingesät. Eine Nachsaat
Forchheim erfolgte 1988 mit: Wiesenschwingel (12 kg), Wie­
Im Jahr 1999 wurde von der LfL ein Versuch mit senschweidel (5 kg) Ausdauerndem Weidelgras (3
dem Arbeitstitel „Mindestnutzung von Bergwiesen“ kg), Wiesenlieschgras (1 kg), Weißklee (2 kg) und
neu im Landkreis „Mittlerer Erzgebirgskreis“ ange­ Rotklee (2 kg). Die Sukzessionsfläche hingegen
legt. Seit 2000 diente dieser Versuch für das LfUG wurde Anfang der 80er Jahre (1982/1983) letztmalig
als Ersatzstandort zur Durchführung von floristisch- beweidet und anschließend sich selbst überlassen.
vegetationskundlichen Untersuchungen für die auf­
gegebenen Flächen des Versuchsstandortes in Forchheim
Kalkreuth bei Großenhain. Naturräumlich betrach­ Es ist nur bekannt, dass die Fläche individuell mehr
tet befindet sich der neue Standort am östlichen oder weniger extensiv von Kleintierhaltern genutzt
Rand des Naturraumes „Mittleres Erzgebirge“ in ei­ wurde. Neben der Mahd für die Grünfutter- und Heu­
ner Höhe von ca. 555 Metern ü. NN. (siehe Abb. 1). gewinnung erfolgte auch Beweidung mit Schafen.
Das geologische Ausgangsmaterial des Standor­ Vermutlich wurde auch gedüngt, da die Fläche leicht
tes stellen Gneise dar, aus welchen sich sandig intensiviert erscheint und teilweise hochwüchsig und

87
Parzelle Maßnahme Höhenlage Historische Nutzung
Nr. Versuch NN
Exposition

10/I 1 x Mähen 484 - 478 seit Gedenken Wiese/


10/II 2 x Mähen Nordwest- Weide ohne Umbruch
Südost bis 1990 Mähweide

18/I 1 x Mulchen 505 - 503 seit 1930 Wiese/Weide


18/II 2 x Mulchen West -Süd ohne Umbruch,
bis 1990 Mähweide

17 Sukzession 502 - 492 seit Gedenken Wiese/


West -Süd Heugewinnung, nur in sehr
trockenen Jahren Weide

33 Extensiv- 496 - 455 bis 1953 Acker


weide I Nord - Süd letzte Frucht Kartoffeln
ab 1954 Mähweide
ohne weiteren Umbruch

34 Extensiv- 491 - 419 bis 1953 mittleres Stück Acker


weide I Nord - Süd ab 1954 Mähweide ohne
weiteren Umbruch

31 Extensiv- 493 - 463 bis 1953 stellenweise Acker,


weide II Süd - Nord Getreideanbau,
Meum athamanticum-Bereich
seit 1950 Grünlandnutzung

37 Extensiv- 460 - 441 seit Gedenken Wiese/


weide II Nord - Süd Weidenutzung
ohne Umbruch

39 Extensiv- 479 - 456 bis 1959 Acker


weide II Süd - Nord 1960 Grünland,
1974 Herbst chemisch gepfügt
1975a Scheiben u. Neuansaat
Mähweidenutzung bis 1991

9 Vergleichs- 535 - 520 bis 1953 z. T. Acker


fläche Nord - Süd ab 1954 Grünlandnutzung
bis 1992 Mähweidenutzung
mitpflugloser Nachsaat
seit 1993 Mähw.
ohne Nachsaat

Tab. 2: Topographie und ehemalige Bewirtschaftung der Versuchsflächen in Börnchen

dicht ist. Vor Einrichtung der Versuchsanlage lag die ausrichtung spielte, wurden an den beiden anderen
Fläche kurze Zeit brach. Standorten ausschließlich mechanisch durchge­
führte Landschaftspflegemaßnahmen im Rahmen
der Begleituntersuchungen betrachtet.
2.3 Die Versuchsvarianten

Die Tabelle 3 zeigt die verschiedenen Flächennut­ 3 Methodik


zungsvarianten, die an den Standorten Börnchen,
Forchheim und Gopplasgrün untersucht wurden. In den Landschaftspflegeversuchen wurde eine Viel­
Während in Börnchen die Landschaftspflege mit zahl von Fragestellungen untersucht. Der Schwer­
Tieren eine bedeutende Rolle in der Versuchs­ punkt der Untersuchungen lag im floristisch-vege­

88
Börnchen Forchheim Gopplasgrün

Zweimaliges Mähen
Einmaliges Mähen Einmaliges Mähen
(15.6./10.9.) mit Beräumung
mit Beräumung (jährlich) mit Beräumung (jährlich)
(jährlich) ohne Düngung

Zweimaliges Mähen Zweimaliges Mulchen (jährlich) Zweimaliges Mähen


mit Beräumung (jährlich) (15.6./10.9.) mit Beräumung (jährlich)

Zweimaliges Mähen
Einmaliges Mulchen (15.6./10.9.) mit Beräumung Einmaliges Mulchen (jährlich)
(jährlich) mit Düngung

Einmaliges Mähen
Zweimaliges Mulchen mit Beräumung (jährlich Mitte Zweimaliges Mulchen (jährlich)
September) ohne Düngung
Einmaliges Mulchen
Extensive Standweide (I) Jährlicher Wechsel:
(jährlich Mitte September)
mit 1 GV/ha 1 x Mulchen, 1 x Mähen
ohne Düngung

Einmaliges Mähen
Extensive Standweide (II)
mit Beräumung (jährlich Mitte Überjähriges einmaliges Mähen
mit 1,3 GV/ha
September) mit Düngung

Jährlicher Wechsel
Überjähriges einmaliges
Ungestörte Sukzession zwischen Mulchen und Mähen
Mulchen
(Mitte September)

Tab. 3: Versuchsvarianten der verschiedenen Versuchsstandorte

tationskundlichen Bereich, worauf in diesem Bei­ 3.2 Bodenanalytische


trag auch das Hauptaugenmerk gelegt werden soll, Nährstoffuntersuchungen
während die übrigen Aspekte nur angerissen wer­
den können.­ Als besonders wertvoll wird in Kombi­- Bodenanalytische Untersuchungen wurden ledig­
nation mit den floristisch-vegetationskund­lichen Er­ lich in Börnchen und Forchheim durchgeführt.
hebungen die langjährige, nahezu lückenlose Doku­ Am Standort Börnchen bezogen sie sich neben
mentation verschiedener Bodenparameter durch das dem pH-Wert auf die Hauptnährstoffe Stickstoff
Versuchsgut Börnchen erachtet. (NO3, NH4), Phosphor, Kalium, Magnesium sowie
in ausgesuchten Jahren auf den Humus. Die Pro­
ben wurden mittels Pirkhauer-Bohrstock jeweils
3.1 Praktische Durchführung der
im Frühjahr (März/April) und Herbst (Oktober/
Grünlandmaßnahmen in
November) in Bodentiefen von 0 – 20 cm sowie
verschiedenen Versuchsvarianten
20 – 40 cm Tiefe entnommen. Während die Ent­
Während die Maßnahmen am Standort Börnchen nahme für Stickstoff aus beiden Schichten erfolgte,
durch Mitarbeiter des Versuchsgutes Börnchen im wurden Phosphor Kalium und Magnesium nur aus
Rahmen der „normalen“ landwirtschaftlichen Nut­ der Schicht von 0 – 20 cm entnommen.
zung des Betriebes durchgeführt wurden, erfolgte
die Betreuung der Blockversuchsanlagen an den
3.3 Floristisch-vegetationskundliches
Standorten in Gopplasgrün und Forchheim durch
Monitoring
Beschäftigte der LfL sowie eines Landschaftspfle­
geverbandes. Durch diese Konstellation war eine Börnchen
relativ zuverlässige Versuchsdurchführung möglich. Im ersten Untersuchungsjahr wurden zur möglichst
vollständigen Erfassung des Gesamt­artenbestan­-
des zwei Boniturdurchgänge durch­geführt. Neben

89
einer Frühjahrsbonitur erfolgte eine Spätsommer-/ 3.3.1 Aufnahmeverfahren
Herbstbonitur zum jeweils phänologisch günstigs­
ten Zeitpunkt. In den Folge­jahren wurde auf die Die Bestanderfassung erfolgte qualitativ und semi­
Herbstbonitur verzichtet, da Aufwand und Erkennt­ quantitativ. Nach Erstellung einer Gesamt­artenliste
nisgewinn in keinem an­gemessenen Verhältnis zuei­ und der Bestimmung der Vegeta­tionseinheiten aller
nander standen. Am Standort Börnchen fanden je­ Versuchsflächen wurde die halbquantitative Erfas­-
weils zu Beginn und Beendigung der Untersuchun­ sung der Dauerbeobach­tungsflächen nach einer
gen eine flächendeckende Vegetationskartierung im auf Braun-Blanquet basierenden und durch Pfa­
Maßstab von 1 : 1.000 bis 1 : 2.000 statt, um zu denhauer (Pfadenhauer et al. 1986) modifizierten
dokumentieren, wie und in welchem Umfang sich Deckungsgradschätzung durchgeführt (siehe Ta­
Änderungen in den Vegetationseinheiten innerhalb belle 4). Zudem wurde für wenige ausgewählte
von 10 Jahren herausgebildet haben. Einzelne, hin­ Arten die Individuenzahl be­stimmt. Nach erfolg­
sichtlich ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung und ter pflanzensoziologischer Charakterisierung der
zur differenzierten Interpretation der Vegetationsent­ Unter­suchungsflächen wurden in den ausgewiesen
wicklung wichtige Arten und Artengruppen wurden Teilflächen (Börnchen) bzw. Einzelblöcken (Gop­
näher betrachtet. Die ökologische Charakterisierung plasgrün und Forchheim) 2 m x 2 m große Dau­
dieser Arten erfolgte nach Ellenberg (1992). erbeobachtungsflächen (DBF) mittels dauer­hafter
Markierung eingerichtet. Auf den Versuchs­parzellen
Gopplasgrün der Versuchsvariante „Sukzession“ wurden Tran­
Für pflanzensoziologische Fragestellungen konnte sekte mit einer unterschiedlichen Zahl von 1 m²­
die Versuchanlage in Gopplasgrün nur sehr ein­ (Börnchen) bzw. 4 m² (Gopplasgrün) großen Beob­
geschränkt in Anspruch genommen werden, da die achtungsquadraten angelegt. Die geringe Fläche in
Anlage relativ klein und dadurch störanfällig ist (Ein­ Börnchen wurde auf Grund der Nässe des Stand­
fluss benachbarter Versuchsvarianten). ortes zur Vermeidung von Trittschäden innerhalb der
Aufnahmefläche gewählt.
Forchheim Am Versuchsstandort Börnchen kamen im Jahr
Am Standort Forchheim bestand hinsichtlich der 1996 in Folge der Etablierung einer neuen Nutzungs­-
Untersuchung pflanzensoziologischer Aspekte das variante „Mähweide“ weitere Dauer­beobach­tungs­
gleiche Problem wie am Versuchsstandort Gopp­ flächen hinzu. Als Kontrollfläche diente hier eine
lasgrün. In diesem Zusammenhang als noch un­ konventionell genutzte Weide, die intensiv beweidet
günstiger als in Gopplasgrün erwies sich die „grün­ und nachgemäht wurde.
landfremde“ Nutzung der unmittelbaren Umgebung
(Acker/Gehölz).

Skala Bereich Deckung % mittlere Deckung %

+ 1 0,5
1a 1-3 2
1b 3-5 4
2a 5 - 12,5 8,75
2b 12,5 - 25 18,75
3 25 - 50 37,5
4 50 - 75 62,5
5 75 - 100 87,5

Tab. 4: Klassifizierung des Deckungsgrades nach Pfadenhauer et al. (1986)

90
3.4 Untersuchungen zur Diasporenbank am 3.6 Fotografische Dokumentation
Standort Börnchen
Ziel der fotografischen Dokumentation war es, mit
Ausschließlich am Standort Börnchen wurde zu vergleichsweise wenig Aufwand die Entwicklung
Beginn der Landschaftspflegeversuche eine Ana­ der Pflanzenbestände über mehre Jahre zu doku­
lyse der Diasporenbank vorgenommen. Ziel dies­ mentieren, um so strukturelle Veränderungen zu ver­
bezüglich war es, den Gesamtvegetationsbestand, deutlichen. Trotz der Schwächen dieses Vorgehens,
also inklusive der reproduktionsfähigen Über­daue­ wurde diesem Verfahren der Vorzug vor dem viel ar­
rungs­stadien des Pflanzenbestandes, zu erfassen, beitsaufwändigeren Kartieren der Vegetationsstruk­
um u. a. Aussagen treffen zu können, über wel­ tur gegeben.
ches Wiederbesiedlungspotenzial diese Flächen
ver­fügen.­Dazu wurden von jeder Fläche 25 Proben
3.7 Versuchsauswertung
je 50 cm², was einer Gesamtfläche von 0,125 m²
entspricht, mit einem Wurzelbohrer (Durchmesser Die Auswertung der Bonituren erfolgte bei Fischer
25 cm²) entnommen und nach der Auflaufmetho­ (1995) tabellarisch, in dem die Entwicklung des De­
de von Poschlod & Jackel (1993) untersucht. Eine ckungsgrades für die einzelnen Arten über die Jahre
zusätzliche Schale mit gedämpfter, keimfreier Erde wiedergegeben wurde. Die Bestandsentwicklung
diente als Kontrollprobe. ausgewählter Arten wurde durch die Darstellung in
einem neunfeldrigen Raster innerhalb der Dauer­
quadrate visualisiert. Vorrangig in Säulendiagram­
3.5 Einbringen von Diasporen mittels
men wurde die Entwicklung des Verhältnisses öko­
Mähgutaufbringung
logischer Gruppen dargestellt. Förster et al. (2000)
am Standort Börnchen
nutzten zur Auswertung ihrer Erhebungen das Ordi­
Eine weitere Fragestellung bzw. Sonderunter­ nationsverfahren Detrended Correspondence Ana­
suchung, die am Standort Börnchen stattfand, be­ lyses (DCA).
zog sich auf die aktive Einbringung („Impfung“) von
Diasporenmaterial vergleichbarer Pflanzenbestände Mittels eines entsprechenden Computerprogramms
aus naturräumlicher Nähe auf eine Teilfläche des (DECORANA) war eine relativ einfache Darstellung
Untersuchgebietes. Als Impfmaterial wurde in den der Entwicklungsrichtung des Pflanzenbestandes
Empfängerparzellen (Mahdflächen) auf einer Fläche möglich.
von etwa 18 m² Heu aufgebracht.

91
4 Ergebnisse Die Kaliumversorgung ist, geogen bedingt, ver­
gleichsweise hoch. Für den Standort Forchheim
4.1 Zusammenfassende Betrachtung liegen Analyse-Ergebnisse der Landesanstalt für
der Bodenkennwerte Landwirtschaft über einen Zeitraum von mehreren
Jahren vor (siehe Abb. 6 bis 9). Eindeutige Trends
Erfreulicherweise lagen für den Versuchsstandort lassen sich aus den Werten kaum ablesen, die
Börnchen bereits aus dem Jahr 1987 Ergebnis­se Schwankungsbreite der Werte zwischen einzelnen
von Bodenuntersuchungen für einen Teil der Unter­ Jahren ist oft größer als die Wertedifferenz zwischen
suchungsflächen vor, so dass auf einen vergleichs­ Anfangs- und Abschlussjahr. Für den Versuchs­
weise langen Zeitraum zurück­geblickt werden kann. standort Gopplasgrün liegen entsprechende Boden­
Einen Überblick zu den Durchschnittswerten der analyse-Ergebnisse leider nicht vor.
einbezogenen Ver­suchsparzellen geben die Abbil­
dungen 2 bis 5. Aus ihnen können folgende Ent­
wicklungen für die verschiedenen Bodenparameter
auf den Versuchsflächen am Standort Börnchen
abgelesen­und festgehalten werden:
Die Entwicklung des pH-Wertes weist so­wohl
zwischen den Jahren innerhalb des Beob­ach­
tungszeitraumes als auch im Vergleich zwischen
den Untersuchungsflächen keine eindeutig gerich­
tete Entwicklung auf. Die Phosphorversorgung des
Bodens bewegt sich insgesamt auf einem sehr
niedrigen­ Niveau, wobei insgesamt im Verlauf der
Jahre bezogen auf die Gesamtuntersuchungsfläche
eine Senkung des P-Gehaltes feststellbar war.

pH-Wert Pz. 10 Mahd

4,7 Pz. 18 Mulchen

4,5 Pz. 17 Sukzession

Pz. 33 Weide
4,3
Pz. 34 Weide
4,1
Pz. 31 Weide

3,9
Pz. 37 Weide

3,7 Pz. 39 Weide


1987 1994 2004

Abb. 2

92
Magnesium
13

Pz. 10 Mahd

11 Pz. 18 Mulchen

Pz. 17 Sukzession
mg/100 g Boden

9
Pz. 33 Weide

Pz. 34 Weide
7

Pz. 31 Weide

5 Pz. 37 Weide

Pz. 39 Weide
3
1987 1994 2004

Abb. 3

Phosphor
9 Pz. 10 Mahd

8 Pz. 18 Mulchen

7 Pz. 17 Sukzession
mg/100 g Boden

6
Pz. 33 Weide
5
Pz. 34 Weide
4
Pz. 31 Weide
3
Pz. 37 Weide
2

Pz. 39 Weide
1
1987 1994 2004

Abb. 4

Kalium
Pz. 10 Mahd
32

Pz. 18 Mulchen
27
mg/100 g Boden

Pz. 17 Sukzession

22 Pz. 33 Weide

Pz. 34 Weide
17
Pz. 31 Weide

12
Pz. 37 Weide

Pz. 39 Weide
7
1987 1994 2004

Abb. 5
Abb. 2 bis 5: Bodenanalysewerte Standort Börnchen (Auerswald et al. 2005)

93
pH-Wert
Mähen 2x jährlich
6,5

6,3 Mulchen 2x jährlich

6,1
Mähen 2x jährlich
und Düngung
5,9

Mähen 1x jährlich
5,7

5,5 Mulchen 1x jährlich

5,3
Mähen 1x jährlich
und Düngung
5,1
jährlicher Wechsel
von Mahd und
4,9 Mulchen, 1999 Mahd
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

Abb. 6

Phosphor

3,5

Mähen 2x jährlich
3
Mulchen 2x jährlich
2,5
Mähen 2x jährlich und Düngung
mg/100g Boden

2
Mähen 1x jährlich
1,5
Mulchen 1x jährlich

1
Mähen 1x jährlich und Düngung

0,5 jährlicher Wechsel von Mahd und


Mulchen, 1999 Mahd
0
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

Abb. 7

94
Kalium

12
Mähen 2x jährlich
10
Mulchen 2x jährlich

8 Mähen 2x jährlich und Düngung


mg/100g Boden

6 Mähen 1x jährlich

Mulchen 1x jährlich
4
Mähen 1x jährlich und Düngung
2
jährlicher Wechsel von Mahd und
Mulchen, 1999 Mahd
0
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

Abb. 8

Magnesium

20

18
Mähen 2x jährlich
16
Mulchen 2x jährlich
14
mg/100g Boden

12 Mähen 2x jährlich und Düngung

10
Mähen 1x jährlich
8
Mulchen 1x jährlich
6

4 Mähen 1x jährlich und Düngung

2 jährlicher Wechsel von Mahd und


Mulchen, 1999 Mahd
0
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

Abb.9
Abb. 6 – 9: Bodenanalysewerte am Standort Forchheim (Quelle: LfL 2006)

95
4.2 Zusammenfassende Betrachtung der Versuchsperiode etwa ab Mitte des Beobach­
der Ertragswerte tungszeitraumes auf einem je nach Variante niedrigen
bis sehr niedrigen Niveau stabilisierten. An den bei­
Eine Übersicht über die Ertragsentwicklung auf den den Standorten mit Blockversuchsanlagen in Gopp­
untersuchten Flächen geben die Abbildungen 10 bis lasgrün und Forchheim kann generell kein gerichte­
12. Insgesamt wird ersichtlich, dass sich die Erträ­ ter Trend bei den Trockenmasseerträgen festgestellt
ge am Versuchsstandort Börnchen in allen Varianten werden.­Die Werte schwanken in allen Versuchsvari­
nach einem sehr starken Rückgang im ersten Drittel anten von Jahr zu Jahr mehr oder weniger stark.

TM dt/ha Jahr
100 1 x Mahd

90 2 x Mahd

80
1 x Mulchen
70
2 x Mulchen
60
50 Standweide 33 (1,0 GV)

40 Standweide 34 (1,0 GV)

30
Standweide 31 (1,3 GV)
20
10 Standweide 37 (1,3 GV)

0 Standweide 39 (1,3 GV)

1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Abb. 10: Ertragsentwicklung auf den Untersuchungsflächen Börnchen

TM dt/ha Jahr
2 x Mahd jährlich
100

90 2 x Mulchen jährlich

80
1 x Mahd jährlich

70
1 x Mulchen jährlich
60

50 Jährlicher Wechsel
Mahd/Mulchen

40
1 x Mahd überjährig
30

20 1 x Mulchen
überjährig
1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Abb. 11: Ertragsentwicklung auf den Untersuchungsflächen Gopplasgrün

TM dt/ha Jahr
75 2 x Mahd
jährlich

70
2 x Mulchen
jährlich
65
2 x Mahd
60 jährlich und
Düngung

55 1 x Mahd
jährlich

50
1 x Mulchen
jährlich
45

40 1 x Mahd
jährlich und
Düngung

35
Jährlicher
Wechsel

30 Mahd/Mulchen

1999 2000 2001 2002 2003 2004

Abb. 12: Ertragsentwicklung auf den Untersuchungsflächen Forchheim

96
Abb. 13

Abb. 14
Abb. 13 und 14: Karten Vegetationseinheiten

97
4.3 Entwicklung der Vegetation gesellschaft seit Unter­su­chungsbeginn als sehr stabil
erwiesen. Diese Beobachtung bestätigt die bereits
Börnchen von vielen Naturschützern und Landschaftspflegern
Der beispielhafte kartografische Vergleich (siehe­ gemachten Erfahrungen.
Abb. 13 und 14) der Vegetationskartierung der Par­-
zellen 31, 37 und 39 zeigt, wie sich die Pflanzen­ Forchheim
gesellschaften bzw. Vegetationseinheiten im Unter­ Wie der Standort Gopplasgrün befindet sich auch
suchungsgebiet unter dem Einfluss verschiedener Forchheim unter ökologisch-pflanzensoziologischen
Nutzungsregimes von Beginn der Untersuchungen Gesichtpunkten im submontanen Übergangsbe­
bis zum Jahr 2005 entwickelt haben. Zur differen­ reich des Arrhenaterions zum Polygono-Trisetion.
zierteren Beschreibung der Vegetation der Unter­ Als mögliche Zielgesellschaften wurden demzu­
suchungsflächen wurden gebietsspezifische Un­ folge auch das Arrhenatherion elatioris Koch 1926
tereinheiten, die nicht den Rang einer Assoziation (Tieflagen-Frischwiesen) sowie Polygono-Trisetion
aufweisen, benannt. Insgesamt betrachtet ist eine Br.-Bl. et R. TX. ex Marschall 1947 (Gebirgs-Frisch­
naturschutzfachliche Aufwertung des Pflanzen­ wiesen) angesehen. Bei der Charakterisierung der
bestandes auf 17 % der Gesamtversuchsfläche Vegetationseinheiten ließen nach Beendigung des
feststellbar. Dabei spielt insbesondere die durch Untersuchungszeitraumes nur die Varianten 1 (jähr­
zunehmende Aushagerung bedingte Verbesserung lich zweimal Mahd ohne Düngung) und 4 (jährlich
der Weideflächen eine Rolle. In der Tabelle 5 wer­ einmal Mahd ohne Düngung) eine weitergehende
den die relevanten raumbezogenen Veränderungen Differenzierung zu. Alle anderen Varianten konnten
der Grünlandgesellschaften am Versuchsgut Börn­ in ihrer Ausbildungsform lediglich auf Ordnungs­
chen aufgezeigt. Entwicklungen der Pflanzen­gesell­ ebene als Arrhenateralia-Basalgesellschaft ange­
scha­ften bzw. Vegetationstypen in den verschie­ sprochen werden.
denen Versuchsparzellen, die aus Naturschutz­ Für die Variante 1 stellte Fischer (2004) Anklänge
sicht wünschenswert sind, werden in der Tabelle 6 zur submontanen Goldhaferwiese fest, dessen
dargestellt. Nicht erfasst sind hierbei Änderungen taxonomische­ Einordnung seiner Meinung nach
von Arten und Abundanzen, die sich unterhalb allerdings­ noch sehr umstritten ist. Die Ausprägung
der Ebene der Vegetationseinheiten abspielen. des Bestandes der Variante 4 erlaube nach Fischer
eine Ansprache als Rotschwingel-Straußgras-
Gopplasgrün ­Gesellschaft (Festuca rubra-Agrostis capillaris-
Das Gebiet mit den Versuchsflächen befindet sich in Gesell­schaft).
submontaner Lage und somit im Übergangbereich
des Arrhenatherions zum Polygono-Trisetion. Beide
Gesellschaften wurden von Fischer (1995) als po­
tenzielle Zielgesellschaften für das Gebiet benannt.
Auf Grund der Nutzungsüberformung sind die ak­
tuellen (2004) Gesellschaftsausprägungen je nach
Versuchsvariante mehr oder weniger weit von den
potenziellen Zielgesellschaften entfernt. Dem Zielzu­
stand am nächsten kommt die Versuchsfläche mit der
Variante „zweimal jährliche Mahd“, sie zeigt Entwick­
lungen in Richtung Höhenform der Glatt­haferwiesen
(Alchemillo-Arrhenatheretum ela­tioris) auf. Alle an­
deren Varianten, mit Ausnahme der Variante „jähr­
lich einmaliges Mähen“, welche erste Anklänge zum
Alchemillo-Arrhenatheretum elatioris zeigt, können
infolge des weitgehenden Fehlens charakterisieren­
der Arten i. d. R. lediglich als Basalgesellschaften
des Arrhenateralia ange­sprochen werden. Im Suk­
zessionsbereich hat sich die Mädesüß-Dominanz­

98
1995 2005 Differenz 2005 zu 1999
Pflanzengesellschaft Fläche Fläche Veränder- Ab- bzw.
(m²) (m²) ung (m²) Zunahme
in %
Alopecurus pratensis-Gesellschaft 8.330 1.920 -6.410 -77,0

Feuchte Alopecurus pratensis-Gesellschaft 3.160 4.490 1.330 42,1


Feuchte Alopecurus pratensis-Gesellschaft
1.760 3.490 1.730 98,3
mit Nitrophyten
Arrhenatherion-Fragmentgesellschaft mit
670 0 -670 - 100,0
Dominanz von Aegopodium podagraria
Arrhenatherion-Fragmentgesellschaft mit
0 140 140 100,0
Dominanz von Urtica dioica
Festuca rubra-Meum athamanticum-Gesellschaft 7.410 15.200 7.790 105,1
Festuca rubra-Meum athamanticum-Gesellschaft
880 0 -880 -100,0
mit Dominanz von Cirsium heterophyllum

Holcus mollis-Brachestadium 4.150 3.330 -820 -19,8

Holcus mollis-Galeopsis-Brachestadium 0 4.040 4.040 100,0

Lolio-Cynosuretum 48.030 38.540 -9.490 -19,8

Rumex obtusifolius-Dominanz 9.930 4.520 -5.410 -54,5

Artenarmes Festuco-Cynosuretum 26.140 38.330 12.190 46,6


Festuco-Cynosuretum mit Dominanz von
8.680 10.560 1.880 21,7
Meum athamanticum
Festuco-Cynosuretum, Rumex acetosella-
7.570 4.470 -3.100 -41,0
Variante
Rhytidiadelphus squarrosus-Dominanz 0 260 260 100,0

Calthion-Basalgesellschaft 970 320 -650 -67,0


Calthion-Basalgesellschaft mit Dominanz von
560 360 -200 64,3
Cirsium palustre und C. heterophyllum

Carex brizoides-Brachestadium 0 300 300 100,0

Filipendulion-Basalgesellschaft 0 180 180 100,0

Filipendulion mit Dominanz von


310 180 -130 -41,9
Chaerophyllum hirsutum

Violion caninae-Basalgesellschaft 3.460 3.860 400 11,6

Glyceria fluitans-Gesellschaft 1.140 80 -1.060 -93,0

Urtica dioica-Dominanz 1.960 0 -1.960 -100,0

Rubus idaeus-Brachestadium 0 320 320 100,0

Gehölze frischer Standorte 2.440 2.580 140 5,7

Gehölze feuchter bis nasser Standorte 0 300 300 100,0

Tab. 5: Veränderung der Flächengröße der Pflanzengesellschaften, Versuchsgut Börnchen 1995 – 2005 (AVENA 2005)

99
1995 2005 Parzelle
Alopecurus pratensis- Festuca rubra-Meum athamanticum-
Pz. 10
Gesellschaft Gesellschaft
Lolio-Cynosuretum Artenarmes Festuco-Cynosuretum Pz. 33, 34, 39
Festuca rubra-Meum athamanticum-
Lolio-Cynosuretum Pz. 34
Gesellschaft
Rumex obtusifolius-Dominanz Lolio-Cynosuretum Pz. 34, 37, 39

Rumex obtusifolius-Dominanz Artenarmes Festuco-Cynosuretum Pz. 34, 37


Festuca rubra-Meum athamanticum-
Rumex obtusifolius-Dominanz Pz. 37
Gesellschaft
Urtica dioica-Dominanz Lolio-Cynosuretum Pz. 34

Tab. 6: Aufwertung der Pflanzengesellschaften

4.4 Untersuchungen zur Diasporenbank


am Standort Börnchen

Aus verschiedenen Gründen war es nicht möglich, aber in der Diasporenbank vorkamen, konnten sich
die Diasporen zum versuchstechnisch günstigsten neu in verschiedenen Parzellen etablieren. Von die­
Zeitpunkt zu bestimmen. Bei der Probenaussaat im sen zehn Arten können wiederum 5 den Acker- und
Herbst (Herbstkultivierung) lag die Zahl der Diaspo­ Trittrasengesellschaften zugeordnet werden.
ren auf den Versuchsflächen mit durchschnittlich Von Arten der Diasporenbank, die bis zum Unter­
1.100 Diasporen pro m² deutlich unter der der Früh­ suchungsende nicht in der aktuellen Vegetation auf­
jahrskultivierung (ca. 5.400 pro m²). Die nachfolgen­ traten, können die meisten den Ackerwildkräutern
den Aussagen beziehen sich ausschließlich auf die und Tritt- und Ruderalpflanzen zugeordnet werden.
Ergebnisse der Frühjahrskultivierung. Die mit Ab­ Zu ihnen zählen Acker-Schmalwand (Arabidopsis
stand meisten Diasporen traten in der Sukzessions­- thaliana), Sumpf-Ruhrkraut (Gnaphalium uligino-
parzelle mit ~10.200 pro m², die wenigsten in der sum), Mittlerer Wegerich (Plantago intermedia),
konventionell als Weide genutzten Kontrollparzelle Liegendes Mastkraut (Sagina procumbens), Raue
(730 pro m²) auf. Dabei wies die Sukzessionsparzel­ Gänse-Distel (Sonchus asper), Rote Schuppen-
le mit 45 Sippen auch den höchsten Artenreichtum Miere (Spergularia rubra) und Geruchlose Kamille
auf. (Tripleurospermum perforatum).
Die häufigsten Arten im Samenvorrat der unter­
suchten Flächen waren Stumpfblättriger Ampfer 4.5 Eintrag von Diasporen mittels Mähgut-
(Rumex obtusifolius), Rotes Straußgras (Agrostis ca- aufbringung am Standort Börnchen
pillaris) und Einjährige Rispe (Poa annua). Viele der
in der Diasporenbank nachgewiesenen Arten zäh­ Für keine der aktuell in den relevanten Versuchs­
len zu den Ackerwildkräutern, was auf eine frühe­ parzellen vorkommenden Arten konnte mit Sicher­
re Ackernutzung einiger Flächen hinweist. Auf allen heit belegt werden, dass sie durch Beimpfung mit
Flächen ist die Artenanzahl der aktuellen Vegetation Mähgut im Vegetationsbestand etabliert wurden. Die
deutlich höher als die der Diasporenbank. Arten der Ansiedlung der Perücken-Flockenblume (Centaurea
temporären Samenbank (< 2 Jahre) waren entwe­ pseudophrygia) in der Versuchsfläche ist jedoch mit
der schon vorher gekeimt oder durch Verlust (z. B. hoher Wahrscheinlichkeit auf die Impfaktion zurück­
Keimfähigkeit/Prädatoren) nicht mehr vorhanden. zuführen. Der kleine Klappertopf (Rhinanthus minor),
Die meisten der in der Diasporenbank nachge­ der vorher nicht im Areal vor­kam und sich in der Ver­
wiesenen Arten kamen bereits zu Versuchsbeginn suchsparzelle ansiedelte, hat sich offensichtlich nicht
im aktuellen Pflanzenbestand vor. Zehn Arten, die dauerhaft halten können. Seit der Vegetationsperiode
zuvor nicht im Pflanzenbestand zu finden waren, 2000 konnte die Art nicht mehr festgestellt werden.

100
Aspekt beherrscht wird, über den Gesamt­versuchszeit­-
raum betrachtet, kaum nennenswerte Entwicklun­
gen auf. Lediglich in einer Dauerbeobachtungsfläche
konnte im Verlauf ein stetiger Artenzuwachs beobach­
tet werden. Die geringe Dynamik im Gesamtbestand
schließt jedoch nicht aus, dass einzelne Arten (z. B.
Agrostis capillaris s. u.) durchaus bedeutende Ände­
rungen bezüglich des Deckungsgrades aufwiesen.

Mulchen
Durch das Mulchen konnte keine bedeutende Aus­
ma­­gerung der nährstoffreichen Versuchs­stand­orte­
Abb. 15: Perücken-Flockenblume (Centaurea pseudophrygia) erzielt werden. Ein registrierter leichter Er­trags­
Foto: Archiv Naturschutz LfULG, Avena rückgang ist vermutlich auf ungünstiger wer­dende
Wachstumsbedingungen zurückzuführen. Ein posi­
4.6 Die Entwicklung von Vegetations­­struktur, tiver Effekt im Hinblick auf die Entwicklung der Pflan­
Artenzahlen und -mächtigkeiten sowie zengemeinschaften in Richtung Zielgesell­schaften
Zeigerwerten in den Dauerbeobachtungs- konnte mit der Maßnahme ein- und zwei­maliges
flächen der Versuchsvarianten jährliches Mulchen nicht erreicht werden.

Mit der transektartigen Anlage der Dauer­beo­bach­ Variante: Einmaliges Mulchen


tungsflächen kann einerseits die unter­schiedliche Für die Versuchsparzelle sind mit einem Hang- und
Reaktion der Pflanzen verschiedener Standortsver­ einem Auebereich zwei Areale geländemorpolo­
hältnisse auf eine gleichartige Nutzungsform aufge­ gisch deutlich abgrenzbar. Der Auebereich wird
zeigt werden. Andererseits kann bei vergleichbaren besonders von verschiedenen Nitrophyten geprägt
Standortsverhältnissen die temporale Reaktion der (Elymus repens, Rumex obtusifolius, Galium apari-
Pflanzenbestände auf die differenzierten Pflege- ne, Urtica dioica, Anthriscus sylvestris und Aego-
bzw. Nutzungsformen verdeutlicht werden. podium podagraria), während der Hangbereich mit
Agrostis capillaris, Festuca rubra agg. und Meum
Börnchen athamanticum noch diverse Magerkeitszeiger be­
her­bergt.­Wider Erwarten lassen diese keine negativ­
Variante: Einschürige Mahd gerichtete Entwicklung bezüglich ihres Deckungs­
Die Artenzahl insgesamt blieb in den Dauer­beo­ grades erkennen.
bachtungsflächen relativ konstant.
Wesentliche Aspekte der Entwicklung im Er­schei­ Variante: Zweimaliges Mulchen
nungsbild der Parzelle der Versuchsvariante „ein­ Der Bestand der im Wesentlichen durch Nitrophy­
schürige Mahd“ waren neben der festzu­stellenden ten geprägten Versuchsparzelle hat im Zeitraum des
Abnahme der Wuchshöhe insbesondere der auffäl­ Versuches deutlich an Wuchshöhe gewonnen. Die
lige Dominanzwechsel vom Roten Straußgras hin Stickstoffzeiger wiesen dabei mehr oder weniger
zum Rotschwingel sowie im feuchten Aue-Bereich starke Schwankungen in ihren Deckungsgraden
des Transektes die stetige Zunahme des Wiesen- auf. Aufgefallen ist den Kartierern die beständige Zu­
Fuchsschwanzes auf Kosten des Zaun-Giersch, der nahme des Wolligen Honiggrases (Holcus lanatus)
zuletzt völlig verschwand. Von dem Nutzungsregime in bestimmten Dauerbeobachtungsflächen sowie
insgesamt konnte der feuchtigkeitsliebende Wiesen- die anfängliche Schwächephase des Kriechenden
Knöterich profitieren. Hahnenfußes (Ranunculus repens), die vermutlich
auf durch relativ späte Mahd bedingte Lichtarmut
Variante: Zweischürige Mahd zurückzuführen ist. Eine Vorverlegung des Mulchter­
Artenzahlen und auch Deckungssummen der öko­ mins ab dem Jahr 2000 führte zu einer merklichen
lo­gischen Artengruppen weisen in dieser Varian­ Erholung des Bestandes.
te, die von einem blütenarmen, gräserdominierten­

101
Variante: Sukzession Variante: Extensivbeweidung I mit 1,0 GV/ha
In der bereits seit 1991 der Sukzession über­las­senen (Parzellen 33 und 34)
Fläche wird mehr und mehr der typische Brachever­ Tendenziell nimmt in den mit geringerer Intensität
lauf sichtbar. Neben der ­Ausbreitung typischer Bra­ beweideten Flächen sowohl die Anzahl als auch die
chezeiger und dem durch Auteutrophierung beding­ Deckung von sogenannten „Fettweide-Arten“ ab.
ten ver­stärkten Her­vortreten typischer Stickstoffzei­ Eine Vorverlegung des Beweidungstermins nach
ger, kommt es insbesondere in den Randbereichen fünfjähriger Versuchszeit sorgte dafür, dass bereits
der Parzelle zu einer Ausdehnung der Gehölze (Vor­ etablierte Gehölze sowie das Weiche Honiggras an
waldstadien). Nach einer mehrjährigen Phase der Dominanz verloren. Einzelne Dauerbeobachtungs­
re­la­tiven Stagnation (1994 – 2001) zu Beginn des flächen dokumentieren gut das selektive Fraßver­
Versuches auf einem mehr oder weniger nie­drigen halten der Rinder bei geringer Besatzdichte. So
Niveau, ­siedeln sich im Schutze der bereits etablier­ konnten hier trotz der geringen Besatzdichte inten­
ten Gehölze immer mehr Jungpflanzen an. Die größ­ siv befressene Flächen in Ausprägung des Lolio-
ten Individuen der Birken und Erlen erreichen inzwi­ Cynosuretums mit einer konstant hohen Deckung
schen Höhen von 7 bis 9 m­bei einem Stammdurch­- typischer Weidezeiger wie Weißklee und Weidelgras
messer in 1,5 m Höhe von bis zu 12 cm. Dass dies festgestellt werden.
nicht nur eine einseitig in Richtung Gehölzzuwachs
laufende Entwicklung sein muss, zeigt die Bestan­ Variante: Beweidung mit Nachmahd
desentwicklung der anfänglich sehr stark vertrete­ (Teilstück der Parzelle 34)
nen Kanadischen Pappel (Populus canadensis), Die Entwicklung des Vegetationsbestandes in
die durch Krankheit und Wildverbiss so geschä­ dem seit dem Jahr 2000 nachgemähten Teilstück
digt ­wurde, dass sie wieder aus dem Bestand ver­ der Parzelle 34 weist auf eine Aushagerung hin.
schwand. ­Interessant ist über die Jahre betrachtet Mit einer Ausnahme lassen die Vegetationsauf-
die Dynamik im Wechsel bestimmter Arten. So brei­ nahmen in den Dauerbeobachtungsflächen insge­
teten sich z. B. im Laufe der Jahre die Stickstoff­ samt einen Trend zu einer größeren Artenvielfalt in
zeiger Zaun-Giersch und Bunter Hohlzahn jeweils dieser Versuchsvariante erkennen.
wechselseitig die eine Art auf Kosten der anderen
aus. Variante: Extensive Beweidung II mit 1,3 GV/ha
(Parzellen 31, 37, 39)
Bestandeszusammensetzung und -ausprägung las­­
sen für die Weideparzelle 31 eine Aushagerung
­erkennen, die bislang allerdings noch keinen Wech­

Abb. 16: Extensivweide II; Pz. 39, Unterhang (Vordergrund); Pz. 31 (Hintergrund) (AVENA 1996 – 2004)
Foto: Archiv Naturschutz LfULG, AVENA

102
sel auf der Pflanzengesellschaftsebene darstellt. Witterungsverhältnissen­im jeweiligen Jahr bestimmt,­
Die Bestände­ sind nach wie vor einem artenarmen wie die Auswertung der floristischen Aufnahmen ins­
Festuco-­Cynosuretum bzw. Lolio-Cynosuretum zu­ gesamt zeigt. So ist zum Teil die Gesamt­artenzahl
zuordnen. im Beobachtungszeitraum vergleichs­weise wenig
verändert, während es von Jahr zu Jahr zu teils er­
Die Parzelle 37 bietet geomorphologisch bedingt heblichen Veränderungen kommen kann.
ein sehr heterogenes Bild in der Bestands­zu­
sammensetzung. Im Transekt stehen sehr magere Eine einfache quantitative Bewertung ohne Betrach­
Flächen sehr fetten Flächen gegenüber. Insgesamt tung der qualitativen Aspekte bei der Artenzusam­
sind die Reaktionen des Gesamtbestandes auf mensetzung des Bestandes ist nicht zielführend, da
die­ Art der Nutzung über den gesamten Versuchs­ eine alleinige Artzunahme noch nichts über einen
zeitraum gesehen relativ gering, während, betrach­ verbesserten Flächenzustand im naturschutzfach­
tet man die Entwicklung einzelner Arten, vergleichs­ lichen Sinne ausdrückt. Trotzdem kann die Arten­
weise starke Änderungen spürbar waren, so z. B. zunahme in ca. 70 % der Dauerbeobachtungsflä­
bei Hieracium pilosella und Rumex acetosella. Beide chen als positiver Trend zu insgesamt extensiveren
Arten konnten nach anfänglicher Abnahme wieder Verhältnissen gewertet werden. Offensichtlich spielt
ihr ursprüngliches Bestandesniveau erreichen oder hier v. a. der allgemein geringere Nährstoffeintrag
gar übertreffen. Im Gegensatz zu den anderen un­ eine bedeutende Rolle.
tersuchten Weideparzellen, wurde die Parzelle 39 bis
zum Versuchsbeginn regelmäßig gedüngt. Demzu­ Zur besseren Verdeutlichung der Entwicklungs­
folge wirkt die extensivierte Nutzung hier offensicht­ trends teilt Fischer (2000) die Sippen in Anlehnung
licher. Dokumentiert wird dies insbesondere durch an die Zeigerwerte von Ellenberg et al. (1992) in vier
die starke Zunahme von Agrostis capillaris sowie verschiedene Gruppen. Als Stickstoffzeiger werden­
Festuca rubra und den starken Deckungsgradver­ Arten mit den N-Zahlen 8 und 9 eingestuft, als Aus­
lusten von Trifolium repens und Lolium perenne im hagerungszeiger solche mit N-Zahlen 4 und 5 und
Bereich des Mittelhanges. als Magerkeitszeiger solche mit den N-Zahlen 1 bis 3.
Alle anderen Arten mit weiterer ökologischer Ampli­
Kontrollfläche: Intensive Beweidung mit Nachmahd tude werden als N-zeigerindifferent eingestuft.
(Parzelle 9a)
Die zum Vergleich untersuchte Kontrollfläche (Par­ Gopplasgrün
zelle 9a) mit intensiver Beweidung und Nachmahd Variante: Zweischürige jährliche Mahd
wies über den gesamten Unter­suchungszeitraum Einige, für extensiv genutzte Bergwiesen typische,
keine­ nennenswerten Veränderungen im Arten­ Arten haben sich ausgebreitet, während sogenann­
inventar und bezüglich Verschiebungen bei den De­ te Störungszeiger nun weitgehend verschwunden
ckungsgraden der einzelnen Arten auf. Die Entwick­ sind. Insgesamt deutet die Ausbreitung einiger Ken­
lung der Artenzahlen in den Dauerbeobachtungs­ narten und konkurrenzschwacher Sippen auf eine
flächen ist neben der Nutzung wesentlich von den Aushagerung hin. Aus Naturschutzsicht stellt sich

30
A: einschürige Mahd
25
B: zweischürige Mahd
C: Sukzession
D: Einmaliges Mulchen
20 E: Zweimaliges Mulchen
F: Extensivweide I Parzelle 33
15
G: Extensivweide I Parzelle 34
H: Mähweide ab 1996 Parzelle 34
I: Extensivweide II Parzelle 31
10 J: Extensivweide II 37
K: Extensivweide II 39
5 L: Vergleichsfläche (Parzelle 9)

0
95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04

n=7 n=5 n=11 n=6 n=6 n=5 n=5 n=5 n=6 n=6 n=6 n=5

A B C D E F G H I J K L

Artenzahl Min. Artenzahl Ø Artenzahl Max.

Abb. 17: Gesamtbetrachtung zur Entwicklung der Artenzahlen in den Dauerbeobachtungsflächen


am Versuchsstandort Börnchen 1995-2004

103
der Pflanzenbestand im Vergleich zum Beginn der sich nunmehr mehr oder weniger eindeutig auf die
Untersuchungen bedeutend besser dar. Pflegemethode zurückzuführende Negativeffekte
aus Sicht des Naturschutzes einzustellen. So konn­
Variante: Zweimal jährliches Mulchen ten sich u. a. erste Gehölze etablieren, die sich trotz
Aus naturschutzfachlicher Sicht hat (haben) sich die Rückschnitts im zweijährigen Rhythmus zuneh­
Fläche(n) eher ungünstig entwickelt. Vor allem nähr­ mend über Wurzelaustriebe flächig ausdehnen.
stoffliebende Arten konnten profitieren.
Variante: Überjähriges einmaliges Mulchen
Variante: Einschürige Mahd In dieser Variante sind keine nennenswerten Ent­
Mit dieser Variante ist über dem gesamten Versuchs- wicklungen feststellbar. Der Bestand zeigt noch
zeitraum im Wesentlichen der Status quo erhalten keine Verbrachungstendenzen. Auch konnten sich
geblieben bzw. sind sehr geringfügige Veränderun­ bislang keine Gehölze etablieren.
gen im naturschutzfachlichen Sinne erkennbar.
Variante: Sukzession
Variante: Einmal jährliches Mulchen Obwohl optisch seit Untersuchungsbeginn relativ
Die etablierten Arten haben sich in den Dauerbeob­ stabil, sind auch in den Sukzessionsparzellen qua­
achtungsflächen i. d. R. gehalten oder in ihrer Aus­ litative und quantitative Veränderungen fest­stellbar.
dehnung zugenommen. Insbesondere Nährstoffzei­ Nach ­Fischer (2004) sind z. T. ähnliche Bestands­
ger wie z. B. Galium aparine (N-Zahl: 8) konnten ihre schwankungen wie in den Pflegeparzellen zu ver­
Präsenz zunehmend erhöhen. zeichnen, was die Vermutung nahelegt, dass dort
natürliche Ursachen zumindest mitverant­wortlich
Variante: Jährlicher Wechsel Mähen/Mulchen sein können.
In dieser Variante ist eine relativ hohe Dynamik Die Frischwiesenbrache hat nach wie vor optisch
im Artbestand feststellbar. Es sind sowohl wert­- einen Wiesencharakter, obwohl seit 2001 der Be­
gebende als auch zahlreiche Störungszeiger vor­ ginn einer Gehölzbesiedlung feststellbar ist. Seit
handen. Laut Fischer (2004) scheint die Maßnahme Versuchsbeginn sind vor allem einige lichtliebende,­
geeignet, zumindest den Status quo zu sichern. konkurrenzschwache Arten er­loschen. Im Ge­
gensatz zur Frischwiesenbrache sind, trotz in der
Variante: Überjährige einschürige Mahd unmittelbaren Nachbarschaft vorhandenen aus­
Kleinräumige unterschiedliche Standortverhältnisse reichenden Potenzials, auch nach 10 Jahren noch
bedingen den relativen Artenreichtum dieser Ver­ keine Gehölze in die Nasswiesen-Sukzessionspar­
suchsparzelle und erschweren die Einschätzung der zelle eingewandert. Sollten die Gehölze auch wei­
Wirkung der Pflegemethode. Trotzdem scheinen terhin stark verbissen werden, kann sich bei wei­

34
32 A: Zweimaliges Mähen mit
Beräumung (jährlich)
30 B: Zweimaliges Mulchen
28 (jährlich)
26
C: Einmaliges Mähen mit
Beräumung (jährlich)
24 D: Einmaliges Mulchen
22 (jährlich)
E: Jährlicher Wechsel: 1x
20
Mulchen,
18 F: Überjähriges einmaliges
16 Mähen
G: Überjähriges einmaliges
14 Mulchen
12 H: Ungestörte Sukzession
Transekt 1
10
I: Ungestörte Sukzession
8 Transekt 2
95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04 95 04

n=3 n=3 n=3 n=3 n=3 n=3 n=3 n=6 n=6

A B C D E F G H I

Artenzahl Min. Artenzahl Ø Artenzahl Max.

Abb. 18: Gesamtbetrachtung zur Entwicklung der Artenzahlen in den Dauerbeobachtungsflächen am Versuchstandort Gopplasgrün

104
terer Ausbreitung des seit 1999 eingewanderten ursächlich sind. Abgenommen gegenüber dem Aus­
Filipendula ulmaria eine relativ stabile artenarme gangsjahr hat in beiden Versuchs­blöcken die Zahl der
Dauerbrache entwickeln. N-Zeiger indifferenten Arten.

Gesamtbetrachtung zu den verschiedenen Varian­ Variante: Zweimaliges jährliches Mulchen


ten am Standort Gopplasgrün Die Artenzahl in dieser Variante hat gegenüber dem
Über alle Varianten betrachtet zeigen sich die Be­ Ausgangsbestand des Jahres 2000 um fünf Arten
stände hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und De­ abgenommen, wobei es sich hauptsächlich um N-
ckungsgradanteilen auch nach zehn Jahren relativ Zeiger indifferente Arten (nach Fischer 2000) handel­
stabil. Bestimmte Arten hielten sich nicht und fielen te. Bei den Deckungsgraden der sogenannten N-
schon nach der Hälfte der Untersuchungszeit weit­ Zeigerarten konnte eine leicht positive Entwick­lung
gehend aus, dazu zählten insbesondere Segetal- festgestellt werden.
Arten sowie Ansaat-Arten. Ein im naturschutz­
fachlichen Sinne eindeutig positiver Trend lässt sich Variante: Zweischürige jährliche Mahd
mit einiger Sicherheit lediglich für die Variante „zwei­ mit Düngung
malige jährliche Mahd“ herauslesen. Ein leichter Anstieg der Artenzahl seit dem Aus­
gangsjahr ist hauptsächlich auf das Auftreten von
Forchheim zwei Stickstoffzeigen (Aegopodium podagraria und
Variante: Zweischürige jährliche Mahd Anthriscus sylvestris) in dieser Variante zurückzu­
ohne Düngung führen. Nahezu alle Charakterarten der Frischwie­
Die Artenzahl hat in den beiden Versuchsblöcken sen zeigten hingegen einen mehr oder weniger
dieser Variante zugenommen. Aus naturschutz­fach­ starken Abwärtstrend im Deckungsgrad. Der Anteil
licher Sicht ist erfreulich, dass es sich dabei insbe­ der Kräuter nahm gegenüber den Gräsern zu. Als
sondere um Arten handelt, die entsprechend der Ein­ wesentlicher Bestandsbildner tritt Alopecurus
stufung von Fischer (s. o.) als Aushagerungs- bzw. pratensis in den Parzellen auf.
Magerkeitszeiger gelten. Nicht zu erwarten war die
ebenfalls positive Entwicklung bei den sogenannten Variante: Einschürige jährliche Mahd
Stickstoffzeigern. Dies betrifft sowohl die Artenzahl ohne Düngung
(in Block B) als auch die Zunahme des Deckungs­ Gegenüber dem Ausgangsjahr ist kaum eine Ent­-
grades von Aegopodium podagraria und Heracleum wicklung in Bezug auf die Artenzahlen feststellbar.
spondylium im Block A. Es kann nicht ausgeschlos­ Lediglich einen um eine Art höheren Be­stand ge­-
sen werden, dass hier vermutlich Einflüsse aus dem gen­über dem Ausgangsjahr weisen die Versuchs­
unmittelbar benachbarten Umfeld der Versuchsfläche parzellen dieser Variante auf. Sowohl bei­ den

Artenzahl
45 A: Zweimaliges Mähen
(15.6./10.9.) mit Beräumung
(jährlich) ohne Düngung
B: Zweimaliges Mulchen
(jährlich)(15.6./10.9.)
C: Zweimaliges Mähen
40 (15.6./10.9.) mit Beräumung
(jährlich) mit Düngung
D: Einmaliges Mähen mit
Beräumung (jährlich Mitte
September) ohne Düngung
E: Einmaliges Mulchen
35 (jährlich Mitte September)
ohne Düngung
F: Einmaliges Mähen mit
Beräumung (jährlich Mitte
September) mit Düngung
G: Jährlicher Wechsel
30
zwischen Mulchen und
2000 2004 2000 2004 2000 2004 2000 2004 2000 2004 2000 2004 2000 2004 Mähen (Mitte September)
A B C D E F G

Artenzahl Ø

Abb. 19: Gesamtbetrachtung zur Entwicklung der Artenzahlen in den Dauerbeobachtungsflächen am Versuchstandort Forchheim

105
als Magerkeitszeiger als auch bei den als Aus­ Versuchsbeginn gegenüber den Mähvarianten zum
hagerungszeiger eingestuften Arten blieb die Zahl Abschluss der Versuchslaufzeit geringere Artenzah­
konstant, es kam jeweils nur zu einem Artwechsel len auf. Trotz Nährstoffzufuhr war bei der Variante
innerhalb der Zeigergruppen. zweimalige Mahd mit Düngung über die Versuchs­
laufzeit ein Artenzuwachs feststellbar. Obwohl am
Variante: Einmaliges Mulchen Artenzuwachs auch N-Zeigerarten beteiligt sind,
ohne Düngung wird der günstige Einfluss der zweimaligen Mahd
In dieser Variante ist ein geringfügiger Rückgang der mit Abtransport des Mähgutes deutlich. Offensicht­
Artenanzahl in den Versuchsparzellen um eine Art lich überlagert der positive Effekt der vermehrten
feststellbar. Dabei hat die Anzahl der Aushagerungs- Lichtzufuhr insgesamt den der Nährstoffzufuhr.
und Magerkeitszeiger gegenüber dem Ausgangsbe­
stand im Jahr 2000 weder zu- noch abgenommen.
4.7 Die Entwicklung diagnostisch
Als alleinige eu dominante Art tritt Alopecurus pra-
bedeutsamer Arten, Artengruppen
tensis auf, der seinen Deckungsgrad weiter steigern
und Parameter
konnte. Bedeutende Verluste hingegen verzeichne­
ten insbesondere der Scharfe Hahnenfuß (Ranun- Auf Grund der teilweise unterschiedlichen Unter­
culus acris) sowie der Wiesen-Schwingel (Festuca suchungsmethodik werden nachfolgend je nach
pratensis), die jeweils den N-Zeiger indifferenten Ar­ Standort ausgewählte verschiedene Aspekte der
ten zugerechnet werden. Auswertung dargestellt.

Variante: Einschürige jährliche Mahd Börnchen


mit Düngung Gehölze
Diese Variante weist den gegenüber dem Aus­ Auf allen Untersuchungsflächen waren bei regel­
gangsjahr insgesamt stärksten Artenrückgang auf. mäßigem Diasporeneintrag Keimlinge von Bäumen­
Allein die N-Zeiger haben um eine Art zugenom­ wie Ahorn, Esche und z.T. Eiche regelmäßig vor­
men. Wesentliche Deckungsgradzuwächse wiesen handen. Während diese bei Mahd und Mulchen
Alopecurus pratensis und Holcus lanatus auf. Diese keine Chance hatten sich zu entwickeln, zeigte sich
beiden Arten stellen auch die Hauptbestandsbildner bei der Beweidung, dass mit 1 GV/ha, wenn keine
in dieser Variante dar. Ein deutlicher Rückgang im Nachmahd erfolgt, eine Verbuschung nicht zu ver­
Deckungsgrad war insbesondere beim Aushage­ hindern ist. Spezielle Erhebungen zu den Gehölzen
rungszeiger Agrostis capillaris zu verzeichnen. auf den Sukzessionsflächen sollten u. a. klären, wie
sukzessionsstabil ein Grünlandbestand bei Vorkom­
Variante: Jährlicher Wechsel zwischen men von Wald in der unmittelbaren Umgebung sein
Mulchen und Mahd kann. Während im Zeitraum von 1994 – 2001 die
Ein ähnlich starker Rückgangstrend wie in der vor­ Zahl der Gehölzindividuen relativ konstant blieb,
hergehenden Variante ist auch bei der Variante kam es ab 2002 zu einer merk­lichen Zunahme. Ab
„Jährlicher Wechsel zwischen Mulchen und Mähen“ diesem Jahr war auch eine spürbare Entwicklung
festzustellen. Die dominierende Art ist auch hier der (Flächenausdehnung) von Himbeere (Rubus idaeus)
Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis). Das und Brombeere (Rubus caesius) festzustellen.
Kräuter-Gräser-Verhältnis hat sich leicht zu Gunsten
letzterer verschoben. Gräser/Kräuter
Stellvertretend für andere Arten wurden die drei
Gesamtbetrachtung zu den verschiedenen Varian­ nach­­folgend genannten indikatorisch bedeutsamen
ten am Standort Forchheim: Arten ausgewählt.
Aus den Betrachtungen bezüglich der Artenzahl
wird deutlich, dass bis auf die Variante „einschürige Rotes Straußgras (Agrostis capillaris)
Mahd mit Düngung“ ausschließlich die Mähvarian­ Das Rote Straußgras wurde hinsichtlich seiner Indi­
ten mit Entfernung des Mähgutes von der Fläche kation als Magerkeitszeiger ausgewählt. Unter ein­
im Versuchszeitraum einen positiven Trend aufwie­ mal jährlicher Mähnutzung hat das Rote Straußgras
sen. Alle Mulch-Varianten wiesen im Gegensatz zum erheblich an Dominanz verloren. Währenddessen

106
der Rotschwingel (Festuca rubra) seinen Deckungs­ bezogen nicht geklärt werden konnten, teilweise
gradanteil in mehr als gleichem Maße ausdehnen aktiviert wird.
konnte. Bei jährlich zweimaliger Mahd konnte sich Unter den Bedingungen der extensiven Be­weidung
das Rote Straußgras insbesondere innerhalb der in der Parzelle 31 geht der Ampfer bis auf die rela­
letzten Versuchsjahre (ab 2002) bedeutend ausdeh­ tive Konstanz in der am Rande liegenden Dauerbe­
nen. In den Dauerbeobachtungsflächen der Par­- obachtungsfläche zurück. In der geomorphologisch
­zellen mit extensiver Beweidung weist das Rote heterogenen Parzelle 37 kommt der Stumpfblättri­
Straußgras in Abhängigkeit von der Lage der Qua­ ge Ampfer nur im Dauerquadrat, welches feuchte
drate eine uneinheitliche Bestandsentwicklung auf. und nährstoff­reiche Bedingungen aufweist vor, al­
Vielfach besteht jahrweise eine Wechselwirkung lerdings in weit geringeren Deckungsgraden als zu
zwischen den auf mageren Standorten oft dominie­ Beginn des Untersuchungszeitraums. Im Transekt
renden Gräsern Rotes Straußgras und Rot-Schwin­ der bis zum Versuchsbeginn regelmäßig gedüngten
gel (sowie eine Art ihren Deckungsgrad erhöht, geht Parzelle 39 ist Rumex obtusifolius lediglich in einer
die andere meist zurück). Eindeutig positiv reagiert Dauerbeobachtungsfläche am Weide­rand vertreten.
das Rote Straußgras auf die mit Versuchsbeginn Hier hat er sich etabliert und weist nach Deckungs­
eingestellte Düngung auf der Beweidungsparzelle anstieg bis 2003 im Jahr 2004 wieder geringere De­
(39), hier konnte es seine Deckungsgradanteile in ckungsgradanteile auf. In den Suk­zessionsparzellen
den relevanten Dauerbeobachtungsflächen stetig spielte Rumex obtusifolius kaum eine Rolle, bis auf
erhöhen. zwei Quadrate verschwand er aus den Dauerbeob­
In den Dauerquadraten der Sukzessionsfläche kon­ achtungsflächen.
nte, dort wo die Art vorkam, keine eindeutig gerich­ Aber auch in der intensiv genutzten, bewei­deten
tete Entwicklung von Agrostis capillaris festgestellt Kontrollfläche 9a ließ der Stumpfblättrige Ampfer
werden, lediglich in einer waldnahen Beobach­ einen überwiegenden Rück­gang in den Deckungs­
tungsfläche wurde es zunehmend durch das Wei­ graden erkennen.
che ­Honiggras (Holcus mollis) verdrängt.
Bärwurz (Meum athamanticum)
Stumpfblättriger Ampfer (Rumex obtusifolius) Die Bärwurz ist eine Art, deren Vor­kom­mens­
In den Dauerbeobachtungsflächen der Varian­ schwerpunkt im Bereich extensiv genutzter Berg­
te „einschürige Mahd“ ist eine mehr oder weniger wiesen liegt. Im Bereich der Parzelle mit der Maß­
starke Abnahme des Stumpfblättrigen Ampfers zu nahme „jährlich einmalige Mahd“ kommt sie ledig­
verzeichnen. In der Variante „zweimalige Mahd“ lich in zwei Dauerbeobachtungsflächen mit geringer
konnte in den Dauerbeobachtungsflächen hinge­ Deckung vor. In diesen beiden Flächen ist insge­
gen keine gerichtete Entwicklung des Ampfers samt ein leichter Rückgang dieser Art feststellbar.
festgestellt werden. Vielmehr hat sein Auftreten In den Dauerbeobachtungsflächen der Maßnahme
über die Jahre hin oszillierenden Charakter. Dies „zweimalige Mahd“ kommt Meum gar nicht vor. In
gilt auch unter den Bedingungen des „einmali­
gen Mulchens”, so war die Art in einer Dauerbeo­
bachtungsfläche zunächst (1995) dominant,
ver­schwand dann vollends (1999 – 2001), um dann
nach 2002 wieder deutlich an Deckung zu gewin­
nen. In zwei Dauerbeobachtungsflächen der Maß­
nahme „Zweimaliges Mulchen“ konnte sich der
Stumpfblättrige Ampfer etablieren, in allen anderen
Dauerquadraten dieses Maßnahmetypus war im
Laufe der Versuchsjahre keine gerichtete Entwick­
lung feststellbar. Das unvorhersehbare Auftreten
des Ampfers lässt sich vermutlich damit begründen,
dass das für die Art typische hohe Samenpotenzial
(permanente Samenbank) unter bestimmten Bedin­ Abb. 20: Blütenreicher Aspekt der Pz. 33 S
gungen, deren Ursachen im Nachgang standort­ Foto: Archiv NatSch LfULG, AVENA 1996 - 2004

107
100

90

80

70

60
G
% 50
K
40

30

20

10

0
1995 1999 2004 1995 1999 2004 1995 1999 2004 1995 1999 2004

Mähen 2x Mulchen 2x Mähen 1x Mulchen 1x

Abb. 21.1

100

90

80

70

60
G
% 50
K
40

30

20

10

0
1995 1999 2004 1995 1999 2004 1995 1999 2004

Mulchen/Mahd im Wechsel Überjährige Mahd Überjähriges Mulchen

Abb. 21.2

100
90
80
70
60
G
% 50
K
40
30
20
10
0
1995 1999 2004 1995 1999 2004

Sukzession I Sukzession II

Abb. 21.3
Abb. 21.1 bis 21.3:
Gegenüberstellung des Anteils der Kräuter und Gräser in den unterschiedlichen Varianten am Standort Gopplasgrün

108
den Transekten der seit 1991 nicht mehr genutz­ Sinne des Naturschutzes positiv verlaufende Be­
ten Sukzessionsfläche konnte sich die Bärwurz in standsentwicklung. Dabei steht außer Frage, dass
lediglich einem der Dauerbeobachtungsquadrate in nicht allein die Anzahl der Kräuter, sondern auch die
einer Deckung von 5 – 12,5 % beständig halten. Bis Artqualität von Bedeutung ist. Außerdem muss be­
auf eine weitere Beobachtungsfläche, in welcher sie dacht werden, dass das Artenpotenzial von Kräutern
ab dem Jahr 2000 nicht mehr feststellbar war, kam insgesamt erheblich größer ist als das der Gräser.
Meum in keinem weiteren Dauerbeobachtungs- Die Entwicklung des Gräser-Kräuterverhältnisses
quadrat vor. über den gesamten Versuchszeitraum offenbart die
In den Dauerbeobachtungsflächen der beiden günstige Auswirkung der Pflegemahd, insbesonde­
­Mul­ch­­­­varianten wies Meum eine uneinheitliche Ent­ re auf die Kräuter. Die Wirkung des Mulchens muss
wick­lung auf. In der Variante „zweimaliges Mulchen” in Hinblick auf die Anzahl der Kräuter differenziert
ging es im einzigen Vorkommensquadrat zurück. betrachtet werden. Die Entwicklung beim zweima­
Beim „einmaligen Mulchen” verringerte sich der ligen Mulchen lässt vermuten, dass ein schnellerer
De­­ckungsgrad in einer Dauerbeobachtungs­fläche, Stoffumsatz eine für lichtliebende Kräuter ungünsti­
während er in einer anderen leicht anstieg. ge Filzauflage verhindert und somit positiv wirkt. Der
In den Beweidungsvarianten kommt Meum atha­ Artenzuwachs bei den Kräutern in den überjährigen
manticum nur in wenigen Dauerbeo­bach­tungs­flä­ Varianten ist damit zu begründen, dass Verbra­
chen, dazu mit geringen Deckungsgraden vor. In chungsanzeiger hinzutreten, während lichtliebende
Parzelle 31 tauchte es im letzten Unter­suchungsjahr Arten noch nicht vollständig aus dem Bestand ver­
erstmalig auf, darüber hinaus waren außer in einem drängt sind. Zum Teil sehr deutlich tritt nach zehn
Dauerquadrat der Maßnahme Mähweide keine po­ Jahren der Artenverlust in den Sukzessionsparzellen
sitiven Trends bei dieser Art feststellbar. zu Tage. Es zeigt sich, dass dieser sowohl Kräuter
als auch die Gruppe der Gräser betrifft.
Gopplasgrün
Gräser-Kräuter-Verhältnis Stickstoffzahlen
Das Gräser-Kräuterverhältnis wurde in der Annah­ Im Wesentlichen entspricht die Entwicklung bei
me betrachtet, dass naturschutzfachlich wertvolle den gewichteten N-Zahlen über die gesamte Ver­
Wiesen i. d. R. einen besonderen Kräuterreichtum suchslaufzeit betrachtet den Erwartungen. Ledig­
aufweisen sollten. Die Erhöhung des Kräuteranteils lich in den Varianten „Zweimaliges Mulchen“ und
gibt u. a. einen relativ guten Hinweis, auf eine im „Überjähriges Mulchen“ hat sich ab dem Jahr

gewichtete durchschnittliche N-Zahlen


7,5

7 Mähen 2x

Mulchen 2x

6,5
Mähen 1x

Mulchen 1x
6
Mulchen/Mahd im
Wechsel

Überjährige Mahd
5,5

Überjähriges
Mulchen

4,5
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Abb. 22: Die Entwicklung der gewichteten durchschnittlichen N-Zahlen in den einzelnen Versuchsvarianten am Standort Gopplasgrün

109
Vgl. zu
Maßnahme Art 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 1995 und
Tendenz
Aegopodium poda­
2a 2a 2b 2a 2a 2a 1b 1a + + 
graria
Rumex obtusifolius + + - - - - + - - - 
Zweischürige Lolium perenne 2a 1b 1a 2b 1b 1a + + + + 
jährliche Mahd Holcus lanatus + + 1b 1b 3b 2b 3 2b 2b 2a 
Leucanthemum
- - + + + + - + + + 
vulgare
Trisetum flavescens - - + + + - + + - + 
Aegopodium poda­
2b 3 3 4 4 4 3 3 3 2b ~ ()
graria
Rumex obtusifolius - + 1a - + - - - - - = ()
Mulchen Lolium perenne 1b 1b 1a 1a + - - - - - 
2 x jährlich Holcus lanatus + 1a + 1b + 1a 1b 1b 1b 1b 
Leucanthemum
- - - - - - - - - + ?
vulgare
Trisetum flavescens - - - - - - - - - - -
Aegopodium poda­
2b 2b 2a 3 2b 2a 2b 2a 1b 2a ~
graria
Rumex obtusifolius - - - - - - + + - - = ()
Einschürige Lolium perenne 2a 2b 2b 1b + + + + + + 
jährliche Mahd Holcus lanatus 1a 1a 2a 3 3 4 4 3 3 2a  ()
Leucanthemum
- - - - - - - - - + 
vulgare
Trisetum flavescens - - - - + - - - - + 
Aegopodium poda­
+ + 2a 2b 2a 2b 2b 2b 2b 2b 
graria
Rumex obtusifolius - - - - - - - - - - -
Mulchen Lolium perenne 2b 1b 1a + 1a + 1a + + - 
1 x jährlich Holcus lanatus + + 1a 1a 2a 2a 2a 2b 3 2b 
Leucanthemum
- - - - - - - - - - -
vulgare
Trisetum flavescens - - - - - - - - - - -
Aegopodium poda­
+ 1a 1b 2a 2b 2a 2a 2b 2b 2b 
graria
Rumex obtusifolius + + - + + + + - - - 
Jährlicher Wechsel Lolium perenne 2a 1b 1a 1b 1a + 1a + - - 
Mulchen/Mähen Holcus lanatus + + 1b 2a 2a 2b 2b 2a 2b 2a 
Leucanthemum
- - - + + + + + - 1a 
vulgare
Trisetum flavescens - - - - - - + + - - =?

110
Vgl. zu
Maßnahme Art 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 1995 und
Tendenz
Aegopodium poda­
1a 1a 1a 2b 2a 2b 2b 1a 1a 2b 
graria
Rumex obtusifolius - - - + - + - - - - =?
Einschürige Lolium perenne 1a + + - + - + - - - 
überjährige Mahd Holcus lanatus 1a 1b 2a 2a 2a 1a 1b 1b 2a + 
Leucanthemum
- - - + + + + 1a + + 
vulgare
Trisetum flavescens - - - - - - + + - + 
Aegopodium poda­
2b 3 3 3 3 3 3 3 2b 2a 
graria
Rumex obtusifolius + + 1a 1a - - - - - - 
Überjähriges Lolium perenne + - - - - - - - - - 
einmaliges Mulchen Holcus lanatus 2a 1b 1a 1a 2a + 2a 2a 2a 2b 
Leucanthemum
+ + + + 1a + 1a + + + =
vulgare
Trisetum flavescens - + 1a 1a 1a 1a 1a + + 1a 
Aegopodium poda­
2b 3 3 3 2a 2a 2a 3 2b 2b =?
graria
Rumex obtusifolius - + - - - - - - - - =
Sukzession Lolium perenne - 1a + - - - - - - - =
(Frischwiesenbrache)
Holcus lanatus + 1a 1a 1a + + - + + - 
Leucanthemum
- - - + + + + + + + 
vulgare
Trisetum flavescens + + + - - - - - - - 
Lotus uliginosus + 1a 1a 1a 1a + + + + + =
Sanguisorba offici­
1a 1a 1b 1b 1b 1b 1b + + + 
nalis
Sukzession (Nass­
wiesenbrache) Alopecurus pratensis 2a 2a 2b 2b 2b 2b 2b 2a 1b 2a =?
Caltha palustris + + - - - - + - - - 
Carex nigra + + 1a + + - - - - - 
Galium uliginosum + + + + + + + - - + =

Tab. 7: Die Entwicklung diagnostisch bedeutsamer Arten im Untersuchungszeitraum am Standort Gopplasgrün

2003 eine deutliche und unerwartete Entwicklung Diagnostisch bedeutsame Arten


gezeigt. Ebenso wie bei den Schwankungen, die In der Tabelle 7 wird die Entwicklung des Deckungs­
auch in anderen Varianten im Gesamt-Versuchszeit­ grades für wenige ausgewählte Arten in den ver­
raum stattfanden, wird hier dass Witterungsgesche­ schiedenen Versuchsvarianten über die gesamte
hen hauptsächlich als Ursache vermutet. Eindeutig Versuchsperiode dargestellt. Neben den indikatori­
ist hingegen eine zunehmende Aushagerung bei der schen Auswahlkriterien (Nährstoff- und Intensitäts­
Variante „Zweimalige Mahd mit Abtransport“ anhand zeiger) sollten die Arten möglichst in allen Versuchs­
der durchschnittlichen N-Zahl abzulesen. varianten vorkommen, was allerdings nicht bei allen
Sippen möglich war.
Trotz der bezüglich der subjektiven Einschätzung
des Deckungsgrades gebotenen Vorsicht bei der
Interpretation, können doch für bestimmte Arten

111
eindeutige Entwicklungstendenzen aus den Werten auswirkt. Insgesamt muss allerdings eingeschätzt
herausgelesen werden. Als Beispiel sei der in allen werden, dass die einzelnen Nutzungsvarianten bis­
Varianten drastische Rückgang von Lolium perenne lang keinen signifikanten Einfluss auf das Gräser-
als Indikator für hohe Nutzungsintensität genannt. Kräuterverhältnis hatten.
Nachvollziehbar ist auch der starke Rückgang von
Aegopodium podagraria in der Variante „Zweischü­ Stickstoffzahlen
rige jährliche Mahd“, während in anderen Fällen die Die gewichteten durchschnittlichen N-Zahlen las­
Trends der Entwicklung nicht im vermuteten Maß sen nach 5 Versuchsjahren insgesamt noch keine
entsprechen (Beispiel Aegopodium podagraria in eindeutigen Trendaussagen zu. Überraschend er­
der Variante „Überjähriges einmaliges Mulchen“). Als scheint der deutliche Rückgang des Wertes in der
Grund hierfür wird die artinterne Dynamik vermutet. Variante „Zweimalige Mahd mit Düngung“. Es kann
vermutet werden, dass eine Grunddüngung, also
Forchheim mit Phosphor und Kalium zunächst eine stärkere
Gräser-Kräuter-Verhältnis Abschöpfung des Stickstoffs induziert. Vermutlich
Aus der Abb. 23 wird ersichtlich, dass die Varian­ wird der Wert auf längere Sicht (bei Beibehaltung
ten „ein-“ bzw. „zweischürige Mahd“ mit Abtrans­ der Düngung) aber nicht weiter sinken.
port des Mähgutes wahrscheinlich am ehesten der
Förderung von Kräutern dienlich sind, während sich Diagnostisch bedeutsame Arten
diesbezüglich das Mulchen überwiegend nachteilig In den Parzellen der Blockversuchsanlage am

100

90

80

70

60
G
% 50
K
40

30

20

10

0
2000 2004 2000 2004 2000 2004 2000 2004 2000 2004 2000 2004 2000 2004

Mähen 2x Mulchen 2x Mähen 1x Mulchen 1x Mulchen/Mahd im Überjährige Mahd Überjähriges


Wechsel Mulchen

Abb. 23: Gegenüberstellung des Anteils der Kräuter und Gräser in den unterschiedlichen Varianten am Standort Forchheim

gewichtete durchschnittliche N-Zahlen


6,7 Mähen 2x (o. Düng.)

6,5
Mulchen 2x

6,3

Mähen 2x (m.
6,1
Düng.)

5,9
Mähen 1x (o. Düng.)

5,7

Mulchen 1x
5,5

5,3
Mähen 1x (m.
Düng.)
5,1

Wechsel
4,9 Mahd/Mulchen
2000 2001 2002 2003 2004

Abb. 24: Die Entwicklung der gewichteten durchschnittlichen N-Zahlen in den einzelnen Versuchsvarianten am Standort Forchheim

112
Artname Zweimaliges Zweimaliges Zweimaliges Einmalige Mahd Einmaliges Einmalige Mahd Einmalige Mahd/ Zeiger
Mähen mit Mulchen (jährlich) Mähen mit (jährlich) ohne Mulchen (jährlich) (jährlich) mit Mulchen im
Beräumung Beräumung Düngung Düngung Wechsel
(jährlich) ohne (jährlich) mit
Düngung Düngung

Anthriscus = =  = = = = Stickstof fzeiger


sylvestris
Aegopdium 0 Stickstof fzeiger
    = 
podagraria
Holcus    = =  = Aushagerungszeiger
lanatus
Vicia sepium   = = =  = Aushagerungszeiger

Luzula Magerkeitszeiger
= =  =  = =
campestris
Stellaria
     = = Magerkeitszeiger
graminea

Tab. 8: Die Entwicklung diagnostisch bedeutsamer Arten im Untersuchungszeitraum 2000 bis 2004 (Forchheim)

113
Standort Forchheim sind insgesamt nur relativ we­ chungsflächen waren Ertragseinbußen von meist weit
nige diagnostisch bedeutsame Arten vorhanden. mehr als 50 % gegenüber dem Ausgangszustand zu
Zudem weisen diese Arten noch geringe Stetigkeiten verzeichnen. In Verbindung mit dem geringen Futter­
und Deckungsgrade auf. Auf Grund dieser Tatsache wert des spät geschnittenen Grünaufwuchses ist
und der noch vergleichsweise kurzen Versuchslauf­ dies aus landwirtschaftlicher Sicht doppelt negativ zu
zeit, lassen sich noch keine sicheren Ergebnisse bewerten. Anders kann dies bei der Weidenutzung
gewinnen. Die Trends sind meist sehr schwach aus­ unter der Voraussetzung eines Flächenüberschusses
geprägt, das heißt für eine eindeutige Interpretation eingeschätzt werden. Die Weideflächen wiesen zwar
kaum verwertbar. Bestandsentwicklungen, die auf auch erhebliche Rückgänge im Flächenertrag auf,
die Differenziertheit der Maßnahmen zurückzuführen bezogen auf das einzelne Tier konnte jedoch keine
sind, können bislang noch nicht dargestellt werden, negative Entwicklung festgestellt werden. Da die Tie­
was aus der Tabelle 8 herausgelesen werden kann. re auf Grund der reichlich verfügbaren Futterfläche
die Möglichkeit zum selektiven Fressen hatten, ver­
zeichneten sie keinen Verlust an Lebendmasse bzw.
5 Diskussion
Lebendmassezuwachs.
Börnchen
Unter den praxisnahen Bedingungen der Versuchs­ Landschaftspflege ohne Tiere
durchführung am Standort Börnchen ist es sehr Mahd und Mulchen sind bei regelmäßiger Durch­
schwierig, eindeutige kausalanalytische Zusammen­ führung effiziente Methoden zur Offenhaltung der
hänge in Hinblick auf die untersuchten Nutzungsva­ Landschaft. Die Mähflächen bleiben in der Be­stand­
rianten herauszustellen. Insbesondere nur unzurei­ zusammensetzung relativ stabil. Durch unterschiedli­
chend erfassbare kleinstandörtliche und temporäre che Mahdzahl (und damit verbunden verschiedenen
witterungsbedingte Gegebenheiten erschweren eine Mahdterminen) kommt es insbe­sondere zu Verschie­
entsprechende Interpretation. bungen im Deckungsgrad bei standörtlich offensicht­
lich konkurrierenden Arten (Agrostis capillaris/Festu-
Allgemein kann gesagt werden, dass im Verlauf der ca rubra).
Projektzeit eine gewünschte Aushagerung in den
Nutzungsvarianten stattgefunden hat. Eine Ausbil­ Mulchen
dung artenreicher Grünlandgesellschaften hat sich Für Naturschutz und Landschaftspflege lässt sich mit
bislang aber noch nicht im erhofften Maße eingestellt. der Maßnahme Mulchen lediglich das Ziel „Erhaltung
Bei vielen Zielarten handelt es sich um konkurrenz­ der offenen Kulturlandschaft“ verfolgen. Im Sinne des
schwache Arten mit offenbar auch geringem Ausbrei­ Zieles „Verbesserung der Biodiversität“ bringen so­
tungsvermögen. Da viele dieser Arten entweder nicht wohl einmaliges als auch zweimaliges Mulchen kei­
oder nur in sehr geringem Maße im Bereich der Ver­ nen nennenswerten Fortschritt.
suchsflächen vorhanden waren, konnte auch nicht
unbedingt mit deren schnellem Erscheinen in den Mahd
Dauerbeobachtungsflächen gerechnet werden. Obwohl die positiven Effekte sowohl der einmaligen
Im Hinblick auf die Erreichbarkeit von Naturschutz- als auch der zweimaligen jährlichen Mahd insgesamt
zielen dürfen, zumindest was kurz- und mittel­ hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind,
fristige Zielvorstellungen betrifft, Betrachtungen zur können die Maßnahmen, eine geeignete Termi­
Flächenhistorie nicht unbeachtet bleiben. So zeigt nierung vorausgesetzt, als zielführend eingeschätzt
z. B. insbesondere die teilweise frühere Acker­- werden. Die relativ mageren Ergebnisse lassen sich
nutzung von Versuchsflächen selbst bei einem ge- vermutlich weniger auf die Art der Maßnahme selbst,
­eigneten Pflegeregime durch ihre persistente Diaspo­ als vielmehr eine teilweise ungünstige Situation
renbank eine nachhaltige Wirkung. bezüglich Lage der Untersuchungsfläche (laterale
Nährstoffeinträge), unpassende Mahdtermine (v. a.)
Infolge ausbleibender Düngung ging der Flächen­­- ­zu Versuchsbeginn, kaum vorhandene Diasporen­
ertrag auf den von Natur aus relativ basen- sowie auch bank sowie fehlender Diasporeneintrag (isolierte
besonders phosphorarmen Böden erwartungsgemäß Lage) in Bezug auf wertgebende Arten zurück­
stark zurück. Vor allen auf den gemähten Untersu­ führen.

114
Bemerkenswert ist insbesondere das Wechselspiel­ Sukzession
in der Dominanz der beiden Magerkeitszeiger Ag­- Die Beobachtungen in den Dauerquadraten der
rostis capillaris und Festuca rubra. Während Transekte der Sukzessionsfläche verdeutlichen den
letztgenannte Art eher von der einschürigen Mahd Verlauf der Gehölzbesiedlung recht klar. Der Suk­
zu profitieren schien, zeigte das Rote Straußgras zessionsdruck von den Randflächen des Waldes
eine positive Resonanz bei einer jährlich zweimaligen bzw. des bachbegleitenden Ufersaums ist recht
Mahd. hoch. Die Zunahme der Gehölzdichte auf der Grün­
landfläche erfolgt in ihrem Verlauf nicht linear stei­
Landschaftspflege mit Tieren gend. Insbesondere in der Anfangsphase können
Durch eine Beweidung wird eine Wiederbewaldung Gehölzansiedlungen auf Grund unterschiedlicher
der Landschaft nur verhindert, wenn eine ausrei­ Ursachen lange Zeit von untergeordneter Bedeu­
chende Beweidungsintensität gewährleistet ist bzw. tung bleiben.
die Nachmahd obligatorisch wäre. Durch die Mög­
lichkeit des selektiven Fressens bei geringer Be­ Diasporeneintrag
satzdichte kommt es dazu, dass unattraktivere Teil­ Aus den Ergebnissen der Untersuchungen zu den
flächen vom Vieh kaum oder gar nicht frequentiert Diasporen lässt sich ableiten, dass eine Di­versifi­
werden. Ausgehend von solchen Flächen können zierung des Dauergrünlands aus der Diasporenbank
sich dann zunehmend Gehölze über immer größere heraus kaum stattfindet. Die meisten Zielarten des
Weideareale ausdehnen. Die Beweidung mit einer Grünlands bilden keine dauerhafte Diasporenbank.
Besatzdichte von 1 GV/ha im Zeitraum von Anfang Die Regeneration wertvoller Grünlandgesellschaften
Mai bis Weideabtrieb wird im Ergebnis der Versu­ benötigt längere Entwicklungszeiträume. Hierbei muss
che als Untergrenze hinsichtlich des zur Verhinde­ für die Etablierung von Arten über den Neueintrag von
rung der Verbuschung bzw. Wiederbewaldung er­ Diasporen offensichtlich eine Vielzahl günstiger Um­
forderlichen Viehbesatzes (auf mittleren Standorten) stände erfüllt sein. Eine aktive Beschleunigung des
einge­schätzt. Durch Verbiss und Tritt schädigen die Prozesses durch Ausbringung von Dia­sporenmaterial
Tiere zwar die Gehölze, können aber auf Dauer de­ hat ohne besondere Vorbereitungs­maßnahmen
ren Ausbreitung nicht verhindern. Um die Expansion kaum Erfolg. Neben der Prüfung der standörtlichen
von Gehölzen bei geringer Besatzdichte zu vermei­ Eignung von Spender- und Empfängerflächen sind
den, ist grundsätzlich eine Nachmahd erforderlich. entsprechende keimungsfördernde Rahmenbedin­
Das für die extensive Beweidung typische Neben­ gungen (ggf. wiederholt) zu schaffen, dazu zählen vor
einander von intensiven und kaum be­fressenen allem eine Beseitigung von ggf. vorhandenen verfilz­
Weidebereichen wird naturschutzfachlich beson­ ten Schichten alter Vegetation sowie die Schaffung
ders aus tierökologischen Gründen als ziel­konform offener Bodenstellen durch entsprechende Stö­
angesehen. rungen. Wie bereits aus vergleichbaren Unter­such­-
ungen bekannt, zeigte sich auch am Standort Börn­
chen, dass der Prozess der Diversifizierung von zuvor
intensiv genutztem Grünland als relativ lange dauernd
einzuschätzen ist. Auf der Ebene der Diversität von
Arten bzw. Vegetationsgesellschaften konnten im
Verlauf von 10 Versuchsjahren nur vergleichsweise
geringe Fortschritte erzielt werden. Am ehesten ver­
deutlichen der Rückgang des Ertragsvolumens sowie
die Struktur des Bestandes (u. a. geringere Bestan­
deshöhe) die Extensivierungsbestrebungen.

Gopplasgrün
Fischer (2004) bemerkt in seinen zusammen-
fassenden Ausführungen zu den Landschafts-pfle­
Abb. 25: Beweidung mit Pustertaler Sprinzen, Parzelle 33 geversuchen am Standort Gopplasgrün, dass nach
Foto: Archiv Naturschutz LfULG, AVENA einer Versuchslaufzeit von zehn Jahren hinsichtlich

115
einiger qualitativer und quantitativer Parameter der 6 Schlussfolgerungen
kausale Zusammenhang zur Pflegemethode offen­
sichtlich deutlicher her­vor­tritt, auch wenn vielerlei Die 1994 für den Standort Börnchen im Osterz­
Faktoren, die popu­lationsbiologische Schwankun­ gebirge vom Sächsischen Umweltministerium for­
gen verursachen können, eine eindeutige Interpreta­ mulierte Versuchsfrage „Mit welchem geringst mög­
tion der Ergeb­nisse immer noch erschweren. Insge­ lichen Aufwand können ehemals intensiv genutzte
samt kommt Fischer zu folgenden Einschätzungen: Grünlandflächen offen gehalten werden und wie
Eine zweischürige jährliche Mahd führt bereits nach verändern sich unter verschiedenen extensiven Nut­
relativ kurzer Zeit zu einer im Sinne des Zielzustan­ zungsvarianten die Parameter Artenvielfalt, Pflan­
des (artenreiche magere Wiese) positiven Entwick­ zensoziologie, Bodennährstoffe und Ertrag?“ kann
lung des Pflanzenbestandes. auch nach einer Versuchsperiode von 10 Jahren
Die einschürige jährliche Mahd zeigt ebenfalls eine nicht abschließend beantwortet werden. Zu einem
positive Entwicklung, die aber gegenüber der jähr­ ähnlichen Ergebnis kommt man auch für weite­
lich zweischürigen Mahd zeitlich verzögert ist. re Fragestellungen der Landschaftspflege an den
Überjährige Mahd kann auf nicht übermäßig eutro­ beiden anderen Versuchs­standorten in Gopplas­
phierten oder stärker verarmten Standorten zur Si­ grün und Forchheim. An allen Versuchsstandorten
cherung des Status quo ausreichen, vorausgesetzt sind Entwicklungstendenzen im Grünlandbestand
es erfolgt kein massiver Nährstoffeintrag oder ein über­ erkenn­bar, deren Ursache sich allerdings nicht im­
mäßiger Druck von Nitrophyten aus dem Umfeld. mer eindeutig der Art und Weise der Pflegemaßnah­
Mulchen erscheint unter den gegebenen Bedin­ men zuordnen lässt, vielmehr spielen standörtliche
gungen nicht dazu geeignet, eine aus naturschutz­ Unterschiede eine nicht unerhebliche Rolle.
fachlicher Sicht gewünschte Verbesserung­ des
Pflan­­zen­bestandes zu erreichen. Eine Erhaltung­des Allgemein wichtig ist u. a. die Erkenntnis, dass art­
Status quo weniger wertvoller Flächen ist aber mit spezifische Populationsschwankungen bzw. -wech­
dieser Maßnahme möglich. sel von Jahr zu Jahr auftreten, die z. T. recht dras­
tische Ausmaße annehmen können. Eine voreilige
Forchheim Interpretation bezüglich des Erfolges von Maßnah­
Erste Auswirkungen, die die unterschiedliche Art men verbietet sich deshalb unseres Erachtens.
und Weise der Nutzung dokumentieren, werden Die Landschaftspflegeversuche an drei verschie-
erst langsam sichtbar. Dabei sind es oft weniger denen submontanen bis montanen Standorten des
die „reinen“ Artenzahlen, die sich unterscheiden, sächsischen Erzgebirges haben trotz suboptimaler
als vielmehr die Ausprägungen des Bestandes, wie Ausgangs- und Rahmenbedingungen interessante
Wuchshöhe und Bestandesdichte. Betrachtet man Hinweise gebracht, die zwar im Wesentlichen die
die Entwicklung der nach Trophiegrad eingeteilten bekannten Thesen bestätigen, im Detail aber doch
Gruppen, entsteht z. T. ein widersprüchliches Bild. einzelne so nicht immer erwartete Ergebnisse offen­
So lassen sich selbst bei den Mahd-Varianten ohne baren.
Düngung keine eindeutigen Trends bezüglich Ab­
nahme von sogenannten Nährstoffzeigern erken­ Als wesentliche Ergebnisse der Landschaftspflege­
nen. Eine entwicklungsbedingte genaue Einordnung versuche können u. a. festgehalten werden:
der Pflanzenbestände nach pflanzenso­ziologischen Pflanzen oblagen natürlichen Bestandsschwan­
Gesichtpunkten lässt sich auf den unteren Gliede­ kungen, die unabhängig von der Art der Be­wirt­
rungsebenen (Verband/Assoziation) nach Ablauf der schaftung waren.
Untersuchungszeit nicht vornehmen. Lediglich für Nährstoffmangel wurde weniger durch den Ausfall
die beiden Mahdvarianten ohne Düngung können von Nährstoffzeigern als vielmehr durch deren phä­
vorsichtige Prognosen getroffen werden. Während notypische Ausprägung (Schwachwuchs) offen­
die Variante „zweimalige Mahd ohne Düngung“ erste sichtlich.
Anklänge zur submontanen Goldhaferwiese erken­ Auswirkungen verschiedener Extensivierungsmaß­
nen lässt, tendiert die Variante „einmalige Mahd ohne nahmen zeigten sich weniger auf der Ebene
Düngung“ hin zur Rotschwingel-Straußgras-Wiese. von Pflanzengesellschaften als vielmehr in deut­
lichen Abundanzverschiebungen einzelner Arten.

116
Die Auswirkungen von Maßnahmen der Land­ Literatur
schafts­­­pflege bzw. extensiven Nutzung auf zuvor
Auerswald, U.; Förster, M.; Hepting, C.; V. Blancken­
intensiver genutztem Grünland waren i. d. R. hin­
hagen­, B. (2005): Landschaftspflege­versuche
sichtlich des Ertragsrückganges be­deutender als
Börnchen – Ab­schlussbericht 2005 im Auftrag
die qualitativen Änderungen der Artenzusammen­
des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und
setzung der Bestände.
Geologie (unveröff.).
Mulchen ist aus Sicht des floristischen Arten­­schut­
Avena (1996 – 2004): Landschaftspflegeversuche
zes ungünstiger zu bewerten als die Varianten zur
Börnchen – Zwischenberichte im Auftrag des
Mahd mit Beräumung des Mähgutes; meist waren
Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geo­
die Mulchflächen artenärmer als die Flächen mit
logie (unveröff.).
Mahd und Beräumung. Das bestehende Arten­
Ellenberg, H. (1992): Zeigerwerte der Gefäßp­
inventar konnte in den Varianten mit jähr­lichem
flanzen Mitteleuropas. Scripta geobotanica18,
Mulchen überwiegend gehalten werden. Zweima­
3. Auflage.
lige Mahd mit Beräumung war insgesamt bei ent­
Fischer (1995): Floristische und vegetationskundli­
sprechender Terminsetzung die günstigste Pflege-
che Untersuchungen zum Landschaftspflege­
bzw. Nutzungsform für ehemals intensiver genutzte
versuch der Landesanstalt für Landwirtschaft
Bestände. Eine Beweidung mit einer Besatzdichte
am Standort Gopplasgrün im Auftrag des Säch­
von 1,0 GV/ha ohne Nachmahd kon­nte eine Verbu­
sischen Landesamtes für Umwelt und Geologie
schung auf Dauer nicht verhindern.
– Jahresbericht 1995 (unveröff.).
Sukzessionsbestände verarmten floristisch, zum
Fischer, U. (2000a) Floristische und vegetations­
Teil bildeten sogenannte Brachezeiger Domi­nanz­­
kundliche Untersuchungen zum Landschafts­
stadien aus. Eine Verbuschung der Sukzessionsflä­
pflegeversuch der Landesanstalt für Landwirt­
che (Börnchen) erfolgte von den gehölzbestandenen
schaft am Standort Gopplasgrün im Auftrag des
Nachbarflächen nach einer anfänglichen „Etablie­
Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Ge­
rungsphase“ von mehreren Jahren mit zunehmen­
ologie – Jahresbericht 2000 (unveröff.).
der Geschwindigkeit.
Fischer, U. (2000b) Floristische und vegetations­
Der vorliegende Artikel kann das umfassende lang­
kundliche Untersuchungen zum Landschafts­
jährige Versuchsgeschehen nur in sehr groben
pflegeversuch 018 der Landesanstalt für Land­
Zügen wiedergeben. In Verbindung mit anderen
wirtschaft am Standort Forchheim im Auftrag
Projekten (z. B. E&E-Projekt Oelsen, siehe Beitrag
des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und
Hachmöller et al. (2008) in diesem Heft) geben die
Geologie – Jahresbericht 2000 (unveröff.).
Versuche aber wichtige Hinweise für die praktische
Fischer, U. (2004a) Floristische und vegetation­
Naturschutzarbeit in Sachsen.
skundliche Untersuchungen zum Landschafts­
Die gewonnenen Erkenntnisse sind darüber hin­
pflegeversuch der Landesanstalt für Landwirt­
aus für die fachliche Arbeit der Naturschutzfachbe­-
schaft am Standort Gopplasgrün im Auftrag
hörden von Bedeutung und fließen z. B. in die
des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und
Programm­entwicklung und -begleitung der säch­
Geologie – Jahresbericht 2004 (unveröff.).
sischen Förderprogramme im Bereich Landschafts­
Fischer, U. (2004b) Floristische und vegetation­
pflege und Agrar-Umwelt mit ein.
skundliche Untersuchungen zum Landschafts­
pflege­­versuch 018 der Landesanstalt für Land­
wirtschaft am Standort Forchheim im Auftrag
des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und
Geologie – Jahresbericht 2004 (unveröff.).
Förster, M.; Hepting, C. (2000): Landschafts­pflege­
versuche Börnchen – Schluss­bericht 2000, im
Auftrag des Sächsischen Landesamtes für Um­
welt und Geologie.

117
Hachmöller, B.; Hardrke, H.-J. & Schmidt, P. A. (2009):
Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben „Grün­
landverbund im Osterzgebirge am Beispiel der
Oelsener Höhe“ des Landesvereins Sächsischer
Heimatschutz. In: LfULG – Sächsisches Landesamt
für Umwelt und Geologie:Naturschutzfachliche

Aspekte des Grün­landes in Sachsen. Naturschutz


und Land­schaftspflege 2008.
Lfl – Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft
(2006): www.landwirtschaft.sachsen.de/de/wu/
Landwirtschaft/lfl/inhalt/10476.htm
Noppe, C. (1995): Landschaftspflegeversuche Börn­
chen – Schlussbericht 1995 im Auftrag des
Sächsischen Landesamtes für Umwelt und
Geologie (unveröff.).
Pfadenhauer, J.; Poschlod, P. & Buchwald. R. (1986):
Überlegungen zu einem Konzept geobotanisch­
er Dauerbeobachtungsflächen für Bayern. Ber.
ANL 10, S. 41 – 60.
Poschlod, P. & Jackel, A.-K. (1993): Untersuchun­
gen zur Dynamik von generativen Diasporen­
banken von Samenpflanzen in Kalkmagerrasen.
I. Jahreszeitliche Dynamik des Diasporenregens
und der Diasporenbank auf zwei Kalkmager­
rasenstandorten der Schwäbischen Alb. Flora
188, S. 49 – 71.
Smul – Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und
Landwirtschaft (2007): Sächsischer Agrarbericht
2006. Dresden.

118
Ergebnisse der naturschutzfach- Im folgenden Beitrag werden ausgewählte Er­
lichen Begleituntersuchungen zu geb­nisse der naturschutzfachlichen Begleitunter­
grünlandbezogenen Maßnahmen im suchungen zu den grünlandbezogenen Maß­-
Programm „Naturschutz und Erhalt n­ahmen des Programms NAK dargestellt. Dazu
der Kulturlandschaft (NAK)“ erfolgen zunächst die Vorstellung der einzelnen
Grünlandmaßnahmen einschließlich der ursprüng­
Anja Koch, Michael Deussen, Carola Schneier lich mit der Förderung verbundenen Zielstellungen
und der tatsächliche Anwendungsumfang. Daran
Vorbemerkungen schließt die Erläuterung des Konzeptes und der
Durchführung der Untersuchungen an. Den Hauptteil
Im Programm „Naturschutz und Erhalt der Kultur­ des Beitrages bilden die Auswertungen zu Biotopen
landschaft (NAK)“ wurden die naturschutz­gerechte und Lebensraumtypen, zur Flora und zu den er­
Bewirtschaftung von Grünland, Ackerland und fassten faunistischen Artengruppen sowie deren
Teichen sowie verschiedene Maßnahmen zum Interpretationen. Abschließend wird nach einer zu­
Schutz bzw. zur Schaffung von Sonderbiotopen ge­ sammenfassenden Betrachtung der Ergebnisse auf
fördert (vgl. Schwarzbach et al. 2003). Dabei war das die aus der naturschutzfachlichen Begleitung zu
Programm NAK ein Teil der „Förderung einer um­ ziehenden Schlussfolgerungen so wohl hinsichtlich
weltgerechten Landwirtschaft im Freistaat Sachsen der Förderung bestimmter Maßnahmen als auch zu­
(UL)“ und wurde von der Europäischen Union (EU) künftiger Untersuchungen eingegangen.
mit bis zu 75 % der ausgezahlten Mittel kofinanziert. Die Grundlage der naturschutzfachlichen Be­gleit­
Die Grundlage für den Ein­satz der europäischen untersuchungen zum Programm NAK stellte ein
Mittel bildete der „Entwicklungsplan für den länd­ vom Prof. Hellriegel-Institut Bernburg an der Hoch­
lichen Raum des Freistaat Sachsen 2000 – 2006“ schule Anhalt erstelltes Konzept dar (Richter et al.
(Smul 2000) als Programmplanungsdokument. 2001). Ebenso wurden die Durchführung der Er­-
Ziel des Programms NAK war es, über die Wieder­- hebungen und die Bewertung der Ergebnisse von
aufnahme bzw. Fortführung naturschutz­gerechter Mitarbeitern des Instituts begleitet. So ist auch ­dieser
Bewirtschaftungsweisen land- und teichwirtschaft­ Beitrag unter der wesentlichen Mitwirkung von Prof.
lich genutzte Flächen als Lebensraum gefährdeter Dr. K. Richter und H. Teubert vom Prof. Hellriegel-
bzw. seltener Pflanzen- und Tierarten und ihrer Institut Bernburg an der HS Anhalt entstanden.
Lebensgemeinschaften als wichtige Elemente in ei­
nem Biotopverbundsystem und als Bestandteile der 1 Naturschutzmaßnahmen und -ziele
sächsischen Kulturlandschaft zu erhalten, zu entwi­ im Grünland
ckeln und langfristig zu sichern (SMUL 2000). Eine
Förderung arbeitsintensiver Pflegemaßnahmen für Die naturschutzgerechte Grünlandnutzung und
naturschutzfachlich sehr hochwertige, nicht mehr -pflege stellte den Schwerpunkt innerhalb der ver­-
bewirtschaftete Biotope und Lebensräume erfolgte schiedenen Maßnahmebereiche des Pro­gramms­
ergänzend über die Naturschutzrichtlinie. NAK dar. Dazu wurden verschiedene Maßnahmen
Bei der Teilnahme an der NAK-Förderung ver­pflich­ angeboten: Naturschutzgerechte Beweidung, Na­
teten sich die Landnutzer in der Regel über fünf Jahre turschutzgerechte Wiesennutzung für Frisch-, Feu­
zu einer naturschutzgerechten Nutzung und erhielten cht- und Bergwiesen und Nasswiesenpflege. Da­
dafür einen finanziellen Ausgleich für die entstand­- rüber hinaus waren für den Grünlanderhalt die Maß­-
enen Mehraufwendungen und Ertragseinbußen. Zu nahmen Hüteschafhaltung, Streuobst­wie­senpflege,
den grundlegenden Teilnahmebedingungen gehörte Um­wand­lung von Ackerland in Grünland sowie die
u. a. der vollständige Verzicht auf den Einsatz che­ Pflege aufgegebener landwirtschaftlicher Flächen
misch-synthetischer Pflanzenschutz- und Düngemittel relevant.
auf den Förderflächen. Zusätzlich zu diesen allgemei­ Eine Auswertung der Inhalte der flächenkon­
nen und weiteren maßnahmespezifischen Vorgaben kreten Bewirtschaftungsvereinbarungen zu den
wurden flächenkonkrete Bewirtschaftungsverein­ba­ Maß­nahmen Naturschutzgerechte Beweidung,
rungen zwischen dem Antragsteller und der zustän­ Na­tur­schutzgerechte Wiesennutzung und Hüte­
digen Naturschutzbehörde getroffen. schafhaltung ergab, dass zum Einsatz von orga­

119
nischen Düngemitteln auf ca. 80 % der Fläche aufgenommenen Flächen auf Grund zwischenzeit­-
Regelungen getroffen wurden, davon betrafen lich geänderter Fördervoraus­setzungen keine Ver­
rund 60 % einen vollständigen Düngungsverzicht. trags­verlängerung möglich war.
Bei der Nasswiesenpflege gehörte der Verzicht Die Maßnahme Naturschutzgerechte Beweidung
auf organische Düngung bereits zu den allgemei­ zielte ursprünglich auf den Erhalt und die Ent­
nen Vorgaben der Maßnahme. Hinzu kam für über wicklung der artenreichen Grünländer ab, die
50 % der ausgewerteten Fläche eine Vereinbarung maß­geblich durch eine extensive Beweidung ent­­
zur Kalkung (LfUG 2006a). Darüber hinaus waren standen sind, wie z. B. Magerweiden oder Borst­
oft weitere Auflagen festgeschrieben, beispielswei­ grasrasen (SMUL 2000). In einer Auswertung der
se ein Belassen von Rand- und Zwischenstreifen tatsächlichen, einzelflächenbezogenen, von den zu­-
oder Säumen als Rückzugsräume für die Fauna ständigen Naturschutzbehörden festgelegten Ziel­
oder etwa das Unterlassen der Mahd am Nest­ stellungen zeigte sich, dass auf der Mehrzahl der
standort und in dessen Umfeld bei bekannten in der Förderung befindlichen Flächen allgemein
Wiesenbrütervorkommen. die Entwicklung eines artenreichen Zustandes von
Die Beweidungs-, Wiesennutzungs- und Nasswie­ Grünlandbiotopen verschiedenster Ausprägungen
sen­­pflege-Maßnahmen erreichten in der Gesamt­ angestrebt wurde. Auf einem Teil der Flächen sollten
heit ihren größten Umfang in der Programmlaufzeit Magerweiden oder Bergwiesen als gesetzlich ge­
im Jahr 2004 mit über 20.000 ha und ca. 11 % schützte Biotope erhalten oder entwickelt werden.
der sächsischen Grünlandfläche (siehe Abb. 1). Spezielle Weidegesellschaften oder Borstgrasrasen
Hochrechnungen ergaben, dass von den im Zuge stellten nur in Ausnahmefällen die Zielstellung für
dieser Maßnahmen geförderten Flächen im Jahr eine Fläche dar. Hingegen wurde die Maßnahme
2004 rund 40 % in Natura 2000-Gebieten lagen. häufig zur Pufferung für angrenzende, z. T. auch
Der regionale Schwerpunkt der Förderung der na­ direkt auf den Flächen befindliche, wertvolle Bereiche
turschutzgerechten Grünlandnutzung befand sich (z. B. Fließgewässer oder Feuchtbereiche) einge­
im Sächsischen Bergland und Mittelgebirge. Die setzt. Auf ca. 12 % der Flächen war der Erhalt bzw.
Abnahme des Flächenumfangs in den Folgejahren die Entwicklung der Fläche als Lebensraum bzw.
wird im Wesentlichen darauf zurückzuführen sein, Lebensstätte einer oder mehrerer geschützter und/
dass nach Auslaufen der fünfjährigen Vertragslauf­ oder gefährdeter Arten (v. a. für Wiesenbrüter, u. a.
zeit für einige der in 2000 und 2001 in die Förderung für den Wachtelkönig) ein Förderziel (LfUG 2006a).

Abb. 1: Entwicklung der über das Programm NAK geförderten Fläche (in ha) ausgewählter Maßnahmen im Grünland in den
Jahren 2000 bis 2006

120
Mit den Maßnahmen zur Naturschutzgerechten Wie­- bestimmter Arten eine Zielstellung, wiederum v. a.
sennutzung sollten floristisch und faunistisch wert­ Wie­senbrüter, aber auch beispielsweise Orchideen­
volle Wiesenflächen als Lebensräume erhalten arten wie das Breitblättrige Knabenkraut (LfUG
werden. Dabei wurden aufgrund der verschiede­ 2006a). Die Hüteschafhaltung wurde als För­
nen Bewirtschaftungserschwernisse und -ansprü­ dermaßnahme angeboten, da auf Grund der
che zwischen Frisch-, Feucht- und Bergwiesen Flexibilität der Beweidungsintensität eine schnel­
unterschieden und differenzierte Prämien gewährt le Anpassung an Pflege- und Standortansprüche
(SMUL 2000). Auf den in der Förderung befindli­ ermöglicht wird. Dieser Vorteil sollte zur gezielten
chen Flächen entsprach in der Mehrzahl der Fälle Umsetzung von Pflegezielen in geschützten Bio­-
die Maßnahmebezeichnung auch dem ange­ topen genutzt werden (SMUL 2000). In der Aus­
strebten Zielzustand. Allerdings wurden auch viel­ wertung der einzelflächenbezogenen Zielstellungen
fach Flächen mit natürlicherweise vorkommenden zeigte sich, dass der Einsatzschwerpunkt der
Übergangsbereichen (z. B. Übergänge zwischen Hüteschafhaltung auf Heideflächen lag, auf Grün­
Frisch- und Feuchtwiesen) zusammen in einer landflächen kam sie insbesondere zum Erhalt
Maßnahme gefördert. Auf einem Teil der Flächen, und zur Entwicklung artenreicher Bergwiesen und
speziell in der Frischwiesennutzung und in der auch artenreicher Frischwiesen, z. T. in mageren
Bergwiesennutzung, zielte die Förderung darauf ab, Ausprägungen, zur Anwendung. Bei diesen Flächen
magere Ausprägungen der Biotoptypen zu erhalten handelte es sich oft um hängige Flächen, auf de­
oder zu entwickeln. In der Feuchtwiesennutzung nen eine Mahd nur unter Erschwernissen möglich­
wurden sowohl Feuchtwiesen mit Übergängen zu wäre. (LfUG 2006a).
seggen- und binsenreichen Nasswiesen als auch
zu Frischwiesen gefördert. Nach der Auswertung 2 Konzept und Durchführung naturschutz-
einzelflächenbezogener Zielstellungen wurde­auf ca. fachlicher Begleituntersuchungen
18 % der Frischwiesen, ca. 43 % der Feuchtwiesen
und auf ca. 24 % der Bergwiesen die Verbesserung Die Europäische Union erwartete für die von ihr
der Lebensraumeignung für bestimmte Arten ange­- anteilig finanzierten Programme eine Bewertung
strebt, in der Mehrzahl der Fälle für Wiesenbrüter (LfUG der Wirksamkeit durch einen externen Evaluator
2006a). Über die Förderung der Nasswiesenpflege (KOM 2000). Aus diesem Anlass führte das
sollten die nach § 26 SächsNatSchG geschützten Sächsische Landesamt für Umwelt und Geologie
Nasswiesen-Biotope durch eine Fortführung der (LfUG) von 2002 bis 2006 naturschutzfachliche
traditionellen Nutzung bzw. Pflege erhalten werden Begleituntersuchungen zum Programm NAK als
(SMUL 2000). Die Mehrzahl der einzelflächenkon­ Zuarbeit für die externe Evaluation durch. Dafür
kreten Ziel­stellungen stellten seggen- und binsen­ wurden vom LfUG in jährlichen Berichten zu größ­
reiche Nasswiesen dar, daneben aber auch ver­ tenteils von der EU vorgegebenen 59 einzelnen
einzelt Groß- und Kleinseggenriede, Quellbereiche Indikatoren bzw. Teilindikatoren Aussagen getroffen,
und Feuchtwiesen. Auf ca. 37 % der geförder­ die 13 Kriterien und 4 Bewertungsfragen zugeordnet
ten Nasswiesen war außerdem die Begünstigung waren. Da die Hauptaufgabe der naturschutzfach­

Grundlagendaten Alle NAK-Flächen: Flächenstatistik

> 50 % der NAK-Fläche: GIS - gestützte Auswertung


Grobuntersuchungen
> 50 % der NAK-Fläche: Grobeinschätzungen

Vertiefende Untersuchungs­
Detailuntersuchungen Komplexe Fallstudien Einzelfallstudien
komponenten

Tab. 1: Konzeptioneller Aufbau der NAK-Begleituntersuchungen

121
lichen Untersuchungen darin bestand, die europä­ intensiv bzw. nicht bewirtschafteter­Vergleichsflächen
ischen Evaluationsanforderungen zu erfüllen, wurde gegenübergestellt. Diese Ver­gleichsflächen sollten
das Untersuchungsdesign durch die zu beantwor­ bei der Beurteilung der Förderflächen im temporalen
tenden Fragen, Kriterien und Indikatoren bestimmt. Vergleich vor allem eine Abschätzung des Einflusses
Dementsprechend sind die Ergebnisse für andere externer Faktoren gegenüber den Wirkungen der
Auswertungen, Interpretationen etc. nur begrenzt durchgeführten Maß­nahme ermöglichen. Neben
verwendbar. Soweit möglich wurde versucht, die den Erfassungen zu Grünlandmaßnahmen erfolg­
gewonnenen Daten auch für andere naturschutz­ ten ebenfalls Unter­suchungen zu Acker- und Teich­
fachliche Auswertungen nutzbar zu machen sowie maßnahmen.
für die Weiterentwicklung der Förderung einzuset­ Grobuntersuchungen wurden für alle Maßnahmen
zen. Die naturschutzfachlichen Untersuchungen, die des Programms NAK durch Mitarbeiter des LfUG
auf dem vom Prof. Hellriegel-Institut Bernburg an durchgeführt. Dazu erfolgte eine Begehung der
der Hochschule Anhalt entwickelten Begleitkonzept Flächen und eine gutachtliche Einschätzung des
(Richter et al. 2001) beruhten, bestanden aus Bau­ naturschutzfachlichen Wertes. Beurteilt wurde der
steinen unterschiedlicher Untersuchungstiefe, den Abstand des aktuellen Zustands der Fläche im Ver­-
so genannten Grobuntersuchungen und den vertiefen­ gleich zu dem von der zuständigen Natur­schutz­
den Untersuchungen (siehe Tab. 1). Zur Beurteilung behörde formulierten, anzustrebenden Ziel­zustand­
der Entwicklung der Flächen im Zeitverlauf erfolgte anhand einer fünfstufigen Skala. Über die Wieder­
eine Wiederholung der Erfassungen nach zwei bis holung der Untersuchung ließen sich Trendaussagen
drei Jahren. Für einen Teil vertiefender Untersuch­ zur landesweiten Entwicklung der Flächen ableiten
ungen wurde noch eine Wiederholung nach weiteren und Rückschlüsse auf die Maßnahmewirksamkeit
zwei Jahren durchgeführt, um – wenigstens in Teilen – ziehen. Bei der Be­gehung wurde auch der un­
auf langfristigere Ergebnisse zurückgreifen zu können. gefähre geografische Flächenmittelpunkt erfasst,
Im Bereich der vertiefenden Untersuchungen wu­r­­- um räum­liche Aus­wertungen, z. B. zur Lage der
den die Beobachtungen auf geförderten Flä­chen zu­- Förderflächen in Schutz­gebieten oder zu angren­
meist entsprechenden Untersuchungs­ergeb­nissen zenden Feucht­gebieten, zu ermöglichen.

Abb. 2: Übersichtskarte zur Lage der Untersuchungsflächen der vertiefenden Untersuchungskomponenten im Grünland 2002 – 2006.

122
Komplexe Einz.
Detailmonitoring
Fallstudie fallst.

Nasswiesen-pflege

Hüteschafhaltung
Unter­

Gr. Weidenteich
Wiesennutzung

Wiesennutzung

Wiesennutzung
(Feuchtwiesen)
(Frischwiesen)
suchungs- Methoden

(Bergwiesen)

Breitenbrunn
gegenstand
Beweidung

Schönfeld
Luppeaue
• Biotoptypen: gemäß Kartieranleitung zur
Biotopkartierung in Sachsen (LfUG 1998
/2003), Schätzung der Flächenanteile
Biotop- und
an der gesamten Untersuchungsfläche
FFH-Lebens- X X X X X X X X X
in Prozent
raumtypen
• FFH-Lebensraumtypen: orientiert an der
sächsischen Kartieranleitung, Schätzung
des ungefähren Flächenumfangs

• Einrichtung von Dauerflächen


(ca. 25 qm, mittels GPS eingemessen,
mit Erdmagneten markiert)
• Braun-Blanquet-Skala (erweitert um
2 m, a und b)
Vegetation X X X X X X X X X • Benennung der Vegetationseinheiten
nach Böhnert et al. (2001)
• Dominanzschätzung aller auf
der gesamten Maßnahmefläche
vorkommenden Vegetationstypen
(Klasseneinteilung gemäß
Erfassungsbogen)

• Qualitativ auf der gesamten


Untersuchungsfläche; ausgewählte
Zeigerarten halbquantitativ
Flora X X X X X X X X
• mindestens zwei Begehungen
• Kartierung auf Artebene, Angabe von
Subspezies im Falle indikatorischer
Relevanz

• Erfassung über Verhören und


Kescherfang
• 4 Begehungen (1 x Frühjahr,
Heuschrecken X X X X X X X X
3 Spätsommer im Abstand von
ca. 14 Tagen)
• Häufigkeitsschätzung bezogen auf
ca.100 qm
• Erfassung über Fallenfang
(„Barber-Fallen“)
• Je eine Frühsommer- (8 Wochen) und
Laufkäfer X X X X X X eine Spätsommer/Herbstperiode
(6 Wochen)
• Fallenleerung in zweiwöchigen Abständen
• vier Fallenserien mit je 5 Fallen

• Flächen von je ca. 25 ha Größe


• Zeitraum Mitte April bis Ende Juni
• Statusangabe gemäß sächsischer
Vögel X X X
Brutvogelkartierung
• mind. 6 Gänge in ca. zehntägigem
Abstand
• jeder Nachweis (auch bei jedem
Geländeaufenthalt zur Erfassung
anderer Taxa)
Reptilien X
• 6 Begehungen (ab April) mit gezielter
Nachsuche
• tatsächlich nachgewiesene Individuenzahl

• Erfassung durch Sichtbeobachtungen


und Kescherfang
• 6 Begehungen von je ca. 1 h
Tagfalter X X X
(April bis September)
• Häufigkeitsschätzung, jeweils die höchste
festgestellte Abundanzklasse

Tab. 2: Untersuchungsumfang und Erfassungsmethoden der vertiefenden Untersuchungen

123
Der Schwerpunkt der vertiefenden Untersuchungen Hüteschafhaltung im Naturschutzgebiet „Großer
lag auf den repräsentativen Detailuntersuchungen, Weidenteich“ mit einmaliger Wiederholung durch­
die durch komplexe Fallstudien und Einzelfallstudien geführt. In der Tab. 2 werden der Untersuchungs-
ergänzt wurden. Im Rahmen der Geländearbeiten umfang und die Erfassungsmethoden der vertiefen­
wurden vegetationskundliche, floristische und fau­ den Untersuchungen im Überblick dargestellt.
nistische Parameter nach standardisierten Me­tho­
den durch Dritte im Auftrag des LfUG erhoben (siehe
3 Ergebnisse Biotope
Abb. 2 und Tab. 2).
und Lebensraumtypen

Detailuntersuchungen zur Beurteilung der Maß­ Die Ergebnisdarstellungen in diesem und in dem
nahmewirkungen auf Arten und Biotope erfolgten für folgenden Kapitel stützen sich – sofern nicht an­
Maßnahmen mit hohem Anwendungsumfang. Dazu ders angegeben – auf den Abschlussbericht zu den
gehörten die drei Maßnahmen Natur­schutzgerechte naturschutzfachlichen Begleituntersuchungen zur
Wiesennutzung, Natur­schutz­gerechte Beweidung Evaluierung des Programmteils E (NAK) im Rah­
und Nasswiesenpflege, die mit insgesamt ver­ men der EU-Agrarumweltmaßnahmen im Freistaat
hältnismäßig hohem Flächenumfang sowie vielen Sachsen (LfUG 2006a). Im landesweiten Grob­
Einzelflächen gefördert wurden. Die Untersuchungen monitoring wurde für rund 60 % der im Jahr 2001
zur Naturschutzgerechten Beweidung wurden einmal geförderten Grünlandfläche der Abstand zu den als
nach zwei bzw. drei Jahren, die Erfassungen auf den Zielstellung benannten wertvollen Aus­prägungen
Untersuchungsflächen der Naturschutzgerechten von Biotoptypen bewertet. Die Abbildung 3 zeigt
Wie­sen­nutzung und Nasswiesenpflege einmal nach eine Gegenüberstellung der ­Erge­bnisse dieses im
zwei Jahren durchgeführt. Für einige Erfassungen der zweijährigen Abstand durchgeführten Ist-/Ziel-Ver­
Naturschutzgerechten Wiesennutzung und Nass- gleichs für die erstmals 2002 bzw. 2003 und wie­
­wiesenpflege erfolgte zusätzlich eine weitere Wie­ derholt 2004 bzw. 2005 begutachteten Flächen.
derholung nach zwei Jahren. Bei den folgenden Aussagen ist zu berücksichti­
gen, dass die Abbildung 3 nur eine eingeschränkte
Zweck der komplexen Fallstudien war es, in Interpretation zulässt. Dies begründet sich in den­
Gebieten mit einem hohen Anteil von NAK-Flächen unter­schiedlichen auf den Flächenzustand ein­wir­­-
an der gesamten Landwirtschaftsfläche landschaft­ ken­den Faktoren in Verbindung mit der kurzen
sökologische Wirkungen sowie Aussagen zur Wir­ zweijährigen Zeitspanne zwischen Erst- und
k­ung auf die Struktur und kulturelle Eigenart der Wiederholungsuntersuchungen. Vorrangig ver­
Landschaft ableiten zu können. In der Komplexstudie deutlicht die Abbildung den hohen Anteil von Ent­-
„Luppeaue“ wurde v. a. die Naturschutzgerechte wicklungsflächen (Wertstufen 1 – 3) im Vergleich
Feuchtwiesennutzung, in der Studie „Breitenbrunn“ zu den Erhaltungsflächen (Wertstufen 4 und 5).
die Umwandlung von Ackerland in Grünland, die Das resultiert daraus, dass viele Flächen vor Ein­
Naturschutzgerechte Beweidung und die Natur­ tritt in das Programm NAK einer konventionellen
schutzgerechte Frischwiesennutzung und in der Nutzung unterlagen. Im temporalen Vergleich der
Studie „Schönfeld“ die Verzahnung von Natur­ Erfassungsjahre 2002/2003 zu 2004/2005 zeigt
schutzgerechter Bergwiesennutzung mit dem Erhalt sich über alle Maßnahmen hinweg ein leicht positi­
historischer Merkmale (Steinrücken) untersucht. ver Entwicklungstrend: Entwicklungsflächen neh­-
Für alle drei Fallstudien erfolgten Wiederholungs­ men zugunsten von Er­haltungsflächen ab. Neben
untersuchungen. dem anzunehmenden Einfluss der Bewirt­schaf­
In Einzelfallstudien wurden spezielle Maßnahmen, tungsmaßnahmen kann diese Zunahme positiver
die wenig nachgefragt waren, oder Maßnahmen, naturschutzfachlicher Flächen­bewertungen auch
die räumlich stark konzentriert zur Anwendung an nicht unmittelbar mit der Nutzung zusammen­
kamen, untersucht. Die Interpretation erfolgte im hängenden Aspekten liegen (z. B. Ver­änderungen
Hinblick auf den Zustand und die Entwicklung durch Witter­ungseinflüsse, methodische Aspekte).
der Arten- und Biotopvielfalt unter dem Einfluss Ergebnisse aus dem Detail­monitoring zeigen, dass
der entsprechenden Maßnahme. Im Bereich der sich auf mehr als 70 % der Untersuchungsflächen
Grünlandnutzung wurde eine Einzelfallstudie zur zumindest anteilig besonders­ geschützte Biotope

124
Abb. 3: Anzahl der im Grobmonitoring erfassten Landwirtschaftsflächen nach Wertstufen und Programmpunkten im Ist/Ziel-Vergleich der
Jahre 2002/03 und 2004/05.
*Die Daten zur Maßnahme Hüteschafhaltung beziehen sich nur auf Grünlandflächen, Heideflächen sind hier nicht Gegenstand
der Betrachtung.

bzw. auf fast 60 % aller im Detailmonitoring unter­ lich wird der nur geringe Anteil von ca. 12 % der
suchten Grünlandflächen FFH-Lebensraumtypen Detailmonitoringfläche von FFH-Lebensraumtypen
befinden. Der überwiegende­ Teil der Grünland- im Programmpunkt Nasswiesenpflege. Auf Nass­
Lebensraumtypen benötigt Schnitt­nutzung zur wiesenstandorten in Sachsen finden sich aufgrund
Erhaltung bzw. Wiederherstellung des günstigen­ der Standortgegebenheiten sehr selten FFH-
Erhaltungszustands. Daraus erklärt sich ein relativ­ Lebensraumtypen wie Pfeifengraswiesen, andere
geringer Anteil von FFH-Lebensraumtypen in der Nasswiesengesellschaften werden über die FFH-
Maßnahme Naturschutz­ge­rechte Beweidung im Lebensraumtypen nicht abgebildet. Ähnliches gilt
Vergleich zu den Programmpunkten mit­ Wiesen­ für die Flächen im Programm­punkt Naturschutz­
nutzung. In der Maßnahme Natur­schutz­gerechte gerechte Wiesennutzung (Feucht­wiese), auf denen
Wiesen­nutzung (Bergwiese) wurden auf 100 % der vor allem in ihren Rand­bereichen FFH-Lebens­
Flächen und in der Maßnahme Naturschutz­gerechte raumtypen wie Flach­land-Mähwiesen oder feuchte­
Wiesennutzung (Frischwiese) auf 80 % der Flächen Hochstaudenfluren vorkommen. Daneben­ wurde
FFH-Lebens­raumtypen erfasst. So wurden bei­ auch der in Sachsen örtlich nur sehr begrenzt vor­
spielsweise in der Maßnahme Naturschutzgerechte kommende Lebens­raumtyp Brenn­dolden-Auen­-
Wiesennutzung (Bergwiese) schwerpunktmäßig wiese kleinflächig kartiert. Der natur­schut­z­fach­
FFH-Lebensraumtyp Berg-Mähwiese bzw. der lich hohe Wert der in den Maß­nahmen Natur­
§ 26-Biotoptyp „Bergwiese“ gefördert, aber es schutzgerechte Wiesennutzung (Feuchtwiese) und
kamen auch Übergänge u. a. zu Borstgrasrasen Nasswiesenpflege geförderten Flächen zeigt sich
oder Nasswiesen vor. Auf Flächen der Maßnahme im Anteil geschützter Biotoptypen. So befinden
Naturschutzgerechte Wiesennutzung (Frischwiese) sich auf nahezu allen Förderflächen in der Maß­
wurde v. a. der FFH-Lebensraumtyp Flachland-Mäh­- nahme Nasswiesenpflege mindestens anteilig
wiese bzw. der § 26-Biotoptyp „Magere Frisch­ § 26-Biotope wie Nasswiesen oder Niedermoor/
wiese“ kartiert. In kleinen Flächenanteilen wa­ Sumpfbiotope (Klein- und Großseggenrieder oder
ren auch § 26-Biotoptypen wie Sand- und Sili­ Binsen-, Waldsimsen- und Schachtelhalmsumpf).
katmagerrasen oder Nasswiesen vorhanden. Deut­ In der Maßnahme Naturschutzgerechte Wiesen­-

125
­ utzung (Feuchtwiese) wurden auf über 70 % der
n auf den NAK-Flächen zu erkennen, während die
Flächen § 26-Biotope wie beispielsweise Nass­ gleichen Parameter auf den Ver­gleichsflächen stag­
wiesen, Klein- und Großseggenrieder oder ma­ nieren. Der hohe Anteil von sel­tenen und/oder be­
gere Frischwiesen erfasst. Auf den untersuchten sonderen Arten auf den Ver­gleichsflächen erklärt
NAK-Flächen der Maßnahme Naturschutzgerechte sich dadurch, dass auch zwei Vergleichsflächen mit
Wiesennutzung (Bergwiese) wurde ein wesentlich relativ geringer Nut­zungsintensität bewirtschaftet
höherer Anteil an für den Lebensraumtyp Berg- wurden.
Mähwiese lebensraumtypischen Arten als auf den
nicht geförderten Flächen nachgewiesen (vgl. Abb. Ebenso wie im Detailmonitoring erfolgte beispielhaft
4). Seltene und/oder besonders kennzeichnende eine Auswertung im Hinblick auf typische Pflanzenarten
Arten kommen sogar nur auf den NAK-Flächen vor. des Lebensraumtyps Brenn­dolden-Auenwiesen für
Im temporalen Vergleich ist auf den NAK-Flächen eine die in der Komplex­studie „Luppeaue“ untersuch­
leichte Zunahme der Gesamtartenzahl und auch ten Flächen der Maßnahme Naturschutz­gerechte
der lebensraumtypischen Grundarten zu erkennen. Wiesennutzung (Feuchtwiese). Brenn­dol­den-Auen­
Diese Entwicklung ist auch auf den Vergleichsflä­- wiesen sind in Sachsen kleinflächig ausgeprägt und
chen zu erkennen, so dass hier von nicht bewirt- weisen nur noch wenige Vorkommen in Nord- und
schaftungsbedingten Einflussfaktoren (z. B. Wit­ vor allem Nordwestsachsen auf, so dass sie in
terung) als Ursache auszugehen ist. Auch für die Sachsen als „vom Verschwinden bedroht“ ein­gestuft
Maßnahme Naturschutzgerechte Wiesennutzung werden (Krause 2004). In der Luppeaue befindet
(Frischwiese) zeigt die Auswertung der für den sich ein Hauptvorkommen dieses Lebensraumtyps.
Lebensraumtyp Flachland-Mähwiese typischen­ Vergleiche der lebensraumtypischen Arten zwischen
Pflan­zenarten einen wesentlich höheren Anteil an NAK-geförderten Flächen und konventionell bewirt­
entsprechenden Arten auf den NAK-Flä­chen im schafteten Flächen zeigen einen deutlich höheren
Vergleich zu den nicht geförderten Flächen. Anteil an lebensraumtypischen Grundarten auf den
Weiterhin ist eine Zunahme der lebensraum­ NAK-Flächen. Seltene und/oder besondere Arten
typischen Grundarten im temporalen Vergleich kommen nur auf den Förderflächen vor.

Abb. 4: Anteil (absolutes Mittel) lebensraumtypischer Pflanzenarten des LRT Berg-Mähwiesen im Programmpunkt Naturschutzgerechte
Wiesennutzung (Bergwiese) und des LRT Flachland-Mähwiese im Programmpunkt Naturschutzgerechte Wiesennutzung (Frischwiese) auf
NAK- und Vergleichsflächen (V) im Detailmonitoring 2002/03 und 2005/06

126
Abb. 5: Lebensraumtyp Flachland-Mähwiese bei Mulda Foto: Archiv Naturschutz LfULG, C. Schneier

4 Ergebnisse Flora zu diesem Ergebnis beigetragen haben. Einen


Hinweis hierfür liefert der Umstand, dass auch
Aussagen zur floristischen Ausstattung der För­ Vergleichsflächen, die einer nicht naturschutzge­
derflächen wurden v. a. im Detailmonitoring ge­ rechten Nutzungsweise unterliegen, leicht erhöhte­
wonnen. Eine Übersicht zu den mittleren Ge­ Artenzahlen gegenüber der Ersterfassung auf­-
sam­ta­ rtenzahlen sowie der Minimal- und Maxi­ weisen. Eine Ausnahme zum positiven Entwick­
malwerte der Vegetationsaufnahmen ver­deutlicht lungstrend der geförderten Flächen zeigt die Un­
die heterogene naturschutzfachliche Wertigkeit tersuchungsgruppe der Nasswiesen. Der leichte
der Förderflächen im Hinblick auf die floristische Rückgang der Gesamtartenzahlen auf den geför­
Artenvielfalt. So kommen beispielsweise bei den derten Nasswiesen im Vergleich von 2002 zu 2006
Flächen im Programmpunkt Naturschutzgerechte lässt sich in der Gesamtheit nicht eindeutig klären.
Wiesennutzung (Frischwiese) Zahlen von bis zu Als Gründe zeigten sich beispielsweise hydrologi­
37 Arten pro Vegetationsaufnahme vor, es sind je- sche Standortveränderungen. Auch Ausbreitungen
doch auch Flächen mit sehr geringen Artenzahlen bzw. Dominanzerscheinungen bestandsprägender
vorhanden.­ Insgesamt ist die mittlere Ge­samt­ Arten, die teilweise natürliche Entwicklungsprozesse
artenzahl der Frischwiesen mit unter 25 Arten pro im Rahmen der Extensivierung darstellen können,
Vege­tationsaufnahme eher als mäßig artenreich wurden von den Gutachtern als Begrün­dung ge­
einzuschätzen. Im Vergleich zu den intensiv genutz­ nannt. Im letzteren Fall wäre im Einzelnen zu prü­
ten Vergleichsflächen sind die Förderflächen jedoch fen, ob das im Vertrag geregelte Bewirtschaftungs­-
über alle Programmpunkte hinweg im Durchschnitt regime modifiziert werden sollte.
deutlich artenreicher. Im temporalen Vergleich zeigt Eine Auswertung der in den Vegetationsaufnahmen
sich, dass der Zustand der NAK-Flächen bezüg­ erfassten Arten nach Nährstoffzeigerwerten von
lich der floristischen Artenvielfalt im Mittel erhalten Ellenberg et al. (1992) und der Mahdverträglichkeit
bzw. leicht verbessert werden konnte. Neben einer aus Klotz et al. (2002) zeigt deutliche Unterschiede
günstigen Bewirtschaftung können auch externe der geförderten Flächen im Vergleich zu den i. d. R.
Ursachen (z. B. günstigere Witterungsverhältnisse) intensiver genutzten und stärker gedüngten Ver­

127
Abb. 6: Mittlere floristische Gesamtartenzahlen der Vegetationsaufnahmen der geförderten Flächen (NAK) und der Vergleichsflächen (V)
im Detailmonitoring 2002/03 und 2005/06

gleichs­flächen (siehe Abb. 7 und 8). So enthalten In der Gegenüberstellung der Untersuchungsjahre
die nach dem Programm NAK bewirtschafte­ sind noch keine wesentlichen Veränderungen bzw.
ten Flächen grundsätzlich höhere Anteile an Ma­ eindeutigen Trends zu erkennen, die Interpretationen
gerkeitszeigern sowie geringere an Stick­stoff­- der Ursachen zulassen. Hier müssen langfristigere
zeigern als die Vergleichsflächen. Auch im Hinblick Ergebnisse abgewartet werden.
auf die Mahdverträglichkeit weisen die NAK- Zusätzlich zur Erfassung der Vegetationsaufnahmen
Flächen höhere Anteile an Pflanzenarten exten­ wurden im Detailmonitoring auf der gesamten
siv bis mäßig intensiv genutzten Grünlands [Arten Förderfläche halbquantitative Erfassungen spez­
mit der Mahdverträglichkeitszahl 4 – 6, die 1 – 3 ifischer Pflanzenarten potenziell gefährdete, ge­
Schnitte pro Jahr vertragen (Briemle et al. fährdete und seltene Arten der Roten Listen
2002)] auf als die Vergleichsflächen. Der verrin­ Sachsens und Deutschlands (Schulz 1999, BfN
gerte Düngemitteleinsatz und die verminderte 2004) durchgeführt. Die Abbildung 9 zeigt die
Schnittnutzung der NAK-Flächen spiegeln sich durch­schnittliche Artenzahl sowie die Minimal- und
also deutlich in der floristischen Zusammensetzung­ Maximalwerte je Programmpunkt. Deutlich wird hier
wider. Bezug nehmend auf die Mahdverträglich­ – wie auch schon bei den Gesamtartenzahlen der
keit sind die Unterschiede zwischen NAK- und Vegetationsaufnahmen erkennbar (siehe Abb. 7)
Vergleichsflächen vor allem im Programmpunkt – die sehr unterschiedliche naturschutzfachliche
Naturschutzgerechte Wiesennutzung (Frischwiese) Wertigkeit der Untersuchungsflächen im Hinblick
relativ gering. Dies liegt vor allem darin begrün­ auf floristische Schutzgüter, die jedoch auch nicht
det, dass Frischwiesen von allen naturschutz­ auf allen Förderflächen prioritäres Naturschutzziel
fachlich bedeutsamen Grünlandtypen verhältnis­ sind.
mäßig intensiv genutzt werden können und sollen,
dem Bewirtschaftungsregime der betreffenden­ Insgesamt wurden in den Untersuchungsjahren
Vergleichsflächen also am nächsten stehen.­ 2002/03 46, in den Untersuchungsjahren 2005/06
Außerdem befinden sich unter den Ver­gleichs­ 54 spezifische Arten nachgewiesen (siehe Tab. 3).
flächen auch solche, die mit relativ geringer Nut­ Im temporalen Vergleich konnte bei 30 Arten eine
zungsintensität bewirtschaftet werden bzw. leichte Zunahme der Nachweise bzw. ein Neuauftreten
Verbrachungstendenzen aufweisen. festgestellt werden, dagegen wurde bei 14 Arten

128
Abb. 7: Prozentuale Verteilung von Pflanzen nach ihrem Nährstoffzeigerwert gewichtet (nach Durwen 1982) in den Vegetationsaufnahmen
der geförderten Flächen (NAK) und der Vergleichsflächen (V) 2002/03 und 2005/06 (N-Zahlen nach Ellenberg et al. 1992,
Einteilung nach Fischer 2001)

eine Abnahme der Nachweise bzw. ein gänz­ Lichtnelke (Silene noctiflora), deren Vorkommen
liches Verschwinden festgestellt. Bei 18 Arten vermutlich auf Randstrukturen oder Störstellen zu­
zeigten sich keine Veränderungen in der Zahl der rückzuführen ist (zur Lebensraumzuordnung der
Flächennachweise. Unter den erfassten Arten einzelnen Arten vgl. Hardtke & Ihl 2000). Unter den
kommen 20 in Sachsen vom Aussterben bedroh­ gefährdeten Arten kommen einige mit mehrfachen
te oder stark gefährdete (Rote Liste Status 1 und Flächennachweisen vor, die beispielsweise nach
2) Arten vor. Es handelt sich dabei um Arten mit dem Lebensraumtypen-Kartierschlüssel für Berg­
Schwerpunktvorkommen in unterschiedlichen Le­ wiesen (Lfug 2006b) zum Arteninventar gut ausge­
bens­­­räumen: So finden sich Arten der Bergwiesen prägter Bergwiesen gehören [u. a. Weichhaariger
wie Arnika (Arnika montana), der Feuchtwiesen wie Pippau (Crepis mollis), Kleiner Klappertopf (Rhi­
der Langblättrige Blauweiderich (Pseudolysimachion nanthus minor), Gewöhnliches Zittergras (Briza
longifolium), der Halbtrockenrasen wie das Kleine media) oder Berg-Platterbse (Lathyrus linifolius)]
Mädesüß (Filipendula vulgaris), aber auch Arten mit und auf den naturschutzfachlichen Wert der
Schwerpunktvorkommen im Acker wie die Acker- Förderflächen hinweisen.­

129
Abb. 8: Prozentuale Verteilung von Pflanzen nach ihrer Mahdverträglichkeit gewichtet (nach Durwen 1982) in den Vegetationsaufnahmen
der geförderten Flächen (NAK) und der Vergleichsflächen (V) im Detailmonitoring 2002/03 und 2005/06 (Mahdverträglichkeitszahlen nach
Klotz et al. 2002, Einteilung nach Briemle et al. 2002).

Abb. 9: Gegenüberstellungen der spezifischen Arten der Gefäßpflanzen von NAK-Detailmonitoring- und Vergleichsflächen auf Grünland
2002/03 und 2005/06

130
Anzahl der NAK-
Wissenschaftlicher Deutscher Artname Rote Liste Status* Flächen mit Zu-/Ab-
Artname Nachweis in name**
Sachs. BRD 2002/03 2005/06
Acinos arvensis Feld-Steinquendel 2 1 -1

Ajuga genevensis Heide-Günsel 3 2 +2

Armeria maritima
Sand-Grasnelke 3 2 1 -1
ssp. elongata

Arnica montana Arnika 2 3 1 +1

Barbarea stricta Steifes Barbarakraut 3 1 +1

Betonica officinalis Heil-Ziest 3 1 3 +2

Gewöhnliches
Briza media 3 9 10 +1
Zittergras

Bromus erectus Aufrechte Trespe 3 1 -1

Carex bohemica Zypergras-Segge 3 3 1 -1

Carex disticha Zweizeilige Segge 3 1 1 +/-

Carex flacca Blaugrüne Segge 3 1 -1

Carex lasiocarpa Faden-Segge 2 3 1 +1

Schuppenfrüchtige
Carex lepidocarpa 2 3 1 1 +/-
Gelb-Segge

Carex otrubae Hain-Segge 3 1 +1

Carex vulpina Fuchs-Segge 3 3 1 8 +7

Centaurea Perücken-
3 1 1 +/-
pseudophrygia Flockenblume
Skabiosen-
Centaurea scabiosa 3 1 1 +/-
Flockenblume
Chenopodium
Guter Heinrich 3 3 3 1 -2
bonus-henricus
Großer
Chondrilla juncea 3 1 +1
Knorpellattich
Weichhaariger
Crepis mollis 3 7 6 -1
Pippau
Dactylorhiza Geflecktes
3 2 +2
maculata Knabenkraut
Dactylorhiza Artengruppe Ge-
3 2 1 -1
maculata agg. flecktes Knabenkraut
Breitblättriges
Dactylorhiza majalis 2 3 1 4 +3
Knabenkraut

131
Wissenschaftlicher Deutscher Artname Rote Liste Status* Anzahl der NAK- Zu-/Ab-
Artname Flächen mit Nach- nahme**
weis in
Sachs. BRD 2002/03 2005/06
Eriophorum Schmalblättriges
3 13 9 -4
angustifolium Wollgras

Eryngium campestre Feld-Mannstreu 3 1 1 +/-

Gewöhnliche
Falcaria vulgaris 3 1 +1
Sichelmöhre
Ausgebreiteter
Festuca heteromalla 3 2 +2
Rot-Schwingel

Filago arvensis Acker-Filzkraut 3 3 2 2 +/-

Filipendula vulgaris Kleines Mädesüß 2 1 1 +/-

Galium boreale Nordisches Labkraut 2 2 3 +1

Geum rivale Bach-Nelkenwurz 3 4 4 +/-

Helichrysum
Sand-Strohblume 3 4 4 +/-
arenarium
Helictotrichon
Echter Wiesenhafer 1 1 2 +1
pratense
Hypericum
Berg-Hartheu 2 1 -1
montanum
Weidenblättriger
Inula salicina 2 1 1 +/-
Alant

Lathyrus linifolius Berg-Platterbse 3 5 5 +/-

Straußblütiger
Lysimachia thyrsiflora 3 3 1 +1
Gilbweiderich

Montia fontana Quellkraut 2 2 +2

Buntes Vergiss-
Myosotis discolor 3 3 1 5 +4
meinnicht

Myrica gale Gagelstrauch 3 1 +1

Pedicularis sylvatica Wald-Läusekraut 2 3 1 +1

Peplis portula Sumpfquendel 3 3 -3

Peucedanum
Berg-Haarstrang 3 1 2 +1
oreoselinum

Platanthera bifolia Weiße Waldhyazinthe 2 3 1 +1

Gewöhnliches
Polygala vulgaris 3 3 6 +3
Kreuzblümchen

Potentilla palustris Blutauge 3 1 3 +2

132
Wissenschaftlicher Deutscher Artname Rote Liste Anzahl der NAK- Zu-/Ab-
Artname Status* Flächen mit nahme**
Nachweis in
Sachs. BRD 2002/03 2005/06
Pseudolysimachion Langblättriger
2 3 2 2 +/-
longifolium Blauweiderich

Ranunculus sardous Sardischer Hahnenfuß 2 3 1 1 +/-

Rhinanthus
Großer Klappertopf 2 3 1 1 +/-
angustifolius

Rhinanthus minor Kleiner Klappertopf 3 9 15 +6

Senecio aquaticus Wasser-Greiskraut 2 1 1 +/-

Silaum silaus Wiesen-Silau 3 7 7 +/-

Silene noctiflora Acker-Lichtnelke 2 1 -1

Stellaria palustris Sumpf-Sternmiere 3 8 8 +/-

Gewöhnlicher
Succisa pratensis 3 7 5 -2
Teufelsabbiß
Tragopogon Kleiner
3 2 -2
pratensis ssp. minor Wiesen-Bocksbart

Trifolium alpestre Hügel-Klee 2 1 +1

Trifolium spadiceum Moor-Klee 2 2 1 2 +1

Vaccinium uliginosum Rauschbeere 3 1 +1

Valeriana dioica Kleiner Baldrian 3 3 3 +/-

Valeriana officinalis Echter Baldrian 3 1 2 +1

Veronica scutellata Schild-Ehrenpreis 3 3 8 +5

Anzahl Arten 46 54

Tab. 3: Nachweis spezifischer Gefäßpflanzen 2002/03 und 2005/06 auf Detailmonitoringflächen im Grünland mit Gefährdungs-
und Schutzstatus

133
Abb. 10: Gewöhnliches Zittergras (Briza media) und Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor) – Typische Arten der Lebensraumtypen
Flachland-Mähwiesen und Bergwiesen, die auf den NAK-Detailmonitoringflächen gute Bestände und deutliche Zunahmen zwischen Erst-
und Wiederholungserfassung zeigten (siehe Tab. 2) Fotos: C. Schneier

5 Ergebnisse Fauna Weidenteich“ zeigten auf den NAK-Flächen eine


deutlich­ höhere Artenzahl als auf den Ver­gleichs­
5.1 Heuschrecken flächen. Eine Zunahme der Artenvielfalt auf den
Förderflächen im temporalen Vergleich wurde
Unter den bei den Begleituntersuchungen berück­ dort ebenfalls festgestellt. Im Gegensatz zu den
sichtigten Tierartengruppen wurde die Heuschre­ Detailuntersuchungen sind für die Vergleichsflächen
ckenfauna am umfangreichsten untersucht. Im dieser beider Studien jedoch Abnahmen der
Hinblick auf den Beitrag der Fördermaßnahmen zur Artenzahlen ermittelt worden. Für den in der Luppe­
Erhaltung der Artenvielfalt ergaben die Ergebnisse­ aue belegten recht deutlichen Rückgang kann als
der Detailuntersuchungen für die NAK-Flächen im Hauptursache vermutet werden, dass die Ver­
Mittel erkennbar höhere Anzahlen an Heuschre­ gleichsflächen in 2005 häufiger gemäht wur­­den
c­kenarten als für die Vergleichsflächen. Auf un­­be­- als in 2002. Für die Vergleichsflächen der Einzel­
­handelten sowie wenig bzw. nicht gedüngten fallstudie lagen keine ähnlich interpretier­ba­ren
Flächen kann ein größerer Reichtum an Ve­ge­ Beobachtungen vor.
tationsstrukturen erwartet werden. In Folge des­­sen Eine Einschätzung der Maßnahmewirksamkeit wur­
ist davon auszugehen, dass die höhere Artenzahl de u. a. auf der Grundlage einer Einteilung der an­
der in wesentlichen Teilen strukturabhängigen getroffenen Arten in ökologische Gruppen versucht.
Heu­schreckenfauna im Zusammenhang mit der Die Einteilung basiert auf einer Differenzierung nach
Verringerung des Produktionsmitteleinsatzes auf Präferenzen für Strukturmerkmale in Verbindung
den Förderflächen gestanden hat. mit der Reaktion auf Nutzungsintensitäten auf der
Aus der Betrachtung des zeitlichen Vergleichs las­ Grundlage von Literaturauswertungen und einer Ex-­
sen sich aus den Heuschreckenerfassungen keine perteneinschätzung (Prof. Hellriegel-Institut Bern­burg
Schlüsse ziehen. Sowohl bei den NAK- als auch an der Hochschule Anhalt) (vgl. u. a. Bellmann 1993,
den Vergleichsflächen war im Durchschnitt eine in Bräu 1994, Detzel 1998, Ingrisch & Köhler 1998, Maas
der Tendenz gleichförmig verlaufende Erhöhung der et al. 2002). Für Arten wie z. B. Sumpfgrashüpfer,
Artenzahlen feststellbar. Hierfür können andere als Bunter Grashüpfer (Omocestus viridulus) und
bewirtschaftungsbedingte Ursachen vermutet wer­ Sumpfschrecke (Stethophyma grossum) wurde
den, da Heuschreckenpopulationen zum Beispiel ein Vorkommensschwerpunkt in mittelhoher-mittel­
natürlicherweise zeitlicher Fluktuation unterliegen. dichter Vegetation bei mäßiger Nutzungsintensität
Auch die Ergebnisse der komplexen Fallstudie in angenommen. Warzenbeißer (Decticus verrucivo-
der Luppeaue sowie der Einzelfallstudie „Großer rus), Feldgrille (Gryllus campestris), Dornschrecken

134
Abb. 11: Gesamtartenzahlen der Heuschrecken auf den geförderten NAK-Flächen und den Vergleichsflächen (V) der
Detailuntersuchungen 2002/03 und 2005/06

Abb. 12: Prozentuale Verteilung von Heuschrecken in Abhängigkeit von Vegetationsstruktur und Nutzungsintensität im Bereich
von NAK-Flächen und Vergleichsflächen (V) der Detailuntersuchungen 2002/2003 und 2005/06
(gewichtet mit der Häufigkeit; Anteile > 70 % = „allgemein verbreitete Arten“)

135
Abb. 13: Zu den Heuschreckenarten mit den meisten bei den Wiederholungsuntersuchungen des Detailmonitorings erzielten Neunach­
weisen auf NAK-Flächen zählt die in Sachsen stark gefährdete Langflügelige Schwertschrecke (Conocephalus discolor)
Foto: Archiv Naturschutz LfULG, O. Leillinger

(Tetrix spec.) u. a. stellen Vertreter niedrig-lückiger Weiden zumeist durch eine kleinflächig abwech­
Vege­tationspräferenzen dar (bei unterschiedlicher selnde Über- und Unternutzung charakterisiert.
Nutzungsintensität). Für Vorkommensschwerpunkte Hierdurch entstanden lückige und dichte Bereiche
in hoher/dichter Vegetation bei gleichzeitig gerin­ unmittelbar nebeneinander (vgl. Oppermann & Luick
ger Nutzungsintensität stehen Arten wie Gold- und 1999). Die oben erwähnte Zunahme ist auch inso­
Schwertschrecken (Chrysochraon dispar, Euthystira fern positiv zu werten, als zugleich Zeiger geringer
brachyptera,­ Conocephalus spec.) und Grünes Nutzungsintensität in nennenswerten Anteilen vor­
Heupferd (Tettigonia viridissima). Zu den Arten ohne kamen (ansonsten würde dies auf eine Übernutzung
derartige Verbreitungsschwerpunkte wurden alle hinweisen). Verstärkt wird dieser positive Eindruck
übrigen, allgemein verbreiteten Grünlandarten mit durch den entgegengesetzten Trend auf den be­
breiter ökologischer Amplitude gezählt. weideten Vergleichsflächen (Abnahme der Arten
geringer Nutzungsintensität und niedriger/lückiger
In den Detailuntersuchungen waren auf den NAK- Vegetation, Zunahme von Arten in mittelhoher/mit­
Flächen die Anteile der durch eine mäßige bis ge­ teldichter Vegetation). Entgegen dem Trend bei den
ringe Nutzungsintensität begünstigten Heu­schre­ anderen Maßnahmen finden sich in der Maßnahme
ckenarten im Durchschnitt deutlich höher als auf Naturschutzgerechte Feuchtwiesennutzung leicht
den Vergleichsflächen. Im temporalen Ver­gleich rückläufige Zahlen positiv zu wertender Zeiger­
ließen sich keine ausgeprägten abweichenden arten. Auf welche Ursachen dies zurückgeführt wer­
Entwicklungstrends zwischen Förder- und Ver­ den kann, war auf der Grundlage der Erfassungs­
gleichs­flächen ermitteln. ergebnisse nicht ermittelbar. Unabhängig von
Auffälliger stellten sich Ergebnisse für einzelne diesen geringfügigen Abweichungen zeigen sich
Maßnahmen dar. Dies betraf insbesondere in der für den Maßnahmetyp besonders gravierende
Maßnahme Naturschutzgerechte Beweidung die Unterschiede zwischen den geförderten und nicht
Ver­schiebung von Heuschreckenarten mit Schwer­ geförderten Flächen. Hinweise auf eine günstige
punkt in mitteldichter/mittelhoher Vegetation hin Kom­bination verschiedener Vegetationsstrukturen
zu Arten mit Schwerpunkt in niedriger/lückiger auf NAK-Flächen liegen weiterhin aus der komple­
Vege­tation. Auf Grund der geringen Besatzdichten xen Fallstudie Luppeaue vor. Heuschreckenarten
waren die naturschutzgerecht bewirtschafteten mit vergleichsweise enger Standortamplitude, de­

136
Abb. 14: Anzahl spezifischer Heuschreckenarten auf den geförderten NAK-Flächen und den Vergleichsflächen (V) der
Detailuntersuchungen 2002/03 und 2005/06

ren Vorkommensschwerpunkt in mitteldichter und flächen auf eine Homogenisierung der dortigen
mittelhoher Gras- und Kraut­vegetation liegt, kön­ Arten­zusammensetzung hin.
nen für mäßig intensiv bis mäßig extensiv genutzte
Grünländer im Allgemeinen als besonders typisch Die Ergebnisse der Heuschreckenuntersuchungen
gelten. Neben solchen Arten konnten im Rahmen aus der komplexen Fallstudie „Breitenbrunn“ zeig­
der Studie gleichzeitig nennenswerte Anteile von ten keine vergleichbare Anspruchstypenverteilung.
Arten erfasst werden, die Vegetationslücken prä­ Auch die Tendenzen im temporalen Vergleich stell­
ferieren, sowie solche, die einen höheren und/ ten sich weniger deutlich dar. Insgesamt waren im
oder dichteren Stand der Vegetation benötigen. Untersuchungsgebiet „Breitenbrunn“ Rück­gangs­
Letztere gelten als Zeiger für eine kleinteilig variie­ tendenzen bei den anspruchsvolleren Arten zu
rende Bewirtschaftung mit (zeitweiligem) Belassen ver­zeichnen. Gegenüber den intensiver genutzten
von Säumen und Brachestreifen (bei Dominanz Vergleichsflächen mit ihren homogenen Vorkommen
dieser Artengruppe würde jedoch ein dauerhaf­ter wiesen die Förder­flächen jedoch weiterhin eine hö­
Brachezustand der Flächen angezeigt). Hin­ge­gen here Anzahl Heuschreckenarten mit vergleichsweise
weist der temporale Vergleich für die Ver­gleichs­ enger Standortamplitude auf.

Abb. 15: Gesamtartenzahlen der in den Detailuntersuchungen erfassten Laufkäfer 2002/04

137
Auch die in der Einzelfallstudie „Hüteschafhaltung Weidenteich“ konnten auf den Vergleichsflächen
im Schutzgebiet Großer Weidenteich“ untersuchten im Gegensatz zu den Förderflächen in keinem
Förderflächen wiesen gegenüber den Vergleichs­ der Erfassungsjahre (2002, 2004) gefährdete und
flächen höhere Anteile eine verringerte Nut­zungs­ seltene Heuschreckenarten nachgewiesen wer­
intensität kennzeichnender Heuschre­cken­arten den. Auf den Förderflächen waren zudem mehr
mit vergleichsweise enger Standort­amplitude ge­ Neunachweise als Verluste von seltenen und ge­
genüber allgemein verbreiteten Arten auf. Dieser fährdeten Arten zu verzeichnen. So konnten auf den
Befund behält auch im temporalen Vergleich Be­ beweideten Flächen 2004 vier neue Arten erstmals
stand. Hingegen war auf den Ver­gleichsflächen beo­bachtet werden: Blauflügelige Ödlandschrecke
ein auffälliger Rückgang von Heu­schreckengilden (Oedipoda caerules­cens), Gemeine Dornschrecke
mit Schwerpunktvorkommen in hoher/dichter Ve­ (Tetrix undulata), Rotleibiger Grashüpfer (Omocestus
getation bei geringer Nutzungs­intensität sowie sol­ haemorrhoidalis) und Säbeldornschrecke (Tetrix
cher mit Schwerpunkt­vor­kommen in niedriger und subulata). Für die wärme- und trockenheitsliebenden
lückiger Ve­getations­struktur zu verzeichnen. Dieser Arten dürfte u. a. der extrem warme Sommer 2003
erfolgte­ nahezu vollständig zu Gunsten von Arten von großem Vorteil gewesen sein. Einschränkend
mit Schwer­punktvorkommen in mittelhoher/mittel­ ist allerdings anzumerken, dass die beiden Dorn­
dichter Vege­tation bei mäßiger Nutzungsintensität. schrecken-Arten sicher aufgrund des frühzeitigeren
Demgegen­über änderte sich die Verteilung auf den Beginns der Erhebungen gegenüber 2002 nach­
geförderten Flächen nur geringfügig. Diese Ergeb­- gewiesen worden sein dürften: diese Arten sind
nisse sprechen für eine Strukturverarmung auf v. a. im Frühjahr gut zu erfassen. Zu Beginn der
den intensiver bewirtschafteten Vergleichsflächen. Begleituntersuchungen zum Programm NAK in 2002
In Hinblick auf seltene und gefährdete Heu­ konnten die geplanten frühen Erfassungstermine
schreckenarten wiesen die Förderflächen des noch nicht optimal umgesetzt werden.
Pro­­gramms NAK, so die Ergebnisse der Detail­
untersuchungen, gegenüber den Vergleichsflächen
5.2 Laufkäfer
im Durchschnitt höhere Anzahlen entsprechen­
der Arten auf (siehe Abb. 14). Im temporalen In Hinblick auf die Artenvielfalt der Laufkäferfauna
Vergleich ließen die Vergleichsflächen ähnliche wichen die Erfassungsergebnisse der Detailunter­
Entwicklungen erkennen wie die geförderten suchungen von den Ergebnissen bei den an­
Flächen. Die Nachweisquote seltener und gefähr­ deren Artengruppen in ihrer Tendenz deutlich ab.
deter Heuschreckenarten stellte sich 2005/06 ge­ Im Gesamtdurchschnitt und auch für die Mehr­
genüber 2002/03 positiver dar. So konnten 8 der zahl der einzelnen Maßnahmen (Ausnahme Natur­
16 in 2005/06 erfassten Arten auf mehr Flächen schutzgerechte Frischwiesennutzung) waren auf
nachgewiesen werden als in 2002/03. Hierbei den Vergleichsflächen im Durchschnitt mehr Lauf­
gab es für einige Arten zahlreiche, z. T. auf bis zu käferarten erfasst worden als auf den NAK-Flächen.
21 Untersuchungsflächen, Neunachweise [Lang­ Auch im temporalen Vergleich änderte sich dieses
flügelige Schwertschrecke (Conocephalus dis­- Bild nicht. Daneben ergab ein temporaler Vergleich
color), Sumpfschrecke (Stethophyma grossum), der Arten- und Individuenzahlen der Förderflächen,
Große Goldschrecke (Chrysochraon dispar)]. Dem­ dass die Artenzahl bei der Erstuntersuchung gering­
gegenüber waren die Verluste gering. fügig höher war als bei der Untersuchung von 2004.
Die durchschnittliche Anzahl der in der komplexen­ 2002 lagen zudem die Individuenzahlen um etwa
Fallstudie „Luppeaue“ erfassten seltenen und ge­ 20 % höher. Geht man davon aus, dass auf den
fährdeten Heuschreckenarten war auf den För­ Maßnahmeflächen die zuvor dargestellten guten
derflächen höher als auf den Vergleichsflächen. Im Ergebnisse für die Flora und Heuschrecken auch
temporalen Vergleich erhöhte sich deren Anzahl dem Einfluss der Fördermaßnahmen zugeschrieben
noch, während auf den Vergleichsflächen nur in werden können, so scheinen für die Laufkäfer ande­
2003 eine Art nachgewiesen werden konnte. In der re Parameter entscheidend zu sein.
komplexen Fallstudie Breitenbrunn änderte sich Die beweideten Förderflächen der Einzelfallstudie
im zeitlichen Vergleich die Anzahl seltener und ge­ „Hüteschafhaltung Großer Weidenteich“ wiesen im
fährdeter Arten nicht. In der Einzelfallstudie „Großer Mittel etwa nur halb so viele Laufkäferarten auf, wie

138
Abb. 16: Prozentuale Verteilung von Laufkäfern in Abhängigkeit von ihren ökologischen Lebensraumansprüchen im Bereich von
geförderten Flächen (NAK) und Vergleichsflächen (V) im Detailmonitoring 2002 und 2004 (gewichtet, nicht dargestellte Anteile
> 40 % = „allgemein verbreitete Arten“)

Abb. 17: Gegenüberstellung der spezifischen Laufkäferarten von NAK-Detailmonitoring- und Vergleichsflächen auf Grünland 2002 und 2004

139
die beiden als Vergleichsflächen herangezogenen Laufkäferarten mit spezifischeren Ansprüchen. Für
Mähwiesen. Generell konnten auf Förder- und auf diese xero- und mesophilen Offenlandarten war
den Vergleichsflächen 2004 mehr Arten nachgewie­ auch im temporalen Vergleich auf den Förderflächen
sen werden als 2002. eine Zunahme gegenüber allgemein verbreiteten
Die Aufgliederung der in den Detailuntersuchungen und Waldarten zu verzeichnen. Hingegen ist auf den
erfassten Laufkäfer-Zönosen in ökologische Grup­- Vergleichsflächen insgesamt eine Abnahme der typi­
pen zeigt allerdings, dass auf den NAK-Flächen schen Offenlandarten, insbesondere auch xero- und
im Gesamtdurchschnitt mehr den natur­schutz­ mesophiler, gegenüber allgemein verbreiteten Arten
fachlichen Wert des Offenlandes charakterisierende dokumentiert worden.
Arten nachzuweisen waren als auf den untersuch­ Für die in den Detailuntersuchungen erfassten sel-
ten Vergleichsflächen. Diese wurden von Ubiquisten tenen und gefährdeten Laufkäfer liegen je nach
beherrscht.­ Je nach Maßnahmetyp wurden Feuch­ Maßnahme uneinheitliche Ergebnisse vor. Im
tigkeit präferierende Offenlandarten wie z. B. be­ Durch­schnitt aller untersuchten Flächen boten
stimmte Arten der Gattungen Agonum und Notio­- die NAK-Flächen mehr gefährdeten und seltenen
philus bzw. xero- und mesophile Offen­land­arten Laufkäfern Lebensraum als die Vergleichsflächen.
wie z.B. bestimmte Arten der Gattungen Amara Dies bestätigte sich jedoch nicht bei den Maß­
und Har­palus gutachterlich als wertgebend erach­ nahmen Naturschutzgerechte Bergwiesennutzung
tet (Prof. Hellriegel-Institut Bernburg an der Hoch­ und Nass­wiesenpflege. Im Vergleich beider Unter­
schule Anhalt). Das stärkere Auftreten von Arten suchungsperioden ist im Durchschnitt aller Flächen
des Halboffenlandes und der Gehölzränder auf jeden Maßnahmetyps überwiegend ein ähnli­
den NAK-Flächen [z. B. einige Arten der Gattung cher Anstieg der Anzahl seltener und gefährde­
Pterostichus und Arten wie z. B. Blauhals-Schnell­ ter Arten sowohl auf den NAK- als auch auf den
läufer (Diachromus germanus) und Ziegelroter Vergleichsflächen festzustellen. Für eine positive
Flink­läufer (Trechus rubens)] könnte auf das Vor­ Entwicklung der Bestände seltener und gefähr­
handensein von Säumen, aber u. a. auch auf die deter Laufkäferarten auf den geförderten Flächen
Kleinteiligkeit der Flächen oder das Vorhandensein spricht jedoch die Zunahme der Anzahl der bei der
von Feldgehölzen hinweisen. Eine gewisse Aus­nah­ Wiederholungserfassung nachgewiesenen Arten
me bildeten die Vergleichsflächen der Maßnahme insgesamt als auch die höhere Zahl der einzelnen
Nasswiesenpflege, die im Unterschied zu den üb­ Untersuchungsflächen, auf denen diese nachge­
rigen Maßnahmen auch Bereiche berücksichtig­ wiesen wurden. In der Summe aller Abgänge und
ten, die von Nutzungsaufgabe betroffen waren. Neunachweise konnten in 2004 vier gefährdete
Mit weiterem Fortschreiten der Verbrachung dürfte und seltene Laufkäferarten mehr erfasst werden
aber auch hier ein Rückgang der anspruchsvolleren als in 2002. Hierbei gab es auf den Förderflächen
Offenlandarten zu erwarten sein. Insgesamt fanden Erstnachweise für bundes- oder sachsenweit vom
sich unter den anspruchsvolleren Arten vielfach sol­ Aussterben bedrohte oder stark gefährdete Arten
che, die entweder höhere Vegetationsstrukturen mit wie Agonum duftschmidi, Amara famelica, Amara
fruchtenden Gräsern und Kräutern benötigen, oder strenua, Chlaenius tristis und Pterostichus unctulatus.
deren Aktivität an einen geringen Raumwiderstand,
d. h. an lückige Ausbildungen der Vegetation ge­
bunden ist. Dieses steht in engem Zusammenhang
mit der Nutzungsintensität (Erhaltung der höheren
und fruchtenden Vegetation durch Einhaltung an­
gemessener Nutzungspausen und später Nut­
zungstermine, Düngungsverzicht). Ein deutlich ge­
richteter Entwicklungstrend war nach der ersten
Wiederholungsuntersuchung nicht belegbar.

In der Einzelfallstudie „Hüteschafhaltung Großer


Weidenteich“ fanden sich auf den geförderten
Flächen gegenüber den Vergleichsflächen mehr

140
5.3 Tagfalter Arten des halbextensiv bis extensiv genutzten
Offenlandes wie bspw. Braunkolbiger Braun­
Im Hinblick auf Aussagen zur Artenvielfalt von Tag­ dickkopffalter (Thymelicus sylvestris), Lilagold-
faltern kann für die in der komplexen Fallstudie Feuerfalter (Lycaena hippothoe), Schachbrettfalter
„Luppe­aue“ sowie in der Einzelfallstudie „Hüte­ (Melanargia galathea) und Schwalbenschwanz
schafhaltung Großer Weidenteich“ erfassten Arten (Papilio machaon) können als kennzeichnende
festgehalten werden, dass im Durchschnitt eine Arten für naturschutzgerecht bewirtschaftete­ Flä­chen
höhere Artenzahl anzutreffen war als auf den Ver­ angesehen werden. Dies trifft ebenso für typische­
gleichsflächen. Im temporalen Vergleich zeigten sich Saumbewohner wie z. B. Dunkler Wiesen­knopf-
in der Luppeaue jedoch sowohl die Nachweise auf Ameisenbläuling und Schornsteinfeger (Aphan-
den Förderflächen als auch auf den Vergleichsflä­ ­topus hyperantus) zu (vgl. Ebert et al. 1993, Settele
chen ähnlich rückläufig. Im Gebiet Großer Wei­ et al. 1999, Weidemann 1986). Solche Arten sind
denteich stieg während dessen die Artenzahl so­ in der komplexen Fallstudie „Luppeaue“ in allen
wohl auf Förder- als auch Vergleichflächen an. Erfassungsjahren in größerer Anzahl auf den NAK-
In der Komplexstudie „Luppeaue“ bspw. wurden in Flächen erfasst worden. Auch in der Einzelfallstudie
2005 gegenüber 2002 etliche Arten nicht oder nur „Hüteschafhaltung Großer Weidenteich“ wurden auf
in wesentlich geringerer Individuendichte erfasst. den intensiver genutzten Vergleichsflächen mehr
Neben evtl. natürlichen Populationsschwank­ungen allgemein verbreitete Arten nachgewiesen, wäh­
spielten wohl auch Witterungseinflüsse in 2005 eine rend in den gehuteten Bereichen v. a. der Anteil von
nachvollziehbare Rolle. So musste der für die erste Bewohnern extensiv genutzter Offenlandhabitate
Augusthälfte vorgesehene fünfte Erfassungstermin deutlich höher war.
durch eine Schlechtwetterperiode verschoben wer­- Bei der Wiederholungserfassung konnten auf den
den. Zum realisierbaren Erfassungszeitpunkt war Vergleichsflächen in der Luppeaue und im Gebiet
die Flugzeit dieser Arten dann bereits beendet.­ Die „Hüteschafhaltung Großer Weidenteich“ jeweils nur
zwangsläufige Verschiebung war auch Ursache allgemein verbreitete Arten angetroffen werden.
für die in diesem Jahr durchweg geringeren Hingegen blieb die Zahl anspruchsvollerer Arten auf
Registrierungen der einzigen erfassten FFH-Art den NAK-Flächen in der Luppeaue konstant und
[Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Glau­co­ in der Einzelfallstudie „Hüteschafhaltung Großer
psyche nausithous)]. Weidenteich“ nahmen diese zu. Dort war zudem

Abb. 18: Der Schwalbenschwanz (Papilio machaon), eine der kennzeichnenden Tagfalterarten des halbextensiv bis extensiv genutzten
Offenlandes, die bei den Erfassungen in der Einzelfallstudie Großer Weidenteich nachgewiesen wurde
Foto: Archiv Naturschutz LfULG, W. Böhnert

141
Abb. 19: Ökologische Ansprüche der Tagfalter in Bezug auf Vegetationsstruktur und Nutzungsintensität
(gewichtet mit der Häufigkeit) der Komplexen Fallstudie Luppeaue

eine weitere Ausdifferenzierung der Vorkommen heraus. Solche Bereiche in der unmittelbaren Um­
unterschiedlicher ökologischer Anspruchstypen zu gebung ihrer eigentlichen Bruträume nutzten im
verzeichnen. Bei den Erfassungen in den Gebieten Gebiet „Großer Weidenteich“ z. B. Braunkehlchen
„Luppeaue“ und „Hüteschafhaltung Großer Weiden­ (Saxicola rubetra) und Neuntöter (Lanius collu-
teich“ waren in beiden Erfassungsjahren auf den rio) als Nahrungshabitat. EU-weit zu schützende­
Vergleichsflächen im Gegensatz zu den Förderflä­ bzw. seltene und gefährdete Arten konnten in der
chen keine EU- weit zu schützenden, gefährdeten Einzelfallstudie als anzunehmende bis sichere
bzw. seltenen Tagfalterarten nachzuweisen. Brutvögel ausschließlich auf den beweideten NAK-
Flächen nachgewiesen werden. In Anhang I der
EU-Vogelschutzrichtlinie geführt werden Heide­
5.4 Vögel
lerche, Neuntöter und Rohrweihe (Cir­cus aerugi-
Vogelerfassungen erfolgten bspw. im Rahmen der nosus). Weitere, nach der Roten Liste gefährdete­
Einzelfallstudie „Hüteschafhaltung Großer Weiden­ Arten sind Braunkehlchen, Stein­schmätzer, Kiebitz
teich“ auf schafbeweideten Förderflächen und (Vanellus vanellus), Rebhuhn und Wachtel.
überwiegend gemähten Vergleichsflächen. Die Er­
geb­nisse der Auswertungen nach ökologischen
Gruppen zeigen, dass für die gehuteten Flächen
besonders Brutvogelarten, die hinsichtlich ihrer
Habitatansprüche von einer extensiven Beweidung
profitieren (s. u. a. Bezzel 1985, 1993), kennzeich­
nend waren. Hierzu zählten als Bewohner weiträu­
miger und relativ niedrigwüchsiger Bereiche Wachtel
(Coturnix coturnix) und Rebhuhn (Perdix perdix) so­
wie als Arten, die vegetationsarme Stellen benö­tigen,
Heidelerche (Lullula arborea) und Steinschmätzer
(Oenanthe oenanthe). Da eine Beweidung nicht
auf der gesamten Fläche in gleicher Intensität
­erfolgt, bilden­ sich bei grundsätzlich offener Land­
schafts­struktur auch wenig bis ungenutzte Bereiche

142
VS RL RL NAK V
Deutscher Artname Wissenschaftl. Name
RL S D
2002 2004 2002 2004
Braunkehlchen Saxicola rubetra   3 3 D C - -

Heidelerche Lullula arborea x 2 3 - B - -

Kiebitz Vanellus vanellus   2 3 C  - - -

Neuntöter Lanius collurio x   V D D - -

Rebhuhn Perdix perdix   2 2 D -  - -

Rohrweihe Circus aeruginosus x     B B - -

Steinschmätzer Oenanthe oenanthe   2 2  - B - -

Wachtel Coturnix coturnix   3 V C  - - -

Tab. 4: Nachweis spezifischer Vogelarten mit Brutverdacht, -hinweis oder -nachweis auf Hüteschafhaltungsflächen der Einzelfallstudie
Großer Weidenteich 2002 und 2004 mit Gefährdungs- und Schutzstatus
Rote Liste Status:
1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, R = selten, V = Vorwarnstufe
Brutstatusangabe:
B = Brutverdacht, C = Bruthinweis, D = Brutnachweis, – = keine Nachweise

6 Zusammenfassende Betrachtung gar keine entsprechenden­ Arten vor. Ebenso lagen


der Untersuchungsergebnisse i. d. R. auch die Anteile von Arten, die eine extensive
Bewirtschaftung bzw. nährstoffärmere Verhältnisse
Der Anteil so genannter Entwicklungsflächen war anzeigen, über denen der Vergleichsflächen.
im Programm NAK relativ hoch. Das ergaben die Im temporalen Vergleich der Erst- mit den Wieder­
Grobuntersuchungen über die Bewertung des Ist- holungsuntersuchungen konnten im Hinblick auf
Zu­standes der Flächen im Vergleich zum natur­ einen Nachweis der Maßnahmewirksamkeit nur
schutzfachlich wertvollen Zielzustand. In der Gegen­ unbedeutende­ Veränderungen festgestellt werden.
überstellung der Erst- mit der Wiederholungs­er­ So war der Zeitraum von zwei bis vier Jahren zu kurz,
fassung zeichnete sich jedoch eine positive Ent­ um eindeutig messbare, bewirtschaftungsbedingte
wicklung ab, denn bei der Zweitbe­ge­hung wurden Ver­änderungen nachweisen zu können. Daneben
bei den noch relativ weit vom Zielzustand entfernten wird an Hand der vorliegenden Ergebnisse wieder­
Flächen Verbesserungen festgestellt. Ebenso ist holt deutlich, dass als Ursachen für festgestellte
auch der Erhalt des Zustandes bereits wertvoller Veränderungen neben der Bewirtschaftung insbe­son­
Flächen (so genannte Erhaltungsflächen) positiv zu dere auch Witterungseinflüsse sowie me­thodische
werten. Aspekte der Untersuchungen in Frage kommen.
Mit den weiterführenden Untersuchungen konnte in Betrachtet man zusammenfassend die Ergebnisse
der Gegenüberstellung der Erfassungsergebnisse der für die einzelnen Maßnahmen, so sind die Flächen
Programmflächen mit konventionell bewirtschaf­teten der Maßnahme Naturschutzgerechte Beweidung
Vergleichsflächen bzw. Brachen gezeigt werden,­ überwiegend als Entwicklungsflächen eingestuft
dass überwiegend die naturschutzgerecht bewirt­ worden. Im Vergleich zu den nicht im Programm
schafteten Flächen artenreicher waren als die Ver­ NAK geförderten Flächen wurde für die Flora und
gleichsflächen. Auch war innerhalb der untersuch­ Heuschreckenfauna ermittelt, dass die naturschutz­
ten Artengruppen der Anteil zu schützender, sel­ gerecht beweideten Flächen artenreicher waren.
tener bzw. gefährdeter Arten i. d. R. höher bzw. Positiv zu werten sind auch die Anteile und die
kamen in ei­nigen Fällen auf den Vergleichsflächen Entwicklung von Heuschreckenarten, die niedrige

143
und lückige Bereiche bevorzugen und die Anteile Unter allen Maßnahmen der naturschutzgerech­
der Arten, die geringe Nutzungsintensitäten anzei­ ten Grünlandnutzung des Programms NAK wurde­
gen. Die vorgefundene Verteilung deutet auf eine im Grobmonitoring bei den Flächen der Natur­
aufgrund verminderter Düngung und geringerer schutz­gerechte Wiesennutzung (Bergwiese) ins­
Besatzdichten entstandene kleinflächig differen­ gesamt der größte Anteil an Erhaltungsflächen
zierte Strukturvielfalt hin. Bei der Bewertung der festgestellt. Ebenso wurden die Flächen der
Maßnahme Naturschutzgerechte Wiesennutzung Detail­untersuchungen überwiegend als geschütz­
(Frischwiese) im Grobmonitoring wurde die Mehrzahl te Biotope und als FFH-Lebensraumtyp „Berg-
der Förderflächen als Entwicklungsflächen mit ei­ Mähwiese“ eingestuft. Die Auswertung der für diesen
nem noch deutlichen Abstand zum Zielzustand Lebensraumtyp typischen Pflanzenarten aus den
eingestuft. Diese Einstufung deutet auf eine zu­ Vegetationsaufnahmen ergab, dass der Anteil auf
mindest zeit­weise intensivere Nutzung der Flächen den NAK-Flächen im Vergleich zu den nicht geförd­
in der Vergangenheit hin. Hingegen ergaben die erten Flächen wesentlich höher war und dass sel­
Detailuntersuchungen, dass diese trotzdem schon tene und/oder besonders kenn­zeichnende Arten
vielfach geschützte Bio­tope, mehrheitlich mage­ sogar nur auf den NAK-Flächen vorkamen. Die
re Frischwiesen und auch FFH-Lebensraumtypen, Ergebnisse des Detailmonitorings zeigen auch, dass
i. d. R. Flachland-Mäh­wie­sen, einschließen. die Bergwiesen zu den artenreichsten Biotoptypen
des bewirtschafteten Grünlandes im Programm
Im Durchschnitt waren die naturschutzgerecht ge­ NAK gehörten. Die mittleren Gesamtartenzahlen und
nutzten Frischwiesen wesentlich artenreicher als die die Anteile der gefährdeten Arten bei den Pflanzen
konventionell genutzten Vergleichsflächen. waren bei den Bergwiesen im Vergleich der unter­
Die gegenüber den Vergleichsflächen höheren suchten Maßnahmen am höchsten. Auch war auf
Anteile von Magerkeits- und Aushagerungszeigern den betrachteten Bergwiesen nicht nur der Anteil
in der Flora sowie von Heuschreckenarten, die eine der Aushagerungszeiger, sondern insbesondere der
niedrige, lückige Vegetation bevorzugen, deuten auf Anteil der Magerkeitszeiger sehr hoch. Im Vergleich
die Auswirkungen der verminderten Düngung hin. der Förderflächen mit den nicht geförderten Flächen
Für die Maßnahme Naturschutzgerechte Wiesen­ deuten die höheren Anteile von Magerkeits- und
nutzung (Feuchtwiese) wurde bei der Auswertung Aushagerungszeigern wiederum auf die Aus­wir­
der im Grobmonitoring begutachteten Flächen ein kungen der reduzierten bzw. unterlassenen Düngung
wesentlich höherer Anteil an Erhaltungsflächen vor­ hin. Einen Hinweis in die gleiche Richtung geben
gefunden als bei der Naturschutzgerechten Frisch­ auch die erfassten Heuschreckenarten, die auf
wiesennutzung. eine niedrige, lückige Vegetation angewiesen sind.
Es kann vermutet werden, dass ein Teil der Feucht­ Auch bei der Maßnahme Nasswiesenpflege war der
wiesen in der Vergangenheit nicht so intensiv genutzt im Grobmonitoring als Erhaltungsfläche eingestuf­
wurde wie die Frischwiesen. Darauf deuten auch te Flächenanteil in der Wiederholungsbewertung
die Auswertungen der Anteile der Magerkeits- und über­durchschnittlich hoch. Aufgrund der besonde­
Aushagerungszeiger hin, die wesentlich höher wa­ren ren Standortgegebenheiten sind Nasswiesen eher
als auf den untersuchten Frischwiesen. Die Ergeb­- durch Verbrachung als durch intensive Nutzung
­nis­se der Detailmonitoringuntersuchungen verdeut­ gefährdet. Flächen, auf denen der Prozess der
lichen den besonderen Wert der natur­schutz­- Verbrachung noch nicht allzu weit fortgeschritten
gerecht ge­nutz­­ten Feuchtwiesen als Heu­schrecken­ ist, können zumeist noch als naturschutzfachlich
lebens­raum. Im Vergleich der verschiedenen Maß­ hochwertig eingestuft werden. Der überwiegen­
nahmen untereinander wurden auf den untersuch­ de Anteil der im Detailmonitoring untersuchten
ten Feucht­wiesen im Mittel die meisten seltenen und Nasswiesen war ganz oder teilweise geschütz­
zu schüt­zenden­ Arten gefunden. Analog dazu wa­ ten Biotopen zuzurechnen. Zudem verdeutlichen
ren die­Anteile der Heuschreckenarten, die eine mä­ die Ergebnisse der Detailuntersuchungen auf Nass­­
ßig extensive Nutzung anzeigen, besonders hoch. wiesen analog zu den Ergebnissen der Feucht­
Die Ergebnisse der Komplexstudie „Luppeaue“ wei­ wiesenuntersuchungen den besonderen Wert
sen exemplarisch auf die Bedeutung der Feucht­ der Nasswiesen für die Heuschreckenfauna. Die
wiesenförderung auch für die Tagfalterfauna hin. Maß­nahme Hüteschafhaltung kam im Bereich

144
der Grünlandnutzung nach der Auswertung des aber, dass weitere Ziele dieses Programmpunktes
Grobmonitorings v. a. auf Entwicklungsflächen zum wie die Übernahme von Pufferfunktionen für angren­
Einsatz. Die Auswirkungen der Hüteschafhaltung zende wertvolle Flächen nicht untersucht wurden.
wurden im Rahmen der weiterführenden Unter­ Zum Erhalt, zur Wiederherstellung und zur Ent­
suchungen zur Grünlandnutzung nur exem­pla­risch wicklung wertvoller Biotope bzw. Lebensräume
in einer Fallstudie im Naturschutzgebiet Großer sind v. a. Maßnahmen hinsichtlich Art, Intensität und
Weidenteich zum Erhalt von Magerweiden un­ zeitlicher Abfolge von Nutzung bzw. Pflege sowie
tersucht. Dabei wurde deutlich, dass sich in die­ der Dosierung der Nährstoffzufuhr von Bedeutung.
sem Gebiet die Schafbeweidung positiv auf die Diesbezüglich zeigten zum einen die grundsätzli­
Artenvielfalt von Flora, Heuschrecken und Tagfaltern chen Vorgaben der Richtlinie und zum anderen die
sowie die Anzahl seltener bzw. gefährdeter Arten in den Bewirtschaftungsvereinbarungen zwischen
dieser Artengruppen auswirkte. Auch konnten auf der Naturschutzbehörde und dem Bewirtschafter
den gehuteten Flächen seltene bzw. gefährdete getroffenen schlagkonkreten Festlegungen Wir­
Brutvogelarten kartiert werden. kung. In den Bewirtschaftungsvereinbarungen
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die konn­ten insbesondere die organische Düngung
Band­breite der Maßnahmen des Programms NAK und die Nutzungstermine sehr zielgerichtet an
prinzipiell für den Erhalt und eine Entwicklung aus die jeweiligen Standortbedingungen und betrieb­
Naturschutzsicht wertvollen Grünlands geeignet war. lichen Voraussetzungen der Bewirtschafter ange­
Das Programm NAK ermöglichte, mit Intensivierung passt werden. Die Möglichkeit zu solch detaill­ierten
oder Verbrachung verbundene Prozesse aufzuhal­ Vorgaben in den Bewirtschaftungsverträgen wurde
ten. Bei vielen Flächen, die teilweise schon länger im Laufe der Programmlaufzeit aufgrund gesam­
über andere Förderprogramme des Vertragsnatur- melter Erfahrungen zunehmend genutzt.
schutzes betreut wurden, konnte über das Pro­
gramm NAK die wichtige, kontinuierliche Fortführung
eines entsprechenden Managements gewährleistet
werden. Auch nach Ansicht des unabhängigen
Ge­samtevaluators des EPLR hat es sich vor dem
Hintergrund der Ergebnisse der Begleitunter­su­-
chun­gen bewährt, mit einem gesonderten Teil­
programm sehr konkret auf die Zielstellungen des
biotischen Ressourcenschutzes einzugehen. So
bestätigten die begleitenden Untersuchungen zum
Programmteil NAK den hohen Wirkungsgrad der
angebotenen Maßnahmen für den Schutz von
Flora, Fauna und von bedeutenden Lebensräumen
(Landgesellschaft Sachsen-Anhalt und ISW, 2005).
Diese Feststellung trifft ausdrücklich für das Grün­land
zu. Während die unterschiedlichen Maß­nahmen der
naturschutzgerechten Grün­land­nut­zung recht gut
angenommen wurden und dadurch Wirkung entfal­
ten konnten, fehlte die Bereitschaft der Landwirte,
Maßnahmen auf­ Acker­land umzusetzen. Allerdings
gab es auch innerhalb der Grünlandmaßnahmen
ein Ungleichgewicht. So war bei der Naturschutz­
gerechten Beweidung mit Abstand der größte­
Umfang aller Grünland bezogenen Natur­schutz­
fördermaßnahmen, jedoch bspw. hinsichtlich einer
direkten Förderung von geschützten Biotopen und
Lebensraumtypen auf der Förderfläche der geringste
Effekt zu verzeichnen. Zu berücksichtigen ist hierbei

145
Abb. 20: In Gebieten wie dem Osterzgebirge mit einem hohen Anteil an naturschutzfachlich wertvollen Flächen wird der Vertragsnaturschutz
auch zukünftig bedeutsam sein. Foto: Archiv Naturschutz LfULG, A. Koch

7 Schlussfolgerungen in Bezug Bio­tope, der Lebensräume zu schützender­


auf Fördermaßnahmen bzw. gefährdeter Arten sowie zur Umsetzung
des Biotopverbundes bedeutsam (vgl. § 2a
Die insgesamt positiven Erfahrungen mit dem SächsNatSchG). Um diese Anforderungen erfüllen
Programm NAK führen zu dem Schluss, dass zu können, ist das Maßnahmespektrum speziell
sich das Vorgehen, Naturschutzförderung für be­ auf die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung
wirtschaftete, durch landwirtschaftliche Nutzung ­eines günstigen Erhaltungszustandes der Grünland-
entstandene Lebensraumtypen, Biotope und Lebensraumtypen und -Biotope sowie -Habitate
Lebensstätten in Agrarumweltmaßnahmen zu inte­ entsprechender Arten auszurichten. Dabei dient der
grieren, bewährt hat. Ergänzend ist aber ebenso Vertragsnaturschutz als ein wichtiges Instrument
die Pflege naturschutzfachlich hochwertiger, aus der Umsetzung entsprechender Plan­ungen, z. B.
der Nutzung gefallener Flächen und die Förderung FFH-Managementplanungen und Biotopverbund­
weitergehender flächenbezogener Nutzungen planungen, und kann effektiv auf der Grundlage der
über andere Maßnahmen abzusichern, wie z. B. in diesen Plänen bereits benannten Zielstellungen
Anlage oder Pflege von Gehölzen, spezielle Arten­ und notwendigen Maßnahmen eingesetzt werden.
schutzmaßnahmen etc. Aus den allgemeinen und den in einem Gebiet ver­
In Sachsen ist erklärtes Ziel, die Umsetzung der folgten Zielstellungen muss für jede Förderfläche
FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) und der Vogel­- eine flächenkonkrete Zielstellung abgeleitet und
schutzrichtlinie (79/409/EWG) vorrangig­ über Maß-­ die passende Fördermaßnahme zur Umsetzung
nahmen des Vertragsnaturschutzes zu verfol­- gefunden werden. In Verbindung mit den vielfach
gen. Dieses Instrument ist darüber hinaus zum Er­- stark voneinander abweichenden, bei den flächen­
halt der besonders geschützten bzw. als wert­ konkreten Zielfestlegungen zu beachtenden indi­
voll oder potenziell wertvoll ausgewiesenen viduellen Standortbedingungen haben sich aus

146
naturschutzfachlicher Sicht diesbezügliche einzel­ wendung auf Heiden) auf Grünland konnte beispiel­
flächenbezogene Bewirt­schaftungsvorgaben be­ haft nachgewiesen werden, dass sie zur Pflege von
währt. Diese können nur in enger Kooperat­ion mit naturschutzfachlich hochwertigen Mähwiesen ge­
den Flächenbewirtschaftern abgestimmt und umge­ eignet ist. Insofern ist eine Fortführung der För­de­
setzt werden. Dafür sollten die auf der Fläche ver­ rung sinnvoll. Maßnahmeübergreifend hat sich für
folgte Zielstellung als auch der Zweck der einzelnen auf Strukturen angewiesene Arten das zeitweilige
Bewirtschaftungs­erschwernisse dem Flächennutzer Belassen von Brache-, Saum- und Zwischenstreifen
nachvollziehbar aufgezeigt werden, um eine opti­ als positiv erwiesen und sollte weiterhin ermöglicht
male Umsetzung zu ermöglichen. werden.
Aus der naturschutzfachlichen Begleitung zum Bei der Aufstellung der Förderrichtlinien für die
Programm NAK lassen sich in Bezug auf zukünf­ Förderperiode 2007 bis 2013, die vorrangig aus
tig zu fördernde Maßnahmen folgende, konkrete dem Europäischen Fonds für die Entwicklung des
Hinweise ableiten: ländlichen Raumes (ELER) finanziert werden, sind
Bei der Maßnahme der Naturschutzgerechten Be­ die aus der Begleitung des Programms NAK ge­
weidung ist bei der Fortführung der Förderung eine wonnenen Erfahrungen berücksichtigt worden.
stärkere Konzentration auf wertvollere Flächen Allerdings spiegelt sich in den Richtlinien auch ins­
bzw. Flächen mit einem hohen Entwicklungs­ besondere der Konflikt zwischen den – im Vergleich
po­tenzial anzustreben. Dafür sprechen die sehr zur vorangegangenen Förderperiode gestiegenen –
hohe Inanspruchnahme dieser Maßnahme und Anforderungen der EU an die Kon­troll­fähigkeit mit
insbesondere­ der dabei vergleichsweise große An­- der Notwendigkeit der Verwaltungs­vereinfachung
teil der noch weit vom Zielzustand entfernten wider. So werden beispielsweise die aus natur­
Flächen. In Bezug auf die Naturschutzgerechte schutzfachlicher Sicht positiv zu wertenden einzel­
Wiesennutzung bzw. Nasswiesenpflege hat es flächenbezogenen Be­wirt­schaf­tungsverein­ba­rungen
sich erwiesen, dass insbesondere mit den Maß­ zwischen Natur­schutzbehörde und An­tragsteller in
nahmen Naturschutzgerechte Bergwiesen- und Sachsen nicht mehr abge­schlossen.
Feucht­wiesenutzung sowie Nass­wiesenpflege viel-
­­fach bereits wertvolle Biotope bzw. Habi­-
8 Schlussfolgerungen in Bezug auf
­tate bewirtschaftet oder gepflegt wurden. Hingegen
zukünftige Begleituntersuchungen
kann für einen großen Teil der als Ent­wicklungsflächen
eingestuften Frischwiesen von einer vormals in­ Bei der zukünftigen Begleitung der naturschutz­
tensiven Nutzung ausgegangen werden. Auf die­ gerechten Grünlandnutzung sollen die Er­geb­
sen Flächen dürfte es vielfach empfehlenswert nisse und Erkenntnisse aus den bisherigen Unter­
sein, vor der Überführung in eine extensive Spät­ suchungen berücksichtigt werden. Auch mit
schnittnutzung zunächst die Nährstoffe über eine den zukünftigen Untersuchungen ist die Frage
mehrmalige, nicht zu späte Mahd ohne Düngung ab­- zu be­antworten, wie sich die Förderung auf die
zuschöpfen. Darüber hinaus konnte nach­ge­wiesen Biodiversität, insbesondere auf die Artenvielfalt
werden, dass aufgrund der fließenden Übergänge und auf die aus Naturschutzsicht bedeutsamen
zwischen den Biotoptypen (beispielsweise Feucht- Lebensraumtypen bzw. Biotope auf den geför­
und Nasswiesen) eine auf den Biotoptyp bezo­ derten Flächen auswirkt. Aus Naturschutzsicht
gene Unterteilung der Maßnahmen naturschutz­ sollte ein dauerhaftes Monitoring ange­strebt wer­­
fachlich nicht zielführend ist. Deshalb sollte­ die d­en, weil die Wirkungen von angepassten Be­
Maßnahmeunterteilung über die tatsächlichen Anfor­ wirtschaftungsmaßnahmen auf Arten und Bio­top­e
derungen an die Bewirtschaftung erfolgen. So ist es nur langfristig eintreten. Dem stehen allerdings die
hinsichtlich des Pflegezustandes der Fläche sowie relativ kurze Laufzeit der Förderprogramme und
in Bezug auf die Bewirtschaftungserschwernisse die Anforderung der Europäischen Union an die
entscheidender, ob beispielsweise die Mahd mit der Bewertung der Programme und Maßnahmen be­
in der heutigen Landwirtschaft gängigen Technik reits innerhalb ihrer Laufzeit entgegen.
durchgeführt werden kann oder der Einsatz von Zukünftig sollte verstärkt versucht werden, die
Spezialtechnik oder gar von Handarbeit nötig ist. Für Untersuchungen mit anderen Fachaufgaben des
die Hüteschaf­haltung (neben der verbreiteten An­ Naturschutzes sowie mit den Analysen zu land­

147
wirtschaftlichen Auswirkungen der Natur­schutz­ Aus den Ergebnissen der Untersuchungen zum
förderung abzustimmen und die Erfassungen so Programm NAK ist ersichtlich, dass insbe­sondere
auszurichten, dass die Ergebnisse auch für andere zur Interpretierbarkeit der Erfassungen von oft
Auswertungen genutzt werden können. In diesem starken Populationsschwankungen unterworfenen
Zusammenhang ist eine Anpassung an andere be­ Wirbellosenartengruppen häufigere Erhe­bungen
reits bestehende Moni­toringprogramme, insbeson­ vorgesehen werden müssen. Avifaunistische Un­
dere an das Natura 2000-Monitoring sinnvoll. tersuchungen sollten immer dann in Erwägung
Da sich bisher die Erfassungen unterschiedlicher gezogen werden, wenn das Gebiet, in dem die
Untersuchungstiefe prinzipiell als zielführend er­ Maßnahmen zur Anwendung kommen, groß genug
wie­­sen haben, werden auch in der zukünftigen Be­ und ein Bezug zu den Förderflächen eindeutig her­
gleitung Grobuntersuchungen und weitergehende stellbar ist.
Unter­suchungen eine Rolle spielen. Die Er­fahrungen Zur Effektivierung der naturschutzfachlichen Beglei­
der vergangenen Förderperiode können in Bezug tung ist vorgesehen, einen größtmöglichen Teil
auf die Grobuntersuchungen zur Qualifizierung der an erforderlichen Daten bereits im Rahmen des
Erfassungsparameter und -methoden genutzt wer­ Antragsverfahrens abzufragen und zu erfassen.
den. Als spezielle Untersuchungen sollten weiter­ Das betrifft insbesondere die flächenkonkreten
hin sowohl Detailuntersuchungen für Maßnahmen Zielstellungen, die Angabe, ob Flächen in Schutzge­
und Ziel­stellungen mit großen Flächenumfängen bieten liegen, sowie die digitale Kenn­zeichnung der
als auch Fallstudien zu Maß­nahmen und Zielen mit Lage der Flächen.
geringen­ Flächenumfängen und/oder einer star­ Neben der Beobachtung und Erfassung der Wir­-
ken räumlichen Konzentration durchgeführt wer­- kung der Fördermaßnahmen auf die Biodiversität
den. Da­bei sind sowohl die Beobachtung der und des Erreichungsgrads der spezifischen Zielstel­
Förderflächen im Zeitverlauf als auch der Vergleich lungen muss die naturschutzfachliche Begleitung
der Förderflächen mit nicht in Förderung befindlichen in Zu­kunft ebenso stärker und systematischer die
Flächen beizubehalten. Allerdings sollten bei den­ praktische Maßnahmeumsetzung durch die Land­
weiterführenden Un­tersu­chungen die flä­chenkonkre­ nutzer ana­lysieren, um so u. a. Möglichkeiten zur
ten Zielstellungen eine stärkere Berücksichti­gung Verbes­serung der Anwendung der Fördermaß­-
als in den bisherigen Begleituntersuchungen zum nahmen aufzeigen zu können. Auch sollten For­
Programm NAK erfahren. Darüber hinaus ist anzu­- schungen zur Akzeptanz ein weiterer Bestandteil
streben, dass die Auswertungen der Erfassungs­ der naturschutzfachlichen Begleitung werden, um
ergebnisse auch eine Spezifizierung und verbesser­ etwa bei Maßnahmen, deren tatsächlicher Umfang
te Beschreibung nicht maßnahmebedingter externer stark von dem naturschutzfachlich notwendigen
Effekte ermöglicht. Bedarf abweicht, entsprechende Steuerungs­mög-
Von den Erfassungsparametern der weiterführen­­ lichkeiten zu ermitteln. Darüber hinaus wären sozio-
den Untersuchungen sind Flora und Vegetation ökono­mische Untersuchungen wünschenswert,
so­wie Bio­top- und Lebensraumtypen auf den die konkretere Auskünfte hinsichtlich der Quan­ti­
För­­derflä­chen prinzipiell beizubehalten und mög­ fi­zierung des mutmaßlichen Beitrags der Na­tur­
lichst nur soweit an andere bestehende Er­­he- schutzförderung zur Entwicklung des ländlichen
bungs­methoden anzupassen, dass die Vergleich- Raumes ins­ge­samt (etwa den Beitrag zur Ein­
barkeit mit früheren Erfassungen nicht gefähr­ kommens­sicherung der Betriebe oder positive
det wird. Daneben haben sich generell die Er­ Aus­wir­kungen auf den Tourismus) geben könnten.
fassungen von Heuschrecken zur Be­­ur­tei­lung der Um die nach dem Jahr 2013 folgende Förderperio­
Maßnahmewirksamkeit auf Grün­­land be­währt. de vorzubereiten, sind Untersuchungen zur Weiter­
Hingegen sollten nach den gesammelten Erfah­ entwicklung der Förderung ein­schließ­lich der
rungen Laufkäfer nicht mehr stan­dard­mäßig auf Er­probung neuer Methoden und Verfahren möglichst­
Grünlandflächen erhoben wer­­den. Bei der Inter­ frühzeitig zu beginnen.
pretation von Tag­falter­unter­­su­chun­gen auf Grün­
land ist darauf zu achten, inwieweit für die erfassten
Arten ein tatsäch­licher Flä­chen­bezug angenommen
werden kann.

148
Literatur: KOM – Kommission der Europäischen Gemeinschaften
(2000): Katalog Gemeinsamer Bewertungsfragen
Bellmann, H. (1993): Heuschrecken, beobachten mit Kriterien und Indikatoren. Teil A-D.
und bestimmen. Melsungen. VI/12004/00 endg. Brüssel.
Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mittel­ Krause, S. (2004): FFH-Gebiete in Sachsen – Ein
europas; Nonpasseriformes – Nichtsingvögel, Betrag zum europäischen NATURA 2000-Netz.
Wiesbaden. LfUG – Sächsisches Landesamt für Umwelt und
Bezzel, E. (1993): Kompendium der Vögel Mittel­ Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und
europas; Passeres-Singvögel, Wiesbaden. Landschaftspflege 2004. Dresden.
Bräu, M. (1994): Heuschrecken. In: Strobel & Landgesellschaft Sachsen-Anhalt und ISW – Land­
Hölzel, N.: Landschaftspflegekonzept Bayern gesellschaft Sachsen-Anhalt mbH und Institut

– Lebensraumtyp Feuchtwiesen. Band II.6, für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung

München. Halle-Leipzig e.V. (2005): Evaluation des


Briemle, G.; Nitsche, S. & Nitsche, L. (2002): Entwicklungsplanes für den ländlichen Raum
Nutzungswertzahlen für Gefäßpflanzen des für den Interventionsbereich des EAGFL-
Grünlandes. Schriftenreihe für Vegetationskunde Garantie im Förderzeitraum 2000 bis 2006 des
38, S. 203 – 225. Freistaates Sachsen. Bericht zur Aktualisierung
Detzel, P. (1998): Die Heuschrecken Baden- der Halbzeitbewertung. Entwurf im Auftrag des
Württembergs. Stuttgart. Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und
Durwen, K.-J. (1982): Zur Nutzung von Zeiger­ Landwirtschaft.
werten und artspezifischen Merkmalen der LfUG – Landesamt für Umwelt und Geologie
Gefäßpflanzen Mitteleuropas für Zwecke der (2006a): Bericht zu den naturschutzfachlichen
Landschaftsökologie und -planung mit Hilfe Begleituntersuchungen zur Evaluierung des
der EDV. Voraussetzungen, Instrumentarien, Programmteils E (NAK) im Rahmen der EU-
Methoden und Möglichkeiten. Arbeitsberichte Agrarumweltmaßnahmen im Freistaat Sachsen.
Lehrstuhl für Landschaftsökologie Münster 5. Abschlussbericht 2002 – 2006, (unveröffentlicht) .
Münster. Freiberg.
Ebert, G. & Rennwald, E. (1991): Die Schmetterlinge LfUG – Landesamt für Umwelt und Geologie
Baden-Württembergs, Bd. 1 und 2. Stuttgart. (2006b): Arbeitsmaterialien zur Erstellung
Ellenberg, H.; Heinrich, E.; Weber, H. E.; Düll, R. ; von FFH-Managementplänen: Kartier- und
Wirth, V. ; Werner, W. & Paulissen, D.(1991): Bewertungsschlüssel für Offenland-Lebens­
Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta raumtypen des Anhangs I der Richtlinie 92/43/
Geobot. 18: 248 S. EWG (FFH-Richtlinie) Teil I (Grünland, Heiden &
Fischer, U. (2001): Floristische und vege­tations­ Felsen), (unveröffentlicht). Dresden.
kundliche Untersuchungen zum Landschafts­ LfUG – Landesamt für Umwelt und Geologie (2007):
pflegeversuch 018 der Landesanstalt für Land­ Arbeitsmaterialien zur Erstellung von FFH-
wirtschaft am Standort Forchheim. Jahresbericht Managementplänen: Allgemeine Erläuterungen
2001, (unveröffentlicht). Schwarzenberg. zu den Kartier- und Bewertungsschlüssel für
Hardtke, H.-J. & Ihl, A. (2000): Atlas der Farn- Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie
und Samenpflanzen Sachsens. LfUG – 92/43/EWG (FFH-Richtlinie), (unveröffentlicht).
Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie Dresden.
(Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Maas, S.; Detzel, P. & Staudt, A. (2002):
Landschaftspflege. Dresden. Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deut­
Ingrisch, S. & Köhler, G. (1998): Die Heuschrecken schlands – Verbreitungsatlas, Gefährdungs­
Mitteleuropas. Magdeburg. einstufung und Schutzkonzepte. Bundesamt für
Klotz, S.; Kühn, I. & Durka, W. (2002): BIOFLOR Naturschutz (Hrsg.), Bonn Bad-Godesberg.
– Eine Datenbank mit biologisch-ökologischen Oppermann, E. & Luick, R. (1999): Extensive
Merkmalen zur Flora von Deutschland. Beweidung und Naturschutz – Charakterisierung
Schriftenreihe für Vegetationskunde 38. Bonn. einer dynamischen und naturverträglichen Land­
nutzung. Natur und Landschaft 10, S. 411 – 419.

149
Richter, K.; Arndt, E.; Heidecke, H.; Zinner, F.;
Teubert, H. & Thiele, P.: Naturschutzfachliches
Begleitkonzept für den Teil E (NAK) im Rahmen der
Agrarumweltmaßnahmen. Professor Hellriegel
Institut e.V. Bernburg 2001.(unveröffentlicht).
SächsNatSchG: Sächsisches Gesetz über Natur­
schutz und Landschaftspflege (Säch­sisches
Natur­schutzgesetz – SächsNatSchG) in der
Fassung vom 11. Oktober 1994 (SächsGVBl.
S. 1601; 17. November).
Settele, J., Feldmann, R. & Rheinhart, R. (1999):
Die Tagfalter Deutschlands. Stuttgart.
Weidemann, H. J. (1986): Tagfalter. Bd. 1 u. 2.
Melsungen.
SMUL – Sächsisches Staatsministerium für Umwelt
und Landwirtschaft (2000): Entwicklungsplan für

den ländlichen Raum. Bundesrepublik Deutsch­


land – Freistaat Sachsen 2000 – 2006, Ziel 1 –
Region. Dresden.
Schulz, D. (1999): Rote Liste der Farn- und Samen­
pflanzen. LfUG – Sächsisches Landesamt für
Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Natur­
schutz und Landschaftspflege 1999. Dresden.
Schwarzbach, S.; Koch, A.; Schneier, C. & Deussen,
M. (2003): Vertragsnaturschutz als Instrument
des Biotop- und Artenschutzes – Das Förder­
programm „Naturschutz und Erhalt der Kultur­
landschaft“ (NAK). Naturschutzarbeit in Sachsen
45, S. 3 – 12.

150
Impressum Hinweis:

Naturschutz und Landschaftspflege Diese Publikation wird im Rahmen der


Naturschutzfachliche Aspekte des Öffentlichkeitsarbeit des Sächsischen Landesamtes
Grünlandes in Sachsen für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG)
herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch
von Wahlhelfern zum Zwecke der Wahlwerbung
Herausgeber: verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug
Sächsisches Landesamt für Umwelt, zu einer bevorstehenden Wahl darf die Publikation
Landwirtschaft und Geologie nicht in einer Weise verwendet werden, die als
Pillnitzer Platz 3, 01326 Dresden Parteinahme des Landesamtes zugunsten einzelner
E-Mail: Abt6.LfULG@smul.sachsen.de Gruppen verstanden werden kann. Den Parteien ist
(kein Zugang für elektronisch signierte sowie es gestattet, die Publikation zur Unterrichtung ihrer
für verschlüsselte elektronische Dokumente) Mitglieder zu verwenden.

Redaktion: Juli 2009


Abt. Natur, Landschaft, Boden; LfULG

Redaktionsschluss: L V-2 /35


Oktober 2008

Auflagenhöhe: www.smul.sachsen.de/lfulg
1.000 Exemplare

Gestaltung/Satz:
SUBdesign GmbH, www.subdesign.net

Druck:
Druckerei Wagner, Großschirma

Papier:
Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier

Kostenlose Bestelladresse:
Zentraler Broschürenversand
der Sächsischen Staatsregierung
Hammerweg 30, 01127 Dresden
Tel.: (03 51) 210 36 71 oder (03 51) 210 36 72
Fax: (03 51) 210 36 81
E-Mail: publikationen@sachsen.de
(Kein Zugang für elektronisch signierte sowie
für verschlüsselte elektronische Dokumente)

Foto Titelseite:
„Trockene“ Feuchtwiese in Schöneck im
Vogtland, Archiv Naturschutz LfULG,
W. Böhnert

151

Das könnte Ihnen auch gefallen