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Mathematik Kompakt

Herausgegeben von:
Martin Brokate
Heinz W. Engl
Karl-Heinz Hoffmann
Götz Kersting
Gernot Stroth
Emo Welzl

Die neu konzipierte Lehrbuchreihe Mathematik


Kompakt ist eine Reaktion auf die Umstellung der
Diplomstudiengänge in Mathematik zu Bachelor-
und Masterabschlüssen. Ähnlich wie die neuen
Studiengänge selbst ist die Reihe modular auf-
gebaut und als Unterstützung der Dozenten wie
als Material zum Selbststudium für Studenten ge-
dacht. Der Umfang eines Bandes orientiert sich an
der möglichen Stofffülle einer Vorlesung von zwei
Semesterwochenstunden. Der Inhalt greift neue
Entwicklungen des Faches auf und bezieht auch
die Möglichkeiten der neuen Medien mit ein. Viele
anwendungsrelevante Beispiele geben dem Be-
nutzer Übungsmöglichkeiten. Zusätzlich betont
die Reihe Bezüge der Einzeldisziplinen unterei-
nander.

Mit Mathematik Kompakt entsteht eine Reihe, die


die neuen Studienstrukturen berücksichtigt und
für Dozenten und Studenten ein breites Spektrum
an Wahlmöglichkeiten bereitstellt.
Mathematische Logik

Martin Ziegler

Birkhäuser
Autor:
Martin Ziegler
Mathematisches Institut
Universität Freiburg
Eckerstraße 1
79104 Freiburg
Deutschland
email: ziegler@uni-freiburg.de

2000 Mathematics Subject Classification: 03-01

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Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-7643-9973-3

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Printed in Germany

ISBN 978-3-7643-9973-3

987654321 www.birkhauser.ch
Inhaltsverzeichnis

I Prädikatenkalkül 1
1 Strukturen und Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
2 Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3 Allgemeingültige Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
4 Der Gödelsche Vollständigkeitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
5 Der Sequenzenkalkül . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
6 Der Herbrandsche Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
7 Die Resolutionsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

II Mengenlehre 41
8 Die Axiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
9 Die natürlichen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
10 Ordinalzahlen und Kardinalzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
11 Metamathematik von ZFC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

III Rekursionstheorie 67
12 Registermaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
13 Primitiv rekursive Funktionen und Gödelisierung . . . . . . . . . . 74
14 Rekursiv aufzählbare Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
15 Gödelnummern von Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
16 Ein anderer Aufbau der rekursiven Funktionen . . . . . . . . . . . . 86

IV Arithmetik 89
17 Definierbare Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
18 Das System Q . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
19 Peanoarithmetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
20 Der Zweite Gödelsche Unvollständigkeitssatz . . . . . . . . . . . . . 104

Literaturverzeichnis 109

Index 111
Vorwort

Diesem Buch liegt eine Vorlesung über mathematische Logik zugrunde, wie sie in
Freiburg regelmäßig f ür Mathematik- und Informatikstudenten im vierten Semester
gehalten wird. Sie bildet den Anfang eines mehrsemestrigen Logikzyklus und ver-
folgt einerseits das Ziel,jedem Studenten etwas über die grundlegenden Fundamente
der Mathematik zu vermitteln. Andererseits zeigt die Vorlesung auch die verschie-
denen weiterf ührenden und eigenständigen Bereiche der Logik auf, insbesondere
Modelltheorie, Mengenlehre, Beweistheorie, Rekursionstheorie und theoretische In-
formatik.
Die Vorlesung hat vier Teile,deren erste beide darstellen,wie sich die Mathematik
auf Prädikatenkalkül und Mengenlehre zurückf ühren läßt. Das erste Kapitel erklärt
den Hilbertkalkül, der das formale Beweisen im Hilbertschen Sinne beschreibt. Die-
ser forderte nämlich, Beweise so zu f ühren, daß man anstelle von Punkten, Geraden
und Ebenen auch Tische, Bänke und Bierseidel einsetzen können müsse, ohne daß
die Gültigkeit des Beweises darunter litte. Aus dem Gödelschen Vollständigkeitssatz
folgt, daß sich in diesem Kalkül tatsächlich alles, f ür das es keine Gegenbeispiele
gibt, formal beweisen läßt. Damit schafft dieser Satz auch die Grundlagen f ür die
Anfänge der künstlichen Intelligenz. Die Grenzen dieses formalen Beweisens aber
werden in den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen sichtbar, die am Ende dieses
Buches stehen.
Als Vorbereitung auf die Modelltheorie und die theoretische Informatik gehen
wir im ersten Kapitel auch auf die Herbrandschen Sätze ein, die eine Art Entscheid-
barkeit f ür die Allgemeingültigkeit von Formeln beschreiben.
Das zweite Kapitel erklärt die Anfänge der axiomatischen Mengenlehre, weit
genug, um zu sehen, auf welche Weise sich die gesamte Mathematik in der Men-
genlehre entwickeln läßt. Insbesondere zeigen wir, wie sich die natürlichen Zahlen
im Rahmen der axiomatischen Mengenlehre beschreiben und charakterisieren las-
sen. Mathematische Sätze beschreiben nun Eigenschaften des Mengenuniversums,
mathematische Beweise sind damit Folgerungen aus den Axiomen der Mengenlehre
nach den Schlußregeln des Prädikatenkalküls.
Das dritte Kapitel enthält eine Einf ührung in die Theorie der berechenbaren
Funktionen anhand von sehr einfachen Computermodellen, den Registermaschi-
nen. Diese Theorie ist f ür die theoretische Informatik wichtig, wird aber hier auch
f ür den vierten Abschnitt verwendet, um den Gödelschen Unvollständigkeitssatz zu
beweisen, der schon in einfachen Systemen der Arithmetik gilt.
Die Arithmetik, die Theorie der natürlichen Zahlen als Struktur mit Additi-
on, Multiplikation und Nachfolgeroperation, steht im Zentrum des vierten Kapitels.
Diese (vollständige) Theorie wird verglichen mit einem axiomatisierbaren Teil, der
viii Vorwort

sogenannten Peanoarithmetik. Wir werden sehen, daß eine Theorie der natürlichen
Zahlen nicht gleichzeitig vollständig und effektiv axiomatisierbar sein kann. In die-
sem Satz zeigt sich ein unvermeidbares Problem der mathematischen Grundlegung
der Mathematik.In diesem letzten Kapitel laufen die Begriffe der vorigen drei Kapitel
zusammen: Die Mengenlehre, die es uns erlaubt, die natürlichen Zahlen sauber zu
definieren, die Modelltheorie und die Theorie der berechenbaren Funktionen.
Vorbild war das Buch Mathematical Logic von J. Shoenfield, [22], das wesent-
lich tiefer in Mengenlehre, Rekursionstheorie und Beweistheorie eindringt. Das läßt
sich im Rahmen einer einsemestrigen Vorlesung nicht verwirklichen, doch sollte
dieses Buch ausreichend Material liefern, um sich wenigstens ein erstes Bild dieses
wichtigen Gebietes machen zu können.
Ich danke Katrin Tent f ür ihre unschätzbare Hilfe bei der Endfassung dieses
Buches.

Was die Rechtschreibung betrifft, so hat man sich deren bedient,


welche jetzo für die beste gehalten wird.

(J.A. Hoffmann, 1735)


I Prädikatenkalkül

Aussagen des Prädikatenkalküls sind Zeichenreihen, die Eigenschaften von Struktu-


ren beschreiben. Zum Beispiel gilt die Aussage
.
 = ∀x ( 0 < x → ∃y x = y · y)

in einem angeordneten Körper K = (K, 0, 1, +, −, ·, <) genau dann, wenn jedes


positive Element von K ein Quadrat ist.
Eine Theorie T ist eine Menge von Aussagen, den Axiomen von T. Daß  aus T
folgt, heißt, daß  in allen Strukturen gilt, in denen alle Axiome von T gelten. Der
Gödelsche Vollständigkeitssatz (siehe Abschnitt 4) besagt, daß  genau dann aus T
folgt, wenn sich  aus endlich vielen Axiomen von T durch Anwendung der Regeln
des Hilbertkalküls herleiten läßt.Wenn T leer ist, ergibt sich der Spezialfall, daß eine
Aussage genau dann allgemeingültig ist,wenn sie im Hilbertkalkül beweisbar ist.Dies
wird damit erkauft, daß Ausdruckstärke der Formeln des Prädikatenkalküls stark
eingeschränkt ist. Es läßt sich zum Beispiel nicht mit einer Aussage ausdrücken, daß
ein Körper die Charakteristik Null hat oder daß in einem angeordneten Körper jede
nicht–leere beschränkte Menge ein Supremum hat. (Vergleiche dazu die Aufgaben
22, 23 und 77.)
Zum Beweis von Aussagen, die keine Funktionszeichen und Gleichheitszeichen
enthalten, eignet sich der Sequenzenkalkül, den wir Abschnitt 5 diskutieren, besser
als der Hilbertkalkül. Er ist näher am natürlichen Schließen und hat die Eigenschaft,
daß jede beweisbare Aussage  einen Beweis hat, der nur Teilformeln von  ver-
wendet.
Wir werden später (Satz 18.4) sehen, daß sich nicht effektiv entscheiden läßt,
ob eine gegebene Aussage  beweisbar ist. Wenn  aber beweisbar ist, läßt sich ein
Beweis von  effektiv finden. Man könnte zum Beispiel eine Liste aller möglichen
Ableitungen im Hilbertkalkül durchgehen, solange, bis ein Beweis von  auftaucht.
Der Satz von Herbrand (Abschnitt 6) liefert ein besseres Verfahren: Man bildet aus 
eine Folge von immer schwächer werdenden quantorenfreien Aussagen 0 , 1,. . . , mit
der Eigenschaft, daß  genau dann beweisbar ist, wenn eines dieser i beweisbar ist.
Die Beweisbarkeit dieser quantorenfreien Aussagen läßt sich effektiv entscheiden.Im
letzten Abschnitt dieses Kapitels geben wir dafür einen vernünftigen Algorithmus
an, die Resolutionsmethode.
2 I Prädikatenkalkül

 1
Strukturen und Formeln
Eine Struktur ist eine nicht–leere Menge mit ausgezeichneten Elementen, Operatio-
nen und Relationen. Zum Beispiel

ein Ring: (R, 0, 1, +, −, ·)


eine Gruppe: (G, e, ◦, −1)
die reellen Zahlen (R, 0, 1, +, −, · , <)
die natürlichen Zahlen N = (N, 0, S, +, · , <)
(S ist die Nachfolgeroperation x → x + 1 .)

In diesen Beispielen sind die Relationen zweistellig und die Operationen ein–
oder zweistellig. Im Allgemeinen sind beliebige positive Stelligkeiten erlaubt. Nicht
alle Gegenstände der Mathematik sind Strukturen. Zum Beispiel ist die Klasse al-
ler Gruppen mit der Isomorphie als zweistelliger Relation keine Struktur, weil der
Grundbereich — die Klasse aller Gruppen — zu groß ist. Ein topologischer Raum
ist keine Struktur, auf ihm ist vielmehr eine Menge von (offenen) Teilmengen ausge-
zeichnet.
Werden wir etwas präziser:

Definition Eine Struktur ist ein Paar A = (A, J), wobei A eine nicht–leere Menge und J eine
Familie von Elementen aus A, Operationen und Relationen auf A ist.

Die Struktur Q = (Q, 0, 1, +, −, ·) des Körpers der rationalen Zahlen müssen


wir jetzt, streng genommen, schreiben als (Q, (Zi )i<5 ), wobei Z0 = 0, Z1 = 1, Z2 = +,
Z3 = −, Z4 = ·. Damit die Frage „ist (Q, 0, 1, ·, −, +) ein Körper?“ einen Sinn hat,
muß man festlegen, welche Operation die Addition und welche die Multiplikation
sein soll. Der Ausgangspunkt ist also eine Sprache:

Definition Eine Sprache ist eine Menge von Konstantenzeichen1 , Funktionszeichen und
Relationszeichen. Funktionszeichen und Relationszeichen haben eine (positive)
Stelligkeit.

Gelegentlich nennt man Relationszeichen, aber auch Relationen, Prädikate.

Eine Liste von Beispielen:


L∅ = ∅ Die leere Sprache.
LR = {0, 1, +, −, ·} Die Ring–Sprache.
LG = {e, ◦, −1 } Die Gruppen–Sprache.
LO = {<} Die Ordnungs–Sprache.
LAK = LR ∪ LO Die Angeordnete–Körper–Sprache.
LN = {0, S, +, ·, <} Die Sprache der natürlichen Zahlen.
LMe = {} Die Mengenlehre-Sprache.

1 Konstantenzeichen nennen wir auch einfach Konstanten.


1 Strukturen und Formeln 3
Dabei sind
Konstanten: 0, 1, e
einstellige Funktionszeichen: −, −1 , S
zweistellige Funktionszeichen: +, ·, ◦
zweistellige Relationszeichen: <,  .

Sei L eine Sprache. Eine L–Struktur ist ein Paar Definition

A = (A, (Z A )Z∈L ),

wobei
A eine nicht–leere Menge (die Grundmenge von A ) ist,
Z A ∈ A, wenn Z eine Konstante ist,
Z A : An −→ A, wenn Z ein n–stelliges Funktionszeichen ist und
Z A ⊂ An , wenn Z ein n–stelliges Relationszeichen ist.

Z A ist also eine Interpretation der Zeichen von L in A.

Zwei L–Strukturen A und B heißen isomorph, A ∼ = B, wenn es einen Isomor- Definition


phismus F: A −→ B gibt, eine Bijektion F: A −→ B, die mit den Interpretationen
der Zeichen aus L kommutiert:
F(Z A ) = ZB (Z eine Konstante aus L)
F(Z (a1 , . . . , an )) = Z B (F(a1), . . . , F(an ))
A
(Z ein n–stelliges Funktionszei-
chen aus L, a1 , . . . , an ∈ A)
Z A (a1 , . . . , an ) ⇔ Z B (F(a1), . . . , F(an )) (Z ein n–stelliges Relationszei-
chen aus L, a1 , . . . , an ∈ A)

Man sieht leicht, daß man die Bedingung f ür Funktionszeichen Z auch schreiben
kann als
Z A (a1 , . . . , an ) = a0 ⇔ Z B (F(a1 ), . . . , F(an )) = F(a0 ).
Das Inverse eines Isomorphismus und dieVerknüpfung von zwei Isomorphismen
sind wieder Isomorphismen. Daraus folgt, daß ∼ = eine Äquivalenzrelation ist.
Wir fixieren eine Folge von Variablen v0 , v1 , . . ..

Ein L–Term ist eine Zeichenfolge, die nach den folgenden Regeln gebildet ist: Definition
T1 Jede Variable ist ein L–Term.
T2 Jede Konstante aus L ist ein L–Term.
T3 Wenn f ein n–stelliges Funktionszeichen aus L ist und wenn t1 , . . . , tn
L–Terme sind, dann ist auch ft1 . . . tn ein L–Term.

Um Terme besser lesbar zu machen, schreiben wir häufig f (t1 , . . . , tn ) statt


ft1 . . . tn . Wenn f einstellig ist, schreiben wir auch t1 f , wenn f zweistellig ist, auch
t1 ft2 . Zum Beispiel steht (x + y) · (z + w) f ür · + xy + zw und (x ◦ y)−1 f ür −1 ◦ xy.
4 I Prädikatenkalkül

Das folgende Lemma zeigt, weshalb wir auf Klammern verzichten können. Übri-
gens würde der Gebrauch von Klammern den Beweis nicht einfacher machen.

Lemma Eindeutige Lesbarkeit von Termen. Für jeden L–Term t tritt genau einer der
folgenden drei Fälle ein:
1. t ist eine Variable,
2. t ist eine Konstante,
3. t = ft1 . . . tn ,wobei f ein n–stelliges Funktionszeichen und t1 , . . . , tn L–Terme
sind.
Im letzten Fall sind f und t1 , . . . , tn eindeutig bestimmt.

Beweis. Daß genau einer der drei Fälle eintritt,ist klar.Zu zeigen ist die Eindeutigkeit
der ti . Wenn t = es1 . . . sm f ür ein m–stelliges Funktionszeichen e und Terme si , gilt
natürlich e = f und m = n. Daß si = ti , folgt aus dem nächsten Hilfssatz.

Hilfssatz 1.1 Kein L–Term ist echtes Anfangsstück eines anderen L–Terms.

Beweis. Sei s Anfangsstück von t. Wir zeigen s = t durch Induktion über die Länge
von t. Wenn t eine Variable oder eine Konstante ist, ist die Behauptung klar. Sonst
ist s = fs1 . . . sn und t = ft1 . . . tn f ür ein n–stelliges Funktionszeichen f . Wenn s = t,
gibt es einen kleinsten Index i mit si = ti . Dann ist si echtes Anfangsstück von ti , oder
umgekehrt, was nach Induktionsvoraussetzung unmöglich ist.
L–Formeln sind Zeichenreihen, die aus den Zeichen aus L, den Klammern ( und
) als Hilfszeichen und den folgenden logischen Zeichen gebildet sind:

Variablen v0 , v1 , . . .
.
Gleichheitszeichen =
Junktoren ¬ (Negation), ∧ (Konjunktion)
Existenzquantor ∃
.
Man liest = als „gleich“, ¬ als „nicht“, ∧ als „und“ und ∃ als „es gibt ein“.

Definition Die folgenden Ausdrücke sind L–Formeln:


.
F1 t1 = t2 , wenn t1 , t2 L–Terme sind,
F2 Rt1 . . . , tn , wenn R ein n–stelliges Relationszeichen aus L und t1 , . . . , tn
L–Terme sind,
F3 ¬ , wenn eine L–Formel ist,
F4 ( 1 ∧ 2) , wenn 1 und 2 L–Formeln sind,
F5 ∃x , wenn eine L–Formel und x eine Variable ist.

Jede L–Formel entsteht auf diese Weise.

Formeln der Form F1 und F2 heißen Primformeln2.


2 Man nennt Primformeln auch atomar.
1 Strukturen und Formeln 5
Wir verwenden folgende Abkürzungen:

( 1 ∨ 2 ) = ¬ (¬ 1 ∧¬ 2)
(→ 2) = ¬ ( 1 ∧ ¬ 2)
1

1 ↔ 2 ) = (( 1 → 2 ) ∧ ( 2 → 1 ))
(
∀x = ¬ ∃x¬
( 0 ∧ · · · ∧ n ) = (. . . ( 0 ∧ 1 ) ∧ . . . n )
  
n -mal
( ∨ ···∨ n) = (. . . ( ∨ 1) ∨ ... n)
0
   0

n -mal

Die Disjunktion ∨ liest man als „oder“, die Implikation → als „impliziert“, die
Äquivalenz ↔ als „genau dann, wenn“ und den Allquantor ∀ als „f ür alle“.
Statt Rt1 t2 schreiben wir auch t1 Rt2 und statt ∃x1 . . . ∃xn schreiben wir ∃x1, . . . , xn
(ebenso f ür ∀). Zur besseren Lesbarkeit der Formeln gebrauchen wir überflüssige
Klammern. Wir lassen auch Klammern weg und lesen die Formeln gemäß der Bin-
dungsstärke der logischen Zeichen:

Höchste Bindungsstärke: ¬ ∃∀


Niedrigste Bindungsstärke: →↔

Zum Beispiel steht ¬  ∧ →  f ür

((¬  ∧ ) → ) = ¬ ((¬  ∧ ) ∧ ¬ ).

Als Beispiel schreiben wir in LR die Körperaxiome auf. Beachte, daß das erste
Axiom zum Beispiel voll ausgeschrieben
.
¬ ∃v0¬ ¬ ∃v1 ¬ + v0 v1 = +v1 v0

ist. Die Zeichen x, y, z stehen f ür die Variablen v0 , v1 , v2 .

Die Körperaxiome
.
1. ∀x, y x + y = y + x
.
2. ∀x x + 0 = x
.
3. ∀x x + (−x) = 0
.
4. ∀x, y, z (x + y) + z = x + (y + z)
.
5. ∀x, y x · y = y · x
.
6. ∀x x · 1 = x
.
7. ∀x, y, z (x · y) · z = x · (y · z)
.
8. ∀x, y, z x · (y + z) = (x · y) + (x · z)
. .
9. ∀x (¬ x = 0 → ∃y x · y = 1)
.
10. ¬ 0 = 1
6 I Prädikatenkalkül

Die ersten acht Axiome drücken aus, daß ein Körper insbesondere ein kommutativer
Ring mit Einselement ist. Die ersten vier Axiome sagen, daß einem Ring eine additiv
geschriebene abelsche Gruppe zugrunde liegt.

Lemma 1.2 Eindeutige Lesbarkeit von Formeln. Für jede L–Formel  tritt genau einer der
folgenden Fälle ein.
.
1.  = t1 = t2 f ür L–Terme t1 , t2
2.  = Rt1 . . . tn f ür ein n–stelliges Relationszeichen R aus L und
L–Terme t1 , . . . , tn
3.  = ¬ f ür eine L–Formel
4.  = ( 1 ∧ 2) f ür L–Formeln 1 und 2

5.  = ∃x f ür eine L–Formel und eine Variable x

In jedem der Fälle sind die Terme ti , das Relationszeichen R, die Formeln
, 1 , 2 und die Variable x jeweils eindeutig bestimmt.

Beweis. Daß genau einer der f ünf Fälle auftritt, ist klar. Sie treten ein je nachdem, ob
das erste Zeichen von  eine Variable, Konstante oder Funktionszeichen ist (Fall 1)
oder ein Relationszeichen (Fall 2) oder ein Negationszeichen (Fall 3) oder eine auf-
gehende Klammer (Fall 4) oder ein Existenzquantor (Fall 5). Wir müssen noch die
Eindeutigkeit der Zerlegung in jedem Einzelfall zeigen:

Fall 1: Klar, weil in  nur ein Gleichheitszeichen vorkommt.


Fall 2: R ist als das erste Zeichen von  eindeutig bestimmt. Die Eindeutigkeit der ti
folgt aus dem Hilfssatz im Beweis der Eindeutigen Lesbarkeit von Termen.
Fall 3: Klar.
Fall 5: Klar.
Fall 4: Wenn ( 1 ∧ 2 ) = ( 1 ∧ 2 ), ist 1 Anfangsstück von 1 oder umgekehrt. Aus
dem nächsten Hilfsatz folgt 1 = 1 und also auch 2 = 2 .

Hilfssatz 1.2 Keine L–Formel ist echtes Anfangsstück einer anderen L–Formel.

Beweis.  und   seien L–Formeln und  ein echtes Anfangsstück von   .Wir zeigen
durch Induktion über die Länge von  , daß das unmöglich ist. Es ist klar, daß f ür
.
 und   derselbe Fall auftritt. Wir gehen alle f ünf Fälle durch: Wenn  = t1 = t2
.
und   = t1 = t2 , ist t2 ein echtes Anfangsstück von t2 , was nach dem Hilfssatz im
Beweis der Eindeutigen Lesbarkeit von Termen nicht geht. Wenn  = Rt1 . . . tn und
  = Rt1 . . . tn , gibt es ein kleinstes i mit ti = ti . Dann ist ti ein echtes Anfangsstück
von ti oder umgekehrt: unmöglich. Wenn  = ¬ und   = ¬  , ist echtes
Anfangsstück von  , das ist unmöglich nach Induktionsannahme.  = ∃x ist aus
demselben Grund unmöglich. Wenn  = ( 1 ∧ 2 ) und   = ( 1 ∧ 2 ), ist 1 echtes
Anfangsstück von 1 oder umgekehrt.
1 Strukturen und Formeln 7
Übungsaufgaben
Aufgabe 1. Sei A eine L–Struktur und B eine nicht-leere Teilmenge von A, die die
Interpretationen c A aller Konstanten enthält und unter allen Operationen f A ab-
geschlossen ist. Wenn man die Interpretation der Zeichen aus L auf B einschränkt
erhält man eine L–Struktur B. Man nennt B eine Unterstruktur von A.
Zeigen Sie, daß der Durchschnitt einer Familie von Unterstrukturen3 von A
entweder leer ist oder wieder eine Unterstruktur. Daraus folgt, daß jede nicht–leere
Teilmenge S von A in einer kleinsten Unterstruktur von A enthalten ist, der von S
erzeugten Unterstruktur.

Aufgabe 2. Sei A eine L–Struktur mit Grundmenge A. Ein Automorphismus ist ein
Isomorphismus von A mit sich selbst. Zeigen Sie: Wenn A endlich ist, gibt es auf der
Grundmenge A genau

Anzahl der Permutationen von A: Anzahl der Automorphismen von A

viele L–Strukturen, die isomorph zu A sind.

Aufgabe 3. Zeigen Sie, daß sich jedes Endstück eines Terms eindeutig als eine Folge
von Termen schreiben läßt.
Aufgabe 4. Eine Teilformel von  ist ein zusammenhängendes Teilstück von , das
selbst eine Formel ist. Zeigen Sie, daß alle Teilformeln von  im rekursiven Aufbau
von  vorkommen müssen. Das heißt:
1. Eine Primformel hat keine echten Teilformeln.
2. Eine echte Teilformel von ¬ ist eine Teilformel von .
3. Eine echte Teilformel von ( 1 ∧ 2 ) ist eine Teilformel von 1 oder von 2.
4. Eine echte Teilformel von ∃x ist eine Teilformel von .

3 genauer gesagt, von Universen von Unterstrukturen


8 I Prädikatenkalkül

 2
Semantik
Ein L-Term t hat erst dann einen Wert in einer L–Struktur, wenn man die Variablen
von t durch Elemente von A belegt.

Definition Sei A eine L–Struktur. Eine Belegung ist eine Funktion

ˇ: {v0 , v1 . . .} −→ A

von der Menge der Variablen in die Grundmenge von A.

Diese Belegung der Variablen läßt sich auf alle Terme fortsetzen. Die folgende
rekursive Definition ist wegen der eindeutigen Lesbarkeit von Termen sinnvoll.

Definition Für L–Terme t, L–Strukturen A und Belegungen ˇ definieren wir t A [ˇ] durch

(1) viA [ˇ] = ˇ(vi )


(2) c A [ˇ] = c A
(3) ft1 . . . tnA [ˇ] = f A (t1A [ˇ], . . . , tnA [ˇ]).

Sei Q der Körper der rationalen Zahlen und t = ·v0 + v1 v2 . Wenn ˇ(vi ) = i + 2,
ist t Q [ˇ] = 2(3 + 4) = 14.
Das folgende Lemma ist klar.

Lemma Wenn die Belegungen ˇ und  auf den Variablen, die in t vorkommen überein-
stimmen, ist t A [ˇ] = t A [ ].

Wenn wir einen Term in der Form t(x1 , . . . , xn ) schreiben, meinen wir:
1. daß die xi paarweise verschiedene Variablen sind,
2. daß in t nur Variablen aus {x1 , . . . , xn} vorkommen.
Wenn dann a1 , . . . , an Elemente der Struktur A sind, ist wegen des Lemmas
t A [a1 , . . . , an ] durch t A [ˇ] f ür eine Belegung ˇ mit ˇ(xi ) = ai wohldefiniert.
Die folgende rekursive Definition der Semantik ist wiederum wegen der Eindeu-
tigen Lesbarkeit von Formeln sinnvoll (siehe Abschnitt 1).

Definition Sei A eine L–Struktur. Wir definieren f ür Belegungen ˇ und L–Formeln  die
Relation
A | [ˇ]
–  trifft in A auf ˇ zu – durch Rekursion über den Aufbau von :
2 Semantik 9
.
(1) A | t1 = t2 [ˇ] ⇔ t1A [ˇ] = t2A [ˇ]
(2) A | Rt1 . . . tn [ˇ] ⇔ RA (t1A [ˇ], . . . , tnA [ˇ])
(3) A | ¬ [ˇ] ⇔ A | [ˇ]
(4) A | ( 1 ∧ 2 ) [ˇ] ⇔ A | 1 [ˇ] und A | 2 [ˇ]
a
(5) A | ∃x [ˇ] ⇔ es gibt ein a ∈ A mit A | [ˇ ].
x

ˇ(y) x
, wenn y =
Dabei ist ˇ ax (y) =
a , wenn y = x.

Es ist klar, daß unsere Abkürzungen die intendierte Interpretation haben. Also,
daß z.B.

A | ( 1 → 2 )[ˇ] ⇐⇒ wenn A | 1 [ˇ], dann A | 2 [ˇ].

Ob  in A auf ˇ zutrifft, hängt nur von den freien Variablen von  ab:

DieVariable x kommt frei in der Formel  vor,wenn sie an einer Stelle vorkommt, Definition
die nicht im Wirkungsbereich eines Quantors ∃x liegt. Präzise definiert durch
Rekursion nach dem Aufbau von  bedeutet das:
.
(1) x frei in t1 = t2 ⇔ x kommt in t1 oder in t2 vor.
(2) x frei in Rt1 . . . tn ⇔ x kommt in einem der ti vor.
(3) x frei in ¬ ⇔ x frei in
(4) x frei in ( 1 ∧ 2 ) ⇔ x frei in 1 oder x frei in 2
(5) x frei in ∃y ⇔ x = y und x frei in

Zum Beispiel kommt in ∀v0 (∃v1 R(v0 , v1 ) ∧ P(v1 )) die Variable v0 nicht frei vor.
Die Variable v1 kommt gebunden und frei vor.

Wenn ˇ und  an allen Variablen, die frei in  vorkommen, übereinstimmen, ist Satz 2.1
A | [ˇ] ⇔ A | [ ].

Beweis. Wir f ühren den Beweis durch Induktion über den Aufbau von :Wenn  eine
Primformel ist, folgt die Behauptung aus dem letzten Lemma. Wenn  eine Negation
oder eine Konjunktion ist, ist der Induktionsschritt einfach. Sei also  = ∃x . Wenn
A | [ˇ], gibt es ein a mit A | [ˇ ax ]. Abgesehen von x hat die gleichen freien
Variablen wie . Also ist nach Induktionsvoraussetzung A | [ ax ]. Daraus folgt
A | [ ].

Wenn wir eine Formel in der Form (x1, . . . , xn ) schreiben, meinen wir:
1. daß die xi paarweise verschiedene Variablen sind,
2. daß in  nur Variablen aus {x1 , . . . , xn} frei vorkommen.
10 I Prädikatenkalkül

Wenn a1 , . . . , an Elemente der Struktur A sind, ist wegen Satz 2.1 A |


[a1 , . . . , an ] durch A | [ˇ] f ür eine Belegung ˇ mit ˇ(xi ) = ai wohldefiniert.
Auf diese Weise definiert (x1, . . . , xn) eine n–stellige Relation

{(a1 , . . . , an ) | A | [a1 , . . . , an ]}.

Eine Menge der Form {a1 | A | [a1 , . . . , an ]} f ür feste a2 , . . . , an heißt mit Para-
metern definierbar.

Definition Eine Aussage  ist eine Formel ohne freie Variable. Wir schreiben A | , wenn
A | [ˇ] f ür ein (alle) ˇ und benutzen die folgenden Sprechweisen:
•  gilt in A.
•  ist wahr in A.
• A ist Modell von .
• A erf üllt .

Beispiel Eine LR –Struktur K = (K, 0, 1, +, −, ·) ist genau dann ein Körper, wenn in K die
Körperaxiome (Seite 5) gelten.

Zwei L–Strukturen A und B heißen elementar äquivalent, A ≡ B, wenn in ihnen


die gleichen Aussagen gelten.

Sei x eine Variable und s ein Term.

t xs entsteht aus t durch Ersetzen aller Vorkommen von x durch s.


 xs entsteht aus  durch Ersetzen aller freien Vorkommen von x durch s.

Man sieht leicht, daß t xs wieder ein Term und  xs eine Formel ist.

Die rekursive Definition von  xs ist

. s s . s
(1) (t1 = t2 ) = t1 = t2
x x x
s s s
(2) (Rt1 . . . tn ) = Rt1 . . . tn
x x x
s s
(3) (¬ ) =¬( )
x x
s s s
(4) ( 1 ∧ 2) =( 1 ∧ 2 )
x x x
s s
(5) (∃y ) = ∃y( ), wenn x = y
x x
= ∃y , wenn x = y.

Definition x heißt frei für s in , wenn kein freies Vorkommen von x in  im Wirkungsbe-
reich eines Quantors ist, der eine Variable von s bindet.
2 Semantik 11
Rekursive Definition: x ist frei f ür s in , wenn x nicht frei in  ist oder wenn x
frei in  ist und einer der folgenden Fälle zutrifft
.
(1)  = t1 = tn ,
(2)  = Rt1 . . . tn ,
(3)  = ¬ und x frei f ür s in ,
(4)  = ( 1 ∧ 2 ) und x frei f ür s in 1 und 2 ,
(5)  = ∃y , x frei f ür s in und y kommt nicht in s vor.

Substitutionslemma. Sei x eine Variable, s ein Term und ˇ eine Belegung mit Lemma 2.2
Werten in der Struktur A.
1. Für jeden Term t ist
s s A [ˇ]
(t )A [ˇ] = t A [ˇ ].
x x
2. Für jede Formel  ist

s s A [ˇ]
A |  [ˇ] ⇐⇒ A | [ˇ ],
x x
falls x frei f ür s in .

Beweis. 1. Induktion über den Aufbau von t: Wenn t = x, sind beide Seiten der
behaupteten Gleichung gleich s A [ˇ].Wenn t eine Variable verschieden von x ist, sind
beide Seiten gleich ˇ(t). Wenn t eine Konstante ist, steht t A links und rechts. Wenn t
ein zusammengesetzter Term ft1 . . . tn ist, schließen wir induktiv:

s  s   s A [ˇ]  s A [ˇ]

(t )A [ˇ] = f A (t1 )A [ˇ] . . . = f A t1A [ˇ ] . . . = tA ˇ .


x x x x
2.Wenn x nicht frei in  vorkommt, ist  xs =  und die Behauptung folgt aus Satz 2.1.
Wir nehmen also an, daß x frei in  vorkommt und schließen durch Induktion über
den Aufbau von : Wenn  eine Primformel ist, folgt die Behauptung aus dem ersten
Teil.Wenn  eine Negation oder eine Konjunktion ist,ist der Induktionsschritt trivial.
Sei schließlich  = ∃y . Dann ist y verschieden von x und kommt, weil x frei f ür s in
 ist, in s nicht vor. Für b = s A[ˇ] haben wir dann
A |  xs [ˇ] ⇔A | s
x
[ˇ ay ] f ür ein a
sA [ˇ a ]

⇔A | ˇ ay x y f ür ein a (Induktionsvoraussetzung)


⇔A | [ˇ ay bx ] f ür ein a (weil b = s A[ˇ ay ])
⇔A | [ˇ bx ay ] f ür ein a (weil x = y)
⇔A | [ˇ bx ].
Sei t = t(x1 , . . . , xn ),  = (x1 , . . . , xn ) und s = s(x1, . . . , xn ). Dann kann man
das Substitutionslemma schreiben als

t(s, x2, . . . , xn)A [a1 , . . . , an ] = t A [s A [a1 , . . . , an ], a2 , . . . , an ]


12 I Prädikatenkalkül

und

A | (s, x2, . . . , xn)[a1 , . . . , an ] ⇐⇒ A | [s A[a1 , . . . , an ], a2 , . . . , an ].

Sei LG die auf Seite 2 definierte Gruppensprache. Betrachte die Formel (x) =
.
∀y y ◦ y = x und den Term s = y. Sei A eine LG –Struktur und ˇ irgendeine Belegung.
sA [ˇ]
Dann bedeutet A |  xs [ˇ],daß alle Elemente von A idempotent sind.A | [ˇ x ]
bedeutet, daß alle Quadrate gleich ˇ(y) sind. Auf die Voraussetzung, daß x frei f ür s
in  ist, kann man also im Substitutionslemma nicht verzichten.

Übungsaufgaben
Aufgabe 5. Sei A eine Unterstruktur und s0, . . . , sn ∈ A. Zeigen Sie: die von
{s0 , . . . , sn} erzeugte Unterstruktur besteht gerade aus allen t A [s0, . . . , sn] f ür
L–Terme t(x0 , . . . , xn).

Aufgabe 6. Man zeige, daß es zu jedem Term t(x1 , . . . , xn ) der Ring–Sprache LR ein
eindeutig bestimmtes Polynom p(X1 , . . . , X1 ) ∈ Z[X1 , . . . , X1 ] gibt, sodaß

t R [a1 , . . . , an ] = p(a1 , . . . , an )

f ür alle kommutativen Ringe R = (R, 0, 1, +, −, ·) und a1 , . . . , an ∈ R.

Aufgabe 7. Beweisen Sie: Isomorphe Strukturen sind elementar äquivalent.


Hinweis: Das ist eigentlich klar, weil L–Aussagen intrinsische Eigenschaften von L–Strukturen
ausdrücken. Wenn man es beweisen will, muß man so vorgehen. Wir fixieren einen Isomor-
phismus F: A → B und zeigen für alle Belegungen ˇ, Terme t und Formeln :
1. f (t A [ˇ]) = t B [f ◦ ˇ]
2. A | [ˇ] ⇐⇒ B | [f ◦ ˇ]

jeweils durch Induktion über den Aufbau von t bzw. .

Aufgabe 8. Sei R der angeordnete Körper der reellen Zahlen und f : R → R eine
Funktion mit f (0) = 0. Betrachte die LAK ∪ {f¯ } Struktur (R, f ). Sei (R, f ∗ ) zu (R, f )
elementar äquivalent und nicht archimedisch, das heißt, daß es in R Elemente gibt,
die größer sind als jede natürliche Zahl. (Die Existenz eines solchen (R, f ∗ ) folgt aus
dem Kompaktheitssatz, siehe Aufgabe 23.) Ein Element  aus R∗ heißt infinitesimal,
wenn − 1n <  < n1 f ür alle positiven natürlichen Zahlen n.
Zeigen Sie: f ist genau dann stetig bei 0, wenn f ∗ Infinitesimale in Infinitesimale
abbildet.
3 Allgemeingültige Formeln 13
 3
Allgemeingültige Formeln

Eine L–Formel  heißt allgemeingültig, wenn sie f ür alle4 Belegungen ˇ in allen Definition
L–Strukturen gilt. Wir schreiben daf ür
| .

(x1 , . . . , xn ) ist genau dann allgemeingültig, wenn die Aussage


∀x1 , . . . , xn (x1 , . . . , xn ) allgemeingültig ist.

∃x(H(x) → ∀yH(y)) Beispiel


ist allgemeingültig. Anders ausgedrückt:
In jeder Menschenmenge gibt es einen, wenn der einen Hut trägt, dann
auch alle anderen. (Krivine5)

(Der Nachweis sei dem Leser als Übungsaufgabe überlassen.)

Sei  eine L–Formel und K eine Erweiterung von L. Dann ist  als L–Formel Lemma
genau dann allgemeingültig, wenn  als K–Formel allgemeingültig ist.

Beweis. Wir können annehmen, daß  eine Aussage ist.Wenn A = (A, (Z A )Z∈K ) eine
K-Struktur ist, in der  falsch ist, ist  auch falsch in der Einschränkung A  L =
(A, (Z A )Z∈L ) auf L.Wenn  in der L-Struktur B falsch ist, wählen wir eine Expansion
von B zu einer K–Struktur A, f ür die also A  L = B. (Das ist möglich, weil B nicht
leer ist.) Dann ist  auch in A falsch.
Formeln wie zum Beispiel ( ∨ ¬ ) oder ( ∧ ( → )) → sind allge-
meingültig, weil sie in einer Struktur immer wahr sind, welchen Wahrheitswert die
Teilformeln  und auch haben. Formeln dieser Art heißen Tautologien. Um zu
einer präzisen Definition zu kommen, f ühren wir die Aussagenlogik ein. Aussagen-
logische Formeln bauen sich aus Aussagenvariablen (aus einem Vorrat M von Aus-
sagenvariablen) mit ¬ und ∧ auf. ∨, → und ↔ werden wie früher als Abkürzungen
verstanden. Eine Belegung ist eine Abbildung : M −→ {W, F} in die Menge der
Wahrheitswerte.Wir setzen  auf die Menge aller Formeln gemäß (¬ f ) = ¬ ((f ))
und (f ∧ g) = (f ) ∧ (g) fort, wobei ¬ und ∧ auf der Menge der Wahrheitswerte
durch die Wahrheitstafeln
∧ W F ¬
W W F und W F
F F F F W
definiert sind. Eine aussagenlogische Formel, die bei allen Belegungen den Wahr-
heitswert W bekommt, heißt allgemeingültig. Zum Beispiel sind f ür Variablen p und
q die Formeln (p ∨ ¬ p) und (p ∧ (p → q) → q) allgemeingültig.
4 Weil das leere Universum nicht zugelassen ist, besitzt jede Struktur eine Belegung.
5 Jean-Louis Krivine, Paris. Mathematische Logik
14 I Prädikatenkalkül

Wenn wir die Variablen pi einer aussagenlogischen Formel f = f (p1 . . . , pn )


durch L–Formeln i ersetzen, erhalten wir eine L–Formel f (1 , . . . , n).

Definition Eine Tautologie entsteht aus einer allgemeingültigen aussagenlogischen Formel


durch Ersetzen der Variablen durch L–Formeln.

Tautologien sind zum Beispiel  ∨ ¬  und ( ∧ ( → )) → .

Lemma Tautologien. Tautologien sind allgemeingültig.

Beweis. Wenn man L–Formeln i in eine aussagenlogische Formel f = f (p1, . . . , pn )


einsetzt, ergibt sich f ür alle Belegungen ˇ:

A | f (1 , . . . , n )[ˇ] ⇐⇒ (f ) = W,

wobei (pi ) = W ⇔ A | i [ˇ]. Das beweist man leicht durch Induktion über den
Aufbau von f .

Lemma Axiome der Gleichheit. Die folgenden L–Aussagen sind allgemeingültig.


.
(Reflexivität) ∀x x = x
. .
(Symmetrie) ∀x, y x = y → y = x
. . .
(Transitivität) ∀x, y, z x = y ∧ y = z → x = z
. .
(Kongruenz 1) ∀x1, . . . , xn, y1 , . . . yn x1 = y1 ∧ . . . ∧ xn = yn
.
→ fx1 . . . xn = fy1 . . . yn
. .
(Kongruenz 2) ∀x1, . . . , xn, y1 , . . . yn x1 = y1 ∧ . . . ∧ xn = yn
→ (Rx1 . . . xn ↔ Ry1 . . . yn )

Dabei sind die f n–stellige Funktionszeichen und die R n–stellige Relationszei-


chen aus L.

Beweis. Klar.

Die Gleichheitsaxiome drücken aus, daß = eine Kongruenzrelation6 ist.

Lemma ∃–Quantorenaxiome. Sei  eine L–Formel, t ein L–Term und x frei f ür t in .
Dann ist
t
 −→ ∃x
x
allgemeingültig.

6 Eine Kongruenzrelation E auf A ist eine Äquivalenzrelation, für die a Eb , . . . , a Eb impliziert, daß
1 1 n n
f A (a1 . . . an )Ef A (b1 , . . . , bn ), RA(a1 , . . . , an ) ⇔ RA (b1 , . . . , bn ).
3 Allgemeingültige Formeln 15
Beweis. Sei ˇ eine Belegung mit Werten in A. Dann folgt aus dem Substitutionslem-
ma (vgl. Abschnitt 2).

t t A [ˇ]
A |  [ˇ] ⇒ A | [ˇ ] ⇒ A | ∃x[ˇ].
x x
Daß es notwendig ist, x frei f ür t in  vorauszusetzen, zeigt folgendes Beispiel:
. . .
Sei  = ∀y y = x und t = y . Die Aussage ∀y y = y → ∃x∀y x = y ist nicht
allgemeingültig.
Das folgende Lemma ist klar:

Modus Ponens. Wenn  und ( → ) allgemeingültig sind, dann auch . Lemma

∃–Einführung. Wenn x nicht frei in vorkommt, dann ist mit  → auch Lemma
∃x → allgemeingültig.7

Beweis. Wenn A | ∃x[ˇ], gibt es ein a ∈ A mit A | [ˇ ax ]. Ist  → allge-


meingültig, so gilt auch A | [ˇ ax ]. Aus 2.1 folgt dann A | [ˇ].

Übungsaufgaben zur Aussagenlogik


Eine Boolesche8 Algebra (B, 0, 1, , , c) ist eine Menge B mit zwei ausgezeichneten
Elementen 0 und 1 und Operationen , : B2 → B und c : B → B,f ür die die folgenden
Gleichungen gelten:

Idempotenz aa = a aa = a


Kommutativität ab=ba ab=ba
Assoziativität (a  b)  c = a  (b  c) (a  b)  c = a  (b  c)
Absorption a  (a  b) = a a  (a  b) = a
Distributivität a  (b  c) = (a  b)  (a  c) a  (b  c) = (a  b)  (a  c)
Null und Eins 0a=0 1a=1
Komplement a  ac = 0 a  ac = 1

Die Potenzmenge P(X) einer Menge X wird eine Boolesche Algebra, wenn man f ür
0 die leere Menge, f ür 1 die Menge X, f ür  und  Durchschnitt und Vereinigung
und f ür c das Komplement in X nimmt. Der Stonesche Darstellungssatz (siehe [18])
besagt, daß jede Boolesche Algebra isomorph zu einer Unteralgebra einer Potenz-
mengenalgebra ist.

Aufgabe 9. Zeigen Sie, daß man in der Definition einer Booleschen Algebra auf eine
der beiden Distributivitätsregeln verzichten kann.
7 Man spricht von Existenzeinführung.
8 George Boole (1815-1864) Cork (Irland). Mathematische Logik
16 I Prädikatenkalkül

Aufgabe 10. In Booleschen Algebren gelten die de Morganschen9 Regeln:

(a  b)c = ac  bc
(a  b)c = ac  bc
(ac )c = a

Aufgabe 11. Wir nennen zwei aussagenlogische Formeln äquivalent, wenn sie bei
allen Belegungen der Variablen den gleichen Wahrheitswert haben. Sei M eine nicht–
leere Menge von Variablen und L(M) die Menge der Äquivalenzklassen von aussa-
genlogischen Formeln in Variablen aus M. Zeigen Sie, daß L(M) eine Boolesche Al-
gebra ist, wenn man f ür 0 die Äquivalenzklasse einer Formel nimmt, die bei allen Be-
legungen den Wahrheitswert F hat, zum Beispiel (p ∧¬ q), f ür 1 die Äquivalenzklasse
einer allgemeingültigen Formel, f ür  und  Konjunktion und Disjunktion und f ür
c
die Negation.
Hinweis: Sei B die Menge aller Belegungen : M → {W, F}. Dann induziert die Abbildung
f → { ∈ B | (f ) = W} einen Isomorphismus von L(M) mit einer Unteralgebra von P(B).

Aufgabe 12. Zeigen Sie, daß jede aussagenlogische Formel äquivalent ist zu einer
Formel in disjunktiver Normalform


N
gi ,
i=1

wobei die ki Konjunktionen von Variablen und negierten Variablen sind. Dual dazu
ist jede Formel auch äquivalent zu einer konjunktiven Normalform


N
ci ,
i=1

wobei die di Disjunktionen von (negierten) Variablen sind.


Hinweis: Verwenden Sie das Distributivgesetz und die de Morganschen Regeln

Aufgabe 13. Zeigen Sie,daß {∧, ∨¬ } ein vollständiges Junktorensystem ist.Das heißt,
daß sich jede Funktion F : {W, F}n → {W, F} durch eine aussagenlogische Formel
f (p1 , . . . , pn) darstellen läßt, also daß

F ((p1), . . . , (pn )) = (f )

f ür alle Belegungen : {p1 , . . . , pn} → {W, F}.


Aufgabe 14. Zeigen Sie, daß der Sheffersche10 Strich

(f |g) = ¬ (f ∧ g)

ein vollständiges Junktorensystem bildet.

9 Augustus de Morgan (1806-1871) London. Algebra, Analysis, Mathematische Logik


10 Henry M. Sheffer (1882-1964) Harvard (Cambridge, USA). Mathematische Logik
4 Der Gödelsche Vollständigkeitssatz 17
 4
Der Gödelsche Vollständigkeitssatz

Der Hilbertkalkül11 . L sei eine Sprache. Eine L–Formel ist beweisbar, wenn sie Definition

B1 eine Tautologie ist,


B2 ein Gleichheitsaxiom ist,
B3 ein ∃–Quantorenaxiom ist,
B4 sich mit Hilfe der Modus Ponens Regel aus zwei beweisbaren L–Formeln
ergibt,
B5 oder wenn sie sich mit der Regel der ∃–Einf ührung aus einer beweisbaren
L–Formel ergibt.
Wir schreiben:
L 

Das Ziel dieses Abschnitts ist es, den Gödelschen12 Vollständigkeitssatz zu bewei-
sen.

Vollständigkeitssatz, [10]. Eine Formel ist genau dann allgemeingültig, wenn Satz
sie beweisbar ist:
|  ⇐⇒ L 

Es folgt, daß L  von der Sprachumgebung unabhängig ist (vgl. das Lemma auf
S. 13). Wir verwenden darum später die Notation

 .

Die eine Richtung ist leicht zu zeigen: Die Menge der allgemeingültigen Sätze
hat wegen der Lemmata in Abschnitt 3 die Eigenschaften B1–B5. Also sind alle
beweisbaren Sätze allgemeingültig. Der Beweis der Umkehrung macht den Rest des
Kapitels aus.
Zuerst ergänzen wir Axiome und Regeln durch abgeleitete Axiome und Regeln.

1. (Aussagenlogik) Wenn 1 ,. . . ,n beweisbar sind und (1 ∧ . . . ∧ n) → eine Lemma 4.1
Tautologie ist, ist auch beweisbar.
2. (∀–Quantorenaxiome) Wenn x frei f ür t in , ist
t
L ∀x →  .
x

11 David Hilbert(1862-1943) Göttingen. Algebraische Geometrie, Zahlentheorie, Funktionalanalysis,

Physik, Mathematische Logik


12 Kurt Gödel (1906-1978) Princeton (USA). Mathematische Logik, Relativitätstheorie
18 I Prädikatenkalkül

3. (∀–Einführung) Wenn x nicht frei in  ist, dann folgt aus der Beweisbarkeit
von  → die Beweisbarkeit von  → ∀x . Insbesondere folgt aus der
Beweisbarkeit von die Beweisbarkeit von ∀x .

Beweis. 1.Die Behauptung gilt auch,wenn wir nur annehmen,daß (1 ∧. . .∧n ) →
beweisbar ist. Man sieht leicht, daß

((1 ∧ . . . ∧ n ) → ) → (1 → (2 → (· · · (n → ) · · · )))

eine Tautologie ist. Modus Ponens ergibt also die Beweisbarkeit von

1 → (2 → (· · · (n → ) · · · )).

Nach n–maliger Anwendung von Modus Ponens sehen wir, daß L .


2. ¬  xt → ∃x¬  ist ein ∃–Quantorenaxiom.

t t
(¬  → ∃x¬ ) → (¬ ∃x¬  →  )
x x
ist eine Tautologie (entstanden aus der allgemeingültigen Formel (¬ p → q) →
(¬ q → p)). Mit Modus Ponens ergibt sich L ¬ ∃x¬  →  xt .
3. Wenn L  → , folgt mit einer Anwendung von 4.1, daß L ¬ → ¬ .
Nun ergibt ∃–Einf ührung L ∃x¬ → ¬  und mit Aussagenlogik folgt L  →
¬ ∃x¬ . Um den letzten Teil der Behauptung zu zeigen, nehmen wir an, daß
beweisbar ist. Wir nehmen uns dann eine Tautologie , die x nicht frei enthält.
Aussagenlogik ergibt die Beweisbarkeit von  → , woraus die Beweisbarkeit von
 → ∀x folgt. Mit Modus Ponens ergibt sich L ∀x .

Das Lemma erleichtert das Führen von Beweisen sehr. Wir geben als Beispiel
einen Beweis13 der allgemeingültigen Aussage ∃x∀yRxy → ∀y∃xRxy:

(1) ∀yRxy → Rxy ∀–Quantorenaxiom


(2) Rxy → ∃xRxy ∃–Quantorenaxiom
(3) ∀yRxy → ∃xRxy aus (1) und (2) mit Aussagenlogik
(4) ∀yRxy → ∀y∃xRxy aus (3) mit ∀–Einf ührung
(5) ∃x∀yRxy → ∀y∃xRxy aus (4) mit ∃–Einf ührung

Das nächste Lemma zeigt, daß wir uns beim Beweis des Vollständigkeitssatzes
auf Aussagen beschränken können.

Lemma 4.2 Sei (x1, . . . , xn) eine L–Formel, C eine Menge von neuen Konstanten und
c1 , . . . , cn eine Folge von paarweise verschiedenen Elementen von C. Dann ist

L∪C (c1, . . . , cn) ⇐⇒ L (x1, . . . , xn).

13 Eigentlich geben wir nur einen Beweis der Beweisbarkeit.


4 Der Gödelsche Vollständigkeitssatz 19
Beweis. Ein L–Beweis von ist eine Folge von L–Formeln, die entweder Axiome
sind oder mit den beiden Regeln aus früheren Formeln folgen, und die bei endet.
Sei nun B(c1 , . . . , cn) ein L ∪ C–Beweis von (c1, . . . , cn). (Wir können an-
nehmen, daß alle neuen Konstanten, die im Beweis vorkommen, in der Liste
c1 , . . . , cn aufgef ührt sind.) Wenn wir überall im Beweis die Konstanten ci durch
Variable yi ersetzen, die sonst im Beweis nicht vorkommen, erhalten wir einen
L–Beweis B(y1 , . . . , yn ) von (y1 , . . . , yn ). ∀–Einf ührung ergibt (n–mal angewendet)
∀y1 , . . . , yn (y1 , . . . , yn ). Zusammen mit dem ∀–Quantorenaxiom ∀y1 , . . . , yn
(y1 , . . . , yn ) → (x1, . . . , xn) und Modus Ponens ergibt sich L (x1, . . . , xn).
Wenn umgekehrt L (x1, . . . , xn) gilt, liefert ∀–Einf ührung

L ∀x1 , . . . , xn (x1 , . . . , xn ),

woraus L∪C (c1, . . . , cn) folgt.


Eine L–Theorie ist eine Menge von L–Aussagen. Eine L–Theorie T heißt wider-
spruchsfrei oder konsistent, wenn man nicht Aussagen 1 , . . . , n aus T finden kann,
die sich widersprechen, das heißt, f ür die L ¬ (1 ∧ . . . ∧ n ). (Man beachte, daß
es wegen 4.1.1 auf die Klammerung und Reihenfolge der i nicht ankommt.) Eine
Aussage  ist genau dann nicht beweisbar, wenn {¬ } widerspruchsfrei ist. Denn
man hat   ⇒ ¬ ¬  und  ¬ (¬  ∧ . . . ∧ ¬ ) ⇒ . Ein Modell von T ist
eine L–Struktur, in der alle Aussagen aus T gelten. Der Vollständigkeitssatz folgt also
aus dem nächsten Satz, der, weil T auch unendlich sein kann, noch eine wesentliche
Verstärkung darstellt.
Sei T eine widerspruchsfreie L–Theorie. Aus dem letzten Lemma folgt, daß T
auch als L ∪ C–Theorie widerspruchsfrei ist. Der nächste Satz hat sogar zur Folge,
daß, f ür jede Erweiterung K von L, T als K–Theorie widerspruchsfrei ist,

Eine Theorie hat genau dann ein Modell, wenn sie widerspruchsfrei ist. Satz 4.3

Beweis. Eine Theorie, die ein Modell hat, muß natürlich widerspruchsfrei sein.
Für die Umkehrung müssen wir zu einer widerspruchsfreien L–Theorie T ein
Modell konstruieren.Wir tun das, indem wir T zuerst zu einer Theorie T ∗ erweitern,
die aussieht wie das vollständige Diagramm einer L–Struktur A: Wir indizieren die
Elemente von A mit neuen Konstanten aus einer Menge C

A = {ac | c ∈ C}.

Das vollständige Diagramm ist dann die Menge aller L∪C–Aussagen,die in der L∪C-
Struktur A∗ = (A, ac )c∈C gelten. Man sieht sofort, daß das vollständige Diagramm
eine vollständige Henkintheorie ist im Sinn der folgenden Definition:

1. Eine L ∪ C–Theorie T + heißt Henkintheorie14 mit Konstantenmenge C, wenn Definition


es zu jeder L ∪ C–Formel (x) eine Konstante c ∈ C gibt mit
 
∃x(x) → (c) ∈ T + .

14 Leon Henkin (1921-2006) Berkeley (USA). Mathematische Logik


20 I Prädikatenkalkül

2. Eine K–Theorie T ∗ ist vollständig, wenn sie widerspruchsfrei ist und wenn

 ∈ T∗ oder ¬  ∈ T∗

f ür jede K–Aussage .15

Wir werden zuerst zeigen, daß T in einer vollständigen Henkintheorie T ∗ ent-


halten ist. Dann beweisen wir, daß T ∗ das vollständige Diagramm eines Modells ist
(das dadurch im wesentlichen eindeutig bestimmt ist.)

Schritt 1
T ist in einer widerspruchsfreien Henkintheorie T + enthalten.
 Sei (x) eine L–Formel und c eine neue Konstante. Dann ist T ∪ (∃x(x) →
Beweis:
(c)) widerspruchsfrei. Denn wenn f ür eine L–Aussage
 
L∪{c} ¬ ∧ (∃x(x) → (c)) ,

so folgt (mit Aussagenlogik) L∪{c} ¬ ∃x(x) → ¬ und L∪{c} (c) → ¬ . Aus


4.2 folgt L ¬ ∃x(x) → ¬ und L (x) → ¬ . Das letztere hat aber nach der
∃–Einf ührungsregel L ∃x(x) → ¬ zur Folge und insgesamt ergibt sich (mit
Aussagenlogik) L ¬ . Daraus ergibt  sich: Wenn T widerspruchsfrei ist, dann kann
es keine 1 . . . n ∈ T mit L∪{c} ¬ 1 ∧ . . . ∧ (∃x(x) → (c)) geben.
Daraus folgt (induktiv), daß, wenn wir f ür jede L–Formel (x) eine eigene Konstan-
te c einf ühren, die Theorie T1 = T ∪ {∃x(x) → (c ) | (x) L–Formel} wider-
spruchsfrei ist (als L∪C1–Theorie,wobei C1 = {c | (x) L–Formel}).Jetzt f ühren wir
f ür jede L∪C1 –Formel eine neue Konstante
 ein und erhalten eine L∪C1 ∪C2 –Theorie
T2 . Wenn wir so fortfahren ist T = i∈N Ti eine widerspruchsfreie Henkintheorie
T + mit Konstantenmenge C = i∈N Ci .

Schritt 2
Jede widerspruchsfreie K–Theorie T + läßt sich zu einer vollständigen K–Theorie T ∗
erweitern.
Beweis: Sei  eine K-Aussage.Wenn weder T + ∪{} noch T + ∪{¬ } widerspruchsfrei
wären, gäbe es Aussagen i und j aus T + , f ür die

K 1 ∧ ... ∧ n → und K 1 ∧ . . . ∧ m → ¬ .

Mit Aussagenlogik ergäbe sich

K ¬ ( 1 ∧ ... ∧ n ∧ 1 ∧ . . . ∧ m ),

und T + wäre nicht widerspruchsfrei.

Es ist also immer T + ∪ {} oder T + ∪ {¬ } widerspruchsfrei. Wenn K höchstens


abzählbar ist, können wir T ∗ auf einfache Weise gewinnen: Wir zählen die Menge
aller K–Aussagen als 0 , 1 . . . auf und nehmen der Reihe nach jeweils i oder ¬ i
15 Die offizielle Definition der Vollständigkeit auf Seite 84 ist schwächer.
4 Der Gödelsche Vollständigkeitssatz 21
hinzu.Wenn K überabzählbar ist,verwenden wir Zorns Lemma (siehe Satz 10.2):Weil
die Vereinigung jeder Kette von widerspruchsfreien K–Theorien widerspruchsfrei
ist, gibt es eine maximale widerspruchsfreie K–Theorie T ∗ , die T + enthält. Dann ist
T ∗ ∪ {} genau dann widerspruchsfrei, wenn  ∈ T ∗ , und T ∗ ist vollständig. Damit
ist die Behauptung bewiesen.
Wir schreiben T + K , ( ist aus T + ableitbar), wenn es 1, . . . , n ∈ T + gibt
mit
K 1 ∧ ... ∧ n → .
Wir vermerken, daß eine vollständige Theorie T ∗ deduktiv abgeschlossen ist. Das
heißt, daß f ür alle K–Aussagen  gilt

T ∗ K  ⇔  ∈ T ∗.

Schritt 3
Eine vollständige Henkintheorie T ∗ hat ein Modell aus Konstanten, das heißt ein
Modell A∗ = (A, ac )c∈C mit A = {ac | c ∈ C}. A∗ ist bis auf Isomorphie eindeutig
bestimmt.
Beweis der Eindeutigkeit: Sei B∗ = (B, bc )c∈C ein zweites Modell aus Konstanten.
Weil T ∗ vollständig ist, ist T ∗ das vollständige Diagramm von A∗ . Es ist also f ür alle
L ∪ C–Aussagen 

A∗ |  ⇔  ∈ T∗ ⇔ B∗ | .

Weil daher
. .
ac = ad ⇔ A∗ | c = d ⇔ B∗ | c = d ⇔ bc = bd ,

liefert f (ac ) = bc eine Bijektion zwischen A und B, die nach Konstruktion die Inter-
pretation der Konstanten aus C respektiert. Daß die Relationen respektiert werden,
folgt aus

RA (ac1 , . . . , acn ) ⇔ A∗ | R(c1, . . . , cn) ⇔ B∗ | R(c1 , . . . , cn )


⇔ RB (bc1 , . . . , bcn ).

Ebenso schließt man, daß f ür Funktionszeichen und Konstanten f ∈ L

f A (ac1 , . . . , acn ) = ac0 ⇔ f B (bc1 , . . . , bcn ) = bc0 .

Beweis der Existenz: Um A∗ zu konstruieren,müssen wir Elemente ac ,(c ∈ C),finden


mit
.
(1) ac = ad ⇔ c = d ∈ T ∗.

Das ist genau dann möglich, wenn die Relation


.
c∼d ⇔ c = d ∈ T∗
22 I Prädikatenkalkül

eine Äquivalenzrelation ist. Dann können wir nämlich für ac die Äquivalenzklasse
von c nehmen.Nun folgt aber aus dem ersten Gleichheitsaxiom und dem ∀–Quantor-
. .
enaxiom, daß L∪C c = c und, weil T ∗ deduktiv abgeschlossen ist, c = c ∈ T ∗ . ∼
. . .
ist also reflexiv. Aus dem gleichen Grund ist (c = d ∧ d = e → c = e) ∈ T ∗ . Wenn
. .
nun c = d ∈ T ∗ und d = e ∈ T ∗ , folgt, wegen der deduktiven Abgeschlossenheit,
.
c = e ∈ T ∗ . Damit ist ∼ transitiv. Ebenso folgt die Symmetrie aus dem dritten
Gleichheitsaxiom.
Wir setzen A = {ac | c ∈ C}.
Jetzt müssen wir f ür jedes Relationszeichen R ∈ L eine Relation RA auf A finden,
sodaß

(2) RA (ac1 , . . . , acn ) ⇔ R(c1, . . . , cn) ∈ T ∗ .

Wir können (2) als Definition nehmen, wenn wir zeigen können, daß

ac1 = ad1 , . . . , acn = adn , R(c1, . . . , cn) ⇒ R(d1 , . . . , dn) ∈ T ∗ .

Das folgt aber aus dem f ünften Gleichheitsaxiom und der deduktiven Abgeschlos-
senheit von T ∗ . Sei f ein n–stelliges Funktionszeichen oder eine Konstante (dann
setzen wir n = 0) aus L. Wir müssen eine Operation f A auf A so definieren, daß
.
(3) f A (ac1 , . . . , acn ) = ac0 ⇔ f (c1, . . . , cn) = c0 ∈ T ∗ .

Dazu müssen wir erstens f ür alle c1, . . . , cn ein c0 finden, f ür das die rech-
.
te Seite von (3) gilt. Aus L∪C f (c1, . . . , cn) = f (c1, . . . , cn) folgt aber mit dem
.
∃–Quantorenaxiom L∪C ∃x f (c1 , . . . , cn ) = x.Weil T ∗ eine Henkintheorie ist,gibt es
. .
ein c0 ∈ C mit (∃x f (c1, . . . , cn) = x → f (c1, . . . , cn) = c0) ∈ T ∗ .Aus der deduktiven
Abgeschlossenheit folgt die rechte Seite von (3).
Zweitens müssen wir zeigen, daß ac0 durch die rechte Seite von (3) eindeutig be-
.
stimmt ist und nur von den ac1 , . . . , acn abhängt. Das heißt, daß c0 = d0 zu T ∗ gehört,
. . . .
wenn c1 = d1 , . . . , cn = dn , f (c1 , . . . , cn ) = c0 und f (d1, . . . , dn ) = d0 zu T ∗ gehören.
Das folgt aber aus den Gleichheitsaxiomen und der deduktiven Abgeschlossenheit
von T ∗ .
Konstante Terme (das heißt, Terme ohne Variable) werden in A∗ so ausgerechnet,
wie es T ∗ sagt:
∗ .
(4) t A = ac ⇔ t = c ∈ T∗

Wir zeigen das durch Induktion über den Aufbau von t: Wenn t eine Konstante

aus C ist, folgt die Behauptung aus (1). Wenn t = ft1 . . . tn , und tiA = aci , sind nach
.
Induktionsvoraussetzung die Gleichungen ti = ci in T ∗ . Aus dem vierten Gleich-
heitsaxiom folgt, daß
. .
t = c ∈ T∗ ⇔ fc1 . . . cn = c ∈ T ∗ .

Andererseits ist
∗ ∗ .
t A = ac ⇔ f A (ac1 , . . . , acn ) = ac ⇔ fc1 . . . cn = c ∈ T ∗ .
4 Der Gödelsche Vollständigkeitssatz 23
Schließlich beweisen wir durch Induktion über den Aufbau der Aussage , daß

A∗ |  ⇔  ∈ T ∗.
.
1. Fall:  = t1 = t2
∗ .
Sei tiA = aci . Dann ist nach (4) ti = ci ∈ T ∗ f ür i = 1, 2 und daher
. .
A∗ |  ⇔ ac1 = ac2 ⇔ c1 = c2 ∈ T ∗ ⇔ t1 = t2 ∈ T ∗ .

2. Fall:  = Rt1 . . . , tn
∗ .
Sei tiA = aci . Dann ist nach (4) ti = ci ∈ T ∗ f ür i = 1, . . . , n und

A∗ |  ⇔ Rc1 . . . cn ∈ T ∗ ⇔  ∈ T ∗.

Die letzte Äquivalenz folgt aus dem f ünften Gleichheitsaxiom.

3. Fall  = ¬
Weil T ∗ vollständig ist, gilt

A∗ |  ⇔ A∗ | ⇔ ∈ T ∗ ⇔  ∈ T ∗.

4. Fall  = ( 1 ∧ 2 )
Aus der deduktiven Abgeschlossenheit von T ∗ folgt:

A∗ |  ⇔ A∗ | i (i = 1, 2) ⇔ i ∈ T ∗ (i = 1, 2) ⇔  ∈ T ∗.

5. Fall  = ∃x
Aus der deduktiven Abgeschlossenheit von T ∗ folgt ∃x ∈ T ∗ , wenn (c) ∈ T ∗ f ür
ein c ∈ C. Wenn umgekehrt ∃x ∈ T ∗ , und ∃x → (c) ∈ T ∗ folgt (c) ∈ T ∗ .
Also haben wir

A∗ |  ⇔ A∗ | [ac ] f ür ein c ∈ C ⇔ A∗ | (c) f ür ein c ∈ C

⇔ (c) ∈ T ∗ f ür ein c ∈ C ⇔  ∈ T ∗.


Damit ist der Satz bewiesen.

Sei T eine L–Theorie und  eine L–Aussage. Definition


1.  ist in T beweisbar,
T  ,
wenn es Axiome 1 , . . . , n aus T gibt f ür die 1 ∧ ···∧ n →  beweisbar
ist.
2.  folgt logisch aus T,
T | ,
wenn  in allen Modellen von T gilt.
24 I Prädikatenkalkül

Folgerung 4.4 T  ⇔ T | .

Beweis.  ist in T genau dann nicht beweisbar, wenn T ∪ {¬ } widerspruchsfrei


ist. Andererseits folgt  genau dann nicht logisch aus T, wenn T ∪ {¬ } ein Modell
hat.

Folgerung 4.5 Kompaktheitssatz. Eine Theorie hat genau dann ein Modell,wenn jede endliche
Teilmenge ein Modell hat.

Den Kompaktheitssatz könnte man den ersten Hauptsatz der Modelltheorie nen-
nen. Der zweite Hauptsatz wäre dann der Satz von Löwenheim-Skolem.

Folgerung Löwenheim16 -Skolem17. Wenn eine Theorie mit höchstens abzählbarer Spra-
che ein Modell hat, hat sie ein höchstens abzählbares Modell.

Beweis. Im Beweis des letzten Satzes wurde die Sprache durch eine Konstanten-
menge C erweitert. Zu jeder L–Formel wurde eine Konstante eingef ührt und dieser
Prozeß abzählbar oft wiederholt. Wenn L höchstens abzählbar ist, ist also auch C
höchstens abzählbar. Das im Beweis konstruierte Modell hat aber höchstens so viele
Elemente wie C.
Zwei Lehrbücher der Modelltheorie seien hier genannt: Das Buch von Dave Mar-
ker, [20], und [24], das in Kürze erscheinen wird.
Am Schluß dieses Abschnitts bemerken wir noch, daß man sich in vielen Fällen
auf Formeln ohne Gleichheitszeichen zurückziehen kann. Sei T eine L–Theorie und
E ein neues zweistelliges Relationszeichen. Wir bezeichnen mit
.
• T(=/E) die L ∪ {E}–Theorie, die aus T entsteht, indem man in den Axiomen alle
.
Teilformeln t1 = t2 durch Et1 t2 ersetzt,
• KongL Axiome, die ausdrücken, daß E eine Kongruenzrelation ist.
Dann gilt:

.
Lemma 4.6 T ist genau dann konsistent, wenn T(=/E) ∪ KongL konsistent ist.

.
Beweis. Ein Modell von T wird ein Modell von T(=/E) ∪ KongL , wenn man E durch
die Gleichheit interpretiert. Sei umgekehrt (A, EA ) ein Modell von
.
T(=/E) ∪ KongL . Dann ist E eine Kongruenzrelation auf A. Definiere die L–Struktur
B auf der Grundmenge A/EA durch

cB = cA E
f (a1 E, . . . , an E) = f A (a1 , . . . , an )E
B

RB (a1 E, . . . , an E) ⇔ RA (a1 , . . . , an ).

B ist ein Modell von T.


16 Leopold Löwenheim (1878-1957) Berlin. Mathematische Logik
17 Thoralf Skolem (1887-1963) Oslo. Zahlentheorie, Gruppentheorie, Verbandstheorie, Mathematische
Logik
4 Der Gödelsche Vollständigkeitssatz 25
Bemerkung. Der Beweis des Vollständigkeitssatzes zeigt, daß eine allgemeingültige
Formel ohne Gleichheitszeichen einen Beweis hat, in dem keine Gleichheitszeichen
vorkommen.

Übungsaufgaben
Aufgabe 15. Eine Menge T von aussagenlogischen Formeln heißt erfüllbar, wenn
es eine Belegung der Variablen gibt, bei der alle Formeln aus T wahr werden. Der
Kompaktheitssatz der Aussagenlogik besagt:

T ist genau dann erf üllbar, wenn jede endliche Teilmenge von T erf üllbar ist.

Beweisen Sie den Kompaktheitssatz der Aussagenlogik auf zwei Weisen:


1. Durch Reduktion auf den Kompaktheitssatz (4.5). Betrachte eine Sprache L, die
f ür jede Aussagenvariable ein einstelliges Relationszeichen hat und übersetze T
in eine L–Theorie.
2. Erweitere T zu einer maximalen endlich erf üllbaren Formelmenge T ∗ (in den-
selben Variablen) und setze

(p) = W ⇐⇒ p ∈ T ∗ .

Aufgabe 16. Ein Graph G = (E, K) besteht aus einer Eckenmenge E und einer
zweistelligen, symmetrischen, irreflexiven Relation K. Ecken, die in der Relation K
stehen, heißen mit einer Kante verbunden. Eine N–Färbung von G ordnet jeder Ecke
eine der Farben c1, . . . , cN zu, sodaß verbundene Ecken verschiedene Farben haben.
Zeigen Sie mit Hilfe des Kompaktheitssatzes der Aussagenlogik: G ist genau dann
N–färbbar, wenn jeder endliche Teilgraph N–färbbar ist.
Hinweis: Führen Sie für jede Ecke e und jede Farbe cn eine Aussagenvariable pe,n ein.

Aufgabe 17. Sei M eine Menge von Aussagenvariablen.Wir geben {W, F} die diskrete
Topologie und versehen B = {W, F}M mit der Produkttopologie. Zeigen Sie, daß f ür
jede aussagenlogische Formel f die Menge { ∈ B | (f ) = W} abgeschlossen
ist. Der Kompaktheitssatz der Aussagenlogik folgt nun aus der Kompaktheit von B.
(Nach dem Satz von Tychonoff (siehe [15]) ist das Produkt von kompakten Räumen
wieder kompakt.)
Aufgabe 18. Sei A eine L–Struktur. Eine Unterstruktur C heißt elementare Unter-
struktur, wenn
A | [c1, . . . , cn] ⇐⇒ C | [c1, . . . , cn]
f ür alle (x1, . . . , xn ) und c1 , . . . , cn ∈ C

Zeigen Sie:
1. (Tarski18-Kriterium) C ist genau dann Universum einer elementaren Unterstruk-
tur von A, wenn f ür alle (x, y1, . . . , yn ) und alle d1, . . . , dn ∈ C das folgende gilt:
Wenn es ein a ∈ A mit A | [a, d1, . . . , dn ] gibt, dann gibt es auch ein c ∈ C mit
A | [c, d1 , . . . , dn ].
18 Alfred Tarski (1901-1983) Berkeley (USA). Mathematische Logik
26 I Prädikatenkalkül

Hinweis: Die eine Richtung ist einfach; die andere folgt durch Induktion über den Aufbau
von .
2. Wenn L höchstens abzählbar ist,hat jedes A eine höchstens abzählbare elementare
Unterstruktur.
Hinweis: Analog zur Konstruktion von T + im Beweis von Satz 4.3.

Aufgabe 19. Eine Klasse von L–Strukturen heißt elementar, wenn sie die Klasse aller
Modelle einer Theorie ist. Zeigen Sie:
1. Die Klasse aller unendlichen L–Strukturen ist elementar.
2. Die Klasse aller endlichen L–Strukturen ist nicht elementar.

Aufgabe 20. Zeigen Sie, daß endliche elementar äquivalente Strukturen isomorph
sind.
Hinweis: Das ist einfach für endliches L. Für unendliches L nehmen wir an, daß A und B nicht
isomorph sind. Dann gibt es für jede Bijektion F: A → B ein Zeichen ZF aus L, das mit F nicht
kommutiert. Betrachte nun die endliche Teilsprache L = {Zf | f : A → B Bijektion}.

Aufgabe 21. Eine Klasse K von L–Strukturen ist endlich axiomatisierbar, wenn sie
die Modellklasse einer endlichen Theorie ist. Zeigen Sie, daß K genau dann endlich
axiomatisierbar ist, wenn sowohl K als auch das Komplement von K axiomatisierbar
sind.
Aufgabe 22. Zeigen Sie, daß die Klasse aller Körper der Charakteristik Null axioma-
tisierbar ist, aber nicht endlich axiomatisierbar.
Aufgabe 23. Sei R der angeordnete Körper der reellen Zahlen, eventuell mit Zu-
satzstruktur versehen wie in Aufgabe 8. Zeigen Sie, daß es eine zu R elementar
äquivalente Struktur gibt, die nicht–archimedisch geordnet ist.
Hinweis: Sei Th(R) die Menge aller Aussage, die in R gelten, und c eine neue Konstante. Dann
hat jede endliche Teilmenge von Th(R) ∪ {1 + ·
· · + 1 < c | n ∈ N} ein Modell.
n–mal

Aufgabe 24. Zeigen Sie, daß sich alle allgemeingültigen Aussagen durch wiederholte
Anwendung der Modus Ponens Regel aus den folgenden allgemeingültigen Aussagen
ableiten lassen:

• ∀x̄ (x̄), wenn (x̄) ein Axiom des Hilbertkalküls ist.


    
• ∀x̄ ∀y (x̄, y) → (x̄, y) → ∀y (x̄, y) → ∀y (x̄, y)
 
• ∀x̄ (x̄) → ∀y (x̄) , wenn y nicht unter den xi vorkommt.
Hinweis: Zeigen Sie, daß ∀x̄(x̄) ableitbar ist, wenn (x̄) im Hilbertkalkül beweisbar ist. Ein
ausführlicher Beweis findet sich in [7].19

19 Ich danke Enrique Casanovas für den Hinweis.


5 Der Sequenzenkalkül 27
 5
Der Sequenzenkalkül
Der von Gentzen20 aufgestellte Sequenzenkalkül hat gegenüber dem Hilbertschen
Kalkül die folgenden Vorteile.
1. Axiome und Regeln entsprechen den Regeln des Formelaufbaus.
2. Die Beweise sind näher am natürlichen Schließen.
3. Der Beweis des Vollständigkeitssatzes ist einfach.
4. Die Beweise lassen sich analysieren.

Der Kalkül hat den Nachteil, daß man „Sequenzen“ (und nicht Formeln) herleitet.
Sei L eine Sprache und C eine abzählbare Menge von neuen Konstanten. Eine
Sequenz ist ein Paar
  
von endlichen Mengen von L ∪ C–Aussagen. Eine Sequenz    gilt in der L ∪ C–
Struktur A∗ , wenn in A∗ eine der Aussagen aus  falsch ist oder eine der Aussagen
aus  wahr. {ı1 , . . . , ım }  {1 , . . . , n} hat also die Bedeutung

(ı1 ∧ . . . ∧ ım) −→ (1 ∨ . . . ∨ n ).

Eine Sequenz ist allgemeingültig, wenn sie in allen L ∪ C–Strukturen gilt.


Wir beschreiben die Axiome und Regeln des Sequenzenkalküls in der Form
S1 , . . . , Sn
mit der Bedeutung: Wenn die Sequenzen S1 , . . . , Sn ableitbar sind,
S0
dann auch die Sequenz S0 . Wir lassen die Regeln f ür Gleichheit, Konstanten und
Funktionszeichen weg, um die Darstellung zu vereinfachen.21

Axiome
 ∪ {}   ∪ {}
   ∪ {}
¬ –links–Regel
 ∪ {¬ }  
 ∪ {}  
¬ –rechts–Regel
   ∪ {¬ }
 ∪ {i }  
∧–links–Regeln f ür i = 1, 2
 ∪ {(1 ∧ 2)}  
   ∪ {1 } ,    ∪ {2 }
∧–rechts–Regel
   ∪ {(1 ∧ 2 )}
 ∪ {(c)}  
∃–links–Regel wenn c nicht in , 
 ∪ {∃x (x)}  
und  vorkommt.
   ∪ {(c)}
∃–rechts–Regel
   ∪ {∃x (x)}

Wenn man will, kann man in den Axiomen voraussetzen, daß  eine Primformel ist.
20 Gerhard Gentzen
(1909-1945) Göttingen. Beweistheorie
könnte man durch n + 1 stellige Relationen ersetzen (n ≥ 0). Für Gleichheits-
21 n-stellige Funktionen

zeichen siehe Lemma 4.6.


28 I Prädikatenkalkül

Satz Vollständigkeitssatz, [8]. Eine Sequenz (ohne Gleichheit,Konstanten und Funk-


tionszeichen aus L) ist genau dann allgemeingültig, wenn sie im Sequenzen-
kalkül ableitbar ist.

Beweis. Es ist klar, daß die Axiome des Kalküls allgemeingültig sind und daß die
Regeln von allgemeingültigen Sequenzen wieder zu allgemeingültige Sequenzen
f ühren: In den ¬ –Regeln und der ∧–rechts–Regel ist die Konklusion logisch äquiva-
lent zu der (Konjunktion der) Hypothese(n). In den ∧–links–Regeln und in der ∃–
rechts–Regel folgt die Konklusion (wegen der ∃–Quantorenaxiome, vgl. Abschnitt 3)
aus der Hypothese. Die ∃–links–Regel ist eine Form der ∃–Einf ührung.
Bevor wir die Umkehrung beweisen,zeigen wir noch,wie die Allgemeingültigkeit
der Formel  = ∃x∀yRxy → ∀y∃xRxy im Sequenzenkalkül abgeleitet wird: (Wir
lassen dabei auf beiden Seiten einer Sequenz Mengenklammern weg.)

Rcd  Rcd Axiom


Rcd  ∃xRxd ∃–rechts–Regel
 ¬ Rcd, ∃xRxd ¬ –rechts–Regel
 ∃y¬ Rcy, ∃xRxd ∃–rechts–Regel
¬ ∃xRxd  ∃y¬ Rcy ¬ –links–Regel
¬ ∃y¬ Rcy, ¬ ∃xRxd  ¬ –links–Regel
¬ ∃y¬ Rcy, ∃y¬ ∃xRxy  ∃–links–Regel
∃x¬ ∃y¬ Rxy, ∃y¬ ∃xRxy  ∃–links–Regel
∃x¬ ∃y¬ Rxy  ¬ ∃y¬ ∃xRxy ¬ –rechts–Regel
∃x¬ ∃y¬ Rxy, ¬ ¬ ∃y¬ ∃xRxy  ¬ –links–Regel
(∃x¬ ∃y¬ Rxy ∧ ¬ ¬ ∃y¬ ∃xRxy), ∃x¬ ∃y¬ Rxy  ∧–links–Regel
(∃x¬ ∃y¬ Rxy ∧ ¬ ¬ ∃y¬ ∃xRxy)  ∧–links–Regel
 ¬ (∃x¬ ∃y¬ Rxy ∧ ¬ ¬ ∃y¬ ∃xRxy) ¬ –rechts–Regel

Die rechte Seite der letzten Sequenz ist .

Sei    eine Sequenz, die nicht ableitbar ist. L sei eine endliche (oder ab-
zählbare) Sprache, zu der diese Sequenz gehört. Wir konstruieren eine Folge i  i ,
(i = 0, 1, 2 . . .) von nicht–ableitbaren Sequenzen.Dabei werden die i und die i zwei
aufsteigende Folgen bilden, die bei  = 0 und bei  = 0 beginnen.Wir fixieren eine
Aufzählung (i , i , ci ), in der jedes Tripel (, , c), bestehend aus  ∈ {links, rechts},
einer L ∪ C–Formel i und einer Konstanten c, unendlich oft vorkommt. Dann
definieren wir die gesuchte Folge rekursiv. Sei i  i schon konstruiert und nicht
ableitbar:
1. Fall: i = ¬ ∈ i und i = links. Dann ist wegen der ¬ –links–Regel die Sequenz
i+1 = i  i+1 = i ∪ { } nicht ableitbar.
2. Fall: i = ¬ ∈ i und i = rechts. Dann ist wegen der ¬ –rechts–Regel die
Sequenz i+1 = i ∪ { }  i+1 = i nicht ableitbar.
3. Fall:  = ( 1 ∧ 2 ) ∈ i und i = links. Wir setzen i+1 = i ∪ { 1 , 2 } und
i+1 = i . Durch Anwenden der beiden ∧–links–Regeln könnte man i  i aus
i+1  i+1 gewinnen. Also ist i+1  i+1 nicht ableitbar.
4. Fall:  = ( 1 ∧ 2 ) ∈ i und i = rechts. Wegen der ∧–rechts–Regel können nicht
beide Sequenzen i  i ∪ { 1 } und i  i ∪ { 2 } ableitbar sein. Wir wählen j so
daß i+1 = i  i+1 = i ∪ { j } nicht ableitbar ist.
5 Der Sequenzenkalkül 29
5. Fall: i = ∃x (x) ∈ i und i = links.Wähle ein c,das in i und i nicht vorkommt.
Dann ist wegen der ∃–links–Regel die Sequenz i+1 = i ∪ { (c)}  i+1 = i nicht
ableitbar.
6. Fall: i = ∃x (x) ∈ i und i = rechts. Wir setzen dann i+1 = i und i+1 =
i ∪ { (ci )}. Die neue Sequenz ist nicht ableitbar wegen der ∃–rechts–Regel.
Wenn keiner dieser sechs Fälle auftritt, setzen wir i+1 = i und i+1 = i . Weil die
i  i keine Axiome sind, sind die i und die i disjunkt.
 
Die Mengen ∗ = i∈N i und  ∗ = i∈N i haben offensichtlich die folgenden
Eigenschaften:

0. ∗ und  ∗ sind disjunkt.


1. Wenn ¬ ∈ ∗ , ist ∈  ∗.
2. Wenn ¬ ∈  ∗ , ist ∈ ∗ .
3. Wenn ( 1 ∧ 2) ∈ ∗ , gehören 1 und 2 zu ∗ .
4. Wenn ( 1 ∧ 2) ∈  ∗ , dann gehört 1 oder 2 zu  ∗ .
5. Wenn ∃x (x) ∈ ∗ , gibt es ein c ∈ C mit (c) ∈ ∗ .
6. Wenn ∃x (x) ∈  ∗ , ist (c) ∈  ∗ f ür alle c ∈ C.

Sei nun A = {ac | c ∈ C} eine Menge, die durch (ac )c∈C injektiv aufgezählt ist (man
kann z.B. ac = c nehmen). Wir machen A zu einer L–Struktur A, indem wir die
Relationszeichen R ∈ L durch RA (ac1 , . . . , acn ) ⇔ R(c1, . . . , cn) ∈ ∗ interpretieren.
A∗ = (A, ac )c∈C ist eine L ∪ C–Struktur, in der    nicht gilt. Um das einzusehen,
zeigen wir durch Induktion über den Aufbau von , daß  ∈ ∗ ⇒ A∗ |  und
 ∈  ∗ ⇒ A∗ | :

0. Fall:  = R(c1, . . . , cn ).
Wenn R(c1 , . . . , cn ) ∈ ∗ , ist A∗ | R(c1 , . . . , cn ) nach Konstruktion. Wenn
R(c1, . . . , cn) ∈  ∗ , ist nach Eigenschaft (0) R(c1 , . . . , cn ) ∈ ∗ , also A∗ |
R(c1, . . . , cn).
1. Fall:  = ¬ ∈ ∗ .
Dann ist nach Eigenschaft (1) ∈  ∗ . Nach Induktionsvoraussetzung ist A∗ | .
Also A∗ | .
2. Fall:  = ¬ ∈  ∗ .
Dann ist nach Eigenschaft (2) ∈ ∗ . Die Induktionsvoraussetzung liefert A∗ |
. Also A∗ | .
3. Fall: Wenn  = ( 1 ∧ 2 ) ∈ ∗ ,
sind wegen (3) 1 und 2 in ∗ . Nach Induktionsvoraussetzung gelten 1 und 2
in A∗ , also gilt auch .
4. Fall: Aus  = ( 1 ∧ 2 ) ∈  ∗
folgt aus (4), daß zum Beispiel 1 ∈  ∗ . Die Induktionsvoraussetzung liefert
A∗ | 1 , also A∗ | .
5. Fall: Wenn ∃x (x) ∈ ∗ ,
gibt es wegen (5) ein c ∈ C mit (c) ∈ ∗ . Dann ist A∗ | (c) nach Induktions-
voraussetzung, also A∗ | .
30 I Prädikatenkalkül

6. Fall:  = ∃x (x) ∈  ∗ .
Eigenschaft (6) sagt, daß alle (c) f ür c ∈ C zu  ∗ gehören. Also gilt nach Induk-

tionsvoraussetzung keines der (c) in A∗ . Weil A = {c A | c ∈ C} ist A∗ | .

Als ein Anwendungsbeispiel beweisen wir den Interpolationssatz, allerdings nur


f ür Aussagen i ohne Gleichheit, Konstanten und Funktionszeichen. Man kann sich
aber leicht überzeugen, daß der Satz in seiner Allgemeinheit leicht aus diesem Spe-
zialfall folgt.

Satz Interpolationssatz (Craig22 ). Sei 1 eine L1 –Aussage und 2 eine L2 –Aussage.


Wenn
1 → 2
allgemeingültig ist, gibt es eine interpolierende L1 ∩ L2 –Aussage ı, f ür die

1 → ı und ı → 2

allgemeingültig sind.

Beweis. Wenn 1 → 2 allgemeingültig ist, ist die Sequenz 1  2 ableitbar. Wir


zeigen die Existenz von ı durch Induktion über die Länge des Beweises. Weil aber in
einem Beweis von 1 → 2 Sequenzen vorkommen werden, in denen L1 –Aussagen
auch rechts und L2 –Aussagen auch links stehen können, beweisen wir durch Induk-
tion über die Beweislänge:

Wenn i und i endliche Mengen von Li ∪ C–Aussagen sind und

1 ∪ 2  1 ∪ 2

ableitbar ist,gibt es eine (L1 ∩L2 )∪C–Aussage ˇ,f ür die 1  1 ∪{ˇ} und {ˇ}∪2  2
allgemeingültig sind.
Daraus folgt dann die Behauptung. Denn wenn   ˇ(c1 , . . . , cn ) und
ˇ(c1 , . . . , cn)  allgemeingültig sind, leistet ı = ∃x1, . . . , xn ˇ(x1 , . . . , xn ) das
Verlangte.
Sei nun S = 1 ∪ 2  1 ∪ 2 ableitbar. Dann ist S ein Axiom oder folgt nach
einer der sechs Regeln aus Sequenzen mit kürzeren Ableitungen. Jeder dieser Fälle
zerfällt in zwei Unterfälle, je nachdem, ob die Formel im Axiom zu 1 oder 2 , oder
ob die in der Regel betrachtete Formel zu 1 ∪ 1 oder 2 ∪ 2 gehört. Wir brauchen
aber immer nur den ersten dieser Fälle zu betrachten. Die Induktionsbehauptung
impliziert nämlich die Allgemeingültigkeit von 2  2 ∪ {¬ ˇ} und {¬ ˇ} ∪ 1  1
und ist daher symmetrisch in L1 und L2 .

0. Fall: S ist ein Axiom, weil es ein  ∈ 1 mit  ∈ 1 ∪ 2 gibt. Wenn  ∈ 1 ist,
.
können wir ˇ = ¬ c = c setzen23 , und ˇ = , wenn  ∈ 2 .
22 William Craig (1918-) Berkeley (USA). Philosophie, Mathematische Logik
.
23 Statt ¬ c = c können wir irgendeine (L1 ∩ L2 ) ∪ C–Aussage nehmen, deren Negation allgemeingültig
ist.
5 Der Sequenzenkalkül 31
1. Fall: Es ist 1 = 1 ∪ {¬ } und S folgt mit der ¬ –links–Regel aus 1 ∪ 2 
(1 ∪ {}) ∪ 2. Nach Induktionsvoraussetzung gibt es eine (L1 ∩ L2 ) ∪ C–Formel
ˇ  , f ür die 1  (1 ∪ {}) ∪ {ˇ  } und {ˇ  } ∪ 2  2 allgemeingültig sind. Wir
setzen ˇ = ˇ  .
2. Fall: Es ist 1 = 1 ∪{¬ } und S folgt mit der ¬ –rechts–Regel aus (1 ∪{})∪2 
1 ∪ 2 . Wir wählen wieder ˇ  , sodaß 1 ∪ {}  (1 ) ∪ {ˇ  } und {ˇ  } ∪ 2  2
allgemeingültig sind, und setzen ˇ = ˇ  .
3. Fall: Es ist 1 = 1 ∪ {1 ∧ 2 } und f ür ein i = 1, 2 folgt S mit der ∧–rechts–Regel
aus (1 ∪ {i }) ∪ 2  1 ∪ 2 . Wenn (1 ∪ {i })  1 ∪ {ˇ  } und {ˇ  } ∪ 2  2
allgemeingültig sind, können wir ˇ = ˇ  nehmen.
4. Fall: Es ist 1 = 1 ∪ {1 ∧ 2 } und S folgt aus den beiden Sequenzen 1 ∪ 2 
(1 ∪ {i }) ∪ 2 (i = 1, 2) mit der ∧–rechts–Regel. Wenn dann f ür i = 1, 2 1 
(1 ∪ {i }) ∪ {ˇi } und {ˇi } ∪ 2  2 allgemeingültig sind, setzen wir ˇ = ˇ1 ∨ ˇ2 .
5. Fall: Es ist 1 = 1 ∪ {∃x (x)} und S folgt aus (1 ∪ {(c)}) ∪ 2  1 ∪ 2
mit der ∃–links–Regel. c kommt also in S nicht vor. Wenn nun f ür ein ˇ(x), das
c nicht enthält, die Sequenzen (1 ∪ {(c)})  1 ∪ {ˇ  (c)} und {ˇ  (c)} ∪ 2  2
allgemeingültig sind, setzen wir ˇ = ∃x ˇ  (x).
6. Fall: Es ist 1 = 1 ∪ {∃x (x)} und S folgt mit der ∃–rechts–Regel aus 1 ∪ 2 
(1 ∪ {(c)})∪ 2.Wenn 1  (1 ∪ {(c)})∪ {ˇ } und {ˇ  }∪ 2  2 allgemeingültig
sind, setzen wir ˇ = ˇ  .

Übungsaufgaben
Aufgabe 25. Beweisen Sie den Interpolationssatz f ür Aussagen mit Gleichheit und
Funktionszeichen.
Hinweis: Ersetzen Sie n–stellige Funktionszeichen durch n + 1–stellige Relationen (für den
Graphen der Funktion) und verwenden Sie Lemma 4.6.

Aufgabe 26. Die Schnittregel

   ∪ {} ,  ∪ {}  


ist gültig, weil die Konklusion allgemeingültig ist, wenn beide Prämissen allge-
meingültig sind. Zeigen Sie die Gültigkeit der Schnittregel ohne Benutzung des
Vollständigkeitssatzes durch Induktion über die Länge der Beweise der beiden Prä-
missen.
Aufgabe 27. Es seien L1 und L2 zwei Sprachen und L = L1 ∩ L2 . Weiter seien T1 und
T2 zwei konsistente L1 – bzw. L2 –Theorien, die die gleichen L–Aussagen beweisen.
Zeigen Sie, daß T1 ∪ T2 konsistent ist.
Aufgabe 28. Sei L eine Sprache, T(P) eine L–Theorie, deren Axiome zusätzlich ein
neues einstelliges Prädikat P enthalten. T(P) definiert P implizit, wenn

T(P) ∪ T(P  )  ∀x (P(x) ↔ P (x)).


32 I Prädikatenkalkül

Zeigen Sie den Satz von Beth24 : Wenn T(P) das Prädikat implizit definiert, dann
auch explizit. Das heißt, f ür eine L–Formel (x) gilt

T(P)  ∀x (P(x) ↔ (x)).

Hinweis: Ersetzen Sie x durch eine neue Konstante und verwenden Sie den Interpolationssatz.

24 Evert Willem Beth (1908-1964) Amsterdam. Mathematische Logik


6 Der Herbrandsche Satz 33
 6
Der Herbrandsche Satz

Eine universelle Formel hat die Form Definition

∀x1 . . . ∀xn ,

wobei eine quantorenfreie Formel ist. Existentielle Formeln haben die Form
∃x1 . . . ∃xn .

Zwei Formeln  und heißen äquivalent, wenn sie in allen Strukturen auf die
gleichen Elemente zutreffen, oder anders gesagt, wenn  ↔ allgemeingültig ist.
Man sieht nun, daß die Negation einer universellen Formel ∀x1 . . . ∀xn äquivalent
zur existentiellen Formel ∃x1 . . . ∃xn ¬ ist. Die Negation einer existentiellen Formel
ist äquivalent zu einer universellen Formel.

Skolem–Normalform. Zu jeder L–Aussage  kann man eine Spracherweiterung Satz


L∗ und einen universellen L∗ –Satz  ∗ angeben, derart, daß  in einer L–Struktur
A genau dann gilt, wenn sich A zu einem Modell von  ∗ expandieren läßt.  ist
also genau dann erf üllbar, wenn  ∗ erf üllbar ist.

Beweis. Eine Formel ist in pränexer Normalform, wenn alle Quantoren am Anfang
der Formel stehen, wenn also die Formel die Gestalt

Q1 x1Q2 x2 . . . Qn xn

hat, mit quantorenfreiem und Qi ∈ {∃, ∀}.


Man sieht leicht,daß sich in jeder Formel die Quantoren so nach vorne ziehen las-
sen, daß eine äquivalente Formel in pränexer Normalform entsteht. Man verwendet
dabei die Umformungen

¬ ∃ ; ∀¬
¬ ∀ ; ∃¬
x
( ∧ ∃x ) ; ∃y ( ∧ )
y
x
( ∧ ∀x ) ; ∀y ( ∧ )
y

Die Variable y soll dabei in  und nicht vorkommen.


Wir können also annehmen, daß  pränex ist. Dann konstruieren wir  ∗ durch
Rekursion über die Zahl der Quantorenwechsel von . Sei

 = ∀x1 . . . ∀xm ∃y1 . . . ∃yn (x1 , . . . , yn ),

wobei  (höchstens) mit einem ∀–Quantor beginnt.Wir f ühren jetzt neue m–stellige
Funktionszeichen f1 , . . . , fn ein und sehen, daß  genau in den Strukturen gilt, die
34 I Prädikatenkalkül

sich zu einem Modell von


 
  = ∀x1 . . . ∀xm  x1, . . . , xm, f1 (x1, . . . , xm ), . . . , fn (x1, . . . , xm )

expandieren lassen. Wenn m = 0, f ühren wir neue Konstanten ein.   hat zwei
Quantorenwechsel weniger als . Jetzt verfahren wir mit   ebenso und erhalten
schließlich die Skolem–Normalform.

Man nennt die neu eingef ührten Funktionszeichen in L∗ Skolemfunktionen.

Beispiel Sei  
 = ∀x ∃y R(x, y) ∧ ∀z ∃w S(x, z, w) .
Die pränexe Normalform ist (z.B.)
 
∀x ∃y ∀z ∃w R(x, y) ∧ S(x, z, w) .

Der erste Umformungsschritt liefert


 
∀x, z ∃w R(x, f (x)) ∧ S(x, z, w)

und der zweite


 
 ∗ = ∀x, z R(x, f (x)) ∧ S(x, z, g(x, z) .

Folgerung Herbrand25 –Normalform. Zu jeder L–Aussage  kann man eine Spracherwei-


terung L∗ und einen existentiellen L∗ –Satz ∗ angeben, der genau dann allge-
meingültig ist, wenn  allgemeingültig ist.

Wichtig ist, daß man ∗ explizit angeben kann. Die reine Existenz ist trivial. Man
. .
nimmt f ür ∗ entweder ∃x x = x oder ∃x ¬ x = x, je nachdem ob  erf üllbar ist oder
nicht.

Beweis.  ist genau dann allgemeingültig, wenn ¬  nicht erf üllbar ist. Man setzt
also ∗ = ¬ (¬ )∗ . Genauer gesagt, nehmen wir f ür ∗ eine existentielle äquivalente
Umformung von ¬ (¬ )∗ .

Bemerkung. Wir finden immer ein ∗ ohne Gleichheitszeichen.

Beweis. Wegen Lemma 4.6 können wir annehmen, daß  kein Gleichheitszeichen
enthält.Im eben konstruierten  ∗ gibt es dann ebenfalls kein Gleichheitszeichen.
Für die Allgemeingültigkeit existentieller Aussagen gibt es ein einfaches Kriteri-
um.
25 Jacques Herbrand (1908-1931) Paris. Klassenkörpertheorie, Beweistheorie
6 Der Herbrandsche Satz 35
Herbrand, [14]. Sei Satz
 = ∃x1 . . . ∃xn (x1, . . . , xn)
eine existentielle Aussage f ür eine Sprache L, die mindestens eine Konstante
enthält. Dann ist  genau dann allgemeingültig, wenn es konstante Terme

t11 , t21 , . . . tn1 . . . t1N , t2N , . . . tnN


gibt, f ür die die quantorenfreie Aussage

N
(t i ) = (t11 , t21 , . . . tn1 ) ∨ · · · ∨ (t1N , t2N , . . . tnN )
i=1

allgemeingültig ist.
 
Beweis. Weil  aus Ni=1 (t i ) folgt, ist  allgemeingültig,wenn Ni=1 (t i ) allge-
meingültig ist.
Nehmen wir umgekehrt an, daß


N
¬ (t i ) = ¬ (t11 , t21 , . . . tn1 ) ∨ · · · ∨ ¬ (t1N , t2N , . . . tnN )
i=1

f ür jede beliebige Wahl der tji erf üllbar ist. Dann ist die Theorie
 
T = ¬ (t1 , . . . , tn )  t1 , . . . , tn konstante Terme

endlich erf üllbar. T hat nach dem Kompaktheitssatz ein Modell A. Sei A0 = t A 
t konstanter Term die Menge der Elemente von A, die von konstanten Termen
dargestellt werden. A0 ist nicht–leer und unter den auf A definierten Operatio-
nen abgeschlossen. Wenn wir die Interpretation von L in A auf A0 einschränken,
erhalten wir also eine Unterstruktur (vgl. Aufgabe 1 und Aufgabe 29) A0 , in der
∀x1 , . . . , xn¬ (x1 . . . xn ) gilt und  daher falsch ist.

Wir betrachten die Aussage  = ∃w∀x R(w, x) → ∀z∃y R(y, z). Eine pränexe Beispiel
Normalform ist ∀w∃x∀z∃y (¬ R(w, x) ∨ R(y, z)) und die Herbrand–Normal-
form ∗ = ∃x∃y (¬ R(c, x) ∨ R(y, f (x)). Wenn wir x, y zum einen durch c, c und
zu anderen durch f (c), c ersetzen, erhalten wir die allgemeingültige Disjunktion
   
¬ R(c, c) ∨ R(c, f (c) ∨ ¬ R(c, f (c)) ∨ R(c, f (f (c)) .

Also ist ∗ und daher auch  allgemeingültig.

Wenn
 in das Gleichheitszeichen nicht vorkommt, ist die Allgemeingültigkeit
von Ni=1 (t i ) ein reines Problem der Aussagenlogik. Eine quantorenfreie Aussage
 ohne Gleichheitszeichen ist genau dann allgemeingültig, wenn sie eine aussa-
genlogische Tautologie ist. Anders ausgedrückt: Man ersetzt jede in  enthaltene
Primformel R(s1, . . . , sm) durch eine Aussagenvariable pR(s1 ,...,sm ) . Die resultierende
aussagenlogische Formel ist genau dann allgemeingültig, wenn  allgemeingültig
36 I Prädikatenkalkül

ist. Wir werden im nächsten Abschnitt eine geeignete Methode angeben, die All-
gemeingültigkeit von aussagenlogische Formeln der hier vorkommenden Art zu
überprüfen.
Wenn man den Satz von Herbrand verwenden will, um die Allgemeingültigkeit
einer Aussage  = ∃x1 . . . ∃xn (x1, . . . , xn) zu zeigen, sucht man Terme tji , f ür die
N i
i=1 (t ) (aussagenlogisch) allgemeingültig wird. Die Terme wählt man so, daß
genügend viele Formelpaare

R(s11(x1 , . . . , xn ), . . . , sk1(x1 , . . . , xn ))

und
R(s12(x1 , . . . , xn ), . . . , sk2(x1 , . . . , xn)),
in gleich werden, wenn man die xj durch die tj1 bzw. tj2 ersetzt.
Man verwendet dazu die Unifikationsmethode. Seien
 
S1 (x1, . . . , xn) = s11 (x1, . . . , xn), . . . , sk1(x1, . . . , xn )

und  
S2 (x1, . . . , xn) = s12 (x1, . . . , xn), . . . , sk2(x1, . . . , xn )
zwei gleichlange Folgen von Termen. Eine Termfolge T = (t1 , . . . , tn ) unifiziert S1
und S2 , wenn
S1 (t1 , . . . , tn ) = S2 (t1 , . . . , tn ).

Satz Unifikation. Wenn S1 und S2 unifizierbar sind, gibt es eine universelle unifizie-
rende Termfolge U (y1 , . . . , ym ). Das heißt, daß eine Termfolge T genau dann S1
und S2 unifiziert, wenn es Terme t1 , . . . , tm gibt, sodaß

T = U (t1 , . . . , tm ).

Man kann U durch ein einfaches Verfahren finden, das gleichzeitig entscheidet,
ob S1 und S2 unifizierbar sind.

Beweis. Wir fassen das Paar S1, S2 als eine Menge


. .
S(x1 , . . . , xn ) = {s11 = s12, . . . , sk1 = sk2 }

von Gleichungen auf. T unifiziert S, wenn alle Gleichungen aus S(T) allgemeingültig
sind. Unser Unifikationsverfahren formt S in äquivalente Gleichungssysteme um.
Dabei wenden wir, solange es geht, die folgenden Schritte A und B an.

Schritt A:
.
Wenn S eine Gleichung f 1 (t11 , . . . , tl11 ) = f 2 (t12 , . . . , tl22 ) enthält, gibt es zwei Möglich-
keiten:

• Wenn f 1 = f 2, ist S nicht unifizierbar und das Verfahren bricht ab.


• Wenn f 1 = f 2 (und daher l1 = l2 = l), ersetzen wir die Gleichung durch die
. .
Gleichungen t11 = t12 , . . . , tl1 = tl2 .
6 Der Herbrandsche Satz 37
Schritt B:
.
Wenn S eine Gleichung xi = s enthält, gibt es drei Möglichkeiten:

• s = xi . Dann streichen wir die Gleichung einfach.


• s ist ein zusammengesetzter Term, in dem xi vorkommt. Dann ist S nicht unifi-
zierbar und das Verfahren bricht ab.
• xi kommt in s nicht vor. Dann ersetzen wir in allen anderen Gleichungen die
Variable xi durch s.

Wenn das Verfahren nicht mit dem Ergebnis, daß eine Unifikation unmöglich
sei, abbricht, hat das Gleichungssystem – nach Umnumerierung der Variablen – die
Form
. .
xm = um (x1 , . . . , xm−1), . . . , xn = un (x1, . . . , xm−1 )
f ür ein 1 ≤ m ≤ n + 1. Die gesuchte universelle unifizierende Termfolge ist dann

x1, . . . , xm−1 , um, . . . , un .

Wir wollen die beiden Terme Beispiel

k(x1 , x1, x4) und k(f (c, g(x2 , x3)), f (c, g(x3, x2)), k(x3, x2, x1 ))

unifizieren. Wir beginnen also mit der Gleichung


.
k(x1, x1, x4 ) = k(f (c, g(x2 , x3), f (c, g(x3, x2)), k(x3, x2 , x1)).

Schritt A:
.
x1 = f (c, g(x2, x3 ))
.
x1 = f (c, g(x3, x2 ))
.
x4 = k(x3, x2 , x1)

Schritt B (ersetze x1 durch f (c, g(x2, x3 ))):


.
x1 = f (c, g(x2, x3))
.
f (c, g(x2, x3 )) = f (c, g(x3, x2))
.
x4 = k(x3 , x2, f (c, g(x2, x3 )))

Schritt A:
.
x1 = f (c, g(x2, x3 ))
.
x2 = x3
.
x3 = x2
.
x4 = k(x3, x2 , f (c, g(x2 , x3)))
38 I Prädikatenkalkül

Schritt B (ersetze x2 durch x3 ):


.
x1 = f (c, g(x2 , x3))
.
x2 = x3
.
x4 = k(x3 , x3, f (c, g(x3, x3)))

Es ergibt sich die universelle Lösung

f (c, g(x3, x3)), x3, x3 , k(x3 , x3, f (c, g(x3, x3))).

Folgerung Sei (x1 , . . . , xn ) eine quantorenfreie L–Formel ohne Gleichheitszeichen und N


eine natürliche Zahl.26 Man kann effektiv entscheiden, ob es konstante Terme

t11 , t21 , . . . tn1 . . . t1N , t2N , . . . tnN

gibt, f ür die


N
(t i ) = (t11 , t21 , . . . tn1 ) ∨ . . . ∨ (t1N , t2N , . . . tnN )
i=1

allgemeingültig ist.

Übungsaufgaben
Aufgabe 29. Sei B eine Unterstruktur von A. Dann gilt f ür alle universellen
(x1 , . . . , xn ) und alle b1, . . . , bn ∈ B

A | [b1 , . . . , bn] ⇒ B | [b1, . . . , bn].

Aufgabe 30. Sei L eine nicht–leere Sprache, A eine L–Struktur und S eine Teilmenge
von A. Dann ist {t A [s1, . . . , sn] | t(x1 , . . . , xn) ein L–term, s1, . . . sm ∈ S} Grund-
menge der von S erzeugten Unterstruktur, (vgl. Aufgabe 1).

Aufgabe 31. Sei  eine L–Aussage,  ∗ eine Skolemnormalform und ∗ eine Her-
brandnormalform von . Wir können annehmen, daß L∗ ∩ L∗ = L. Zeigen Sie, daß
|  ∗ → ∗ . Geben Sie einen Interpolanten an.

Aufgabe 32. Wenn die aussagenlogischen Formeln f (p1 , . . . , pn ) und g(p1, . . . , pn )


äquivalent sind (vgl. Aufgabe 11), dann auch f (1 , . . . , n) und g(1 , . . . , n ) f ür
beliebige L–Formeln 1, . . . , n .

26 Der Fall N = 1 impliziert sofort die Folgerung für beliebiges N .Wir haben diese Formulierung wegen

des Zusammenhangs mit dem Satz von Herbrand gewählt.


7 Die Resolutionsmethode 39
 7
Die Resolutionsmethode
Die Allgemeingültigkeit einer aussagenlogischen Formel f läßt sich feststellen, in-
dem man überprüft, daß es keine Belegung der Variablen von f den Wahrheitswert
W ergibt. Weil es 2Zahl der Variablen viele Belegungen gibt, ist dieses Verfahren f ür große
Formeln nicht praktikabel. Ob es überhaupt ein Verfahren zur Überprüfung der
Allgemeingültigkeit aussagenlogischer Formeln gibt, dessen Schrittzahl durch ein
Polynom in der Zahl der Variablen beschränkt ist, ist äquivalent zum P=NP Problem
der Informatik, das bis heute ungelöst ist. Siehe dazu [5].
Für große Disjunktionen kleiner Formeln, wie sie im Satz von Herbrand auftre-
ten, hat die Resolutionsmethode eine gute Chance, einen kurzen Beweis der Allge-
meingültigkeit zu finden. Man kann eine große Disjunktion kleiner Formeln leicht
in disjunktive Normalform bringen,


N
(7.1) ci ,
i=1

(siehe Aufgabe 12), indem man alle Disjunktionglieder in disjunktive Normalform


bringt. Die ci sind Konjunktionen von (negierten) Variablen, sogenannten Literalen.
Endliche Mengen von Literalen nennen wir Klauseln. Sei Ci die Klausel der Literale,
aus denen ci besteht, und C die Menge der Ci , dann läßt sich (7.1) schreiben als

(7.2) L.
C∈C L∈C

Wenn eine Belegung  der Formel (7.2) den Wahrheitswert W gibt, sagen wir, daß
 die Menge C erf üllt. Eine Menge von Klauseln heißt allgemeingültig, wenn sie von
allen Belegungen erf üllt wird. Wir lassen auch die leere Klauselmenge zu, die nicht
erf üllbar ist, und die leere Klausel, die immer der Wahrheitswert W hat.

Sei p eine Variable, C = {p} ∪ P und D = {¬ p} ∪ Q zwei Klauseln. Dann ist P ∪ Q Definition
eine Resultante von C und D.

Die Resolutionsmethode, [21]. Eine endliche Menge C von Klauseln ist genau Satz
dann allgemeingültig, wenn sich aus C durch sukzessives Bilden von Resultanten
die leere Klausel ergibt.

Die eine Richtung des Satzes ist klar: Wenn C  aus C durch Hinzuf ügen von Resul-
tanten entsteht, werden C  und C von den gleichen Belegungen erf üllt. Wenn C  die
leere Klausel enthält, ist C  allgemeingültig und darum auch C.

Der Beweis der Umkehrung beruht auf folgender Beobachtung: Sei mit C|p = W
die Menge der Klauseln bezeichnet, die man aus C erhält, wenn man p = W setzt.
Das heißt, daß man alle Klauseln, in denen ¬ p vorkommt, wegläßt und in den
40 I Prädikatenkalkül

verbleibenden Klauseln alle Vorkommen von p streicht. Entsprechend sei C|A = F


definiert. Dann gilt das folgende Lemma.

Lemma 1. Sei  eine Belegung der Variablen von C und (p) = W. Dann erf üllt  die
Klauselmenge C genau dann, wenn sie die Menge C|p = W erf üllt.
2. Aus C ergibt sich durch sukzessives Bilden von Resultanten genau dann die
leere Klausel, wenn das gleiche f ür C|p = W und f ür C|p = F gilt.

Beweis. Die erste Behauptung ist klar. Zum Beweis der zweiten Behauptung nehmen
wir zuerst an, daß man aus C|A = W durch Bilden von Resultanten die leere Klausel
erhält.Weil alle Formeln aus C|A = W auch in C – eventuell mit einem zusätzlichen p
– vorkommen, erhält man aus C durch Bilden von Resultanten die leere Klausel oder
die Klausel {p}.Wenn außerdem C|A = F die leere Klausel ergibt, wissen wir, daß sich
aus C die leere Klausel oder {¬ p} ergibt.Weil die leere Klausel aber Resultante von {p}
und {¬ p} ist, haben wir eine Richtung der Behauptung bewiesen. Die Umkehrung
brauchen wir nicht und überlassen sie dem Leser.

Beweis der Umkehrung des Satzes. Wir verwenden Induktion über die Anzahl der
vorkommenden Variablen. Sei C allgemeingültig und p eine Variable von C. Weil p
in C|p = W und C|p = W nicht mehr vorkommt, folgt aus Teil 1 des Lemmas, daß
C|p = W und C|p = F beide allgemeingültig sind. Nach Induktionsannahme ergibt
sich also aus C|p = W und C|p = F jeweils die leere Klausel, also auch nach Teil 2 des
Lemmas aus C.

Übungsaufgaben
Aufgabe 33. Wie kann man von einer aussagenlogischen Formel in konjunktiver
Normalform schnell entscheiden, ob sie allgemeingültig ist?

Aufgabe 34. Vervollständigen Sie den Beweis von Teil 2 des Lemmas.
Hinweis: Verwenden Sie den Resolutionssatz.
II Mengenlehre

Alle Gegenstände der Mathematik sind Mengen oder auch Klassen von Mengen:
Ein metrischer Raum zum Beispiel besteht aus einer Menge X und einer Funktion
d: X × X → R. Dabei ist X × X die Menge aller Paare (x, y) von Elementen x, y ∈ X.
Ein Paar ist eine Menge, nämlich das Kuratowski-Paar

(x, y) = {{x}, {x, y}}.

Eine Funktion d ist die Menge aller Argument/Wert–Paare (y, d(y)).


Eine reelle Zahl ˛ ∈ R ist eine Äquivalenzklasse von Cauchyfolgen rationaler
Zahlen. Eine Folge ist eine Abbildung, die auf der Menge der natürlichen Zahlen
definiert ist. Eine rationale Zahl r kann aufgefaßt werden als die Menge aller Tripel
(m, n, s) = (m, (n, s)) von natürlichen Zahlen mit r = m−n s
.
Inwiefern sind nun natürliche Zahlen Mengen? Die Zahl n sollte eine möglichst
einfache Menge mit genau n Elementen sein. Also bietet sich die folgende rekursive
Definition an:
n = {0, 1, . . . , n − 1}.
Das ist jeweils eine Definition f ür jede Zahl. Eine Definition f ür die Klasse aller
natürlichen Zahlen geben wir auf Seite 52.
Das alles wird in der Zermelo–Fränkelschen Mengenlehre (ZFC) geschehen,
der heute allgemein verwendeten Axiomatisierung der Mengenlehre. Für ein wei-
terführendes Lehrbuch verweise ich auf [16].

 8
Die Axiome
Die Sprache der Mengenlehre ist LMe = {}. Man liest „x  y“ als x ist Element von y.

Naive Mengenlehre
Versucht man Cantors1 Definition
Unter einer „Menge“ verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten
wohlunterschiedenen Objekten m unserer Anschauung oder unseres Denkens
(welche „Elemente“ von M genannt werden) zu einem Ganzen. [2]
1 Georg Cantor (1845-1918) Halle. Zahlentheorie, Analysis, Mengenlehre
42 II Mengenlehre

zu formalisieren, ergeben sich die Axiome der Naiven Mengenlehre. Das Extensio-
nalitätsaxiom: Zwei Mengen sind gleich, wenn sie die gleichen Elemente haben, und
das Schema der vollen Komprehension: Jede definierbare Klasse von Mengen ist die
Klasse der Elemente einer Menge. In Formeln:

Axiom (Extensionalität).
 . 
∀x, y ∀z (z  x ↔ z  y) → x = y
Axiom (Volle Komprehension). Für alle Formeln (x, y1, . . . , yn )

∀y1 , . . . , yn ∃x∀z (z  x ↔ (z, y1 , . . . , yn ))

Die Axiome der vollen Komprehension sagen, daß f ür jede Formel
(z, y1 , . . . , yn ) und fixierte Parameter y1 , . . . , yn die Klasse

z | (z, y1 , . . . , yn )

eine Menge ist.


Das System „aller Mengen“ scheint tatsächlich diese Axiome zu erf üllen. Es gilt
aber die Russellsche Antinomie:

Satz Russell2 . Die Naive Mengenlehre ist inkonsistent.

Beweis. Betrachte die Formel (x) = ¬ x  x. Das Komprehensionsschema liefert


dann das Axiom
∃x∀z (z  x ↔ ¬ z  z).
Wenn aber x eine Menge mit ∀z (z  x ↔ ¬ z  z) ist, also

x = {z | ¬ z  z},

liefert die Einsetzung von x f ür z den Widerspruch x  x ↔ ¬ x  x.

Zermelo-Fränkel Mengenlehre
Es sind verschiedene Axiomensysteme f ür die Mengenlehre vorgeschlagen worden,
die dieses Problem vermeiden (z.B. von Quine3 : New Foundation). Durchgesetzt hat
sich
ZFC,
die nach ihren Erfindern Zermelo4 und Fränkel5 und nach „choice“, dem Auswahl-
axiom benannt ist.
2 Bertrand Russell (1872-1970) Großbritannien, USA. Mathematische Logik, Philosophie. Nobelpreis

für Literatur 1950


3 William Van Orman Quine (1908-2000) Harvard (Cambridge, USA). Philosophie, Mengenlehre. Qui-

nes Paradoxon: „Yields falsehood when preceded by its quotation“ yields falsehood when preceded by its
quotation.
4 Ernst Zermelo (1871-1953) Freiburg. Mengenlehre
5 Abraham Fränkel (1891-1965) Jerusalem. Mengenlehre
8 Die Axiome 43
Hier ist die Liste der Axiome, die wir im folgenden diskutieren:

• Extensionalität
• Aussonderung
• Paarmenge
• Vereinigung
• Potenzmenge
• Ersetzung
• Fundierung
• Unendlichkeit
• Auswahl

ZFC enthält natürlich das Extensionalitätsaxiom:

Axiom (Extensionalität).
 . 
∀x, y ∀z (z  x ↔ z  y) → x = y

Wir f ühren als„x ⊂ y“ als Abkürzung f ür die Formel ∀z (z  x → z  y) ein, gele-
sen als „x ist Teilmenge von y“. Das Extensionalitätsaxiom ist dann gleichbedeutend
mit
.
∀x, y (x ⊂ y ∧ y ⊂ x) → x = y.
Dann folgen f ünf Spezialfälle der vollen Komprehension.

Axiom (Aussonderung).
 
∀y0 , . . . , yn ∃x∀z z  x ↔ (z  y0 ∧ (z, y1 , . . . , yn ))

Das Aussonderungsaxiom erlaubt es zum Beispiel den Durchschnitt

x ∩ y = {z  x | z  y}

und die Differenz


x \ y = {z  x | ¬ z  y}
von zwei Mengen zu bilden. Es ergibt sich auch die Existenz der leeren Menge.6
.
∅ = {z | ¬ z = z}
.
Für eine beliebige Menge x ist nämlich ∅ = {z  x | ¬ z = z}.
Die Russellsche Antinomie wird jetzt ein Theorem von ZFC:

Bemerkung. In ZFC ist beweisbar, daß die Klasse V aller Mengen keine Menge ist.
Formal:
ZFC  ¬ ∃x∀z z  x
6 Videtur mihi nihil aliquid esse. (F.v.Tours)
44 II Mengenlehre

Beweis. Sonst wäre nach dem Aussonderungsaxiom die Russellsche Klasse

{z | ¬ z  z} = {z ∈ V | ¬ z  z}

ebenfalls eine Menge, was sofort zu einem Widerspruch f ührt.

Axiom (Paarmenge).
. .
∀y1 , y2 ∃x∀z z  x ↔ (z = y1 ∨ z = y2 )

Das Paarmengenaxiom drückt aus, daß


. .
{x, y} = {z | z = x ∨ z = y}

eine Menge ist, die aus x und y gebildete Paarmenge.

Definition Das geordnete Paar von zwei Mengen x und y ist die Menge

(x, y) = {{x}, {x, y}}.

(x, y) heißt Kuratowski7 -Paar.

Lemma In ZFC ist beweisbar


. . .
∀x, y, x , y (x, y) = (x , y ) → x = x  ∧ y = y .

Das Vereinigungsmengenaxiom ist

Axiom (Vereinigung).

∀y∃x∀z z  x ↔ ∃w (z  w ∧ w  y).

Gefordert wird die Existenz von


 
y = z | ∃w (z  w ∧ w  y) ,

der Vereinigung der Elemente von y. Aus dem Paarmengenaxiom und dem Vereini-
gungsmengenaxiom folgt die Existenz der Vereinigung von zwei Mengen:

x∪y = {x, y}.

7 Kazimierz Kuratowski (1896-1980) Warschau. Topologie, Mengenlehre


8 Die Axiome 45
Man definiert rekursiv über n

{y1 , y2 , . . . , yn+1 } = {y1 , . . . , yn } ∪ {yn+1 }.

Das Potenzmengenaxiom

Axiom (Potenzmenge).

∀y∃x∀z z  x ↔ z ⊂ y

postuliert die Existenz der Potenzmenge von y

P(y) = {z | z ⊂ y}.

Axiomen von ZFC folgt für alle a und b die Existenz des direkten Produktes Lemma

a × b = (x, y) | x ∈ a ∧ y ∈ b .

Beweis. Wenn x ∈ a und y ∈ b, sind {x} und {x, y} Elemente von P(a ∪ b). Dann
 {{x}, {x, y}} ein Element von P(P(a ∪ b)). Es folgt, daß (x, y) | x ∈
ist (x, y) =
a ∧ y ∈ b eine definierbare Teilklasse von P(P(a ∪ b)) ist. Also eine Menge nach
dem Aussonderungsaxiom.
Wir definieren Tripel durch

(x, y, z) = ((x, y), z)

und a × b × c = {(x, y, z) | x ∈ a, y ∈ b, z ∈ c}. Entsprechend Viertupel usw.

Eine Relation ist nun eine Menge von Paaren. Der Definitionsbereich von R ist

dom(R) = {x | ∃y (x, y) ∈ R},

der Bildbereich
Im(R) = {y | ∃x (x, y) ∈ R}.

Definitions– und Bildbereich sind Mengen, weil sie Teilklassen von R sind:
 
{{x}, {x, y}} ∈ R ⇒ {x, y} ∈ R ⇒ x, y ∈ R.

Eine Funktion f ist eine rechtseindeutige Relation:

∀x, y1 , y2 (x, y1) ∈ f ∧ (x, y2) ∈ f → y1 = y2 .

Wir identifizieren also eine Funktion mit ihrem Graphen. Man schreibt dann

f (x) = y
46 II Mengenlehre

f ür (x, y) ∈ f . Wenn x ∈ dom(f ), setzen wir f (x) = ∅. Die Schreibweise

f:a → b

bedeutet dom(f ) = a und Im(f ) ⊂ b. Wenn wir b nicht spezifizieren wollen, schrei-
ben wir f : a → V.
f  c = f ∩ (c × b)
ist die Einschränkung von f auf c.

f [c] = {f (x) | x ∈ c}

ist der Bildbereich von f  c.

Axiom (Ersetzung).
  
∀y, w ∀u∃ ! z (u, z, w) → ∃x∀z z  x ↔ ∃u(u  y ∧ (u, z, w))

w steht
 hier f ür ein Tupel von Variablen. ∃ ! (x), es gibt genau ein x . . . , steht f ür
.
∃x (x) ∧ ∀x ((x ) → x = x ) .

Die Voraussetzung ∀u∃ ! z (u, z, w) bedeutet, daß die Klasse

F = {(u, z) | (u, z, w)}

ein Funktional F: V → V definiert. Das Ersetzungsaxiom behauptet, daß f ür alle y


das Bild F[y] wieder eine Menge ist.
Als ein Beispiel überlegen wir, wie wir ohne Verwendung des Potenzmengen-
axioms die Existenz von a × b aus dem Ersetzungsaxiom schließen können: Wir
halten zunächst x fest. Dann gilt offenbar
.
∀u∃ ! z z = (x, u).

Also gibt es eine Menge, die genau aus den (x, u) mit u ∈ b besteht. Diese Menge ist
natürlich {x} × b. Eine zweite
 Anwendung des Ersetzungsaxioms
 liefert die Existenz
von c = {x} × b | x ∈ a . Schließlich ist a × b = c.
Ein zweites Beispiel: Mit Hilfe des Ersetzungsaxiom sieht man leicht, daß die
inverse Relation  
R−1 = (y, x)  (x, y) ∈ R
eine Menge ist.

Eine Funktion f : a → b heißt


surjektiv, wenn Im(f ) = b,
injektiv, wenn f −1 eine Funktion ist,
bijektiv, wenn f injektiv und surjektiv ist.
Surjektivität und Bijektivität sind nicht Eigenschaften von f allein, sondern Eigen-
schaften des Paares f , b.
8 Die Axiome 47
Exkurs über definitorische Erweiterungen
Die Einf ührung von neuen Relations– und Funktionszeichen
Sei T eine L–Theorie und (x1, . . . , xn) eine Formel. Wenn wir f ür  ein neues
(n–stelliges) Relationszeichen R einf ühren, erweitern wir L zu L = L ∪ {R} und T
zu T  = T ∪ {∀x1 , . . . , xn R(x1, . . . , xn) ↔ (x1 , . . . , xn )}. Es ist klar, daß T  sich
nicht wesentlich von T unterscheidet. Erstens ist T  eine konservative Erweiterung
von T; das heißt, daß jede L–Aussage, die in T  beweisbar ist, auch in T beweisbar ist.
Zweitens ist jede L –Formel zu einer L–Formel T –beweisbar äquivalent.
Die Einf ührung neuer Funktionszeichen beschreiben wir in einem Satz.

In T sei beweisbar, daß  eine Funktion definiert, also Satz 8.1

T  ∀x1 , . . . , xn ∃ ! x0(x0, . . . , xn).

Sei f ein neues n–stelliges Funktionszeichen und L = L ∪ {f }. Dann ist die


L –Theorie

T  = T ∪ ∀x1 , . . . , xn(f (x1 , . . . , xn ), x1, . . . , xn )

eine konservative Erweiterung von T. Darüberhinaus gibt es zu jeder L –Formel


eine L–Formel ∗ mit T   ↔ ∗ .

Beweis. Ein T–Modell A läßt sich (in genau einer Weise) zu einem T  –Modell er-
weitern,indem man f durch die Funktion interpretiert,die a1, . . . , an das a0 zuordnet,
f ür das A | [a0 , . . . , an ]. Daraus folgt, daß T  eine konservative Erweiterung ist.
Die Übersetzung ∗ definiert man leicht rekursiv über den Aufbau von . Etwas
schwerer ist nur der Fall, daß eine Primformel ist. Sei also zum Beispiel =
R(t1 , t2 ). Wenn f zum Beispiel in t1 vorkommt, schreiben wir

t1 = s0 (f (s1, . . . , sn))

f ür L –Terme s0 , . . . , sn und setzen



 
= ∃x0 (x0 , s1, . . . , sn) ∧ R(s0(x0), t2 )∗ .

Satz 8.1 ist auch sinnvoll f ür n = 0. Wir f ühren dann allerdings kein Funktions-
zeichen sondern eine neue Konstante ein.

Eine Erweiterung einer Theorie durch definierte Relationszeichen, Funktions- Definition


zeichen und Konstanten heißt definitorische Erweiterung.

Man kann leicht zeigen, daß konservative Erweiterungen T  , f ür die jede
L –Formel zu einer L–Formel T  –beweisbar äquivalent ist, definitorisch sind (Auf-


gabe 35).
48 II Mengenlehre

Beispiel Relationszeichen:8 x ⊂ y f:a → b


Funktionszeichen: {z ∈ x | (z, y1 , . . . , yn )} x∪ y x∩y
x\y y P(y)
{x, y} {y1 , . . . , yn } (x, y)
x×y dom(R) Im(R)
R−1 f (x) f [x]
f y
Konstantenzeichen: ∅

Folgerung Aussonderungsaxiom und Ersetzungsaxiom bleiben gültig, wenn  neu ein-


gef ührte Relationszeichen, Funktionszeichen und Konstanten enthält.

In unserer Mengenlehre sind die Elemente von Mengen wieder Mengen. Dem-
gemäß sind die einzigen Mengen, die wir konkret angeben können, letztlich aus der
leeren Mengen aufgebaut: ∅, {∅, {∅}}, usw. Wir nennen eine aus der leeren Menge
aufgebaute Menge fundiert. Die folgende Definition ist noch unpräzise, weil wir den
Begriff der unendlichen Folge noch nicht haben.

Definition (informell). Eine Menge x heißt fundiert, wenn jede bei x anfangende abstei-
gende ∈–Kette
x  y0  y1  . . .
nach endlich vielen Schritten abbricht.

Das Fundierungsaxiom drückt aus, daß jede Menge fundiert ist:

Axiom (Fundierung).
. .
∀x(¬ x = ∅ → ∃z  x z ∩ x = ∅).

Das läßt sich (informell9) folgendermaßen einsehen: Wenn x das Axiom nicht
erf üllt, hat jedes Element von x ein Element, das wieder zu x gehört. Man findet
also (mit dem Auswahlaxiom) eine unendliche ∈–Kette von Elementen von x. Wenn
umgekehrt y0  y1 . . . eine unendliche ∈–Kette ist, verletzt x = {y0 , y1 , . . .} das
Fundierungsaxiom.

Folgerung Eine Menge kann sich nicht selbst als Element enthalten.

Daraus ergibt sich ein zweiter Beweis daf ür, daß V keine Menge ist. Sonst wäre
nämlich V ∈ V .

8 Für Funktionen a → b verwenden wir das gleiche Zeichen wie für die Implikation!
9 Man kann diese Schlußweise erst präzise machen,wenn im nächsten Abschnitt die natürlichen Zahlen

eingeführt sind.
8 Die Axiome 49
Es gibt drei Rechtfertigungen f ür die Annahme des Fundierungsaxioms:

1. Unheimliche Mengen, wie solche, die sich selbst als Element enthalten, werden
ausgeschlossen.
2. Man kann mit Hilfe der übrigen Axiome zeigen, daß es zu jeder Menge eine
Bijektion mit einer fundierten Menge gibt. Fundierte Mengen genügen also, um
Mathematik zu betreiben.

E) ein Modell
3. Sei (M,  aller Axiome von ZFC
 bis auf das Fundierungsaxiom. Setze
N = m ∈ M  (M, E) | m ist fundiert . Dann ist (N, E ∩ N 2 ) ein Modell von
ZFC, das zusätzlich das Fundierungsaxiom erf üllt.

Die letzten beiden Axiome diskutieren wir in den nächsten Abschnitten.

Axiom (Unendlichkeit).
 
∃x ∅  x ∧ ∀z  x z ∪ {z}  x .

Axiom (Auswahl).
 
∀x ¬ ∅  x → ∃f : x → V ∀z  x f (z)  z .

Übungsaufgaben
Aufgabe 35. Sei T  eine konservative Erweiterung von T und jede L –Formel zu einer
L–Formel T  –beweisbar äquivalent. Dann ist T  äquivalent zu einer definitorischen
Erweiterung von T.(Zwei Theorien heißen äquivalent,wenn sie die gleichen Modelle
haben.)

Aufgabe 36. Zeigen Sie, daß das Paarmengenaxiom aus dem Ersetzungsaxiom, dem
Potenzmengenaxiom und der Existenz der leeren Menge folgt.

Aufgabe 37. Sei P<w (N) die Menge der endlichen Teilmengen von N und ˇ: N →
P<w (N) eine Bijektion. Definieren Sie mEˇ n ⇐⇒ m ∈ ˇ(n) und betrachten Sie die
LMe –Struktur (N, Eˇ ).

1. Welche Axiome von ZFC gelten in (N, Eˇ )?


2. Für die Bijektion

ˇ(2n1 + · · · + +2nk ) = {n1 , . . . , nk } (paarweise verschiedene ni )

ist (N, Eˇ ) fundiert: es gibt keine unendliche absteigendende Kette

n0 Eˇ n−1 Eˇ n−2 Eˇ n−3 · · · .

3. Geben Sie ein ˇ an, f ür das (N, Eˇ ) nicht das Fundierungsaxiom erf üllt.
50 II Mengenlehre

4. Geben Sie ein ˇ an, f ür das (N, Eˇ ) nicht fundiert ist aber trotzdem das Fundie-
rungsaxiom erf üllt.
Hinweis: Ersetzen Sie N durch Z und finde eine geeignete Bijektion ˇ: Z → P<! (Z) mit
m ∈ ˇ(n) ⇒ m < n.
5. Zeigen Sie, daß alle fundierten (N, Eˇ ) isomorph sind.

Aufgabe 38. Wenn ZFC konsistent ist, hat ZFC ein Modell, das nicht fundiert ist.
Hinweis: Verwenden Sie die Tatsache, daß es beliebig lange endliche ∈–Ketten gibt, und den
Kompaktheitssatz.
9 Die natürlichen Zahlen 51
 9
Die natürlichen Zahlen
Die rekursive Definition 
n = 0, 1, . . . , n − 1
ordnet jeder natürlichen Zahl n eine Menge n zu. Es ist zum Beispiel

0=∅
1 = {∅}
2 = {∅, {∅}}
3 = {∅, {∅}, {∅, {∅}}}.

Wir schreiben im folgenden s(x) f ür den Nachfolger x ∪ {x} von x. In ZFC ist dann
f ür alle n beweisbar, daß
n + 1 = s(n).
Man zeigt leicht durch Induktion:

Wenn m < n ist . Lemma


ZFC  ¬ m = n.

Für alle n, m ist Folgerung


m < n ⇒ ZFC  m  n
m ≥ n ⇒ ZFC  ¬ m  n

Weil wir noch nicht wissen, wie man rekursive Definitionen in ZFC formalisiert,
ist dadurch der formale Begriff natürliche Zahl noch nicht definiert. Wir brauchen
dazu:

Sei < eine Relation auf a (also eine Teilmenge von a × a). Definition
1. < ist eine partielle Ordnung , wenn
a) < irreflexiv ist: ¬ x < x f ür alle x ∈ a.
b) < transitiv ist: x < y ∧ y < z → x < z f ür alle x, y, z ∈ a.

2. Eine partielle Ordnung < auf a heißt linear, wenn f ür alle x, y ∈ a
.
x < y ∨ x = y ∨ y < x.

Eine Menge x heißt transitiv, wenn alle ihre Element auch Teilmengen sind: Definition

z  y  x → z  x.

x ist genau dann transitiv, wenn x ⊂ x.
52 II Mengenlehre

Definition x heißt natürliche Zahl, wenn

1. x transitiv ist,
2. ∈ eine lineare Ordnung auf x definiert
3. und jede nicht–leere Teilmenge von x bezüglich dieser Ordnung ein kleinstes
und ein größtes Element besitzt.

Daß jede nicht–leere Teilmenge von x ein bezüglich ∈ minimales Element hat,
folgt schon aus dem Fundierungsaxiom und braucht in der Definition nicht eigens
gefordert zu werden. Wir haben diese Bedingung einerseits aufgenommen, weil eine
Menge mit einer linearen Ordnung genau dann endlich (siehe S. 59) ist, wenn jede
nicht–leere Teilmenge ein kleinstes und ein größtes Element hat. Andererseits hat
man so auch in Abwesenheit des Fundierungsaxioms die richtige Definition.
∈ ist schon eine lineare Ordnung von x, wenn die Elemente von x bezüglich ∈
vergleichbar sind. Denn ∈ ist irreflexiv nach dem Fundierungsaxiom. ∈ ist transitiv
auf x, weil a ∈ b ∈ c ∈ x zur Folge hat, daß a = c und c ∈ a und daher a ∈ c.

Lemma 9.1 In ZFC ist beweisbar:

1. Elemente einer natürlichen Zahl sind natürliche Zahlen.


2. 0 ist eine natürliche Zahl. Wenn x eine natürliche Zahl ist, ist auch s(x) eine
natürliche Zahl.
3. Jede natürliche Zahl = 0 hat die Form s(y) f ür eine natürliche Zahl y.

2. impliziert, daß alle n natürliche Zahlen sind.Aus 3. folgt (informell), daß man jede
natürliche Zahl aus ∅ mit endlichen vielen Anwendungen der Operation s gewinnen
kann.

Beweis. 1: Sei x eine natürliche Zahl und y ein Element von x. ∈ ordnet y ebenfalls
linear und jede nicht–leere Teilmenge von y hat bezüglich ∈ ein kleinstes und ein
größtes Element. Zu zeigen bleibt, daß y transitiv ist. Das folgt aber sofort aus der
Transitivität von ∈ auf x.
2: Leicht.
3: Wenn die natürliche Zahl x nicht leer ist, hat x ein ∈–größtes Element y. Es ist also
.
x = {z | z ∈ y ∨ z = y} = s(y).

Wir bezeichnen mit ! die Klasse der natürlichen Zahlen.

Lemma ! ist eine Menge.

Beweis. Sei x eine Menge wie im Unendlichkeitsaxiom. Wir zeigen, daß ! eine
Teilmenge von x ist. Die Behauptung folgt dann aus dem Aussonderungsaxiom.
Nehmen wir an, es gäbe ein a aus ! \ x. Sei b das kleinste Element von s(a), das
nicht zu x gehört. Dann sind alle Elemente von b (die ja selbst wieder zu ! gehören)
9 Die natürlichen Zahlen 53
Elemente von x. Weil b ∈ x, ist b nicht leer. Also hat b die Form s(c). Dann ist c ∈ x,
woraus aber auch b ∈ x folgt. Ein Widerspruch.

Aus dem Beweis folgt

Induktion. Eine Menge von natürlichen Zahlen, die 0 enthält und unter s Folgerung
abgeschlossen ist, besteht aus allen natürlichen Zahlen.

Wir schreiben < f ür die ∈–Relation zwischen natürlichen Zahlen.

1. < ist eine lineare Ordnung auf !. Jede nicht–leere Teilmenge von ! hat ein Lemma
kleinstes Element.
2. Für alle n ∈ ! ist s(n) der unmittelbare Nachfolger, von n, also die kleinste
Zahl größer als n.
3. Alle n > 0 haben einen unmittelbaren Vorgänger.

1. besagt, daß < eine Wohlordnung auf ! ist.

Beweis. Alle Aussagen sind leicht zu beweisen, außer der Vergleichbarkeit von je
zwei natürlichen Zahlen. Sei also m ∈ ! festgehalten. Wir zeigen durch Induktion,
daß alle n ∈ ! mit m vergleichbar sind.
Zuerst müssen wir zeigen, daß 0 mit m vergleichbar ist. Wenn m = 0, hat m ein
kleinstes Element m0 . Weil die Elemente von m0 auch Elemente von m sind, muß
m0 = 0 sein.
Jetzt nehmen wir an, daß n mit m vergleichbar ist, und zeigen, daß auch s(n) mit m
vergleichbar ist. Das ist klar, wenn m ≤ n10 . Wenn n < m, sei n0 der unmittelbare
Nachfolger von n in der linearen Ordnung von s(m). Es ist also n0 ≤ m und die
Elemente von n0 sind genau die Elemente von n und n selbst.Das heißt aber n0 = s(n)
und daher s(n) ≤ m.

Um + und · definieren zu können, brauchen wir den Rekursionssatz f ür !.

Rekursionssatz. Seien zwei Funktionen g: A → B und h: A × ! × B → B Satz


gegeben. Dann existiert ein, eindeutig bestimmtes, f : A × ! → B mit

f (a, 0) = g(a)
f (a, s(n)) = h(a, n, f (a, n))

f ür alle a ∈ A und n ∈ !.

Beweis. Wir halten a ∈ A fest. Man zeigt leicht durch Induktion über m, daß es f ür
alle m ∈ ! genau ein f  : s(m) → B gibt mit (a, m, f  ), wobei
 . . 
(a, m, f  ) = f (0) = g(a) ∧ ∀n < m f (s(n)) = h(a, n, f  (n)) .
.
10 Hier und später ist x ≤ y eine Abkürzung für x < y ∨ x = y.
54 II Mengenlehre

Wir definieren jetzt


 . 
f = (a, m, b) ∈ (A × ! × B)  ∃f  (a, m, f  ) ∧ f  (m) = b .

Definition Addition +: ! × ! → ! und Multiplikation ·: ! × ! → ! werden definiert


durch die Rekursionsgleichungen

a+0=a
a + s(n) = s(a + n)
a·0=0
a · s(n) = (a · n) + a.

Rechenregeln wie
m+n = n+m
beweist man leicht durch Induktion (siehe Aufgabe 39).

Übungsaufgaben
Aufgabe 39. Zeigen Sie in ZFC, daß (!, +, ·) ein unitärer kommutativer Halbring ist.
Das heißt, daß die Körperaxiome Nr. 1, 2, 4, 5, 6, 7, 8 der Seite 5 gelten.

Aufgabe 40. Sei M ein Modell von ZFC. Ein Element a von M heißt nichtstandard
.
natürliche Zahl, wenn M | a  !, aber M | ¬ a = n f ür alle n = 0, 1, . . ..
Zeigen Sie:
1. Wenn ZFC konsistent ist, gibt es ein Modell mit nichtstandard natürlichen Zahlen.
2. Es gibt in M keine kleinste nichtstandard natürliche Zahl.

Aufgabe 41. Beweisen Sie den Satz von Schröder11-Bernstein12 : Seien f : A → B und
g: B → A Injektionen. Dann gibt es eine Bijektion h: B → A.
Hinweis: Wir können annehmen, daß A eine Teilmenge von B und f die Inklusionsabbildung
ist. Sei C = {g n (x) | n ∈ !, x ∈ B \ A}. Setze h(c) = g(c) für c ∈ C und h(y) = y für y ∈ B \ C.
Der Satz von Schröder–Bernstein folgt sofort aus Lemma 10.3, das (in der Defini-
tion der Mächtigkeit) das Auswahlaxiom verwendet. Der hier vorgeschlagene Beweis
kommt ohne das Auswahlaxiom aus.

11 Ernst Schröder (1841-1902) Karlsruhe. Funktionentheorie, Mathematische Logik


12 Felix Bernstein (1878-1956) Göttingen. Mengenlehre, Statistik
10 Ordinalzahlen und Kardinalzahlen 55
 10
Ordinalzahlen und Kardinalzahlen

Eine Ordinalzahl ist eine transitive Menge, die durch ∈ linear geordnet wird. Definition

Alle natürlichen Zahlen und ! selbst sind Ordinalzahlen. Wir bezeichnen mit
On die Klasse der Ordinalzahlen.

1. On wird durch ∈ linear geordnet. (Wir nennen diese lineare Ordnung < .) Lemma
2. Jede nicht–leere Teilklasse von On hat ein minimales Element.
3. Jede Ordinalzahl ˛ ist die Menge ihrer Vorgänger:

˛ = {ˇ ∈ On | ˇ < ˛}.

4. On ist keine Menge.

Beweis. Sei S  ˛ ein echtes Anfangsstück (d.h. x < y ∈ S → y ∈ S) von ˛ und


ˇ ∈ ˛ das kleinste Element von ˛ \ S. Dann ist offensichtlich ˇ = S. Wenn nun ˛
und ˇ zwei Ordinalzahlen sind, ist S = ˛ ∩ ˇ ein Anfangsstück von ˛ und ˇ. S kann
nicht sowohl von ˛ als auch von ˇ verschieden sein, weil sonst S selbst ein Element
von ˛ und ˇ sein müßte. Wenn aber S = ˛, ist ˛ ≤ ˇ, und wenn S = ˇ, ist ˇ ≤ ˛.
Daraus folgt, daß alle Ordinalzahlen vergleichbar sind. Wie auf Seite 52 folgt, daß ∈
die Klasse aller Ordinalzahlen linear ordnet.
Daß jede nicht–leere Teilklasse von On ein minimales Element hat, folgt sofort aus
dem Fundierungsaxiom.
3. bedeutet lediglich, daß Ordinalzahlen aus Ordinalzahlen bestehen. Das zeigt man
aber wie Lemma 9.1.1.
Wenn On ein Menge wäre, wäre On selbst eine Ordinalzahl und müßte sich selbst als
Element enthalten.

Aus 2. folgt ein Induktionsprinzip: Eine Teilklasse U von On enthält alle Ordinal-
zahlen, wenn f ür alle ˛
˛ ⊂ U → ˛ ∈ U.
Eine Ordinalzahl der Form s(˛) heißt Nachfolgerzahl. Man schreibt auch ˛ + 1
f ür den Nachfolger von ˛. Eine Ordinalzahl > 0, die keine Nachfolgerzahl ist, heißt
Limeszahl.

Eine Klasse A ist ein System {x | (x, a)} von Mengen, die eine Formel (x, a),
mit festgehaltenen Parametern a = a1 , . . . , an , erf üllen. Das Aussonderungsaxiom
besagt, daß der Durchschnitt einer Menge mit einer Klasse wieder eine Menge ist.
Ein Funktional F: A → V ist eine funktionale Klasse von Paaren aus A × V. Es
ist also ∀x ∈ A ∃ ! y (x, y) ∈ F. Vergleiche die Diskussion des Ersetzungsaxioms auf
Seite 46.
56 II Mengenlehre

Satz Rekursionssatz. Zu jedem Funktional G: V → V kann man ein Funktional


F: On → V angeben, sodaß f ür alle ˛ ∈ On

F(˛) = G(F  ˛).

Beweis. Wir zeigen zuerst, daß es f ür alle ˇ genau eine Funktion f : ˇ → V gibt, die
f ür alle ˛ ∈ ˇ die Rekursionsgleichung erf üllt.
Zuerst die Eindeutigkeit: Wenn es ein anderes f  : ˇ → V gibt, gibt es ein kleinstes
˛ < ˇ mit f (˛) = f  (˛). Aus f  ˛ = f   ˛ folgt aber f (˛) = f  (˛).
Wir zeigen die Existenz durch Induktion über ˇ. Nehmen wir also an, daß die Be-
hauptung schon f ür alle ˇ  < ˇ gezeigt ist. Es gibt drei Fälle:

1. ˇ = 0. Wir setzen f = ∅.
2. ˇ = ˇ  + 1. Wir wählen ein f  : ˇ  → V, das die Rekursionsgleichung erf üllt und
setzen f = f  ∪ (ˇ  , G(f  )) .
3. ˇ ist eine Limeszahl. Nach dem Ersetzungsaxiom ist

X = {f  : ˇ  → V | ˇ  < ˇ, f  erf üllt die Rekursionsgleichung.}

 
 weil die f eindeutig durch ˇ bestimmt sind. Aus demselben Grund
eine Menge,
ist f = X eine Funktion.

Schließlich setzen wir



F = {f : ˇ → V | ˇ ∈ On, f erf üllt die Rekursionsgleichung}.

Wenn wir V˛ definieren durch

V0 = ∅
V˛+1 = P(V ˛ )

V
= V˛ ,
Limeszahl,
˛<

erhalten wir die von Neumann13-Hierarchie. Man zeigt leicht, daß



V= V˛ .
˛∈On

V! besteht gerade aus den erblich endlichen Mengen: Eine Menge heißt erblich
endlich, wenn sie in einer endlichen (siehe S. 59) transitiven Menge enthalten ist.
Ordinalzahlen werden durch < wohlgeordnet. Das folgende Lemma besagt, daß
Ordinalzahlen Wohlordnungstypen sind.

Lemma 10.1 Jede Wohlordnung ist zu genau einer Ordinalzahl isomorph.

13 John von Neumann (1903-1957) Princeton (USA). Mathematische Logik, Spieltheorie, Quantenme-

chanik
10 Ordinalzahlen und Kardinalzahlen 57
Beweis. Sei (a, <) eine Wohlordnung. Wir suchen eine Ordinalzahl ˛ und eine Bi-
jektion f : ˛ → a, die ordnungstreu ist:

x < y ⇔ f (x) < f (y).

Sei ∗ eine Menge, die nicht zu a gehört, zum Beispiel ∗ = a. Wir definieren

F: On → a ∪ {∗}

durch 
min(a \ F[ˇ]) wenn a ⊂ F[ˇ]
F(ˇ) =
∗ sonst.
Wenn ∗ nicht im Bild von F vorkäme, wäre F eine ordnungstreue Abbildung von
On nach a und daher injektiv. Dann wäre aber On = F −1 [a] eine Menge nach dem
Ersetzungsaxiom.
Sei ˛ die kleinste Ordinalzahl, f ür die F(˛) = ∗. Dann ist f = F  ˛ die gesuchte
Bijektion.
˛ ist eindeutig bestimmt. Denn sei f  : ˛  → a ein zweiter Isomorphismus. Dann
erf üllt F  = f  ∪ {(ˇ, ∗) | ˛ ≤ ˇ} die gleiche Rekursionsgleichung und es folgt F  = F
und ˛  = ˛.

Aus dem Beweis folgt, daß nicht nur ˛ sondern auch der Isomorphismus zwischen
a und ˛ eindeutig bestimmt ist.
Eine Funktion f : x → V mit f (z) ∈ z f ür alle z ∈ x heißt Auswahlfunktion. Das
Auswahlaxiom sagt, daß jede Menge x von nicht–leeren Mengen eine Auswahlfunk-
tion besitzt. Wenn x eine Wohlordnung besitzt, existiert eine Auswahlfunktion,
ohne daß man das Auswahlaxiom annehmen muß. Man setzt einfach f (z) = min(z).
Umgekehrt folgt aus dem Auswahlaxiom der

Wohlordnungssatz. Jede Menge hat eine Wohlordnung. Satz

Beweis. Sei a eine Menge und ∗ ∈


a. Man wählt eine Auswahlfunktion g: P(a) \
{∅} → a. Definiere
F: On → a ∪ {∗}
durch 
g(a \ F[ˇ]) wenn a ⊂ F[ˇ]
F(ˇ) =
∗ sonst.
Wie im Beweis von Lemma 10.1 sieht man, daß es ein ˛ gibt, f ür das f = F  ˛ eine
Bijektion zwischen ˛ und a ist. Diese Bijektion transportiert die Wohlordnung von
˛ auf a: Wir setzen
x < y ⇔ f −1 (x) < f −1 (y).

Aus dem Auswahlaxiom folgt auch das Zornsche Lemma, das wie der Wohlord-
nungssatz zum Auswahlaxiom äquivalent ist.
58 II Mengenlehre

Satz 10.2 Zornsches14 Lemma. Sei (A, <) eine partielle Ordnung, in der jede linear ge-
ordnete Teilmenge K eine obere Schranke s besitzt.Dann besitzt A ein maximales
Element m.

Eine (echte) obere Schranke von K ist ein Element s mit a ≤ s (a < s) f ür alle
a ∈ K. Ein Element m heißt maximales Element von A, wenn A kein Element enthält,
das größer als m ist.

Beweis. Das Auswahlaxiom liefert uns ein Funktional G, das jeder Teilmenge von A,
die eine echte obere Schranke hat, eine echte obere Schranke zuordnet und das sonst
den Wert ∗ hat. Wir definieren

F: On → A ∪ {∗}

durch
F(ˇ) = G(F[ˇ]).
Wenn F den Wert ∗ nicht annehmen würde, wäre F eine ordnungstreue Abbildung
von On nach A, was nicht geht. Sei ˛ minimal mit F(˛) = ∗. Dann ist K = F[˛] eine
linear geordnete Teilmenge von A, die keine echte obere Schranke hat. Sei m eine
obere Schranke (und damit größtes Element) von K. Dann ist m maximal in A.

Definition Zwei Mengen a und b heißen gleichmächtig (in Zeichen a ∼ b), wenn es eine
Bijektion zwischen a und b gibt.
Mit der Schreibweise a  b drücken wir aus, daß es eine Injektion f : a → b gibt.

a  b bedeutet, daß a gleichmächtig mit einer Teilmenge von b ist. Man überlegt
leicht, daß a  b genau dann gilt, wenn a leer ist oder wenn es eine surjektive
Abbildung von b nach a gibt.
Aus dem Wohlordnungssatz folgt, daß jede Menge gleichmächtig zu einer Ordi-
nalzahl ist.

Definition Die Mächtigkeit |a| einer Menge a ist die kleinste Ordinalzahl, die gleichmächtig
zu a ist:
|a| = min{˛ ∈ On | ˛ ∼ a}

Lemma 10.3 (1) a ∼ b ⇔ |a| = |b|


(2) a  b ⇔ |a| ≤ |b|.

Beweis. (1) folgt sofort aus der Tatsache, daß ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Die
Richtung „⇐“ von (2) folgt aus ˇ ≤ ˛ ⇒ ˇ ⊂ ˛. Die Umkehrung folgt aus dem
nächsten Hilfssatz.
14 Max August Zorn (1906-1993) Bloomington (Indiana, USA). Algebra, Mengenlehre
10 Ordinalzahlen und Kardinalzahlen 59
Sei ˛ eine Ordinalzahl und S eine Teilmenge von ˛. Dann ist der Ordnungstyp Hilfssatz 10.4
von S (mit der induzierten Wohlordnung) nicht größer als ˛.

Beweis. Wir zeigen durch Induktion über ˇ: Wenn es eine ordnungstreue Funktion
f : ˇ → ˛ (z.B. mit Bildbereich S) gibt, ist ˇ ≤ ˛: Sei die Behauptung f ür alle ˇ  < ˇ
bewiesen. Dann folgt ˇ  ≤ f (ˇ  ) < ˛ f ür alle ˇ  < ˇ. Daraus folgt ˇ ≤ ˛.

Wir nennen ˛ eine Kardinalzahl, wenn ˛ = |˛|. Die Mächtigkeit einer Menge ist
immer eine Kardinalzahl.

Alle natürlichen Zahlen und ! sind Kardinalzahlen. Lemma

Beweis. Wir zeigen durch Induktion über n, daß n ∼ m ⇒ n = m f ür alle m ∈ !.


Das ist klar f ür n = 0. Sei f : n + 1 → m eine Bijektion. Weil m nicht 0 sein kann, ist
m = m + 1.Wenn f (n) = m, ist f  n eine Bijektion zwischen n und m.Wir schließen
n = m und daraus n + 1 = m . Sonst sei f (x) = m f ür ein x < n. Dann ist die Funktion

f (n) wenn z = x
g(z) =
z sonst

eine Bijektion zwischen n und m.

Aus n  ! folgt n = |n| ≤ |!|. Also ist |!| größer als alle n < !. Es folgt
|!| = !.

Eine Menge a heißt endlich, wenn |a| < !. Wenn |a| = !, heißt a abzählbar.

   
Cantor. a < P(a) Satz

Beweis. Sei f : a → P(a) eine Abbildung. Die Menge

b = {x ∈ a | x ∈ f (x)}

kann nicht im Bild von f liegen. Es gibt also keine Surjektion von a nach P(a).

Es folgt,daß es keine größte Kardinalzahl gibt.Man bezeichnet mit + die kleinste


Kardinalzahl,
 die größer als ist – die Nachfolgerkardinalzahl von . Es ist ! + ≤
P(!). Die Aussage
 
! + = P(!)
ist die Kontinuumshypothese (CH), auf Englisch continuum hypothesis. Wenn ZFC
widerspruchsfrei ist, kann CH weder bewiesen noch widerlegt werden. Siehe dazu
die Originalartikel [12], [4] und das Lehrbuch [19].
Man zeigt leicht durch Induktion, daß f ür disjunkte endliche Mengen
     
a ∪ b = a + b.
60 II Mengenlehre

Daraus folgt (wiederum durch Induktion), daß


 
 m × n = m · n

f ür alle m, n ∈ !.

Satz Wenn a unendlich ist, ist    


a × a = a

Beweis. Wir f ühren den Beweis nur f ür abzählbare a. Den allgemeinen Fall beweist
man ähnlich (durch Induktion über |a|).
Die lexikographische Ordnung

⎪ 
⎨l < l oder
(l, m, n) < (l , m , n) ⇐⇒ l = l , m < m oder


l = l, m = m , n < n

auf ! × ! × ! ist eine Wohlordnung. Wir definieren eine Wohlordnung von ! × !


durch
   
(m, n) < (m , n) ⇐⇒ max(m, n), m, n < max(m , n), m , n .

Sei l = max(m, n) + 1. Dann sind alle Vorgänger von (m, n) in l × l enthalten. Es


gibt also nur endlich
 viele (nämlich
 höchstens l · l) Vorgänger. Daraus
 folgt,
 daß der
Ordnungstyp von !×!, < nicht größer als ! sein kann.Also ist !×!  = !.

Übungsaufgaben
Aufgabe 42. Zeigen Sie, daß das Auswahlaxiom aus dem Zornschen Lemma folgt.
Hinweis: Sei x eine Menge von nicht–leeren Mengen. Betrachte eine maximale partielle Aus-
wahlfunktion.

Aufgabe 43. Zeigen Sie, daß die Menge der reellen Zahlen und die Potenzmenge von
! gleichmächtig sind.
Aufgabe 44. Geben Sie eine Bijektion zwischen P(!) × P(!) und P(!) an.
Aufgabe 45. Für eine Menge A von Ordinalzahlen sei sup˛∈A ˛ das Supremum von A,
also die kleinste obere Schranke von A in On.Wir definieren auf Addition,Multiplika-
tion und Exponentiation von Ordinalzahlen durch folgende Rekursionsvorschriften:
(
ist immer eine Limeszahl)

˛ +0 = ˛ ˛ + (ˇ + 1) = (˛ + ˇ) + 1 ˛ +
= sup ˛ + ˇ
ˇ<

˛ ·0 = ˛ ˛ · (ˇ + 1) = (˛ · ˇ) + ˛ ˛ ·
= sup ˛ · ˇ
ˇ<

ˇ+1 ˇ
˛ =1
0
˛ =˛ ·˛ ˛ = sup ˛ ˇ

ˇ<

10 Ordinalzahlen und Kardinalzahlen 61


Zeigen Sie den Satz über die Cantorsche Normalform: Jede Ordinalzahl läßt sich auf
eindeutige Weise schreiben als

! ˛1 · n 1 + . . . + ! ˛k · n k

f ür natürliche Zahlen ni > 0 und Ordinalzahlen ˛1 > . . . > ˛k .

Aufgabe 46. Zeigen Sie, daß es eine kleinste Ordinalzahl "0 gibt mit ! "0 = "0 . Zeigen
Sie, daß sich jede Ordinalzahl unterhalb von "0 durch einen Ausdruck beschreiben
läßt, der sich aus der Konstanten 0 und den Funktionen x + y, x · y und ! x aufbaut.

Aufgabe 47. Sei n ≥ 2  eine natürliche Zahl. Definieredie Funktion Sn : N → N durch


Sn (0) = 0 und Sn (x) = i<k (n + 1)Sn (i) ai , wobei x = i<k ni ai , ai < n, die n–adische
Darstellung von x ist. Eine Goodsteinfolge15 ist eine Folge x0 , x1, . . . von natürlichen
Zahlen, die die Rekursionsvorschrift xn+1 = Sn+2 (xn) −. 1 erf üllen. Beweisen Sie den
Satz von Goodstein [13]:
Für jede Goodsteinfolge existiert ein n mit 0 = xn = xn+1 = . . ..
  
Hinweis: Definieren Sie Sn : N → "0 durch Sn (0) = 0 und Sn ( i<k ni ai ) = i<k !Sn (i) ai . Setze

F(n) = Sn+2 (xn ). Wenn xn = 0, ist F(n + 1) < F(n).

15 Reuben Louis Goodstein (1912-1985) Leicester (England). Mathematische Logik


62 II Mengenlehre

 11
Metamathematik von ZFC
Wir ordnen jeder LMe –Formel eine Konstante   in einer definitorischen Erwei-
terung von ZFC zu (siehe Satz 8.1).Zunächst ordnen wir allen Zeichen einen Term zu:
.
= = (0, 0)
∧ = (0, 1)
¬  = (0, 2)
( = (0, 3)
) = (0, 4)
∃ = (0, 5)
 = (0, 6)
v0  = (1, 0)
v1  = (1, 1)
... = ...

Für eine Formel = 0 1 . . . n−1 der Länge n setzen wir


   
  = 0,  0 , . . . , n−1,  n−1  .

Die Notation wird nur in diesem Abschnitt verwendet. In Abschnitt 15 ordnen


wir Formeln einer beliebigen endlichen Sprache eine natürliche Zahl zu, die
Gödelnummer von , die wir wieder mit   bezeichnen. Man beachte, daß alle
 erblich endlich sind (siehe Seite 56).

Satz 11.1 Fixpunktsatz. Für jede LMe –Formel £(x) gibt es eine Aussage  mit

ZFC   ←→ £().

Beweis. Wir meinen mit () eigentlich die LMe –Aussage, die in der definitori-
schen Erweiterung von ZFC zu () äquivalent ist (siehe 8.1). Wir brauchen das
folgende Lemma:

Lemma Es gibt eine in ZFC definierbare Funktion Sub mit


.
ZFC   () = Sub( , )

f ür alle LMe –Formeln (x) und .

Beweis. Sub beschreibt einfach die Einsetzung in Formeln.16


16 Man sieht leicht, daß man Sub(x, y) = z durch eine Formel der Form (x, y, z) = ∃w (w ∈

V! ∧ ı(w, x, y, z)) definieren kann, wobei alle Quantoren in ı nur in beschränkter Form vorkommen,
also als ∃u(u  v ∧ . . .) oder ∀u(u  v → . . .). Wenn eine solche Formel auf konkret gegebene erblich
endliche Mengen zutrifft, ist das auch in ZFC beweisbar. (Vergleiche Satz 18.2 und Lemma 18.5.)
11 Metamathematik von ZFC 63
Sei nun (v0 ) die LMe –Formel die zu £(Sub(v0 , v0 )) äquivalent ist. Dann sind in ZFC
die folgenden Aussagen äquivalent:

( ) ∼ £(Sub( ,  )) ∼ £( ( )).

Wenn man jetzt  = ( ) setzt, ergibt sich der Fixpunktsatz.

Der folgende Satz von Tarski behauptet die Unmöglichkeit einer Wahrheitsdefi-
nition in ZFC.

Tarskis Satz über die Wahrheitsdefinition. Wenn ZFC widerspruchsfrei ist, Folgerung
gibt es keine Formel W(x), so daß f ür alle Aussagen 

ZFC   ←→ W().

Beweis. Wähle ein  mit ZFC   ←→ ¬ W().

Das Beweisbarkeitsprädikat
Sei Bew(x) die Formel, die (in ZFC) ausdrückt, daß x eine in ZFC beweisbare Aussage
ist. Es ist einleuchtend, daß Bew(x) die folgenden Loeb17 –Axiome erf üllt:

L1 ZFC   ⇒ ZFC  Bew()


L2 ZFC  Bew() ∧ Bew( → ) → Bew( )
 
L3 ZFC  Bew() → Bew Bew() .

Man beachte, daß L3 gilt, weil L1 in ZFC beweisbar ist. Tatsächlich ist die Gültigkeit
von L3 nicht einfach zu zeigen. Für das Beweisbarkeitsprädikat der Peanoarithmetik
geben wir einen ausf ührlichen Beweis im Abschnitt 20.

(11.1) ZFC   → ⇒ ZFC  Bew() → Bew( ) Folgerung 11.2


(11.2) ZFC  Bew( ∧ ) ←→ (Bew() ∧ Bew( )).

Beweis. (11.1): Aus ZFC   → folgt ZFC  Bew( → ) wegen L1, und
daraus, mit L2, die Behauptung ZFC  Bew() → Bew( ).
(11.2): ZFC  Bew( ∧ ) → Bew() und ZFC  Bew( ∧ ) → Bew( )
folgen sofort aus (11.1). Aus (11.1) folgt auch

ZFC  Bew() → Bew( → ( ∧ )).

Wegen L2 ist

ZFC  Bew( ) ∧ Bew( → ( ∧ )) → Bew( ∧ ).

Daraus folgt (Bew() ∧ Bew( )) → Bew( ∧ ).


17 Martin Hugo Loeb (1921-2006) Leeds (England). Beweistheorie, Rekursionstheorie
64 II Mengenlehre
.
Sei F eine Formel, deren Negation allgemeingültig ist, z.B. ¬ 0 = 0. Die Aussage

CONZFC = ¬ Bew(F)

drückt dann die Konsistenz von ZFC aus.

Satz Zweiter Gödelscher Unvollständigkeitssatz für ZFC. Wenn ZFC konsistent ist,
ist CONZFC in ZFC unbeweisbar.

Beweis. Natürlich folgt aus der Unbeweisbarkeit von CONZFC die Konsistenz von
ZFC. Wenn wir den Satz (natürlich in ZFC) bewiesen haben, haben wir also gezeigt,
daß
ZFC  CONZFC ←→ ¬ Bew(CONZFC ).
Wir beginnen daher mit einer Formel , die

(11.3) ZFC   ←→ ¬ Bew()

erf üllt. Wir zeigen zuerst, daß tatsächlich18

(11.4) ZFC   ←→ CONZFC .

Zunächst folgt aus ZFC  F →  und (11.1), daß ZFC  Bew(F) → Bew().
Also ist ZFC   → CONZFC .
Dann folgt aus ZFC   → ¬ Bew(), daß

ZFC  Bew() → Bew(¬ Bew()).

Zusammen mit L3 ergibt das

ZFC  Bew() → (Bew(¬ Bew()) ∧ Bew(Bew())).

Weil aber wegen Folgerung 11.2

ZFC  Bew(¬ Bew()) ∧ Bew(Bew()) → Bew(F),

folgt Bew() → ¬ CONZFC , das heißt ZFC  CONZFC → . Damit ist (11.4)
bewiesen.
Nehmen wir an, daß ZFC  CONZFC . Dann ist ZFC   wegen (11.4). Daraus
folgt mit L1 ZFC  Bew() und mit (11.3) ZFC  ¬ Bew(). ZFC wäre also
inkonsistent.

Wenn wir wüßten,daß alle Aussagen,die in ZFC beweisbar sind,auch wahr wären,
wäre CONZFC unabhängig von ZFC: Weder CONZFC noch ¬ CONZFC sind dann aus
ZFC beweisbar. Es ist aber denkbar (siehe Aufgabe 48), daß ZFC zwar konsistent ist,
aber ZFC  ¬ CONZFC . Um (unter der Voraussetzung der Konsistenz) eine von ZFC
unabhängige Aussage zu finden, müssen wir anders vorgehen.
18 Wir verwenden nur „←“.
11 Metamathematik von ZFC 65
Man kann leicht eine Liste 0 , 1 , . . . aller in ZFC beweisbaren Aussagen angeben.
Wenn man es vernünftig gemacht hat, läßt sich

 ist die n-te beweisbare Aussage

mit einer LMe –Formel Bew(x, y) ausdrücken, die die folgenden Eigenschaft hat:
Für alle n = 0, 1, . . . und alle Aussagen  ist

(11.5)  = n ⇒ ZFC  Bew(, n)


(11.6)  = n ⇒ ZFC  ¬ Bew(, n).

Sei R eine Aussage mit


 
ZFC  R ←→ ∀ y  ! Bew(R, y) → ∃z < y Bew(¬ R, z) .19

Man nennt R einen Rossersatz.


Der folgende Satz wurde wurde von Rosser20 bewiesen.

Erster Gödelscher Unvollständigkeitssatz für ZFC. Wenn ZFC konsistent ist, Satz
ist R unabhängig von ZFC.


Beweis. Für beliebiges sei die Aussage
 
∀ y  ! Bew( , y) → ∃z < y Bew(¬ , z) .

Wir zeigen zuerst

(11.7) ZFC  ⇒ ZFC  ¬ ∗


(11.8) ZFC  ¬ ⇒ ZFC  ∗ .

Daraus folgt ZFC  R ⇐⇒ ZFC  ¬ R und damit die Behauptung des Satzes.
Beweis von (11.7): Wenn ZFC  , gibt es nach (11.5) ein n mit ZFC  Bew( , n).
Weil ZFC konsistent ist21, ist wegen (11.6) ZFC  ¬ Bew(¬ , m) f ür alle m.
Daraus folgt ZFC  ¬ ∃z < n Bew(¬ , z) und schließlich ZFC  ¬ ∗ .
Beweis von (11.8): Wenn ZFC  ¬ , gibt es ein m mit ZFC  Bew(¬ , m) und
es ist ZFC  ¬ Bew( , n) f ür alle n. Daraus folgt

ZFC  ∀ y  ! Bew( , y) → m < y)


und schließlich ZFC  .

Bemerkung. In Abschnitt 20 werden Formeln und Beweise in den natürlichen Zahlen


kodiert. Man sieht dann das Folgende leicht ein: Sei M ein Modell von ZFC, das keine
nichtstandard natürliche Zahlen enthält (siehe Aufgabe 40), dann ist M | CONZFC .
19 Eigentlich müßte man statt Bew(¬ R, z) die Formel Bew(Neg(¬ R), z) nehmen für eine defi-
.
nierbare Funktion Neg mit ZFC  ¬  = Neg() für alle .
20 J. Barkley Rosser (1907-1989) Princeton (USA). Zahlentheorie, Mathematische Logik
21 (11.7) und (11.8) gelten natürlich auch, wenn ZFC inkonsistent ist.
66 II Mengenlehre

Übungsaufgaben
Aufgabe 48. Zeigen Sie, daß, wenn ¬ CONZFC nicht in ZFC beweisbar ist, diese Un-
beweisbarkeit nicht in ZFC beweisbar ist.
Hinweis: Der zweite Gödelsche Unvollständigkeitssatz gilt für jede Erweiterung von ZFC durch
endlich viele Axiome, insbesondere für ZFC+ = ZFC + CONZFC . Siehe dazu auch den Satz von
Loeb 20.3.

Aufgabe 49. Sei  eine beliebige LMe –Aussage. Zeigen Sie:

1. ZFC   ↔ Bew() gdw. ZFC  ,


2. ZFC   ↔ ¬ Bew(¬ ) gdw. ZFC  ¬ .
3. ZFC   ↔ Bew(¬ ) gdw. ZFC   ↔ ¬ CONZFC .
III Rekursionstheorie

Eine Funktion Nn → N heißt berechenbar, wenn sie mit einer Registermaschine


berechnet werden kann. Eine Registermaschine ist ein einfacher Computer mit end-
lich vielen Registern, in denen sich beliebig lange Wörter eines endlichen Alphabets
speichern lassen. Wir zeigen, daß die berechenbaren Funktionen mit den rekursiven
Funktionen, die sich aus einer Reihe von Grundfunktionen mit einfachen Regeln
erzeugen lassen, übereinstimmen (Satz 12.1). Der Beweis läßt sich sofort auf andere
Maschinenmodelle, wie zum Beispiel auf die in Aufgabe 52 eingef ührten Turingma-
schinen, übertragen. Das rechtfertigt die Churchsche These:

Alle intuitiv berechenbaren Funktionen sind rekursiv.


Eine Menge von natürlichen Zahlen heißt rekursiv, wenn ihre charakteristische
Funktion rekursiv ist, und rekursiv aufzählbar, wenn sie Bild einer rekursiven Funk-
tion ist. In Abschnitt 14 werden wir mit Hilfe eines Diagonalverfahrens rekursiv
aufzählbare Mengen konstruieren, die nicht rekursiv sind.
Wenn man eine endliche Sprache L festhält, lassen sich L–Formeln  durch
ihre Gödelnummer  kodieren. Daß sich die beweisbaren   L–Aussagen effektiv
aufzählen lassen, bedeutet nun, daß die Menge     der Gödelnummern
aller beweisbaren Aussagen
 rekursiv aufzählbar ist. Im nächsten Kapitel werden wir
dann sehen, daß     f ür geeignetes L nicht rekursiv ist (Satz 18.4). Das heißt,
daß es kein Verfahren gibt, das entscheidet, ob eine gegebene L–Aussage  beweisbar
ist.
Mehr über Rekursionstheorie – die Theorie der berechenbaren Funktionen –
findet man in Coopers Buch [6].

 12
Registermaschinen
Eine Registermaschine M arbeitet mit endlichen vielen Registern R0 , . . . , RR−1 , in
denen Wörter aus einem endlichen Alphabet A = {a1 , . . . , aL } stehen. Die Maschine
kann den letzten Buchstaben dieser Wörter lesen, den letzten Buchstaben streichen
oder einen Buchstaben anhängen1 . Das Programm von M ist eine Folge (b0 , . . . , bN )
von Befehlen der folgenden Art.

1 Die Register sind also „stacks“.


68 III Rekursionstheorie

PUSH(r,l) Wenn l = 0, wird der letzte Buchstabe des Worts in Rr


gestrichen. Sonst wird das Wort in Rr um den Buch-
staben al verlängert. Danach wird der nächste Befehl
ausgef ührt.

GOTO(r,c0,. . . ,cL ) Liest das Wort in Rr . Wenn das Wort leer ist, wird als
nächstes der Befehl mit der Nummer c0 ausgef ührt.
Wenn der letzte Buchstabe al ist, ist der Befehl Num-
mer cl der nächste.

STOP Die Maschine stoppt.


Der letzte Befehl bN des Programms soll immer STOP sein.

Sei A∗ die Menge der Wörter, die sich aus den Buchstaben von A bilden lassen.
M berechnet auf folgende Weise eine partielle Funktion
n
FM : A∗ ×. . . A∗ → A∗ .
n

Am Anfang steht die Eingabe w1 , . . . , wn in den Registern R1 , . . . , Rn , die anderen


Register sind leer. Die Maschine f ührt, mit dem ersten Befehl beginnend, das Pro-
gramm solange aus,bis der Befehl STOP ausgef ührt wird.DieAusgabe FM n
(w1 , . . . , wn )
steht dann im Register R0 . Wenn M niemals stoppt, ist FM (w1 , . . . , wn ) undefiniert.
n
Eine (überall definierte) Funktion der Form FM nennen wir berechenbar.

...
b0
..
.
bc R0 R1 ... Rn ... RR−1
..
.
bN

Wir werden im nächsten Abschnitt von der folgenden Terminologie Gebrauch


machen:

Eine Konfiguration ist ein R + 1–Tupel K = (c, R0 , . . . , RR−1 ) mit c ≤ N und Ri ∈ A∗ .


K beschreibt einen Zustand von M: Ri ist der Inhalt des i–ten Registers, der nächste
auszuf ührende Befehl ist bc .

Die Anfangskonfiguration bei der Eingabe w1 , . . . , wn ist K0 = (0, ∅, w1, . . . , wn ,


∅, . . .).

Eine Stopkonfiguration ist eine Konfiguration (c, . . .) mit bc = STOP.


Die Nachfolgekonfiguration M(K) beschreibt den Zustand,in dem sich die Maschine
befindet, nachdem im Zustand K der Befehl bc ausgef ührt worden ist. Wenn bc =
STOP, ist M(K) = K.
12 Registermaschinen 69
Bei der Berechnung von FM (w1 , . . . , wn ) wird die Funktion M( ) so oft auf die
Anfangskonfiguration K0 angewendet, bis Ms (K0 ) = (c, R0, . . .) eine Stopkonfigu-
ration ist. Das Ergebnis ist dann R0 .

Im Alphabet A = { | } = {a1 } stellen wir jede natürliche Zahl m durch m Striche


|m dar. M berechnet so eine partielle Funktion
n
FM : Nn → N.

Wir geben jetzt eine äquivalente Beschreibung der berechenbaren Funktionen von
Nn nach N.

Eine Funktion f : Nn → N, (n ≥ 0) heißt rekursiv, wenn sie sich aus den Grund- Definition
funktionen

R0 S(x) =x+1 (Nachfolger)


Ini (x1 , . . . , xn ) = xi (1 ≤ i ≤ n) (Projektionsfunktion)
C00 =0 nullstellig (Konstante Funktion)

durch Anwenden der folgenden Regeln aufbauen läßt:

R1 (Einsetzung). Sind die gi und h rekursiv, dann auch

f (x1 , . . . , xn ) = h(g1 (x1, . . . , xn), . . . , gk (x1 , . . . , xn ))

R2 (Primitive Rekursion). Sind g und h rekursiv, dann auch

f (x1 , . . . , xn , y),

wobei
f (x1, . . . , xn, 0) = g(x1 , . . . , xn)
und

f (x1, . . . , xn , y + 1) = h(x1, . . . , xn, y, f (x1 . . . , xn , y))

R3 (–Rekursion). g sei rekursiv und es gelte


∀x1, . . . , xn ∃y g(x1 , . . . , xn , y) = 0. Dann ist auch

f (x1 , . . . , xn) = y (g(x1 , . . . , xn, y) = 0)

rekursiv, wobei

y A(y) = das kleinste y mit A(y).


70 III Rekursionstheorie

Anmerkungen
Verwendet man nur R0, R1 und R2, dann heißt f primitiv rekursiv.
Die konstanten Funktionen
Cnm (x1, . . . , xn ) = m
sind zum Beispiel primitiv rekursiv: Es ist C0m+1 = S(C0m ). Cnm entsteht aus C0m durch
"Einsetzen" von k = 0–vielen n–stelligen Funktionen
Man kann rekursive Funktionen beliebig ineinander einsetzen. Zum Beispiel ist

f (x1, x2 , x3) = h(x1 , g(x2, x2))

rekursiv, wenn g und h rekursiv sind.

Satz 12.1 Die rekursiven Funktionen stimmen mit den berechenbaren Funktionen überein.

In diesem Paragraphen beweisen wir eine Richtung (Rückrichtung siehe Sei-


te 78): Die rekursiven Funktionen sind berechenbar. Wir beschreiben Maschinen in
naheliegender Weise durch Flußdiagramme. Unser Alphabet ist A = {| }. I und J
seien Registerinhalte (also R–Tupel (R0, . . . , RR−1 )). Wir schreiben

J,I
M
wenn es ein s gibt, f ür das Ms ((0, I)) eine Stopkonfiguration mit Registerinhalt J ist.

Die Löschmaschine Lr

(R0, . . . , Rr , . . . , RR−1)
(R0, . . . , ∅, . . . , RR−1)
Lr
löscht das r–te Register. Das Flußdiagramm von Lr ist
Stop

|
Eingabe Rr ? Rr −. 1

 
Formal: Lr = GOTO(r, 3, 1), PUSH(r, 0), GOTO(0, 0, 0), STOP

Die Kopiermaschine Khr,s

(R0, . . . , Rr , . . . , Rs , . . . , Rh , . . .) (R0, . . . , Rr , . . . , Rr , . . . , ∗, . . .)
Khr,s
kopiert Rr auf Rs mit Hilfsregister Rh , (h ∈ {r, s})
12 Registermaschinen 71
Flußdiagramm:

|
Eingabe Lh Rr ? Rr −. 1

Ls Rh + |

|
Rr + | Rh −. 1 Rh ?

Stop
Rs + |


Formal: Khr,s = GOTO(h, 3, 1), PUSH(h, 0), GOTO(0, 0, 0), GOTO(r, 7, 4),
PUSH(r, 0), PUSH(h, 1), GOTO(0, 3, 3), GOTO(s, 10, 8),
PUSH(s, 0), GOTO(0, 7, 7), GOTO(h, 15, 11), PUSH(h, 0),

PUSH(r, 1), PUSH(s, 1), GOTO(0, 10, 10), STOP

Für das Hintereinanderausf ühren der Maschinen M1, M2 , M3 verwenden wir


die Notation
M1 M 2 M 3 .
Zum Beispiel kopiert die Maschine

Khr1,...,rn ;s1 ,...,sn = Khr1,s1 . . . Khrn ,sn

die Register Rr1 , . . . , Rrn nach Rs1 , . . . , Rsn . Wenn M eine n–stellige Funktion mit
R–Registern berechnet, bezeichnen wir mit M∗ die Maschine

M∗ = L0 Ln+1 . . . LR−1 M.

Zuerst zeigen wir, daß die Grundfunktionen R0 berechenbar sind:

S wird berechnet von K21,0(R0 + |)


i,0
Ini wird berechnet von Kn+1
C00 wird berechnet von "Stop"

Die berechenbaren Funktionen sind abgeschlossen unter der Regel R1:

Wenn zum Beispiel h(y1 , y2 ) von H und die Funktionen f1 (x) und f2 (x) von F1
und F2 mit R Registern berechnet werden, wird f (x) = h(f1 (x), f2(x)) berechnet
von der Hintereinanderausf ührung der folgenden Maschinen. (Wir verwenden das
Hilfsregister RR+2 .)
72 III Rekursionstheorie

K 1,R (rettet x auf RR )


F1 K 0,R+1 (berechnet f1(x) und speichert den Wert in RR+1 .)
K R,1F2∗ K 0,2 (berechnet f2(x) und speichert den Wert in R2 .)
K R+1,1H∗ (berechnet h(f (x), f2(x)).

Die berechenbaren Funktionen sind abgeschlossen unter der Regel R2:

Wir zeigen das f ür den Fall n = 1. Nehmen wir an, daß g(x) von G und h(x, y, z) von
H mit jeweils R Registern berechnet werden. Dann wird f berechnet von folgendem
Flußdiagramm: (Hilfsregister RR+3 )


Eingabe K 1,2;R,R+2 G∗ RR+2 ? Stop

RR+1 +| H∗ K R,R+1,0;1,2,3 .
RR+2−1

Die berechenbaren Funktionen sind abgeschlossen unter der Regel R3:

Wir zeigen das f ür den Fall n = 1. Nehmen wir an, daß g(x, y) von G mit R Registern
berechnet wird. Dann wird f (x) berechnet von der Maschine mit dem folgendem
Flußdiagramm: (Hilfsregister RR+2 )


Eingabe K 1,R G∗ R0 ? K R+1,0 Stop

K R,R+1;1,2 RR+1 +|

Übungsaufgaben
Aufgabe 50. Zeichnen Sie das Flußdiagramm einer Maschine, die (in der |–Darstel-
lung) das Produkt zweier Zahlen berechnet.

Aufgabe 51. Geben Sie eine Maschine über dem Alphabet A = 0, 1, | an, die die
Binärdarstellung einer Zahl in ihre |–Darstellung umwandelt, und eine Maschine,
die das umgekehrte macht.
12 Registermaschinen 73
Aufgabe 52. Eine Turingmaschine2 verwendet als Speicher ein zweiseitig unendli-
ches Band, auf dem sich ein Lese-/Schreibkopf bewegt.
Die „Zellen“
 des Bandes sind
leer oder enthalten einen Buchstaben aus A = a1 , . . . , aL . Das Programm einer
Turingmaschine ist eine endliche Folge von Befehlen, von denen es vier Arten gibt:
den Stopbefehl STOP; den Schreibbefehl WRITE(l), der al in die aktuelle Zelle unter
dem Schreibkopf schreibt oder den Inhalt der Zelle löscht, wenn l = 0; die Befeh-
le LEFT und RIGHT, die den Kopf veranlassen, sich eine Zelle nach links oder nach
rechts zu bewegen; den Verzweigungsbefehl GOTO(c0,. . . ,cL ), der zum Befehl mit
der Nummer cl springt, wenn die aktuelle Zelle den Buchstaben al enthält, oder zum
Befehl c0 , wenn die Zelle leer ist. Am Anfang des Laufs steht die Eingabe w1 , . . . , wn
durch leere Zellen getrennt unmittelbar rechts vom Lesekopf, sonst ist das Band leer.
Am Ende steht die Ausgabe rechts vom Lesekopf.
Zeigen Sie, daß sich jede rekursive Funktion von einer Turingmaschine berech-
nen läßt.

Aufgabe 53. Die Ackermannfunktion3 A: N2 → N ist definiert durch A(x, 0) = 2 + x,


A(0, 1) = 0, A(0, y) = 1 f ür y > 1 und A(x + 1, y + 1) = A(A(x, y + 1), y).

a) Bestimmen Sie die Funktionen An (X): = A(x, n) f ür n = 0, 1, 2, 3.


b) Zeigen Sie, daß jedes An primitiv rekursiv ist. Begründen Sie, warum A in einem
intuitiven Sinn berechenbar ist. (Wir werden in Aufgabe 56 sehen, daß A rekursiv
ist.)
c) Für jede primitiv rekursive Funktion f : Nk → N gibt es ein n mit
f (x1 , · · · , xk ) ≤ A(max(x1 , . . . , xn ), n) f ür alle (x1 , . . . , xn) = (0, . . . , 0).
d) Die Ackermannfunktion ist nicht primitiv rekursiv.
Hinweis zu c): über den Aufbau primitiv rekursiver Funktionen.
Zu d): man konstruiere aus A eine Funktion N → N, für die c) nicht gilt.

2 Alan Turing (1912-1954) Manchester (England). Mathematische Logik, Kryptographie


3 Wilhelm Ackermann (1896-1962) Lüdenscheid. Mathematische Logik, Mengenlehre
74 III Rekursionstheorie

 13
Primitiv rekursive Funktionen und Gödelisierung

Lemma 13.1 Die Funktionen


x + y, x · y, xy , x!, .
x −y
sind primitiv rekursiv.

Dabei ist 
. x−y wenn y ≤ x
x −y = .
0 sonst

Beweis. x +y läßt sich, wie die anderen Funktionen, leicht durch primitive Rekursion
definieren:
x + 0 = x, x + (y + 1) = S(x + y).
. dar. Zuerst definieren wir y −. 1 durch 0 −. 1 = 0 und
Ein Problem stellt vielleicht x −y
. = y. Und dann x −0
(y + 1) −1 . = x und x −(y
. + 1) = (x −y)
. −. 1.

Definition Eine Relation (oder Prädikat) R heißt (primitiv) rekursiv, wenn die charakteri-
stische Funktion

0 wenn R(x1, . . . , xn )
KR (x1, . . . , xn) =
1 sonst

(primitiv) rekursiv ist.

. . (0) = 0 und
Zum Beispiel ist die Relation x = 0 primitiv rekursiv, weil K =0
. ((x+1 −. y)).
K(x+1) = 1.Die Relation x < y ist primitiv rekursiv,weil K< (x, y) = K=0

Lemma 13.2 Wenn P und Q (primitiv) rekursive Prädikate sind, dann auch P ∧ Q, P ∨ Q, ¬ P
und P(f1(x1 , . . . , xn ), . . . , fk (x1, . . . , xn)) f ür alle (primitiv) rekursiven f1, . . . , fk .

Beweis. Es ist

KP∨Q = KP · KQ
K .
= 1 −K
¬P P
P ∧ Q ⇔ ¬ (¬ P ∨ ¬ Q).

Wenn man die fi in die charakteristische Funktion von P einsetzt, erhält man die
charakteristische Funktion von P(f1(x1 , . . . , xn ), . . . , fk (x1, . . . , xn)).
13 Primitiv rekursive Funktionen und Gödelisierung 75
Wenn P0. . . . , Pn−1 (primitiv) rekursive Prädikate und f0 , . . . , fn (primitiv) re- Lemma 13.3
kursive Funktionen sind, so ist auch


⎪ f0(x) falls P0(x)


⎨f1(x) falls ¬ P0(x) ∧ P1 (x)
f (x) = .

⎪ ..



fn (x) falls ¬ P0(x) ∧ . . . ∧ ¬ Pn−1 (x)

(primitiv) rekursiv.

Beweis. Die Prädikate Q0 = P0, Q1 = ¬ P0 ∧ P1,. . . , Qn = ¬ P0 ∧ . . . ∧ ¬ Pn−1 sind


(primitiv) rekursiv, also auch


n
f (x) = .
(1 −K Qi (x))fi (x).
i=0

Sei P (primitiv) rekursiv. Dann sind auch die Relationen Lemma 13.4

R(x, z) ⇔ ∀y < z P(x, y)


S(x, z) ⇔ ∃y < z P(x, y)

(primitiv) rekursiv.

Beweis. Man definiert R durch primitive Rekursion:

R(x, 0) ⇔ wahr
R(x, z + 1) ⇔ R(x, z) ∧ P(x, z)

Schließlich ist S(x, z) ⇔ ¬ ∀y < z ¬ P(x, y)

R(x, y) sei eine primitiv rekursive Relation und b(x) eine primitiv rekursive Lemma 13.5
Funktion. Wenn
∀x ∃y ≤ b(x) R(x, y),
ist
f (x) = y R(x, y)
primitiv rekursiv.

Beweis. Die Funktion h(x, y) = z (R(x, z) ∨ z = y) ist primitiv rekursiv, weil


h(x, 0) = 0 und 
h(x, y) falls R(x, h(x, y))
h(x, y + 1) =
y + 1 sonst.
Es ist f (x) = h(x, b(x)).
76 III Rekursionstheorie

Beispiele x|y (x teilt y) ist primitiv rekursiv (Lemma 13.4).


x ist Primzahl ist primitiv rekursiv (Lemma 13.4).
p(x) = (n + 1)–te Primzahl ist primitiv rekursiv nach Lemma 13.5, weil sich y
in
p(x + 1) = y (y prim ∧ y > p(x))
durch p(x)! + 1 beschränken läßt.

Wir schreiben pn f ür p(n).

Lemma 13.6 Durch


x0 , . . . , xn−1 ! = px00 . . . pxn−2
n−2 xn−1 +1
pn−1 − 1
ist eine Bijektion
!: N∗ → N
definiert. Es gilt

a) Die zweistellige Komponentenfunktion (x)i , definiert durch



  xi (i < n)
x0 , . . . , xn−1 ! i =
0 sonst

ist primitiv rekursiv.


b) Die Längenfunktion lg(x) , definiert durch
 
lg x0 , . . . , xn−1! = n

ist primitiv rekursiv.


c) Für alle n ist !: Nn → N primitiv rekursiv.
d) Für alle x ist lg(x) ≤ x. Wenn x > 0, ist (x)i < x.

Wir nennen x0, . . . , xn−1 ! die Gödelnummer der Folge (x0, . . . , xn−1 ).
Beweis. c) Folgt aus 13.1.
d) Klar

b) Es ist  
lg(x) = y ∀z ≤ x y ≤ z → p(y) | (x + 1) .
y kann durch x beschränkt werden.Wende jetzt die Lemmata 13.4 und 13.5 an.

a) Es ist ⎧

⎨y p(i) | (x + 1)
y+1
(i < lg(x) − 1)
(x)i = y p(i)y+2 | (x + 1) (i = lg(x) − 1)


0 (i ≥ lg(x) − 1)

y ist durch x −. 1 beschränkt.


13 Primitiv rekursive Funktionen und Gödelisierung 77
Wenn es uns nur auf Rekursivität ankommt, sind nur die beiden Eigenschaften a)
und b) von Bedeutung. Sei ˇ: N → N eine rekursive Bijektion. Dann definiert

x0 , . . . , xn−1 !ˇ = ˇ x0, . . . , xn−1 !

eine Gödelnumerierung mit rekursiver Komponentenfunktion und rekursiver


Längenfunktion. Es gilt aber auch die Umkehrung:

Bemerkung. Sei [ ]: N∗ → N eine Gödelnumerierung mit rekursiver Komponen-


tenfunktion [x]i und rekursiver Längenfunktion Lg(x). Dann gibt es eine rekursive
Bijektion ˇ: N → N mit [ ] = !ˇ .

Beweis. Man definiert ˇ durch


 
ˇ(s) = t Lg(t) = lg(s) ∧ ∀i < lg(s) [t]i = (s)i .

Die Umkehrung ˇ −1 (x) = (y ˇ(y) = x) einer rekursiven Bijektion ist wieder rekur-
siv.

Gödelisierung von Registermaschinen


Wir ordnen allen Befehlen, Maschinen,Wörtern und Konfigurationen eine Zahl, ihre
Gödelnummer zu:

Objekt Gödelnummer

Stopbefehl b = STOP b = 0


Schreibbefehl b = PUSHc(r, l) b = r, l!
Verzweigung b = GOTO(r, c0, . . . , cL ) b = r, c0, . . . , cL !
Maschine M = (b0, . . . , bN ) M = b0, . . . , bN !
Wort w = (ai1 , . . . , ain ) w = i1 , . . . , in !
Konfiguration K = (c, R0, . . . , RR−1 ) K = c, R0, . . . , RR−1!

Es gibt eine primitiv rekursive Funktion N(x, y), sodaß f ür alle Maschinen M Lemma
und passenden Konfigurationen K

N(M, K) = M(K).

Beweis. Wir überlegen zuerst, daß die folgenden Funktionen primitiv rekursiv sind:

Ers( x0 , . . . , xi , . . . , xn−1!, i, y) = x0, . . . , y, . . . , xn−1!


Anh( x0, . . . , xn−1 !, y) = x0, . . . , xn−1 , y!
Str( x0 , . . . , xn−1 !) = x0, . . . , xn−2 !

In der Tat ist


 
Ers(x, i, y) = z lg(z) = lg(x) ∧ ∀j < lg(x)(j = i → (z)j = (x)j ) ∧ (z)i = y .
78 III Rekursionstheorie

Wegen Ers(x, i, y) < (x + 1)p(i)y+2 läßt sich 13.5 anwenden. Weiterhin ist
 
Anh(x, y) = z lg(z) = lg(x) + 1 ∧ ∀j < lg(x)((z)j = (x)j ) ∧ (z)lg(x) = y .

Wieder hat man eine primitiv rekursive Schranke:

Anh(x, y) < (x + 1)p(lg(x))y+2

Schließlich ist
 
Str(x) = z lg(z) = lg(x) −. 1 ∧ ∀j < lg(z)((z)j = (x)j )

und Str(x) < (x + 1)p(lg(x) −. 1).

Um N(m, k) zu definieren, verwenden wir die Abkürzungen c = (k)0 , b = (m)c ,


r = (b)0, w = (k)r+1 , l = lg(w) −. 1 und a = (w)l . Dann ist


⎪ k (lg(b) < 2)
⎪ 
⎨ 
Ers Ers(k, 0, c + 1), r + 1, Str(w) (lg(b) = 2 ∧ (b)1 = 0)
N(m, k) =  

⎪ Ers Ers(k, 0, c + 1), r + 1, Anh(w, (b)1 ) (lg(b) = 2 ∧ (b)1 > 0)


Ers(k, 0, (b)a+1) (lg(b) > 2).

Beweis von Satz 12.1. Wir zeigen, daß jede berechenbare Funktion f (x1, . . . , xn ) re-
kursiv ist. Wir machen Gebrauch von den folgenden Funktionen und Relationen, die
man leicht als primitiv rekursiv erkennt:
 
Eingabe(R, x1, . . . , xn) =  0, ∅, |x1 , . . . , |xn , ∅, . . . , ∅ 
     
n R−n−1

ist die Anfangskonfiguration einer R–Registermaschine mit Eingabe x1 , . . . , xn.

Stop(m, k) ⇐⇒ m(k)0 = 0

trifft auf eine Maschine m = M und eine Konfiguration k = K zu, wenn K eine
Stopkonfiguration von M ist.

Ausgabe(k) = lg((k)1 )

ist der Inhalt von Register R0 , als Zahl interpretiert.

Ns (m, k)

ist die s–fach iterierte Nachfolgerfunktion, definiert durch N0 (m, k) = k und


Ns+1 (m, k) = N(m, Ns (m, k)).
13 Primitiv rekursive Funktionen und Gödelisierung 79
Wir definieren das primitiv rekursive Kleene4–Prädikat
 
Tn (m, x1, . . . , xn, g) ⇐⇒ N(g)1 m, Eingabe(m, x1, . . . , xn) = (g)2
   
∧ Stop m, (g)2 ∧ Ausgabe (g)2 = (g)0 ,

das besagt, daß die Maschine m mit der Eingabe x1 , . . . , xn (und m Registern) nach
(g)1 Schritten bei der Konfiguration (g)2 und mit der Ausgabe (g)0 stoppt.
Wenn f von M berechnet wird, ist
 
(13.1) f (x1 . . . . , xn) = g Tn (M, x1, . . . , xn , g) 0 .

f ist also rekursiv. Man nennt (13.1) die Kleene–Normalform von f .


Unser Beweis der Umkehrung von 12.1 macht keinen Gebrauch von den Details
der Definition der Arbeitsweise von Registermaschinen. Er zeigt, daß alle irgendwie
systematisch arbeitenden Rechenmaschinen nur rekursive Relationen berechnen
können. Man nennt diese Erfahrungstatsache die

Churchsche5 These:

Alle irgendwie berechenbaren Funktionen sind rekursiv.

Übungsaufgaben
Aufgabe 54. Zeigen Sie, daß eine Funktion F: A∗ ×
. . . A∗ → A∗ genau dann bere-
n
chenbar ist, wenn sich die Gödelnummer von F(w1 , . . . , wn ) aus den Gödelnummern
der w1 , . . . , wn rekursiv berechnen läßt.
Aufgabe 55. Zeigen Sie, daß alle Funktionen Nn → N, die sich von einer Turingma-
schine berechnen lassen, rekursiv sind.
Aufgabe 56. Wir nennen eine Folge a = (a0 , . . . , an−1 ) von Tripeln x, y, z! eine
Berechnung der Ackermannfunktion, wenn gilt:
• Wenn (x, 0, z) in a vorkommt, ist z = 2 + x.
• Wenn (0, 1, z) in a vorkommt, ist z = 0.
• Wenn (0, y, z) in a vorkommt und y > 1, ist z = 1.
• Wenn (x + 1, y + 1, z) in a vorkommt, dann gibt es ein w, sodaß (x, y + 1, w) und
(w, y, z) zu a gehören.
Beweisen Sie:
1. Die Menge B aller Berechnungen der Ackermannfunktion ist primitiv rekursiv.
2. A(x, y) = z gdw. x, y, z! in einem a ∈ B vorkommt.
3. A ist rekursiv.
4 Stephen Cole Kleene (1909-1994) Madison (Wisconsin, USA). Rekursionstheorie
5 Alonzo Church (1903-1995) Princeton, Los Angeles (USA). Mathematische Logik
80 III Rekursionstheorie

 14
Rekursiv aufzählbare Mengen

Definition Eine Relation R heißt rekursiv aufzählbar (r.a.), wenn f ür eine rekursive Relati-
on R
R(x1, . . . , xn) ⇐⇒ ∃y R(x1 , . . . , xn , y).

Insbesondere sind rekursive Relationen rekursiv aufzählbar.

Lemma 14.1 Wenn P und R rekursiv aufzählbar und die fi rekursive Funktionen sind, dann
sind auch

1. P∨R
2. P∧R
3. ∃zR(x1, . . . , xn, z)
4. T(x1 , . . . , xn , w) ⇐⇒ ∀z < wR(x1, . . . , xn, z)
5. R(f1 (x1, . . . , xn), . . . , fk (x1 , . . . , xn ))
rekursiv aufzählbar.

Beweis.
 
1. P(x) ∨ R(x) ⇐⇒ ∃y P(x, y) ∨ R(x, y)
 
2. P(x) ∧ R(x) ⇐⇒ ∃s P(x, (s)0) ∧ R(x, (s)1)
3. ∃zR(x, z) ⇐⇒ ∃s R(x, (s)0, (s)1)
4. T(x, w) ⇐⇒ ∃s ∀z < w R(x, z, (s)z )
5. R(f1(x), . . . , fk (x)) ⇐⇒ ∃y R(f1 (x), . . . , fk (x), y).

Lemma Eine Menge von natürlichen Zahlen ist genau dann rekursiv aufzählbar, wenn
sie leer ist oder das Bild einer rekursiven Funktion.

Beweis. Das Bild R der rekursiven Funktion f ist rekursiv aufzählbar, weil R(x) ⇐⇒
∃z f (z) = x.
Wenn umgekehrt R(x) ⇐⇒ ∃y R(x, y) und r ∈ R, ist R Bild der rekursiven Funktion

(x)0 wenn R((x)0, (x)1)
f (z) =
r sonst.

Satz Es gibt eine universelle rekursiv aufzählbare Relation U ⊂ N2 . Das heißt

a) U ist rekursiv aufzählbar.


b) Für jede rekursiv aufzählbare Menge R gibt es ein e, sodaß
R = {x | U (e, x)}.

Man nennt We = {x | U (e, x)} die e–te rekursiv aufzählbare Menge.


14 Rekursiv aufzählbare Mengen 81
Beweis. Sei S(x, y) rekursiv und M eine Maschine, die versucht y KS (x, y) = 0 zu
berechnen. M stoppt genau dann bei der Eingabe x, wenn ∃y S(x, y). Wir haben also
∃y S(x, y) ⇐⇒ ∃g T1 (M, x, g). Die rekursiv aufzählbare Relation

U (e, x) ⇐⇒ ∃g T1 (e, x, g)

ist also universell.

Es gibt eine Menge, die rekursiv aufzählbar, aber nicht rekursiv ist. Folgerung 14.2

Beweis. ¬ U (x, x) kann nicht die Form We haben, weil ¬ U (e, e) ⇐⇒ e ∈ We . Also
ist ¬ U (x, x) nicht rekursiv aufzählbar. U (x, x) ist daher nicht rekursiv, aber rekursiv
aufzählbar.

R ist genau dann rekursiv, wenn R und ¬ R rekursiv aufzählbar sind. Lemma 14.3

Beweis. Sei R(x) ⇐⇒ ∃y V (x, y) und ¬ R(x) ⇐⇒ ∃y W (x, y) f ür rekursive V und
W . Dann ist  
g(x) = y V (x, y) ∨ W(x, y)
f ür alle x definiert und rekursiv. Und wir haben

R(x) ⇐⇒ V (x, g(x)).

Übungsaufgaben
Aufgabe 57. Eine auf einer Teilmenge von Nn definierte Funktion heißt partiell
rekursiv, wenn ihr Graph rekursiv aufzählbar ist.

1. Zeigen Sie, daß die partiell rekursiven Funktionen genau die berechenbaren re-
kursiven Funktionen sind.
2. Wie muß man die Regeln R0, R1, R2 modifizieren, sodaß sich genau die partiell
rekursiven Funktionen ergeben?

Aufgabe 58 (Unlösbarkeit des Halteproblems). Zeigen Sie, daß man nicht entschei-
den kann, ob eine vorgelegte Registermaschine mit leerer Eingabe stoppt.
Hinweis: Sei A eine rekursiv aufzählbare, aber nicht rekursive Menge. Sei M eine Maschine,
die die partielle Funktion A × {0} berechnet. Betrachten Sie für jedes n die Maschine Mn , die
bei leerer Eingabe so läuft wie M mit Eingabe n.

Aufgabe 59. Beweisen Sie den Uniformisierungssatz: Jede rekursiv aufzählbare Rela-
tion R ⊂ Nn+1 läßt sich uniformisieren. Dies bedeutet: Es gibt eine partielle rekursive
Funktion fR mit Definitionsbereich {x̄ ∈ Nn | ∃y R(x̄, y)}, deren Graph in R liegt (d.h.
fR (x̄) = y ⇒ R(x̄, y)).
Hinweis: Sei R gegeben durch ∃zS(x̄, y, z) mit rekursivem S. Wählen Sie für jedes x̄ im Defini-
tionsbereich ein minimales y, z! mit S(x̄, y, z) und setzen Sie fR (x̄) = y.
82 III Rekursionstheorie

Es folgt der Reduktionssatz: X und Y seien rekursiv aufzählbar. Dann gibt es


rekursiv aufzählbare X  ⊂ X und Y  ⊂ Y mit X  ∪ Y  = X ∪ Y und X  ∩ Y  = 0.
Hinweis: Uniformisieren Sie R = X × {0} ∪ Y × {1}.

Aufgabe 60. Zeigen Sie: es gibt eine universelle zweistellige


partiellrekursive
 Funk-
tion, d.h. eine partiell rekursive Funktion f , so daß x → f (x, n)  n ∈ N genau
die Menge aller einstelligen partiell rekursiven Funktionen ist.
Hinweis: durch Uniformisierung einer universellen rekursiv aufzählbaren Relation. In der
nächsten Aufgabe geben wir explizit eine solche partiell rekursive Funktion an.

Aufgabe 61. Definieren Sie f ür alle n die partiell rekursive Funktion ' n durch
 
' n (e, x1, . . . , xn ) = g Tn (e, x1, . . . , xn, g) 0 .

Zeigen Sie, daß ' n universell ist. Das heißt, daß jede n–stellige partiell rekursive
Funktion die Form 'en (x1, . . . , xn) = ' n (e, x1, . . . , xn ) hat.

Aufgabe 62. Beweisen Sie den s-m-n-Satz: Für alle n, m gibt es eine rekursive Funk-
n :N
tion sm → N, sodaß f ür alle e, x1, . . . , xm, y1 , . . . , yn
m+1

'em+n (x1 , . . . , xm , y1 , . . . , yn ) = snmn (x1 ,...,xm ) (y1 , . . . , yn ).

Aufgabe 63. Beweisen Sie den Kleeneschen Fixpunktsatz: Für jedes n und jede re-
kursive Funktion h: N → N gibt es ein e mit h(e)
n
= en .
Hinweis: Das Beweisverfahren ist das gleiche wie für den Fixpunktsatz 11.1. Der s-m-n-Satz
liefert eine rekursive Funktion f mit ' n (h(' 1 (y, y)), x) = 'fn(y) (x). Wähle ein a mit f = 'a1
und setze e = f (a).
15 Gödelnummern von Formeln 83
 15
Gödelnummern von Formeln
Sei L = {
1 , . . . ,
l } eine endliche Sprache6 . Wir ordnen den Zeichen
.
= ∧ ¬ ( ) ∃

1 ...
l v0 v1 ...

die folgenden Gödelnummern   zu:

0, 0! 0, 1! 0, 2! 0, 3! 0, 4! 0, 5!
0, 6! ... 0, l + 5! 1, 0! 1, 1! ...

Eine Zeichenreihe  = 1 2 . . . n hat die Gödelnummer7

 =  1 ,  2, . . . ,  n!.

Ob eine vorgelegte Zeichenfolge ein Term, eine Formel oder eine Aussage ist,
läßt sich leicht entscheiden. Das folgende Lemma ergibt sich also sofort aus Church’s
These, sofern es nur um Rekursivität geht. Die primitive Rekursivität beweist man
leicht mit den Methoden des Abschnitts 13.

Die folgenden Mengen sind rekursiv (sogar primitiv rekursiv). Lemma


 
1. t  t L–Term
 
2.    L–Formel
 
3.    L–Aussage .

Eine Theorie T heißt Definition


 
1. effektiv axiomatisierbar, wenn    ∈ T rekursiv aufzählbar ist.
 
2. entscheidbar, wenn   T   rekursiv ist.

Ein Beweis von  ist eine Folge 0, . . . , n =  von Formeln, die logische Axiome
sind oder aus jeweils früheren Formeln mit Modus Ponens oder ∃–Einf ührung folgen
(siehe Seite 19). Die Gödelnummer eines solchen Beweises ist 0 , . . . , n !.
Das nächste Lemma zeigt man leicht mit den Methoden des Abschnitts 13.

 
(x, )  x ist Gödelnummer eines Beweises von  ist primitiv rekursiv. Lemma

6 Die Ergebnisse dieses Abschnitts verallgemeinern sich leicht auf rekursive Sprachen. Das sind Spra-

chen mit Aufzählungen (ci ), (fi ), (Ri ) der Konstanten, Funktionszeichen und Relationszeichen, deren
Stelligkeiten rekursiv von i abhängen.
7 Im Abschnitt 11 bezeichnete   einen Mengenterm, hier eine Zahl.
84 III Rekursionstheorie

 
Folgerung     ist rekursiv aufzählbar.

Beweis.

  ⇐⇒ ∃x (x ist Gödelnummer eines Beweises von )

Wir werden in Aufgabe 77 sehen, daß die Menge der allgemeingültigen „zweitstufi-
gen“ Aussagen im allgemeinen nicht rekursiv aufzählbar ist.

 
Satz Wenn T effektiv axiomatisierbar ist, ist   T   rekursiv aufzählbar.

Beweis. Die Funktion f , die der Gödelnummer einer Folge von Formeln 0, . . . , n
die Gödelnummer
 der Implikation
(1 ∧. . . , n) → 0 zuordnet, ist rekursiv. Sei
T ∗ =    ∈ T und A =     . Weil T ∗ und A rekursiv aufzählbar sind,
ist auch
   
  T   = (x)0  f (x) ∈ A ∧ ∀ i < lg(x) (0 < i → (x)i ∈ T ∗ )

rekursiv aufzählbar.

Definition Eine widerspruchsfreie L–Theorie T heißt vollständig, wenn f ür jede L–Aussage
 entweder
T   oder T  ¬ 
gilt.

Folgerung Wenn T effektiv axiomatisierbar und vollständig ist, ist T entscheidbar.

Beweis. Sei A die Menge der Gödelnummern aller L–Aussagen, und B die Menge der
Gödelnummern der T beweisbaren L–Aussagen. Sei f eine rekursive Funktion mit
f () = ¬ . Aus der Vollständigkeit von T folgt dann

x ∈ B ⇔ x ∈ A ∨ f (x) ∈ B.

Mit Lemma 14.3 folgt die Behauptung.

Übungsaufgaben
Aufgabe 64. Wenn man eine entscheidbare Theorie um endlich viele Axiome erwei-
tert, erhält man wieder eine entscheidbare Theorie.

Aufgabe 65. Jede entscheidbare L–Theorie läßt sich zu einer vollständigen entscheid-
baren L–Theorie erweitern.
Hinweis: Siehe Schritt 2 im Beweis von Satz 4.3.
15 Gödelnummern von Formeln 85
Aufgabe 66. Sei A eine abzählbare L–Struktur mit einer Aufzählung A = {ai | i ∈ N}
der Grundmenge. A heißt stark rekursiv, wenn f ür alle L–Formeln (x1, . . . , xn) die
Menge
{(i1 , . . . , in) | A | [ai1 , . . . , ain ] }
rekursiv ist. Zeigen Sie: Wenn T konsistent und entscheidbar ist, hat T ein stark
rekursives Modell.
Hinweis: Folgen Sie dem Beweis von Satz 4.3, und verwenden Sie Aufgabe 65.

Aufgabe 67. Jede effektiv axiomatisierbare Theorie hat eine rekursive Axiomatisie-
rung. Das heißt, daß es zu jedem effektiv axiomatisierbaren T ein rekursives T’ gibt,
das dieselben Modelle hat.
Hinweis: Sei (e )e∈N eine effektive Aufzählung von T. Setze T  = {e ∧ · · · ∧ e | e ∈ N}.
  
e+1 mal
86 III Rekursionstheorie

 16
Ein anderer Aufbau der rekursiven Funktionen

Satz 16.1 Alle rekursiven Funktionen lassen sich aus den Grundfunktionen

S(x), Ini , C00 , +, ·, K<

durch Anwenden der Regeln R1 (Einsetzung) und R3 (–Rekursion) gewinnen.

Wir werden den Satz im Rest dieses Abschnitts beweisen. Funktionen, die wie in
Satz 16.1 aufgebaut sind, nennen wir ∗–rekursiv. Wenn wir zeigen können, daß die
Klasse der ∗–rekursiven Funktionen abgeschlossen ist unter primitiver Rekursion
(Regel R2), sind wir fertig.

Lemma . ist ∗–rekursiv.


1. x −y
2. Die Klasse der ∗–rekursiven Relationen ist abgeschlossen unter Booleschen
Kombinationen und beschränkter Quantifizierung. (Siehe Lemmata 13.2 und
13.4.)
.
3. x = y ist ∗–rekursiv.
4. x ≡ y (mod z) ist ∗–rekursiv.
5. Die Klasse der ∗–rekursiven Funktionen ist abgeschlossen unter Definition
durch Fallunterscheidung. (Siehe Lemma 13.3.)

Beweis.
.
1. x −y = z x < (y + z) + 1
2. Die Abgeschlossenheit unter booleschen Kombinationen sieht man wie in Lem-
ma 13.2.
Wenn P(x, y) ∗–rekursiv ist, definieren wir
 . 
g(x, z) = y P(x, y) ∨ y = z .

Dann ist
∃y < z P(x, y) ⇔ g(x, z) < z
∗–rekursiv.
.
3. x = y ⇔ (¬ x < y ∧ ¬ y < x)
 . . 
4. x ≡ y (mod z) ⇔ ∃w < (x + y + 1) x = y + wz ∨ y = x + wz
5. Wie Lemma 13.3.
16 Ein anderer Aufbau der rekursiven Funktionen 87
Gödels ˇ–Funktion. Es gibt eine ∗–rekursive Funktion ˇ(a, b, i) mit folgender Lemma 16.2
Eigenschaft: Für jede endliche Folge c0, c1, . . . , cn−1 gibt es a und b, sodaß

ˇ(a, b, i) = ci

f ür i = 0, . . . , n − 1.

Beweis.
ˇ(a, b, i) = z z ≡ a (mod b(i + 1) + 1)
ist ∗–rekursiv. Seien c0, c1 , . . . , cn−1 gegeben. Wir wählen f ür b eine Zahl, die durch
alle Zahlen zwischen 1 und n teilbar ist und die größer ist als alle ci . Dann sind die
b · 1 + 1, b · 2 + 1, . . . , b · n + 1 paarweise teilerfremd. Wenn nämlich p ein Primteiler
von bi + 1 ist, teilt p nicht b. Würde p auch bj + 1 teilen, f ür ein j = i, wäre p Teiler
von b(j − i) und daher auch von von j − i. j − i könnte kein Teiler von b sein, ein
Widerspruch.

a sei eine gemeinsame Lösung der Kongruenzen

a ≡ c0 (mod b · 1 + 1)
a ≡ c1 (mod b · 2 + 1)
.. ..
. .
a ≡ cn−1 (mod b · n + 1)

Weil ci < b(i + 1) + 1, ist ci jeweils die kleinste natürliche Zahl, die zu a kongruent
modulo b(i + 1) + 1 ist.

Beweis von Satz 16.1. Wir müssen zeigen, daß die ∗–rekursiven Funktionen unter
primitiver Rekursion abgeschlossen sind. Nehmen wir also an, daß g und h ∗–
rekursiv sind und daß f definiert ist durch

f (x, 0) = g(x)
f (x, y + 1) = h(x, y, f (x, y)).

Die Relation
 
R(x, y, a, b) ⇔ ˇ(a, b, 0) = g(x) ∧ ∀i < y ˇ(a, b, i + 1) = h(x, i, ˇ(a, b, i))

ist ∗–rekursiv. Offenbar gilt ∀x, y ∃a, b R(x, y, a, b). Also ist

S(x, y) = s ∃a, b ≤ s R(x, y, a, b)

∗–rekursiv. Dann ist


 
f (x, y) = z ∃a, b ≤ S(x, y) R(x, y, a, b) ∧ z = ˇ(a, b, y)

und f ist ∗–rekursiv.


88 III Rekursionstheorie

Übungsaufgaben
Aufgabe 68.
a+b+1
1. Zeigen Sie, daß die Funktion F(a, b) = 2
+ a eine Bijektion zwischen N2 und
N definiert.
c+1 c+1
Hinweis: F bildet die Paare (0, c), (1, c − 1), . . . , (c, 0) auf die Zahlen , 2 + 1, . . . ,
c+1   2

2
+ c = c+2
2
− 1 ab.
2. Zeigen Sie, daß die Umkehrfunktion (f , g): N → N2 ∗–rekursiv ist.
Hinweis: Berechnen Sie zuerst die Funktion F(a, b) → a + b.
3. Folgern Sie aus 1. und 2., daß es eine zweistellige ∗–rekursive Funktion ˇ  (a, i)
gibt, f ür die, mutatis mutandis, Lemma 16.2 gilt.
IV Arithmetik

Wir zeigen im ersten Abschnitt, daß sich alle rekursiven Funktionen in N, der Struk-
tur der natürliche Zahlen, definieren lassen. Daraus ergeben sich sofort die Unent-
scheidbarkeit der Theorie von N und der Erste Gödelsche Unvollständigkeitssatz,
der besagt, daß jede effektiv aufzählbare Teiltheorie unvollständig sein muß. Damit
bleiben in jeder expliziten Axiomatisierung einer Teiltheorie von Th(N) Sätze der
Zahlentheorie unbeweisbar. Wir werden zwei solche Teiltheorien genauer untersu-
chen, die sehr schwache Theorie Q und die sogenannte Peanoarithmetik, die die
Theorie Q um das Induktionsschema erweitert.
Für die Peanoarithmetik P werden wir dann den zweiten Gödelschen Unvoll-
ständigkeitssatz beweisen: Die Konsistenz der Peanoarithmetik ist zwar wahr, aber
in P nicht beweisbar.
Gentzen hat in [9] bewiesen, daß die Konsistenz der Peanoarithmetik in elemen-
tarer Weise aus der„Wohlgeordnetheit von "0“ folgt (siehe Aufgabe 46). Mehr darüber
findet man in Lehrbüchern der Beweistheorie oder in [1].

 17
Definierbare Relationen
Eine Relation R ⊂ Nn heißt arithmetisch, wenn sie in der Struktur Definition

N = (N, 0, S, +, · , <)

definierbar ist.

Das bedeutet, daß f ür eine LN –Formel 

R(a1 , . . . , an ) ⇐⇒ N | [a1 , . . . , an ].

Eine Funktion f heißt arithmetisch, wenn ihr Graph arithmetisch ist:

f (a1 , . . . , an ) = a0 ⇐⇒ N | f [a0 , . . . , an ].

Rekursive Funktionen sind arithmetisch. Lemma 17.1


90 IV Arithmetik

Beweis. Wir verwenden Satz 16.1: Die Grundfunktionen S(x), Ini , C00 , +, ·, K<
sind klarerweise arithmetisch. Zum Beispiel ist
. .
K < (a1 , a2 ) = a0 ⇐⇒ N | (a0 = 0 ∧ a1 < a2 ) ∨ (a0 = S(0) ∧ ¬ a1 < a2 ).

Es bleibt zu zeigen,daß das System aller arithmetischen Funktionen unter den Regeln
R1 und R3 abgeschlossen ist. Um die Notation zu vereinfachen, nehmen wir an, daß
n = 1 und k = 2 sind.

 h und die gi durch i definiert. Dann


R1: Seien h durch  wird h(g1 (x1), g2 (x1)) = x0
durch ∃y1, y2 1(y1 , x1 ) ∧ (y2 , x1) ∧ h (x0 , y1 , y2) definiert.
.
R3 : Sei g(x1 , x2) = x0 definiert durch (x0, x1, x2 ). Dann wird x2 (g(x1 , x2) = 0) =
x0 definiert durch
(0, x1 , x0) ∧ ∀x2 < x0 ¬ (0, x1, x2 ).

Folgerung Alle rekursiv aufzählbaren Relationen sind arithmetisch.

Beweis. Sei R(x1 , . . . , xn ) ⇔ ∃y R(x1 , . . . , xn , y) f ür eine rekursive Relation R.Wenn


(x0 , . . . , xn , y) die charakteristische Funktion von R definiert, wird R definiert von
∃y (0, x1 , . . . , xn , y).

Folgerung Die Theorie


Th(N) = { |  LN –Aussage, N | }
der natürlichen Zahlen ist unentscheidbar.

Beweis. Sei
a = Sa (0)
der kanonische LN –Term, der in N die Zahl a darstellt1 . Wenn Th(N) entscheidbar
wäre, wären alle arithmetischen Mengen

{a | (a ) ∈ Th(N)}

rekursiv. Es gibt aber rekursiv aufzählbare Mengen, die nicht rekursiv sind (Folge-
rung 14.2).

Es gilt sogar:

Satz Th(N) ist nicht arithmetisch.

Beweis. Betrachte die Relation U (e, a),die genau dann gilt,wenn e die Gödelnummer
einer Formel  = (v0 ) ist, f ür die N | (a ). Weil jede arithmetische Relation f ür
geeignetes e die Form
{a | U (e, a)}
1 Rekursive Definition: 0 = 0, a+1 = S(a )
17 Definierbare Relationen 91
hat, kann die Relation ¬ U (x, x) nicht arithmetisch sein. Daraus folgt, daß auch
Th(N) nicht arithmetisch ist.

Erster Gödelscher Unvollständigkeitssatz, [11]. Jede arithmetische Teiltheorie Folgerung 17.2


von Th(N) ist unvollständig.

Beweis. Wenn T arithmetisch ist, ist auch T ∗ = { | T  } arithmetisch. Wäre T


vollständig, wäre aber T ∗ = Th(N).

Übungsaufgaben
Aufgabe 69 (Die arithmetische Hierarchie). Eine Relation R ⊂ Nk ist eine £0n –
Relation, wenn f ür eine rekursive Relation R

R(x1, . . . , xk ) ⇐⇒ ∃y1 ∀y2 ∃y3 . . . R(x1 , . . . , xk , y1 , . . . , yn ).


  
n Quantoren

Komplemente von £0n –Relationen sind ¢0n –Relationen. Zeigen Sie f ür n ≥ 1:

1. Die Klasse der £0n –Relationen ist unter den gleichen Operationen abgeschlossen
wie die Klasse der rekursiv aufzählbar Relationen in Lemma 14.1: Konjunktion,
Disjunktion, Existenzquantifizierung, beschränkte Allquantifizierung und Ein-
setzung von rekursiven Funktionen.
2. Jede arithmetische Relation ist eine £0n –Relation f ür genügend großes n.
3. Es gibt universelle £0n –Relationen und universelle ¢0n –Relationen.
4. Es gibt £0n –Relationen, die nicht ¢0n sind, und ¢0n–Relationen, die nicht £0n sind.

Aufgabe 70. Zwei Teilmengen A und B von N heißen rekursiv trennbar, wenn es eine
rekursive Menge R gibt, die A enthält und zu B disjunkt ist. Zeigen Sie, daß sich
disjunkte ¢01 –Mengen rekursiv trennen lassen.
Hinweis: Wenden Sie den Reduktionssatz aus Aufgabe 59 auf die Komplemente an.

Aufgabe 71. Konstruieren Sie zwei rekursiv aufzählbar Mengen X und Y , f ür die
X \ Y und Y \ X nicht rekursiv trennbar sind.
Hinweis: X = {x | x ∈ W(x)0 }, Y = { x! | x ∈ W(x)1 }.
Wenden Sie den Reduktionssatz auf X und Y an, um zwei disjunkte r.a. Mengen
zu finden, die nicht rekursiv trennbar sind.
92 IV Arithmetik

 18
Das System Q
Die Axiome des Systems Q sind
.
Q1 ∀x x + 0 = x
.
Q2 ∀x, y x + S(y) = S(x + y)
.
Q3 ∀x x · 0 = 0
.
Q4 ∀x, y x · S(y) = x · y + x
Q5 ∀x ¬ x < 0
.
Q6 ∀x, y x < S(y) ←→ (x = y ∨ x < y).

Q ist offenbar eine wahre LN –Theorie (damit meinen wir, daß die Axiome von Q
in N gelten.) Die ersten zwei Axiome kann man auffassen als eine rekursive Definiti-
on der Addition, die nächsten beiden als eine rekursive Definition der Multiplikation
und die letzten beiden als eine rekursive Definition der Kleiner–Relation. Man erhält
zum Beispiel sofort:

Lemma 18.1 In Q sind f ür alle a und b ableitbar:


.
Q∗ 1 a + b = a+b
.
Q∗ 2 a · b = ab
 . . . 
Q∗ 3 ∀x x < a ←→ x = 0 ∨ x = 1 ∨ · · · ∨ x = a−1 .

Man nennt die Theorie, die aus den drei Axiomenschemata Q∗ 1, Q∗ 2, Q∗ 3 besteht,
Q , oder auch Cobhams Theorie. Wir fassen Q∗ als Teiltheorie von Q auf.

Aus Q∗ 3 folgt sofort (durch Induktion über b):

Folgerung Für alle natürlichen Zahlen a und b


.
a = b ⇒ Q∗  ¬ a = b
a < b ⇒ Q∗  a < b
a < b ⇒ Q∗  ¬ a < b

Man schließt leicht daraus (vgl. den Beweis von Satz 18.2:

Folgerung Alle wahren quantorenfreien LN –Aussagen sind in Q∗ beweisbar.

Das läßt sich auch so ausdrücken: Sei M ein Modell von Q∗ und U die Unter-
struktur mit Universum {M ∼
a | a ∈ N}. Dann ist U = N.
18 Das System Q 93
Eine £1 –Formel entsteht aus quantorenfreien Formeln durch Anwenden von Definition
∧, ∨, ∃x und beschränkten Allquantoren

∀x < t.

Dabei ist t ein Term und ∀x < t  bedeutet ∀x (x < t → ).


Eine £1 –Formel im engeren Sinn ist eine Formel, die aus Formeln der Form
. . . . . .
0 = x, S(x) = y, x + y = z, x · y = z, x = y, ¬ x = y, x < y, ¬ x < y entsteht
durch Anwenden von ∧, ∨, ∃x, ∀x < y.

Bemerkung. Jede £1 –Formel ist zu einer £1 –Formel im engeren Sinn äquivalent.


Beweis. Man eliminiert kompliziertere Terme mit Hilfe von Existenzquantoren.Zum
.
Beispiel ist S(x) + y = S(z) äquivalent zu
. . .
∃ x1, z1 (S(x) = x1 ∧ S(z) = z1 ∧ x1 + y = z1 ).

Alle wahren £1 –Aussagen sind in Q∗ beweisbar. Satz 18.2

Beweis. Wir zeigen f ür alle £1 –Formeln (x1, . . . , xn ) im engeren Sinn und alle
natürlichen Zahlen a1 , . . . , an , daß

N | [a1 , . . . , an ] ⇒ Q∗  (a1 , . . . , an )

durch Induktion über den Aufbau von . Wenn  eine Primformel ist, folgt die
Behauptung aus Lemma 18.1. Der Induktionsschritt ist einfach, wenn  eine Kon-
junktion oder eine Disjunktion ist.

Wenn N | ∃x0 [a1 , . . . , an ], ist N | [a0 , a1 , . . . , an ] f ür ein a0 ∈ N. Nach


Induktionsvoraussetzung gilt Q∗  (a0 , a1 , . . . , an ) und daher

Q∗  ∃x0 (x0, a1 , . . . , an ).

Wenn N | ∀x0 < x1 [a1 , . . . , an ], ist N | [a0 , a1 , . . . , an ] und daher nach


Induktionsvoraussetzung Q∗  [a0 , a1 , . . . , an ] f ür alle a0 < a1 . Wegen Q∗ 3
folgt daraus
Q∗  ∀x0 < x1 [a1 , . . . , an ].

Alle rekursiven Funktionen und alle rekursiv aufzählbaren Relationen sind mit Lemma 18.3
£1 –Formeln definierbar.

Beweis. Der Beweis von Lemma 17.1 muß nur an einer Stelle abgeändert werden.
Wenn man zeigen will, daß die £1 –definierbaren Funktionen unter R3 abgeschlossen
.
sind, verwendet man statt ¬ (0, x1, x2) die Formel ∃y(¬ 0 = y ∧ (y, x1 , x2)).

Q ist unentscheidbar.Es ist sogar jede wahre Erweiterung von Q∗ unentscheidbar. Folgerung
94 IV Arithmetik

Beweis. Sei R(x) rekursiv aufzählbar und definiert durch die £1 –Formel . T sei eine
wahre Erweiterung von Q∗ . Dann ist f ür alle a

R(a) → N | (a ) → Q∗  (a ) → T  (a )


¬ R(a) → N | (a ) → T  (a ).

Wenn T entscheidbar wäre, wären also alle rekursiv aufzählbare Relationen rekursiv.

Satz 18.4 Church, [3]. Der Prädikatenkalkül ist unentscheidbar: Es gibt eine endliche
Sprache L, f ür die

{ |  allgemeingültige L–Formel}

nicht rekursiv ist.

Beweis. Q ist endliche unentscheidbare Erweiterung der leeren LN –Theorie. Also


ist nach Aufgabe 64 die leere LN –Theorie unentscheidbar und L = LN beweist den
Satz.

Definition Sei T eine LN –Theorie und f : Nn → N eine Funktion. Die Formel (x0 , . . . , xn )
repräsentiert f in T, wenn f ür alle a0 = f (a1 , . . . , an )
.
T  ∀x(x0 = a0 ←→ (x0, a1 , . . . , an )

Wenn T eine wahre Theorie ist und  die Funktion f repräsentiert, wird f auch
von  definiert. Wenn  eine £1 –Formel ist, und T wahre £1 –Formeln beweist, re-
präsentiert eine £1 –Formel  die Funktion f genau dann, wenn f durch  definiert
wird und f ür alle a1 , . . . , an
  .
T  ∀x0, x0 (x0, a1 , . . . , an ) ∧ (x0 , a1 , . . . , an ) → x0 = x0 .

Wenn die wahre Theorie T effektiv axiomatisierbar ist und f in T von  re-
präsentierbar wird, ist f rekursiv, weil dann die Relation

a0 = f (a1 , . . . , an ) ⇐⇒ T  (a0 , a1 , . . . , an )

rekursiv aufzählbar ist.

Lemma 18.5 Jede rekursive Funktion läßt sich in Q∗ durch eine £1 –Formel repräsentieren.

Beweis. Die Konstruktion im Beweis von Lemma 17.1 (und Lemma 18.3) funktio-
niert auch hier, bis auf den Fall R3. Sei also g(x1 , x2) = x0 in Q∗ repräsentiert durch
(x0 , x1, x2). Dann wird f (x1 ) = x2 (g(x1 , x2) = 0) definiert durch
 
(x0, x1) = ˛(x0 , x1) ∧ ˇ(x0 , x1) ∧  (x0 ) ,
18 Das System Q 95
wobei

˛(x0 , x1) = (0, x1 , x0)


 . 
ˇ(x0 , x1) = ∀x2 < x0 ∃y ¬ 0 = y ∧ (y, x1, x2 )
 2
 (x0 ) = 0 ≤ x0 ∧ ∀z < x0 S(z) ≤ x0 .

(˛ ∧ ˇ) ist die schon im Beweis von Lemma 18.3 benutzte Formel;  (x0 ) trifft in
N auf alle Zahlen zu. Also wird f von definiert. Sei nun a0 = f (a1 ). Wir müssen
zeigen, daß  
.
Q∗  ∀x0 (x0, a1 ) → x0 = a0

 .
Wir argumentieren  in Q : Zunächst ist klar, daß f ür alle a2 ∈ N die Aussage ∃y ¬ 0 =
y ∧ (y, a1 , a2 ) gleichbedeutend ist mit ¬ (0, a1 , a2 ).Nehmen wir an,daß (x0 , a1 )
gilt.Aus  (x0) folgt induktiv, daß x0 entweder größer ist als alle 0, . . . , a0 , oder gleich
einer dieser Zahlen ist. Im ersten Fall würde aus a0 < x0 folgen, daß sich ˛(a0 , a1 )
und ˇ(x0 , a1 ) widersprechen. Wenn x0 gleich einer der Zahlen 0, . . . , a0 − 1 ist, folgt
x0 < a0 , und ˛(x0, a1 ) steht im Widerspruch zu ˇ(a0 , a1 ). Also ist x0 = a0 .

Jede rekursive Relation R wird in Q∗ von einer £1 –Formel  repräsentiert. Das Folgerung
heißt:

R(a1 , . . . , an ) ⇒ Q∗  (a1 , . . . , an )


¬ R(a1 , . . . , an ) ⇒ Q∗  ¬ (a1 , . . . , an )

Beweis. Sei KR repräsentiert von . Setze (x1, . . . , xn ) = (0, x1, . . . , xn).

Fixpunktsatz. Zu jeder LN –Formel (v0 ) gibt es eine LN –Aussage  mit Satz


 
Q∗   ←→  .

Wenn (v0 ) eine £1 –Formel ist, findet man auch  als £1 –Formel.

Beweis. (Eine Variante des Beweises des Fixpunktsatzes von ZFC) Das Einsetzen von
Termen wird beschrieben durch eine rekursive Funktion

Sub((v0 ), a) = (a ).

Sei Sub in Q∗ repräsentiert durch die £1 –Formel  . Dann ist also f ür alle (v0 ) und a
 . 
Q∗  ∀x0 x0 = (a ) ←→  (x0 , (v0 ) , a ) .

Wir setzen
(v0 ) = ∃x0 ( (x0) ∧  (x0 , v0 , v0)).
Dann ist f ür alle (v0 )
   
Q∗  (v0 ) ←→ ((v0 ) ) .
.
2s ≤ t steht für (s < t ∨ s = t).
96 IV Arithmetik

Für  = ergibt sich


   
Q∗   (v0 ) ←→  ( (v0 ) ) .
 
Also leistet  =  (v0 ) das Gewünschte.

Folgerung 18.6 Jede konsistente Erweiterung von Q∗ ist unentscheidbar.

Beweis. Sei T eine entscheidbare Erweiterung von Q ∗ . Die Menge der Gödelnum-
mern aller T beweisbaren Aussagen sei in Q∗ durch die Formel  repräsentiert.

Das heißt, daß Q∗  ( ) f ür in T beweisbare  und Q∗  ¬   f ür in T
unbeweisbare . Mit dem Fixpunktsatz verschaffen wir uns eine Aussage ı mit
 
Q∗  ı ←→ ¬  ı .

Die beiden Implikationsketten


 
T  ı ⇒ Q∗  ¬  ı ⇒ Q∗  ı ⇒ T  ı,

und  
T  ı ⇒ Q∗   ı ⇒ Q∗  ¬ ı ⇒ T  ¬ ı,
zeigen, daß T inkonsistent ist.

Folgerung Jede mit Q konsistente LN –Theorie ist unentscheidbar.

Beweis. T ∪ Q ist eine unentscheidbare endliche Erweiterung von T.


Man kann zeigen, daß sogar jede mit Q∗ konsistente LN –Theorie unentscheidbar ist
(Aufgabe 75).
Gödel hat den Ersten Unvollständigkeitssatz (17.2) auf folgende Weise mit dem
Fixpunktsatz bewiesen: Sei T eine wahre arithmetischen Theorie.Wir wollen zeigen,
daß T unvollständig ist. Die Folgerungen aus T bilden eine arithmetische Menge.
Also gibt es ein  mit  
N |   ⇔ T  
f ür alle . Sei  eine Aussage mit
 
Q∗   ←→ ¬   .

Dann ist  
N |  ⇔ N | ¬   ⇔ T  .
Weil T wahr ist, ist das nur möglich, wenn N |  und T  , wenn also  eine
wahre, aber unbeweisbare Aussage ist.
Folgerung 18.6 impliziert, daß jede konsistente, effektiv axiomatisierbare Erwei-
terung von Q unvollständig ist. Das gilt nicht für arithmetische Erweiterungen:
Bemerkung. Sei L eine endliche (oder rekursive) Sprache. Dann hat jede konsistente
arithmetische L–Theorie eine vollständige, arithmetische Erweiterung.
18 Das System Q 97
Übungsaufgaben
Aufgabe 72. Zeigen Sie: £1 –definierbare Relationen sind rekursiv aufzählbar, £1 –
definierbare Funktionen rekursiv.

Aufgabe 73. Geben Sie einen direkten Beweis von Folgerung 18.6 ohne Verwendung
des Fixpunktsatzes: Zeigen Sie, daß { | Q∗  } und { | Q∗  ¬ } nicht rekursiv
trennbar sind.
Hinweis: Angenommen C wäre eine trennende rekursive Menge von Formeln. Wähle ei-
ne effektive Aufzählung 0 (x), 1 (x), . . . aller LN –Formeln mit freier Variable x. Dann wäre
U (e, a) ←→ e (a ) ∈ C eine universelle rekursive Menge. Widerspruch.

Aufgabe 74. Betrachten Sie f ür jedes n die LN –Aussage


n
 . . . 
n = ∀x x < a ←→ (x = 0 ∨ x = 1 ∨ · · · ∨ x = a−1 ) .
a=0

Zeigen Sie, daß sich jede rekursive Funktion f : Nn → N von einer £1 –Formel 
repräsentieren läßt, f ür die zusätzlich f ür alle a0 = f (a1 , . . . , an )
   . 
∀x0 (x0, a1 , . . . , an ) ∧ a1 ∧ · · · ∧ an → x0 = a0 ∧ a0

allgemeingültig ist. Folgern Sie daraus, daß sich jede rekursive Menge R von einer
£1 –Formel (x) repräsentieren läßt, f ür die zusätzlich gilt

¬ R(a) ⇒  ¬ ( a ∧ (a )).

Aufgabe 75.

1. Die beiden Aussagenmengen { | Q∗  } und { |  ¬ } sind nicht rekursiv


trennbar.
2. Jede LN Theorie T, die mit Q∗ konsistent ist, ist unentscheidbar.

Hinweis: Verwenden Sie Aufgabe 74 und den Hinweis von Aufgabe 73.

Aufgabe 76. Zeigen Sie Tarskis Satz über die Wahrheitsdefinition f ür Q∗ :
Es gibt keine Formel W(x), so daß für alle Aussagen 

Q∗   ←→ W().

Aufgabe 77. Zweitstufige L–Formeln enthalten zusätzliche Variablen V0, V1 . . ., die


über alle3 Teilmengen einer Struktur laufen. Die Variablen erscheinen in neuen ato-
maren Formeln t  Vi („t ist Element von Vi“) und werden wie die Variablen erster
Stufe quantifiziert. Beweisen Sie:

1. Es gibt eine monadische LN –Aussage zweiter Stufe, die N bis auf Isomorphie
charakterisiert.
3 Das ist die Standardinterpretation. Vergleichen Sie dazu Aufgabe 79
98 IV Arithmetik

2. Die Menge der allgemeingültigen monadische LN –Aussagen zweiter Stufe ist nicht
rekursiv aufzählbar.
Aufgabe 78. Sei M = (b0 , . . . , bN ) eine Registermaschine über dem Alphabet {|}, R
sei die Zahl der Register und bN der einzige Stopbefehl.
Betrachte die Sprache LM = {0, f , z0, . . . , zN }, mit einer Konstanten 0, einem
einstelligen Funktionszeichen f und R–stelligen Relationszeichen z0 , . . . , zN . M0 sei
die L–Struktur (N, 0, S, Z00, . . . , ZN0 ), wobei Zc0 (n0 , . . . , nR−1 ) genau dann gilt, wenn
M mit leerer Eingabe die Konfiguration (c, n0, . . . , nR−1 ) erreicht.

1. Konstruieren Sie eine L–Aussage  mit folgenden Eigenschaften:


• M0 ist ein Modell von .
• Wenn (A, O, F, Z0, . . . , ZN ) ein Modell von  ist und Zc0 (n0 , . . . , nR−1 ) gilt,
dann gilt auch Zc (F n0 (O), . . . , F nR−1 (O)).

2. Zeigen Sie, daß  → ∃x0, . . . , xR−1 zN (x0 , . . . , xR−1 ) genau dann allgemeingültig
ist, wenn M bei leerer Eingabe stoppt.
3. Folgern Sie Satz 18.4 aus der Unlösbarkeit des Halteproblems (Aufgabe 58).
19 Peanoarithmetik 99
 19
Peanoarithmetik
Die Axiome der Peanoarithmetik4 P sind die Axiome von Q und das Induktionssche-
ma:   
∀x1 , . . . , xn (x̄, 0) ∧ ∀y((x̄, y) → (x̄, S(y)) → ∀y(x̄, y)
Ein Modell von Q ist genau dann ein Modell von P, wenn jede definierbare Menge
von Elementen, die 0 enthält und unter S abgeschlossen ist, alle Elemente enthält.
Insbesondere sind die natürlichen Zahlen ein Modell von P.

In P sind ableitbar: Lemma

1. Die Nachfolgeroperation S ist injektiv. Jedes Element außer 0 hat einen Vor-
gänger.
2. < ist eine lineare Ordnung. 0 ist kleinstes Element; S(x) ist unmittelbarer
Nachfolger von x.
3. +, · definieren einen kommutativen Halbring mit Nullelement 0 und Einsele-
ment 1 .
.
4. + und · sind monoton. Es gilt x ≤ y ←→ ∃z x + z = y.

Das ist alles, was man braucht, um elementare Zahlentheorie zu entwickeln.


Nach Satz 17.2 ist P zwar unvollständig (siehe auch Abschnitt 20), man hat aber erst
spät „mathematische“ Sätze gefunden, die in P nicht beweisbar sind: der Satz von
Goodstein (siehe Aufgabe 47) ist ein solches Beispiel ( [17]).

Beweis. Ich zeige nur 2. Der Beweis der anderen Behauptungen ist ebenso leicht.
Beweis von 2: Aus Q6 folgt, daß die Menge aller x, die größer oder gleich 0 sind, unter
S abgeschlossen ist. Mit dem Induktionsaxiom folgt also

(19.1) 0 ≤ y.

f ür alle x. Als nächstes zeigen wir, daß f ür alle x

(19.2) ∀y (y < x → S(y) ≤ x).

Die Menge A aller Elemente mit dieser Eigenschaft enthält 0 wegen Q5. Nehmen wir
an, daß x ∈ A. Um zu zeigen, daß S(x) ∈ A, betrachten wir ein y < S(x). Aus Q6 folgt
y ≤ x. Wenn y < x, folgt S(y) ≤ x, weil x ∈ A, und daraus S(y) < S(x) wegen Q6.
Aus y = x folgt S(y) = S(x).

Jetzt zeigen wir durch Induktion,daß alle x mit allen anderen Elementen vergleichbar
sind. Wegen (19.1) ist Null mit allen Elementen vergleichbar. Nehmen wir an, daß x
mit allen Elementen vergleichbar ist. Dann ist auch S(x) mit jedem y vergleichbar:
Wenn y ≤ x, ist y < S(x) wegen Q6, und wenn x < y, ist S(x) ≤ y wegen (19.2).
4 Guiseppe Peano (1858-1932) Turin. Analysis, Differentialgleichungen, Mathematische Logik, Lingui-
stik
100 IV Arithmetik

Die Transitivität
x<y<z→x<z
beweisen wir mit Induktion über z. Für z = 0, ist nichts zu zeigen. Aus x < y < S(z)
folgt x < y ≤ z und daraus, nach Induktionsvoraussetzung, x < z und damit
x < S(z).
Auch die Irreflexivität
¬x < x
beweisen wir durch Induktion: ¬ 0 < 0 folgt aus Q5. Für den Induktionsschritt
nehmen wir an, daß S(x) < S(x). Daraus folgt S(x) ≤ x. Zusammen mit x < S(x) und
der Transitivität ergibt sich x < x, was der Induktionsvoraussetzung widerspricht.
Für lineare Ordnungen drückt Q6 gerade aus, daß S(x) unmittelbarer Nachfolger
von x ist.

Das nächste Lemma bedeutet, daß alle Modelle von P definierbar–wohlgeordnet


sind: Jede nicht–leere definierbare Teilmenge hat ein kleinstes Element.

Lemma Verallgemeinerte Induktion. In P ist beweisbar:


  
∀x1 , . . . , xn ∀y(∀z < y (x̄, z) → (x̄, y) → ∀y(x̄, y) .

Beweis. Wir halten x1, . . . , xn fest und nehmen an, daß ∀y(∀z < y (x̄, z) →
(x̄, y) . Sei A die Menge aller y mit ∀z < y (x̄, z). A enthält 0 und, wenn y zu
A gehört, folgt (x̄, y) und damit S(y) ∈ A. Also gehören alle Elemente zu A.
Sei (v0, . . . , vn ) eine £1 –Formel, die in P eine Funktion definiert:

P  ∀v1 , . . . , vn ∃ ! v0(v0 , . . . , vn ).

Wir f ühren f ür jedes solche  ein Funktionszeichen F ein. L∗ sei die so entstandene
Erweiterung von LN und
 
P∗ = P ∪ ∀v1 , . . . , vn (F (v1 , . . . , vn ), v1, . . . , vn )   wie oben

die entsprechende definitorische Erweiterung von P. Wir nennen F eine £P1 –Funk-
tion.
Im Exkurs über definitorische Erweiterungen haben wir gesehen, daß P∗ eine
konservative Erweiterung von P ist und daß jede L∗ –Formel in P∗ zu einer LN –
Formel äquivalent ist (Satz 8.1). Insbesondere gilt in P∗ das Induktionsschema f ür
alle L∗ –Formeln.Wenn man sich den Beweis von 8.1 vor Augen f ührt, sieht man, daß
jede £1 –Formel aus L∗ in eine £1 –Formel aus LN übersetzt wird. Daraus folgt, daß
P∗∗ nichts neues liefert, was wir als P∗∗ = P∗ notieren.
.
Jedes F definiert eine Funktion Nn → N, die in P∗ durch die Formel v0 =
F (v1 , . . . , vn ) repräsentiert wird, in P aber durch .

Satz 19.1 Jede primitiv rekursive Funktion ist durch eine £P1 –Funktion definierbar.
19 Peanoarithmetik 101
Zum Beweis brauchen wir ein Lemma.

i) Die Gödelsche ˇ–Funktion ist durch eine £P1 –Funktion, die wir wieder mit ˇ Lemma
bezeichnen, definierbar.
ii) Für diese Funktion gilt
 . . 
P∗  ∀a, b, c, i ∃ a , b ∀j < i ˇ(a, b, j) = ˇ(a , b , j) ∧ c = ˇ(a , b , i)

Beweis.
1. ˇ(a, b, i) wird von der £1 –Formel
 . 
(v0 , v1 , v2 , v3) = v0 < v2 (v3 + 1) + 1 ∧ ∃y v1 = v0 + y(v2 (v3 + 1) + 1)

definiert (vgl. Lemma 16.2).


2. Die in P∗ zu beweisende Eigenschaft ist wahr. Denn wenn a, b, c, i gegeben sind,
wendet man 16.2 auf die Folge

c0 = ˇ(a, b, 0), . . . , ci−1 = ˇ(a, b, i − 1), ci = c

an. Man erhält a , b mit

c0 = ˇ(a , b, 0), . . . , ci−1 = ˇ(a , b, i − 1), ci = ˇ(a , b, i).

Die Behauptung folgt jetzt aus dem Prinzip, daß sich alle einfachen arithmeti-
schen Sachverhalte in P∗ beweisen lassen.

Beweis von Satz 19.1. Die definierenden Formeln f ür S,Ini und C00 definieren offenbar
£P1 –Funktionen (siehe Lemma 17.1). Ebenso wie in 17.1 sieht man, daß man durch
Einsetzen von £P1 –Funktionen in £P1 –Funktionen wieder £P1 –Funktionen erhält. Es
bleibt zu zeigen,daß die £P1 –Funktionen unter primitiver Rekursion (R2) abgeschlos-
sen sind. Sei also f gegeben durch

f (x, 0) = g(x), f (x, y + 1) = h(x, y, f (x, y))

und seien g und h definiert durch die £P1 –Funktionen G und H. Dann wird f definiert
durch die die £1 –Formel

(v0 , v1 , v2 ) = ∃a, b ¥ (v0 , v1 , v2, a, b),

wobei
 .
¥ (v0, v1 , v2 , a, b) = ˇ(a, b, 0) = G(v1 )
.
∧ ∀x < v2 ˇ(a, b, x + 1) = H(v1 , x, ˇ(a, b, x))
. 
∧ v0 = ˇ(a, b, v2 ) .

Die Funktionalität von  beweisen wir in P∗ durch Induktion über v2 :


102 IV Arithmetik

• v2 = 0 :
Es ist klar,daß P∗  ∃ ! v0 (v0 , v1, 0): Nach dem Lemma gibt es a, b mit ˇ(a, b, 0) =
G(v1 ). Wenn (v0 , v1 , 0) gilt, muß v0 gleich G(v1 ) sein.
• v2 → v2 + 1 :
Um zu zeigen, daß es ein v0 mit (v0 , v1, v2 + 1) gibt, wählen wir zunächst
mit Hilfe der Induktionsvoraussetzung ein y f ür das (y, v1 , v2) und a , b mit
¥ (y, v1 , v2 , a , b). Das Lemma liefert a, b mit ∀x ≤ v2 ˇ(a , b, x) = ˇ(a, b, x)
und ˇ(a, b, v2 + 1) = H(v1 , v2 , y) = v0 . Dann gilt ¥ (v0 , v1 , v2 + 1, a, b) und
(v0 , v1 , v2 + 1).
Sei (v0 , v1 , v2 + 1) f ür ein anderes v0 . Es gibt dann a, b mit ¥ (v0 , v1 , v2 + 1, a, b).
Sei y = ˇ(a, b, v2 ). Dann gilt ¥ (y , v1, v2 , a, b) und y = y nach Induktionsvor-
aussetzung. Es folgt v0 = H(v1 , v2 , y ) = H(v1 , v2 , y) = v0 .
Zusatz 19.2. Wenn die £P1 –Funktion F(x, y) wie eben durch primitive Rekursion aus
H und G definiert wird, ist folgendes in P∗ beweisbar:
 . . 
(19.3) ∀x F(x, 0) = G(x) ∧ ∀y F(x, y + 1) = H(x, y, F(x, y) .

Das Teilsystem von P∗ , das aus P durch Hinzuf ügen der Aussagen (19.3) f ür alle
primitiv rekursiven Funktionen entsteht, nennt man primitiv rekursive Arithmetik.
Genauer geht man so vor: Für alle Terme G und H (und jede Stelligkeit), f ügt man ein
neues Funktionszeichen F und das Axiom (19.3) ein. Dieser Prozeß wird abzählbar
oft iteriert.

Definition Eine P1 –Formel  ist eine £1 –Formel, die in P zur Negation einer £1 –Formel
äquivalent ist:
P   ←→ .

Folgerung Jede primitiv rekursive Relation ist durch eine P1 –Formel definierbar.

Beweis. Sei R primitiv rekursiv. Nach Satz 19.1 wird KR von einer £1 –Formel  de-
finiert, deren Funktionalität in P beweisbar ist. Dann wird R von (0, x1 , . . . , xn )
definiert und die Äquivalenz ¬ (0, x1, . . . , xn) ←→ (1 , x1, . . . , xn ) ist in P be-
weisbar.
Man kann mit den eben angegebenen Methoden leicht zeigen, daß sich die pri-
mitiv rekursive Funktion

ˇ  (a, i) = ˇ((a)0 , (a)1 , i)

mit einer £P1 –Funktion definieren läßt. Damit erhalten wir wie im Lemma

 . . 
Folgerung 19.3 P∗  ∀a, c, i ∃ a ∀j < i ˇ  (a, j) = ˇ  (a , j) ∧ c = ˇ  (a , i) .
19 Peanoarithmetik 103
Übungsaufgaben
Aufgabe 79. Eine LN –Struktur zweiter Stufe ist ein Paar (M, S), wobei M eine LN –
Struktur und S eine Menge von Teilmengen von M ist.Wir sprechen über Strukturen
mit zweitstufigen Formeln, in denen wir neue Variablen V0, V1, . . . f ür Mengen ver-
wenden und neue Primformeln t  Vi . Die Peanoarithmetik zweiter Stufe P2 besteht
aus den Axiomen von Q, dem Komprehensionsschema
  
∀x̄, X̄ ∃X ∀y y  X ↔ (x̄, X̄, y)

f ür zweitstufige Formeln , in denen über Mengenvariablen nicht quantifiziert wird,


und dem Induktionsaxiom
  
∀X 0  X ∧ ∀y (y  X → S(y)  X) → ∀y y  X .

Das Standardmodell von P2 ist (N, P(N)).


Zeigen Sie, daß aus P2 die gleichen erststufigen Aussagen folgen sind wie aus P.
Hinweis: Wenn M ein Modell von P ist, und S die Menge mit Parametern definierbaren
Teilmengen von M. Dann ist (M, S) ein Modell von P2 .

Aufgabe 80. Man zeige, daß nicht jede rekursive Funktion durch eine £P1 –Funktion
definiert werden kann.
Hinweis: Sei 0 , 1 , . . . eine rekursive Aufzählung aller einstelligen £P1 –Funktionen i (v0 , v1 )
und f1 , f2 , . . . die dadurch definierten Funktionen N → N. Dann ist f (x) = fx (x) + 1 ein
Gegenbeispiel.

Aufgabe 81. Beweisen Sie, daß jede quantorenfreie L∗ –Formel in P∗ zu einer P1 –
Formel äquivalent ist.
104 IV Arithmetik

 20
Der Zweite Gödelsche Unvollständigkeitssatz
Wir beginnen mit einer allgemeinen Beobachtung. Wir sagen, daß eine Formel  =
(x̄) logisch aus T folgt, wenn ∀x̄  in allen Modellen von T gilt (vergleiche die
Definition auf Seite 23.)

Lemma Deduktionslemma. Sei T eine L–Theorie. Eine L–Formel  folgt genau dann
logisch aus T, wenn  im Hilbertkalkül aus den Axiomen von T herleitbar ist.

Beweis. Nehmen wir an, daß  = (x̄) logisch aus T folgt. Aus Folgerung 4.4 folgt
die Existenz von 1 , . . . , n aus T, f ür die 1 ∧ · · · ∧ n → ∀x̄  einen Beweis im
Hilbertkalkül hat. Es ist nun leicht zu sehen, daß im Hilbertkalkül  aus 1 ∧ · · · ∧
n → ∀x̄  und den Axiomen 1 , . . . , n herleitbar ist.
Die Umkehrung zeigt man durch Induktion über die Länge der Herleitung von
. Die Behauptung ist klar, wenn  ein Kalkülaxiom oder ein Axiom von T ist.
Schließlich prüft man leicht nach, daß die beiden Schlußregeln Modus Ponens und ∃–
Einführung Formeln, die logisch aus T folgen, in Formeln überf ühren, die ebenfalls
logisch aus T folgen.

Wir wollen das Beweisbarkeitsprädikat f ür die Peanoarithmetik definieren. Zu-


nächst beschreiben wir die primitiv rekursiven Relationen

• Aus = {|  LN –Aussage}


• Ax = {|  LN –Formel, Axiom des Hilbertkalküls oder Axiom von P}
  
 , ,  LN –Formeln,  folgt aus und  mit einer
• Reg = (,  , ) 
der Regeln des Hilbertkalküls
durch £1 –Formeln. Die £1 –Formel
 
B (s, n) = ∀i < n Ax(ˇ  (s, i)) ∨ ∃j, k < i Reg(ˇ  (s, i), ˇ (s, i), ˇ (s, k)) ,

definiert dann in N die Menge aller Paare (s, n), f ür die ˇ  (s, 0),. . . ˇ (s, n − 1) eine
Herleitung aus den Axiomen von P ist (im Sinn der Definition S. 19). Das vorläufige
Beweisbarkeitsprädikat wird dann definiert durch
 . 
Bew (f ) = Aus(f ) ∧ ∃ n, s ˇ  (s, n) = f ∧ B (s, n + 1) .

Aus dem Deduktionlemma folgt, daß Bew in N die Menge der Gödelnummern der
in P beweisbaren Aussagen definiert.
Man kann leicht zeigen (wie im Beweis von Lemma 20.2), daß Bew  die auf Seite
63 eingef ührten Loebaxiome L1 und L2 erf üllt. Für die Gültigkeit von L3 müßte
man aber die Formeln Ax und Reg sorgfältiger wählen. Es genügt nicht, zu wissen,
daß Ax und Reg in N die richtigen Relationen definieren. Um L3 in einfacher Weise
zu erf üllen, verwenden wir einen Kunstgriff. Wir f ügen zu den Axiomen von P alle
wahren £1 –Aussagen hinzu. Das ändert nichts an der Theorie, weil nach Satz 18.2
alle wahren £1 –Aussagen in P beweisbar sind.
Wir machen Gebrauch von folgendem Lemma, das wir später (S. 107) beweisen.
20 Der Zweite Gödelsche Unvollständigkeitssatz 105
Es gibt eine £1 –Formel W1 (x), sodaß f ür alle £1 –Aussagen  Lemma 20.1

P   ←→ W1 ( ).

Für Q∗ , und damit auch f ür die Peanoarithmetik, läßt sich leicht das Analogon
von Tarskis Satz über die Wahrheitsdefinition beweisen (siehe Aufgabe 76). Das
Lemma gilt also nicht f ür beliebige Aussagen .
Weil die Menge der Gödelnummern von £1 –Aussagen primitiv rekursiv ist,
können wir annehmen, daß
P  ¬ W1 (n ),
wenn n nicht die Gödelnummer einer £1 –Aussage ist.
Wir setzen jetzt

B(s, n) = ∀i < n W1 (ˇ  (s, i)) ∨ (Ax(ˇ (s, i))∨

∨ ∃j, k < i Reg(ˇ  (s, i), ˇ (s, j), ˇ (s, k))

und
 . 
Bew(f ) = Aus(f ) ∧ ∃ n, s ˇ  (s, n) = f ∧ B(s, n + 1) .

Es ist klar, daß Bew in N die Menge der Gödelnummern der in P beweisbaren
Aussagen definiert.

Bew(x) erf üllt die Loeb–Axiome: Lemma 20.2

L1 P   ⇒ P  Bew( )
L2 P  Bew( ) ∧ Bew(→  ) → Bew(  )
 
L3 P  Bew( ) → Bew Bew( )

Beweis. L1: Wenn P  , ist N | Bew( ). Weil Bew( ) eine £1 –Formel ist,
folgt P  Bew( ). Die Umkehrung gilt natürlich auch (Satz 18.2).

L2: Es ist klar, daß P  Reg(  ,  , →  ) und P  Aus(  ). Jetzt
argumentieren wir in P. Angenommen Bew() und Bew( → ), dann gibt es
s, m und t, n mit ˇ  (s, m) = , ˇ  (t, n) =  → , B(s, m + 1) und B(t, n + 1).
Wegen der Eigenschaften von ˇ  (Folgerung 19.3), gibt es ein u, sodaß f ür alle i ≤
m+n+2

⎪ 
⎨ˇ (s, i) , wenn i ≤ m

ˇ (u, i) = ˇ  (t, i − m − 1) , wenn m < i ≤ m + n + 1


  , wenn i = m + n + 2.

Es ist klar, daß B(u, m + n + 3). Damit ist gezeigt, daß Bew( ).

L3: Für alle £1 –Aussagen gilt P  → Bew(  ). Beweis: Weil Aus(f ) eine
£1 –Formel ist, ist Aus(  ) in P beweisbar.Wir argumentieren jetzt in P: Aus folgt
106 IV Arithmetik

wegen Lemma 20.1, daß W1 ( ). Wir wählen ein s, sodaß ˇ  (s, 0) =  . Dann gilt
B(s, 1). Zusammen mit Aus( ) folgt Bew( )

Wenn F eine Formel ist, deren Negation allgemeingültig ist, drückt die Aussage

CONP = ¬ Bew(F )

die Konsistenz von P aus. Aus Lemma 20.2 und dem Fixpunktsatz ergibt sich, wie
früher

Satz Zweiter Gödelscher Unvollständigkeitssatz für P, [11]. CONP ist wahr, aber in
P unbeweisbar.

Statt den Beweis des Zweiten Gödelschen Unvollständigkeitssatzes f ür ZFC zu


wiederholen, zeigen wir eine Verallgemeinerung, den Satz von Loeb.

Satz 20.3 Loeb. Für jede LN –Aussage ist

P  Bew(Bew(  )→ ) → Bew(  ).

Folgerung P  Bew(  ) → ⇒ P  Bew .

Für = F ergibt sich


P  CONP ⇒ P  F,
Das ist der zweite Gödelscher Unvollständigkeitssatz f ür P. Umgekehrt läßt sich der
Satz von Loeb auffassen als der zweite Gödelsche Unvollständigkeitssatz f ür P∪{¬ }.

Beweis. Der Übersichtlichkeit zuliebe schreiben wir 2  f ür Bew( ).5 Zunächst
bemerken wir, daß, wie in Folgerung 11.2, aus L1 und L2 folgt

(20.1) P  → ⇒ P  2  → 2
(20.2) P  2 ( ∧ ) ←→ (2  ∧ 2 ]).
5 Diese Notation ist dem Artikel [23] entnommen. Solovay betrachtet modallogische Formeln f =

f (p1 , . . . , pn ). Das sind Formeln, die sich aus den Aussagenvariablen pi mit ¬ , ∧ und 2 aufbauen. Wir
schreiben  f , wenn P  f (1 , . . . , n ) für alle LN –Aussagen i . Das Hauptresultat von [23] besagt, daß
 f genau dann, wenn f sich mit den Regeln
•  f ,  f → g ⇒  g
•  f ⇒  2 f
aus Tautologien und den Axiomen
•  2 f ∧ 2 (f → g) → 2 g
•  2f → 22f
•  2 (2 f → f ) → 2 f
herleiten läßt. Das letzte Axiomenschema ist der Loebsche Satz.
20 Der Zweite Gödelsche Unvollständigkeitssatz 107
Aus dem Fixpunktsatz folgt die Existenz eines  mit

(20.3) P   ←→ (2  → ).

Daraus folgt mit (20.1)

(20.4) P  2  → 2 (2  → ).

L3 entspricht

(20.5) P  2  → 2 2 .

Aus (20.2) und (20.1) folgt

(20.6) P  (2 (2  → ) ∧ 2 2 ) → 2

Aus (20.4),(20.5) und (20.6) folgt

(20.7) P  2 → 2

und daraus mit (20.3)


P  (2 → ) → .
Mit (20.1) ergibt sich
P  2 (2 → ) → 2 ,
mit (20.7) folgt die Behauptung

P  2 (2 → )→2 .

Beweis von Lemma 20.1. Wir überlegen uns zuerst, daß es genügt, die Behauptung
f ür £1 –Formeln im engeren Sinn zu beweisen. Nehmen wir an, daß W1 eine Wahr-
heitsdefinition f ür £1–Formeln im engeren Sinn ist.Die Funktion,die der Gödelnum-
mer einer £1 –Formel die Gödelnummer einer beweisbar äquivalenten £1 –Formel im
engeren Sinn zuordnet, sei durch eine £P1 –Funktion ES definiert, (siehe Bemerkung
auf S.93.) Dann ist W1(x) = W1 (ES(x)) eine Wahrheitsdefinition f ür alle £1 –Formeln.
Alle £1 –Formeln im Beweis seien £1 –Formeln im engeren Sinn. Wir notieren
endliche Folgen von Zahlen als  , , . . . und schreiben in Anlehnung an die Notation
von Lemma 13.6 ( )i f ür das Element mit Index i.
Eine £1 –Formel (v0 , . . . , vs−1 ) trifft genau dann auf eine Folge  der Länge s zu,
wenn es eine Folge 0 , . . . , N von £1 –Formeln gibt und eine Folge 0, . . . , N von
endlichen Folgen, sodaß N = , N =  und f ür alle n ≤ N

• Wenn sn die Länge von n ist, kommen höchstens die Variablen v0 , . . . , vsn −1 frei
in n vor.
.
• Wenn n = 0 = vi , ist 0 = (n )i .
.
• Wenn n = S(vi ) = vj , ist (n )i + 1 = (n )j .
.
• Wenn n = vi + vj = vk , ist (n )i + (n )j = (n )k .
.
• Wenn n = vi · vj = vk , ist (n )i · (n )j = (n )k .
108 IV Arithmetik
.
• Wenn n = vi = vj , ist (n )i = (n )j .
.
• Wenn n = ¬ vi = vj , ist (n )i = (n )j .
• Wenn n = vi < vj , ist (n )i < (n )j .
• Wenn n = ¬ vi < vj , ist (n )i < (n )j .
• Wenn n =   ∧  , gibt es n , n < n, mit n =   , n =   und n = n = n .
• Wenn n =   ∨   , gibt es n < n, mit n =   und n = n oder ein n < n mit
n =   und n = n .
• Wenn n = ∃vi  , gibt es ein n < n mit n =   und (n )k = (n )k f ür alle k mit
k < min(sn , sn ) und k = i.
• Wenn n = ∀vi < vj   , gibt es f ür alle a < (n )j ein n < n mit n =   sowie
(n )i = a und (n )k = (n )k f ür alle k mit k < min(sn , sn ) und k = i.
Man verwendet jetzt, daß die verwendeten Zerlegungen von Formeln in ihre Be-
standteile primitiv rekursiv sind. Das heißt zum Beispiel, daß die Menge

{∀vi < vj   | i, j ∈ N,   £1 –Formel}

und die Funktionen

f (∀vi < vj   ) = i
g(∀vi < vj   ) = j
h(∀vi < vj   ) =   

primitiv rekursiv sind. Wegen Satz 19.1 ist das also alles £1 –definierbar. Wenn wir
endliche Folgen mit Hilfe der ˇ  –Funktion beschreiben (siehe Folgerung 19.3), er-
halten wir eine £1 –Formel W1 (f , a), sodaß f ür alle £1 –Formeln  = (v0 , . . . , vs−1 )
 
P∗  ∀a (ˇ  (a, 0 ), . . . , ˇ  (a, s−1 )) ←→ W1 ( , a) .

Man zeigt das durch Induktion über den Aufbau von .


Schließlich setzen wir W1 (x) = W1 (x, 0).

Übungsaufgaben
Aufgabe 82. Man definiert auf folgende Weise die Semantik modallogischer Formeln.
Sei F = (F, R) eine Struktur mit einer zweistelligen Relation und F: F × M → W, F
eine Abbildung ,die jedem Element e von F eine Wahrheitswertbelegung F (e, −) der
Aussagenvariablen aus M zuordnet. Wir setzen F auf modallogische Formeln fort
durch F (e, ¬ f ) = ¬ F(e, f ),F(e, f ∧g) = F (e, f )∧F(e, g) und F (e, 2 f ) = W,
wenn F (e, f ) = W f ür alle e ∈ F mit eRe .
Sei R eine transitive und fundierte Struktur, d.h. ohne eine unendliche Kette
e0 Re1 Re2 . . .. Zeigen Sie, daß F(e, f ) = W f ür alle F , alle e ∈ F und alle Formeln f ,
die in Solovays Kalkül (siehe Fußnote 5) beweisbar sind.
Hinweis: Durch Induktion über die Länge des Beweises von f . Interessant ist nur der Fall
f = 2 (2 g → g) → 2 g.
In [23] wird gezeigt, daß auch die Umkehrung gilt.
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[24] K. Tent and M. Ziegler. Model Theory. 2010. In preparation.
Index

Rr , 67 , 62, 83
˛ + 1, 55 f (x) = y, 45
∀x < t, 93 f : a → b, 46
∀–Einf ührung, 18 f [c], 46
∀–Quantorenaxiome, 17 f  c, 46
A ≡ B, 10 ' n , 82
A | , 10 'en , 82
.
A | [ˇ], 8 =, 4
a  b, 58 Ini , 69
a ∼ b, 58 Im(R), 45
a × b, 45 →, 5
a × b × c, 45 <, 53
|a|, 58 Khr,s, 70
↔, 5 KR , 74
∀, 5 + , 59
∃x1, x2 , . . . , xn , 5 x ≤ y, 53
A∗ , 68 ∧, 4
N
ˇ xa , 9 i=1 , 35
ˇ(a, b, i), 87, 101 ∧ · · · ∧, 5
ˇ  (a, i), 102 LN , 2
 , 17 LR , 2
L , 17 LMe , 2, 41
C00 , 69 lg(x), 76
Cnm , 70 Lr , 70
a , 90 M(K), 68
dom(R), 45 | , 13
P1 –Formel, 102 N, 2
∨, 5 N(x, y), 77

·N· · ∨, 5 n, 51
i=1 , 35 N, 2
∃!, 46 ¬,4
∃–Einf ührung, 15 On, 55
∃–Quantorenaxiome, 14 !, 52
"0 , 61 ∅, 43
∃, 4 P(y), 45
n
FM , 68 pn , 76
(x1 , . . . , xn ), 9 P, 99
 xs , 10 ¢0n –Relation, 91
112 Index

Q, 92 allgemeingültige
Q∗ , 92 aussagenlogische Formel, 13
R−1 , 46 Formel, 13
S, 2, 69 Allquantor, 5
s(x), 51 ∀–Einf ührung, 18
£1 –Formel, 93 ∀–Quantorenaxiome, 17
im engeren Sinn, 93 beschränkter, 93
£0n –Relation, 91 Anfangskonfiguration, 68
£P1 –Funktion, 100 archimedischer Körper, 12
Sub, 62, 95 arithmetische Hierarchie, 91
arithmetische Relation, 89
T L , 21
atomare Formel, 4
Th( ), 26, 90
Aussage, 10
Tn (m, x1 , . . . , xn , g), 79
Aussagenlogik, 13
t xs , 10
aussagenlogische Formel, 13
t A [ˇ], 8 Aussagenvariable, 13
T  , 23 Aussonderungsaxiom, 43
T | , 23 Auswahlaxiom, 49
 1 , . . . , xn ), 8
t(x Auswahlfunktion, 57
y, 44 Automorphismus, 7
V, 43 Axiome des Hilbertkalküls, 17
We , 80 ∃–Quantorenaxiome, 14
(x)i , 76 abgeleitete Axiome
(x, y), 44 ∀–Quantorenaxiome, 17
x0 , . . . , xn−1!, 76 Gleichheit, 14
{x, y}, 44 Tautologie, 14
x ist frei f ür s in , 11 Axiome von ZFC, 43
x ∩ y, 43 Aussonderung, 43
x ∪ y, 44 Auswahl, 49
. 74 Ersetzung, 46
x −y,
Extensionalität, 42, 43
x \ y, 43 Fundierung, 48
x ⊂ y, 43 Paarmenge, 44
y, z), 45
(x,  Potenzmenge, 45
z | (z, y1 , . . . , yn ) , 42 Unendlichkeit, 49
Vereinigung, 44
Abbildung
Belegung, 8
ordnungstreue, 57
berechenbare Funktion, 68
abgeleitete Axiome und Regeln, 17
beschränkter Allquantor, 93
abzählbare Menge, 59 Betafunktion, siehe Gödels ˇ–Funktion
Ackermann, 73 Beth, 32
Ackermannfunktion, 73 Satz von, 32
Addition, 54, 60 Beweis, 19, 83
Äquivalenz beweisbare Formel, 17
elementare Ä. von Strukturen, 10 Beweisbarkeit, 17, 23
Junktor, 5 Beweisbarkeitsprädikat
von aussagenlogischen Formeln, 16 von P, 105
von Formeln, 33 von ZFC, 63
von Theorien, 49 bijektive Funktion, 46
Index 113
Bildbereich, 45 endliche Axiomatisierbarkeit, 26
Bindungsstärke, 5 endliche Menge, 59
Boolesche Algebra, 15 entscheidbare Theorie, 83
erblich endliche Menge, 56
CONP , 106 erf üllen, 10
CONZFC , 64 Ersetzungsaxiom, 46
Cantor, 59 Erster Gödelscher Unvollständigkeitssatz,
Satz von, 59 65, 91
Cantorsche Normalform, 61 Erweiterung
CH, 59 definitorische, 47
charakteristische Funktion, 74 konservative, 47
Church, 79, 94 erzeugte Unterstruktur, 7
Satz von, 94 existentielle Formel, 33
Churchsche These, 79 Existenzeinf ührung, 15
Cobhams Theorie, 92 Existenzquantor, 4
Craig, 30 ∃–Quantorenaxiome, 14
Craigscher Interpolationssatz, 30 ∀–Einf ührung, 15
Expansion, 13
de Morgan, 16 Exponentiation, 60
de Morgansche Regeln, 16 Extensionalitätsaxiom, 42, 43
Deduktionslemma, 104
deduktiv abgeschlossene Theorie, 21 Fixpunktsatz
definierbare Q∗ , 95
Menge, 10 ZFC, 62
Relation, 10 Kleenescher, 82
Definitionsbereich, 45 Flußdiagramm, 70
definitorische Erweiterung, 47 Formel
Diagramm, 19 L–Formel, 4
Differenzmenge, 43 äquivalente, 16, 33
Disjunktion, 5 allgemeingültige, 13
disjunktive Normalform, 16, 39 atomare, 4
Distributivgesetz, 15 aussagenlogische, 13
Durchschnitt, 43 beweisbare, 17
existentielle, 33
effektiv axiomatisierbare Theorie, 83 modallogische, 106
Eindeutige Lesbarkeit quantorenfreie, 33
von Formeln, 6 universelle, 33
von Termen, 4 zweitstufige, 97, 103
Einf ührung P1 –Formel, 102
∀–Einf ührung, 18 £1 –Formel, 93
∃–Einf ührung, 15 im engeren Sinn, 93
neuer Funktionszeichen, 47 Fränkel, 42
neuer Konstanten, 47 Zermelo-Fränkel-Mengenlehre, 42
neuer Relationszeichen, 47 freies Vorkommen, 9
Einschränkung fundierte Menge, 48
einer Funktion, 46 Fundierungsaxiom, 48
einer Struktur, 13 Funktion, 45
Einsetzung, 69 primitiv rekursive, 70
elementare Äquivalenz, 10 berechenbare, 68
elementare Klasse, 26 bijektive, 46
114 Index

charakteristische, 74 Kardinalzahl, 59
injektive, 46 Klammern, 4, 5
partiell rekursive, 81 Klasse, 55
rekursive, 69 Klausel, 39
surjektive, 46 Kleene, 79
£P1 –Funktion, 100 Fixpunktsatz, 82
Funktional, 46, 55 Normalform, 79
Funktionszeichen, 2 Prädikat, 79
Körperaxiome, 5
Gentzen, 27, 89 Kompaktheitssatz, 24
geordnetes Paar, 44 der Aussagenlogik, 25
Gleichheitsaxiome, 14 Komprehensionsaxiom, 42
Gleichheitszeichen, 4, 25, 34 Konfiguration, 68
gleichmächtige Mengen, 58 Kongruenzrelation, 14
Gödel, 17 Konjunktion, 4
1. Unvollständigkeitssatz, 65, 91 konjunktive Normalform, 16
2. Unvollständigkeitssatz, 64, 106 konservative Erweiterung, 47
Vollständigkeitssatz, 17 konsistente Theorie, 19
Gödelisierung, 77 Konstante, 2
Gödelnummer, 76, 77, 83 konstante Funktion, 69
Gödels ˇ–Funktion, 87, 101 Konstantenzeichen, 2
Goodstein, 61 konstanter Term, 22
Satz von, 61 Kontinuumshypothese, 59
GOTO(r,c0 ,. . . ,cL ), 68
Kopiermaschine, 70
Graph, 25 Krivine, 13
Graph einer Funktion, 45, 89 Kuratowski, 44
Grundmenge, 3 Kuratowski-Paar, 41, 44
Gültigkeit, 10
leere Menge, 43
L–Formel, 4
Halteproblem, 81
Limeszahl, 55
Henkin, 19 lineare Ordnung, 51
Henkintheorie, 19 Literal, 39
Herbrand, 34 Loeb, 63
Satz von, 35 Satz von, 106
Herbrand–Normalform, 34 Loeb–Axiome, 63, 105
Hilbert, 17 Löschmaschine, 70
Hilbertkalkül, 17 Löwenheim, 24
Satz von Löwenheim-Skolem, 24
Implikation, 5 logische Folgerung, 23, 104
Induktion, 55 logische Zeichen, 4
Induktionsschema, 99 L–Struktur, 3
injektive Funktion, 46 L–Term, 3
Interpolationssatz, 30
inverse Relation, 46 Mächtigkeit, 58
irreflexive Relation, 51 maximales Element, 58
Isomorphie, 3 Menge
Isomorphismus, 3 abzählbare, 59
endliche, 59
Junktor, 4, 16 erblich endliche, 56
Index 115
fundierte, 48 Relation, 74
leere, 43 primitive Rekursion, 69
transitive, 51 Produkt, 45
modallogische Formel, 106 Projektionsfunktion, 69
Modell, 10, 19 PUSH(r,l), 68
Modus Ponens, 15
Morgan, siehe de Morgan Quantor, 4, 5
–Rekursion, 69 quantorenfreie Formel, 33
Multiplikation, 54, 60 Quine, 42

Nachfolgekonfiguration, 68 r.a., siehe rekursiv aufzählbar


Nachfolger, 51, 69 Reduktionssatz, 82
Nachfolgerkardinalzahl, 59 Regeln des Hilbertkalküls, 17
Nachfolgeroperation, 2 abgeleitete Regeln
Nachfolgerzahl, 55 ∀–Einf ührung, 18
Naive Mengenlehre, 42 Aussagenlogik, 17
natürliche Zahl, 52 Existenzeinf ührung, 15
Negation, 4 Modus Ponens, 15
Neumann, siehe von Neumann Registermaschine, 67
nichtstandard natürliche Zahl, 54 Rekursion
Normalform –Rekursion, 69
disjunktive, 16, 39 primitive, 69
Herbrand–Normalform, 34 Rekursionssatz, 56
konjunktive, 16 rekursiv
pränexe, 33 aufzählbar, 80
Skolem-Normalform, 33 trennbar, 91
rekursive
obere Schranke, 58 Bijektion, 77
Ordinalzahl, 55 Funktion, 69
Ordnung Relation, 74
lineare, 51 Relation, 45
partielle, 51 primitiv rekursive, 74
ordnungstreue Abbildung, 57 arithmetische, 89
rekursiv aufzählbare, 80
P=NP, 39 rekursive, 74
Paar, siehe geordnetes Paar Relationszeichen, 2
Paarmenge, 44 Repräsentierung
Paarmengenaxiom, 44 einer Funktion, 94
partiell rekursive Funktion, 81 einer Relation, 95
partielle Ordnung, 51 Resolutionsmethode, 39
Peanoarithmetik, 99 Resultante, 39
zweiter Stufe, 103 Ring–Sprache, 2
Potenzmenge, 45 Rosser, 65
Potenzmengenaxiom, 45 Rossersatz, 65
Prädikat, 2, 74 Russell, 42
pränexe Normalform, 33 Russellsche Antinomie, 42
Primformel, 4
primitiv rekursive Schlußregeln, siehe Regeln des Hilbert-
Arithmetik, 102 kalküls
Funktion, 70 Schnittregel, 31
116 Index

Schranke Unendlichkeitsaxiom, 49
obere, 58 Unifikationssatz, 36
Sequenz, 27 Uniformisierungssatz, 81
allgemeingültige, 27 universelle
Sequenzenkalkül, 27 rekursiv aufzählbare Relation, 80
Shefferscher Strich, 16 Formel, 33
Skolem, 24 partiell rekursive Funktion, 82
Normalform, 33 unmittelbarer Nachfolger, 53
Satz von Löwenheim-Skolem, 24 Unterstruktur, 7
Skolemfunktion, 34 elementare, 25
s-m-n-Satz, 82 Unvollständigkeitssatz, 64, 65, 91, 106
Sprache, 2
rekursive, 83 Variable, 3
stark rekursive Struktur, 85 Vereinigung, 44
Stelligkeit, 2 Vereinigungsmengenaxiom, 44
STOP, 68 Volles Komprehensionsaxiom,siehe Kom-
Stopkonfiguration, 68 prehensionsaxiom
Struktur, 3 vollständige Theorie, 20, 84
stark rekursive, 85 vollständiges Diagramm,siehe Diagramm
Substitutionslemma, 11 Vollständigkeitssatz, 17, 28
Supremum, 60 von Neumann, 56
surjektive Funktion, 46 von Neuman-Hierarchie, 56

L–Theorie, 19 wahre LN –Theorie, 92


Tarski, 25 Wahrheit, 10
Satz über die Wahrheitsdefinition, Wahrheitsdefinition, 63, 97, 105
63, 97, 105 Wahrheitstafel, 13
Tarski-Kriterium, 25 Wahrheitswert, 13
Tautologie, 14 widerspruchsfreie Theorie, 19
Teilmenge, 43 Wohlordnung, 53
Term, 3 Wohlordnungssatz, 57
konstanter, 22 Wohlordnungstyp, 56
Theorie, 19 Wort, 68
äquivalente, 49
deduktiv abgeschlossene, 21 Zeichenreihe, 4
effektiv axiomatisierbare, 83 Zermelo, 42
entscheidbare, 83 Zermelo-Fränkel-Mengenlehre, 42
konsistente, 19 ZFC, 42
vollständige, 20, 84 Zorn, 58
widerspruchsfreie, 19 Zornsches Lemma, 58
transitive zutreffen, 8
Menge, 51 Zweiter Gödelscher Unvollständigkeitssatz,
Relation, 51 64, 106
Tripel, 45 zweitstufige Formeln, 84, 97, 103
Turing, 73
Turingmaschine, 73, 79

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