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Serbien

RA Tomislav Pintarić

Finanzrecht
Das Gesetz über die Einkommensteuer der Bürger wurde im Zuge der Aktivitäten zur
Durchführung der Wirtschaftsreformen relativ umfangreich geändert. Die Änderungen zielen
darauf ab, die sogenannte graue Wirtschaft zu bekämpfen, insbesondere die illegale
Beschäftigung, und den Zustrom von Investitionen zu fördern, die Beschäftigung und das
Wirtschaftswachstum zu erhöhen und die Belastungen der Wirtschaftssubjekte zu verringern.
So wurde etwa das nicht zu besteuernde Einkommen von 15.300 RSD (ca. 130 EUR) auf
16.300 RSD (ca. 139 EUR) monatlich erhöht. Die Gründer von neuen Handelsgesellschaften,
die eine innovative Tätigkeit ausüben, werden von der Verpflichtung befreit, auf ihr eigenes
Einkommen aus einem Anstellungsverhältnis in der Gesellschaft Steuern zu entrichten.
Daneben wird der Arbeitgeber auch von der Pflicht befreit, für neu eingestellte qualifizierte
Mitarbeiter Einkommensteuer abzuführen. Auch Personen, die aus dem Ausland zum
Arbeiten nach Serbien kommen, werden unter bestimmten Voraussetzungen von der Zahlung
der Einkommensteuer befreit, wenn deren besondere Fachkenntnisse benötigt werden (Sl.
glasnik 86/19).

Straf- und Strafprozessrecht


Das Strafgesetzbuch von 2005 wurde geändert. Die Änderung wurde durch ein Referendum
durchgesetzt, dass von der Nichtregierungsorganisationen und gemeinnützigen Stiftung
„Tiana Jurić1“ organisiert und durchgeführt wurde. Nach dem 2017 durchgeführten
Referendum, bei dem mehr als 160.000 Stimmen gesammelt wurden, gelang es der genannten
Stiftung eine Verschärfung bestimmter strafrechtlicher Sanktionen durch das vorliegende
Gesetz durchsetzen. In das Strafgesetzbuch wurde nun die lebenslange Gefängnisstrafe, die
das Gesetz bislang nicht kannte, für schwerste Straftaten gegen das Leben und die körperliche
Unversehrtheit und für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Fällen, in denen
durch die Tat der Tod eines Kindes, einer minderjährigen Person, einer schwangeren Frau
oder einer hilflosen Person eingetreten ist, eingeführt. Die höchste Strafe war bislang eine
Haftstrafe von 30 bis 40 Jahren. Diese Strafen wurden nun durch die lebenslange Haft ersetzt.
Ziel der Initiative der Stiftung war auch die Durchsetzung der nun eingeführten Möglichkeit
einem zur lebenslangen Haft verurteilten Straftäter, bei bestimmten Straftaten, die

1
Siehe URL: https://tijana.rs
Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung zu verwehren. Die lebenslange Haftstrafe kann nach
der Verbüßung von 27 Jahren auf Bewährung ausgesetzt werden. Die Bewährungsfrist ist in
der Regel auf mindestens zehn Jahre zu bestimmen. Gegen Personen, die im Zeitpunkt der
Begehung der Straftat noch nicht 21 Jahre alt waren, kann die lebenslange Haft nicht verhängt
werden. Neben der Einführung der lebenslangen Haft sieht die Gesetzesänderung auch eine
Verschärfung der Strafen für Wiederholungstäter vor. Schließlich wurde durch die
Gesetzesänderung auch die Anpassung der Strafgesetzgebung an die Empfehlungen der FATF
(Financial Action Task Force [on Money Laundering] – Arbeitsgruppe für finanzielle
Maßnahmen [gegen Geldwäsche]) vorgenommen. (Sl. glasnik 35/19).
Aufgrund der oben genannten Änderung des Strafgesetzbuches war auch eine Änderung des
Gesetzes über das Strafverfahren notwendig, insbesondere im Hinblick auf die im
Strafgesetzbuch vorgenommenen Änderungen bei den Taten gegen die Wirtschaft und der
Einführung der lebenslangen Haftstrafe (Sl. glasnik 35/19).
Das Gesetz über die Ableistung von Strafsanktionen von 2014 wurde unter anderem
dahingehend geändert, dass die Zuständigkeiten der Richter, die über bestimmte
Strafsanktionen befinden, erweitert wurden. Nach Rechtskraft des Strafurteils bis zum Antritt
der Haft in einer Haftanstalt kann der Verurteilte nun beantragen, die verhängte Strafe bis zu
einem Jahr in seiner Wohnung abzuleisten. Über diesen Antrag entscheidet ein sogenannter
Richter für den Vollzug (Vollzugsrichter) an dem Gericht, dass das Urteil in erster Instanz
erlassen hat bzw. wenn das Urteil von der untersten Instanz erlassen wurde, der
Vollzugsrichter an dem nächsthöheren Gericht. Der Vollzugsrichter hat hierbei eine
Stellungnahme der Staatsanwaltschaft einzuholen. Der Richter hat bei seiner Entscheidung die
Frage zu berücksichtigen, ob durch die geänderte Form des Vollzugs (Hausarrest) der Zweck
der Strafe erreicht werden kann. Der Hausarrest kann mit oder ohne elektronische
Überwachung verfügt werden. Der Vollzugsrichter darf nun auch darüber befinden, ob ein
Häftling, der für den halboffenen oder offenen Vollzug bestimmt worden ist, auch außerhalb
der Haftanstalt einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Der Vollzugsrichter kann auch
darüber befinden, ob ein Häftling nach Verbüßung der Hälfte seiner Strafe vorzeitig,
frühestens zwölf Monate vor Haftende, entlassen werden kann. Bei Vorliegen einer schweren
Krankheit, einer Invalidität oder hohem Alter kann ein Häftling auch unmittelbar nach
Verbüßung der Hälfte seiner Strafe enlassen werden, wenn der Vollzugsrichter zu dem
Schluss gelangt, dass ein weiterer Strafvollzug inhuman wäre (Sl. glasnik 35/19).

Arbeits- und Sozialrecht


Durch das neue Gesetz über die Agenturbeschäftigung wurde in Serbien erstmalig die
Möglichkeit der Arbeitnehmerüberlassung bzw. Leiharbeit geschaffen. Durch das Gesetz
wurde vor allem auch die europäische Richtlinie 2008/104/EG (Leiharbeitsrichtlinie), aber
auch die Richtlinien 91/383/EWG, 96/71/EG (EU-Entsenderichtlinie) und 91/533/EWG, in
serbisches Recht umgesetzt2. Auch wenn die bestehenden arbeitsrechtlichen Vorschriften die
Leiharbeit nicht regeln, bestand dennoch diese Form der Beschäftigung in der Praxis schon
seit geraumer Zeit. Das Arbeitsgesetz3 von 2005 kennt nur das Arbeitsverhältnis unmittelbar
zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ohne die Möglichkeit, eine Agentur in dieses
Verhältnis einzubeziehen. Durch das neue Gesetz wird nun die Arbeitnehmerüberlassung
explizit geregelt, sodass alle drei an der Arbeitnehmerüberlassung beteiligten Parteien ihre
gesetzlichen Rechte und Pflichten kennen. Durch die klare Definition der
Zeitarbeitsunternehmen (Agenturen) und die Festlegung der Arbeitsbedingungen werden die
Rechte und Pflichten der Personen, die einen Arbeitsvertrag mit dem Zeitarbeitsunternehmen
abschließen, geregelt. Leiharbeitnehmern werden an einem Arbeitsplatz bei dem Entleiher die
gleichen Bedingungen garantiert, die für die direkt bei dem Kunden fest beschäftigten
Arbeitnehmer gelten, etwa in Bezug auf die Arbeitszeit, die Abwesenheit vom Arbeitsplatz,
den Urlaub sowie die Sicherheit am Arbeitsplatz und die Gesundheitsfürsorge. Die Agentur
für Zeitarbeit ist eine Handelsgesellschaft oder ein Einzelunternehmer, der sich für diese
Tätigkeit registrieren lassen muss. Der Arbeitnehmer schließt den Arbeitsvertrag mit der
Agentur, die dann den Arbeitnehmer an einen Dritter verleiht, der gegenüber dem
Leiharbeiter weisungsbefugt ist. Der Anteil der Leiharbeitnehmer bei einem Entleiher kann
nicht mehr als 10 % betragen. Ein Leiharbeitnehmer kann nicht an einen Kunden erneut

2
Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19.11.2008 über
Leiharbeit, ABl. L 327 v. 5.12.2008, S. 9-14; Richtlinie 91/383/EWG des Rates v. 25.6.1991
zur Ergänzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes
von Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis, ABl. EG L
206 v. 29.07.1991 S. 19-21; Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
v. 16.12.1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von
Dienstleistungen, ABl. L 18 vom 21.01.1997 S. 1-6; Richtlinie 91/533/EWG des Rates v.
14.11.1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die
für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, ABl. L 288 v.
18.10.1991, S. 32–35.
3
Gesetz über die Arbeit, Sl. glasnik Nr. 24/05, 61/05, 54/09, 32/13, 75/14, 13/17 –
Entscheidung des VerfG, 113/17, 95/18 – authentische Auslegung.
entliehen werden, bei dem der Leiharbeitnehmer bereits in einem befristeten Arbeitsverhältnis
für die Dauer von mehr als 24 Monaten beschäftigt war (Sl. glasnik 96/19).

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