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Wilfried Plaßmann | Detlef Schulz (Hrsg.

Handbuch Elektrotechnik
Wilfried Plaßmann, Detlef Schulz (Hrsg.)
Handbuch Elektrotechnik
Beiträge und Mitarbeiter

Mathematik Prof. Dr. Arnfried Kemnitz


Physik Dr. Horst Steffen
Werkstoffkunde Prof. Dipl.-Ing. Egon Döring
Elektrotechnik Reinhard von Liebenstein
Dr. Horst Steffen
Elektronik Peter Döring
Technische Kommunikation Peter Döring
Heribert Gierens †
Datentechnik Dr. Dieter Conrads
Heribert Gierens †
Automatisierungstechnik Günter Wellenreuther
Dieter Zastrow
Messtechnik Prof. Dr. Wilfried Plaßmann
Energietechnik Reinhard von Liebenstein
Nachrichtentechnik Prof. Dipl.-Ing. Egon Döring
Prof. Dr. Wilfried Plaßmann
Signal- und Systemtheorie Prof. Dr. Wilfried Plaßmann

www.viewegteubner.de
Wilfried Plaßmann | Detlef Schulz (Hrsg.)

Handbuch
Elektrotechnik
Grundlagen und Anwendungen für Elektrotechniker
5., korrigierte Auflage
Mit 1835 Abbildungen und 300 Tabellen

PRAXIS
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organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe
freisetzen.

1. 1999
2., verbesserte Auflage 2002
3., verbesserte und ergänzte Auflage 2004
4., überarbeitete Auflage 2007
bisher erschienen unter Böge/Plaßmann, Vieweg Handbuch Elektrotechnik
5., korrigierte Auflage 2009

Alle Rechte vorbehalten


© Vieweg+Teubner | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Lektorat: Reinhard Dapper
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von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg


Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
Printed in Germany

ISBN 978-3-8348-0470-9
V

Vorwort

Das Handbuch Elektrotechnik wurde für Studenten an Fach- und Fachhochschu-


len sowie für Praktiker erarbeitet. Dieses Nachschlagewerk vermittelt in komp-
rimierter Form alle wesentlichen Grundlagen der Elektrotechnik.

Die einzelnen Abschnitte folgen der Didaktik der jeweiligen Lehrpläne für den
Fachbereich Elektrotechnik. Die darin noch nicht erfaßten Inhalte neuer Ent-
wicklungen werden angemessen berücksichtigt und verständlich dargestellt. Das
Handbuch ist daher auch als Informationsbasis für die in der Praxis tätigen In-
genieure nützlich, zum Beispiel im Hinblick auf den zunehmenden Einsatz der
Elektronik in allen Bereichen der Elektrotechnik.

Für ihre Informations- und Lösungsarbeit finden Studierende und Praktiker alle
notwendigen Formeln, Hinweise, Tabellen, Schaltpläne und Normen.
Zur Sicherung sachkundiger Anwendungen werden wichtige Berechnungsglei-
chungen ausführlich hergeleitet.
Zahlreiche anwendungsbezogene Beispiele in jedem Kapitel erhöhen das Ver-
ständnis für die oft komplexen Zusammenhänge und geben die zur Problemlö-
sung unerläßliche Sicherheit.

Die jetzt vorliegende 5. Auflage ist gegenüber der 4. Auflage korrigiert worden.
Die Herausgeber danken für die kritischen Anmerkungen zum Buch und sind
auch weiterhin für Anregungen und Verbesserungsvorschläge dankbar.

Die eMail-Adressen der Herausgeber lauten:


wilfried.plassmann@fh-hannover.de
detlef.schulz@hsu-hh.de

Hannover/Hamburg, September 2008 Wilfried Plaßmann/Detlef Schulz


Herausgeber
Inhaltsverzeichnis VII

Inhaltsverzeichnis

Mathematik

I Arithmetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1 Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2 Aussageformen und logische Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2.1 Aussageformen . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2.2 Logische Zeichen . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2.3 Vollständige Induktion . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
3 Einteilung der Zahlen . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
4 Grundrechenarten . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
5 Grundlegende Rechenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
5.1 Buchstabenrechnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
5.2 Kehrwert, Quersumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
5.3 Teilbarkeitsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
5.4 Punktrechnung vor Strichrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
5.5 Potenzrechnung vor Punktrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
5.6 Grundgesetze der Addition und Multiplikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
5.7 Grundregeln der Klammerrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
5.8 Multiplikation mit Klammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
5.9 Indizes, Summenzeichen, Produktzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
5.10 Binomische Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
5.11 Fakultäten, Binomialkoeffizienten und Pascalsches Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
5.12 Binomischer Lehrsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
5.13 Division mit Klammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
6 Bruchrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
6.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
6.2 Erweitern und Kürzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
6.3 Addieren und Subtrahieren gleichnamiger Brüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
6.4 Addieren und Subtrahieren ungleichnamiger Brüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
6.5 Multiplizieren von Brüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
6.6 Dividieren von Brüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
7 Potenz- und Wurzelrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
7.1 Definition der Potenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
7.2 Regeln der Potenzrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
7.3 Definition der Wurzel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
7.4 Regeln der Wurzelrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
8 Dezimalzahlen und Dualzahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
8.1 Dezimalsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
8.2 Dualsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
8.3 Runden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
9 Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
9.1 Definition des Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
9.2 Spezielle Basen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
9.3 Regeln der Logarithmenrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
9.4 Zusammenhang von Logarithmen mit verschiedenen Basen . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
9.5 Dekadische Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
10 Mittelwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
10.1 Arithmetisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
10.2 Geometrisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
10.3 Harmonisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
10.4 Quadratisches Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
11 Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
11.1 Definitionen und Rechenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
11.2 Absolutbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
11.3 Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
VIII Inhaltsverzeichnis

12 Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
12.1 Algebraische Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
12.2 Trigonometrische Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
12.3 Addieren und Subtrahieren komplexer Zahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
12.4 Multiplizieren komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
12.5 Dividieren komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
12.6 Potenzieren komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
12.7 Radizieren komplexer Zahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
12.8 Eulersche Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

II Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
1 Gleichungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2 Äquivalente Umformungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3 Lineare Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
4 Proportionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
5 Quadratische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
5.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
5.2 Lösungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
5.2.1 Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
5.2.2 Normalform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
5.2.3 Allgemeine Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
5.2.4 Zerlegung in Linearfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
5.3 Satz von Viëta für quadratische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
6 Algebraische Gleichungen höheren Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
6.1 Kubische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
6.2 Polynomdivision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
6.3 Gleichungen vierten Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
6.4 Gleichungen n-ten Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
6.5 Satz von Viëta für Gleichungen n-ten Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
7 Auf algebraische Gleichungen zurückführbare Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 34
7.1 Bruchgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
7.2 Wurzelgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
8 Transzendente Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
8.1 Exponentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
8.2 Logarithmische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
8.3 Trigonometrische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
9 Lineare Gleichungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
9.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
9.2 Zwei lineare Gleichungen mit zwei Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
9.3 Drei lineare Gleichungen mit drei Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
9.4 Matrizen und Determinanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
10 Lineare Ungleichungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
10.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
10.2 Lineare Ungleichungen mit einer Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
10.3 Lineare Ungleichungen mit zwei Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
10.4 Lineare Ungleichungssysteme mit zwei Variablen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

III Planimetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
1 Geraden und Strecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
2 Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3 Grundkonstruktionen mit Zirkel und Lineal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4 Projektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5 Geometrische Örter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
6 Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
6.1 Allgemeine Dreiecke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
6.2 Gleichschenklige Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
6.3 Gleichseitige Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
6.4 Rechtwinklige Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Inhaltsverzeichnis IX

6.5 Besondere Geraden, Strecken und Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51


6.6 Flächensätze im rechtwinkligen Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
6.7 Kongruenz von Dreiecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
6.8 Grundkonstruktionen des Dreiecks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
7 Vierecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
7.1 Allgemeine Vierecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
7.2 Trapeze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
7.3 Parallelogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
7.4 Rhomben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
7.5 Rechtecke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
7.6 Quadrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
7.7 Drachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
7.8 Sehnenvierecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
7.9 Tangentenvierecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
8 Reguläre n-Ecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
9 Polygone. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
10 Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
10.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
10.2 Kreissektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
10.3 Kreissegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
10.4 Kreise und Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
10.5 Winkelsätze am Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
10.6 Eigenschaften von Sekanten und Sehnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
10.7 Tangentenkonstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
10.8 Sätze über Sehnen, Sekanten, Tangenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
10.9 Bogenmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
11 Symmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
11.1 Punktsymmetrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
11.2 Achsensymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
12 Ähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
12.1 Zentrische Streckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
12.2 Strahlensätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
12.3 Ähnliche Figuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
12.4 Streckenteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

IV Stereometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
1 Prismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
1.1 Allgemeine Prismen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
1.2 Parallelepiped und Würfel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
2 Zylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.1 Allgemeine Zylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.2 Gerade Kreiszylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.3 Hohlzylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
3 Pyramiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
3.1 Allgemeine Pyramiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
3.2 Gerade quadratische Pyramiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4 Kegel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.1 Allgemeine Kegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.2 Gerade Kreiskegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
5 Cavalierisches Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
6 Pyramidenstümpfe und Kegelstümpfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
6.1 Pyramidenstümpfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
6.2 Kegelstümpfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
7 Platonische Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
8 Kugeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
8.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
8.2 Kugelsegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
8.3 Kugelsektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
8.4 Kugelschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
X Inhaltsverzeichnis

V Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
1 Definition und Darstellungen von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
1.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
1.2 Funktionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
1.3 Graph einer Funktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
1.4 Wertetabelle einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
2 Verhalten von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
2.1 Monotone Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
2.2 Symmetrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
2.3 Beschränkte Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
2.4 Injektive Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
2.5 Surjektive Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
2.6 Bijektive Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
2.7 Periodische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
2.8 Umkehrfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
2.9 Reelle und komplexe Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
3 Einteilung der elementaren Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
4 Ganze rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
4.1 Konstante Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
4.2 Lineare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
4.3 Quadratische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4.4 Kubische Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.5 Ganze rationale Funktionen n-ten Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
4.6 Horner-Schema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
5 Gebrochene rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
5.1 Nullstellen, Pole, Asymptoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
5.2 Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
6 Irrationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
7 Transzendente Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
7.1 Exponentialfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
7.2 Logarithmusfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

VI Trigonometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
1 Definition der trigonometrischen Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
2 Trigonometrische Funktionen für beliebige Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
3 Beziehungen für den gleichen Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
4 Graphen der trigonometrischen Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
5 Reduktionsformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
6 Additionstheoreme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
7 Sinussatz und Kosinussatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
8 Grundaufgaben der Dreiecksberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
9 Arkusfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

VII Analytische Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106


1 Koordinatensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
1.1 Kartesisches Koordinatensystem der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
1.2 Polarkoordinatensystem der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
1.3 Zusammenhang zwischen kartesischen und Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
1.4 Kartesisches Koordinatensystem des Raums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
2 Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
2.1 Geradengleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
2.2 Abstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
3 Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
3.1 Kreisgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
3.2 Berechnung von Kreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
3.3 Kreis und Gerade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
4 Kugeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Inhaltsverzeichnis XI

5 Kegelschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
5.1 Ellipsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
5.2 Hyperbeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
5.3 Parabeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
5.4 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
6 Graphisches Lösen von Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
7 Vektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
7.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
7.2 Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
7.3 Addition und Subtraktion zweier Vektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
7.4 Komponentendarstellung von Vektoren in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
7.5 Komponentendarstellung von Vektoren im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
7.6 Skalarprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
7.7 Vektorprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
7.8 Spatprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

VIII Differential- und Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131


1 Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
1.1 Grundbegriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
1.2 Arithmetische Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
1.3 Geometrische Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
1.4 Grenzwert einer Folge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
1.5 Tabelle einiger Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
1.6 Divergente Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
2 Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
2.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
2.2 Arithmetische Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
2.3 Geometrische Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
2.4 Harmonische Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
2.5 Alternierende Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
3 Grenzwerte von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
3.1 Grenzwert an einer endlichen Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
3.2 Einseitige Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
3.3 Grenzwert im Unendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
3.4 Rechenregeln für Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
3.5 Unbestimmte Ausdrücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
3.6 Stetigkeit einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
3.7 Unstetigkeitsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
4 Ableitung einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
4.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
4.2 Differentiationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
4.3 Höhere Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
4.4 Ableitungen einiger algebraischer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
4.5 Ableitungen einiger transzendenter Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
4.5.1 Trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
4.5.2 Logarithmusfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
4.5.3 Exponentialfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
4.5.4 Zusammenfassende Übersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
4.6 Sekanten und Tangenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
4.7 Extremwerte von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
4.8 Krümmungsverhalten von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
4.9 Wendepunkte von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
4.10 Kurvendiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
4.11 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
4.12 Näherungsverfahren zur Nullstellenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
4.12.1 Regula falsi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
4.12.2 Newtonsches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
5 Integralrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
5.1 Unbestimmtes Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
5.2 Integrationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
5.3 Unbestimmte Integrale einiger algebraischer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
5.4 Unbestimmte Integrale einiger transzendenter Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
5.5 Bestimmtes Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
XII Inhaltsverzeichnis

5.6 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152


5.7 Eigenschaften des bestimmten Integrals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
5.8 Einige Anwendungen der Integralrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
6 Funktionenreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
6.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
6.2 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
6.3 Fourier-Reihen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
Anhang
A Symbole und Bezeichnungsweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
B Mathematische Konstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
C Das griechische Alphabet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Physik

I Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
1 Physikalische Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
1.1 Skalare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
1.2 Vektoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
2 SI-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
II Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
1 Kinematik des Massenpunktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
1.1 Eindimensionale Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
1.1.1 Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
1.1.2 Beschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
1.1.3 Freier Fall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
1.1.4 Senkrechter Wurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
1.2 Zusammengesetzte Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
1.2.1 Schiefer Wurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
1.3 Kreisbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
1.3.1 Bahngeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
1.3.2 Winkelgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
1.3.3 Kreisfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
1.3.4 Winkelbeschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
2 Dynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
2.1 Newtonsche Axiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
2.2 Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
2.3 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
2.4 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad und Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
2.5 Stoßprozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
2.6 Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
2.7 Gravitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
3 Elastische Verformung fester Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
4 Mechanik der ruhenden Flüssigkeiten und Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4.1 Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4.2 Kompressibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4.3 Volumenausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4.4 Hydrostatischer Druck in Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
4.5 Schweredruck in Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
4.6 Auftrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
5 Hydrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
5.1 Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
5.2 Bernoulli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
5.3 Innere Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

III Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183


1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
Inhaltsverzeichnis XIII

2 Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0183
2.1 Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0183
2.2 Temperaturmessung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0184
3 Thermische Ausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0184
3.1 Feste Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0184
3.2 Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0184
3.3 Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0185
4 Ideale Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0185
4.1 Allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0185
4.2 Kinetische Gastheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0186
4.3 Wärmeenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0186
4.4 Zustandsänderungen idealer Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0187
4.5 Kreisprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0188
5 Wärmeübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0188
5.1 Wärmeleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0188
5.2 Wärmeströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0189
5.3 Wärmestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0189
IV Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0189
1 Freie ungedämpfte harmonische Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0189
2 Gedämpfte Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0190
3 Erzwungene Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0190
4 Überlagerung harmonischer Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0191
4.1 Schwingungsrichtung parallel zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0191
4.2 Schwingungsrichtung senkrecht zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0192
V Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0193
1 Harmonische Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0193
1.1 Ausbreitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0193
1.2 Interferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0194
2 Huygensches Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0195
2.1 Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0196
2.2 Brechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0196
2.3 Beugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0196
3 Dopplereffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0197
VI Akustik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0198
1 Schallausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0199
2 Reflexion, Transmission, Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0199
3 Ultraschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0199
VII Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0200
1 Eigenschaften des Lichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0200
2 Geometrische Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0200
2.1 Reflexion des Lichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0200
2.2 Brechungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0202
2.3 Optische Geräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0206
3 Wellenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0208
3.1 Interferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0208
3.2 Beugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0209
4 Photometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0210
4.1 Strahlungsphysikalische Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0211
4.2 Lichttechnische Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0212
5 Licht als Korpuskel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0213
VIII Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0215
A Physikalische Größen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0215
B Zahlenwerte physikalischer Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0216
XIV Inhaltsverzeichnis

Werkstoffkunde
I Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
1 Eigenschaften der Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
2 Atombau und Periodensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
3 Aufbau der festen Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
4 Chemische Grundzusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
5 Elektrochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
II Elektrische Leitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
1 Leitungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
2 Isolator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
3 Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
4 Normalleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
5 Supraleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
6 Halleffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
III Elektrische Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
1 Normalleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
2 Halbleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
3 Supraleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
IV Magnetische Leitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
1 Modellvorstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
2 Verhalten von Materie im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
3 Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
4 Magnetisierungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
5 Permeabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
V Magnetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
1 Metalloxide (Ferrite) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
2 Weichmagnetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
3 Hartmagnetika (Dauermagnete) (DIN 17410) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
VI Dielektrische Eigenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
1 Modellvorstellungen zur dielektrischen Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
2 Dielektrische Materialeinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
3 Elektrische Materialeinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
VII Dielektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
1 Natürliche anorganische Dielektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
2 Natürliche organische Dielektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
3 Künstliche anorganische Dielektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
4 Künstliche organische Dielektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
5 Silikone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

Grundlagen der Elektrotechnik


I Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
1 Aufbau der Atome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
2 Ladungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
3 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
Inhaltsverzeichnis XV

4 Strom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0253
4.1 Bewegung von Ladungsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0253
4.2 Stromstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0254
4.3 Stromdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0254
5 Das Ohmsche Gesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0254
6 Spezifischer Widerstand, Leitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0254
7 Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes von Metallen . . . . . . . . . . 0255
II Der Gleichstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0256
1 Zählpfeilsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0256
2 Kirchhoffsche Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0256
2.1 Knotenregel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0256
2.2 Maschenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0256
3 Schaltung von Widerständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0257
3.1 Reihenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0257
3.2 Parallelschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0257
3.3 Stern-Dreieck-Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0257
3.4 Messbereichserweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0258
3.4.1 Voltmeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0258
3.4.2 Amperemeter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0259
4 Ersatzspannungsquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0259
4.1 Kombination von Spannungsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0259
4.1.1 Reihenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0260
4.1.2 Parallelschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0260
5 Ersatzstromquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0260
6 Netzwerkberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0260
6.1 Gemischte Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0261
6.2 Überlagerungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0261
6.3 Ersatzspannnungsquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0262
6.4 Nichtlineare Gleichstromkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0262
7 Energie, Leistung, Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0263
7.1 Leistungsanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0263
7.2 Leistungsverlust auf Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0264
7.3 Wirkungsgrad. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0264
7.4 Umwandlung elektrischer Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0264
7.4.1 Wärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0264
7.4.2 Mechanische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0264
III Das Elektrische Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0265
1 Grundgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0265
1.1 Kräfte zwischen Ladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0265
1.2 Feldstärke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0266
1.3 Feldlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0266
1.4 Potential, Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0266
1.5 Äquipotentiallinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0267
1.6 Elektrischer Fluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0267
1.7 Energie geladener Teilchen im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0267
2 Materie im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0268
2.1 Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0268
2.2 Nichtleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0268
3 Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0268
3.1 Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0269
3.1.1 Plattenkondensator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0269
3.1.2 Spezielle Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0269
3.2 Schaltungen mit Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0270
3.2.1 Reihenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0270
3.2.2 Parallelschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0270
3.2.3 Gemischte Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0271
3.3 Energie des elektrostatischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0271
3.4 Laden und Entladen eines Kondensators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0272
3.5 RC-Reihenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0273
XVI Inhaltsverzeichnis

IV Das Magnetische Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274


1 Feldlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
1.1 Dauermagnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
1.2 Stromdurchflossene Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
1.3 Stromdurchflossene Spule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
1.4 Magnetfeld der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
2 Magnetische Grundgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
2.1 Feldstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
2.2 Fluss, Flussdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
3 Kräfte im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
3.1 Kräfte auf bewegliche Ladungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
3.2 Stromdurchflossener Leiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279
3.3 Magnetisches Moment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
3.4 Kräfte zwischen zwei parallelen Leitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
3.5 Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
4 Energie des Magnetfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
5 Materie im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
5.1 Diamagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
5.2 Paramagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
5.3 Ferromagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
5.3.1 Magnetisierungskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
5.3.2 Verlauf der Permeabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
5.3.3 Temperaturabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
5.3.4 Magnetostriktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
5.4 Antiferromagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
5.5 Ferrimagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
6 Magnetische Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
6.1 Magnetische Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
6.2 Magnetischer Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
6.3 Unverzweigte Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
6.4 Verzweigte Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288

V Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
1 Induktion bei Änderung der Fläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
2 Induktion bei Änderung des Magnetfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
3 Die Induktivität einer Spule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
3.1 Selbstinduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
3.2 Gegeninduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
3.3 Energie im Magnetfeld einer Spule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
3.4 Ein- und Ausschaltvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
3.5 Zusammenschalten von Induktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294

VI Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
1 Grundbegriffe des Wechselstroms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
1.1 Erzeugung einer sinusförmigen Wechselspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294
1.2 Phasenverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
1.3 Effektivwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
1.4 Darstellungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
1.4.1 Zeigerdarstellung von Sinusgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
1.4.2 Darstellung von Sinusgrößen in der komplexen Zahlenebene . . . . . . . . . . . . . 296
2 Grundschaltelemente im Wechselstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
2.1 Ohmscher Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
2.2 Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
2.3 Spule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
3 Schaltungen von Wechselstromwiderständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
3.1 Reihenschaltung von Wechselstromwiderständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
3.1.1 Wirkwiderstand und Induktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
3.1.2 Wirkwiderstand und Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
3.1.3 Wirkwiderstand, Induktivität und Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
Inhaltsverzeichnis XVII

3.2 Parallelschaltung von Wechselstromwiderständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0303


3.2.1 Wirkwiderstand und Induktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0303
3.2.2 Wirkwiderstand und Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0304
3.2.3 Wirkwiderstand, Induktivität und Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0305
3.3 Gemischte Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0306
4 Passive Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0307
4.1 Hochpassschaltung mit RC- und RL-Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0307
4.2 Tiefpassschaltung mit RC- und RL-Glied. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0308
4.3 Bandpassschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0309
5 Schwingkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0309
5.1 Reihenresonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0310
5.2 Parallelresonanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0310
6 Leistung und Arbeit im Wechselstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0310
6.1 Leistung und Arbeit bei Phasengleichheit von Spannung und Strom. . . . . . . . . . . . . . 0310
6.2 Leistung und Arbeit bei Phasenverschiebung von Spannung und Strom . . . . . . . . . . . . 0311
6.3 Leistung in komplexer Schreibweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0312
6.4 Leistungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0312

VII Drehstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0313


1 Erzeugung von mehrphasigem Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0313
2 Phasenverkettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0313
2.1 Sternschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0313
2.2 Dreieckschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0314
3 Leistung des Dreiphasenstroms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0315
4 Das unsymmetrische Dreiphasensystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0315
4.1 Das unsymmetrische Dreileiternetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0315
4.2 Das unsymmetrische Vierleiternetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0316

Elektronik
I Leitungsmechanismen bei Halbleitern, pn-Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0319
1 Einführung in die Halbleiterphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0319
2 Der pn-Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0321
II Dioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0322
1 Kennlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0322
2 Kenndaten und Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0323
3 Kennzeichnung von Halbleiter-Bauelementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0326
4 Diodenarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0327
4.1 Kapazitätsdioden . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0328
4.2 Schalterdioden . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0329
4.3 Schottky-Dioden . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0330
4.4 Gleichrichter-Dioden .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0330
4.5 Z-Dioden . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0331
5 Anwendungsschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0332
5.1 Begrenzerschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0332
5.2 Gleichrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0333
5.2.1 Einweggleichrichter (M1). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0333
5.2.2 Mittelpunktschaltung (M2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0335
5.2.3 Brückengleichrichterschaltung (B2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0336
5.3 Spannungsvervielfacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0338
5.4 Diode als Konstantspannungsquelle (Z-Diode) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0339
III Mehrschichtdioden und -trioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0341
1 Vierschichtdioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0341
2 Thyristoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0342
XVIII Inhaltsverzeichnis

3 Diac . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
4 Triac . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
5 Schutz der Dioden und Trioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
6 Zündmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347
IV Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
1 Bipolare Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
1.1 Transistoreffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
1.2 Transistorkennlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350
1.3 Kenn- und Grenzwerte des Transistors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
2 Feldeffekttransistoren (FET) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
2.1 Aufbau und Wirkungsweise des Sperrschicht-FET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
2.2 Aufbau und Wirkungsweise des MOSFET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358
2.3 Kennlinien von FET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
2.4 Kennwerte von FET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
V Besondere Halbleiter-Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
1 Unijunction-Transistor (Doppelbasisdiode) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
2 Darlington-Transistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366
3 VMOS-Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
4 SIPMOS-Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
5 IGBT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369
VI Analoge Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
1 Bipolarer Transistor als Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
1.1 Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
1.2 Arbeitspunktstabilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
1.3 Emitterschaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
1.4 Kollektorschaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
1.5 Basisschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
2 Feldeffekt-Transistor als Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
2.1 Arbeitspunkteinstellung und -stabilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
2.2 Grundschaltungen von FET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
2.2.1 Sourceschaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
2.2.2 Drainschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388
2.2.3 Gateschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
2.3 Weitere Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390
3 Mehrstufige Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392
VII Endstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
1 Betriebsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
2 Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
VIII Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
2 Differenzverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
3 Grundlagen des OP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
4 Operationsverstärker als Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406
4.1 Verstärker mit frequenzunabhängiger Gegenkopplung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406
4.2 Verstärker mit frequenzabhängiger Gegenkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409
4.3 OP als Leistungsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411
4.4 Aktive Filterschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412
IX Elektronische Schalter, Kippstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
1 Transistor als Schalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
2 Kippschaltungen mit Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417
2.1 Bistabile Kippstufe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417
2.2 Monostabile Kippstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418
2.3 Astabile Kippstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419
2.4 Triggerschaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419
Inhaltsverzeichnis XIX

3 Operationsverstärker als Schalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0420


4 Kippschaltungen mit Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0421
4.1 Triggerschaltungen mit Operationsverstärker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0421
4.2 Astabile Kippstufe mit Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0422
4.3 Monostabile Kippstufe mit Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0423
4.4 Bistabile Kippstufe mit Operationsverstärker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0423
5 Zeitgeber 555 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0424
6 Trigger TCA 345 A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0425
X Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0425
1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0425
2 Sinusgeneratoren (RC-Oszillatoren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0426
3 Funktionsgeneratoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0428
XI Schaltungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0429
1 Integrierte Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0429
2 SMD-Technik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0431
XII Optoelektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0433
1 Grundsätzliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0433
2 Optoelektronische Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0433
2.1 Fotowiderstand (LDR – light dependent resistor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0433
2.2 Fotodiode und Fotoelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0434
2.3 Fototransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0436
2.4 Lumineszenzdioden und Flüssigkristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0437
3 Anzeigeeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0439
4 Signalübertragung mit Optokoppler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0440
5 Faseroptische Übertragungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0441
XIII Analog-Digital-Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0441
1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0441
2 Spannungs-Frequenz-Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0442
3 Sägezahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0442
4 Dual-Slope-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0442
5 Flash-Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0443
6 Wandler nach dem Wägeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0443
7 Integrierte Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0444
XIV Digital-Analog-Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0444
1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0444
2 D/A-Wandler-Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0444
3 Integrierte Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0445
XV Leistungselektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0447
1 Gleichrichterschaltungen/Stromversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0447
2 Anwendungsschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0453
3 Schaltnetzteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0455
4 Elektronische Schalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0457
5 Elektronische Steller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0458

Technische Kommunikation

I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0461


1 Zeichengeräte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0461
2 Normen für Technische Zeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0462
XX Inhaltsverzeichnis

3 Darstellung und Bemaßung von Körpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462


4 Normteile und Konstruktionselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476
5 Wichtige Normteile des Maschinenbaues . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489
6 Nutzen der Normung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493

II Schaltungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447
1 Schaltzeichen nach DIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496
2 Elektrische Betriebsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499
3 Schaltungsunterlagen der Energietechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502
4 Schaltungsunterlagen der Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506
4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506
4.2 Schaltzeichen nach DIN 40 900 Teil 12 Binäre Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506
4.3 Entwurf von Schaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509
4.3.1 Verdrahtungsplan mit Universalplatinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509
4.3.2 Entwurf und Herstellung gedruckter Schaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509
5 Projektierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510
III Schaltungssynthese und -analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511
1 Beispiele aus der Elektrotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511
2 Beispiele aus der Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511
IV CAD-Technik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514
1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514
2 Hardware und Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514
3 Erstellen von Schaltplänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514
4 Erstellen von Layouts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514
5 Anwendungen in der Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
6 Auswahl von CAD-Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517

Datentechnik
I Digitaltechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521
1 Grundbegiffe der Digitaltechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521
2 Logische Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522
2.1 Grundverknüpfungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522
2.1.1 NICHT-Verknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522
2.1.2 UND-Verknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522
2.1.3 ODER-Verknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523
2.2 Realisierungsmöglichkeiten logischer Verknüpfungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523
3 Schaltalgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
3.2 Normalform einer binären Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
3.2.1 Disjunktive Normalform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525
3.2.2 Konjunktive Normalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
3.2.3 Umwandeln der Gleichung in Schaltzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
3.2.4 Schaltungsminimierung mit Hilfe der Schaltalgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
3.2.5 Umsetzung in NAND- oder NOR-Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526
3.2.6 KV-Tabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529
3.2.7 Analyse logischer Schaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529
3.2.8 Synthese logischer Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530
4 Zahlensysteme in der Digital- und Datenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
4.1 Dualsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
4.1.1 Bildung der Dualzahlen und Umwandlung in Dezimalzahlen . . . . . . . . . . . . . 532
4.1.2 Umwandlung dezimal nach dual . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
4.2 Hexadezimalsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534
Inhaltsverzeichnis XXI

4.3 Rechnen mit Dualzahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0534


4.4 Zahlen in Rechenanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0534
4.4.1 Darstellung von Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0534
4.4.2 Einer- und Zweierkomplement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0536
4.4.3 Subtraktion mit Hilfe des Komplements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0536
5 Codes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0537
5.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0537
5.2 Binär-Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0537
5.3 BCD-Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0537
5.3.1 BCD-Dual-Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0537
5.3.2 3-Excess-Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0537
5.3.3 Aiken-Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0538
5.4 Gray-Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0538
5.5 Codierung alphanumerischer Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0539
5.6 Fehlererkennung und Redundanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0540
5.6.1 Einfache Prüfung auf Parität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0540
5.6.2 Kreuzsicherungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0541
5.6.3 Hamming-Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0541
6 Digitale Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0542
6.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0542
6.2 Schaltnetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0542
6.2.1 Rechennetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0542
6.2.1.1 Halbaddierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0542
6.2.1.2 Volladdierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0542
6.2.1.3 Serieller n-Bit-Addierer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0543
6.2.1.4 Paralleler n-Bit-Addierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0544
6.2.1.5 Subtrahierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0544
6.2.1.6 Addierer für BCD-Dualzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0545
6.2.2 Komparatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0545
6.2.2.1 Einfacher Komparator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0545
6.2.2.2 Komparator mit Größer- und Kleiner-Vergleich . . . . . . . . . . . . . . 0546
6.2.3 Codewandler und Decoder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0547
6.2.3.1 Codewandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0547
6.2.3.2 1-aus-n-Decoder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0548
6.2.4 Multiplexer und Demultiplexer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0548
6.2.4.1 Multiplexer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0549
6.2.4.2 Demultiplexer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0550
6.3 Schaltwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0550
6.3.1 Speicherbausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0550
6.3.1.1 Allgemeines Flipflop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0550
6.3.1.2 RS-Flipflop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0551
6.3.1.3 Flipflops mit dominierenden Eingängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0551
6.3.1.4 D-Flipflop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0551
6.3.1.5 JK-Flipflop. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0552
6.3.1.6 Master-Slave-JK-Flipflop. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0552
6.3.1.7 T-Flipflop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0553
6.3.2 Grundschaltungen aus Speicherbausteinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0553
6.3.2.1 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0553
6.3.2.2 Schieberegister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0554
6.3.2.3 Frequenzteiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0555
6.3.2.4 Zähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0556
6.3.2.4.1 Asynchroner Zähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0556
6.3.2.4.2 Asynchroner BCD-Vorwärtszähler . . . . . . . . . . . . . . 0558
6.3.2.4.3 Synchroner Dual-Vorwärts-1-Zähler . . . . . . . . . . . . . . 0559
6.3.2.4.4 Zähler für mehrere Decaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0559
6.4 Sonderschaltungen0560
6.4.1 Monoflops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0560
6.4.2 Astabile Kippstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0561

II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0562


1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0562
2 Umgang mit integrierten Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0563
3 Daten und Begriffe der Logikschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0563
3.1 Grenz- und Kenndaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0563
3.2 Pegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0563
XXII Inhaltsverzeichnis

3.3 Störsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564


3.4 Lasteinheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564
3.5 Temperaturbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564
3.6 Gatterlaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
3.7 Verlustleistung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
4 TTL-Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
4.1 Eigenschaften und Kenndaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
4.2 Standard-TTL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566
4.3 Schaltungen mit 3-state . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569
4.4 Schottky-TTL und Low-Power-Schotky . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570
5 Emittergekoppelte Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570
6 Integrierte MOS-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570
6.1 NMOS- und PMOS-Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571
6.2 CMOS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571
6.2.1 14000-Serie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571
6.2.2 CMOS-Schalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573
6.2.3 High-Speed-CMOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574
6.2.4 BICMOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574
7 Interfaceschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575
8 Anwendungsspezifische integrierte Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575
8.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575
8.2 Kundenspezifische IC’s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576
8.3 Programmierbare Logikbausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577
8.3.1 PROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577
8.3.2 PAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577
8.3.3 GAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581
8.3.4 pLSI, ispLSI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
9 Gehäuse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587
III Mikrocomputertechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588
1 Komponenten eines Mikrocomputers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588
2 Mikroprozessoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588
2.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588
2.2 Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588
2.3 Übersicht gängiger Mikroprozessoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590
2.4 8-Bit-Mikroprozessoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590
2.4.1 8085-CPU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590
2.4.2 Beispiel Z80 CPU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
2.5 16-Bit-Prozessoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
2.5.1 8086/80286 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
2.5.2 Adressenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603
3 Halbleiterspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604
3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604
3.2 Kenndaten und Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604
3.3 Bedeutung der Anschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605
3.4 Organisation und Aufbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605
3.4.1 Bitorganisierter und wortorganisierter Speicher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606
3.4.2 Speicher mit Adressenzwischenspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606
3.5 Zeitverhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607
3.6 Speichertypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
3.6.1 Festwertspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608
3.6.1.1 Masken-ROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609
3.6.1.2 PROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609
3.6.1.3 EPROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609
3.6.1.4 EEPROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
3.6.1.5 Flash-EPROM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612
3.6.2 Schreib-Lesespeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613
3.6.2.1 SRAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613
3.6.2.2 NVRAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614
3.6.2.3 DRAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615
3.6.2.4 PSRAM. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616
3.7 Speichererweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616
3.8 Zentralspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617
Inhaltsverzeichnis XXIII

4 Peripheriebausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0618
4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0618
4.2 BUS-Treiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0618
4.3 Einfache E-/A-Bausteine für den parallelen Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0618
4.4 Programmierbare Schnittstellen- bausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0620
4.5 Zeitgeberbausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0625
4.6 Programmierbarer E/A-Baustein mit Speicher und Zeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . 0627
4.7 Eingabe-Ausgabe-Bausteine für den seriellen Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0629
4.7.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0629
4.7.2 USART . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0632
4.8 Bausteine mit Sonderfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0635
5 Mikrocontroller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0636
5.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0636
5.2 8-Bit-Mikrocontroller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0637
5.2.1 Funktionsbeschreibung des MC 8051 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0637
5.2.2 Ein-/Ausgabeeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0640
5.2.3 RESET-Schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0640
5.2.4 Taktgenerator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0640
5.2.5 Stromaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0640
5.2.6 TIMER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0641
5.2.7 Unterbrechungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0642
5.2.8 Speicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0643
5.2.9 Serielle Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0644
5.3 16-Bit-Mikrocontroller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0645
6 Maschinensprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0647
6.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0647
6.2 Maschinencode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0647
6.3 Befehlsaufbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0648
6.4 Befehlsdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0648
6.5 Befehle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0648
6.5.1 Befehlsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0648
6.5.2 Adressierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0652
6.6 Befehlszyklus und Befehlszeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0653
6.6.1 Befehlszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0653
6.6.2 Befehlszeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0655
7 Befehlsvorrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0655
8 Hinweise zur Programmierung und Progammbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0658

IV Computertechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0659
1 Komponenten eines Computers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0659
2 Massenspeicher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0659
2.1 Magnetplatten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0659
2.1.1 Diskette und Diskettenlaufwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0659
2.1.2 Festplatte und Festplattenlaufwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0663
2.1.3 Magnetbandgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0664
2.2 CD-ROM- und CD-Laufwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0664
3 Eingabegeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0665
3.1 Tastatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0665
3.2 Maus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0666
4 Ausgabegeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0666
4.1 Datensichtgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0666
4.1.1 Monitor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0666
4.1.2 LCD-Bildschirm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0669
4.2 Drucker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0669
4.2.1 Typenraddrucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0669
4.2.2 Matrixdrucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0669
4.2.3 Tintenstrahlrucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0669
4.2.4 Laserdrucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0669

V Programmiertechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0670
1 Programmiersprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0670
1.1 Assembler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0670
1.2 ADA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0670
XXIV Inhaltsverzeichnis

1.3 ALGOL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671


1.4 BASIC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671
1.5 C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671
1.6 FORTRAN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671
1.7 PASCAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671
1.8 PL/M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671

2 Grundlagen der Programmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672


2.1 Interpreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672
2.2 Compiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672
2.3 Editor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672
2.4 Integrierte Entwicklungsumgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672
2.5 Methoden der Programmentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673
2.6 Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673
2.7 Top-Down-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673
2.8 Bottom-Up-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673
2.9 Bewertung der Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673
2.10 Programm-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674

VI Datenkommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674

1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674
2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675
2.1 Verkehrsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675
2.2 Vermittlungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 676
2.3 Vermittlungseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 676
2.4 Klassifizierung von Netzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677
2.5 Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677
2.5.1 Standardisierungsgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 678

3 Lokale Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680


3.1 Ethernet (CSMA/CD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680
3.2 Token-Ring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
3.3 ISDN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684
3.4 Breitband-ISDN (ATM-Technik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688

Automatisierungstechnik
1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689

2 Automatisierungsgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689

3 Grundzüge der SPS-Norm IEC 61131-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 690


3.1 Programmorganisationskonzept. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 690
3.2 Deklaration von FB- und FC-Bausteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691
3.3 Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692
3.4 Programmiersprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695

4 Programmstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696
4.1 Lineares Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696
4.2 Gegliedertes Programm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696
4.3 Parametrierbares Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696

5 Eingabe- und Ausgabesignale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697


5.1 Binäre Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
5.2 Digitale Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
5.3 Analoge Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
Inhaltsverzeichnis XXV

6 Eingabe-/Ausgabebaugruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697

7 Verknüpfungssteuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698
7.1 Logische Grundverknüpfungen in verschiedenen Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698
7.2 Zusammengesetzte logische Grundverknüpfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698
7.3 Schließer- und Öffnerkontakte, Drahtbruchsicherheit, Erdschlussgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . 700
7.4 Speicherfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 700
7.5 Flankenauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701
7.6 Darstellung und Eigenschaften elektropneumatischer Stellglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701
7.7 Regeln für das Umsetzen von Schützschaltungen in SPS-Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . 702
7.8 Zeitfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703
7.9 Zählerfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703
7.10 Vergleichsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 704
7.11 MOVE-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705
7.12 EN/ENO-Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706

8 Aufruf und Wertübergaben zwischen Bausteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706


8.1 Aufrufhierarchie der Bausteine P, FB und FC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706
8.2 Aufruf von Funktionsbausteinen in FBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706
8.3 Aufruf von Funktionsbausteinen in AWL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706
8.4 Aufruf von Funktionen in AWL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707

9 Ablaufsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707
9.1 Ablauf-Funktionsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707
9.2 Grafische Darstellung von Ablaufsteuerungsfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 708
9.3 Betriebsartenteil und Bedienfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711

10 Kommunikation in Automatisierungssystemen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713


10.1 Bussysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713
10.2 PROFINET – Offener Industrial Ethernet Standard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713
10.3 OPC-Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 715

11 Steuerungssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716
11.1 Europäische Richtlinien und Sicherheitsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 717
11.2 Sicherheitsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 717

12 Regelungstechnische Grundbegriffe der Automatisierungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . 719


12.1 Unterschied zwischen Steuern und Regeln, regelungstechnische Größen . . . . . . . . . . . . . . . 719
12.2 Regler-Technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721

13 Regelstrecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721
13.1 Bespiele für Regelstrecken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721
13.2 Beschreibungsmittel zur Darstellung von Regelstreckeneigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 722

14 Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725
14.1 P-Regler, P-Regelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726
14.2 I-Regler, I-Regelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727
14.3 PI-Regler, PI-Regelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727
14.4 PID-Regler, PID-Regelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729
14.5 Vergleich der verschiedenen Reglertypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729
14.6 PID-Reglerbaustein für digitale Abtastregelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729
14.7 SPS als kontinuierlicher PID-Abtastregler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 731
14.8 Digitaler Schrittregler mit PI-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 732
14.9 Zweipunktregler, Zweipunkt-Regelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 732
14.10 Regelgüte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733
XXVI Inhaltsverzeichnis

Messtechnik
I Grundlagen und Grundbegriffe der Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735

1 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735
2 Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735
3 Messabweichung, Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 736
3.1 Systematische Abweichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 736
3.2 Zufällige Abweichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 736
3.3 Arithmetischer Mittelwert, Erwartungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737
3.4 Standardabweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737

4 Abweichungsfortpflanzung, Fehlerfortpflanzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 738


5 Fehlerangaben von Messgeräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739
5.1 Analog anzeigende Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739
5.2 Digital anzeigende Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739

6 Arithmetischer Mittelwert und Effektivwert von Wechselgrößen . . . . . . . . . . . . 739


7 Häufigkeitsverteilung, Vertrauensbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739
8 Bearbeitung und Auswertung von Messwerten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740

II Analog anzeigende Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0741

1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0741

2 Drehspul-Messwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0741

3 Dreheisen-Messwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0742

4 Elektrodynamisches Messwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0743

5 Symbole und Instrumentenbeschriftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0744

III Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0744

1 Aufbau eines Standard-Oszilloskopes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0744


1.1 Oszilloskopröhre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0744
1.2 Y-Ablenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0745
1.3 X-Ablenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0746
1.4 Netzteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0746

2 Oszilloskope mit speziellen Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0747


2.1 Zwei- oder Mehrkanal-Oszilloskope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0747
2.2 Speicheroszilloskope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0747
2.3 Oszilloskope mit Differenzverstärker-Eingang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0748
2.4 Sampling-Oszilloskope. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0748
2.5 Zusatzeinrichtungen bei Oszilloskopen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0748

IV Schreibende Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0750

1 Y-t-Schreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0750

2 X-Y-Schreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0751

3 Auslenkung des Schreibstiftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0751


Inhaltsverzeichnis XXVII

V Digital anzeigende Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0751

1 Digitalvoltmeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0751

2 Digitalmultimeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0752

3 Messung von Kapazitäten, Frequenzen und Stromverstärkungen . . . . . . . . . . . 0753

4 Messung von Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0753

VI Messverfahren zur Messung elektrischer Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0754

1 Messung von Gleichspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0754


1.1 Analog anzeigende Spannungsmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0754
1.2 Digital anzeigende Spannungsmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0754
1.3 Messabweichung durch den Innenwiderstand des Spannungsmessers . . . . . . . . . . . . 0754
1.4 Spannungsmessung mit dem Kompensator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0755

2 Messung von Gleichströmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0755


2.1 Analog anzeigende Strommessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0755
2.2 Digital anzeigende Strommessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0755
2.3 Messabweichung durch den Innenwiderstand des Strommessers . . . . . . . . . . . . . . . 0756

3 Messbereichserweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0756
3.1 Spannungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0756
3.2 Strommessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0756

4 Messung von Wechselspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0756


4.1 Analog anzeigende Wechselspannungsmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0756
4.1.1 Spannungsmesser mit Dreheisenmesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0756
4.1.2 Spannungsmesser mit Drehspulmesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0757
4.1.3 Spannungsmesser mit Thermoumformermesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . 0757
4.2 Digital anzeigende Wechselspannungsmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0757

5 Messung von Wechselströmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0758


5.1 Analog anzeigende Wechselstrommessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0758
5.2 Digital anzeigende Wechselstrommessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0758

6 Widerstands- und Impedanzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0758


6.1 Gleichstrom-Messbrücken zur Widerstandsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0758
6.1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0758
6.1.2 Wheatstone-Messbrücke im Abgleichverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0759
6.1.3 Thomson-Messbrücke im Abgleichverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759
6.1.4 Wheatstone-Messbrücke im Ausschlagverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 760
6.1.5 Wheatstone-Messbrücke im Ausschlagverfahren mit Widerstand in der Brücken-
diagonalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 761
6.2 Wechselstrom-Messbrücken zur Widerstands- und Impedanzmessung . . . . . . . . . . . . 761
6.2.1 Messung von ohmschen Widerständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 761
6.2.2 Messung von Impedanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762
6.3 Vergleich mit bekanntem Widerstand – Spannungsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 762
6.4 Messung von Strom und Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763
6.5 Widerstandsmessung mit analogen Multimetern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763

7 Leistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764
7.1 Wirkleistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764
7.1.1 Wirkleistungsmessung bei Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764
7.1.2 Wirkleistungsmessung in Drehstromsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 765
7.1.3 Symmetrisch belastetes Drehstromsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 765
7.1.4 Beliebig belastetes Dreileiter-Drehstromsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 765
7.1.5 Beliebig belastetes Vierleiter-Drehstromsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 766
XXVIII Inhaltsverzeichnis

7.2 Blindleistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 767


7.2.1 Blindleistungsmessung bei Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 767
7.2.2 Blindleistungsmessung in symmetrisch belasteten Dreileiter-Drehstromsystemen . . . 767
7.2.3 Blindleistungsmessung in beliebig belasteten Vierleiter-Drehstromsystemen . . . . . 767
7.3 Scheinleistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768
7.4 Messbereichserweiterung bei der Leistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768
7.5 Leistungsfaktormessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768
8 Messung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768
9 Messung von L, C, Gütefaktor und Verlustfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769
9.1 Messung von ⏐ZL⏐oder ⏐ZC⏐. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770
9.2 Messung von ZL, ZC, Gütefaktor und Verlustfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770
10 Messung magnetischer Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771
10.1 Magnetischer Fluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771
10.2 Magnetische Flussdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772
10.3 Magnetische Feldstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772
10.4 Permeabilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772

VII Messverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . 773

1 Messaufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774
1.1 Ohmsche Aufnehmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775
1.2 Kapazitive Aufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775
1.3 Induktive Aufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 776
1.4 Optische Aufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777
1.4.1 Fotodiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777
1.4.2 Fotovervielfacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777
1.5 Ladungsliefernde Aufnehmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778
1.6 Thermische Aufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779
1.6.1 Thermoelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779
1.7 Chemische Aufnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 780
1.7.1 pH-Wert-Messeinrichtung mit Glaselektrode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 780
1.7.2 Aufnehmer zur Messung der Sauerstoffkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . 781
1.8 Aufnehmer zur Messung von Gaskonzentrationen allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . 781
2 Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 782
2.1 Kraftmessung mit Dehnungsmessstreifen (DMS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 783
2.2 Füllstandsmessung und Messung der Foliendicke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 786
2.3 Drehzahlmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 786
2.4 Durchflussmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787
2.5 Zeit- und Frequenzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 789
2.6 Weg- und Winkelmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 790
2.7 Beschleunigungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 791

VIII Messdatenaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794


1 Verringerung der Störeinflüsse von außen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794
2 Messverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 795

IX Bussysteme für die Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0797


1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0797
2 IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0798
3 DIN-Messbus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0800
4 Aktuator-Sensor-Interface (ASI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0800

X Probleme bei der Digitalisierung analoger Messwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . 0802


1 Fehler bei der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0802
2 Signal-Quantisierungs-Geräuschabstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0803
3 Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0804
4 Abtast-Halte-Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0804
5 Aliasing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0804
6 Erfassung von Momentanwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0804
Inhaltsverzeichnis XXIX

XI PC-gestützte Messverfahren und Messsignalanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0805


1 Statistische Verfahren zur Messsignalauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0805
2 Graphische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0805
3 Ermittlung von Kenngrößen, Klassierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0806
4 Messsignalanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0806
4.1 Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0807
4.2 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0807
4.2.1 Messung des Klirrfaktors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0807
4.2.2 Geräuschmessung zur Schadenfrüherkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0807
4.2.3 Abstandsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0807
4.2.4 Erkennung periodischer Signalanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0807
5 Automatisierung von Messabläufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0807
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0808
Literatur allgemein: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0808
Spezielle Literatur: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0808

Energietechnik
I Elektrische Maschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0809
1 Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0809
1.1 Aufgaben eines Transformators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0809
1.2 Bauteile eines Transformators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0809
1.2.1 Eisenkerne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0809
1.2.2 Wicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0809
1.2.3 Kühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0810
1.3 Wirkungsweise eines Einphasen-Transformators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0810
1.3.1 Leerlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0810
1.3.2 Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0811
1.3.3 Leerlaufversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0812
1.3.4 Kurzschlussversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0813
1.3.5 Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0814
1.4 Aufbau und Schaltung von Drehstrom-Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0815
1.4.1 Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0815
1.4.2 Schaltgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0816
1.4.3 Unsymmetrische Belastungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0816
1.5 Parallelschalten von Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0816
1.6 Transformatorschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0817
1.7 Überlastung von Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0817
1.8 Aufstellen von Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0817
1.9 Sondertransformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0818
1.9.1 Spartransformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0818
1.9.2 Drosselspulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0818
1.9.3 Streufeldtransformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0819
1.10 Messwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 819
1.10.1 Spannungswandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 819
1.10.2 Stromwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820
2 Drehstrommaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820
2.1 Die Drehstromasynchronmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 821
2.1.1 Wirkungsweise der Asynchronmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 821
2.1.2 Betriebsverhalten der Asynchronmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 821
2.1.2.1 Spannungsgleichung, Ersatzschaltbild. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822
2.1.2.2 Leistungsfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822
2.1.2.3 Betriebskennlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823
2.1.3 Kurzschlussläufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823
2.1.3.1 Anlassverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 824
2.1.3.2 Bremsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825
2.1.3.3 Drehzahlsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826
2.1.3.4 Ständerspannungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826
XXX Inhaltsverzeichnis

2.1.3.5 Frequenzänderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826


2.1.3.6 Polumschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 828
2.1.4 Der Schleifringläufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 828
2.1.4.1 Anlassverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 828
2.1.4.2 Bremsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829
2.1.4.3 Drehzahlsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829
2.2 Linearmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 830
2.2.1 Aufbau des Linearmotors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 830
2.3 Drehstromsynchronmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 830
2.3.1 Wirkungsweise der Synchronmaschine. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 831
2.3.2 Spannungsgleichung der Synchronmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 832
2.3.3 Anlauf und Synchronisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 832
3 Einphasen-Asynchronmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833
3.1 Einsträngiger Motor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833
3.2 Zweisträngiger Motor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833
3.3 Kondensatormotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833
3.4 Spaltpolmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834
4 Drehstrommotor im Einphasenbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834
5 Sonderbauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835
5.1 Schrittmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835
5.2 Servomotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835
5.2.1 Scheibenläufermotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 836
5.2.2 Stabankermotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 836
6 Gleichstrommaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 836
6.1 Aufbau und Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 837
6.1.1 Ankerrückwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 837
6.2 Betriebsverhalten von Gleichstrommaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 838
6.2.1 Nebenschlussmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 838
6.2.2 Reihenschlussmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 840
6.2.3 Doppelschlussmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 842
6.3 Betriebsverhalten von Gleichstromgeneratoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 842
6.3.1 Fremderregter Generator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 843
6.3.2 Nebenschlussgenerator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 843
6.3.3 Reihenschlussgenerator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 843
6.3.4 Doppelschlussgenerator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844
6.4 Gleichstrommaschine am Wechsel- oder Drehstromnetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844
6.4.1 Wechselstrombrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844
6.4.1.1 Einquadrantenantrieb (1-Q-Betrieb) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844
6.4.1.2 Zweiquadrantenantrieb (2-Q-Betrieb) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 845
6.4.1.3 Vierquadrantenantrieb (4-Q-Betrieb) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 845
6.4.2 Drehstrombrücken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 846
6.4.2.1 Zweiquadrantenbetrieb (2-Q-Betrieb) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 846
6.4.2.2 Vierquadrantenbetrieb (4-Q-Betrieb) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 846
6.5 Universalmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 846
7 Auswahl von Motoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 847
7.1 Auswahl unter Berücksichtigung der Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 847
7.1.1 Bauform und Baugrößen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 847
7.1.2 Schutzart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 847
7.1.3 Kühlart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 850
7.1.4 Isolierstoffklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0850
7.1.5 Motorschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0850
7.1.5.1 Thermischer Auslöser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0851
7.1.5.2 Thermistor-Motorvollschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0852
7.1.6 Abstimmung des Motors auf die Arbeitsmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . 0852
7.1.6.1 Wartung von Maschinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0853
7.1.7 Störungsbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0854
7.1.8 Anschlusskennzeichnungen von Maschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0856
II Elektrische Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0857
1 Struktur der Elektrizitätswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0857
2 Elektrische Energieerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0857
2.1 Energiebedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0858
2.2 Energiereserven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0859
Inhaltsverzeichnis XXXI

2.3 Wärmekraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0859


2.3.1 Konventionelle Dampfkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0860
2.3.2 Kombikraftwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0860
2.3.3 Kernkraftwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0860
2.3.3.1 Druckwasserreaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0861
2.3.3.2 Siedewasserreaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0861
2.3.3.3 Hochtemperaturreaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0861
2.3.4 Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0862
2.4 Wasserkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0863
2.5 Windkraftwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0864
2.6 Solarkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0864
2.6.1 Sonnenwärmekraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0864
2.6.2 Photovoltaische Kraftwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0865
2.6.3 Solar-Wasserstoff-Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0865
2.7 Sonstige Kraftwerke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0865
2.7.1 Biomasse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0865
2.7.2 Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0865
2.7.3 Fusionsreaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0866
3 Elektrische Energieverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0866
3.1.1 Gleichstromnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0867
3.1.2 Wechselstromnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0867
3.1.3 Drehstromnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0867
3.2 Netzstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0868
3.2.1 Strahlennetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0868
3.2.2 Ringnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0869
3.2.3 Maschennetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0869
3.2.4 Verbundnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0869
4 Betriebsmittel der Energietechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0870
4.1 Bemessung und Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0870
4.2 Kabel, Leitungen und Schienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0870
4.2.1 Freileitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0870
4.2.2 Kabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0871
4.2.2.1 Leiterwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0871
4.2.2.2 Leiterisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0872
4.2.2.3 Aufbau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0872
4.2.2.4 Erwärmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0872
4.2.2.5 Verlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0874
4.2.2.6 Verlegung in Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0874
4.2.2.7 Verlegung in Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0874
4.2.2.8 Überstromschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0878
4.2.3 Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0880
4.2.3.1 Spannungsfall auf Kabeln und Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 0883
4.2.3.2 Verlegung von Kabeln und Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0884
4.2.3.3 Ersatzschaltung von Kabeln und Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . 0884
4.2.4 Sammelschienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0884
4.2.4.1 Längenausdehnung von Stromschienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0886
4.2.4.2 Kurzschlussfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0887
4.2.4.3 Mechanische Kurzschlussfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0887
4.2.4.4 Thermische Kurzschlussfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0888
4.3 Schaltanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0888
4.3.1 Hochspannungsschaltanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0889
4.3.2 Mittelspannungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0889
4.3.2.1 Bauart von Mittelspannungsschaltanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 0889
4.3.2.2 Störlichtbogenfestigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0890
4.3.2.3 Schaltgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891
4.3.2.4 Schutzgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894
4.3.3 Anlagenräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894
4.3.4 Niederspannungsschaltanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 895
4.3.4.1 Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen . . . . . . . . . . . . . . . 896

5 Schutzmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 898
5.1 Wirkung des Stroms. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 899
5.2 Schutz gegen direktes Berühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 899
5.3 Schutz gegen indirektes Berühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 899
5.3.1 Schutzisolierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 900
5.3.2 Schutztrennung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 900
XXXII Inhaltsverzeichnis

5.3.3 Schutz durch nichtleitende Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 901


5.3.4 Schutzkleinspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 901
5.3.5 Funktionskleinspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 902
5.3.6 Schutz durch Abschalten und Melden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 902
5.3.6.1 Überstromschutzeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 903
5.3.6.2 FI-Schutzeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 904
5.3.6.3 Isolationsüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 904
5.3.6.4 Zusätzlicher Potentialausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 904

6 Arbeiten an elektrischen Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 905


7 Überprüfung der Schutzmaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 906
8 Kurzschlussberechnung (VDE 0102) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 907

III Elektrische Energieanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909


1 Kompensationsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909
2 Beleuchtungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 911
2.1 Grundgrößen der Lichttechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 911
2.2 Lichtquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912
2.3 Glühlampen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 913
2.4 Leuchtstofflampen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 913
2.5 Entladungslampen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 913
2.6 Leuchten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 913
2.7 Berechnung von Beleuchtungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914

Nachrichtentechnik
I Grundlagen der Nachrichtenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 917
1 Prinzip der elektrischen Nachrichtenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 917
2 Aufgaben der Nachrichtentechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919
3 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919
4 Nachricht, Information und Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919
4.1 Informationsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919
4.2 Signale in der Nachrichtentechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919
4.3 Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 920
4.4 Redundanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 920
4.5 Informationsfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 921
4.6 Kanalkapazität, Dynamik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 921
4.7 Nachrichtenquader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 921
4.8 Signale im Zeitbereich: Analog, digital, kontinuierlich, diskret . . . . . . . . . . . . . . . . 922
4.9 Signale im Frequenzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 922
4.9.1 Periodische sinusförmige Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923
4.9.2 Periodische nichtsinusförmige Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923
4.9.3 Nichtperiodische Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923
4.10 Abtasttheorem von Shannon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 926
4.11 Zufällige (stochastische) Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 927
4.11.1 Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 927
4.11.2 Kenngrößen von stochastischen Signalen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 928
4.11.3 Anwendungen der Kenngrößen von stochastischen Signalen . . . . . . . . . . . . . 929
4.12 Verzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 929
4.12.1 Lineare Verzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 930
4.12.2 Nichtlineare Verzerrungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 930
4.12.3 Klirrfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 931
5 Kenngrößen der Übertragungsstrecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0931
5.1 Dämpfungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0931
5.2 Übertragungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0931
5.3 Dämpfungsmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0932
Inhaltsverzeichnis XXXIII

5.4 Übertragungsmaß, Verstärkungsmaß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0932


5.5 Pegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0932
5.5.1 Absoluter Pegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0932
5.5.2 Relativer Pegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0932
5.5.3 Dämpfungsmaß, Übertragungsmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0933
5.5.4 Pegeldiagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0933

II Vierpole, Zweitore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0934


1 Vierpol allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0934
1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0934
1.2 Vierpolgleichungen, Zusammenschaltung von Vierpolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0934
1.3 Bestimmung der Vierpolparameter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0936
1.4 Elementarvierpole. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0937
1.5 Betriebskenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0937
2 Spezielle Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0945
2.1 Übertragungssymmetrische (reziproke) Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0945
2.2 Widerstandssymmetrische Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0946
2.3 Längssymmetrische Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0946
2.4 Rückwirkungsfreie Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0946
3 Wellenparameter passiver Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0946
3.1 Allgemeine passive Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0946
3.2 Längssymmetrische passive Vierpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0947
3.3 Wellenwiderstand bei passiven längssymmetrischen Vierpolen . . . . . . . . . . . . . . . . 0947
3.4 Übertragungsmaß bei passiven längssymmetrischen Vierpolen . . . . . . . . . . . . . . . . 0948
3.5 Spezielle Vierpole. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0948
3.5.1 Doppel-T-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0948
3.5.2 Kreuzschaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0949
3.5.3 Frequenzkompensierter Spannungsteiler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0949

III Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0950


1 Leitungsbeläge und Leitungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0950
2 Leitung mit sinusförmigen Spannungen und Strömen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0952
2.1 Allgemeine Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0952
2.2 Wellenwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0952
2.3 Ausbreitungskoeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0953
2.4 Verlustlose Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0953
2.5 Lösung mit Zeigerdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0953
2.6 Unendlich lange Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0954
2.7 Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0954
2.8 Phasengeschwindigkeit, Gruppengeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0954
3 Leitung mit sinusförmigen Spannungen und Strömen und beliebiger Abschluss-
impedanz Ze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0954
3.1 Reflexionsfaktor, Übertragungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0954
3.2 Eingangsimpedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0955
3.3 Verzerrungsfreie Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0956
3.4 Leitung als Vierpol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0956
3.4.1 Allgemeine Ersatzschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0956
3.4.2 Elektrisch kurze Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0957
4 Verlustlose Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0957
4.1 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0957
4.2 Wanderwellen bei Reflexion am Leitungsein- und -ausgang . . . . . . . . . . . . . . . . . 0957
4.3 Elektrisch lange Leitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0958
4.4 Leitung als Transformator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0959
4.5 Stehende Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0959
4.6 Kettenleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0959
4.7 Wellenfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0960
5 Daten von Leitungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0961
6 Hochfrequenzleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961
6.1 Hochfrequenz-Koaxialkabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961
6.2 Hohlleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963
6.3 Streifenleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 966
XXXIV Inhaltsverzeichnis

7 s-Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 970
7.1 Signalflussdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 970
7.2 Leistungsverstärkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972

8 Kreisdiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972
8.1 Doppel-Kreisdiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975
8.2 s-Parameter im Kreisdiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976

IV Antennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 978
1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 978
2 Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 980
3 Ausführungsformen von Antennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982
3.1 Vertikalantenne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982
3.2 Rahmenantenne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982
3.3 Ferritantenne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982
3.4 l/2-Dipol, l/2-Faltdipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983
3.5 Breitbanddipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983
3.6 Gruppenstrahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983
3.7 Yagi-Antenne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983
3.8 Langdrahtantenne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984
3.9 Rohrschlitzstrahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984
3.10 Parabolantenne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984
4 Wellenausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984
4.1 Boden- und Raumwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984
4.2 Erdatmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 985
4.3 Wellenausbreitung im Plasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 985
4.4 Wellenausbreitung im Bereich 30 kHz bis 30 GHz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 986

V Modulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988
1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988
2 Sinusträger – mit Analogsignal moduliert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988
2.1 Amplitudenmodulation (AM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989
2.1.1 Modulation durch Multiplikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989
2.1.2 Kenngrößen der Amplitudenmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989
2.1.3 Modulation an einer quadratischen Kennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 990
2.1.4 Modulation an einer nichtlinearen nichtquadratischen Kennlinie . . . . . . . . . . . 991
2.1.5 Zeigerdiagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991
2.1.6 Modulationstrapez. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991
2.1.7 Demodulation von AM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 992
2.1.8 Leistung von Träger und Seitenbändern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 992
2.1.9 Störungen bei amplitudenmodulierten Signalen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 992
2.1.10 Kreuzmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993
2.2 Sonderformen der Amplitudenmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993
2.2.1 Einseitenbandmodulation (ESB, SSB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993
2.2.2 Restseitenbandmodulation (RM, VSB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 994
2.2.3 Quadraturmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995
2.3 Technische Ausführung der Amplitudenmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 995
2.4 Winkelmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 996
2.4.2 Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 997
2.4.3 Zeigerdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 997
2.4.4 Spektrum und Bandbreitenbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 997
2.4.5 Störungen bei winkelmodulierten Signalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 998
2.4.6 Preemphase, Deemphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999
2.4.7 Erzeugung von Frequenz- und Phasenmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999
2.4.8 Demodulation von Frequenz- und Phasenmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . 1001

3 Sinusträger – mit Digitalsignal moduliert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1002


3.1 Amplitudenumtastung (ASK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1002
3.2 Frequenzumtastung (FSK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003
3.3 Phasenumtastung (PSK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003
Inhaltsverzeichnis XXXV

3.3.1 Zweiphasenumtastung (2-PSK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1004


3.3.2 Vierphasenumtastung (4-PSK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1005
3.3.3 n-Phasen-Umtastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1006
4 Pulsträger uncodiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007
4.1 Pulsamplitudenmodulation (PAM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007
4.2 Pulsfrequenz- und Pulsphasenmodulation (PFM, PPM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007
4.3 Pulsdauermodulation (PDM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009
4.4 Pulscodemodulation (PCM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009
4.4.1 Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009
4.4.2 Aliasing-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1010
4.4.3 Abtast-Halte-Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1010
4.4.4 Quantisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1012
4.4.5 Quantisierungsgeräusch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1012
4.4.6 Kompandierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1012
4.4.7 Kodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1013
4.4.8 Deltamodulation (DM) und Differenz-Pulscodemodulation (DPCM) . . . . . . . . 1014

VI Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015
1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1015
2 Passive R-C-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1016
2.1 Passive R-C-Tiefpassfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1016
2.2 Passive R-C-Hochpassfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017
2.3 Bandpass aus R-C-Hoch- und Tiefpassfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017
2.4 R-L-C-Bandpass und -Bandsperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1019
2.5 Bandfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1021
2.6 Quarzfilter, keramische Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022
2.7 Digitale Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1023
2.8 Filter mit geschalteten Kondensatoren, SC-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1024

VII Empfängerschaltungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1025


1 Geradeausempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1025
2 Überlagerungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1026
3 Automatische Verstärkungsregelung (AVR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1026
4 Weitere Schaltungskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1026

VIII Ton- und Bildübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1027


1 Rundfunk-Stereoübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1027
2 Fernseh-Bildübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1028
2.1 Grundlagen, Schwarz-Weiß-Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1028
2.2 Farbfernsehtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1031

IX Mehrfachübertragung – Multiplexverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1034


1 Zeitmultiplexverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035
1.1 Analoge Signalübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035
1.2 Digital kodierte Signalübertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1036
2 Frequenzmultiplexverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1036

X Richtfunktechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1037

XI Nachrichtenübertragung über Satellit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1038

XII Nachrichtenübertragung über Lichtwellenleiter (LWL) . . . . . . . . . . . . . . . 1042


1 Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1042
2 Grundmodelle von Lichtwellenleitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1044
2.1 Mehrmoden-Stufenindex mit Totalreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1044
2.2 Mehrmoden-Gradientenindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1044
2.3 Einmoden-Stufenindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1044
XXXVI Inhaltsverzeichnis

3 Technische Ausführung von Lichtwellenleitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1046


4 Lichtsender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1047
5 Lichtempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1047
6 Verbinden von Lichtleitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1048

XIII Funkmesstechnik – Radar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1048


1 Grundlagen, Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1048
2 Daten von Radaranlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1050
3 Funkortungssystem OMEGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1051
4 Satellitengestütztes Ortungssystem GPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1051

XIV Elektroakustische Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1051


1 Definitionen, Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1051
2 Schallempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1053
2.1 Kenngrößen für Mikrofone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1053
2.2 Mikrofonsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1054
2.2.1 Kohlemikrofon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1054
2.2.2 Kristallmikrofon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055
2.2.3 (Elektro-)Magnetisches Mikrofon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055
2.2.4 (Elektro-)Dynamisches Mikrofon als Tauchspul- oder Bändchenmikrofon. . . . . . 1055
2.2.5 Kondensatormikrofon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056
2.2.6 Elektret-Kondensatormikrofon. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1057
2.3 Daten und Eigenschaften verschiedener Mikrofonsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1057
3 Schallsender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058
3.1 Lautsprecher- und Hörer-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058
3.1.1 Elektrodynamisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058
3.1.2 (Elektro-)Magnetisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058
3.1.3 Dynamisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058
3.1.4 Elektrostatisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058
3.1.5 Piezoelektrisches System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1059
3.2 Kenngrößen, Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1059

XV Vermittlungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1060
1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1060
2 Vermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1061
3 Verkehrstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1061
4 Ortsvermittlungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1062
4.1 Endgerät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1062
4.2 Ortsnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063
5 Nationales Fernnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1064
6 Internationales Fernnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1065

XVI Kommunikations- und Datennetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1066


1 Lokale Kommunikations- und Datennetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1066
2 Öffentliche Kommunikations- und Datennetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1068
2.1 Fernsprechnetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1068
2.1.1 Kommunikationsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1068
2.1.2 Telefax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1068
2.1.3 Temex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1069
2.1.4 Telebox . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1069
2.1.5 Modem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1069
2.2 Integriertes Digitalnetz IDN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1069
2.2.1 Teletex, Telex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1069
2.2.2 Datex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1069
2.3 ISDN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1069
2.4 Mobilfunknetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1070
2.4.1 Einweg-Funknetz: Funkrufdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1070
2.4.2 Funktelefonsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1071
2.5 Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1072
Inhaltsverzeichnis XXXVII

XVII Optimierte Nachrichten- und Datenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1073


1 Kodierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1073
1.1 Quellenkodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1073
1.1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1073
1.1.2 Optimalkodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1075
1.1.3 Datenreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1076
1.2 Kanalkodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1076
1.2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1076
1.2.2 Maximum-Likelihood-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077
1.2.3 Faltungskodierer mit Likelihood-Viterbi-Dekodierer . . . . . . . . . . . . . . . . 1077
2 Optimalfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1079
3 Anwendung der Korrelation bei gestörten Signalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1082
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
Literatur allgemein: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
Literatur zu Kapitel II: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
Literatur zu Kapitel III: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
Literatur zu Kapitel IV: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
Literatur zu Kapitel V: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083
Literatur zu den Kapiteln XII, XIV und XVII: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083

Signal- und Systemtheorie

Häufig verwendete Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085


I Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086
1 Darstellung in der Zeit- und in der Frequenzebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086
2 Hinweise zur Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1087
II Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1088

III Periodische nichtsinusförmige zeitkontinuierliche Signale . . . . . . . . . . . . . . . 1089


1 Reelle und komplexe Fourierreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1089
2 Beispiele und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1090
IV Nichtperiodische zeitkontinuierliche Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1093
1 Fouriertransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1093
1.1 Transformationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1093
1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1093
1.3 Korrespondenztabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1095
1.4 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096
2 Laplacetransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096
2.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096
2.2 Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1096
2.3 Sätze zur Laplacetransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1099
2.4 Anwendung der Laplacetransformation bei bekanntem H(s) . . . . . . . . . . . . . . . . 1100
2.5 Bestimmung von H(s) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1100
2.5.1 Bestimmung von H(s) mit Differentialgleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1100
2.5.2 Bestimmung von H(s) durch direkte Transformation der Einzelelemente . . . . . . . 1100
2.6 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1102

V Spezielle Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107


1 Stoßfunktion, d-Funktion, Dirac-Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107
2 Sprungfunktion s(t) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107
3 Verknüpfung von s- und d-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1108
4 Harmonische Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1108
XXXVIII Inhaltsverzeichnis

VI Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1109

VII Faltungsintegral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1110

VIII Abtasttheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1111

IX Nichtkontinuierliche (zeitdiskrete) Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1112


1 Diskrete Fouriertransformation (DFT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1113
2 Schnelle Fouriertransformation (FFT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1114
3 z-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1114

X Zufällige Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1118


1 Grundbegriffe und Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1118
2 Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1121
2.1 Binomialverteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1121
2.2 Poissonverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1121
2.3 Normalverteilung, Gaußverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1121
3 Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1122
4 Signalerkennung bei gestörter Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1123
4.1 Erkennen versteckter Periodizitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1123
4.2 Signalerkennung allgemein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1123
4.3 Signalangepasste Filter (matched filter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1123
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1124
Literatur allgemein: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1124
Literatur zu Kapitel IX: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1124
Literatur zu Kapitel X: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1124

Sachwortverzeichnis
1

Mathematik

I Arithmetik

1 Mengen Die Vereinigung A [ B zweier Mengen A und B be-


steht aus denjenigen Elementen, die in A oder in B,
Die in der Mathematik betrachteten Gegenstände also in mindestens einer der beiden Mengen A; B
werden oftmals durch Symbole, meistens Buchsta- enthalten sind:
ben, bezeichnet. Dabei kennzeichnen manche Sym-
A [ B ¼ fx j x 2 A oder x 2 Bg
bole feste Dinge, zum Beispiel p das Verhältnis zwi-
schen Umfang und Durchmesser eines beliebigen Der Durchschnitt A \ B zweier Mengen A und B
Kreises. Andere Symbole sind Veränderliche (auch besteht aus denjenigen Elementen, die sowohl in A
Variable oder Platzhalter genannt), das heißt, sie als auch in B, also gleichzeitig in beiden Mengen
können jeden Gegenstand einer Klasse von Gegen- A; B enthalten sind :
ständen bezeichnen. A \ B ¼ fx j x 2 A und x 2 Bg
In der Mathematik wird jede Zusammenfassung von
bestimmten wohl unterscheidbaren Objekten zu einer & Beispiel:
Gesamtheit eine Menge genannt. Eine Menge ist de- A ¼ f1; 2; 3g; B ¼ f1; 1g; A [ B ¼ f1; 1; 2; 3g; A \ B ¼ f1g
finiert, wenn feststeht, welche Objekte zu dieser
Menge gehören und welche nicht. Die zur Menge Eine Menge heißt endlich, wenn sie nur endlich
gehörenden Objekte heißen ihre Elemente. Mengen viele Elemente besitzt. Die Anzahl der Elemente ei-
werden meistens mit großen lateinischen Buchsta- ner endlichen Menge M heißt Mächtigkeit der Men-
ben bezeichnet und die Elemente mit kleinen Buch- ge, bezeichnet mit jMj.
staben.
Es gibt zwei Möglichkeiten, Mengen zu definieren: & Beispiele:
1. M ¼ f2; 4; 6; 8; 10g ) jMj ¼ 5
Durch Aufzählen ihrer Elemente, die in beliebi-
2. M ¼ f1; 2; 3; . . . ; 99; 100g ) jMj ¼ 100
ger Reihenfolge zwischen geschweiften Klammern
(Mengenklammern) gesetzt sind und durch Komma-
ta getrennt werden (Schreibweise: fElement 1, Ele- 2 Aussageformen und logische Zeichen
ment 2, . . .g). 2.1 Aussageformen
Durch Angabe einer die Elemente charakterisieren-
Eine Aussageform ist ein mathematischer Ausdruck,
den Eigenschaft (Schreibweise: fx j x erfüllt Eigen-
in dem Variable vorkommen.
schaftg).
Aussageformen erhalten einen Wahrheitswert, wenn
Eine Menge von Punkten heißt Punktmenge.
allen in ihnen vorkommenden Variablen ein Wert
zugeordnet wird.
& Beispiele:
& Beispiele:
1. A ¼ f1; 2; 3g (die Menge A besteht aus den Elementen 1, 2
und 3) 1. Die Aussageform „x  3 ¼ 5“ wird zu einer wahren Aussage,
2. B ¼ fx j x2  1 ¼ 0g (die Menge B besteht aus den Elemen- wenn man für x die Zahl 8 einsetzt (x ¼ 8 ist die Lösung der
ten x, für die x2  1 ¼ 0 gilt) Gleichung).
3. B ¼ f1; 1g (da x2  1 ¼ 0 die Lösungen x ¼ 1 und x ¼ 1 2. Die Aussageform „x2 ¼ 1“ wird zu einer wahren Aussage,
besitzt, kann man die Menge B auch in dieser Form schrei- wenn man für x die Zahl 1 oder 1 einsetzt (x1; 2 ¼ 1 sind
ben) die Lösungen der quadratischen Gleichung).
4. C ¼ f1; 0; 1; 2; 3; 4; 5g (die Menge C besteht aus den Ele- 3. Die Aussageform „x þ 1 ¼ 3“ wird zu einer falschen Aussage,
menten 1; 0; 1; 2; 3; 4; 5) wenn man für x die Zahl 1 einsetzt (denn die Lösung der
Gleichung ist x ¼ 2).

Gehört ein Objekt a einer Menge M an, so schreibt


2.2 Logische Zeichen
man a 2 M (gelesen : a ist Element von M). Gehört
a nicht zu M, so schreibt man a 62 M: In der Mathematik ist es häufig sinnvoll, komplizier-
Wenn jedes Element einer Menge M auch Element tere Aussagen mit Hilfe logischer Zeichen zu forma-
einer Menge N ist, so nennt man M Teilmenge von lisieren.
N und schreibt M  N. Nach dieser Definition ist Sind A und B Aussagen, dann bedeutet
offenbar jede Menge Teilmenge von sich selbst. A ^ B, daß A und B gelten,
Die leere Menge ; ¼ fg enthält kein Element. A _ B, daß A oder B gilt,
: A (nicht A), daß das Gegenteil von A gilt,
A ) B, daß B aus A folgt,
& Beispiele: A , B, daß sowohl A ) B als auch
2 2 A; 2 2 C; 4 2 C; 4 62 A; A  C; ; ¼ fx j x 6¼ xg B ) A gelten.
2 Mathematik

Die logischen Zeichen ^ und _ bezeichnet man als Induktionsschluß (von n0 auf n0 þ 1):
Addiert man auf beiden Seiten der Induktionsannahme n0 þ 1, so
Junktoren. Das Symbol _ ist das nicht ausschließen-
folgt
de Oder (also nicht entweder ... oder). n0  ðn0 þ 1Þ
0 þ 1 þ 2 þ 3 þ . . . þ n0 þ ðn0 þ 1Þ ¼ þ ðn0 þ 1Þ
Eine Aussage A ) B heißt eine Implikation, man 2
n  ðn0 þ 1Þ ðn0 þ 2Þ ðn0 þ 1Þ ½ðn0 þ 1Þ þ 1
sagt: A impliziert B. Man nennt A die Prämisse, ¼ ðn0 þ 1Þ 
0
þ1 ¼ ¼
2 2 2
B die Konklusion. Die Prämisse enthält die Voraus-
Aus der Richtigkeit der Annahme für n0 folgt somit auch die
setzungen, unter denen die Aussage B gilt. Richtigkeit für n0 þ 1. Damit gilt die Formel für alle n  0.
Gilt A , B; so sagt man, die beiden Aussagen A
und B sind äquivalent oder gleichwertig.
3 Einteilung der Zahlen
& Beispiele:
1. Für eine natürliche Zahl n  1 ist die Implikation „6 teilt
n ) 2 teilt n“ wahr. Die umgekehrte Implikation gilt nicht.
2. „6 teilt n , 2 teilt n und 3 teilt n“ sind zwei äquiva-
lente Aussagen.

2.3 Vollständige Induktion


Mathematische Aussagen müssen in der Regel be-
wiesen werden. Neben direkten Beweisen und Wi-
derspruchsbeweisen ist eine häufig verwendete Be-
weismethode die vollständige Induktion. Dieses
Beweisverfahren läßt sich bei Aussagen über natür-
liche Zahlen (vgl. Abschnitt I.3) anwenden.
Ein Beweis mit vollständiger Induktion, daß eine
Aussage AðnÞ (eine Eigenschaft oder eine Formel)
für alle natürlichen Zahlen n  m (also von m an)
richtig ist, besteht aus drei Schritten :
1. Induktionsanfang (Induktionsverankerung) :
AðnÞ ist richtig für n ¼ m. Dies muß meistens auf
direktem Weg nachgewiesen werden. Einige der Zahlenbereiche werden häufig in Men-
2. Induktionsannahme (Induktionsvoraussetzung) : genschreibweise dargestellt:
Die Aussage AðnÞ ist für eine beliebige natürli- N ¼ f0; 1; 2; 3; . . .g
che Zahl n0 (n0  m) richtig, es gilt also Aðn0 Þ. Menge der natürlichen Zahlen
3. Induktionsschluß (Induktionsschritt) : Z ¼ f. . . ; 3; 2; 1; 0; 1; 2; 3; . . .g
Unter Benutzung der Induktionsannahme wird Menge der ganzen Zahlen
nm  o
gezeigt, daß die Aussage AðnÞ dann auch für 
Q¼  m; n 2 Z; n 6¼ 0
n0 þ 1 richtig ist, das heißt, aus Aðn0 Þ folgt n
Aðn0 þ 1Þ. Man nennt diesen Schritt auch Schluß Menge der rationalen Zahlen
von n0 auf n0 þ 1. R Menge der reellen Zahlenpffiffiffiffiffiffiffi
C ¼ fz ¼ a þ bj j a; b 2 R; j ¼ 1g
Man beachte, daß sowohl der Induktionsanfang als Menge der komplexen Zahlen
auch der Induktionsschluß durchgeführt werden
müssen. Der Induktionsschluß von n0 auf n0 þ 1 Die natürlichen Zahlen sind die positiven ganzen
macht den Nachweis der Gültigkeit für n ¼ m Zahlen und die Null.
(Induktionsanfang) nicht überflüssig. Der Indukti- Eine Teilmenge der natürlichen Zahlen sind die
onsschluß kann gelingen, auch wenn die Aussage Primzahlen. Eine Primzahl ist eine natürliche Zahl
AðnÞ für alle natürlichen Zahlen falsch ist. größer als 1, die nur durch 1 und durch sich selbst
ohne Rest teilbar ist.
Die Primzahlen sind die Zahlen 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17,
& Beispiel:
Behauptung:
19, 23, 29, . . ., die Zahl 1 ist keine Primzahl. Es gibt
Für alle natürlichen Zahlen n  0 gilt unendlich viele Primzahlen, das heißt, es gibt keine
n  ðn þ 1Þ größte Primzahl, zu jeder Primzahl gibt es noch grö-
0 þ 1 þ 2 þ 3 þ ... þ n ¼
2 ßere. 2 ist die einzige gerade Primzahl. Alle Prim-
Beweis der Behauptung mit vollständiger Induktion zahlen zusammen bilden die Menge P der Primzah-
Induktionsanfang :
len, die eine Teilmenge der Menge N der natür-
Für n ¼ 0 ist die Behauptung richtig, denn auf beiden Seiten des
01
lichen Zahlen ist.
Gleichheitszeichens steht Null : 0 ¼ ¼0 Jede natürliche Zahl n  2 läßt sich in ein Produkt
2
Induktionsannahme:
von Primzahlen zerlegen, die Zerlegung ist eindeutig
Für eine beliebige natürliche Zahl n0 ist die Behauptung richtig:
bis auf die Reihenfolge der Faktoren (sogenannte
n0  ðn0 þ 1Þ
0 þ 1 þ 2 þ 3 þ . . . þ n0 ¼ Primfaktorzerlegung).
2
I Arithmetik 3

& Beispiele zur Primfaktorzerlegung: & Beispiele für rationale Zahlen:


100 ¼ 2  2  5  5 ¼ 22  52 ; 546 ¼ 2  3  7  13 2;
3
¼ 1;5;
4 1
¼ 1;3333 . . . ¼ 1;3;  ¼ 0;125;
2 3 8
16
Die ganzen Zahlen setzen sich zusammen aus den  ¼ 1;454 545 . . . ¼ 1;45
11
natürlichen Zahlen und den negativen ganzen Zah- (der periodische Teil wird überstrichen)
len.
& Beispiele für reelle Zahlen:
Die rationalen Zahlen sind alle ganzen und gebro-
3 pffiffiffi
chenen Zahlen. Rationale Zahlen lassen sich als 4; ; 4  p; e3 ; 3; sin 50
4
Brüche aus ganzen Zahlen darstellen. Jede rationale
Zahl kann als endlicher oder unendlicher perio- & Beispiele für irrationale Zahlen:
pffiffiffi p ffiffiffi
discher Dezimalbruch dargestellt werden. 3
3 ¼ 1;732 050 808 . . . ; 4 ¼ 1;587 401 052 . . . ;
pffiffiffi
Der Dezimalbruch einer rationalen Zahl ist die Dar- 5  2 3 ¼ 1;535 898 385 . . . ; p ¼ 3;141 592 654 . . . ;
stellung der rationalen Zahl als Dezimalzahl, also als e ¼ 2;718 281 828 . . .
Zahl „mit Stellen hinter dem Komma“ (siehe auch
& Beispiele für algebraische irrationale Zahlen:
Abschnitt I.8.1). Bei einem endlichen Dezimalbruch pffiffiffi pffiffiffi
ist die Anzahl der Stellen nach dem Komma endlich, p 3ffiffiffi (denn p3ffiffiffi ist Lösung der Gleichung x2  3 ¼ 0);
3
4 (denn 3 4 ist Lösung der Gleichung x3  4 ¼ 0);
bei einem periodischen Dezimalbruch wiederholen pffiffiffi pffiffiffi
5  2 3 (denn 5  2 3 ist Lösung der Gleichung
sich die Stellen nach dem Komma nach einem gewis-
x2  10x þ 13 ¼ 0)
sen Muster (Periode).
Die reellen Zahlen sind alle Zahlen, die auf der re- & Beispiele für transzendente Zahlen:
ellen Achse der Zahlenebene (Gaußsche Zahlen-
p; e
ebene), der sogenannten Zahlengeraden, darstellbar
sind. & Beispiele für komplexe Zahlen:
pffiffiffi
Die reellen Zahlen setzen sich zusammen aus den 3þ
pffiffiffi 2 j; 1 þ 5j; e þ p j; 4j (imaginäre Zahl);
2

rationalen Zahlen und den irrationalen Zahlen. Der 3 2 (reelle Zahl)


Dezimalbruch einer irrationalen Zahl hat unendlich
viele Stellen und keine Periode. Ein hochgestellter Stern bedeutet die entsprechende
Man unterteilt die irrationalen Zahlen in algebrai- Menge ohne die Null:
sche irrationale Zahlen und transzendente Zahlen. N* ¼ f1; 2; 3; . . .g:
Eine algebraische irrationale Zahl ist eine irratio- Menge der natürlichen Zahlen ohne die Null
nale Zahl, die Lösung (Wurzel) einer algebraischen Z* ¼ f. . . ; 3; 2; 1; 1; 2; 3; . . .g
Gleichung (Bestimmungsgleichung) xn þ an  1 xn  1 ¼ fx j x 2 Z; x 6¼ 0g:
þ an  2 xn  2 þ ::: þ a1 x þ a0 ¼ 0 mit rationalen Zah- Menge der ganzen Zahlen ohne die Null
nm  o
len als Koeffizienten an  1 ; an  2 ; . . . ; a1 ; a0 ist, wo- 
Q ¼
*  m; n 2 Z* ¼ fx j x 2 Q; x 6¼ 0g:
bei n für eine natürliche Zahl größer Null steht. n
Es gibt keine reelle Zahl, die Lösung der Gleichung Menge der rationalen Zahlen ohne die Null
x2 þ 1 ¼ 0 ist. Deshalb werden die reellen Zahlen zu R* ¼ fx j x 2 R; x 6¼ 0g:
den komplexen Zahlen erweitert. Menge der reellen Zahlen ohne die Null
Komplexe Zahlen sind Zahlen der Form z ¼ a þ bj; Ein hochgestelltes Plus bedeutet die Menge der ent-
wobei a und b reelle Zahlen sind und j die imagi- sprechenden positiven Zahlen:
näre Einheit, j 2 ¼ 1 (j ist eine Lösung der algebrai- Zþ ¼ N* ¼ f1; 2; 3; . . .g ¼ fx j x 2 Z; x > 0g:
schen Gleichung x2 þ 1 ¼ 0) 1 Þ. Menge der positiven ganzen Zahlen
nm  o
Eine komplexe Zahl z besteht also aus einem reel- þ 
Q ¼  m; n 2 N* ¼ fx j x 2 Q; x > 0g:
len Teil a (Realteil) und einem imaginären Teil b n
(Imaginärteil). Komplexe Zahlen z mit Realteil Menge der positiven rationalen Zahlen
gleich 0 (also a ¼ 0) heißen imaginäre Zahlen, die Rþ ¼ fx j x 2 R; x > 0g:
komplexen Zahlen z mit Imaginärteil gleich 0 (also Menge der positiven reellen Zahlen
b ¼ 0) sind die reellen Zahlen.
Komplexe Zahlen lassen sich in der Zahlenebene 4 Grundrechenarten
darstellen.
Die vier Grundrechenarten sind die Addition, die
& Beispiele für ganze Zahlen: Subtraktion, die Multiplikation und die Division.
38; 700 632; 0; 105
Addition: Summand plus Summand gleich
Summe
Subtraktion: Minuend minus Subtrahend gleich
Differenz
Multiplikation: Faktor mal Faktor gleich Produkt
1
Þ In der Mathematik wird für die imaginäre Einheit der Buchstabe i
verwendet, in der Elektrotechnik nimmt man den Buchstaben j, um Division: Dividend geteilt durch Divisor
Verwechslungen mit der Stromstärke i zu vermeiden. gleich Quotient
4 Mathematik

& Beispiele:
5.3 Teilbarkeitsregeln
4 þ 5 ¼ 9 (Addition); 7  2 ¼ 5 (Subtraktion);
3  8 ¼ 24 (Multiplikation); 87 : 3 ¼ 29 (Division) Die einzelnen Zeichen einer Zahl sind ihre Ziffern.
Aus Eigenschaften der Ziffern lassen sich Teilbar-
Vereinbarung: keitseigenschaften der Zahlen ableiten.
Der Multiplikationspunkt (Malpunkt) kann wegge- Eine ganze Zahl ist teilbar durch
lassen werden zwischen zwei Variablen, zwischen ei- 2, wenn die letzte Ziffer durch 2 teilbar ist
ner Zahl und einer Variablen, zwischen einer Zahl 3, wenn die Quersumme der Zahl (also die Sum-
und einer Klammer, zwischen einer Variablen und me der Ziffern) durch 3 teilbar ist
einer Klammer sowie zwischen zwei Klammern. 4, wenn die Zahl aus den letzten beiden Ziffern
durch 4 teilbar ist
& Beispiele:
5, wenn die letzte Ziffer durch 5 teilbar ist (also 0
a  b ¼ ab; 4  a ¼ 4a; 2  ða þ bÞ ¼ 2ða þ bÞ;
oder 5 ist)
a  ð3 þ aÞ ¼ að3 þ aÞ; ða þ bÞ  ðc  dÞ ¼ ða þ bÞ ðc  dÞ
6, wenn die letzte Ziffer durch 2 und die Quersum-
Achtung: Der Multiplikationspunkt zwischen zwei me der Zahl durch 3 teilbar ist
Zahlen darf nicht weggelassen werden. 8, wenn die Zahl aus den letzten drei Ziffern
durch 8 teilbar ist
& Beispiel: 3  4 6¼ 34 9, wenn die Quersumme der Zahl durch 9 teilbar
ist
Eine Variable oder Veränderliche oder Platzhalter ist 11, wenn die alternierende Quersumme der Zahl
eine Größe, die in der Regel verschiedene Werte an- (also die Summe der Ziffern, die abwechselnd
nehmen kann. Variable werden durch Symbole darge- positives und negatives Vorzeichen erhalten)
stellt (meist lateinische Buchstaben). Variable sind durch 11 teilbar ist
zum Beispiel die Platzhalter für die gesuchten Lösun-
gen von einer oder mehreren gegebenen Gleichungen. & Beispiele:
1. 2486 ist teilbar durch 2, denn 6 ist teilbar durch 2
2. 263 451 ist teilbar durch 3, denn die Quersumme 2 þ 6 þ 3
5 Grundlegende Rechenregeln þ 4 þ 5 þ 1 ¼ 21 ist teilbar durch 3
3. 2 563 488 ist teilbar durch 4, denn 88 ist teilbar durch 4
5.1 Buchstabenrechnen 4. 823 620 ist teilbar durch 5, denn 0 ist teilbar durch 5
5. 2 598 018 ist teilbar durch 6, denn 8 ist teilbar durch 2 und
Buchstabenrechnen ist das Rechnen mit unbestimm- die Quersumme 2 þ 5 þ 9 þ 8 þ 0 þ 1 þ 8 ¼ 33 ist teilbar
ten Zahlen. Formuliert man eine mathematische durch 3
Aussage, die nicht nur für eine bestimmte Zahl, son- 6. 524 299 168 ist teilbar durch 8, denn 168 ist teilbar durch 8
7. 11 929 545 ist teilbar durch 9, denn die Quersumme 1 þ 1 þ 9
dern für einen ganzen Zahlbereich oder sogar für
þ 2 þ 9 þ 5 þ 4 þ 5 ¼ 36 ist teilbar durch 9
alle Zahlen gilt, dann benutzt man statt einer Zahl 8. 14 739 296 ist teilbar durch 11, denn die alternierende Quer-
einen Buchstaben. Der Buchstabe heißt unbe- summe 1  4 þ 7  3 þ 9  2 þ 9  6 ¼ 11 ist teilbar durch 11
stimmte Zahl.
5.4 Punktrechnung vor Strichrechnung
& Beispiele:
1. ða þ bÞ2 ¼ a2 þ 2ab þ b2 (binomische Formel, sie gilt für alle Die Rechenzeichen  und : binden stärker als þ und
reellen Zahlen a; b) , das heißt, Multiplikation und Division müssen
2. ða  bÞ  c ¼ a  ðb  cÞ ¼ a  b  c (Assoziativgesetz bezüglich der vor Addition und Subtraktion ausgeführt werden.
Multiplikation, gilt für alle reellen Zahlen a; b; c)
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi
3. n a  b ¼ n a  n b (gilt für alle positiven reellen Zahlen a; b a þ b  c ¼ a þ ðb  cÞ
und alle natürlichen Zahlen n  2)
a  b : c ¼ a  ðb : cÞ
5.2 Kehrwert, Quersumme
1 &
Der Kehrwert einer Zahl a 6¼ 0 ist die Zahl . Man Beispiele:
a a : b  c  d ¼ ða : bÞ  c  d; 3 þ 4  5  6 ¼ 3 þ ð4  5Þ  6 ¼ 17
sagt statt Kehrwert auch reziproker Wert.
1 8  5  4  3 þ 36 : 9 þ 6  ð12 þ 2  7Þ ¼ 8  60 þ 4 þ 6  26 ¼ 108
So ist zum Beispiel der Kehrwert von 3 gleich ,
1 3
der Kehrwert von 17 ist  , der Kehrwert von Die Klammern geben an, welcher Teil der Rech-
1 17
ist 4. nung zuerst ausgeführt wird.
4
Die Quersumme einer ganzen Zahl ist die Summe 5.5 Potenzrechnung vor Punktrechnung
ihrer Ziffern.
So ist zum Beispiel die Quersumme der Zahl Potenzieren bindet stärker als Multiplizieren und Di-
239 503 618 gleich 2 þ 3 þ 9 þ 5 þ 0 þ 3 þ 6 þ 1 þ 8 vidieren.
¼ 37, die Quersumme von 3 972 611 028 ist 3 þ 9
þ 7 þ 2 þ 6 þ 1 þ 1 þ 0 þ 2 þ 8 ¼ 39, und die Quer- a  b2 ¼ a  ðb2 Þ
summe der Zahl 209 334 042 ist 2 þ 0 þ 9 þ 3 þ 3
þ 4 þ 0 þ 4 þ 2 ¼ 27. Es gilt also ab2 6¼ ðabÞ2.
I Arithmetik 5

& Beispiele: Beim Weglassen der Klammern nach einem Minus-


a a
a : b2  3  23 ¼  3ð23 Þ ¼ 2  24; zeichen müssen alle zwischen den Klammern vor-
b2 b
4  5  7  4 ¼ 4  125  7  16 ¼ 388
3 2 kommenden Vorzeichen umgedreht werden.

5.6 Grundgesetze der Addition ða þ bÞ ¼ a  b


und Multiplikation ða  bÞ ¼ a þ b
1. Kommutativgesetz (Vertauschungsgesetz)
Für reelle Zahlen gilt bezüglich der Addition Vorzeichenregeln
und bezüglich der Multiplikation das Kommuta- Für die Multiplikation und die Division zweier reeller
tivgesetz: Zahlen a und b (b 6¼ 0) gelten die Vorzeichenregeln.

aþb¼bþa ab¼ba ðþaÞ  ðþbÞ ¼ ðaÞ  ðbÞ ¼ a  b


a  ðbÞ ¼ ðaÞ  b ¼ a  b
Bei der Addition kann man also die Summanden
þa a a
vertauschen, bei der Multiplikation kann man die ¼ ¼
Faktoren vertauschen. þb b b
þa a a
¼ ¼
& Beispiele: 3 þ 4 ¼ 4 þ 3; 3  4 ¼ 4  3 b þb b

2. Assoziativgesetz (Verknüpfungsgesetz) & Beispiele:


Für reelle Zahlen gilt bezüglich der Addition 1. ða þ bÞ þ ðc  d þ eÞ ¼ a þ b þ c  d þ e
und bezüglich der Multiplikation das Assoziativ- 2. ð3 þ 5  2Þ þ ð5 þ 8Þ ¼ 3 þ 5  2 þ 5 þ 8 ¼ 19
3. a þ b  ðc  d  eÞ ¼ a þ b  c þ d þ e
gesetz:
4. ð4 þ 7Þ  ð6 þ 3  8Þ ¼ 4 þ 7 þ 6  3 þ 8 ¼ 22
5. 3a  ð4b þ 2c  8dÞ þ ð3a  5cÞ  ð6a þ 3b  dÞ
ða þ bÞ þ c ¼ a þ ðb þ cÞ ¼ a þ b þ c ¼ 3a  4b  2c þ 8d þ 3a  5c  6a  3b þ d ¼ 7b  7c þ 9d
6. 3að4bÞ ¼ 12ab
4a þ b 1
ða  bÞ  c ¼ a  ðb  cÞ ¼ a  b  c 7. ¼ 2a  b
2 2

Bei der Addition kann man also Summanden 5.8 Multiplikation mit Klammern
beliebig verknüpfen (zusammenfassen), bei der Man multipliziert eine Zahl mit einer Summe (Dif-
Multiplikation kann man Faktoren beliebig ver- ferenz), indem man die Zahl mit jedem Glied multi-
knüpfen. pliziert und die erhaltenen Produkte addiert (sub-
trahiert).
& Beispiele: ð3 þ 4Þ þ 7 ¼ 3 þ ð4 þ 7Þ ¼ 3 þ 4 þ 7;
ð3  4Þ  7 ¼ 3  ð4  7Þ ¼ 3  4  7
aðb þ cÞ ¼ ab þ ac
aðb  cÞ ¼ ab  ac
3. Distributivgesetze (Zerlegungsgesetze)
ða þ bÞ c ¼ ac þ bc
Für reelle Zahlen gelten die Distributivgesetze:
ða  bÞ c ¼ ac  bc
ða þ bÞ  c ¼ a  c þ b  c
Fehlerwarnung: ða  bÞ  c 6¼ ac  bc,
sondern ða  bÞ  c ¼ abc
a  ðb þ cÞ ¼ a  b þ a  c
Enthalten alle Glieder einer Summe oder Differenz
den gleichen Faktor, so kann man diesen ausklam-
& Beispiele: ð3 þ 4Þ  7 ¼ 3  7 þ 4  7; 3  ð4 þ 7Þ ¼ 3  4 þ 3  7
mern.
Aus diesen Grundgesetzen ergeben sich die wichti- ab þ ac ¼ aðb þ cÞ
gen Regeln der Klammerrechnung.
ac  bc ¼ ða  bÞ c

5.7 Grundregeln der Klammerrechnung Man multipliziert zwei Summen miteinander, indem
Klammern gehören immer paarweise zusammen. man jedes Glied der einen Summe mit jedem Glied
Ein durch ein Klammerpaar zusammengefaßter der anderen Summe multipliziert und die erhaltenen
Ausdruck ist eine Einheit. Produkte addiert.
Wichtige Regeln der Klammerrechnung
Ein Klammerpaar nach einem Pluszeichen kann ða þ bÞ ðc þ dÞ ¼ ac þ ad þ bc þ bd
weggelassen werden. ða þ bÞ ðc  dÞ ¼ ac  ad þ bc  bd
ða  bÞ ðc þ dÞ ¼ ac þ ad  bc  bd
þða þ bÞ ¼ a þ b ða  bÞ ðc  dÞ ¼ ac  ad  bc þ bd
6 Mathematik

Q
Fehlerwarnung: ða þ bÞ2 6¼ a2 þ b2 , Das Produktzeichen dient zur vereinfachten Dar-
sondern ða þ bÞ2 ¼ a2 þ 2ab þ b2 stellung von Produkten (gesprochen: Produkt über
(siehe Abschnitt I.5.10) ak von k ¼ 1 bis k ¼ n).
Bei verschachtelten Klammern sind die Klammern
Q
n
immer von innen nach außen aufzulösen. ak ¼ a1  a2  a3  . . .  an
k¼1

aðb þ cðd þ eÞÞ ¼ aðb þ cd þ ceÞ ¼ ab þ acd þ ace


Man erhält alle Faktoren des Produkts, wenn man in
ak für den Index k zunächst 1, dann 2 usw. und
& Beispiele: schließlich n setzt. Der Index k kann durch einen
1. 3ð200 þ 7Þ ¼ 3  200 þ 3  7 beliebigen anderen Buchstaben ersetzt werden. Zum
2. 6x2 ð16x  0;05y þ 7;2zÞ ¼ 96x3  0;3x2 y þ 43;2x2 z Qn Qn Q
n
 p q r p 1 2 1 1 Beispiel gilt ak ¼ ai ¼ aj .
3.  þ   ¼ p  pq þ pr k¼1 i¼1 j¼1
3 4 5 2 6 8 10
4. abc  acd þ ace ¼ acðb  d þ eÞ & Beispiele:
5. 5x2 þ 25xy  35zx ¼ 5xðx  5y þ 7zÞ Q
7
6. ð3x  aÞ ða þ 2bÞ ¼ 3ax þ 6bx  a2  2ab 1. k2 ¼ 12  22  32  42  52  62  72
k¼1
7. ðx þ 5Þ ðx  a þ 3Þ ¼ x2  ax þ 3x þ 5x  5a þ 15
Q
4
¼ x2  ax þ 8x  5a þ 15 2. 3i ¼ 32  33  34 ¼ 32þ3þ4 ¼ 39
i¼2
8. ðx þ 2Þ ðx  5Þ  ðx  3Þ ðx  7Þ
¼ x2  5x þ 2x  10  ðx2  7x  3x þ 21Þ Q
5
3. 4 ¼ 4  4  4  4  4 ¼ 45
¼ x2  3x  10  x2 þ 10x  21 ¼ 7x  31 j¼1
9. ðx  1Þ ða þ 3Þ ð2  cÞ ¼ ðx  1Þ ð2a  ac þ 6  3cÞ
¼ 2ax  acx þ 6x  3cx  2a þ ac  6 þ 3c
10. ð4x  yÞ ð2aðb  4cÞ  3bcÞ ¼ ð4x  yÞ ð2ab þ 8ac  3bcÞ
5.10 Binomische Formeln
¼ 8abx þ 32acx  12bcx þ 2aby  8acy þ 3bcy Ein Binom ist ein zweigliedriger Ausdruck der Form
11. 5ðx  2ðx  y  3y  6x  3yÞ þ 2yÞ ¼ 5ðx  2ð5x  7yÞ þ 2yÞ
¼ 5ðx þ 10x þ 14y þ 2yÞ ¼ 5ð11x þ 16yÞ ¼ 55x þ 80y
a þ b oder a  b. Die Multiplikation von Binomen
führt zu den binomischen Formeln (zwei Faktoren)
und zum binomischen Lehrsatz (n Faktoren, n  1
5.9 Indizes, Summenzeichen, beliebig).
Produktzeichen Die folgenden Rechenregeln heißen binomische For-
meln oder binomische Gleichungen 2. Grades (a und
Ein Index (Plural Indizes) ist ein Zeichen, das an
b sind beliebige reelle Zahlen).
Symbole für Variable, Funktionen oder Operationen
angebracht wird.
Bezeichnet man zum Beispiel Variable mit x, dann ða þ bÞ2 ¼ a2 þ 2ab þ b2
kennzeichnet man verschiedene Variable dadurch, ða  bÞ2 ¼ a2  2ab þ b2
daß man an das x verschiedene tiefgestellte Indizes ða þ bÞ ða  bÞ ¼ a2  b2
anhängt: x1 ; x2 ; x3 ; . . . Ein Index ist meistens eine
Zahl.
P & Beispiele:
Das Summenzeichen (entstanden aus dem grie- 1. 212 ¼ ð20 þ 1Þ2 ¼ 202 þ 2  20  1 þ 12 ¼ 441
chischen Buchstaben für S) dient zur vereinfachten 2. ð2c þ 3Þ2 ¼ ð2cÞ2 þ 2  2c  3 þ 32 ¼ 4c2 þ 12c þ 9
Darstellung von Summen (gesprochen: Summe über 3. 192 ¼ ð20  1Þ2 ¼ 202  2  20  1 þ 12 ¼ 361
ak von k ¼ 1 bis k ¼ n). 4. ð2x  5yÞ2 ¼ ð2xÞ2  2  2x  5y þ ð5yÞ2 ¼ 4x2  20xy þ 25y2
5. 21  19 ¼ ð20 þ 1Þ ð20  1Þ ¼ 202  12 ¼ 399
6. ð3x þ 4yÞ ð3x  4yÞ ¼ ð3xÞ2  ð4yÞ2 ¼ 9x2  16y2
P
n
ak ¼ a1 þ a2 þ a3 þ . . . þ an
k¼1
5.11 Fakultäten, Binomialkoeffizienten
und Pascalsches Dreieck
Man erhält alle Summanden der Summe, wenn man
in ak für den Index k zunächst 1, dann 2 usw. und Für eine natürliche Zahl n 2 N* ist n! (gesprochen:
schließlich n setzt. Dieser Buchstabe k heißt Sum- n Fakultät) definiert als das Produkt der ersten n
mationsindex und kann durch einen beliebigen an- von Null verschiedenen natürlichen Zahlen.
deren Buchstaben ersetzt werden. Es gilt also zum
P
n Pn P
n n! ¼ 1  2  3  . . .  n
Beispiel ak ¼ ai ¼ aj .
k¼1 i¼1 j¼1
Außerdem wird 0! ¼ 1 für n ¼ 0 gesetzt.
& Beispiele: Die Fakultät läßt sich mit der Formel n! ¼ n  ðn  1Þ!;
1.
P6
k2 ¼ 12 þ 22 þ 32 þ 42 þ 52 þ 62
n 2 N* berechnen (Rekursionsformel).
k¼1
P
3
& Beispiele:
2. log ð2iÞ ¼ log 2 þ log 4 þ log 6
i¼1 0! ¼ 1; 1! ¼ 1; 2! ¼ 1  2 ¼ 2; 3! ¼ 1  2  3 ¼ 6;
P
5 4! ¼ 1  2  3  4 ¼ 24; 5! ¼ 1  2  3  4  5 ¼ 120;
3. 6 ¼ 6 þ 6 þ 6 þ 6 þ 6 ¼ 5  6 ¼ 30 6! ¼ 1  2  3  4  5  6 ¼ 720
j¼1
I Arithmetik 7

n n; k mit 1  k  n ist


Für alle natürlichen Zahlen Pascalsches Dreieck:
 
der Binomialkoeffizient (gesprochen: n über k) 0
k 0
definiert durch
   
1 1
n n! 0 1
¼      
k k!ðn  kÞ! 2 2 2
  0 1 2
n 0        
Man setzt außerdem ¼ 1 und ¼ 1: 3 3 3 3
0 0 0 1 2 3
Für die praktische Rechnung eignet sich die Formel          
4 4 4 4 4
0 1 2 3 4
n nðn  1Þ ðn  2Þ  . . .  ðn  k þ 1Þ            
¼ 5 5 5 5 5 5
k 1  2  3  ...  k 0 1 2 3 4 5
             
6 6 6 6 6 6 6
Zähler und Nenner bestehen jeweils aus k Faktoren.
Dabei sind die k Faktoren im Nenner von 1 an um 0 1 2 3 4 5 6
jeweils 1 aufsteigend und im Zähler von n an um .......................................
jeweils 1 fallend. Rechnet man die Binomialkoeffizienten aus, so lau-
Für die Binomialkoeffizienten gibt es eine Reihe ten die ersten Zeilen des Pascalschen Dreiecks:
von Rechenregeln. Für die praktische Berechnung
sind wichtig: 1
1 1
n  n  1 2 1
¼ Symmetrie 1 3 3 1
k nk
      1 4 6 4 1
n1 n1 n 1 5 10 10
1 5
þ ¼ Additionssatz
k1 k k 1 6 15 20 15 6 1
................................
Beweis der Symmetrie: Am Pascalschen Dreieck erkennt man die Symme-
n n! trie der Binomialkoeffizienten.
¼
k k!ðn  kÞ! Oftmals ist es einfacher, die Binomialkoeffizienten
nicht direkt, sondern mit Hilfe des Pascalschen Drei-
 n  n! ecks zu berechnen.
¼
nk ðn  kÞ! ðn  ðn  kÞÞ!
n! n! 5.12 Binomischer Lehrsatz
¼ ¼
ðn  kÞ! k! k!ðn  kÞ! Für beliebige reelle Zahlen a; b 6¼ 0 und jede natür-
liche Zahl n  1 gilt der binomische Lehrsatz (bino-
& Beispiele:
mische Gleichung n-ten Grades)
     
8 8! 876 8 8 n n
¼ ¼ ¼ 56; ¼
3 3! 5! 1  2  3 3 5 ða þ bÞn ¼ an þ an  1 b þ an  2 b 2
n n n n  ðn  1Þ n 1 2  
n nk k
n
¼ 1;
1
¼ n;
2
¼
2 þ an  3 b3 þ . . . þ a b þ ...
3 n  k
þ abn  1 þ bn
Für jede natürliche Zahl n lassen sich die Binomial-
n n1
Pn  
n nk k
koeffizienten ; k ¼ 0; 1; . . . ; n im Pascalschen ¼ a b
k n n k¼0 k
Dreieck darstellen. Wegen ¼ ¼ 1 sind die
0 n Die untere Form ist die abgekürzte 
Summenschreib-
Zahlen der Ränder des Dreiecks gleich Eins. Jede n n  k k
nicht am Rand stehende Zahl des Dreiecks ist we- weise (gesprochen: Summe über a b von
k
gen des Additionssatzes gleich der Summe der bei- k ¼ 0 bis k ¼ n). Man erhält also alle Summanden
den unmittelbar darüberstehenden Zahlen. der Summe, wenn man für den Index k zunächst 0,
dann 1, dann 2 usw. und schließlich n setzt. Die so
erhaltenen Glieder werden
n dann addiert.
n
Man beachte, daß ¼ ¼ 1; a0 ¼ b0 ¼ 1 und
0 n
a1 ¼ a; b1 ¼ b gilt.
Für n ¼ 2 ergeben sich die beiden ersten binomi-
schen Formeln.
8 Mathematik

Spezialfälle: Ein Bruch ist ein Quotient, der Zähler ist der Divi-
n n n n dend, und der Nenner ist der Divisor.
a¼b¼1: þ þ þ ... þ
0 1 2 n
Pn n m
n ¼m:n
¼ ¼ ð1 þ 1Þ ¼ 2 n
n
k¼0 k

Die Summe der Binomialkoeffizienten der n-ten Ganzzahlige Anteile von Brüchen können vorgezo-
Zeile des Pascalschen Dreiecks ist also 2n. gen werden.
n n n n
a ¼ 1; b ¼ 1 :  þ  þ . . . þ ð1Þn & Beispiele:
0 1 2 n
P
n   15 3 25 8
k n n ¼3 ; ¼1
¼ ð1Þ ¼ ð1  1Þ ¼ 0 4 4 17 17
k¼0 k
2 2
Die alternierende Summe (das heißt, abwechselnde Fehlerwarnung: 1 6¼ 1  : Richtig ist
Vorzeichen þ und ) der Binomialkoeffizienten der 3 3
2 2 5
n-ten Zeile des Pascalschen Dreiecks ist also 0. 1 ¼1þ ¼ :
3 3 3
p q
Der Kehrwert eines Bruches ist der Bruch , al-
& Beispiele: q p
       
3 3 3 2 3 3 3 so der Bruch, bei dem Zähler und Nenner ver-
1. ða þ bÞ3 ¼ a þ a bþ ab2 þ b
0 1 2 3 1 q
tauscht sind, denn p ¼ .
¼ a3 þ 3a2 b þ 3ab2 þ b3 p
        q
6 6 6 5 6 4 2 6 3 3
2. ða  bÞ6 ¼ a  a bþ a b  a b
0 1 2 3
& Beispiele:
     
6 2 4 6 6 6 16 19 1
þ a b  ab5 þ b Der Kehrwert von ist ; der Kehrwert von ist 2; der
4 5 6 19 16 2
¼ a  6a b þ 15a b  20a b þ 15a2 b4  6ab5 þ b6
6 5 4 2 3 3 11 3
Kehrwert von  ist  .
3 11
Man vergleiche die Koeffizienten mit der letzten hingeschrie-
benen Zeile des Pascalschen Dreiecks!
      6.2 Erweitern und Kürzen
5 5 5 4 5 3
3. ðx  3Þ5 ¼ x þ x ð3Þ þ x ð3Þ2
0 1 2 2 4 6
      ; ; sind verschiedene Schreibweisen dessel-
þ
5 2
x ð3Þ3 þ
5
xð3Þ4 þ
5
ð3Þ5
3 6 9
3 4 5 ben Bruches. Der bergang von einer Schreibweise
¼ x5  15x4 þ 90x3  270x2 þ 405x  243 zur anderen erfolgt durch Erweitern und Kürzen.
Erweitern heißt, Zähler und Nenner eines Bruches
5.13 Division mit Klammern mit derselben Zahl zu multiplizieren. Der Wert des
Bruches bleibt durch Erweitern unverändert.
Man dividiert eine Summe (Differenz) durch eine
Zahl, indem man jedes Glied durch die Zahl divi- a ac ac
diert und die erhaltenen Quotienten addiert (sub- ¼ ¼ ðc 6¼ 0Þ
b bc bc
trahiert):

ða þ bÞ : c ¼ a : c þ b : c & Beispiele:
ða  bÞ : c ¼ a : c  b : c 2
¼
23
¼
6
;
3
¼
ð3Þ  ð1Þ
¼
3
;
5 53 15 4 ð4Þ  ð1Þ 4
ab2 ab2 e3
& Beispiele: ¼ 3 3
c3 d c de
1. ð10ax  15bxÞ : 5x ¼ 10ax : 5x  15bx : 5x ¼ 2a  3b
2. ð12a2 xy þ 39ax2 y  27axy2 Þ : 3axy
¼ 12a2 xy : 3axy þ 39ax2 y : 3axy  27axy2 : 3axy
Fehlerwarnung: Unterscheide Erweitern und Multi-
¼ 4a þ 13x  9y plizieren!

& Beispiel:
6 Bruchrechnung Erweitern mit 3:
2
¼
23
¼
6
5 53 15
2 23 6
6.1 Definitionen Multiplizieren mit 3: 3 ¼ ¼
5 5 5
Ein Bruch ist eine Zahl, die durch einen Ausdruck
m Kürzen heißt, Zähler und Nenner eines Bruches
(m geteilt durch n) dargestellt wird. Die Zahl m durch dieselbe Zahl zu dividieren. Der Wert des
n
heißt Zähler und die Zahl n Nenner des Bruches. Bruches bleibt durch Kürzen unverändert.
Es gilt dabei n 6¼ 0, denn die Division durch Null ist
a a:c
nicht möglich. Die Division einer von Null verschie- ¼ ðc 6¼ 0Þ
denen Zahl durch Null ergibt keine Zahl. b b:c
I Arithmetik 9

& Beispiele: ab a b aþb


5. þ þ þ
27 27 : 3 9 a2 bc2 a2 bc2 : a2 bc c 2x x 3y 4y
¼ ¼ ; 3 ¼ 3 ¼ ab a b aþb
24 24 : 3 8 a bc a bc : a2 bc a Der Hauptnenner der Brüche ; ; ; ist
2x x 3y 4y
3  4  xy.
Fehlerwarnung: Unterscheide Kürzen und Dividie- Addition der Brüche:
ren! ab a b aþb ða  bÞ  6y a  12y
þ þ þ ¼ þ
2x x 3y 4y 2x  6y x  12y
& Beispiel: b  4x ða þ bÞ  3x
6 6:3 2 þ þ
Kürzen durch 3: ¼ ¼ 3y  4x 4y  3x
15 15 : 3 5
6 6:3 2 ða  bÞ  6y þ a  12y þ b  4x þ ða þ bÞ  3x
Dividieren durch 3: :3¼ ¼ ¼
15 15 15 12xy
3ax þ 18ay þ 7bx  6by
¼
12xy
6.3 Addieren und Subtrahieren
gleichnamiger Brüche
Fehlerwarnungen:
Gleichnamige Brüche (Brüche mit dem gleichen a b aþb
Nenner) werden addiert oder subtrahiert, indem 1. þ ¼ darf nicht verwechselt werden
c c c
man die Zähler addiert oder subtrahiert und den a a a
Nenner beibehält. mit þ 6 ¼ ; wie man zum Beispiel
b c bþc
durch Einsetzen von a ¼ 1; b ¼ 2; c ¼ 3 sofort
a b aþb a a ac ab
þ ¼ bestätigt. Richtig ist þ ¼ þ
c c c b c bc cb
ac þ ab aðb þ cÞ
¼ ¼ :
& Beispiele:
bc bc
a c aþc
3
þ
4
¼
3þ4 7 3x2
¼ ; þ
x2
¼
4x2
¼
x2 2. þ 6¼ ; wie man zum Beispiel durch
5 5 5 5 4yz 4yz 4yz yz b d bþd
Einsetzen von a ¼ 1; b ¼ 2; c ¼ 3; d ¼ 4 bestä-
a c ac
6.4 Addieren und Subtrahieren tigt. Die Verwechslung mit  ¼ ist na-
ungleichnamiger Brüche b d bd
heliegend.
Ungleichnamige Brüche werden addiert oder subtra-
hiert, indem man sie auf den Hauptnenner bringt,
also durch Erweitern gleichnamig macht. Der 6.5 Multiplizieren von Brüchen
Hauptnenner ist das kleinste gemeinschaftliche Viel-
Brüche werden miteinander multipliziert, indem
fache der Nenner.
man Zähler mit Zähler und Nenner mit Nenner
multipliziert. Vor dem Multiplizieren sollte man kür-
a c ad cb ad þ bc
þ ¼ þ ¼ zen.
b d bd db bd
a c ac ac
& Beispiele:  ¼ ¼
b d bd bd
2 4
1. þ
3 5
2 4
Der Hauptnenner der Brüche und ist 3  5. Sonderfall: Ein Bruch wird mit einer Zahl multipli-
3 5
Addition der Brüche: ziert, indem man den Zähler mit der Zahl multipli-
2 4 25 43 10 þ 12 22 ziert.
þ ¼ þ ¼ ¼
3 5 35 53 15 15
3 5
2.  a ac ac
4 6
Der Hauptnenner der Brüche
3
und
5
ist 3  4 ¼ 12.
c ¼ ¼
4 6 b b b
Subtraktion der Brüche:
3 5 9 10 1
 ¼  ¼ & Beispiele:
4 6 12 12 12
2 4 24 8
1
þ
3
þ
5 1.  ¼ ¼
3.
3 5 6 3 5 35 15
1 3 5
Der Hauptnenner der Brüche ; ; ist 5  6. 3 2 7  12 73 21
3 5 6 2. 1 2 ¼ ¼ ¼
Addition der Brüche: 4 5 45 15 5

1 3 5 152 36 55 10 þ 18 þ 25 53 a2  1 12b ða þ 1Þ ða  1Þ  12b 6ða þ 1Þ


þ þ ¼ þ þ ¼ ¼ 3.  ¼ ¼
3 5 6 352 56 65 30 30 2b ac  c 2b  cða  1Þ c
1 1 1 15uv 15uv 12w3 15  12  uvw3 45
4. þ  4.  12w3 ¼  ¼ ¼ uvw
4 6 9 8w2 8w2 1 8w2 2
1 1 1
Der Hauptnenner der Brüche ; ; ist 4  9.
4 6 9
Addition bzw. Subtraktion der Brüche: 3 2 3 2
Fehlerwarnung: 1  2 6¼ 1  2 þ  ; richtig
1 1 1 19 123 14 9þ64 11 4 5 4 5
þ  ¼ þ  ¼ ¼ siehe Beispiel 2.
4 6 9 49 623 94 36 36
10 Mathematik

6.6 Dividieren von Brüchen Für die Exponenten 1 und 0 gilt


Man dividiert durch einen Bruch, indem man mit a1 ¼ a a0 ¼ 1 ða 6¼ 0Þ
seinem Kehrwert multipliziert.
Eine spezielle Potenz für k 2 Z ist
a c a d ad
: ¼  ¼ 
b d b c bc þ1 falls k gerade
ð1Þk ¼
1 falls k ungerade
Sonderfall: Ein Bruch wird durch eine Zahl divi-
diert, indem man den Zähler durch die Zahl divi-
diert oder den Nenner mit der Zahl multipliziert. & Beispiele:
3 3
1. 22 ¼ 2;8284 . . . Potenz mit Basis 2 und Exponent ¼ 1;5
a a a 2
2. 35 ¼ 3  3  3  3  3 ¼ 243
: c¼ ¼
b bc bc 3. ð4Þ3 ¼ ð4Þ  ð4Þ  ð4Þ ¼ 64
1 1
4. 35 ¼ 5 ¼
3 243
& Beispiele: 5. 6 ¼ 1
0
 
1 0
2 4 25 5 6.  ¼1
1. : ¼ ¼ 6
3 5 34 6 4
22ax2 y2 66x2 y 22  18  ax2 y2 r 2 s 1  2  ayr 2ary 7. 83 ¼ c , 84 ¼ c3 , c ¼ 16
2. : ¼ ¼ ¼ 4 1
27brs2 18r2 s 27  66  bx2 yrs2 3  3  bs 9bs 8. 8 3 ¼ c , 84 ¼ c3 , c ¼
16
3 35 5 9. 41 ¼ 4; ð12Þ1 ¼ 12
3. 8 : 7¼ ¼
4 47 4 10. ð1Þ5 ¼ 1; ð1Þ4 ¼ 1; ð1Þ0 ¼ 1; ð1Þ11 ¼ 1
35a2 35a2 14a 35a2  1 5a
4. : 14a ¼ : ¼ ¼
43b2 43b2 1 43b2  14a 86b2
7.2 Regeln der Potenzrechnung
1. Potenzrechnung vor Punktrechnung
7 Potenz- und Wurzelrechnung
ban ¼ b  ðan Þ
7.1 Definition der Potenz
Eine Zahl der Form ax (gesprochen: a hoch x) heißt Soll erst Punktrechnung erfolgen, dann muß ein
Potenz. Dabei ist a die Basis oder die Grundzahl Klammerpaar gesetzt werden.
und x der Exponent oder die Hochzahl der Potenz.
& Beispiele:
ax Potenz 5  34 ¼ 5  3  3  3  3 ¼ 5  ð34 Þ;
a Basis ðGrundzahlÞ ð5  3Þ4 ¼ 5  3  5  3  5  3  5  3 ¼ 154
x Exponent ðHochzahlÞ
Fehlerwarnung:
Ist die Basis a eine beliebige reelle Zahl und der ban 6¼ ðbaÞn für a; b 6¼ 0; b; n 6¼ 1
Exponent x eine natürliche Zahl aus N*, dann steht
ax für die Vorschrift, die Basis a insgesamt x -mal 2. Addieren und Subtrahieren
mit sich selbst zu multiplizieren. Potenzen kann man nur addieren oder subtrahie-
ren, wenn sie in Basis und Exponent überein-
ax ¼ a  a  a  . . .  a ðx Faktoren, x 2 N*Þ stimmen.

Man spricht vom Potenzieren für diese algebraische pan þ qan ¼ ðp þ qÞ an


Operation.
Ist der Exponent x eine natürliche Zahl 6¼ 0, dann & Beispiel: 2  34 þ 5  34 ¼ ð2 þ 5Þ  34 ¼ 7  34
kann die Basis a eine beliebige reelle Zahl sein.
Ist der Exponent x eine beliebige reelle Zahl,
Fehlerwarnungen: 24 þ 34 6¼ 54 ; 32 þ 34 6¼ 36
dann ist die Potenz nur für positive Basen a defi-
niert (a 2 Rþ ). Dabei sind Potenzen mit irrationa-
3. Multiplizieren und Dividieren bei gleicher Basis
len Exponenten mit Hilfe eines Grenzübergangs
Potenzen mit gleicher Basis werden multipliziert,
erklärt.
indem man die Exponenten addiert (genauer: in-
p dem man die gemeinsame Basis mit der Summe
a q ¼ c , ap ¼ cq der Exponenten potenziert).

Für negative Exponenten gilt an  am ¼ an þ m

1
am ¼ Potenzen mit gleicher Basis werden dividiert, in-
am dem man die Exponenten subtrahiert (genauer:
I Arithmetik 11

indem man die gemeinsame Basis mit der Diffe- man die Potenzen von Zähler und Nenner durch-
renz der Exponenten potenziert). einander dividiert).

 a n an
an ¼
¼ an  m
am b bn

Der Wert einer Potenz bleibt erhalten, wenn Fehlerwarnung: Die Berechnung von ða þ bÞn
man gleichzeitig die Basis durch ihren Kehrwert darf nicht verwechselt werden mit der von
und das Vorzeichen des Exponenten durch das ða  bÞn : Es gilt ða  bÞn ¼ an  bn , aber ða þ bÞn
entgegengesetzte ersetzt. 6¼ an þ bn (außer in Sonderfällen).

 a n  n & Beispiele:


b 1. 24  54 ¼ 2  2  2  2  5  5  5  5
¼
b a ¼ ð2  5Þ  ð2  5Þ  ð2  5Þ  ð2  5Þ ¼ ð2  5Þ4 ¼ 104 ¼ 10 000
 4
34 3
2. ¼ ¼ 0;64 ¼ 0;1296
54 5
Fehlerwarnungen: 36  34 6¼ 36  4 ¼ 324 ; 3. 305 ¼ ð3  10Þ5 ¼ 35  105 ¼ 243  100 000
¼ 24 300 000 ¼ 2;43  107
312 : 34 6¼ 312 : 4 ¼ 33 ; a2 6¼ a2  5
3 35 243
4. 0;35 ¼ ¼ 5 ¼ ¼ 0;002 43 ¼ 2;43  103
10 10 100 000
& Beispiele:
1. 36  34 ¼ 3  3  3  3  3  3  3  3  3  3 ¼ 310 ¼ 36 þ 4 5. Potenzieren einer Potenz
36 333333 Eine Potenz wird potenziert, indem man die Expo-
2. ¼ ¼ 3  3 ¼ 32 ¼ 3 6  4
34 3333
nenten multipliziert (genauer: indem man die Ba-
3. 3 :3 ¼3
5 4 54
¼3 ¼31
sis mit dem Produkt der Exponenten potenziert).
4. 34 : 34 ¼ 344 ¼ 30 ¼ 1
 4  6  4  6  2  2
3 3 3 3 2
5.
2
:
2
¼
2
¼
2
¼
3 ðan Þm ¼ an  m

4. Multiplizieren und Dividieren bei gleichem Expo- Bei der Potenz einer Potenz kann man die Expo-
nenten nenten miteinander vertauschen.
Potenzen mit gleichem Exponenten werden mul-
tipliziert, indem man die Basen multipliziert (ge- ðan Þm ¼ ðam Þn
nauer: indem man das Produkt der Basen mit
dem gemeinsamen Exponenten potenziert). Fehlerwarnung: ð23 Þ4 6¼ 27

an  bn ¼ ða  bÞn & Beispiele:


1. ð23 Þ4 ¼ ð2  2  2Þ  ð2  2  2Þ  ð2  2  2Þ  ð2  2  2Þ ¼ 23  4 ¼ 212
2. ð34 Þ2 ¼ 812 ¼ 6561 ¼ 94 ¼ ð32 Þ4
Fehlerwarnung: an  bn 6¼ ðabÞ2n (außer in Sonder-
fällen wie n ¼ 0), zum Beispiel: 23  53 6¼ 106 & Beispiele zur gesamten Potenzrechnung:
Potenzen mit gleichem Exponenten werden divi- 1. arp þ bsp  crp þ dsp ¼ ða  cÞ rp þ ðb þ dÞ sp
diert, indem man die Basen dividiert (genauer: 2. x3m  1 xm þ 1 ¼ x3m  1 þ m þ 1 ¼ x4m
indem man den Quotienten der Basen mit dem 82  5 2 ð4  2Þ2  52 42  ð2  5Þ2
3. ¼ ¼ ¼ 42 ¼ 16
82 þ 6 2 64 þ 36 100
gemeinsamen Exponenten potenziert).
5ax þ y b3u þ v 5c4 5  28  ax þ y ay  x b3u þ v bv  2u
4. : ¼
7c2 28ay  x bv  2u 7  5  c2 c6
an  a n 2y u þ 2v
4a b
n
¼ ¼ ðc 6¼ 0Þ
b b c6
5. ðu2 Þ3 ¼ ð1Þ3 u2  3 ¼ u6 ; ðu3 Þ2 ¼ ð1Þ2 u3  2 ¼ u6 ;
an a ððuÞ2 Þ3 ¼ ðð1Þ2 u2 Þ3 ¼ ðu2 Þ3 ¼ u2  3 ¼ u6
8
Fehlerwarnung: 6¼ (außer in Sonderfällen) >
> 5b3
4  
4a 4 256a4
bn b  4 > >
<  22 a ¼  3 ¼
an a 5a1 5b 625b12
im Gegensatz zu ¼ 6.
22 b3
¼
>
ða; b 6¼ 0Þ
bn b >
>
>
54 a4 28 a4
¼ 4 12 ¼
256a4
: 4 8 12 12
Umkehrungen ð1Þ 2 b 5 b 625b
  
Ein Produkt wird potenziert, indem man die ein- 2 1 1 2 2 4
7. x  3x 3x  x ¼ 2x   9 þ 2x2
zelnen Faktoren potenziert (genauer: indem man 3 3 9
2 4
die Potenzen der einzelnen Faktoren miteinander ¼ 2 9 þ 2x2 ðx 6¼ 0Þ
x 9
multipliziert).

ða  bÞn ¼ an  bn 7.3 Definition der Wurzel


pffiffiffi 1
Eine Zahl der Form n a ¼ an (gesprochen: n-te
Ein Bruch wird potenziert, indem man Zähler Wurzel aus a) heißt Wurzel. Dabei heißt a Radi-
und Nenner einzeln potenziert (genauer: indem kand der Wurzel und ist eine reelle Zahl größer als
12 Mathematik

0, und n heißt Wurzelexponent und ist eine natür- man aus dem in die ðm þ nÞ-te Potenz erhobenen
liche Zahl größer als 1. Radikanden die nm-te Wurzel zieht (denn
p ffiffiffi pffiffiffi mþn pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 am ¼ an þ m ¼ a n  m ¼ n  m am þ n Þ.
1 1 1 1
p ffiffiffi
na
n a  m a ¼ an
Wurzel
a > 0 Radikand p pffiffiffi
ffiffiffi m nm
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
n > 1 Wurzelexponent
n
a a¼ am þ n
pffiffiffi
Die Wurzel n a ist definiert als die eindeutig be- 
p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 16  8 ¼ 128
& Beispiel: 3
4096  4 4096 ¼ 12 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
stimmte Zahl x  0 mit xn ¼ a. Die n-te Wurzel aus 40967 ¼ 27 ¼ 128
a  0 ist also die nichtnegative reelle Zahl, deren pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffiffiffi
12 2
Fehlerwarnung: 3 a  4 a 6¼ 12 a; 3 a  4 a 6¼ a;
n-te Potenz gleich a ist. p ffiffi
ffi p ffiffi
ffi p ffiffi

3a 4
 a 6¼ 7 a p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p ffiffiffiffi

p ffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi 34 4þ3
n
a ¼ x , xn ¼ a (richtig: 3 a  4 a ¼ a ¼ 12 a7 )

Man spricht vom Radizieren oder Wurzelziehen für Wurzeln mit gleichem Radikanden und den
diese algebraische Operation. Wurzelexponenten n und m werden dividiert,
pffiffiffi pffiffiffi indem man aus dem in die ðm  nÞ-te Potenz
Ist der Wurzelexponent gleich 2, so heißt 2 a ¼ a
(der Wurzelexponent 2 braucht nicht geschrieben zu erhobenen Radikanden die nm-te Wurzel zieht
 p ffiffiffi
werden) Quadratwurzel (oder einfach Wurzel) aus
n
a an
1
1 1 mn pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi pffiffiffi ¼ 1 ¼ an  m ¼ a n  m ¼ n m am  n .
denn m
a; 3 a heißt Kubikwurzel aus a. a am
Bemerkungen: p ffiffiffi
na
nm
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1. Nach der Definition der Wurzel ist die Wurzel pffiffiffi ¼
m am  n
aus einer a
pffiffiffiffiffi positiven Zahl wieder eine positive
Zahl: a2 ¼ jaj für jede reelle Zahl a (zum Ab- p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 
3
solutbetrag jaj einer Zahl a vgl. Abschnitt
pffiffiffi I 11.2). & Beispiel: p
4096 16 : 8 ¼ 2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ 3 p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffi
4
4096
4
40964  3 ¼ 12 4096 ¼ 12 212 ¼ 2
Es giltpffiffidaher
ffi zum Beispiel nur 4 ¼ 2, nicht
auch 4 ¼ 2. Dagegen hat p die
ffiffiffi Gleichung 3. Multiplizieren und Dividieren bei gleichem Wur-
x2 ¼ 4 pffiffidie ffi Lösungen x1 ¼ þ 4 ¼ þ2 und zelexponenten
x2 ¼  4 ¼ 2. Wurzeln mit gleichem Wurzelexponenten werden
2. Für ungerade n (zum Beispiel n ¼ 3) kann die multipliziert, indem man die Radikanden multi-
n-te Wurzel auch für negative Zahlen a eindeutig pliziert (genauer: indem man die Wurzel aus
definiert werden, denn die n -te Potenz einer ne- dem Produkt der Radikanden zieht) (denn
gativen p ffiffiffi pffiffiffi pffiffiffiffiffiffi
ffiffiffiffiffiffiffiffiffi Zahl ist selbst negativ. Zum Beispiel gilt 1 1 1
p3
n a  n b ¼ an  bn ¼ ðabÞn ¼ n ab).
27 ¼ 3.
pffiffiffi 1
3. Wegen n a ¼ an ergeben sich die Regeln der p ffiffiffi p
n
ffiffiffi p
n
ffiffiffiffiffiffi
Wurzelrechnung aus den entsprechenden Regeln
n
a  b ¼ ab
der Potenzrechnung. 
p ffiffiffi p ffiffiffiffiffi 23¼6
Wegen der besonderen Bedeutung werden die & Beispiel: 3
8  3 27 ¼ p
3
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffi
8  27 ¼ 3 216 ¼ 6
übertragbaren Regeln hier in Wurzelschreibweise
wiederholt. pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Fehlerwarnung: n a þ n b 6¼ n a þ b (außer in
Sonderfällen); der gegebene Ausdruck läßt sich
7.4 Regeln der Wurzelrechnung nicht vereinfachen.
1. Addieren und Subtrahieren Wurzeln mit gleichem Wurzelexponenten wer-
Wurzeln kann man nur addieren oder subtrahie- den dividiert, indem man die Radikanden
ren, wenn sie in Radikand und Wurzelexponent dividiert (genauer: indem man die Wurzel
übereinstimmen. aus dem Quotienten der Radikanden zieht)
pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi p ffiffiffi rffiffiffiffiffi !
an  a n1 n a
na 1
p n a þ q n a ¼ ðp þ qÞ n a denn p ffiffiffi ¼ 1 ¼ ¼ .
n b b
b bn
p
4
ffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi p ffiffiffi rffiffiffiffiffi
& Beispiel: 2  3 þ 5  4 3 ¼ ð2 þ 5Þ  4 3 ¼ 7  4 3 n
a n a
pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi p
n
ffiffiffi ¼
b b
Fehlerwarnungen: 4 2 þ 4 3 6¼ 4 5;
p3
ffiffi
ffi p ffiffi
ffi p ffiffi
ffi 8
2 þ 4 2 6¼ 7 2 >
> 2
p ffiffiffi p ffiffiffiffiffi < 2 : 3 ¼ 3
(beides läßt sich nicht zusammenfassen) & Beispiel: 8 : 27 ¼ rffiffiffiffiffiffi
3 3
>
> 3 8 2
: ¼
27 3
2. Multiplizieren und Dividieren bei gleichem Radi-
kanden Umkehrungen
Wurzeln mit gleichem Radikanden und den Wur- Man zieht die Wurzel aus einem Produkt, indem
zelexponenten n; m werden multipliziert, indem man die Wurzel aus den einzelnen Faktoren
I Arithmetik 13

zieht (genauer: indem man die Wurzeln aus den Eine Wurzel wird potenziert, indem man den Ra-
einzelnen Faktoren miteinander multipliziert). dikanden potenziert (genauer: indem man die
Wurzel aus der Potenz 1des Radikanden zieht)
p ffiffiffiffiffiffi pffiffiffi p ffiffiffi 1 m
n
ab ¼ n a  b
n (denn ðan Þm ¼ a n ¼ ðam Þn ).
pffiffiffi pffiffiffiffiffiffi
 ð n a Þm ¼ n am
pffiffiffiffiffi 6 ffiffiffi pffiffiffi
& Beispiel: 36 ¼ p
4 9¼23¼6

p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi & Beispiele:


Fehlerwarnung: n
a þ b 6¼ n a þ n b (außer in pffiffiffi

¼ 16
2p4 ffiffiffiffi
1. ð 3 8Þ4 ¼ ffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Sonderfällen) 3 4
8 ¼ 3 4096 ¼ 16
p ffiffi
ffi p ffiffiffiffiffi
Man zieht die Wurzel aus einem Bruch, indem 2. ð 4 4Þ2 ¼ 4 16 ¼ 2
man sie aus Zähler und Nenner einzeln zieht
(genauer: indem man die Wurzeln aus Zähler Umkehrung
und Nenner durcheinander dividiert). Man zieht die Wurzel aus einer Potenz, indem
man die Wurzel aus der Basis in die entsprechen-
rffiffiffiffiffi p
na
ffiffiffi de Potenz erhebt.
n a
¼ p ffiffiffi
b n
b pffiffiffiffiffiffi pffiffiffi
a ¼ ð n aÞm
n m

Spezialfall pffiffiffiffiffi
 pffiffiffiffiffi
64 ¼ 8
& Beispiel: 43 ¼ pffiffiffi
rffiffiffiffiffi ð 4 Þ3 ¼ 23 ¼ 8
n 1 1
¼ p
n
ffiffiffi Spezialfall
a a
pffiffiffi pffiffiffiffiffi
ð n aÞn ¼ n an ¼ a
& Beispiele:
rffiffiffiffiffiffi
3 8 pffiffiffi pffiffiffiffiffi 2
1. ¼ 3 8 : 3 27 ¼ 2 : 3 ¼
27 3 pffiffiffi p ffiffiffiffiffi
rffiffiffiffiffiffiffiffi & 5
Beispiel: ð 5 3Þ5 ¼ 35 ¼ 3
4 1 1 1
2. ¼ p4
ffiffiffiffiffiffiffiffi ¼
625 625 5
Exponenten und Wurzelexponenten kann man
4. Radizieren und Potenzieren einer Wurzel gegeneinander kürzen.
Man zieht die Wurzel aus einer Wurzel, indem
man die Wurzelexponenten multipliziert (ge- pffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi pffiffiffiffiffi pffiffiffi
np
anq ¼ ð np a Þnq ¼ p aq ¼ ð p a Þq
nauer: indem man aus dem Radikanden die
Wurzel mit dem aus dem Produkt beider Wurzel- pffiffiffiffiffi p ffiffiffiffiffi pffiffiffi
12
exponenten gebildeten neuen Wurzelexponenten & Beispiel: 28 ¼ 3 22 ¼ 3 4
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi 1 1 1 pffiffiffi
zieht) (denn n m a ¼ ðam Þn ¼ amn ¼ m  n a ).
5. Rationalmachen des Nenners
qffiffiffiffiffiffiffiffiffi Zum Rationalmachen des Nenners eines Bruches
pffiffiffi
n m pffiffiffi
mn
a ¼ a erweitert man den Bruch so, daß die Wurzel im
Nenner wegfällt.

p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p ffiffiffiffiffi pffiffiffi


4 p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 4
3 16 ¼ 2 a a b
& Beispiel: 4096 ¼ 12 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
4096 ¼ 2 pffiffiffi ¼
b b
p ffiffiffiffiffiffiffiffi
3 p ffiffiffi pffiffiffi
5
Fehlerwarnung: 7 6¼ 8 7
p ffiffiffiffiffiffiffiffi
p
3 5 ffiffiffi p ffiffiffi & Beispiele:
(richtig: 7 ¼ 15 7 ) pffiffiffi pffiffiffi
a2 a2  a a2  a pffiffiffi
1. pffiffiffi ¼ pffiffiffi pffiffiffi ¼ ¼a a
a a a a
Bei der Wurzel aus einer Wurzel kann man die p ffiffiffiffiffi p ffiffiffiffiffi
a
3
a  a2
3
a  a2 p
3
ffiffiffiffiffi
Wurzelexponenten miteinander vertauschen 2. p ffiffiffi ¼ pffiffiffi p ffiffiffiffiffi ¼ ¼ a2
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi ffi 1 1 pffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi ffi
3a 3 a  3 a2 a
(denn n m a ¼ amn ¼ anm ¼ m n a ). xþ y
pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi
ðx þ yÞ ðx þ yÞ ðx þ yÞ2 x2 þ 2x y þ y
pffiffiffi
3. pffiffiffi ¼ pffiffiffi pffiffiffi ¼ ¼
x  y ðx  yÞ ðx þ yÞ x2  y x2  y
qffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi
n m m p ffiffiffi
a ¼ n
a & Beispiele zur gesamten Wurzelrechnung:
pffiffiffi
1. ð 3 6Þ3 ¼ 6
pffiffiffi p
4
ffiffiffiffiffi 2 1 pffiffiffi
2. ð 4 4Þ2 ¼ 42 ¼ 44 ¼ 42 ¼ 4 ¼ 2
& Beispiele: p ffiffiffiffiffi r ffiffiffiffiffiffi
( pffiffiffiffiffi 3
24 3 24 p ffiffiffi p ffiffiffiffiffi
p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
4 p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 4
16 ¼2 3. p ffiffiffi ¼
3
¼ 8 ¼ 23 ¼ 2
3

1. 3
4096 ¼ p 3 p
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi 3
3 3
4
4096 ¼ 3 8 ¼ 2 rffiffiffiffiffiffiffiffiffi
p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffiffiffiffiffi ffi q ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 4 1 1 1 1
3 p4 4 p3
ffiffiffiffiffi p4
ffiffiffi 4. ¼ p ffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ p ffiffiffiffiffi ¼
2. 27 ¼ 27; ; ¼ 3 256 4
256 4 4
4 4
14 Mathematik
p2 p
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi
5. 3
64 ¼ 2  3 64 ¼ 6 64 ¼ 2 Das Dezimalsystem (auch Zehnersystem genannt)
p3
ffiffiffi p ffiffi
ffi p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
15 3 þ 5
pffiffiffiffiffi
15 8
6. 2 52¼ 2 ¼ 2 ist also ein Positionssystem zur Basis 10. Eine solche
pffiffiffiffiffiffiffi 2 1 ð2Þ 1
7. ð 0; 5 Þ ¼ ð0;5Þ2 ¼ ð0;5Þ1 ¼ ¼ 2 oder Schreibweise wurde erst möglich nach Einführung
0; 5
pffiffiffiffiffiffiffi 2 1 1 der Null (für „nichts“).
ð 0; 5 Þ ¼ pffiffiffiffiffiffiffi 2 ¼ ¼2
ð 0;5 Þ 0;5 Unser Zahlensystem wurde im ersten Jahrtausend
3 3 pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi
8. ð24 Þ2 ¼ þ22 ¼ 23 ¼ 22  2 ¼ 2 2 nach der Zeitenwende in Indien entwickelt. Es ge-
pffiffiffiffiffi pffiffiffi 2 pffiffiffiffiffi pffiffiffi 2
9. ð 18 þ p2ffiffiffiffiffi Þ  ð 18  2Þpffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi langte über den arabischen Raum zunächst nach
¼ 18 þ 2 36 þ 2  ð18  2 36 þ 2Þ ¼ 4 36 ¼ 4  6 ¼ 24 Spanien und dann nach Mitteleuropa, wo noch bis
pffiffiffi pffiffiffi 3 pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi
10. ð 5 þ 3Þ ¼ 5 5 þ 15 3 þ 9 5 þ 3 3 ¼ 14 5 þ 18 3 zum 16. Jahrhundert mit dem römischen Zahlensy-
pffiffiffi p ffiffi
ffi p ffiffiffi p ffiffi

11. ð3 2  2 3 3Þ ð7 3 2 þ 5 3Þ stem gerechnet wurde. Wegen dieses Ursprungs
p6
ffiffiffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi p
6
ffiffiffiffiffi
¼ 21 25 þ 15 6  14 3 6  10 35 nennt man unsere Ziffern auch indisch–arabische
pffiffiffi pffiffiffi
a aða  a Þ aða  a Þ Ziffern.
12. pffiffiffi ¼ pffiffiffi pffiffiffi ¼
aþ a ða þ a Þ ða  a Þ a2  a Im Dezimalsystem lassen sich auch rationale und
pffiffiffi pffiffiffi
aða  a Þ a a
¼ ¼ reelle Zahlen darstellen. Die Darstellung einer reel-
aða  1Þ a1
pffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffi len (rationalen oder irrationalen) Zahl als Dezimal-
x x  3 x2 y x  3 x2 y 1 p ffiffiffiffiffiffiffi
13. p3
ffiffiffiffiffiffiffi ¼ p 3
ffiffiffiffiffiffiffi p ffiffiffiffiffiffiffi ¼ ¼ 3 2
x y zahl nennt man auch Dezimalbruch (vgl. auch Ab-
xy2 xy2 3 x2 y xy y
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi schnitt I.3).
a2 ða  2Þ a  4 2 ða  2Þ a  4 2
14. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼
a2  4 a2  4 a2  4 a2  4
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ða  2Þ a2  4 a2  4 & Beispiel:
¼ ¼ 486;2545 ¼ 4  102 þ 8  101 þ 6  100 þ 2  101 þ 5  102
ða  2Þ ða þ 2Þ aþ2
p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p ffiffiffiffiffiffiffi 10 1 pffiffiffi þ 4  103 þ 5  104 ¼ 400 þ 80 þ 6 þ 0;2 þ 0;05 þ 0;004 þ 0;0005
4 5 20 10
15. 1024 ¼ 2 ¼ 2 ¼ 22 ¼ 2 20
8
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
rffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffi > >
3
3 6 <p 6
ffiffiffiffiffi Der Wert einer Ziffer innerhalb der Zahl ergibt sich
3 1 6 9 6 3 18
16. 9 ¼ ¼ ¼ rffiffiffiffiffiffi dadurch, daß die n-te Stelle vor dem Komma mit
18 18 18 > > 6 34
: 1 p 6 5
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
¼ 2  34
2 2 10n  1 und die m-te Stelle nach dem Komma mit
10m multipliziert wird.
8 Dezimalzahlen und Dualzahlen Ist a ¼ an an  1 . . . a2 a1 a0 ; a1 a2 . . . am eine Zahl
mit den Ziffern an ; an1 ; . . . ; a2 ; a1 ; a0 vor dem Kom-
Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Darstellung ma und den Ziffern a1 ; a2 ; . . . ; am nach dem
von Zahlen. Die einzelnen Zeichen zur Darstellung Komma, dann gilt also
von Zahlen sind die Zahlzeichen oder Ziffern.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen soge- P
n
nannten Positions- oder Stellenwertsystemen und a¼ ai 10i ð Þ
i ¼ m
Additionssystemen. Bei einem Positionssystem ist
der Wert einer Ziffer abhängig von der Position die- Die Stellen mit i  0 bilden den ganzen Teil, die mit
ser Ziffer innerhalb der Zahl. Bei Additionssyste- i < 0 den gebrochenen Teil der Zahl.
men wird der Wert aller Zahlzeichen einfach ad- Für andere Zahlensysteme, nämlich Positionssy-
diert, um den Wert der Zahl festzulegen. steme zur Basis B, gilt ð Þ ganz analog, wenn man
Ein Beispiel für ein Positionssystem ist unser Dezi- 10 durch die entsprechende Basis B ersetzt (zum
malsystem, ein Beispiel für ein Additionssystem ist Beispiel B ¼ 2 für das Dualsystem).
das römische Zahlensystem.
8.2 Dualsystem
8.1 Dezimalsystem
Das Dualsystem ist ein System zur Darstellung der
Die heute übliche Schreibweise der Zahlen ist die
Zahlen, in dem es nur zwei Ziffern (0 und 1) gibt.
Dezimalschreibweise, das heißt, es gibt 10 verschie-
Das Dualsystem wird deshalb manchmal auch Bi-
dene Ziffern (0, 1, 2, . . ., 9) zur Darstellung der Zah-
närsystem oder Zweiersystem genannt. Es ist ein
len. Jede Ziffer hat den zehnfachen Stellenwert der
Positionssystem zur Basis 2. Der Wert einer Ziffer
ihr rechts folgenden Ziffer. Im Dezimalsystem dar-
ist also abhängig von der Position innerhalb der
gestellte Zahlen nennt man Dezimalzahlen.
Zahl. Jede Ziffer hat den doppelten Stellenwert der
ihr rechts folgenden Ziffer. Im Dualsystem darge-
& Beispiel:
3607 ¼ 3  103 þ 6  102 þ 0  101 þ7  100 ¼ 3000 þ 600 þ 0 þ 7
stellte Zahlen nennt man Dualzahlen.

& Beispiel:
Der Wert einer Ziffer innerhalb der Zahl ergibt sich Der Dualzahl 1 001 101 entspricht die Dezimalzahl
also folgendermaßen: Die Einerstelle bleibt un- 1  26 þ 0  25 þ 0  24 þ 1  23 þ 1  22 þ 0  21 þ 1  20
verändert (Multiplikation mit 100 ¼ 1), die Zehner- ¼ 64 þ 0 þ 0 þ 8 þ 4 þ 0 þ 1 ¼ 77.
stelle wird mit 101 ¼ 10, die Hunderterstelle wird
mit 102 ¼ 100, die Tausenderstelle wird mit Die Umrechnung von einem Zahlensystem in ein
103 ¼ 1000, . . ., die n-te Stelle wird mit 10n  1 multi- anderes wird als Konvertierung bezeichnet. Werden
pliziert. mehrere Zahlensysteme gleichzeitig benutzt, so ist
I Arithmetik 15

es zur Vermeidung von Irrtümern üblich, die Basis 9 Logarithmen


als Index anzuhängen.
9.1 Definition des Logarithmus
& Beispiel:
Eine Zahl der Form loga b (gesprochen: Logarith-
1 001 1012 ¼ 7710
mus b zur Basis a) heißt Logarithmus. Dabei heißt b
Numerus des Logarithmus und ist eine reelle Zahl
Die Darstellung reeller Zahlen im Dualsystem ist
größer als 0, und a heißt Basis des Logarithmus und
analog der Darstellung im Dezimalsystem. Der Wert
ist eine positive reelle Zahl ungleich 1.
einer Ziffer innerhalb der Zahl ergibt sich dadurch,
daß die n-te Stelle vor dem Komma mit 2n  1 und
loga b Logarithmus b zur Basis a
die m-te Stelle nach dem Komma mit 2m multipli-
ziert wird. b>0 Numerus
a > 0; a 6¼ 1 Basis
& Beispiel:
101 100 011;10112 ¼ 1  28 þ 1  26 þ 1  25 þ 1  2 þ 1  1 Der Logarithmus loga b ist definiert als die eindeu-
þ 1  21 þ 1  23 þ 1  24
1 1 1 11 tige Lösung x der Gleichung ax ¼ b.
¼ 256 þ 64 þ 32 þ 2 þ 1 þ þ þ ¼ 355 ¼ 355;687510
2 8 16 16
loga b ¼ x , ax ¼ b
Dualsysteme sind sehr bedeutend in Elektrotech-
nik und Datenverarbeitung. Computer sind zeichen-
verarbeitende Maschinen. Die externen Zeichen Der Logarithmus x ¼ loga b ist also der Exponent zu
(Buchstaben, Ziffern, Sonderzeichen) werden intern der Basis a, für den die Potenz ax gleich dem Nume-
im Binärcode in Form von Bitfolgen dargestellt. Ein rus b ist.
Bit (Abkürzung von Binary Digit) ist die kleinste dar- Aus der Definition folgt (denn a1 ¼ a und a0 ¼ 1)
stellbare Informationseinheit mit den Werten 0 und 1.
loga a ¼ 1 loga 1 ¼ 0
Acht Bit werden zur nächsthöheren Einheit, dem
Byte, zusammengefaßt. Zahlen werden in Computern
in mehreren aufeinanderfolgenden Bytes dargestellt. & Beispiele:
1. log2 8 ¼ x )x¼3 denn 23 ¼ 8
Die interne Durchführung arithmetischer Operatio-
2. log4 16 ¼ x )x¼2 denn 42 ¼ 16
nen erfolgt im Computer also im Dualsystem. 3. log4 4 ¼ x )x¼1 denn 41 ¼ 4
Andere Zahlensysteme, die im Zusammenhang mit 4. log5 1 ¼ x )x¼0 denn 50 ¼ 1
der Nutzung von Computern eine Rolle spielen, sind 5. log3 81 ¼ x )x¼4 denn 34 ¼ 81
das Oktalsystem (Positionssystem zur Basis 8) mit 6. log5 57 ¼ x )x¼7 denn 57 ¼ 57
7. log10 1000 ¼ x )x¼3 denn 103 ¼ 1000
den Ziffern 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und das Hexadezimal- 1
8. log2 0;5 ¼ x ) x ¼ 1 denn 21 ¼ ¼ 0;5
system (Positionssystem zur Basis 16) mit den Ziffern 2
0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, A, B, C, D, E, F (die Buch- 9. loga 8 ¼ 1 )a¼8 denn 8 ¼8
1

1 1
staben A, . . ., F stehen für die Werte 10, . . ., 15). 10. loga
125
¼ 3 ) a ¼ 5 denn 53 ¼
125
 1
3 5 5 3
11. loga ¼ 1 ) a ¼ denn ¼
8.3 Runden 5 3 3
1
5
12. log10 b ¼ 1 ) b ¼ 0;1 denn 101 ¼ ¼ 0;1
Als Dezimalstellen einer Dezimalzahl bezeichnet 5 5
10
pffiffiffiffiffi
man die Stellen nach dem Komma. Runden ist das 13. log4 b ¼ ) b ¼ 32 denn 42 ¼ 45 ¼ 25 ¼ 32
2
Verkürzen einer Dezimalzahl, also die Darstellung
einer Dezimalzahl mit einer vorgegebenen Anzahl
von Dezimalstellen.
9.2 Spezielle Basen
Logarithmen zur Basis a ¼ 10 heißen Zehnerlog-
Rundungsregel
arithmen oder dekadische Logarithmen oder Briggs-
Ist die erste weggelassene Ziffer 0, 1, 2, 3, 4, dann
sche Logarithmen (nach dem englischen Mathemati-
bleibt die letzte geschriebene Ziffer unverändert. Ist
ker Henry Briggs, 1556––1630). Man schreibt statt
die erste weggelassene Ziffer 5, 6, 7, 8, 9, dann er-
log10 b auch einfach lg b.
höht sich die letzte geschriebene Ziffer um 1.
Ist die gerundete Zahl kleiner als die ursprüngliche
Zahl (die erste weggelassene Ziffer ist dann 0, 1, 2, log10 b ¼ lg b
3 oder 4), spricht man von Abrunden. Ist die gerun-
dete Zahl jedoch größer als die ursprüngliche Zahl Logarithmen mit der Eulerschen Zahl e ¼
(die erste weggelassene Ziffer ist dann 5, 6, 7, 8 2;718 281 82 . . . als Basis werden natürliche Logarith-
oder 9), so spricht man von Aufrunden. men oder Nepersche Logarithmen (nach dem schot-
tischen Mathematiker John Neper (Napier), 1550 bis
& Beispiele: 1617) genannt. Man schreibt ln b für loge b.
3;456 3;46 (aufgerundet); 23;699 23;70 (aufgerundet);
14;3449 14;34 (abgerundet); 17;249 638 9 17;2496 (auf 4 Dezi- loge b ¼ ln b
malstellen gerundet)
16 Mathematik

Die Eulersche Zahl e ist der Grenzwert der Folge 3. Der Logarithmus einer Potenz ist gleich dem mit
 
1 n dem Exponenten multiplizierten Logarithmus der
1þ (vgl. Abschnitt VIII.1.5): Basis. Oder: Multipliziert man den Logarithmus
n  
1 n einer Zahl u mit einer Zahl r, dann erhält man
e ¼ lim 1 þ ¼ 2;718 281 828 4 . . .
n !1 n den Logarithmus der Potenz ur .
Sie hat ihren Namen nach dem schweizerischen
Mathematiker Leonhard Euler (1707––1783). Die loga ður Þ ¼ r  loga u
Eulersche Zahl ist eine irrationale Zahl.
Logarithmen zur Basis a ¼ 2 heißen Zweierlogarith- Beweis:
men oder binäre Logarithmen oder duale Logarith- Setze loga u ¼ x ) ax ¼ u ) ur ¼ ðax Þr ¼ arx
men. Man schreibt statt log2 b manchmal auch ld b. ) rx ¼ loga ður Þ ¼ r loga u

log2 b ¼ ld b & Beispiele:


1. log2 83 ¼ 3 log2 8 ¼ 3 log2 23 ¼ 3  3 ¼ 9
2. lg 10 000 ¼ lg 104 ¼ 4 lg 10 ¼ 4
& Beispiele:
1. log2 32 ¼ ld 32 ¼ x ) x ¼ 35 denn 25 ¼ 32
pffiffiffi 1 1 pffiffiffi 4. Der Logarithmus einer Wurzel ist gleich dem
2. ld 2 ¼ x )x¼ denn 22 ¼ 2 durch den Wurzelexponenten dividierten Log-
2
3. log10 10 000 ¼ lg 10 000 ¼ x ) x ¼ 4 denn 104 ¼ 10 000 arithmus des Radikanden. Oder: Dividiert man
4. lg 0;01 ¼ x ) x ¼ 2 denn 102 ¼ 0;01
den Logarithmus einer Zahl u durch eine Zahl n,
5. loge 5 ¼ ln 5 ¼ x ) x ¼ 1;6094 . . . denn e1;6094 ... ¼ 5 pffiffiffi
dann erhält man den Logarithmus der Wurzel n u.

9.3 Regeln der Logarithmenrechnung p ffiffiffi 1


loga n
u ¼ loga u
1. Der Logarithmus eines Produkts ist gleich der n
Summe der Logarithmen der einzelnen Faktoren.
Oder: Addiert man zum Logarithmus einer Zahl Beweis:
pffiffiffi 1
u den Logarithmus einer Zahl v, dann erhält Wegen n u ¼ un folgt
man als Summe den Logarithmus des Produkts p ffiffiffi 1 1
loga n u ¼ loga un ¼  loga u
uv. n
aus der Potenzregel.
loga ðu  vÞ ¼ loga u þ loga v
& Beispiele:
pffiffiffi 1 1
1. log5 3 5 ¼ log5 5 ¼
Beweis: 3 3
p ffiffiffiffiffi 1 1 1
Setze loga u ¼ x; loga v ¼ y 2. log2 3 64 ¼  log2 64 ¼  log2 26 ¼ 6¼2
3 3 3
) loga u þ loga v¼ x þ y
ax ¼ u; ay ¼ v ) u  v ¼ ax  ay ¼ ax þ y 5. Aus den Regeln ergeben sich die folgenden Spe-
) loga ðu  vÞ ¼ x þ y 1
zialfälle (denn ar ¼ ar und loga ¼ loga 1  loga v
v
¼ 0  loga v).
& Beispiel:
log2 256 ¼ ld 256 ¼ ld ð4  64Þ ¼ ld 4 þ ld 64 ¼ 2 þ 6 ¼ 8
loga ðar Þ ¼ r

2. Der Logarithmus eines Bruches (Quotienten) ist


und
gleich der Differenz der Logarithmen von Zähler
(Dividend) und Nenner (Divisor). Oder: Subtra- 1
hiert man vom Logarithmus einer Zahl u den loga ¼ loga v
v
Logarithmus einer Zahl v, dann erhält man als
Differenz den Logarithmus des Bruches (Quo-
u
tienten) . 9.4 Zusammenhang von Logarithmen
v
mit verschiedenen Basen
u
loga ¼ loga u  loga v Für Logarithmen mit verschiedenen Basen a und c
v
gilt folgende Umrechnungsregel
Beweis:
Setze loga u ¼ x; loga v ¼ y ) loga uloga v ¼ x  y logc u
loga u ¼
u ax logc a
ax ¼ u; ay ¼ v ) ¼ y ¼ ax  y
u v a
) loga ¼xy Beweis:
v
Setze loga u ¼ x. Es folgt ax ¼ u; also auch
9
& Beispiel: log3
243
¼ log3 9  log3 243 ¼ 2  5 ¼ 3 logc ax ¼ logc u. Nach der Potenzregel ergibt sich
I Arithmetik 17

logc u 10 Mittelwerte
x logc a ¼ logc u und nach x aufgelöst x ¼ . We-
logc a
logc u 10.1 Arithmetisches Mittel
gen x ¼ loga u folgt die Behauptung: loga u ¼ . Das arithmetische Mittel xa ¼ x zweier reeller Zah-
logc a
Logarithmen zu verschiedenen Basen (a und c) un- len a und b ist die Hälfte ihrer Summe.
terscheiden
 sich
 also nur durch einen konstanten aþb
1 x ¼
Faktor . 2
logc a
Für c ¼ u ¼ b ergibt sich der Spezialfall Das arithmetische Mittel xa ¼ x von n reellen Zah-
len a1 ; a2 ; . . . ; an ist
1
loga b ¼ a1 þ a2 þ . . . þ an
logb a x ¼
n

& Beispiele: & Beispiele:


1 1 3 þ 17
1. ln u ¼  lg u ¼  lg u 1. Das arithmetische Mittel von 3 und 17 ist ¼ 10.
lg e 0;4342 . . . 2
1 1 2. Das arithmetische Mittel von 6; 4; 3; 12; 5; 2 ist
2. lg u ¼  ln u ¼  ln u 6  4 þ 3 þ 12 þ 5 þ 2
ln 10 2;3025 . . . ¼ 4.
1 1 6
3. log5 u ¼  lg u ¼  lg u
lg 5 0;6989 . . .
1 1 10.2 Geometrisches Mittel
4. ln 1000 ¼  lg 1000 3 6;907 755 279
lg e 0;434 294 481 9 Das geometrische Mittel xg zweier positiver reeller
Zahlen a und b ist die Quadratwurzel aus ihrem
9.5 Dekadische Logarithmen Produkt.
Die dekadischen Logarithmen (auch Briggssche Log- pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
arithmen oder Zehnerlogarithmen genannt) haben xg ¼ ab
den Vorteil, daß man mit den Logarithmen der De-
zimalzahlen zwischen 1 und 10 über die Logarith- Das geometrische Mittel xg von n positiven reellen
men aller positiven reellen Zahlen verfügt. Zahlen a1 ; a2 ; . . . ; an ist
Begründung: Jede reelle Zahl x läßt sich durch Ab- p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
spalten einer Zehnerpotenz 10k mit ganzzahligem k xg ¼ n a  a  ...  a
1 2 n

in der Form x ¼ 10k  x mit 1  x < 10 schreiben.


Dabei ist x durch die Ziffernfolge von x bestimmt, & Beispiele: pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
während 10k die Größenordnung von x angibt. Log- 1. Das geometrische Mittel von 3 und 12 ist 3  12p¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
6. ffi
arithmieren ergibt lg x ¼ lg ð10k  xÞ ¼ lg ð10k Þ þ lg x 2. Das geometrische Mittel von 3, 5, 9, 15 ist 4 3  5  9  15
p
4
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p
4
ffiffiffiffiffi
¼ k þ lg x mit 0  lg x < 1 (also lg x ¼ 0; . . .). Man ¼ 2025 ¼ 3 25:

nennt k die Kennzahl und die Ziffernfolge hinter


dem Komma von lg x die Mantisse des Logarithmus
10.3 Harmonisches Mittel
von x. Das harmonische Mittel xh zweier von Null verschie-
Von einer vor dem Komma n-stelligen Zahl ist die dener reeller Zahlen a und b ist Zwei geteilt durch
Kennzahl n  1 (also um 1 kleiner). Für Zahlen klei- die Summe ihrer Kehrwerte.
ner als 1 sind die Kennzahlen negativ.
2
Logarithmentafeln enthalten in der Regel nur die xh ¼
Mantisse. 1 1
þ
Alle Zahlen, die sich nur durch Zehnerpotenzen un- a b
terscheiden, haben die gleiche Mantisse, aber unter-
Das harmonische Mittel xh von n von Null verschie-
schiedliche Kennzahlen.
denen reellen Zahlen a1 ; a2 ; . . . ; an ist
& Beispiele:
n
1. lg 2250 ¼ lg ð1000  2;25Þ ¼ lg ð103  2;25Þ ¼ lg 103 þ lg 2;25 xh ¼
3 þ 0;3522 ¼ 1 1 1
 3;3522 
1
þ þ ... þ
2. lg 0;0315 ¼ lg 3;15  ¼ lg ð3;15  102 Þ a1 a2 an
100
2
¼ lg 3;15 þ lg 10 0;4983  2
3. lg 2000 ¼ lg ð103  2Þ ¼ lg 103 þ lg 2 3 þ 0;3010 ¼ 3;3010; & Beispiele:
lg 200 2;3010; lg 20 1;3010; lg 2 0;3010; 2 2
1. Das harmonische Mittel von 3 und 6 ist ¼ ¼ 4.
lg 0;2 0;3010  1; lg 0;02 0;3010  2; 1 1 1
þ
lg 0;002 0;3010  3 3 6 2
2. Das harmonische Mittel von 3, 4, 6, 12 ist
4 4 24
¼ ¼ ¼ 4;8.
1 1 1 1 10 5
þ þ þ
3 4 6 12 12
18 Mathematik

10.4 Quadratisches Mittel Eigenschaften von Ungleichungen:


Das quadratische Mittel xq zweier reeller Zahlen a 1. a  a (Reflexivität)
und b ist die Quadratwurzel der halben Summe 2. a  b und b  c ) a  c (Transitivität)
ihrer Quadrate. 3. a  b und b  a ) a ¼ b (Antisymmetrie)

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Rechenregeln für Ungleichungen:


a2 þ b2 Eine Ungleichung kann von beiden Seiten gelesen
xq ¼ werden:
2
a < b , b > a für alle a; b 2 R
Das quadratische Mittel xq von n reellen Zahlen
Auf beiden Seiten einer Ungleichung darf dieselbe
a1 ; a2 ; . . . ; an ist
Zahl addiert werden:
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi a  b ) a þ c  b þ c für alle a; b; c 2 R
a21 þ a22 þ . . . þ a2n
xq ¼ Zwei gleichgerichtete Ungleichungen dürfen addiert
n
werden:
a  b und c  d ) a þ c  b þ d
& Beispiele: rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
12 þ 7 2 pffiffiffiffiffi für alle a; b; c; d 2 R,
1. Das quadratische Mittel von 1 und 7 ist ¼ 25 ¼ 5:
2 a < b und c  d ) a þ c < b þ d
2. Das quadratische Mittel von 2, 6, 10, 16 ist
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffiffiffiffi für alle a; b; c; d 2 R
22 þ 62 þ 102 þ 162 396 pffiffiffiffiffi
¼ ¼ 99: Eine Ungleichung darf mit einer nichtnegativen
4 4
Zahl multipliziert werden:
11 Ungleichungen a  b und c  0 ) ac  bc für alle a; b 2 R

11.1 Definitionen und Rechenregeln Wird eine Ungleichung mit einer negativen Zahl mul-
tipliziert, so dreht sich das Ungleichheitszeichen um:
Zwischen zwei reellen Zahlen a und b besteht ge-
a  b und c  0 ) ac  bc für alle a; b 2 R
nau eine der drei Beziehungen: a ¼ b (a ist gleich b),
a < b (a ist kleiner als b), a > b (a ist größer als b). Bildet man auf beiden Seiten einer Ungleichung den
Der Winkelhaken ist dabei immer nach der größe- Kehrwert, so dreht sich das Ungleichheitszeichen um:
ren Seite hin geöffnet. 1 1
ab)  für alle a; b 2 R*
a b
a; b 2 R : a ¼ b oder a < b oder a > b Aus der Multiplikationsregel folgt im besonderen
(Multiplikation mit 1), daß das Vertauschen der
Vorzeichen auf beiden Seiten einer Ungleichung das
Wegen dieser Eigenschaft nennt man die Menge R
Ungleichheitszeichen umdreht:
der reellen Zahlen geordnet.
Im Falle a 6¼ b (a ungleich b) gilt genau eine der a < b ) a > b
beiden Ungleichungen a < b oder a > b.
& Beispiele:
1. 3  3; 5  5; 12;2  12;2
a 6¼ b ) a < b oder a > b 2. 3  5; 5  6 ) 3  6; 4  5; 5  7;1 ) 4  7;1
3. 3  3; 3  3 ) 3 ¼ 3
4. 3 < 5 , 5 > 3; 1 > 2 , 2 < 1
Die Ungleichung a  b bedeutet, daß a kleiner oder
5. 5  7 ) 5 þ 2  7 þ 2; 4 > 1 ) 4  3 > 1  3
gleich b ist (a ist also nicht größer als b), und 6. 3 < 4; 7 < 9 ) 3 þ 7 < 4 þ 9; 4  3; 2  5
die Ungleichung a  b bedeutet entsprechend, )42 35
daß a größer oder gleich b ist (b ist also nicht grö- 7. 5  7 ) 5  3  7  3; 3 > 4 ) 3  2 > 4  2
8. 4 > 2 ) 4  ð2Þ < 2  ð2Þ; 6  7 ) 6  ð1Þ  7  ð1Þ
ßer als a).
) 6  7
Ist a < b und b < c, dann kann man die beiden Un- 1 1 1 1
9. 2 < 3 ) > ; 5 > 6 )  < 
gleichungen fortlaufend schreiben: a < b < c. Man 2 3 5 6
nennt dies fortlaufende Ungleichung oder Unglei-
chungskette. 11.2 Absolutbetrag
Der Betrag oder Absolutbetrag jaj einer Zahl a
a < b < c , a < b und b < c stellt auf der Zahlengeraden den Abstand der Zahl
a vom Nullpunkt dar. Da Abstände nicht negativ
Entsprechend schreibt man zum Beispiel a < x und sind, gilt jaj ¼ a für a  0 und jaj ¼ a für a < 0.
x  b zusammenfassend als a < x  b. Fortlaufende 
Ungleichungen werden oft benutzt, um einen Be- a € a0
fur
jaj ¼
reich oder ein Intervall anzugeben, aus dem eine a € a<0
fur
Größe x gewählt werden darf oder gewählt werden
soll. Beträge sind nicht negativ.
I Arithmetik 19

Eigenschaften: Bei einem nicht beschränkten Intervall ist minde-


1. j aj ¼ jaj stens eine der Intervallgrenzen 1 oder 1. Solche
Intervalle können durch eine Ungleichung beschrie-
2. jaj  0; jaj ¼ 0 , a ¼ 0
ben werden.
3. ja  bj ¼ jaj  jbj  
 a  jaj 1
    ¼ 1 für b 6¼ 0
Nicht beschränkte Intervalle
4.   ¼ für b 6¼ 0;
 b  jbj
b jbj   ½a; 1Þ ¼ fx j x 2 R und x  ag (halboffenes Intervall,
1 1 ..
5. ja j ¼ jaj für n 2 N;  n  ¼ n für n 2 N; a 6¼ 0
n n nach rechts unbeschrankt)
a jaj ða; 1Þ ¼ fx j x 2 R und x > ag (offenes Intervall,
..
6. ja þ bj  jaj þ jbj nach rechts unbeschrankt)
ð1; a ¼ fx j x 2 R und x  ag (halboffenes Intervall,
(sogenannte Dreiecksungleichung) ..
nach links unbeschrankt)
ð1; aÞ ¼ fx j x 2 R und x < ag (offenes Intervall,
& Beispiele: ..
nach links unbeschrankt)
1. j4; 3j ¼ 4; 3; j  2j ¼ 2; j pj ¼ p; j0j ¼ 0 ð1; 1Þ ¼ fxjx 2 Rg (offenes Intervall,
2. j3  4j ¼ j3j  j4j ¼ 3  4 ¼ 12; jð3Þ  4j ¼ j3j  j4j ¼ 3  4 ¼ 12 nach links und nach rechts
    ..
2 unbeschrankt)
  j2j 2  1  1 1
3.  3  ¼ j3j ¼ 3 ; 4 ¼ j4j ¼ 4
 
 1 
  1 1 & Beispiele:
4. jð3Þ5 j ¼ j3j5 ¼ 35 ;   ¼ ¼
ð2Þ3  j2j3 23 1. ½3; 4 ¼ fx j x 2 R und 3  x  4 < 4g
5. j4 þ 2j  j4j þ j2j ) 6  4 þ 2 ¼ 6; Alle reellen Zahlen zwischen 3 und 4; sowohl 3 als auch 4
j5  3j  j5j þ j3j ) 2  5 þ 3 ¼ 8 gehören zum Intervall.
2. ½3; 4Þ ¼ fx j x 2 R und 3  x < 4g
11.3 Intervalle Alle reellen Zahlen zwischen 3 und 4; 3 gehört zum Intervall,
4 jedoch nicht.
Es seien a und b zwei reelle Zahlen mit a < b. Die 3. ð3; 4 ¼ fx j x 2 R und 3 < x  4g
Menge aller reellen Zahlen x, die die fortlaufende Alle reellen Zahlen zwischen 3 und 4; 3 gehört nicht zum
Ungleichung a < x < b erfüllen, heißt Intervall Intervall, aber 4.
oder Zahlenintervall mit den Endpunkten oder 4. ð3; 4Þ ¼ fx j x 2 R und 3 < x < 4g
Alle reellen Zahlen zwischen 3 und 4; weder 3 noch 4 gehö-
Randpunkten a und b (genauer: offenes und be- ren zum Intervall.
schränktes Intervall). 5. ½3; 1Þ ¼ fx j x 2 R und x  3g
Gehört der Randpunkt nicht selbst zum Intervall, so Alle reellen Zahlen größer oder gleich 3 gehören zum Inter-
vall (3 gehört dazu).
spricht man von einem offenen Intervallende, im
6. ð3; 1Þ ¼ fx j x 2 R und x > 3g
entgegengesetzten Fall von einem abgeschlossenen Alle reellen Zahlen größer als 3 gehören zum Intervall
Intervallende. (3 gehört nicht dazu).
Die Angabe eines Intervalls erfolgt durch seine 7. ð1; 4 ¼ fx j x 2 R und x  4g
Alle reellen Zahlen kleiner oder gleich 4 gehören zum Inter-
Randpunkte a und b, indem diese in Klammern ge-
vall (4 gehört dazu).
setzt werden. Eine eckige Klammer steht für ein ab- 8. ð1; 4Þ ¼ fx j x 2 R und x < 4g
geschlossenes Intervallende, eine runde für ein offe- Alle reellen Zahlen kleiner als 4 gehören zum Intervall
nes Intervallende. Gehören beide Randpunkte zu (4 gehört nicht dazu).
9. ð1; 1Þ ¼ fx j x 2 Rg
dem Intervall, so heißt es abgeschlossen. Gehört nur
Alle reellen Zahlen gehören zum Intervall.
einer der Randpunkte (also entweder a oder b) zum
Intervall, so heißt es halboffen. Gehört keiner der
Randpunkte zum Intervall, so heißt es offen. 12 Komplexe Zahlen
Intervalle dienen der Beschreibung von Zahlenmen-
gen. Man unterscheidet beschränkte und nicht be-
12.1 Algebraische Form
schränkte Intervalle. Im Bereich der reellen Zahlen besitzt die p Gleichung
ffiffiffiffiffiffiffi
Bei einem beschränkten Intervall sind die Intervall- þ ffi1 ¼ 0 keine Lösung. Ebenso stellen 3 oder
xp2 ffiffiffiffiffiffi
4
grenzen a und b reelle Zahlen. Es besteht aus allen 6 keine reellen Zahlen dar.
reellen Zahlen x, die zwischen diesen beiden Gren- Falls eine quadratische Gleichung keine reelle Lö-
zen liegen. sung besitzt, ist es trotzdem möglich, Lösungen an-
Beschränkte Intervalle zugeben und zwar komplexe Zahlen als Lösungen.
Zur Darstellung dieser komplexen Zahlen wird eine
½a; b ¼ fx j x 2 R und a  x  bg (abgeschlossenes Intervall)
Erweiterung des Bereichs der reellen Zahlen vorge-
ða; bÞ ¼ fx j x 2 R und a < x < bg (offenes Intervall)
½a; bÞ ¼ fx j x 2 R und a  x < bg (halboffenes Intervall)
nommen.
ða; b ¼ fx j x 2 R und a < x  bg (halboffenes Intervall) Ausgangspunkt ist die imaginäre Einheit j, deren
Quadrat gleich 1 ist: j 2 ¼ 1. 2 Þ
Das Symbol mit der Schreibweise 1 heißt unend-
lich und steht für „beliebig groß“. Das Symbol 1 Imaginäre Einheit j j 2 ¼ 1
heißt entsprechend minus unendlich und steht für
„beliebig klein“. Die Symbole 1 und 1 sind 2
Þ In der Mathematik wird für die imaginäre Einheit der Buchstabe i
keine reellen Zahlen; 1 ist kleiner als jede reelle verwendet, in der Elektrotechnik nimmt man statt dessen jedoch den
Zahl, 1 ist größer als jede reelle Zahl. Buchstaben j, um Verwechslungen mit der Stromstärke i zu vermeiden.
20 Mathematik

Für die imaginäre Einheit gilt Dabei wird in einem kartesischen Koordinatensy-
stem der Ebene (siehe Abschnitt VII.1.1) der Real-
j 2 ¼ 1; j 3 ¼ j; j 4 ¼ 1 teil a von z auf der Abszissenachse und der Imagi-
j 4n  3 ¼ j; j 4n  2 ¼ 1; j 4n  1 ¼ j; j 4n ¼ 1 närteil b von z auf der Ordinatenachse abgetragen.
ðn 2 N*Þ Jeder komplexen Zahl entspricht ein Punkt der Ebe-
ne und umgekehrt. Die Zuordnung von Zahl und
Punkt ist eineindeutig. Die reellen Zahlen liegen auf
Die Zahlen j und j sind Lösungen der quadrati-
der Abszissenachse, die imaginären Zahlen liegen
schen Gleichung x2 þ 1 ¼ 0.
auf der Ordinatenachse. Deshalb nennt man die Ab-
Mit dieser imaginären Einheit j und zwei reellen Zah-
szissenachse auch reelle Achse und die Ordinaten-
len a und b stellt z ¼ a þ bj eine komplexe Zahl dar.
achse imaginäre Achse.
z ¼ a þ bj; a; b 2 R
imaginäre Achse
z = a+bj
Eine komplexe Zahl z besteht also aus einem reel- bj
len Teil a (Realteil) und einem imaginären Teil b
(Imaginärteil).
Wenn a und b alle möglichen reellen Werte durch- j
laufen, dann werden alle möglichen komplexen Zah-
len z erzeugt. Alle komplexen Zahlen bilden zusam- –1 0 1 a reelle Achse
men die Menge C der komplexen Zahlen. –j

C ¼ fz ¼ a þ bj j a; b 2 Rg
–bj
Komplexe Zahlen z mit Realteil gleich 0 (also z = a–bj
a ¼ 0) heißen imaginäre Zahlen, die komplexen
Zahlen z mit Imaginärteil gleich 0 (also b ¼ 0) sind Bild I-2 Konjugiert komplexe Zahlen z und z
die reellen Zahlen. Die komplexen Zahlen umfassen in algebraischer Form
also die imaginären Zahlen und die reellen Zahlen.
Die Darstellung einer komplexen Zahl in der Form
z ¼ a þ bj komplexe Zahlen z ¼ a þ bj; bei der kartesische Koordinaten verwen-
..
z ¼ bj ða ¼ 0Þ imaginare Zahlen det werden, heißt algebraische Form. Daneben gibt
z ¼ a ðb ¼ 0Þ reelle Zahlen es für die Darstellung der komplexen Zahlen die
trigonometrische Form und die Exponentialform.
Komplexe Zahlen z ¼ a þ bj und z ¼ a  bj, also
mit gleichem Realteil und entgegengesetzt gleichem 12.2 Trigonometrische Form
Imaginärteil, heißen konjugiert komplex.
Neben der Darstellung der komplexen Zahlen in alge-
Komplexe Zahlen sind nicht mehr auf einer Zahlen-
braischer Form gibt es die Darstellung in trigonometri-
geraden, sondern nur noch in einer Zahlenebene,
scher Form (vgl. Kapitel VI): z ¼ rðcos j þ j sin jÞ:
der sogenannten Gaußschen Zahlenebene, darstell-
Dabei heißt r Modul oder Absolutbetrag (also
bar (Name nach dem deutschen Mathematiker Carl
r ¼ jzj) und j Argument der komplexen Zahl z.
Friedrich Gauß, 1777––1855).
Der (orientierte) Winkel j wird im Bogenmaß (vgl.
Abschnitt III.10.9) gemessen und ist nur bis auf
imaginäre Achse Vielfache von 2p bestimmt. Deshalb wählt man
meist für j das halboffene Intervall ½0; 2pÞ, also
z1 = a1 + b1j 0  j < 2p.
b1j

z ¼ rðcos j þ j sin jÞ; r 2 R; r  0; 0  j < 2p


j
a2 –1 Für j ¼ 0 ergeben sich die positiven reellen Zahlen,
a1 reelle Achse p
0 1 für j ¼ p die negativen reellen Zahlen, für j ¼
–j 3 2
die positiven imaginären Zahlen und für j ¼ p
2
die negativen imaginären Zahlen.
Statt trigonometrischer Form sagt man mitunter
b2 j
z2 = a2 + b2j auch goniometrische Form der komplexen Zahlen.
Für die Darstellung der komplexen Zahlen in der
Bild I-1 Darstellung komplexer Zahlen in der Gauß- Ebene werden für die trigonometrische Form Polar-
schen Zahlenebene koordinaten (siehe Abschnitt VII.1.2) verwendet, wo-
I Arithmetik 21

hingegen für die algebraische Form kartesische Koor- Die Summe konjugiert komplexer Zahlen z ¼ a þ bj
dinaten (siehe Abschnitt VII.1.1) benutzt werden. und z ¼ a  bj ist reell, die Differenz konjugiert
komplexer Zahlen ist imaginär.
imaginäre Achse

z z þ z ¼ ða þ bjÞ þ ða  bjÞ ¼ 2a
z  z ¼ ða þ bjÞ  ða  bjÞ ¼ 2bj

(Imaginärteil)
od ul)
r (M

b
f (Argument) & Beispiele:
0 a reelle Achse 1. z1 þ z2 ¼ ð2;66 þ 0;89jÞ þ ð0;81 þ 1;49jÞ ¼ 1;85 þ 2;38j
(Realteil) 2. z1  z2 ¼ ð2;66 þ 0;89jÞ  ð0;81 þ 1;49jÞ ¼ 3;47  0;60j
3. z þ z ¼ ð2;4 þ 0;9jÞ þ ð2;4  0;9jÞ ¼ 4;8
Bild I-3 Algebraische und trigonometrische Form 4. z  z ¼ ð2;4 þ 0;9jÞ  ð2;4  0;9jÞ ¼ 1;8j
einer komplexen Zahl z
12.4 Multiplizieren komplexer Zahlen
Für den Zusammenhang zwischen algebraischer und
trigonometrischer Form gilt Komplexe Zahlen z1 ¼ a1 þ b1 j und z2 ¼ a2 þ b2 j in
algebraischer Form werden wie algebraische Sum-
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi b men multipliziert (denn z1  z2 ¼ ða1 þ b1 jÞ ða2 þ b2 jÞ
r¼ a2 þ b2 ; tan j ¼ ¼ a1 a2 þ a1 b2 j þ b1 a2 j þ b1 b2 j2 ¼ ða1 a2  b1 b2 Þ
a
a ¼ r cos j; b ¼ r sin j þ ða1 b2 þ a2 b1 Þ j wegen j2 ¼ 1).

Derselbe Zusammenhang gilt für die kartesischen z1  z2 ¼ ða1 þ b1 jÞ ða2 þ b2 jÞ


Koordinaten und die Polarkoordinaten eines Punk- ¼ ða1 a2  b1 b2 Þ þ ða1 b2 þ a2 b1 Þ j
tes in der Ebene.
Multiplizieren, Dividieren, Potenzieren und Radizie-
Das Produkt konjugiert komplexer Zahlen ist reell.
ren komplexer Zahlen lassen sich in der trigonome-
trischen Form einfacher durchführen.
z  z ¼ ða þ bjÞ ða  bjÞ ¼ a2 þ b2
12.3 Addieren und Subtrahieren
komplexer Zahlen
& Beispiele:
Komplexe Zahlen z1 ¼ a1 þ b1 j und z2 ¼ a2 þ b2 j
1. z1  z2 ¼ ð3 þ 4jÞ ð5  2jÞ ¼ ð3  5  4  ð2ÞÞ
werden addiert, indem man die Realteile addiert þ ð3  ð2Þ þ 5  4Þ j ¼ 23 þ 14j
und die Imaginärteile addiert. 2. z  z ¼ ð2;4 þ 0;9jÞ ð2;4  0;9jÞ ¼ ð2;4Þ2 þ ð0;9Þ2
¼ 5;76 þ 0;81 ¼ 6;57
z1 þ z2 ¼ ða1 þ b1 jÞ þ ða2 þ b2 jÞ
¼ ða1 þ a2 Þ þ ðb1 þ b2 Þ j Komplexe Zahlen z1 ¼ r1 ðcos j1 þ j sin j1 Þ und z2 ¼
r2 ðcos j2 þ j sin j2 Þ in trigonometrischer Form wer-
den multipliziert, indem man die Moduln (r1 und r2 )
Komplexe Zahlen z1 ¼ a1 þ b1 j und z2 ¼ a2 þ b2 j
multipliziert und die Argumente (j1 und j2 ) ad-
werden voneinander subtrahiert, indem man die Real-
diert.
teile subtrahiert und die Imaginärteile subtrahiert.

z1  z2 ¼ ða1 þ b1 jÞ  ða2 þ b2 jÞ z1  z2 ¼ r1 ðcos j1 þ j sin j1 Þ  r2 ðcos j2 þ j sin j2 Þ


¼ ða1  a2 Þ þ ðb1  b2 Þ j ¼ r1 r2 ½cos ðj1 þ j2 Þ þ j sin ðj1 þ j2 Þ

Beweis:
imaginäre Achse
z1  z2 ¼ r1 ðcos j1 þ j sin j1 Þ  r2 ðcos j2 þ j sin j2 Þ
z1 + z2 ¼ r1 r2 ½ðcos j1 cos j2  sin j1 sin j2 Þ
# þ ðcos j1 sin j2 þ sin j1 cos j2 Þ j
z2
¼ r1 r2 ½cos ðj1 þ j2 Þ þ j sin ðj1 þ j2 Þ;
z1
#
# denn cos j1 cos j2  sin j1 sin j2 ¼ cos ðj1 þ j2 Þ und
0 reelle Achse cos j1 sin j2 þ sin j1 cos j2 ¼ sin ðj1 þ j2 Þ
z1 – z2 (siehe Abschnitt VI.6).

Bild I-4 Addition und Subtraktion komplexer Zah- & Beispiele:


3. z1 ¼ 3ðcos 20 þ j sin 20 Þ; z2 ¼ 7ðcos 65 þ j sin 65 Þ
len z1 und z2 (die mit # gekennzeichneten
) z1  z2 ¼ 3ðcos 20 þ j sin 20 Þ  7ðcos 65 þ j sin 65 Þ
Strecken sind parallel und gleichlang) ¼ 21ðcos 85 þ j sin 85 Þ
22 Mathematik

5 pffiffiffi 5 Beweis:
4. z1 ¼ 5ðcos 30 þ j sin 30 Þ ¼ 3 þ j;
2 2
13 13 pffiffiffi z1 r1 ðcos j1 þ j sin j1 Þ
z2 ¼ 13ðcos 60 þ j sin 60 Þ ¼

þ 3j
 ¼
1
2 2
1 pffiffiffi z2 r2 ðcos j2 þ j sin j2 Þ
denn sin 30 ¼ cos 60 ¼ und sin 60 ¼ cos 30 ¼ 3 .
2 2 r1 ðcos j1 þ j sin j1 Þ ðcos j2  j sin j2 Þ
Es folgt ¼
z1  z2 ¼ 5ðcos 30 þ j sin 30 Þ  13ðcos 60 þ j sin 60 Þ
r2 ðcos j2 þ j sin j2 Þ ðcos j2  j sin j2 Þ
¼ 65ðcos 90 þ j sin 90 Þ ¼ 65j h i
cos j2 þ sin j1 sin j2
oder    r1 cos j1
5 pffiffiffi 5 13 13 pffiffiffi 65 pffiffiffi 65 pffiffiffi ¼ þ ðsin j1 cos j2  cos j1 sin j2 Þ j
z1  z2 ¼ 3þ j þ 3j ¼ 3 3 r2
2 2 2 2 4 4
 
65  3 65 sin2 j2 þ cos 2 j2
þ þ j ¼ 65j
4 4 r1
¼ ½cos ðj1  j2 Þ þ j sin ðj1  j2 Þ
r2
12.5 Dividieren komplexer Zahlen denn cos j1 cos j2 þ sin j1 sin j2 ¼ cosðj1  j2 Þ;
Komplexe Zahlen z1 ¼ a1 þ b1 j und z2 ¼ a2 þ b2 j in sin j1 cos j2  cos j1 sin j2 ¼ sin ðj1  j2 Þ und
algebraischer Form werden dividiert, indem man mit sin2 j þ cos 2 j ¼ 1 (siehe Abschnitt VI.6).
der konjugiert komplexen Zahl des Nenners (Divi-
& Beispiele:
sors) erweitert. 4. z1 ¼ 3ðcos 20 þ j sin 20 Þ; z2 ¼ 7ðcos 65 þ j sin 65 Þ

z2 7ðcos 65 þ j sin 65 Þ 7
z1 a1 þ b1 j a1 a2 þ b1 b2 b1 a2  a1 b2 ) ¼
3ðcos 20 þ j sin 20 Þ
¼ ðcos 45 þ j sin 45 Þ
¼ ¼ þ j z1 3
z2 a2 þ b2 j a22 þ b22 a22 þ b22 5 pffiffiffi 5
5. z1 ¼ 5ðcos 30 þ j sin 30 Þ ¼ 3 þ j;
2 2
ðz2 6¼ 0Þ 13 13 pffiffiffi
z2 ¼ 13ðcos 60 þ j sin 60 Þ ¼ þ 3j
2 2
Es folgt
Beweis: z1 5ðcos 30 þ j sin 30 Þ 5
¼ ¼ ðcos ð30 Þ þ j sin ð30 ÞÞ
z1 a1 þ b1 j ða1 þ b1 jÞ ða2  b2 jÞ z2 13ðcos 60 þ j sin 60 Þ 13
 
¼ ¼ 5 5 1 pffiffiffi 1
z2 a2 þ b2 j ða2 þ b2 jÞ ða2  b2 jÞ ¼ ðcos 30  j sin 30 Þ ¼ 3 j
13 13 2 2
a1 a2 þ b1 b2 þ ðb1 a2  a1 b2 Þ j 5 pffiffiffi 5
¼ ¼ 3 j
a22 þ b22 26 26
oder
a1 a2 þ b1 b2 b1 a2  a1 b2 
5 pffiffiffi 5

13 13 pffiffiffi

¼ þ j 5 pffiffiffi 5 3þ j  3j
a22 þ b22 a22 þ b22 z1 3þ j 2 2 2 2
¼ 2 2 ¼   
z2 13 13 pffiffiffi 13 13 pffiffiffi 13 13 pffiffiffi
Der Quotient konjugiert komplexer Zahlen ist wie- þ 3j þ 3j  3j
2 2 2 2 2 2
der eine komplexe Zahl. 65 pffiffiffi 65 65 65 pffiffiffi
3  3j þ jþ 3 5 pffiffiffi 5
¼ 4 4 4 4 ¼ 3 j
169 26 26
z a þ bj a2  b2 2ab
¼ ¼ 2 þ 2 j ðz 6¼ 0Þ
z a  bj a þ b2 a þ b2
12.6 Potenzieren komplexer Zahlen
& Beispiele: Ist n eine natürliche Zahl, so wird die n-te Potenz zn
1.
z1
¼
3 þ 4j
¼
3  5 þ 4  ð2Þ
þ
4  5  3  ð2Þ
j
von z wie üblich durch z0 ¼ 1; zn ¼ zn  1  z defi-
z2 5  2j 52 þ ð2Þ2 52 þ ð2Þ2 niert.
15  8 20 þ 6 7 26
¼ þ j¼ þ j
25 þ 4 25 þ 4 29 29
& Beispiele:
z 2;4 þ 0;9j ð2;4Þ2  ð0;9Þ2 2  2;4  0;9 1. z3 ¼ ða þ bjÞ2 ða þ bjÞ ¼ a3  3ab2 þ ð3a2 b  b3 Þ j
2. ¼ ¼ þ j
z 2;4  0;9j ð2;4Þ2 þ ð0;9Þ2 ð2;4Þ2 þ ð0;9Þ2 2. z4 ¼ ða þ bjÞ3 ða þ bjÞ ¼ ½a3  3ab2 þ ð3a2 b  b3 Þ j ða þ bjÞ
5;76  0;81 4;32 4;95 4;32 ¼ a4  6a2 b2 þ b4 þ ð4a3 b  4ab3 Þ j
¼ þ j¼ þ j
5;76 þ 0;81 5;76 þ 0;81 6;57 6;57
1 1  ðjÞ Einfacher läßt sich das Potenzieren komplexer Zah-
3. ¼ ¼ j
j j  ðjÞ len in der trigonometrischen Form durchführen. Mit
Komplexe Zahlen z1 ¼ r1 ðcos j1 þ j sin j1 Þ und z2 ¼ Hilfe derAdditionstheoreme für die trigonometri-
schen Funktionen (vgl. Abschnitt VI.6) erhält man
r2 ðcos j2 þ j sin j2 Þ in trigonometrischer Form wer-
den dividiert, indem man die Moduln (r1 und r2 ) die Formel von Moivre.
dividiert und die Argumente (j1 und j2 ) subtra-
hiert. zn ¼ ½rðcos j þ j sin jÞn ¼ rn ðcos nj þ j sin njÞ
ðn 2 N Þ
z1 r1 ðcos j1 þ j sin j1 Þ
¼
z2 r2 ðcos j2 þ j sin j2 Þ
Eine komplexe Zahl in trigonometrischer Form wird
r1
¼ ½cos ðj1  j2 Þ þ j sin ðj1  j2 Þ also in die n-te Potenz erhoben, indem man den
r2
Modul (r) in die entsprechende Potenz rn erhebt
I Arithmetik 23

und das Argument (j) mit dem Exponenten n mul- die Eckpunkte eines regelmäßigen n-Ecks mit dem
tipliziert. Mittelpunkt im Koordinatenursprung. Die Punkte
pffiffi
liegen auf einem Kreis mit dem Radius r ¼ n r. Der
& Beispiel: j
5 pffiffiffi 5 Hauptwert w1 besitzt das Argument . Durch wie-
3. z ¼ 5ðcos 30 þ j sin 30 Þ¼ 3þ j
2 2 2p n
h 5 pffiffiffi 5 i4 derholte Drehung um den Winkel erhält man die
z4 ¼ 3þ j n
2 2 weiteren Lösungen.
   2  2  4
5 pffiffiffi 4 5 pffiffiffi 5 5
¼ 3 6 3 þ
2 2 2 2 & Beispiel:
"  3  3 #
5 pffiffiffi 5 5 pffiffiffi 5 z ¼ 2;985 984ðcos 60 þ j sin 60 Þ ¼ ð1;2Þ6 ðcos 60 þ j sin 60 Þ;
þ 4 3  4 3 j
2 2 2 2 n¼6 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffi 6 j 60
625  9 6  25  3  25 625 Wegen n r ¼ ð1;2Þ6 ¼ 1;2 und ¼ ¼ 10 lauten die sech-
¼  þ n 6
16 44 16 sten Wurzeln aus z:
" pffiffiffi pffiffiffi #
4  125  3  3  5 4  5  3  125 w1 ¼ 1;2ðcos 10 þ j sin 10 Þ; w2 ¼ 1;2ðcos 70 þ j sin 70 Þ
þ  j w3 ¼ 1;2ðcos 130 þ j sin 130 Þ; w4 ¼ 1;2ðcos 190 þ j sin 190 Þ
82 28
pffiffiffi w5 ¼ 1;2ðcos 250 þ j sin 250 Þ; w6 ¼ 1;2ðcos 310 þ j sin 310 Þ
625 625  3
¼  þ j
2 2 imaginäre Achse
z4 ¼ ½5ðcos 30 þ j sin 30 Þ4 ¼ 54 ðcos 120 þ j sin 120 Þ z
 
1 1 pffiffiffi
¼ 54 ðsin 30 þ j cos 30 Þ ¼ 54  þ 3j r
2 2
pffiffiffi
625 625  3 w2
¼  þ j
2 2

Die Moivresche Formel läßt sich durch vollständige fk


f2
f
w1
Induktion beweisen. Ihre Gültigkeit läßt sich schritt-
weise bis auf reelle Exponenten ausdehnen. wk fn f1 reelle Achse
n
r
12.7 Radizieren komplexer Zahlen wn
pffiffiffi
Die n-te Wurzel n z einer komplexen Zahl z ist defi-
niert als eine komplexe Zahl w, deren n-te Potenz Bild I-5 Die n-ten Wurzeln w1 ; w2 ; . . . ; wk ; . . . ; wn
gleich z ist, also eine Lösung der Gleichung wn ¼ z. einer komplexen Zahl z
Setzt man z ¼ rðcos j þ j sin jÞ und w¼
rðcos w þ j sin wÞ, dann folgt mit der Formel von Die n-ten Wurzeln aus z ¼ 1 sind die sogenannten
Moivre wn ¼ rn ðcos nw þ j sin nwÞ und wegen n-ten Einheitswurzeln.
wn ¼ z ¼ rðcos j þ j sin jÞ weiter rn ¼ r; cos nw ..
n-te Einheitswurzeln Losungen von wn ¼ z ¼ 1
¼ cos j; sin nw ¼ sin j. Aus rn ¼ r ergibt sich
pffiffi
r ¼ n r, während es für cos nw ¼ cos j; sin nw ¼ sin j
&
wegen cos j ¼ cos ðj þ 2kpÞ; sin j ¼ sin ðjþ2kpÞ ge- Beispiele:
1. n ¼ 2 : z ¼ w2 ¼ 1
j þ 2ðk  1Þp
nau n verschiedene Lösungen wk ¼ ; w1 ¼ 1ðcos 0 þ j sin 0 Þ ¼ 1;
n w2 ¼ 1ðcos 180 þ j sin 180 Þ ¼ 1
k ¼ 1; 2; 3; . . . ; n, gibt.
2. n ¼ 3 : z ¼ w3 ¼ 1
Somit gilt: w1 ¼ 1ðcos 0 þ j sin 0 Þ ¼ 1
Für n 2 N* besitzt die Gleichung wn ¼ z ¼ w2 ¼ 1ðcos 120 þ j sin 120 Þ ¼ 1ðcos 60 þ j sin 60 Þ
rðcos j þ j sin jÞ genau n verschiedene Lösungen 1 1 pffiffiffi
¼ þ 3j
2 2
w1 ; w2 ; . . . ; wn (die n-ten Wurzeln aus z). w3 ¼ 1ðcos 240 þ j sin 240 Þ ¼ 1ðcos 60  j sin 60 Þ
1 1 pffiffiffi
¼  3j
2 2
wk ¼ 3. n ¼ 4 : z ¼ w4 ¼ 1
 
p ffiffi j þ 2ðk  1Þ p j þ 2ðk  1Þ p w1 ¼ 1ðcos 0 þ j sin 0 Þ ¼ 1
n
r cos þ j sin ; w2 ¼ 1ðcos 90 þ j sin 90 Þ ¼ j
n n w3 ¼ 1ðcos 180 þ j sin 180 Þ ¼ 1
k ¼ 1; 2; . . . ; n w4 ¼ 1ðcos 270 þ j sin 270 Þ ¼ j

12.8 Eulersche Formel


Die n-te Wurzel aus z ist also nicht eindeutig. Für
Die Eulersche Formel für komplexe Zahlen z ver-
k ¼ 1 ergibt sich der sogenannte Hauptwert w1 der
knüpft die Exponentialfunktion und die trigono-
n-ten Wurzel.
metrischen Funktionen miteinander (nach dem
ffiffi  j
schweizerischen Mathematiker Leonhard Euler,
p j
Hauptwert w1 ¼ n
r cos þ j sin 1707––1783). Dabei ist e die Eulersche Zahl (vgl.
n n
Abschnitt I.8).

Stellt man die n-ten Wurzeln wk ; k ¼ 1; 2; 3; . . . ; n


ejz ¼ cos z þ j sin z ; z2C
in der Gaußschen Zahlenebene dar, so ergeben sich
24 Mathematik

Setzt man x ¼ j, dann erhält man die sogenannte


j
Exponentialform der komplexen Zahlen.
w2 w1
–1 0 1 z ¼ rðcos j þ j sin jÞ ¼ rejj
w2
2 j
w =1
Dabei ist r der Modul und j das Argument der
w1
0
komplexen Zahl z.
w2 1
j w3 = 1
Für das Produkt und den Quotienten zweier komple-
xer Zahlen z1 ¼ r1  e jj1 und z2 ¼ r2  e jj2 ergibt sich
w3
w3 w1
–1 0 1 z1  z2 ¼ r1  e jj1  r2  e jj2 ¼ r1  r2  e jðj1 þ j2 Þ
w4 = 1
w4 z1 r1 e jj1 r1 jðj1  j2 Þ
¼ ¼ e ðz2 6¼ 0Þ
–j z2 r2 e jj2 r2

Bild I-6 Die n-ten Einheitswurzeln für n ¼ 2, n ¼ 3


& Beispiel für eine komplexe Zahl in verschiedenen Formen:
und n ¼ 4 pffiffiffi !
1 3 pffiffiffi
z¼2 þ j ¼ 1 þ 3 j (algebraische Form)
2 2
Für reelle Zahlen x (die reellen Zahlen sind eine  p p
¼ 2 cos þ j sin
Teilmenge der komplexen Zahlen) gilt ejx ¼ cos x 3 3
(trigonometrische Form)

þ j sin x.
p
¼ 2e j 3 (Exponentialform)

II Gleichungen

1 Gleichungsarten Textgleichung: Den Umfang eines Kreises berechnet


man, indem man das Produkt aus dem Verhältnis
Ein Term ist ein mathematischer Ausdruck, der aus von Umfang eines beliebigen
 Kreises zu seinem
Zahlen, Variablen, Rechenzeichen (mathematischen U
Operationen) und möglicherweise noch anderen ma- Durchmesser ¼ p und dem Kreisradius ðrÞ mit
d
thematischen Symbolen (zum Beispiel Funktions- 2 multipliziert (vgl. Abschnitt III.10).
werten) besteht. Termgleichung : UKreis ¼ 2pr
Will man ausdrücken, daß ein Term T1 zu einem Man unterscheidet drei verschiedene Arten von
anderen Term T2 äquivalent (gleichwertig) ist, so Gleichungen:
schreibt man
1. Identische Gleichungen
2. Bestimmungsgleichungen
Gleichung T1 ¼ T2
3. Funktionsgleichungen
Eine solche Darstellung heißt Gleichung. Die linke Eine identische Gleichung oder Identität ist eine
Seite der Gleichung ist T1 , die rechte Seite der Glei- Gleichung zwischen zwei algebraischen Ausdrücken,
chung ist T2 . die bei Einsetzen beliebiger Zahlenwerte anstelle
Mit Hilfe von Gleichungen lassen sich quantitative der darin aufgeführten Buchstabensymbole erhalten
Beziehungen in Natur und Technik beschreiben. bleibt.
Meist liegen jedoch in der Praxis auftretende Aufga-
ben nicht in Form von Gleichungen zwischen Ter- & Beispiele für identische Gleichungen (Identitäten):
1. aðb þ cÞ ¼ ab þ ac
men vor, sondern sie werden als Textgleichungen
2. ða þ bÞ ðc þ dÞ ¼ ac þ ad þ bc þ bd
mit Worten beschrieben. Daraus muß dann durch 3. ða þ bÞ2 ¼ a2 þ 2ab þ b2
eine bersetzung in die formale Sprache der Mathe- a c ad þ bc
4. þ ¼
matik eine mathematische Beziehung hergestellt b d bd
5. an am ffiffiffi¼ a p
nþm
werden. p ffiffi
ffi p
n n
ffiffiffiffiffi
6. n c d ¼ cd
Die berlegenheit der mathematischen Symbolik 7. loga ðxyÞ ¼ loga x þ loga y
zeigt folgendes Beispiel: 8. ejx ¼ cos x þ j sin x
II Gleichungen 25

Eine Bestimmungsgleichung ist eine Gleichung, in Alle Bestimmungsgleichungen, die nicht algebraisch
der Variable (Unbekannte) auftreten, die durch eine sind, heißen transzendent (deutsch: übersteigend).
Rechnung bestimmt werden sollen. Mit Hilfe zulässi- Sie haben ihren Namen daher, daß sie im allgemei-
ger Rechenoperationen sollen alle Werte der Varia- nen schwieriger aufzulösen sind als die algebrai-
blen aus dem zugrunde liegenden Zahlenbereich be- schen Gleichungen. Sie erfordern Auflösungsmetho-
stimmt werden, für die die Gleichung erfüllt ist. den, die die Mittel der Algebra übersteigen.
Man nennt diese Werte Lösungen oder auch Wur- Beispiele für transzendente Gleichungen sind Expo-
zeln der Gleichung. Alle Lösungen zusammen bil- nentialgleichungen, logarithmische Gleichungen und
den die Lösungsmenge L der Bestimmungsglei- trigonometrische Gleichungen.
chung. Eine Gleichung hat keine, eine oder mehrere Bei den ersten fünf Beispielen handelt es sich um
Lösungen. algebraische Bestimmungsgleichungen, bei den letz-
Eine Bestimmungsgleichung ist also nur für einige ten drei Beispielen um transzendente Gleichungen.
spezielle Werte der Variablen erfüllt. Eine Funktionsgleichung dient dazu, eine Funktion
zu definieren. Eine Funktion beschreibt den Zusam-
& Beispiele für Bestimmungsgleichungen : menhang zwischen verschiedenen veränderlichen
1. x þ 2 ¼ 3 Lösung: x ¼ 1 Größen. Eine Funktionsgleichung enthält in der Re-
Lösungsmenge: L ¼ f1g
2. x þ 2 ¼ x þ 3 Keine Lösung
gel zwei oder mehr Variable, die durch die Glei-
Lösungsmenge: L ¼ fg ¼ ; chung einander zugeordnet werden.
3. 2x þ 1 ¼ x2  2 Lösungen: x ¼ 3 und x ¼ 1 Funktionen werden ausführlich im Abschnitt V be-
Lösungsmenge: L ¼ f1; 3g handelt.
4. 5x2  5 ¼ x3  x Lösungen: x ¼ 5; x ¼ 1 und x ¼ 1
Lösungsmenge: L ¼ f1; 1; 5g & Beispiele für Funktionsgleichungen:
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
5. 11  x þ 3 ¼ 6 Lösung: x ¼ 22 1. y ¼ 2x þ 1
Lösungsmenge: L ¼ f22g 2. y ¼ x2 þ x  5
pffiffiffi
6. 3x ¼ 4x  2  2x Lösung: 3. y ¼ 2x2  x  3 x þ 4
4 log 2 4. y ¼ sin x
x¼ 2;826 780 5. y ¼ 2x  5x þ 1
3 log 2  log 3 
4 log 2
Lösungsmenge: L ¼
3 log 2  log3
7. lg ð6x þ 10Þ Lösung: x ¼ 10 2 quivalente Umformungen
 lg ðx  3Þ ¼ 1 Lösungsmenge: L ¼ f10g
8. sin 2 x  1 ¼ 0;5 Lösung: x ¼ 45 þ k  180 ; k 2 Z Oft ist es möglich, eine gegebene Gleichung durch
Lösungsmenge: zulässige Rechenoperationen in eine Gleichung zu
L ¼ fx j x ¼ 45 þ k  180 ; k 2 Zg überführen, die die gleiche Lösungsmenge wie die
Ausgangsgleichung besitzt, aber einfacher zu lösen
Die Bestimmungsgleichungen werden unterteilt in ist. Eine solche Umformung heißt äquivalent. Man
die algebraischen Gleichungen und in die transzen- nennt auch die beiden Gleichungen äquivalent
denten Gleichungen. (gleichwertig).
In einer algebraischen Gleichung werden mit der oder Bei den zulässigen Rechenoperationen ist darauf zu
den Variablen nur algebraische Rechenoperationen achten, daß sie gleichzeitig auf beiden Seiten einer
vorgenommen; sie werden addiert, subtrahiert, multi- Gleichung durchgeführt werden, zum Beispiel die
pliziert, dividiert, potenziert oder radiziert. Sowohl Addition einer Konstanten oder die Multiplikation
die auftretenden Zahlen (Koeffizienten genannt) als mit einer Konstanten.
auch die Lösungen können aber transzendente Zahlen
Grundregeln für äquivalente Umformungen:
sein. Jede algebraische Gleichung mit genau einer
Variablen x läßt sich in der allgemeinen Form Addition einer Zahl (hier a) auf beiden Seiten einer
Gleichung
an xn þ an  1 xn  1 þ an  2 xn2 þ ::: þ a1 x þ a0 ¼ 0
xa¼b jþa
x¼ bþa
schreiben. Die Zahlen an ; an  1 ; an  2 ; . . . ; a1 ; a0 hei-
ßen Koeffizienten (Beizahlen) der Gleichung. Sie Subtraktion einer Zahl (hier a) von beiden Seiten
stehen für beliebige reelle oder komplexe Zahlen. einer Gleichung
Ist xn die höchste auftretende Potenz der Variablen
x, so heißt die Gleichung vom Grad n. xþa¼b ja
Algebraische Gleichungen vom Grad 1 heißen auch x¼ ba
lineare Gleichungen, Gleichungen vom Grad 2 qua-
dratische Gleichungen und Gleichungen vom Grad 3 Multiplikation beider Seiten einer Gleichung mit der
kubische Gleichungen. gleichen Zahl (hier mit a); Bedingung: a 6¼ 0
Der sogenannte Fundamentalsatz der Algebra sagt
x
aus, daß jede algebraische Gleichung n-ten Grades ¼b ja
genau n (reelle oder komplexe) Lösungen (Wur- a
x ¼ba
zeln) besitzt.
26 Mathematik

Division beider Seiten einer Gleichung durch die man die sogenannte Normalform der linearen Glei-
gleiche Zahl (hier durch a); Bedingung: a 6¼ 0 chung.

ax ¼ b j : a b b
xþ ¼ x þ c ¼ 0; c¼
b a a

a
Die Lösung der linearen Gleichung ist x ¼ c
b
& Beispiele:
¼  . Für die Lösungsmenge gilt also: L ¼ fcg
 a
1. 5x  6 ¼ 29 j þ 6 (Addition auf beiden Seiten) b
5x ¼ 35 j : 5 (Division auf beiden Seiten) ¼  .
a
x¼7
Alle Gleichungen sind äquivalent mit der Lösungsmenge Allgemeines Verfahren zur Bestimmung der Lösung:
L ¼ f7g. Man „beseitigt“ zunächst alle Klammern und Brü-
2. 5x  20 ¼ 60  11x j þ 11x (Addition auf beiden Seiten) che und ordnet dann die Glieder so, daß alle Glie-
16x  20 ¼ 60 j þ 20 (Addition auf beiden Seiten)
der mit der Variablen x links vom Gleichheitszei-
16x ¼ 80 j : 16 (Division auf beiden Seiten)
x¼5 chen und alle anderen rechts davon stehen:
Alle vier Gleichungen sind äquivalent mit der Lösungsmenge aðbx þ cÞ ¼ dðex þ f Þ
L ¼ f5g.
abx þ ac ¼ dex þ df
2 1 1
3.  ¼ ðx 6¼ 0; 1; 2Þ j  xðx  1Þ ðx þ 2Þ abx  dex ¼ df  ac
x x1 xþ2
2ðx  1Þ ðx þ 2Þ  xðx þ 2Þ ¼ xðx  1Þ (Hauptnenner) xðab  deÞ ¼ df  ac
2ðx2 þ x  2Þ  ðx2 þ 2xÞ ¼ x2  x
df  ac
x2  4 ¼ x2  x j  x2 þ x x¼
x4¼ 0 jþ4 ab  de
x¼4 (ab 6¼ de ist Bedingung, denn durch 0 darf nicht di-
Alle Gleichungen sind äquivalent mit der Lösungsmenge
vidiert werden.)
L ¼ f4g.
4. 4x2  x þ 3 ¼ 6x2 þ x  1 j  ð4x2  x þ 3Þ & Beispiel:
0 ¼ 6x2 þ x  1  4x2 þ x  3 3ðx þ 2Þ ¼ 5ð2x þ 9Þ
0 ¼ 2x2 þ 2x  4 j:2 3x þ 6 ¼ 10x þ 45
0 ¼ x2 þ x  2 j Vertauschen der Seiten 3x þ 10x ¼ 45  6
x þx2¼0
2 13x ¼ 39
Berechnen der Lösungen der quadratischen Gleichung: x¼3
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Probe:
1 1 1 3
x1; 2 ¼   þ 2 ¼   ) x1 ¼ 1; x2 ¼ 2 3ð3 þ 2Þ ¼ 5ð6 þ 9Þ
2 4 2 2
35 ¼53
Alle Gleichungen sind äquivalent mit der Lösungsmenge
15 ¼ 15
L ¼ f1; 2g.
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
5. xþ8¼ xþ2 | Quadrieren Grundsätzlich sollte eine Probe durchgeführt wer-
x þ 8 ¼ ðx þ 2Þ2 | Klammer „beseitigen“
den. Dabei ist jede Seite der Gleichung einzeln aus-
x þ 8 ¼ x þ 4x þ 4 j  ðx þ 8Þ
2

0 ¼ x þ 3x  4 | Vertauschen der Seiten


2 zurechnen. Der berechnete Wert für x sollte stets in
x2 þ 3x  4 ¼ 0 die Ausgangsgleichung eingesetzt werden.
Berechnen der Lösungen der quadratischen Gleichung:
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Fehlerwarnung: Nach Einsetzen der Lösung sollen
3 9 3 5 nicht die gleichen Umformungen wie bei der Haupt-
x1; 2 ¼   þ 4 ¼   ) x1 ¼ 1; x2 ¼ 4
2 4 2 2 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
x1 ¼ 1 erfüllt die Ausgangsgleichung wegen 1 þ 8 ¼ 1 þ 2,
rechnung vorgenommen werden, da sonst leicht ein
dagegen ist x2 ¼ 4 keine Lösung der Ausgangsgleichung, möglicher Fehler wiederholt werden kann.
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
denn es ist 4 þ 8 6¼ 4 þ 2:
Somit: Das Quadrieren ist keine äquivalente Umformung! 4 Proportionen
Eine Sonderstellung unter den linearen Gleichungen
mit einer Variablen nehmen die Proportionen wegen
3 Lineare Gleichungen ihrer vielseitigen Anwendbarkeit ein.
Eine lineare Gleichung oder Gleichung ersten Gra- Eine Proportion ist eine Verhältnisgleichung
des ist eine algebraische Gleichung, in der die Va-
a:b¼c:x
riable x in keiner höheren als der ersten Potenz vor-
kommt. oder mit x ¼ d
Jede lineare Gleichung läßt sich durch äquivalente
Umformungen überführen in die äquivalente Glei- a:b¼c:d
chung
und in Bruchschreibweise
ax þ b ¼ 0 ; a 6¼ 0 a c
¼
b d
Diese Gleichung heißt allgemeine Form der linea-
ren Gleichung. Durch Division durch a 6¼ 0 erhält (gesprochen: a verhält sich zu b wie c zu d).
II Gleichungen 27

Treten in einer Proportion gleiche Innenglieder oder 4. 5x : ð4  xÞ ¼ 30 : 9 In Bruchschreibweise:


5x 30 1
gleiche Außenglieder auf, so heißt die Proportion ¼ Addition von des Zählers zum Nen-
4x 9 5
stetig. Im Fall gleicher Innenglieder, also a : b ¼ b : c; ner (korrespondierende Addition) :
nennt man b mittlere Proportionale. 5x
¼
30
Vereinfachen:
Sind von den Gliedern einer Proportion drei be- 5x 30
4xþ 9þ
5 5
kannt, dann läßt sich die vierte Proportionale be- 5x 30 4
¼ ð¼ 2Þ Multiplikation mit :
rechnen. Sind zum Beispiel a; b; c bekannt und d 4 15 5
bc 8
gesucht, so gilt d ¼ : x¼
a 5
8
& Beispiele: Die Lösung ist x ¼ .
5
1. Welche Kraft F dehnt eine Feder um 4 cm, wenn die Kraft
Probe:
3 N (Newton) eine Dehnung um 2 cm bewirkt? 8
Ansatz (Hookesches Gesetz): F : 4 cm ¼ 3 N : 2 cm 5
5 ¼ 30 , 8 ¼ 10 , 8  5 ¼ 10 , 10 ¼ 10
4 cm  3 N 8 9 2 3 12 3 3 3
Auflösung nach F : F ¼ ¼ 6N 4 2
2 cm 5 5
Antwort: Die Kraft 6 N bewirkt die Dehnung um 4 cm.
1
2. Wie weit kommt ein Flugzeug in 2 Stunden, wenn es
2
10 km in 45 s zurücklegt? 5 Quadratische Gleichungen
Ansatz (Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit):
x : 9000 s ¼ 10 km : 45 s 5.1 Definitionen
9000 s  10 km
Auflösung nach x: x ¼ ¼ 2000 km Eine quadratische Gleichung oder Gleichung zwei-
45 s
Antwort: Das Flugzeug fliegt 2000 km weit. ten Grades ist eine algebraische Gleichung, in der
die Variable x in keiner höheren als der zweiten Po-
Die Proportion a : b ¼ c : d läßt sich verschieden tenz vorkommt.
umformen. quivalente Formen sind Jede quadratische Gleichung läßt sich durch äquiva-
lente Umformungen überführen in die Gleichung
d:c ¼b:a
a:c ¼b:d
d:b¼c:a Allgemeine Form ax2 þ bx þ c ¼ 0 ; a 6¼ 0
b:a¼d:c
ad ¼bc Diese Gleichung heißt allgemeine Form der quadra-
tischen Gleichung.
Durch Division durch a 6¼ 0 erhält man die soge-
Aus der Proportion a : b ¼ c : d lassen sich weitere
nannte
 Normalform der quadratischen Gleichung
Proportionen ableiten, etwa durch Addition oder b c
Subtraktion von 1 auf beiden Seiten. Man nennt ein mit p ¼ ; q ¼ .
a a
solches Umformen der Proportion korrespondieren-
de Addition oder korrespondierende Subtraktion
Normalform x2 þ px þ q ¼ 0
(Bedingung in allen Fällen: Nenner ungleich 0).

aþb cþd a c
¼ ¼
b d aþb cþd 5.2 Lösungsverfahren
ab cd a c
¼ ¼ 5.2.1 Sonderfälle
b d ab cd
Ist q ¼ 0, also x2 þ px ¼ 0, dann erhält man durch
Dies sind Sonderfälle des allgemeinen Gesetzes der Ausklammern von x die Produktform xðx þ pÞ ¼ 0.
korrespondierenden Addition und Subtraktion. Aus Da ein Produkt genau dann gleich 0 ist, wenn min-
a : b ¼ c : d folgt für beliebige reelle Zahlen p; q; destens einer der Faktoren gleich 0 ist, ergeben sich
r; s (r und s dürfen nicht gleichzeitig 0 sein) daraus die Lösungen x1 ¼ 0; x2 ¼ p.

pa þ qb pc þ qd Gleichung: x2 þ px ¼ 0
¼ Sonderfall q ¼ 0 ::
ra þ sb rc þ sd Losungen : x1 ¼ 0; x2 ¼ p

Fehlerwarnung: Man darf nicht durch x dividieren.


& Beispiele:
Division durch 0 ist verboten. Die Lösung x ¼ 0
5 5þx
3. ¼ Nenner vom Zähler subtrahieren ginge sonst verloren.
4 x
(korrespondierende Subtraktion):
..
& Beispiel: x2  5x ¼ 0 ) Losungen: x1 ¼ 0; x2 ¼ 5
54 5þxx
¼ Vereinfachen:
4 x
1 5 Ist p ¼ 0, also x2 þ q ¼ 0, dann liegt eine soge-
¼ Nach x auflösen (Multiplikation der
4 x nannte rein quadratische Gleichung vor. Durch Sub-
Gleichung mit 4x):
x ¼ 20 traktion von q auf beiden Seiten der Gleichung, also
Die Lösung ist x ¼ 20, wie die Probe bestätigt. x2 ¼ q, und anschließendes Radizieren erhält man
28 Mathematik

pffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffi
die Lösungen x1 ¼ þ q; x2 ¼  q. Daraus ergibt sich
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
p p2 p p2
Gleichung: x2 þ q ¼ 0 x1 ¼  þ  q; x2 ¼   q
:: pffiffiffiffiffiffiffi 2 4 2 4
Sonderfall p ¼ 0 Losungen : x1 ¼ þ q;
pffiffiffiffiffiffiffi
x2 ¼  q
Gleichung:x2 þ px þ q ¼ 0
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Für q < 0 ergeben sich zwei reelle Lösungen, für q ¼ 0 .. p p2
Losungen: x1 ¼  þ  q;
die (doppelt zu zählende) Lösung x ¼ 0, für q > 0 2 4
pffiffiffi Normalform sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
zwei rein imaginäre Lösungen, und zwar x1 ¼ j q;
pffiffiffi p p2
x2 ¼ j q (x1 und x2 sind konjugiert komplex). x2 ¼   q
2 4
& Beispiele:
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1. x2  9 ¼ 0
p p2
q ¼ 9 < 0 ) zwei reelle Lösungen: x1 ¼ 3; x2 ¼ 3 Die Gleichung x1; 2 ¼    q für die Lö-
2. x2 þ 16 ¼ 0 2 4
q ¼ 16 > 0 ) zwei imaginäre Lösungen: x1 ¼ 4j; x2 ¼ 4j sungen nennt man auch ðp; qÞ-Formel.
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Für die Sonderfälle c ¼ 0 und b ¼ 0 der allgemeinen p p2
Form der quadratischen Gleichung ergeben sich die ðp; qÞ-Formel x1; 2 ¼   q
2 4
Lösungen ganz analog.
& Beispiele:
Gleichung: ax2 þ bx ¼ 0
1. (ausführlich)
Sonderfall c ¼ 0 :: b
Losungen : x1 ¼ 0; x2 ¼  x2 þ 12x þ 35 ¼ 0
a x2 þ 12x ¼ 35
x2 þ 12x þ 62 ¼ 35 þ 62
ðx þ 6Þ2 ¼ 1
x þ 6 ¼ 1
Gleichung: ax2 þ c ¼ 0
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi x ¼ 6  1
:: c Lösungen: x1 ¼ 6 þ 1 ¼ 5; x2 ¼ 6  1 ¼ 7
Losungen : x1 ¼ þ  ;
Sonderfall b ¼ 0 a
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Es sind zwei Proben durchzuführen!
2. (mit ðp; qÞ-Formel)
c
x2 ¼   25x2 þ 13 ¼ 70x
a Sortieren und Dividieren durch 25 zum Beschaffen der Nor-
malform:
14 13 14 13
x2  xþ ¼0)p¼ und q ¼ .
5 25 5 25
5.2.2 Normalform Einsetzen in die ðp; qÞ-Formel ergibt die Lösungen:
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2 rffiffiffiffiffiffiffi
Die Lösungen der Normalform x2 þ px þ q ¼ 0 der 7 7 13 7 36 7 6 13
x1 ¼ þ  ¼ þ ¼ þ ¼ ,
quadratischen Gleichung bestimmt man mit der Me- 5 5 25 5 25 5 5 5
thode der „quadratischen Ergänzung“. Zunächst x2 ¼
7

6
¼
1
bringt man q auf die rechte Seite der Gleichung, das 5 5 5
Es sind zwei Proben durchzuführen!
heißt, von beiden Seiten der Gleichung wird q subtra-
hiert. Auf beiden Seiten
 p 2addiert man dann die quadra- Den Radikanden in der ðp; qÞ-Formel nennt man
tische Ergänzung des Terms x2 þ px. Damit die Diskriminante D der Normalform der quadrati-
2
wird die linke Seite der Gleichung zu einem „voll- schen Gleichung.
ständigen Quadrat“ (binomische Formel). Durch Ra-
p p2
dizieren und anschließender Subtraktion von erge-
2 Diskriminante der Normalform D¼ q
4
ben sich dann die Lösungen x1 und x2 der Gleichung.
Bestimmung der Lösungen:
Die Lösungen der Normalform lassen sich auch mit
x2 þ px þ q ¼0 Hilfe der Diskriminante schreiben.
x2 þ px ¼ q
 p 2  p 2
x2 þ px þ ¼ q Gleichung: x2 þ px þ q ¼ 0
2 2 .. p pffiffiffiffi
 p 2  p 2 Losungen: x1; 2 ¼   D;
xþ ¼ q Normalform 2
2 2 p2
 p 2 p 2 D¼ q
xþ ¼ q 4
2 4rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
p p2
xþ ¼ q Der Wert der Diskriminante D bestimmt die Anzahl
2 4 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
der reellen Lösungen der quadratischen Gleichung.
p p2 Für D > 0 existieren zwei reelle Lösungen x1 und
x ¼  q
2 4 x2 , für D ¼ 0 gibt es eine reelle Lösung (Doppel-
II Gleichungen 29

lösung x1 ¼ x2 ), für D < 0 hat die quadratische Glei- Allgemeine Form:


chung keine reelle Lösung, es existieren zwei kom-
plexe Lösungen x1 und x2 (x1 und x2 sind konjugiert Gleichung: ax2 þ bx þ c ¼ 0; a 6¼ 0
komplex zueinander). .. 1  pffiffiffiffi 
 ;
Losungen: x1; 2 ¼ b  D
& Beispiele: 2a
3. 2x2  10x þ 12 ¼ 0 ðallgemeineFormÞ

D ¼ b  4ac
2

x2  5x þ 6 ¼ 0 ðNormalformÞ
p ¼ 5; q ¼ 6 ) D ¼
p2
q ¼
25
6¼
1
Auch hier bestimmt der Wert der Diskriminante D 
4 4 4
D > 0 ) zwei reelle Lösungen die Anzahl der reellen Lösungen der quadratischen
Lösungen: rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffi Gleichung.
x1; 2 ¼ 
p

p2
q ¼
p pffiffiffiffi
 D¼
5

1 Für D  > 0 gibt es zwei reelle Lösungen x1 und
2 4 2 2 4
x2 , für D ¼ 0 gibt es eine reelle Doppellösung
5 1 5 1 5 1
¼
2
 ) x1 ¼ þ ¼ 3; x2 ¼  ¼ 2
2 2 2 2 2
 < 0 gibt es keine reelle Lösung,
(x1 ¼ x2 ), und für D
4. 9x2 þ 18x  9 ¼ 0 ðallgemeine FormÞ sondern zwei konjugiert komplexe Lösungen x1
x2  2x þ 1 ¼ 0 ðNormalformÞ und x2 .
p2 4
p ¼ 2; q ¼ 1 ) D ¼ q ¼ 1¼ 0
4 4 & Beispiel:
D ¼ 0 ) Doppellösung x1 ¼ x2 2. 3x2  18x þ 42 ¼ 0
2 a ¼ 3; b ¼ 18; c ¼ 42 ) D ¼ ð18Þ2  4  3  42
Lösung: x1 ¼ x2 ¼  ¼1
2 ¼ 324  504 ¼ 180 < 0
5. 3x2  36x þ 120 ¼ 0 (allgemeine Form)  < 0 ) zwei konjugiert komplexe Lösungen
D
x2  12x þ 40 ¼ 0 (Normalform)
p2 ð12Þ2 Lösungen:
p ¼ 12; q ¼ 40 ) D ¼ q¼  40 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffi
4 4 1 1
144 16 x1; 2 ¼ ð18  180 Þ ¼ ð18  36  ð5Þ Þ ¼ 3  5
¼  40 ¼  ¼ 4 6
pffiffiffi
6
pffiffiffi
4 4
D < 0 ) zwei konjugiert komplexe Lösungen ) x1 ¼ 3 þ 5 j; x2 ¼ 3  5 j
12 pffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffi
Lösungen: x1; 2 ¼   4 ¼ 6  4
pffiffiffiffiffiffiffi 2 5.2.4 Zerlegung in Linearfaktoren
¼ 6  2 1 ¼ 6  2j ) x1 ¼ 6 þ 2j; x2 ¼ 6  2j
Sind x1 und x2 die (nicht unbedingt verschiedenen)
Lösungen der quadratischen Gleichung ax2 þ bx
5.2.3 Allgemeine Form
þ c ¼ 0; a 6¼ 0, dann kann der quadratische Aus-
Die Lösungen der allgemeinen Form ax2 þ bx þ c druck in Linearfaktoren zerlegt werden.
b c
¼ 0 erhält man durch Setzen von p ¼ ; q ¼ in
a a ax2 þ bx þ c ¼ aðx  x1 Þ ðx  x2 Þ ¼ 0
der ðp; qÞ-Formel.
Allgemeine Form:
Die Faktoren x  x1 und x  x2 heißen linear, weil
Gleichung: ax2 þ bx þ c ¼ 0; a 6¼ 0 die Variable x nur in erster Potenz, also linear auf-
.. 1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi tritt.
Losungen: x1 ¼ ðb þ b2  4acÞ; Da ein Produkt genau dann gleich 0 ist, wenn min-
2a
1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi destens einer der Faktoren gleich 0 ist, ergeben sich
x2 ¼ ðb  b2  4acÞ auch hieraus wieder die Lösungen x1 und x2 .
2a
Man nennt aðx  x1 Þ ðx  x2 Þ ¼ 0 auch Produktform
der quadratischen Gleichung.
& Beispiel:
1. 2x2  10x þ 12 ¼ 0 & Beispiele:
a ¼ 2; b ¼ 10; c ¼ 12 1. 2x2  6x ¼ 0
Lösungen: Zerlegung in Linearfaktoren: 2x2  6x ¼ 2xðx  3Þ ¼ 0
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 
1  Lösungen: x1 ¼ 0; x2 ¼ 3
x1 ¼  ð10Þ þ ð10Þ2  4  2  12 2. x2  x  6 ¼ 0
4 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 1 Zerlegung in Linearfaktoren: x2  x  6 ¼ ðx  3Þ ðx þ 2Þ ¼ 0
¼ ð10 þ 100  96 Þ ¼ ð10 þ 2Þ ¼ 3;
4 4 Lösungen: x1 ¼ 3 (denn x  3 ¼ 0 für x ¼ 3),
1
x2 ¼ ð10  2Þ ¼ 2 x2 ¼ 2 (denn x þ 2 ¼ 0 für x ¼ 2)
4
..
Den Radikanden in der Lösungsformel nennt man 5.3 Satz von Vieta
die Diskriminante D der allgemeinen Form der qua- für quadratische Gleichungen
dratischen Gleichung. Die Produktform der quadratischen Gleichung
x2 þ px þ q ¼ 0 in Normalform lautet
Diskriminante der allgemeinen Form
ðx  x1 Þ ðx  x2 Þ ¼ 0. Ausmultiplizieren und Vergleich
ergibt
 ¼ b2  4ac
D ðx  x1 Þ ðx  x2 Þ ¼ 0
x2  xx2  x1 x þ x1 x2 ¼ 0
Die Lösungen der allgemeinen Form lassen sich x2  ðx1 þ x2 Þ x þ x1 x2 ¼ 0
auch mit Hilfe der Diskriminante schreiben. x2 þ px þ q ¼ 0
30 Mathematik

also die Beziehungen p ¼ ðx1 þ x2 Þ; q ¼ x1 x2 . Der Man nennt dies Produktform der kubischen Glei-
Koeffizient p von x ist somit gleich der negativen Sum- chung oder Zerlegung in Linearfaktoren.
me der beiden Lösungen, das Absolutglied q der qua- Ist t ¼ 0 in der Normalform (für die allgemeine
dratischen Gleichung ist gleich dem Produkt der Lö- Form ist die Methode ganz analog), also x3 þ rx2
sungen. Diese Beziehungen nennt man den Satz von þ sx ¼ 0, dann erhält man durch Ausklammern von
Vie€ta für quadratische Gleichungen (nach dem franzö- x die Gleichung xðx2 þ rx þ sÞ ¼ 0. Neben der reel-
sischen Mathematiker François Vie€ta, 1540––1603). len Lösung x1 ¼ 0 sind die Wurzeln der quadrati-
schen Gleichung x2 þ rx þ s ¼ 0 die weiteren Lösun-
Satz von Vie€ta p ¼ ðx1 þ x2 Þ ; q ¼ x1 x2 gen.
Sonderfall t ¼ 0:
& Beispiele:
1. Die quadratische Gleichung x2  5x þ 6 ¼ 0 mit p ¼ 5;
q ¼ 6 hat die Lösungen x1 ¼ 3; x2 ¼ 2. Es gilt: Gleichung: x3 þ rx2 þ sx ¼ 0
p ¼ 5 ¼ ð3 þ 2Þ ¼ ðx1 þ x2 Þ; q ¼ 6 ¼ 3  2 ¼ x1 x2 rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2. Die quadratische Gleichung x2  12x þ 40 ¼ 0 mit p ¼ 12; .. r r2
Losungen: x1 ¼ 0; x2 ¼  þ  s;
q ¼ 40 hat die Lösungen x1 ¼ 6 þ 2j; x2 ¼ 6  2j (siehe 2 4
oben). Es gilt: rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
p ¼ 12 ¼ ð6 þ 2j þ 6  2jÞ ¼ ðx1 þ x2 Þ; r r2
x3 ¼   s
q ¼ 40 ¼ 36 þ 4 ¼ 36  4j2 ¼ ð6 þ 2jÞ ð6  2jÞ ¼ x1 x2 2 4
3. Welche quadratische Gleichung hat die Lösungen x1 ¼ 5 und
x2 ¼ 3?
Nach dem Satz von Vi€eta folgt: Fehlerwarnung: Durch Division durch x geht die Lö-
p ¼ ðx1 þ x2 Þ ¼ ð5  3Þ ¼ 2; q ¼ x1 x2 ¼ 5  ð3Þ ¼ 15 sung x ¼ 0 verloren!
Antwort: Die Normalform der gesuchten quadratischen Glei-
chung ist
x2  2x  15 ¼ 0 & Beispiel:
1. x3  x2  2x ¼ 0
Hinweis: Der Satz von Vie€ta läßt sich auch für die Ausklammern von x: xðx2  x  2Þ ¼ 0
Probe anwenden! Erste Lösung: x1 ¼ 0
Die quadratische Gleichung x2  x  2 ¼ 0 hat die Lösungen
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 1 1 3
6 Algebraische Gleichungen x2; 3 ¼    ð2Þ ¼  ;
2 4 2 2
höheren Grades also x2 ¼ 2; x3 ¼ 1
Lösungen der kubischen Gleichung x3  x2  2x ¼ 0 somit:
6.1 Kubische Gleichungen x1 ¼ 0; x2 ¼ 2; x3 ¼ 1

Die allgemeine Form einer kubischen Gleichung lautet


Ist eine Lösung x1 von x3 þ rx2 þ sx þ t ¼ 0 be-
Allgemeine Form ax þ bx þ cx þ d ¼ 0 ; a 6¼ 0
3 2 kannt, dann läßt sich die kubische Gleichung durch
Abspalten des Faktors x  x1 reduzieren (auch diese
Die Normalform erhält man aus der allgemeinen Methode läßt sich für die allgemeine Form anwen-
Form durch Division durch a 6¼ 0 und Setzen von den).
b c d
¼ r; ¼ s; ¼ t.
a a a x3 þ rx2 þ sx þ t ¼ ðx  x1 Þ ðx2 þ ux þ vÞ ¼ 0

Normalform x3 þ rx2 þ sx þ t ¼ 0
Dividiert man die linke Seite x3 þ rx2 þ sx þ t der
Dabei sind a; b; c; d und somit auch r; s; t reelle kubischen Gleichung durch x  x1 , so erhält man
(oder komplexe) Koeffizienten. einen quadratischen Term x2 þ ux þ v. Die Wurzeln
„Kubisch“ bedeutet, daß die Variable x in keiner von x2 þ ux þ v ¼ 0 sind auch Lösungen der kubi-
höheren als der dritten Potenz vorkommt. Deshalb schen Gleichung.
nennt man kubische Gleichungen auch Gleichungen Diese Methode heißt Reduktionsmethode, und die
dritten Grades. dabei durchgeführte Division nennt man Polynom-
Mit Hilfe der sogenannten Cardanischen Formel las- division (vgl. auch nächsten Abschnitt).
sen sich die Lösungen exakt berechnen. Es gibt ent- Lösung x1 bekannt:
weder drei reelle Lösungen oder eine reelle Lösung
und zwei konjugiert komplexe Lösungen. Gleichung: x3 þ rx2 þ sx þ t
In Spezialfällen führen oftmals einfachere Methoden ¼ ðx  x1 Þ ðx2 þ ux þ vÞ ¼ 0
zum Ziel. rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Sind x1 ; x2 ; x3 die Lösungen der kubischen Glei- .. u u2
Losungen: x1 ; x2 ¼  þ  v;
chung ax3 þ bx2 þ cx þ d ¼ 0, dann gilt 2 4
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
u u2
ax3 þ bx2 þ cxþ d ¼ aðx x1 Þ ðx x2 Þðx x3 Þ ¼ 0 x3 ¼   v
2 4
II Gleichungen 31

& Beispiele: dieren von Dezimalzahlen. Dabei wird zuerst die


2. x3  6x2  x þ 6 ¼ 0
Eine Lösung dieser kubischen Gleichung ist x1 ¼ 1 (erhält
höchste Potenz von x des Dividenden durch die
man durch Probieren). höchste Potenz von x des Divisors geteilt.
Division von x3  6x2  x þ 6 durch x  1: Ist der Quotient der Polynomdivision wieder ein Po-
ðx3  6x2  x þ 6Þ : ðx  1Þ ¼ x2  5x  6 Pn ðxÞ
 ðx3  x2 Þ
lynom, gilt also ¼ Pk ðxÞ mit einem Polynom
Pm ðxÞ
 5x2  x Pk ðxÞ, dann heißt Pm ðxÞ Faktor des Polynoms Pn ðxÞ
 ð 5x2 þ 5xÞ
 6x þ 6
oder genauer Faktor m-ten Grades (und Pk ðxÞ ist
ð 6x þ 6Þ ein Faktor k-ten Grades von Pn ðxÞ).
0 Für m ¼ 1 heißt Pm ðxÞ linearer Faktor, für m ¼ 2
Die Lösungen der quadratischen Gleichung x2  5x  6 ¼ 0 quadratischer Faktor und für m ¼ 3 kubischer Fak-
sind x2 ¼ 6; x3 ¼ 1.
tor von Pn ðxÞ.
Lösungen der kubischen Gleichung x3  6x2  x þ 6 ¼ 0 so-
mit: & Beispiele zur Polynomdivision:
x1 ¼ 1; x2 ¼ 6; x3 ¼ 1 1. P3 ðxÞ ¼ x3  6x2  x þ 6 ¼ 0; P1 ðxÞ ¼ x  1
3. 4x3  12x2 þ 11x  3 ¼ 0 ðx3  6x2  x þ 6Þ : ðx  1Þ ¼ x2  5x  6
Eine Lösung dieser Gleichung ist x1 ¼ 1 (Probieren!). ðx3  x2 Þ
Division von 4x3  12x2 þ 11x  3 durch x  1:  5x2  x
ð4x3  12x2 þ 11x  3Þ : ðx  1Þ ¼ 4x2  8x þ 3 ð 5x2 þ 5xÞ
ð4x3  4x2 Þ  6x þ 6
 8x2 þ 11x ð 6x þ 6Þ
ð 8x2 þ 8xÞ 0
3x  3 Es gilt somit:
ð 3x  3Þ P3 ðxÞ x3  6x2  x þ 6
¼ ¼ x2  5x  6 ¼ P2 ðxÞ
0 P1 ðxÞ x1
Die Lösungen der quadratischen Gleichung 4x2  8x þ 3 ¼ 0 P1 ðxÞ ¼ x  1 ist also ein linearer Faktor und P2 ðxÞ ¼ x2
3 1 5x  6 ein quadratischer Faktor von P3 ðxÞ ¼ x3  6x2  x þ 6.
sind x2 ¼ ; x3 ¼ .
2 2 2. P3 ðxÞ ¼ 4x3  12x2 þ 11x  3; P1 ðxÞ ¼ x  1
Lösungen der kubischen Gleichung x3  6x2  x þ 6 ¼ 0 so-
mit: ð4x3  12x2 þ 11x  3Þ : ðx  1Þ ¼ 4x2  8x þ 3
3
x1 ¼ 1; x2 ¼ ; x3 ¼
1 ð4x3  4x2 Þ
2 2  8x2 þ 11x
ð 8x2 þ 8xÞ
6.2 Polynomdivision 3x  3
ð 3x  3Þ
Ein Ausdruck der folgenden Form mit a0 ; a1 ; 0
a2 ; . . . ; an  1 ; an 2 R; an 6¼ 0; n 2 N* heißt Polynom Es gilt P3 ðxÞ ¼ 4x3  12x2 þ 11x  3 ¼ ðx  1Þ ð4x2  8x þ 3Þ
in x. ¼ P1 ðxÞ  P2 ðxÞ.
P1 ðxÞ ¼ x  1 ist ein linearer Faktor, P2 ðxÞ ¼ 4x2  8x þ 3 ist
Polynom ein quadratischer Faktor von P3 ðxÞ ¼ 4x3  12x2 þ 11x  3.
3. P4 ðxÞ ¼ 3x4  10x3 þ 22x2  24x þ 10; P2 ðxÞ ¼ x2  2x þ 3
Pn ðxÞ ¼ an xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x þ a0 ð3x4  10x3 þ 22x2  24x þ 10Þ : ðx2  2x þ 3Þ ¼ 3x2  4x þ 5
ð3x4  6x3 þ 9x2 Þ
Pn
¼ ak xk  4x3 þ 13x2  24x
k¼0 ð 4x3 þ 8x2  12xÞ
5x2  12x þ 10
ð 5x2  10x þ 15Þ
Das x in Klammern hinter Pn weist darauf hin, daß  2x  5
x die Variable ist. Die Koeffizienten a0 ; a1 ; a2 ; Es gilt somit:
. . . ; an  1 ; an dürfen dabei beliebige reelle (oder ð3x  10x þ 22x  24x þ 10Þ : ðx2  2x þ 3Þ
4 3 2
2x  5
auch komplexe) Zahlen sein. ¼ 3x2  4x þ 5 þ 2
x  2x þ 3
Ein Polynom ist also die linke Seite der allgemeinen Also ist P2 ðxÞ ¼ x2  2x þ 3 kein Faktor von P4 ðxÞ ¼ 3x4
Form einer algebraischen Gleichung. 10x3 þ 22x2  24x þ 10:

Ist dabei xn die höchste auftretende Potenz der Va- Eine Zahl x0 heißt Nullstelle des Polynoms Pn ðxÞ,
riablen x, so hat das Polynom den Grad n. wenn Pn ðx0 Þ ¼ 0 gilt. Das Polynom Pn ðxÞ läßt sich
Zwei Polynome sind gleich, wenn sie vom gleichen dann durch x  x0 dividieren, x  x0 ist also ein linearer
Grad sind und die entsprechenden Koeffizienten Faktor von Pn ðxÞ. Es gibt dann ein Polynom ðn  1Þ-
übereinstimmen. ten Grades Pn  1 ðxÞ mit Pn ðxÞ ¼ ðx  x0 Þ  Pn  1 ðxÞ.
& Beispiele für Polynome: Findet man eine Zerlegung Pn ðxÞ ¼ ðx  x0 Þm  Pk ðxÞ;
1. x3  6x2  x þ 6 (Polynom vom Grad 3) wobei Pk ðxÞ ein Polynom mit Pk ðx0 Þ ¼ 6 0 ist, dann
2. x  1 (Polynom vom Grad 1) heißt x0 eine m-fache Nullstelle von Pn ðxÞ, oder m
1 4
3. x5  x þ 2x  3 (Polynom vom Grad 5) heißt Vielfachheit der Nullstelle x0.
3
1
4. 0;34x9  24;3x6 þ 22x5  x4 þ 11 (Polynom vom Grad 9)
3
5. x27 þ 3 (Polynom vom Grad 27) Pn ðxÞ ¼ ðx  x0 Þm  Pk ðxÞ

Die Division zweier Polynome Pn ðxÞ und Pm ðxÞ mit Ist x0 eine reelle Zahl, dann nennt man x0 eine re-
n  m verläuft ganz analog dem schriftlichen Divi- elle Nullstelle des Polynoms.
32 Mathematik

& Beispiele: Ist eine Lösung x1 von x4 þ rx3 þ sx2 þ tx þ u ¼ 0 be-


1. P3 ðxÞ ¼ x3  3x2 þ x  3 ¼ ðx  3Þ ðx2 þ 1Þ ¼ ðx  3Þ P2 ðxÞ
Wegen P2 ð3Þ ¼6 0 ist x0 ¼ 3 eine einfache Nullstelle des Poly-
kannt, dann läßt sich die Gleichung durch Abspalten
noms P3 ðxÞ ¼ x3  3x2 þ x  3: des Faktors x  x1 durch Polynomdivision reduzieren
2. P3 ðxÞ ¼ x  3x2 þ 3x  1 ¼ ðx  1Þ3
3
(diese sogenannte Reduktionsmethode läßt sich auch
Somit ist x0 ¼ 1 eine dreifache Nullstelle des Polynoms wieder für die allgemeine Form anwenden):
P3 ðxÞ ¼ x3  3x2 þ 3x  1:
3. P3 ðxÞ ¼ x3  3x þ 2 ¼ ðx  1Þ2 ðx þ 2Þ
Es ist also x0 ¼ 1 eine doppelte Nullstelle und x1 ¼ 2 eine x4 þ rx3 þ sx2 þ tx þ u
einfache Nullstelle von P3 ðxÞ ¼ x3  3x þ 2:
¼ ðx  x1 Þ ðx3 þ kx2 þ lx þ mÞ ¼ 0
6.3 Gleichungen vierten Grades
Die allgemeine Form einer Gleichung vierten Gra- Die Wurzeln der kubischen Gleichung x3 þ kx2 þ lx
des lautet þ m ¼ 0 sind auch Lösungen der Gleichung vierten
Grades x4 þ rx3 þ sx2 þ tx þ u ¼ 0.
ax4 þ bx3 þ cx2 þ dx þ e ¼ 0 ;
Allgemeine Form
a 6¼ 0 & Beispiele:
2. x4  7x3 þ 5x2 þ 7x  6 ¼ 0
Durch Probieren findet man die Lösung x1 ¼ 1.
Die Normalform erhält man aus der allgemeinen
Polynomdivision ergibt:
Form durch Division durch a 6¼ 0 und Setzen von
ðx4  7x3 þ 5x2 þ 7x  6Þ : ðx  1Þ ¼ x3  6x2  x þ 6
b c d e
¼ r; ¼ s; ¼ t; ¼ u. ðx4  x3 Þ
a a a a  6x3 þ 5x2
ð 6x3 þ 6x2 Þ
Normalform x4 þ rx3 þ sx2 þ tx þ u ¼ 0  x2 þ 7x
ð x2 þ xÞ
6x  6
Dabei sind a; b; c; d; e und somit auch r; s; t; u re- ð 6x  6Þ
elle (oder komplexe) Koeffizienten. 0
Auch für die Gleichungen vierten Grades existiert Die kubische Gleichung x3  6x2  x þ 6 ¼ 0 hat die Lösungen
eine allgemeine Lösungsformel. Diese ist aber noch x2 ¼ 1; x3 ¼ 6; x4 ¼ 1 (vgl. Beispiel 2 im Abschnitt II.6.1).
Lösungen der Gleichung vierten Grades x4  7x3 þ 5x2 þ 7x
wesentlich komplizierter als die für die kubischen
 6 ¼ 0 somit: x1 ¼ x2 ¼ 1; x3 ¼ 6; x4 ¼ 1
Gleichungen und wird deshalb hier weggelassen. 3. 4x4  8x3  x2 þ 8x  3 ¼ 0
Eine Gleichung vierten Grades muß nicht unbedingt Durch Probieren erhält man die Lösung x1 ¼ 1.
eine reelle Lösung besitzen. Im Bereich der komple- Polynomdivision von 4x4  8x3  x2 þ 8x  3 durch x þ 1 er-
gibt:
xen Zahlen gibt es jedoch vier Lösungen. Dabei
ð4x4  8x3  x2 þ 8x  3Þ : ðx þ1Þ ¼ 4x3 12x2 þ 11x3
können Doppellösungen vorkommen. Komplexe Lö-
ð4x4 þ 4x3 Þ
sungen treten paarweise als konjugiert komplexe 12x3  x2
Zahlen auf. ð12x3  12x2 Þ
In Spezialfällen führen manchmal einfachere Metho- 11x2 þ 8x
ð11x2 þ 11xÞ
den zum Ziel.
 3x  3
Sind x1 ; x2 ; x3 ; x4 die Lösungen der Gleichung vier- ð 3x  3Þ
ten Grades ax4 þ bx3 þ cx2 þ dx þ e ¼ 0, dann gilt 0
Die kubische Gleichung 4x3  12x2 þ 11x  3 ¼ 0 hat die Lö-
3 1
ax4 þ bx3 þ cx2 þ dx þ e sungen x2 ¼ 1; x3 ¼ ; x4 ¼ (vgl. Beispiel 3 im Abschnitt
2 2
II.6.1).
¼ aðx  x1 Þ ðx  x2 Þ ðx  x3 Þ ðx  x4 Þ ¼ 0 Lösungen der Gleichung vierten Grades 4x4  8x3  x2 þ 8x
3 1
3 ¼ 0 somit: x1 ¼ 1; x2 ¼ 1; x3 ¼ ; x4 ¼
2 2
Man nennt dies wieder Produktform oder Zerlegung
in Linearfaktoren. Sind in einer Gleichung vierten Grades die Koeffizi-
Ist u ¼ 0 in der Normalform (für die allgemeine enten von x3 und x gleich Null, dann heißt sie bi-
Form ist die Methode analog), also x4 þ rx3 þ sx2 quadratische Gleichung: ax4 þ cx2 þ e ¼ 0; a 6¼ 0
þ tx ¼ 0, dann erhält man durch Ausklammern von (allgemeine Form) oder x4 þ sx2 þ u ¼ 0 (Normal-
x die Gleichung xðx3 þ rx2 þ sx þ tÞ ¼ 0. Eine Lö- form).
sung ist x1 ¼ 0, die weiteren Lösungen sind die Eine Substitution ist die Ersetzung eines algebrai-
Wurzeln der kubischen Gleichung x3 þ rx2 þ sx þ t schen Ausdrucks durch einen anderen. Bei kom-
¼ 0. plizierten Gleichungen können oftmals mit Hilfe
&
einer geeigneten Substitution Lösungen gefunden
Beispiel:
1. x4  6x3  x2 þ 6x ¼ 0 werden.
Ausklammern von x: xðx3  6x2  x þ 6Þ ¼ 0 Mit Hilfe der Substitution x2 ¼ z wird aus einer bi-
Erste Lösung: x1 ¼ 0 quadratischen Gleichung eine quadratische Glei-
Die kubische Gleichung x3  6x2  x þ 6 ¼ 0 hat die Lösungen
chung mit der Variablen z: az2 þ cz þ e ¼ 0 oder
x2 ¼ 1; x3 ¼ 6; x4 ¼ 1 (vgl. Beispiel 2 im Abschnitt II.6.1).
Lösungen der Gleichung vierten Grades x4  6x3  x2 þ 6x z2 þ sz þ u ¼ 0. Aus deren Lösungen z1 ; z2 erhält
¼ 0 somit: x1 ¼ 0; x2 ¼ 1; x3 ¼ 6; x4 ¼ 1 man die Lösungen der biquadratischen Gleichung
II Gleichungen 33

pffiffiffiffiffi
durch Radizieren (Wurzelziehen): x1; 2 ¼  z1 ; x3; 4 sich dann die Lösungen außer in Spezialfällen nicht
pffiffiffiffiffi
¼  z2 . mehr exakt berechnen, man muß sich mit sogenann-
Biquadratische Gleichung ten Näherungslösungen begnügen. Besonders bei
der Behandlung praktischer Probleme werden ver-
schiedene Näherungsverfahren verwendet (wie zum
Gleichung (Normalform): x4 þ sx2 þ u ¼ 0
Beispiel Regula falsi oder Newtonsches Verfahren,
Substitution x2 ¼ z : z2 þ r þu¼0
sz ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
vgl. Abschnitt VIII.4.12).
.. s s2 In Spezialfällen führen die für Gleichungen dritten
Losungen: z1; 2 ¼   u
.. 2 4 und vierten Grades vorgeführten Methoden wie
Losungen der biquadratischen Gleichung:
pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi zum Beispiel die Reduktionsmethode jedoch zu Lö-
x1; 2 ¼  z1 ; x3; 4 ¼  z2
sungen.
Ist x1 eine Lösung der Gleichung an xn þ an  1 xn  1
& Beispiele:
4. 2x4  6x2 þ 4 ¼ 0
þ an  2 xn  2 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x þ a0 ¼ 0, dann gilt
Division durch 2 ergibt die Normalform: x4  3x2 þ 2 ¼ 0
Substitution x2 ¼ z ergibt eine quadratische Gleichung in z: an xn þ an  1 xn  1 þ an  2 xn  2 þ . . . þ a2 x2
z2  3z þ 2 ¼ 0
Lösungen der quadratischen Gleichung: z1 ¼ 1; z2 ¼ 2 þ a1 x þ a0 ¼ ðx x1 Þ ðcn  1 xn  1 þ cn  2 xn  2
Lösungen der
pffiffiffiffiffi pffiffiffi
biquadratischen Gleichung durch Radizieren:
pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi pffiffiffi þ . . . þ c2 x2 þ c1 x þ c0 Þ ¼ 0
x1 ¼ z1 ¼ 1 p ffi x2 ¼  z1 ¼ 1; x3 ¼ z2 ¼ 2;
¼ ffiffi1;
pffiffiffiffiffi
x4 ¼  z2 ¼  2
5. x4 þ 2x2  15 ¼ 0 mit cn  1 ¼ an . Die weiteren Lösungen der Glei-
Substitution x2 ¼ z ergibt eine quadratische Gleichung in z: chung n-ten Grades an xn þ an  1 xn  1 þ an  2 xn  2
z2 þ 2z  15 ¼ 0 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x þ a0 ¼ 0 sind die Lösungen der
Lösungen der quadratischen Gleichung: z1 ¼ 3; z2 ¼ 5
Lösungen der biquadratischen Gleichung durch Radizieren:
Gleichung ðn  1Þ-ten Grades cn  1 xn  1 þ cn  2 xn  2
pffiffiffiffiffi pffiffiffi pffiffiffiffiffi pffiffiffi pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi
þ . . . þ c2 x2 þ c1 x þ c0 ¼ 0. Der Grad der zu lösen-
x1 ¼ z1 ¼ 3; pxffiffiffiffiffiffi 2 ¼ ffi  zp 1 ffiffi¼
ffi  3; x3 ¼ z2 ¼ 5 ¼ j 5;
pffiffiffiffiffi
x4 ¼  z2 ¼  5 ¼ j 5 den Gleichung wird also um 1 reduziert.
6. x4  4x2  1 ¼ 0
Substitution x2 ¼ z ergibt eine quadratische Gleichung in z: & Beispiel:
z2  4z  1 ¼ 0 x6  6x5 þ 14x4  14x3 þ 5x2 ¼ 0
pffiffiffi
Lösungenpder Gleichung: z1 ¼ 2 þ 5; Sofort zu erkennen: x1 ¼ 0; x2 ¼ 0
ffiffiffi quadratischen
pffiffiffi
z2 ¼ 2  5 ¼ ð 5  2Þ Es folgt:
Lösungen der biquadratischen Gleichung durch Radizieren: x6  6x5 þ 14x4  14x3 þ 5x2 ¼ x2 ðx4  6x3 þ 14x2  14x þ 5Þ ¼ 0
pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi Durch Probieren:
x1 ¼ z1 ¼ 2 þ 5 ; x2 ¼  z1 ¼  2 þ 5 ;
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi x3 ¼ 1 ist Lösung von x4  6x3 þ 14x2  14x þ 5 ¼ 0
pffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi
x3 ¼ z2 ¼ ð 5  2Þ ¼ j 5  2; x4 ¼  z2 Polynomdivision:
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi pp ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffiffiffi ðx4  6x3 þ 14x2  14x þ 5Þ : ðx  1Þ ¼ x3  5x2 þ 9x  5
¼  ð 5  2Þ ¼ j 52
Es folgt:
x6  6x5 þ 14x4  14x3 þ 5x2 ¼ x2 ðx  1Þ ðx3  5x2 þ 9x  5Þ ¼ 0
Durch Probieren: x4 ¼ 1 ist Lösung von x3  5x2 þ 9x  5 ¼ 0
6.4 Gleichungen n-ten Grades Polynomdivision: ðx3  5x2 þ 9x  5Þ : ðx  1Þ ¼ x2  4x þ 5
Es folgt:
Die allgemeine Form einer Gleichung n-ten Grades x6  6x5 þ 14x4  14x3 þ 5x2 ¼ x2 ðx  1Þ2 ðx2  4x þ 5Þ ¼ 0
lautet Die quadratische Gleichung x2  4x þ 5 ¼ 0 hat die Lösungen
x5 ¼ 2 þ j; x6 ¼ 2  j
Es folgt:
an xn þ an  1 xn  1 þ an  2 xn  2 þ . . . þ a2 x2 x6  6x5 þ 14x4  14x3 þ 5x2 ¼ x2 ðx  1Þ2 ðx  2  jÞ ðx  2 þ jÞ ¼ 0
þ a1 x þ a0 ¼ 0 ; an 6¼ 0 Alle Lösungen von x6  6x5 þ 14x4  14x3 þ 5x2 ¼ 0 somit:
x1 ¼ x2 ¼ 0; x3 ¼ x4 ¼ 1; x5 ¼ 2 þ j; x6 ¼ 2  j

Die Normalform erhält man aus der allgemeinen 6.5 Satz von Vie€ta für Gleichungen
Form durch Division durch an 6¼ 0 und Setzen von n-ten Grades
ai
¼ bi ; i ¼ 0; 1; 2; . . . ; n  1. Wie für quadratische Gleichungen, so erhält man
an
auch für beliebige Gleichungen n-ten Grades durch
xn þ bn  1 xn  1 þ bn  2 xn  2 þ . . . Vergleich der Normalform und der Produktform
Normalform Beziehungen zwischen den Lösungen und den Ko-
þ b2 x2 þ b1 x þ b0 ¼ 0
effizienten der Potenzen von x in der Normalform.
Dabei sind an ; an  1 ; an  2 ; . . . ; a2 ; a1 ; a0 und bn  1 ; Ausmultiplizieren der Produktform, Gleichsetzen
bn  2 ; . . . ; b2 ; b1 ; b0 reelle (oder komplexe) Koeffi- mit der Normalform und Koeffizientenvergleich
zienten, und n ist eine von Null verschiedene natür- (das heißt, Vergleich der Koeffizienten von
liche Zahl. xn  1 ; xn  2 ; . . . ; x2 ; x1 ¼ x; x0 ¼ 1 auf beiden Seiten
Nur für n  4 (Gleichungen höchstens vierten Gra- der Gleichung) ergibt die folgenden Beziehungen,
des) gibt es allgemeine Lösungsformeln, in denen die als Satz von Vie€ta bezeichnet werden.
nur ineinander geschachtelte Wurzeln stehen. Für Kubische Gleichungen:
Gleichungen fünften und höheren Grades existieren Normalform: x3 þ b2 x2 þ b1 x þ b0 ¼ 0,
solche Lösungsformeln nicht. In der Regel lassen Lösungen: x1 ; x2 ; x3
34 Mathematik

Satz von Vie€ta: 7 Auf algebraische Gleichungen


b2 ¼ ðx1 þ x2 þ x3 Þ; b1 ¼ x1 x2 þ x1 x3 þ x2 x3 ;
zurückführbare Gleichungen
b0 ¼ x1 x2 x3
Gleichungen vierten Grades: 7.1 Bruchgleichungen
Normalform: x4 þ b3 x3 þ b2 x2 þ b1 x þ b0 ¼ 0, Bestimmungsgleichungen mit Bruchtermen, bei de-
Lösungen x1 ; x2 ; x3 ; x4 nen die Variable (auch) im Nenner auftritt, heißen
Satz von Vie€ta: Bruchgleichungen.
b3 ¼ ðx1 þ x2 þ x3 þ x4 Þ PðxÞ
Alle diese Bruchterme sind Quotienten , wo
b2 ¼ x1 x2 þ x1 x3 þ x1 x4 þ x2 x3 þ x2 x4 þ x3 x4 QðxÞ
b1 ¼ ðx1 x2 x3 þ x1 x2 x4 þ x1 x3 x4 þ x2 x3 x4 Þ PðxÞ und QðxÞ Polynome mit der gleichen Variablen x
b0 ¼ x1 x2 x3 x4 sind, also PðxÞ ¼ an xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x
þ a0 und QðxÞ ¼ bm xm þ bm  1 xm  1 þ . . . þ b2 x2
Gleichungen n-ten Grades:
þ b1 x þ b0 mit n  0; m  1 (vgl. Abschnitt II.6.2).
Normalform:
Multipliziert man eine solche Gleichung mit dem
xn þ bn  1 xn  1 þ bn  2 xn  2 þ . . . þ b2 x2 þ b1 x þ b0 ¼ 0
Hauptnenner aller auf beiden Seiten der Gleichung
Lösungen: x1 ; x2 ; x3 ; . . . ; xn
auftretenden Nenner durch, dann entsteht eine alge-
Satz von Vie€ta:
braische Gleichung (oder eine identische Glei-
bn  1 ¼ ðx1 þ x2 þ . . . þ xn Þ;
chung).
bn  2 ¼ x1 x2 þ x1 x3 þ . . . þ x1 xn þ x2 x3
Durch die Multiplikation mit dem Hauptnenner
þ x2 x4 þ . . . þ x2 xn þ . . . þ xn  1 xn ;
können Lösungen hinzukommen, es gehen aber
bn  3 ¼ ðx1 x2 x3 þ x1 x2 x4 þ . . . þ x1 x2 xn þ x1 x3 x4
keine Lösungen verloren. Deshalb ist es unbedingt
þ x1 x3 x5 þ . . . þ x1 x3 xn þ . . . þ x2 x3 x4
erforderlich, die Lösungen der erhaltenen algebrai-
þ x2 x3 x5 þ . . . þ x2 x3 xn þ x2 x4 x5 þ . . .
schen Gleichung in die Ausgangsgleichung einzuset-
þ xn  2 xn  1 xn Þ;
...................................................:: zen. Dadurch werden hinzugekommene Lösungen,
die nicht Lösungen der Ausgangsgleichung sind, aus-
b1 ¼ ð1Þn  1 ðx1 x2 x3 . . . xn  1 þ x1 x2 . . . xn  2 xn
gesondert, insbesondere solche Werte, für die ein
þ x1 x2 . . . xn  3 xn  1 xn þ . . . þ x1 x3 x4 . . . xn
Nenner der Ausgangsgleichung Null ist.
þ x2 x3 . . . xn Þ;
b0 ¼ ð1Þn x1 x2 x3 . . . xn & Beispiele:
xþ2 4x  1
1. ¼
2x  1 x
& Beispiele: Multiplikation mit dem Hauptnenner xð2x  1Þ :
1. Die kubische Gleichung x3  6x2  x þ 6 ¼ 0 (also b2 ¼ 6; ðx þ 2Þ x ¼ ð4x  1Þ ð2x  1Þ
b1 ¼ 1; b0 ¼ 6Þ hat die Lösungen x1 ¼ 1; x2 ¼ 6; x3 ¼ 1 Auflösen der Klammern: x2 þ 2x ¼ 8x2  4x  2x þ 1
(vgl. Beispiel 2 im Abschnitt II.6.1). Es gilt nach dem Satz Sortieren nach Potenzen von x : 7x2  8x þ 1 ¼ 0
von Vie€ta: Quadratische Gleichung in allgemeiner Form mit a ¼ 7;
b2 ¼ ðx1 þ x2 þ x3 Þ ¼ ð1 þ 6  1Þ ¼ 6; b ¼ 8; c ¼ 1 (vgl. Abschnitt II.5.2.3)
b1 ¼ x1 x2 þ x1 x3 þ x2 x3 ¼ 1  6 þ 1  ð1Þ þ 6  ð1Þ Lösungen:
¼ 6  1  6 ¼ 1; 1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 1
b0 ¼ x1 x2 x3 ¼ 1  6  ð1Þ ¼ ð6Þ ¼ 6 x1; 2 ¼ ð8  64  4  7  1Þ ¼ ð8  6Þ ) x1 ¼ 1; x2 ¼
14 14 7
2. Für die Gleichung vierten Grades x4  7x3 þ 5x2 þ 7x  6 ¼ 0 Einsetzen von x1 in die Ausgangsgleichung:
gilt: b3 ¼ 7; b2 ¼ 5; b1 ¼ 7; b0 ¼ 6.
1þ2 411
Die Gleichung hat die Lösungen x1 ¼ x2 ¼ 1; x3 ¼ 6; ¼ )3¼3
211 1
x4 ¼ 1 (vgl. Beispiel 2 im Abschnitt II.6.3).
Einsetzen von x2 in die Ausgangsgleichung:
Nach dem Satz von Vie €ta gilt: 1 1 15 3
b3 ¼ ðx1 þ x2 þ x3 þ x4 Þ ¼ ð1 þ 1 þ 6  1Þ ¼ 7 þ2 4 1 
7 ¼ 7 ) 7 ¼ 7 ) 3 ¼ 3
b2 ¼ x1 x2 þ x1 x3 þ x1 x4 þ x2 x3 þ x2 x4 þ x3 x4 1 1 5 1
2 1 
¼ 1  1 þ 1  6 þ 1  ð1Þ þ 1  6 þ 1  ð1Þ þ 6  ð1Þ 7 7 7 7
¼1þ61þ616¼5 Beide Werte sind also auch Lösungen der Ausgangsglei-
b1 ¼ ðx1 x2 x3 þ x1 x2 x4 þ x1 x3 x4 þ x2 x3 x4 Þ chung. 
¼ ð1  1  6 þ 1  1  ð1Þ þ 1  6  ð1Þ þ 1  6  ð1ÞÞ 1
Lösungsmenge: L ¼ ; 1
¼ ð6  1  6  6Þ ¼ 7 7
b0 ¼ x1 x2 x3 x4 ¼ 1  1  6  ð1Þ ¼ 6 2x þ 1 3x  5 2x þ 2x þ 18
2
2. þ ¼
3. Welche Normalform hat die kubische Gleichung mit den Lö- x3 xþ3 x2  9
1 1 Multiplikation mit dem Hauptnenner ðx  3Þðx þ 3Þ ¼ x2  9:
sungen x1 ¼ 2; x2 ¼  ; x3 ¼ ? ð2x þ 1Þ ðx þ 3Þ þ ð3x  5Þ ðx  3Þ ¼ 2x2 þ 2x þ 18
2 2
Normalform: x þ b2 x þ b1 x þ b0 ¼ 0
3 2 Auflösen der Klammern:
Nach dem Satz von Vie €tagilt: 2x2 þ 6x þ x þ 3 þ 3x2  9x  5x þ 15 ¼ 2x2 þ 2x þ 18

1 1 Sortieren nach Potenzen von x : 3x2  9x ¼ 0
b2 ¼ ðx1 þ x2 þ x3 Þ ¼  2  þ ¼2
2 2 Durch 3 dividieren und x ausklammern: xðx  3Þ ¼ 0
   
1 1 1 1 Die Lösungen dieser quadratischen Gleichung sind x1 ¼ 0;
b1 ¼ x1 x2 þ x1 x3 þ x2 x3 ¼ ð2Þ  þ ð2Þ þ 
2 2 2 2 x2 ¼ 3
1 1 Einsetzen von x1 in die Ausgangsgleichung:
¼11 ¼
4 4    1 5 18
b0 ¼ x1 x2 x3 ¼  ð2Þ 
1 1
¼
1 þ ¼ ) 2 ¼ 2
2 2 2 3 3 9
x2 ¼ 3 ist keine Lösung der Ausgangsgleichung, da für x ¼ 3
Die Normalform der kubischen Gleichung lautet somit
zwei der Nenner gleich 0 sind.
1 1
x3 þ 2x2  x  ¼ 0. Lösungsmenge: L ¼ f0g
4 2
II Gleichungen 35

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2x þ 3 4x þ 5 6x2 þ 6x  2 3. 11  x ¼ x þ 1
3. þ ¼
x1 xþ1 x2  1 Quadrieren ergibt 11  x ¼ x2 þ 2x þ 1, also die quadratische
Multiplikation mit dem Hauptnenner ðx  1Þ ðx þ 1Þ ¼ x2  1: 3
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi x þ 3x  10 ¼ 0, die die Lösungen x1; 2 ¼  2
2
Gleichung
ð2x þ 3Þ ðx þ 1Þ þ ð4x þ 5Þ ðx  1Þ ¼ 6x2 þ 6x  2 9
Auflösen der Klammern:  þ 10, also x1 ¼ 2 und x2 ¼ 5 hat.
4
2x2 þ 2x þ 3x þ 3 þ 4x2  4x þ 5x  5 ¼ 6x2 þ 6x  2 Die Probe zeigt, daß x1 die Wurzelgleichung erfüllt, x2 je-
Zusammenfassen: 6x2 þ 6x  2 ¼ 6x2 þ 6x  2 doch nicht.
Dies ist eine identische Gleichung, die für alle reellen x er- Lösungsmenge: L ¼ f2g
füllt ist. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
4. x þ 5 ¼ 2x þ 3 þ 1
Für x ¼ 1 und x ¼ 1 ist die Ausgangsgleichung nicht er-
Quadrieren der Gleichung ergibt
klärt, da Nenner gleich 0 sind. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
x þ 5 ¼ 2x þ 3 þ 2 2x þ 3 þ 1:
Lösungsmenge: L ¼ fx j x 2 R und x 6¼ 1; x 6¼ 1g
Durch Zusammenfassen und Isolieren der Wurzel erhält man
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
3 2 2x þ 1 x þ 1 ¼ 2 2x þ 3.
4.  ¼ 2
x1 x3 x  4x þ 3 Erneutes Quadrieren ergibt x2  2x þ 1 ¼ 4ð2x þ 3Þ und so-
Multiplikation mit dem Hauptnenner mit die quadratische Gleichung x2  10x  11 ¼p0.ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ðx  1Þ ðx  3Þ ¼ x2  4x þ 3: 3ðx  3Þ  2ðx  1Þ ¼ ð2x þ 1Þ Diese Gleichung hat die Lösungen x1; 2 ¼ 5  25 þ 11, also
Auflösen der Klammern: 3x  9  2x þ 2 ¼ 2x  1 x1 ¼ 11 und x2 ¼ 1:
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Sortieren nach Potenzen von x : 3x  6 ¼ 0 Einsetzen in die Ausgangsgleichung x þ 5 ¼ 2x þ 3 þ 1
Die Lösung dieser linearen Gleichung ist x ¼ 2. zeigt, daß x2 eine Lösung ist, x1 aber nicht.
Einsetzen in die Ausgangsgleichung: Lösungsmenge: L ¼ f1g
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
3 2 5 5. x þ 2 þ 2x þ 7 ¼ 4
 ¼ )5¼5 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 1 1 Quadrieren: x þ 2 þ 2x þ 7 ¼ 16
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Lösungsmenge: L ¼ f2g Wurzel isolieren: 2x þ 7 ¼ 14  x
Quadrieren: 2x þ 7 ¼ 196  28x þ x2
Sortieren nach Potenzen von x: x2  30x þ 189 ¼ 0
7.2 Wurzelgleichungen Lösungen dieser quadratischen
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Gleichung:
x1; 2 ¼ 15  225  189 ¼ 15  6 ) x1 p ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
21; x2 ¼ 9
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Bestimmungsgleichungen, bei denen die Variable Einsetzen pffiffiffiffiffivon x1 in Ausgangsgleichung: 21 þ 2 þ 2  21 þ 7
(auch) unter einer Wurzel vorkommt, heißen Wur- ¼ 4 ) 30 ¼ 4: unwahr! Somit ist x1 keine Lösung der Aus-
gangsgleichung. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
zelgleichungen. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Einsetzen von x2 in Ausgangsgleichung: 9 þ 2 þ 2  9 þ 7
ber die Existenz und die Anzahl von Lösungen ¼ 4 ) 4 ¼ 4: wahr, x2 ¼ 9 ist also Lösung.
bei Wurzelgleichungen lassen sich allgemein keine Lösungsmenge: L ¼ f9g
p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Aussagen machen. Ziel für die Bestimmung der Lö- 6. 3
xþ2¼3
sungen ist es, die in der Gleichung auftretenden In die 3. Potenz erheben: x þ 2 ¼ 33 ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 27 ) x ¼ 25

p
Einsetzen in die Ausgangsgleichung: 3 25 þ 2 ¼ 3 ) 3 ¼ 3
Wurzeln zu beseitigen und die Gleichung in eine al- Lösungsmenge: L ¼ f25g
gebraische Gleichung zu überführen. p3
ffiffiffiffiffi pffiffiffi
7. x þ 5 x2  22 3 x þ 16 ¼ 0
Oftmals gelingt es, die Wurzeln zu isolieren (das Umformung der Wurzelexponenten: x þ 5x3  22x3 þ 16 ¼ 0
2 1

heißt, die Gleichung so umzuformen, daß die Wur- Durch Potenzieren lassen sich die Wurzeln nicht beseitigen,
pffiffiffi 1
zel allein auf einer Seite der Gleichung steht) und statt dessen Substitution: z ¼ 3 x ¼ x 3
Es folgt: z3 þ 5z2  22z þ 16 ¼ 0
dann beide Seiten der Gleichung in die entspre- Durch Probieren erhält man die Lösung z ¼ 1 dieser kubi-
chende Potenz zu erheben. Viele Wurzelgleichungen schen Gleichung.
können auch schon durch ein- oder mehrmaliges Polynomdivision:
Quadrieren in eine algebraische Gleichung über- ðz3 þ 5z2  22z þ 16Þ : ðz  1Þ ¼ z2 þ 6z  16
Lösungen der quadratischen Gleichung z2 þ 6z  16 ¼ 0:
führt werden. pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
z2; 3 ¼ 3  9 þ 16 ¼ 3  5 ) z2 ¼ 2; z3 ¼ 8
Durch das Quadrieren oder allgemeiner durch das Substitutionsgleichung in die dritte Potenz erheben: x ¼ z3
Potenzieren können Lösungen hinzukommen, es ge- Einsetzen der Lösungen: x1 ¼ z31 ¼ 13 ¼ 1; x2 ¼ z32 ¼ 23 ¼ 8;
hen aber keine Lösungen verloren (Potenzieren ist x3 ¼ z33 ¼ ð8Þ3 ¼ 512
Einsetzen p ffiffiffiffiffi von p x1ffiffiffi in Ausgangsgleichung:
keine äquivalente Umformung!). Durch die Probe 3
1 þ 5 12  22 3 1 þ 16 ¼ 0 ) 1 þ 5  22 þ 16 ¼ 0 ) 0 ¼ 0
mit Einsetzen der gefundenen Lösungen in die Aus- Einsetzen p3
ffiffiffiffiffi von xp2 ffiffiin ffi Ausgangsgleichung:
gangsgleichung lassen sich diese zusätzlichen Werte 8 þ 5 82  22 3 8 þ 16 ¼ 0 ) 8 þ 20  44 þ 16 ¼ 0 ) 0 ¼ 0
aber leicht feststellen und aussortieren. Einsetzen von x3 in Ausgangsgleichung:
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
3 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
512 þ 5 ð512Þ2  22 3 512 þ 16 ¼ 0 ) 512 þ 5  64
& Beispiele: 22  ð8Þ þ 16 ¼ 0 ) 512 þ 320 þ176 þ 16 ¼ 0 ) 0 ¼ 0
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1. 11  x þ 3 ¼ 6 Lösungsmenge: L ¼ f512; 1; 8g
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Isolieren der Wurzel ergibt x þ 3 ¼ 11  6, also x þ 3 ¼ 5;
woraus man durch Quadrieren der Gleichung x þ 3 ¼ 25;
also x ¼ 22 erhält. 8 Transzendente Gleichungen
Einsetzen in die Ausgangsgleichung bestätigt x ¼ 22 als Lö-
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
sung: 11  22 þ 3 ¼ 6 8.1 Exponentialgleichungen
Lösungsmenge: L ¼ f22g
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Bestimmungsgleichungen, bei denen die Variable
2. 5 þ 9x2  65 ¼ 3x (auch) im Exponenten einer Potenz steht, heißen
Isolieren der Wurzel und Quadrieren der Gleichung ergibt
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Exponentialgleichungen.
9x2  65 ¼ 3x  5 ) 9x2  65 ¼ ð3x  5Þ2 ¼ 9x2  30x þ 25
Im allgemeinen lassen sich in Exponentialgleichun-
) 30x ¼ 90 ) x ¼ 3
Einsetzen in die Ausgangsgleichung ergibt x ¼ 3 als Lösung. gen die Lösungen nur durch Näherungsverfahren
Lösungsmenge: L ¼ f3g (siehe Abschnitt VIII.4.12) bestimmen. Tritt in einer
36 Mathematik

Exponentialgleichung die Variable jedoch nur in den 8.2 Logarithmische Gleichungen


Exponenten auf, so kann man sie oftmals lösen, und Bestimmungsgleichungen, bei denen die Variable
zwar (auch) im Argument eines Logarithmus vorkommt,
durch Umformung mit Hilfe der Potenzgesetze und heißen logarithmische Gleichungen.
anschließendes Logarithmieren zu einer beliebigen Einige dieser Gleichungen lassen sich mit Hilfe
Basis oder der Logarithmenrechnung auf die lösbare Form
durch berführung in eine algebraische Gleichung log a x ¼ b bringen. Die Lösung lautet dann x ¼ ab .
mit Hilfe einer geeigneten Substitution und anschlie- Spezielle logarithmische Gleichungen können mit
ßendem Logarithmieren. Hilfe einer geeigneten Substitution in eine algebrai-
Die Exponentialgleichung a  bx ¼ c geht durch Log- sche Gleichung umgewandelt werden.
arithmieren über in log a þ x  log b ¼ log c; woraus Tritt die Variable nicht nur im Argument von Log-
log c  log a arithmen auf, dann lassen sich die Lösungen von
sich für b 6¼ 1 die Lösung x ¼ ergibt. logarithmischen Gleichungen im allgemeinen nur
log b
durch Näherungsverfahren bestimmen (siehe Ab-
Die Exponentialgleichung an bnx þ an  1 bðn  1Þ x þ . . .
schnitt VIII.4.12).
þ a2 b2x þ a1 bx þ a0 ¼ 0 geht mit Hilfe der Substitu-
tion z ¼ bx über in die algebraische Gleichung & Beispiele:
an zn þ an  1 zn  1 þ . . . þ a2 z2 þ a1 zþ a0 ¼ 0: Ist z > 0 1. log7 ðx2 þ 19Þ ¼ 3
Durch Potenzieren ergibt sich 73 ¼ x2 þ 19, also x2 ¼ 324.
log z
eine reelle Lösung dieser Gleichung, so ist x ¼ Daraus erhält man die Lösungen x1 ¼ 18 und x2 ¼ 18.
log b Lösungsmenge: L ¼ f18; 18g
eine Lösung der Exponentialgleichung.
2. lg ð6x þ 10Þ  lg ðx  3Þ ¼ 1
6x þ 10 6x þ 10
& Beispiele: Es folgt lg ¼ 1 und durch Potenzieren
x3 x3
1. 3x ¼ 4x  2  2x ¼ 10 ¼ 10 und somit 6x þ 10 ¼ 10x  30; also 4x ¼ 40: Dar-
1
Logarithmieren zu einer beliebigen Basis ergibt aus ergibt sich x ¼ 10 als Lösung der logarithmischen Glei-
x log 3 ¼ ðx  2Þ log 4 þ x log 2. chung.
Auflösen nach x gibt die Lösung Lösungsmenge: L ¼ f10g

2 log 4
¼
4 log 2
2;826 780 3. lg ð11x  10Þ þ ½lg ð11x  10Þ2 ¼ 6
log 4  log 3 þ log 2 3 log 2  log 3 Durch die Substitution z ¼ lg ð11x  10Þ erhält man die qua-
Bei der letzten Umformung wurde log 4 ¼ 2 log 2 gesetzt. dratische Gleichung z2 þ z  6 ¼ 0 mit den Lösungen
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Lösungsmenge: L ¼ f2;826 780 . . .g 1 1
z1; 2 ¼   þ 6; also z1 ¼ 3 und z2 ¼ 2.
2. 5  6x ¼ 2x  7x 
  x
2 4
2 x 1 Durch Einsetzen dieser Werte in die Substitutionsgleichung
Durch Umformung ergibt sich ¼ ¼ 5;
76 21 ergeben sich die Lösungen x1 und x2 der logarithmischen
woraus man durch Logarithmieren die Lösung erhält: Ausgangsgleichung:
10z þ 10
log 5 log 5 z ¼ lg ð11x  10Þ ) 10z ¼ 11x  10 ) x ¼
x¼   ¼ 0; 528 634 3
10 þ 10 11
1  log 21 z1 ¼ 3 ) x1 ¼ ¼ 0;909 18
log 11
21
102 þ 10
z2 ¼ 2 ) x 2 ¼ ¼ 10
Lösungsmenge: L ¼ f0; 528 633 . . .g 11
Lösungsmenge: L ¼ f0;909 18; 10g
3. e2x þ 3 ¼ ex  4
Logarithmieren zur Basis e ergibt die Gleichheit der Expo-
nenten: 2x þ 3 ¼ x  4, woraus sich unmittelbar die Lösung 8.3 Trigonometrische Gleichungen
x ¼ 7 ergibt. Bestimmungsgleichungen, in denen die Variable
Lösungsmenge: L ¼ f7g
(auch) im Argument einer trigonometrischen
5 xþ1
4. 22x  2 þ6¼0 Funktion auftritt, heißen trigonometrische Glei-
2
Durch Umformung erhält man ð2x Þ2  5  2x þ 6 ¼ 0, und mit chungen oder goniometrische Gleichungen (siehe
der Substitution z ¼ 2x ergibt sich die quadratische Glei- Kapitel VI).
5
chung in z: z2  5z þ 6 ¼ 0, die die Lösungen z1; 2 ¼ Trigonometrische Gleichungen sind ebenfalls trans-
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2
25 zendente Gleichungen. Sie lassen sich nur in Spe-
  6; also z1 ¼ 2 und z2 ¼ 3 hat.
4
Durch Einsetzen dieser Werte in die Substitutionsgleichung er- zialfällen rechnerisch exakt lösen. Es existieren je-
geben sich die Lösungen x1 und x2 der Exponentialgleichung: doch stets Näherungsverfahren, mit deren Hilfe sich
log 3 die Lösungen mit beliebiger Genauigkeit angeben
2x1 ¼ z1 ¼ 2 ) x1 ¼ 1; 2x2 ¼ z2 ¼ 3 ) x2 ¼ 1;584 963
log 2
Lösungsmenge: L ¼ f1; 1;584 962 . . .g lassen (zum Beispiel Newtonsches Verfahren oder
5. 3x ¼ x þ 4 Regula falsi, vgl. Abschnitt VIII.4.12).
In dieser Gleichung steht x nicht nur im Exponenten, die
Gleichung läßt sich deshalb nur mit einem Näherungsverfah-
Tritt in der Gleichung nur eine trigonometrische
ren lösen. Funktion auf, so erhält man mit den Arkusfunktio-
Man setzt y ¼ 3x  x  4 und wendet etwa Regula falsi oder nen die Lösungen (vgl. Abschnitt VI.9). Auch für
das Newtonsche Verfahren an (vgl. Abschnitt VIII.4.12). Mit solche Gleichungen, in denen verschiedene trigono-
den Startwerten x1 ¼ 1;55; x2 ¼ 1;57 () y1 ¼ 0;0604 . . . ;
metrische Funktionen auftreten, die das gleiche Ar-
y2 ¼ 0;0415 . . .) erhält man zum Beispiel mit Regula falsi
(Sekantenverfahren) in zwei Schritten die Näherungslösung: gument haben, kann man oft mit Hilfe der Arkus-
x 1;561 919. funktionen die Lösungen berechnen. Die Lösungen
Lösungsmenge: L ¼ f1;561 918 . . .g können im Gradmaß oder im Bogenmaß angegeben
werden.
II Gleichungen 37

Die Probe durch Einsetzen der gefundenen Werte sungsmenge L der beiden Gleichungen ist L ¼
ist wichtig, weil beim Lösen in der Regel auch nicht- fð10; 3Þg (die Reihenfolge ist zu beachten!).
äquivalente Umformungen vorgenommen werden. Eine Gleichung in mehreren Variablen heißt linear,
Im allgemeinen sind trigonometrische Gleichungen wenn alle Variablen höchstens in der ersten Potenz
nicht eindeutig lösbar. auftreten und nicht miteinander multipliziert wer-
den. Die beiden Gleichungen des Beispiels sind
& Beispiele: lineare Gleichungen. Ein Gleichungssystem heißt
1. sin 2 x  1 ¼ 0;5
Man berechnet:
linear, wenn alle Gleichungen des Systems lineare
rffiffiffiffiffi
1 1 1 pffiffiffi Gleichungen sind.
sin 2 x ¼ ) sin x ¼  ¼ 2
2   2 2 Im allgemeinen ist die Bestimmung von Lösungen
1 pffiffiffi
) x ¼ arcsin  2 ¼ 45 oder sogar aller Lösungen eines Gleichungssystems
2
Wegen sin x ¼ sin ð180  xÞ und sin x ¼ sin ðx þ k  360 Þ sehr schwierig oder auch nicht möglich. Für lineare
ergibt sich als Lösungsmenge der trigonometrischen Glei-
Gleichungssysteme ist jedoch eine Methode entwik-
chung (im Gradmaß): L ¼ fx j x ¼ 45 þ k  180 ; k 2 Zg.
Die Probe in der Ausgangsgleichung bestätigt diese Werte. kelt worden, die alle Lösungen des Systems liefert.
2. sin 2 x þ 2 cos x ¼ 1;5 Ein lineares Gleichungssystem ist durch die Koeffizi-
Wegen sin 2 x þ cos2 x ¼ 1 ergibt sich 1  cos2 x þ 2 cos x enten der Variablen und durch die Absolutglieder
¼ 1;5 ) cos2 x  2 cos x þ 0;5 ¼ 0.
(die Terme, die die Variablen nicht enthalten) be-
Dies ist eine quadratische Gleichung in cos x. Mit der Substi-
tution z ¼ cos x ergibt sich die quadratische Gleichung stimmt.
1 pffiffiffi
z2  2z þ 0;5 ¼ 0 mit den Lösungen z ¼ cos x ¼ 1  2:
1 pffiffiffi 2
9.2 Zwei lineare Gleichungen
Wegen cos x  1 kommt cos x ¼ 1 þ 2 für eine Lösung
2 mit zwei Variablen
nicht in Betracht. Somit folgt  
1 pffiffiffi 1 pffiffiffi
cos x ¼ 1  2 ) x ¼ arccos 1  2 1;2735. Die allgemeine Form eines linearen Gleichungssy-
2 2
Wegen cos x ¼ cos ðxÞ und cos x ¼ cos ðx þ 2kpÞ ergibt sich stems mit zwei Gleichungen und zwei Variablen x; y
als Lösungsmenge der Ausgangsgleichung (im Bogenmaß):
L ¼ fx j x 1;2735 þ 2kp; k 2 Zg.
lautet:
Die Probe in der Ausgangsgleichung bestätigt diese Werte.
3. sin x þ cos x  0;9x ¼ 0 a1 x þ b1 y ¼ c1
Diese Gleichung ist nicht geschlossen lösbar. Eine Nähe-
rungslösung erhält man zum Beispiel mit Regula falsi (vgl. a2 x þ b2 y ¼ c2
Abschnitt VIII.4.12).
Man setzt y ¼ sin x þ cos x  0;9x und erhält mit den Start-
a1 ; a2 sind die Koeffizienten von x, die Koeffizienten
werten x1 ¼ 77 ; x2 ¼ 76;5 ð) y1 ¼ 0;0101 . . . ; y2 ¼ 0;0041. . .)
im ersten Schritt die Näherungslösung x 1;3378. von y sind b1 ; b2 , und c1 ; c2 sind die Absolutglieder
des Gleichungssystems.
Es gibt verschiedene Methoden, solche linearen
9 Lineare Gleichungssysteme Gleichungssysteme zu lösen. bliche Verfahren sind
das Einsetzungsverfahren (Substitutionsverfahren),
9.1 Definitionen das Additionsverfahren und das Gleichsetzungsver-
Die Schwierigkeiten beim Bestimmen der Lösungen fahren.
von Gleichungen werden noch größer, wenn nicht Einsetzungsverfahren
nur eine Variable aus einer Bestimmungsgleichung Beim Einsetzungsverfahren wird eine der beiden
errechnet werden soll, sondern wenn mehrere Va- Gleichungen nach einer der Variablen aufgelöst, und
riable mehrere Gleichungen gleichzeitig erfüllen sol- der entsprechende Term wird in die andere Glei-
len. Zum Beispiel sollen in den Gleichungen chung eingesetzt. Man erhält so eine lineare Glei-
x  2y ¼ 4 und 2x þ 5y ¼ 35 die Variablen x und y chung mit einer Variablen, die gelöst werden kann.
so berechnet werden, daß deren Werte beide Glei- Durch Einsetzen dieses Wertes in eine der beiden
chungen erfüllen. Ausgangsgleichungen ergibt sich eine lineare Glei-
Sollen m Gleichungen von n Variablen gleichzeitig chung mit der anderen Variablen, die daraus dann
erfüllt sein, so spricht man von einem System von auch berechnet werden kann.
m Gleichungen mit n Variablen. Ein solches Glei- Führt man das Verfahren mit der allgemeinen Form
chungssystem zu lösen, heißt, die Werte der Varia- des Gleichungssystems durch, so ergibt sich
blen zu bestimmen, die alle Gleichungen dieses Sy-
stems erfüllen. Eine Lösung eines Gleichungssystems b2 c 1  b 1 c 2 a1 c2  a2 c1
mit m Gleichungen und n Variablen besteht also aus x¼ ; y¼
a 1 b2  a 2 b1 a1 b2  a2 b1
n Werten, einem sogenannten n-Tupel (für jede Va-
riable ein Wert). So besteht eine Lösung eines Glei- Fallunterscheidung:
chungssystems mit zwei Variablen aus einem Paar
1. Ist der Nenner a1 b2  a2 b1 6¼ 0, so erhält man ge-
(2-Tupel) von Werten, ein Gleichungssystem mit
nau eine Lösung, und zwar das Zahlenpaar
drei Variablen hat ein Lösungstripel (3-Tupel). In  
dem Beispiel ist das Paar x ¼ 10; y ¼ 3 Lösung. b2 c 1  b 1 c 2 a1 c2  a2 c1
ðx; yÞ ¼ ; :
Man schreibt auch ðx; yÞ ¼ ð10; 3Þ, oder die Lö- a1 b2  a2 b1 a1 b2  a2 b1
38 Mathematik

2. Ist der Nenner a1 b2  a2 b1 ¼ 0, aber (mindestens) kann. Durch Einsetzen dieses Wertes in eine der
einer der Zähler b2 c1  b1 c2 oder a1 c2  a2 c1 un- beiden Ausgangsgleichungen ergibt sich eine lineare
gleich 0, so gibt es keine Lösung. Gleichung mit der anderen Variablen, die daraus
3. Ist der Nenner gleich 0, und sind außerdem bei- dann auch berechnet werden kann.
de Zähler gleich 0, so gibt es unendlich viele Lö-
&
sungen, und zwar jedes Paar ðx; yÞ, das die erste Beispiele:
3. (I) x þ y ¼ 1, (II) 2x þ y ¼ 4
gegebene Gleichung a1 x þ b1 y ¼ c1 und damit Multiplikation von (I) mit 2: (I0 ) 2x þ 2y ¼ 2
dann zugleich die zweite gegebene Gleichung Addition von (I0 ) und (II): y þ 2y ¼ 4 þ 2 ) 3y ¼ 6 ) y ¼ 2
a2 x þ b2 y ¼ c2 erfüllt. Einsetzen in (I) ) x ¼ 1
Lösung: ðx; yÞ ¼ ð1; 2Þ (oder Lösungsmenge: L ¼ fð1; 2Þg)
Der Graph (das Schaubild) zu jeder einzelnen ge- 4. (I) 2x þ 3y ¼ 8, (II) x þ 4y ¼ 9
gebenen Gleichung ist eine Gerade (vgl. Abschnitt Multiplikation von (II) mit 2: (II0 ) 2x  8y ¼ 18
V.4.2). Im ersten Fall ist das die Lösung bildende Addition von (I) und (II0 ): 3y  8y ¼ 8  18 ) 5y ¼ 10
)y¼2
Zahlenpaar das Koordinatenpaar des eindeutigen
Einsetzen in (I) ) x ¼ 1
Schnittpunktes der beiden Geraden. Im zweiten Fall Lösung: ðx; yÞ ¼ ð1; 2Þ
gibt es keine Lösung, die Graphen der beiden gege-
benen Gleichungen sind parallele Geraden (Paral- Gleichsetzungsverfahren
lelen haben keinen Schnittpunkt). Im dritten Fall Beim Gleichsetzungsverfahren löst man beide Glei-
gibt es unendlich viele Lösungen, die Graphen der chungen nach derselben Variablen (oder dem glei-
beiden gegebenen Gleichungen sind gleich, es han- chen Vielfachen einer Variablen) auf und setzt die
delt sich um ein und dieselbe Gerade. entsprechenden Terme gleich. Man erhält so eine
Wichtiger Hinweis: Man sollte stets die Probe in lineare Gleichung mit einer Variablen, die gelöst
den noch nicht umgeformten Ausgangsgleichungen werden kann. Durch Einsetzen dieses Wertes in eine
durchführen! der beiden Ausgangsgleichungen ergibt sich eine li-
neare Gleichung mit der anderen Variablen, die dar-
& Beispiele:
1. (I) x þ y ¼ 1, (II) 2x þ y ¼ 4
aus dann auch berechnet werden kann.
(I) ) y ¼ 1 þ x; Einsetzen in (II): 2x þ 1 þ x ¼ 4 ) 3x ¼ 3 & Beispiele:
)x¼1
5. (I) x þ y ¼ 1, (II) 2x þ y ¼ 4
Einsetzen in (I) ) y ¼ 2
(I) ) y ¼ 1 þ x, (II) ) y ¼ 4  2x
Lösung: ðx; yÞ ¼ ð1; 2Þ (oder Lösungsmenge: L ¼ fð1; 2Þg)
Gleichsetzen ) 1 þ x ¼ 4  2x ) 3x ¼ 3 ) x ¼ 1
Berechnung der Lösung durch Einsetzen von a1 ¼ 1;
Einsetzen in (I) ) y ¼ 2
b1 ¼ 1; c1 ¼ 1; a2 ¼ 2; b2 ¼ 1; c2 ¼ 4 in die Lösungsformel:
Lösung: ðx; yÞ ¼ ð1; 2Þ (oder Lösungsmenge: L ¼ fð1; 2Þg)
1114 3 ð1Þ  4  2  1 6 6. (I) 2x þ 3y ¼ 8, (II) x þ 4y ¼ 9
x¼ ¼ ¼ 1; y¼ ¼ ¼2
ð1Þ  1  2  1 3 ð1Þ  1  2  1 3 (I) ) (I0 ) 2x ¼ 8  3y
Probe: (I) 1 þ 2 ¼ 1 ) 1 ¼ 1, (II) 2  1 þ 2 ¼ 4 ) 4 ¼ 4 Multiplikation von (II) mit 2: (II0 ) 2x þ 8y ¼ 18 )
2. (I) 2x þ 3y ¼ 8, (II) x þ 4y ¼ 9 (II00 ) 2x ¼ 18  8y
(II) ) x ¼ 9  4y; Einsetzen in (I): 2ð9  4yÞ þ 3y ¼ 8 Gleichsetzen von (I0 ) und (II00 ) ) 8  3y ¼ 18  8y
) 18  5y ¼ 8 ) 5y ¼ 10 ) y ¼ 2 ) 5y ¼ 10 ) y ¼ 2
Einsetzen in (II) ) x ¼ 9  4  2 ¼ 1 Einsetzen in (I0 ): 2x ¼ 2 ) x ¼ 1
Lösung: ðx; yÞ ¼ ð1; 2Þ (oder Lösungsmenge: L ¼ fð1; 2Þg) Lösung: ðx; yÞ ¼ ð1; 2Þ
Berechnung der Lösung durch Einsetzen von a1 ¼ 2;
b1 ¼ 3; c1 ¼ 8; a2 ¼ 1; b2 ¼ 4; c2 ¼ 9 in die Lösungsformel: & Weitere Beispiele:
4839 5 2  9  1  8 10 7. (I) 2x þ 3y ¼ 8, (II) 4x þ 6y ¼ 13
x¼ ¼ ¼ 1; y¼ ¼ ¼2 Nach der Lösungsformel ist der Nenner a1 b2  a2 b1 ¼ 2  6
2413 5 2413 5
Probe: (I) 2  1 þ 3  2 ¼ 8 ) 8 ¼ 8, (II) 1 þ 4  2 ¼ 9 ) 9 ¼ 9  4  3 ¼ 0. Der Zähler des x-Terms ist b2 c1  b1 c2
¼ 6  8  3  13 ¼ 9 6¼ 0 (der Zähler des y-Terms ist
a1 c2  a2 c1 ¼ 2  13  4  8 ¼ 6 6¼ 0). Es gibt also keine Lö-
y sung, die Graphen zu beiden gegebenen Gleichungen sind
3 2x + 3y = 8 parallele Gleichungen.
Anderer Nachweis, daß es keine Lösung gibt:
2 x + 4y = 9 Multiplikation von (I) mit 2: (I0 ) 4x  6y ¼ 16
Addition von (I0 ) und (II): 0 ¼ 3
1 y1 Dies ist ein Widerspruch, also kann das Gleichungssystem
keine Lösung haben.
–1 0 x1 1 2 3 4 5 6 x
–1
y
Bild II-1 Geraden von Beispiel 2 3
2x + 3y = 8
2
Additionsverfahren 4x + 6y = 13
1
Beim Additionsverfahren werden beide Gleichun-
gen jeweils so mit einem Faktor multipliziert, daß –1 0 1 2 3 4 5 6 x
bei anschließender Addition der Gleichungen eine –1
der Variablen wegfällt. Man erhält so eine lineare
Gleichung mit einer Variablen, die gelöst werden Bild II-2 Geraden von Beispiel 7
II Gleichungen 39

8. (I) 2x þ 3y ¼ 8, (II) 6x þ 9y ¼ 24 Probe:


Nach der Lösungsformel ist der Nenner a1 b2  a2 b1 ¼ 2  9 (I) 3  8  9  2  1 ¼ 5 ) 24  18  1 ¼ 5 ) 5 ¼ 5
6  3 ¼ 0. Der Zähler des x-Terms ist b2 c1  b1 c2 (II) 4  8 þ 10  2  9  1 ¼ 43 ) 32 þ 20  9 ¼ 43 ) 43 ¼ 43
¼ 9  8  3  24 ¼ 0, der Zähler des y-Terms ist a1 c2  a2 c1 (III) 5  8  2  2  1 ¼ 36 ) 40  2  2 ¼ 36 ) 36 ¼ 36
¼ 2  24  6  8 ¼ 0. Es gibt also unendlich viele Lösungen,
die Graphen der beiden gegebenen Gleichungen sind diesel- Wichtiger Hinweis: Die Probe stets in allen noch nicht
be Gerade. umgeformten Ausgangsgleichungen durchführen!
Anderer Nachweis, daß es unendlich viele Lösungen gibt:
Multiplikation von (I) mit 3 ergibt (II). Es handelt sich also
Additionsverfahren
um dieselbe Geradengleichung. Zu jedem x-Wert läßt sich Beim Additionsverfahren wird eine der Gleichungen
ein y-Wert eindeutig berechnen. jeweils so äquivalent umgeformt, daß bei Addition
dieser umgeformten Gleichung mit einer der beiden
y anderen Gleichungen jeweils die gleiche Variable
3
herausfällt. Auch dadurch erhält man wieder zwei
2x + 3y = 8
2 Gleichungen mit zwei Variablen.
6x + 9y = 24
1 & Beispiel:
2. (I) x  2y  3z ¼ 5
–1 0 1 2 3 4 5 6 x (II) 3x þ 3y þ z ¼ 6
–1 (III) 2x þ y  z ¼ 0
Multiplikation von (II) mit 3: (II0 ) 9x þ 9y þ 3z ¼ 18
Bild II-3 Geraden von Beispiel 8 Addition von (I) und (II0 ): (IV) 10x þ 7y ¼ 13
Addition von (II) und (III): (V) 5x þ 4y ¼ 6
Multiplikation von (V) mit 2: (V0 ) 10x  8y ¼ 12
9.3 Drei lineare Gleichungen Addition von (IV) und (V0 ): y ¼ 1 ) y ¼ 1
Einsetzen in (V): 5x  4 ¼ 6 ) x ¼ 2
mit drei Variablen Einsetzen von x ¼ 2 und y ¼ 1 in (III):
Die allgemeine Form eines linearen Gleichungssy- z ¼ 2x þ y ¼ 2  2  1 ¼ 3
stems mit drei Gleichungen und drei Variablen Lösung: ðx; y; zÞ ¼ ð2; 1; 3Þ
(oder Lösungsmenge: L ¼ fð2; 1; 3Þg)
x; y; z lautet:
Weitere Lösungsverfahren wie die Cramersche Re-
a1 x þ b1 y þ c1 z ¼ d1 gel werden mit Hilfe der Determinantenrechnung
a2 x þ b2 y þ c2 z ¼ d2 im Abschnitt II.9.4 formuliert.
a3 x þ b3 y þ c3 z ¼ d3
9.4 Matrizen und Determinanten
a1 ; a2 ; a3 sind die Koeffizienten von x, die Koeffizi- Eine Matrix (Plural Matrizen) ist ein System von m  n
enten von y sind b1 ; b2 ; b3 , die Koeffizienten von z Größen, die in einem rechteckigen Schema von m
sind c1 ; c2 ; c3 , und d1 ; d2 ; d3 sind die Absolutglieder (waagerechten) Zeilen und n (senkrechten) Spalten
des Gleichungssystems. angeordnet sind. Die m  n Größen nennt man die
Auch hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, Elemente der Matrix, es sind beliebige reelle (oder
die Lösung oder die Lösungen eines solchen linea- komplexe) Zahlen. Die Stellung eines Elementes, et-
ren Gleichungssystems zu bestimmen. wa aij , im Schema wird durch einen Doppelindex ge-
Einsetzungsverfahren kennzeichnet. Dabei gibt der erste Index i die Zeile
Beim Einsetzungsverfahren wird eine der drei Glei- und der zweite Index j die Spalte an, in der das Ele-
chungen nach einer Variablen aufgelöst und dann in ment steht. Die Numerierungen der Zeilen verlaufen
die beiden anderen Gleichungen eingesetzt. Man er- von oben nach unten, die der Spalten von links nach
hält so ein Gleichungssystem mit zwei Gleichungen rechts. Das Element aij befindet sich also im Kreu-
und zwei Variablen, das man entsprechend Ab- zungspunkt der i-ten Zeile und der j-ten Spalte.
schnitt II.9.2 löst. Eine Matrix mit m Zeilen und n Spalten nennt man
ðm; nÞ-Matrix. Meist kürzt man Matrizen durch gro-
& Beispiel: ße lateinische Buchstaben A; B; . . . ab. Man schreibt
1. (I) 3x  9y  z ¼ 5
eine Matrix, indem man das Schema in eckige
(II) 4x þ 10y  9z ¼ 43
(III) 5x  y  2z ¼ 36 Klammern (oder auch in runde Klammern) setzt:
Gleichung (I) nach z auflösen: z ¼ 3x  9y  5 Matrix
Einsetzen in die beiden anderen Gleichungen (II) und (III):
(II) 4x þ 10y  9ð3x  9y  5Þ ¼ 43 2 3
a11 a12 . . . a1n
(III) 5x  y  2ð3x  9y  5Þ ¼ 36
6 a21 a22 . . . a2n 7
Klammern auflösen und zusammenfassen: A ¼ 4 ....................5
(II) 23x þ 91y ¼ 2
(III) x þ 17y ¼ 26 am2 . . . amn
am1
Gleichung (III) nach x auflösen: x ¼ 17y  26
0 1
a11 a12 . . . a1n
Einsetzen in (II): Ba a22 . . . a2n C
23ð17y  26Þ þ 91y ¼ 2 ) 300y ¼ 600 ) y ¼ 2 A ¼ @ 21 A
....................
Einsetzen in (III): x ¼ 8
am1 am2 . . . amn
Einsetzen von x ¼ 8 und y ¼ 2 in (I): z ¼ 3  8  9  2  5 ¼ 1
Lösung: ðx; y; zÞ ¼ ð8; 2; 1Þ
(oder Lösungsmenge: L ¼ fð8; 2; 1Þg) Abkürzend schreibt man dafür auch A ¼ ðaij Þ:
40 Mathematik

& Beispiel: & Beispiel:


2 3
5 2 0 5 1 2 3 2 2 0 1 6
A¼ ; B¼ ; C¼
A ¼ 4 14 0 6 1 5 1 24 0 0 6 1 0 4
1 0 2 5
A und B sind vom gleichen Typ, C ist jedoch nicht vom gleichen
Dies ist eine (3, 4)-Matrix, also eine Matrix mit 3 Zeilen und Typ wie A und B.
4 Spalten. Zum Beispiel ist a12 ¼ 2 das Element, das in der er-
sten Zeile und zweiten Spalte steht.
Gleichheit von Matrizen:
Achtung: Die Doppelindizes sind einzeln zu lesen, Zwei Matrizen A und B heißen gleich, wenn beide
zum Beispiel wird a12 gesprochen: a  eins  zwei. vom gleichen Typ sind und wenn die entsprechen-
Quadratische Matrizen: den Elemente übereinstimmem, wenn also aij ¼ bij
Gilt m ¼ n, also Zeilenanzahl gleich Spaltenanzahl, für alle i ¼ 1; . . . ; m und j ¼ 1; . . . ; n gilt.
dann heißt A eine n-reihige quadratische Matrix oder & Beispiel:
eine quadratische Matrix der Ordnung n. Die Ele- 1 2 3 1 2 3
A¼ ; B¼ : A¼B
mente einer quadratischen Matrix, für die i ¼ j gilt, 1 24 0 1 24 0
bilden die sogenannte Hauptdiagonale der Matrix.
&
Transponierte Matrix:
Beispiel:
2
4 5
3 Die transponierte oder gespiegelte Matrix AT der
6 0  7 Matrix A ist die Matrix, die durch Vertauschung von
6 5 27
A¼6 6 1 1 177 Zeilen und Spalten von A gebildet wird:
4 45
1 10 
3
2 3
A ist eine quadratische 3reihige Matrix. Die Hauptdiagonalele- a11 a12 . . . a1n
4 4
mente sind a11 ¼ ; a22 ¼ 1; a33 ¼  . Alle Elemente der zwei- 6a 7
5 3 6 21 a22 . . . a2n 7
ten Zeile sind gleich 1: a21 ¼ a22 ¼ a23 ¼ 1. A¼6 7
4.................... 5
Nullmatrix 0: am1 am2 . . . amn
Eine Matrix, deren Elemente alle gleich Null sind, 2 3
a11 a21 . . . am1
also aij ¼ 0 für i ¼ 1; . . . ; m und j ¼ 1; . . . ; n, heißt 6a 7
6 12 a22 . . . am2 7
eine Nullmatrix. AT ¼ 6 7
4 ..................: 5
Einheitsmatrix E:
Eine quadratische Matrix heißt Einheitsmatrix, falls a1n a2n ... amn
 ..
1 fur i ¼ j ;
aij ¼ ..
0 fur i 6¼ j : & Beispiel:
2 3
" # 2 5
Diagonalmatrix: 2 3 1 6 7
A¼ ; A ¼4 3
T
05
Eine quadratische Matrix, bei der für alle i 6¼ j die 5 0 4
1 4
Elemente aij gleich Null sind, heißt Diagonalmatrix.
& Beispiel: Symmetrische Matrix:
2 3
2 0 0 Eine quadratische Matrix A heißt symmetrisch,
6 7 wenn A ¼ AT ist, wenn also aij ¼ aji für alle i und j
A ¼ 4 0 3 0 5
0 0 7 gilt.
& Beispiel:
Obere Dreiecksmatrix: 2 3
Eine quadratische Matrix, bei der für alle i > j die 1 2 3
6 7
A ¼ 4 2 6 0 5 ¼ AT
Elemente aij gleich Null sind, heißt obere Dreiecks-
3 0 5
matrix.
& Beispiel: Antisymmetrische Matrix:
2 3
1 6 0 Eine quadratische Matrix A heißt antisymmetrisch
6 7 oder schiefsymmetrisch, wenn AT ¼ A ist.
A¼4 0 4 15
0 0 7 Addition und Subtraktion von Matrizen:
Matrizen können nur dann addiert oder subtrahiert
Untere Dreiecksmatrix: werden, wenn sie vom gleichen Typ sind.
Eine quadratische Matrix, bei der für alle i < j die Zwei Matrizen vom gleichen Typ werden addiert
Elemente aij gleich Null sind, heißt untere Dreiecks- bzw. subtrahiert, indem man ihre korrespondieren-
matrix.
den Elemente addiert bzw. subtrahiert:
Matrizen vom gleichen Typ:
Zwei Matrizen heißen vom gleichen Typ, wenn sie A þ B ¼ ðaij Þ þ ðbij Þ ¼ ðaij þ bij Þ
die gleiche Anzahl von Zeilen und die gleiche An-
zahl von Spalten haben, wenn also beide ðm; nÞ-Ma-
A  B ¼ ðaij Þ  ðbij Þ ¼ ðaij  bij Þ
trizen sind mit dem gleichen m und dem gleichen n.
II Gleichungen 41

& Beispiel:
Eigenschaften der Addition: 2 3
1. A þ B ¼ B þ A (Kommutativgesetz) 1 1 2 1
2 3 4 6 7
A¼ ; B ¼ 40 1 2 1 5
2. ðA þ BÞ þ C ¼ A þ ðB þ CÞ ¼ A þ B þ C 1 4 0
1 1 0 1
(Assoziativgesetz) 2 3
3. ðA þ BÞT ¼ AT þ BT 1 1 2 1
6 7
40 1 2 1 5 ¼ B
& Beispiel: 1 1 0 1
2 2 0 4 1 3 " #
A¼ ; B¼ 6 5 10 3
1 3 2 1 0 2 A¼
2 3 4
¼ AB
6 1 3 1 4 0 1 5 6 5
AþB¼
0 3 0
6 5 10 3
2 3 3 2 3 3 AB ¼
AB¼ ; BA ¼ 1 5 6 5
2 3 4 2 3 4
BA existiert nicht.
Multiplikation einer Matrix mit einer reellen Zahl:
Man multipliziert eine Matrix A mit einer reellen Eigenschaften der Matrizenmultiplikation:
Zahl k, indem man jedes Element der Matrix mit k 1. AðBCÞ ¼ ðABÞ C (Assoziativgesetz)
multipliziert: 2. AðB þ CÞ ¼ AB þ AC (Distributivgesetz)
3. AB 6¼ BA (Kommutativgesetz gilt nicht)
k A ¼ kðaij Þ ¼ ðkaij Þ
4. AE ¼ EA ¼ A (E Einheitsmatrix)
Eigenschaften: 5. AN ¼ NA ¼ N (N Nullmatrix)
Sind k und l zwei reelle Zahlen und A und B zwei 6. ðABÞT ¼ BT AT (Reihenfolge ändert sich)
Matrizen, so gilt: Orthogonale Matrix:
1. kðlAÞ ¼ lðkAÞ ¼ ðklÞ A Eine quadratische Matrix A heißt orthogonal, wenn
2. ðk þ lÞ A ¼ kA þ lA AAT ¼ AT A ¼ E (E Einheitsmatrix) ist.
3. k ðA þ BÞ ¼ kA þ kB
Inverse Matrix:
4. ðkAÞT ¼ kAT
Eine Matrix B heißt Inverse der quadratischen Ma-
& Beispiel: trix A, wenn AB ¼ E (E Einheitsmatrix) gilt. Man
3A ¼ 3
2 2 0
¼
6 6 0 schreibt dann B ¼ A1 . Existiert die Inverse einer
1 3 2 3 9 6 Matrix, dann ist sie eindeutig.
Multiplikation von Matrizen: Eine Matrix A, für die die Inverse A1 existiert,
Das Produkt AB zweier Matrizen A und B kann heißt regulär, andernfalls heißt sie singulär.
nur dann gebildet werden, wenn die Spaltenanzahl & Beispiel:
von A gleich der Zeilenanzahl von B ist. 2 3
Man berechne die Inverse der Matrix A ¼ .
1 2
Ist A ¼ ðaij Þ eine ðm; nÞ-Matrix und B ¼ ðbjk Þ eine a b
¼ A1
ðn; rÞ-Matrix (Anzahl der Spalten von A = Anzahl c d
der Zeilen von B), so ist die Produktmatrix
2 3 1 0
C ¼ AB eine ðm; rÞ-Matrix mit den Elementen A¼
1 2 0 1
¼E
P
n
cik ¼ aij  bjk . Das Element cik von C ¼ AB für
j¼1
Es ergibt sich das lineare Gleichungssystem 2a þ 3c ¼ 1,
ein festes i und ein festes k erhält man also, indem 2b þ 3d ¼ 0; a  2c ¼ 0; b  2d ¼ 1. Die Lösung des Glei-
chungssystems ist a ¼ 2; b ¼ 3; c ¼ 1; d ¼ 2.
man das j-te Element der i-ten Zeile von A mit dem
j-ten Element der k-ten Spalte von B multipliziert 2 3
Es folgt: Inverse A1 ¼
für j ¼ 1; . . . ; n und alle diese Produkte addiert. 1 2

A ¼ ðaij Þ ;
B ¼ ðbjk Þ ) C ¼ AB ¼ ðcik Þ Eine Determinante D ist ein algebraischer Aus-
P
n druck, der jeder n-reihigen quadratischen Matrix A
mit cik ¼ aij  bjk mit reellen (oder komplexen) Elementen aij eindeu-
j¼1
tig zugeordnet wird. Dieser algebraische Ausdruck

Schematische Darstellung:
2 3
b11 b12 ... b1k ... b1r
6 b21 b22 ... b2k ... b2r 7 ¼ B
4 5
bn1 bn2 . . . bnk ... bnr
2 3 2 3
a11 a12 ... a1n ... ... ... ... ... ...
6 a21 a22 ... a2n 7 6 ... ... ... ... ... ... 7
6 7 6 ... ... ... ... ... ... 7
A¼6
6 ai1
7 6
6 ...
7
. . . 7 ¼ AB
4 ai2 ... ain 7
5 4
... . . . cik ...
5
... ... ... ... ... ...
am1 am2 ... amn ... ... ... ... ... ...
42 Mathematik

& Beispiel:
ist eine reelle (oder komplexe) Zahl. Die Determi-
(I) x  2y ¼ 4, (II) 2x þ 5y ¼ 35
nante einer n-reihigen quadratischen Matrix nennt Einsetzen von a1 ¼ 1; a2 ¼ 2; b1 ¼ 2; b2 ¼ 5; c1 ¼ 4; c2 ¼ 35 in
man n-reihige Determinante. die Determinantengleichungen für x und y ergibt:
 
Man schreibt eine Determinante, indem man das  4 2 
 
quadratische Schema der Matrix zwischen senkrechte  35 5 4  5  ð2Þ  35 20 þ 70 90
x ¼   ¼
 ¼ ¼ ¼ 10 ;
Striche setzt, oder in Kurzform D ¼ det ðAÞ ¼ jAj:  1 2  1  5  ð2Þ 2 5þ4 9
2 5
 
Determinante 1 4
 
 2 35  1  35  4  2 35  8 27
y ¼   ¼ ¼ ¼ ¼3
  1 2  1  5  ð2Þ  2 5þ4 9
 a11 a12 . . . a1n  
2 5

 
 a21 a22 . . . a2n 
D ¼ det ðAÞ ¼ jAj ¼  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
  Definition für dreireihige Determinanten (n ¼ 3):
 an1 an2 . . . ann 
 
 a11 a12 a13 
 
 
Definition für zweireihige Determinanten (n ¼ 2): D ¼  a21 a22 a23 
 
 a31 a32 a33 
       
a a12   a22 a23     
D ¼  11 ¼ a11 a22  a12 a21 ¼ a11    a21  a12 a13  þ a31  a12 a13 
a21 a22  a32 a33  a
32 a 33
 a
22 a 23

¼ a11 ða22 a33  a23 a32 Þ  a21 ða12 a33  a13 a32 Þ
Die Elemente a11 ; a22 bilden die Hauptdiagonale, þ a31 ða12 a23  a13 a22 Þ
die Elemente a12 ; a21 die sogenannte Nebendiago- ¼ a11 a22 a33  a11 a23 a32 þ a13 a21 a32
nale.  a12 a21 a33 þ a12 a23 a31  a13 a22 a31
Merkregel zur Berechnung: Produkt der Hauptdiago-
nalelemente minus Produkt der Nebendiagonalele-
& Beispiel:
mente.  
 3 7 2       
  0 6    
& Beispiel: 
D¼ 4 0

6  ¼ 3    4  7 2  þ ð2Þ  7 2 
    4 1   4 1  0 6 
 1 1   2 4 1
D ¼   ¼ ð1Þ  1  1  2 ¼ 3
2 1 ¼ 3ð0  1  6ð4ÞÞ  4ð7  1  ð2Þ ð4ÞÞ  2ð7  6  ð2Þ 0Þ
¼ 3  24  4ð1Þ  2  42 ¼ 8
b 2 c1  b1 c2
Die allgemeine Lösungsformel x ¼ ;
a1 b2  a2 b1 Man nennt dies „Entwickeln“ der dreireihigen De-
a1 c2  a2 c1
y¼ für ein lineares Gleichungssystem terminante nach der ersten Spalte. Dabei wird nach-
a1 b2  a2 b1
einander jedes Element der ersten Spalte mit derje-
a1 x þ b1 y ¼ c1 ; a2 x þ b2 y ¼ c2 (vgl. Abschnitt II.9.2)
nigen zweireihigen Determinante multipliziert, die
läßt sich auch mit Hilfe von zweireihigen Determi-
man erhält, wenn man in der dreireihigen Determi-
nanten schreiben:
nante die Zeile und die Spalte streicht, in der das
    Element steht. Die so gebildeten Produkte werden
 c1 b1   a1 c1 
  mit alternierenden (wechselnden) Vorzeichen ver-
 c2 b2   a2 c2 
x ¼  ; y ¼   sehen, angefangen mit einem þ, und anschließend
 a1 b1   a1 b1  addiert.
 a2 b2   a2 b2  Bezeichnet man die Determinante, die man durch
Streichen der i-ten Zeile und der j-ten Spalte der
Die gemeinsame Nennerdeterminante wird aus den Determinante D erhält, mit Dij , so kann man das
Koeffizienten von x und y der beiden Gleichungen obige Entwickeln auch darstellen als
in der gegebenen Anordnung gebildet. Die Nen-
nerdeterminante heißt deshalb auch Koeffizienten- D ¼ a11  D11  a21  D21 þ a31  D31
determinante. Man erhält die Zählerdeterminante
von x, indem man die Koeffizienten von x durch Die mit dem Faktor ð1Þ i þ j (dieser Faktor ist þ1
die Absolutglieder ersetzt, und die Zählerdetermi- oder 1) multiplizierte Determinante Dij heißt Ad-
nante von y entsprechend durch Ersetzung der Ko- junkte oder algebraisches Komplement Aij des Ele-
effizienten von y durch die Absolutglieder (immer ments aij. Somit kann man für das obige Entwickeln
in der gleichen Reihenfolge, also Ersetzung von b1 auch schreiben
durch c1 usw.).
Man nennt diese Methode Cramersche Regel zur D ¼ a11  A11 þ a21  A21 þ a31  A31
Berechnung der Lösung eines linearen Gleichungs-
systems (nach dem schweizerischen Mathematiker Zur Berechnung kann man die Determinante nach
Gabriel Cramer, 1704––1752). einer beliebigen Zeile oder Spalte entwickeln.
II Gleichungen 43

& Beispiel:
Entwicklung nach einer beliebigen Zeile:  
 3 7 2 

 
 4 0 6  ¼ 3  0  1 þ 7  6  ð2Þ þ ð2Þ  4  ð4Þ
P
3  
 2 4 1
D ¼ ai1  Ai1 þ ai2  Ai2 þ ai3  Ai3 ¼ aij Aij ;
j¼1  ð2Þ  0  ð2Þ  3  6  ð4Þ  7  4  1
¼ 0  84 þ 32  0 þ 72  28 ¼ 8
1i3
Fehlerwarnung: Die Regel von Sarrus gilt nur für
Bei Entwicklung nach der ersten Zeile ist i ¼ 1, bei dreireihige Determinanten!
Entwicklung nach der zweiten Zeile ist i ¼ 2, und Definition für n-reihige Determinanten (n  4):
bei Entwicklung nach der dritten Zeile ist i ¼ 3. Auch für beliebige n-reihige Determinanten läßt
Entwicklung nach einer beliebigen Spalte: sich der Wert mit Hilfe des Entwicklungssatzes defi-
nieren.
P
3 Entwicklung nach einer beliebigen Zeile:
D ¼ a1j  A1j þ a2j  A2j þ a3j  A3j ¼ aij Aij ;
i¼1
P
n
1j3 D ¼ ai1  Ai1 þ ai2  Ai2 þ . . . þ ain  Ain ¼ aij Aij ;
j¼1
1in
Bei Entwicklung nach der ersten Spalte ist j ¼ 1, bei
Entwicklung nach der zweiten Spalte ist j ¼ 2, und Bei Entwicklung nach der ersten Zeile ist i ¼ 1, bei
bei Entwicklung nach der dritten Spalte ist j ¼ 3. Entwicklung nach der zweiten Zeile ist i ¼ 2, usw.,
und bei Entwicklung nach der n-ten Zeile ist i ¼ n:
& Beispiel:
 
 3
 7 2  Entwicklung nach einer beliebigen Spalte:
D ¼  4 0 6 
 2 4 1 P
n
D ¼ a1j  A1j þ a2j  A2j þ . . . þ anj  Anj ¼ aij Aij ;
Entwicklung nach der zweiten Zeile: i¼1
D ¼ a21  A21 þ a22  A22 þ a23  A23 1jn
   
 7 2   7 
¼ 4  ð1Þ2 þ 1   þ 0  A22 þ 6  ð1Þ2 þ 3  3
4   2 4 
1 Bei Entwicklung nach der ersten Spalte ist j ¼ 1, bei
¼ 4½7  1  ð2Þ ð4Þ þ 0  6½3  ð4Þ  7  ð2Þ
Entwicklung nach der zweiten Spalte ist j ¼ 2, usw.,
¼ 4  ð1Þ  6  2 ¼ 4  12 ¼ 8
und bei Entwicklung nach der n-ten Spalte ist j ¼ n:
Dreireihige Determinanten können auch mit der Die Cramersche Regel zur Berechnung der Lösung
Regel von Sarrus berechnet werden (nach dem fran- eines linearen Gleichungssystems ist immer dann an-
zösischen Mathematiker Pierre F. Sarrus, 1798 bis wendbar, wenn bei dem betrachteten linearen Glei-
1861). chungssystem die Anzahl der Gleichungen und die
Man fügt bei der Regel von Sarrus die ersten bei- Anzahl der Variablen übereinstimmen (und die Ko-
den Spalten der Determinante nochmals als 4. und effizientendeterminante von Null verschieden ist).
5. Spalte hinzu. Dann multipliziert man je drei dia- Die Koeffizientendeterminante eines allgemeinen li-
gonal aufeinanderfolgende Elemente und addiert nearen Gleichungssystems mit drei Gleichungen und
(Hauptdiagonalen) bzw. subtrahiert (Nebendiago- drei Variablen lautet
nalen) die so entstehenden sechs Produkte.  
 a1 b1 c1 

D ¼  a2 b2 c2 
 a3 b3 c3 

Ersetzt man die erste Spalte von D, also die Koeffi-


zienten von x, durch die Absolutglieder des linearen
Gleichungssystems, so ergibt sich die Determinante
 
 d1 b1 c1 

Dx ¼  d2 b2 c2 
Die Regel ausgeführt ergibt  d3 b3 c3 
 
 a11 a12 a13  Durch Ersetzen der Koeffizienten von y und z er-

 
det ðAÞ ¼  a21 a22 a23  hält man analog die Matrizen
 
 a31 a32 a33     
 a1 d1 c1   a1 b1 d1 
¼ a11 a22 a33 þ a12 a23 a31 þ a13 a21 a32  
Dy ¼  a2 d2 c2  ; Dz ¼  a2 b2 d2 
 a13 a22 a31  a11 a23 a32  a12 a21 a33  a3 d3 c3   a3 b3 d3 
44 Mathematik

Für D 6¼ 0 ergibt sich dann als eindeutige Lösung 10 Lineare Ungleichungen


des linearen Gleichungssystems
10.1 Definitionen
 
 d1 b1 c1  Eine Ungleichung zwischen Termen, in der eine

  oder mehrere Variable vorkommen, heißt linear,
 d2 b2 c2 
  wenn alle Variablen höchstens in der ersten Potenz
Dx  d 3 b3 c3 
x¼ ¼  ; auftreten und nicht miteinander multipliziert wer-
D  a1 b1 c1  den. Eine Ungleichung zu lösen bedeutet, alle Wer-
 
 a2 b2 c2  te der Variablen aus dem zugrunde liegenden Zah-
 
 a3 b3 c3  lenbereich zu bestimmen, für die die Ungleichung
erfüllt ist. Alle diese Werte heißen Lösungen der
 
 a1 d1 c1  Ungleichung, und alle Lösungen zusammen bilden

  die Lösungsmenge der Ungleichung.
 a2 d2 c2 
  Ein System aus mehreren Ungleichungen heißt line-
D y  a3 d3 c3 
y¼ ¼  ; ar, wenn alle Ungleichungen des Systems lineare
D  a1 b1 c1  Ungleichungen sind. Die Lösungen eines Unglei-
 
 a2 b2 c2  chungssystems sind die Werte der Variablen, die alle
 
 a3 b3 c3  Ungleichungen des Systems erfüllen.
  & Beispiele:
 a1 b1 d1 
 1. Lineare Ungleichung mit einer Variablen:
  7x þ 4 < 2ð3x  4Þ  1
 a2 b2 d2 
  2. Lineare Ungleichung mit zwei Variablen:
D z  a3 b3 d3  2x  y þ 4 < 5ð4  xÞ þ 3
z¼ ¼  
D  a1 b1 c1  3. System linearer Ungleichungen:
  x þ 2y < 3; 3x  y  5
 a2 b2 c2 
 
 a3 b3 c3  Zum Lösen linearer Ungleichungen ist es oftmals
sinnvoll, äquivalente Umformungen durchzuführen
Ist jedoch D ¼ 0, dann gibt es entweder keine oder (vgl. Abschnitt II.2). Dabei sind aber die Rechenre-
unendlich viele Lösungen des linearen Gleichungs- geln für Ungleichungen zu beachten (siehe Ab-
systems. In diesem Fall ist die Cramersche Regel schnitt I.11).
nicht anwendbar.
10.2 Lineare Ungleichungen
& Beispiel: mit einer Variablen
Lineares Gleichungssystem:
Eine lineare Ungleichung mit einer Variablen läßt
3x þ 15y þ 8z ¼ 10
sich durch äquivalente Umformungen stets in eine
5x þ 10y þ 12z ¼ 1
2x þ 7y þ z ¼ 1 der folgenden Ungleichungen überführen.
Nennerdeterminante (Determinante der Koeffizientenmatrix):
  (1) ax þ b < 0 ; a>0
 3 15 8 
 
D ¼  5 10 12  ¼ 30 þ 360  280  160  252 þ 75 ¼ 227
(2) ax þ b  0 ; a>0
 2 7 1 (3) ax þ b > 0 ; a>0
(4) ax þ b  0 ; a>0
Zählerdeterminanten:
  b
 10 15 8 
  Durch Division durch a > 0 und Subtraktion von
Dx ¼  1 10 12  ¼ 100 þ 180  56  80  840 þ 15 ¼ 681 a
 1 7 1 erhält man als Lösungen die Intervalle

 3 10

8 
 
 b
Dy ¼  5 1 12  ¼ 3 þ 240  40 þ 16  36 þ 50 ¼ 227 ð1Þ L ¼ 1; 
 2 1 1 a
 

 3 15 10  b
  ð2Þ L ¼ 1; 
Dz ¼  5 10 1  ¼ 30  30  350  200 þ 21 þ 75 ¼ 454 a
 2 7 1  
b
Somit ergibt sich als Lösung des linearen Gleichungssystems: ð3Þ L ¼  ; 1
a
Dx 681 Dy 227 
x¼ ¼ ¼ 3; y¼ ¼ ¼ 1 ; b
D 227 D 227 ð4Þ L ¼  ; 1
a
Dz 454
z¼ ¼ ¼2
D 227
Eine lineare Ungleichung mit einer Variablen hat
Die Lösung des Gleichungssystems ist also das (geordnete) Zah-
lentripel ðx; y; zÞ ¼ ð3; 1; 2Þ also als Lösung immer ein nicht beschränktes Inter-
(oder Lösungsmenge: L ¼ fð3; 1; 2ÞgÞ: vall.
II Gleichungen 45

& Beispiele: eine echte Ungleichung handelt (das heißt, das


1. 7x þ 4 < 2ð3x  4Þ  1
Auflösung der Klammer: 7x þ 4 < 6x  8  1
Gleichheitszeichen ist nicht zugelassen), gehören die
Zusammenfassen: x þ 13 < 0 Punkte der Geraden selbst nicht dazu.
Auflösen nach x: x < 13
& Beispiele:
Lösungsmenge: L ¼ ð1; 13Þ
2. 5ðx  4Þ  2ð5  4xÞ  6 þ x 1. x  y < 1
Auflösung der Klammern: 5x  20  10  8x  6 þ x Auflösung nach y: y > x þ 1
Zusammenfassen: 5x  20  7x þ 4 ) 12x  24  0 Geradengleichung: y ¼ x þ 1
Auflösen nach x: 12x  24 ) x  2
Lösungsmenge: L ¼ ½2; 1Þ y
3. 9ð2  xÞ < 2ðx þ 4Þ  ðx þ 2Þ 3
Auflösung der Klammern: 18  9x < 2x þ 8  3x  6
Zusammenfassen: 18  9x < x þ 2 ) 8x þ 16 < 0 y=x+1
Auflösen nach x: 8x < 16 ) x > 2
Achtung: Bei Division durch 8 dreht sich das Ungleich- y>x+1
heitszeichen um!
Lösungsmenge: L ¼ ð2; 1Þ
11
–1 –1 x

10.3 Lineare Ungleichungen


mit zwei Variablen Bild II-4
Ungleichung y > x þ 1
Eine lineare Ungleichung mit zwei Variablen x und
y läßt sich immer so äquivalent umformen, daß eine Die Koordinaten der Punkte im schraffierten Bereich bilden
die Lösungsmenge.
der Variablen, etwa y, isoliert auf einer Seite der
Die Koordinaten der Punkte der Begrenzungsgeraden gehö-
Ungleichung steht. So läßt sich zum Beispiel die Un- ren nicht zur Lösungsmenge, deshalb ist die Begrenzungsge-
gleichung ax þ by þ c < 0 für b > 0 umformen in rade gestrichelt gezeichnet.
a c 2x þ 4y þ 4  0
y <  x  . Eine Lösung der Ungleichung ist 2.
1
b b Auflösung nach y: y   x  1
dann ein Paar ðx; yÞ, wo x eine beliebige reelle Zahl 2
1
a c Geradengleichung: y ¼  x  1
ist und y die Ungleichung y <  x  erfüllt. Als 2
b b
Lösungsmenge
n  von ax þ byaþ c < c0oergibt sich dann y Bild II-5
 1
L ¼ ðx; yÞ  x 2 R; y <  x  . Ungleichung y   x  1
b b 2
Ungleichung: ax þ by þ c < 0 ðb > 0Þ 1
–1 1
..
Losungsmenge: x
n  co
–1
 a y <– –
x
–1 y= –
x
–1
L ¼ ðx; yÞ  x 2 R; y <  x  2 2
b b

& Beispiele:
1. x  y < 1
Auflösung nach y: y > x þ 1 Die Koordinaten der Punkte im schraffierten Bereich bilden
Es ist zum Beispiel x ¼ 2; y ¼ 4 ein Lösungspaar oder die Lösungsmenge. Die Koordinaten der Punkte der Begren-
x ¼ 1, y ¼ 0;1. Alle Lösungen ergeben die Lösungsmenge: zungsgeraden gehören zur Lösungsmenge, deshalb ist die Be-
L ¼ fðx; yÞ j x 2 R; y > x þ 1g. grenzungsgerade durchgezogen gezeichnet.
2. 2x þ 4y þ 4  0
1
Auflösung nach y: y   x  1 10.4 Lineare Ungleichungssysteme
2
 
 1 mit zwei Variablen
Lösungsmenge: L ¼ ðx; yÞ  x 2 R; y   x  1
2
Für Systeme von linearen Ungleichungen mit zwei
Für manche Anwendungen ist es sinnvoll, die Lö- Variablen x und y ist es meist am übersichtlichsten,
sungsmenge einer solchen Ungleichung graphisch die Lösungsmenge graphisch dazustellen.
darzustellen. Man ersetzt dazu in allen Ungleichungen die Un-
Ersetzt man in einer Ungleichung das Ungleichheits- gleichheitszeichen durch Gleichheitszeichen. An-
zeichen durch ein Gleichheitszeichen, dann entsteht schließend formt man alle diese linearen Gleichun-
eine Gleichung. So entsteht zum Beispiel aus der gen äquivalent um, so daß jeweils auf der linken
linearen Ungleichung x  y < 1 die lineare Glei- Seite die Variable y isoliert steht (enthält eine Glei-
chung y ¼ x þ 1. Der Graph einer solchen linearen chung y nicht, so isoliere man x). Dann zeichnet man
Gleichung ist in einem kartesischen Koordinatensy- die Graphen dieser linearen Gleichungen alle in das-
stem eine Gerade (vgl. Abschnitt V.4.2). Alle Lösun- selbe kartesische Koordinatensystem und erhält so
gen ðx; yÞ, die die Ungleichung y > x þ 1 erfüllen, für jede Gleichung eine Gerade (gestrichelt gezeich-
sind in dem kartesischen Koordinatensystem die Ko- net, falls die zugehörige Ungleichung echt ist, sonst
ordinaten der Punkte, die oberhalb der sogenannten durchgezogen). Für jede Gerade schraffiere man den
Begrenzungsgeraden y ¼ x þ 1 liegen. Da es sich um Bereich, deren Punkte die zugehöre Ungleichung er-
46 Mathematik

füllen (genauer: die Koordinaten der Punkte erfüllen 2. (I) y  x < 1; (II) x  2 < 0, (III) 2y þ x þ 4  0
Aus (I) folgt y < x þ 1, aus (II) x < 2 und aus (III)
die Ungleichung). ber die Menge der reellen Zah-
1
len sind diese Bereiche Halbebenen. Die Koordina- y   x  2.
2
ten aller der Punkte, die in allen schraffierten Berei- Die Punkte, deren Koordinaten die Ungleichung (I) erfüllen,
chen liegen, bilden die Lösungsmenge. liegen unterhalb der Geraden y ¼ x þ 1. Die Punkte, deren
Koordinaten die Ungleichung (II) erfüllen, liegen links der
& Beispiele: Geraden x ¼ 2, und die Punkte, deren Koordinaten die Un-
1. (I) x þ 2y < 5, (II) x  2y < 1 gleichung (III) erfüllen, liegen oberhalb der Geraden
Aus (I) folgt y < 0;5x þ 2;5 und aus (II) y > 0;5x  0;5. 1
Die Punkte, deren Koordinaten die Ungleichung (I) erfüllen, y ¼  x  2.
2
liegen unterhalb der Geraden y ¼ 0;5x þ 2;5, und die
Punkte, deren Koordinaten die Ungleihung (II) erfüllen, lie-
gen oberhalb der Geraden y ¼ 0;5x  0;5. y x=2

x<2
y
y = –0,5x + 2,5
y > 0,5x – 0,5 –1 11
x
–1 y ≥ –0,5x – 2
1 y<x+1
–1 1 x
y=x+1
–1 y = –0,5x – 2
y < –0,5x + 2,5
y = 0,5x – 0,5
Bild II-7 Ungleichungssystem y < x þ 1; x < 2,
1
y x2
2
Bild II-6 Ungleichungssystem
Die Punkte, deren Koordinaten die Lösungsmenge bilden, liegen
y < 0;5x þ 2;5; y > 0;5x  0;5 im dreifach markierten Bereich. Nur die Koordinaten der
1
Die Punkte, deren Koordinaten die Lösungsmenge bilden, liegen Punkte der Begrenzungsgeraden y ¼  x  2, die auf dem
2
im doppelt gestrichelten Bereich. Die Koordinaten der Punkte Rand dieses dreifach markierten Bereiches liegen, gehören zur
beider Begrenzungsgeraden gehören nicht zur Lösungsmenge. Lösungsmenge.

III Planimetrie

Die Planimetrie (griech., Flächenmessung) ist ein einen Punkt, ihren Schnittpunkt, gemeinsam. Die
Teilgebiet der Geometrie (griech., Erdmessung) und Gerade durch die Punkte P1 und P2 schreibt man
befaßt sich mit höchstens zweidimensionalen Objek- P1 P2 (gesprochen: Gerade P1 P2 ) oder P2 P1 . Gera-
ten. Dabei interessieren zum Beispiel Form, Größe den kürzt man oft mit g ab, also g ¼ P1 P2 ¼ P2 P1.
und gegenseitige Lage solcher Objekte. Die Grund- A 2 g ist eine abkürzende Schreibweise dafür, daß
elemente dieser Geometrie der Ebene sind Punkte der Punkt A ein Punkt der Geraden g ist, also auf
und Geraden. der Geraden g liegt, und B 62 g bedeutet, daß B
außerhalb von g liegt.
AB k CD oder g k h (gesprochen: g parallel h) be-
1 Geraden und Strecken deutet, daß AB und CD zwei parallele Geraden
Eine Gerade ist eine beidseitig unbegrenzte gerade sind, also keinen Schnittpunkt haben.
Linie. Ein Punkt ist die Schnittstelle zweier Ge- g
raden. a
Eine Gerade ist durch zwei voneinander verschie- h
dene Punkte eindeutig bestimmt. Die kürzeste Ver- a
bindung zweier Punkte P1 und P2 liegt auf der Ge-
raden durch P1 und P2 . Zwei verschiedene Geraden
in der Ebene sind parallel zueinander oder haben Bild III-1 Parallele Geraden g und h
III Planimetrie 47

Ein Strahl oder eine Halbgerade ist ein Teil einer Zur Winkelmessung unterscheidet man zwei ver-
Geraden, der von einem Punkt S einer Geraden aus schiedene Winkelmaße: das Gradma und das Bo-
in einer Richtung läuft. Der Punkt S heißt Anfangs- genmaß (Bogenmaß siehe Abschnitt III.10.9). Beide
punkt des Strahls. Jeder Punkt einer Geraden be- beruhen auf Kreisteilungen.
stimmt zwei verschiedene Strahlen. Beim Gradmaß wird ein Vollwinkel in 360 gleiche
Teile eingeteilt (Sexagesimaleinteilung). Die Einheit
S 1
des Gradmaßes ist Grad ( ). 1 entspricht des
A 360
Vollwinkels. Untereinheiten des Grads sind Minuten
s und Sekunden.

Bild III-2 Strahl s (A ist ein beliebiger Punkt von s)


1 ð1 GradÞ ¼ 600 ð60 MinutenÞ;
10 ð1 MinuteÞ ¼ 6000 ð60 SekundenÞ
Eine Strecke ist ein Abschnitt einer Geraden zwi-    0
schen zwei Punkten. Eine Strecke ist also eine beid- 1 1
10 ¼ ; 100 ¼
seitig begrenzte gerade Linie. Die Strecke zwischen 60 60
den Punkten A und B schreibt man AB (gespro-
chen: Strecke AB). Die Punkte A und B heißen die In der Geodäsie wird eine Zentesimaleinteilung ver-
Endpunkte der Strecke, alle anderen Punkte der wendet. Dabei wird der Vollwinkel in 400 gleiche
Strecke bilden das Innere. Die Länge der Strecke Teile eingeteilt. Die Einheit ist gon (Gon). 1 gon
wird mit jABj bezeichnet (gesprochen: Länge oder 1
Betrag der Strecke AB). entspricht also des Vollwinkels. ltere, heute
400
nicht mehr gebräuchliche Einheit ist Neugrad.
B
a
A C 1 Vollwinkel ¼ 360 ¼ 400 gon
a
D
Für bestimmte Winkel gibt es besondere Bezeich-
Bild III-3 Strecken AB und CD nungen:
mit derselben Länge a Ein Winkel a mit a ¼ 0 heißt Nullwinkel.
Ein Winkel a mit a ¼ 90 heißt rechter Winkel.
Ein Winkel a mit a ¼ 180 heißt gestreckter Winkel.
2 Winkel Ein Winkel a mit a ¼ 360 heißt Vollwinkel.
Ein Winkel a, der größer als 0 und kleiner als ein
Zwei Strahlen, die von demselben Punkt S ausge- rechter Winkel ist, heißt spitzer Winkel:
hen, können durch eine Drehung um S ineinander 0 < a < 90 :
überführt werden, durch die der Winkel zwischen Ein Winkel a, der größer als ein rechter Winkel ist,
ihnen bestimmt wird. Die Strahlen heißen die heißt stumpfer Winkel: a > 90 :
Schenkel des Winkels, der Punkt S heißt Scheitel- Ein Winkel a, der größer als ein gestreckter Winkel
punkt. ist, heißt überstumpfer Winkel: a > 180 :
Sind g und h die beiden Strahlen und A ein Punkt In einer Figur kennzeichnet man einen rechten Win-
von g und B ein Punkt von h, so bezeichnet man kel mit einem Punkt zwischen seinen Schenkeln und
den Winkel mit |ðg; hÞ (gesprochen: Winkel zwi- einem Winkelbogen.
schen g und h) oder mit |ASB (gesprochen: Win-
kel ASB).

h Bild III-4
B Winkel a ¼ | ðg; hÞ ¼ | ASB S S S
spitzer Winkel rechter Winkel stumpfer Winkel

a
S g
A
S S S
Winkel werden meist mit kleinen griechischen Buch-
staben bezeichnet: gestreckter Winkel überstumpfer Vollwinkel
a; b; g; d; . . . ; j; . . . Winkel
Man unterscheidet in der Regel nicht zwischen Win-
kel und Größe (Maß, Betrag) eines Winkels. Bild III.5 Winkelbezeichnungen
48 Mathematik

Einige Paare von Winkeln haben bestimmte Namen: 6. Wechselwinkel


Entgegengesetzt liegende Winkel an von einer
1. Komplementwinkel Geraden geschnittenen Parallelen. Wechselwin-
Winkel, die sich zu 90 ergänzen. Der Komple- kel sind gleich groß.
mentwinkel zu einem Winkel a ist der Winkel
b ¼ 90  a. A A′

& Beispiel: a ¼ 32 und b ¼ 58 sind Komplementwinkel. a

90° – a B = B′ S S′ a D = D′

a C
b C′

Bild III-11 Wechselwinkel (|ASB und |C 0 S0 D0 )


Bild III-6 Komplementwinkel
7. Halbgleichliegende Winkel
2. Supplementwinkel Winkelpaare an von einer Geraden geschnitte-
Winkel, die sich zu 180 ergänzen. Der Supple- nen Parallelen, die weder Stufenwinkel noch
mentwinkel zu einem Winkel a ist der Winkel Wechselwinkel sind. Halbgleichliegende Winkel
b ¼ 180  a. sind Supplementwinkel, sie ergänzen sich also zu
180 :
& Beispiel: a ¼ 62 und b ¼ 118 sind Supplementwinkel.
A A′
180° – a 180° – a
a
a
B = B′ S S′ D = D′
Bild III-7 Supplementwinkel
C C′

3. Scheitelwinkel Bild III-12 Halbgleichliegende Winkel


Gegenüberliegende Winkel an zwei sich schnei- (|ASB und |D0 S0 A0 )
denden Geraden. Scheitelwinkel sind gleich groß.

C B 3 Grundkonstruktionen mit Zirkel


S und Lineal
a a
A
Eine Senkrechte ist eine Gerade, die eine gegebene
D
Gerade (oder eine Ebene) mit einem Winkel von
Bild III-8 Scheitelwinkel (|ASB und |CSD) 90 schneidet.
Das Lot ist eine Gerade, die durch einen Punkt
4. Nebenwinkel einer anderen Geraden (oder einer Ebene) geht
Benachbarte Winkel an zwei sich schneidenden und auf dieser Geraden (Ebene) senkrecht steht.
Geraden. Nebenwinkel sind Supplementwinkel,
sie ergänzen sich also zu 180 :
180° – a l
B
g
a
C S A P
Bild III-9 Nebenwinkel (|ASB und |BSC)
Bild III-13
5. Stufenwinkel Lot l auf Gerade g
Gleichliegende Winkel an von einer Geraden ge- durch Punkt P
schnittenen Parallelen. Stufenwinkel sind gleich
groß.
A A′ l

a a
B = B′ S S′ D = D′
P
Bild III-14
C C′
E Lot l auf Ebene E
Bild III-10 Stufenwinkel (|ASB und |A0 S0 B0 ) durch Punkt P
III Planimetrie 49

Einige wichtige Grundkonstruktionen lassen sich Parallele durch gegebenen Punkt


ausschließlich mit Benutzung von Zirkel und Lineal Ein Kreisbogen um P 62 g mit Radius r schneidet die
durchführen. gegebene Gerade g in C. Ein Kreisbogen um C mit
dem gleichen Radius r schneidet g in B, ein Kreis-
Strecke halbieren bogen um B mit dem Radius r schneidet den ersten
Kreisbögen mit gleichem Radius um die Endpunkte Kreisbogen um P (mit dem Radius r) in A. Die Ge-
A und B einer Strecke AB schlagen. Die Schnitt- rade PA ist die Parallele zu g durch P (Konstruk-
punkte sind C und C0 . Die Gerade CC0 halbiert AB tion eines Rhombus & ðPCBAÞ).
in E. P
r
A
C p
s s g
2 2
A E B r C
Bild III-15
B
C′ Strecke AB halbieren
Bild III-19 Parallele zu g durch P

Winkel halbieren Parallele in gegebenem Abstand


Ein Kreisbogen um den Scheitelpunkt S des Win- In beliebigen Punkten A 2 g und B 2 g (aber A 6¼ B)
kels schneidet die Schenkel in A und in B. Kreis- einer gegebenen Geraden g werden die Senkrechten
bögen mit gleichem Radius um A und B schneiden errichtet, und auf diesen wird der gegebene Abstand a
sich in C. Die Gerade SC halbiert |BSA. abgetragen: jADj ¼ a und jBCj ¼ a. Die Gerade CD
ist eine der beiden Parallelen zu g im Abstand a
(Konstruktion eines Rechtecks & ðABCDÞ).
A C
g Bild III-20
a D
a Parallele zu g im Abstand a
2 a
Bild III-16
2 A
B
Winkel a halbieren
S
a
C
a
Senkrechte errichten
B p
Ein Halbkreis um P 2 g (Punkt P liegt auf der
Geraden g) schneidet g in A und B. Kreisbögen
mit gleichem Radius um A und B schneiden sich
in C. Die Gerade PC ist die Senkrechte auf g im
4 Projektion
Punkte P.
Man unterscheidet Parallelprojektion und Zentral-
C Bild III-17 projektion.
Senkrechte auf g errichten Eine Parallelprojektion ist die Abbildung eines ebe-
nen Gegenstandes durch parallele Strahlen auf eine
Gerade (in der Stereometrie die Abbildung eines
räumlichen Gegenstandes durch parallele Strahlen
g
A P B auf eine Ebene). Bei senkrechter Parallelprojektion
stehen die projizierenden Strahlen senkrecht auf der
Lot fällen Geraden (Stereometrie: auf der Ebene), bei schiefer
Parallelprojektion nicht.
Ein Kreisbogen um P 62 g (Punkt P liegt nicht auf
der Geraden g) schneidet g in A und B. Kreisbögen B Bild III-21
mit gleichem Radius um A und B schneiden sich in Senkrechte Parallel-
P0 . Die Gerade PP0 ist das Lot von P auf g. projektion einer Strecke
AB
A

Bild III-18 A′ B′
Lot von P auf g fällen s1 s2
50 Mathematik

Eine Zentralprojektion ist die Abbildung eines ebe- A, der Winkel b den Scheitelpunkt B und der Win-
nen Gegenstandes durch Strahlen, die alle durch kel g den Scheitelpunkt C hat.
einen festen Punkt Z gehen (durch das Zentrum
oder Projektionszentrum), auf eine Gerade (in der C Bild III-23
Stereometrie die Abbildung eines räumlichen Ge- g Bezeichnungen im Dreieck
genstandes auf eine Ebene).
b a

Z Bild III-22
Zentralprojektion von Z a b
einer Strecke AB A c B
B
Abkürzend verwendet man für ein Dreieck den gro-
A ßen griechischen Buchstaben D, und für ein Dreieck
mit den Eckpunkten A; B; C schreibt man DðABCÞ.
Die Winkelsumme in jedem Dreieck beträgt 180 .
A′ B′
a þ b þ g ¼ 180
s1 s2
C
g AB
a g b
5 Geometrische rter
b a
Ein geometrischer Ort ist eine Punktmenge, die
alle Elemente mit einer bestimmten geometrischen
Eigenschaft (oder mit mehreren Eigenschaften) ent- a b
hält. A c B
In der Planimetrie sind die geometrischen rter Li-
Bild III-24 Winkelsumme gleich 180
nien, daher werden sie auch geometrische Ortslinien
genannt. In der Stereometrie sind die geometrischen
rter Flächen. Im Dreieck ist die Summe zweier Seitenlängen stets
größer als die dritte.
& Beispiele für geometrische Ortslinien:
1. Der geometrische Ort aller Punkte, die von einem festen
a þ b > c; a þ c > b; bþc>a
Punkt M die feste Entfernung r haben, ist der Kreis um M
mit dem Radius r.
2. Der geometrische Ort aller Punkte, die von einer gegebenen Diese drei Ungleichungen zusammen heißen Drei-
Geraden g den festen Abstand d haben, ist eine Parallele zu ecksungleichungen.
g im Abstand d.
3. Geometrischer Ort aller Punkte, die von zwei festen Punkten
Die Supplementwinkel der Dreieckswinkel nennt
A und B gleich weit entfernt sind, ist die Mittelsenkrechte man Außenwinkel des Dreiecks. Die Summe der
auf der Strecke AB. Außenwinkel a0 ; b0 ; g0 in jedem Dreieck beträgt
4. Geometrischer Ort aller Punkte, die von zwei festen nicht 360 .
parallelen Geraden g und h den gleichen Abstand haben,
sind die beiden (zueinander senkrechten) Winkelhalbieren-
den zwischen g und h. a0 þ b0 þ g0 ¼ 360

Bild III-25
6 Dreiecke C Außenwinkelsumme
g′
6.1 Allgemeine Dreiecke g gleich 360
Ein Dreieck besteht aus drei nicht auf einer Ge-
raden liegenden Punkten A; B; C und den Strecken
AB; AC; BC: a b b′
A
Die Punkte A; B; C sind die Eckpunkte des Drei- a′ B
ecks, die Strecken AB; AC; BC sind die Seiten des
Dreiecks, und ihre Längen jABj; jACj; jBCj sind die
Seitenlängen des Dreiecks. In einem Dreieck liegt der größeren Seite stets der
Meistens werden die Seitenlängen mit a; b; c und die größere Winkel gegenüber.
Innenwinkel des Dreiecks mit a; b; g bezeichnet,
und zwar in der Weise, daß der Punkt A der Seite a>b>c,a>b>g
mit der Länge a, der Punkt B der Seite mit der Län-
ge b, der Punkt C der Seite mit der Länge c gegen- In einem spitzwinkligen Dreieck sind alle drei In-
überliegt und daß der Winkel a den Scheitelpunkt nenwinkel kleiner als 90 , in einem rechtwinkligen
III Planimetrie 51

Dreieck ist ein Winkel gleich 90 , in einem stumpf- In einem gleichseitigen Dreieck sind auch alle Win-
winkligen Dreieck ist ein Winkel größer als 90 . kel gleich groß, jeder Winkel beträgt also 60 .
Der Umfang u eines Dreiecks ist die Summe der Das gleichseitige Dreieck hat drei Symmetrieachsen.
Seitenlängen.
Bild III-27
u¼aþbþc 60° Gleichseitiges Dreieck
a a
Der Flächeninhalt A eines Dreiecks berechnet sich
nach der Grundformel
60° 60°
1 :: a
A ¼  Grundseite  Ho he
2
Die Höhen, Winkelhalbierenden, Seitenhalbieren-
Daraus ergeben sich folgende Formeln für den Flä-
den und Mittelsenkrechten fallen beim gleichseitigen
cheninhalt A (vgl. Kapitel VI)
Dreieck zusammen (vgl. Abschnitt III.6.5). Folglich
fallen auch die Mittelpunkte des Inkreises und des
1 1 1
A¼ a  ha ¼ b  hb ¼ c  hc Umkreises mit dem Schwerpunkt des Dreiecks zu-
2 2 2 sammen.
1 1
¼ a  b  sin g ¼ a  c  sin b Ein gleichseitiges Dreieck heißt auch reguläres oder
2 2 regelmäßiges Dreieck.
1
¼ b  c  sin a
2 ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
p
¼ sðs  aÞ ðs  bÞ ðs  cÞ ; 6.4 Rechtwinklige Dreiecke
1
s ¼ ða þ b þ cÞ Ein Dreieck mit einem rechten Winkel, also mit
2
einem Winkel von 90 , heißt rechtwinklig.
Die Summe der beiden anderen (spitzen) Winkel in
Die letzte Formel ist die sogenannte Heronische Flä-
einem rechtwinkligen Dreieck ist ebenfalls 90 .
chenformel (nach dem griechischen Mathematiker
Die dem rechten Winkel gegenüberliegende Drei-
Heron von Alexandria, 1. Jahrhundert u. Z.), damit
ecksseite ist die Hypotenuse, die beiden anderen
ist die Berechnung des Flächeninhalts eines Drei-
Seiten (also die Schenkel des rechten Winkels) sind
ecks allein mit den Seitenlängen möglich.
die Katheten des rechtwinkligen Dreiecks.

6.2 Gleichschenklige Dreiecke C


Ein Dreieck mit zwei gleich langen Seiten heißt Ka
te

the
gleichschenklig.
the

te
Ka

Die gleich langen Seiten heißen Schenkel und die


dritte Seite Basis des Dreiecks. Die Winkel an der a b
Basis sind die Basiswinkel. Der der Basis gegen- A B
Hypotenuse
überliegende Punkt heißt Spitze.
Bild III-28 Rechtwinkliges Dreieck (a þ b ¼ 90 )
C Bild III-26
Spitze
Gleichschenkliges Dreieck Für das rechtwinklige Dreieck gelten einige interes-
Sc

sante Flächensätze (vgl. Abschnitt III.6.6).


el
nk

he
n
he

ke
Sc

Basiswinkel
A
a a
B
6.5 Besondere Geraden, Strecken
Basis und Kreise
Symmetrieachse
Der Umkreis eines Dreiecks ist der Kreis durch die
drei Eckpunkte des Dreiecks, der dem Dreieck um-
Die Basiswinkel sind gleich groß. Höhe, Seitenhal-
beschriebene Kreis.
bierende, Mittelsenkrechte und Winkelhalbierende
Der Inkreis eines Dreiecks berührt die drei Drei-
der Basis sind identisch (vgl. Abschnitt III.6.5). Sind
ecksseiten von innen, er hat die Dreiecksseiten also
umgekehrt in einem Dreieck je zwei dieser Strecken
als Tangenten. Der Inkreis ist der dem Dreieck ein-
gleich, dann ist das Dreieck gleichschenklig.
beschriebene Kreis.
Die Mittelsenkrechte einer Strecke ist die Senkrech-
6.3 Gleichseitige Dreiecke te durch den Mittelpunkt der Strecke. Beim Dreieck
Ein Dreieck mit drei gleich langen Dreiecksseiten schneiden sich die drei Mittelsenkrechten in einem
heißt gleichseitig. Punkt M, dem Mittelpunkt des Umkreises. Bei spitz-
52 Mathematik

winkligen Dreiecken liegt M innerhalb des Dreiecks,


bei stumpfwinkligen Dreiecken außerhalb und bei H
rechtwinkligen Dreiecken auf dem Rand (Mittel-
punkt der Hypotenuse) des Dreiecks.
C

C
hb
ha
b a
b M a
ma
A c B
r mc mb

A B Bild III-32 In einem stumpfwinkligen Dreieck liegt


c
H außerhalb des Dreiecks
Sind a; b; c die Dreiecksseiten und a; b; g die Winkel
Bild III-29 Dreieck mit Umkreis des Dreiecks, so gilt (vgl. Kapitel VI)
Eine Höhe in einem Dreieck ist der Teil des Lotes ha ¼ c sin b ¼ b sin g ; hb ¼ c sin a ¼ a sin g ;
von einem Eckpunkt auf die gegenüberliegende Sei-
hc ¼ a sin b ¼ b sin a
te, der von dem Eckpunkt und dieser Seite (bzw.
ihrer Verlängerung) begrenzt wird.
Die Längen der Höhen verhalten sich umgekehrt
C proportional wie die zugehörigen Seitenlängen.
g
1 1 1
ha : hb : hc ¼ : :
hc a b c
b a
Eine Winkelhalbierende ist eine Gerade durch den
ha H hb Scheitelpunkt eines Winkels, so daß die beiden Winkel
zwischen Gerade und je einem Schenkel gleich sind.
a b
Im Dreieck sind die drei Winkelhalbierenden Strek-
A c B
ken PQ, wobei P ein Eckpunkt (Scheitelpunkt des
Bild III-30 Die Höhen eines Dreiecks schneiden entsprechenden Winkels) und Q der Schnittpunkt
sich in einem Punkt H mit der gegenüberliegenden Seite ist. Die drei Win-
kelhalbierenden im Dreieck schneiden sich in einem
Die drei Höhen eines Dreiecks (bzw. ihre Verlän- Punkt, dem Mittelpunkt des Inkreises.
gerungen) schneiden sich in einem Punkt H. Der Die Längen der Winkelhalbierenden im Dreieck
Höhenschnittpunkt des Dreiecks heißt Orthozen- werden mit wa ; wb ; wg bezeichnet.
trum des Dreiecks.
C
Bei spitzwinkligen Dreiecken liegt der Höhen-
schnittpunkt H im Innern des Dreiecks, bei einem g g
rechtwinkligen Dreieck fällt H mit dem Scheitel- 2 2
punkt des rechten Winkels zusammen (zwei Höhen
wg
fallen mit den Katheten zusammen), bei stumpf- r r
b a
winkligen Dreiecken liegt der Höhenschnittpunkt H
außerhalb des Dreiecks. wb
a wa b
Die Längen der Höhen im Dreieck werden mit ha ; r
2a b 2
hb ; hc bezeichnet. 2 2
A c B
C=H
Bild III-33 Dreieck mit Inkreis
b = ha a = hb
Für die Winkelhalbierenden gilt (vgl. Kapitel VI)
hc
a b
2bc cos 2ac cos
A B wa ¼ 2 ; wb ¼ 2 ;
c bþc aþc
Bild III-31 In einem rechtwinkligen Dreieck fällt H g
2ab cos
mit dem Scheitelpunkt des rechten Win- wg ¼ 2
kels zusammen aþb
III Planimetrie 53

Eine Winkelhalbierende teilt die gegenüberliegende Radius r des Umkreises


Seite im Verhältnis der Längen der anliegenden Sei-
ten. a b c
r¼ ¼ ¼
2 sin a 2 sin b 2 sin g
g g bc ac ab
¼ ¼ ¼
b 2 2 a 2ha 2hb 2hc
wg abc
¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
4 sðs  aÞ ðs  bÞ ðs  cÞ
v u

Bild III-34 Winkelhalbierende im Dreieck 6.6 Flächensätze im rechtwinkligen Dreieck


(u : v ¼ a : b) 1. Kathetensatz
In einem rechtwinkligen Dreieck ist das Quadrat
Eine Seitenhalbierende (auch Median genannt) in über einer Kathete gleich dem Rechteck aus Hypo-
einem Dreieck ist die Verbindungsstrecke einer tenuse und zugehörigem Hypotenusenabschnitt.
Ecke mit dem Mittelpunkt der gegenüberliegenden Der Hypotenusenabschnitt ist die Projektion
Seite. (Parallelprojektion) der entsprechenden Kathete
Die drei Seitenhalbierenden eines Dreiecks schnei- auf die Hypotenuse.
den sich in einem Punkt S, dem Schwerpunkt des Sind a; b die Kathetenlängen, c die Hypotenusen-
Dreiecks. Der Schwerpunkt teilt die Seitenhalbieren- länge und p; q die zugehörigen Hypotenusenab-
den vom Eckpunkt aus im Verhältnis 2 : 1. schnitte des Dreiecks, so gilt
Die Längen der Seitenhalbierenden im Dreieck wer-
den mit sa ; sb ; sc bezeichnet. a2 ¼ pc ; b2 ¼ qc
C

sc C
E D
S b a
h
sb D
A q p B
sa
A B
F c c
Bild III-35 Die drei Seitenhalbierenden eines Drei-
ecks schneiden sich im Schwerpunkt S Bild III-36
ðjASj : jSDj ¼ jBSj : jSEj c Kathetensatz
¼ jCSj : jSFj ¼ 2 : 1Þ
Der Kathetensatz heißt auch erster Satz des
Für die Seitenhalbierenden gilt (vgl. Kapitel VI) Euklid (nach dem hellenistischen Mathematiker
Euklid von Alexandria, 365300 v. u. Z.).
1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2. Satz des Pythagoras
sa ¼ b2 þ c2 þ 2bc cos a
2 In einem rechtwinkligen Dreieck ist die Summe
1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi der Quadrate über den Katheten gleich dem
sb ¼ a2 þ c2 þ 2ac cos b Quadrat der Hypotenuse.
2
1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Sind a und b die Kathetenlängen und c die Hy-
sc ¼ a2 þ b2 þ 2ab cos g potenusenlänge, so gilt
2

Mit Hilfe unterschiedlicher Größen des Dreiecks a2 þ b2 ¼ c2


lassen sich die Radien des Inkreises und des Um-
kreises berechnen. Dabei ist s der halbe Umfang
1
des Dreiecks, s ¼ ða þ b þ cÞ.
2 b2 C
a2
Radius r des Inkreises b a

A c B
ðs  aÞ ð s  bÞ ðs  cÞ

s Bild III-37
c2
a b g Satz des Pythagoras:
¼ s  tan  tan  tan
2 2 2 a2 þ b2 ¼ c2
54 Mathematik

Einfacher Beweis des Satzes von Pythagoras: überein, alle Bestimmungsstücke wie Längen, Win-
In ein Quadrat Q1 der Seitenlänge a þ b wird ein kel, Fläche und so weiter sind gleich. Kongruente
Quadrat Q2 der Seitenlänge c so gelegt, daß die Figuren unterscheiden sich nur durch ihre Lage in
Eckpunkte von Q2 die Seiten von Q1 im Verhält- der Ebene.
nis a : b teilen. Dann haben die vier innerhalb So sind zum Beispiel zwei Quadrate mit gleicher
von Q1 entstandenen Dreiecke alle den Flächen- Seitenlänge kongruent oder zwei Kreise mit glei-
1 chem Radius (und unterschiedlichen Mittelpunk-
inhalt ab, und deshalb gilt:
2 ten).
1
ða þ bÞ2 ¼ c2 þ 4  ab ) a2 þ 2ab þ b2
2
¼ c2 þ 2ab ) a2 þ b2 ¼ c2

b a
b
c
a
c

Bild III-38
c a Zum Beweis
c des Satzes Bild III-40 Kongruente Quadrate
b
von Pythagoras
a b Kongruente Figuren lassen sich durch Parallelver-
schiebung, Spiegelung oder Drehung oder mehrere
3. Höhensatz dieser drei Bewegungen zur Deckung bringen.
In einem rechtwinkligen Dreieck ist das Quadrat Für Dreiecke gibt es vier Kongruenzsätze, die Be-
über der Höhe auf der Hypotenuse gleich dem dingungen für die Kongruenz angeben.
Rechteck aus den beiden durch die Höhe gebil- In der folgenden Aufzählung steht W für Winkel
deten Hypotenusenabschnitten. und S für Seite bzw. Seitenlänge.
Bezeichnet man die Höhe mit h und die Hypo-
tenusenabschnitte mit p und q, so gilt 1. Kongruenzsatz WSW und SWW
Dreiecke sind kongruent, wenn sie in einer Seite
h2 ¼ pq und den beiden anliegenden Winkeln überein-
stimmen (WSW).
Beweis des Höhensatzes: Dreiecke sind kongruent, wenn sie in einer Seite
und einem anliegenden sowie dem gegenüberlie-
Nach dem Satz des Pythagoras gilt a2 ¼ h2 þ p2
genden Winkel übereinstimmen (SWW).
und nach dem Kathetensatz a2 ¼ pc ¼ pðp þ qÞ.

a c

C b
h b
a
h a c
a
D c a
A q p B g
p
a
g
c
q
Bild III-39 Bild III-41 Kongruenzsatz WSW und SWW
Höhensatz
p
2. Kongruenzsatz SSW
Subtraktion der beiden Gleichungen ergibt 0 ¼ Dreiecke sind kongruent, wenn sie in zwei Seiten
h2 þ p2  ðp2 þ pqÞ ¼ h2  pq, woraus h2 ¼ pq und dem der längeren Seite gegenüberliegenden
folgt. Winkel übereinstimmen.
Der Höhensatz heißt auch zweiter Satz des Euklid.

6.7 Kongruenz von Dreiecken b a


a b
b
Zwei geometrische Figuren heißen kongruent, wenn b
sie deckungsgleich sind. Kongruente geometrische
Figuren stimmen also in Größe und Gestalt völlig Bild III-42 Kongruenzsatz SSW
III Planimetrie 55

3. Kongruenzsatz SWS c C
Dreiecke sind kongruent, wenn sie in zwei Seiten g
und dem von ihnen eingeschlossenen Winkel C′
übereinstimmen. a g g

a a g b
180°
a =180°– (a+g) a
b b – (a+g)
A B
c c c

Bild III-43 Kongruenzsatz SWS Bild III-46 Grundkonstruktion SWW

4. Kongruenzsatz SSS 2. Grundkonstruktion SSW


Dreiecke sind kongruent, wenn sie in den drei Gegeben: b; c; b < 90 (Seite, Seite, Winkel)
Seiten übereinstimmen. Konstruktion: Man zeichnet c ¼ jABj und trägt an
AB in B den Winkel b an. Dann zeichnet man
c
um A einen Kreisbogen mit dem Radius b. Die
b a Lösung der Konstruktionsaufgabe ist abhängig
a von der Anzahl der Schnittpunkte des Kreisbo-
b
c gens mit dem freien Schenkel von b:
Bild III-44 Kongruenzsatz SSS
a) Der Kreis schneidet den freien Schenkel des
gegebenen Winkels b nicht; keine Lösung.
b) Der Kreis berührt den freien Schenkel; ein
6.8 Grundkonstruktionen des Dreiecks
rechtwinkliges Dreieck als Lösung (g ¼ 90 ).
Entsprechend den vier Kongruenzsätzen für das c) Der Kreis schneidet den freien Schenkel zwei-
Dreieck gibt es vier Grundkonstruktionen für das mal, und für den Radius b ¼ bc gilt bc < c;
Dreieck. zwei verschiedene Lösungen DðABC1 Þ und
In der folgenden Aufzählung steht W für Winkel DðABC2 Þ.
und S für Seite bzw. Seitenlänge. d) Der Kreis schneidet den freien Schenkel zwei-
mal, und für den Radius b ¼ bc gilt bc ¼ c
1. Grundkonstruktion WSW und SWW
(der Kreis geht durch den Scheitelpunkt B
a) Gegeben: a; c; b (Winkel, Seite, Winkel)
des gegebenen Winkels b); ein gleichschenkli-
Konstruktion: Man zeichnet c ¼ jABj und trägt
ges Dreieck als Lösung (b ¼ bd ¼ c; Spitze A).
an AB in A den Winkel a und in B den Win-
e) Der Kreis schneidet den freien Schenkel ein-
kel b an. Die freien Schenkel von a und b
mal; ein Dreieck als Lösung (b ¼ be > c).
schneiden sich im Eckpunkt C.
Bedingung: a þ b < 180 Der Kongruenzsatz SSW gilt für die Fälle b), d)
und e).
C
ba
c c
a
bb
bc
b b
a b bd
A c B
be
Bild III-45 Grundkonstruktion WSW C

b) Gegeben: c; a; g (Seite, Winkel, Winkel) be C


Erste Konstruktion: Man konstruiert b als Ne-
benwinkel von a þ g und verfährt wie oben. bd = c C 1
Zweite Konstruktion: Man zeichnet c ¼ jABj bc
und trägt an AB in A den Winkel a an. In bb C
einem beliebigen Punkt C0 des freien Schen- ba bc C2
kels von a trägt man an diesen den Winkel g
an. Die Parallele zu dem freien Schenkel von A b B
c
g durch B schneidet den freien Schenkel von
a im Eckpunkt C. Bild III-47 Grundkonstruktion SSW
Bedingung: a þ b < 180 (gegeben: b; c; b < 90 )
56 Mathematik

Gegeben: b; c; b  90 (Seite, Seite, Winkel) C


Konstruktion: Nach Konstruktion von AB und b a
Antragen von b wie oben sind hier folgende a b c A B
Fälle möglich: c
a
f) Der Kreis um A mit dem Radius bf schneidet b
den freien Schenkel des gegebenen Winkels b C′
nicht; keine Lösung.
g) Der Kreis um A mit dem Radius bg geht Bild III-50 Grundkonstruktion SSS
durch den Punkt B; „Lösung‘‘ ist ein zur
Strecke (AB) entartetes Dreieck. Anmerkung: Wenn sich, wie bei der letzten Kon-
h) Der Kreis um A mit dem Radius bh schneidet struktion, zwei spiegelbildlich gleiche Lösungen er-
den freien Schenkel des gegebenen Winkels b geben (denn die Kreise schneiden sich zweimal, in
in C; eine Lösung. C und C 0 , falls die Dreiecksungleichungen erfüllt
Der Kongruenzsatz SSW gilt hier nur für den sind), wählt man diejenige aus, bei der die Punkte
Fall h). A; B; C entgegen dem Uhrzeigersinn, also im mathe-
matisch positiven Sinn, aufeinander folgen.
c
bf 7 Vierecke
bg b 7.1 Allgemeine Vierecke
bh Ein Viereck besteht aus vier Punkten A; B; C; D,
C von denen keine drei auf einer Geraden liegen, und
bh den Strecken AB; BC; CD; DA:
bf
b Die Punkte A; B; C; D sind die Eckpunkte des Vier-
A B ecks, die Strecken AB; BC; CD; DA sind die Seiten
c = bg
des Vierecks, und ihre Längen jABj; jBCj; jCDj;
Bild III-48 Grundkonstruktion SSW jDAj sind die Seitenlängen des Vierecks.
(gegeben: b; c; b  90 ) Meistens werden die Seitenlängen mit a; b; c; d und
die Innenwinkel des Vierecks mit a; b; g; d bezeich-
3. Grundkonstruktion SWS net, und zwar so, daß a ¼ jABj; b ¼ jBCj; c ¼ jCDj;
Gegeben: b; a; c (Seite, Winkel, Seite) d ¼ jDAj und daß der Winkel a den Scheitelpunkt
Konstruktion: Den Schenkeln des Winkels a gibt A, der Winkel b den Scheitelpunkt B, der Winkel g
man die Längen b ¼ jACj und c ¼ jABj. Man den Scheitelpunkt C und der Winkel d den Scheitel-
verbindet B und C. punkt D hat.
Bedingung: a < 180
C
c g
D e b
C f
d d f
b c a b
b A B
a a a
A c B
Bild III-51 Bezeichnungen im Viereck
Bild III-49 Grundkonstruktion SWS
Die Strecken AC und BD heißen Diagonalen des
Vierecks, ihre Längen werden meist mit e und f be-
4. Grundkonstruktion SSS
zeichnet: e ¼ jACj; f ¼ jBDj.
Gegeben: a; b; c (Seite, Seite, Seite).
Abkürzend verwendet man für ein Viereck das Sym-
Konstruktion: Man zeichnet c ¼ jABj und schlägt
bol &, und für ein Viereck mit den Eckpunkten
um A einen Kreisbogen mit dem Radius b und
A; B; C; D schreibt man &(ABCD).
um B einen Kreisbogen mit dem Radius a. Der
Die Winkelsumme in einem beliebigen Viereck be-
Eckpunkt C ist der Schnittpunkt der Kreisbögen,
trägt 360 .
der „oberhalb‘‘ von AB liegt (A; B; C folgen im
mathematisch positiven Drehsinn, also entgegen
dem Uhrzeigersinn aufeinander). Anschließend a þ b þ g þ d ¼ 360
wird noch C mit den Eckpunkten A und B ver-
bunden.
Für die Längen der Seiten und der Diagonalen in
Bedingungen: a < b þ c; b < a þ c; c < a þ b
einem Viereck gilt folgender Zusammenhang:
(Dreiecksungleichungen)
In einem Viereck ist das Produkt der Diagonalen-
längen kleiner oder gleich der Summe der Pro-
III Planimetrie 57

dukte der Längen je zwei gegenüberliegender Sei- Das Trapez mit den Grundlinienlängen a und c und
ten. der Höhe h ist flächengleich einem Rechteck mit
den Seitenlängen m und h.
ef  ac þ bd Für den Flächeninhalt A des Trapezes gilt

aþc
Die Gleichheit gilt genau dann, wenn das Viereck A ¼ mh ¼ h
2
ein Sehnenviereck ist (bei einem Sehnenviereck lie-
gen alle vier Punkte auf einem Kreis).
Diese Aussage ist der verallgemeinerte Satz des 7.3 Parallelogramme
Ptolemäus (vgl. Abschnitt III.7.8). Ein Parallelogramm ist ein Viereck, bei dem die bei-
Der Umfang u eines Vierecks ist die Summe der den jeweils einander gegenüberliegenden Seiten par-
Seitenlängen. allel sind.
Einander gegenüberliegende Seiten im Parallelo-
u¼aþbþcþd gramm sind gleich lang; einander gegenüberliegende
Winkel sind gleich groß; benachbarte Winkel ergän-
Für den Flächeninhalt A eines Vierecks gilt (vgl. zen sich zu 180 ; die Diagonalen halbieren sich in
Kapitel VI): ihrem Schnittpunkt.
Das Parallelogramm mit den Seitenlängen a und b
ist flächengleich einem Rechteck mit den Seitenlän-
1 1
A¼ ðad sin a þ bc sin gÞ ¼ ðab sin b þ cd sin dÞ gen a und ha (oder b und hb ).
2 2
1
¼ ef sin j D a C
2
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi a
aþg 180° – a
¼ ðs  aÞ ðs  bÞ ðs  cÞ ðs  dÞ  abcd cos2 e
2 ha
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi b b
b þ d
¼ ðs  aÞ ðs  bÞ ðs  cÞ ðs  dÞ  abcd cos2 f
2 180° – a
a
A a B
Dabei ist j der Winkel zwischen den Diagonalen
und s der halbe Umfang des Vierecks, also Bild III-53 Parallelogramm
1
s ¼ ða þ b þ c þ dÞ. Für den Umfang u und den Flächeninhalt A eines
2
Die beiden letzten Formeln sind Verallgemeinerun- Parallelogramms mit den Seitenlängen a und b gilt
gen der Heronischen Flächenformel für Dreiecke.
Umfang u ¼ 2a þ 2b
::
7.2 Trapeze Flacheninhalt A ¼ aha ¼ bhb ¼ ab sin a
Ein Trapez ist ein Viereck, bei dem zwei Seiten zu-
Für die Längen der Seiten und der Diagonalen in
einander parallel sind.
einem Parallelogramm gilt folgender Zusammen-
Die parallelen Seiten heißen Grundlinien und die
hang:
anderen beiden Seiten Schenkel des Trapezes. Die
In einem Parallelogramm ist die Summe der Qua-
Verbindungsstrecke der Mittelpunkte der Schenkel
drate der Seitenlängen gleich der Summe der Qua-
heißt Mittellinie, sie ist parallel zu den Grundlinien.
drate der Diagonalenlängen, also
Die Höhe eines Trapezes ist der Abstand der paral-
lelen Grundlinien.
Sind die Schenkel gleich lang, so heißt das Trapez 2a2 þ 2b2 ¼ e2 þ f 2
gleichschenklig.
aþc
Ist m die Länge der Mittellinie, so gilt m ¼ . Diese Aussage ist der Satz von Apollonios (nach
2
dem hellenistischen Geometer und Astronom Apol-
D c C lonios von Perge, 262190 v. u. Z.).
d g
7.4 Rhomben
m Ein Rhombus ist ein Parallelogramm mit gleich lan-
d h
b gen Seiten.
Damit gelten für Rhomben alle Eigenschaften von
a b
Parallelogrammen. Darüber hinaus gilt: Die Diago-
A a B
nalen eines Rhombus halbieren sich in ihrem
Bild III-52 Trapez Schnittpunkt, sie halbieren alle Winkel, und sie ste-
58 Mathematik

hen senkrecht aufeinander. Statt Rhombus sagt man Für den Umfang u und den Flächeninhalt A eines
auch Raute. Quadrats der Seitenlänge a gilt

a Umfang u ¼ 4a
:: 1
Flacheninhalt A ¼ a2 ¼ e2
f 2
a a
Ein Quadrat heißt auch reguläres oder regelmäßiges
e Bild III-54 Viereck.
Rhombus
a 7.7 Drachen
Für den Umfang u und den Flächeninhalt A eines Ein Drachen ist ein Viereck mit zwei Paaren gleich
Rhombus der Seitenlänge a gilt (e und f sind die langer benachbarter Seiten.
Längen der Diagonalen) Statt Drachen sagt man auch Drachenviereck.
Die Diagonalen eines Drachens stehen senkrecht
Umfang u ¼ 4a aufeinander.
:: 1
Flacheninhalt A ¼ a2 sin a ¼ ef D
2
d c

7.5 Rechtecke A e C
Ein Rechteck ist ein Parallelogramm mit vier rech-
ten Winkeln. f
a b
Die Diagonalen eines Rechtecks halbieren sich in
ihrem Schnittpunkt und sind gleich lang, es gilt
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Bild III-57
e ¼ f ¼ a2 þ b2 . Drachen
B
a
Ein Drachen mit vier gleich langen Seiten ist ein
e Rhombus (eine Raute).
Sind e und f die Längen der Diagonalen, dann gilt
b b
für den Flächeninhalt A des Drachens
e Bild III-55
Rechteck 1
a A¼ ef
2
Für den Umfang u und den Flächeninhalt A eines
Rechtecks mit den Seitenlängen a und b gilt 7.8 Sehnenvierecke
Ein Sehnenviereck ist ein Viereck, bei dem alle vier
Umfang u ¼ 2a þ 2b Eckpunkte auf einem Kreis liegen.
::
Flacheninhalt A ¼ ab
C
c
7.6 Quadrate D e
d b
Ein Quadrat ist ein Rechteck mit gleich langen Sei- A f
ten. Die Diagonalen eines Quadrats sind gleich lang a
und pstehen
ffiffiffi senkrecht aufeinander. Es gilt e ¼ f B Bild III-58
¼ a 2. Sehnenviereck

a
Der Kreis heißt Umkreis des Vierecks, die Seiten
e sind Sehnen dieses Kreises.
Ein Viereck ist genau dann ein Sehnenviereck,
a a wenn gegenüberliegende Winkel Supplementwinkel
sind, sich also zu 180 ergänzen.
e Bild III-56
Quadrat
a a þ g ¼ b þ d ¼ 180

Ein Quadrat ist auch ein Rhombus (eine Raute) mit In einem Sehnenviereck ist das Produkt der Diago-
vier rechten Winkeln. nalenlängen gleich der Summe der Produkte der
III Planimetrie 59

Längen je zwei gegenüberliegender Seiten (Satz von 8 Reguläre n-Ecke


Ptolemäus).
Ein n-Eck besteht aus n Punkten, den Eckpunkten
ef ¼ ac þ bd des n-Ecks, und n Seiten, den Strecken zwischen
den Eckpunkten.
Die Formel wurde hergeleitet und bewiesen von Haben alle Seiten die gleiche Länge und sind alle
dem hellenistischen Geometer und Astronom Ptole- Innenwinkel gleich groß, dann heißt das n-Eck regu-
maios von Alexandria ( 83161 u. Z.). lär oder regelmäßig.
In einem Sehnenviereck verhalten sich die Längen Bei einem regulären n-Eck liegen alle Eckpunkte
der Diagonalen wie die Summen der Produkte der auf einem Kreis, dem Umkreis des n-Ecks, und alle
Längen jener Seitenpaare, die sich in den Endpunk- Seiten sind Tangenten eines einbeschriebenen Krei-
ten der Diagonalen treffen (Satz von Brahmagupta). ses, dem Inkreis des n-Ecks. Die Seiten sind Sehnen
des Umkreises.
e ab þ cd
¼
f ad þ bc
gn

Die Formel wurde von dem Inder Brahmagupta (6./


7. Jahrhundert u. Z.) entdeckt, der erste Beweis rn
stammt von dem deutschen Mathematiker Johannes
Müller, genannt Regiomontanus (1436––1476). an
Durch Multiplikation bzw. Division dieser beiden r
Formeln erhält man Ausdrücke für die Längen der
beiden Diagonalen. bn
an
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ðab þ cdÞ ðac þ bdÞ
e¼ ; Bild III-60 Bezeichnungen im regulären n-Eck
ad þ bc
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ðad þ bcÞ ðac þ bdÞ
f ¼ Ein reguläres Dreieck ist ein gleichseitiges Dreieck,
ab þ cd
ein reguläres Viereck ist ein Quadrat.
Die Summe der Innenwinkel in einem beliebigen
Für den Flächeninhalt A des Sehnenvierecks gilt,
n-Eck ist ðn  2Þ  180 : Da alle n Innenwinkel gn
wenn s der halbe Umfang des Sehnenvierecks ist,
1 gleich groß sind, gilt
also s ¼ ða þ b þ c þ dÞ,
2
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi n2
Innenwinkel gn ¼  180
A ¼ ðs  aÞ ðs  bÞ ðs  cÞ ðs  dÞ n

7.9 Tangentenvierecke Durch die Verbindungsstrecken der Eckpunkte mit


dem Mittelpunkt des Umkreises wird das reguläre
Ein Tangentenviereck ist ein Viereck, bei dem alle
n-Eck in n kongruente Dreiecke zerlegt. Für die Ba-
vier Seiten denselben Kreis berühren.
siswinkel bn und die Zentriwinkel an gilt
D
c 1 n2
Basiswinkel bn ¼
g ¼  90
C 2 n n
360
Zentriwinkel an ¼
n
d
b
Für die Seitenlänge an, den Umkreisradius r und
Bild III-59 den Inkreisradius rn des regulären n-Ecks gilt (vgl.
A a
Tangentenviereck Kapitel VI):
B

Der Kreis heißt Inkreis des Vierecks, die Seiten sind :: pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi an
Seitenlange an ¼ 2r2  r2n ¼ 2r sin
Tangenten dieses Kreises. 2
Ein Viereck ist genau dann ein Tangentenviereck, an
¼ 2rn tan
wenn die Summe der Längen zweier gegenüberlie- 2
an
gender Seiten gleich der Summe der Längen der Umkreisradius r ¼ an
beiden anderen Seiten ist. 2 sin
2
an an
aþc¼bþd Inkreisradius rn ¼ cot
2 2
60 Mathematik

Für den Umfang un und den Flächeninhalt An des In einem konvexen Polygon liegen alle Diagonalen
regulären n-Ecks ergibt sich dann im Innern des Polygons, und alle Innenwinkel sind
kleiner als 180 .
Umfang un ¼ nan Da man das Innere eines n-Ecks durch n  2 sich
:: 1 1 nicht überschneidende Diagonalen in n  2 Drei-
Flacheninhalt An ¼ nan rn ¼ nr2 sin an ecke zerlegen kann und die Winkelsumme im Drei-
2 2
1 2 an eck 180 ist, beträgt die Summe der Innenwinkel in
¼ nan cot einem beliebigen n-Eck ðn  2Þ  180 .
4 2

bersicht über die regulären n-Ecke für kleine n (r ¼ Umkreisradius)

n Innen- Zentri- Seitenlänge an Umfang un Flächeninhalt An


winkel winkel
gn an

pffiffiffi 3 pffiffiffi 2
3 60 120 r 3 2r  2;5980 . . . 3r
4
pffiffiffi
4 90 90 r 2 2r  2;8284 . . . 2r2
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
r pffiffiffi 5 pffiffiffiffi
5 108 72 10  2 5 2r  2;9389 . . . 10 þ 2 5 r2
2 8

3 pffiffiffi 2
6 120 60 r 2r  3 3r
2
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi pffiffiffi
8 135 45 r 2 2 2r  3;0614 . . . 2 2 r2
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
r pffiffiffi 5 pffiffiffi
10 144 36 ð 5  1Þ 2r  3;0901 . . . 10  2 5 r2
2 4
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffiffi
12 150 30 r 2 3 2r  3;1058 . . . 3r2

Mit wachsendem n nähert der Umfang un sich dem In einem regulären (regelmäßigen) Polygon haben
Umfang 2r  p ¼ 2r  3;1415 . . . und der Flächeninhalt alle Seiten die gleiche Länge, und alle Innenwinkel
An sich dem Flächeninhalt pr2 des Kreises mit dem sind gleich groß.
Radius r an.

9 Polygone
Ein Polygon ist ein geschlossener Streckenzug der
Ebene.
Ein Polygon oder Vieleck mit n Eckpunkten ist ein Bild III-61
n-Eck. Die Strecken zwischen den Eckpunkten sind Einfaches Polygon
die Seiten des Polygons.
Ein einfaches Polygon teilt die Ebene in zwei Gebie-
te, das Innere und das ußere, die durch die Seiten
des Polygons getrennt werden.
Die Länge des geschlossenen Streckenzugs ist der
Umfang des Polygons, und die Fläche des Inneren ist Bild III-62
der Flächeninhalt des Polygons. Eine Verbindungs- Konvexes Polygon
strecke zweier nicht benachbarter Eckpunkte ist eine
Diagonale des Polygons. (Zwei Eckpunkte heißen be-
nachbart, wenn es zwischen ihnen eine Seite gibt.) Je-
der Eckpunkt kann also mit n  3 anderen Eckpunk-
ten durch eine Diagonale verbunden werden (denn
jeder der n Eckpunkte hat n  3 andere Eckpunkte
nicht als Nachbarn). Die Innenwinkel des Polygons Bild III-63
haben als Scheitelpunkte die Eckpunkte des Polygons. Reguläres Polygon
III Planimetrie 61

10 Kreise Für den Umfang u und die Fläche A eines Kreises


mit dem Radius r und dem Durchmesser d gilt
10.1 Definitionen
Ein Kreis ist der geometrische Ort aller Punkte der Kreisumfang u ¼ 2pr ¼ pd
Ebene, die von einem festen Punkt M einen kon- :: p
Kreisflache A ¼ pr2 ¼ d2
stanten Abstand r haben. 4
Der Punkt M ist der Mittelpunkt und r der Radius
des Kreises. Ein Kreis ist festgelegt durch den Mittelpunkt und
Zur Unterscheidung von der durch einen Kreis in einen weiteren Punkt oder durch drei Punkte (die
der Ebene abgegrenzten Fläche, der Kreisfläche, nicht alle auf einer Geraden liegen).
wird der Kreis selbst auch als Kreisperipherie oder Kreise, die den gleichen Mittelpunkt haben, heißen
Kreisrand bezeichnet. konzentrische Kreise. Zwei Kreise mit verschiede-
Einen Kreis mit dem Radius r ¼ 0 nennt man entartet. nen Mittelpunkten nennt man exzentrisch.
Ein Kreis mit dem Radius r ¼ 1 heißt Einheitskreis. Die von zwei konzentrischen Kreisen begrenzte Flä-
Kreise kürzt man oft mit k ab, und für die Periphe- che heißt Kreisring. Ist R der Radius des äußeren
rie des Kreises mit dem Radius r und dem Mittel- Kreises und r der Radius des inneren Kreises, dann
punkt M schreibt man kðM; rÞ. gilt für den Flächeninhalt A des Kreisrings
Jede Gerade durch zwei Punkte der Kreisperipherie
nennt man Sekante. Der zwischen den Punkten ge- A ¼ pðR2  r2 Þ
legene Teil der Sekante heißt Sehne. Eine Sehne
durch den Mittelpunkt heißt Durchmesser des Krei- 10.2 Kreissektoren
ses. Durchmesser sind die größten Sehnen des Krei-
Ein Kreissektor oder Kreisausschnitt ist der Teil der
ses. Für die Länge d eines Durchmessers gilt d ¼ 2r.
Fläche eines Kreises, der von den Schenkeln eines
Zentriwinkels und dem zugehörigen Kreisbogen be-
grenzt wird.

s1
s2
Bild III-64 Kreissegment
s3 Sehnen eines Kreises Sehne
(Sehne s2 ist auch
Durchmesser)

Winkel, deren Scheitelpunkt ein Punkt der Kreisperi-


pherie ist und deren Schenkel Sekanten des Kreises
sind, heißen Peripherie- oder Umfangswinkel. Kreissektor
Winkel, deren Scheitelpunkt der Kreismittelpunkt ist,
nennt man Zentri- oder Mittelpunktswinkel. Der
durch einen Peripherie- oder Zentriwinkel ausge-
schnittene Teil der Kreisperipherie heißt Kreisbogen. Bild III-66 Kreissektor und Kreissegment

Ist a ein Zentriwinkel und hat der Kreis den Radius


r, dann ergibt sich für die Länge la des Kreisbogens

a
Peri- la ¼ pr
180
pherie-
Radius r
winkel
Für die Fläche Aa des Kreissektors gilt

M Durchmesser d a 1
Aa ¼ pr2 ¼ rla
360 2

Zentri-
winkel r

a la

r Bild III-67
Bild III-65 Bezeichnungen am Kreis Bezeichnungen Kreissektor
62 Mathematik

10.3 Kreissegmente 10.5 Winkelsätze am Kreis


Ein Kreissegment oder Kreisabschnitt ist der Teil Die Winkelsätze enthalten Eigenschaften von Peri-
der Fläche eines Kreises, der von einer Sehne AB pherie- und Zentriwinkeln von Kreisen:
_ _
und einem der zugehörigen Kreisbögen AB oder BA Alle Peripheriewinkel über der gleichen Sehne sind
begrenzt wird. gleich groß.
Ein Kreissegment ist also der Teil eines Kreissek- Jeder Peripheriewinkel über dem Durchmesser ist
tors, der zwischen dem Kreisbogen und der zugehö- ein rechter Winkel (Satz von Thales).
rigen Sehne liegt. Ein Kreis wird von einer Sehne in Jeder Peripheriewinkel ist halb so groß wie der Zen-
zwei Segmente zerlegt. triwinkel über dem gleichen Kreisbogen (über der
Ist r der Radius eines Kreises, a ein Zentriwinkel, gleichen Sehne).
s die Länge der zugehörigen Sehne und h die Höhe Jeder Peripheriewinkel ist genauso groß wie der
a Sehnentangentenwinkel (Winkel zwischen Sehne
des Kreissegments, dann berechnet man s ¼ 2r sin
a 2 und Tangente an den Kreis durch einen der End-
und h ¼ 2r sin2 , woraus sich für die Länge la des punkte der Sehne).
4
Kreisbogens ergibt
C1 Bild III-70
a
la ¼ pr g Spitzer Peripheriewinkel
180 C3
g
Für die Fläche Aa des Kreissegments gilt M C2
g
2g
1
Aa ¼ ½rla  sðr  hÞ A g B
2
b
T
Kreis-
r s segment
2 C
h la
Bild III-71
a r–h g
Stumpfer Peripheriewinkel
s A B
2 M g
r 2g

b T
Bild III-68 Bezeichnungen Kreissegment

10.4 Kreise und Geraden Zeichnet man einen Kreis um den Mittelpunkt M
Ein Kreis und eine Gerade können drei grundsätz- einer Strecke AB mit dem Durchmesser jABj, dann
lich verschiedene Lagen zueinander haben: ist jeder Peripheriewinkel über der Strecke AB ein
Die Gerade ist eine Passante p, sie hat mit dem rechter Winkel. Ein solcher Kreis heißt Thaleskreis
Kreis keinen Punkt gemeinsam. (nach dem griechischen Philosophen und Mathema-
Die Gerade ist eine Tangente t, sie hat mit dem tiker Thales von Milet, 624546 v. u. Z.). Der
Kreis genau einen Punkt, den Berührungspunkt P, Thaleskreis ist also der geometrische Ort der Schei-
gemeinsam. telpunkte aller rechten Winkel, deren Schenkel
Die Gerade ist eine Sekante s, sie hat mit dem Kreis durch die Punkte A und B gehen.
zwei Punkte, die Schnittpunkte P1 und P2 , gemeinsam.

p
t

s
P P2 M
A B

P1 k
M
r

Bild III-69 Sekante s, Tangente t, Passante p Bild III-72 Thaleskreis


III Planimetrie 63

10.6 Eigenschaften von Sekanten Gemeinsame Tangenten an zwei Kreise


und Sehnen An zwei Kreise k1 und k2 mit den Radien r1 und r2
Haben zwei Sekanten den gleichen Abstand a vom sowie den Mittelpunkten M1 und M2 sollen gemein-
Mittelpunkt M eines Kreises, dann ist die Länge der same Tangenten konstruiert werden. Ohne Ein-
Sehnen, die der Kreis aus jeder Sekante ausschnei- schränkung der Allgemeinheit sei r1  r2 . Gemein-
det, gleich. same Tangenten gibt es nur dann, wenn ein Kreis
Umkehrung: Gleich lange Sehnen ein und desselben nicht ganz innerhalb des anderen liegt.
Kreises haben den gleichen Abstand vom Mittel-
punkt: jM1 Mj ¼ jM2 Mj ¼ a. 1. ußere Tangenten
Die Mittelsenkrechten von zwei beliebigen Sehnen Im Fall r1 ¼ r2 verbindet man die Mittelpunkte
ein und desselben Kreises schneiden sich im Mittel- M1 und M2 miteinander. Die Parallelen zu
punkt. M1 M2 im Abstand r1 ¼ r2 sind die gemeinsamen
äußeren Tangenten von k1 und k2 .
Im Fall r2 > r1 schlägt man um M2 einen Hilfs-
kreis mit dem Radius r2  r1. An diesen Kreis
e M3 werden von M1 aus die Tangenten mit Hilfe
2a M e des Thaleskreises über M1 M2 konstruiert. Die
M1
e a 2 Bild III-73 (äußeren) Parallelen hierzu im Abstand r1 sind
e
2 M2 Eigenschaften von die gesuchten gemeinsamen äußeren Tangenten
2
Sekanten und Sehnen der Kreise k1 und k2 .

Anwendung: Ist von einem Kreis nur die Peripherie


oder auch nur ein Bogen bekannt, der Mittelpunkt
Thales-
dagegen unbekannt, dann findet man diesen Mittel- kreis Hilfs-
punkt als Schnittpunkt der Mittelsenkrechten von r2–r1 kreis
zwei beliebigen Sehnen.
M2
k1 M1
10.7 Tangentenkonstruktionen k2
r1 r2
Tangenten an einen Kreis
Von jedem Punkt P0 außerhalb eines Kreises (Mit-
telpunkt M) gibt es zwei Tangenten an den Kreis. In Bild III-75 Gemeinsame äußere Tangenten
den Berührungspunkten P1 und P2 stehen die Tan-
genten senkrecht auf den Geraden P1 M und P2 M. 2. Innere Tangenten
Somit erhält man die Berührungspunkte als Schnitt- Die gegebenen Kreise k1 und k2 sollen keinen
punkte des Kreises mit dem Thaleskreis über der Punkt gemeinsam haben. Um den einen Mittel-
Strecke jMP0 j. punkt M2 schlägt man einen Hilfskreis mit dem
& Beispiele:
Radius r1 þ r2. An diesen Kreis werden von dem
1. Gesucht ist die Tangente an den Kreis kðM; rÞ im Kreispunkt anderen Mittelpunkt M1 aus die Tangenten kon-
P1 . struiert. Die (inneren) Parallelen hierzu im Ab-
Konstruktion: Auf P1 M wird in P1 die Senkrechte t1 errichtet. stand r1 sind die gesuchten gemeinsamen inneren
2. Gesucht sind die Tangenten von P0 mit jP0 Mj > r an den
Kreis kðM; rÞ.
Tangenten der beiden gegebenen Kreise k1 und k2 .
Konstruktion: ber P0 M als Durchmesser wird der Thales-
1
kreis k0 ðM0 ; jM0 P0 j ¼ jP0 MjÞ gezeichnet. Der Thaleskreis Thales- Hilfs-
2
schneidet den Kreis kðM; rÞ in den Punkten P1 und P2 . Die
kreis kreis
Geraden P0 P1 und P0 P2 sind die gesuchten Tangenten. k2
k1 r1 r2
M2
M1
k
2
+r

P1 Thales-
r1

kreis k0

r t1
M
M0
Bild III-76 Gemeinsame innere Tangenten
r d/2
d/2 P0 10.8 Sätze über Sehnen, Sekanten,
t2 Tangenten
P2
Sehnensatz
Schneiden sich in einem Kreis zwei Sehnen, so ist
Bild III-74 Tangenten an einen Kreis das Produkt der Längen der Abschnitte der einen
64 Mathematik

Sehne gleich dem Produkt der Längen der Ab- 10.9 Bogenmaß
schnitte der anderen Sehne.
Neben dem Gradmaß gibt es das Bogenmaß zur
Winkelmessung.
jSAj  jSBj ¼ jSCj  jSDj Beim Bogenmaß wird die Größe eines Zentriwin-
kels a in einem beliebigen Kreis durch das Verhält-
D nis des zugehörigen Kreisbogens b zum Radius r
b
des Kreises angegeben. Der Quotient heißt Bo-
r
B genmaß des Winkels a.

A S
Bild III-77
C Sehnensatz
Einheitskreis b
1
x = arca
a
Sekantensatz r
Schneiden sich zwei Sekanten eines Kreises außer-
halb des Kreises, so ist das Produkt der Längen der
Abschnitte vom Sekantenschnittpunkt bis zu den Bild III-80 Zusammenhang zwischen Gradmaß (a)
Schnittpunkten von Kreis und Sekante für beide Se- und Bogenmaß (x ¼ arc a) eines Winkels
kanten gleich.
Die Einheit des Bogenmaßes ist der Radiant (rad),
jSAj  jSBj ¼ jSCj  jSDj also der Zentriwinkel, dessen Bogen gleich dem Ra-
dius ist. Mitunter schreibt man arc a (Arcus a) für
das Bogenmaß des Winkels a.
B
b
Bogenma arc a ¼
A r

Da der Einheitskreis, also der Kreis mit dem Radius


r ¼ 1, den Umfang 2p hat, ist das Bogenmaß des
S D C Vollwinkels 2p.

360
Bild III-78 Sekantensatz 2p rad ¼ 360 oder 1 rad ¼ 57;2958
2p
Sekantentangentensatz
Bezeichnet a den in Grad und x ¼ arc a den in Ra-
Geht eine Sekante eines Kreises durch einen festen
diant gemessenen Winkel, so gilt für die Umrech-
Punkt außerhalb des Kreises, und legt man durch
nung von Gradmaß und Bogenmaß eines Winkels
diesen Punkt die Tangente an den Kreis, dann ist
das Produkt der Längen der Abschnitte von diesem
p 180
Punkt bis zu den Schnittpunkten von Kreis und Se- x¼  a; a¼ x
180 p
kante gleich dem Quadrat der Länge des Abschnitts
der Tangente von diesem Punkt bis zu dem Berühr-
punkt von Kreis und Tangente. & Beispiele zur Umrechnung:

p 10p p
1 ¼ rad ¼ 0; 0174 . . . rad 10 ¼ rad ¼ rad
jSAj  jSBj ¼ jSCj2 180 180 18
p ¼ 0;1745 . . . rad
30 ¼ rad p
6 45 ¼ rad
57;2957 . . . ¼ 1 rad 4
B p
0;5  180 90 ¼ rad
0;5 rad ¼ ¼ 28; 6478 . . . 2
p p p 180
rad ¼  ¼ 60
3 3 p
A

11 Symmetrie
11.1 Punktsymmetrie
S
Eine ebene Figur F heißt punkt- oder zentralsym-
C
metrisch, wenn sich in ihrer Ebene ein Punkt P an-
Bild III-79 Sekantentangentensatz geben läßt, so daß F durch eine Spiegelung an P in
III Planimetrie 65

sich übergeführt wird. Der Punkt P heißt dann Sym- 12.2 Strahlensätze
metriezentrum. Unmittelbare Anwendungen der zentrischen Strek-
& Beispiele: kung sind die Strahlensätze.
Folgende Figuren sind punktsymmetrisch:
1. Strecke mit ihrem Mittelpunkt als Symmetriezentrum Erster Strahlensatz
2. Rechteck mit seinem Mittelpunkt als Symmetriezentrum Werden zwei Strahlen mit gleichem Anfangspunkt
3. Ellipse mit ihrem Mittelpunkt als Symmetriezentrum (vgl.
Abschnitt VII.5.1)
(Zentrum) von Parallelen geschnitten, so verhalten
sich die Längen der Abschnitte eines Strahls wie die
11.2 Achsensymmetrie Längen entsprechender Abschnitte des anderen
Strahls.
Eine ebene Figur F heißt achsen- oder axialsymme-
trisch, wenn sich in ihrer Ebene eine Gerade g ange-
a1 : a2 ¼ b1 : b2
ben läßt, so daß F durch eine Spiegelung an g in
sich übergeführt wird. Die Gerade g heißt dann
Symmetrieachse.
a1 a2
& Beispiele:
b1
Folgende Figuren sind achsensymmetrisch:
1. Gleichseitiges Dreieck mit einer der Winkelhalbierenden als b2
Symmetrieachse
2. Rechteck mit einer Mittellinie als Symmetrieachse
3. Kreis mit einer beliebigen Geraden durch den Mittelpunkt
als Symmetrieachse
Bild III-82 Erster Strahlensatz: a1 : a2 ¼ b1 : b2
12 hnlichkeit
Zweiter Strahlensatz
12.1 Zentrische Streckung Werden zwei Strahlen mit gleichem Anfangspunkt
Die zentrische Streckung ist eine Abbildung, bei der von Parallelen geschnitten, so verhalten sich die
für jedes Element Bild Q und Urbild P auf einem Längen der zwischen den Strahlen liegenden Ab-
Strahl durch einen festen Punkt Z, dem Zentrum, schnitte wie die Längen der zugehörigen vom An-
liegen und für jedes Element das Verhältnis der fangspunkt aus gemessenen Abschnitte auf den
Länge der Strecke vom Bild zum Zentrum zu der Strahlen.
Länge der Strecke vom Urbild zum Zentrum kon-
stant ist. c1 : c3 ¼ a1 : a3

jZQj
¼ k ðk konstantÞ
jZPj a3
a1
c1
c3
D1 C1

k1 = 1,5
A1 B1
D C

A B Bild III-83 Zweiter Strahlensatz: c1 : c3 ¼ a1 : a3

& Beispiel: Welche Länge B ergibt sich für das Bild eines Gegen-
stands der Länge G bei einer Bildweite b und einer Gegenstands-
weite g?
Z
Nach dem zweiten Strahlensatz gilt
B2 A2 k2 = –0,5 g G b
Bild III-81 ¼ ) B¼G
C2 D2 b B g
Zentrische Streckung
Anmerkung: Ist g b (g sehr groß gegenüber b), dann kann man
b f (f Brennweite) setzen und damit die zu erwartende Bild-
Eigenschaften: größe abschätzen.
Die Bilder von Strecke, Strahl, Gerade sind wieder
Strecke, Strahl, Gerade. Bild und Urbild von Strek-
ke, Strahl, Gerade sind zueinander parallel. G
Entsprechende Winkel von Bild und Urbild sind
gleich. B
Die Längen entsprechender Strecken von Bild und g b
Urbild haben das gleiche Verhältnis, und zwar den
Betrag des Streckungsfaktors k, also jkj. Bild III-84 Anwendung des zweiten Strahlensatzes
66 Mathematik

12.3 hnliche Figuren 4. Dreiecke sind ähnlich, wenn sie in den Längen-
Geometrische Figuren heißen ähnlich, wenn sie verhältnissen zweier Seitenpaare übereinstim-
nach geeigneter Parallelverschiebung, Drehung, men.
Spiegelung durch zentrische Streckung zur Deckung
gebracht werden können. c′
So sind zum Beispiel zwei Quadrate ähnlich (mit belie- a
b
bigen Seitenlängen) oder zwei Kreise (mit beliebigen a′ b′
Radien und beliebigen Mittelpunkten) oder zwei c
gleichseitige Dreiecke (mit beliebigen Seitenlängen). a : b = a′: b′
b : c = b′: c′
C1 B2 Bild III-89 hnliche Dreiecke
D1 C2 A2
D2 Bemerkungen:
B1
1. Die Strahlensätze sind Anwendungen der Eigen-
C D
schaften ähnlicher Dreiecke.
A1
B
2. Nur bei Dreiecken folgt aus der Gleichheit der
A Winkel die hnlichkeit.
Bild III-85 hnliche Figuren Zum Beispiel haben ein Rechteck mit den Sei-
tenlängen a und b 6¼ a und ein Quadrat gleich
große Winkel, sind aber nicht ähnlich, denn ihre
Entsprechend den vier Kongruenzsätzen für Drei-
Seitenverhältnisse sind verschieden.
ecke (siehe Abschnitt III.6.7) gelten die folgenden
3. Da ein rechtwinkliges Dreieck durch seine Höhe
Bedingungen für die hnlichkeit von Dreiecken:
in zwei untereinander und dem ganzen Dreieck
1. Dreiecke sind ähnlich, wenn sie in zwei Winkeln ähnliche Teildreiecke geteilt wird (gleiche Win-
übereinstimmen. kel), folgen aus der Proportionalität der Längen
Da im Dreieck die Winkelsumme gleich 180 ist, entsprechender Seiten der Kathetensatz und der
folgt, daß dann auch die jeweils dritten Winkel Höhensatz.
übereinstimmen.
a′ 12.4 Streckenteilungen
b′
a b Liegt zwischen zwei Punkten A und B ein Punkt T,
a = a′ so teilt er die Strecke AB im Verhältnis
b = b′ jATj : jTBj ¼ k:
Das Teilungsverhältnis k ist eine positive reelle
Bild III-86 hnliche Dreiecke
Zahl, wenn T echt zwischen A und B liegt. Halbiert
T die Strecke AB, dann gilt k ¼ 1. Dagegen ist
2. Dreiecke sind ähnlich, wenn sie in dem Längen-
k < 0, wenn T außerhalb der Strecke AB liegt.
verhältnis eines Seitenpaares und dem Gegen-
Mit Hilfe der hnlichkeitsbedingungen für Dreiecke
winkel der längeren Seite übereinstimmen.
ist es möglich, jede gegebene Strecke in einem belie-
bigen rationalen Verhältnis zu teilen.
b′
Man unterscheidet verschiedene Arten von Strek-
b a kenteilungen:
b b′
a′
a : b = a′: b′ Innere Teilung
b = b′ Der Teilungspunkt T ¼ Ti liegt auf der Strecke AB.
Bild III-87 hnliche Dreiecke
jATi j pi
ki ¼ ¼
3. Dreiecke sind ähnlich, wenn sie in dem Längen- jTi Bj qi
verhältnis eines Seitenpaares und dem einge-
schlossenen Winkel übereinstimmen.
ußere Teilung
Der Teilungspunkt T ¼ Ta liegt auf der Geraden
AB, aber außerhalb der Strecke AB. In diesem Fall
g a
b
b′ ist das Teilungsverhältnis k ¼ ka negativ.
a′
g′
a : b = a′: b′
g = g′ jATa j pa
ka ¼  ¼
jTa Bj qa
Bild III-88 hnliche Dreiecke
III Planimetrie 67

qi Stetige Teilung (goldener Schnitt)


pi Eine Strecke heißt stetig oder nach dem goldenen
Ta B Schnitt geteilt, wenn sich ihre Länge zur Länge des
A Ti
pa größeren Teilstücks verhält wie die Länge des grö-
qa
ßeren Teilstücks zur Länge des kleineren Teilstücks.
Ein Punkt T teilt die Strecke AB also nach dem
Bild III-90 Innere und äußere Teilung goldenen Schnitt, wenn gilt

jABj jATj
Harmonische Teilung ¼
Eine Strecke AB heißt durch die Punkte Ti und Ta jATj jTBj
harmonisch geteilt, wenn die Beträge der Teilungs- r s
verhältnisse der inneren Teilung durch Ti und der Setzt man r ¼ jABj; s ¼ jATj; so gilt ¼ :
r s rs
äußeren Teilung durch Ta gleich sind. Mit x ¼ folgt
s
r s þ ðr  sÞ rs 1
jATi j jATa j p x¼ ¼ ¼1þ ¼1þ s
k ¼ jki j ¼ jka j ¼ ¼ ¼ s s s
jTi Bj jTa Bj q 1 1 rs
¼1þ r ¼1þ :
x
Es gilt: Teilen Ti und Ta die Strecke AB harmo- s
nisch, dann teilen auch umgekehrt A und B die Multiplikation mit x ergibt
Strecke Ti Ta harmonisch. x2 ¼ x þ 1 , x2  x  1 ¼ 0.
Sind Ti und Ta die Punkte, die eine Strecke AB har- Die Wurzeln dieser quadratischen Gleichung sind
monisch im Verhältnis p : q teilen, dann ist der 1 pffiffiffi 1 pffiffiffi
x1 ¼ ð1 þ 5Þ und x2 ¼ ð1  5Þ.
Kreis mit dem Durchmesser Ti Ta der geometrische 2 2
Wegen x1 > 0 und x2 < 0 kommt nur die positive
D Wurzel für das Teilungsverhältnis in Frage:
r s 1 pffiffiffi
¼ ¼ ð1 þ 5Þ.
q= s rs 2
7
1 pffiffiffi
Die Zahl ð1 þ 5Þ ¼ 1;618 033 988 7 . . . nennt
C 2
p= 2 man goldene Zahl.
2
Ta A Ti B
Das Bild verdeutlicht eine Konstruktionsmöglichkeit
p= des goldenen Schnitts einer Strecke.
2 C1

r
Bild III-91 Harmonische Teilung 2

r
Ort aller Punkte (C), deren Verbindungsstrecken s 2
mit A und B das Längenverhältnis p : q haben:
jATi j : jTi Bj ¼ jATa j : jTa Bj ¼ jACj : jCBj ¼ p : q. T
A r–s B
Dieser Kreis heißt Kreis des Apollonios (nach dem s
r
hellenistischen Geometer und Astronom Apollonios
von Perge, 262190 v. u. Z.).
Bild III-93 Stetige Teilung (goldener Schnitt)

A Ta
Ti B

Bild III-92 Kreis des Apollonios


68 Mathematik

IV Stereometrie

Das Wort Stereometrie kommt aus dem Griechi- AG (denn Grund- und Deckfläche sind kongruent,
schen und bedeutet Körpermessung. Man beschäf- und damit ist ihr Flächeninhalt gleich).
tigt sich in dieser Teildisziplin der Geometrie mit
Form, gegenseitiger Lage, Größe und anderen Be- Oberfläche Prisma AO ¼ AM þ 2AG
ziehungen geometrischer Objekte im Raum.

1.2 Parallelepiped und Würfel


1 Prismen Ein Prisma mit einem Parallelogramm als Grundflä-
1.1 Allgemeine Prismen che heißt Parallelepiped oder Parallelflach oder
Spat. Ein gerades Prisma mit einem Rechteck als
Gleitet eine Gerade, ohne ihre Richtung zu ändern, Grundfläche heißt Quader.
im Raum an den Begrenzungslinien eines ebenen
n-Ecks (n ¼ 3; 4; . . .) entlang, so beschreibt sie eine
prismatische Fläche. Schneiden zwei parallele Ebe-
nen die prismatische Fläche, dann schließen sie zu- c
sammen mit dem zwischen ihnen liegenden Ab- Bild IV-2
schnitt der prismatischen Fläche einen Teil des b
a Quader
Raums vollständig ein. Ein solcher Körper heißt
Prisma (griech., das Gesägte) oder genauer n-seiti-
Sind a und b die Seitenlängen des Rechtecks und c
ges Prisma.
die Höhe des Quaders, so gilt:
Die Schnitte der Ebenen mit der prismatischen Flä-
che sind kongruente n-Ecke. Diese n-Ecke heißen Quader
Grundfläche und Deckfläche des Prismas. Die Sei-
tenflächen des Prismas heißen Mantelflächen. Die Volumen V ¼ abc
..
Kanten der Seitenflächen heißen Mantellinien. Die Oberflache AO ¼ 2ðab þ ac þ bcÞ
..
Mantelflächen sind Parallelogramme. Gesamtkantenlange l ¼ 4ða þ b þ cÞ
Bei einem Prisma sind alle Schnitte parallel zu
Grund- und Deckfläche kongruent zu diesen Flä- Ein Quader mit einem Quadrat als Grundfläche
chen. Ein Prisma ist also ein Körper mit einem heißt quadratische Säule.
gleichbleibenden Querschnitt.
Gleitet die Gerade senkrecht zur Ebene der Grund-
fläche, dann heißt das Prisma gerade. Bei einem ge-
raden Prisma stehen die Mantellinien senkrecht auf
h
der Grund- und Deckfläche, und die Mantelflächen
sind Rechtecke. Ein nicht gerades Prisma nennt man
auch schiefes Prisma. Bild IV-3
a
Ein physikalisches Prisma ist mathematisch ein ge- a
Quadratische Säule
rades dreiseitiges Prisma.
Ist a die Seitenlänge des Quadrats und h die Höhe
der quadratischen Säule, dann gilt:
AG
Quadratische Säule

h
Volumen V ¼ a2 h
..
Oberflache AO ¼ 2a2 þ 4ah
..
Bild IV-1 Gesamtkantenlange l ¼ 8a þ 4h
AG
Prisma
Ein Quader mit lauter gleich langen Kanten heißt
Das Volumen V eines Prismas ist der Inhalt AG der Würfel.
Grundfläche multipliziert mit der Höhe h.

Volumen Prisma V ¼ AG  h a

Die Oberfläche AO eines Prismas ist die Summe der Bild IV-4
a Würfel
Mantelfläche AM und der doppelten Grundfläche a
69

Ist a die Kantenlänge des Würfels, so gilt: 2.2 Gerade Kreiszylinder


Würfel Ein Zylinder mit senkrecht auf Grund- und Deckflä-
che stehenden Mantellinien und mit einer Kreisflä-
Volumen V ¼ a3 che als Grundfläche heißt gerader Kreiszylinder
..
Oberflache AO ¼ 6a2 oder Walze.
..
Gesamtkantenlange l ¼ 12a Die Mantelfläche eines geraden Kreiszylinders kann
in ein Rechteck mit den Seitenlängen h und 2pr
Der Würfel ist einer der platonischen Körper (siehe (Kreisumfang) abgewickelt werden, wobei h die Höhe
Abschnitt IV.7). Er wird von sechs Quadraten be- des geraden Kreiszylinders ist und r der Radius des
grenzt. Kreises. Dies kann man sich dadurch veranschauli-
chen, daß man eine Dose ohne Deckel und Boden
längs einer Mantellinie aufschneidet und in eine
2 Zylinder Ebene abwickelt.
2.1 Allgemeine Zylinder
Wird eine Gerade (Erzeugende) im Raum längs r
einer ebenen geschlossenen Kurve (Leitkurve) par- pr 2
allel verschoben (also ohne ihre Richtung zu verän-
dern), so entsteht eine Zylinderfläche. Ein Zylinder h
ist ein Körper, der von einer Zylinderfläche und
zwei parallelen ebenen Flächenstücken begrenzt
Bild IV-6
wird. Die ebenen Begrenzungsflächenstücke müssen
pr 2 Gerader Kreiszylinder
nicht senkrecht auf der erzeugenden Gerade stehen.

Der Kreis als Grund- und Deckfläche (Grund- und


Deckfläche sind kongruent) hat den Flächeninhalt
90° pr2 .
h
l Somit gilt für die Oberfläche insgesamt AO ¼ 2pr2
þ 2prh ¼ 2prðr þ hÞ.
Bild IV-5
Zylinder (l ¼ Mantellinie) Volumen V ¼ pr2 h
..
Oberflache AO ¼ 2prðr þ hÞ
Ein Zylinder ist ein Körper mit gleichbleibendem
Querschnitt.
Der Teil der Zylinderfläche zwischen den parallelen 2.3 Hohlzylinder
Begrenzungsflächenstücken heißt Mantelfläche des Ein Hohlzylinder ist ein gerader Kreiszylinder
Zylinders, die parallelen Flächenstücke sind Grund- (Kreis mit Radius R), aus dem ein kleinerer gerader
und Deckfläche des Zylinders. Grundfläche und Kreiszylinder (konzentrischer Kreis mit Radius r;
Deckfläche sind zueinander kongruent. Die zwischen r < R) ausgeschnitten ist.
den Flächenstücken liegenden Strecken der Erzeu-
genden heißen Mantellinien, sie sind alle parallel und
gleich lang. Der senkrechte Abstand zwischen R
Grund- und Deckfläche ist die Höhe des Zylinders.
Prismen sind spezielle Zylinder, nämlich solche mit
n-Ecken als Grundfläche.
Ein Zylinder heißt gerade, wenn die Mantellinien h
senkrecht auf Grund- und Deckfläche stehen. Ein
nicht gerader Zylinder heißt schiefer Zylinder. r Bild IV-7
Ein Zylinder mit einer Kreisfläche als Grundfläche
Hohlzylinder
heißt Kreiszylinder.
Das Volumen V eines Zylinders ist der Inhalt AG
der Grundfläche multipliziert mit der Höhe h. Die Grundflächen der beiden Zylinder sind also
Die Oberfläche AO eines Zylinders ist die Summe konzentrische Kreise, das heißt, sie haben den glei-
der Mantelfläche AM und der doppelten Grundfläche chen Mittelpunkt.
AG . Das Volumen des Hohlzylinders ist die Differenz
der Volumina der beiden geraden Kreiszylinder. Die
Volumen V ¼ AG  h Oberfläche setzt sich aus der äußeren Mantelfläche
.. AMa ¼ 2pRh (h ist die Höhe des Hohlzylinders), aus
Oberflache AO ¼ AM þ 2AG
der inneren Mantelfläche AMi ¼ 2prh, aus der Grund-
70 Mathematik

fläche und aus der Deckfläche zusammen. Grund- schief. Die Höhe einer geraden Pyramide ist gleich-
fläche AG und Deckfläche AD sind gleich, sie erge- zeitig ihre Achse.
ben sich aus der Differenz zweier Kreisflächen: Die Seitenflächen von regulären geraden Pyramiden
AG ¼ AD ¼ pðR2  r2 Þ: sind kongruente gleichschenklige Dreiecke.
Für das Volumen und die Oberfläche des Hohlzylin- Für das Volumen V und die Oberfläche AO einer
ders gilt somit beliebigen Pyramide gilt

Volumen V ¼ phðR2  r2 Þ 1
.. Volumen V¼ AG  h
Oberflache AO ¼ 2phðR þ rÞ þ 2pðR2  r2 Þ 3
..
¼ 2pðR þ rÞ ðR  r þ hÞ Oberflache AO ¼ AM þ AG

AG ist der Flächeninhalt des n-Ecks, AM der Inhalt


3 Pyramiden der Mantelfläche, also die Summe der Flächenin-
halte der Seitendreiecke, und h ist die Höhe der Py-
3.1 Allgemeine Pyramiden ramide.
Gleitet ein von einem festen Punkt S des Raums Eine gerade reguläre dreiseitige Pyramide, bei der
ausgehender Strahl an den Begrenzungslinien eines die Seitendreiecke kongruent zum Grunddreieck
ebenen n-Ecks (n ¼ 3; 4; . . .) entlang, in dessen sind, heißt Tetraeder. Ein Tetraeder wird also von
Ebene der Anfangspunkt S des Strahls nicht liegt, vier gleichseitigen Dreiecken begrenzt. Das Tetra-
so beschreibt der gleitende Strahl eine Pyramiden- eder ist einer der platonischen Körper (siehe Ab-
fläche. Das n-Eck schließt zusammen mit dem zwi- schnitt IV.7).
schen ihm und dem Punkt S liegenden Abschnitt
der Pyramidenfläche einen Teil des Raums vollstän- 3.2 Gerade quadratische Pyramiden
dig ein. Ein solcher Körper heißt Pyramide.
Eine gerade quadratische Pyramide hat ein Quadrat
S als Grundfläche, und die Spitze der Pyramide steht
senkrecht über dem Mittelpunkt des Quadrats, dem
Diagonalenschnittpunkt. Die Mantelfläche besteht
aus vier kongruenten gleichschenkligen Dreiecken.

h
AG
H hs
Bild IV-8
Pyramide
h

Das n-Eck heißt Grundfläche, der Punkt S Spitze, a


Bild IV-9
der zum Körper gehörende Teil der Pyramidenflä- a Gerade quadratische Pyramide
che ist die Mantelfläche der Pyramide. Die Kanten
der Grundfläche heißen Grundkanten, die Kanten Ist a die Kantenlänge des Quadrats der Grundflä-
der Mantelfläche Seitenkanten, und die ebenen Flä- che, h die Höhe der Pyramide und s die Kantenlän-
chen der Mantelfläche sind die Seitenflächen. ge der Seitenkanten, so folgt aus dem Satz des Py-
Alle Seitenflächen einer Pyramide sind Dreiecke. Es 1
gibt bei einem n-Eck als Grundfläche genau n Drei- thagoras s2 ¼ h2 þ a2 :
2
ecke als Seitenflächen. Deshalb nennt man solch Bezeichnet man mit hs die Höhe des gleichschenk-
eine Pyramide auch genauer n-seitige Pyramide. ligen Seitenflächendreiecks Ds, dann folgt ebenfalls
Ist das n-Eck ein reguläres n-Eck, dann heißt die 1
Pyramide reguläre (n-seitige) Pyramide. mit dem Satz von Pythagoras s2 ¼ h2s þ a2 ; denn
4
Der Abstand der Spitze S von der Ebene der die Basis dieses Dreiecks hat die Länge a. Löst man
Grundfläche ist die Höhe der Pyramide. Man erhält
1
die Höhe, indem man von S das Lot auf die Ebene nach hs auf und ersetzt s2ffi durch h2 þ a2 , so er-
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 2
der Grundfläche fällt. Das Lot durchstößt die Ebene 1
gibt sich hs ¼ h2 þ a2 : Daraus berechnet man
der Grundfläche im Höhenfußpunkt H. Dieser kann 4
1
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ADs von Ds zu ADs ¼ 2 a  hs
auch außerhalb der Grundfläche liegen, dann liegt den Flächeninhalt
die Höhe außerhalb der Pyramide. 1 1
Fällt der Höhenfußpunkt mit dem Mittelpunkt der ¼ a h2 þ a2 und den Inhalt der Mantelfläche
2 4 rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Grundfläche zusammen, so heißt die Pyramide ge- 1
zu AM ¼ 4 ADs ¼ 2a h2 þ a2 .
rade. Alle anderen Pyramidenformen nennt man 4
IV Stereometrie 71

Für Volumen und Oberfläche einer geraden quadra- zwischen Grundfläche und Spitze liegenden Strek-
tischen Pyramide gilt somit ken der Erzeugenden heißen Mantellinien. Der
senkrechte Abstand der Spitze zur Ebene der
1 2 Grundfläche ist die Höhe des Kegels.
Volumen V¼ a h
3 rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Pyramiden sind spezielle Kegel, nämlich Kegel mit
.. 1 n-Ecken als Grundfläche.
Oberflache AO ¼ 2a h2 þ a2 þ a2 Hat die Grundfläche einen Mittelpunkt (wie Kreis
4
oder Ellipse), und liegt die Spitze senkrecht über
Die Grabstätten altägyptischer Pharaone waren wäh- diesem Mittelpunkt, so heißt der Kegel gerade, an-
rend des Alten und des Mittleren Reichs häufig ge- dernfalls schief.
rade quadratische Pyramiden. Besonders beeindruk- Ein Kegel mit einer Kreisfläche als Grundfläche
kend sind die Pyramiden der Pharaonen Cheops, heißt Kreiskegel.
Chephren und Mykerinos in Gizeh am südlichen Das Volumen V eines Kegels ist ein Drittel des In-
Rand von Kairo. Sie stammen aus dem Alten Reich halts AG der Grundfläche multipliziert mit der Höhe
und wurden in der Zeit zwischen 2600 und 2480 v. u. Z. h. Die Oberfläche AO eines Kegels ist die Summe
erbaut, sie sind also rund 4500 Jahre alt. Die größte der Mantelfläche AM und der Grundfläche AG.
Pyramide ist die Cheopspyramide: Das Quadrat der
Grundfläche hat eine Kantenlänge von 227,5 m 1
Volumen V¼ AG  h
(ursprünglich 230,38 m), und die Höhe ist 137 m .. 3
(ursprünglich 146,6 m). Nimmt man die ursprüngli- Oberflache AO ¼ AM þ AG
chen Werte, so berechnet man für das Volumen:
1 4.2 Gerade Kreiskegel
V ¼ ð230;38Þ2  146;6 ¼ 2 593 595;61 . . . ;
3 Ein Kegel mit einer Kreisfläche als Grundfläche und
also mehr als 2; 5 Millionen Kubikmeter! Für die der Spitze S senkrecht über dem Kreismittelpunkt
Oberfläche ergibt sich: heißt gerader Kreiskegel.
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1
AO ¼ 2  230;38  ð146;6Þ2 þ ð230;38Þ2 þ ð230;38Þ2
4
¼ 138 979;56 . . .
Der Bau der Pyramiden war eine großartige inge- s
nieurtechnische und logistische Leistung der Alt- h
ägypter!

4 Kegel Bild IV-11


d = 2r Gerader Kreiskegel
4.1 Allgemeine Kegel
Wird eine Gerade (Erzeugende) im Raum längs Alle Mantellinien eines geraden Kreiskegels
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffi sind
einer ebenen geschlossenen Kurve (Leitkurve) so gleich lang. Ihre Länge ist s ¼ r2 þ h2 , wobei r der
bewegt, daß sie durch einen festen Punkt, die Spitze Radius des Kreises und h die Höhe des geraden
S, geht, so entsteht eine Kegelfläche. Ein Kegel ist Kreiskegels sind.
ein Körper, der von einer Kegelfläche und einem Die Mantelfläche kann in die Ebene abgewickelt
nicht durch deren Spitze gehenden ebenen Flächen- werden. Dabei entsteht ein Kreissektor mit dem Ra-
stück begrenzt wird. dius s (Länge der Mantellinien) und der Kreisbo-
genlänge 2pr (Umfang des Kreises der Grundflä-
che). Der Flächeninhalt AM dieses Kreissektors
(¼ Mantelfläche) verhält sich zur gesamten Kreisflä-
che ps2 wie die Kreisbogenlänge 2pr zum Gesamt-
kreisumfang 2ps, woraus sich für die Mantelfläche
Mantelfläche
AM ¼ prs ergibt. Der Kreis der Grundfläche, der
h

Mantellinie Grundkreis, hat den Flächeninhalt pr2 .


Daraus folgt für die Oberfläche
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffi AO ¼ prs þ pr2
¼ prðr þ sÞ ¼ prðr þ r þ h Þ:
2 2

Bild IV-10 Somit gilt für den geraden Kreiskegel


Grundfläche
Kegel
1
Volumen V ¼ pr2 h
.. 3
Der Teil der Kegelfläche zwischen dem ebenen Flä- Oberflache AO ¼ prðr þ sÞ
chenstück und der Spitze heißt Mantelfläche, das .. p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Lange der Mantellinie s ¼ r2 þ h2
ebene Flächenstück Grundfläche des Kegels. Die
72 Mathematik

5 Cavalierisches Prinzip in dieVolumengleichung ergibt:


 pffiffiffiffiffiffi  pffiffiffiffiffiffi
Wesentlich zur Berechnung des Volumens von Pris- 1 h A1 h A1
men, Zylindern, Pyramiden und Kegeln ist das Ca- V¼ A2 h þ pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi  A1 pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi
3 A2  A1 A 2  A1
valierische Prinzip (nach dem italienischen Mathe- pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi
h A2 A2  A2 A1 þ A2 A1  A1 A1
matiker Bonaventura Cavalieri, 1591/98––1647, ein ¼ pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi
Schüler Galileis): 3 A2  A1
pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi
Körper mit inhaltsgleichem Querschnitt in gleichen h A2 A2  A1 A1
¼ pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi
Höhen haben gleiches Volumen. 3 A2  A1
Speziell gilt also: Prismen, Zylinder, Pyramiden und pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
h A2  A1 A2 A1 þ A2 A2 A1  A21
2
Kegel mit gleicher Grundfläche und gleicher Höhe ¼
3 A2  A1
haben gleiches Volumen.
h pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
¼ ðA2 þ A2 A1 þ A1 Þ
3
6 Pyramidenstümpfe und Kegelstümpfe
Bei
p ffiffiffiffiffiffi den letzten beiden Umformungen wurde mit
pffiffiffiffiffiffi
6.1 Pyramidenstümpfe A2 þ A1 erweitert beziehungsweise Polynom-
Schneidet man von einer Pyramide durch einen division durchgeführt.
Schnitt parallel zur Grundfläche den oberen Teil ab,
so ist der Restkörper ein Pyramidenstumpf. Der ab- 6.2 Kegelstümpfe
geschnittene Teil heißt Ergänzungspyramide, sie ist Eine Ebene, die einen Kegel parallel zur Grundflä-
zur ganzen Pyramide ähnlich. che schneidet, zerlegt den Kegel in einen kleineren
Kegel, den Ergänzungskegel, und in einen Kegel-
A1
Bild IV-12 stumpf. Die zur Grundfläche parallele Fläche der
Pyramidenstumpf Oberfläche eines Kegelstumpfes ist seine Deckflä-
che. Der Abstand von Grundfläche und Deckfläche
h ist die Höhe des Kegelstumpfes.
Grundfläche und Deckfläche sind zueinander ähn-
lich.
A2

Die Schnittfläche heißt Deckfläche des Pyramiden-


stumpfes. Der Abstand von Grundfläche und Deck- s2 s1
fläche ist die Höhe des Pyramidenstumpfes. h1
Grundfläche und Deckfläche sind zueinander ähn- r1
h2
lich. Die Seitenflächen eines Pyramidenstumpfes s
sind Trapeze. h
r2
Ist A2 der Flächeninhalt der Grundfläche, A1 der
Flächeninhalt der Deckfläche und h die Höhe, so
gilt für das Volumen V des Pyramidenstumpfes Bild IV-13 Kreiskegelstumpf
Volumen Pyramidenstumpf
Ist r2 der Radius des Kreises der Grundfläche und
h pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi r1 der Radius des Kreises der Deckfläche sowie h
V ¼ ðA2 þ A2 A1 þ A1 Þ die Höhe eines Kreiskegelstumpfes, dann gilt für das
3
Volumen V des Kreiskegelstumpfes:

Herleitung: Volumen Kreiskegelstumpf


Ist h2 die Höhe der Pyramide und h1 die Höhe der
Ergänzungspyramide, dann gilt für das Volumen V ph 2
V¼ ðr þ r2 r1 þ r12 Þ
1 3 2
des Pyramidenstumpfes V ¼ ðA2 h2  A1 h1 Þ.
3
1
Wegen h ¼ h2  h1 folgt V ¼ ½A2 ðh þ h1 Þ  A1 h1 : Herleitung:
3
Ist h2 die Höhe des Kreiskegels und h1 die Höhe
Die Inhalte paralleler Schnittflächen verhalten sich
des Ergänzungskegels, dann gilt für das Volumen V
wie die Quadrate ihrer Abstände von der Spitze:
pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi 1
A2 : A1 ¼ h22 : h21 . Daraus folgt A2 : A1 ¼ ðhþh1 Þ : h1 des Kreiskegelstumpfes V ¼ pðr22 h2  r12 h1 Þ.
pffiffiffiffiffiffi 3
h A1 Wegen h ¼ h2  h1 und r2 : r1 ¼ h2 : h1 folgt durch
und nach h1 aufgelöst h1 ¼ pffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffi : Einsetzen
A2  A1 korrespondierende Subtraktion ðr2  r1 Þ : r1 ¼ h : h1
IV Stereometrie 73

hr1 der Kanten und f die Anzahl der Flächen des kon-
und nach h1 aufgelöst h1 ¼ : Einsetzen in die
r2  r1 vexen Polyeders sind.
Volumengleichung ergibt:
1 eþf ¼kþ2
V ¼ p½r22 ðh þ h1 Þ  r12 h1  Eulerscher Polyedersatz
3  
1 hr1 hr1 Konvexe Polyeder, bei denen in jeder Ecke gleich
¼ p r22 h þ  r12 viele Flächen zusammenstoßen und alle Flächen
3 r2  r1 r2  r1
kongruente reguläre n-Ecke sind, heißen platonische
ph r23  r22 r1 þ r22 r1  r13 ph r23  r13
¼ ¼ Körper (nach dem griechischen Philosophen Platon,
3 r2  r1 3 r2  r 1
427––347 v. u. Z.) oder konvexe reguläre Polyeder.
ph 2
¼ ðr þ r2 r1 þ r1 Þ 2 Es gibt insgesamt genau fünf verschiedene Arten
3 2 platonischer Körper: Tetraeder, Würfel (anderer Na-
Bei der letzten Umformung wurde Polynomdivision me: Hexaeder), Oktaeder, Dodekaeder und Ikosa-
durchgeführt. eder.
Sind s2 und s1 die Längen der Mantellinien eines
geraden Kreiskegels und seines Ergänzungskegels,
dann gilt für den Kreiskegelstumpf s ¼ s2  s1
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
¼ ðr2  r1 Þ2 þ h2 . Bild IV-14
Ist A2 der Flächeninhalt der Grundfläche, A1 der Tetraeder
Flächeninhalt der Deckfläche und AM der Flächen-
inhalt der Mantelfläche, so folgt für die Oberfläche
AO eines geraden Kreiskegelstumpfes:
AO ¼ A2 þ A1 þ AM ¼ pr22 þ pr12 þ psðr2 þ r1 Þ
¼ pr2 ðr2 þ sÞ þ pr1 ðr1 þ sÞ Bild IV-15
Oberfläche gerader Kreiskegelstumpf Würfel (Hexaeder)

AO ¼ pr2 ðr2 þ sÞ þ pr1 ðr1 þ sÞ

Herleitung der Formel für die Mantelfläche AM :


Es gilt s2 : s1 ¼ r2 : r1 und s ¼ s2  s1 ; woraus durch
korrespondierende Subtraktion s : s1 ¼ ðr2  r1 Þ : r1
r1 s Bild IV-16
folgt und nach s1 aufgelöst s1 ¼ : Damit ergibt
r2  r1 Oktaeder
sich:
AM ¼ pr2 s2  pr1 s1 ¼ pr2 ðs þ s1 Þ  pr1 s1
 
r1 s r1 s
¼ pr2 s þ  pr1
r2  r1 r2  r1
r22 s  r2 r1 s þ r2 r1 s  r12 s r2  r12
¼p ¼ ps 2
r2  r1 r2  r 1
¼ ps ðr2 þ r1 Þ Bild IV-17
Dodekaeder
7 Platonische Körper
Ein Körper, der von lauter Ebenen begrenzt wird,
heißt Polyeder.
Die Begrenzungsebenen sind die Flächen des Poly-
eders. Schnittlinien von Flächen heißen Kanten des
Polyeders. Die Kanten schneiden sich in den Ecken
des Polyeders. Bild IV-18
Polyeder sind die dreidimensionale Verallgemeine- Ikosaeder
rung von Polygonen: Ein Polygon wird von lauter
Geraden begrenzt. Die Namen stammen aus dem Griechischen und ge-
Ein Polyeder heißt konvex, wenn mit zwei Punkten ben die Anzahl der Flächen der Körper an. Das Te-
die gesamte Verbindungsstrecke der Punkte zum Po- traeder („Vierflächner“) hat vier gleichseitige Drei-
lyeder gehört. Beispiele für konvexe Polyeder sind ecke als Begrenzungsflächen, der Würfel oder das
Prismen und Pyramiden, deren Grundfläche konvex Hexaeder („Sechsflächner“) wird von sechs Quadra-
ist. ten begrenzt, das Oktaeder („Achtflächner“) von
Für konvexe Polyeder gilt der Eulersche Polyeder- acht gleichseitigen Dreiecken, das Dodekaeder
satz, wobei e die Anzahl der Ecken, k die Anzahl („Zwölfflächner“) von zwölf regulären Fünfecken
74 Mathematik

und das Ikosaeder („Zwanzigflächner“) von zwanzig sind die größten Sehnen der Kugel, für ihre Länge d
gleichseitigen Dreiecken. Weitere konvexe reguläre gilt d ¼ 2r.
Polyeder gibt es nicht. Eine Tangente t berührt die Kugel in einem Punkt.
In der Tabelle sind die wichtigsten Eigenschaften Im Berührungspunkt sind beliebig viele Tangenten
der platonischen Körper zusammengestellt (mit Kan- möglich: alle Tangenten zusammen spannen die
tenlänge a). Tangentialebene auf.

Platonischer Begrenzungs- Anzahl Anzahl Anzahl Volumen Oberfläche


Körper flächen Flächen in Ecken Kanten
jeder Ecke
pffiffiffi pffiffiffi 2
Tetraeder 4 gleichseitige 3 4 6 2 3 3a
a
Dreiecke 12

Würfel 6 Quadrate 3 8 12 a3 6a2


pffiffiffi pffiffiffi
Oktaeder 8 gleichseitige 4 6 12 2 3 2 3 a2
Dreiecke a
3
pffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi ffi
Dodekaeder 12 reguläre 3 20 30 15 þ 7 5 3 3 5ð5 þ 2 5Þ a2
Fünfecke a
4
pffiffiffi pffiffiffi
Ikosaeder 20 gleichseitige 5 12 30 5ð3 þ 5Þ 3 5 3 a2
Dreiecke a
12

8 Kugeln Eine Passante p hat mit der Kugel keinen Punkt ge-
meinsam.
8.1 Definitionen
Eine Kugel ist der geometrische Ort aller Punkte
Tangente
des Raumes, die von einem festen Punkt M einen Passante
konstanten Abstand r haben.
Der Punkt M ist der Mittelpunkt und r der Radius
der Kugel.
Zur Unterscheidung von dem durch eine Kugel ab-
gegrenzten Raum nennt man die Kugel selbst auch
Kugelfläche. Sekante
Durchmesser
Eine Kugel mit dem Radius r ¼ 1 heißt Einheits-
kugel. Radius Sehne
Für das Volumen V und die Oberfläche AO einer Ku-
gel mit dem Radius r und dem Durchmesser d gilt

4 p
Volumen V ¼ pr3 ¼ d3
.. 3 6 Bild IV-19 Bezeichnungen an der Kugel
Oberflache AO ¼ 4pr ¼ pd2
2

8.2 Kugelsegmente
Eine Kugel ist festgelegt durch den Mittelpunkt und
einen weiteren Punkt oder durch vier Punkte (die Ein Kugelsegment oder Kugelabschnitt ist ein durch
nicht alle in einer Ebene liegen). eine Ebene abgeschnittener Teil einer Kugel.
Kugeln mit gleichem Mittelpunkt heißen konzen-
trisch.
Jede die Kugel schneidende Ebene schneidet sie in
einem Kreis.
Geraden haben mit einer Kugelfläche entweder zwei
Punkte, einen Punkt oder keinen Punkt gemeinsam. 2r M
r
Eine Sekante s schneidet die Kugelfläche in zwei
Punkten. Der zwischen den Punkten gelegene Teil
der Sekante heißt Sehne. Eine Sehne durch den Mit- Kugelkappe Bild IV-20
h
telpunkt heißt Durchmesser der Kugel. Durchmesser Kugelsegment
IV Stereometrie 75

Die Mantelfläche des Kugelsegments heißt Kugel- Die Oberfläche AO des Kugelsektors ist die Summe
kappe. der Flächeninhalte von Kugelkappe und Kegelman-
Ist r der Radius der Kugel, r der Radius des von tel: AO ¼ 2prh þ prr ¼ prð2h þ rÞ.
der Ebene ausgeschnittenen Kreises und h die Höhe
des Kugelsegments, dann gilt 2
Volumen Kugelsektor V ¼ pr2 h
3
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ..
Radius Schnittkreis r¼ hð2r  hÞ Oberflache Kugelsektor AO ¼ prð2h þ rÞ
1
Volumen Kugelsegment V ¼ phð3r2 þ h2 Þ
6
1 8.4 Kugelschichten
¼ ph2 ð3r  hÞ
.. 3 Eine Kugelschicht ist der durch zwei zueinander par-
Flacheninhalt Kugelkappe A ¼ 2prh allelen Ebenen ausgeschnittene Teil einer Kugel.
..
Oberflache Kugelsegment AO ¼ 2prh þ pr2 Die durch die beiden Ebenen ausgeschnittene Ku-
¼ pð2rh þ r2 Þ geloberfläche, also die Mantelfläche der Kugel-
schicht, heißt Kugelzone.
8.3 Kugelsektoren
Einem Kugelsegment (Kugelabschnitt) ist ein Kegel
zugeordnet, dessen Grundfläche der Schnittkreis des
Kugelsegments und dessen Spitze der Kugelmittel-
punkt ist. Der Gesamtkörper aus Kugelsegment und
zugeordnetem Kegel heißt Kugelsektor oder Kugel-
ausschnitt.
Bild IV-22 Kugelschicht
M

Ist r der Radius der Kugel, r1 und r2 die Radien


r–h
r der von den parallelen Ebenen ausgeschnittenen
C
Kreise und h die Dicke der Kugelschicht, dann gilt
h Bild IV-21
Kugelsektor
Radien Schnittkreise
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
r1 ¼ h1 ð2r  h1 Þ
Das Volumen V des Kugelsektors setzt sich aus pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
dem Volumen des Kugelabschnitts und dem des r2 ¼ ðh þ h1 Þ ð2r  h  h1 Þ
h2 Volumen Kugelschicht
zugeordneten Kegels zusammen: V ¼ p ð3r  hÞ
3 1
r2 V ¼ phð3r21 þ 3r22 þ h2 Þ
þp ðr  hÞ. 6
3 ..
Dabei ist r der Radius der Kugel, r der Radius des Flacheninhalt Kugelzone
Schnittkreises und h die Höhe des Kugelsegments. A ¼ 2prh
Durch Einsetzen von r2 ¼ hð2r  hÞ erhält man ..
Oberflache Kugelschicht
2 AO ¼ pð2rh þ r21 þ r22 Þ
V ¼ pr2 h:
3
76 Mathematik

V Funktionen

1 Definition und Darstellungen 1.2 Funktionsgleichung


von Funktionen Explizite Darstellung der Funktionsgleichung
Die Zuordnungsvorschrift für eine Funktion ist im
1.1 Definitionen Regelfall eine Gleichung, die Funktionsgleichung
Eine Abbildung oder Funktion f ist eine Zuord- y ¼ f ðxÞ (gesprochen: y gleich f von x). Dabei heißt
nung, die jeder Zahl x einer gegebenen Zahlenmen- x unabhängige Variable und y abhängige Variable.
ge D eine Zahl y einer Zahlenmenge W zuordnet. Man nennt x auch das Argument der Funktion.
Die Zuordnung ist eindeutig, das heißt, jeder Zahl x Die Form y ¼ f ðxÞ heißt explizite Darstellung der
wird genau eine Zahl y zugeordnet. Man schreibt Funktionsgleichung. Darüber hinaus gibt es die im-
dafür y ¼ f ðxÞ oder manchmal auch x 7! f ðxÞ. Man plizite Darstellung und die Parameterdarstellung der
nennt f ðxÞ das Bild von x und umgekehrt x das Ur- Funktionsgleichung (siehe unten).
bild von f ðxÞ. Funktionen können aber zum Beispiel auch durch
Die Menge D heißt Urbildmenge, Definitionsmenge Tabellen, Schaubilder (Graphen), Pfeildiagramme
oder Definitionsbereich. Die Menge W, aus der die oder geordnete Wertepaare (Wertetabelle) darge-
Bilder stammen, heißt Wertemenge oder Wertebe- stellt werden.
reich. Die Menge der Bilder (also alle y-Werte zu- Fehlt bei einer Funktion die Angabe des Defini-
sammen) heißt Bildmenge, bezeichnet mit f ðDÞ. tionsbereichs, so gilt D ¼ R. Fehlt bei einer Funk-
tion die Angabe des Wertebereichs, so gilt ebenfalls
W ¼ R.
D Definitionsbereich Die Schreibweise y ¼ f ðxÞ; f : D ! W für eine
W Wertebereich Funktion bedeutet, daß y ¼ f ðxÞ die Funktionsglei-
f ðDÞ Bildmenge
chung ist, daß die Funktion den Definitionsbereich
D und den Wertebereich W hat.
Die Elemente der Bildmenge nennt man Funktions-
werte. Die Bildmenge f ðDÞ ist eine Teilmenge des y ¼ f ðxÞ ; f :D!W
Wertebereichs W, und W ist eine Teilmenge der
Menge R der reellen Zahlen. & Beispiele:
1. y ¼ f ðxÞ ¼ x3  4x2  x þ 4; f : R ! R
2. y ¼ f ðxÞ ¼ x2  1; f : R ! R
f ðDÞ  W  R x3
3. y ¼ f ðxÞ ¼ 2 ; f : ½1; 1 ! R (also D ¼ ½1; 1; W ¼ R)
x ffiffiffi 2
p
4. y ¼ f ðxÞ ¼ x; f : N ! R
8
Eine Funktion besteht aus drei Teilen: der Zuord- < 1 falls x < 0
5. y ¼ f ðxÞ ¼ 0 falls x ¼ 0; f : R ! R
nungsvorschrift f , dem Definitionsbereich D und :
þ1 falls x > 0
dem Wertebereich W.
Zwei Funktionen sind genau dann gleich, wenn so- Eine Funktion mit der Funktionsgleichung y ¼ f ðxÞ,
wohl die Zuordnungsvorschriften als auch die Defi- deren Definitions- und Wertemenge nur reelle Zah-
nitionsbereiche als auch die Wertebereiche überein- len enthalten, nennt man eine reelle Funktion einer
stimmen. reellen Variablen.
& Beispiele:
& Beispiele: 6. y ¼ x2 ; D ¼ ð1; 1Þ; W ¼ ½0; 1Þ
1. y ¼ f ðxÞ ¼ 5x; D ¼ N; W ¼ N pffiffiffi
7. y ¼ x; D ¼ ½0; 1Þ; W ¼ ½0; 1Þ
Die Zuordnungsvorschrift ist hier „5 mal“, das heißt, man
muß jeden x-Wert mit 5 multiplizieren, um den zugehörigen Implizite Darstellung der Funktionsgleichung
Funktionswert y zu erhalten. Für x ¼ 3 erhält man zum Bei- Die Darstellung einer Funktion in der Form
spiel y ¼ f ð3Þ ¼ 5  3 ¼ 15.
Fðx; yÞ ¼ 0 heißt implizit, falls sich diese Gleichung
Sowohl der Definitionsbereich als auch der Wertebereich
sind die natürlichen Zahlen. Für die Bildmenge ergibt sich eindeutig nach y auflösen läßt.
f ðDÞ ¼ f0; 5; 10; 15; 20; . . .g. Statt impliziter Darstellung der Funktion sagt man
2. D ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; W ¼ f1; 2; 3; 4; . . . ; 24; 25g; auch einfach nur implizite Funktion.
f ð1Þ ¼ 1; f ð2Þ ¼ 4; f ð3Þ ¼ 9; f ð4Þ ¼ 16; f ð5Þ ¼ 25 & Beispiel:
3. D ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; W ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; 8. Fðx; yÞ ¼ x2 þ y2  1 ¼ 0; D ¼ ½1; 1; y  0
f ð1Þ ¼ 1; f ð2Þ ¼ 2; f ð3Þ ¼ 3; f ð4Þ ¼ 4; f ð5Þ ¼ 5 Es handelt sich hierbei um die obere Hälfte des Einheitskrei-
4. y ¼ f ðxÞ ¼ x þ 2; D ¼ R; W ¼ R ses mit dem Mittelpunkt im Koordinatenursprung (vgl. Ab-
schnitt VII.3.1).
Bemerkung: Man kann Abbildungen (Funktionen) Man beachte, daß mit x2 þ y2  1 ¼ 0 keine reelle Funktion
definiert wird, denn die Zuordnung ist nicht eindeutig, da
auch allgemeiner als eine Zuordnung zwischen be-
jedem Element des Definitionsbereichs zwei Werte zugeord-
liebigen Mengen (also nicht eingeschränkt auf Zah- net werden (einer auf dem oberen Halbkreis und einer auf
lenmengen) definieren. dem unteren Halbkreis).
77

Parameterdarstellung der Funktionsgleichung 1.4 Wertetabelle einer Funktion


Die Darstellung einer Funktion in der Form
Auch mittels einer Wertetabelle kann eine Funktion
x ¼ jðtÞ; y ¼ wðtÞ heißt Parameterdarstellung.
dargestellt werden.
Die Werte von x und y werden dabei jeweils als
In einer Wertetabelle werden für einige ausge-
Funktion einer Hilfsvariablen t angegeben, die Para-
wählte Argumente x die geordneten Zahlenpaare
meter genannt wird. Die Funktionen jðtÞ und wðtÞ
ðx; yÞ ¼ ðx; f ðxÞÞ für eine Funktion y ¼ f ðxÞ einge-
müssen denselben Definitionsbereich haben.
tragen. Dabei müssen die ausgewählten Werte für x
& Beispiele: Elemente des Definitionsbereichs D der Funktion
9. x ¼ 2t þ 5; y ¼ 8t þ 4; t 2 R
sein.
Durch Elimination von t erhält man
4x  20 ¼ y  4 ) y ¼ 4x  16,
Man stellt oftmals eine Wertetabelle auf, um den
also eine Geradengleichung (in expliziter Form) (vgl. Ab- Graph einer Funktion zeichnen zu können.
schnitt VII.2.1).
& Beispiel:
10. x ¼ jðtÞ; y ¼ wðtÞ mit x ¼ cos t; y ¼ sin t und 0  t  p
Wertetabelle für die Funktion y ¼ x2  4x þ 3; D ¼ R:
Hierbei handelt es sich um die obere Hälfte des Einheitskrei-
ses mit dem Mittelpunkt im Koordinatenursprung, denn Qua- x 5 4 3 2 1 0 1 2
drieren und Addieren ergibt
x2 þ y2 ¼ cos2 t þ sin2 t ¼ 1; y 2 3 6 7 6 3 2 9
und t durchläuft den ersten und den zweiten Quadranten
(vgl. Abschnitt VI).

1.3 Graph einer Funktion 2 Verhalten von Funktionen


Eine Möglichkeit der Funktionsdarstellung ist, den 2.1 Monotone Funktionen
Graph der Funktion zu zeichnen.
Der Graph einer Funktion f mit dem Definitions- Eine Funktion mit der Gleichung y ¼ f ðxÞ heißt in
bereich D ist das Bild, das man erhält, wenn man einem bestimmten Bereich B (B ist eine Teilmenge
die geordneten Zahlenpaare ðx; yÞ ¼ ðx; f ðxÞÞ mit des Definitionsbereichs D)
x 2 D in ein Koordinatenkreuz einträgt. Geordnet monoton wachsend, wenn aus x1 < x2 stets
bedeutet, daß in ðx; yÞ die Reihenfolge von x und y f ðx1 Þ  f ðx2 Þ folgt,
wichtig ist: ðx; yÞ ist verschieden von ðy; xÞ (außer streng monoton wachsend, wenn aus x1 < x2
möglicherweise in Sonderfällen). stets f ðx1 Þ < f ðx2 Þ folgt,
In einem kartesischen Koordinatensystem (siehe monoton fallend, wenn aus x1 < x2 stets
Abschnitt VII.1) ist die waagerechte Achse die x- f ðx1 Þ  f ðx2 Þ folgt,
Achse oder Abszissenachse, die senkrechte Achse streng monoton fallend, wenn aus x1 < x2 stets
ist die y-Achse oder Ordinatenachse. Die Zahl x ist f ðx1 Þ > f ðx2 Þ folgt.
die Abszisse und y die Ordinate eines Punktes ðx j yÞ Dabei sind x1 ; x2 beliebige Punkte aus diesem Be-
mit den Koordinaten x und y. reich B.
Statt Graph einer Funktion sagt man auch Schaubild
oder Kurve der Funktion. & Beispiele:
1. f ðxÞ ¼ 3x; D ¼ R ist streng monoton wachsend in D.
Bemerkung: Bei einem Zahlenpaar setzt man ein
Komma oder ein Semikolon zwischen die beiden y
Komponenten: ðx; yÞ oder ðx; yÞ. Bei der Darstellung
eines Punktes setzt man einen senkrechten Strich 8
zwischen die beiden Koordinaten: ðx j yÞ. 7
6
& Beispiel:
5
Graph der Funktion mit der Funktionsgleichung y ¼ f ðxÞ ¼
2x þ 1 und dem Definitionsbereich D ¼ R: 4
3
2
y 1
4 0 1 2 3 4 5 6 7 8 x
–8 –7 –6 –5 –4 –3 –2 –1
3
–2
2 –3
1 –4
–5
–3 –2 –1 0 1 2 x –6
–1 –7
–2 –8
–3 Bild V-1
–4 Graph der Funktion mit der Bild V-2 Graph der Funktion mit der Gleichung
–5 Gleichung y ¼ f ðxÞ ¼ 2x þ 1 f ðxÞ ¼ 3x
78 Mathematik

2. f ðxÞ ¼ 3; D ¼ R ist in D monoton wachsend (und monoton y


fallend).
12
y 11
10
7 9
6 8
5 7
4 6
5
2 4
1 3
2
–8 –7 –6 –5 –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 x
–2 1
–3 –3 –2 –1 0 1 2 x

Bild V-3 Graph der Funktion mit der Gleichung Bild V-5 Graph der Funktion mit der Gleichung
f ðxÞ ¼ 3 f ðxÞ ¼ 2x4 þ 1

3. f ðxÞ ¼ x2 ; D ¼ R ist in B1 ¼ fx j x 2 D und x  0g streng y


monoton fallend und in B2 ¼ fx j x 2 D und x  0g streng
monoton wachsend. 10
9
y 8
7
5
6
5
4
4
3
3
2
2 1
–3 –2 –1 0 2 x
1
–2
–3
–4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 x –4
–5
–1
–6
–7
–8
Bild V-4 Graph der Funktion mit der Gleichung –9
f ðxÞ ¼ x2 –10
Bild V-6 Graph der Funktion mit der Gleichung
2.2 Symmetrische Funktionen f ðxÞ ¼ 2x3  3x
Der Graph einer Funktion mit der Gleichung
y
y ¼ f ðxÞ ist symmetrisch zur y-Achse, wenn
f ðxÞ ¼ f ðxÞ für alle x 2 D gilt. Eine solche Funk- 6
tion heißt eine gerade Funktion.
Der Graph einer Funktion y ¼ f ðxÞ ist symmetrisch 5
zum Koordinatenursprung, wenn f ðxÞ ¼ f ðxÞ für
alle x 2 D gilt. Eine solche Funktion heißt eine un- 4
gerade Funktion.
3
& Beispiele:
1. f ðxÞ ¼ 2x4 þ 1 2
Wegen f ðxÞ ¼ 2ðxÞ4 þ 1 ¼ 2x4 þ 1 ¼ f ðxÞ ist y ¼ f ðxÞ sym-
metrisch zur y-Achse, also eine gerade Funktion. 1
2. f ðxÞ ¼ 2x3  3x
Wegen f ðxÞ ¼ 2ðxÞ3  3ðxÞ ¼ 2x3 þ 3x ¼ f ðxÞ ist
y ¼ f ðxÞ symmetrisch zum Koordinatenursprung, also eine –3 –2 –1 0 1 2 3 x
ungerade Funktion.
–1
3. f ðxÞ ¼ x2  x
Wegen f ðxÞ ¼ ðxÞ2  ðxÞ ¼ x2 þ x; also f ðxÞ 6¼ f ðxÞ
und f ðxÞ 6¼ f ðxÞ, ist y ¼ f ðxÞ weder eine gerade noch eine Bild V-7 Graph der Funktion mit der Gleichung
ungerade Funktion. f ðxÞ ¼ x2  x
V Funktionen 79

2.3 Beschränkte Funktionen 2.6 Bijektive Funktionen


Eine Funktion heißt nach oben beschränkt, wenn Eine Funktion heißt bijektiv, wenn sie sowohl injek-
ihre Funktionswerte eine bestimmte Zahl nicht tiv als auch surjektiv ist.
übertreffen, und nach unten beschränkt, wenn ihre Bei einer bijektiven Funktion ist also die Bildmenge
Funktionswerte nicht kleiner als eine bestimmte gleich dem Wertebereich, und jedes Bild besitzt ge-
Zahl sind. Eine Funktion, die sowohl nach oben als nau ein Urbild. Ist y ¼ f ðxÞ; f : D ! W eine bijek-
auch nach unten beschränkt ist, heißt beschränkt. tive Funktion, so sind die Mengen D und W gleich
Bei einer beschränkten Funktion y ¼ f ðxÞ existieren mächtig, das heißt, sie besitzen gleich viele Ele-
also reelle Zahlen a und b mit a < b, so daß gilt: mente.
Die bijektiven Funktionen besitzen eine Umkehr-
..
a  f ðxÞ  b fur alle x 2 D funktion.
& Beispiele:
& Beispiele: Folgende Funktionen sind bijektiv:
1. y ¼ 1  x2 ist nach oben beschränkt, denn y  1. 1. D ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; W ¼ f1; 2; 3; 4; 5g;
2. y ¼ ex ist nach unten beschränkt, denn y > 0. f ð1Þ ¼ 1; f ð2Þ ¼ 2; f ð3Þ ¼ 3; f ð4Þ ¼ 4; f ð5Þ ¼ 5
4
3. y ¼ ist beschränkt, denn 0 < y  4. 2. y ¼ f ðxÞ ¼ x þ 2; f : R ! R
1 þ x2
Folgende Funktionen sind nicht bijektiv:
1. D ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; W ¼ f1; 2; 3; 4; . . . ; 24; 25g;
2.4 Injektive Funktionen f ð1Þ ¼ 1; f ð2Þ ¼ 4; f ð3Þ ¼ 9; f ð4Þ ¼ 16; f ð5Þ ¼ 25
2. y ¼ f ðxÞ ¼ x3  4x2  x þ 4; f : R ! R
Eine Funktion heißt injektiv, wenn jedes Bild genau
3. y ¼ f ðxÞ ¼ x2  1; f : R ! R
ein Urbild besitzt. x3
4. y ¼ f ðxÞ ¼ 2 ; f : ½1; 1 ! R
Bei einer injektiven Funktion gehören zu verschie- x ffiffiffi 2
p
5. y ¼ f ðxÞ ¼ x; f : N ! R
denen Argumenten also stets verschiedene Bilder. 8
< 1 falls x < 0
6. y ¼ f ðxÞ ¼ 0 falls x ¼ 0; f : R ! R
x1 6¼ x2 ) f ðx1 Þ ¼
6 f ðx2 Þ :
þ1 falls x > 0

& Beispiele: 2.7 Periodische Funktionen


Folgende Funktionen sind injektiv:
1. D ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; W ¼ f1; 2; 3; 4; . . . ; 24; 25g; Eine Funktion, deren Funktionsgleichung die Bedin-
f ð1Þ ¼ 1; f ð2Þ ¼ 4; f ð3Þ ¼ 9; f ð4Þ ¼ 16; f ð5Þ ¼ 25 gung f ðx þ TÞ ¼ f ðxÞ erfüllt, wobei T eine Kon-
2. D ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; W ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; stante (feste reelle Zahl) ist, heißt periodische Funk-
f ð1Þ ¼ 1; f ð2Þ ¼ 2; f ð3Þ ¼ 3; f ð4Þ ¼ 4; f ð5Þ ¼ 5
3. y ¼ f ðxÞ ¼ x þ 2; f : R ! R (also D ¼ W ¼ R)
tion. Die Gleichung f ðx þ TÞ ¼ f ðxÞ gilt für alle x
pffiffiffi aus dem Definitionsbereich.
4. y ¼ f ðxÞ ¼ x; f : N ! R
Folgende Funktionen sind nicht injektiv:
1. y ¼ f ðxÞ ¼ x3  4x2  x þ 4; f : R ! R f ðx þ TÞ ¼ f ðxÞ
2. y ¼ f ðxÞ ¼ x2  1; f : R ! R
x3
3. y ¼ f ðxÞ ¼ 2 ; f : ½1; 1 ! R (also D ¼ ½1; 1; W ¼ R) Die kleinste positive Zahl T mit dieser Eigenschaft
x 2
8
< 1 falls x < 0 heißt die Periode der Funktion. Den absolut größ-
4. y ¼ f ðxÞ ¼ 0 falls x ¼ 0; f : R ! R ten Funktionswert nennt man Amplitude der peri-
:
þ1 falls x > 0
odischen Funktion.
Beispiele für periodische Funktionen sind die trigo-
2.5 Surjektive Funktionen
nometrischen Funktionen (vgl. Kapitel VI).
Eine Funktion heißt surjektiv, wenn ihre Bildmenge
gleich dem Wertebereich ist. 2.8 Umkehrfunktionen
Die Funktion, die durch Vertauschen von x und y
f ðDÞ ¼ W
aus einer bijektiven Funktion y ¼ f ðxÞ entsteht,
heißt Umkehrfunktion oder inverse Funktion von
& Beispiele:
Folgende Funktionen sind surjektiv: y ¼ f ðxÞ.
1. D ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; W ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; Bei einer bijektiven Funktion y ¼ f ðxÞ; f : D ! W ist
f ð1Þ ¼ 1; f ð2Þ ¼ 2; f ð3Þ ¼ 3; f ð4Þ ¼ 4; f ð5Þ ¼ 5 jedes Element y 2 W Bild von genau einem Ele-
2. y ¼ f ðxÞ ¼ x þ 2; f : R ! R
ment x 2 D. Man kann eine neue Funktion definie-
3. y ¼ f ðxÞ ¼ x3  4x2  x þ 4; f : R ! R
ren, die jedem y 2 W als Bild gerade das x 2 D zu-
Folgende Funktionen sind nicht surjektiv:
1. D ¼ f1; 2; 3; 4; 5g; W ¼ f1; 2; 3; 4; . . . ; 24; 25g;
ordnet, das Urbild von y ist. Diese Funktion leistet
f ð1Þ ¼ 1; f ð2Þ ¼ 4; f ð3Þ ¼ 9; f ð4Þ ¼ 16; f ð5Þ ¼ 25 das Umgekehrte wie f , ihr Definitionsbereich ist W,
2. y ¼ f ðxÞ ¼ x2  1; f : R ! R und ihr Wertebereich ist D. Man nennt diese Funk-
x3
3. y ¼ f ðxÞ ¼ 2 ; f : ½1; 1 ! R tion daher die Umkehrfunktion von f und bezeich-
x ffiffiffi 2
p
4. y ¼ f ðxÞ ¼ x; f : N ! R net sie mit f 1 .
8
< 1 falls x < 0
5. y ¼ f ðxÞ ¼ 0 falls x ¼ 0; f : R ! R 1 1
: y¼f ðxÞ ; f :W!D
þ1 falls x > 0
80 Mathematik

Versteht man unter der Schreibweise gðf ðxÞÞ, daß y


man auf x die Zuordnungsvorschrift f und dann

x
y = e2
6

y = 2x

y=
auf f ðxÞ die Vorschrift g anwendet, so gilt 5
f 1 ðf ðxÞÞ ¼ x und f ðf 1 ðxÞÞ ¼ x.
4
Zu einer streng monoton wachsenden oder streng
x
monoton fallenden Funktion existiert die Umkehr- 3 y = log 2
funktion. 2
1 y = lnx
Bestimmung der Umkehrfunktion:
0
1. Auflösen von y ¼ f ðxÞ nach x: x ¼ f 1 ðyÞ –2 –1 1 2 3 4 5 6 7 x
2. Vertauschen von x und y: y ¼ f 1 ðxÞ
Diesen Operationen entspricht die Spiegelung des
Graphen der Funktion an der Winkelhalbierenden Bild V-10 Graphen der Funktionen von Beispiel 3
y ¼ x. und Beispiel 4
& Beispiele:
1. y ¼ f ðxÞ ¼ 4x  1; D ¼ W ¼ R
1 1
2.9 Reelle und komplexe Funktionen
Umkehrfunktion: y ¼ f 1 ðxÞ ¼ x þ ; D ¼ W ¼ R
4 4 Eine Funktion mit der Funktionsgleichung y ¼ f ðxÞ,
deren Definitions- und Wertebereich nur reelle Zah-
y
len enthalten, nennt man eine reelle Funktion einer
y = 4x – 1
6 reellen Variablen.
5 & Beispiele:
4 1. y ¼ x2 ; D ¼ ð1; 1Þ; W ¼ ½0; 1Þ
pffiffiffi
3 2. y ¼ x; D ¼ ½0; 1Þ; W ¼ ½0; 1Þ
y = 0,25x + 0,25
2
–7 –6 –5 –4 –3 –2 1 Ist dagegen die unabhängige Variable einer Funkti-
1 2 3 4 5 6 x
onsgleichung eine komplexe Zahl z, dann wird
durch w ¼ f ðzÞ eine komplexe Funktion einer kom-
–2
plexen Variablen beschrieben. Komplexe Funktio-
–3
–4
nen werden in dem mathematischen Gebiet Funktio-
–5 nentheorie behandelt.
–6
–7
3 Einteilung der elementaren Funktionen
Bild V-8 Graphen der Funktionen von Beispiel 1
Eine elementare Funktion ist eine Funktion, deren
2. y ¼ f ðxÞ ¼ x2 ; D ¼ W ¼ fx j x 2 R; x  0g Funktionsgleichung durch einen geschlossenen ana-
Umkehrfunktion:
pffiffiffi
lytischen Ausdruck dargestellt werden kann.
y ¼ f 1 ðxÞ ¼ x; D ¼ W ¼ fx j x 2 R; x  0g Elementare Funktionen sind durch Formeln defi-
niert, die nur endlich viele mathematische Operatio-
y nen mit der unabhängigen Variablen x und den Ko-
4 effizienten enthalten.
y= 2

x
x

3 y= x
Man teilt die elementaren Funktionen in algebraische
2 y=+ Funktionen und transzendente Funktionen ein.
Bei elementaren Funktionen lassen sich die Verknüp-
1
–2 –1 1 2 3 4 fung der unabhängigen Variablen x und der abhängi-
0 x gen Variablen y in einer algebraischen Gleichung fol-
–1 gender Form darstellen, wobei p0 ; p1 ; . . . ; pn
Polynome in x beliebigen Grades sind.
–2

p0 ðxÞ þ p1 ðxÞ y þ p2 ðxÞ y2 þ . . . þ pn ðxÞ yn ¼ 0


Bild V-9 Graphen der Funktionen von Beispiel 2
Elementare Funktionen, die nicht algebraisch sind,
3. y ¼ f ðxÞ ¼ ex ; D ¼ R; W ¼ Rþ
Umkehrfunktion: y ¼ f 1 ðxÞ ¼ ln x; D ¼ Rþ ; W ¼ R
heißen transzendent.
4. y ¼ f ðxÞ ¼ 2x ; D ¼ R; W ¼ Rþ
& Beispiele für algebraische Funktionen:
Umkehrfunktion: y ¼ f 1 ðxÞ ¼ log2 x; D ¼ Rþ ; W ¼ R
1. y ¼ 3x2 þ 4
2x
2. y¼ 3
x þ 2x  1
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
3. y ¼ 2x þ 3
4. 3xy3  4xy þ x3  1 ¼ 0 (hier also p0 ðxÞ ¼ x3  1;
p1 ðxÞ ¼ 4x; p2 ðxÞ ¼ 0; p3 ðxÞ ¼ 3x)
V Funktionen 81

Zu den transzendenten Funktionen gehören zum


Beispiel die Exponentialfunktionen, die Logarith- Konstante Funktionen y ¼ a0
Lineare Funktionen y ¼ a1 x þ a0
musfunktionen und die trigonometrischen Funktio-
Quadratische Funktionen y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0
nen.
Kubische Funktionen y ¼ a3 x3 þ a2 x2
& Beispiele für transzendente Funktionen: þ a1 x þ a0
1. y ¼ ex
2. y ¼ sin x & Beispiele für ganze rationale Funktionen:
3 y ¼ ln x pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1. y ¼ 23x4  12x þ 4
ln x þ sin x 11 23 12
4. y¼ 2. y ¼ x  11x17  12x9  px6  pffiffiffi x  2
x2 þ 5 12 5
3. y ¼ 1  3x þ x6  2x2
Die algebraischen Funktionen untergliedern sich in 4. y ¼ 7 (konstante Funktion)
die rationalen Funktionen und in die irrationalen 5. y ¼ 3x  4p (lineare Funktion)
Funktionen. 6. y ¼ x2  x þ 1 (quadratische Funktion)
7. y ¼ 4x3  2x þ 5 (kubische Funktion)
Eine rationale Funktion ist eine algebraische Funkti-
on, für die die Funktionsgleichung y ¼ f ðxÞ als eine Gebrochene rationale Funktionen sind Funktionen
explizite Formel angegeben werden kann, in der auf mit einer Funktionsgleichung y ¼ f ðxÞ, bei der f ðxÞ
die unabhängige Variable x nur endlich viele ratio- als Quotient zweier Polynome darstellbar ist. Sie
nale Rechenoperationen (Addition, Subtraktion, besitzen also eine Darstellung folgender Form mit
Multiplikation und Division) angewandt werden. a0 ; a1 ; . . . ; an ; b0 ; b1 ; . . . ; bm 2 R; an ; bm 6¼ 0; m 6¼ 0.
Eine algebraische Funktion, die nicht rational ist,
heißt irrational. an xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x þ a0

& Beispiele für rationale Funktionen:
bm xm þ bm  1 xm  1 þ . . . þ b2 x2 þ b1 x þ b0
1. y ¼ 3x3 
1 P
n
4 ai xi
2x2  3x þ 5 i ¼0
2. y ¼ 3 ¼
x þ 3x2  2 P
m
bk x k
k¼0
Bei irrationalen Funktionen tritt die unabhängige
Variable auch unter einem Wurzelzeichen auf.
Eine gebrochene rationale Funktion kann also immer
& Beispiele für irrationale Funktionen:
als Quotient zweier ganzer rationaler Funktionen dar-
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi gestellt werden. Bei gebrochenen rationalen Funktio-
1. y ¼ 3x2 þ 4
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi ffi nen werden auf die unabhängige Variable x nur die
2. y ¼ 3 ðx2 þ 1Þ x
Grundrechenarten (also die Operationen Addition,
Subtraktion, Multiplikation und Division) angewandt.
Für rationale Funktionen ist f ðxÞ ein Polynom (dann
Die Definitionsmenge einer gebrochenen rationalen
ist y ¼ f ðxÞ eine ganze rationale Funktion) oder ein
Funktion besteht aus denjenigen reellen Zahlen, für
Quotient aus Polynomen (dann heißt y ¼ f ðxÞ eine
die der Nenner nicht Null wird.
gebrochene rationale Funktion).
Für n < m heißt die Funktion echt gebrochene ratio-
nale Funktion, für n  m heißt sie unecht gebro-
Ganze rationale Funktionen lassen sich also darstel- chene rationale Funktion.
len in folgender Form mit Gebrochene rationale Funktionen mit n ¼ 1 und
a0 ; a1 ; a2 ; . . . ; an  1 ; an 2 R; an 6¼ 0; n 2 N. a1 x þ a0
m ¼ 1, also y ¼ , heißen gebrochene lineare
b1 x þ b0
Funktionen.
y ¼ an xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x þ a0
Pn & Beispiele für gebrochene rationale Funktionen:
¼ ak xk 2
k¼0
1. y¼
x
1
x4  22x3 þ x2  12
2. y ¼ 3
x5  11x3 þ x þ 1
Ist n der Grad des Polynoms, so nennt man die 2x
Funktion ganze rationale Funktion n-ten Grades. 3. y ¼ 3
x  5x2  2x þ 1
Bei ganzen rationalen Funktionen werden auf die 2x þ 4
4. y ¼ (gebrochene lineare Funktion)
unabhängige Variable x nur die Operationen Addi- x3
x5  2
tion, Subtraktion und Multiplikation angewandt. 5. y ¼ 2
x þ1
Ganze rationale Funktionen vom Grad 0 (y ¼ a0 ) 1  x3 þ x 2 þ 1 
6. y ¼ x2 þ x þ ¼
nennt man konstante Funktionen, vom Grad 1 x x

(y ¼ a1 x þ a0 ) lineare Funktionen, vom Grad 2 Bei den ersten drei Beispielen handelt es sich um
(y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 ) quadratische Funktionen und echt gebrochene rationale Funktionen, bei den letz-
vom Grad 3 (y ¼ a3 x3 þ a2 x2 þ a1 x þ a0 ) kubische ten drei Beispielen um unecht gebrochene rationale
Funktionen. Funktionen.
82 Mathematik

Zusammenfassende bersicht über die elementaren 4.2 Lineare Funktionen


Funktionen
Funktionen mit einer Funktionsgleichung

y ¼ f ðxÞ ¼ mx þ n ðm; n 2 R; m 6¼ 0Þ

Eine lineare Funktion ist eine ganze rationale Funk-


tion 1. Grades.
Der Graph einer linearen Funktion ist eine Gerade
(daher der Name lineare Funktion), und zwar die
Gerade mit der Steigung m und dem Achsenab-
schnitt n auf der y-Achse (vgl. Abschnitt VII.2.1).
Die Steigung m einer Geraden ist der „Höhenzu-
wachs“ (die Differenz der y-Werte) bei einem
Schritt um 1 nach rechts. Der Achsenabschnitt n ist
der y-Wert, bei dem die Gerade die y-Achse schnei-
det.
Für m > 0 ist die Funktion streng monoton wach-
send, für m < 0 ist sie streng monoton fallend.
Schnittpunkt des  Graphen
! der Funktion mit der
n 
x-Achse: Sx  0 , Schnittpunkt mit der y -Achse:
4 Ganze rationale Funktionen m 
Sy ð0 j nÞ.
4.1 Konstante Funktionen & Beispiel:
Funktionen mit einer Funktionsgleichung 1
Funktionsgleichung: y ¼ f ðxÞ ¼ xþ2
2
Wertetabelle:
y ¼ f ðxÞ ¼ n ðn 2 RÞ
x 6 4 2 0 2 4
Der Graph einer konstanten Funktion ist eine Paral-
y 1 0 1 2 3 4
lele zur x-Achse, und zwar im Abstand n. Im Fall
n ¼ 0 ist die Gerade die x-Achse selbst. Die Ge-
radengleichung der x-Achse ist also y ¼ 0. y
Um den Graph einer Funktion zu zeichnen, ist es
sinnvoll, sich die Koordinaten von Punkten des Gra- 4
phen in einer Wertetabelle aufzuschreiben. Da eine 1
3 y= x+2
1 2
Gerade durch zwei auf ihr liegende Punkte festge- m=
2 2
legt ist, reicht es im Prinzip, bei Geraden die Koor- 1
dinaten von zwei Punkten zu berechnen. 1 n=2
& Beispiel:
Funktionsgleichung: y ¼ f ðxÞ ¼ 2 –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 x
Wertetabelle: Bild V-12 Graph der linearen Funktion
x 1 0 1 1
y¼ xþ2
2
y 2 2 2

Ist n ¼ 0, so nennt man die lineare Funktion y ¼ mx


y ðm 2 R; m 6¼ 0Þ auch Proportionalfunktion. Der
Graph einer Proportionalfunktion ist eine Gerade
3 durch den Koordinatenursprung, und zwar mit der
2 Steigung m.
y=2
1
Man nennt m auch den Proportionalitätsfaktor der
y
Gleichung, denn es gilt m ¼ :
–3 –2 –1 0 1 2 3 x x
–1 & Beispiel:
1
Funktionsgleichung: y ¼ f ðxÞ ¼ x
Bild V-11 Graph der konstanten Funktion y ¼ 2 2

Wertetabelle:

x 3 2 1 0 1 2 3

3 1 1 3
y  ¼ 1;5 1  ¼ 0;5 0 ¼ 0;5 1 ¼ 1;5
2 2 2 2
V Funktionen 83

y Δs
in km
3 2400
2 2000 Δs = vΔt
1 1600
y= x
1 2
1200
0 0,5
–3 –2 –1 1 2 3 4 x 800
–1 400
0 v
–2 1 2 3 4 5 6 7 8 910 Δt
in 1000 s

Bild V-13 Graph der Proportionalfunktion Bild V-15 Geschwindigkeit im Weg-Zeit-


1 Diagramm
y¼ x
2
3. Gay-Lussacsches Gesetz
Funktionsgleichung: V ¼ V0 ð1 þ gdÞ oder V ¼ V0 gd þ V0
& Anwendungsbeispiele:
(statt y ¼ mx þ n)
1. Hookesches Gesetz
Dabei bedeuten:
Funktionsgleichung: F ¼ c Dl (statt y ¼ mx)
V variables Gasvolumen, V0 Volumen derselben Gasmenge
Dabei bedeuten: 1
F Federkraft, c Federkonstante (Federrate, Federsteifigkeit), bei 0 C, g ¼ konstanter Volumenausdehnungskoeffi-
273
Dl Längenveränderung der Feder zient, d Maßzahl der in C gemessenen variablen Temperatur
Ein Vergleich mit der linearen Funktion ergibt:
& Beispiel (vgl. Abschnitt II.4):
V0
Welche Kraft F dehnt eine Feder um 4 cm, wenn die V ¼ y; V0 g ¼ ¼ m; d ¼ x; V0 ¼ b
Kraft 3 N (Newton) eine Dehnung um 2 cm bewirkt? 273

3N N Der Definitionsbereich ist gegeben durch die Bedingung


c¼ ¼ 1;5 ; Dl ¼ 4 cm 273  d < 1.
2 cm cm
Einsetzen in die Funktionsgleichung:
& Beispiel:
N
F ¼ 1;5  4 cm ¼ 6 N Im Winderhitzer eines Hochofens werden stündlich
cm
42 000 m3 Luft von 17 C auf 800 C erwärmt. Wie groß
Antwort: Die Kraft 6 N bewirkt die Dehnung um 4 cm.
ist das Volumen der vom Winderhitzer pro Stunde gelie-
ferten erhitzten Luft?
F Lösung: Die Gleichung V ¼ V0 ð1 þ gdÞ wird zweimal be-
in N
nutzt.
6 F = cΔl Zuerst Berechnung von V0 :
5 1 1
V0 ¼ V1 ¼ 42 000 m3
4 1 þ gd1 1
1þ  17
¼ 39 537;9310 . . . m3 273
3
Anschließend Berechnung des gesuchten V2 :
2  
1
V2 ¼ V0 ð1 þ gd2 Þ ¼ 39 537; 9310 . . . m3 1 þ  800
1 c 273
¼ 155 400 m3
0
Antwort: Das Volumen beträgt 155 400 m3 .
–1 1 2 3 4 5 Δl
–1 in cm
Wertetabelle:
Bild V-14 Hookesches Gesetz u V
–273 0
Anmerkung: Es muß sichergestellt sein, daß sich die Werte im 0 V0
materialbedingten Gültigkeitsbereich des Hookeschen Geset- V
373 V 3
100
zes bewegen. 273 0 in m
2. Geschwindigkeit im Weg-Zeit-Diagramm 200 473 V
Funktionsgleichung: Ds ¼ v Dt (statt y ¼ mx) 273 0
100V0g
Dabei bedeuten: 273 2 V0
= 100 V0
Ds zurückgelegter Weg, v Geschwindigkeit, Dt abgelaufene 273
Zeit
100
& Beispiel (vgl. Abschnitt II.4):
1
Wie weit kommt ein Flugzeug in 2 Stunden, wenn es
2 V0
10 km in 45 s zurücklegt?
10 000 m m 3600 s
V=
v¼ ¼ 222;2 ; Dt ¼ 2;5 h  ¼ 9000 s V0(1 + gu)
45 s s h
Einsetzen in die Funktionsgleichung:
–273 0 100 200 u
10 000 m
Ds ¼  9000 s ¼ 2000 km in °C
45 s
Antwort: Das Flugzeug fliegt 2000 km weit. Bild V-16 Gay-Lussacsches Gesetz
84 Mathematik

4.3 Quadratische Funktionen Durch quadratische Ergänzung erhält man y   a0


 a 2 a  2 a21
1 1
Funktionen mit einer Funktionsgleichung þ ¼ x þ a1 x þ
2
, woraus y  a0  ¼
 2a 2 2 4
1
xþ folgt.
y ¼ f ðxÞ ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 2
Die rechte Gleichungsseite und damit auch die linke
ða2 ; a1 ; a0 2 R; a2 6¼ 0Þ
ist  0. Der kleinste y-Wert ergibt sich, wenn beide
a2
Eine quadratische Funktion ist eine ganze rationale Gleichungsseiten gleich 0 sind, also für y ¼ a0  1 .
4
Funktion 2. Grades. Dies ist der Wert der Ordinate des Scheitelpunkts.
Der Graph jeder quadratischen Funktion ist eine a1
Die rechte Gleichungsseite wird für x ¼  gleich
Parabel (vgl. auch Abschnitt VII.5.3). 2
0, dem Wert der Abszisse des Scheitelpunkts. Man
Für spezielle Koeffizienten a2 ; a1 ; a0 in der Funk-
erhält somit als Scheitelpunkt der verschobenen
tionsgleichung erhält man spezielle Parabeln.
Normalparabel
Normalparabel  !
Mit den Koeffizienten a2 ¼ 1; a1 ¼ 0; a0 ¼ 0 in der a1  a2
SðxS j yS Þ ¼ S   a0  1
Gleichung y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 der quadratischen 2 4
Funktion erhält man die Gleichung y ¼ x2 der Nor-
malparabel. Berechnung des Schnittpunkts Sy der verschobenen
Normalparabel mit der y-Achse:
Normalparabel y ¼ x2 Die Ordinate des Schnittpunkts mit der y-Achse er-
gibt sich, wenn man in der Funktionsgleichung x ¼ 0
Der Punkt ð0 j 0Þ, also der Koordinatenursprung, ist setzt: y ¼ 0 þ 0 þ a0 ¼ a0 . Somit ist Sy ¼ Sy ð0 j a0 Þ.
der Scheitelpunkt der Normalparabel. Die Normal- Berechnung der Schnittpunkte Sx1 und Sx2 der ver-
parabel ist symmetrisch zur y-Achse und nach oben schobenen Normalparabel mit der x-Achse:
geöffnet. Die Abszissen der Schnittpunkte mit der x-Achse er-
Der Definitionsbereich ist D ¼ R, der Wertebereich hält man, wenn man in der Funktionsgleichung
ist W ¼ R, und die Bildmenge f ðDÞ ist die Menge y ¼ 0 setzt: 0 ¼ x2 þ a1 x þ a0 . Dies ist eine quadra-
der nichtnegativen reellen Zahlen: f ðDÞ ¼ Rþ 0 ¼ tische Gleichung in x, deren Nullstellen bestimmt
Rþ [ f0g. werden müssen:

y
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
a 2 ffi
a1 1
9 x1; 2 ¼   a0 :
2 2
8
7 Die Schnittpunkte mit der x-Achse lauten also:
6 0 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  1
y = x2
a21 
5 a1 
Sx1 ¼ Sx1 @ þ  a0  0A;
4 2 4 
3
0 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  1
2 a21 
a1 
Sx2 ¼ Sx2 @   a0  0A
1 Bild V-17 2 4 
–3 –2 –1 0 1 2 3 x Normalparabel

& Beispiele:
Verschobene Normalparabel
1. y ¼ x2  x  1 (also a1 ¼ 1 und a0 ¼ 1)
Mit a2 ¼ 1 und beliebigen Werten für a1 und a0
a21 ð1Þ2 1
(aber nicht beide gleich 0) in y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 er- Wegen
4
¼
4
¼ ergibt sich
4
 !  !
gibt sich die Gleichung y ¼ x2 þ a1 x þ a0 einer ver- 1  1 1  5

schobenen Normalparabel. Scheitelpunkt: S ¼ S  1  ¼S 
2 4 2  4
Schnittpunkt mit der y-Achse: Sy ¼ Sy ð0 j 1Þ
Verschobene Normalparabel y ¼ x2 þ a1 x þ a0 Schnittpunkte mit der x-Achse:
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  !  !
1 1  1 pffiffiffi 
Eine verschobene Normalparabel hat dieselbe Form Sx1 ¼ Sx1 þ þ 1  0 ¼ Sx1 ð1 þ 5Þ  0
2 4  2 
wie die Normalparabel, der Scheitelpunkt liegt je-
¼ Sx1 ð1;6180 . . . j 0Þ ;
doch nicht im Koordinatenursprung.
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  !  !
Berechnung des Scheitelpunkts S der verschobenen 1 1  1 pffiffiffi 
Sx2 ¼ Sx2  þ 1  0 ¼ Sx 2 ð1  5Þ  0
Normalparabel mit der Gleichung y ¼ x2 þ a1 x þ a0 : 2 4  2 
Subtraktion von a0 ergibt y  a0 ¼ x2 þ a1 x. ¼ Sx2 ð0; 6180 . . . j 0Þ
V Funktionen 85

y
–3 –2 –1 0 1 2 3
8
x
7 –1
6
–2
5
–3
4
y = x2 – x – 1
–4 y = –x2
3
2 –5
1 –6
S x2 Sx 1
–3 –2 –1 0 S 1 2 3 4 x –7
y
–1
S –8
–2
y
Bild V-18 Verschobene Normalparabel
Bild V-20 Gespiegelte Normalparabel
2. y ¼ x2  4x (also a1 ¼ 4 und a0 ¼ 0)
a2 ð4Þ2 Gespiegelte verschobene Normalparabel
Es ergibt sich 1 ¼ ¼ 4. Damit berechnet man den
Scheitelpunkt:
4 4 Mit a2 ¼ 1 und beliebigen Werten für a1 und a0
 !
4  (aber nicht beide gleich 0) ergibt sich die Gleichung
S¼S    4 ¼ Sð2 j  4Þ y ¼ x2 þ a1 x þ a0 einer gespiegelten verschobenen
2 
Schnittpunkt mit der y-Achse: Sy ¼ Sy ð0 j 0Þ Normalparabel.
Schnittpunktep mit der x-Achse:
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Gespiegelte verschobene Normalparabel
Sx1 ¼ Sx1 ð2 þ 4  0 j 0Þ ¼ Sx1 ð4 j 0Þ;
Sx2 ¼ Sx2 ð2  2 j 0Þ ¼ Sx2 ð0 j 0Þ
Die Parabel geht durch den Koordinatenursprung, deshalb y ¼ x2 þ a1 x þ a0
fällt der Schnittpunkt mit der y-Achse mit dem einen Schnitt-
punkt mit der x-Achse zusammen.
Berechnung des Scheitelpunkts S:
y Subtraktion von a0 : y  a0 ¼ x2 þ a1 x
 a 2
1
6 Subtraktion von :
a 2 2 a  2
1 1
5 y  a0  ¼ x2 þ a1 x 
2 2
4 Zusammenfassen auf der linken Seite des Gleich-
3 2 heitszeichens und Ausklammern von 1 auf der
y = x – 4x
2 rechten Seite:
  a 2   a  2 
1 1
1 y  a0 þ ¼  x2  a1 x þ
S x2 = S y Sx1 2 2
–2 –1 0 1 2 3 4 5 6 x Anwenden der zweiten binomischen Formel auf der
–1 rechten Seite:
  
–2 a2 a1 2
y  a0 þ 1 ¼  x 
–3 4 2
–4 Die rechte Gleichungsseite und damit auch die linke
ist  0. Der größte y-Wert ergibt sich, wenn beide
a2
Bild V-19 Verschobene Normalparabel Gleichungsseiten gleich 0 sind, also für y ¼ a0 þ 1 .
4
Dies ist der Wert der Ordinate des Scheitelpunkts.
Gespiegelte Normalparabel a1
Die rechte Gleichungsseite wird für x ¼ gleich 0,
Mit den Koeffizienten a2 ¼ 1; a1 ¼ 0; a0 ¼ 0 in 2
y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 ergibt sich die Gleichung dem Wert der Abszisse des Scheitelpunkts. Somit er-
y ¼ x2 der gespiegelten Normalparabel. gibt sich für den Scheitelpunkt der gespiegelten ver-
schobenen Normalparabel
 !
Gespiegelte Normalparabel y ¼ x2 a1  a2
SðxS j yS Þ ¼ S  a0 þ 1
2  4
Die gespiegelte Normalparabel entsteht aus der
Normalparabel durch Spiegelung an der x-Achse. Berechnung des Schnittpunkts Sy mit der y-Achse:
Der Punkt ð0 j 0Þ ist der Scheitelpunkt der gespiegel- Durch Einsetzen von x ¼ 0 in die Funktionsglei-
ten Normalparabel. Sie ist symmetrisch zur y-Achse chung erhält man y ¼ a0 als Ordinate des Schnitt-
und nach unten geöffnet. punkts und als Schnittpunkt somit Sy ¼ Sy ð0 j a0 Þ.
86 Mathematik

Berechnung der Schnittpunkte Sx1 und Sx2 mit der Ausklammern  von a2  auf der rechten Seite:
x-Achse: a1
y  a0 ¼ a2 x þ x
2
Durch Einsetzen von y ¼ 0 in die Funktionsglei- a2
chung ergibt sich 0 ¼ x2 þ a1 x þ a0 und nach Quadratische Ergänzung in der Klammer auf der
Multiplikation der Gleichung mit 1 die quadra- a2
rechten Seite, also Addition von 1 auf beiden Sei-
2
 a1 x  ffi a0 ¼ 0, die die Lösun-
tische Gleichungrxffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 4a2
a 2 ten der Gleichung:
 !
a1
gen x1; 2 ¼ 
1
þa0 hat. Die Schnittpunkte 
2 2 a21 a1 a1 2
mit der x-Achse lauten somit: y  a0 þ ¼ a2 x þ x þ
2
4a2 a2 2a2
0 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  1
a21 
a1  Anwenden der ersten binomischen Formel auf der
Sx1 ¼ Sx1 @ þ þ a0  0A ;
2 4  rechten Seite:
   
0 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  1 a2 a1 2
 y  a0  1 ¼ a2 x þ
a1 a21  4a2 2a2
Sx2 ¼ Sx2 @  þ a0  0A
2 4  Hieraus liest man die Koordinaten des Scheitel-
punkts ab, nämlich diejenigen Werte für x und y, für
& Beispiel: die beide Seiten der Gleichung gleich 0 werden:
3. y ¼ x2  4x þ 3 (also a1 ¼ 4 und a0 ¼ 3)
a2 ð4Þ2 a1 a2
Man berechnet 1 ¼ ¼4 xS ¼  ; yS ¼ a0  1
4 4 2a2 4a2
Scheitelpunkt: S ¼ Sð2 j 3 þ 4Þ ¼ Sð2 j 7Þ
Schnittpunkt mit der y-Achse: Sy ¼ Sy ð0 j 3Þ
Scheitelpunkt S der Parabel:
 !
Schnittpunkte mit der x-Achse:
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi a1  a21
Sx1 ¼ Sx1ð2 þ 4 þ 3 j 0Þ ¼ Sx1ð2 þ 7 j 0Þ SðxS j yS Þ ¼ S   a0 
¼ Sx1ð0;6457p. ffiffi.ffi. j 0Þ, 2a2  4a2
Sx2 ¼ Sx2ð2  7 j 0Þ ¼ Sx2ð4;6457 . . . j 0Þ
Man nennt die Gleichung y  yS ¼ a2 ðx  xS Þ2
y Scheitelform der quadratischen Funktion, wohinge-
S gen y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 Normalform der quadrati-
7
schen Funktion heißt.
6
Scheitelform der quadratischen Funktion
5
4 y  yS ¼ a2 ðx  xS Þ2
y= 3 Sy
–x2–4x + 3 2 Berechnung des Schnittpunkts Sy mit der y-Achse:
1 Setzt man in der Funktionsgleichung x ¼ 0 ein, so
–5 –4 –3 –2 –1 0 1 2 erhält man y ¼ a0 als Ordinate des Schnittpunkts Sy
S x2 Sx1 x und als Schnittpunkt somit Sy ¼ Sy ð0 j a0 Þ.
–1 Der Wert D ¼ a21  4a2 a0 heißt Diskriminante der
–2 quadratischen Funktion y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 . Gilt
D > 0, so hat die zugehörige Parabel zwei Schnitt-
Bild V-21 Gespiegelte verschobene punkte mit der x-Achse. Für D ¼ 0 gibt es einen
Normalparabel Schnittpunkt (der Schnittpunkt ist dann ein Berühr-
punkt). Für D < 0 gibt es keinen Schnittpunkt mit
Allgemeiner Fall der x-Achse.
Berechnung des Schnittpunkts (für D ¼ 0) bzw. der
Parabel y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 Schnittpunkte (für D > 0) der Parabel mit der
x-Achse:
Für a2 > 0 ist die Parabel nach oben, für a2 < 0 Durch Einsetzen von y ¼ 0 in die Funktionsglei-
nach unten geöffnet. chung y ¼ a2 x2 þ a1 x þ a0 erhält man die quadrati-
Für ja2 j > 1 ist die Parabel im Vergleich zur Nor- sche Gleichung a2 x2 þ a1 x þ a0 ¼ 0, die die Lösun-
malparabel gestreckt und für ja2 j < 1 gestaucht.  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1
Man nennt ja2 j deshalb den Streckungsfaktor der gen x1; 2 ¼ a1  a21  4a2 a0 hat. Daraus
2a2
Parabel. ergeben sich die Schnittpunkte mit der x-Achse:
Eine nderung des Koeffizienten a1 bewirkt eine   !
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 
Verschiebung der Parabel in x-Richtung, eine n- 1 
Sx1 a1 þ a1  4a2 a0  0 ;
2
derung von a0 bewirkt eine Verschiebung in y-Rich- 2a2 
tung.
   !
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 
Berechnung des Scheitelpunkts S: 1 
Sx2 a1  a21  4a2 a0  0 :
Subtraktion von a0 : y  a0 ¼ a2 x2 þ a1 x 2a2 
V Funktionen 87

& Beispiele:
4. y ¼ 4x2 (also a2 ¼ 4; a1 ¼ a0 ¼ 0)
4.4 Kubische Funktionen
Wegen ja2 j ¼ j4j ¼ 4 > 1 ist die Parabel im Vergleich zur
Funktionen mit einer Funktionsgleichung
Normalparabel gestreckt, und wegen a2 ¼ 4 > 0 ist die Para-
bel nach oben geöffnet.
Aus a1 ¼ a0 ¼ 0 folgt S ¼ Sð0 j 0Þ und S ¼ Sx ¼ Sy .
y ¼ f ðxÞ ¼ a3 x3 þ a2 x2 þ a1 x þ a0
y ða3 ; a2 ; a1 ; a0 2 R; a3 6¼ 0Þ

8
Eine kubische Funktion ist eine ganze rationale
Funktion 3. Grades.
7 Der Graph einer kubischen Funktion ist eine kubi-
sche Parabel.
6 Das Verhalten der Funktion hängt wesentlich von
dem Koeffizienten a3 und der Diskriminante
5 y =4x2 D ¼ 3a3 a1  a22 ab. Wenn D  0 ist, dann ist die
Funktion für a3 > 0 monoton wachsend und für
4
a3 < 0 monoton fallend (vgl. Abschnitt V.2.1). Für
D < 0 besitzt die Funktion ein Maximum und ein
3
Minimum (siehe Abschnitt VIII.4.10). Für a3 > 0 ist
2 die Funktion dann von 1 bis zum Maximum mo-
noton wachsend, monoton fallend vom Maximum
1 bis zum Minimum und danach bis þ1 wieder mo-
noton wachsend. Für a3 < 0 (und D < 0) ist die
0 x Funktion von 1 bis zum Minimum monoton fal-
–2 –1 1 2
lend, vom Minimum bis zum Maximum monoton
wachsend und danach bis þ1 wieder monoton fal-
Bild V-22 Parabel lend.
Es gibt ein, zwei (dann ist ein Schnittpunkt ein Be-
5. y ¼ 3x2 þ 1;2x  1;5 (also a2 ¼ 3; a1 ¼ 1;2; a0 ¼ 1;5)
rührpunkt) oder drei Schnittpunkte mit der x-Achse
Aus ja2 j ¼ j3j ¼ 3 > 1 folgt, daß die Parabel im Vergleich
zur Normalparabel gestreckt ist. Wegen a2 ¼ 3 < 0 ist die (abhängig von den Koeffizienten a3 ; a2 ; a1 ; a0 ). Der
Parabel nach unten geöffnet. Schnittpunkt mit der y-Achse ist Sy ð0 j a0 Þ.
Berechnung des Scheitelpunkts S:

Spezialfälle:
!
1;2  ð1;2Þ2
SðxS j yS Þ ¼ S   1;5 
2  ð3Þ  4  ð3Þ Kubische Normalparabel
 !
1;2  1;44 Mit den Koeffizienten a3 ¼ 1; a2 ¼ 0; a1 ¼ 0; a0 ¼ 0
¼S  1;5 þ
6  12 ergibt sich die kubische Normalparabel y ¼ x3 . Sie
¼ Sð0;2 j 1;5 þ 0;12Þ ¼ Sð0;2 j  1;38Þ schneidet sowohl die x- als auch die y-Achse im Ur-
Scheitelform der Parabelgleichung: y þ 1;38 ¼ 3ðx  0;2Þ2
sprung.
Berechnung des Schnittpunkts Sy mit der y-Achse:
Sy ¼ Sy ð0 j 1;5Þ
Kubische Normalparabel y ¼ x3
Berechnung der Diskriminante D:
D ¼ a21  4a2 a0 ¼ ð1;2Þ2  4  ð3Þ  ð1;5Þ ¼ 16;56.
Wegen D < 0 gibt es keinen Schnittpunkt mit der x-Achse. Gespiegelte kubische Normalparabel
Mit den Koeffizienten a3 ¼ 1; a2 ¼ 0; a1 ¼ 0;
y a0 ¼ 0 erhält man die gespiegelte kubische Normal-
1 parabel y ¼ x3 .

–2 –1 0 1 2 3 x
Gespiegelte kubische Normalparabel y ¼ x3
–1 S
Sy
–2 & Beispiele:

–3 1. y ¼ x3
y = –3x 2 + 1,2x – 1,5 2. y¼
1 3
x
–4 2
1 3
–5 3. y¼ x x
4
–6

Bild V-23 Parabel


88 Mathematik

y Dabei bedeutet zum Beispiel x ! 1, daß x sich


1 nähert.
Ist von den Koeffizienten in der Funktionsgleichung
nur an 6¼ 0, gilt also a0 ¼ a1 ¼ a2 ¼ . . . ¼ an  2
¼ an  1 ¼ 0, dann nennt man die Funktion Potenz-
1 y = x3 funktion.

Potenzfunktionen
–2 –1 0 1 2 x
y ¼ an xn ðn 2 N*; an 2 R; an 6¼ 0Þ
–1
1
Die Graphen der Potenzfunktionen heißen für n  2
Parabeln n-ter Ordnung.
–2 –1 0 1 2 x Der Definitionsbereich der Potenzfunktionen ist
y = – 1 x3 D ¼ R. Für die Bildmenge gilt f ðDÞ ¼ fz j z 2 R;
2
–1 z  0g für gerade n  2 und an > 0, f ðDÞ ¼
1 fz j z 2 R; z  0g für gerade n  2 und an < 0 und
f ðDÞ ¼ R für ungerade n.
Sx2 Sx 3 Die Kurve der Funktion y ¼ axn ist im Vergleich zur
–2 –1 0 1 2 x Kurve der Funktion y ¼ xn für jaj < 1 gestaucht, für
jaj > 1 gestreckt und für a < 0 an der x-Achse ge-
y = 1x – x
3
–1 4 spiegelt.
Bild V-24 Graphen der kubischen Funktionen
1 1 & Beispiele:
y ¼ x3 , y ¼  x3 und y ¼ x3  x 1. y ¼ x2 und y ¼ x4
2 4
Die Graphen dieser Funktionen sind Parabeln 2. bzw. 4. Ord-
nung.
4.5 Ganze rationale Funktionen
n-ten Grades
y
Funktionen mit einer Funktionsgleichung folgender 6 y = x4
Art, wobei a0 ; a1 ; a2 ; . . . ; an  1 ; an 2 R; an 6¼ 0; n 2 N.
5 y = x2
n1 4
y ¼ an x þ an  1 x
n
þ . . . þ a2 x þ a1 x þ a0
2

Pn 3
¼ ak x k
k¼0
2
1
Die rechte Seite der Gleichung heißt auch Polynom
n-ten Grades. –3 –2 –1 0 1 2 3 x
Der Graph einer ganzen rationalen Funktion n-ten
Grades ist eine zusammenhängende Kurve, die von Bild V-25 Parabeln 2. und 4. Ordnung
links aus dem Unendlichen kommt und nach rechts
im Unendlichen verschwindet. Dabei hängt der Kur- 2. y ¼ x3 und y ¼ x5
Die Graphen dieser Funktionen sind Parabeln 3. bzw. 5. Ord-
venverlauf ganz wesentlich vom Grad n der Funk-
nung.
tion und vom Vorzeichen von an ab. Es gilt:

n gerade ðn ¼ 2; 4; 6; . . .Þ und an > 0 : y


x ! 1 ) y ! þ1 4
x ! þ1 ) y ! þ1 y = x5 y = x3
3
n gerade ðn ¼ 2; 4; 6; . . .Þ und an < 0 : 2
x ! 1 ) y ! 1 1
x ! þ1 ) y ! 1
–2 –1 0 1 2 x
n ungerade ðn ¼ 1; 3; 5; . . .Þ und an > 0 : –1
x ! 1 ) y ! 1 –2
x ! þ1 ) y ! þ1
–3
n ungerade ðn ¼ 1; 3; 5; . . .Þ und an < 0 : –4
x ! 1 ) y ! þ1
x ! þ1 ) y ! 1
Bild V-26 Parabeln 3. und 5. Ordnung
V Funktionen 89

3. y¼
1 6
x þ
1 5
x 
17 4
x 
1 3 16 2
x þ x þ
1
x
12 mittelt. Man berechnet zuerst c1 aus c1 ¼ an x0
100 100 100 20 25 25 25
Das Polynom der rechten Seite läßt sich umformen: þ an  1 , dann c2 aus c2 ¼ c1 x0 þ an  2 und so weiter
1 6
x þ
1 5
x 
17 4
x 
1 3 16 2
x þ x þ
1
x
12 und schließlich cn aus cn ¼ cn  1 x0 þ a0.
100 100 100 20 25 25 25 Dieses Verfahren nennt man Horner-Schema (nach
1
¼ ðx  1Þ ðx  4Þ ðx þ x  12Þ
2 2 2
dem englischen Mathematiker William George Hor-
100
Da ein Produkt genau dann gleich 0 ist, wenn mindestens ner, 1786––1837). Es läßt sich folgendermaßen sche-
einer der Faktoren gleich 0 ist, erhält man als Nullstellen der matisch darstellen:
gegebenen Funktion die Lösungen der drei quadratischen
Gleichungen x2  1 ¼ 0, x2  4 ¼ 0 und x2 þ x  12 ¼ 0:
x1 ¼ 1; x2 ¼ 1; x3 ¼ 2; x4 ¼ 2; x5 ¼ 3; x6 ¼ 4
an an  1 an  2 ... a1 a0
Die Nullstellen sind die Abszissen der Schnittpunkte des þ an x0 c1 x0 ... cn  2 x0 cn  1 x0
Graphen der Funktion mit der x-Achse.
Weil eine algebraische Gleichung n-ten Grades höchstens an c1 c2 ... cn  1 cn
n reelle Wurzeln besitzt, hat die Kurve für den gegebenen
Grad die Höchstzahl an Schnittpunkten mit der x-Achse,
nämlich n ¼ 6. & Beispiel:
1 f ðxÞ ¼ 2x4  8x3 þ 2x2 þ 28x  48
Da an ¼ > 0 und n ¼ 6 geradzahlig ist, kommt die Kurve
100 Gesucht ist f ð3Þ, also der Funktionswert an der Stelle x0 ¼ 3.
von links aus dem Positiv-Unendlichen und geht nach rechts
Horner-Schema:
ins Positiv-Unendliche.
Zur Berechnung des Schnittpunkts Sy mit der y-Achse setzt
12 2 8 2 28 48
man in der Funktionsgleichung x ¼ 0 ein und erhält y ¼  þ 6 42 132 312
25
als Ordinate des Schnittpunkts und damit als Schnittpunkt ð¼ 2  ð3ÞÞ ð¼ ð14Þ  ð3ÞÞ ð¼ 44  ð3ÞÞ ð¼ ð104Þ  ð3ÞÞ
mit der y-Achse:
 ! 2 14 44 104 264
 12

Sy ¼ Sy 0  
 25
Es gilt also f ð3Þ ¼ 264.

y
5 Gebrochene rationale Funktionen
3
2 5.1 Nullstellen, Pole, Asymptoten
1 Funktionen mit einer Funktionsgleichung folgender
S x6 S x4 Sx 2 Sx1 Sx3 Sx5
Art, wobei a0 ; a1 ; . . . ; an ; b0 ; b1 ; . . . ; bm 2 R; an ;
–4 –3 –2 –1 0 1 2 3 x
–1 bm 6¼ 0; m 6¼ 0, heißen gebrochene rationale Funk-
tionen.
–2

Bild V-27 Graph der Funktion zu der Gleichung an xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x þ a0


aus Beispiel 3 y¼
bm xm þ bm  1 xm  1 þ . . . þ b2 x2 þ b1 x þ b0
Pn
ai xi
i¼0
4.6 Horner-Schema ¼
P
m
bk xk
Das Horner-Schema ist ein Verfahren zur Berech- k¼0
nung von Funktionswerten ganzer rationaler Funk-
tionen.
Eine gebrochene rationale Funktion y ¼ f ðxÞ kann
Ist eine Funktion f ðxÞ ¼ an xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a2 x2
Pn immer als Quotient zweier ganzer rationaler Funk-
þ a1 x þ a0 ¼ ak xk gegeben und der Funktions- tionen dargestellt werden (sowohl Zähler als auch
k¼0
Nenner sind Polynome in x).
wert an der Stelle x0 gesucht, so dividiert man das
Pn
Polynom ak xk durch ðx  x0 Þ: Pn ðxÞ
k¼0 Gebrochene rationale Funktionen y¼
ðan x þ an  1 x
n n1
þ . . . þ a2 x þ a1 x þ a0 Þ : ðx  x0 Þ
2 Pm ðxÞ
cn
¼ an xn  1 þ c1 xn  2 þ . . . þ cn  2 x þ cn  1 þ . Eine gebrochene rationale Funktion ist nicht für
x  x0
Für die Koeffizienten ci gilt c1 ¼ an x0 þ an  1 und alle x definiert. Die Nullstellen des Nenners gehören
ci ¼ ci  1 x0 þ an  i für i ¼ 2; 3; . . . ; n. Damit kann nicht zum Definitionsbereich der Funktion.
die Funktion f ðxÞ auch durch die Gleichung f ðxÞ ¼ Ist der Grad des Nennerpolynoms größer als der
ðan xn  1 þ c1 xn  2 þ . . . þ cn  2 x þ cn  1 Þ ðx  x0 Þ þ cn Grad des Zählerpolynoms (n < m), dann heißt die
beschrieben werden. Für x ¼ x0 ergibt sich dann Funktion echt gebrochene rationale Funktion, an-
f ðx0 Þ ¼ cn . Die Berechnung des Funktionswertes dernfalls (also für n  m) heißt sie unecht gebro-
f ðx0 Þ ist somit auf die Berechnung der Konstante cn chene rationale Funktion.
zurückgeführt worden, die man in n Schritten durch Gebrochene rationale Funktionen, bei denen sowohl
einander folgende Berechnung von c1 ; c2 ; . . . ; cn er- das Zählerpolynom als auch das Nennerpolynom
90 Mathematik

den Grad 1 haben (also n ¼ 1 und m ¼ 1), heißen Dabei haben weder PðxÞ noch Q1 ðxÞ in der Nähe
gebrochene lineare Funktionen. von x ¼ xp eine Nullstelle, sie ändern also ihr Vor-
zeichen nicht. Ihr Quotient hat deshalb einen von
a1 x þ a0 Null verschiedenen, beschränkten positiven oder ne-
Gebrochene lineare Funktionen y¼
b1 x þ b0 1
gativen Wert. Die Funktion wächst aber,
ðx  xp Þk
Die Graphen der gebrochenen rationalen Funktio- wenn sich x dem Pol xp nähert, über alle Grenzen.
a
nen y ¼ n ; n 2 N; n  1; a 2 R; a 6¼ 0 heißen Hy- Nähert man sich dem Pol mit wachsenden x-Werten
x
perbeln n-ter Ordnung (zu Hyperbeln vgl. auch Ab- (also x < xp ), so ist x  xp negativ. Für ungerade k
1
schnitt VII.5.2). (k ¼ 1; 3; 5; . . .) geht dann gegen 1, für
Durch Polynomdivision läßt sich jede unecht gebro- ðx  xp Þk
gerade k (k ¼ 2; 4; 6; . . .) dagegen gegen þ1.
chene rationale Funktion y ¼ f ðxÞ darstellen als
Summe einer ganzen rationalen Funktion gðxÞ und Nähert man sich dem Pol mit abnehmenden x-Wer-
1
einer echt gebrochenen rationalen Funktion hðxÞ: ten (also x > xp ), so ist x  xp positiv, geht
y ¼ f ðxÞ ¼ gðxÞ þ hðxÞ. dann also stets gegen þ1. ðx  xp Þk
PðxÞ
& Beispiel: Für negative Werte des Faktors dreht sich das
Q1 ðxÞ
2x4 þ 3x3 þ 5x2  4x þ 1 77x  29
1.
x2  3x þ 1
¼ 2x2 þ 9x þ 30 þ 2
x  3x þ 1
Vorzeichen der Funktion y ¼ f ðxÞ um.

Pn ðxÞ PðxÞ y
x0 ist eine Nullstelle von y ¼ f ðxÞ ¼ ¼ ,
Pm ðxÞ QðxÞ
wenn an der Stelle x ¼ x0 der Zähler Null ist und
der Nenner von Null verschieden, also Pðx0 Þ ¼ 0;
Qðx0 Þ ¼
6 0.
Eine Stelle x ¼ xp heißt ein Pol der Funktion x
PðxÞ
y¼ , wenn xp eine Nullstelle des Nenners QðxÞ
QðxÞ
ist und der Zähler PðxÞ an der Stelle xp von Null
verschieden ist, also Qðxp Þ ¼ 0; Pðxp Þ ¼
6 0. Ist x ¼ xp
eine k-fache Nullstelle des Nenners QðxÞ und gilt
Bild V-28 Funktionsverlauf bei Polen ungerader Ord-
Pðxp Þ ¼
6 0, dann heißt xp ein Pol k-ter Ordnung von nung
PðxÞ
y¼ .
QðxÞ
Zwei Polynome PðxÞ und QðxÞ heißen teilerfremd, y
wenn alle ihre Nullstellen verschieden sind. Gilt also
für eine Stelle x ¼ x1, daß Pðx1 Þ ¼ 0, so folgt
Qðx1 Þ ¼
6 0, und gilt umgekehrt für eine Stelle x ¼ x2,
x
daß Qðx2 Þ ¼ 0, so folgt Pðx2 Þ ¼
6 0.
Jede gebrochene rationale Funktion läßt sich als
Quotient zweier teilerfremder Polynome darstellen.

PðxÞ
y¼ ; PðxÞ und QðxÞ teilerfremd
QðxÞ
Bild V-29 Funktionsverlauf bei Polen gerader Ord-
Eine solche Darstellung heißt Normalform der ge- nung
brochenen rationalen Funktion.
Die Gerade x ¼ xp heißt Asymptote der gebroche-
Die Nullstellen einer gebrochenen rationalen Funk-
nen rationalen Funktion y ¼ f ðxÞ. Asymptoten einer
tion in Normalform sind die Nullstellen des Zähler-
Funktion sind Geraden, denen sich der Graph der
polynoms PðxÞ.
Funktion unbeschränkt nähert, ohne sie je zu errei-
Ist x ¼ xp ein Pol k-ter Ordnung der Funktion
PðxÞ chen (Asymptote ¼ Nichtzusammenlaufende).
y¼ mit teilerfremden PðxÞ und QðxÞ, dann Das Verhalten einer gebrochenen rationalen Funk-
QðxÞ
läßt sich die Funktion in der Nähe des Pols darstel- Pn ðxÞ
tion y ¼ f ðxÞ ¼ im Unendlichen:
Pm ðxÞ
len durch
Ist y ¼ f ðxÞ eine echt gebrochene rationale Funk-
PðxÞ 1 PðxÞ tion, gilt also n < m, dann ist die x-Achse (Gerade
y¼ ¼  :
QðxÞ ðx  xp Þk Q1 ðxÞ mit der Gleichung y ¼ 0) eine Asymptote.
V Funktionen 91

Im Falle n ¼ m ist die zur x-Achse parallele Gerade Die Stelle x ¼ 0 ist ein Pol zweiter Ordnung. Nähert man sich
an dem Pol mit wachsenden x-Werten (also x < 0) oder mit
mit der Gleichung y ¼ eine Asymptote. abnehmenden x-Werten (also x > 0), dann geht y gegen þ1.
bm Die Geraden x ¼ 0 (y-Achse) und y ¼ 0 (x-Achse) sind
Ist n > m, so gilt y ¼ f ðxÞ ¼ gðxÞ þ hðxÞ, wobei gðxÞ Asymptoten der Funktion.
eine ganze rationale Funktion und hðxÞ eine echt
Wertetabelle:

x 4 3 2 1 0,5 0,25 0,1 1 2 3 4

y 0,06 0,11 0,25 1 4 16 100 1 0,25 0,11 0,06

gebrochene rationale Funktion sind. Die Funktion Die y -Werte in der Wertetabelle sind auf zwei Stellen nach
dem Komma gerundet.
y ¼ f ðxÞ verhält sich dann im Unendlichen wie die
rationale Funktion y ¼ gðxÞ.
y
& Beispiele:
1 4
2. y ¼
x
Zum Definitionsbereich gehören alle x außer x ¼ 0. 3
1 1
Wegen f ðxÞ ¼ ¼  ¼ f ðxÞ ist die Funktion ungera-
x x 2
de, der Graph der Funktion ist also symmetrisch zum Null-
punkt (Koordinatenursprung). 1
Die Funktion hat keine Nullstelle, denn der Zähler ist stets
von Null verschieden (PðxÞ ¼ 1).
Die Stelle x ¼ 0 ist ein Pol erster Ordnung der Funktion. –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 x
Nähert man sich diesem Pol mit wachsenden x-Werten (also
x < 0), dann geht y gegen 1. Nähert man sich dem Pol
dagegen mit abnehmenden x-Werten (also x > 0), so geht y Bild V-31 Graph der Funktion mit der Gleichung
gegen þ1. 1
Die Geraden x ¼ 0 (y-Achse) und y ¼ 0 (x-Achse) sind
y¼ 2
x
Asymptoten der Funktion.
Der Graph der Funktion ist eine Hyperbel. 1
4. y¼
x2  1
Wertetabelle (y-Werte auf zwei Stellen nach dem Komma ge-
Die Funktion ist definiert für alle x, für die der Nenner un-
rundet):
gleich 0 ist.

x 4 3 2 1 0;5 0;25 0;1 0;01 1 2 3 4

y 0;25 0;33 0;50 1 2 4 10 100 1 0;50 0;33 0,25

y Die Nullstellen des Nenners berechnet man, indem man den


Nenner (das Nennerpolynom) gleich Null setzt: x2  1 ¼ 0:
3 Diese quadratische Gleichung hat die Lösungen x1 ¼ 1 und
x2 ¼ 1.
1 1
2 Wegen f ðxÞ ¼ ¼ ¼ f ðxÞ ist die Funktion
ðxÞ2  1 x2  1
gerade, der Graph der Funktion ist also symmetrisch zur
1
y-Achse.
–4 –3 –2 –1 Die Funktion hat keine Nullstellen (Schnittpunkte mit der
0 1 2 3 4 x x-Achse), denn der Zähler ist für alle x des Definitionsberei-
–1 ches von Null verschieden.
Die Stellen x1 ¼ 1 und x2 ¼ 1 sind Pole erster Ordnung der
–2 Funktion.
Nähert man sich dem Pol x2 mit wachsenden x-Werten (also
–3 PðxÞ 1
x < 1), dann ist der Faktor ¼ in der Zerlegung
Q1 ðxÞ x1
der Funktion
Bild V-30 Graph der Funktion mit der Gleichung
1 y¼
PðxÞ
¼
1

PðxÞ
¼
1

1
y¼ QðxÞ x  x2 Q1ðxÞ x  ð1Þ x  1
x
negativ, das heißt, y geht gegen þ1.
Nähert man sich entsprechend dem Pol x2 mit abnehmenden
1
3. y¼ 2 x-Werten (also x > 1) oder dem Pol x1 mit wachsenden
x
x-Werten (also x < 1), so geht y gegen 1. Nähert man sich
Die Funktion ist definiert für alle x 6¼ 0.
dagegen x1 mit abnehmenden x-Werten (also x > 1), so geht
1 1 y gegen þ1.
Es gilt f ðxÞ ¼ ¼ ¼ f ðxÞ; die Funktion ist also ge-
ðxÞ2 x2 Die Geraden x1 ¼ 1 und x2 ¼ 1 sowie y ¼ 0 (x-Achse) sind
rade, ihr Graph ist symmetrisch zur y-Achse. Asymptoten der Funktion.
Da der Zähler konstant gleich 1 ist, besitzt die Funktion Funktionswerte für 1 < y  0 gibt es nicht, da der Nenner
keine Nullstellen. nicht kleiner als 1 werden kann.
92 Mathematik

Wertetabelle (y-Werte auf drei Stellen nach dem Komma gerundet):

x 3 2 1,5 1,1 0,9 0,5 0

y 0,125 0,333 0,800 4,762 5,263 1,333 1

y y

–3 –2 –1 0 1 2 3 x
–1 1

–1 1 x
–1

Bild V-32 Graph der Funktion mit der Gleichung


1
y¼ 2
x 1 Bild V-34 Graph der Funktion mit der Gleichung
x2  x  2
y¼ 2
x2  1 y¼
5.
x þ1 2x  6
Die Funktion ist definiert für alle reellen x, denn es gibt
keine Nullstellen des Nenners und damit keine Pole.
Die Nullstellen der Funktion sind x1 ¼ 1 und x2 ¼ 1.
Die zur x-Achse parallele Gerade mit der Gleichung
an 1
y¼ ¼ ¼ 1 ist Asymptote.
bm 1
Der Graph der Funktion verläuft überall unterhalb der
Asymptote.
Wertetabelle:

x 4 3 2 1,5 1 0,5 0,3 0,1 0

y 0,87 0,80 0,60 0,38 0 0,60 0,84 0,98 1

Die y-Werte in der Wertetabelle sind auf zwei Stellen nach


dem Komma gerundet.

y 5.2 Partialbruchzerlegung
1 Eine Partialbruchzerlegung ist die Zerlegung einer
gebrochenen rationalen Funktion y ¼ f ðxÞ mit
–1 0 1 x
an xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x þ a0
f ðxÞ ¼ in
–1 bm xm þ bm  1 xm  1 þ . . . þ b2 x2 þ b1 x þ b0
eine Summe von Brüchen.
Bild V-33 Graph der Funktion mit der Gleichung Durch eine Partialbruchzerlegung von f ðxÞ wird oft-
x2  1 mals die Integration der Funktion einfacher oder
y¼ 2
x þ1 überhaupt erst möglich (vgl. Abschnitt VIII.5.2).
x2  x  2 Jede echt gebrochene rationale Funktion (also
6. y¼
2x  6 n < m) kann eindeutig in eine Summe von Partial-
Die Funktion hat die Nullstellen x1 ¼ 1 und x2 ¼ 2 und
einen Pol bei x ¼ 3. brüchen zerlegt werden.
Die Funktion ist also definiert für alle x 6¼ 3. Praktische Durchführung der Partialbruchzerlegung:
Die Funktion ist weder gerade noch ungerade, eine Symme-
trie des Graphen bezüglich des Nullpunktes oder der y-Achse 1. Im Falle n  m Abspalten des ganzen rationalen
liegt also nicht vor. Anteils mit Polynomdivision.
Durch Polynomdivision erhält man die Darstellung 2. Kürzen des Bruches (also Division des Zählers
x2  x  2 1 4
y¼ ¼ xþ1þ und des Nenners) durch bm , den Koeffizienten
2x  6 2 2x  6
der Funktion als Summe einer ganzen rationalen Funktion der höchsten Potenz des Nenners:
und einer echt gebrochenen rationalen Funktion. Es ist also
1
y ¼ x þ 1 eine Asymptote der Funktion. Die Annäherung cn xn þ cn  1 xn  1 þ . . . þ c2 x2 þ c1 x þ c0
2 f ðxÞ ¼
an die Asymptote erfolgt für x ! 1 von unten und für xm þ dm  1 xm  1 þ . . . þ d2 x2 þ d1 x þ d0
x ! 1 von oben.
Wertetabelle (y-Werte auf zwei Stellen nach dem Komma gerundet):

x 5 3 2 1 0 1 1,5 2 2;5 2,9 3,1 3,5 4 5 7

y 1,75 0,83 0,40 0 0,33 0,50 0,42 0 1,75 17,55 22,55 6,75 5 4,50 5
V Funktionen 93

ai bj & Beispiele:
Es gilt also ¼ ci ð1  i  nÞ und ¼ dj 6x2  4
bm bm 1. f ðxÞ ¼
ð1  j < mÞ: 2x3 þ 4x2 þ 4x þ 2
3x2  2
Division durch b3 ¼ 2: f ðxÞ ¼
3. Bestimmung der Nullstellen x1 ; x2 ; . . . ; xr x3 þ 2x2 þ 2x þ 1
Nullstelle des Nennerpolynoms: x1 ¼ 1
ðr  mÞ des Nennerpolynoms.
Zerlegung des Nennerpolynoms:
4. Zerlegung des Nennerpolynoms in die Form x3 þ 2x2 þ 2x þ 1 ¼ ðx þ 1Þ ðx2 þ x þ 1Þ
Zerlegung von f ðxÞ in eine Summe von Partialbrüchen:
xm þ dm  1 xm  1 þ . . . þ d2 x2 þ d1 x þ d0
3x2  2 A Bx þ C
f ðxÞ ¼ ¼ þ
¼ ðx  x1 Þk1  ðx  x2 Þk2  . . .  ðx  xr Þkr  x3 þ 2x2 þ 2x þ 1 x þ 1 x2 þ x þ 1
Bestimmung der Koeffizienten A; B; C durch Koffizienten-
 ðx2 þ p1 x þ q1 Þl1 ðx2 þ p2 x þ q2 Þl2 
vergleich:
 . . .  ðx2 þ ps x þ qs Þls 3x2  2 Aðx2 þ x þ 1Þ þ ðBx þ CÞ ðx þ 1Þ
f ðxÞ ¼ ¼
ðx þ 1Þ ðx2 þ x þ 1Þ ðx þ 1Þðx2 þ x þ 1Þ
Eine solche Zerlegung ist immer möglich. Dabei ) 3x2  2 ¼ Aðx2 þ x þ 1Þ þ ðBx þ CÞ ðx þ 1Þ
sind x1 ; x2 ; . . . ; xr alle reellen Nullstellen mit den ¼ ðA þ BÞ x2 þ ðA þ B þ CÞ x þ ðA þ CÞ
Vielfachheiten k1 ; k2 ; . . . ; kr . Die restlichen qua- Vergleich der Koeffizienten von x2 , von x und der Absolut-
dratischen Faktoren ergeben die konjugierten glieder links und rechts vom Gleichheitszeichen ergibt:
A þ B ¼ 3; A þ B þ C ¼ 0; A þ C ¼ 2
Paare komplexer Nullstellen (also p2i  4qi < 0). ) A ¼ 1; B ¼ 2; C ¼ 3
5. Zerlegung von f ðxÞ in eine Summe von Brüchen: Lösung somit:
6x2  4 1 2x  3
A11 A12 A1k1 f ðxÞ ¼ ¼ þ
f ðxÞ ¼ þ þ ... þ 2x3 þ 4x2 þ 4x þ 2 x þ 1 x2 þ x þ 1
x  x1 ðx  x1 Þ2 ðx  x1 Þk1 3x2  x þ 1
2. f ðxÞ ¼ 3
x  2x2 þ x
A21 A22 A2k2 Nullstellen des Nennerpolynoms: x1 ¼ 0; x2 ¼ 1 (x2 ist dop-
þ þ þ ... þ
x  x2 ðx  x2 Þ2 ðx  x2 Þk2 pelte Nullstelle)
Zerlegung des Nennerpolynoms: x3  2x2 þ x ¼ xðx  1Þ2
þ .................................... Zerlegung von f ðxÞ in Partialbrüche:
Ar1 Ar2 Arkr 3x2  x þ 1 A B C
þ þ þ ... þ f ðxÞ ¼ ¼ þ þ
x3  2x2 þ x x x  1 ðx  1Þ2
x  xr ðx  xr Þ2 ðx  xr Þkr
Bestimmung der Koeffizienten A; B; C durch Koeffizienten-
B11 þ C11 x B12 þ C12 x
þ þ vergleich:
x2þ p1 x þ q1 ðx2 þ p1 x þ q1 Þ2 f ðxÞ ¼
3x2  x þ 1 Aðx  1Þ2 þ Bxðx  1Þ þ Cx
¼
xðx  1Þ2 xðx  1Þ2
B1l1 þ C1l1 x B21 þ C21 x ) 3x2  x þ 1 ¼ Aðx2  2x þ 1Þ þ Bðx2  xÞ þ Cx
þ ... þ þ
ðx2 þ p1 x þ q1 Þl1 x2 þ p2 x þ q2 ¼ ðA þ BÞ x2 þ ðC  2A  BÞ x þ A

B22 þ C22 x B2l2 þ C2l2 x Vergleich der Koeffizienten von x2 , von x und der Absolut-
þ þ ... þ glieder links und rechts vom Gleichheitszeichen ergibt:
ðx2 þ p2 x þ q2 Þ2 ðx2 þ p2 x þ q2 Þl2 A þ B ¼ 3; C  2A  B ¼ 1; A ¼ 1 ) A ¼ 1; B ¼ 2; C ¼ 3
Lösung somit:
þ .......................................: 3x2  x þ 1 1 2 3
f ðxÞ ¼ 3 ¼ þ þ
Bs1 þ Cs1 x Bs2 þ Cs2 x x  2x2 þ x x x  1 ðx  1Þ2
þ 2 þ
x þ ps x þ qs ðx2 þ ps x þ qs Þ2 3. f ðxÞ ¼
6x2  x þ 1
x3  x
Bsls þ Csls x Nullstellen des Nennerpolynoms: x1 ¼ 0; x2 ¼ 1; x3 ¼ 1
þ ... þ Zerlegung des Nennerpolynoms: x3  x ¼ xðx  1Þ ðx þ 1Þ
ðx2 þ ps x þ qs Þls Zerlegung von f ðxÞ in Partialbrüche:
Dabei sind die Koeffizienten Aij ; Bij ; Cij reelle f ðxÞ ¼
6x2  x þ 1 A
¼ þ
B
þ
C
Zahlen. x3  x x x1 xþ1
Bestimmung der Koeffizienten A; B; C durch Koeffizienten-
6. Bestimmung der Koeffizienten der Partialbrüche vergleich:
zum Beispiel mit der Methode des Koeffizienten- 6x2  x þ 1 Aðx  1Þ ðx þ 1Þ þ Bxðx þ 1Þ þ Cxðx  1Þ
vergleichs. f ðxÞ ¼ ¼
xðx  1Þ ðx þ 1Þ xðx  1Þ ðx þ 1Þ
) 6x  x þ 1 ¼ Aðx  1Þ þ Bðx2 þ xÞ þ Cðx2  xÞ
2 2
Die Brüche im Schritt 5 nennt man die Partialbrü- ¼ ðA þ B þ CÞ x þ ðB  CÞ x  A
2

che der gebrochenen rationalen Funktion f ðxÞ. Vergleich der Koeffizienten von x2 , von x und der Absolut-
glieder links und rechts vom Gleichheitszeichen ergibt:
Spezialfälle:
A þ B þ C ¼ 6; B  C ¼ 1; A ¼ 1
Wenn das Nennerpolynom nur reelle Nullstellen ) A ¼ 1; B ¼ 3; C ¼ 4
besitzt, dann fallen die Partialbrüche mit den nicht Lösung somit:
zerlegbaren quadratischen Funktionen im Nenner 6x2  x þ 1 1 3 4
f ðxÞ ¼ ¼ þ þ
x3  x x x1 xþ1
weg.
Besitzt das Nennerpolynom nur die einfachen reel-
len Nullstellen x1 ; x2 ; . . . ; xm , dann lautet die Par- 6 Irrationale Funktionen
tialbruchzerlegung
Irrationale Funktionen sind algebraische Funktio-
A1 A2 Am nen, die nicht rational sind. In der Funktionsglei-
f ðxÞ ¼ þ þ ... þ
x  x1 x  x2 x  xm chung y ¼ f ðxÞ einer rationalen Funktion werden
94 Mathematik

auf die unabhängige Variable x nur endlich viele ra- de Umkehrfunktionen ist der Definitionsbereich
tionale Rechenoperationen (Addition, Subtraktion, 0  x < þ1 (entspricht 0  y < þ1 der Funktion
Multiplikation und Division) angewandt. Bei irratio- y ¼ x2 ), die Bildmenge ist 0  y < þ1 bzw.
nalen Funktionen tritt die unabhängige Variable x 1 < y  0. Die Graphen der Umkehrfunktionen
auch unter einem Wurzelzeichen auf. ergeben sich aus der Normalparabel durch Spiege-
lung an der Winkelhalbierenden y ¼ x. Die (posi-
& Beispiele: pffiffiffi
1. y ¼ p þ x þffi x
x2ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffi tive) Quadratwurzelfunktion y ¼ x zum Beispiel
2. y ¼ q5x 3 2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ist also die Umkehrfunktion der Funktion des rech-
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
7
3. y ¼ ðx2  1Þ 3 5x þ 1 ten Normalparabelastes.

Eine besonders wichtige Klasse von irrationalen y

y =x 2
Funktionen sind die sogenannten Wurzelfunktionen.
4
pffiffiffi

x
y=
3
Wurzelfunktionen y ¼ n x ðn 2 N; n  2Þ
y = +√
x
2
Der Definitionsbereich der Wurzelfunktionen ist 1
D ¼ fx j x 2 R; x  0g für gerade n und D ¼ R für
ungerade n, die Bildmenge ist gleich dem Defini- –2 –1 1 2 3 4 x
–1 y=–
tionsbereich, also f ðDÞ ¼ D. √x
Die Wurzelfunktionen sind im ganzen Definitions- –2
bereich streng monoton wachsend. Bild V-37 Graphen von Funktionen und ihren Um-
pffiffiffi
Für ungerade n ist y ¼ n x eine ungerade Funktion, kehrfunktionen
der Graph der Funktion ist also punktsymmetrisch
zum Koordinatenursprung. Die kubische Funktion y ¼ x3 ist in ihrem ganzen De-
Die Graphen der Wurzelfunktionen gehen durch finitionsbereich D ¼ ð1; 1Þ monoton steigend. Ih-
den Koordinatenursprung und durch den Punkt pffiffiffi
re Umkehrfunktion ist y ¼ 3 x. Der Definitions-
Pð1 j 1Þ. bereich der Umkehrfunktion ist 1 < x < 1, die
Für das Verhalten der Wurzelfunktionen im Unend- Bildmenge 1 < y < 1. Der Graph der Umkehr-
lichen gilt: funktion ergibt sich aus der kubischen Normalparabel
durch Spiegelung an der Winkelhalbierenden y ¼ x.
n 2 N; n  2 : x ! þ1 ) y ! þ1
Allgemein gilt:
n ungerade ðn ¼ 3; 5; 7; . . .Þ : x ! 1 ) y ! 1
Für ungerade n ist die Wurzelfunktion y ¼ f ðxÞ
pffiffiffi
¼ n x; f : R ! R die Umkehrfunktion der Potenz-
funktion y ¼ f ðxÞ ¼ xn ; f : R ! R.
y pffiffiffi
3
gerade n Für gerade n ist die Wurzelfunktion y ¼ f ðxÞ ¼ n x;
y = √x f : ½0; 1Þ ! ½0; 1Þ die Umkehrfunktion der Potenz-
2 funktion y ¼ f ðxÞ ¼ xn ; f : ½0; 1Þ ! ½0; 1Þ.
y =4√ x Man bezeichnet allgemeiner auch Funktionen
1 pffiffiffi
y ¼ a n x; a 2 R; a 6¼ 0 als Wurzelfunktionen. Die
pffiffiffi
x Kurve der Funktion y ¼ a n x ist im Vergleich zur
0 1 2 3 4 5 6 7 8 p ffiffiffi
pffiffiffi Kurve der Funktion y ¼ x für jaj < 1 gestaucht,
n
Bild V-35 Graph der Wurzelfunktionen y ¼ x und
pffiffiffi für jaj > 1 gestreckt und für a < 0 an der x-Achse
y¼ 4x
gespiegelt.

y
3
2 y = √x
ungerade n
1 5
y = √x
–6 –5 –4 –3 –2 –1
0 1 2 3 4 5 6 7 x
–1
p ffiffiffi
Bild V-36 Graph der Wurzelfunktionen y ¼ 3
x und
pffiffiffi & Beispiele: qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
y¼ 5x 4. y ¼ b þ r2  ðx  aÞ2 ; D ¼ fx j jx  aj  rg; W ¼ R
Der Graph dieser Funktion ist der obere Halbkreis des Krei-
ses mit dem Mittelpunkt Mða j bÞ und dem Radius r.
Die quadratische Funktion y ¼ x2 ist in den zwei ge-
trennten Intervallen 0  x < þ1 und 1 < x  0 Fehlerwarnung: Die Gleichung ðx  aÞ2 þ ðy  bÞ2 ¼ r 2 des
Kreises mit dem Mittelpunkt Mða j bÞ und dem Radius r (vgl.
jeweils monoton. Sie hat deshalb zwei Umkehrfunk-
pffiffiffi pffiffiffi Abschnitt VII.3.1) ist keine (implizite) Funktion, denn die
tionen, und zwar y ¼ þ x und y ¼  x. Für bei- Zuordnung einer Zahl y zu einer Zahl x ist nicht eindeutig,
V Funktionen 95

wie in der Definition einer Funktion gefordert (zu jedem x


mit jx  aj < r gibt es zwei y)!
7.1 Exponentialfunktionen
Analog zu oben ist der Graph der Funktion
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Bei einer Exponentialfunktion steht die unabhän-
y ¼ b  r2  ðx  aÞ2 ; D ¼ fx j jx  aj  rg; W ¼ R die un- gige Variable x im Exponenten.
tere Hälfte des Kreises mit dem Mittelpunkt Mða j bÞ und
dem Radius r. y ¼ ax ; a 2 Rþ

y 2
y = b + r –(x–a)
2 Dabei ist die Basis a eine beliebige positive reelle
5 Zahl.
4 r P(x|y) Alle Exponentialfunktionen y ¼ ax ; a 2 Rþ haben
b=3
y–b als Definitionsbereich D ¼ R und, falls a 6¼ 1, als
x–a Bildmenge W ¼ f ðDÞ ¼ Rþ. Alle Funktionswerte
2 sind also positiv.
1 Wegen a0 ¼ 1 gehen die Graphen aller Funktionen
y = b – r2–(x–a)2 durch den Punkt Pð0 j 1Þ.
–1 0 1 2 3 4 5 6 x Für a > 1 ist die Funktion y ¼ ax streng monoton
–1 =a
wachsend mit y ! 0 für x ! 1 und y ! 1 für
x ! 1. Die (negative) x-Achse ist also Asym-
Bild V-38 Graphenqder Funktionen
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffi ptote.
y¼bþ r q 2 ðx  aÞ2
 ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffi Für 0 < a < 1 ist die Funktion y ¼ ax streng mono-
und y ¼ b  r2  ðx  aÞ2 ton fallend mit y ! 1 für x ! 1 und y ! 0 für
x ! 1. Die (positive) x-Achse ist somit Asymptote.
mit a ¼ 4 und b ¼ 3 Der Graph der Funktion nähert sich um so schnel-
ler der x-Achse, je größer jln aj ist, für a > 1 also je
5.
2 2 2
Aus der Gleichung der Astroide x3 þ y3 ¼ a3 ða > 0Þ erhält größer a ist und für a < 1 je kleiner a ist.
man durch Auflösen nach y die Funktionen
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
y ¼ þ ða3  x3 Þ3 ; D ¼ fx j jxj  ag; W ¼ R
2 2
y
x = 1x
2

y = 3x
y = 2x

1,5 x
bzw.
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

y=
y ¼  ða3  x3 Þ3 ; D ¼ f xj jxj  ag; W ¼ R.
2 2
y = 0,5

Die Graphen dieser Funktionen sind der obere Teil (y  0)


5
bzw. der untere Teil (y  0) der Astroide.
4
y 3
2
3 y = 1x =1
2/3 2/3 3
2 y = + (a –x )
–5 –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 x
1
Bild V-40 Graphen von Exponentialfunktionen
–3 –2 –1 0 1 2 3 x
–1 =a
Für a ¼ 1 gilt y ¼ 1, der Graph der Funktion ist also
–2 y = – (a2/3–x2/3)3
eine Parallele zur x-Achse.
–3 Die Exponentialfunktionen y ¼ ax ; a > 0 können
wegen der Regeln der Logarithmen- und der Po-
Bild V-39 Graphen der Funktionen
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi tenzrechnung auch in der Form
y ¼ þ ða3  x3 Þ3 und
2 2

qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
y ¼ ax ¼ eln ða Þ ¼ ex  ln a
x

y ¼  ða3  x3 Þ3 mit a ¼ 3
2 2

dargestellt werden. Dabei ist e ¼ 2;718 281 828 4 . . .


die Eulersche Zahl (vgl. Abschnitt VIII.4.5).
Die Funktion y ¼ ex ; D ¼ R; W ¼ f ðDÞ ¼ Rþ , also
7 Transzendente Funktionen die Exponentialfunktion mit der Basis a ¼ e, heißt
Elementare Funktionen, die nicht algebraisch sind, natürliche Exponentialfunktion oder e-Funktion.
heißen transzendent.
Wichtige Klassen von transzendenten Funktionen y ¼ ex ; D ¼ R; W ¼ f ðDÞ ¼ Rþ
sind die Exponentialfunktionen, die Logarithmus-
funktionen sowie die trigonometrischen Funktionen Es handelt sich um eine spezielle Exponentialfunk-
und ihre Umkehrfunktionen, die Arkusfunktionen. tion, die häufig als die Exponentialfunktion bezeich-
Die trigonometrischen Funktionen und die Arkus- net wird. Diese Funktion spielt bei vielen
funktionen werden in Kapitel VI behandelt. Wachstumsprozessen eine wichtige Rolle.
96 Mathematik

Noch allgemeiner bezeichnet man manchmal auch Die Logarithmusfunktionen y ¼ loga x; a > 0; a 6¼ 1
solche Funktionen, die eine algebraische Funktion können wegen der Regeln der Logarithmenrech-
des Arguments x im Exponenten haben, als Expo- nung auch in der Form
nentialfunktionen, zum Beispiel y ¼ 23x  7x .
2

Die Umkehrfunktionen der Exponentialfunktionen 1


y ¼ loga x ¼  ln x ; a 6¼ 1
y ¼ ax sind für a 6¼ 1 die Logarithmusfunktionen ln a
y ¼ loga x. Die Umkehrfunktion der e-Funktion ist
die natürliche Logarithmusfunktion y ¼ ln x. dargestellt werden.
Dabei heißt die Logarithmusfunktion mit der Basis
7.2 Logarithmusfunktionen a ¼ e ¼ 2;718 2 . . . natürliche Logarithmusfunktion.
Logarithmusfunktionen sind Funktionen der Form
y ¼ ln x ; D ¼ Rþ ; W ¼ f ðDÞ ¼ R
þ
y ¼ loga x ; a 2 R ; a 6¼ 1
Allgemeiner noch bezeichnet man auch solche
Alle Logarithmusfunktionen y ¼ loga x; a 2 Rþ ; Funktionen, die eine algebraische Funktion des Ar-
a 6¼ 1 haben als Definitionsbereich D ¼ Rþ und als guments x als Numerus haben, als Logarithmusfunk-
Bildmenge W ¼ f ðDÞ ¼ R. tion, zum Beispiel y ¼ log2 ð5x2  4xÞ.
Wegen loga 1 ¼ 0 gehen die Graphen aller Funktio- Die Logarithmusfunktion y ¼ loga x ist für a 6¼ 1 die
nen durch den Punkt Pð1 j 0Þ. Umkehrfunktion der Exponentialfunktion y ¼ ax
Für a > 1 ist die Funktion y ¼ loga x streng mono- und umgekehrt. Die natürliche Logarithmusfunktion
ton wachsend mit y ! 1 für x ! 1 und y ! 1 y ¼ ln x ist die Umkehrfunktion der e-Funktion
für x ! 0; x > 0. Die (negative) y-Achse ist also y ¼ ex und umgekehrt.
Asymptote. Für x > 1 gilt loga x > 0, für x ¼ 1 gilt
loga 1 ¼ 0; und für x mit 0 < x < 1 gilt loga x < 0. y

y = 2x
y = ex
Für 0 < a < 1 ist die Funktion y ¼ loga x streng mo- 6
noton fallend mit y ! 1 für x ! 1 und y ! 1

x
5

y=
für x ! 0; x > 0. Die (positive) y-Achse ist somit
4
Asymptote.
Für x > 1 gilt loga x < 0, für x ¼ 1 gilt loga 1 ¼ 0; 3
y = lo
g 2x
und für x mit 0 < x < 1 gilt loga x > 0. 2
Der Graph der Funktion nähert sich für alle a um so 1 y = lnx
schneller der y-Achse, je größer jln aj ist, für a > 1
0
also je größer a ist und für a < 1 je kleiner a ist. –2 –1 1 2 3 4 5 6 7 x

Bild V-42 Graphen der logarithmischen Funktionen


1 y ¼ ln x und y ¼ log2 x und ihrer Umkehr-
y = lg x funktionen y ¼ ex und y ¼ 2x

0 1 y x
= log
1 x
10

Bild V-41 Graphen der logarithmischen Funktionen


y ¼ lg x und y ¼ log 1 x
10
VI Trigonometrie 97

VI Trigonometrie

Das Wort Trigonometrie kommt aus dem Griechi- Andere, weniger gebräuchliche Namen für trigono-
schen und bedeutet Dreiecksmessung. Die Trigono- metrische Funktionen sind Winkelfunktionen oder
metrie ist die Lehre von der Dreiecksberechnung Kreisfunktionen oder goniometrische Funktionen.
mit Hilfe von Winkelfunktionen (trigonometrischen In der folgenden Tabelle sind einige spezielle Werte
Funktionen). der trigonometrischen Funktionen angegeben:

Gradmaß j 0 30 45 60 90
1 Definition der trigonometrischen
p p p p
Funktionen Bogenmaß b 0
6 4 3 2
In einem rechtwinkligen Dreieck ist die Hypotenuse pffiffiffi pffiffiffi
die dem rechten Winkel gegenüberliegende Drei- 1 2 3
sin 0 1
ecksseite, die beiden anderen Seiten (also die Schen- 2 2 2
pffiffiffi pffiffiffi
kel des rechten Winkels) sind die Katheten (vgl. Ab- 3 2 1
schnitt III.6.4). cos 1 0
2 2 2
In einem rechtwinkligen Dreieck mit den Winkeln pffiffiffi
a; b und g ¼ 90 gilt a þ b ¼ 90 . 3 pffiffiffi
tan 0 1 3 
Die Ankathete eines Winkels a in einem rechtwink- 3
pffiffiffi
ligen Dreieck ist die Kathete, die auf einem Schen- pffiffiffi 3
kel von a liegt. Die andere Kathete heißt Gegen- cot  3 1 0
3
kathete von a.
Das Verhältnis zweier beliebiger Seiten im recht- Merkregel:
winkligen Dreieck ist abhängig von dem Winkel a
(und wegen b ¼ 90  a natürlich auch vom Winkel Gradmaß j 0 30 45 60 90
b), das heißt, das Verhältnis zweier Seiten ist eine 1 pffiffiffi 1 pffiffiffi 1 pffiffiffi 1 pffiffiffi 1 pffiffiffi
Funktion des Winkels a (bzw. des Winkels b). Die sin j 0 1 2 3 4
2 2 2 2 2
trigonometrischen Funktionen sind definiert als das
Verhältnis zweier Seiten im rechtwinkligen Dreieck. Die meisten dieser Werte lassen sich mit Hilfe des
In einem rechtwinkligen Dreieck ist Satzes von Pythagoras berechnen. Dies soll am Bei-
sin a, der Sinus des Winkels a, das Verhältnis von spiel des Sinus vorgeführt werden.
Gegenkathete zu Hypotenuse, Für die Höhe h in einem gleichseitigen Dreieck
cos a, der Kosinus des Winkels a, das Verhältnis von mit der Seitenlänge a gilt nach dem Satz des Py-
 a 2 a pffiffiffi
Ankathete zu Hypotenuse, thagoras h2 ¼ a2  , also h ¼ 3. Es folgt
tan a, der Tangens des Winkels a, das Verhältnis a 2 2
von Gegenkathete zu Ankathete, 1 h 1 ffiffiffi
p
sin 30 ¼ 2 ¼ und sin 60 ¼ ¼ 3.
cot a, der Kotangens des Winkels a, das Verhältnis a 2 a 2
von Ankathete zu Gegenkathete.
C
30°
b a a
a h=
a
A
a B 2 √3
c Bild VI-2
60°
Zur Berechnung
a a
a b von sin 30 und sin 60
Bild VI-1 sin a ¼ ; cos a ¼ ; 2 2
c c
a b Für den Durchmesser d in einem Quadrat der Sei-
tan a ¼ ; cot a ¼ tenlänge a gilt nach pdem Satz des Pythagoras
b a ffiffiffi
d2 ¼ a2 þ a2 , also
pffiffiffid ¼ a 2. Es folgt
a Gegenkathete a a 2 1 1 pffiffiffi
Sinus : sin a ¼ ¼ sin 45 ¼ ¼ ¼ pffiffiffi ¼ 2.
c Hypotenuse d a 2 2
b Ankathete a
Kosinus: cos a ¼ ¼
c Hypotenuse
2

a Gegenkathete
a√

Tangens: tan a ¼ ¼ a a
=

b Ankathete
d

b Ankathete
Kotangens: cot a ¼ ¼ 45° Bild VI-3
a Gegenkathete
a Zur Berechnung von sin 45
98 Mathematik

Die beiden spitzen Winkel a und b in einem recht- Mit den vorzeichenbehafteten Koordinaten x und y
winkligen Dreieck sind Komplementwinkel, es gilt des Punktes P werden die trigonometrischen Funk-
also b ¼ 90  a. Aus der Definition der trigonome- tionen dann definiert durch
trischen Funktionen folgt
b b Sinus : sin a ¼ y
sin b ¼ und cos a ¼ ) sin b ¼ cos a Kosinus: cos a ¼ x
c c y
a a Tangens: tan a ¼
cos b ¼ und sin a ¼ ) cos b ¼ sin a x
c c x
Kotangens: cot a ¼
b b y
tan b ¼ und cot a ¼ ) tan b ¼ cot a
a a
a a Der Abschnitt des Einheitskreises zwischen der
cot b ¼ und tan a ¼ ) cot b ¼ tan a x -Achse und dem Punkt P ist das Bogenmaß b des
b b
Winkels a.
C Durchläuft P den Einheitskreis im mathematisch po-
b
sitiven Drehsinn, dann sind a und b positiv. Durch-
a
Bild VI-4 läuft P den Einheitskreis jedoch im mathematisch
b=
a 90°– a Komplementwinkel negativen Drehsinn, dann sind a und b negativ.
A B Im Einheitskreis sind damit die trigonometrischen
Funktionen für beliebige Winkel a im Gradmaß
sin ð90  aÞ ¼ cos a oder für beliebige reelle Zahlen b (Bogenmaß von
cos ð90  aÞ ¼ sin a a) definiert, für die die entsprechenden Nenner
Komplementwinkel tan ð90  aÞ ¼ cot a nicht verschwinden.
cot ð90  aÞ ¼ tan a Bei der Berechnung von Funktionswerten muß be-
achtet werden, ob das Argument im Gradmaß oder
im Bogenmaß angegeben ist.
Durch die beiden orientierten Achsen eines kartesi-
2 Trigonometrische Funktionen schen Koordinatensystems wird die Ebene in vier
für beliebige Winkel Teile eingeteilt, die Quadranten.
Die Punkte des ersten Quadranten haben sowohl
Die Definition der trigonometrischen Funktionen positive x- als auch positive y-Koordinaten, die
eines Winkels a im rechtwinkligen Dreieck ist nur Punkte des zweiten Quadranten haben negative x-
für spitze Winkel möglich (also 0 < a < 90 ). Am und positive y-Koordinaten, die Punkte des dritten
Einheitskreis (Kreis mit dem Radius r ¼ 1) lassen Quadranten haben negative x- und negative y-Koor-
sich die trigonometrischen Funktionen für beliebige dinaten und die Punkte des vierten Quadranten ha-
Winkel definieren: ben positive x- und negative y-Koordinaten.
Der Mittelpunkt des Einheitskreises sei der Koordi-
natenursprung O eines kartesischen Koordinatensy- y
stems (vgl. Abschnitt VII.1.1). Ein beliebiger Punkt 4
II I
P ¼ Pðx j yÞ auf dem Einheitskreis legt einen Winkel 3
a fest, nämlich den Winkel zwischen der x-Achse 2
und der Geraden durch O und P. Dabei wird a in
1
mathematisch positiver Richtung, also gegen den
Uhrzeigersinn, gemessen. –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 x
–1
y –2

cota –3
III IV Bild VI-6
–4
P Quadranten
y = sina
1
tana

r= Für die Vorzeichen der trigonometrischen Funktio-


a nen in den einzelnen Quadranten gilt:
0 x
x = cosa Quadrant sin cos tan cot
I þ þ þ þ
II þ   
III   þ þ
Bild VI-5 Definition der trigonometrischen Funktio-
nen für beliebige Winkel IV  þ  
VI Trigonometrie 99

3 Beziehungen für den gleichen Winkel VII.1.1) als Abszissen (x-Werte) die Winkel (im
Gradmaß oder im Bogenmaß) und als Ordinaten (y-
Für beliebige Winkel a gelten folgende Umrech- Werte) die Werte der betreffenden trigonometri-
nungsformeln: 1 Þ schen Funktionen eingetragen werden. Die Funk-
tionswerte ergeben sich als vorzeichenbehaftete
sin a 1 cos a 1 Längen der entsprechenden Strecken am Einheits-
tan a ¼ ¼ cot a ¼ ¼
cos a cot a sin a tan a kreis (Bilder VI-7 und VI-8 siehe S. 100).
sin2 a þ cos2 a ¼ 1 tan a  cot a ¼ 1 Die Graphen der trigonometrischen Funktionen
1 1 nennt man auch Kurven. So ist zum Beispiel die
1 þ tan2 a ¼ 1 þ cot2 a ¼ 2 Sinuskurve der Graph der Sinusfunktion.
cos2 a sin a
In der folgenden Aufzählung sind alle Winkel im
Diese Beziehungen lassen sich im rechtwinkligen Bogenmaß angegeben.
Dreieck leicht nachrechnen.
1. Sinusfunktion
& Beispiel:
 a 2  b 2 a2 þ b2 Die Funktion y ¼ sin x mit dem Definitionsbe-
sin2 a þ cos2 a ¼ þ ¼ ¼ 1, denn nach dem
c c c2 reich D ¼ R und dem Wertebereich W ¼ ½1; 1.
Satz des Pythagoras gilt im rechtwinkligen Dreieck a2 þ b2 ¼ c2 .
Die Sinusfunktion hat die Periode 2p, es gilt also
Alle Beziehungen gelten auch allgemein, das heißt, sin ðx þ 2kpÞ ¼ sin x für k ¼ 0; 1; 2; . . . Die
für beliebige Winkel a. Amplitude der Funktion ist 1, denn es gilt
p
Nach diesen Beziehungen läßt sich jede trigonome- jsin xj  1 und sin ¼ 1.
2
trische Funktion durch jede andere desselben Win- Die Sinusfunktion ist wegen sin ðxÞ ¼ sin x für
kels ausdrücken. alle x eine ungerade Funktion. Die Sinuskurve
Will man zum Beispiel sin a durch cos a ausdrücken,
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ist also symmetrisch zum Koordinatenursprung.
so folgt sin a ¼  1  cos2 a aus sin2 a þ cos2 a ¼ 1. 2. Kosinusfunktion
Für Winkel im ersten Quadranten, also für Winkel Die Funktion y ¼ cos x mit dem Definitionsbe-
a mit 0 < a < 90 gilt: reich D ¼ R und dem Wertebereich W ¼ ½1; 1.

sin a cos a tan a cot a


pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi tan a 1
sin a ¼ sin a 1  cos2 a pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ tan2 a 1 þ cot2 a
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 cot a
cos a ¼ 1  sin2 a cos a pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ tan2 a 1 þ cot2 a
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
sin a 1  cos2 a 1
tan a ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi tan a
1  sin2 a cos a cot a
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1  sin2 a cos a 1
cot a ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi cot a
sin a 1  cos2 a tan a

In den übrigen Quadranten sind die Vorzeichen Die Kosinusfunktion hat ebenfalls die Periode
der Wurzeln nach der Vorzeichentabelle (vgl. Ab- 2p, es gilt cos ðx þ 2kpÞ ¼ cos x für k ¼ 0;
schnitt VI.2) oder am Einheitskreis zu bestimmen. 1; 2; . . . Die Amplitude der Funktion ist 1,
&
denn es gilt jcos xj  1 und cos 0 ¼ 1.
Beispiel:
Im dritten Quadranten sind sowohl sin a als auch cos a negativ. Die Kosinusfunktion ist wegen cos ðxÞ ¼ cos x
Deswegen gilt für Winkel a mit 180 < a < 270
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffi zum Beispiel für alle x eine gerade Funktion. Die Kosinus-
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
sin a ¼  1  cos2 a und cos a ¼  1  sin2 a. kurve ist also symmetrisch zur y-Achse.
3. Tangensfunktion
4 Graphen der trigonometrischen Die Funktion y ¼ tan x mit dem Definitionsbe-
p
Funktionen reich D ¼ R; x 6¼ þ kp; k 2 Z und dem Werte-
2
Ein anschauliches Bild von Eigenschaften der trigo- bereich W ¼ R.
p
nometrischen Funktionen erhält man, wenn in einem Die Stellen x ¼ þ kp; k 2 Z sind Pole der
kartesischen Koordinatensystem (vgl. Abschnitt 2
Funktion. Nähert man sich einem Pol x ¼ xp mit
wachsenden x-Werten (also x < xp ), dann geht
1
Þ Für Potenzen ðf ðxÞÞk von Funktionswerten ist die Schreibweise
f k ðxÞ üblich, etwa sin2 a (gesprochen: Sinus Quadrat Alpha) für
tan x gegen þ1. Nähert man sich dagegen ei-
(sin aÞ2 . nem Pol x ¼ xp mit abnehmenden x-Werten (also
100 Mathematik

cosa
sina
Einheitskreis sina cosa
P P
1

cosa

sinb
r=

sina
sinb

ba sina a
M P′ –90° 0 a b 90° 180° 270° Bild VI-7
P′

cosb
360°

(–)
cosb cosa
(–)
Sinuskurve
und Kosinuskurve

tana tana
cota cota

Asymptote zur
Tangenskurve
cotb cota
(–) Kotangente
cot a
tana
tana

b a a
r=1 0 a tanb (–)
cot b(–)
M b 180° 360°
tanb
(–)

Bild VI-8
Tangente

Tangenskurve und
Kotangenskurve

x > xp ), so geht tan x gegen 1. Die Geraden y


1
p
x ¼ þ kp sind Asymptoten der Funktion. 0 π 2π x
2 –1
Periode
Die Tangensfunktion hat die Periode p, es gilt
1
also tan ðx þ kpÞ ¼ tan x für k ¼ 0; 1; 2; . . .
Eine Amplitude besitzt die Funktion nicht 0 π 2π x
–1
(Pole!).
Die Tangensfunktion ist wegen tan ðxÞ ¼ tan x
für alle x eine ungerade Funktion. Die Tangens-
kurve ist also symmetrisch zum Koordinaten- 1
ursprung. 0 π x
–1
4. Kotangensfunktion
Die Funktion y ¼ cot x mit dem Definitionsbe-
reich D ¼ R; x 6¼ kp; k 2 Z und dem Werte- Periode
bereich W ¼ R.
Die Stellen x ¼ kp; k 2 Z sind Pole der Funktion.
Nähert man sich einem Pol x ¼ xp mit wachsen- 1
den x-Werten (also x < xp ), dann geht cot x ge- 0 π x
gen 1. Nähert man sich dagegen einem Pol –1
x ¼ xp mit abnehmenden x-Werten (also x > xp ),
so geht cot x gegen þ1. Die Geraden x ¼ kp
sind Asymptoten der Funktion. Bild VI-9 Die Graphen der trigonometrischen Funk-
Die Kotangensfunktion hat die Periode p, es gilt tionen y ¼ sin x; y ¼ cos x; y ¼ tan x;
also cot ðx þ kpÞ ¼ cot x für k ¼ 0; 1; 2; . . . y ¼ cot x (von oben nach unten)
Eine Amplitude besitzt die Funktion nicht
(Pole!).
Die Kotangensfunktion ist ungerade, denn es gilt beim Tangens und Kotangens auf solche zwischen 0
cot ðxÞ ¼ cot x. Die Kotangenskurve ist also und 180 zurückgeführt werden. Für beliebige ganze
symmetrisch zum Koordinatenursprung. Zahlen k gilt:

sin ð360  k þ aÞ ¼ sin a


5 Reduktionsformeln
cos ð360  k þ aÞ ¼ cos a
Wegen der Periodizität können die trigonometri- tan ð180  k þ aÞ ¼ tan a
schen Funktionen für beliebige Winkel beim Sinus cot ð180  k þ aÞ ¼ cot a
und Kosinus auf solche zwischen 0 und 360 und
VI Trigonometrie 101

Wegen der Symmetrie der trigonometrischen Funk- Trigonometrische Funktionen für Winkelvielfache
tionen gilt für negative Winkel:
2 tan a
sin 2a ¼ 2 sin a cos a ¼
sin ðaÞ ¼ sin a 1 þ tan2 a
cos ðaÞ ¼ cos a sin 3a ¼ 3 sin a  4 sin3 a
tan ðaÞ ¼ tan a
sin 4a ¼ 8 sin a cos3 a  4 sin a cos a
cot ðaÞ ¼ cot a
cos 2a ¼ cos2 a  sin2 a ¼ 1  2 sin2 a ¼ 2 cos2 a  1
Jeder so reduzierte Winkel kann durch eine der fol- cos 3a ¼ 4 cos3 a  3 cos a
genden Beziehungen auf einen Winkel zwischen 0
und 90 zurückgeführt werden: cos 4a ¼ 8 cos4 a  8 cos2 a þ 1
2 tan a 2
tan 2a ¼ ¼
Funktion b¼ b¼ b¼ b¼ 1  tan2 a cot a  tan a
90  a 180  a 270  a 360  a 3 tan a  tan3 a
tan 3a ¼
sin b þcos a sin a cos a sin a 1  3 tan2 a
4 tan a  4 tan3 a
cos b sin a cos a sin a þcos a tan 4a ¼
1  6 tan2 a þ tan4 a
tan b cot a tan a cot a tan a
cot2 a  1 cot a  tan a 1
cot 2a ¼ ¼ ¼
cot b tan a cot a tan a cot a 2 cot a 2 tan 2a
cot3 a  3 cot a
cot 3a ¼
3 cot 2 a  1
6 Additionstheoreme cot4 a  6 cot2 a þ 1
cot 4a ¼
4 cot3 a  4 cot a
Die Additionstheoreme sind Formeln für die trigo-
nometrischen Funktionen von Winkelsummen und
Winkeldifferenzen. Für allgemeine Winkelvielfache erhält man aus der
Die meisten dieser Gleichungen lassen sich mit Hil- Entwicklung der Formel von Moivre (vgl. Abschnitt
fe der Eulerschen Formel ejz ¼ cos z þ j sin z für I.12.6) durch Vergleich des Real- und Imaginärteils
komplexe Zahlen (vgl. Abschnitt I.12.8) zusammen entsprechende Formeln:
mit den Potenzgesetzen herleiten. cos na þ j sin na ¼ ðcos a þ j sin aÞn
Pn n
& Beispiel:
¼ jk   cosnk a  sink a
k¼0 k
cos ða þ bÞ þ j sin ða þ bÞ
¼ ejða þ bÞ ¼ eja  ejb ¼ ðcos a þ j sin aÞ  ðcos b þ j sin bÞ Summen und Differenzen zweier trigonometrischer
¼ ðcos a cos b  sin a sin bÞ þ jðsin a cos b þ cos a sin bÞ
Funktionen
Vergleich von Real- und Imaginärteil ergibt
cos ða þ bÞ ¼ cos a cos b  sin a sin b und sin ða þ bÞ
¼ sin a cos b þ cos a sin b. aþb ab
sin a þ sin b ¼ 2 sin cos
2 2
Trigonometrische Funktionen der Summe und der aþb ab
sin a  sin b ¼ 2 cos sin
Differenz zweier Winkel 2 2
aþb ab
cos a þ cos b ¼ 2 cos cos
sin ða þ bÞ ¼ sin a cos b þ cos a sin b 2 2
sin ða  bÞ ¼ sin a cos b  cos a sin b aþb ab
cos a  cos b ¼ 2 sin sin
cos ða þ bÞ ¼ cos a cos b  sin a sin b 2 2
cos ða  bÞ ¼ cos a cos b þ sin a sin b sin ða þ bÞ
tan a þ tan b ¼
tan a þ tan b cos a cos b
tan ða þ bÞ ¼ sin ða  bÞ
1  tan a tan b tan a  tan b ¼
tan a  tan b cos a cos b
tan ða  bÞ ¼
1 þ tan a tan b sin ða þ bÞ
cot a þ cot b ¼
cot a cot b  1 sin a sin b
cot ða þ bÞ ¼
cot a þ cot b sin ða þ bÞ
cot a  cot b ¼ 
cot a cot b þ 1 sin a sin b
cot ða  bÞ ¼
cot a  cot b
102 Mathematik

Produkte trigonometrischer Funktionen


b a
1
sin a sin b ¼ ½cos ða  bÞ  cos ða þ bÞ h Bild VI-10
2
a b Zur Herleitung des Sinussatzes
1
cos a cos b ¼ ½cos ða  bÞ þ cos ða þ bÞ
2
Die anderen Proportionen lassen sich analog herlei-
1
sin a cos b ¼ ½sin ða þ bÞ þ sin ða  bÞ ten.
2
1
cos a sin b ¼ ½sin ða þ bÞ  sin ða  bÞ Kosinussatz
2
In einem beliebigen Dreieck ist das Quadrat einer
tan a þ tan b tan a  tan b
tan a tan b ¼ ¼ Seitenlänge gleich der Summe der Quadrate der bei-
cot a þ cot b cot a  cot b den anderen Seitenlängen minus dem doppelten
cot a þ cot b cot a  cot b Produkt der Längen dieser beiden anderen Seiten
cot a cot b ¼ ¼
tan a þ tan b tan a  tan b und dem Kosinus des von ihnen eingeschlossenen
tan a þ cot b tan a  cot b Winkels.
tan a cot b ¼ ¼
cot a þ tan b cot a  tan b
a2 ¼ b2 þ c2  2bc cos a
Potenzen trigonometrischer Funktionen Kosinussatz b2 ¼ a2 þ c2  2ac cos b
c2 ¼ a2 þ b2  2ab cos g
1
sin2 a ¼ ð1  cos 2aÞ
2
1 b2 þ c2  a2
sin3 a ¼ ð3 sin a  sin 3aÞ cos a ¼
4 2bc
1 a2 þ c2  b2
sin4 a ¼ ðcos 4a  4 cos 2a þ 3Þ oder cos b ¼
8 2ac
1 a2 þ b2  c2
cos2 a ¼ ð1 þ cos 2aÞ cos g ¼
2 2ab
1
cos a ¼ ð3 cos a þ cos 3aÞ
3
4 Der Kosinussatz ist eine Verallgemeinerung des Sat-
1 zes von Pythagoras, der für rechtwinklige Dreiecke
cos a ¼ ðcos 4a þ 4 cos 2a þ 3Þ
4
8 gilt, auf beliebige Dreiecke. Gilt etwa g ¼ 90 , dann
folgt c2 ¼ a2 þ b2 wegen cos g ¼ cos 90 ¼ 0.
Die Formeln für sinn a und cosn a erhält man, in- Der Kosinussatz läßt sich durch Zerlegung des Drei-
dem man die Formeln für cos na und sin na nach- ecks in zwei rechtwinklige Dreiecke und Anwen-
einander anwendet. dung des Satzes von Pythagoras herleiten:
q
cos a ¼ ; q ¼ c  p
7 Sinussatz und Kosinussatz b
cp
) cos a ¼ ) p ¼ c  b cos a
Sinussatz b
In einem beliebigen Dreieck verhalten sich die Län- h
sin a ¼ ) h ¼ b sin a
gen der Seiten wie die Sinuswerte der gegenüberlie- b
genden Winkel. Durch Einsetzen der Ausdrücke für p und für h er-
gibt sich:
sin a sin b sin g
Sinussatz ¼ ¼ a2 ¼ p2 þ h2 ) a2 ¼ ðc  b cos aÞ2 þ ðb sin aÞ2
a b c
) a2 ¼ c2  2bc cos a þ b2 cos2 a þ b2 sin2 a
) a2 ¼ c2  2bc cos a þ b2 ðcos2 a þ sin2 aÞ
oder sin a : sin b : sin g ¼ a : b : c ) a2 ¼ b2 þ c2  2bc cos a ðdenn sin2 a þ cos2 a ¼ 1Þ

Der Sinussatz läßt sich mit Hilfe der Höhen, also


durch Zerlegung des Dreiecks in zwei rechtwinklige
Dreiecke herleiten: b a
h
h
sin a ¼ ) h ¼ b  sin a; a b Bild VI-11
b q p Zur Herleitung
h c des Kosinussatzes
sin b ¼ ) h ¼ a  sin b
a
Es folgt b  sin a ¼ a  sin b und daraus a:b Die anderen Gleichungen lassen sich ganz entspre-
¼ sin a : sin b. chend herleiten.
VI Trigonometrie 103

& Beispiele:
8 Grundaufgaben 1. Gegeben: a ¼ 55 ; c ¼ 7;34; b ¼ 48 (WSW)
der Dreiecksberechnung
C
Entsprechend den vier Grundkonstruktionen des
Dreiecks (vgl. Abschnitt VII.6.8) gibt es vier Grund- g
b a
aufgaben der Dreiecksberechnung.
a b Bild VI-12
1. Grundaufgabe WSW und SWW A c B Zu Beispiel 1 (WSW)
Gegeben a; c; b (Winkel, Seite, Winkel) oder
c; b; g (Seite, Winkel, Winkel). Berechnung von g: g ¼ 180  ð55 þ 48 Þ ¼ 77
Berechnung der fehlenden Seiten (mit Hilfe des Sinussatzes):
Berechnung der fehlenden Winkel:
sin 55 sin 48
g ¼ 180  ða þ bÞ oder a ¼ 180  ðb þ gÞ. a¼
sin 77
 7;34 6;17; b ¼
sin 77
 7;34 5; 60
Berechnung der fehlenden Seiten (durch Anwen- Ergebnisse: g ¼ 77 ; a 6;17; b 5;60
dung des Sinussatzes): 2. Gegeben: a ¼ 8;45; b ¼ 6;38; a ¼ 68;5 (SSW)
c c
a¼ sin a und b ¼ sin b.
sin g sin g C Bild VI-13
2. Grundaufgabe SSW g Zu Beispiel 2 (SSW)
Gegeben a; b; a (Seite, Seite, Winkel).
b a
sin a
Anwendung des Sinussatzes: sin b ¼ b
a
a b
Der Winkel b läßt sich für b < a ð) b < aÞ ein- A c B
deutig bestimmen. Für b > a ist b nicht in allen
Fällen eindeutig. Die Aufgabe kann zwei Lösun-
gen, b1 und b2 , haben mit sin b1 ¼ sin b2 und
b1 þ b2 ¼ 180 . Da a der größeren der gegebenen Seiten gegenüberliegt, ist
Berechnung des dritten Winkels g aus der Win- die Aufgabe eindeutig.
Berechnung von b (mit dem Sinussatz):
kelsumme im Dreieck. Berechnung der dritten
sin 68;5 sin b 6;38
Seite c oder c1 und c2 durch Anwendung des ¼ ) sin b ¼ sin 68;5 0;7025
8;45 6;38 8;45
Sinussatzes. ) b 44;6
Berechnung von g: g 180  ð68;5 þ 44;6 Þ ¼ 66;9
3. Grundaufgabe SWS
Berechnung von c (mit dem Sinussatz):
Gegeben a; g; b (Seite, Winkel, Seite). sin 66;9
Berechnung von c mit dem Kosinussatz: c 8;45 8;35
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi sin 68;5
c ¼ a2 þ b2  2ab cos g: Ergebnisse: b 44;6 ; g 66;9 ; c 8;35
Bestimmung des Winkels a (oder b) mit dem 3. Gegeben: a ¼ 9;35; b ¼ 14;25; a ¼ 39;2 (SSW)
Kosinussatz (eindeutig, aber umständlicher) oder
C Bild VI-14
mit dem Sinussatz (Entscheidung zwischen den
beiden möglichen Winkeln a1 und a2 mit g2 Zu Beispiel 3 (SSW)
g1
a1 þ a2 ¼ 180 über die Bedingung a > c
ð, a > gÞ oder a < c ð, a < gÞ. b a
a
Berechnung von b (oder a) dann aus der Win-
kelsumme im Dreieck. b2
a b1
Eine Kontrolle ist mit dem Sinussatz möglich. A
c2 B2 B1
4. Grundaufgabe SSS c1
Gegeben a; b; c (Seite, Seite, Seite).
Berechnung der Winkel mit Hilfe des Kosinus- Berechnung von b (mit dem Sinussatz):
und des Sinussatzes. sin 39;2 sin b 14;25
¼ ) sin b ¼ sin 39;2 0;9633
Am besten wird zuerst der der größten Seite ge- 9;35 14;25 9;35
genüberliegende Winkel berechnet. Die beiden ) b1 74;4 und b2 ¼ 180  b1 105;6
anderen Winkel sind dann spitze Winkel und Beide Winkel erfüllen die Bedingung b > a, die aus b > a
folgt.
können deshalb mit dem Sinussatz eindeutig be-
Berechnung von g1 und g2 mit Hilfe der Winkelsumme im
rechnet werden. Dreieck:
Liegt etwa g der größten Seite gegenüber, dann g1 180  ð39;2 þ 74;4 Þ ¼ 66;4 ;
Berechnung mit g2 180  ð39;2 þ 105;6 Þ ¼ 35;2
Berechnung von c1 und c2 mit dem Sinussatz:
a2 þ b2  c2 sin a sin b sin g
cos g ¼ ; ¼ ¼ : sin 66;4 sin 35;2
2ab a b c c1
sin 39;2
9;35 13;56; c2
sin 39;2
9;35 8;53
Eine Kontrolle läßt sich mit der Winkelsumme
Ergebnisse:
im Dreieck durchführen: Die Summe der drei (1) b1 74;4 ; g1 66;4 ; c1 13;56;
berechneten Winkel muß 180 betragen. (2) b2 105;6 ; g2 35;2 ; c2 8;53
104 Mathematik

4. Gegeben: a ¼ 5;62; g ¼ 115 ; b ¼ 8;50 (SWS) Die Arkusfunktionen sind also die Umkehrfunktio-
nen der trigonometrischen Funktionen.
C
g
Die Arkusfunktionen werden auch zyklometrische
b a
Funktionen oder inverse trigonometrische Funktio-
nen genannt.
a b
A B Zu ihrer eindeutigen Definition wird der Defini-
c
tionsbereich der trigonometrischen Funktionen in
Bild VI-15 Zu Beispiel 4 (SWS) Monotonieintervalle zerlegt, so daß für jedes Mono-
tonieintervall eine Umkehrfunktion erhalten wird
Berechnung von c mit dem Kosinussatz:
(vgl. Abschnitt V.2.8: Streng monotone Funktionen
c2 ¼ 5;622 þ 8;502  2  5;62  8;50  cos 115
¼ 5;622 þ 8;502  2  5;62  8;50  cos 65 besitzen Umkehrfunktionen). Diese wird entspre-
144;2113 ) c 12;01 chend dem zugehörigen Monotonieintervall mit dem
Berechnung von a mit dem Sinussatz: Index k gekennzeichnet.
5;62 5;62
sin a sin 115 ¼ sin 65 0;4241 ) a 25;1 Die Vorgehensweise wird am Beispiel des Arkussinus
12;01 12;01
Berechnung von b (mit der Winkelsumme im Dreieck):
gezeigt. Der Definitionsbereich von y ¼ sin x wird in
p p
b 180  ð115 þ 25;1 Þ ¼ 39;9 die Monotonieintervalle kp   x  kp þ mit
Ergebnisse: c 12;01; a 25;1 ; b 39;9 2 2
k ¼ 0; 1; 2; . . . zerlegt. Durch Spiegelung von
5. Gegeben: a ¼ 3;43; b ¼ 5;26; c ¼ 7;95 (SSS)
y ¼ sin x an der Winkelhalbierenden y ¼ x erhält man
die Umkehrfunktionen y ¼ arck sin x mit den Definiti-
C onsbereichen Dk ¼ ½1; 1 und den Wertebereichen
g
h p pi
b a
Wk ¼ kp  ; kp þ , wobei k ¼ 0; 1; 2; . . .
2 2
A
a b
B Die Schreibweise y ¼ arck sin x ist gleichbedeutend
c
mit x ¼ sin y.
Bild VI-16 Zu Beispiel 5 (SSS)
y ¼ arck sin x , x ¼ sin y
Berechnung von g (liegt der größten Seite gegenüber) mit
dem Kosinussatz: Die übrigen Arkusfunktionen ergeben sich analog.
3;432 þ 5;262  7;952 In der Tabelle sind die Definitions- und Werteberei-
cos g ¼ 0;6587 ) g 131;2
2  3;43  5;26
che aller Arkusfunktionen zusammengestellt, die
Berechnung von a mit dem Sinussatz:
Bilder VI.17––VI.20 zeigen die Graphen der Arkus-
3;43
sin a sin 131;2 0;3246 ) a 18;9 funktionen.
7;95
Berechnung von b (mit der Winkelsumme im Dreieck):
b 180  ð131;2 þ 18;9 Þ ¼ 29;9 y
Ergebnisse: a 18;9 ; b 29;9 ; g 131;2

p
9 Arkusfunktionen 2
–1 0 1 x
Kennt man den Funktionswert einer trigonometri- –p
schen Funktion, etwa y ¼ sin x, und will man daraus 2
den zugehörigen Winkel bestimmen, so muß man
die Gleichung nach dem Winkel x auflösen, was mit Bild VI-17
Hilfe der Arkusfunktionen möglich ist: x ¼ arcsin y. Graph der Arkussinusfunktion

Arkusfunktionen

Name Schreibweise Definitions- Wertebereich Gleichbedeutende


bereich trigonometrische
Funktion
p p
Arkussinus y ¼ arck sin x 1  x  1 kp   y  kp þ x ¼ sin y
2 2
Arkuskosinus y ¼ arck cos x 1  x  1 kp  y  ðk þ 1Þ p x ¼ cos y
p p
Arkustangens y ¼ arck tan x 1 < x < 1 kp  < y < kp þ x ¼ tan y
2 2

Arkuskotangens y ¼ arck cot x 1 < x < 1 kp < y < ðk þ 1Þ p x ¼ cot y


VI Trigonometrie 105

y Die Zurückführung von Nebenwerten auf die


Hauptwerte der Arkusfunktionen erfolgt mit Hilfe
p der folgenden Formeln:
p
2
arck sin x ¼ kp þ ð1Þk arcsin x
–1 0 1 x 
–p ðk þ 1Þ p  arccos x falls k ungerade
2 arck cos x ¼
kp þ arccos x falls k gerade
Bild VI-18 arck tan x ¼ kp þ arctan x
Graph der Arkuskosinusfunktion arck cot x ¼ kp þ arccot x

y
Taschenrechner geben immer die Hauptwerte der
Arkusfunktionen an.
p
Beziehungen zwischen den Hauptwerten

0 x p x
arcsin x ¼  arccos x ¼ arctan pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
–p Bild VI-19 2 1  x2
Graph der Arkus- p x
arccos x ¼  arcsin x ¼ arccot pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
tangensfunktion 2 1  x2
p x
arctan x ¼  arccot x ¼ arcsin pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
y 2 1 þ x2
p x
arccot x ¼  arctan x ¼ arccos pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2 1 þ x2
p
Formeln für negative Argumente

0 x Bild VI-20
arcsin ðxÞ ¼ arcsin x
Graph der Arkus-
arccos ðxÞ ¼ p  arccos x
kotangensfunktion arctan ðxÞ ¼ arctan x
arccot ðxÞ ¼ p  arccot x
Setzt man k ¼ 0, dann erhält man jeweils den soge-
nannten Hauptwert der Arkusfunktion. Den Haupt-
wert schreibt man ohne den Index k, also zum Bei- & Beispiele:
spiel arcsin x ¼ arc0 sin x. Für andere Werte von k 1. arcsin 0 ¼ 0; arck sin 0 ¼ kp
erhält man Nebenwerte der entsprechenden Arkus- 1 p
2. arccos ¼ ;
funktion. Den Hauptwert der Arkusfunktionen zeigt 2 3
Bild VI-21. 8 p
>  þ ðk þ 1Þ p
1 < 3
falls k ungerade
arck cos ¼ p
2 > : þ kp
y falls k gerade
3
p
arc

p p
arccot 3. arccot 1 ¼ ; arck cot 1 ¼ þ kp
co

4 4
p
s

2
arctan
arccot
–1 0 1 x Bild VI-21
sin

arctan Hauptwerte
arc

–p der Arkusfunktionen
2
106 Mathematik

VII Analytische Geometrie

Der Grundgedanke der Analytischen Geometrie be- werden Achsen des Koordinatensystems oder Koor-
steht darin, daß geometrische Untersuchungen mit dinatenachsen genannt und als x- oder Abszissen-
rechnerischen Mitteln geführt werden. Geometrische achse und als y- oder Ordinatenachse bezeichnet.
Objekte werden dabei durch Gleichungen beschrie- Der gemeinsame Nullpunkt, also der Schnittpunkt
ben und mit algebraischen Methoden untersucht. der beiden Geraden, heißt Koordinatenursprung
oder Nullpunkt. Auf jeder der beiden Geraden wird
vom Koordinatenursprung aus eine positive und
1 Koordinatensysteme
eine negative Orientierung sowie ein Maßstab fest-
Die Verbindung von Geometrie und Algebra wird gelegt.
dadurch erreicht, daß man die geometrischen Ob- In einem kartesischen (rechtwinkligen) Koordina-
jekte als Punktmengen auffaßt und jedem Punkt tensystem stehen die Koordinatenachsen senkrecht
Zahlenwerte zuordnet, durch die er sich von ande- aufeinander, die Achsen haben den gleichen Maß-
ren unterscheidet. Eine Kurve oder eine Gerade ist stab und bilden ein sogenanntes Rechtssystem: Die
dann eine Menge von Punkten, für deren Zahlen- x-Achse geht durch Drehung um einen rechten Win-
werte bestimmte Bedingungen gelten, die man Glei- kel im mathematisch positiven Sinne (linksdrehend,
chungen dieser Objekte nennt, zum Beispiel Glei- entgegen dem Uhrzeigersinn) in die y-Achse über.
chung eines Kreises oder einer Geraden. Das Ein beliebiger Punkt P der Ebene kann dann durch
geometrische Bild einer linearen Gleichung in zwei seine kartesischen Koordinaten beschrieben werden:
Variablen ist immer eine Gerade, das einer quadrati- Pðx j yÞ mit x als Abszisse und y als Ordinate.
schen Gleichung in zwei Variablen immer ein Kegel- Dieses Koordinatensystem ist benannt nach dem
schnitt. französischen Mathematiker René Descartes, ge-
Die Grundlage für eine solche analytische Darstel- nannt Cartesius (1596––1650).
lung der Geometrie ist die Zuordnung zwischen
Punkt und Zahl, die eindeutig sein muß. Auf einer y-Achse
(Ordinatenachse)
Geraden oder allgemeiner auf einer Kurve genügt
eine Zahl, auf einer Ebene oder einer Fläche ein
Zahlenpaar und im Raum ein Zahlentripel (drei
Zahlen), um einen Punkt eindeutig festzulegen. Um- P 1 (x 1 y 1 )
y1
gekehrt bestimmt ein Punkt auf einer Kurve eindeu-
tig eine Zahl, auf einer Fläche ein Zahlenpaar und
im Raum ein Zahlentripel. Diese Zahlen werden
Koordinaten des entsprechenden Punktes genannt. 1
Die Koordinaten sind abhängig von dem zugrunde x2
–1 0 1 x1 x-Achse
liegenden Koordinatensystem.
(Abszissenachse)
Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Koordina- –1 y
2
tensysteme, von denen hier drei wichtige beschrie- P2(x2 y2 )
ben werden. Allgemein kann man ein Koordinaten-
system als ein System von geometrischen Objekten,
mit deren Hilfe die Lage anderer geometrischer Ob-
jekte durch Zahlenwerte (Koordinaten) umkehrbar
eindeutig beschrieben werden kann, bezeichnen.
Legt man auf einer Geraden g einen Anfangspunkt Bild VII-1 Kartesisches Koordinatensystem
0 (Nullpunkt), eine positive Richtung (Orientierung) der Ebene
und eine Längeneinheit l (Maßstab) fest, dann ent-
spricht jeder reellen Zahl x ein bestimmter Punkt
dieser Geraden, und umgekehrt entspricht jedem 1.2 Polarkoordinatensystem der Ebene
Punkt der Geraden eine reelle Zahl. Die Gerade g Ein Polarkoordinatensystem der Ebene ist bestimmt
wird Zahlengerade genannt. durch einen festen Punkt, den Pol O, und einer von
ihm ausgehenden fest gewählten Achse, der Polar-
achse, auf der wie bei einem Zahlenstrahl eine
1.1 Kartesisches Koordinatensystem Orientierung und ein Maßstab festgelegt sind.
der Ebene Ein beliebiger Punkt P der Ebene läßt sich dann
Um die Lage eines Punktes in der Ebene eindeutig durch seine Polarkoordinaten beschreiben: Pðr j jÞ,
festzulegen, sind zwei Zahlengeraden notwendig. wobei r der Abstand des Punktes P vom Pol O ist
Man ordnet die Zahlengeraden stets so an, daß ihre und j der Winkel, den der Strahl vom Pol O durch
Nullpunkte zusammenfallen. Die Zahlengeraden den Punkt P mit der Polarachse bildet.
107

& Beispiele:
Dabei wird der Winkel j in mathematisch positiver
Richtung (linksdrehend, entgegen dem Uhrzeiger- 1. Eine rechteckige Metallplatte soll zwei Bohrungen erhalten.
Für die Mitten der Bohrungen soll gelten: Die erste Bohrung
sinn) gemessen. Dieser Winkel j ist nur bis auf ist von einer Ecke der Platte 120 mm entfernt. Die Verbin-
ganzzahlige Vielfache von 2p bestimmt. Man nennt j dungsstrecke zwischen dieser Ecke und der Bohrung soll mit
auch Polarwinkel des Punktes P. der längeren Seite der Platte einen Winkel von 30 bilden.
Die zweite Bohrung soll dreiviertel so weit von derselben
Ecke entfernt sein: Die Verbindungsstrecke zwischen dieser
Ecke und der zweiten Bohrung soll mit der ersten Verbin-
dungsstrecke einen Winkel von 45 einschließen. Die Boh-
rungsmitten sind anzureißen.
Mathematisch umgesetzt bedeutet die Aufgabe:
Die Polarkoordinaten r1 ¼ 120 mm; j1 ¼ 30 und r2 ¼
90 mm; j2 ¼ 75 zweier Punkte P1 ðr1 j j1 Þ und P2 ðr2 j j2 Þ
sind in kartesische Koordinaten umzurechnen (j2 ¼ j1  45
kommt nicht in Frage, da P2 dann außerhalb der Platte
läge).
Man berechnet:
x1 ¼ r1 cos j1 ¼ 120 mm  cos 30 103;92 mm
y1 ¼ r1 sin j1 ¼ 120 mm  sin 30 ¼ 60;00 mm
x2 ¼ r2 cos j2 ¼ 90 mm  cos 75 23;29 mm
Bild VII-2 Polarkoordinatensystem der Ebene y2 ¼ r2 sin j2 ¼ 90 mm  sin 75 86;93 mm
Ergebnis:
1.3 Zusammenhang zwischen kartesischen x1 130;92 mm; y1 ¼ 60;00 mm; x2 23;29 mm;
y2 86;93 mm
und Polarkoordinaten
Ein beliebiges geometrisches Objekt kann in ver-
P2
schiedenen Koordinatensystemen beschrieben wer-
den, zum Beispiel in einem kartesischen und in
einem Polarkoordinatensystem. Für dieselben geo- P1
r2
metrischen Eigenschaften findet man dann zwei y2
r1
Gleichungen f1 ðx; yÞ ¼ 0 und f2 ðr; jÞ ¼ 0. Durch
Transformation (berführung) des einen Koordina- f2 y1
tensystems in das andere geht die eine Gleichung f1
des geometrischen Objekts in die andere über. x2 x1
0
Die Transformationsgleichungen für den bergang längere Rechteckseite
von Polarkoordinaten zu kartesischen Koordinaten
Bild VII-4 Zu Beispiel 1
und umgekehrt ergeben sich mit Hilfe der tri-
gonometrischen und Arkusfunktionen. Zur Verein- 2. Welche Polarkoordinaten haben die Ecken A; B; C des Drei-
fachung wird dabei vorausgesetzt, daß der Pol des ecks Að2;9 j 2;3Þ; Bð3;0 j 0;7Þ; Cð1;8 j 2;7Þ?
Polarkoordinatensystems mit dem Koordinatenur- Man berechnet:
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
sprung des kartesischen Koordinatensystems und die rA ¼ ð2;9Þ2 þ ð2;3Þ2 3;7
Polarachse mit der x-Achse (Abszisse) zusammenfal-
2;9
len. cos jA ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 0;7835 ) jA 38;4
ð2;9Þ2 þ ð2;3Þ2
Transformationsgleichungen
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
rB ¼ ð3;0Þ2 þ ð0;7Þ2 3;1
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
x ¼ r cos j r ¼ x2 þ y2 cos jB < 0 und sin jB < 0 ) 180 < jB < 270
x y
y ¼ r sin j cos j ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ; sin j ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi (vgl. Vorzeichentabelle in Abschnitt VI.2)
x2 þ y2 x2 þ y2 3;0
cos a ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 0;9738;
ð3;0Þ2 þ ð0;7Þ2

cos b ¼ 0;9738 ) b 13;1


Wegen cos ð180 þ aÞ ¼ cos a (vgl. Abschnitt VI.5) folgt
y jB 180 þ 13;1 ¼ 193;1
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
P(x|y) = P(r | f) rC ¼ ð1;8Þ2 þ ð2;7Þ2 3;2
y
cos jC > 0 und sin jC < 0 ) 270 < jC < 360
(vgl. Vorzeichentabelle in Abschnitt VI.2)
r
1 1;8
cos a ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 0;5547 ) a 56;3
f ð1;8Þ2 þ ð2;7Þ2

0 1 x x Wegen cos ð360  aÞ ¼ cos a (vgl. Abschnitt VI.5) folgt


jC 360  56;3 ¼ 303;7 .
Bild VII-3 Kartesische Koordinaten und Polarkoordi-
Ergebnis: Að3;7 j 38;4 Þ; Bð3;1 j 193;1 Þ; Cð3;2 j 303;7 Þ sind
naten die drei Punkte in Polarkoordinaten.
108 Mathematik

y A 1. Die Gleichung ax þ by þ c ¼ 0 ist die allgemeine


Geradengleichung, wobei die Koeffizienten a und
rA yA b nicht gleichzeitig Null sein dürfen.
fA
xB 0 xC Allgemeine Geradengleichung
fB
yB xA x
rB
B fC yC ax þ by þ c ¼ 0
rC

Die Variablen x und y sind die Koordinaten eines


C beliebigen Punktes der Geraden. Ein Punkt
Bild VII-5 Zu Beispiel 2 P0 ¼ Pðx0 j y0 Þ der Ebene liegt also genau dann
auf der Geraden, wenn seine Koordinaten x0 und
1.4 Kartesisches Koordinatensystem y0 die Gleichung erfüllen, wenn also ax0 þ by0
des Raums þ c ¼ 0 gilt.
Die Koeffizienten a; b; c legen die Gerade ein-
Ein kartesisches Koordinatensystem des Raums be- deutig fest. Für a ¼ 0 ist die Gerade eine Paral-
steht aus drei paarweise aufeinander senkrecht ste- lele zur x-Achse, für b ¼ 0 eine Parallele zur
henden Geraden (Koordinatenachsen), die sich in y-Achse, und für c ¼ 0 verläuft die Gerade durch
einem Punkt, dem Koordinatenursprung, schnei- den Koordinatenursprung (Nullpunkt).
den. Die drei Koordinatenachsen bilden ein 2. Dividiert man die allgemeine Geradengleichung
Rechtssystem: Winkelt man Daumen, Zeigefinger durch b 6¼ 0 (die Gerade ist also nicht parallel
und Mittelfinger der rechten Hand so ab, daß sie a
zur y-Achse), dann ergibt sich mit m ¼  und
aufeinander senkrecht stehen, dann können diese c b
Finger als positive Richtungen eines Rechtssystems n¼ die Hauptform oder Normalform der
b
aufgefaßt werden. Man bezeichnet die Achsen in Geradengleichung.
dieser Reihenfolge meist als x-Achse, y-Achse und Hauptform oder Normalform
z-Achse. Auf allen drei Achsen sind die Maßstäbe
gleich. y ¼ mx þ n
Ein beliebiger Punkt P des Raums kann dann durch
seine kartesischen Koordinaten beschrieben werden:
Geraden, die Parallelen zur y-Achse sind, besit-
Pðx j y j zÞ, wobei x, y und z die senkrechten Projek-
zen also keine Hauptform (Normalform).
tionen des Punktes auf die drei Koordinatenachsen
sind.
y
P(x|y )
z
n
mx+
mx
z0 y=
y
1 m
P0(x0 y0 z 0) x
n n
1 a
0 y 0 x
1 y0
1
Bild VII-7 Hauptform der Geradengleichung
x0

Die Größe m wird Richtungskoeffizient oder


x
Steigung der Geraden genannt. Die Steigung ist
Bild VII-6 Kartesisches Koordinatensystem gleich dem Tangens des Winkels, den die Gerade
des Raums mit der positiven Richtung der x-Achse ein-
schließt. Die Strecke n wird von der Geraden auf
der y-Achse abgeschnitten, deshalb heißt n auch
2 Geraden Achsenabschnitt oder genauer y-Achsenab-
schnitt. Er kann ebenso wie der Tangens je nach
2.1 Geradengleichungen Lage unterschiedliches Vorzeichen besitzen.
Eine Gerade ist die kürzeste Verbindung zweier
Sonderfälle:
Punkte. Eine Gerade ist durch zwei beliebige auf ihr
2.1 n ¼ 0 : Die Gerade verläuft durch den Null-
liegende Punkte eindeutig bestimmt (vgl. Abschnitt
punkt.
III.1).
Für eine Gerade gibt es verschiedene Gleichungsfor-
Gerade durch Nullpunkt y ¼ mx
men.
VII Analytische Geometrie 109

P(x|y) den Katheten m, 1 gilt die Proportion


y y  y1
x
y =m ðy  y1 Þ : ðx  x1 Þ ¼ m : 1 oder ¼ m:
y x  x1
m Auflösung nach y ergibt die Punktsteigungsform.
0 1 x x 4. Die Gleichung einer Geraden durch zwei Punkte
P1 ¼ Pðx1 j y1 Þ und P2 ¼ Pðx2 j y2 Þ mit x1 6¼ x2 er-
Bild VII-8 Gerade mit der Gleichung y ¼ mx gibt die Zweipunkteform der Geradengleichung.
Zweipunkteform
2.2 m ¼ 0 : Die Gerade ist eine Parallele zur
x-Achse im Abstand n. y2  y1
y¼ ðx  x1 Þ þ y1
x2  x1
Parallele zur x-Achse y¼n
oder
y  y1 y2  y1
¼
y x  x1 x2  x1
y=n

n y
P
0 x
P2
Bild VII-9 Gerade mit der Gleichung y ¼ n

P1
2.3 Entsprechend ist x ¼ k die Gleichung einer y
Parallele zur y-Achse im Abstand k. y2
1 m y1
Parallele zur y-Achse x¼k
0 x1 x2 x x

y
Bild VII-12 Zweipunkteform der Geraden-
x=k

gleichung

0 k x Die Proportion ergibt sich aus der hnlichkeit


der rechtwinkligen Dreiecke mit den Hypotenu-
Bild VII-10 Gerade mit der Gleichung x ¼ k
sen P1 P und P1 P2 .
5. Hat eine Gerade den Achsenabschnitt x0 auf der
3. Sind von einer Geraden ein Punkt P1 ¼ Pðx1 j y1 Þ
x-Achse und den Achsenabschnitt y0 auf der y -
und die Steigung m bekannt, dann lautet die
Achse, das heißt, die Gerade geht durch die
Gleichung der Geraden y ¼ mðx  x1 Þ þ y1 . Dies
Punkte P1 ðx0 j 0Þ und P2 ð0 j y0 Þ, und gilt x0 6¼ 0
ist die Punktsteigungsform der Geradengleichung.
und y0 6¼ 0, dann lautet die Gleichung der Ge-
x y
rade þ ¼ 1. Dies ist die Achsenabschnitts-
Punktsteigungsform y ¼ mðx  x1 Þ þ y1 x0 y0
form der Geradengleichung.
y P
x y
Achsenabschnittsform þ ¼1
x0 y0
y – y1
P1 1 m
x – x1
y y Bild VII.13
mx1 Achsenabschnittsform
x1 y1 y1 der Geradengleichung
n
a x1
0 x x

Bild VII-11 Punktsteigungsform der Geraden- y0 P


gleichung
y
Wegen der hnlichkeit der rechtwinkligen Drei- x
ecke mit den Katheten y  y1 , x  x1 und mit 0 x0 x
110 Mathematik

Aus der allgemeinen Geradengleichung ax þ by Man findet die Achsenabschnittsform auch direkt, indem man in der
Hauptform durch Division durch -4 das Absolutglied zu 1 macht.
þ c ¼ 0 ergibt sich die Achsenabschnittsform
Hessesche Normalform :
durch Division durch c 6¼ 0.
Durch Umstellung der Hauptform ergibt sich 1;5x  y  4 ¼ 0:
6. Die Hesse-Form oder Hessesche Normalform Durch Vergleich mit der allgemeinen Geradengleichung
der Geradengleichung (nach dem deutschen Ma- ax þ by þ c ¼ 0 erhält man a ¼ 1;5; b ¼ 1; c ¼ 4. Man er-
thematiker Ludwig Otto Hesse, 1811––1874) lau- hält die Hessesche Normalform, indem man die Gleichung
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
tet x cos j þ y sin j  d ¼ 0. Dabei ist d  0 der 1; 5x  y  4 ¼ 0 durch þ a2 þ b2 ¼ þ ð1;5Þ2 þ ð1Þ2 ¼
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
þ 3;25 dividiert:
Abstand des Koordinatenursprungs O von der
1;5 1 4
Geraden g, also die Länge des Lotes von O  pffiffiffiffiffiffiffiffiffi x  pffiffiffiffiffiffiffiffiffi y  pffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ 0
3;25 3;25 3;25
auf die Gerade g (Fußpunkt F), und j mit
0  j < 2p der Winkel zwischen der positiven y
x-Achse und dem Lot OF.
Hessesche Normalform
P1 4
x cos j þ y sin j  d ¼ 0
2

y Bild VII-14
a f
Hessesche Normalform –4 –2 d 0 2 x
der Geradengleichung
–2
F

–4
P(x|y )
d

inf
f

ys
os

y –6
xc

f a P2
f = a – 90°
0 x x g
g –8

Bild VII-15 Gerade durch die Punkte


Man kann die Hessesche Normalform aus der P1 ð5 j 3;5Þ und P2 ð2 j 7Þ
allgemeinen Geradengleichung ax þ by þ c ¼ 0
durch Multiplikation mit dem Normierungsfak-
1 2.2 Abstände
tor  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi herleiten. Das Vorzeichen des
a2 þ b2 Mit Hilfe der Hesseschen Normalform der Geraden-
Normierungsfaktors muß entgegengesetzt zu dem gleichung läßt sich der Abstand zwischen einem
von c gewählt werden. Punkt und einer Geraden oder zwischen zwei paral-
& Beispiel:
lelen Geraden berechnen. Zunächst werden jedoch
Gesucht ist die Gerade durch die Punkte P1 ð5 j 3;5Þ und Formeln zur Berechnung des Abstandes zwischen
P2 ð2 j 7Þ. zwei Punkten hergeleitet.
Zweipunkteform:
1. Punkt –– Punkt
y  3;5 7  3;5 Der Abstand zweier Punkte P1 und P2 ist die
¼
xþ5 2þ5
Länge jP1 P2 j der Verbindungsstrecke P1 P2.
Punktsteigungsform :
Sind die Punkte im kartesischen Koordinaten-
Da die rechte Seite der Zweipunkteform die Steigung m angibt,
7  3;5 system dargestellt, also P1 ¼ P1 ðx1 j y1 Þ; P2 ¼
also m ¼ ¼ 1;5 folgt
2þ5 P2 ðx2 j y2 Þ, dann gilt für den Abstand dðP1 ; P2 Þ
y ¼ 1;5ðx þ 5Þ þ 3;5 von P1 und P2 nach dem Satz des Pythagoras
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Hauptform:
Aus der Punktsteigungsform ergibt sich y ¼ 1;5x  7;5 þ 3;5
dðP1 ; P2 Þ ¼ jP1 P2 j ¼ ðx2  x1 Þ2 þ ðy2  y1 Þ2
und somit Sind die Punkte in Polarkoordinaten dargestellt,
y ¼ 1;5x  4 also P1 ¼ P1 ðr1 j j1 Þ; P2 ¼ P2 ðr2 j j2 Þ, dann folgt
Achsenabschnittsform : aus dem Kosinussatz
Aus der Hauptform folgt y ¼ 4 für x ¼ 0, der y-Achsenabschnitt
ist also y0 ¼ 4. Setzt man in die Hauptform y ¼ 0 ein, so ergibt dðP1 ; P2 Þ ¼ jP1 P2 j
8 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
sich 1;5x ¼ 4, also x ¼  , der x-Achsenabschnitt ist somit
3 ¼ r12 þ r22  2r1 r2  cos ðj1  j2 Þ
8
x0 ¼  . Die Achsenabschnittsform lautet daher
3 2. Gerade –– Gerade
x y
þ ¼1 Sind g1 : y ¼ mx þ n1 und g2 : y ¼ mx þ n2 zwei
8 4
 parallele Geraden (parallele Geraden haben glei-
3
VII Analytische Geometrie 111

che Steigung), so ermittelt man die Hessesche Durch Einsetzen der Koordinaten von P1 erhält man den ge-
suchten Abstand:
Normalform der Geraden:  
 3 4 
g1 : x cos j þ y sin j  d1 ¼ 0; l ¼    5 þ  10  2  ¼ j 3 þ 8  2 j ¼ 3
5 5
g2 : x cos j þ y sin j  d2 ¼ 0
Für den Abstand l der parallelen Geraden g1 3 Kreise
und g2 voneinander gilt dann
l ¼ jd1  d2 j, wenn die Geraden auf der gleichen 3.1 Kreisgleichungen
Seite des Koordinatenursprungs lie- Der Kreis ist der geometrische Ort aller Punkte der
gen, Ebene, die von einem festen Punkt M (Mittelpunkt
l ¼ d1 þ d2 , wenn die Geraden auf verschiede- des Kreises) einen konstanten Abstand r (Radius
nen Seiten des Koordinatenur- des Kreises) haben (vgl. Abschnitt III.10).
sprungs liegen. Für einen Kreis gibt es verschiedene Gleichungsfor-
3. Punkt –– Gerade men.
Ist P1 ðx1 j y1 Þ ein Punkt und g1 : y ¼ mx þ n eine
Gerade, dann ermittelt man zunächst die Hesse- 1. Liegt der Mittelpunkt eines Kreises mit dem Ra-
sche Normalform von g1 : dius r im Koordinatenursprung, dann lautet die
Gleichung des Kreises in kartesischen Koordina-
g1 : x cos j þ y sin j  d1 ¼ 0
ten x2 þ y2 ¼ r2 . Dabei sind x und y die Koordi-
Durch den Punkt P1 legt man eine zu g1 paral- naten eines beliebigen Punktes Pðx j yÞ des Krei-
lele Gerade g2 : ses. Die Gleichung ergibt sich nach dem Satz des
g2 : x cos j þ y sin j  d2 ¼ 0 Pythagoras.
Ist l der Abstand zwischen P1 und g1 , so ist l
auch der Abstand zwischen den Geraden g1 und Mittelpunkt im Ursprung x2 þ y2 ¼ r2
g2 , und es gilt
g2 : x cos j þ y sin j  ðd1  lÞ ¼ 0
y
Da P1 auf g2 liegt, erfüllen seine Koordinaten P
die Geradengleichung
r
x1 cos j þ y1 sin j  ðd1  lÞ ¼ 0 ; y
woraus sich für den Abstand l ergibt 0 x x
l ¼ jx1 cos j þ y1 sin j  d1 j

& Beispiele:
1. Gegeben: Die Punkte P1 ð3 j 4Þ und P2 ð2 j 6Þ
Gesucht: Der Abstand dðP1 ; P2 Þ von P1 und P2 Bild VII-16 Kreisgleichung x2 þ y2 ¼ r2
Es gilt qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
dðP1 ; P2 Þ ¼ ðx2  x1 Þ2 þ ðy2  y1 Þ2 ¼ ð2  3Þ2 þ ð6  4Þ2
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi 2. Hat der Mittelpunkt allgemeiner die Koordinaten
¼ 52 þ 22 ¼ 29 ¼ 5;3851 . . .
2. Gegeben: Die beiden parallelen Geraden
xm und ym , also M ¼ Mðxm j ym Þ, dann ergibt sich
g1 : 2x  4y þ 7 ¼ 0; g2 : 3x þ 6y þ 30 ¼ 0
die Mittelpunktsform oder Hauptform der Kreis-
gleichung.
Gesucht: Der Abstand l der beiden Geraden
2 4 7 Mittelpunktsform oder Hauptform
Hessesche Normalform von g1 :  pffiffiffiffiffi x þ pffiffiffiffiffi y  pffiffiffiffiffi ¼ 0
 20 20 20
durch Multiplikation der allgemeinen Geradengleichung
1 1 ðx  xm Þ2 þ ðy  ym Þ2 ¼ r2
mit dem Normierungsfaktor  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 a2 þ b2 22 þ ð4Þ2
¼  pffiffiffiffiffi
20
2 4 20 y
Hessesche Normalform von g2 : pffiffiffiffiffi x  pffiffiffiffiffi y  pffiffiffiffiffi ¼ 0
20 20 20
P
Entgegengesetzte Vorzeichen der x- und y-Glieder ) die Ge-
raden liegen auf verschiedenen Seiten des Koordinaten-
ursprungs r
Somit gilt für den Abstand l von g1 und g2 : M
pffiffiffi
7 20 27 27 27  5 y
l ¼ d1 þ d2 ¼ pffiffiffiffiffi þ pffiffiffiffiffi ¼ pffiffiffiffiffi ¼ pffiffiffi ¼
20 20 20 2c 5 10 ym
3. Gegeben: Punkt P1 ð5 j 10Þ und Gerade g1 : 3x  4y þ 10 ¼ 0
Gesucht: Der Abstand l des Punktes P1 von der Geraden g1
3 4 0 xm x x
Hessesche Normalform von g1 :  x þ y  2 ¼ 0
 5 5
durch Multiplikation der allgemeinen Geradengleichung mit

1 1
dem Normierungsfaktor  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ 
1 Bild VII-17 Kreisgleichung
a2 þ b2 3 þ ð4Þ
2 2 5 ðx  xm Þ2 þ ðy  ym Þ2 ¼ r2
112 Mathematik

3. Löst man in der Mittelpunktsform die Klammern Lösung:


Die entsprechenden Rechnungen wie bei Beispiel 1 ergeben
auf, dann ergibt sich die allgemeine Form der ðx þ 1Þ2 þ ðy  2Þ2 ¼ 1.
Kreisgleichung. Dies ist eine unerfüllbare Gleichung, denn der Term auf der
linken Seite des Gleichheitszeichens ist als Summe zweier
Allgemeine Form
Quadrate nicht negativ (ein Quadrat ist nicht negativ, also ist
auch eine Summe von Quadraten nicht negativ), während die
x2 þ y2 þ 2ax þ 2by þ c ¼ 0 rechte Seite gleich 1, also negativ ist. Man bestätigt, daß
die Bedingung a2 þ b2  c > 0 nicht erfüllt ist.
3. Welches geometrische Objekt beschreibt die Gleichung
Hierin bedeuten a ¼ xm ; b ¼ ym ; c ¼ x2m 1;5x2 þ 1;5y2 þ 3x  6y þ 7;5 ¼ 0?
þ y2m  r2 : Aus der letzten Gleichung folgt Lösung:
a2 þ b2  c ¼ r2 > 0 als Bedingung dafür, daß es Man berechnet a2 þ b2  c ¼ 1 þ 4  5 ¼ 0 in der durch 1,5
dividierten Gleichung und somit ðx þ 1Þ2 þ ðy  2Þ2 ¼ 0.
sich bei einer Gleichung der allgemeinen Form
Dies ist die Gleichung eines entarteten Kreises, also eines
wirklich um eine Kreisgleichung handelt (für Kreises mit dem Radius r ¼ 0. Die Gleichung wird nur von
c > a2 þ b2 liefert die Gleichung keine reelle einem Koordinatenpaar, den Koordinaten des Mittelpunktes
Kurve, für c ¼ a2 þ b2 ergibt sich ein einziger Mð1 j 2Þ, erfüllt.
Punkt Mðxm j ym Þ).
4. Werden die beiden Koordinaten x und y jeweils 3.2 Berechnung von Kreisen
als Funktion einer Hilfsvariablen t angegeben, so
Ein Kreis ist festgelegt durch den Mittelpunkt und
erhält man die Parameterdarstellung des Krei-
einen weiteren Punkt oder durch drei Punkte (die
ses mit dem Radius r und dem Mittelpunkt
nicht alle auf einer Geraden liegen).
Mðxm j ym Þ (vgl. Abschnitt V.1.2).
Die Gleichung eines Kreises kann also berechnet
Parameterdarstellung werden, wenn drei Punkte der Kreisperipherie gege-
ben sind oder der Mittelpunkt und ein Punkt der
x ¼ xm þ r cos t ; y ¼ ym þ r sin t ; 0  t < 2p Peripherie.
Berechnung von Kreisen:
& Beispiele: 1. Gegeben: Mittelpunkt Mðxm j ym Þ,
1. Welches geometrische Objekt beschreibt die Gleichung Punkt P1 ðx1 j y1 Þ
1;5x2 þ 1;5y2 þ 3x  6y þ 4;5 ¼ 0?
Lösung: Gesucht: Kreis mit dem Mittelpunkt M durch
Division durch 1,5 ergibt x2 þ y2 þ 2x  4y þ 3 ¼ 0, eine den Punkt P1
Kreisgleichung in allgemeiner Form. Der Radius r des gesuchten Kreises ergibt sich
Dabei ist a ¼ xm ¼ 1; b ¼ ym ¼ 2; c ¼ 3. Die Bedingung
durch Einsetzen der Koordinaten des Punktes P1
a2 þ b2  c > 0 ist erfüllt, denn 1 þ 4  3 ¼ 2 > 0.
Die Koordinaten des Kreismittelpunktes sind xm ¼ 1;
in die Mittelpunktsform der Kreisgleichung:
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ym ¼ 2, der Radius ist r ¼ a2 þ b2  c ¼ 2. Die Mittel-
r ¼ ðx1  xm Þ2 þ ðy1  ym Þ2
punktsform (Hauptform) dieses Kreises lautet somit
ðx þ 1Þ2 þ ðy  2Þ2 ¼ 2. Kreisgleichung somit:
ðx  xm Þ2 þ ðy  ym Þ2 ¼ ðx1  xm Þ2 þ ðy1  ym Þ2
y 2. Gegeben: Punkte P1 ðx1 j y1 Þ; P2 ðx2 j y2 Þ;
P3 ðx3 j y3 Þ
3 Gesucht: Kreis durch die Punkte P1 ; P2 ; P3
Bestimmung der Koordinaten xm ; ym des Mittel-
M
2 punktes:
Einsetzen der Koordinaten der Punkte in die
1
Mittelpunktsform der Kreisgleichung :

x ðx1  xm Þ2 þ ðy1  ym Þ2 ¼ ðx2  xm Þ2 þ ðy2  ym Þ2


–1 0
¼ ðx3  xm Þ2 þ ðy3  ym Þ2 ¼ r2
Bild VII-18 Kreis mit der Gleichung Daraus erhält man ein lineares Gleichungssystem
ðx þ 1Þ2 þ ðy  2Þ2 ¼ 2 zur Bestimmung von xm und ym :
2ðx2  x1 Þ  xm þ 2ðy2  y1 Þ  ym ¼ x22  x21 þ y22  y21
Die aus der gegebenen Gleichung abgeleitete Gleichung
x2 þ y2 þ 2x  4y þ 3 ¼ 0 läßt sich auch ohne Benutzung der 2ðx3  x1 Þ  xm þ 2ðy3  y1 Þ  ym ¼ x23  x21 þ y23  y21
Formeln für die Mittelpunktskoordinaten und den Radius auf Bestimmung des Radius r :
die Mittelpunktsform bringen, und zwar mit Hilfe von qua-
dratischen Ergänzungen:
Einsetzen von xm ; ym und der Koordinaten eines
x2 þ y2 þ 2x  4y þ 3 ¼0
Punktes in qdie Mittelpunktsform der Kreisglei-
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ðx2 þ 2xÞ þ ðy2  4yÞ ¼ 3
chung: r ¼ ðx1  xm Þ2 þ ðy1  ym Þ2
ðx2 þ 2x þ 1Þ þ ðy2  4y þ 4Þ ¼ 1þ43
ðx þ 1Þ2 þ ðy  2Þ2 ¼2 Einsetzen von xm ; ym und r in die Mittelpunkts-
2. Welches geometrische Objekt beschreibt die Gleichung form der Kreisgleichung ergibt die Gleichung des
1;5x2 þ 1;5y2 þ 3x  6y þ 9 ¼ 0? gesuchten Kreises.
VII Analytische Geometrie 113

& Beispiele: x2 þ ðmx þ nÞ2 ¼ r2


1. Gegeben: Mittelpunkt Mð2 j 1Þ, Punkt P1 ð4 j 3Þ
Gesucht: Kreis mit dem Mittelpunkt M durch den Punkt P1
x2 þ m2 x2 þ 2mxn þ n2 ¼ r2
Berechnung des Radius: x2 ð1 þ m2 Þ þ 2mnx þ n2  r2 ¼ 0
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi mnx n2  r2
r ¼ ð4  ð2ÞÞ2 þ ð3  ð1ÞÞ2 ¼ 52 x2 þ 2 þ ¼0
1 þ m2 1 þ sm
2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Der gesuchte Kreis hat die Gleichung
ðx þ 2Þ2 þ ðy þ 1Þ2 ¼ 52. mn  mn 2 n2  r2
2. Gegeben: Punkte P1 ð6j7Þ; P2 ð2j9Þ; P3 ð1j0Þ x1; 2 ¼   
1 þ m2 1 þ m2 1 þ m2
Gesucht: Kreis durch die Punkte P1 ; P2 ; P3
Bestimmung der Koordinaten xm ; ym des Mittelpunktes: mn 1
¼  
2ð2  6Þ xm þ 2ð9  7Þ ym ¼ 22  62 þ 92  72 1 þ m2 1 þ m2
2ð1  6Þ xm þ 2ð0  7Þ ym ¼ ð1Þ2  62 þ 02  72 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
   m2 n2  n2 þ r2  m2 n2 þ m2 r2
 8xm þ 4ym ¼ 0 2xm þ ym ¼ 0 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
) ) mn 1
14xm  14ym ¼ 84 2xm þ 2ym ¼ 12
¼  ð1 þ m2 Þ r2  n2
) ym ¼ 4 ) xm ¼ 2 1þm 2 1þm 2

Bestimmung des Radius r :


qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi
Der Wert der Diskriminante (Radikand der Glei-
r ¼ ð6  2Þ2 þ ð7  4Þ2 ¼ 25 ¼ 5 chung) bestimmt die Anzahl der reellen Lösungen
Der gesuchte Kreis hat somit die Gleichung dieser Gleichung :
ðx  2Þ2 þ ðy  4Þ2 ¼ 52 .
1. ð1 þ m2 Þ r2 < n2 ) keine reelle Lösung
) Gerade ist Passante
3.3 Kreis und Gerade 2. ð1 þ m2 Þ r2 ¼ n2 ) eine reelle Lösung
Ein Kreis und eine Gerade können drei grundsätz- ) Gerade ist Tangente
lich verschiedene Lagen zueinander haben (vgl. Ab- 3. ð1 þ m2 Þ r2 > n2 ) zwei reelle Lösungen
schnitt III.10.4): ) Gerade ist Sekante
1. Die Gerade ist eine Passante p, sie hat mit dem & Beispiele:
Kreis keinen Punkt gemeinsam. 1. Berechnung der Schnittpunkte des Kreises mit der Gleichung
2. Die Gerade ist eine Tangente t, sie hat mit dem ð1Þ ðx  2Þ2 þ ðy þ 3Þ2 ¼ 52
und der Geraden mit der Gleichung
Kreis genau einen Punkt, den Berührungspunkt P,
ð2Þ 2x  y  9 ¼ 0.
gemeinsam. Aus (2) folgt y ¼ 2x  9, was in (1) eingesetzt wird:
3. Die Gerade ist eine Sekante s, sie hat mit dem ðx  2Þ2 þ ð2x  6Þ2 ¼ 25
Kreis zwei Punkte, die Schnittpunkte P1 und P2 , ) x2  4x þ 4 þ 4x2  24x þ 36 ¼ 25 ) 5x2  28x þ 15 ¼ 0
28
gemeinsam. Division durch 5 ergibt die Normalform x2  xþ3¼0
5
der quadratischen Gleichung, woraus sich mit quadratischer
Haben ein Kreis und eine Gerade Punkte gemein-
Ergänzung
sam (also in den Fällen, daß die Gerade Tangente  2  2
14 14 121
x ¼ 3 þ ¼
oder Sekante des Kreises ist), dann erfüllen die ge- 5 5 25
meinsamen Punkte sowohl die Gleichung des Krei- 14 11
die Lösungen x1; 2 ¼  ; also x1 ¼ 5; x2 ¼
3
ergeben.
ses als auch die Gleichung der Geraden, also das 5 5 5
Aus (2) errechnet man die zugehörigen y-Werte:
(nichtlineare) Gleichungssystem 39
y1 ¼ 1; y2 ¼  .
5
(1) ðx  xm Þ2 þ ðy  ym Þ2 ¼ r2 Schnittpunkte von Kreis und Gerade somit:
  
(2) ax þ by þ c ¼ 0 3  39
P1 ð5 j 1Þ; P2 
5  5
Ist die Gerade eine Passante, dann hat dieses Glei- Die Gerade ist eine Sekante.
chungssystem keine Lösung, ist die Gerade eine 2. Berechnung der Schnittpunkte des Kreises mit der Gleichung
Tangente, dann gibt es genau eine Lösung, und ist ð1Þ ðx þ 2Þ2 þ ðy þ 3Þ2 ¼ 13
die Gerade eine Sekante, dann existieren zwei ver- und der Geraden mit der Gleichung
ð2Þ 3x þ 2y  1 ¼ 0.
schiedene Lösungen. 3 1 3 7
Aus (2) folgt y ¼  x þ ) yþ3¼ xþ .
Man löst dieses Gleichungssystem, indem man in 2 2 2 2
der Geradengleichung (2) eine Variable durch die In (1) eingesetzt ergibt:
 2
andere eliminiert (also Auflösen nach x oder y) und 3 7
ðx þ 2Þ2 þ  x þ ¼ 13
2 2
in (1) einsetzt. Dadurch entsteht eine quadratische
9 2 21 49
Gleichung, die in Abhängigkeit von der Diskrimi- ) x þ 4x þ 4 þ x 
2
x þ ¼ 13
4 2 4
nante keine, eine oder zwei reelle Lösungen hat. 13 2 13 13
) x  xþ ¼0
Hat zum Beispiel der gegebene Kreis seinen Mittel- 4 2 4
4
punkt im Koordinatenursprung, und ist die Geraden- Durch Multiplikation mit erhält man x2  2x þ 1 ¼
13
gleichung in Normalform gegeben, so folgt : ðx  1Þ2 ¼ 0, woraus sich die Lösungen x1 ¼ x2 ¼ 1 ergeben.
In (2) eingesetzt ergibt den zugehörigen y-Wert:
(1) x2 þ y2 ¼ r2 y1 ¼ y2 ¼ 1.
(2) y ¼ mx þ n Die Gerade ist eine Tangente, sie berührt den Kreis im
Punkt Pð1 j 1Þ.
Einsetzen von (2) in (1) ergibt eine quadratische 3. Berechnung der Schnittpunkte des Kreises mit der Gleichung
Gleichung in x, die aufzulösen ist: ð1Þ ðx  1Þ2 þ ðy  2Þ2 ¼ 42
114 Mathematik

und der Geraden mit der Gleichung


ale
ð2Þ x  y þ 10 ¼ 0. y rm
Gleichung (2) nach y aufgelöst: y ¼ x þ 10 ) y  2 ¼ x þ 8 No
In (1) eingesetzt:
ðx  1Þ2 þ ðx þ 8Þ2 ¼ 16
P1(x1|y1)
) x2  2x þ 1 þ x2 þ 16x þ 64 ¼ 16 r

Ta
) 2x2 þ 14x þ 49 ¼ 0

ng
ym M(xm|ym)

en
49
) x2 þ 7x þ ¼0

te
2 rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi P(x|y)
7 49 49 7 49 7 pffiffiffiffiffiffiffi
) x1; 2 ¼    ¼   ¼  ð1  1Þ
2 4 2 2 4 2
Die Diskriminante ist negativ, die quadratische Gleichung hat
also keine reelle Lösung, das heißt, Kreis und Gerade schnei-
den sich nicht. Die Gerade ist eine Passante.
0 xm x
Eine Tangente ist ganz allgemein eine Gerade, die Bild VII-19 Eine Tangente und eine Normale
eine Kurve, also den Graph einer Funktion y ¼ f ðxÞ, des Kreises
in einem Punkt Pða j f ðaÞÞ berührt, aber nicht
schneidet (Tangente = Berührende). Tangenten gibt
es also nicht nur beim Kreis, sondern für beliebige Durch Subtraktion von y und Multiplikation der
Kurven. Gleichung mit ðy1  ym Þ erhält man folgende
Eine Normale ist eine Gerade durch den Punkt äquivalente Form als Gleichung der Tangente im
Pða j f ðaÞÞ einer Funktion y ¼ f ðxÞ, die senkrecht Punkt P1 ðx1 j y1 Þ an den Kreis mit der Gleichung
auf der Tangente an die Kurve der Funktion in die- ðx  xm Þ2 þ ðy  ym Þ2 ¼ r2 .
sem Punkt P steht. Zu jeder Tangente gehört also
eine Normale. ðx1  xm Þ ðx  x1 Þ þ ðy1  ym Þ ðy  y1 Þ ¼ 0
Ist m1 ¼ tan a die Steigung der Tangente, dann ist
also m2 ¼ tan ða  90 Þ die Steigung der zugehö- Durch elementare Umformungen ergibt sich
1 ðx1  xm Þ ðx  x1 Þ þ ðy1  ym Þ ðy  y1 Þ ¼ 0
rigen Normale. Wegen tan ða  90 Þ ¼  (vgl.
tan a ðx1  xm Þ x þ ðy1  ym Þ y ¼ x1 ðx1  xm Þ þ y1 ðy1  ym Þ
Abschnitte VI.3 und VI.5) folgt daraus m1 m2 ¼ 1 ðx1  xm Þ ðx  xm Þ þ ðy1  ym Þ ðy  ym Þ
für das Produkt von Tangenten- und Normalenstei- ¼ ðx1  xm Þ2 þ ðy1  ym Þ2
gung. ðx1  xm Þ ðx  xm Þ þ ðy1  ym Þ ðy  ym Þ ¼ r2
Beim Kreis geht jede Normale durch den Kreismit-
telpunkt. Will man die Gleichung der Normale des Die letzte Gleichung folgt, weil P1 ðx1 j y1 Þ ein Punkt
Kreises mit der Gleichung ðx  xm Þ2 þ ðy  ym Þ2 ¼ r2 des Kreises ist und damit die Kreisgleichung erfüllt.
(also Mittelpunktsform) durch den Punkt P1 ðx1 j y1 Þ Als weitere äquivalente Tangentengleichung erhält
des Kreises berechnen, so setzt man die Koordina- man also
ten der Punkte Mðxm j ym Þ und P1 ðx1 j y1 Þ, die auch
auf der Normale liegen und diese damit eindeutig ðx1  xm Þ ðx  xm Þ þ ðy1  ym Þ ðy  ym Þ ¼ r2
festlegen, in die Zweipunkteform der Geradenglei-
chung ein. & Beispiele:
4. Bestimmung der Gleichungen von Tangente und Normale an
den Kreis mit der Gleichung ðx  2Þ2 þ ðy þ 3Þ2 ¼ 10 im
y1  ym
y¼ ðx  x1 Þ þ y1 Punkt P1 ð1 j 0Þ des Kreises.
x1  xm Tangente:
1 1
ð1  2Þ ðx  1Þ þ ð0 þ 3Þ ðy  0Þ ¼ 0 ) y ¼ x 
3 3
oder Normale:
0þ 3
y¼ ðx  1Þ þ 0 ) y ¼ 3x þ 3
y  y1 y1  ym 12
¼ 5. Welche Geraden mit der Steigung m ¼ 
3
x  x1 x1  xm 2
berühren den
Kreis mit der Gleichung x2 þ y2 ¼ 9?
Lösung:
Dies sind Gleichungen der Normale durch den Für den y-Achsenabschnitt n einer Tangente an einen Kreis,
Punkt P1 ðx1 j y1 Þ des Kreises. dessen Mittelpunkt im Koordinatenursprung liegt, gilt nach
y1  ym dem Satz des Pythagoras n2 ¼ r2 þ z2 ¼ r2 þ r2 m21 ¼
Die Steigung der Normale ist daher m2 ¼ . z
x1  xm ð1 þ m21 Þ r2 , denn tan ð180  aÞ ¼ und tan ð180  aÞ ¼
r
Wegen m1 m2 ¼ 1 folgt für die Steigung m1 der tan a ¼ m1 (siehe Bild VII-20).
x1  x m 3
Einsetzen von m ¼  und r ¼ 3 ergibt
Tangente m1 ¼  . Die Gleichung der Tan-   2
y1  y m 9 13 117 1 pffiffiffiffiffiffiffiffi
gente im Punkt P1 ðx1 j y1 Þ läßt sich dann mit der n2 ¼ 1 þ 9¼ 9¼ )n¼ 117 5;4083.
4 4 4 2
Punktsteigungsform berechnen Die gesuchten Tangentengleichungen sind
3 1 pffiffiffiffiffiffiffiffi 3 1 pffiffiffiffiffiffiffiffi
y¼ þ 117 und y ¼   117.
x1  xm 2 2 2 2
y ¼ m1 ðx  x1 Þ þ y1 ¼  ðx  x1 Þ þ y1 Die erste der beiden Tangenten ist in Bild VII-20 eingezeich-
y1  ym
net.
VII Analytische Geometrie 115

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi
y Berechnung des Radius: r ¼ 42 þ 32 þ 12 ¼ 26
Die gesuchte Kugel hat die Gleichung x2 þ y2 þ z2 ¼ 26.
n 2. Gegeben: Mittelpunkt Mð2 j 1 j 1Þ, Punkt P1 ð0 j 4 j 3Þ
Gesucht: Kugel mit dem Mittelpunkt M durch den Punkt P1
Berechnung des Radius:
z qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi
r ¼ ð0  2Þ2 þ ð4  ð1ÞÞ2 þ ð3  1Þ2 ¼ 45
ale Die gesuchte Kugel hat die Gleichung
rm
No ðx  2Þ2 þ ðy þ 1Þ2 þ ðz  1Þ2 ¼ 45.
P1

1 r Tangente 5 Kegelschnitte
y1
M a–90° a Ein Kegelschnitt ist die Schnittfigur einer Ebene
=0 1 x1 x und des Mantels eines geraden Doppelkreiskegels.
Ein gerader Kreiskegel entsteht durch Rotation einer
Geraden (die Erzeugende oder Mantellinie) in einem
Bild VII-20 Tangente und Normale des Kreises festen Punkt (der Spitze) um eine vertikale Achse,
mit der Gleichung x2 þ y2 ¼ 9 wobei sich die rotierende Gerade entlang eines
Kreises bewegt (also mit einem Kreis als Leitkurve),
der in einer Ebene senkrecht zur Rotationsachse
4 Kugeln liegt (vgl. Abschnitt IV.4).
Eine Kugel ist der geometrische Ort aller Punkte Ein gerader Doppelkreiskegel besteht aus zwei ge-
des Raumes, die von einem festen Punkt M (Mittel- raden Kreiskegeln, die Spitze auf Spitze stehen und
punkt der Kugel) einen konstanten Abstand r (Ra- die gleiche Rotationsachse haben. Schneidet man
dius der Kugel) haben (vgl. Abschnitt IV.8). einen geraden Doppelkreiskegel mit einer nicht
Für eine Kugel gibt es verschiedene Gleichungsfor- durch die (gemeinsame) Spitze S gehenden Ebene
men. E, dann entsteht als Kurve ein Kegelschnitt. Abhän-
Liegt der Mittelpunkt einer Kugel mit dem Radius r gig von der Lage der Ebene E zum Doppelkegel er-
im Ursprung eines (dreidimensionalen) kartesischen hält man verschiedene Kurven.
Koordinatensystems, dann lautet die Gleichung der
Kugel x2 þ y2 þ z2 ¼ r2 . Dabei sind x, y und z die Kreis
Koordinaten eines beliebigen Punktes Pðx j y j zÞ der Liegt die Ebene senkrecht zur Kegelachse (Rota-
Kugel (Kugeloberfläche). tionsachse), so schneidet sie aus der Mantelfläche
des Kegels einen Kreis heraus.
Mittelpunkt im Ursprung x2 þ y2 þ z2 ¼ r2
Ellipse
Ist die Neigung der Ebene so, daß sie nur eine
z Hälfte des Doppelkegels schneidet und daß sie nicht
parallel zu einer Mantellinie verläuft, so wird eine
Ellipse ausgeschnitten.
r
Parabel
0 y Bild VII-21 Verläuft die Ebene parallel zu einer Mantellinie, so
Kugel mit der Gleichung schneidet sie aus der Mantelfläche eine Parabel her-
x x2 þ y2 þ z2 ¼ r2 aus.
Hat der Mittelpunkt allgemeiner die Koordinaten
Hyperbel
xm , ym und zm , also M ¼ ðxm j ym j zm Þ, dann ergibt
Trifft die Ebene beide Hälften des Doppelkegels
sich die Mittelpunktsform oder Hauptform der Ku-
(zum Beispiel wenn sie parallel zur Kegelachse
gelgleichung.
steht), dann ist die Schnittfigur eine Hyperbel (es
Mittelpunktsform oder Hauptform werden zwei Kurven ausgeschnitten, die beiden
ste einer Hyperbel).
ðx  xm Þ2 þ ðy  ym Þ2 þ ðz  zm Þ2 ¼ r2

Eine Kugel ist festgelegt durch den Mittelpunkt und


einen weiteren Punkt oder durch vier Punkte (die
nicht alle in einer Ebene liegen).

& Beispiele:
1. Gegeben: Mittelpunkt im Koordinatenursprung, also M ¼
Mð0 j 0 j 0Þ, Punkt P1 ð4 j 3 j 1Þ Bild VII-22
Gesucht: Kugel mit dem Mittelpunkt M durch den Punkt P1 Kegelschnitt Ellipse
116 Mathematik

chung eine Gleichung zweiten Grades in x und y


hat. In einer solchen Gleichung kommen x und y
nur linear und quadratisch vor. Die allgemeine Glei-
chung eines Kegelschnitts lautet

Ax2 þ 2Bxy þ Cy2 þ Dx þ Ey þ F ¼ 0


Bild VII-23 Kegel-
schnitt Hyperbel Diese Gleichung enthält als Sonderfälle auch Glei-
chungen von Punkten, Geraden, Geradenpaaren
Die Kegelschnitte lassen sich bezüglich der Lage und imaginären Kurven.
der Ebene E zu den Mantellinien des Doppelkegels & Beispiele:
charakterisieren: 1. A ¼ 1; B ¼ C ¼ D ¼ 0; E ¼ 1; F ¼ 0 ) y ¼ x2
Beim Kreis und bei der Ellipse ist die Ebene zu kei- Gleichung der Normalparabel
2. A ¼ 1; B ¼ 0; C ¼ 1; D ¼ E ¼ 0; F ¼ r2 ) x2 þ y2 ¼ r2
ner der Mantellinien parallel, bei der Parabel ist die Mittelpunktsform der Gleichung eines Kreises mit dem Mit-
Ebene zu einer Mantellinie parallel, und bei der Hy- telpunkt im Koordinatenursprung
perbel ist die Ebene zu zwei Mantellinien des Dop- 1 1 x2 y2
3. A ¼ 2 ; B ¼ 0; C ¼ 2 ; D ¼ E ¼ 0; F ¼ 1 ) 2 þ 2 ¼ 1
a b a b
pelkegels parallel.
Mittelpunktsform der Gleichung einer Ellipse mit dem Mit-
Die Kegelschnitte lassen sich auch durch die Bezie- telpunkt im Koordinatenursprung
hung des ffnungswinkels a des Kegels zum Nei- 1 1 x2 y2
4. A ¼ 2 ; B ¼ 0; C ¼  2 ; D ¼ E ¼ 0; F ¼ 1 ) 2  2 ¼ 1
gungswinkel b der Schnittebene E zur Rotations- a b a b
Mittelpunktsform der Gleichung einer Hyperbel mit dem
achse beschreiben:
Mittelpunkt im Koordinatenursprung
Kreis: b ¼ 90 5. A ¼ B ¼ C ¼ 0; D ¼ 1; E ¼ 1; F ¼ 0 ) y ¼ x
a Gleichung der Winkelhalbierenden (Gerade)
Ellipse: < b < 90
2
a 5.1 Ellipsen
Parabel: b¼
2
a Eine Ellipse ist der geometrische Ort aller Punkte
Hyperbel: 0  b <
2 einer Ebene, für die die Summe der Abstände von
zwei festen Punkten F1 und F2 konstant ist. Die
Kreis Ellipse Punkte F1 und F2 heißen Brennpunkte der Ellypse.
Bezeichnet man den Abstand eines beliebigen Punk-
tes P1 der Ellipse zu F1 mit r1 und den Abstand von
Hyperbel
Parabel P1 zu F2 mit r2 , also jP1 F1 j ¼ r1 ; jP1 F2 j ¼ r2, dann
gilt r1 þ r2 ¼ 2a mit einer Konstanten a.
b Rotations-
a
b b b= achse
90° y
S1′
P1
a a y1

Bild VII-24 Beziehung des ffnungswinkels a des r2 r1


p p
b
Kegels zum Neigungswinkel b der F2 0=M F1 S1
S2 x1 x
Schnittebene zur Rotationsachse e e
a a
p p
Der Kreis ist bezüglich der verschiedenen Lagen b
von Ebene und Doppelkegel ein Spezialfall der El-
S2′
lipse.
Kreis und Ellipse sind beschränkt, nicht jedoch Pa- Bild VII-25 Bezeichnungen für die Ellipse
rabel und Hyperbel. Die Parabel besteht aus einem
einzigen Ast (sie ist also zusammenhängend), wäh- Bezeichnungen
rend die Hyperbel zwei getrennte symmetrische Mð0 j 0Þ Mittelpunkt
ste besitzt. F1 ðe j 0Þ; F2 ðe j 0Þ Brennpunkte
Falls die Ebene E durch die Kegelspitze S geht, S1 ða j 0Þ; S2 ða j 0Þ Hauptscheitelpunkte
dann besteht die Schnittmenge entweder nur aus S01 ð0 j bÞ; S02 ð0 j bÞ Nebenscheitelpunkte
einem Punkt (dem Punkt S) oder aus einer oder
S1 S2 Hauptachse
zwei durch S gehende Geraden (Mantellinien). Sol-
che Schnittmengen heißen entartete Kegelschnitte. S01 S02 Nebenachse
Die nahe Verwandtschaft der Kegelschnitte zeigt jS1 S2 j ¼ 2a Länge der Hauptachse
sich auch in ihren Gleichungen. Jeder Kegelschnitt jS01 S02 j ¼ 2b Länge der Nebenachse
ist der Graph einer Funktion, die als Funktionsglei- (b < a)
VII Analytische Geometrie 117

jMF1 j ¼ jMF2 j ¼ e Abstand der Brennpunkte Gleichung der Tangente im Punkt P1 ðx1 j y1 Þ an die
vom Mittelpunkt ðx  xm Þ2 ðy  ym Þ2
b2 Ellipse mit der Gleichung þ ¼ 1:
p¼ Halbparameter (die halbe a2 b2
a
Länge einer parallel zur
Nebenachse gezogenen x1  x m b 2
y¼   ðx  x1 Þ þ y1
Sehne durch einen Brenn- y1  ym a2
punkt)
P1 ðx1 j y1 Þ beliebiger Punkt der oder
Ellipse
jP1 F1 j ¼ r1 ; jP1 F2 j ¼ r2 Abstand von P1 zu den ðx1  xm Þ ðx  xm Þ ðy1  ym Þ ðy  ym Þ
þ ¼1
Brennpunkten a2 b2
Eigenschaften
Gleichung der Normale (die Normale steht senk-
r1 þ r2 ¼ 2a Summe der Abstände ist recht auf der Tangente) durch den Punkt P1 ðx1 j y1 Þ
konstant der Ellipse:
e2 þ b2 ¼ a2 gilt nach dem Satz des
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Pythagoras y1  ym a2
e¼ a2  b2 > 0 heißt lineare Exzentrizität y¼   ðx  x1 Þ þ y1
x1  xm b2
der Ellipse
e
e¼ <1 heißt numerische Exzen-
a Für die Fläche A und den Umfang u einer Ellipse
trizität der Ellipse
gilt
Bemerkungen ..
Ellipsenflache A ¼ pab pffiffiffiffiffiffi
Eine der drei Größen a; b; e kann wegen
Ellipsenumfang u p½1;5ða þ bÞ  ab 
e2 þ b2 ¼ a2 aus den beiden anderen berechnet
werden.
Der Wert für den Umfang ist nur eine Näherung,
Im Falle a ¼ b entartet die Ellipse zu einem Kreis.
eine exakte Formel gibt es nicht.
Die beiden Brennpunkte F1 ; F2 fallen dann mit dem
Kreismittelpunkt zusammen. & Beispiele:
x2 y2
1. Gegeben: Ellipsengleichung þ ¼1
Ellipsengleichungen 6;25 4
Gesucht: Länge der Achsen, Brennpunkte, numerische Ex-
1. Fallen die Koordinatenachsen mit den Ellipsen- zentrizität
achsen zusammen, dann lautet die Gleichung der Länge der Hauptachse ¼ 2a ¼ 2  2;5 ¼ 5
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
x2 y2 (denn a ¼ 6;25 ¼ 2; 5) pffiffiffi
Ellipse 2 þ 2 ¼ 1. Dies ist die Normalform der Länge der Nebenachse ¼ 2b ¼ 2  2 ¼ 4 (denn b ¼ 4 ¼ 2)
a b Berechnung der Brennpunkte:
Ellipsengleichung. e2 ¼ a2  b2 ¼ 6;25  4 ¼ 2;25 ¼ 1;52
) F1 ð1;5 j 0Þ; F2 ð1;5 j 0Þ
e 1;5
Numerische Exzentrizität: e ¼ ¼ ¼ 0;6
a 2;5
x2 y2 Gegeben: Punkte P1 ð2 j 2Þ; P2 ð4 j 1Þ einer Ellipse, Koordina-
Normalform þ ¼1 2.
a2 b2 tenachsen gleich Ellipsenachsen
Gesucht: Gleichung der Ellipse
Berechnung von a und b (halbe Längen der Achsen):
2. Ist Mðxm j ym Þ der Mittelpunkt der Ellipse, und x2 y2
Koordinaten von P1 in die Normalform 2 þ 2 ¼ 1 der Ellip-
sind die Ellipsenachsen parallel zu den Koordi- sengleichung einsetzen:
a b
natenachsen, dann erhält man die Mittelpunkts- 4 4
þ ¼ 1 ) 4b2 þ 4a2 ¼ a2 b2
form der Ellipsengleichung. a2 b2
Kooordinaten von P2 in die Normalform einsetzen:
16 1
þ ¼ 1 ) 16b2 þ a2 ¼ a2 b2
a2 b2
ðx  xm Þ2 ðy  ym Þ2
Mittelpunktsform þ ¼1 Gleichsetzen der Gleichungen ergibt
a2 b2 4b2 þ 4a2 ¼ 16b2 þ a2 ) 3a2 ¼ 12b2 ) a2 ¼ 4b2
Durch Einsetzen errechnet man
4b2 þ 16b2 ¼ 4b4 ) 20b2 ¼ 4b4 ) b2 ¼ 5
3. Werden die beiden Koordinaten x und y jeweils Daraus ergibt sich schließlich a2 ¼ 4  5 ¼ 20
als Funktion einer Hilfsvariablen t angegeben, so x2 y2
Die Ellipsengleichung lautet also: þ ¼1
erhält man die Parameterdarstellung einer El- 20 5
3. Gegeben: Brennpunkte F1 ð4 j 0Þ; F2 ð4 j 0Þ, halbe Länge der
lipse, deren Achsen mit den Koordinatenachsen Hauptachse a ¼ 5
zusammenfallen (vgl. Abschnitt V.1.2). Gesucht: Ellipsengleichung, numerische Exzentrizität
Berechnung der halben Länge der Nebenachse:
Parameterdarstellung
b2 ¼ a2  e2 ¼ 25  16 ¼ 9 ) b ¼ 3
x2 y2
Ellipsengleichung: þ ¼1
25 9
x ¼ a cos t ; y ¼ b sin t ; 0  t < 2p e
Numerische Exzentrizität: e ¼ ¼ ¼ 0;8
4
a 5
118 Mathematik

4. Im Punkt P1 ð3;1 j 2;7Þ einer Ellipse in Normalform mit der y


halben Länge der Hauptachse a ¼ 4;8 ist die Tangente ge-
sucht. Wie groß ist die lineare Exzentrizität e? Q2 Q1
Lösung: H P1
yp
Koordinaten von P1 und a ¼ 4;8 in die Normalform er
be r2 p
x2 y2 l b r1
þ ¼ 1 der Ellipsengleichung einsetzen, um b zu berech-
a2 b2 e
nen: S2 M a S1
ð3;1Þ2 ð2;7Þ2 ð2;7Þ2  ð4;8Þ2
F2
t o te = 0 Asy e F1 x
þ ¼ 1 ) b2 ¼ ¼ 12;5064 . . . p mp
ð4;8Þ2 b2 ð4;8Þ2  ð3;1Þ2
p ym tot
As e

Hy
) b ¼ 3;5364 . . .

pe
rb
Einsetzen der Koordinaten von P1 , von a und b sowie von

el
xm ¼ ym ¼ 0 in die Tangentengleichung Q2 ′ Q1′
Scheitelkreis
ðx1  xm Þ ðx  xm Þ ðy1  ym Þ ðy  ym Þ
þ ¼ 1:
a2 b2
3;1 x 2;7 y
Bild VII-27 Bezeichnungen für die Hyperbel
þ ¼1
23;04 12;5064 . . .
Die Normalform der Tangentengleichung erhält man durch Bezeichnungen
Auflösen nach y: Mð0 j 0Þ Mittelpunkt
y ¼ 0;6232 . . . x þ 4;6320 . . .
F1 ðe j 0Þ; F2 ðe j 0Þ Brennpunkte
Berechnung von e:
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi S1 ða j 0Þ; S2 ða j 0Þ Scheitelpunkte
e ¼ a2  b2 ¼ 23;04  12;5064 . . . ¼ 3;2455 . . .
S1 S2 Hauptachse
Es gibt etliche Konstruktionsmöglichkeiten für eine (Hyperbelachse)
Ellipse. Eine davon ist die sogenannte Faden- oder jS1 S2 j ¼ 2a Länge der Hauptachse
Gärtnerkonstruktion: jMF1 j ¼ jMF2 j ¼ e Abstand der Brennpunkte
Die Endpunkte eines Fadens der Länge 2a werden vom Mittelpunkt
mit Hilfe zweier Pfähle an zwei Punkten F1 und F2 Q1 ; Q01 ; Q2 ; Q02 Schnittpunkte der Asympto-
fest verankert, und zwar so, daß der Faden nicht ten mit den Senkrechten
straff ist. Ein dritter Pfahl, der den Faden spannt zur Hauptachse durch die
und ringsum geführt wird, bewegt sich dann auf Scheitelpunkte
einer Ellipse. jS1 Q1 j ¼ jS1 Q01 j Abstand der Schnittpunkte
¼ jS2 Q2 j ¼ jS2 Q02 j ¼ b zu den Scheitelpunkten
b2
p¼ Halbparameter (die halbe
a
Länge einer senkrecht zur
Hauptachse gezogenen
Sehne durch einen Brenn-
punkt)
F2 F1 P1 ðx1 j y1 Þ beliebiger Punkt der Hyperbel
jP1 F1 j ¼ r1 ; jP1 F2j ¼ r2 Abstand von P1 zu den
Brennpunkten
Eigenschaften
Bild VII-26 Gärtnerkonstruktion einer Ellipse jr1  r2 j ¼ 2a Betragsdifferenz der
Abstände ist konstant
a2 þ b2 ¼ e2 gilt nach dem Satz des
5.2 Hyperbeln Pythagoras
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Eine Hyperbel ist der geometrische Ort aller Punkte e¼ a2 þ b2 > 0 heißt lineare Exzentrizität
einer Ebene, für die der Betrag der Differenz der der Hyperbel
e
Abstände von zwei festen Punkten F1 und F2 kon- e¼ >1 heißt numerische Exzen-
a
stant ist. Die Punkte F1 und F2 heißen Brennpunkte trizität der Hyperbel
der Hyperbel. Bemerkung
Bezeichnet man den Abstand eines beliebigen Punk-
Eine der drei Größen a; b; e kann wegen a2 þ b2
tes P1 der Hyperbel zu F1 mit r1 und den Abstand
¼ e2 aus den beiden anderen berechnet werden.
von P1 zu F2 mit r2 , also jP1 F1 j ¼ r1 ; jP1 F2 j ¼ r2,
dann gilt jr1  r2 j ¼ 2a mit einer Konstanten a. Hyperbelgleichungen
Die Hyperbel ist nicht zusammenhängend, sie be- 1. Scheitelpunkte auf der x-Achse, Mittelpunkt im
steht aus zwei getrennten symmetrischen sten (die Koordinatenursprung:
Hyperbel hat also auch keinen endlichen Flächen-
inhalt). Sie besitzt zwei Asymptoten. x2 y2
Normalform  ¼1
a2 b2
VII Analytische Geometrie 119

Beide Koordinatenachsen sind Symmetrieachsen ðx  xm Þ2 ðy  ym Þ2


der Hyperbel. Die Hyperbel ist nach rechts  ¼ 1:
a2 b2
und nach links geöffnet. Diese Gleichung nennt
man auch die Normalform der Hyperbelglei- x1  xm b2
y¼   ðx  x1 Þ þ y1
chung. y1  ym a2
b
Gleichungen der Asymptoten y ¼  x
a oder
Nur im Falle a ¼ b stehen die Asymptoten senk-
recht aufeinander. Solche Hyperbeln heißen ðx1  xm Þ ðx  xm Þ ðy1  ym Þ ðy  ym Þ
gleichseitige Hyperbeln.  ¼1
a2 b2
2. Hauptachse parallel zur x-Achse, Mittelpunkt
Mðxm j ym Þ: Gleichung der Normale (die Normale steht senk-
recht auf der Tangente) durch den Punkt P1 ðx1 j y1 Þ
Mittelpunktsform ðx  xm Þ2 ðy  ym Þ2 der Hyperbel mit der Gleichung
 ¼1
a2 b2 ðx  xm Þ2 ðy  ym Þ2
 ¼ 1:
a2 b2
Die Hyperbel ist nach rechts und nach links ge-
öffnet. Diese Gleichung heißt auch Mittelpunkts- y1  ym a2
y¼   ðx  x1 Þ þ y1
form der Hyperbelgleichung. x1  x m b 2
Gleichungen der Asymptoten
b Gleichung der Tangente im Punkt P1 ðx1 j y1 Þ an die
y ¼  ðx  xm Þ þ ym
a Hyperbel mit der Gleichung
3. Scheitelpunkte auf der y-Achse, Mittelpunkt im ðy  ym Þ2 ðx  xm Þ2
Koordinatenursprung:  ¼ 1:
b2 a2

x2 y2 x1  xm b2
 þ ¼1 y¼   ðx  x1 Þ þ y1
a2 b2 y1  ym a2

Beide Koordinatenachsen sind Symmetrieachsen


oder
der Hyperbel. Die Hyperbel ist nach oben und
nach unten geöffnet.
ðy1  ym Þ ðy  ym Þ ðx1  xm Þ ðx  xm Þ
Gleichungen der Asymptoten y ¼  x
b  ¼1
a b2 a2
4. Hauptachse parallel zur y-Achse, Mittelpunkt
Mðxm j ym Þ: Gleichung der Normale (die Normale steht senk-
recht auf der Tangente) durch den Punkt P1 ðx1 j y1 Þ
der Hyperbel mit der Gleichung
ðx  xm Þ2 ðy  ym Þ2
 þ ¼1 ðy  ym Þ2 ðx  xm Þ2
a2 b2  ¼ 1:
b2 a2
Die Hyperbel ist nach oben und nach unten ge-
öffnet. Die Länge der Hauptachse ist 2b. y1  ym a2
y¼   ðx  x1 Þ þ y1
x1  x m b 2
Gleichungen der Asymptoten
b
y ¼  ðx  xm Þ þ ym & Beispiele:
a x2 y2
5. Koordinatenachsen als Asymptoten, Mittelpunkt 1. Gegeben: Hyperbelgleichung  ¼1
16 20
im Koordinatenursprung: Gesucht: Brennpunkte, numerische Exzentrizität
Berechnung der Brennpunkte:
e2 ¼ a2 þ b2 ¼ 16 þ 20 ¼ 36 ¼ 62 ) F1 ð6 j 0Þ; F2 ð6 j 0Þ
c
xy¼c oder y¼ ðc 6¼ 0Þ e
Numerische Exzentrizität: e ¼ ¼ ¼ 1;5
6
x a 4
2. Gegeben: Brennpunkte F1 ð5 j 0Þ; F2 ð5 j 0Þ, halbe Länge der
Hauptachse a ¼ 4
Für c > 0 ist die Winkelhalbierende y ¼ x die
Gesucht: Hyperbelgleichung, numerische Exzentrizität, Glei-
Hauptachse, die Hyperbeläste liegen im ersten chungen der Asymptoten
und im dritten Quadranten. Im Falle c < 0 ist die Berechnung von b2 : b2 ¼ e2  a2 ¼ 25  16 ¼ 9
Winkelhalbierende y ¼ x die Hauptachse, die x2 y2
Hyperbelgleichung:  ¼1
16 9
Hyperbeläste liegen im zweiten und im vierten e 5
Numerische Exzentrizität: e ¼ ¼ ¼ 1;25
Quadranten. a 4
b 3
Gleichungen der Asymptoten x ¼ 0; y ¼ 0 Gleichungen der Asymptoten: y ¼  x ¼  x
a 4
3. Gegeben: Punkte P1 ð2 j 1Þ; P2 ð3 j 2Þ einer Hyperbel
Gleichung der Tangente im Punkt P1 ðx1 j y1 Þ an die Gesucht: Normalform der Hyperbelgleichung durch P1 und
Hyperbel mit der Gleichung P2
120 Mathematik

Berechnung von a und b:


x 2 y2
Koordinaten von P1 in die Normalform 2  2 ¼ 1 der Hy-
5.3 Parabeln
a b
perbelgleichung einsetzen: Eine Parabel ist der geometrische Ort aller Punkte
4 1 einer Ebene, die von einem festen Punkt F (Brenn-
 ¼ 1 ) 4b2  a2 ¼ a2 b2
a2 b2
punkt) und einer festen Geraden l (Leitlinie) den
Kooordinaten von P2 in die Normalform einsetzen:
gleichen Abstand besitzen.
9 4
 ¼ 1 ) 9b2  4a2 ¼ a2 b2 Der Punkt, der in der Mitte zwischen dem Brenn-
a2 b2
Gleichsetzen der Gleichungen ergibt punkt F und der Leitlinie l liegt, ist der Scheitel-
4b2  a2 ¼ 9b2  4a2 ) 3a2 ¼ 5b2 ) a2 ¼
5 2
b
punkt S. Die Gerade durch die Punkte F und S
3 heißt Parabelachse. Sie ist Symmetrieachse für die
Durch Einsetzen errechnet man
5 5 7 5 7 Parabel und steht senkrecht auf der Leitlinie l. Der
4b2  b2 ¼ b4 ) b2 ¼ b4 ) b2 ¼
3 3 3 3 5 Abstand p des Brennpunkts F von der Leitlinie l
5 7
Daraus ergibt sich schließlich a2 ¼  ¼
7 heißt Parameter der Parabel.
3 5 3
2 2
x y
 ¼1

Leitlinie l
Die Hyperbelgleichung lautet
7 7
3 5
4. Im Punkt P1 ð5;6 j 3;4Þ einer Hyperbel in Normalform mit der d P
halben Länge der Hauptachse a ¼ 2;8 ist die Tangente ge-
sucht. Wie groß ist die lineare Exzentrizität e?
Lösung:
d
Koordinaten von P1 und a ¼ 2;8 in die Normalform
p p
x2 y2
 ¼ 1 der Hyperbelgleichung einsetzen, um b zu be- 2 2 Parabelachse
a2 b2
rechnen: S F
ð5;6Þ2 ð3;4Þ2
 ¼1
ð2;8Þ2 b2
ð2;8Þ2  ð3;4Þ2
) b2 ¼ ¼ 3;8533 . . . ) ¼ 1;9629 . . .
ð5;6Þ2  ð2;8Þ2
Einsetzen der Koordinaten von P1 , von a und b sowie von
xm ¼ ym ¼ 0 in die Tangentengleichung
ðx1  xm Þ ðx  xm Þ ðy1  ym Þ ðy  ym Þ
 ¼ 1: Bild VII-29 Parabel mit Brennpunkt F und Scheitel-
a2 b2
5;6 x 3;4 y punkt S
 ¼1
7;84 3;8533 . . .
Die Normalform der Tangentengleichung erhält man durch Der Brennpunkt hat die Eigenschaft, alle innen an
Auflösen nach y:
y ¼ 0;8095 . . . x  1;1333 . . .
der Parabel reflektierten achsenparallelen Strahlen
Berechnung von e: in sich zu vereinigen (Anwendung: Parabolspie-
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
e ¼ a2 þ b2 ¼ 7;84 þ 3;8533 . . . ¼ 3;4195 . . . gel).

Es gibt verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten für Parabelgleichungen


eine Hyperbel. Eine davon ist die sogenannte Fa- 1. x-Achse ist Parabelachse, Scheitelpunkt im Koor-
denkonstruktion: dinatenursprung, Parabel nach rechts geöffnet:
In einem der beiden Brennpunkte wird ein Stab der
Länge l > 2a drehbar befestigt. Die Enden eines Fa-
dens der Länge l  2a werden am freien Stabende Normalform y2 ¼ 2px ; p>0
und am anderen Brennpunkt befestigt. Mit einem
p  
Stift wird der Faden am Stab gestrafft. Wird der 
Der Brennpunkt ist F  0 , die Gleichung der
Stab um den Brennpunkt gedreht, dann beschreibt p 2
der Stift einen Teil eines Hyperbelastes. Leitlinie ist x ¼  . Diese Gleichung nennt
2
man auch die Normalform der Parabelgleichung.
2. Parabelachse parallel zur x-Achse, Scheitelpunkt
Sðxs j ys Þ, Parabel nach rechts geöffnet:
l
Scheitelpunktsform
l–2
a
Stab
ðy  ys Þ2 ¼ 2pðx  xs Þ ; p>0

F2 a M a F1 p

Der Brennpunkt ist F þ xs j ys , die Glei-
2
p
chung der Leitlinie ist x ¼ xs  . Diese Glei-
2
chung heißt auch Scheitelpunktsform der Para-
Bild VII-28 Fadenkonstruktion einer Hyperbel belgleichung.
VII Analytische Geometrie 121

  
 p
3. x-Achse ist Parabelachse, Scheitelpunkt im Koor- Der Brennpunkt ist F xs   þ ys , die Glei-
dinatenursprung, Parabel nach links geöffnet: 2
p
chung der Leitlinie ist y ¼ ys þ .
y2 ¼ 2px ; p>0 2
Eine Parabel in dieser Lage ist der Graph einer
 p  quadratischen Funktion.

Der Brennpunkt ist F   0 , die Gleichung
p 2 Gleichung der Tangente im Punkt P1 ðx1 j y1 Þ an die
der Leitlinie ist x ¼ . Parabel mit der Gleichung ðy  ys Þ2 ¼ 2pðx  xs Þ:
2
4. Parabelachse parallel zur x-Achse, Scheitelpunkt
Sðxs j ys Þ, Parabel nach links geöffnet: ðy1  ys Þ ðy  y1 Þ ¼ pðx  x1 Þ
2
ðy  ys Þ ¼ 2pðx  xs Þ ; p>0
oder
 p 
Der Brennpunkt ist F  þ xs j ys , die Glei-
2 ðy1  ys Þ ðy  ys Þ ¼ pðx þ x1  2xs Þ
p
chung der Leitlinie ist x ¼ xs þ .
2
5. y-Achse ist Parabelachse, Scheitelpunkt im Koor- Gleichung der Normale (die Normale steht senk-
dinatenursprung, Parabel nach oben geöffnet: recht auf der Tangente) durch den Punkt P1 ðx1 j y1 Þ
der Parabel mit der Gleichung ðy  ys Þ2 ¼ 2pðx  xs Þ:
1 2
x2 ¼ 2py oder y ¼ x ðp > 0Þ y1  y s
2p y¼ ðx  x1 Þ þ y1
p
  
p
Der Brennpunkt ist F 0  , die Gleichung
2 Gleichung der Tangente im Punkt P1 ðx1 j y1 Þ an die
p
der Leitlinie ist y ¼  . Eine Parabel in dieser Parabel mit der Gleichung
2
ðx  xs Þ2 ¼ 2pðy  ys Þ:
Lage ist der Graph einer quadratischen Funktion
(vgl. Abschnitt V.4.3).
pðy  y1 Þ ¼ ðx1  xs Þ ðx  x1 Þ
6. Parabelachse parallel zur y-Achse, Scheitelpunkt
Sðxs j ys Þ, Parabel nach oben geöffnet:
oder
2 ðx  xs Þ2
ðx  xs Þ ¼ 2pðy  ys Þ oder y ¼ þ ys ðx1  xs Þ ðx  xs Þ ¼ pðy þ y1  2ys Þ
2p
ðp > 0Þ
   Gleichung der Normale (die Normale steht senk-
 p recht auf der Tangente) durch den Punkt P1 ðx1 j y1 Þ
Der Brennpunkt ist F xs  þ ys , die Glei-
2 der Parabel mit der Gleichung ðx  xs Þ2 ¼ 2pðy  ys Þ:
p
chung der Leitlinie ist y ¼ ys  . Eine Parabel
2 p
in dieser Lage ist der Graph einer quadratischen y¼ ðx  x1 Þ þ y1
x1  xs
Funktion.
7. y-Achse ist Parabelachse, Scheitelpunkt im Koor-
dinatenursprung, Parabel nach unten geöffnet: & Beispiele:
1. Gegeben: Parabelgleichung y2 ¼ 6x
1 2 Gesucht: Brennpunkt, Gleichung der Leitlinie
x2 ¼ 2py oder y ¼  x ðp > 0Þ Parameter: p ¼ 3
2p      
p  3 
   Brennpunkt: F
2 
0 ¼F
2 
0
 p
Der Brennpunkt ist F 0   , die Gleichung p 3
2 Gleichung der Leitlinie: x ¼  ¼
p 2 2
der Leitlinie ist y ¼ . Eine Parabel in dieser 2. Gegeben: Scheitelpunkt Sð0 j 0Þ, x-Achse gleich Parabelachse,
2 pffiffiffi
Lage ist der Graph einer quadratischen Funktion. Punkt Pð1 j 3Þ der Parabel
Gesucht: Gleichung der Parabel, Brennpunkt, Gleichung der
8. Parabelachse parallel zur y-Achse, Scheitelpunkt Leitlinie
Sðxs j ys Þ, Parabel nach unten geöffnet: Berechnung des Parameters p der Parabel durch Einsetzen
der Koordinaten von P in die Normalform der Parabelglei-
chung:
ðx  xs Þ2 ¼ 2pðy  ys Þ ðp > 0Þ y2 ¼ 2px ) 3 ¼ 2p ) p ¼
3
2
oder Die Parabelgleichung lautet y2 ¼ 3x:
     
p  3 
Brennpunkt: F  0 ¼F 0
ðx  xs Þ2 2 4
y¼ þ ys ðp > 0Þ p 3
2p Gleichung der Leitlinie: x ¼  ¼
2 4
122 Mathematik

3. Eine nach rechts offene Parabel hat die Gerade x ¼ 2 als thete AC wird mit den Enden in A und dem Brenn-
Tangente im Scheitelpunkt, geht durch den Punkt P1 ð2 j 7Þ
1 punkt F befestigt. Mit einem Stift wird der Faden an
und hat in diesem Punkt die Tangentensteigung m1 ¼ . Wie der Kathete AC gestrafft. Gleitet das Dreieck ent-
2
lautet die Gleichung der Parabel?
Lösung:
lang der Leitlinie, dann beschreibt der Stift ein Para-
Berechnung der Tangentengleichung durch Einsetzen in die belstück.
Punktsteigungsform und Umrechnung auf Normalform:
y7 1 1
¼ )y¼ xþ6 5.4 Anwendungen
x2 2 2
Eine nach rechts geöffnete Parabel mit Scheitelpunkt
Sðxs j ys Þ erfüllt die Gleichung ðy  ys Þ2 ¼ 2pðx  xs Þ und In diesem Abschnitt werden in einigen Beispielen
eine Tangente an diese Parabel auch die Gleichung verschiedene Anwendungen der Kegelschnitte aus
ðy1  ys Þ ðy  ys Þ ¼ pðx þ x1  2xs Þ. Setzt man die Koordina-
Technik und Mathematik angegeben.
ten des Punktes P1 ein und bringt auch diese Tangentenglei-
chung auf Normalform, so ergibt sich
ð7  ys Þ ðy  ys Þ ¼ pðx þ 2  2  ð2ÞÞ & Beispiel 1 :
p 6p Ein parabelförmiger Brückenbogen (Achse vertikal und Parabel
) y¼ xþ þ ys
7  ys 7  ys nach unten geöffnet) hat zwischen den in gleicher Höhe liegen-
Vergleich dieser Gleichung mit der obigen Normalform der den Lagern (Enden) des Bogens L und L0 die Spannweite
Gleichung für dieselbe Tangente ergibt mit der Methode des 2a ¼ jLL0 j ¼ 32 m. Die Scheitelhöhe (Höhe des Scheitelpunktes S
Koeffizientenvergleichs die folgenden Bedingungen für die über LL0 ) beträgt b ¼ 10 m. Die horizontal verlaufende Straße
Koeffizienten: liegt h ¼ 4 m über LL0 und schneidet den Brückenbogen in P1
m1 ¼
p
¼
1
und n ¼
6p
þ ys ¼ 6 und P01 , den Befestigungspunkten des Straßenkörpers. Der Stra-
7  ys 2 7  ys ßenkörper wird außer von einem Vertikalstab im Scheitelpunkt S
Dies ist ein System aus zwei Gleichungen zur Bestimmung (Länge b  h ¼ 6 m) noch von zwei weiteren Vertikalstäben ge-
der beiden Unbekannten p und ys . halten, die in der Mitte des horizontalen Abstandes von S und P1
Setzt man zur Lösung des Systems zum Beispiel die Bedin- sowie von S und P01 in den Punkten P2 und P02 am Brückenbogen
p 1
gung ¼ in die Gleichung für n ein, so folgt angebracht sind.
7  ys 2
1 Wie groß ist die Länge l dieser Vertikalstäbe? Wie groß sind
6  þ ys ¼ 6 ) ys ¼ 3
2 jP1 P01 j und jP2 P02 j?
Durch Einsetzen von ys ¼ 3 in die Gleichung für m1 folgt
p 1
¼ )p¼2
73 2 y
Die gesuchte Parabelgleichung lautet ðy  3Þ2 ¼ 4ðx þ 2Þ. S
4. Eine nach unten offene Parabel hat die y-Achse als Parabel- P2 x
achse, den Koordinatenursprung O als Brennpunkt und den
P2′
Punkt Sð0 j 2;5Þ als Scheitelpunkt. Welche Gleichung hat die l
Parabel? Wo schneidet die Parabel die x-Achse? b P1
Lösung: P1′ Straße
Die Gleichung einer nach unten geöffneten Parabel mit
Scheitelpunkt Sðxs j ys Þ ist ðx  xs Þ2 ¼ 2pðy  ys Þ. h
p
Aus den Bedingungen folgt xs ¼ 0; ys ¼ 2;5 und ¼ 2;5. L′ L
2 a
Die Gleichung der Parabel lautet
x2 ¼ 10ðy  2;5Þ ) x2 ¼ 10 y þ 25
Durch Setzen von y ¼ 0 erhält man die Schnittpunkte mit Bild VII-31 Zu Beispiel 1
der x-Achse:
x2 ¼ 25 ) x1;2 ¼ 5 ) Schnittpunkte S1 ð5 j 0Þ; S2 ð5 j 0Þ Die Skizze veranschaulicht nur eine Hälfte der symmetrischen
Straßenbrücke.
Es gibt einige Konstruktionsmöglichkeiten für eine Zur Lösung der Aufgabe denkt man sich ein Koordinatenkreuz
gelegt, so daß die Parabel des Brückenbogens die Gleichung
Parabel. Eine davon ist die sogenannte Fadenkon-
y ¼ px2 hat.
struktion: Setzt man die Koordinaten des Lagerpunktes L ein, so ergibt sich
Ein rechtwinkliges Dreieck wird entlang der Leit- b ¼ pa2 ) p ¼ 2
b
linie verschoben. Ein Faden mit der Länge der Ka- a
Der Befestigungspunkt P1 hat nach Aufgabenstellung die Ordi-
nate y1 ¼ ðb  hÞ. Mit Hilfe der Parabelgleichung y1 ¼ px21
B erhält man seine Abszisse x1 durch Auflösen nach x1 und Einset-
zen von y1 und p:
rffiffiffiffiffiffiffiffi vffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
u
y1 uðb  hÞ bh
x1 ¼ ¼u
t ¼a
Leitlinie

p b b
 2
A a
C P 1
Der Befestigungspunkt P2 soll die Abszisse x2 ¼ x1 ¼
2
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
a bh
haben, also ist seine Ordinate y2 ¼ px22 ¼
F 2 b
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi!2
b a bh bh
 2 ¼ .
a 2 b 4
3
Die gesuchte Vertikalstablänge l ist l ¼ y2  y1 ¼ ðb  hÞ.
4
0 0
Die Strecken jP1 P1 j und jP2 P2 j haben die Längen
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
bh bh
Bild VII-30 Fadenkonstruktion einer Parabel 2x1 ¼ 2a und 2x2 ¼ a .
b b
VII Analytische Geometrie 123

Mit den gegebenen Abmessungen ergibt sich für die gesuchten Lösung:
Längen Die Gleichung der nach oben geöffneten Parabel mit dem Schei-
3 telpunkt Sðxs j ys Þ lautet ðx  xs Þ2 ¼ 2pðy  ys Þ: Einsetzen der Ko-
l ¼ ð10  4Þ ¼ 4;50 m,
4 rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ordinaten des gegebenen Scheitelpunktes ergibt ðx þ 4Þ2 ¼
10  4
2x1 ¼ 2  16 ¼ 24;78 . . . m; 2pðy þ 1Þ.
4
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Die zugehörige Tangentengleichung im Punkt P1 ðx1 j y1 Þ der Pa-
10  4 rabel ist
2x2 ¼ 16 ¼ 12;39 . . . m:
4
ðx1  xs Þ ðx  xs Þ ¼ pðy þ y1  2ys Þ
& Beispiel 2 : ) ðx1 þ 4Þ ðx þ 4Þ ¼ pðy þ 1Þ þ pðy1 þ 1Þ
Ein Stab mit den Drehlagern O und M und der Länge jOMj ¼ r Die Gleichung der Tangente ist aber auch y ¼ x. Mit der Metho-
ist um O drehbar. Um M dreht sich ein zweiter Stab der Länge de des Koeffizientenvergleichs ergeben sich die folgenden Bedin-
jMPj ¼ s. In der Ausgangsstellung liegen M und P als M0 und gungen für die Koeffizienten (aus y ¼ x folgt, daß die Koeffizien-
rechts davon P0 auf der Grundrichtungsachse OP0 . Während sich ten von x und von y gleich sind, etwa gleich k; k 6¼ 0):
nun OM um den Winkel j nach links dreht, dreht sich MP rela-
(1) Koeffizienten von x: x1 þ 4 ¼ k
tiv zu OM um 2j nach rechts.
(2) Koeffizienten von y: p ¼ k
Auf welcher Kurve bewegt sich P bei fortgesetzter Drehung?
(3) Absolutglieder: ðx1 þ 4Þ 4  pð1 þ y1 þ 1Þ ¼ 0
Aus (2) folgt k ¼ p. In (1) eingesetzt ergibt x1 þ 4 ¼ p. Setzt man
y A dieses in (3) ein, so folgt 4p  ð2 þ y1 Þ p ¼ ð2  y1 Þ p ¼ 0, also
s y1 ¼ 2 wegen p 6¼ 0. Wegen y1 ¼ x1 für den Berührungspunkt gilt
M auch x1 ¼ 2. Setzt man dies in (1) ein, so folgt schließlich p ¼ 6.
2f Ergebnisse: Die gesuchte Parabel hat die Gleichung ðx þ 4Þ2
s ¼ 12ðy þ 1Þ, der Berührungspunkt mit der Geraden y ¼ x ist
f s R–f P1 ð2 j 2Þ.
B P
& Beispiel 4 :
x2 y2
y y Man bestimme von der Ellipse mit der Gleichung þ ¼1
36 18
die Ecken des größten einbeschriebenen Quadrates!
0 f M0 Welches Verhältnis haben die Flächeninhalte dieses Quadrates
P0 und der Ellipse?
b = r–s x
r Lösung:
x Aus Symmetriegründen liegen die Ecken des gesuchten Quadra-
a = r+s tes auf den Winkelhalbierenden der vier Quadranten des Koordi-
natensystems. Die Winkelhalbierenden sind die Geraden mit den
Bild VII-32 Zu Beispiel 2 Gleichungen y ¼ x und y ¼ x. Für die Eckpunkte Eðxe j ye Þ gilt
also ye ¼ xe . Da die Eckpunkte auch die Ellipsengleichung er-
füllen (denn sie liegen auf der Ellipse), setzt man diese Bezie-
Die Lösung der Aufgabe erfolgt mit Hilfe der Parameterdarstel-
hung in die Gleichung der Ellipse ein:
lung der Ellipse: x ¼ a cos j; y ¼ b sin j
x y x2e ðxe Þ2 x2 x2 pffiffiffi
Man bestätigt: Aus cos j ¼ und sin j ¼ folgt durch Qua- þ ¼ 1 ) e þ e ¼ 1 ) x2e ¼ 12 ) xe ¼ 2 3
a b 36 18 36 18
drieren und Addieren wegen sin j þ cos j ¼ 1 die Normalform
2 2 pffiffiffi
Wegen ye ¼ xe folgt ebenfalls ye ¼ 2 3.
x 2 y2
þ ¼ 1 der Ellipsengleichung. Somit sind die vier Ecken des gesuchten Quadrates:
a2 b2 pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi pffiffiffi
In der vorliegenden Aufgabe ist a ¼ r þ s (halbe Länge der E1 ð2 p 3 jffiffiffi2 3Þ;pEffiffiffi 2 ð2 3pjffiffi2ffi 3Þ;pffiffiffi
Hauptachse) und b ¼ r  s (halbe Länge der Nebenachse). Der E3 ð2 3 j 2 3Þ; E4 ð2 3 j 2 3Þ
pffiffiffi
pffiffiffi dieses Quadrates ist 4 3 ¼ 6;9282 . . ., sein Um-
Punkt P bildet mit A und B, den Schnittpunkten der Geraden Die Seitenlänge
OM mit dem Haupt– und dem Nebenscheitelkreis (Kreise um O fang also 16 3 ¼ 27;7128 . . ., und seine Flächepist
ffiffiffi A2 ¼ 48. Die El-
mit den Radien a und b), ein rechtwinkliges Dreieck. Deshalb folgt lipse hat den Flächeninhalt AEll ¼ pab ¼ 6  3 2  p ¼ 79;9718 . . .
x ¼ ðr þ sÞ cos j; y ¼ ðr  sÞ sin j; die Parameterdarstellung der Für das gesuchte Verhältnis der Flächeninhalte gilt
Ellipse, die als Bahnkurve von P gesucht ist. Ihre Normalform A2 48
x2 y2 ¼ pffiffiffi ¼ 0;6002 . . .
lautet þ ¼ 1. AEll 6  3 2  p
ðr þ sÞ2 ðr  sÞ2

& Beispiel 5 :
& Beispiel 3 :
Welche nach oben geöffnete Parabel mit dem Scheitelpunkt Man bestimme die Schnittpunkte der Geraden mit der Gleichung
1
Sð4 j 1Þ berührt die Gerade y ¼ x? Welche Koordinaten hat y ¼ x þ 4 und der Hyperbel mit der Gleichung 4y2  9x2 ¼ 36!
2
der Berührungspunkt?
Gibt es zu der Gerade parallele Tangenten an die Hyperbel?
Lösung:
y y2 x2
Umformung der Hyperbelgleichung ergibt 2  2 ¼ 1.
3 2
Die y-Achse ist also Hauptachse der Hyperbel, der Mittelpunkt
liegt im Koordinatenursprung. Ersetzt man in dieser Gleichung
2 P1
das y mit Hilfe der Geradengleichung, so folgt
 2
1
xþ4
–4 2 x2 2 4 7
0  ¼ 1 )  x2 þ x þ ¼ 0
2 x 9 4 9 9 9
7
S –1 ) x2  2x  ¼ 0
2
x Diese quadratische Gleichung hat die Lösungen
y= rffiffiffiffiffiffi
9 3 pffiffiffi 3 pffiffiffi
x1; 2 ¼ 1  ¼1 2, also x1 ¼ 1 þ 2 ¼ 3;1213 . . . ;
2 2 2
3 pffiffiffi
Bild VII-33 Zu Beispiel 3 x2 ¼ 1  2 ¼ 1;1213 . . .
2
124 Mathematik

y Bemerkungen:
Tangenten gibt es bei dieser Hyperbel nur für Steigungen
P1 b 3
jmj < ¼ (Asymptotensteigung). So gibt es zum Beispiel par-
a 2
P2 allel zur Geraden mit der Gleichung y ¼ 2x keine Tangente.
x2 y2
Pt1 Für Hyperbeln mit der Gleichung 2  2 ¼ 1 gibt es Tangenten
a b
b
mit Steigungen jmj  nicht, dagegen gibt es zwei parallele Tan-
a
b
genten für jedes jmj > .
a
0 x

6 Graphisches Lösen von Gleichungen


Pt2
In Abschnitt II wurden Methoden zur rechnerischen
Bestimmung der Lösungen von Gleichungen und
von linearen Gleichungssystemen angegeben. Für
eine Reihe von praktischen Anwendungen reicht es
aus, nicht die exakten Lösungen zu kennen, sondern
Bild VII-34 Zu Beispiel 5 sogenannte Näherungslösungen (Lösungen „in der
Nähe‘‘ der exakten Lösungen). Eine Möglichkeit,
solche Näherungslösungen zu finden, ist das graphi-
Setzt man diese Werte in die Geradengleichung ein, so ergeben
sich die Ordinaten der Schnittpunkte:
sche Lösen von Gleichungen (zu Näherungslösun-
1 3 pffiffiffi 9 3 pffiffiffi gen vgl. auch Abschnitt VIII.4.12).
y1; 2 ¼  2 þ 4, also y1 ¼ þ 2 ¼ 5;5606 . . . ;
2 4 2 4 Beim graphischen Lösen von Gleichungen bringt
9 3 pffiffiffi man eine Bestimmungsgleichung mit der Variablen
y2 ¼  2 ¼ 3;4393 . . .
2 4
Schnittpunkte der Geraden mit der Hyperbel sind
x auf die Form f ðxÞ ¼ 0: Die reellen Lösungen der
   Gleichung sind dann die Nullstellen der Funktion
3 pffiffiffi  9 3 pffiffiffi
S1 1 þ 2 þ 2 ¼ S1 ð3;1213 . . . j 5;5606 . . .Þ , mit der Gleichung y ¼ f ðxÞ: Das Aufsuchen der Lö-
2 2 4
   sungen der Bestimmungsgleichung f ðxÞ ¼ 0 ist also
3 pffiffiffi  9 3 pffiffiffi
S2 1  2  2 ¼ S2 ð1;1213 . . . j 3;4393 . . .Þ .
2 2 4 gleichbedeutend mit der Bestimmung der Nullstellen
Die Gleichung der Tangente an die gegebene Hyperbel lautet der Funktion y ¼ f ðxÞ:
9 xt 9 xt 9 x2t Zeichnet man den Graph der Funktion in einem
y¼ ðx  xt Þ þ yt ¼ x þ yt
4 yt 4 yt 4 yt
9 xt 9  y2t x2t  9 xt 9
kartesischen Koordinatensystem, dann sind die Null-
¼ xþ  ¼ xþ stellen der Funktion die Schnittpunkte der Kurve
4 yt yt 9 4 4 yt yt
mit dem noch unbekannten Berührungspunkt Pt ðxt j yt Þ. Der mit der x-Achse.
y2 x2 Man beachte, daß die in der Zeichnung abgelese-
letzte Schritt der Umformung folgt wegen t þ t ¼ 1, denn Pt ist
ein Punkt der Hyperbel.
9 4 nen Werte meist nur Näherungswerte für die Null-
Die gesuchte Tangente soll parallel zur gegebenen Geraden sein, stellen sind. Mit Hilfe von Näherungsverfahren wie
1 dem Newtonschen Verfahren oder Regula falsi
hat also die Steigung . Somit muß gelten:
2
9 xt 1 9 (vgl. Abschnitt VIII.4.12) lassen sich diese Werte
¼ ) yt ¼ xt
4 yt 2 2 verbessern.
Setzt man diese Bedingung in die Hyperbelgleichung ein, so er- Man erzielt oft genauere Ergebnisse, wenn man die
gibt sich
 9 2
gegebene Gleichung f ðxÞ ¼ 0 auf die Form
xt x2 9 2 1 2 1 fI ðxÞ ¼ fII ðxÞ bringt und dabei versucht, für
2  t2 ¼ 1 ) x  xt ¼ 1 ) x2t ¼
32 2 4 t 4 2 yI ¼ fI ðxÞ und yII ¼ fII ðxÞ Funktionen mit einfach
und daraus zu zeichnenden Graphen zu erhalten. Für jeden
1 pffiffiffi 1 pffiffiffi Schnittpunkt Sðxs j ys Þ der Kurven gilt fI ðxs Þ ¼ fII ðxs Þ
x t1 ¼ 2 und xt2 ¼  2:
2
9
2
9 pffiffiffi und deshalb f ðxs Þ ¼ fI ðxs Þ  fII ðxs Þ ¼ 0: Seine Ab-
Wegen yt ¼ xt sind die dazugehörigen Ordinaten yt1 ¼ 2
2 4 szisse xs ist also eine Lösung der Gleichung
9 pffiffiffi
und yt2 ¼  2. f ðxÞ ¼ 0:
4
Es gibt also zwei zu der gegebenen Geraden parallele Tangenten
mit den Berührungspunkten Spezielle Bestimmungsgleichungen:
  
1 pffiffiffi  9 pffiffiffi
Pt1
2
2
4
2 ¼ Pt1 ð0;7071 . . . j 3;1819 . . .Þ , 1. Die Lösung einer linearen Gleichung ax þ b ¼ 0,
   a 6¼ 0; erhält man als Nullstelle der linearen
1 pffiffiffi  9 pffiffiffi
Pt2  2 2 ¼ Pt2 ð0;7071 . . . j  3;1819 . . .Þ .
2 4 Funktion y ¼ ax þ b. Ihr Graph in einem kartesi-
Die zugehörigen Tangentengleichungen lauten schen Koordinatensystem ist eine Gerade mit der
1 pffiffiffi Steigung a und dem y-Achsenabschnitt b.
y1 ¼ x þ 2 2 ¼ 0;5x þ 2;8284 . . . ;
2
1 pffiffiffi
y2 ¼ x  2 2 ¼ 0;5x  2;8284 . . .
2
VII Analytische Geometrie 125

  
& Beispiel: 5x þ 7 ¼ 0 5  13
Der Scheitelpunkt der Parabel ist S   . Wegen
2 4
13
D¼ > 0 hat die Parabel zwei Schnittpunkte mit der x-
y 4
Achse und damit die Gleichung zwei reelle Lösungen.
y = 5x + 7
8 Aus dem Bild liest man die Lösungen x1 4;3 und x2 0;7
ab.
7
6 3. Reelle Lösungen einer quadratischen Gleichung
x2 þ px þ q ¼ 0 erhält man auch aus den
4 Schnittpunkten der Graphen der Funktionen
3 yI ¼ x2 (Normalparabel) und yII ¼ px  q
(Gerade).
2
1 1
& Beispiel: x2  2x þ ¼0
2
–3 –2 –1 0 1 2 3 x
–1
y yI
yII
Bild VII-35 Graphisches Lösen von 5x þ 7 ¼ 0
3
y1
Man setzt y ¼ 5x þ 7; zeichnet die dadurch gegebene Gerade
und liest am Schnittpunkt der Geraden mit der x-Achse das 2
Ergebnis ab: x 1;4:
1
2. Die Lösung oder die Lösungen einer quadrati-
schen Gleichung x2 þ px þ q ¼ 0 erhält man als y2
0 x2 x1 2 x
Nullstelle der quadratischen Funktion y ¼ x2 –1 1
þ px þ q. Ihr Graph ist in einem kartesischen
Koordinatensystem eine verschobene Normalpa- –1
rabel. Bild VII-37 Graphisches Lösen von
Durch quadratische 2Ergänzung
  ergibt sich 1
 p 2 p p 2 x2  2x þ ¼ 0
y¼ xþ  q ¼ xþ D 2
2 4 2
2
p Gleichung der Normalparabel: yI ¼ x2 ,
mit D ¼  q: Der Scheitelpunkt der Parabel 1
 4  Geradengleichung: yII ¼ 2x 
p
2
p2
ist S   q  . Die Anzahl der Schnitt- Für die Abszissen der Schnittpunkte liest man ab: x1 1;7;
2 4 x2 0;3: Dies sind Näherungslösungen der quadratischen
punkte der Parabel mit der x-Achse (also die An- Gleichung.
zahl der Nullstellen der Funktion) und damit die
Anzahl der Lösungen der quadratischen Glei- 4. Näherungen für die reellen Lösungen einer kubi-
chung ist abhängig vom Vorzeichen der Diskrimi- schen Gleichung in Normalform x3 þ ax2 þ bx
nante D : Für D > 0 gibt es zwei Schnittpunkte, þ c ¼ 0 erhält man aus den Schnittpunkten des
für D < 0 keinen Schnittpunkt und für D ¼ 0 Graphen der Funktion y ¼ x3 þ ax2 þ bx þ c mit
einen Berührpunkt (bedeutet eine doppelte re- der x-Achse.
elle Lösung der quadratischen Gleichung). Eine andere Möglichkeit ergibt sich mit Hilfe
einer Reduktion der kubischen Gleichung. Mit
& Beispiel: x2  5x þ 3 ¼ 0 a
der Substitution x ¼ z  wird das quadra-
3
y tische Glied beseitigt. Durch Einsetzen und Ord-
1 nen erhält man
   
a2 2 3 ab
z3 þ b  zþ a  þc
0 x2 1 2 3 4 x1 x 3 27 3
¼ z3 þ pz þ q ¼ 0
–1
Reelle Lösungen dieser kubischen Gleichung er-
–2 y = x 2 – 5x + 3 hält man dann aus den Schnittpunkten der Gra-
phen der Funktionen yI ¼ z3 (kubische Nor-
–3 malparabel) und yII ¼ pz  q (Gerade). Ist zs
(2,5 –3,25) die Abszisse eines solchen Schnittpunktes, dann
a
Bild VII-36 Graphisches Lösen von ist xs ¼ zs  eine Lösung der Ausgangsglei-
3
x2  5x þ 3 ¼ 0 chung.
126 Mathematik

& Beispiel: x3 þ 3x 2  2;11x þ 0;18 ¼ 0 y


8
y
yI
10
yII 6
z1 –1
–3 –2 0 z2 z3 z 4
1
–10
2

–20 y1 2 x
x 1 –2
–4 0
y = 3x + 8 y=– 2 x+ 3
5 10
Bild VII-38 Graphisches Lösen von
Bild VII-40 Graphisches Lösen von
x3 þ 3x2  2;11x þ 0;18 ¼ 0 y 8 4 3
x  ¼  ; x þ 2y ¼
3 3 5 5
Die Substitution x ¼ z  1 ergibt p ¼ 2;11  3 ¼ 5;11
und q ¼ 2 þ 2;11 þ 0;18 ¼ 4;29: Die reduzierte Gleichung Auflösen der beiden Gleichungen nach y: y ¼ 3x þ 8;
lautet also z3  5;11z þ 4;29 ¼ 0: 2 3
y¼ xþ
Gleichung der kubischen Normalparabel: yI ¼ z3 , 5 10
Geradengleichung: yII ¼ 5;11z  4;29 Im Bild sind die durch diese Gleichungen bestimmten Ge-
Für die Abszissen der Schnittpunkte liest man ab: raden gezeichnet, und man liest als Koordinaten des Schnitt-
z1 2;6; z2 1;1; z3 1;5: punkts Sðx j yÞ die Näherungslösung
Daraus ergeben sich x1 3;6; x2 0;1; x3 0;5 als Nähe- ðx; yÞ ¼ ð2;2; 1;2Þ des linearen Gleichungssystems ab.
rungslösungen der kubischen Gleichung x3 þ 3x2  2;11x
þ 0;18 ¼ 0:

5. Auch für transzendente Gleichungen lassen sich 7 Vektoren


mit der Zerlegungsmethode mitunter Näherungs-
lösungen angeben.
7.1 Definitionen
Eine gerichtete und orientierte Strecke bezeichnet
& Beispiel: ex  x ¼ 3 man als Vektor. Ein Vektor ist durch drei Größen
bestimmt: Richtung, Orientierung und Länge. Vek-
y toren, die in diesen drei Größen übereinstimmen,
5 sind gleich, unabhängig von ihrer Lage in der Ebene
4 oder im Raum (vgl. Bild VII-41).

3
yII = x + 3 2
1 yI = e x Bild VII-41
Gleiche Vektoren
–3 –2 –1 0 1 2 x
Eine Größe, die durch einen einzigen reellen Zah-
Bild VII-39 Graphisches Lösen von ex  x ¼ 3 lenwert charakterisiert wird, heißt Skalar. Beispiele
für Skalare sind Temperatur, Arbeit, Masse, Ener-
Zerlegt man die Funktion mit der Gleichung y ¼ f ðxÞ gie.
¼ ex  x  3 in die Funktionen yI ¼ fI ðxÞ ¼ ex und yII ¼ Vektoren dagegen sind Größen, zu deren vollständi-
fII ðxÞ ¼ x þ 3; dann gilt f ðxÞ ¼ fI ðxÞ  fII ðxÞ und somit ger Beschreibung neben einem Zahlenwert, ihrem
f ðxs Þ ¼ fI ðxs Þ  fII ðxs Þ ¼ 0 für die Abszisse xs eines Schnitt-
Betrag (Länge des Vektors), noch die Angabe ihrer
punkts S der Kurven der Funktionen yI ¼ fI ðxÞ ¼ ex und
yII ¼ fII ðxÞ ¼ x þ 3: Richtung und Orientierung erforderlich sind. Bei-
Für die Abszissen der Schnittpunkte liest man ab: spiele für Vektoren sind Kraft, Geschwindigkeit, Be-
x1 2;95; x2 1;51: schleunigung, magnetische Feldstärke.
Vektoren werden meist mit kleinen lateinischen
6. Für Gleichungssysteme lassen sich ebenfalls gra-
Buchstaben, die mit einem Pfeil versehen sind, be-
phisch Näherungslösungen finden. !
zeichnet: ~ a ¼ PQ (gesprochen: Vektor a, Vektor
Die Lösung eines Systems a1 x þ b1 y ¼ c1 ;
PQ). Der Punkt P ist der Anfangspunkt und der
a2 x þ b2 y ¼ c2 von zwei linearen Gleichungen
Punkt Q der Endpunkt des Vektors. Der Betrag
mit zwei Variablen ergibt sich aus den Koordi- !
naten des Schnittpunkts der zugehörigen Ge- j~
aj ¼ jPQj eines Vektors ist die Länge des Vektors,
raden. also die Länge der Verbindungsstrecke PQ. Der Be-
trag ist eine nichtnegative reelle Zahl.
Zwei Vektoren ~ a und b ~ sind gleich, in Zeichen
y 8 4 3
& Beispiel: x  ¼ ; x þ 2y ¼ ~
a¼b ~, wenn sie den gleichen Betrag und gleiche
3 3 5 5
VII Analytische Geometrie 127

Richtung und gleiche Orientierung haben. Vektoren Die Subtraktion zweier Vektoren ~ ~ ist defi-
a und b
dürfen daher parallel verschoben werden. Gleiche niert als Addition von ~ ~:
a und b
Vektoren gehen durch Parallelverschiebung ineinan-
der über. ~ ~¼ ~
ab ~Þ
a þ ðb
Im Unterschied zu diesen sogenannten freien Vek-
!
toren haben Ortsvektoren OP einen festen Anfangs- Legt man die Anfangspunkte von ~ ~ überein-
a und b
punkt O. Ortsvektoren können also nicht verscho- ander, dann ist der Vektor ~
ab~ der Vektor vom
ben werden. Endpunkt von b~ zum Endpunkt von ~
a.

Spezielle Vektoren
Der Nullvektor ~ 0 hat den Betrag 0 und unbe-
stimmte Richtung. a a
Ein Vektor ~
e mit dem Betrag j~
ej ¼ 1 heißt Einheits-
vektor. Man bezeichnet Einheitsvektoren auch als
normierte Vektoren.
a–b

7.2 Multiplikation eines Vektors b


mit einem Skalar b
Multipliziert man einen Vektor ~ a mit einem Skalar
(also einer reellen Zahl) l 2 R, dann erhält man Bild VII-44
einen Vektor l~ a mit dem Betrag jl~ aj ¼ jlj  j~
aj (jlj- Vektorsubtraktion
facher Betrag des Vektors ~ a). Für l > 0 haben l~ a
und ~a gleiche Richtung und Orientierung, für l < 0 Zeichnet man ein Parallelogramm mit den Seiten ~ a
haben l~ a und ~a gleiche Richtung und entgegenge- und b~, so kann man die Diagonale als ~ ~ oder als
aþb
setzte Orientierung. ~þ ~
b a auffassen. Die Addition von Vektoren ist also
kommutativ.
a
Kommutativgesetz ~ ~¼ b
aþb ~þ ~
a
2a
Auch das Assoziativgesetz und das Distributivgesetz
Bild VII-42
sind erfüllt.
Vektoren ~a und 2~
a
Assoziativgesetz
Multiplikation mit l ¼ 1 ergibt den Vektor ~ a.
Dieser Vektor hat den gleichen Betrag und die glei- ~ ~þ ~
a þ ðb cÞ ¼ ð~ ~Þ þ ~
aþb c¼~ ~þ ~
aþb c
che Richtung wie der Vektor ~
a, jedoch die entgegen-
gesetzte Orientierung.
Distributivgesetz

7.3 Addition und Subtraktion l  ð~ ~Þ ¼ l  ~


aþb a þ l  b~ ðl 2 RÞ
zweier Vektoren
Sollen zwei Vektoren ~ a und b~ addiert werden, so
bringt man durch Parallelverschiebung den Anfangs- 7.4 Komponentendarstellung von Vektoren
punkt des Vektors b ~ in den Endpunkt des Vektors ~a. in der Ebene
Die Summe ~ aþb ~ ist dann derjenige Vektor, der
~ Wählt man in einem kartesischen Koordinatensy-
vom Anfangspunkt von ~ a zum Endpunkt von b
stem der Ebene einen Einheitsvektor e~1 mit Rich-
führt (siehe Bild VII-43).
tung und Orientierung wie die positive x-Achse und
einen Einheitsvektor e~2 mit Richtung und Orientie-
rung wie die positive y-Achse, dann läßt sich jeder
a
Vektor ~ a in der Ebene in eindeutiger Weise als Li-
nearkombination der beiden sogenannten Basisvek-
b
toren e~1 und e~2 darstellen (siehe Bild VII-45).
a+b

a ¼ a1 e~1 þ a2 e~2 ;
~ a 1 ; a2 2 R
a
b Die beiden Vektoren a1 e~1 und a2 e~2 werden durch
Bild VII-43 Parallelen zu den Basisvektoren e~1 und e~2 konstru-
Vektoraddition iert.
128 Mathematik

y Basisvektoren e~1 ; e~2 und e~3 darstellen (siehe Bild


VII-46).
a2
a ¼ a1 e~1 þ a2 e~2 þ a3 e~3 ;
~ a1 ; a2 ; a3 2 R

a Die drei Vektoren a1 e~1 ; a2 e~2 und a3 e~3 werden durch


1 Parallelen zu den Basisvektoren e~1 ; e~2 und e~3 kon-
struiert.
e2
e1 1 a1 x z
a3

Bild VII-45 Komponentendarstellung eines Vektors


y
in der Ebene
1 a
e3 1 a2
Der Vektor ~a ¼ a1 e~1 þ a2 e~2 wird identifiziert mit e2
e1
dem sogenannten Spaltenvektor 1
a1
  x
a1
~

a2 Bild VII-46 Komponentendarstellung eines Vektors
im Raum
Dabei heißen a1 und a2 die beiden Komponenten
oder die kartesischen Koordinaten des Vektors ~ a. Der Vektor ~a ¼ a1 e~1 þ a2 e~2 þ a3 e~3 wird identifiziert
Mit Hilfe der Komponenten lassen sich Addition mit dem Spaltenvektor
und Subtraktion von Vektoren sowie die Multiplika- 01
tion eines Vektors mit einem Skalar folgendermaßen a1
darstellen: a ¼ a2 A
~ @
a3
     
~¼ a1 b1 a1 þ b1
~
aþb þ ¼ Dabei heißen a1 ; a2 ; a3 die Komponenten oder die
a2 b2 a2 þ b2
kartesischen Koordinaten des Vektors ~a.
Mit Hilfe der Komponenten lassen sich auch im
      Raum Addition und Subtraktion von Vektoren so-
~¼ a1 b1 a1  b1
~
ab  ¼ wie die Multiplikation eines Vektors mit einem Ska-
a2 b2 a2  b2
lar darstellen:
0 1 0 1 0 1
    a1 b1 a 1 þ b1
a1 la1 ~ ~
a þ b ¼ a 2 þ b2 ¼ a 2 þ b 2 A
@ A @ A @
l~
a¼l ¼
a2 la2 a3 b3 a3 þ b 3

!
Der Betrag j~ aj ¼ jPQj, also die Länge des Vektors 0
1 0 1 0 1
!
~
a ¼ PQ, ist die Entfernung zwischen den Punkten P a1 b1 a 1  b1
und Q. Nach dem Satz des Pythagoras gilt: ~ ~ ¼ @ a 2 A  @ b2 A ¼ @ a 2  b 2 A
ab
a3 b3 a3  b 3
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
j~
aj ¼ a21 þ a22
0
1 0 1
a1 la1
a ¼ l  @ a2 A ¼ @ la2 A
l~
a3 la3
7.5 Komponentendarstellung von Vektoren !
im Raum Der Betrag j~ aj ¼ jPQj, also die Länge des Vektors
!
~
a ¼ PQ, ist die Entfernung zwischen den Punkten P
Ganz analog wählt man in einem kartesischen Koor-
und Q. Durch zweimalige Anwendung des Satzes
dinatensystem des Raums drei Einheitsvektoren
von Pythagoras errechnet man:
e~1 ; e~2 ; e~3 mit Richtung und Orientierung wie die po-
sitive x-Achse, die positive y-Achse und die positive qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
z-Achse. Dann läßt sich jeder Vektor ~ a im Raum in j~
aj ¼ a21 þ a22 þ a23
eindeutiger Weise als Linearkombination der drei
VII Analytische Geometrie 129

& Beispiele:
7.6 Skalarprodukt 0 1 0 1
0 1 0 1 1. Das Skalarprodukt der Vektoren ~
2
a ¼ @ 3 A und b
4
~ ¼ @5 A
a1 b1
~ ¼ @ b2 A 1
a ¼ @ a2 A und b ist 2
Für die beiden Vektoren ~ 0 1 0 1
2 4
heißt a3 b3 ~
ab ~ ¼ @ 3 A  @ 5 A ¼ 2  4 þ 3  ð5Þ þ ð1Þ  2
1 2
0 1 0 1 ¼ 8  15  2 ¼ 9.
a1 b1
~ ~ ¼ @ a2 A  @ b2 A ¼ a1 b1 þ a2 b2 þ a3 b3
ab
2. Gesucht ist der Winkel j, den die beiden Vektoren
0 1 0 1
1 0
a3 b3 a ¼ @ 1 A und b
~ ~ ¼ @ 1 A miteinander einschließen.
0 1
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Es gilt ~ ~ ¼ 1  0 þ 1  1 þ 0  1 ¼ 1 und j~
ab ~j ¼ 1 þ 1
aj ¼ j b
Skalarprodukt oder inneres Produkt. Das Skalarpro- ~
pffiffiffi ~ab 1 1
dukt zweier Vektoren ist kein Vektor, sondern eine ¼ 2: Somit folgt cos j ¼ ¼ pffiffiffi pffiffiffi ¼ ) j ¼ 60 .
j~ ~j
aj  jb 2 2 2
reelle Zahl, also ein Skalar. Geometrisch ist das
3. Für welchen Wert von c sind die beiden Vektoren
Skalarprodukt das Produkt der Länge des Vektors ~ a 0 1 0 1
2 1
und der Länge der senkrechten Projektion des Vek- a ¼ @ 3 A und b~ ¼ @ 2 A orthogonal?
~
~ auf ~
tors b a, also, falls j ¼ |ð~ ~Þ den Winkel zwi-
a; b 4 c
schen ~ ~ bezeichnet,
a und b Für das Skalarprodukt gilt
0 1 0 1
2 1
~
ab~ ¼ @ 3 A  @ 2 A ¼ 2 þ 6  4c ¼ 8  4c ¼ 0 ) c ¼ 2.
~ ~ ¼ j~
ab ~j  cos j
aj  jb 4 c
Für c ¼ 2 stehen die Vektoren ~ ~ also senkrecht aufein-
a und b
ander.

b
7.7 Vektorprodukt
0 1 0 1
a1 b1
a ~ @
Sind a ¼ a2 A ~
und b ¼ @ b2 A zwei Vektoren im
|b| cos¢(a,b) a3 b3
|a| Raum, so heißt der Vektor
Bild VII-47 Skalarprodukt: ~ ~ ¼ j~
ab ~j  cos j
aj  jb
0 1 0 1 0 1
a1 b1 a2 b3  a3 b2
Für den Winkel j ¼ |ð~ ~Þ gilt somit:
a; b ~ ~
a  b ¼ a2  b2 ¼ a3 b1  a1 b3 A
@ A @ A @
a3 b3 a1 b2  a2 b1

~ab ~ a1 b1 þ a2 b2 þ a3 b3
cos j ¼ ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Vektorprodukt oder Kreuzprodukt oder äußeres
j~ ~
aj  jbj a1 þ a22 þ a23  b21 þ b22 þ b23
2
Produkt der Vektoren ~a und b ~. Das Vektorprodukt
ist im Unterschied zum Skalarprodukt nur im Raum
definiert.
Die folgenden Rechenregeln lassen sich aus der De-
Das Vektorprodukt besitzt folgende Eigenschaften:
finition ableiten:
~ ~
1. b a ¼ ~ ab ~
1. ~
ab ~¼ b ~ ~a
~¼ ~ ~Þ ¼ l  ð~ ~Þ 2. ~ ~ ~
a  b ¼ 0, falls ~ a ¼~ 0 oder b ~¼ ~ 0 oder ~ a parallel
2. ðl  ~
aÞ  b a  ðl  b ab
~Þ  ~ ~ ~ ~
zu b
3. ð~
aþb c¼~ a ~cþb c
~¼ 0 , ~ ~ (~ ~ stehen senkrecht auf- 3. ðl~
aÞ  b~¼ ~a  ðlb ~Þ ¼ lð~ab ~Þ
4. ~
ab a?b a und b
einander) 4. ð~ ~
a þ bÞ  ~c¼~ a ~ ~
c þ b ~c
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
aj ¼ ~
5. j~ a~ a 5. ~
ab ~ steht senkrecht auf den Vektoren ~ ~
a und b
~¼ 0 6. j~
ab ~j ¼ j~ ~j  sin j ¼ j~
aj  jb ~j  sin |ð~
aj  jb ~Þ
a; b
So folgt zum Beispiel aus 4., nämlich daß ~
ab
7. ~
a, b~, ~ab ~ bilden in dieser Reihenfolge ein
genau für zwei senkrecht aufeinanderstehende (man
sagt auch orthogonale) Vektoren ~ a und b~ gilt, daß Rechtssystem
genau dann der Winkel j gleich 90 ist Der Vektor ~ab ~ steht also senkrecht auf ~a und auf
() cos j ¼ 0). ~. Sein Betrag (seine Länge) ist gleich dem Flächen-
b
Das Skalarprodukt läßt sich entsprechend auch in inhalt des von den beiden Vektoren ~ ~ aufge-
a und b
der Ebene, also für Vektoren mit zwei Komponen- spannten Parallelogramms. Falls ~ a auf dem kürze-
ten, definieren. sten Weg nach b ~ gedreht wird, zeigt ~ ab ~ in
Richtung der Bewegung einer Schraube mit Rechts-
gewinde.
130 Mathematik

a×b a×b

c
b

f b
a

a Bild VII-49 Geometrische Veranschaulichung


des Spatprodukts
Bild VII-48 Vektorprodukt ~ ~ der Vektoren ~
ab a
~
und b
Mit der abkürzenden Schreibweise

& Beispiel: 0 1 0 1 ½~ ~; ~
a; b c ¼ ð~ ~Þ  ~
ab c
1 2
a ¼ @ 2 A und b
Für die Vektoren ~ ~ ¼ @ 1 A ergibt sich für
3 2 für das Spatprodukt können einige Eigenschaften
0 1
1 des Spatprodukts formuliert 0 werden: 1 0 1
a  b~ ¼ @ 8 A.
das Vektorprodukt ~ a2 b3  a3 b2 c1
5
1. ½~ ~;~
a; b c ¼ ð~ ab ~Þ  ~
c ¼ @ a3 b1  a1 b3 A  @ c2 A
Zur Probe kann man etwa Eigenschaft 5. benutzen: Es muß
~Þ  ~ ~Þ  b
~ ¼ 0) gelten:
a1 b2  b1 a2 c3
ð~
ab a ¼ 0 (und auch ð~
ab
0 1 0 1 ¼ c1 ða2 b3  a3 b2 Þ  c2 ða3 b1  a1 b3 Þ
1 1
ð~
ab~Þ  ~
a ¼ @ 8 A  @ 2 A ¼ 1  16 þ 15 ¼ 0.
þ c3 ða1 b2  b1 a2 Þ
5 3 2. Eine zyklische (kreisförmige) Vertauschung der
Vektoren ändert das Spatprodukt nicht:
½~ ~;~
a; b c  ¼ ½b~;~c; ~
a  ¼ ½~c; ~ ~
a; b
7.8 Spatprodukt
3. Das Spatprodukt ändert das Vorzeichen (bei glei-
Sind ~ ~ und ~
a, b c drei Vektoren im Raum, so heißt chem Betrag), falls zwei Vektoren miteinander
der Skalar vertauscht werden:
~; ~
½b a; ~
c  ¼ ½~ ~; ~
c; b a  ¼ ½~a;~ ~ ¼ ½~
c; b ~; ~
a; b c
4. ½~ ~; ~
a; b c ¼ 0 , ~ a; b~; ~
c liegen in einer Ebene
ð~ ~Þ  ~
ab c
(man sagt dann: : ~ ~; ~
a; b c sind linear abhängig)
5. ½~ ~; ~
a; b c > 0 , ~ a; b~; ~
c bilden ein Rechtssystem
Spatprodukt. Aus der geometrischen Interpretation 6. Das Volumen V des von den Vektoren ~ ~; ~
a; b c
des Skalarprodukts folgt, daß ð~ a  b~Þ  ~
c gleich dem gebildeten Tetraeders ist
Produkt aus der Länge von ~ ab ~ und der Länge 1
V ¼ ½~ ~; ~
a; b c
der Projektion von ~ c auf ~
ab ~ ist. Da j~ ab ~j gleich 6
dem Flächeninhalt des von ~ a und b ~ aufgespannten
& 0 1 0 1
Parallelogramms ist, stellt ð~ab ~Þ  ~
c das Volumen
Beispiel:
1 2
~ Das Volumen V des von den Vektoren ~ a ¼ @ 0 A; b ~ ¼ @ 1 A;
~ ~
des von denVektoren a; b; c aufgespannten Spates 0 1
1 1
1
dar, falls die Vektoren eine Lage wie in Bild VII-49 c ¼ @ 1 A aufgespannten Tetraeders beträgt
~
haben. Spat ist ein anderer Name für Parallelepiped 2 0 1 0 1
 1 1 
oder Parallelflach. Zeigt ~c nach unten, so ist das 1 1 1
V ¼ j½~ a; b~;~ a  b~Þ  ~
c j ¼ jð~ c j ¼ @ 3 A  @ 1 A
6 6 6
Spatprodukt negativ, und es ist dem Betrage nach 1 2 
1 1
¼ j 6j ¼ 6 ¼ 1:
das Volumen des Spates. 6 6
VIII Differential- und Integralrechnung 131

VIII Differential- und Integralrechnung

1 Folgen
monoton fallend, wenn
1.1 Grundbegriffe a1  a2  a3  . . .  an  . . . gilt,
Eine Folge besteht aus Zahlen einer Menge, die in streng monoton fallend, wenn
einer bestimmten Reihenfolge angeordnet sind: a1 > a2 > a3 > . . . > an > . . . gilt.
Die Folgen der Beispiele 1 bis 4 und 7 sind streng
a1 ; a2 ; a3 ; . . . ; an ; . . . monoton wachsend, die Folge aus Beispiel 6 ist
streng monoton fallend.
Sind alle diese Zahlen reelle Zahlen, dann nennt
Alternierende Folgen
man die Folge auch reelle Zahlenfolge. Die Zahlen
Eine alternierende Folge ist eine Folge, deren Glie-
der Folge heißen Glieder der Folge.
der abwechselnd unterschiedliche Vorzeichen haben.
Handelt es sich um endlich viele Zahlen, so heißt
Von zwei aufeinander folgenden Gliedern ak und
die Folge endlich, andernfalls unendliche Folge.
ak þ 1 einer solchen Folge ðan Þ ist also genau ein
Eine unendliche Folge läßt sich auch als Funktion
Glied positiv und eins negativ.
(Abbildung) definieren:
Die Folge aus Beispiel 5 ist alternierend.

f : N* ! R ; n 7! f ðnÞ ¼ an Beschränkte Folgen


Eine Folge ðan Þ heißt
Unter den Gliedern einer Folge können auch glei- nach oben beschränkt, wenn es eine konstante
che Zahlen auftreten. Zahl Ko gibt, so daß für alle Glieder an  Ko gilt,
Eine Folge kann durch direkte Angabe ihrer Glie- nach unten beschränkt, wenn es eine konstante
der oder auch durch einen arithmetischen Ausdruck Zahl Ku gibt, so daß für alle Glieder an  Ku gilt,
gegeben sein. Ein solcher arithmetischer Ausdruck beschränkt, wenn die Folge sowohl nach oben als
kann entweder eine explizite Formel für das Folgen- auch nach unten beschränkt ist, wenn es also zwei
glied an oder eine rekursive Definition sein. Bei Zahlen Ku ; Ko gibt mit Ku  an  Ko für alle
einer Rekursion wird an durch Folgenglieder mit n 2 N*.
kleineren Indizes definiert. Gleichwertig damit ist, daß es eine Konstante
Schreibweise von Folgen: K > 0 mit jan j  K für alle n gibt.
Monoton wachsende und streng monoton wachsen-
ðan Þ ¼ ða1 ; a2 ; a3 ; . . .Þ de Folgen sind nach unten beschränkt, monoton fal-
lende und streng monoton fallende Folgen sind nach
Eine konstante Folge ðan Þ ist eine Folge mit oben beschränkt.
ðan Þ ¼ ða; a; a; . . .Þ: Die Folgen der Beispiele 1, 3, 5, 6 und 7 sind be-
schränkt, die Folgen der Beispiele 2 und 4 sind nach
& Beispiele: unten beschränkt.
1. ðan Þ ¼ ð1; 2; 3; 4; 5; 6; 7; 8; 9; 10Þ
2. ðan Þ ¼ ðnÞ ¼ ð1; 2; 3; 4; . . .Þ
   
1
3. ðan Þ ¼ 3  n  2 ¼ 1; 2; ;
5 11 23
; ; ... 1.2 Arithmetische Folgen
2 2 4 8
4. ðan Þ ¼ ð4 þ 3ðn  1ÞÞ ¼ ð4; 7; 10; 13; . . .Þ Bei einer arithmetischen Folge ist die Differenz
5. ðan Þ ¼ ðð1Þn þ 1 Þ ¼ ð1; 1; 1; 1; 1; . . .Þ je zweier aufeinanderfolgender Glieder konstant.
   
6. ðan Þ ¼
1 1 1 1
¼ 1; ; ; ;    Durch das Anfangsglied a1 ¼ a und diese Differenz
n 2 3 4
1 d ist die Folge dann eindeutig bestimmt.
7. ðan Þ mit a1 ¼ 0; an þ 1 ¼ ð1 þ an Þ für n 2 N*, also
 2 
1 3 7 15
ðan Þ ¼ 0; ; ; ;
2 4 8 16
; ... ðan Þ ¼
ða; a þ d; a þ 2d; a þ 3d; . . . ; a þ ðn  1Þ d; . . .Þ
Die erste Folge ist endlich, alle anderen sind unend-
lich. Die erste Folge ist durch Angabe ihrer Glieder Das n-te Glied einer arithmetischen Folge lautet
definiert, die letzte Folge ist rekursiv definiert und an ¼ a þ ðn  1Þ d; n 2 N*. Das Glied a1 ¼ a nennt
alle anderen durch eine explizite Formel. man Anfangsglied der Folge und d ¼ an þ 1  an (für
Monotone Folgen n ¼ 1; 2; 3; . . .Þ die (konstante) Differenz der Folge.
Eine Folge ðan Þ heißt
monoton wachsend, wenn & Beispiele:
1. ðan Þ ¼ ðnÞ ¼ ð1; 2; 3; 4; . . .Þ (arithmetische Folge mit a ¼ 1
a1  a2  a3  . . .  an  . . . gilt,
und d ¼ 1)
streng monoton wachsend, wenn 2. ðan Þ ¼ ð4 þ 3ðn  1ÞÞ ¼ ð4; 7; 10; 13; . . .Þ (arithmetische Folge
a1 < a2 < a3 < . . . < an < . . . gilt, mit a ¼ 4 und d ¼ 3)
132 Mathematik

1.3 Geometrische Folgen Konvergente Folgen sind beschränkt. Eine beliebige


Folge kann also nur konvergent sein, wenn sie be-
Bei einer geometrischen Folge ist der Quotient
schränkt ist.
je zweier aufeinanderfolgender Glieder konstant.
Es gilt folgendes Konvergenzkriterium:
Durch das Anfangsglied a1 ¼ a und diesen Quotien-
Eine monotone und beschränkte Folge ist stets kon-
ten q ist die Folge dann eindeutig bestimmt.
vergent.

ðan Þ ¼ ða; aq; aq2 ; aq3 ; . . . ; aqn  1 ; . . .Þ Für konvergente Folgen gelten verschiedene Re-
chenregeln:
Das n-te Glied einer geometrischen Folge lautet
lim ðan þ bn Þ ¼ lim an þ lim bn
an ¼ aqn  1 ; n 2 N*: Das Glied a1 ¼ a nennt n!1 n!1 n!1
an þ 1 lim ðan  bn Þ ¼ lim an  lim bn
man Anfangsglied der Folge und q ¼ (für n!1 n!1 n!1
an
n ¼ 1; 2; 3; . . .Þ den (konstanten) Quotienten der lim ðan  bn Þ ¼ lim an  lim bn
n!1 n!1 n!1
Folge.
an nlim
!1
an
lim ¼ ;
n ! 1 bn lim bn
& Beispiele: n!1
1. ðan Þ ¼ ð3  2n  1 Þ ¼ ð3; 6; 12; 24; . . .Þ (geometrische Folge mit falls bn 6¼ 0 und lim bn 6¼ 0
a ¼ 3 und q ¼ 2) n!1
 
1 1 1 1
2. ðan Þ ¼ ð2n Þ ¼ ; ; ; ; ...
 2 4 8 16 
1 1 & Beispiele:
geometrische Folge mit a ¼ und q ¼
2 2 1
2. lim an ¼ lim ¼0
n!1 n!1 n
n
1.4 Grenzwert einer Folge 3. lim an ¼ lim ¼1
n!1 n!1 n þ 1
 
Man sagt, die Folge ðan Þ besitzt den Grenzwert 4.
1
lim an ¼ lim 3  n  2 ¼ 3
n!1 n!1 2
(oder auch Limes genannt) lim an ¼ a oder  n
n!1 1
5. lim an ¼ lim ¼0
ðan Þ ! a (gesprochen: Limes an gleich a), wenn die n!1 n!1 2
Abweichung ja  an j der Folgenglieder an von die-
sem Wert a für genügend große n beliebig klein Die Folge aus Beispiel 5 ist eine geometrische Folge.
wird. Es gilt:
Jede geometrische Folge mit an ¼ aqn  1 konvergiert
Grenzwert (Limes) lim an ¼ a oder ðan Þ ! a gegen Null, wenn jqj, der Betrag von q, kleiner als 1
n!1
ist.
Exakte Definition:
Die Folge ðan Þ besitzt den Grenzwert lim an ¼ a, 1.5 Tabelle einiger Grenzwerte
n!1
wenn sich nach Vorgabe einer beliebig kleinen posi- Für einige wichtige konvergente Zahlenfolgen sind in
tiven Zahl e ein n0 2 N so finden läßt, daß für alle der folgenden Tabelle ihre Grenzwerte angegeben.
n  n0 gilt pffiffiffi
lim n q ¼ 1 ðq > 0Þ
n!1
ja  an j < e p ffiffiffi
lim n
n¼1
n!1

Das n0 hängt offensichtlich von der Wahl von e ab, cr nr þ cr  1 nr  1 þ . . . þ c1 n þ c0


also n0 ¼ n0 ðeÞ. lim
n!1 ds ns þ ds  1 ns  1 þ . . . þ d1 n þ d0
Besitzt ðan Þ den Grenzwert a, so sagt man, daß ðan Þ 8c
< r fu ..
gegen a konvergiert. Eine Folge, die einen Grenz- rr¼s
¼ dr
wert besitzt, heißt konvergent. Eine Folge, die kei- : ..
0 fur r < s
nen Grenzwert besitzt, heißt dagegen divergent.
Eine Folge besitzt höchstens einen Grenzwert. ðc0 ; c1 ; . . . ; cr ; d0 ; d1 ; . . . ; ds 2 R; cr 6¼ 0; ds 6¼ 0Þ
Eine Nullfolge ist eine Folge, die den Grenzwert 0 loga n
besitzt. lim ¼0 ða > 0; a 6¼ 1Þ
n!1 n
lim qn ¼ 0 ðjqj < 1Þ
& Beispiel: n!1
1
1. Die Folge ðan Þ mit an ¼ n hat den Grenzwert a ¼ 0, denn lim nq ¼ 0 ðjqj < 1Þ
n
10  n!1
 1  1
die Differenz ja  an j ¼ 0  n  ¼ n wird für große n be-
10 10 an
1
liebig klein. Wählt man etwa e ¼ 10 , so gilt ja  an j < e für
lim ¼ 0 ða 2 RÞ
n!1 n!
10
1  
n  11. Es gilt also lim an ¼ lim ¼ 0. 1 n
n!1 n ! 1 10n
lim 1 þ ¼ e ¼ 2;718 281 828 4 . . .
Die Folge ðan Þ ist somit eine Nullfolge. n!1 n
VIII Differential- und Integralrechnung 133

1.6 Divergente Folgen 2 Reihen


Eine Folge, die keinen Grenzwert besitzt, heißt di-
vergent. Bei divergenten Folgen unterscheidet man
2.1 Definitionen
zwischen bestimmter und unbestimmter Divergenz. Eine Reihe ist die Summe der Glieder einer Folge
Eine Folge ðan Þ heißt bestimmt divergent gegen (Zahlenfolge) ðan Þ.
þ1, wenn zu jeder beliebig großen vorgegebenen
Zahl K ein Index n0 existiert, so daß an > K für alle a1 þ a2 þ . . . þ an þ . . .
Indizes n  n0 gilt. Eine solche bestimmt divergente
Folge wächst für n ! 1 über alle Grenzen. Man Ist die Folge endlich, so nennt man auch die Reihe
schreibt dann endlich. Für unendliche Folgen ergeben sich unend-
liche Reihen.
lim an ¼ 1
n!1
P
1
a1 þ a2 þ . . . þ an þ . . . ¼ ak
Eine Folge ðan Þ heißt dagegen bestimmt divergent k¼1
gegen 1, wenn zu jeder noch so kleinen vorgege-
benen Zahl K ðK > 0Þ ein Index n0 existiert, so Das Zeichen 1 bedeutet dabei, daß die Reihe nicht
daß an < K für alle Indizes n  n0 gilt. Eine sol- abbricht. Sie besteht aus unendlich vielen Summan-
che bestimmt divergente Folge fällt für n ! 1 unter den. Die Zahlen an , also die Summanden, heißen
alle Grenzen. Man schreibt dann auch Glieder der Reihe.

lim an ¼ 1 & Beispiele:


n!1 P10
1. 2k ¼ 21 þ 22 þ 23 þ . . . þ 210 ¼ 2 þ 4 þ 8 þ . . . þ 1024
k¼1
(endliche Reihe)
Eine Folge, die nicht konvergent und nicht bestimmt
P
1 3k 32 33 3n
divergent ist, heißt unbestimmt divergent. 2. ¼ 3 þ þ þ . . . þ þ . . . (unendliche Reihe)
k
k¼1 2 3 n
Monoton (streng monoton) wachsende und nicht be-
schränkte Folgen ðan Þ sind bestimmt divergent mit Folgende Summen heißen Teilsummen oder Partial-
lim an ¼ 1. summen der Reihe:
n!1
Monoton (streng monoton) fallende und nicht be-
schränkte Folgen ðan Þ sind bestimmt divergent mit s1 ¼ a1 ; s2 ¼ a1 þ a2 ; . . . ;
lim an ¼ 1. P
n
n!1 sn ¼ a1 þ a2 þ a3 þ . . . þ an ¼ ak
k¼1
& Beispiele:
1. lim n ¼ 1
n!1
(denn ðan Þ ¼ ðnÞ ist streng monoton wachsend und nicht be-
Man spricht von einer konvergenten unendlichen
schränkt) Reihe, wenn die Folge ðsn Þ der Partialsummen kon-
2. lim ðn3 Þ ¼ 1 vergiert, also einen Grenzwert s besitzt.
n!1
(denn ðan Þ ¼ ðn3 Þ ist streng monoton fallend und nicht be-
schränkt) P
1
3. lim 2n þ 2 ¼ 1 s ¼ lim sn ¼ ak
n!1 n!1 k¼1
(denn ðan Þ ¼ ð2n þ 2 Þ ist streng monoton wachsend und nicht
beschränkt)
4. ðan Þ ¼ ðð3Þn Þ ¼ ðð1Þn  3n Þ ist unbestimmt divergent Dieser Grenzwert s heißt die Summe der Reihe.
Eine unendliche Reihe ist also genau dann konver-
Die Folge aus Beispiel 1 ist eine arithmetische Fol- gent, wenn die Folge der Partialsummen konver-
ge. Es gilt: giert.
Jede arithmetische Folge ist divergent, denn die Diffe- Besitzt die Folge der Partialsummen keinen Grenz-
renz zweier aufeinanderfolgender Glieder ist stets d. wert, dann heißt die unendliche Reihe divergent. In
Für positive Werte von d werden die Glieder an der diesem Fall können die Partialsummen unbegrenzt
Folge ab einer Stelle größer als jede beliebig große wachsen oder oszillieren (die Folge der Partialsum-
Zahl. Für negative Werte von d werden die Glieder men ist alternierend).
an dagegen ab einer Stelle kleiner als jede vorgege- Die unendliche Reihe heißt bestimmt divergent,
bene beliebig kleine Zahl. Jede arithmetische Folge wenn die Folge ðsn Þ der Partialsummen bestimmt di-
ist also bestimmt divergent. vergent ist. Ist die Folge der Partialsummen unbe-
Die Folgen aus den Beispielen 3 und 4 sind geome- stimmt divergent, so heißt auch die unendliche Rei-
trische Folgen. Es gilt: he unbestimmt divergent.
Jede geometrische Folge mit an ¼ aqn  1 ist diver- Die Frage nach der Konvergenz einer unendlichen
gent, wenn der Betrag jqj größer als 1 ist, und zwar Reihe wird somit auf die Frage nach der Existenz
für q > 1 bestimmt divergent und für q < 1 unbe- eines Grenzwertes der Folge ðsn Þ der Partialsummen
stimmt divergent. zurückgeführt.
134 Mathematik

 
Die Folge der Glieder ðan Þ einer konvergenten Rei- Wegen lim sn ¼ lim
1
1 ¼ 1  lim
1
¼ 1 ist
n!1 n!1 nþ1 n!1 n þ 1
he muß gegen Null konvergieren, also eine Nullfol- die gegebene Reihe konvergent mit dem Grenzwert 1:
ge sein. Diese Bedingung ist notwendig, sie reicht P
1 1
¼1
jedoch für die Konvergenz einer unendlichen Reihe k ¼ 1 kðk þ 1Þ

nicht aus (vgl. Abschnitt VIII.2.4). P1 kþ1


8. ist nicht konvergent, denn die Glieder
k¼1 3k þ 2
Für konvergente Reihen gelten verschiedene Re- kþ1 nþ1 1
ak ¼ bilden wegen lim an ¼ lim ¼ keine
chenregeln: 3k þ 2 n!1 n ! 1 3n þ 2 3
P1 P1
Nullfolge.
Konvergieren die Reihen ak und bk ; so
k¼1 P1 k ¼1
konvergieren auch die Reihen ðak þ bk Þ und 2.2 Arithmetische Reihen
P
1 k¼1
c  ak ; c 2 R; und es gilt Eine arithmetische Reihe entsteht aus den Gliedern
k¼1
einer arithmetischen Folge. Da schon jede unend-
P
1 P
1 P
1 liche arithmetische Folge divergiert, ist auch jede un-
ðak þ bk Þ ¼ ak þ bk endliche arithmetische Reihe divergent. Da unend-
k¼1 k¼1 k¼1
P1 P
1 liche arithmetische Folgen bestimmt divergent sind
c  ak ¼ c ak (vgl. Abschnitt VIII.1.6), sind auch unendliche arith-
k¼1 k¼1
metische Reihen bestimmt divergent.
Die Summe sn einer endlichen arithmetischen Reihe
& Beispiele:
P
Pn
3.
6
k  2k ¼ 2 þ 2  22 þ 3  23 þ 4  24 þ 5  25 þ 6  26 ða þ ðk  1Þ dÞ läßt sich jedoch allgemein be-
k¼1 k¼1
¼ 2 þ 8 þ 24 þ 64 þ 160 þ 384 ¼ 642 rechnen. Wegen a1 ¼ a folgt sn ¼ a1 þ ða1 þ dÞ
 k
4.
P1 1 1 1 1 1
¼ þ þ þ þ ... ¼ 1
þ ða1 þ 2dÞ þ . . . þ ða1 þ ðn  1Þ dÞ. Dreht man die
k¼1 2 2 4 8 16 Reihenfolge der Summanden um und beachtet, daß
Daß diese unendliche Reihe die Summe 1 hat, kann man die Differenz zweier aufeinanderfolgender Glieder
sich dadurch klarmachen, daß man ein Quadrat mit der Flä-
che 1 fortgesetzt halbiert (s. Bild VIII-1). Die entstehenden
gleich d ist, so folgt andererseits sn ¼ an þ ðan  dÞ
1 1 1 1 þ ðan  2dÞ þ . . . þ ðan  ðn  1Þ dÞ. Schreibt man
Rechtecke haben die Flächeninhalte ; ; ; . . . ; n ; . . .,
2 4 8 2 diese beiden Ausdrücke für sn untereinander und
und ihre Summe ist offensichtlich 1, der Flächeninhalt des
Quadrats (vgl. auch Abschnitt VIII.2.3).
addiert jeweils die beiden übereinanderstehenden
Terme, so folgt
sn ¼ a1 þ ða1 þ dÞ þ ða1 þ 2dÞ þ . . . þ ða1 þ ðn  1Þ dÞ
sn ¼ an þ ðan  dÞ þ ðan  2dÞ þ . . . þ ðan  ðn  1Þ dÞ
und daraus 2sn ¼ nða1 þ an Þ, denn jede dieser Sum-
men ist a1 þ an , und es gibt insgesamt n solcher
1 1 1 Summen. Es folgt:
2 4 8
P
n n
sn ¼ ða þ ðk  1Þ dÞ ¼ ða1 þ an Þ
k¼1 2

Die Summe einer endlichen arithmetischen Reihe


mit n Summanden ist also die Summe des ersten
Bild VIII-1 Zur Konvergenz der Reihe und des letzten Glieds multipliziert mit der halben
Anzahl der Summanden.
2 þ 4 þ 8 þ ...
1 1 1

P
1 & Beispiele:
5. k ¼ 1 þ 2 þ 3 þ ... þ n þ ... P
10 10
k¼1 1. ð3 þ ðk  1Þ 5Þ ¼ ð3 þ 48Þ ¼ 255
Diese unendliche Reihe ist bestimmt divergent, denn die Folge k¼1 2
ðan Þ ¼ ðnÞ ist bestimmt divergent (vgl. Abschnitt VIII.1.6). 1P
00
2. k ¼ 50ð1 þ 100Þ ¼ 5050
P
1
k¼1
6. ð1Þk ¼ 1 þ 1  1 þ 1  1 þ 1  . . .
k¼1 P
100 100
3. ð3 þ 4kÞ ¼ ð7 þ 403Þ ¼ 50  410 ¼ 20 500
Für die Partialsummen gilt k¼1 2

0 falls n gerade ist
sn ¼
1 falls n ungerade ist Die Summe der ersten n natürlichen Zahlen zum
Die unendliche Reihe ist unbestimmt divergent. Beispiel läßt sich hiermit für beliebiges (beliebig
P
1 1 1 1 1 1
7. ¼ þ þ þ þ ... großes) n sehr einfach ausrechnen (vgl. Beispiel 2).
k ¼ 1 kðk þ 1Þ 12 23 34 45
1 1 1
Aus ak ¼ ¼  folgt
kðk þ 1Þ k k þ 1
   
P
n 1 1 1 2.3 Geometrische Reihen
sn ¼ ak ¼ 1  þ 
k¼1 2 2 3
    Eine geometrische Reihe entsteht aus den Gliedern
1 1 1 1 1
þ  þ ... þ  ¼1
3 4 n nþ1 nþ1 einer geometrischen Folge. Die Summe sn einer end-
VIII Differential- und Integralrechnung 135

 
P
n 1
lichen geometrischen Reihe aqk  1 ergibt sich Ist ðan Þ ¼ ð1Þn þ 1 , dann heißt die Reihe alter-
k¼1 n
für q 6¼ 1 aus folgender Rechnung: nierende harmonische Reihe.
sn ¼ a þ aq þ aq2 þ . . . þ aqn  1 Die unendliche harmonische Reihe ist bestimmt di-
qsn ¼ aq þ aq2 þ . . . þ aqn  1 þ aqn vergent, wie folgende Rechnung zeigt:
P1 1
Zieht man die zweite Gleichung von der ersten ab,
k¼1 k
so folgt sn  qsn ¼ a  aqn und somit für die Summe
sn einer endlichen geometrischen Reihe mit q 6¼ 1: 1 1 1 1 1 1 1
¼1þ þ þ þ þ þ þ
2 3 4 5 6 7 8
P
n 1  qn 1 1 1 1 1 1 1 1 1
sn ¼ aqk  1 ¼ a ðq 6¼ 1Þ þ þ þ þ þ þ þ þ þ þ ...
1q  9 10
  11 12  13 14 15 16 17

k¼1
1 1 1 1 1 1 1
¼ 1þ þ þ þ þ þ þ
2 3 4 5 6 7 8
Für q ¼ 1 gilt sn ¼ n  a.  
1 1 1 1 1 1 1 1
& Beispiele: þ þ þ þ þ þ þ þ
P
9 10 11 12 13 14 15 16
5 1  25
1. 2k  1 ¼ ¼ 31 1
12
k¼1
þ þ ...
P
10 1  510 9 765 624 17  
2. 3  5k  1 ¼ 3 ¼3 ¼ 7 324 218    
k¼1 15 4 1 1 1 1 1 1 1
1P
00 13 100
3 100  > þ þ þ þ þ þ
3. 3k ¼ 3 ¼ 3 1 2 4 4 8 8 8 8
k¼1 13 2  
1 1 1 1 1 1 1 1 1
þ þ þ þ þ þ þ þ þ þ...
1  qn 16 16 16 16 16 16 16 16 32
Die Summe sn ¼ a ist für q 6¼ 1 das n-te
1q 1 1 1 1 1
Glied der Folge der Partialsummen. Die Größen a ¼ þ þ þ þ þ ...
2 2 2 2 2
und q sind Konstanten, die Konvergenz der Folge
P
1 1
hängt nur von der Größe 1  qn ab. Für q > 1 und Die unendliche Reihe ist eine arithmetische
2 k¼1
q  1 divergiert die Folge ðqn Þ, die geometrische
Reihe (mit d ¼ 0) und deshalb bestimmt divergent.
Reihe ist dann also ebenfalls divergent. Für q  1 ist
Somit folgt
die unendliche geometrische Reihe bestimmt diver-
gent, für q  1 ist sie unbestimmt divergent.
P1 1
Für jqj < 1 wird jqjn ¼ jqn j beliebig klein, wenn n ¼ þ1
nur groß genug gewählt wird, das heißt, es gilt k¼1 k

lim qn ¼ 0. Für jqj < 1 konvergiert deshalb die Fol-


n!1 Die harmonische Reihe ist bestimmt divergent, ob-
ge ðqn Þ, es gilt dann lim ð1  qn Þ ¼ 1  lim qn
n!1 n!1 wohl die Glieder der Reihe eine Nullfolge bilden.
¼ 1. In diesem Fall konvergiert die unendliche geo- Die unendliche alternierende harmonische Reihe ist
metrische Reihe und hat den Grenzwert dagegen konvergent.
&
P
1 Beispiele:
s ¼ lim sn ¼ aqk  1 P
6 1 1 1 1 1 1
n!1 k¼1 1. ¼1þ þ þ þ þ
k¼1 k 2 3 4 5 6
qn  1 a (endliche harmonische Reihe)
¼ lim a ¼ ðjqj < 1Þ
n!1 q1 1q P
1 1 1 1 1 1
2. ð1Þk þ 1 ¼ 1  þ  þ . . . þ ð1Þn þ 1 þ . . .
k¼1 k 2 3 4 n
¼ ln 2
& Beispiele:
(unendliche alternierende harmonische Reihe)
 k  1  
P
1 11 5 60 11
4. 5  ¼ ¼ a ¼ 5; q ¼ 
k¼1 12

11 23 12 2.5 Alternierende Reihen
12
P1
 k
1
1 
1
 Ist ðan Þ eine alternierende Folge, also eine Folge, de-
5. ¼ 2 ¼1 a¼q¼ ren Glieder abwechselnd unterschiedliches Vorzei-
2 1 2
k¼1
1 Pn
 k  1 2   chen haben, dann nennt man ak eine endliche
P1
6. 3
4
¼
3
¼ 15 a ¼ 3; q ¼
4
P1 k¼1
k¼1 5
1
4 5 alternierende Reihe und ak eine unendliche alter-
5
nierende Reihe. k¼1

2.4 Harmonische Reihen & Beispiele:


  P
10
1 Pn P
n 1 1. ð1Þk k ¼ 1 þ 2  3 þ 4  5 þ 6  7 þ 8  9 þ 10
Ist ðan Þ ¼ , so nennt man ak ¼ end- k¼1
n k¼1 k¼1 k P1 ð1Þk þ 1
P1 P 1
1 2.
k
liche harmonische Reihe und ak ¼ unend- k¼1
Pn
 ..
¼1 k
0 fur gerades n
liche harmonische Reihe. k ¼ 1 k 3. ð1Þk ¼ ..
k¼1 1 fur ungerades n
136 Mathematik

Für alternierende Reihen gibt es ein einfaches Krite- Besitzt die Funktion y ¼ f ðxÞ an der Stelle x ¼ a
rium, mit dem sich die Konvergenz der Reihe unter- den Grenzwert lim f ðxÞ ¼ A, so sagt man auch, der
x!a
suchen läßt: Grenzwert lim f ðxÞ existiert und ist gleich A.
P
1
x!a
Eine alternierende Reihe ak, bei der ðjan jÞ; also
k¼1 & Beispiele:
die Folge der Beträge der Glieder, eine monoton 1. Die Funktion y ¼ f ðxÞ ¼ x3 hat für x ! 0 den Grenzwert
fallende Nullfolge bildet, ist stets konvergent (Leib- A ¼ 0: lim x3 ¼ 0. Soll etwa jx3  0j, der Unterschied zwi-
x!0
nizsches Konvergenzkriterium). schen y ¼ x3 und A ¼ 0, kleiner als e ¼ 0; 000 001 sein, so ist
dies erfüllt, wenn man für d ¼ dðeÞ < 0; 01 wählt, denn
& Beispiel: ð102 Þ3 ¼ 106 .
pffiffiffi
P1 1 1 1 1 1 Für ein beliebiges positives e erfüllt dðeÞ < 3 e die geforderte
4. ð1Þk þ 1 ¼ 1  þ  þ . . . þ ð1Þn þ 1 þ . . .
k¼1 k 2 3 4 n Bedingung.
2x2 þ 5x
Die alternierende harmonische Reihe ist konvergent nach 2. Die Funktion y ¼ f ðxÞ ¼ ist an der Stelle x ¼ 0
3x
dem Leibnizschen Konvergenzkriterium, denn die Folge der nicht definiert, da für x ¼ 0 der Nenner Null ist. Es gilt
   
 1 1 2x2 þ 5x 2x þ 5
Beträge der Glieder, also ð1Þn þ 1  ¼ ; ist mono- lim f ðxÞ ¼ lim ¼ lim
n n x!0 x!0 3x x!0 3
ton fallend und eine Nullfolge. (Kürzen durch x 6¼ 0) und weiter wegen der Rechenregeln
für Grenzwerte (siehe Abschnitt VIII.3.4)
2 5 5
lim f ðxÞ ¼ lim x þ ¼ .
x!0 3 x!0 3 3
3 Grenzwerte von Funktionen
Die Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt an der Stelle x ¼ 0 den Grenz-
5
3.1 Grenzwert an einer endlichen Stelle wert .
3

Die Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt an der Stelle x ¼ a 3.2 Einseitige Grenzwerte


den Grenzwert lim f ðxÞ ¼ A oder f ðxÞ ! A für Die Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt an der Stelle x ¼ a
x!a
x ! a (gesprochen: Limes f ðxÞ gleich A für x gegen den linksseitigen Grenzwert A, wenn sich die Funk-
a), wenn sich die Funktion f ðxÞ bei unbegrenzter tion f ðxÞ bei unbegrenzter Annäherung von x von
Annäherung von x an a unbegrenzt an A nähert. links an a unbegrenzt an A nähert.
Die Variable x nähert sich a unbegrenzt an, es gilt Linksseitiger Grenzwert
jedoch stets x 6¼ a. Die Funktion f ðxÞ muß an der
Stelle x ¼ a den Wert A nicht annehmen und lim f ðxÞ ¼ lim f ðxÞ ¼ A
x!a x!a0
braucht an dieser Stelle auch nicht definiert zu x<a
sein.
Grenzwert Die Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt an der Stelle x ¼ a
den rechtsseitigen Grenzwert A, wenn sich die
:: Funktion f ðxÞ bei unbegrenzter Annäherung von x
lim f ðxÞ ¼ A oder f ðxÞ ! A fur x ! a
x!a von rechts an a unbegrenzt an A nähert.
Rechtsseitiger Grenzwert
Exakte Definition: Die Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt an
der Stelle x ¼ a den Grenzwert lim f ðxÞ ¼ A, wenn lim f ðxÞ ¼ lim f ðxÞ ¼ A
x!a x!a x!aþ0
sich nach Vorgabe einer beliebig kleinen positiven x>a

Zahl e eine zweite positive Zahl d ¼ dðeÞ so finden


läßt, daß für alle x mit jx  aj < dðeÞ gilt jf ðxÞ  Aj Die Variable x nähert sich a unbegrenzt an, es gilt
< e eventuell mit Ausnahme der Stelle a. jedoch stets x 6¼ a. Die Funktion f ðxÞ muß an der
Der Unterschied j f ðxÞ  Aj zwischen den Funktions- Stelle x ¼ a den Wert A nicht annehmen und
werten und dem Grenzwert wird kleiner als jede be- braucht an dieser Stelle auch nicht definiert zu sein.
liebig vorgegebene positive Zahl e, wenn die x-Wer- Die Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt an der Stelle x ¼ a
te sich um weniger als eine passend gewählte, von e den Grenzwert A, wenn an dieser Stelle sowohl der
abhängige Zahl d ¼ dðeÞ vom Wert a unterscheiden, linksseitige als auch der rechtsseitige Grenzwert exi-
wenn also 0 < jx  aj < dðeÞ gilt. stieren und gleich sind.

Grenzwert lim f ðxÞ ¼ A


y x!a

A+e & Beispiel:


 ..
A 1 fur x > 0
f ðxÞ ¼ ..
A–e 0 fur x < 0
f(x) Linksseitiger Grenzwert: lim f ðxÞ ¼ lim f ðxÞ ¼ 0
x!0 x!00
x<0
Rechtsseitiger Grenzwert: lim f ðxÞ ¼ lim f ðxÞ ¼ 1
0 a–d a a+d x x!0 x!0þ0
x>0
Die Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt an der Stelle x ¼ 0 sowohl den links-
Bild VIII-2 Veranschaulichung des Grenzwert- seitigen als auch den rechtsseitigen Grenzwert. Da diese jedoch
begriffes verschieden sind, existiert der Grenzwert an der Stelle x ¼ 0 nicht.
VIII Differential- und Integralrechnung 137

3.3 Grenzwert im Unendlichen Diese Regeln sagen aus, daß man die Operation der
Die Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt für x ! 1 den Grenz- Grenzwertbildung mit der Addition, Subtraktion,
wert A, wenn es zu jedem beliebigen e > 0 ein hin- Multiplikation und Division (falls G 6¼ 0) vertau-
reichend großes w ¼ wðeÞ gibt, so daß j f ðxÞ  Aj < e schen darf.
für alle x > wðeÞ gilt. Man schreibt dafür Die Regeln wurden schon bei den Beispielen der
vorangegangenen Abschnitte angewandt.
lim f ðxÞ ¼ A
x!1
3.5 Unbestimmte Ausdrücke
Analog besitzt die Funktion y ¼ f ðxÞ für x ! 1 Unbestimmte Ausdrücke sind symbolische Ausdrük-
den Grenzwert A, wenn es zu jedem beliebigen ke der Form
e > 0 ein hinreichend großes w ¼ wðeÞ gibt, so daß
j f ðxÞ  Aj < e für alle x < wðeÞ gilt. Man schreibt 0 1
; ; 0  1; 1  0; 1  1; 1 þ 1;
dann 0 1
0 ; 10 ; 11
0
lim f ðxÞ ¼ A
x ! 1
Solche Ausdrücke ergeben sich bei bestimmten
Die Grenzwerte lim f ðxÞ und lim f ðxÞ der Funk- Grenzwertaufgaben. Sind zum Beispiel f ðxÞ und
x!1 x ! 1
tion y ¼ f ðxÞ beschreiben, falls sie existieren, den gðxÞ zwei Funktionen mit f ðaÞ ¼ gðaÞ ¼ 0; so ist ihr
Verlauf der Funktion im Unendlichen, das heißt, das f ðxÞ
Quotient an der Stelle x ¼ a nicht definiert.
Verhalten der Funktion für sehr großes positives gðxÞ
und für sehr kleines negatives Argument x. Formales Einsetzen von x ¼ a führt auf den unbe-
0
& Beispiele:
stimmten Ausdruck „ “. Damit soll ausgedrückt
    0
1 1  1 f ðxÞ
1. Es ist lim ¼ 0, denn es gilt   0 ¼   < e für alle x, werden, daß der Grenzwert lim zu ermitteln
x!1 x x x x ! a gðxÞ
1
die der Bedingung x > wðeÞ ¼ genügen. Ebenso gilt ist, der das Verhalten des Quotienten in der Nähe
1 e
lim ¼ 0. der kritischen Stelle a beschreibt, falls er existiert.
x ! 1 x
5x þ 3
2. Die Funktion y ¼ f ðxÞ ¼ hat für x ! 1 den Grenz-
2x þ 7 & Beispiele:
5 5x þ 3 5x þ 3 5 3x2  x  1
wert , also lim ¼ lim ¼ ; wie folgende 1. lim ¼?
2 x ! 1 2x þ 7 x ! 1 2x þ 7 2 x!1 4x2 þ 3
1
Rechnung unter Anwendung der Rechenregeln für Grenz- Unbestimmter Ausdruck der Form „ “.
werte (siehe Abschnitt VIII.3.4) zeigt: 1
Durch Kürzen des Bruches durch x2 ðx 6¼ 0Þ ergibt sich
3 1
5x þ 3 5þ 5 þ 3 lim 5 1 1
lim ¼ lim x ¼ x!1 x
¼ 3x2  x  1 3  2
x ! 1 2x þ 7 x!1 7 1 2 lim ¼ lim x x ¼ 3
2þ 2 þ 7 lim x!1 4x2 þ 3 x!1 3 4
x x!1 x 4þ 2
5x þ 3 5 x
Die Rechnung für lim ¼ verläuft ganz analog. 3
x ! 1 2x þ 7 2 Der Grenzwert existiert also und ist gleich .
4
3. Der Grenzwert lim sin x existiert nicht. Wie groß man x 2. lim ðx  xÞ ¼ ?
2
x!1 x!1
auch wählt, es lassen sich wegen der Periodizität der Sinus-
Unbestimmter Ausdruck der Form „1  1“.
funktion unendlich viele größere x-Werte angeben, für die die
Durch Umformen ergibt sich
Funktion einen vorgegebenen Wert zwischen 1 und 1 hat.
lim ðx2  xÞ ¼ lim xðx  1Þ ¼ 1  1 ¼ 1
x!1 x!1

3.4 Rechenregeln für Grenzwerte Es existiert kein Grenzwert.


x2  2
Die für Folgen aufgestellten Regeln für das Rech- 3. lim ¼?
x!1 x3
1
nen mit Grenzwerten (vgl. Abschnitt VIII.1.4) las- Unbestimmter Ausdruck der Form „ “.
1
sen sich auf das Rechnen mit Grenzwerten von Durch Kürzen des Bruches durch x ðx 6¼ 0Þ erhält man
3
1 2
Funktionen übertragen. x2  2  3 00
lim ¼ lim x x ¼ ¼0
Gilt lim f ðxÞ ¼ F und lim gðxÞ ¼ G für zwei Funk- x!1 x3 x!1 1 1
x!a x!a
Der Grenzwert existiert und ist gleich 0.
tionen f ðxÞ und gðxÞ, so existieren auch die folgen- x3
4. lim ¼?
den Grenzwerte: x ! 1 x2  2
1
Unbestimmter Ausdruck der Form „ “.
1
lim ½ f ðxÞ þ gðxÞ ¼ lim f ðxÞ þ lim gðxÞ ¼ F þ G Durch Kürzen des Bruches durch x ðx 6¼ 0Þ ergibt sich
2
x!a x!a x!a
x3 x 1
lim ½ f ðxÞ  gðxÞ¼ lim f ðxÞ  lim gðxÞ ¼ F  G lim ¼ lim ¼ ¼1
x!a x!a x!a x!1 x2  2 x ! 1 2 10
1
lim ½c  f ðxÞ ¼ c  lim f ðxÞ ¼ c  F ðc 2 RÞ x2
x!a x!a Es existiert kein Grenzwert.
lim ½ f ðxÞ  gðxÞ ¼ lim f ðxÞ  lim gðxÞ ¼ F  G
x!a x!a x!a

f ðxÞ lim f ðxÞ F


3.6 Stetigkeit einer Funktion
x!a
lim ¼ ¼ Die Stetigkeit einer Funktion y ¼ f ðxÞ an einer Stelle
x!a gðxÞ lim gðxÞ G
x!a
x ¼ a wird mit Hilfe des Grenzwertes der Funktion
ðgðxÞ ¼
6 0; G 6¼ 0Þ
an dieser Stelle definiert.
138 Mathematik

Eine Funktion y ¼ f ðxÞ heißt an der Stelle x ¼ a ste- Ein Pol oder eine Unendlichkeitsstelle x ¼ a einer
tig, wenn f ðxÞ an der Stelle a definiert ist und der gðxÞ
Funktion y ¼ f ðxÞ ¼ ist eine Stelle, für die der
Grenzwert lim f ðxÞ existiert und gleich f ðaÞ ist. hðxÞ
x!a
Das ist genau dann der Fall, wenn es zu jedem vor- Nenner von f ðxÞ den Wert 0 hat und der Zähler von
gegebenen e > 0 ein d ¼ dðeÞ > 0 gibt, so daß 0 verschieden ist, also hðaÞ ¼ 0 und gðaÞ ¼ 6 0 (vgl.
j f ðxÞ  f ðaÞj < e für alle x mit jx  aj < d gilt. Abschnitt V.5). An einer solchen Stelle ist die Funk-
Ist eine Funktion y ¼ f ðxÞ stetig, dann ändert sich tion also nicht definiert. Die Funktion strebt bei An-
bei kleinen nderungen der Variablen x auch der näherung an einen Pol nach (plus oder minus) Un-
Funktionswert f ðxÞ nur geringfügig. Die meisten endlich. Die Kurve der Funktion läuft an einer
Funktionen, die in den Anwendungen vorkommen, solchen Stelle ins Unendliche.
sind stetig. & Beispiele: 
..
Der Graph einer stetigen Funktion ist eine zusam- 1 fu ur x > 0
1. f ðxÞ ¼ ..
menhängende Kurve. Ist dagegen die Kurve an ver- 0 fu ur x < 0
Linksseitiger Grenzwert: lim f ðxÞ ¼ lim f ðxÞ ¼ 0
schiedenen Stellen (mindestens an einer) unterbro- x!0
x<0
x!00

chen, dann heißt die zugehörige Funktion unstetig, Rechtsseitiger Grenzwert: lim f ðxÞ ¼ lim f ðxÞ ¼ 1
x!0 x!0þ0
x>0
und die Werte der unabhängigen Variablen x, an de- Der linksseitige und der rechtsseitige Grenzwert der Funk-
nen die Unterbrechung auftritt, heißen Unstetig- tion y ¼ f ðxÞ sind verschieden, also besitzt die Funktion bei
keitsstellen. x ¼ 0 eine Sprungstelle. Die Funktion springt beim Durchlau-
fen des Punktes x ¼ 0 von 0 auf 1.
Eine an jeder Stelle ihres Definitionsbereichs stetige
Funktion y ¼ f ðxÞ heißt stetig. y
Sind f ðxÞ und gðxÞ zwei Funktionen mit dem Defini-
tionsbereich D und dem Wertebereich W ¼ R, und 1
ist c eine reelle Zahl, so gilt:
Sind f ðxÞ und gðxÞ stetig an der Stelle x ¼ a des De-
finitionsbereichs D, so sind auch f ðxÞ þ gðxÞ, c  f ðxÞ, –1 0 1 x
f ðxÞ
f ðxÞ  gðxÞ, (falls gðxÞ ¼
6 0 für x 2 D) und j f ðxÞj
gðxÞ
stetig an der Stelle x ¼ a. Da die Sinusfunktion Bild VIII-3 Graph der Funktion von Beispiel 1
y ¼ sin x eine stetige Funktion ist, folgt hieraus zum
1
Beispiel, daß eine so kompliziert gebaute Funktion 2. f ðxÞ ¼ ; D ¼ R; x 6¼ 0
x 1 1
x  sin ðx2 þ 1Þ Einseitige Grenzwerte: lim ¼ 1; lim ¼ þ1
wie etwa f : R ! R; f ðxÞ ¼ ebenfalls x!0 x
x<0
x!0 x
x>0
1 þ jsin xj 1
Die Funktion y ¼ besitzt bei x ¼ 0 einen Pol. Bei Annähe-
stetig ist. x
rung von links an den Pol strebt die Funktion nach minus
& Beispiele: Unendlich, bei Annäherung von rechts nach plus Unendlich.
1. Die Funktion f ðxÞ ¼ 5x þ 2 ist an jeder Stelle x ¼ a des Defi-
nitionsbereichs stetig, denn es gilt lim ð5x þ 2Þ ¼ 5a þ 2 y
x!a
¼ f ðaÞ. Die Funktion ist also eine stetige Funktion.
2. Die Funktion f ðxÞ ¼ 3x2 ist für jedes reelle x stetig, die Funk-
tion ist eine stetige Funktion.
 ..
1 fur x  0
3. Die Funktion f ðxÞ ¼ .. besitzt für x ¼ 0 eine
0 fur x < 0
Unstetigkeitsstelle, also ist y ¼ f ðxÞ eine unstetige Funktion. 1
–1
0 1 x
3.7 Unstetigkeitsstellen
–1
Eine Unstetigkeitsstelle ist eine Stelle x ¼ a einer
Funktion y ¼ f ðxÞ, an der die Funktion nicht stetig
ist.
Die Kurve einer Funktion ist an einer Unstetigkeits-
stelle unterbrochen. Eine Funktion, die mindestens
eine Unstetigkeitsstelle besitzt, heißt unstetig.
Die häufigsten Unstetigkeitsstellen sind Sprungstel- Billd VIII-4 Graph der Funktion von Beispiel 2
len und Pole.
An einer Sprungstelle x ¼ a sind der rechtsseitige 4 Ableitung einer Funktion
Grenzwert lim f ðxÞ und der linksseitige Grenz- 4.1 Definitionen
x!aþ0
wert lim f ðxÞ voneinander verschieden. Die Existiert für eine Funktion y ¼ f ðxÞ mit dem Defini-
x!a0
Funktion f ðxÞ springt beim Durchlaufen des Punktes tionsbereich D der Grenzwert
x ¼ a von einem auf einen anderen endlichen Wert.
f ðxÞ  f ðx0 Þ
Die Funktion f ðxÞ braucht für x ¼ a nicht definiert f 0 ðx0 Þ ¼ lim ðx0 2 DÞ
zu sein. x ! x0 x  x0
VIII Differential- und Integralrechnung 139

dann nennt man f 0 ðx0 Þ die Ableitung der Funktion Eine Funktion y ¼ f ðxÞ heißt stetig differenzierbar,
f ðxÞ an der Stelle x ¼ x0 (gesprochen: f Strich von wenn f ðxÞ differenzierbar ist und die Ableitung f 0 ðxÞ
x0 ). Die Funktion f ðxÞ heißt dann differenzierbar eine stetige Funktion ist.
in x0 . &
dy Beispiele:
Statt f 0 ðx0 Þ schreibt man auch y0 ðx0 Þ oder ðx0 Þ 1. Für die konstante Funktion f ðxÞ ¼ c ðc 2 RÞ gilt
df dx
oder ðx0 Þ (gesprochen: y Strich von x0 bzw. dy f 0 ðx0 Þ ¼ lim
f ðxÞ  f ðx0 Þ
¼ lim
cc
¼ lim 0 ¼ 0
dx x ! x0 x  x0 x ! x0 x  x0 x ! x0
nach dx an der Stelle x0 bzw. d f nach dx an der Die Ableitungsfunktion einer konstanten Funktion ist somit
f 0 ðxÞ ¼ 0.
Stelle x0 ).
f ðxÞ  f ðx0 Þ 2. Für die Funktion f ðxÞ ¼ ax þ b; a; b 2 R; D ¼ R gilt
Der Bruch heißt auch Differenzenquo-
x  x0 ax þ b  ðax0 þ bÞ a  ðx  x0 Þ
f 0 ðx0 Þ ¼ lim ¼ lim ¼ lim a ¼ a
tient, da im Zähler die Differenz zweier Funktions- x ! x0 x  x0 x ! x0 x  x0 x ! x0

werte und im Nenner die Differenz zweier x-Werte Die Funktion f ðxÞ ¼ ax þ b ist ebenfalls eine (überall) diffe-
steht. Deshalb nennt man den Grenzwert f 0 ðx0 Þ renzierbare Funktion, und es gilt f 0 ðxÞ ¼ a:
f ðxÞ  f ðx0 Þ 3. Die Funktion f ðxÞ ¼ x2 mit D ¼ R ist in jedem Punkt x0 2 D
¼ lim statt Ableitung auch Differential-
x ! x0 x  x0 differenzierbar. Es ist
quotient. f ðxÞ  f ðx0 Þ x2  x20 ðx þ x0 Þ ðx  x0 Þ
¼ ¼ ¼ x þ x0
Geometrische Deutung: Ist die Funktion y ¼ f ðxÞ x  x0 x  x0 x  x0

als Kurve in einem kartesischen Koordinatensystem und somit


dargestellt, dann ist der Differenzenquotient gleich f ðxÞ  f ðx0 Þ
f 0 ðx0 Þ ¼ lim ¼ lim ðx þ x0 Þ ¼ 2x0
der Steigung (also dem Tangens des Steigungswin- x ! x0 x  x0 x ! x0

kels b) der Sekante durch die Punkte P0 ðx0 j f ðx0 ÞÞ Die Funktion f ðxÞ ¼ x2 ist eine (überall) differenzierbare
und Pðx j f ðxÞÞ: Der Grenzwert f 0 ðx0 Þ ist die Stei- Funktion, und es gilt f 0 ðxÞ ¼ 2x:
 ..
gung der Tangente in x0 an den Graphen von f ðxÞ, 4. Die Funktion f ðxÞ ¼ jxj ¼
x fur x  0
.. ist (überall) ste-
x fur x < 0
also f 0 ðx0 Þ ¼ tan a. Dabei ist a der Winkel zwischen tig.
der x-Achse und der Tangente an den Graphen in Für x0 > 0 ist f 0 ðx0 Þ ¼ 1, für x0 < 0 ist dagegen f 0 ðx0 Þ ¼ 1.
Für x0 ¼ 0 gilt wegen f ð0Þ ¼ 0
x0 , wobei der Winkel von der positiven x-Achse zur
x0
Tangente im entgegengesetzten Drehsinn des Uhr- lim jxj ¼ lim ¼ lim 1 ¼ 1
x!0 x!0 x x!0
x>0 x>0 x>0
zeigers gemessen wird.
und
Anschaulich bedeutet die Existenz der Ableitung an x  0
der Stelle x ¼ x0, daß der Kurvenverlauf in x0 glatt lim jxj ¼ lim ¼ lim ð1Þ ¼ 1
x!0 x!0 x x!0
x<0 x<0 x<0
ist (keine „Knickstelle“ hat). Der Differentialquotient existiert nicht, da der rechtsseitige
Grenzwert und der linksseitige Grenzwert nicht gleich sind.
y Die Funktion f ðxÞ ¼ jxj ist an der Stelle x0 ¼ 0 stetig, aber
y = f(x) nicht differenzierbar.

y P
4

y – y0 3
P0 2
y0
x – x0
1
a b
0 x0 x x x
–4 –3 –2 –1 1 2 3 4
Bild VIII-5 Geometrische Deutungen des Differen-
zen- und des Differentialquotienten Bild VIII-6 Graph der Funktion von Beispiel 4

Eine Funktion y ¼ f ðxÞ heißt (generell) differenzier- 4.2 Differentiationsregeln


bar, wenn sie an jeder Stelle ihres Definitions- Die folgenden Regeln gelten sowohl für die Ablei-
bereichs differenzierbar ist. Dann heißt die durch tungen einer Funktion y ¼ f ðxÞ an einer bestimmten
gðxÞ ¼ f 0 ðxÞ definierte Funktion y0 ¼ f 0 ðxÞ die Ablei- Stelle x ¼ x0 als auch für die Ableitungsfunktionen
tung oder die Ableitungsfunktion von f ðxÞ. y0 ¼ f 0 ðxÞ.
Eine an der Stelle x0 differenzierbare Funktion
1. Konstante Funktion
y ¼ f ðxÞ ist dort auch stetig. Falls f ðxÞ an der Stelle
Die Ableitung einer konstanten Funktion ist Null
x0 nicht stetig ist, kann f ðxÞ dort auch nicht differen-
(vgl. Beispiel 1 im Abschnitt VIII.4.1).
zierbar sein. Aus der Stetigkeit an der Stelle x0 folgt
jedoch noch nicht die Differenzierbarkeit an dieser
Stelle. y ¼ f ðxÞ ¼ c ðc 2 R; konstant) ) y0 ¼ 0
140 Mathematik

& Beispiel: Für die Ableitung des Produkts von drei Funk-
y ¼ 3 ) y0 ¼ 0
tionen gilt
2. Faktorregel
Die Ableitung einer Funktion mal konstantem y ¼ f ðxÞ  gðxÞ  hðxÞ ) y0 ¼ f ðxÞ  gðxÞ  h0 ðxÞ
Faktor ist gleich konstanter Faktor mal abgelei- þ f ðxÞ  g0 ðxÞ  hðxÞ
tete Funktion.
þ f 0 ðxÞ  gðxÞ  hðxÞ
y ¼ c  f ðxÞ ðc 2 R; konstantÞ ) y0 ¼ c  f 0 ðxÞ
Mehrfache Anwendung der Produktregel ergibt
Herleitung: die Ableitung der Potenzfunktion.
c  f ðxÞ  c  f ðx0 Þ
ðc  f Þ0 ðx0 Þ ¼ lim
x ! x0 x  x0 Potenzregel y ¼ xn ðn 2 NÞ ) y0 ¼ nxn  1
f ðxÞ  f ðx0 Þ
¼ lim c Mit Hilfe von Polynomdivision läßt sich dieses
x ! x0 x  x0
f ðxÞ  f ðx0 Þ Ergebnis auch direkt herleiten:
¼ c lim ¼ cf 0 ðx0 Þ d n
x ! x0 x  x0 x ðx0 Þ
dx
& Beispiel: xn  xn0
y ¼ 3x2 ) y0 ¼ 3  2x ¼ 6x; denn
d 2
x ¼ 2x ¼ lim
dx x ! x0 x  x0

3. Summenregel ¼ lim ðxn  1 þ x0 xn  2 þ x20 xn  3 þ    þ xn0  1 Þ


x ! x0
Die Ableitung der Summe (Differenz) zweier
Funktionen ist gleich der Summe (Differenz) der ¼ nxn  1
Ableitungen der Funktionen. Durch Anwendung von Quotienten- und Ketten-
regel (siehe unten) kann man dieses Ergebnis
y ¼ f ðxÞ þ gðxÞ ) y0 ¼ f 0 ðxÞ þ g0 ðxÞ auf reelle Exponenten ausweiten.
y ¼ f ðxÞ  gðxÞ ) y0 ¼ f 0 ðxÞ  g0 ðxÞ
y ¼ xr ðr 2 RÞ ) y0 ¼ rxr  1
Herleitung:
f ðxÞ þ gðxÞ  ðf ðx0 Þ þ gðx0 ÞÞ Summen- und Potenzregel zusammen ergeben
ð f þ gÞ0 ðx0 Þ ¼ lim
x ! x0 x  x0 die Ableitung eines Polynoms.
 
f ðxÞ  f ðx0 Þ gðxÞ  gðx0 Þ
¼ lim þ
x ! x0 x  x0 x  x0 P
n
y ¼ ck xk ¼ c0 þ c1 x þ . . . þ cn xn )
f ðxÞ  f ðx0 Þ gðxÞ  gðx0 Þ k¼0
¼ lim þ lim
x ! x0 x  x0 x ! x0 x  x0 P
n
y0 ¼ k  ck xk  1 ¼ c1 þ 2c2 x þ . . . þ ncn xn  1
¼ f 0 ðx0 Þ þ g0 ðx0 Þ k¼1

Die Herleitung für die Ableitung der Differenz


zweier Funktionen verläuft ganz analog.
& Beispiele:
1. y ¼ 3x2  sin x ) y0 ¼ 3x2  cos x þ 6x  sin x
& Beispiel: 2. y ¼ x7 ) y0 ¼ 7x6
d 2 d
y ¼ x2 þ 3x ) y0 ¼ 2x þ 3; denn x ¼ 2x und 3x ¼ 3 7 5
3. y ¼ x3 ) y0 ¼ x3
7
dx dx
3
4. Produktregel 4. y ¼ 3x  5x þ x2 þ 3 ) y0 ¼ 21x6  20x3 þ 2x
7 4

Die Ableitung des Produkts zweier Funktionen


ist gleich der Summe aus der ersten Funktion 5. Quotientenregel
multipliziert mit der Ableitung der zweiten Funk- Die Ableitung des Quotienten zweier Funktio-
tion und der zweiten Funktion multipliziert mit nen ist gleich der Differenz der Ableitung der
der Ableitung der ersten Funktion. Zählerfunktion multipliziert mit der Nennerfunk-
tion und der Zählerfunktion multipliziert mit der
y ¼ f ðxÞ  gðxÞ ) y0 ¼ f 0 ðxÞ  gðxÞ þ f ðxÞ  g0 ðxÞ Ableitung der Nennerfunktion dividiert durch
das Quadrat der Nennerfunktion.
Herleitung:
f ðxÞ
ð f  gÞ0 ðx0 Þ y¼ ðgðxÞ ¼
6 0Þ
gðxÞ
f ðxÞ gðxÞ  f ðx0 Þ gðx0 Þ f 0 ðxÞ  gðxÞ  f ðxÞ  g0 ðxÞ
¼ lim ) y0 ¼
x ! x0 x  x0 g2 ðxÞ
 
f ðxÞ  f ðx0 Þ gðxÞ  gðx0 Þ
¼ lim gðxÞ þ f ðx0 Þ
x ! x0 x  x0 x  x0 Der Zähler von y0 beginnt also mit der Ablei-
¼ f 0 ðx0 Þ  gðx0 Þ þ f ðx0 Þ  g0 ðx0 Þ tung der Zählerfunktion f ðxÞ.
VIII Differential- und Integralrechnung 141

Herleitung: 7. Ableitung der Umkehrfunktion


 0 Ist y ¼ f ðxÞ eine differenzierbare Funktion mit
f
ðx0 Þ f 0 ðxÞ ¼
6 0, die eine Umkehrfunktion y ¼ f 1 ðxÞ
g
besitzt, so ist auch die Umkehrfunktion differen-
f ðxÞ f ðx0 Þ
 zierbar, und es gilt
gðxÞ gðx0 Þ
¼ lim
x ! x0 x  x0
 1
1 f ðxÞ  f ðx0 Þ ð f 1 Þ0 ðxÞ ¼
¼ lim gðx0 Þ f 0 ðf 1 ðxÞÞ
x ! x0 gðxÞ gðx0 Þ x  x0

gðxÞ  gðx0 Þ Herleitung:
f ðx0 Þ
x  x0 Aus f ð f 1 ðxÞÞ ¼ x (vgl. Abschnitt V.2.8) folgt
f 0 ðx0 Þ  gðx0 Þ  f ðx0 Þ  g0 ðx0 Þ durch Differentiation mit Anwendung der Ket-
¼
g2 ðx0 Þ tenregel f 0 ð f 1 ðxÞÞ  ðf 1 Þ0 ðxÞ ¼ 1 und daraus we-
Im Spezialfall, daß f ðxÞ eine konstante Funktion 6 0 durch Auflösen nach ð f 1 Þ0 ðxÞ die
gen f 0 ðxÞ ¼
mit f ðxÞ ¼ 1 ist, gilt behauptete Gleichung für die Ableitung der Um-
kehrfunktion.
1 g0 ðxÞ
y¼ ) y0 ¼  2 4.3 Höhere Ableitungen
gðxÞ g ðxÞ
Ist die Funktion y ¼ f ðxÞ differenzierbar oder zu-
mindest in einem ganzen Intervall ihres Definitions-
& Beispiele: bereichs differenzierbar, so kann dort also an jeder
5x  1 ð2x þ 3Þ  5  ð5x  1Þ  2 17 Stelle die Ableitung f 0 ðxÞ gebildet werden. Dann ist
1. y¼ ) y0 ¼ ¼
2x þ 3 ð2x þ 3Þ2 ð2x þ 3Þ2 y ¼ f 0 ðxÞ wieder eine Funktion von x. Ist diese
x3 3x2 ðx2  1Þ  2x  x3 x2 ðx2  3Þ Funktion wieder differenzierbar, so nennt man diese
2. y¼ ) y0 ¼ ¼
x2  1 ðx2  1Þ2 ðx2  1Þ2
Ableitung der (ersten) Ableitung die zweite Ablei-
1 2x þ 3
3. y¼ 2
x þ 3x
)y ¼0
tung der Ausgangsfunktion y ¼ f ðxÞ, geschrieben
ðx2 þ 3xÞ2
d2 y d2 f
f 00 ðxÞ oder y00 ðxÞ oder ðxÞ oder ðxÞ (gespro-
6. Kettenregel dx2 dx2
Die Kettenregel ist eine Regel zur Differentia- chen: f zwei Strich von x bzw. y zwei Strich von x
tion zusammengesetzter Funktionen. bzw. d zwei y nach dx Quadrat an der Stelle x bzw.
Ist y ¼ FðxÞ eine zusammengesetzte Funktion, also d zwei f nach dx Quadrat an der Stelle x).
FðxÞ ¼ f ðhðxÞÞ, und setzt man z ¼ hðxÞ, dann ist Entsprechend kann es auch eine dritte, vierte, . . .
y ¼ FðxÞ differenzierbar, wenn die Funktionen Ableitung von f ðxÞ geben. Die n-te Ableitung von
y ¼ f ðzÞ und z ¼ hðxÞ differenzierbar sind, und f ðxÞ schreibt man
es gilt
dn y dn f
f ðnÞ ðxÞ ¼ yðnÞ ðxÞ ¼ ðxÞ ¼ n ðxÞ
d f dh dxn dx
y0 ¼ F 0 ðxÞ ¼  ¼ f 0 ðzÞ  h0 ðxÞ
dz dx
¼ f 0 ðhðxÞÞ  h0 ðxÞ & Beispiele:
1. Die Funktion f ðxÞ ¼ x5 hat als (erste) Ableitung f 0 ðxÞ ¼ 5x4 ,
als zweite Ableitung f 00 ðxÞ ¼ 20x3 , als dritte Ableitung
Man nennt f 0 ðhðxÞÞ die äußere Ableitung und f 000 ðxÞ ¼ 60x2 , als vierte Ableitung f ð4Þ ðxÞ ¼ 120x und als
fünfte Ableitung f ð5Þ ðxÞ ¼ 120. Alle höheren Ableitungen
h0 ðxÞ die innere Ableitung der Funktion
sind Null, also f ðkÞ ðxÞ ¼ 0 für k ¼ 6; 7; . . .
y ¼ f ðhðxÞÞ. 2. f ðxÞ ¼ 4x4  12x3 þ 5x  2 ) f 0 ðxÞ ¼ 16x3  36x2 þ 5;
f 00 ðxÞ ¼ 48x2  72x; f 000 ðxÞ ¼ 96x  72; f ð4Þ ðxÞ ¼ 96;
& Beispiele: f ð5Þ ðxÞ ¼ f ð6Þ ðxÞ ¼ . . . ¼ 0
1. y ¼ FðxÞ ¼ ðx3  2x þ 1Þ3 , also z ¼ hðxÞ ¼ x3  2x þ 1 x2 2x 2ð2x þ 1Þ
3. f ðxÞ ¼ ) f 0 ðxÞ ¼  ; f 00 ðxÞ ¼ ;
und y ¼ f ðzÞ ¼ z3 ðx  1Þ2 ðx  1Þ3 ðx  1Þ4
) y0 ¼ F 0 ðxÞ ¼ f 0 ðzÞ  h0 ðxÞ ¼ 3z2  ð3x2  2Þ 12ðx þ 1Þ
f 000 ðxÞ ¼  ; ...
¼ 3ðx3  2x þ 1Þ2  ð3x2  2Þ ðx  1Þ5
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2. y ¼ FðxÞ ¼ 5x2  7x þ 8, also z ¼ hðxÞ ¼ 5x2  7x þ 8
pffiffiffi
und y ¼ f ðzÞ ¼ z 4.4 Ableitungen einiger algebraischer
1 1
) y0 ¼ F 0 ðxÞ ¼ f 0 ðzÞ  h0 ðxÞ ¼ z2  ð10x  7Þ Funktionen
2
10x  7
¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Mit den Differentiationsregeln aus Abschnitt VIII.4.2
2 5x2  7x þ 8
3. y ¼ FðxÞ ¼ sin ð4x2 þ 1Þ, also z ¼ hðxÞ ¼ 4x2 þ 1 und
lassen sich die Ableitungen von algebraischen Funk-
y ¼ f ðzÞ ¼ sin z tionen berechnen.
) y0 ¼ F 0 ðxÞ ¼ f 0 ðzÞ  h0 ðxÞ ¼ cos z  8x
Rationale Funktionen
¼ 8x  cos ð4x2 þ 1Þ
Die Ableitung von y ¼ sin x ist y0 ¼ cos x (vgl. Abschnitt y ¼ c (c konstant) ) y0 ¼ 0
VIII.4.5.1). y ¼ x ) y0 ¼ 1
142 Mathematik

1  tan x
y ¼ xn ) y0 ¼ nxn  1 tan x ist A3 ¼ . Wegen A1 < A2 < A3 folgt
2
y ¼ cn xn þ cn  1 xn  1 þ . . . þ c2 x2 þ c1 x þ c0 sin x  cos x x 1  tan x
) y0 ¼ ncn xn  1 þ ðn  1Þcn  1 xn  2 þ . . . þ 2c2 x þ c1 < < .
2 2 2
1 1
y ¼ ) y0 ¼  2 Durch Multiplikation mit
2
folgt
x x sin x
1 n x 1 sin x 1
y ¼ n ) y0 ¼  n þ 1 cos x < < ) cos x < <
x x sin x cos x x cos x
xm ðm  nÞ xm
y ¼ n ) y0 ¼ Die Grenzwerte der beiden äußeren Funktionen an
x xn þ 1 der Stelle x ¼ 0 sind 1, also muß auch der Grenz-
Irrationale Funktionen wert der mittleren Funktion an der Stelle x ¼ 0
pffiffiffi 1 gleich 1 sein:
y ¼ x ) y0 ¼ pffiffiffi
2 x sin x
pffiffiffi lim ¼ 1:
1 x!0 x
y ¼ n x ) y0 ¼ p n
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
n xn  1 Die Ableitung der Funktion y ¼ f ðxÞ ¼ sin x ist die
pffiffiffi pffiffiffi
mx
0 nm mx Funktion y0 ¼ f 0 ðxÞ ¼ cos x.
y¼ p ffiffiffi ) y ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
nx mn n xn þ 1
y ¼ sin x ) y0 ¼ cos x
4.5 Ableitungen einiger transzendenter
Funktionen Beweis:
4.5.1 Trigonometrische Funktionen Für die Differenz sin a  sin b zweier trigono-
metrischer Funktionen gilt (vgl. Abschnitt VI.6)
Zur Herleitung der Ableitung der Sinusfunktion wird
aþb ab
sin x sin a  sin b ¼ 2 cos sin . Damit folgt
der Grenzwert von für x ! 0 benötigt. Es gilt 2 2
x ðsin xÞ0 ðx0 Þ
x þ x0 x  x0
sin x sin x  sin x0 2 cos sin
lim ¼1 ¼ lim ¼ lim 2 2
x!0 x x ! x0 x  x0 x ! x0 x  x0
x  x0
x þ x0 sin
Beweis: ¼ lim cos  lim 2 ¼ cos x0 ;
Zeichnet man einen Einheitskreis in einem kartesi- x ! x0 2 x ! x0 x  x0
schen Koordinatensystem mit dem Mittelpunkt im x  x0 2
Koordinatenursprung O, so ist die Länge des Lotes sin
denn lim 2 ¼ 1; wie oben bewiesen wurde.
eines Kreispunktes P auf die x-Achse sin x, wenn x ! x0 x  x0
die Strecke OP mit der x-Achse den Winkel x (im 2
Bogenmaß) bildet. Der zum Winkel gehörige Bogen
y ¼ cos x ) y0 ¼ sin x
hat die Länge x, da der Radius des Kreises 1 ist
(vgl. Abschnitt VI.2). Die Projektion von OP auf
Beweis:
die x-Achse hat die Länge cos x. Der Teil der zur
Aus sin ð90  aÞ ¼ cos a (vgl. Abschnitt VI.1) folgt
x-Achse senkrechten Tangente an den Einheits- p 
kreis, der zwischen der x-Achse und der Verlänge- y ¼ cos x ¼ sin  x . Anwendung der Ketten-
2
rung der Strecke OP liegt, hat die Länge tan x. p
regel mit z ¼ hðxÞ ¼  x und y ¼ f ðzÞ ¼ sin z ergibt
2 p 
P
y0 ¼ f 0 ðzÞ  h0 ðxÞ ¼ cos z  ð1Þ ¼ cos  x . We-
2
gen cos ð90  aÞ ¼ sin a (vgl. Abschnitt VI.1) folgt
1
die Behauptung y0 ¼ sin x.
tanx

x
sinx

1
x y ¼ tan x ) y0 ¼
0
cos2 x
cosx x
1 Beweis:
sin x
sin x Wegen tan x ¼ folgt mit der Quotientenregel
Bild VIII-7 Zur Herleitung von lim ¼1 cos x
x!0 x und den Ableitungen von sin x und cos x:
cos x  cos x  sin x  ðsin xÞ cos2 x þ sin 2 x
Die Fläche A1 des rechtwinkligen Dreiecks mit den y0 ¼ ¼
sin x  cos x cos2 x cos2 x
Kathetenlängen sin x und cos x ist A1 ¼ , 1
2 ¼
cos2 x
die Fläche A2 des Einheitskreissektors mit dem
x 1
Winkel x ist A2 ¼ , und die Fläche A3 des recht- y ¼ cot x ) y0 ¼ 
2 sin2 x
winkligen Dreiecks mit den Kathetenlängen 1 und
VIII Differential- und Integralrechnung 143

Beweis: d x 1
cos x (siehe Abschnitt VIII.4.2) folgt e ¼ ¼ ex we-
dx 1
Wegen cot x ¼ folgt d 1
sin x gen ln x ¼ . ex
dx x
sin x  ðsin xÞ  cos x  cos x ðsin2 x þ cos2 xÞ
y0 ¼ ¼
sin2 x sin2 x y ¼ ex ) y0 ¼ ex
1
¼ 2
sin x Daraus folgt unmittelbar f ðxÞ ¼ f 0 ðxÞ ¼ f 00 ðxÞ ¼
f 000 ðxÞ ¼ . . . ¼ f ðnÞ ðxÞ ¼ . . . ¼ ex für alle n 2 N. Die
4.5.2 Logarithmusfunktionen e-Funktion hat also die bemerkenswerte Eigen-
   schaft, daß sie mit allen ihren Ableitungen überein-
1 n
Der Grenzwert der Zahlenfolge ðan Þ ¼ 1þ stimmt.
n
heißt Eulersche Zahl (Name nach dem schweizeri- Für die allgemeine Exponentialfunktion gilt
schen Mathematiker Leonhard Euler, 1707––1783)
und wird mit dem Buchstaben e bezeichnet. y ¼ ax ) y0 ¼ ax  ln a

 
1 n Beweis:
e ¼ lim 1þ ¼ 2;718 281 828 4 . . . Wegen ax ¼ ex  ln a (vgl. Abschnitt V.7.1) ergibt sich
n!1 n
aus der Ableitung der e-Funktion zusammen mit der
Die Eulersche Zahl ist eine irrationale Zahl; sie ist Kettenregel y0 ¼ ðax Þ0 ¼ ðex  ln a Þ0 ¼ ex  ln a  ln a ¼
ax  ln a.
Basis der natürlichen Logarithmen (vgl. Abschnitt
I.9.2).
4.5.4 Zusammenfassende bersicht
Mit Hilfe dieses Grenzwertes lassen sich die Ablei-
tungen der Logarithmusfunktionen y ¼ loga x be- Trigonometrische Funktionen
rechnen. Es ergibt sich mit den Regeln der Log- y ¼ sin x ) y0 ¼ cos x
arithmenrechnung (siehe Abschnitt I.9.3) y ¼ cos x ) y0 ¼ sin x
1  p 
ðloga xÞ0 ðx0 Þ y ¼ tan x ) y0 ¼ 2
x 6¼ ð2k þ 1Þ ; k 2 Z
cos x 2
loga x  loga x0 1 x 1
¼ lim ¼ lim loga y ¼ cot x ) y0 ¼  2 ðx 6¼ kp; k 2 ZÞ
x ! x0 x  x0 x ! x0 x  x0 x0 sin x
 
1 x0 x  x0 Exponentialfunktionen
¼ lim loga 1 þ
x ! x0 x0 x  x0 x0 y ¼ ex ) y0 ¼ ex ¼ y
0 1x x0x y ¼ ax ) y0 ¼ ax ln a ða 2 R; a > 0 konstantÞ
1 1 0
¼ lim loga @1 þ x0 A
x ! x0 x0
Logarithmusfunktionen
x  x0
0 1x x0x 1
y ¼ ln x ) y0 ¼ ðx > 0Þ
1 1 0 1 x
¼ loga lim @1 þ x A ¼ loga e
x0 x ! x0 0 x0 1 1 1
x  x0 y ¼ loga x ) y0 ¼ loga e ¼ 
x ln a x
ða 2 R; a > 0; a 6¼ 1 konstant; x > 0Þ
Bei der vorletzten Umformung wurde (der hier
nicht hergeleitete) Satz benutzt, daß der Grenzwert 4.6 Sekanten und Tangenten
des Logarithmus gleich dem Logarithmus des
ln e 1 Eine Sekante ist eine Gerade, die eine Kurve, also
Grenzwertes ist. Wegen loga e ¼ ¼ (vgl. Ab- den Graph einer Funktion y ¼ f ðxÞ, in (mindestens)
ln a ln a
schnitt I.9.4) ergibt sich zwei Punkten schneidet (Sekante ¼ Schneidende).
Der Teil zwischen den Schnittpunkten heißt Sehne.
1 1 1
y ¼ loga x ) y0 ¼ loga e  ¼  Die Gleichung der Sekante durch die Punkte
x ln a x P1 ðx1 j f ðx1 ÞÞ und P2 ðx2 j f ðx2 ÞÞ lautet

Für die natürliche Logarithmusfunktion mit der Ba- f ðx2 Þ  f ðx1 Þ


sis a ¼ e folgt y¼ ðx  x1 Þ þ f ðx1 Þ
x2  x1

1
y ¼ ln x ) y0 ¼ & Beispiele:
x 1. f ðxÞ ¼ x2 ; P1 ð0 j 0Þ; P2 ð1 j 1Þ
Die Gleichung der Sekante durch die Punkte P1 und P2 lautet
10
y¼ ðx  0Þ þ 0, also y ¼ x.
4.5.3 Exponentialfunktionen 10

Die e-Funktion ist die Umkehrfunktion der natür- 2. f ðxÞ ¼ x3  2x þ 1; P1 ð1 j 2Þ; P2 ð2 j 5Þ
Die Gleichung der Sekante durch die Punkte P1 und P2 lautet
lichen Logarithmusfunktion. Nach der Regel zur 52
y¼ ðx  ð1ÞÞ þ 2 ¼ x þ 3:
Berechnung der Ableitung der Umkehrfunktion 2  ð1Þ
144 Mathematik

Eine Tangente ist eine Gerade, die den Graph einer ves Maximum ist. Statt Extremwert sagt man auch
Funktion y ¼ f ðxÞ in einem Punkt berührt, aber Extremum oder relatives Extremum.
nicht schneidet (Tangente = Berührende) (vgl. auch Eine notwendige Bedingung dafür, daß die Funktion
Abschnitt VII.3.3). y ¼ f ðxÞ an der Stelle x ¼ a ein relatives Extremum
Die Funktion f ðxÞ hat in dem Punkt Pða j f ðaÞÞ ge- besitzt, ist das Verschwinden der Ableitung an dieser
nau dann eine Tangente, wenn die Funktion in a Stelle, also f 0 ðaÞ ¼ 0 (falls sie existiert). Zur Bestim-
differenzierbar ist. Die Ableitung der Funktion an mung der relativen Extrema müssen alle x berech-
der Stelle, also f 0 ðaÞ, ist die Steigung der Tangente. net werden, die die Gleichung f 0 ðxÞ ¼ 0 erfüllen.
Die Gleichung der Tangente an die Kurve im Punkt Eine hinreichende Bedingung für ein relatives Ex-
Pða j f ðaÞÞ lautet tremum (das heißt, ist die Bedingung erfüllt, dann
liegt ein relatives Extremum vor) ist, daß die zweite
y ¼ f 0 ðaÞ ðx  aÞ þ f ðaÞ Ableitung von Null verschieden ist, also f 00 ðaÞ ¼ 6 0.
Gilt jedoch auch f 00 ðaÞ ¼ 0, so ist f ðaÞ ein relatives
Extremum, wenn es ein gerades n gibt, so daß f 0 ðaÞ
& Beispiele:
¼ f 00 ðaÞ ¼ . . . ¼ f ðn  1Þ ðaÞ ¼ 0; f ðnÞ ðaÞ ¼
6 0 (n gerade).
1. f ðxÞ ¼ x2 ; Pð1 j 1Þ
f 0 ðxÞ ¼ 2x ) f 0 ð1Þ ¼ 2 Ein Extremum liegt vor, wenn die erste an der Stel-
Die Gleichung der Tangente an die Kurve im Punkt Pð1 j 1Þ le a nicht verschwindende Ableitung von gerader
lautet somit y ¼ 2ðx  1Þ þ 1 ¼ 2x  1: Ordnung ist.
2. f ðxÞ ¼ x3  2x þ 1; Pð1 j 0Þ
Dieses relative Extremum ist ein relatives Minimum,
f 0 ðxÞ ¼ 3x2  2 ) f 0 ð1Þ ¼ 1
Die Gleichung der Tangente an die Kurve im Punkt Pð1 j 0Þ wenn im ersten Fall f 00 ðaÞ > 0 und im zweiten Fall
lautet somit y ¼ 1  ðx  1Þ þ 0 ¼ x  1: f ðnÞ ðaÞ > 0 gilt. Das relative Extremum ist ein relati-
ves Maximum, wenn im ersten Fall f 00 ðaÞ < 0 und im
4.7 Extremwerte von Funktionen zweiten Fall f ðnÞ ðaÞ < 0 gilt.
Geometrisch bedeutet f 0 ðaÞ ¼ 0, daß die Tangente
Eine Funktion y ¼ f ðxÞ besitzt an der Stelle x ¼ a
an die Kurve der Funktion im Punkt Pða j f ðaÞÞ waa-
ein relatives Maximum, wenn es eine Umgebung
gerecht, also parallel zur x-Achse, verläuft.
von a gibt, in der alle Funktionswerte kleiner als an
der Stelle x ¼ a sind. Dieser Funktionswert f ðaÞ & Beispiele:
heißt relatives Maximum. Es gilt dann f ðxÞ < f ðaÞ 1. f ðxÞ ¼ x2
für alle x 6¼ a aus einer passenden Umgebung von a. f 0 ðxÞ ¼ 2x; f 00 ðxÞ ¼ 2
Alle benachbarten Funktionswerte sind also kleiner f 0 ðxÞ ¼ 0 ) x ¼ 0
f 00 ð0Þ ¼ 2 > 0 ) f ð0Þ ¼ 0 ist ein relatives Minimum von
als f ðaÞ. y ¼ f ðxÞ
2. f ðxÞ ¼ x4 þ 1
..
Relatives Maximum f ðaÞ f ðxÞ < f ðaÞ ur x 6¼ a
fu f 0 ðxÞ ¼ 4x3 ; f 00 ðxÞ ¼ 12x2 ; f 000 ðxÞ ¼ 24x; f ð4Þ ðxÞ ¼ 24
f 0 ðxÞ ¼ 0 ) x ¼ 0
f 00 ð0Þ ¼ f 000 ð0Þ ¼ 0; f ð4Þ ð0Þ ¼ 24 < 0 ) f ð0Þ ¼ 0 ist ein rela-
Entsprechend besitzt eine Funktion y ¼ f ðxÞ an der tives Maximum von y ¼ f ðxÞ
Stelle x ¼ a ein relatives Minimum, wenn es eine 3. f ðxÞ ¼ x3  4x2 þ 4x ¼ xðx  2Þ2
Umgebung von a gibt, in der alle Funktionswerte f 0 ðxÞ ¼ 3x2  8x þ 4; f 00 ðxÞ ¼ 6x  8
größer als an der Stelle x ¼ a sind. Der Funktions- f 0 ðxÞ ¼ 0 ) 3x2 8x þ 4 ¼ 0 ) x1 ¼ 2; x2 ¼
2
3
wert f ðaÞ heißt dann relatives Minimum. Für ein rela- 00
f ð2Þ ¼ 4 > 0; f 00 2
¼ 4 < 0 ) f ðx1 Þ ¼ f ð2Þ ¼ 0 ist ein re-
3  
tives Minimum gilt analog f ðxÞ > f ðaÞ für alle x 6¼ a 2 32
latives Minimum und f ðx2 Þ ¼ f ¼ ist ein relatives
aus einer geeigneten Umgebung von a. Alle benach- Maximum von y ¼ f ðxÞ
3 27
barten Funktionswerte sind also größer als f ðaÞ. 4. f ðxÞ ¼ x  3x þ 3x
3 2

f 0 ðxÞ ¼ 3x2  6x þ 3 ¼ 3ðx  1Þ2 ; f 00 ðxÞ ¼ 6x  6; f 000 ðxÞ ¼ 6


.. f 0 ðxÞ ¼ 0 ) x ¼ 1
Relatives Minimum f ðaÞ f ðxÞ > f ðaÞ ur x 6¼ a
fu
f 00 ð1Þ ¼ 0; f 000 ð1Þ ¼ 6 ) f ðxÞ besitzt kein relatives Extremum,
bei x ¼ 1 liegt der Sattelpunkt P ¼ ð1 j 1Þ, also ein Wende-
Es handelt sich bei einem relativen Maximum oder
punkt mit waagerechter Tangente (vgl. Abschnitt VIII.4.8).
einem relativen Minimum um eine lokale Eigen-
schaft, denn es wird nur eine Umgebung von x ¼ a
betrachtet. 4.8 Krümmungsverhalten von Funktionen
Das absolute oder globale Maximum einer Funktion Das Krümmungsverhalten einer Funktion ist die
y ¼ f ðxÞ, die in einem abgeschlossenen Intervall Verteilung von konvexen und konkaven Bereichen
½c; d differenzierbar ist, ist entweder ein relatives der Kurve der Funktion.
Maximum, oder es wird am Rand, also für x ¼ c Eine Funktion y ¼ f ðxÞ heißt an der Stelle x ¼ a
oder x ¼ d, angenommen. Entsprechend ist das ab- von unten konvex, wenn alle Punkte der Kurve der
solute oder globale Minimum ein relatives Mini- Funktion in einer Umgebung von a oberhalb der
mum, oder es wird an einem der Intervallränder Tangente im Punkt Pða j f ðaÞÞ liegen.
x ¼ c oder x ¼ d angenommen. In einem von unten konvexen Bereich ist die Ab-
Ein Extremwert einer Funktion ist ein Funktions- leitungsfunktion y0 ¼ f 0 ðxÞ monoton wachsend.
wert f ðaÞ, der ein relatives Minimum oder ein relati- Die Funktion y ¼ f ðxÞ hat dort eine Linkskrüm-
VIII Differential- und Integralrechnung 145

mung (der Graph macht in x-Richtung eine Links- y


Δa
kurve). y = f(x)
Entsprechend heißt die Funktion an der Stelle x ¼ a
von unten konkav (oder von oben konvex), wenn
alle Punkte der Kurve der Funktion in einer Um-
gebung von a unterhalb der Tangente im Punkt a1
y1
Pða j f ðaÞÞ liegen. Δs
P1
In einem von unten konkaven Bereich ist die Ablei- y
tungsfunktion y0 ¼ f 0 ðxÞ monoton fallend. Die Funk- a
P
tion y ¼ f ðxÞ hat dort eine Rechtskrümmung (der x x1 x
Graph macht in x-Richtung eine Rechtskurve). Bild VIII-9: Zur Definition der Krümmung
einer Kurve
y
4.9 Wendepunkte von Funktionen
konvex konvex
Ein Wendepunkt einer Funktion y ¼ f ðxÞ ist ein
(f ′′ > 0) (f ′′ > 0)
konkav y = f (x) Punkt Pða j f ðaÞÞ, in dem sich das Krümmungsver-
(f ′′ < 0) halten der Kurve ändert. In einem Wendepunkt fin-
0 x det der bergang von einem konvexen zu einem
konkaven Bereich oder umgekehrt statt. Die Kurve
liegt in der unmittelbaren Nähe eines Wendepunk-
tes nicht auf einer Seite der Tangente, sondern wird
Bild VIII-8 Konkave und konvexe Bereiche
von dieser durchsetzt.
der Funktion y ¼ f ðxÞ
Eine notwendige Bedingung für die Existenz eines
Wendepunktes Pða j f ðaÞÞ einer Funktion y ¼ f ðxÞ ist
Die Krümmung einer Funktion ist die Abweichung das Verschwinden der zweiten Ableitung im Wende-
der Kurve der Funktion von der Geraden. punkt, also f 00 ðaÞ ¼ 0 (falls sie existiert). Zur Bestim-
Die Krümmung der Kurve der Funktion y ¼ f ðxÞ im mung der Wendepunkte müssen alle x berechnet
Punkt Pðx j yÞ ist definiert als der Grenzwert j des werden, die die Gleichung f 00 ðxÞ ¼ 0 erfüllen.
Quotienten aus der Differenz der Steigungswinkel Eine hinreichende Bedingung für einen Wendepunkt
a1 ; a der Tangenten durch einen Punkt P1 und durch ist, daß die dritte Ableitung von Null verschieden ist,
P an die Kurve und der Länge Ds des Kurvenbogens also f 000 ðaÞ ¼
6 0. Gilt jedoch auch f 000 ðaÞ ¼ 0, so hat f ðxÞ
zwischen den Punkten (falls der Grenzwert existiert): an der Stelle a einen Wendepunkt, wenn es ein ungera-
des n gibt, so daß f 00 ðaÞ ¼ f 000 ðaÞ ¼ . . . ¼ f ðn  1Þ ðaÞ
a1  a Da da ¼ 0; f ðnÞ ðaÞ ¼ 6 0 (n ungerade). Ein Wendepunkt liegt
j ¼ lim ¼ lim ¼
P1 ! P Ds P1 ! P Ds ds vor, wenn die erste an der Stelle a nicht verschwinden-
de Ableitung von ungerader Ordnung ist.
Die Krümmung einer Funktion ist in einem konve- Falls in einem Wendepunkt Pða j f ðaÞÞ auch noch die
xen Bereich (Linkskurve) positiv, in einem konka- erste Ableitung verschwindet, wenn also zusätzlich
ven Bereich (Rechtskurve) negativ. Für eine Gerade f 0 ðaÞ ¼ 0 gilt, dann ist dort die Tangente waagerecht.
gilt j ¼ 0. Ein solcher Wendepunkt heißt Sattelpunkt.
Mit Hilfe der Kettenregel berechnet man für die & Beispiele:
Krümmung in einen Punkt Pðx j yÞ der Funktion 1. f ðxÞ ¼ x3  4x2 þ 4x ¼ xðx  2Þ2
y ¼ f ðxÞ: f 0 ðxÞ ¼ 3x2  8x þ 4; f 00 ðxÞ ¼ 6x  8; f 000 ðxÞ ¼ 6
4
f 00 ðxÞ ¼ 0 ) 6x  8 ¼ 0 ) x ¼
  3
f 00 ðxÞ f 00 ðxÞ f 000
4
¼ 6 6¼ 0 ) bei x ¼
4
j¼ ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 3 3 3
liegt der Wendepunkt
3
½ 1 þ f 02 ðxÞ    !  !
½1 þ f 02 ðxÞ2 4  4 4  16
P¼ f ¼ 
3  3 3  27
2. f ðxÞ ¼ x3  3x2 þ 3x
1 f 0 ðxÞ ¼ 3x2  6x þ 3 ¼ 3ðx  1Þ2 ; f 00 ðxÞ ¼ 6x  6; f 000 ðxÞ ¼ 6
Für j 6¼ 0 heißt r ¼ Krümmungsradius und der
jjj f 00 ðxÞ ¼ 0 ) x ¼ 1
Kreis mit diesem Radius Krümmungskreis der Kur- f 000 ð1Þ ¼ 6 6¼ 0 ) f ðxÞ besitzt bei x ¼ 1 einen Wendepunkt
Da auch f 0 ð1Þ ¼ 0 gilt, ist dort die Tangente waagerecht, und
ve im Punkt Pðx j yÞ.
somit ist P ¼ ð1 j 1Þ ein Sattelpunkt.
3. f ðxÞ ¼ x5
& Beispiel: f 0 ðxÞ ¼ 5x4 ; f 00 ðxÞ ¼ 20x3 ; f 000 ðxÞ ¼ 60x2 ;
f ðxÞ ¼ 3x3  1 f ð4Þ ðxÞ ¼ 120x; f ð5Þ ðxÞ ¼ 120
f 0 ðxÞ ¼ 9x2 ; f 00 ðxÞ ¼ 18x f 00 ðxÞ ¼ 0 ) x ¼ 0
Es folgt: j ¼
18x
. f 000 ð0Þ ¼ f ð4Þ ð0Þ ¼ 0; f ð5Þ ð0Þ ¼ 120 6¼ 0
3
ð1 þ 81x4 Þ2 ) f ðxÞ besitzt bei x ¼ 0 einen Wendepunkt
18 Da auch f 0 ð0Þ ¼ 0 gilt, ist dort die Tangente waagerecht, und
Krümmung im Punkt Pð1 j 2Þ zum Beispiel: j ¼ 3 0;0242
822 somit ist P ¼ ð0 j 0Þ ein Sattelpunkt.
146 Mathematik

4.10 Kurvendiskussion 4.11 Anwendungsbeispiele


Eine Kurvendiskussion ist die Untersuchung einer 1. Ein halbrunder Balken soll so besäumt werden,
Funktion y ¼ f ðxÞ bzw. des Graphen der Funktion daß ein rechtwinkliger Balken mit maximalem
auf typische Eigenschaften. Dazu gehören die Un- Widerstandsmoment W entsteht.
tersuchung auf Symmetrie und Monotonie sowie die
Bestimmung von Definitionsbereich, Nullstellen, re- b
lativen Extrema, Wendepunkten, Unstetigkeitsstel-
r h
len und Asymptoten.

& Beispiel: Bild VIII-11 Zu Anwendungsbeispiel 1


1
f ðxÞ ¼ xðx  2Þ3
2 Die Gleichung für das Widerstandsmoment lautet:
Ableitungen:
hb2
1 3
f 0 ðxÞ ¼ ðx  2Þ3 þ xðx  2Þ2 (1) W ¼
2 2 6
1
¼ ðx  2Þ2 ðx  2 þ 3xÞ ¼ ðx  2Þ2 ð2x  1Þ Nach dem Satz des Pythagoras gilt für die Bezie-
2
f 00 ðxÞ ¼ 2ðx  2Þ ð2x  1Þ þ 2ðx  2Þ2
hung zwischen b und h:
 2
¼ ðx  2Þ ð4x  2 þ 2x  4Þ ¼ 6ðx  1Þ ðx  2Þ b
(2) þ h2 ¼ r2
f 000 ðxÞ ¼ 6ðx  1Þ þ 6ðx  2Þ ¼ 6ð2x  3Þ 2
Definitionsbereich: Auflösen von Gleichung (2) nach b2 :
D¼R b2 ¼ 4ðr2  h2 Þ
Nullstellen: Einsetzen in (1):
1 h 2
f ðxÞ ¼ xðx  2Þ3 ¼ 0 ) x1 ¼ 0; x2 ¼ 2
2 W ¼  4ðr2  h2 Þ ¼ ðr2 h  h3 Þ
6 3
Relative Extremwerte: Da r eine feste Größe ist, hängt W nur von h ab,
1 das heißt, W ist eine Funktion von h: W ¼ WðhÞ.
f 0 ðxÞ ¼ ðx  2Þ2 ð2x  1Þ ¼ 0 ) x3 ¼ 2; x4 ¼
2 Notwendige Voraussetzung für ein Maximum von
f 00 ðx3 Þ ¼ f 00 ð2Þ ¼ 0; f 000 ð2Þ ¼ 6 > 0 (n ungerade) ) bei x3 ¼ 2 W ist das Verschwinden der Ableitung: W 0 ¼ 0.
Wendepunkt; wegen f 0 ð2Þ ¼ 0 ist Pð2 j 0Þ ein Sattelpunkt 2
  Berechnung der Ableitung: W 0 ðhÞ ¼ ðr2  3h2 Þ
1 1 3 2 3
f 00 ðx4 Þ ¼ f 00 ¼6   >0
2 2 2 W 0 ðhÞ ¼ 0 ) ðr2  3h2 Þ ¼ 0 ) r 2  3h2 ¼ 0
1 1 pffiffi
ffi3
) Minimum bei x4 ¼
2 )h¼ r 3
Wendepunkte:
3
f 00 ðxÞ ¼ 6ðx  1Þ ðx  2Þ ¼ 0 ) x5 ¼ 1; x6 ¼ x3 ¼ 2 (Da die Höhe h nicht negativ sein kann, kommt
f 000 ðx5 Þ ¼ f 000 ð1Þ ¼
6 0 ) Wendepunkt bei x5 ¼ 1 für das Maximum nur das positive Vorzeichen in
Sattelpunkt bei x6 ¼ x3 ¼ 2 (siehe oben) 1 pffiffiffi
Frage.) Wegen W 00 ðhÞ ¼ 4h ist für h ¼ r 3
Zusammenfassung: 3
1 die zweite Ableitung negativ, es liegt also ein
Die Funktion f ðxÞ ¼ xðx  2Þ3 hat die Nullstellen x1 ¼ 0 und
2     Maximum vor.
1 1 1 3 3 27
x2 ¼ 2, das relative Minimum f ¼    ¼ , Ergebnis:
1 pffiffiffi 2 pffiffiffi
   2 2 2 2 32
 1 1 1
den Wendepunkt P 1   denn f ð1Þ ¼  1  ð1Þ3 ¼  h ¼ r 3 und b ¼ r 6 sind die Abmessun-
2 2 2 3 3
und den Sattelpunkt Pð2 j 0Þ. Die Funktion besitzt keine Unstetig- gen für das maximale  Widerstandsmoment,
 es
keitsstellen und Asymptoten, sie ist weder zur y-Achse noch zum 2 p ffiffi
ffi 1 4 3 pffiffiffi
Koordinatenursprung symmetrisch. Die Funktion ist streng mono- beträgt W ¼ r 3 r2  r2 ¼ r 3.
 9 3 27
1
ton fallend im Intervall 1; und streng monoton wachsend 2. Aus einem kreiskegelförmigen Stück Holz soll
 2
im Intervall
1
;1 .
ein Zylinder größtmöglichen Rauminhalts (Ge-
2 wichts) gedreht werden. Welchen Radius x und
welche Höhe y hat dieser Zylinder, wenn r der
y Radius und h die Höhe des Kegels sind?
Bild VIII-12
Zu Anwendungsbeispiel 2
1
h
x h–y
0 1 2 x

y
Bild VIII-10 Graph der Funktion
1 x
f ðxÞ ¼ xðx  2Þ3 r
2
VIII Differential- und Integralrechnung 147

(1) V ¼ px2 y Zylindervolumen x2  x3 f ðx2 Þ


Das folgt aus ¼ , was sich mit
hy h x2  x1 f ðx2 Þ  f ðx1 Þ
ð2Þ ¼ Beziehung zwischen x und y
x r dem zweiten Strahlensatz ergibt.
Die Beziehung zwischen x und y folgt aus der
hnlichkeit der schraffierten Dreiecke.
 x
y
Auflösen von (2) nach y: y ¼ h 1 
r
Einsetzen in (1):
  
x 1
V ¼ px2 h 1  ¼ ph x2  x3 x 1 x0
r r
x3 x2 x
h ist eine feste Größe, V ist also eine Funktion
der Variablen x: V ¼ VðxÞ.
Berechnung der Ableitung:
  Bild VIII-13 Regula falsi
3
V 0 ðxÞ ¼ ph 2x  x2
r
    Dieses Verfahren läßt sich zur Bestimmung immer
0 3 3
V ðxÞ ¼ 0 ) ph 2x  x2 ¼ phx 2  x ¼ 0 besserer Näherungslösungen für die Nullstelle x0 be-
r r liebig oft wiederholen. Im nächsten Schritt wendet
2 man das Verfahren auf x3 und den Wert x1 oder x2
) x1 ¼ 0 und x2 ¼ r
3
  an, dessen Funktionswert ein von f ðx3 Þ verschiede-
6 nes Vorzeichen hat.
Wegen V 00 ðxÞ ¼ ph 2  x gilt V 00 ðx1 Þ > 0
r Diese Methode zur Bestimmung von Näherungswer-
und V 00 ðx2 Þ < 0, das heißt, bei x1 liegt ein Mini- ten einer Nullstelle einer stetigen Funktion heißt
mum und bei x2 ein Maximum vor. auch Sekantenverfahren.
Ergebnis:
& Beispiel:
2 1
x ¼ r und y ¼ h sind Radius und Höhe des f ðxÞ ¼ x3 þ 2x2 þ 10x  20
3 3 Für x1 ¼ 1 und x2 ¼ 1;5 gilt f ðx1 Þ ¼ f ð1Þ ¼ 7 und
gesuchten Zylinders, das maximale Zylindervolu- f ðx2 Þ ¼ f ð1;5Þ ¼ 2;875. Eine bessere Näherungslösung für die
4 Nullstelle von f ðxÞ, die zwischen 1 und 1,5 liegt, erhält man mit
men beträgt V ¼ pr2 h.
27 Regula falsi:
1;5  1
x3 ¼ 1;5  2;875
2;875  ð7Þ
4.12 Näherungsverfahren zur Nullstellen- ¼ 1;5 
0;5
2;875 ¼ 1;3544 . . .
bestimmung 9;875
Wegen f ðx3 Þ ¼ 0;3020 . . . < 0 läßt sich im nächsten Schritt das
In vielen Fällen ist es nicht möglich oder nicht not- Verfahren auf x3 und x2 anwenden:
wendig, die Nullstellen von Funktionen exakt zu be- x3  x2
x4 ¼ x3  f ðx3 Þ
rechnen. Gerade in vielen praktischen Anwendun- f ðx3 Þ  f ðx2 Þ
1;3544 . . .  1;5
gen genügen oftmals angenäherte Werte. Zur ¼ 1;3544 . . .  ð0;3020 . . .Þ
0;3020 . . .  2;875
Bestimmung solcher sogenannten Näherungslösun- ¼ 1;3682 . . .
gen gibt es eine Reihe von Näherungsverfahren. Es gilt f ðx4 Þ ¼ 0;0113 . . ., das heißt, x4 ist schon eine gute Nähe-
rung für die Nullstelle x0 .
4.12.1 Regula falsi Will man die Näherung weiter verbessern, so wendet man Regula
falsi im nächsten Schritt auf x4 und x2 an ( f ðx4 Þ und f ðx3 Þ haben
Regula falsi ist ein Verfahren zur näherungsweisen dasselbe Vorzeichen, deshalb kann das Verfahren nicht auf x4
Bestimmung einer Nullstelle einer stetigen Funk- und x3 angewandt werden).
tion.
Für eine stetige Funktion y ¼ f ðxÞ wird eine Null- 4.12.2 Newtonsches Verfahren
stelle, also eine Stelle x0 mit f ðx0 Þ ¼ 0, gesucht. Sind Das Newtonsche Verfahren ist eine Methode zur nä-
x1 und x2 zwei Stellen in der Nähe der Nullstelle x0, herungsweisen Bestimmung einer Nullstelle einer
deren Funktionswerte unterschiedliche Vorzeichen stetig differenzierbaren Funktion.
haben (also f ðx1 Þ  f ðx2 Þ < 0), dann erhält man eine Bei diesem Verfahren wird die Funktion in der
bessere Näherung, indem man durch die Punkte Nähe einer Nullstelle nicht durch eine Sekante wie
P1 ðx1 j f ðx1 ÞÞ und P2 ðx2 j f ðx2 ÞÞ die Verbindungs- bei Regula falsi, sondern durch eine Tangente er-
gerade (Sekante) legt. Der Schnittpunkt x3 der Ver- setzt.
bindungsgeraden mit der x-Achse liefert einen ver- Für eine stetig differenzierbare Funktion y ¼ f ðxÞ
besserten Näherungswert für die Nullstelle x0. wird eine Nullstelle, also eine Stelle x0 mit f ðx0 Þ ¼ 0
x2  x1 gesucht. Ist x1 eine Stelle in der Nähe der Nullstelle
x3 ¼ x2  f ðx2 Þ x0 , dann ersetzt man die Funktion durch die Tan-
f ðx2 Þ  f ðx1 Þ
gente in dem Punkt Pðx1 j f ðx1 ÞÞ. Der Schnittpunkt
148 Mathematik

x2 dieser Tangente mit der x-Achse ergibt einen tionsbereich eine Stammfunktion von f ðxÞ, wenn für
neuen Näherungswert für die Nullstelle x0. alle x 2 I gilt

f ðx1 Þ F 0 ðxÞ ¼ f ðxÞ


x2 ¼ x1 
f 0 ðx1 Þ
Die Funktion f ðxÞ heißt dann integrierbar.
Damit x2 tatsächlich ein besserer Näherungswert als Ist FðxÞ eine Stammfunktion von f ðxÞ, so ist auch
x1 für die Nullstelle x0 ist, muß in der Umgebung FðxÞ þ c für eine beliebige Konstante c eine Stamm-
 f ðxÞ  f 00 ðxÞ funktion, denn eine additive Konstante verschwindet
 
von x0 die Bedingung   < 1 erfüllt sein. bei der Differentiation. Somit ist fFðxÞ þ C j C 2 Rg
 ½ f 0 ðxÞ2 
die Menge aller Stammfunktionen von f ðxÞ. Stamm-
y funktionen sind also bis auf eine additive Konstante
eindeutig bestimmt.
& Beispiele:
1. Funktion: f ðxÞ ¼ x2  2x  3
1
Stammfunktion: FðxÞ ¼ x3  x2  3x, aber zum Beispiel
1 3 3
auch F1 ðxÞ ¼ x  x  3x þ 5
2
3
x0 2. Funktion: f ðxÞ ¼ sin x
Stammfunktion: FðxÞ ¼ cos x oder etwa F1 ðxÞ ¼ cos x þ 3
x1 x2 x3 x
3. Funktionen: f ðxÞ ¼ xk ðk 2 R; k 6¼ 1Þ
Bild VIII-14 Newtonsches Verfahren xk þ 1
Stammfunktionen: FðxÞ ¼ þ C ðC 2 RÞ
kþ1
1
4. Funktion: f ðxÞ ¼ x1 ¼
Dasselbe Verfahren läßt sich auch auf x2 anwenden. x
Stammfunktionen: FðxÞ ¼ ln x þ C ðC 2 RÞ
Man erhält als weitere Verbesserung den Wert
f ðx2 Þ 5. Funktion: f ðxÞ ¼ ex
x3 ¼ x2  0 : Allgemein findet man durch folgen- Stammfunktionen: f ðxÞ ¼ ex þ C ðk 2 RÞ
f ðx2 Þ
de Iterationsvorschrift aus x1 eine Folge von verbes-
serten Näherungswerten x2 ; x3 ; x4 ; . . . für die Null- Die Gesamtheit aller Stammfunktionen FðxÞ þ C
stelle x0. heißt unbestimmtes Integral der Funktion y ¼ f ðxÞ,
gesprochen: Integral über f ðxÞ dx und geschrieben
f ðxk Þ Ð
xk þ 1 ¼ xk  ; k ¼ 1; 2; 3; . . . f ðxÞ dx ¼ FðxÞ þ C
f 0 ðxk Þ
Ð
Diese Methode zur Bestimmung von Näherungswer- Das Zeichen heißt Integralzeichen, und f ðxÞ heißt
ten einer Nullstelle einer stetig differenzierbaren Integrand. Die Variable x nennt man Integrations-
Funktion heißt Newtonsches Verfahren (nach dem variable und C Integrationskonstante.
englischen Mathematiker Isaac Newton, 1642––1727) Die Konstante C soll andeuten, daß FðxÞ durch die
oder auch Tangentenverfahren. Funktion f ðxÞ bis auf eine additive Konstante be-
stimmt ist.
& Beispiel:
f ðxÞ ¼ x3 þ 2x2 þ 10x  20 & Beispiele:
ð
1
Wegen f 0 ðxÞ ¼ 3x2 þ 4x þ 10 erhält man die Iterationsvorschrift 6. x3 dx ¼ x4 þ C
4
x3k þ 2x2k þ 10xk  20 Ð
x k þ 1 ¼ xk  7. cos x dx ¼ sin x þ C
3x2k þ 4xk þ 10 ð
1 1 3
8. ðx4  3x2 þ 1Þ dx ¼ x5  3  x þxþC
Für die Anfangsnäherung x1 ¼ 1 gilt f ðx1 Þ ¼ f ð1Þ ¼ 7, und man 5 3
berechnet 1 5
¼ x x þxþC
3
5
x2 ¼ 1;4117 . . . mit f ðx2 Þ ¼ 0;9175 . . . ;
x3 ¼ 1;3693 . . . mit f ðx3 Þ ¼ 0;0111 . . . ;
5.2 Integrationsregeln
x4 ¼ 1;3688 . . . mit f ðx4 Þ ¼ 0;000 001 . . .

Die Zahl x4 ist also schon eine sehr gute Näherung für die Null-
Die folgenden Integrationsregeln zur Berechnung
stelle x0 . der unbestimmten Integrale von Funktionen lassen
sich durch Differentiation der entsprechenden Glei-
chung beweisen.
5 Integralrechnung 1. Faktorregel
5.1 Unbestimmtes Integral Ein konstanter Faktor im Integranden kann vor
das Integralzeichen gezogen werden.
Ist y ¼ f ðxÞ eine Funktion mit einem Intervall I als
Definitionsbereich, dann heißt eine differenzierbare Ð Ð
cf ðxÞ dx ¼ c f ðxÞ dx ðc 2 RÞ
Funktion FðxÞ mit demselben Intervall I als Defini-
VIII Differential- und Integralrechnung 149

& Beispiel:
ð ð woraus mit der Summenregel der Integralrech-
1 2 3
1. 3x dx ¼ 3 x dx ¼ 3  x þ C ¼ x2 þ C nung die Behauptung folgt.
2 2
Mit
Ð dieser Methode wird ein Integral der Form
2. Potenzregel uðxÞ v0 ðxÞ
Ð dx auf das oft leichter berechenbare
ð Integral u0 ðxÞ vðxÞ dx zurückgeführt.
1
xn dx ¼ xn þ 1 þ C
nþ1 & Beispiele:
Ð
5. ln x dx
1
Beweis: Setzt man uðxÞ ¼ ln x und v0 ðxÞ ¼ 1, dann ist u0 ðxÞ ¼
  und vðxÞ ¼ x, und es ergibt sich
x
d 1 ð ð ð
xn þ 1 þ C ¼ xn 1
dx n þ 1 ln x dx ¼ 1  ln x dx ¼ x  ln x  x 
ð x
dx

¼ x  ln x  dx ¼ x  ln x  x þ C
& Beispiel: Ð x
6. xe dx
ð
1 Setzt man uðxÞ ¼ x und v0 ðxÞ ¼ ex , dann ist u0 ðxÞ ¼ 1 und
2. x5 dx ¼ x6 þ C
6 vðxÞ ¼ ex , und es folgt
Ð x Ð
xe dx ¼ xex  1  ex dx ¼ xex  ex þ C ¼ ðx  1Þ ex þC
3. Summenregel Ð
7. x  cos x dx
Das unbestimmte Integral einer Summe ist gleich
Setzt man uðxÞ ¼ x und v0 ðxÞ ¼ cos x, dann ist u0 ðxÞ ¼ 1
der Summe der unbestimmten Integrale (falls und vðxÞ ¼ sin x, und es ergibt sich
Ð Ð
Stammfunktionen existieren). x  cos x dx ¼ x  sin x  1  sin x dx ¼ x  sin x þ cos x þ C
Ð n
x  ln x dx ðn 2 NÞ
Ð Ð Ð 8.
1
ð f ðxÞ þ gðxÞÞ dx ¼ f ðxÞ dx þ gðxÞ dx Setzt man uðxÞ ¼ ln x und v0 ðxÞ ¼ xn , dann ist u0 ðxÞ ¼
x
xnþ1
und vðxÞ ¼ , und es ergibt sich
nþ1
ð ð
& Beispiel: xn þ 1 1 xn þ 1
xn  ln x dx ¼  ln x   dx
ð ð ð ð nþ1 x nþ1
ð
3: ð4x3  3x2 þ 5Þ dx ¼ 4x3 dx  3x2 dx þ 5 dx xn þ 1 1
¼  ln x  n
x dx
ð ð ð nþ1 nþ1
¼ 4 x3 dx  3 x2 dx þ 5 dx xn þ 1 1
¼  ln x  xn þ 1 þ C
1 4 1 3 nþ1 ðn þ 1Þ2
¼4 x 3 x þ 5x þ C
4 3
¼x 4
x3
þ 5x þ C 6. Substitutionsmethode
Durch Substitution x ¼ jðtÞ der unabhängigen
4. Ist der Integrand ein Bruch, in dem der Zähler Variablen einer Funktion y ¼ f ðxÞ, also Einfüh-
die Ableitung des Nenners ist, dann ist das un- rung einer neuen Variablen t, ergibt sich für das
bestimmte Integral gleich dem natürlichen Log- unbestimmte Integral
arithmus des Nenners.
Ð Ð
ð f ðxÞ dx ¼ f ðjðtÞÞ j0 ðtÞ dt
f 0 ðxÞ
dx ¼ ln f ðxÞ þ C
f ðxÞ
Durch geeignete Substitution kann das Integral
Beweis: auf der rechten Seite der Gleichung einfacher zu
Nach der Kettenregel zur Differentiation zusam- Ðberechnen sein als das Ausgangsintegral
mengesetzter Funktionen gilt: f ðxÞ dx. Die Substitution muß so gewählt sein,
d f 0 ðxÞ daß x ¼ jðtÞ nach t differenzierbar ist.
ð ln f ðxÞ þ CÞ ¼
dx f ðxÞ
& Beispiele:
& Beispiel: ð
dx
ð 9.
2x þ 3 ð2 þ 3xÞ2
4. dx ¼ ln ðx2 þ 3x  5Þ þ C
x2 þ 3x  5 t2
Substituiert man 2 þ 3x ¼ t; also x ¼ jðtÞ ¼ , dann
3
5. Partielle Integration dx 1 dt
ist j0 ðtÞ ¼ ¼ oder dx ¼ , und es ergibt sich
Läßt sich die Funktion f ðxÞ als Produkt zweier ð
dt
ð
3 3
Funktionen gðxÞ ¼ uðxÞ und hðxÞ ¼ v0 ðxÞ darstel- dx
¼ 2
1 dt 1
¼ þC ¼ 
1 1
þC
ð2 þ 3xÞ2 t 3 3t 3 2 þ 3x
len, also f ðxÞ ¼ gðxÞ  hðxÞ ¼ uðxÞ  v0 ðxÞ, dann gilt
Ð n
10. ð1 þ xÞ dx ðn 2 NÞ
Ð Ð dx
uðxÞ v0 ðxÞ dx ¼ uðxÞ vðxÞ  u0 ðxÞ vðxÞ dx Substituiert man x ¼ jðtÞ ¼ t  1, dann ist j0 ðtÞ ¼
dt
¼ 1,
also dx ¼ dt, und es ergibt sich
ð ð
tn þ 1 ðx þ 1Þn þ 1
Beweis: ð1 þ xÞn dx ¼ tn dt ¼ þC ¼ þC
nþ1 nþ1
Mit der Produktregel der Differentialrechnung Ð 2
ergibt sich 11. ðx þ 7Þ8  x dx pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Substituiert man x2 þ 7 ¼ t, also x ¼ jðtÞ ¼ t  7, dann
d
ðuðxÞ  vðxÞÞ ¼ u0 ðxÞ  vðxÞ þ uðxÞ  v0 ðxÞ; ist nach der Kettenregel j0 ðtÞ ¼
dx 1 1
¼  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  1 oder
dx dt 2 t7
150 Mathematik

ð
dt 1 12x3  27x2  8x þ 37
dx ¼  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi , und es ergibt sich 15. dx
2 t7 3x2  3x  6
ð ð pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dt ð
1 1 Polynomdivision ergibt für den Integranden:
ðx2 þ 7Þ8  x dx ¼ t 8  t  7   pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ t8 dt
2 t7 2
12x3  27x2  8x þ 37 xþ7
¼ 4x  5 þ
1 1 9 1 2 3x2  3x  6 3ðx2  x  2Þ
¼   t þC ¼ ðx þ 7Þ9 þ C
2 9 18 Nullstellen des Nenners: x1 ¼ 2; x2 ¼ 1
Zerlegung des Nennerpolynoms:
Das letzte Integral läßt sich noch einfacher be- x2  x  2 ¼ ðx  2Þ ðx þ 1Þ
rechnen, wenn man die obige Substitutionsglei- Ansatz zur Zerlegung des Bruches in Partialbrüche:
chung von rechts nach links liest (mit der Substi- xþ7 A B
¼ þ
tution u ¼ jðxÞ). 3ðx2  x  2Þ x  2 x þ 1
Multiplikation mit dem Hauptnenner:
Ð Ð x þ 7 ¼ 3Aðx þ 1Þ þ 3Bðx  2Þ
f ðjðxÞÞ j0 ðxÞ dx ¼ f ðuÞ du
¼ ð3A þ 3BÞ x þ ð3A  6BÞ
Vergleich der Koeffizienten von x und der Absolutglieder:
1 ¼ 3A þ 3B; 7 ¼ 3A  6B
& Beispiel:
Lösung dieses Gleichungssystems mit zwei Gleichungen
ð ð und zwei Variablen A und B:
1 1 9
11: ðx2 þ 7Þ8  x dx ¼ u8 du ¼ u þC 2
2 18 A ¼ 1; B ¼ 
1 2 3
¼ ðx þ 7Þ9 þ C Damit ergibt sich für das unbestimmte Integral:
18 ð ð ð ð
mit der Substitution u ¼ x2 þ 7, woraus du ¼ 2x dx folgt. 12x3  27x2  8x þ 37 1
2  3x  6
dx ¼ 4x dx  5 dx þ dx
ð 3x x2
Spezialfall 2 2
 dx ¼ 2x  5x þ ln ðx  2Þ  ln ðx þ 1Þ þ C
2
3ðx þ 1Þ 3
ð
½ f ðxÞn þ 1
½ f ðxÞn  f 0 ðxÞ dx ¼ þ C ðn 6¼ 1Þ
nþ1 5.3 Unbestimmte Integrale
einiger algebraischer Funktionen
& Beispiel: Mit den Integrationsregeln aus Abschnitt VIII.5.2
ð ð
lassen sich die unbestimmten Integrale von algebrai-
12: cos5 x  sin x dx ¼  cos5 x  ðsin xÞ dx
schen Funktionen berechnen.
1
¼ cos6 x þ C
6 Rationale Funktionen
7. Partialbruchzerlegung Ð
a dx ¼ ax þ C
Die Integration gebrochener rationaler Funktio- ð
1
nen y ¼ f ðxÞ mit x dx ¼ x2 þ C
2
an xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a2 x2 þ a1 x þ a0 ð
f ðxÞ ¼ xn þ 1
bm xm þ bm  1 xm  1 þ . . . þ b2 x2 þ b1 x þ b0 x dx ¼
n
þC
ð n þ1
wird oftmals durch eine Partialbruchzerlegung ðan xn þ an  1 xn  1 þ . . . þ a1 x þ a0 Þ dx
von f ðxÞ (siehe Abschnitt V.5.2) einfacher oder
an an  1 n a1
überhaupt erst möglich. ¼ xn þ 1 þ x þ . . . þ x2 þ a0 x þ C
ð nþ1 n 2
&
1
Beispiele: dx ¼ ln x þ C ðx > 0Þ
ð 2
13.
6x  x þ 1
dx
ð x
x3  x 1 1 1
dx ¼  þ C ðn 6¼ 1Þ
Partialbruchzerlegung der Funktion liefert (vgl. Ab- xn n  1 xn  1
schnitt V.5.2, Beispiel 3): ð m mþ1
x 1 x
6x2  x þ 1 1 3 4 dx ¼ þ C ðn 6¼ m þ 1Þ
x3  x
¼ þ þ
x x1 xþ1
xn m  n þ 1 xn
Mit der Summenregel folgt:
ð 2 ð ð ð Irrationale Funktionen
6x  x þ 1
dx ¼
1
dx þ
3
dx þ
4 ð
x3  x x x1 xþ1
dx pffiffiffi 2 3
x dx ¼ x2 þ C
¼ ln x þ 3 ln ðx  1Þ þ 4 ln ðx þ 1Þ þ C ð 3
ð
3x2  x þ 1 p ffiffiffi n p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
n nþ1
14. dx
n
x dx ¼ x þC
x3  2x2 þ x nþ1
ð mpffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
m mþ1
Durch Partialbruchzerlegung erhält man (vgl. Ab- x mn x
schnitt V.5.2, Beispiel 2): p ffiffiffi dx ¼ p ffiffiffi þ C
n
x n  m þ mn n
x
3x2  x þ 1 1 2 3
¼ þ þ
x3  2x2 þ x x x  1 ðx  1Þ2
Daraus errechnet sich das unbestimmte Integral der 5.4 Unbestimmte Integrale
Funktion: einiger transzendenter Funktionen
ð ð ð ð
3x2  x þ 1 1 2 3
dx ¼ dx þ dx þ dx Auch für einige transzendente Funktionen lassen
x3  2x2 þ x x x1 ðx  1Þ2
3
sich die unbestimmten Integrale mit den Integrati-
¼ ln x þ 2 ln ðx  1Þ  þC onsregeln aus Abschnitt VIII.5.2 berechnen.
x1
VIII Differential- und Integralrechnung 151

Trigonometrische Funktionen Diese Integraldefinition geht auf Bernhard Riemann


Ð zurück (deutscher Mathematiker, 1826––1866).
sin x dx ¼ cos x þ C
Ð Ðb
cos x dx ¼ sin x þ C Gilt f ðxÞ  0 für alle x 2 ½a; b, dann ist f ðxÞ dx
Ð a
tan x dx ¼ ln jcos xj þ C gleich dem Inhalt des von der Kurve (Graph der
Ð Funktion y ¼ f ðxÞ) und der x-Achse zwischen x ¼ a
cot x dx ¼ ln jsin xj þ C
ð   und x ¼ b berandeten Fläche. Für f ðxÞ  0 für alle
1 p
dx ¼ tan x þ C x 6¼ ð2k þ 1Þ ; k 2 Z Ðb
ð
2
cos x 2 x 2 ½a; b ist f ðxÞ dx der negative Flächeninhalt.
a
1
dx ¼ cot x þ C ðx 6¼ kp; k 2 ZÞ Ðb
sin2 x Besitzt y ¼ f ðxÞ in ½a; b Nullstellen, so ist f ðxÞ dx
a
Exponentialfunktionen die Differenz der Flächeninhalte oberhalb („þ“)
Ð x und unterhalb („“) der x-Achse.
e dx ¼ ex þ C
ð
1
ax dx ¼  ax þ C ða 2 R; a > 0 konstantÞ y
ln a

Logarithmusfunktionen
Ð + y = f(x) +
ln x dx ¼ x  ðln x  1Þ þ C ðx > 0Þ
b
ð a x
1 0
loga x dx ¼  x  ðln x  1Þ þ C – –
ln a
ða 2 R; a > 0 konstant; x > 0Þ

5.5 Bestimmtes Integral Bild VIII-16 Bestimmtes Integral


Ist y ¼ f ðxÞ eine beschränkte Funktion mit einem
abgeschlossenen Intervall als Definitionsbereich, al- Existenz des bestimmten Integrals:
so D ¼ ½a; b, dann ist das bestimmte Integral von Jede in einem Intervall ½a; b stetige Funktion ist
Ðb Pn
dort auch integrierbar. Auch jede im Intervall ½a; b
f ðxÞ definiert durch f ðxÞ dx ¼ lim f ðxk Þ Dxk ,
a n!1 k¼1 beschränkte Funktion, die in ½a; b nur endlich viele
falls dieser Grenzwert existiert und unabhängig von Unstetigkeitsstellen besitzt, ist in diesem Intervall in-
der Wahl der Zahlen xk und xk ist (gesprochen: In- tegrierbar.
tegral von a bis b über f ðxÞ dx). Dabei ist
a ¼ x0 < x1 < . . . < xn ¼ b eine Einteilung (Zerle- & Beispiele:
gung) des Intervalls ½a; b mit Dxk ¼ xk  xk  1 und 1. Für die Funktion f ðxÞ ¼ c; c 2 R; D ¼ ½a; b und eine belie-
xk ; k ¼ 1; 2; . . . ; n, ein beliebiger Zwischenpunkt bige Einteilung a ¼ x0 < x1 < . . . < xn ¼ b des Intervalls
mit xk  1  xk  xk . ½a; b gilt

P
n P
n P
n
lim f ðxk Þ Dxk ¼ lim c  Dxk ¼ lim c ðxk  xk  1 Þ
ðb n!1 k¼1 n!1 k¼1 n!1 k¼1
P
n
¼ lim c  ðb  aÞ
f ðxÞ dx ¼ lim f ðxk Þ Dxk n!1
n!1 k¼1
a Also ist die Funktion f ðxÞ im Intervall ½a; b integrierbar, und
es gilt
Ðb
y c dx ¼ c  ðb  aÞ
a

f(x) 2. Es sei f ðxÞ ¼ x; D ¼ ½a; b: Da f ðxÞ stetig ist, ist f ðxÞ in ½a; b
integrierbar. Wählt man für eine Intervalleinteilung xk ¼
ba
a þ kD mit D ¼ , also a ¼ x0 < x1 ¼ a þ D < x2 ¼ a þ
n
2D < . . . < xn ¼ a þ nD ¼ b, dann folgt Dxk ¼ xk  xk  1 ¼
0 a = x0 x1 x2 ... xk–1 xk xk xk+1 ... xn–1 xn = b x a þ kD  ða þ ðk  1Þ DÞ ¼ D. Wählt man außerdem xk ¼ xk ,
also xk ¼ a þ kD, dann gilt
Bild VIII-15 Zur Definition des bestimmten P
n P
n P
n

Integrals f ðxk Þ Dxk ¼ xk D ¼ ða þ kDÞ D


k¼1 k¼1 k¼1

P
n P
n P
n P
n
¼ aDþ k  D2 ¼ a  D 1 þ D2 k
Die Funktion f ðxÞ heißtÐ dann im Intervall ½a; b inte- k¼1 k¼1 k¼1 k¼1

grierbar. Das Zeichen heißt Integralzeichen. Man  2


ba ba ðn þ 1Þ n
¼a  nþ 
nennt a die untere Integrationsgrenze, b die obere n n 2
Integrationsgrenze, f ðxÞ den Integranden und x die  
ðb  aÞ2 1
¼ aðb  aÞ þ  1þ ;
Integrationsvariable. 2 n
152 Mathematik

P
n P
n ðn þ 1Þ n
denn 1 ¼ n und k¼ . Für das bestimmte Inte- 5.7 Eigenschaften des bestimmten Integrals
k¼1 k¼1 2
gral ergibt sich dann Die folgenden Eigenschaften zur Berechnung des
ðb  ! bestimmten Integrals einer Funktion lassen sich mit
ðb  aÞ2 1 Hilfe der Definition beweisen.
x dx ¼ lim aðb  aÞ þ  1þ
n!1 2 n
a
  1. Vertauschung der Integrationsgrenzen
ðb  aÞ2 1
¼ aðb  aÞ þ lim 1þ
2 n!1 n
Ða Ðb
ðb  aÞ2 b2 a2
¼ aðb  aÞ þ ¼  ;
f ðxÞ dx ¼  f ðxÞ dx
2 2 2 b a
 
1 1
denn es gilt lim 1 þ ¼ 1 þ lim ¼ 1:
n!1 n n!1 n
& Beispiel:
ð2 2
1  1 1
x dx ¼ x2  ¼ 22  62 ¼ 2  18 ¼ 16
2 2 2
5.6 Hauptsatz der Differential- 6
6

ð6  
und Integralrechnung 1 2 6 1 2 1 2
 x dx ¼  x  ¼  6  2 ¼ ð18  2Þ ¼ 16
2 2 2 2
2
Der Hauptsatz der Differential- und Integralrech-
nung liefert den Zusammenhang zwischen bestimm- 2. Zusammenfassen der Integrationsintervalle
tem und unbestimmtem Integral einer Funktion
y ¼ f ðxÞ. Ðb Ðc Ðc
Ist die Funktion y ¼ f ðxÞ mit D ¼ ½a; b im Intervall f ðxÞ dx þ f ðxÞ dx ¼ f ðxÞ dx
a b a
½a; b integrierbar, und besitzt f ðxÞ eine Stammfunk-
tion FðxÞ, so gilt
f(x)

Ðb
f ðxÞ dx ¼ FðbÞ  FðaÞ
a x
a b c

Das bestimmte Integral ist also Funktionswert von Bild VIII-17 Zusammenfassen
F an der oberen Intervallgrenze minus Funktions- der Integrationsintervalle
wert von F an der unteren Intervallgrenze. Dabei ist
& Beispiel:
FðxÞ eine beliebige Stammfunktion von f ðxÞ. p
Ðp Ð2 Ðp
cos x dx ¼ cos x dx þ cos x dx
Statt FðbÞ  FðaÞ schreibt man auch
x ¼ b b 0 0 p
2
  Einzelberechnung der Integrale:
FðxÞ ¼ FðxÞ . p
x¼a a Ðp 
cos x dx ¼ sin x  ¼ sin p  sin 0 ¼ 0  0 ¼ 0
Mit diesem Satz wird die Berechnung des bestimm- 0 0

ten Integrals einer Funktion auf die Berechnung


p
Ð2 p
2 p
cos x dx ¼ sin x  ¼ sin  sin 0 ¼ 1  0 ¼ 1
einer Stammfunktion der Funktion zurückgeführt. 0 0 2
Ðp p
Der Satz stellt somit den Zusammenhang zwischen  p
cos x dx ¼ sin x p ¼ sin p  sin ¼ 0  1 ¼ 1
dem bestimmten und dem unbestimmten Integral p 2
2
2
einer Funktion y ¼ f ðxÞ her. Er wurde von Gott-
fried Wilhelm Leibniz (deutscher Mathematiker, y
1646––1716) und Isaac Newton (englischer Mathe- 1 f(x) = cosx
matiker, 1642––1727) entdeckt. 1
0 π π
–1 x
& Beispiele: 2
ðb
1 2 b 1  –1
1. x dx ¼ x  ¼ b 2  a2
2 a 2 Ðp
a
Bild VIII-18 cos x dx ¼ 0
ð3 3 0
dx 
2. ¼ ln x  ¼ ln 3
x 1
1 3. Gleiche untere und obere Integrationsgrenze
ð5 5
1  1 1 54  1
3. x dx ¼ x4  ¼ 54  14 ¼
3
¼ 156 Ða
4 1 4 4 4
1 f ðxÞ dx ¼ 0
a
ðp p

4. sin x dx ¼ cos x  ¼ cos p  ðcos 0Þ ¼ 1 þ 1 ¼ 2
0
0
& Beispiel:
2ðp
2p ð3 3
 1  1 1
5. cos x dx ¼ sin x  ¼ sin 2p  sin 0 ¼ 0 x3 dx ¼ x4  ¼ 34  34 ¼ 0
0 4 3 4 4
0 3
VIII Differential- und Integralrechnung 153

Ðb Die geradlinige Verbindung dieser Punkte ergibt


4. Existieren die bestimmten Integrale f ðxÞ dx
Ðb a einen Streckenzug, dessen Länge sZ die Summe der
und gðxÞ dx, so gilt für beliebige c1 ; c2 2 R Längen der Teilstrecken Dsk ist:
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
a
P
n Pn
sZ ¼ Dsk ¼ ðxk  xk  1 Þ2 þ ðyk  yk  1 Þ2
Ðb k¼1 k¼1
ðc1  f ðxÞ þ c2  gðxÞÞ dx sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 ffi
a n qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
P P n Dyk 2
¼ Dxk þ Dyk ¼
2 2 1þ Dxk
Ðb Ðb k¼1 k¼1 Dxk
¼ c1 f ðxÞ dx þ c2 gðxÞ dx
a a Der Mittelwertsatz der Differentialrechnung sagt
aus, daß es für eine stetig differenzierbare Funktion
& Beispiel: y ¼ f ðxÞ; f : ½a; b ! W mindestens eine Stelle x mit
Ð4 Ð4 Ð4 f ðbÞ  f ðaÞ
ð2x  4x3 Þ dx ¼ 2 x dx  4 x3 dx a < x < b gibt, so daß ¼ f 0 ðxÞ. Es folgt,
1 1 1 ba
Einzelberechnung der Integrale: daß es in allen Intervallen ðxk1 ; xk Þ Zwischenstellen
4
Ð4  Dyk f ðxk Þ  f ðxk  1 Þ
ð2x  4x3 Þ dx ¼ ðx2  x4 Þ ¼ ð42  44 Þ  ð12  14 Þ xk gibt mit ¼ ¼ f 0 ðxk Þ. Damit
1 1
Dxk xk  xk  1
¼ 240  0 ¼ 240
folgt für die Länge sZ des Streckenzugs Z:
ð4 4 !
1 2 

1 2 1 2
 
1

Pn qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2 x dx ¼ 2
2
x  ¼2
2
4  1 ¼2 8
2 2
¼ 15 sZ ¼ 1 þ ½ f 0 ðxk Þ2 Dxk
k¼1 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1
1

ð4 4 !   Mit f 0 ist auch 1 þ f 02 in ½a; b stetig, und somit


1 4  1 4 1 4
4 x3 dx ¼ 4 x  ¼ 4 4  1 folgt für die Bogenlänge s mit der Definition des
4 1 4 4
1
  bestimmten Integrals:
n qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Ðb qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2ffi
1
¼ 4 64  ¼ 255 P
4
s ¼ lim 1 þ ½ f 0 ðxk Þ2 Dxk ¼ 1 þ ½ f 0 ðxÞ dx
n!1 k¼1 a
5.8 Einige Anwendungen der Integral-
& Beispiel:
rechnung pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Bogen: y ¼ 1  x2 ; D ¼ ½a; b ¼ ½1; 1 (Halbkreis)
Es gibt sehr viele Anwendungen der Integralrech- Bogenlänge:
nung in der Technik und in den Ingenieurwissen- sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1
ð1  2 ð1
x 1 
schaften. Im folgenden sind exemplarisch einige da- s¼ 1 þ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dx ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dx ¼ arcsin x ¼ p
1  x2 1  x2 1
von genannt. 1 1

Bogenlänge Volumen und Mantelfläche von Rotationskörpern


Die Länge eines Kurvenstücks bezeichnet man als Ein Rotationskörper ist ein Körper, der entsteht,
Bogenlänge. wenn die Kurve einer Funktion y ¼ f ðxÞ mit
Läßt sich der Bogen durch eine stetig differenzier- f ðxÞ  0 um die x-Achse (Rotationsachse) zwischen
bare Funktion y ¼ f ðxÞ; f : ½a; b ! W beschreiben, x ¼ a und x ¼ b rotiert (oder die inverse Funktion
dann gilt für die Bogenlänge s um die y-Achse). Rotationskörper sind aus dem All-
tag bekannt: Vasen, Gläser oder gedrechselte Figu-
Ðb qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2ffi
ren zum Beispiel.
s¼ 1 þ ½ f 0 ðxÞ dx
a

y = f(x)
Beweis: f(x)
Ist a ¼ x0 < x1 < . . . < xn ¼ b eine Zerlegung Z des x
a b x
Intervalls ½a; b mit Dxk ¼ xk  xk  1 ; k ¼ 1; 2; . . . ; n,
dann sind Pk ¼ Pk ðxk j yk Þ mit yk ¼ f ðxk Þ Punkte des
Kurvenstücks.

y Bild VIII-20 Rotationskörper


P1 Pn Ein Rotationskörper ist durch zwei Schnitte senk-
Pk
recht zur Rotationsachse begrenzt. Die von der Kur-
Δs k
ve, der x-Achse und den Geraden x ¼ a und x ¼ b
P0 Pk–1 Δyk begrenzte Fläche heißt die erzeugende Fläche des
Δxk Rotationskörpers.
Die Kugel ist zum Beispiel ein Rotationskörper. Sie
entsteht durch Rotation eines Kreises mit dem Mit-
x 0 = a x1 ... xk–1 xk ... xn = b telpunkt im Koordinatenursprung um eine der bei-
x
den Achsen. Auch gerade Kreiskegel und gerade
Bild VIII-19 Streckenzug zu einer Zerlegung Z Kreiszylinder sind Rotationskörper.
154 Mathematik

Für das Volumen V und für den Inhalt AM der eine Achse drehen, so gilt für die kinetische
Mantelfläche eines Rotationskörpers gilt Energie:
Pn Dm ðwr Þ2
k k w2 P
n
Ðb W¼ ¼ r2  Dmk
Volumen V¼p f 2 ðxÞ dx k¼1 2 2 k¼1 k
a
Ðb qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Der Vergleich mit einer geradlinig bewegten
.. Masse zeigt, daß der Geschwindigkeit v die Win-
Mantelfla
ache AM ¼ 2p f ðxÞ 1 þ ½ f 0 ðxÞ2 dx
a kelgeschwindigkeit w entspricht und der Masse
Pn
m bei der Rotation die Summe rk2  Dmk.
& Beispiel: k¼1
Die Gleichung des oberen Halbkreises mit dem Radius r lautet Diese Summe wird Massenträgheitsmoment J ge-
(explizite Form in kartesischen Koordinaten) nannt:
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
y ¼ r2  x2 ; D ¼ ½r; r:
Die Ableitung dieser Funktion ist P
n
1 1 x
y0 ðxÞ ¼ ð2xÞ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
J¼ rk2  Dmk
2 r 2  x2 r2  x2 k¼1
Somit berechnet man nach den obigen Formeln für das Volumen V
und die Oberfläche AO (hier: Mantelfläche = Oberfläche) einer
2. Massenträgheitsmoment eines Vollzylinders
Kugel mit dem Radius r
Der betrachtete Vollzylinder hat die Höhe h und

¼r ðr  r
1  ist homogen, das heißt, er hat konstante Dichte r,
V¼p ðr2  x2 Þ dx ¼ 2p ðr2  x2 Þ dx ¼ 2p r2 x  x3 
3 0 und er rotiert um die Zylinderachse.
a ¼ r 0
2 3 4
¼ 2p  r ¼ pr3
3 3 R

¼r rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi x2
AO ¼ 2p r 2  x2 1 þ 2 dx rk
r  x2 Δrk
a ¼ r
ðr rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ðr r
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi r2  h
¼ 4p r2  x2 dx ¼ 4p r dx ¼ 4p  rx ¼ 4pr2
r 2  x2 0
0 0

Volumen und Mantelfläche von Rotationskörpern


lassen sich auch mit Hilfe der Guldinschen Regeln Bild VIII-21 Zum Massenträgheitsmoment
berechnen (benannt nach dem Mathematiker Paul eines Vollzylinders
Guldin, 1577––1643):
1. Guldinsche Regel Denkt man sich den Zylinder in n Hohlzylinder
Das Volumen eines Rotationskörpers ist gleich dem der Dicke Drk zerlegt, dann gilt für deren Volu-
Produkt aus dem Inhalt der auf einer Seite der Ro- men DVk 2prk  Drk  h. Ist Drk sehr klein,
tationsachse liegenden erzeugenden Fläche und der dann haben alle Massenpunkte eines Hohlzylin-
Länge des Weges, den der Flächenschwerpunkt bei ders nahezu den gleichen Abstand rk von der
der Rotation zurücklegt. Drehachse, und es gilt für das Massenträgheits-
moment JV des Vollzylinders
2. Guldinsche Regel
Pn Pn
Der Inhalt der Mantelfläche eines Rotationskörpers JV rk2 Dmk ¼ rk2  r  DVk
ist gleich dem Produkt aus der Länge des auf einer k¼1 k¼1

Seite der Rotationsachse liegenden erzeugenden P


n P
n
r rk2  2prk  Drk  h ¼ 2prh rk3 Drk
Kurvenstücks und der Länge des Weges, den der k¼1 k¼1
Schwerpunkt des erzeugenden Kurvenstücks bei der Wählt man die Unterteilung immer feiner, also
Rotation zurücklegt. Drk ! 0, so folgt mit der Definition des bestimm-
Massenträgheitsmoment von Zylindern ten Integrals
ðR
1. Definition des Massenträgheitsmoments Pn
JV ¼ 2prh lim rk3 Drk ¼ 2prh r3 dr
Dreht sich ein Massenpunkt der Masse m im Ab- n!1 k¼1
stand r um eine Rotationsachse, so gilt für die 0

Geschwindigkeit v ¼ wr, wobei w die Winkel- R4 1 R2 R2


¼ 2prh  ¼ prhR4 ¼  prhR2 ¼  mV
geschwindigkeit ist. Für die kinetische Energie 4 2 2 2
gilt: mV ¼ prhR ist die Masse des Vollzylinders
2

m 2 m
W¼ v ¼ ðwrÞ2 3. Massenträgheitsmoment eines Hohlzylinders
2 2 Das Massenträgheitsmoment JH eines Hohlzylin-
Betrachtet man ein System von n Massenpunk- ders mit dem Außendurchmesser Ra , dem Innen-
ten der Massen Dmk ; k ¼ 1; 2; . . . ; n, die sich durchmesser Ri , der Höhe h und der konstanten
mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit w um Dichte r in bezug auf die Zylinderachse erhält
VIII Differential- und Integralrechnung 155

man als Differenz der Trägheitsmomente zweier x 2 E läßt sich nach Vorgabe einer positiven Zahl e
Vollzylinder. ein n0 2 N (im allgemeinen sowohl von x als auch
ða
R ði
R ða
R von e abhängig, also n0 ¼ n0 ðe; xÞ) so finden, daß
JH ¼ 2prh r3 dr  2prh r3 dr ¼ 2prh r3 dr für alle n  n0 gilt j f ðxÞ  fn ðxÞj < e. Man nennt die-
ses punktweise Konvergenz der Funktionenfolge
0 0 Ri
R ! und schreibt dafür
r4  a 1
¼ 2prh ¼ prhðR4a  R4i Þ ..
4 Ri 2 lim fn ðxÞ ¼ f ðxÞ fu
ur x 2 E
n!1
R2a þ R2i R2 þ R2i
¼  prhðR2a  R2i Þ ¼ a  mH Hängt dagegen die Größe von n0 nur von e ab und
2 2
mH ¼ prhðR2a  R2i Þ ist die Masse des Hohlzylin- nicht auch von x, also n0 ¼ n0 ðeÞ, dann heißt die
ders Funktionenfolge gleichmäßig konvergent in E.
Die Funktion f ðxÞ heißt Grenzfunktion der Funktio-
Ra nenfolge ð fn ðxÞÞ.

& Beispiel:
1
fn ðxÞ ¼ xn ; D ¼ 0;
Ri 2
h 1
Für ein beliebiges e > 0 wählt man n0 so, daß < e ist. Für alle
2n0
n  n0 und für alle x 2 D gilt dann:
1 1
j fn ðxÞ  0j ¼ xn  n  n < e.
2 20
Die Funktionenfolge ist also gleichmäßig konvergent im Definiti-
Bild VIII-22 Zum Massenträgheitsmoment onsbereich D mit der Grenzfunktion f ðxÞ ¼ 0.
eines Hohlzylinders
Eine Funktionenreihe ist die Summe der Glieder
6 Funktionenreihen einer Funktionenfolge ð fn ðxÞÞ.
Funktionenreihe
Zur Untersuchung von Eigenschaften gegebener
Funktionen ist es oftmals sinnvoll, eine Funktion P
1
näherungsweise durch eine unendliche Reihe darzu- f1 ðxÞ þ f2 ðxÞ þ . . . þ fn ðxÞ þ . . . ¼ fk ðxÞ
k¼1
stellen. Eine solche Darstellung heißt Entwicklung
der Funktion in eine unendliche Reihe. Häufig Die folgenden Summen heißen Partialsummen der
wählt man, gerade bei praktischen Anwendungen, Funktionenreihe.
als Darstellung eine Potenzreihe oder, besonders bei
Funktionen, die periodische Vorgänge beschreiben, F1 ðxÞ ¼ f1 ðxÞ; F2 ðxÞ ¼ f1 ðxÞ þ f2 ðxÞ;
Fourier-Reihen. F3 ðxÞ ¼ f1 ðxÞ þ f2 ðxÞ þ f3 ðxÞ; . . .
Fn ðxÞ ¼ f1 ðxÞ þ f2 ðxÞ þ f3 ðxÞ þ . . . þ fn ðxÞ
6.1 Definitionen
Pn
Für jedes n ¼ 1; 2; 3; . . . sei fn ðxÞ eine Funktion mit ¼ fk ðxÞ
k¼1
dem Definitionsbereich D  R. Die Folge dieser
Funktionen heißt Funktionenfolge. In Analogie zu den gewöhnlichen Reihen heißt
eine Funktionenreihe in einem Bereich E  D  R
ð fn ðxÞÞ ¼ ð f1 ðxÞ; f2 ðxÞ; f3 ðxÞ; . . .Þ konvergent, wenn die Folge der Partialsummen
P
n
Fn ðxÞ ¼ fk ðxÞ der Funktionenreihe in E gegen
Wählt man x ¼ x0 2 D fest, so erhält man eine ge- k¼1
wöhnliche Zahlenfolge ðan Þ mit an ¼ fn ðx0 Þ (vgl. Ab- eine Funktion FðxÞ konvergiert. Man schreibt dann
schnitt VIII.1).
P
n P
1
& Beispiel:
FðxÞ ¼ lim fk ðxÞ ¼ fk ðxÞ
n!1 k¼1 k¼1
fn ðxÞ ¼ xn ) Funktionenfolge : ð fn ðxÞÞ ¼ ðxn Þ
¼ ðx; x2 ; x3 ; x4 ; . . .Þ
x ¼ x0 ¼ 2 ) Zahlenfolge : ð2n Þ ¼ ð2; 22 ; 23 ; 24 ; . . .Þ Ist die Konvergenz der Folge der Partialsummen in E
¼ ð2; 4; 8; 16; . . .Þ punktweise, dann heißt auch die Funktionenreihe in E
punktweise konvergent. Ist dagegen die Konvergenz
Die Konvergenz von Funktionenfolgen wird analog der Folge der Partialsummen gleichmäßig, so heißt
zur Konvergenz von Zahlenfolgen definiert: auch die Funktionenreihe gleichmäßig konvergent.
Die Funktionenfolge ð fn ðxÞÞ konvergiert in einem Die Funktion FðxÞ heißt Grenzfunktion der Funk-
Bereich E  D  R gegen die Funktion f ðxÞ, wenn tionenreihe in E. Man nennt FðxÞ auch die durch
für jedes x 2 E die Folge ð fn ðxÞÞ gegen den Funk- die Funktionenreihe dargestellte Funktion (im Kon-
tionswert f ðxÞ konvergiert. Das heißt, zu jedem vergenzbereich E).
156 Mathematik

P
1
beiden Randpunkten x0  r und x0 þ r kann die
Die Funktionenreihe fk ðxÞ heißt in E absolut kon-
P
1 k¼1 Reihe konvergent oder divergent sein.
vergent, wenn j fk ðxÞj < 1 für jedes x 2 E gilt. Bei
k¼1 Die Zahl r heißt Konvergenzradius der Potenzreihe.
absolut konvergenten Funktionenreihen darf die  an 
Sie wird bestimmt durch r ¼ lim   oder
Summationsreihenfolge der Ausgangsreihe beliebig n ! 1 an þ 1 
1
geändert werden, ohne daß sich dadurch der Wert r¼ pffiffiffiffiffiffiffiffi , falls diese Grenzwerte existieren.
der Reihe ändert. lim n jan j
n!1
Die erste Möglichkeit für den Konvergenzbereich
pffiffiffiffiffiffiffiffi
& Beispiel:
P
1 x2 einer Potenzreihe folgt aus lim n jan j ¼ 1, es ist
Funktionenreihe: ; x2R n!1
k¼1 ð1 þ x2 Þk ¼ ffi0. Die zweite Möglichkeit folgt aus
dann prffiffiffiffiffiffiffi
2
x
Für x ¼ 0 gilt fk ðxÞ ¼ ¼ 0. lim n jan j ¼ 0, es ist dann r ¼ 1.
ð1 þ x2 Þk n!1
1 P
1
Für festes x 6¼ 0 ist < 1,
die Reihe fk ðxÞ & Beispiele:
 k 1 þ x2 k¼1
P 2
1 1 P1
¼ x ist also eine konvergente geometrische Reihe 1. kk xk
k¼1 1 þ x2 k¼1
pffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffi
(vgl. Abschnitt VIII.2.3) mit der Grenzfunktion lim n jan j ¼ lim n nn ¼ lim n ¼ 1
n!1 n!1 n!1
 k  k Somit ist r ¼ 0, der Konvergenzbereich besteht also nur aus
P
1 1 P1 1
FðxÞ ¼ x2 ¼ x2 dem Entwicklungspunkt x0 .
k¼1 1 þ x 2
k¼1 1 þ x 2
P1 2k  1
1 1 2. xk
¼ x2  ¼ x2  ¼ 1 þ x2 : k¼0 kk þ 1 rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 x2 p ffiffiffiffiffiffiffi

1 n 2n 1 2
1þx 2
1þx 2 lim n jan j ¼ lim ¼ lim p ffiffiffi pffiffiffi  ¼ 0,
n!1 n!1 2n  nn n!1 n 2  n n n
P
1 x2 pffiffi
ffi p ffiffiffi
Die Funktionenreihe k
ist für alle x 2 R konvergent denn lim n 2 ¼ lim n n ¼ 1.
k ¼ 1 ð1 þ x2 Þ n!1 n!1
 .. Es ist also r ¼ 1, die Reihe konvergiert für alle x 2 R.
1 þ x2 fu ur x 6¼ 0 P1
mit der Grenzfunktion FðxÞ ¼ ..
0 ur x ¼ 0
fu 3. k2 5k ðx  2Þk
k¼0
pffiffiffiffiffiffiffiffi p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
n 2 n
p
n
ffiffiffiffiffi pffiffiffi
lim n jan j ¼ lim n 5 ¼ lim 5  n2 ¼ 5 lim ð n nÞ2 ¼ 5
n!1 n!1 n!1 n!1
1
6.2 Potenzreihen Der Konvergenzradius ist folglich r ¼ . Um den genauen
5
P
1
Konvergenzbereich zu bestimmen, müssen die Randpunkte
Funktionenreihen fk ðxÞ mit fk ðxÞ ¼ ak ðx  x0 Þk , 1 9 1 11
k¼0 x1 ¼ 2  ¼ und x2 ¼ 2 þ ¼ untersucht werden. Für
wobei ak ; k ¼ 0; 1; 2; . . . ; und x0 reelle Zahlen sind, 5 5 5 5  
P
1 1 k
x1 erhält man die numerische Reihe k2 5k 
heißen Potenzreihen. k¼0
 k
5
P1 P1 1 P1
Potenzreihe ¼ ð1Þk k2 und für x2 die Reihe k2 5k ¼ k2 :
k¼0 k¼0 5 k¼0

Beide numerischen Reihen divergieren, die Potenzreihe kon-


P
1
ak ðx  x0 Þk ¼ a0 þ a1 ðx  x0 Þ þ a2 ðx  x0 Þ2 vergiert somit in keinem der Randpunkte. Der Konvergenz-
 
k¼0 9 11
bereich der Potenzreihe ist das offene Intervall ; .
5 5
þ a3 ðx  x0 Þ3 þ . . .
Im Konvergenzbereich der Potenzreihe wird die
Die reellen Zahlen a0 ; a1 ; a2 ; . . . heißen Koeffi- Grenzfunktion FðxÞ durch die Potenzreihe dargestellt.
zienten der Potenzreihe, x0 heißt ihr Entwicklungs-
P
1
punkt. FðxÞ ¼ ak ðx  x0 Þk
Der Konvergenzbereich einer Potenzreihe ist die k¼0

Menge aller Zahlen, die man für x einsetzen kann, so


daß die entstehende numerische Reihe konvergiert. Eine durch eine Potenzreihe dargestellte Funktion
FðxÞ ist im Innern des Konvergenzbereichs stetig.
& Beispiel: Eine Potenzreihe konvergiert in jedem abgeschlosse-
P1
nen Teilintervall des Konvergenzbereichs gleichmä-
Zum Konvergenzbereich der Potenzreihe xk ¼ 1 þ xþx2
k¼0 ßig. Jede Potenzreihe darf im Innern des Konver-
1
þ x3 þ . . . gehört die Zahl , denn die numerische Reihe
 k 2 genzbereichs gliedweise differenziert und integriert
P1 1
konvergiert, die Zahl 2 aber nicht, da die Reihe
k¼0 2 werden. Die so entstehenden Potenzreihen haben
P1
ð2Þk divergiert. den gleichen Konvergenzradius r wie die Ausgangs-
k¼0
reihe. Für x 2 ðx0  r; x0 þ rÞ gilt somit
Für den Konvergenzbereich einer Potenzreihe gibt
P
1
es drei Möglichkeiten: FðxÞ ¼ ak ðx  x0 Þk
k¼0
1. Die Reihe konvergiert nur im Entwicklungs- P
1
punkt x0 . F 0 ðxÞ ¼ k  ak ðx  x0 Þk  1
k¼0
2. Die Reihe konvergiert für alle x 2 R. ð
P
1 ak
3. Die Reihe konvergiert für alle x aus einem end- FðxÞ dx ¼ ðx  x0 Þk þ 1 þ C
lichen offenen Intervall ðx0  r; x0 þ rÞ. In den k¼0 k þ 1
VIII Differential- und Integralrechnung 157

Die Integrationskonstante ist durch Einsetzen (zum periodische Funktion exakt oder angenähert durch
Beispiel x ¼ x0 ) zu bestimmen. eine Funktionenreihe, deren Summanden bestimmte
&
Summen aus trigonometrischen Funktionen sind,
Beispiel:
P
1 1 darzustellen.
Potenzreihe: FðxÞ ¼ xk ¼ (vgl. Abschnitt VIII.2.3)
k¼0 1x Eine Funktion, deren Funktionsgleichung die Bedin-
 
 an 
Konvergenzradius: r ¼ lim   ¼ lim 1 ¼ 1 gung f ðx þ TÞ ¼ f ðxÞ für alle x aus dem Definitions-
n ! 1 an þ 1  n!1 1
bereich D erfüllt, wobei T 6¼ 0 eine Konstante ist,
In den Randpunkten x1 ¼ 1 und x2 ¼ 1 divergiert die numeri-
heißt periodische Funktion (vgl. Abschnitt V.2.7).
sche Reihe, der Konvergenzbereich der Potenzreihe ist somit das
offene Intervall ð1; 1Þ. Die kleinste positive Zahl T mit dieser Eigenschaft
  heißt Periode der Funktion, man nennt die Funktion
P
1 d 1
Differentiation: F 0 ðxÞ ¼ kxk  1 ¼ y ¼ f ðxÞ auch T-periodisch.
k¼0 dx 1  x
1 Eine T-periodische Funktion y ¼ f ðxÞ ist eindeutig
¼ für x 2 ð1; 1Þ
ð1  xÞ2 bestimmt durch ihr Verhalten auf einem beliebigen
ð
P
1 1 Intervall der Länge T. Diese Tatsache führte zur
Integration: FðxÞ dx ¼ xk þ 1 þ C
k¼0 k þ 1 Einführung von Fourier-Reihen.
ð
¼
dx
¼  ln ð1  xÞ P1 pk
1x Funktionenreihen fk ðxÞ mit fk ðxÞ ¼ ak cos x
k ¼ 0 p
Aus x ¼ 0 folgt C ¼ 0, es gilt daher pk
þ bk sin x für k ¼ 1; 2; 3; . . . (ak und bk sind re-
P
1 1 p
xk þ 1 ¼  ln ð1  xÞ für x 2 ð1; 1Þ a0
k¼0 kþ1 elle Zahlen) und f0 ðxÞ ¼ heißen trigonometrische
2
Reihen.
P1
Für zwei Potenzreihen FðxÞ ¼ ak ðx  x0 Þk und Trigonometrische Reihe
P
1
k k¼0
GðxÞ ¼ bk ðx  x0 Þ mit dem gleichen Entwick-  
k¼0 P
1 a0 P1 pk pk
lungspunkt x0 gelten folgende Rechenregeln fk ðxÞ ¼ þ ak cos x þ bk sin x
(x liegt dabei im Innern des Konvergenzbereichs k¼0 2 k¼1 p p
beider Reihen):
Dabei sind ðak Þ; k ¼ 0; 1; 2; . . . und ðbk Þ; k ¼ 1; 2;
Summe 3; . . . Zahlenfolgen.
P
1
Ist eine trigonometrische Reihe für alle x 2 R kon-
FðxÞ þ GðxÞ ¼ ðak þ bk Þ ðx  x0 Þk
k¼0 vergent, so stellt sie in R eine Funktion FðxÞ dar:
 
Differenz a0 P 1 pk pk
P
1
FðxÞ ¼ þ ak cos x þ bk sin x
FðxÞ  GðxÞ ¼ ðak  bk Þ ðx  x0 Þk 2 k¼1 p p
k¼0
Produkt In diesem Fall ist FðxÞ eine 2p-periodische Funktion,
FðxÞ  GðxÞ ¼ a0 b0 þ ða0 b1 þ a1 b0 Þ ðx  x0 Þ denn es gilt für alle x 2 R:
þ ða0 b2 þ a1 b1 þ a2 b0 Þ ðx  x0 Þ2 þ . . . Fðx þ 2pÞ
P
1  
¼ ða0 bk þ a1 bk  1 þ . . . þ ak b0 Þ ðx  x0 Þk a0 P 1 pk pk
k¼0
¼ þ ak cos ðx þ 2pÞ þ bk sin ðx þ 2pÞ
2 k¼1 p p
Quotient     
a0 P 1 pk pk
FðxÞ P1 ¼ þ ak cos x þ 2pk þ bk sin x þ 2pk
¼ ck ðx  x0 Þk 2 k¼1 p p
GðxÞ k ¼ 0  
a0 P 1 pk pk
¼ þ ak cos x þ bk sin x ¼ FðxÞ
2 k¼1 p p
Die Produktdarstellung nennt man Cauchy-Produkt
P1 P1
(nach dem französischen Mathematiker Augustin Sind die numerischen Reihen ak und bk abso-
Louis Cauchy, 1789––1857). Den Quotienten berech- k¼1 k¼1

net man durch Multiplikation mit dem Nenner lut konvergent (vgl. Abschnitt VIII.6.1), dann gilt:
 1  1 
P
1 P P 1. Die trigonometrische Reihe
ak ðx  x0 Þk ¼ bk ðx x0 Þk ck ðx x0 Þk  
k¼0 k¼0 k¼0
a0 P 1 pk pk
þ ak cos x þ bk sin x
und anschließendem Koeffizientenvergleich der Po- 2 k¼1 p p
ist für alle x 2 R konvergent.
tenzen von ðx  x0 Þk auf beiden Seiten des Gleich-
heitszeichens. 2. Die Funktion FðxÞ  mit 
a0 P
1 pk pk
FðxÞ ¼ þ ak cos x þ bk sin x
6.3 Fourier-Reihen 2 k¼1 p p
ist in R stetig.
In der Praxis treten häufig periodische Vorgänge auf
(zum Beispiel Schwingungen in der Elektrotechnik, Es sei y ¼ f ðxÞ eine 2p-periodische Funktion, die
Akustik oder Optik), die sich am besten durch pe- über dem Intervall ½p; p integrierbar ist. Dann
riodische Funktionen beschreiben lassen. Oftmals ist heißen die Zahlen ak und bk die Fourier-Koeffizien-
es dann notwendig oder vorteilhaft, eine solche ten der Funktion f ðxÞ.
158 Mathematik

Fourier-Koeffizienten von f ðxÞ reichende Bedingungen dafür an, daß eine Funktion
f ðxÞ durch ihre (konvergente) Fourier-Reihe darge-
ðp stellt wird, das heißt dafür, daß in ð Þ Gleichheit für
1 pk
ak ¼ f ðxÞ  cos x dx ðk 2 NÞ alle x gilt.
p p
p Satz von Dirichlet:
ðp (1) Die Funktion f ðxÞ mit der Periode 2p ist im In-
1 pk
bk ¼ f ðxÞ  sin x dx ðk 2 N*Þ tervall ½p; p bis auf endlich viele Sprungstellen
p p
p (vgl. Abschnitt VIII.3.7) stetig.
(2) Das Intervall ½p; p läßt sich so in endlich viele
Die mit Hilfe dieser Fourier-Koeffizienten gebildete Teilintervalle zerlegen, daß f ðxÞ in den einzel-
trigonometrische
 Reihe  nen Teilintervallen monoton (monoton fallend
a0 P
1 pk pk oder monoton wachsend) (vgl. Abschnitt V.2.1)
þ ak cos x þ bk sin x heißt die zur
2 k¼1 p p ist.
Funktion f ðxÞ gehörende oder die durch f ðxÞ er- Gelten (1) und (2) für eine Funktion f ðxÞ, so kon-
zeugte oder die f ðxÞ formal zugeordnete Fourier- vergiert die Fourier-Reihe von f ðxÞ und stellt die
Reihe (Name nach dem französischen Mathematiker Funktion auch dar.
Jean-Baptiste-Joseph Fourier, 1768––1830). Man An den Sprungstellen der Funktion nimmt die Fou-
schreibt: rier-Reihe den Mittelwert an, das heißt, für eine
f ðxÞ formal zugeordnete Fourier-Reihe Sprungstelle x1 gilt
 
1
  f ðx1 Þ ¼ lim f ðxÞ þ lim f ðxÞ
a0 P
1 pk pk 2 x ! x1 þ 0 x ! x1  0
f ðxÞ þ ak cos x þ bk sin x ð Þ
2 k¼1 p p (vgl. Abschnitt VIII.3.2).
Häufig kommt es vor, daß die Funktion f ðxÞ nur in
Das Zeichen soll andeuten, daß die Zuordnung dem Intervall ½p; p definiert, nicht aber periodisch
von f ðxÞ zu ihrer Fourier-Reihe eine formale Zuord- ist. In diesem Fall setzt man die Funktion f ðxÞ ein-
nung ist. Es ist nichts ausgesagt über die Konver- fach nach links und nach rechts periodisch fort und
genz dieser Fourier-Reihe und nichts darüber, ob im bestimmt dann die Fourier-Reihe zu der fortgesetz-
Falle der Konvergenz die Fourier-Reihe die Funk- ten Funktion (siehe Beispiele 2––4).
tion f ðxÞ auch darstellt, das heißt, ob in ð Þ die In den folgenden Beispielen werden die Fourier-Rei-
Gleichheit gilt. hen von Funktionen berechnet, die häufig in der
Da die Integranden der Fourier-Koeffizienten 2p-pe- Praxis auftreten.
riodisch sind, kann dort jedes Intervall der Länge 2p
als Integrationsintervall verwendet werden, zum Bei- & Beispiele:
spiel ½0; 2p. 1. Rechteckpuls
Ist f ðxÞ eine gerade Funktion, das heißt, gilt Es sei f ðxÞ die 2p-periodische Funktion mit
8
f ðxÞ ¼ f ðxÞ (vgl. Abschnitt V.2.2), so folgt >
> A fu
..
ur jxj <
p
>
> 2
>
<
A .. p
f ðxÞ ¼ ur jxj ¼
f ðxÞ gerade Funktion >
>
> 2
fu
2
>
> .. p
ðp : 0 fu ur < jxj  p
2 pk 2
ak ¼ f ðxÞ  cos x dx ðk 2 NÞ
p p (periodisch fortsetzen).
0
bk ¼ 0 ðk 2 N*Þ
f(x)

Für eine ungerade Funktion f ðxÞ, also


A
f ðxÞ ¼ f ðxÞ, folgt

f ðxÞ ungerade Funktion


ak ¼ 0 ðk 2 NÞ
ðp
2 pk
bk ¼ f ðxÞ  sin x dx ðk 2 N*Þ 1
p p
0 −π 0 π x

Bild VIII-23 Rechteckpuls


Die Bestimmung der Fourier-Koeffizienten einer
Funktion heißt harmonische Analyse.
Bestimmung der formalen Fourier-Reihe von f ðxÞ:
Der Satz von Dirichlet (nach dem Mathematiker Pe- Da f ðxÞ eine gerade Funktion ist, gilt bk ¼ 0 für die Fourier-
ter Gustav Lejeune Dirichlet, 1805––1859) gibt hin- Koeffizienten bk .
VIII Differential- und Integralrechnung 159

Berechnung der ak : Fourier-Reihe von f ðxÞ:

k ¼ 0: 1 P
1
p
f ðxÞ þ a2n  1 cos pð2n  1Þ x
ðp ð2 2 n¼1
2 2
a0 ¼ f ðxÞ dx ¼ A dx ¼ A 1 P
1 4
p p ¼ þ cos ð2n  1Þ px
0 0 2 n ¼ 1 p2 ð2n  1Þ2

k 2 N* : Darstellbarkeit:
p
ðp ð2 (1) Die Funktion f ðxÞ ¼ 1  jxj ist im Intervall ½1; 1 über-
2 2A 2A kp
ak ¼ f ðxÞ cos kx dx ¼ cos kx dx ¼ sin all stetig.
p p kp 2
8
0 0 (2) Zerlegt man das Periodenintervall ½1; 1 in die zwei
< ð1Þn þ 1  2A .. Teilintervalle ½1; 0 und ½0; 1, so ist f ðxÞ in ½1; 0 mo-
ur k ungerade, k ¼ 2n  1
fu
¼ ð2n  1Þ p noton wachsend und in ½0; 1 monoton fallend.
: ..
0 ur k gerade, k ¼ 2n
fu
Nach dem Satz von Dirichlet wird die Funktion f ðxÞ somit
Fourier-Reihe von f ðxÞ: durch ihre Fourier-Reihe dargestellt:

1 ð1Þn þ 1 1 P
1 4
A 2A P f ðxÞ ¼ þ cos ð2n  1Þ px
f ðxÞ þ  cos ð2n  1Þ x 2 n ¼ 1 p2 ð2n  1Þ2
2 p n ¼ 1 2n  1
 
A 2A cos 3x cos 5x
¼ þ cos x  þ  þ... 3. Man setze die Funktion y ¼ sin x; 0  x  p periodisch fort
2 p 3 5
und entwickle sie in eine Fourier-Reihe.
Darstellbarkeit:  p  p p
Die Funktion ist in den Teilintervallen p;  ,  ; f(x)
p  2 2 2
und ; p stetig und monoton. An den Sprungstellen ist
2
der Funktionswert gleich dem arithmetischen Mittel der ein- 1
seitigen Grenzwerte. Nach dem Satz von Dirichlet wird die
Funktion f ðxÞ somit durch ihre Fourier-Reihe dargestellt:
−2p −p 0 p 2p x
A 2A P 1 ð1Þn þ 1
f ðxÞ ¼ þ  cos ð2n  1Þ x
2 p n ¼ 1 2n  1 Bild VIII-25 Graph der periodisch fortgesetzten
2. Dreieckpuls Funktion von Beispiel 3
Man setze die Funktion f ðxÞ ¼ 1  jxj; 1  x  1 periodisch
fort und entwickle sie in eine Fourier-Reihe. Die fortgesetzte Funktion ist die Funktion f ðxÞ ¼ jsin xj, sie
p
hat die Periode p, es folgt also p ¼ .
f(x) 2
Wegen jsin ðxÞj ¼ j sin xj ¼ jsin xj ist f ðxÞ gerade, es folgt
bk ¼ 0 für alle k.
1
Berechnung der ak :
ðp p
2 2  2 4
–3 –1 0 1 3 x k ¼ 0 : a0 ¼ sin x dx ¼ ðcos xÞ ¼ ð1 þ 1Þ ¼ ;
p p 0 p p
0

Bild VIII-24 Graph der periodisch fortgesetzten denn im Intervall ½0; p gilt jsin xj ¼ sin x.
ðp
Funktion von Beispiel 2 2
k 6¼ 0 : ak ¼ sin x cos 2kx dx
p
0
Die periodisch fortgesetzte Funktion hat die Periode 2, in 0 1
p ðp
den Formeln muß deshalb 2p ¼ 2, also p ¼ 1 gesetzt werden. 2 @1  1
Da f ðxÞ eine gerade Funktion ist, folgt bk ¼ 0 für ¼ sin x sin 2kx  cos x sin 2kx dxA
p 2k 0 2k
k ¼ 1; 2; 3; . . . 0
0 1
p ðp
Berechnung der ak : 2 1  1
¼ @ 2 cos x cos 2kx þ 2 sin x cos 2kx dxA
Ð1 1 p 4k 4k
 0
k ¼ 0 : a0 ¼ 2 ð1  xÞ dx ¼ ð1  xÞ2  ¼ 1, 0
0 0
denn im Intervall ½0; 1 gilt 1  jxj ¼ 1  x. Bei beiden Umformungen wurde die Methode der partiellen
Integration angewandt. Es folgt
ð1  p
k 6¼ 0 : ak ¼ 2 ð1  xÞ cos pkx dx 2 4k2 1 
ak ¼  2 cos x cos 2kx 
0
p 4k  1 4k2 0
01 1
ð ð1 2 4
¼ ð1  1Þ ¼ 
¼ 2 @ cos pkx dx  x cos pkx dxA pð4k2  1Þ pð4k2  1Þ
0 0
1 ! ! Fourier-Reihe von f ðxÞ:
1  x 1 1
¼2 sin pkx  sin pkx þ cos pkx 
 2 4 P
1 cos 2kx
pk 0 pk ðpkÞ2 0 f ðxÞ 
! p p k ¼ 1 4k2  1
1
¼2  ðcos pk  1Þ
ðpkÞ2 Darstellbarkeit:
2 (1) Die Funktion f ðxÞ ¼ jsin xj ist im Intervall ½0; p stetig.
¼ ð1  ð1Þk Þ h pi
ðpkÞ2 (2) Die Funktion f ðxÞ ist in 0; monoton steigend und in
8 hp i 2
< 4 ..
ur k ungerade, k ¼ 2n  1
fu ; p monoton fallend.
¼ ðpkÞ2 2
: ..
0 ur k gerade, k ¼ 2n
fu Nach dem Satz von Dirichlet gilt somit Gleichheit:
Das zweite Integral berechnet man mit zweimaliger partieller 2 4 P
1 cos 2kx
f ðxÞ ¼ 
Integration. p p k ¼ 1 4k2  1
160 Mathematik

4. Man setze die Funktion Berechnung der bk :


 ..
ur 0 < x  1
x fu ð2 ð1 ð2
f ðxÞ ¼ ..
ur 1  x < 2
1 fu bk ¼ f ðxÞ sin pkx dx ¼ x sin pkx dx þ sin pkx dx
periodisch fort und berechne die zugehörige Fourier-Reihe. 0 0 1
 1 2
sin pkx x cos pkx  ðcos pkxÞ 
¼   þ 
k2 p 2 kp kp
f(x) 0 1
cos pk cos p2k cos pk 1
¼  þ ¼
kp kp kp kp
1
Sowohl bei der Berechnung von ak als auch von bk wurde
zur Lösung des ersten Integrals zweimalige partielle Integra-
–4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 x tion durchgeführt.

Bild VIII-26 Graph der periodisch fortgesetzten Fourier-Reihe von f ðxÞ:


!
Funktion von Beispiel 4 3 P
1 ð1Þk  1 1
f ðxÞ þ 2 2
cos pkx  sin pkx
4 k¼1 k p kp
Die fortgesetzte Funktion hat die Periode 2, es folgt p ¼ 1.
Darstellbarkeit:
Die Funktion ist weder gerade noch ungerade, es müssen
Die Funktion ist im Intervall ð0; 2Þ stetig und monoton. Mit
also sowohl die Fourier-Koeffizienten ak als auch bk berech-
1 1
net werden. der Definition f ð0Þ ¼ f ð2Þ ¼ ð1 þ 0Þ ¼ sind die Bedin-
2 2
Berechnung der ak : gungen des Satzes von Dirichlet erfüllt, die Funktion f ðxÞ
ð2 ð1 ð2 2 wird somit durch ihre Fourier-Reihe dargestellt:
1 2 1  3 !
k ¼ 0 : a0 ¼ f ðxÞ dx ¼ x dx þ 1 dx ¼ x  þ x ¼ P
2 0 1 2 3 1 ð1Þk  1 1
0 0 1 f ðxÞ ¼ þ 2 2
cos pkx  sin pkx
4 k¼1 k p kp
ð2 ð1 ð2
k 6¼ 0 : ak ¼ f ðxÞ cos pkx dx ¼ x cos pkx dx þ cos pkx dx
0 0 1
 1 2
cos pkx x sin pkx  sin pkx  cos pk 1
¼ þ  þ kp  ¼ k2 p2  k2 p2
k2 p 2 kp 0 1
8 ..
1 <0 fu
ur k gerade
¼ 2 2 ðð1Þk  1Þ ¼ 2 ..
k p : fu
ur k ungerade
k2 p2
Anhang 161

Anhang

A Symbole und Bezeichnungsweisen ffi kongruent


N ¼ f0; 1; 2; 3; . . .g;
Die folgenden mathematischen Zeichen sind nach
Menge der natürlichen Zahlen
DIN 1302 (April 1994) und DIN 5473 (Juli 1992)
Z ¼ f. . . ; 3; 2; 1; 0; 1; 2; 3; . . .g;
zusammengestellt.
Menge der ganzen Zahlen
 
¼ gleich m 
Q ¼ m; n 2 Z; n 6¼ 0 ;
6¼ ungleich n
ungefähr gleich Menge der rationalen Zahlen
< kleiner als R Menge der reellen Zahlen
pffiffiffiffiffiffiffi
 kleiner oder gleich C ¼ fz ¼ a þ bj j a; b 2 R; j ¼ 1g;
> größer als Menge der komplexen Zahlen
 größer oder gleich N* ¼ f1; 2; 3; . . .g:
 sehr viel kleiner als Menge der natürlichen Zahlen
sehr viel größer als ohne die Null
proportional Z* ¼ f. . . ; 3; 2; 1; 1; 2; 3; . . .g
 plus oder minus ¼ fx j x 2 Z; x 6¼ 0g;
 minus oder plus Menge der ganzen Zahlen ohne die Null
Pn  
ak ¼ a1 þ a2 þ a3 þ . . . þ an ; m 
Q* ¼ m; n 2 Z* ¼ fx j x 2 Q; x 6¼ 0g;
k¼1
Summe über ak von k ¼ 1 bis k ¼ n n
Q
n Menge der rationalen Zahlen ohne die Null
ak ¼ a1  a2  a3  . . .  an ;
k¼1 R* ¼ fx j x 2 R; x 6¼ 0g;
Produkt über ak von k ¼ 1 bis k ¼ n
Menge der reellen Zahlen ohne die Null
fa; b; cg Menge aus den Elementen a; b; c
Zþ ¼ N* ¼ f1; 2; 3; . . .g ¼ fx j x 2 Z; x > 0g;
fx j EðxÞg Menge aller x, die die Eigenschaft EðxÞ
Menge der positiven ganzen Zahlen
haben  
m 
2 Element von Qþ ¼ m; n 2 N* ¼ fx j x 2 Q; x > 0g;
n
62 nicht Element von
Menge der positiven rationalen Zahlen
 Teilmenge
Rþ ¼ fx j x 2 R; x > 0g;
; leere Menge
Menge der positiven reellen Zahlen
[ Vereinigung von Mengen
P ¼ f2; 3; 5; 7; 11; 13; 17; 19; 23; 29; . . .g;
\ Durchschnitt von Mengen
Menge der Primzahlen
jMj Mächtigkeit der Menge M pffiffiffiffiffiffiffi
A^B A und B j ¼ 1; imaginäre Einheit
A_B A oder B 1 unendlich (größer als jede reelle Zahl)
:A nicht A (Negation von A) 1 minus unendlich (kleiner als jede reelle
A)B aus A folgt B Zahl)
A,B A und B sind äquivalent (gleichwertig) n! ¼ 1  2  3  . . .  n; n Fakultät
n n!
ða; bÞ geordnetes Paar ¼
ða; b; cÞ geordnetes Tripel k k!ðn  kÞ!

k nðn  1Þ ðn  2Þ  . . .  ðn  k þ 1Þ
parallel ¼ ;
1  2  3  ...  k
AB Strecke AB
Binomialkoeffizient n über k
jABj Länge (Betrag) der Strecke AB
jaj Betrag oder Absolutbetrag einer Zahl a
~
a Vektor a
! an a hoch n, n-te Potenz von a
PQ Vektor PQ pffiffiffi
a Wurzel aus a
! p ffiffiffi
j~
a j; jPQj Länge des Vektors na n-te Wurzel aus a
ähnlich loga b Logarithmus b zur Basis a
162 Mathematik

lg b dekadischer Logarithmus (Zehner- ð1; 1Þ ¼ fx j x 2 Rg;


logarithmus), Logarithmus zur Basis offenes Intervall, nach links und nach
a ¼ 10 rechts unbeschränkt
ln b natürlicher Logarithmus, Logarithmus ðan Þ ¼ ða1 ; a2 ; a3 ; . . .Þ; Folge, Zahlenfolge
zur Basis a ¼ e ¼ 2;718 281 82 . . .
lim an Limes, Grenzwert der Folge ðan Þ
n!1
ld b binärer Logarithmus (Zweierlogarith-
mus), Logarithmus zur Basis a ¼ 2 lim f ðxÞ Grenzwert (Limes) der Funktion f ðxÞ für
x!a
½a; b ¼ fx j x 2 R und a  x  bg; x gegen a
abgeschlossenes beschränktes Intervall lim f ðxÞ linksseitiger Grenzwert der Funktion
x!a0
ða; bÞ ¼ fx j x 2 R und a < x < bg; y ¼ f ðxÞ an der Stelle x ¼ a
offenes beschränktes Intervall lim f ðxÞ rechtsseitiger Grenzwert der Funktion
x!aþ0
½a; bÞ ¼ fx j x 2 R und a  x < bg; y ¼ f ðxÞ an der Stelle x ¼ a
halboffenes beschränktes Intervall 0
f ðx0 Þ Ableitung von f ðxÞ an der Stelle x ¼ x0
ða; b ¼ fx j x 2 R und a < x  bg;
df
halboffenes beschränktes Intervall ðx0 Þ Ableitung von f ðxÞ an der Stelle x ¼ x0
dx
½a; 1Þ ¼ fx j x 2 R und x  ag;
f 0 ðxÞ Ableitung der Funktion f ðxÞ
halboffenes Intervall, nach rechts unbe- 00
f ðxÞ zweite Ableitung der Funktion f ðxÞ
schränkt
f 000 ðxÞ dritte Ableitung der Funktion f ðxÞ
ða; 1Þ ¼ fx j x 2 R und x > ag;
f ðnÞ ðxÞ n-te Ableitung der Funktion f ðxÞ
offenes Intervall, nach rechts Ð
f ðxÞ dx unbestimmtes Integral der Funktion
unbeschränkt
y ¼ f ðxÞ
ð1; a ¼ fx j x 2 R und x  ag;
Ðb
halboffenes Intervall, nach links f ðxÞ dx bestimmtes Integral der Funktion
a
unbeschränkt y ¼ f ðxÞ von x ¼ a bis x ¼ b
ð1; aÞ ¼ fx j x 2 R und x < ag; ð fn ðxÞÞ ¼ ð f1 ðxÞ; f2 ðxÞ; f3 ðxÞ; . . .Þ;
offenes Intervall, nach links unbeschränkt Funktionenfolge
Anhang 163

B Mathematische Konstanten

pffiffiffi 1
2 ¼ 1;414 213 562 373 095 pffiffiffi ¼ 0;707 106 781 186 543
2
pffiffiffi 1
3 ¼ 1;732 050 807 568 877 pffiffiffi ¼ 0;577 350 269 189 626
3
pffiffiffiffiffi 1
10 ¼ 3;162 277 660 168 379 pffiffiffiffiffi ¼ 0;316 227 766 016 838
10
1
p ¼ 3;141 592 653 589 793 ¼ 0;318 309 886 183 791
p
1
p2 ¼ 9;869 604 401 089 359 ¼ 0;101 321 183 642 338
p2
pffiffiffi 1
p ¼ 1;772 453 850 905 516 pffiffiffi ¼ 0;564 189 583 547 756
p
1
e ¼ 2;718 281 828 459 045 ¼ 0;367 879 441 171 442
e
1
e2 ¼ 7;389 056 098 930 650 ¼ 0;135 335 283 236 613
e2
pffiffiffi 1
e ¼ 1;648 721 270 700 128 pffiffiffi ¼ 0;606 530 659 712 633
e
1
lg e ¼ 0;434 294 481 903 252 ¼ ln 10 ¼ 2;302 585 092 994 046
lg e
1
lg 2 ¼ 0; 301 029 995 663 981 ¼ log2 10 ¼ 3;321 928 094 887 362
lg 2

Ist die letzte Ziffer unterstrichen, dann ist die Konstante aufgerundet, im anderen Fall abgerundet.

C Das griechische Alphabet

Alpha A a Jota I i Rho P r


Beta B b Kappa K k Sigma S s
Gamma G g Lambda L l Tau T t
Delta D d My M m Ypsilon  u
Epsilon E e Ny N n Phi F j
Zeta Z z Xi X x Chi X c
Eta H h Omikron O o Psi Y w
Theta Q J Pi P p Omega W w
164 Mathematik

Literaturverzeichnis
[1] Bronstein, I. N., K. A. Semendjajew, G. Musiol und [4] Schäfer, W., K. Georgi und G. Trippler: Mathe-
H. Mühlig: Taschenbuch der Mathematik. 6. Aufl. matik-Vorkurs. 4. Aufl. Stuttgart, Leipzig: Teub-
Thun und Frankfurt/Main: Harri Deutsch, 2005. ner 1999.
[2] Kemnitz, A.: Mathematik zum Studienbeginn. [5] Scharlau, W.: Schulwissen Mathematik: Ein Über-
6. Aufl. Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg, 2006. blick. 2. Aufl. Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg
[3] Kemnitz, F. und R. Engelhard: Mathematische 1995.
Formelsammlung. Braunschweig/Wiesbaden: Vie- [6] Wendeler, J.: Vorkurs der Ingenieurmathematik.
weg 1977. Thun und Frankfurt/Main: Harri Deutsch 2002.
165

Physik
I Einführung
Die Physik ist ein Teilgebiet der Naturwissenschaften schreibung noch eine Richtung angegeben werden.
und beschäftigt sich mit der leblosen Umwelt. In der Zum Beispiel ist es nicht ausreichend zu sagen, ein
Physik wird versucht, die Gesetzmäßigkeiten der Auto habe eine Strecke von 100 km zurückgelegt,
unbelebten Materie durch Beobachtungen und Mes- wenn nicht auch die Richtung der Bewegung mit
sungen zu erfassen und in einer mathematischen Glei- angegeben wurde.
chung darzustellen. Ist diese bekannt, so kann man Solche gerichteten Größen werden Vektoren genannt.
die physikalischen Gesetze für technische Zwecke Zur vollständigen Angabe gehört ein Betrag (Maß-
ausnutzen. Die Physik wird in folgende Gebiete zahl, Einheit) und eine Richtung.
unterteilt: Mechanik, Thermodynamik (Wärmelehre), Beispiele für Vektoren: Kraft, Geschwindigkeit,
Elektrizität und Magnetismus, Wellenlehre, Akustik, elektrische und magnetische Feldstärke. Wenn die
Optik, Atom- und Kernphysik, Festkörperphysik, Vektoreigenschaft einer Größe hervorgehoben wer-
Relativitätstheorie. den soll, so wird dies entweder
 durch einen Pfeil über
dem Größenzeichen F oder durch Fettdruck F des
Zeichens kenntlich gemacht. Für die mathematische
1 Physikalische Größen Behandlung von Gleichungen mit Vektoren wird die
Eine physikalische Größe kennzeichnet Eigenschaf- Vektorrechnung benötigt.
ten, Zustände oder Größen von meßbaren Objekten.
Sie ist das Produkt einer Maßzahl und einer Einheit.
Größe = Maßzahl ⋅ Einheit 2 SI-System
Um Größen und ihre Einheiten deutlich zu unter- Die Einheiten der physikalischen Größen sind seit
scheiden, werden für sie unterschiedliche Symbole 1960 im „ Système International d'Unités“, kurz SI-
verwendet. System, festgelegt und in der Bundesrepublik
Spannung = 100 ⋅ 1 Volt ; U = 100 ⋅ 1 V ; U = 100 V Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Das System
besteht aus Basisgrößen und abgeleiteten Größen.
In Gleichungen werden immer physikalische Größen Die Basisgrößen sind in der folgenden Tabelle ange-
miteinander verbunden, das heißt, daß sowohl die geben.
Maßzahlen, aber auch die Einheiten auf beiden Seiten
der Gleichung miteinander übereinstimmen müssen.
Definitionen der Basisgrößen
1.1 Skalare 1 Sekunde ist das 9 192 631 770fache der Perioden-
dauer der dem Übergang zwischen den beiden Hy-
Viele Größen sind neben ihrer Einheit allein durch
perfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von
ihre Maßzahlen eindeutig bestimmt, dazu gehören
Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Strahlung.
z.B. Temperatur, Masse, Energie, Leistung, Wider-
(1967)
stand. Solche Größen werden skalare Größen oder
Skalare genannt. 1 Meter ist die Länge der Strecke, die Licht im Vaku-
um während der Dauer von 1/299 792 458 Sekunden
1.2 Vektoren durchläuft. (1983)
Bei anderen Größen reichen diese Angaben alleine 1 Kilogramm ist die Masse des internationalen Kilo-
nicht aus, sondern es muß zur vollständigen Be- grammprototyps. (1889)

Tabelle I-1 Basisgrößen und Basiseinheiten

Gebiet Basisgröße Formelzeichen Basiseinheit Einheitenzeichen


Mechanik Zeit t Sekunde s
Länge l Meter m
Masse m Kilogramm kg
Elektrotechnik Stromstärke I Ampere A
Thermodynamik Temperatur T Kelvin K
Optik Lichtstärke IL Candela cd
Chemie Stoffmenge n Mol mol
166 Physik

1 Ampere ist die Stärke eines zeitlich unveränderli- Zusammenfassung der wichtigsten Größen finden Sie
chen Stroms, der, durch zwei im Vakuum parallel im im Abschnitt VIII.
Abstand von 1 Meter voneinander angeordnete, ge- Durch Vorsätze können dezimale Vielfache oder
radlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässig- Teile der Maßeinheiten gebildet und damit umständ-
bar kleinem kreisförmigen Querschnitt fließend, zwi- licher zu benutzende Zehnerpotenzen vermieden
schen diesen Leitern je 1 Meter Leiterlänge die Kraft werden. In Tabelle I-2 sind die Vorsilben und Kurz-
2 ⋅ 10–7 Newton hervorruft. (1948) zeichen für die Vorsätze zusammengestellt. Doppel-
1 Kelvin ist der 273,16te Teil der thermodynamischen vorsätze, wie z.B. nmm sind nicht zulässig.
Temperatur des Tripelpunktes des Wassers. (1967)
1 Candela ist die Lichtstärke in einer bestimmten Tabelle I-2 Vorsätze für dezimale Vielfache
Richtung einer Strahlungsquelle, die monochromati-
sche Strahlung der Frequenz 540 THz aussendet und Wert Vorsatz Zeichen Wert Vorsatz Zeichen
1 W 18 –1
deren Strahlstärke in dieser Richtung beträgt. 10 Exa E 10 Dezi d
683 sr 1015 Peta P 10–2 Zenti c
1 Mol ist die Stoffmenge eines Systems bestimmter 1012 Tera T 10–3 Milli m
Zusammensetzung, das aus ebenso vielen Teilchen 109 Giga G 10–6 Mikro m
besteht, wie Atome in (12/1000) kg des Nuklids 12C 106 Mega M 10–9 Nano n
enthalten sind. (1971) 103 Kilo k 10–12 Piko p
Abgeleitete Größen: Aus den Basisgrößen lassen sich 102 Hekto h 10–15 Femto f
die SI-Einheiten aller anderen Größen ableiten. Eine 101 Deka da 10–18 Atto a

II Mechanik

1 Kinematik des Massenpunktes v Δs Δt


Δs
v= m (II.1)
Die Kinematik beschreibt die Bewegung von Körpern Δt m s
im Raum. Ein Punkt im Raum wird durch seine s
Ortskoordinaten festgelegt. Diese ändern sich wäh- Δs = s 2 − s 1 , Differenz der Ortskoordinaten.
rend der Bewegung des Körpers mit der Zeit. Bei
größeren Systemen können einzelne Teile des Sys- Δt = t 2 − t 1 , Differenz der entsprechenden Zeiten.
tems völlig unterschiedliche Bewegungen durchfüh-
Ist der Betrag der Geschwindigkeit überall gleich, so
ren, so bewegt sich bei einem fahrenden Auto ein
spricht man von einer gleichförmigen Bewegung. Die
Punkt auf der Karosserie anders als ein Punkt auf
Geschwindigkeit ist dann unabhängig von der Größe
dem Reifen. Da sich aber jeder Körper aus einzelnen
des Zeitabschnittes. Ändert sich dagegen die Ge-
Punkten zusammensetzt, ist die Beschreibung der Be-
schwindigkeit während der Beobachtungszeit (Bei-
wegung eines einzelnen Massenpunktes von grundle-
spiel: anfahrendes Auto), so kann man die Momen-
gender Bedeutung.
tangeschwindigkeit oder Augenblicksgeschwindigkeit
1.1 Eindimensionale Bewegungen nur bestimmen, wenn der Zeitabschnitt Δt, in dem der
zurückgelegte Weg Δs gemessen wird, beliebig klein
Eine Bewegung wird dann eindimensional genannt, gemacht wird, im Grenzfall gegen 0. Ist dies nicht
wenn sie nur auf einer vorgeschriebenen Bahn erfol- möglich, erhält man die Durchschnittsgeschwin-
gen kann, wie es z.B. bei Schienenfahrzeugen oder digkeit oder auch mittlere Geschwindigkeit. Die
auch Werkzeugschlitten der Fall ist. Zu ihrer Be- Geschwindigkeit, mit der sich ein Körper geradlinig
schreibung ist dann neben der Zeitabhängigkeit nur bewegt, nennt man auch Translationsgeschwindig-
eine Ortskoordinate ausreichend. keit.
Eine Masse m befindet sich zum Zeitpunkt t = 0 an
1.1.1 Geschwindigkeit einem Ort mit der Ortskoordinate s0. Sie hat eine kon-
Eine wichtige Grundgröße der Kinematik ist die stante Geschwindigkeit v0. Der nach Ablauf einer Zeit
Geschwindigkeit. Sie gibt an, welcher Weg Δs in t zurückgelegte Weg s errechnet sich nach:
der Zeit Δt zurückgelegt wird. Die Geschwindig-
s = s0 + v0 ⋅ t (II.2)
keit ist ein Vektor, denn der Endzustand einer Be-
wegung hängt von der Richtung der Geschwindigkeit mit s0 und v0 als Anfangswerte der Ortskoordinate
ab. und der Geschwindigkeit.
II Mechanik 167

s a Δ v Δt
Δv
a= m m (II.3)
s = s0 + v0t Δt s
s2 s
s0 Δv = v 2 − v 1 , Differenz der Geschwindigkeiten.

t Δt = t 2 − t 1 , Differenz der entsprechenden Zeiten.


v
Ist die Beschleunigung konstant, so liegt eine gleich-
mäßig beschleunigte Bewegung vor. Hat ein Körper
v0 v = v0
zum Zeitpunkt t = 0 die Anfangsgeschwindigkeit v 0
Δs = v0 Δt und befindet er sich am Ort s0, so ändern sich seine
Geschwindigkeit v und die Ortskoordinate s mit der
t Zeit entsprechend der folgenden Gleichungen:
Δt
v = v 0 + at (II.4)
Bild II-1 s(t) und v(t)-Diagramm einer gleichförmi-
1
gen Bewegung s = s 0 + v 0 t + at 2 (II.5)
2
 Beispiel: Ein Auto fährt mit einer konstanten Geschwindigkeit Ist a = 0, so liegt eine gleichförmige Bewegung vor.
von 50 km/h. Um 9 Uhr ist es 30 km von seinem Startpunkt ent- Mit diesen Gleichungen können auch verzögerte
fernt. Bewegungen berechnet werden; a ist dann negativ
a) Welche Zeit braucht es für einen Weg von 20 km? einzusetzen, der Körper wird langsamer und somit
b) Wo befindet es sich um 11 Uhr?
abgebremst.
Lösung:
Δs Δs 20 km  Beispiel: Ein Eisenbahnzug, der sich 20 km von seinem Start-
a) v = ⇒ Δt = = = 0,4 h = 24 min
Δt v 50 km h −1 bahnhof befindet, fährt 30 min lang mit konstanter Geschwin-
km digkeit v0 = 60 km/h. Dann wird er mit einer Beschleunigung
b) s = 30 km + 2 h ⋅ 50 = 130 km a = – 0,222 m/s2 abgebremst. Wie lang ist sein Bremsweg, und
h
wie weit ist er dann von seinem Startbahnhof entfernt?
1.1.2 Beschleunigung Lösung: Um die Bremszeit zu berechnen, wird in (II.4) die End-
geschwindigkeit v = 0 eingesetzt:
Wenn sich die Geschwindigkeit im Lauf der Zeit Bremszeit (v = 0):
ändert, liegt eine beschleunigte Bewegung vor. Die v0 60 000 m
Beschleunigung a ist der Quotient aus der Änderung tB = − = = 75 s
a 3600 s ⋅ 0,222 m s − 2
der Geschwindigkeit Δv in der Zeit Δt. Wie bei der
Entfernung von Bahnhof zu Beginn des Bremsvorganges nach
Geschwindigkeit sind auch hier eine Momentanbe- (II.2):
schleunigung und eine Durchschnittsbeschleunigung km
s 0 = 20 km + 60 ⋅ 0,5 h = 50 km
zu unterscheiden. h
Entfernung von Bahnhof zu Ende des Bremsvorganges nach
(II.5):
s
60 km ⋅ 75 s 0,222 m ⋅ 75 2 s 2
s = 50 km + −
3600 s 2s 2
s = s0 + v0t + 1/2at 2 s = 50,626 km
s0
Trägt man in einer Grafik den zurückgelegten Weg
t
als Funktion der Zeit auf, so erhält man das s(t)-
v Diagramm, bei Auftragung der momentanen Ge-
v v = v0 + at schwindigkeit als Funktion der Zeit das v(t)-Dia-
gramm. Im s(t)-Diagramm ist die Momentange-
v0
schwindigkeit anschaulich als Steigung der Weg-
Δs = vΔt Zeit-Kurve abzulesen, während der in einer Zeit Δt
t zurückgelegte Weg Δs aus dem v(t)-Diagramm als
Δt Fläche unter der Kurve bestimmt werden kann
a
(Δs = v ⋅ Δt ).
a = const.
1.1.3 Freier Fall
Δv = aΔt
Ein Beispiel für eine Bewegung unter dem Einfluß
Δt t einer konstanten Beschleunigung ist die Bewegung an
der Erdoberfläche allein unter dem Einfluß der Erd-
Bild II-2 s(t)-, v(t)- und a(t)-Diagramm einer gleich- anziehungskraft, d.h. ohne Luftreibung und andere
mäßig beschleunigten Bewegung Kräfte. Die Erdbeschleunigung hat für alle Körper
168 Physik

den mittleren Wert von g = 9,81 m/s2. Startet ein kehrpunkt die momentane Geschwindigkeit v = 0 und
Körper aus der Ruhe, so gelten die Gleichungen (II.4) am Ende des Fluges die Höhe h = 0 sein muß. Aus
und (II.5) mit v0 = 0 und a = – g. Die Höhe h wird von diesen Bedingungen folgen aus den Gleichungen
der Erdoberfläche aus in positiver Richtung nach (II.4) und (II.5) die nachfolgenden Formeln. Bei
oben gemessen und entspricht der Anfangskoordinate negativen Werten der Geschwindigkeit ist die Bewe-
s0. Die Fallzeit bestimmt sich aus der Bedingung gung abwärts gerichtet.
s(tF) = 0. momentane Geschwindigkeit v ( t ) = v 0 − g t (II.11)
Fallzeit: 1
momentane Höhe h ( t ) = s 0 + v 0 t − g t 2 (II.12)
1 2 2
0= h− gtF (II.6)
2 v 0 + v 02 + 2 s 0 g
Flugzeit ( h ( t ) = 0 ) tF = (II.13)
und daraus g

tF =
2h
(II.7) Endgeschwindigkeit v e = − v 02 + 2 s 0 g (II.14)
g
v
Steigzeit ( v ( t ) = 0 ) ts = 0 (II.15)
Die Fallgeschwindigkeit zu einem beliebigen Zeit- g
punkt t berechnet sich nach
v 02
vF (t ) = g ⋅t (II.8) maximale Höhe ( t = t s ) hs = s 0 + (II.16)
2g
daraus folgt für die Aufprallgeschwindigkeit oder Die Formeln (II.11) – (II.15) gelten auch für den
Endgeschwindigkeit ve, die ja nach der Fallzeit tF senkrechten Fall nach unten, während die Formel
erreicht ist: (II.16) hier dann keinen Sinn ergibt.
ve = g ⋅ t F (II.9)
 Beispiel: Von einem 10 m hohen Turm wird ein Stein mit einer
Anfangsgeschwindigkeit von 20 m/s senkrecht nach oben gewor-
2h
ve = g ⋅ = 2h g (II.10) fen. Wie groß sind die maximale Höhe und die gesamte Flugzeit?
g Lösung:
 Beispiel: Ein Körper fällt von einem Turm der Höhe h = 20 m im ( 20 m s)
2

freien Fall. h s = 10 m + = 30,39 m


2 ⋅ 9,81 m s −2
a) Wann kommt er unten an?
b) Wie groß ist dann seine Geschwindigkeit? 20 m s + ( 20 m s ) + 2 ⋅ 10 m ⋅ 9,81 m s −2
2

tf = = 4,528 s
Lösung: 9,81 m s −2

2h 2 ⋅ 20 m
a) t F = =
g 9,81 m s 2
1.2 Zusammengesetzte Bewegungen
40 m
tF = = 2,02 s Im Gegensatz zu eindimensionalen Bewegungen sind
9,81 m s 2
hier bei allen vektoriellen Größen zwei Angaben
m
b) v e = 2 h g = 2 ⋅ 20 m ⋅ 9,81 notwendig. Als Richtungen sollen x- und y-Richtung
s2
festgelegt sein, die entsprechenden Größen werden
m
v e = 19, 8 durch die Indizes x und y unterschieden.
s
Führt ein Körper gleichzeitig Bewegungen in x- und
1.1.4 Senkrechter Wurf y-Richtung aus, sogenannte zusammengesetzte Bewe-
gungen, so überlagern sich diese Bewegungen unab-
Beim Wurf nach oben ist v0 positiv, beim Wurf nach hängig voneinander, und der Endzustand ist derselbe,
unten negativ einzusetzen. Hierbei kann ebenfalls als wenn die einzelnen Bewegungen nacheinander
eine Anfangshöhe s0 = h angenommen werden. Die ausgeführt worden wären.
maximale Steighöhe und die Steigzeit beim Wurf Als Beispiel soll eine Bewegung in einem strömen-
nach oben folgen aus der Bedingung, daß am Um- den Fluß der Breite b betrachtet werden. Der Fluß
fließt in x-Richtung mit einer Geschwindigkeit vF.
Der Geschwindigkeitsvektor kann dann in eine Kom-
h
h = hs ponente parallel zum Ufer und eine senkrecht zum
Ufer aufgeteilt werden, dies sollen die x- und y-
Richtung sein. Eine Schreibweise hierfür ist die
h = s0 Komponentenschreibweise vektorieller Größen:

v = (vx , vy ) (II.17)

und somit
Bild II-3 
h=0 Senkrechter Wurf v F = ( v Fx , 0 ) .
II Mechanik 169

In dem Wasser bewegt sich ein Boot mit einer Eigen- y Bild II-5
geschwindigkeit vB relativ zum Wasser. Ist das Was- Schiefer Wurf
h v vy
ser in Ruhe, so ist dies auch die Geschwindigkeit hmax

relativ zum Grund v G .
 h0 a
v B = ( 0 , v By ) vx

vB vG
y b
xw x
a vF
x Fall eine Parabel (Wurfparabel). Es soll auch zugelas-
sen werden, daß der Stein in einer Höhe h0 abgeworfen
Bild II-4 Geschwindigkeiten im Fluß wird. Aus den Bedingungen, daß am Ende der Bewe-
gung der Wert für y = 0 sein muß und am höchsten

In einem strömenden Fluß ist nun v B unterschiedlich Punkt der Wert für vy = 0 sein muß, folgen die Glei-

von v G . chungen für den schiefen Wurf aus einer Anfangs-
Die Geschwindigkeit des Bootes kann nun entweder höhe h0 und mit einer Anfangsgeschwindigkeit v0:
relativ zum Grund oder relativ zum Wasser angege- v 0 x = v 0 ⋅ cos a (II.25)
ben werden. Der Zusammenhang ist:
   v 0 y = v 0 ⋅ sin a (II.26)
v G = v B + v F = ( v Fx , v By ) (II.18)
v x ( t ) = v 0 ⋅ cos a = const (II.27)
Es gilt also, daß sich die einzelnen Komponenten v y ( t ) = v 0 ⋅ sin a − gt (II.28)
unabhängig addieren.
Hieraus lassen sich die folgenden Größen berechnen: 1
y ( t ) = h 0 + v 0 ⋅ sin a − g t 2 (II.29)
b 2
Zeit zum Überqueren t = (II.19) x ( t ) = v 0 ⋅ t ⋅ cos a (II.30)
v By
Weg in x-Richtung s Gx = v Fx ⋅ t (II.20) v 0 ⋅ sin a + ( v 0 ⋅ sin a ) + 2 g h0
2
Flugzeit t F = (II.31)
Weg in y-Richtung s Gy = v By ⋅ t (II.21) g
v 02 ⋅ sin 2 a
Gesamter Weg s G = 2
s Gx + s Gy
2
(II.22) Flughöhe h max = h 0 + (II.32)
2g
Geschwindigkeit v G = v Fx
2
+ v By
2
(II.23) Flugweite x w = v 0 ⋅ t F ⋅ cosa (II.33)
⎛ v By ⎞ Wenn in den Gleichungen (II.29) bis (II.32) der Wert
Richtung a = arctan ⎜ ⎟ (II.24)
⎝ v Fx ⎠ für h0 auf 0 gesetzt wird, so ergeben sich die Glei-
chungen für den Fall eines schiefen Wurfes mit An-
 Beispiel: In einem Fluß der Breite 500 m fließt Wasser mit einer
Strömungsgeschwindigkeit von 2 m/s. Senkrecht zum Ufer startet fangshöhe 0.
ein Boot mit einer Eigengeschwindigkeit von 10 m/s. Wie lange 2 v ⋅ sina
braucht das Boot für die Überquerung, und wie groß ist die seit- Flugzeit t F = 0 (II.34)
liche Abdrift d? g
Lösung: v 02 ⋅ sin 2 a
500 m Flughöhe h max = (II.35)
Zeit t= = 50 s 2g
10 m s
m 2 ⋅ v 02 ⋅ sin a ⋅ cos a
Abdrift d=2
s
⋅ 50 s = 100 m Flugweite x w = v 0 ⋅ t F ⋅ cos a =
g
1.2.1 Schiefer Wurf v 02 ⋅ sin 2 a
xw = (II.36)
Ein weiteres Beispiel für eine zusammengesetzte g
Bewegung ist die Bewegung eines Steines, der unter  Beispiel: Ein Stein wird unter einem Winkel von 30° mit einer
einem bestimmten Winkel α mit einer Anfangsge- Anfangsgeschwindigkeit von 20 m s–1 geworfen. Wie weit fliegt
er, und wann trifft er auf den Boden?
schwindigkeit v0 geworfen wird (schiefer Wurf). In
diesem Fall handelt es sich um die Überlagerung Lösung:
einer gleichmäßigen Bewegung in x-Richtung mit ( 20 ms −1 ) 2 ⋅ sin 60 °
Flugweite xw = = 35, 31 m
einer gleichförmig beschleunigten Bewegung (freier 9, 81 m s − 2
Fall) in y-Richtung. Die Flugbahn unter dem Einfluß 2 ⋅ 20 m s −1 ⋅ sin 30 °
Flugzeit tF = = 2 , 04 s
einer konstanten Kraft (Erdanziehung) ist in diesem 9, 81 m s −2
170 Physik

1.3 Kreisbewegung 1.3.3 Kreisfrequenz


Bei einer Kreisbewegung bewegt sich eine punktför- Oft werden die Drehzahl n oder auch die Frequenz f
mige Masse auf einer Kreisbahn mit dem Radius r. einer kreisförmigen Bewegung angegeben. Im Ge-
Wenn in gleichen Zeiten Δt gleiche Strecken Δs auf gensatz zur Frequenz f wird die Größe w auch Kreis-
dem Umfang zurückgelegt werden, so überstreicht frequenz genannt.
auch die Verbindungslinie zum Zentrum des Kreises
w = 2π f w x n
in gleichen Zeiten Δt gleiche Winkel Δj.
2π n 1 1 (II.42)
w= Hz
60 s min
vu

1.3.4 Winkelbeschleunigung
r
Δf Δs
Werden in gleichen Zeiten ungleiche Wegstrecken
auf dem Umfang zurückgelegt, ändert sich also die
Umfangsgeschwindigkeit, muß der Körper eine
Tangentialbeschleunigung erfahren. Jetzt werden in
Bild II-6
gleichen Zeiten ungleiche Winkel überstrichen, daher
Kreisbewegung
ändert sich die Winkelgeschwindigkeit ebenfalls. In
diesem Fall liegt eine Winkelbeschleunigung vor.
1.3.1 Bahngeschwindigkeit Analog zur linearen Beschleunigung wird die Win-
kelbeschleunigung definiert:
Unter Bahngeschwindigkeit oder auch Umfangs-
geschwindigkeit versteht man die Geschwindigkeit, a Δw Δt
Δw
mit der sich eine Masse m auf dem Umfang eines a= 1 1 (II.43)
Δt s
Kreises mit dem Radius r bewegt. Wenn sich die s2 s
Masse in der Zeit Δt um die Strecke Δs weiterbewegt
In diesem Fall gelten analoge Gleichungen zu (II.4)
hat, wird von der Verbindungslinie zwischen der
und (II.5).
Masse und dem Zentrum des Kreises der Winkel Δj
überstrichen. Zwischen den Größen r, Δs und Δj gilt w = w 0 + at (II.44)
die Gleichung:
1
j s r j = j0 + w0 t + a t 2 (II.45)
Δs 2
Δj = (II.37)
r rad m m
Hierbei sind w0 und j0 die Anfangswerte zur Zeit
Δs = r ⋅ Δj (II.38) t = 0 der Winkelgeschwindigkeit und des Winkels.
Δs Δj
Umfangsgeschwindigkeit v u = =r (II.39)  Beispiel: Ein Elektromotor läuft mit einer Drehzahl n = 600 min–1.
Δt Δt Nach dem Abschalten wird er mit konstanter Winkelbeschleuni-
gung a abgebremst, bis er nach 50 Umdrehungen zum Stillstand
oder Bahngeschwindigkeit v u = r ⋅ w (II.40) kommt.

mit der Abkürzung a) Wie groß ist die Winkelbeschleunigung?


b) Wie lange ist die Bremszeit tB?
Δj
w= . Lösung:
Δt a) Anfangswerte:
n −1
Die Größe w wird Winkelgeschwindigkeit genannt. j 0 = 0, w0 = 2 π s = 62 , 83 s −1
60
50 Umdrehungen ergeben:
1.3.2 Winkelgeschwindigkeit
j = 50 ⋅ 2 π = 314 ,16 rad
Die Winkelgeschwindigkeit w ist durch
Aus (II.44) folgt:
w Δj Δt w0
Δj a=− .
w= 1 (II.41) tB
Δt rad s 62,83 s
s Winkelbeschleunigung a=− = −6,28 s −2
10 s
definiert, wobei Dj der in der Zeiteinheit Dt überstri- b) In (II.45) eingesetzt:
chene Winkel ist. w 0 t B2 1
Bei einer Kreisbewegung mit konstanter Winkel- j = w0 t B − = w 0 tB
2t B 2
geschwindigkeit w (gleichförmige Kreisbewegung) ist
die Umfangsgeschwindigkeit vom Betrag her kon- 2 j 2 ⋅ 314 ,16 rad
Bremszeit tB = = = 10 s
stant, allerdings ändert sie laufend die Richtung. w0 62 , 83 s −1
II Mechanik 171

2 Dynamik kg m
Die Einheit der Kraft im SI-System ist 1 ,
s2
In der Kinematik wird die Bewegung von Massen
hierfür wird die Abkürzung 1 N (1 Newton) verwendet.
durch geeignete Formeln beschrieben, ohne daß nach
der Ursache für eine Bewegung oder eine Änderung kg m
1N =1 2 (II.49)
eines Bewegungszustandes gefragt wird. In der Dy- s
namik werden diese Ursachen untersucht. An der Erdoberfläche wirkt auf alle Körper die Ge-
wichtskraft oder Schwerkraft
2.1 Newtonsche Axiome FG = m ⋅ g (II.50)
I. Newton (1643 bis 1727) hat drei grundlegende mit der Erdbeschleunigung g
Axiome formuliert, die das Verhalten von Körpern
m
unter dem Einfluß äußerer Kräfte und das Zusam- g = 9 , 81 2 (II.51)
menspiel von Kräften untereinander beschreiben. s
Diese Newtonschen Axiome sind die Grundlagen der Eine nicht mehr zulässige Einheit der Kraft ist 1 kp
klassischen Mechanik und werden in der Tabelle II-1 (1 Kilopond). Dies ist die Gewichtskraft auf die
aufgeführt: Masse von 1 kg. Somit gilt:

Tabelle II-1 Newtonsche Axiome

Newtonsche Axiome Formulierung Gleichung


1. Axiom: Jeder Körper beharrt im Zustand der Ruhe oder der
Trägheitsgesetz gleichförmig geradlinigen Bewegung, solange er nicht
durch äußere Kräfte gezwungen wird, diesen Zustand
zu ändern.

2. Axiom Die zeitliche Änderung der Bewegungsgröße  Δp


 (Impuls) F=
Aktionsgesetz p = mv ist gleich der resultierenden Kraft F. Δt
 
3. Axiom Wirkt ein Körper 1 auf einen Körper 2 mit der F12 = − F21
Wechselwirkungsgesetz Kraft F12, so wirkt der Körper 2 auf den Körper 1 mit
actio = reactio einer gleich großen, entgegengesetzten Kraft F21.

Das Aktionsgesetz läßt eine zeitliche Änderung 1 kp = 9,81 N (II.52)


sowohl der Masse als auch der Geschwindigkeit zu. Hängt eine Masse m an einer Feder, so wird die Feder
In der allgemeinen Form gilt: um eine Strecke x gedehnt und zwar solange, bis die
 Dp D ( m ⋅ v ) 
Dv  Dm Rückstellkraft der Feder und die Gewichtskraft auf
F= = = m⋅ +v⋅ (II.46) die Masse m entgegengesetzt gleich groß sind. Die
Dt Dt Dt Dt
Rückstellkraft der Feder wird durch die Federeigen-
Ist die Masse konstant, so ist Δm = 0, und es gilt mit schaften beeinflußt und in der Federkonstanten c

Δv  festgelegt. Da die Rückstellkraft entgegengesetzt zur
= a: Auslenkung gerichtet ist, gilt
Δt
 
F = m⋅a (II.47) Rückstellkraft Frück = − cx (II.53)
Dieses Gesetz wird auch als Newtonsches Grundge- Frück c Frück x
setz bezeichnet, gilt in dieser Form aber nur für kon- Federkonstante c = − (II.54)
stante Massen. x Nm −1 N m

2.2 Kraft Zerlegung und Zusammensetzung von Kräften



Nach dem Newtonschen Grundgesetz ist die Kraft F Kräfte sind Vektoren und müssen somit vektoriell
bei konstanter Masse proportional zur Beschleuni- addiert werden. Die grafische Lösung für die Addition
 zweier Kräfte und die sich daraus ergebende resul-
gung a. Die Kraft ist eine vektorielle Größe. Kraft
und Beschleunigung haben dieselbe Richtung. tierende Kraft erfolgt so, daß der Anfangspunkt
des zweiten Vektors in den Endpunkt des ersten
  F m a
F = m⋅a (II.48) Vektors verschoben wird. Es entsteht ein Paralle-
kg m s −2 kg m s −2 logramm, das
172 Physik

y eine Komponente senkrecht zur Unterlage, der Nor-


malkraft FN, und eine Komponente parallel zur Unter-
lage, der Hangabtriebskraft FH, zerlegt werden.
F2 F
m Bild II-9
b
F1 FH Schiefe Ebene
g a
x a
FN
Bild II-7 Kräfteparallelogramm
FG
a
Kräfteparallelogramm
Mit Hilfe der trigonometrischen Gleichungen lassen
sich die folgenden Beziehungen für die Addition von Die Beträge dieser Kräfte sind:
Kräften ableiten: FH = m g sina (II.64)
x-Komponente Fx = F1 cos a + F2 cos b (II.55)
FN = m g cosa (II.65)
y-Komponente Fy = F1 sin a + F2 sin b (II.56)
Die Hangabtriebskraft beschleunigt den Körper,
daraus folgt für die resultierende Kraft: während die Normalkraft den Druck auf die Unter-
lage bewirkt. Durch die Normalkraft wird wegen der
F= Fx2 + Fy2 (II.57) immer vorhandenen Reibung eine der Hangabtriebs-
kraft entgegengesetzte Reibungskraft FR verursacht.
F= F12 + F22 + 2 F1 F2 cos ( a − b ) (II.58) Reibungskraft FR = m FN = m m g (II.66)
Nach Umkehrung dieser Gleichungen lassen sich die Die Größe m wird als Reibungszahl bezeichnet und
Teilkräfte aus der Resultierenden und den Winkeln hängt von der Beschaffenheit der beiden an der Rei-
berechnen: bung beteiligten Körper ab und von der Art der Be-
sin ( b − g ) wegung. Sie ist eine dimensionslose Zahl. Bei der
F1 = F (II.59)
sin ( b − a ) Bewegung eines Fahrzeuges ist die Rollreibung zu
berücksichtigen. Einige typische Werte für die Rei-
sin ( g − a ) bungszahl sind in der folgenden Tabelle zusammen-
F2 = F (II.60)
sin ( b − a ) gestellt. Hierbei ist zwischen Haftreibung und Gleit-
Oft ist es notwendig, eine Kraft F in zwei senkrecht reibung zu unterscheiden.
zueinanderstehende Komponenten zu zerlegen. In den
Gleichungen (II.59) und (II.60) ist dann a = 0° und Tabelle II-2 Werte für die Reibungszahl m
b = 90° zu setzen
Stoffpaar Haftreibung Gleitreibung
y
Stahl/Stahl 0,15 0,12
Stahl/Holz 0,5 – 0.6 0,2 – 0,5
F Stahl/Eis 0,027 0,014
F2 Holz/Holz 0,65 0,2 – 0,4
g
Gummi/Asphalt 0,9 0,85
Gummi/Beton 0,65 0,5
F1 x
Gummi/Eis 0,2 0,15
Bild II-8 Zerlegung von Kräften
 Beispiel: Ein Fahrzeug der Masse m = 1000 kg befindet sich auf
F1 = F cos g (II.61) einer Schiefen Ebene mit dem Neigungswinkel a = 10°. Die Rei-
bungszahl sei m = 0.1. Wie groß ist die Beschleunigung des
F2 = F sing (II.62) Wagens?
Lösung:
Der Winkel der Resultierenden mit der Kraft F1 Normalkraft:
errechnet sich zu:
FN = m g cos a = 1000 kg ⋅ 9, 81 m s 2 ⋅ 0 , 984 = 9660 N
⎛F ⎞ Reibungskraft: FR = m FN = 0 ,1⋅ 9660 N = 966 N
g = arctan ⎜ 2 ⎟ (II.63)
⎝ F1 ⎠ Hangabtriebskraft:
FH = m g sin a = 1000 kg ⋅ 9 , 81 m s 2 ⋅ sin10  = 1703 N
Schiefe Ebene
Befindet sich ein Körper auf einer Schiefen Ebene, so Resultierende Kraft: F = FH − FR = 1703 N − 966 N = 737 N
wirkt auf ihn die Schwerkraft in der in Bild II-9 F 737 N
Beschleunigung: a = = = 0 , 737 m s 2
angezeigten Richtung. Diese Schwerkraft kann in m 1000 kg
II Mechanik 173

Kräfte bei Kreisbewegungen geographischen Breite untersucht werden. Dabei wird


Soll sich eine Masse m auf einer Kreisbahn mit kon- angenommen, daß die Erde eine homogene Kugel sei
stanter Winkelgeschwindigkeit bewegen, so bleibt mit dem Radius rE = 6378 km. Die Fallbeschleu-
zwar der Betrag der Umfangsgeschwindigkeit kon- nigung ist die Resultierende aus Erdbeschleunigung
stant, nicht aber die Richtung (siehe Bild II-10). und Zentrifugalbeschleunigung. Am Pol ist der Ab-
Die Masse m hat sich in der Zeit Δt vom Punkt P1 stand von der Drehachse = 0, somit tritt hier keine
nach P2 bewegt. Dabei hat sich der Vektor der Ge- Zentrifugalbeschleunigung auf, und für die Fallbe-
schwindigkeit von v1 nach v2 verändert, der Betrag ist schleunigung gilt aF = g. Am Äquator ist die Zentri-
aber geblieben. Da sich die Richtung geändert hat, fugalbeschleunigung maximal, nämlich aZP = w2rE.
gilt Da sich die Erde in 24 Stunden einmal um sich selbst
dreht, gilt am Äquator:
v2 2
⎛ 2π ⎞
v1 a ZP = ⎜ ⎟ ⋅ 6378 ⋅ 10 m
3

Δv
⎝ 24 ⋅ 60 ⋅ 60 s ⎠

v2 v1
P Δf m
Δf 2 a ZP = 0 , 034 .
P1 s2
Fallbeschleunigung
  
a F = g + a ZP (II.73)

Bild II-10 Zentripetal-Beschleunigung und, da Zentrifugalbeschleunigung und Erdbeschleu-


nigung entgegengesetzt wirken
  
Δv = v 2 − v 1 (II.67) a F = ( 9, 81 − 0 , 034 )
m m
= 9,776 2 .
s2 s
Die Geschwindigkeitsänderung läßt sich auch durch
die Winkeländerung ausdrücken:
Δv = v ⋅ Δj (II.68)
g ar
Die Richtung von Dv ist zum Zentrum der Kreisbahn r
gerichtet, die Geschwindigkeit hat sich daher in f
Richtung auf das Zentrum geändert, somit muß auch rE g aZP
f
eine Beschleunigung in Richtung auf das Zentrum der g aZP
Kreisbahn erfolgen
Δv v ⋅ Δj
a Zp = = = v⋅w (II.69)
Δt Δt
und mit (II.40)
Bild II-11 Fallbeschleunigung und geographische
a Zp = w 2 r (II.70)
Breite
a Zp w2 r
a Zp = w 2 r (II.71) Für andere geographische Breiten muß entsprechend
−2
ms s −2 m
Bild II-11 der Abstand von der Drehachse r und die
Diese Beschleunigung ist die Zentripetalbeschleuni- Komponente der Zentrifugalbeschleunigung ar in
gung. Richtung auf den Erdmittelpunkt bestimmt werden,
Wegen des 2. Newtonschen Axioms wirkt daher eine denn nur diese Komponente wirkt der Erdbeschleuni-
Kraft, die Zentripetalkraft gung, die ja zum Erdmittelpunkt gerichtet ist, entge-
gen. Es gelten die folgenden Gleichungen:
FZp = mw 2 r (II.72)
r = r E ⋅ cos j (II.74)
Sie muß aufgewendet werden, um eine Masse m auf
einer Kreisbahn zu halten. Die entgegengesetzt ge- a jZP = w 2 ⋅ r = w 2 ⋅ rE ⋅ cos j (II.75)
richtete gleich große Kraft ist die Zentrifugalkraft.
Die dazugehörende Beschleunigung heißt Zentrifu- ar = a jZP ⋅ cos j (II.76)
galbeschleunigung. Diese Kraft tritt bei allen Rota-
tionsbewegungen auf, dabei ist mit dem Radius r in a r = w 2 ⋅ rE ⋅ cos 2 j (II.77)
Gleichung (II.72) der Abstand von der Drehachse und damit
gemeint. Als Beispiel soll die Abhängigkeit der
Fallbeschleunigung auf der Erdoberfläche von der a F = g − w 2 ⋅ r E ⋅ cos 2 j (II.78)
174 Physik

2.3 Impuls Lösung:


Gesamtimpuls zu Beginn:
Im 2. Newtonschen Axiom wird die zeitliche Ände- p g = ( 200 kg + 80 kg ) ⋅ 2 m / s = 560 Ns
rung der Bewegungsgröße p gleich der resultierenden Impulsänderung durch den Sprung:
Kraft gesetzt. Die Bewegungsgröße ist der Impuls. Δ p = F Δt = 300 N ⋅ 0,2 s = 60 Ns
Bei konstanter Kraft F gilt: Impuls des Bootes nach dem Sprung:
p B′ = 200 kg ⋅ 2 m / s − 60 Ns = 340 Ns
  p m v
p = mv (II.79) Geschwindigkeit des Bootes: v B′ =
340 Ns
= 1,7 m / s
N s kg m s −1 200 kg

 Δ p  
Impuls des Mannes nach dem Sprung:
F= ⇒ Δ p = F ⋅ Δt (II.80) ′ = 80 kg ⋅ 2 m / s + 60 Ns = 220 Ns
pM
Δt 220 Ns
′ =
Geschwindigkeit des Mannes: v M = 2,75 m / s
Die Kraft ist also gleich der zeitlichen Änderung des 80 kg
Impulses. Die Größe Gesamtimpuls am Ende: p g′ = ( 340 + 220 ) Ns = 560 Ns
t2 Die positiven Vorzeichen bei beiden Geschwindigkeiten zeigen
∫ F d t = p 2 − p1 = Δ p (II.81) an, daß sich sowohl der Mann wie auch das Boot weiter in der
ursprünglichen Fahrtrichtung des Bootes bewegen, der Gesamt-
t1
impuls hat sich nicht verändert. Da der Impuls ein Vektor ist, muß
die Impulserhaltung auch für jede Komponente gelten.
wird als Kraftstoß bezeichnet. Ist die Kraft zeitlich
konstant, so vereinfacht sich Gleichung (II.81) zu  Beispiel: Der Mann aus dem voranstehenden Beispiel springt
   nicht in Fahrtrichtung, sondern senkrecht zur Fahrtrichtung in po-
Δ p = F ⋅ Δt = F ( t 2 − t 1 ) (II.82) sitiver y-Richtung vom Boot. Wie groß ist die Geschwindigkeit
des Bootes und des Mannes direkt nach dem Sprung?

Die Impulsänderung Δp , die ja auch ein Vektor ist, Lösung: Die Geschwindigkeit des Bootes und des Mannes in
hat die Richtung der angreifenden resultierenden Fahrtrichtung bleiben unverändert.
Kraft. Δ p = F ⋅ Δt = 300 N ⋅ 0,2 s = 60 Ns

 Beispiel: Eine konstante Kraft von 2 kN wirkt 10 s lang auf ein −60 Ns m
vB = = −0 , 3
ruhendes Fahrzeug der Masse m = 800 kg. Wie groß sind 200 kg s
a) der Kraftstoß, 60 Ns m
b) der Impuls, vM = = −0 , 75
80 kg s
c) die Geschwindigkeit nach 10 s?
Das Boot bewegt sich also in entgegengesetzter Richtung zum
Lösung: Mann.
a) F ⋅ Δt = 2000 N ⋅ 10 s = 20 000 Ns
b) Δ p = p 2 − p 1 = F ⋅ Δt ⇒ p = 20 000 Ns 2.4 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad
Δ p 20 000 Ns m km und Energie
c) v = = = 25 = 90
m 800 kg s h
Arbeit
Wirkt eine Kraft auf eine Masse m und verschiebt sie
Impulserhaltungssatz
dabei die Masse m um den Weg Ds, so hat die Kraft
Wirkt nun auf ein System keine äußere resultierende
den Zustand des Körpers verändert, es wurde Arbeit
Kraft, so ist entsprechend (II.82) die Änderung des
verrichtet. Schließt die Kraft einen Winkel a mit der
Impulses Dp = 0. Daraus folgt, daß in diesem Fall der
Richtung von Ds ein, so gilt für die Teilarbeit DW auf
Impuls konstant sein muß. Dieses gilt für den Ge-
dieser Wegstrecke:
samtimpuls des betrachteten Systems. Besteht das
System aus mehreren Massen mit Einzelimpulsen pi, ΔW = F ⋅ Δ s ⋅ cos a (II.84)
so gilt der Impulserhaltungssatz für den Gesamtim-
Es wirkt nur die Projektion der Kraft in Richtung des
puls
     Weges. Die für den gesamten Weg aufzubringende
p ges = p1 + p 2 + p 3 + ... + p n = const (II.83) Arbeit ist dann aus der Summe der Teilarbeiten zu
berechnen.
Dabei können sich die Einzelimpulse durchaus än-
dern, wenn nur der Gesamtimpuls konstant bleibt. W = ∑ΔW (II.85)
Eine weitergehende Betrachtung wird im Kapitel Ist die Kraft während des gesamten Vorganges kon-
Stoßprozesse durchgeführt. stant und parallel zum Weg, so folgt aus Gleichung
(II.84) und (II.85) für die gesamte Arbeit
 Beispiel: Aus einem Boot der Masse 200 kg, welches sich in
ruhendem Wasser (äußere Kräfte = 0) mit einer Geschwindigkeit
W F s
von 2 m/s bewegt, springt in Fahrtrichtung ein 80 kg schwerer W = F⋅s (II.86)
Mann. Dabei stößt er sich 0,2 s lang mit einer Kraft von 300 N Nm N m
ab.
Wie groß sind die Geschwindigkeiten des Bootes und des Mannes Die Einheit der Arbeit ist 1 Nm, dafür wird die Ab-
direkt nach dem Sprung? kürzung 1 J (Joule) verwendet.
II Mechanik 175

kg m 2 F
1 J = 1 Nm = 1 (II.87)
s2
x
Immer dann, wenn eine Masse m gegen eine Kraft F
bewegt wird, muß Arbeit verrichtet werden. Wird die Fr
Masse in Richtung der Kraft bewegt, wird Arbeit
Wspann
gewonnen. Wird z.B. eine Masse m gegen die Ge-
wichtskraft um eine Höhe Δs = h angehoben, so ist x s
dafür die Hubarbeit Bild II-13 Spannarbeit
Whub = FG ⋅ h = mgh (II.88)
1
gegen die konstante Gewichtskraft zu verrichten. Die Wspann = Fr x (II.91)
Fläche im F-s-Diagramm ist somit gleich der Arbeit. 2
1 2
F Wspann = cx (II.92)
2
Leistung, Wirkungsgrad
h mg
Die Leistung P gibt an, wieviel Zeit Δt zur Verrich-
W = mgh tung einer Arbeit ΔW benötigt wird.
m
h s ΔW P ΔW Δ t
P= (II.93)
Δt Nms −1 Nm s
Bild II-12 Hubarbeit
Hieraus folgt:
Wird ein Körper beschleunigt, so ist Beschleuni-
ΔW F ⋅ Δ s
gungsarbeit zu verrichten. Nach Gleichung (II.5) gilt, P= = (II.94)
daß für den zusätzlich während der Beschleunigungs- Δt Δt
zeit Δt zurückgelegten Weg Δs gilt: P = F⋅v (II.95)
1
Δs = a ( Δ t ) .
2 Die SI-Einheit der Leistung ist das Watt.
2
J Nm
Aus Gleichung (II.3) folgt 1 W =1 =1 (II.96)
s s
Δv
Δt =
a
und somit
1 ⎛ Δv ⎞
2
( Δv ) v 22 − v12
2
Δs = a⎜ ⎟ = = .
2 ⎝ a ⎠ 2a 2a
Damit gilt mit
a
Wbeschl = m a ⋅ Δ s
m2
1
Beschleunigungsarbeit Wbeschl = m ( v 22 − v12 ) (II.89) Bild II-14
2 m1
Antriebsleistung
Hierbei ist vorausgesetzt, daß keine weiteren Arbei-
ten, wie z.B. Reibungsarbeit, zu verrichten sind. Wird Bei allen Maschinen und Antrieben gibt es immer
ein Körper bei vorhandener Reibungskraft auf hori- Verluste durch Reibung, Wärme etc. Die von der
zontalem Weg bewegt, so ist jetzt Reibungsarbeit Maschine geleistete Arbeit ist immer kleiner als die
gegen die Reibungskraft zu verrichten: zugeführte Arbeit. Das Verhältnis von abgegebener
Arbeit zu zugeführter Arbeit wird Wirkungsgrad h
Reibungsarbeit
genannt.
W R = FR ⋅ ( s 2 − s 1 ) = FN ⋅ m ⋅ g ⋅ ( s 2 − s1 ) (II.90)
Wab
h= ≤1 (II.97)
Um eine Feder zusammenzudrücken, muß ebenfalls Wzu
Arbeit gegen die Rückstellkraft der Feder geleistet
werden. Wird eine Feder um die Strecke x zusam- Der Wirkungsgrad ist eine dimensionslose Größe.
mengedrückt, so ist die Rückstellkraft nicht konstant,
sondern gemäß Bild II-13 von der Auslenkung ab-  Beispiel: Ein beladener Förderkorb mit der zulässigen Gesamt-
masse m1 = 1000 kg ist über eine Rolle mit dem Gegengewicht m2
hängig. Auch hier ist die Spannarbeit gleich der = 400 kg verbunden. Der Korb wird zu Beginn mit der Be-
gestrichelten Fläche in Bild II-13. Es gilt schleunigung a = 1 ms–2 aufwärts beschleunigt, bis er dann mit
176 Physik

einer konstanten Geschwindigkeit von 5 ms–1 nach oben fährt. Welche Energie geht durch Verformungsarbeit während des Auf-
Die Reibungskraft FR wird als konstant mit 500 N angenommen. pralles verloren?
Welche Dauerleistung und welche maximale Leistung muß die Lösung:
Antriebsmaschine bei einem Wirkungsgrad von 0,8 leisten? Umwandlungsenergie = Differenz der potentiellen Energien.
Lösung:
Δ E = m g ( h 0 − h1 ) (II.102)
Während der Phase der beschleunigten Bewegung ist die Kraft:
Fa = m 1 ( g + a ) − m 2 ( g − a ) + FR = 7786 N Δ E = 0,981 J

Fa v 2
Pa = = 48, 67 kW
h 2.5 Stoßprozesse
Während der Phase der gleichförmigen Bewegung gilt:
Fv = ( m 1 − m 2 ) g + FR = 6386 N
Stoßen zwei Körper zusammen, so berühren sie sich
kurzzeitig und ändern ihren Bewegungszustand. Je
Fv v 2
Pv = = 39,91 kW nach Art der Energieübertragung unterteilt man
h
mechanische Stöße in elastische und inelastische
Energie Stöße, nach den geometrischen Verhältnissen in ge-
Wird einem Körper Arbeit zugeführt, so erhöht sich rade und schiefe Stöße, zentrale und exzentrische
seine Energie E. Energie und Arbeit werden in der Stöße. Im Rahmen diese Buches werden nur gerade,
gleichen Einheit gemessen (II.87). zentrale Stöße behandelt. Die Stoßpartner bewegen
sich also auf einer Geraden und treffen sich auf der
Δ E = E 2 − E 1 = ΔW (II.98) Verbindungslinie ihrer Mittelpunkte.
Wird einem Körper Hubarbeit zugeführt, so erhöht
sich seine Lageenergie oder auch potentielle Energie Elastischer Stoß
Epot. Durch Beschleunigungsarbeit wird die kinetische Beim elastischen Stoß ist die Bewegungsenergie E
Energie Ekin erhöht. Es gilt für die vor dem Stoß gleich der Bewegungsenergie E' nach
dem Stoß. (Größen nach dem Stoß werden durch ′
potentielle Energie E pot = m g h (II.99)
gekennzeichnet.) Weiterhin gilt der Impulserhal-
 
1 tungssatz (II.83) p = p ′.
und für die kinetische Energie E kin =m v 2 (II.100)
2
Energieerhaltung
Die unterschiedlichen Energieformen können wäh-
rend des Ablaufes eines Vorganges in andere Ener- 1 1 1 1
m v 2 + m v 2 = m v ′ 2 + m 2 v 2′ 2 (II.103)
gieformen umgewandelt werden. Es gilt jedoch der 2 1 1 2 2 2 2 1 1 2
grundlegende Satz von der Erhaltung der Energie in
einem abgeschlossenen System. Impulserhaltung
   
m 1 v 1 + m 2 v 2 = m 1 v 1′ + m 2 v 2′ (II.104)
Energieerhaltungssatz: Geschwindigkeiten
 
In einem abgeschlossenen System ist die Summe  ( m1 − m 2 ) v 1 + 2 m 2 v 2
aller Energien, die Gesamtenergie, zu jedem v1′ = (II.105)
m1 + m 2
Zeitpunkt konstant. Energie kann sich in ver-
schiedene Formen umwandeln und zwischen ver- nach dem Stoß
schiedenen Teilen des Systems austauschen.  
 ( m 2 − m1 ) v 2 + 2 m1 v 1
v 2′ = (II.106)
m1 + m 2
E1 + E 2 + E 3 + ... + E n = const (II.101)
 Beispiel: Eine Kugel der Masse m1 = 2 kg, v1 = 3 m s–1 stößt
 Beispiel: Eine Stahlkugel (m = 1 kg) fällt aus einer Höhe von 2 m
elastisch mit einer ruhenden Kugel m2 = 1 kg, v2 = 0 m s–1 zu-
auf eine Stahlplatte.
sammen. Wie groß sind die Geschwindigkeiten nach dem Stoß?
Wie groß ist ihre Geschwindigkeit kurz vor dem Aufprall?
Lösung: ( 2 − 1) kg ⋅ 3 m s + 2 ⋅ 1 kg ⋅ 0 m s
Lösung: v 1′ = =1 m s
Energien in Höhe h: E pot = m g h , E kin = 0 2 kg + 1 kg
( 1− 2) kg ⋅ 0 m s + 2 ⋅ 2 kg ⋅ 3 m s
vor dem Aufprall: E pot = 0 , E kin =
1
mv2 v 2′ = =4 m s
2 2 kg + 1 kg
 
1 Haben beide Kugeln gleiche Massen, so ergibt sich: v 1′ = v 2 und
mgh = mv2
2  
v 2′ = v 1.
Aufprallgeschwindigkeit ve = 2 g h siehe auch (II.10)

m m Inelastischer Stoß
ve = 2 ⋅ 9, 81 ⋅ 2 m = 6,26
s2 s Beim inelastischen Stoß wird ein Teil der Bewe-
gungsenergie in andere Energiearten, z.B. Verfor-
 Beispiel: Eine Stahlkugel (m = 1 kg) fällt aus einer Höhe von 2 m mungsenergie oder Wärmeenergie ΔE, umgewandelt.
auf eine Stahlplatte und springt dann bis zu einer Höhe von
1,90 m zurück. E1 + E 2 + ... + E n = E1′ + E 2′ + ... + E n′ + Δ E (II.107)
II Mechanik 177

Um ΔE berechnen zu können, sind weitere Angaben Mit dieser Formel wird allerdings nur der Betrag des
notwendig. Haben nach dem Stoß beide Körper Drehmomentes berechnet, die Richtung ergibt sich
dieselbe Geschwindigkeit, so liegt ein vollkommen aus der Rechte-Hand-Regel:
inelastischer oder auch unelastischer Stoß vor. Der Daumen der rechten Hand wird in die Richtung
   
v 1′ = v 2′ = v ′ (II.108) von r gehalten, der Zeigefinger in Richtung
 Fs, der
Mittelfinger zeigt die Richtung von M an.
  
m1 v1 + m 2 v 2 = ( m1 + m 2 ) v ′ (II.109)
Massenmittelpunkt, Schwerpunkt
  Greifen an einem starren Körper, also einem System
 m v + m2 v2
v′ = 1 1 (II.110) von fest miteinander verbundenen Massenpunkten,
m1 + m 2
beliebige äußere Kräfte an, so wird das System eine
 Translation und eine Rotation durchführen. Das
 Beispiel: Ein Auto (m1 = 1000 kg, v 1 = 100 kmh–1) stößt frontal
vollkommen inelastisch mit einem zweiten entgegenkommenden

System ist nur dann im statischen Gleichgewicht,
Wagen (m2 = 1500 kg, v 2 = – 120 km h–1) zusammen. Die Dau- wenn die Summe aller äußeren Kräfte und die Sum-
er des Stoßes sei 0,5 s, beide Fahrer wiegen 100 kg. Das Minus-
   me aller äußeren Drehmomente = 0 ist.
zeichen bei v 2 bedeutet, daß v 2 entgegengesetzt zu v 1 gerichtet
ist. ∑ Fa = 0 (II.113)
a) Wie groß ist die Geschwindigkeit beider Fahrzeuge nach dem 
Aufprall?
∑ Ma = 0 (II.114)
b) Welche Kräfte haben beide Fahrer auszuhalten?
Dieses Gleichgewicht stellt sich dann ein, wenn der
Lösung:
Körper in einem ganz bestimmten Punkt durch eine
a) nach (II.110)
Stützkraft FS unterstützt wird. Diese muß entgegenge-
 1100 kg ⋅ 100 km h −1 − 1600 kg ⋅ 120 km h −1 setzt gleich der Gewichtskraft aller Massenpunkte sein.
v′ =
1100 + 1600 kg
 y
v ′ = −30,37 km h −1
m2
b) nach (II.82)
m3
ys S
 Δ p 1 100 kg ⋅ ( −30,37 − 100 ) km h −1
F1 = = = −2747 N m1
Δt 0,5 s
m4
 Δ p 2 100 kg ⋅ ( −30,37 + 120 ) km h −1 Bild II-16
F2 = = = 1792,6 N Schwerpunkt
Δt 0,5 s xs x

 N

2.6 Rotation FS + ∑ m i g = 0 (II.115)
i =1
Drehmoment
Dadurch ist (II.113) erfüllt. Weiterhin muß bezüglich
einer beliebigen Drehachse das Gesamtdrehmoment
r m gleich der Summe der Einzeldrehmomente sein.
a  N 
Fs M ges + ∑ M i = 0 (II.116)
F i =1

Bild II-15 Aus diesen Gleichungen kann die Koordinate dieses


Drehmoment Punktes bestimmt werden. Dieser Punkt ist der
Schwerpunkt oder Massenmittelpunkt des starren
Um einen Körper in Drehbewegung oder Rotation zu Körpers. Die Lage hängt von der Massenverteilung
versetzen, muß auf diesen Körper eine resultierende ab. Gezeichnet sind vier willkürlich angeordnete
Kraft wirken, die in einem Abstand r von der Dreh- Massen und ein noch zu bestimmender Schwerpunkt
achse angreifen muß. Die Richtung der Kraft darf S. Die Schwerpunkt-Koordinaten berechnen sich bei
aber nicht auf der Verbindungslinie vom Zentrum der einer räumlichen Anordnung zu
Drehbewegung zum Angriffspunkt der Kraft liegen. N N N
Der Winkel a darf also nicht 0° sein. Ist dies der Fall, ∑ mi x i ∑ mi yi ∑ mi z i
so bewirkt nur die Komponente der Kraft Fs senk- i =1 i =1 i =1
xs = ys = N
zs = N
(II.117)
recht zur Verbindungslinie Angriffspunkt – Drehachse N

eine Rotation. Die Größe ∑ mi ∑ mi ∑ mi


i =1 i =1 i =1
M = r ⋅ Fs = r ⋅ F ⋅sina (II.111)
 Beispiel: Berechnung der Schwerpunktkoordinaten folgender An-
heißt Drehmoment. ordnung: m1 = 200 g, m2 = 300 g, m3 = 100 g. Die Massen sitzen
auf den Endpunkten eines gleichseitigen Dreiecks. Die Punkt-
M = r⋅F (II.112) koordinaten sind: P1 = (20, 20), P2 = (20, 80), P3 = (71,962, 50).
178 Physik

y Bild II-17 Lösung:


m2·P2 Beispiel Schwerpunkt a) Drehimpuls: L1 = 2 ⋅ m r12 ⋅ w 1

L 1 = 2 ⋅ 0,1 kg ⋅ ( 0,3 m ) ⋅ 2 s
2
ys S m3·P3 2
kg m
L1 = 0 , 036
s
m1 ·P1 b) Da der Drehimpuls konstant bleibt, gilt:

xs x 2 ⋅ m r12 ⋅ w 1 = 2 ⋅ m r22 ⋅ w 2
r1
mit r2 =
2
200 g ⋅ 20 + 300 g ⋅ 20 + 100 g ⋅ 71,9652
Lösung: xs = = 28,66 2 m r12 w1
200 g + 300 g + 100 g folgt: w 2 = = 4 w1
2 m r12
200 g ⋅ 20 + 300 g ⋅ 80 + 100 g ⋅ 50 4
ys = = 55
200 g + 300 g + 100 g w 2 = 8 s −1
Dieser Punkt ist eingezeichnet.

Drehimpuls Trägheitsmoment
Bei Bewegungen auf einer Kreisbahn kann in Analo- Wird eine Punktmasse m, die sich auf einer Kreis-
gie zur Berechnung des Drehmomentes auch das bahn bewegt, durch die Kraft F beschleunigt, so gilt
Produkt r ⋅ p, mit dem Impuls p, gebildet werden. Die nach (II.3), (II.47) und (II.112):
Δv Δw
hier vereinfacht wiedergegebene Ableitung gilt aller- M = r⋅ma = r⋅m = r⋅m⋅r und mit der Win-
dings nur für Kreisbewegungen in einer Ebene. Mit Δt Δt
kelbeschleunigung a (II.43).
den Gleichungen für Kreisbewegungen gilt:
r⋅ p = r⋅m v (II.118) M = m r 2a (II.128)
r ⋅ p = r ⋅ mwr (II.119) oder auch
r ⋅ p = m r 2w (II.120) M = Ja (II.129)
2
Die Größe mr ist das Trägheitsmoment J eines Mas- J ist das bereits oben eingeführte Massenträgheits-
senpunktes: moment einer punktförmigen Masse m im Abstand r
von der Drehachse.
J m r2 Sind, wie in der nebenstehenden Abbildung, zwei
J = mr2 (II.121)
kg m 2 kg m 2 Massen m1 und m2 in unterschiedlichen Abständen r1
und r2 auf einer massenlosen Stange gelagert, und
Das Produkt r ⋅ p wird Drehimpuls L genannt.
greift an der Masse m1 die Kraft F an, so werden
Drehimpuls L beide Massen wegen des angreifenden Drehmomen-
L = r⋅ p (II.122) tes in Rotation versetzt. Das Gesamtträgheitsmoment
beider Massen kann durch folgende Überlegung be-
L = Jw (II.123) stimmt werden. Die Drehmomenten-Gleichung lautet:
L r p
L = r⋅ p (II.124)
kg m 2 s −1 m kg m s −1
r2 r1
Weiterhin gilt für das Drehmoment m2 m1
Δp
M = r⋅F = r⋅ (II.125) F
Δt
m2 m1
ΔL
M= (II.126)
Δt Bild II-18 Rotation zweier Punktmassen
Wirken keine äußeren Drehmomente, so ist DL = 0
und somit L = const, der Gesamtdrehimpuls bleibt
M = r1 ⋅ F = r1 m1 a1 + r2 m 2 a 2 (II.130)
also konstant.
L ges = L1 + L 2 + L 3 + ... + L n = const (II.127) Da die Winkelbeschleunigung α überall gleich ist, gilt
a a
a= 2 = 1 (II.131)
 Beispiel: Zwei gleiche Massen, m = 100 g, rotieren im Abstand r2 r1
r = 30 cm von der Drehachse mit einer Winkelgeschwindigkeit
2
w = 2 s–1. M = r1 m 1a + r22 m 2 a (II.132)
a) Wie groß ist der Drehimpuls?
b) Wie ändert sich die Winkelgeschwindigkeit, wenn der Abstand
der Massen halbiert wird?
M= ( r1
2
m 1 + r22 m 2 a ) (II.133)
II Mechanik 179

M = J ges ⋅ a (II.134) 1 2 2
E kin = mr w (II.141)
mit 2
2
J ges = r1 m 1 + r22 m 2 (II.135) und mit dem Trägheitsmoment eines Massenpunktes:
1
J ges = J 1 + J 2 (II.136) Rotationsenergie E rot = J A w2 (II.142)
2
Für n einzelne Massenpunkte gilt
Diese Rotationsenergie ist eine weitere mögliche Be-
n
wegungsenergie. Somit gibt es zwei kinetische oder
J ges = ∑ J i (II.137)
i =1
Bewegungsenergien: Translations- und Rotations-
n energie.
J ges = ∑ ri2 m i (II.138) 1 E rot J w2
i =1 E rot = J A w2 (II.143)
2 J kg m s − 2
2
Bei homogenen Körpern wird diese Summe zum
Integral. Das Trägheitsmoment nicht punktförmiger  Beispiel: Eine Kugel mit dem Radius r = 5 cm rollt ohne Reibung
Massen hängt von der Geometrie des Körpers und auf einer schiefen Ebene (Neigungswinkel a = 20°) aus einer Hö-
von der Lage der Drehachse ab he h = 2 m. Wie groß ist ihre Translationsgeschwindigkeit am
Ende der schiefen Ebene?
J ges = ∫ r 2 d m = ∫ r 2 r d V (II.139) Lösung:
Vol
Energien in Höhe h: E pot = m g h
mit der Dichte
E kin = 0 (II.144)
m
r= (II.140)
V am Ende der Ebene: E pot = 0

In der folgenden Tabelle sind einige Beispiele für 1 1


E kin =
mv 2 + Jw 2 (II.145)
unterschiedliche Geometrie gegeben, wobei die 2 2
Aus dem Energieerhaltungssatz folgt, daß die Gesamtenergie in
Drehachse immer parallel zu einer Symmetrieachse
Höhe h gleich der Gesamtenergie am Ende der schiefen Ebene
liegt und durch den Schwerpunkt des Körpers führt. sein muß, daher gilt:
1 1 2 v2
Tabelle II-3 Trägheitsmomente spezieller Körper mgh = mv 2 + ⋅ mr 2 2 (II.146)
2 2 5 r
Punktmasse J = mr 2
v2 v2 7
gh = + = v2 (II.147)
2 5 10
Stab 1
Achse durch Stabende, J = ml 2
3 10
senkrecht zum Stab v= gh (II.148)
7
Stab 1
Achse durch Stabmitte, J= ml 2 v=
10 m
⋅ 9,81 2 ⋅ 2 m = 5,3
m
12 7 s s
senkrecht zum Stab
Die im vorigen Kapitel angegebenen Massenträg-
Vollzylinder 1 2
Drehachse = Längsachse J= mr heitsmomente beziehen sich auf die Rotation um eine
2 Achse durch den Schwerpunkt. Liegt die Drehachse
dünne Scheibe 1 2 nicht durch den Schwerpunkt, ist aber das Trägheits-
Drehachse senkrecht zur J= mr moment JS bezüglich der Schwerpunktachse bekannt,
2
Scheibe so läßt sich das Trägheitsmoment JA bezüglich der
beliebigen Achse durch folgende Überlegung be-
Hohlzylinder 1
Drehachse = Längsachse J= m ( ra2 + ri2 ) stimmen: Eine Rotation um eine beliebige Achse
2 kann ersetzt werden durch eine Rotation um die
dünner Ring J = mr 2 Schwerpunktachse und eine Translation des Schwer-
Drehachse senkrecht zum punktes. Die Kugel in Bild II-19, Seite 180 soll um
Ring eine Viertelumdrehung von links nach rechts rollen.
Der momentane Drehpunkt ist der Auflagepunkt P.
Kugel 2 2 Während dieser Drehung hat sich der Punkt A auf
J= mr
5 dem Umfang des Kreises bewegt. Das Zentrum des
Kreises Z (Schwerpunkt der Kugel) hat sich linear um
Rotationsenergie die Strecke P1 P2 weiterbewegt. Den Endzustand
Rotiert ein Körper um eine beliebige Drehachse A, so kann man auch erreichen, indem die Kugel zunächst
hat jeder Massenpunkt kinetische Energie nach in der Stellung 1 eine Viertelumdrehung macht und
(II.100). Für einen Massenpunkt gilt mit (II.40) und dann ohne Drehung um die Strecke P1 P2 nach rechts
(II.89): verschoben wird.
180 Physik

A Die Erdanziehungskraft an der Oberfläche der Erde


auf eine Masse m kann ebenfalls durch (II.157) be-
A Z Z stimmt werden. Der Abstand r12 ist in diesem Fall
gleich dem Erdradius rE = 6378 km. Die Gewichts-
kraft auf eine Masse m läßt sich ausdrücken durch:
g mE m
P1 P2 = mg (II.159)
rE2
Bild II-19 Steinerscher Satz
g rE2
mE = (II.160)
Die Rotationsenergie für die Drehung um P ist: g
1 m
E rot = J P w 2 (II.149) 9, 81 ⋅ ( 6370 ⋅10 3 m) 2
2 mE = s2 (II.161)
In der zweiten Betrachtungsweise gilt: Nm 2
6 , 67 ⋅ 10 −11
1 1 kg 2
E kin = m v S2 + J S w 2 (II.150)
2 2 m E = 5, 97 ⋅ 10 24 kg (II.162)
1
E kin = ( m r 2 + J S ) w 2 (II.151) Auch die Bewegung der Planeten läßt sich durch
2 (II.157) deuten. Sie ist von Johannes Kepler in den
Somit gilt: JP = mr 2 + JS (II.152) drei Keplerschen Gesetzen beschrieben.
1. Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren
Diese letzte Gleichung ist der Steinersche Satz. Die
gemeinsamen Brennpunkt die Sonne steht.
Drehachse durch P hat von der Drehachse durch den
2. Jeder Strahl von der Sonne zu einem Planeten
Schwerpunkt den Abstand r.
überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.
 Beispiel: Das vorige Beispiel soll mit Hilfe des Steinerschen 3. Die Quadrate der Umlaufzeiten der Planeten
Satzes gelöst werden: verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen
Lösung:
2
JP = mr2 + mr2 (II.153)
Halbachsen ihrer Bahnen um die Sonne.
5
1 7
mgh = ⋅ m r 2w2 (II.154) 3 Elastische Verformung fester Körper
2 5
1 7
mgh = ⋅ mv2 (II.155)
2 5 ΔF ΔFn
10
v= gh (II.156)
7
ΔFt
2.7 Gravitation ΔΑ Bild II-21
Spannung
Zwischen zwei Massen m1 und m2 besteht immer eine
Anziehungskraft, die Gravitationskraft FG. Die Rich- Elastische Verformungen sind reversible Vorgänge un-
tung dieser Kraft liegt in der Verbindungslinie beider ter dem Einfluß einer äußeren Kraft, nach Beendigung
Massen, für den Betrag gilt: der Einwirkung geht die Verformung vollständig zu-
rück. Entscheidend für die Größe der Verformung ist,
F12 abgesehen von den Materialeigenschaften des unter-
r12 suchten Festkörpers, die Spannung. Diese ist definiert:
m2
m1 ΔF S ΔF ΔA
Spannung S = (II.163)
ΔA Nm − 2 N m 2
Bild II-20 Gravitationsgesetz
Dabei wird die zur Fläche ΔA senkrechte Komponen-
te von S die Normalspannung s und die zur Fläche
g m1 m 2 parallele Komponente Schubspannung t genannt.
FG = (II.157)
r122 Δ Fn
Normalspannung s = (II.164)
mit der Gravitationskonstanten ΔA
2
g = 6,672 59 ⋅ 10 −11
Nm Δ Ft
(II.158) Schubspannung t = (II.165)
kg 2 ΔA
Der Abstand r12 ist bei einer räumlichen kugelförmi- Unter Einwirkung einer Normalspannung wird sich
gen Ausdehnung der Massen der Abstand der beiden ein Körper dehnen. Die Dehnung e ist die relative
Kugelzentren. Längenänderung bezogen auf die Ausgangslänge l0.
II Mechanik 181

Δl l1 − l 0 Eine weiter außerhalb des SI-Systems, aber nach DIN


Dehnung e = = (II.166) 1301 zulässige Bezeichnung ist
l0 l0
Zwischen Normalspannung und Dehnung gilt im 1 bar = 10 5 Pa (II.174)
Bereich elastischer Verformung das Hooksche Gesetz
4.2 Kompressibilität
s = e⋅ E (II.167)
Flüssigkeiten und Gase werden durch äußeren Druck
E ist eine materialabhängige Größe und heißt: Elasti- komprimiert, ihr Volumen nimmt ab.
zitätsmodul.
V = Va ( 1 − c Δ p) (II.175)
s E e s
E= (II.168)
e Nm − 2 1 Nm − 2 χ ist die Kompressibilität
In der Technik ist für den Elastizitätsmodul E die 1 ΔV
c=− ⋅ (II.176)
Einheit N/mm2 geläufig. Va Δ p
Unter dem Einfluß einer Spannung verändert sich
normalerweise auch das Volumen eines Körpers. Es Da sich das Volumen verkleinert, muß sich die Dich-
gilt für einen Stab der Dicke d unter einseitiger Belas- te vergrößern.
tung: ra
r= (II.177)
ΔV (1 − c Δ p )
= e ⋅ (1 − 2 m ) (II.169)
V ra und Va sind die dabei jeweiligen Anfangswerte.
mit der Poissonzahl Da c von Flüssigkeiten sehr viel kleiner ist als bei
Gasen, werden Flüssigkeiten oft als inkompressibel
Δd
betrachtet. Technische Anwendung: hydraulische
d Presse.
m=− 0 (II.170)
e
Nur wenn m = 0,5 ist, bleibt das Volumen unverän- 4.3 Volumenausdehnung
dert. Durch Temperaturerhöhung wird normalerweise das
Volumen vergrößert. (Ausnahme: Anomalie des
4 Mechanik der ruhenden Flüssigkeiten Wassers zwischen 0 °C und 4 °C, Wasser hat bei 4 °C
sein kleinstes Volumen und damit seine größte Dich-
und Gase te)
Im Gegensatz zu Festkörpern, bei denen die Atome V = V0 (1 + g ΔJ ) (II.178)
auf festen Plätzen sitzen, können in Flüssigkeiten und
Gasen die Atome bzw. Moleküle leicht gegeneinan- g ist der Volumenausdehnungskoeffizient oder kubi-
der verschoben werden. Die Atomabstände in Flüs- sche Ausdehnungskoeffizient, V0 ist das Volumen bei
sigkeiten und Festkörpern sind ähnlich, in Gasen we- 0 °C, ΔJ wird dann ebenfalls auf 0 °C bezogen. Die
sentlich größer. Festkörper und Flüssigkeiten haben Dichte wird bei Temperaturerhöhung kleiner (Aus-
ähnliche Dichten, Gase eine viel geringere Dichte. nahme s.o.)
Für die Dichte r gilt: r0
r= (II.179)
m r m V 1 + g ΔJ
r= (II.171)
V kg m − 3 kg m 3
4.4 Hydrostatischer Druck
4.1 Druck in Flüssigkeiten
Wird nun an einer Stelle der Flüssigkeit oder des Auf jedes Flüssigkeitsmolekül wirkt die Schwerkraft.
Gases auf die Oberfläche eine Kraft ausgeübt, so Auf den Boden eines mit Flüssigkeit gefüllten Gefä-
überträgt sich diese auf das ganze Volumen. Das ßes wirkt dann die Gewichtskraft aller in der Flüssig-
Verhältnis Kraft zu Fläche wird Druck p genannt. keit befindlichen Moleküle unter der Annahme, daß
Wegen der leichten Verschiebbarkeit der Moleküle ist sich die Dichte nicht ändert:
der Druck überall gleich groß und wirkt senkrecht auf FG = m g = r V g (II.180)
die Oberfläche.
FG = r Ah g
ΔF p ΔF ΔA
p= (II.172) FG
ΔA Nm − 2 N m − 2 Damit wird der Druck p= = rg h (II.181)
A
N Dieser durch die Schwerkraft verursachte Druck wird
Die Einheit ist 1 Pascal: 1 Pa = 1 (II.173)
m2 Schweredruck genannt. Herrscht über der Flüssigkeit
182 Physik

noch ein weiterer äußerer Druck pa, z.B. der Luft- FA = A ( p 2 − p1 ) = r Fl gA ( h 2 − h1 )


druck, so ist der Gesamtdruck am Boden
FA = g rFl VFl = gm Fl (II.185)
ph = pa + rg h (II.182)
Die Auftriebskraft ist gleich der Gewichtskraft der
Dieser Gesamtdruck ist der hydrostatische Druck. Er verdrängten Flüssigkeit. Sie ist nach oben gerichtet.
ist neben dem äußeren Druck nur von der Höhe der Der gleiche Sachverhalt gilt auch in Gasen, nur sind
Flüssigkeitssäule über dem Boden abhängig, nicht dort wegen der geringeren Dichten der Gase auch die
aber von der gesamten Masse der Flüssigkeitssäule. Auftriebskräfte wesentlich kleiner.
Er ist damit unabhängig von der Form des Gefäßes
und wirkt auch auf alle Seitenwände.
5 Hydrodynamik
4.5 Schweredruck in Gasen
In der Hydrodynamik wird das Verhalten von strö-
Der Schweredruck von Gasen errechnet sich ebenfalls menden Flüssigkeiten unter dem Einfluß äußerer
durch die Gewichtskraft der über einer Fläche ste- Kräfte untersucht.
henden Gassäule. Im Gegensatz zu Flüssigkeiten
ändert sich die Dichte in der Gassäule merklich. 5.1 Kontinuitätsgleichung
Wendet man diese Überlegung auf den Luftdruck an, Der Massenstrom m gibt an, welche Masse einer
so läßt sich der Luftdruck in einer bestimmten Höhe Flüssigkeit pro Zeiteinheit durch einen Querschnitt A
über der Erdoberfläche berechnen durch strömt.
r0 g h
− Massenstrom
barometrische Höhenformel p = p 0 ⋅ e p0
(II.183) m r v A
m = r v A (II.186)
Nach DIN 5450 gilt: Für eine Lufttemperatur von kg s −1 kg m − 3 m s −1 m 2
kg
0 °C ist p 0 = 1, 013 25 ⋅ 10 5 Pa und r0 = 1, 293 3 . Wenn in der betrachteten Flüssigkeit keine Quellen
m oder Senken vorhanden sind, ist der Massenstrom
Bei der Ableitung von (II.183) ist vorausgesetzt, daß konstant.
die Temperatur konstant bleibt.
r1 v 1 A1 = r2 v 2 A2 = const (II.187)
 Beispiel: In welcher Höhe ist der Luftdruck auf die Hälfte des
Wertes an der Erdoberfläche gesunken? Ist die Flüssigkeit inkompressibel, so ist ihre Dichte r
konstant, und es gilt
p r gh
Lösung: ln = ln 0 , 5 = − 0 m
p0 p0 V = = v A = const (II.188)
p0
r
h=− ln 0 , 5 = 5537 m
r0 g mit dem Volumenstrom V
Volumenstrom
F1 V A v
V = Av (II.189)
m 3 s −1 m 2 m s −1
h1
F4 F3 Gleichung (II.187) oder (II.188) ist die Kontinuitäts-
h gleichung.
h2
FA
5.2 Bernoulli-Gleichung
F2
Bild II-22 Auftrieb Muß gegen einen Druck p ein Flüssigkeitsvolumen
ΔV am Ort 1 in eine Strömung gebracht werden, so ist
hierfür die Arbeit
4.6 Auftrieb W1 = F1 ⋅ Δ s = p1 A1 Δ s = p1 ΔV1 (II.190)
Auf einen Körper wirkt von allen Seiten der hydrosta- aufzubringen. Tritt diese Flüssigkeit am Ort 2 wieder
tische Druck nach (II.182). aus, so wird die Arbeit
Da der Druck in größeren Tiefen zunimmt, entsteht
dadurch eine resultierende Kraft nach oben, die W2 = p 2 ΔV2
Auftriebskraft FA . frei. Da die Flüssigkeiten inkompressibel sein sollen,
      gilt ΔV1 = ΔV2 = ΔV.
FA = ∑ F = F1 + F2 + F3 + F4 (II.184) Für die Differenz der Arbeiten gilt somit:
Da sich die Seitenkräfte paarweise aufheben, ver- Δ W = ( p 2 − p1 ) Δ V (II.191)
bleibt
   Bei einer strömenden Flüssigkeit haben die Teilvolu-
FA = F1 + F2 mina auch kinetische Energie, befinden sie sich auf
III Thermodynamik 183

unterschiedlicher Höhe über der Erdoberfläche, so 5.3 Innere Reibung


kommt noch potentielle Energie hinzu. Der Energie- 2
erhaltungssatz gilt dann in der Form:
1 1 1
p1 ΔV + m v12 + m g h1 = p 2 ΔV + m v 22 + m g h 2
2 2
(II.192) v
oder mit m = r ⋅ ΔV
1 1 Δv
p1 + r v 12 + r g h1 = p 2 + r v 22 + r g h 2 (II.193)
2 2
oder allgemein
1
p ges = p + r v 2 + r g h = const (II.194) Bild II-23
2 Δx Innere Reibung
Gleichung (II.194) ist die Bernoulli-Gleichung in-
kompressibler Flüssigkeiten ohne Reibungsverluste. Zwischen den Molekülen einer Flüssigkeit treten An-
Der Gesamtdruck setzt sich aus dem Betriebsdruck p, ziehungskräfte auf. Der Einfluß dieser Kräfte auf die
1 Strömung wird innere Reibung genannt. Um eine
dem Staudruck oder dynamischen Druck rv 2 und
2 bewegliche Platte 1 der Fläche A mit konstanter Ge-
dem Schweredruck rg h zusammen und ist konstant. schwindigkeit v parallel zu einer festen Wand 2 zu
Treten Reibungsverluste auf, wird (II.193) in der verschieben, ist eine Kraft FR notwendig. In der Flüs-
Form sigkeit wird sich im Idealfall ein lineares Geschwin-
digkeitsgefälle Dv/Dx einstellen. Die kennzeichnende
1 1
p1 + r v12 + r g h1 = p 2 + r v 22 + r g h 2 + p V (II.195) Größe dieser Reibung ist die Viskosität, die durch
2 2 (II.198) definiert ist.
geschrieben, mit dem Druckverlust pV, der in der Δv
Praxis durch eine Verlusthöhe Reibungskraft FR = h A (II.197)
Δx
pV
hV = (II.196) mit der dynamischen Viskosität:
rg
FR ⋅ Δ x h FR Δ x A Δ v
angegeben wird. h= (II.198)
A ⋅ Δv Ns/m 2 N m m 2 m s −1

III Thermodynamik

1 Grundbegriffe peratur haben. Im thermodynamischen Gleichgewicht


haben alle Stoffe gleiche Temperatur.
Die Thermodynamik beschreibt das Verhalten auch
komplizierter Vielteilchensysteme mit Hilfe einiger 2.1 Einheiten
wenigen Größen, den Zustandsgrößen. Alle beteilig-
ten Teilchen werden zu einem thermodynamischen Es gibt im praktischen Gebrauch verschiedene Tem-
System zusammengefaßt. Dieses wird als abgeschlos- peraturskalen. Diese werden durch Fixpunkte festge-
senes System bezeichnet, wenn weder Energie noch legt. Dies sind Temperaturen, bei denen ein wohl-
Masse mit der Umgebung ausgetauscht werden. definierter physikalischer Vorgang abläuft. Fixpunkte
Die Zustandsgrößen werden bei der mathematischen können Gefrierpunkt und Siedepunkt des Wassers
Behandlung des thermodynamischen Systems verwen- sein. Die Temperatureinheiten zwischen den Fix-
det. Meßbare Zustandsgrößen sind Druck (siehe Kapi- punkten sind dann willkürlich festgelegt. Im europäi-
tel II, 4.1), Temperatur und Volumen, davon abgeleitet schen Raum ist die Celsius-Skala (J), der Abstand
sind z.B. die Entropie und die Innere Energie. Als Be- zwischen Gefrier- und Siedepunkt des Wassers ist in
zugsmenge wird oft das Mol (siehe Tabelle I-1) be- 100 Teile unterteilt, im angloamerikanischen Raum
nutzt, in diesem Fall spricht man von molaren Größen. die Fahrenheit-Skala (JF) gebräuchlich. Die SI-Skala
ist die Kelvin-Skala (T).
2 Temperatur
Die Temperatur ist ein Maß für die fühlbare Wärme Skala Gefrierpunkt Siedepunkt
eines Materials. Beim Kontakt zweier Körper mit
Celsius 0 °C 100 °C
verschiedenen Temperaturen kann man beobachten,
Fahrenheit 32 °F 212 °F
daß sich die Temperaturen ausgleichen, und daß nach
Kelvin 273,15 K 373,15 K
einer bestimmten Zeit beide Körper die gleiche Tem-
184 Physik

Eine Temperaturerhöhung von ΔJ = 1 °C entspricht 3.1 Feste Stoffe


auch einer Erhöhung von ΔT = 1 K. Die Umrech-
Betrachtet wird ein Stab der Länge l1 bei der Tempe-
nungsformel lautet:
ratur T1. Wird dieser Stab auf die Temperatur T2
T = ( J + 273,15 ) K
T J
(III.1) erwärmt, so dehnt er sich um die Strecke Dl = l2 – l1
K °C aus. Für die meisten Festkörper gilt:
Sollen Werte der Celsius-Skala in Fahrenheit umge- l 2 = l1 ⋅ ( 1 + a l ( T2 − T1 ) ) (III.3)
rechnet werden, so gilt die Beziehung
oder
5 J JF
J= ( dF − 32 ) ° C (III.2)
Δl
9 °C °F = a l ⋅ ΔT (III.4)
l
 Beispiel: Ein Körper hat eine Temperatur von 300 K. Welche
Celsius- und Fahrenheit-Werte ergeben dies? Die Größe a1 heißt linearer Ausdehnungskoeffizient
Lösung: oder Längenausdehnungskoeffizient. Diese Größe ist
J = T − 273,15 K = 300 K − 273,15 K = 26,85  C
materialabhängig und kann in bestimmten Tempera-
turgrenzen als konstant betrachtet werden. Einige
J F = ⎛⎜ J + 32 ⎞⎟ F = ⎛⎜ ⋅ 26,85 + 32 ⎞⎟ F = 80,33  F
9 9
⎝5 ⎠ ⎝5 ⎠ typische Zahlenwerte sind in Tabelle III-1 dargestellt.
Bei Temperaturerhöhung findet nicht nur eine Ver-
längerung, sondern auch eine Volumenvergrößerung
2.2 Temperaturmessung statt. Für den Volumenausdehnungskoeffizienten av
Die Temperaturmessung ist eine indirekte Messung, gilt:
es werden physikalische Größen gemessen, die tem-
peraturabhängig sind. Aus der gemessenen Größe Tabelle III-1 Linearer Ausdehnungskoeffizient
wird dann die gesuchte Temperatur berechnet. Zu
diesen temperaturabhängigen Effekten gehören z.B.: Material al · 106 in K–1
Ausdehnung fester, flüssiger und gasförmiger Körper, Aluminium 23,8
Änderung des elektrischen Widerstandes von Metal- Messing 19
len und Halbleitern, Thermospannung und Thermo- Kupfer 16,4
elemente, optische Strahlung. V2A-Stahl 16
Glas 9
3 Thermische Ausdehnung
W a v = 3a l (III.5)
und für die Volumenänderung:
ΔV
= a v ⋅ ΔT (III.6)
V
r1 r2 Da die Masse unverändert bleibt, muß sich bei Volu-
0 r menvergrößerung die Dichte verkleinern.
T2 r1
T1 r2 = (III.7)
Bild III-1 1 + a v ΔT
Thermische Ausdehnung
3.2 Flüssigkeiten
Fast alle Stoffe dehnen sich bei Erwärmung aus.
Wenn ein Stoff erwärmt wird, so führen die Atome Bei Flüssigkeiten kann eine Ausdehnung nur in allen
bzw. Moleküle Schwingungen mit größerer Amplitu- Richtungen erfolgen, daher ist hier nur der Volumen-
de aus, die Schwingungsmittelpunkte zweier benach- ausdehnungskoeffizienten av sinnvoll. Im allgemei-
barter Atome rücken auseinander, makroskopisch hat nen gilt auch hier, daß sich bei Temperaturerhöhung
dies eine Ausdehnung des Körpers zur Folge. das Volumen vergrößert und somit die Dichte ver-
Aufgetragen ist die potentielle Energie zwischen zwei kleinert. Eine Ausnahme bildet das Wasser, dessen
Atomen als Funktion des Abstandes. Ein Atom ist am Dichte bei Erwärmung ab 0 °C zunächst zunimmt und
Ort r = 0, das andere Atom hat hiervon den Abstand bei 4 °C seinen größten Wert hat. Anschließend
r. Bei der Temperatur T1 ist der mittlere Abstand nimmt die Dichte ab (Anomalie des Wassers). Auf-
zwischen beiden Atomen gleich r1, bei der Tempera- grund dieses Effektes frieren Seen im Winter von
tur T2 > T1 ist dieser Abstand r2. Um die Strecke oben her zu, und das Wasser bleibt am Boden flüssig.
Dr = r2 – r1 hat sich der mittlere Abstand also vergrö- Einige typische Zahlenwerte sind in Tabelle III-2
ßert. angegeben.
III Thermodynamik 185

Tabelle III-2 Volumen-Ausdehnungskoeffizient bei Bei konstanter Temperatur folgt aus (III.10) und
20 °C (III.12) das Gesetz von Boyle-Mariotte

Material av · 103/K–1 p V = const T = const (III.13)

Wasser 0,208
Quecksilber 0,182 4 Ideale Gase
Dieselkraftstoff 1,0
4.1 Allgemeine Zustandsgleichung
idealer Gase
3.3 Gase
Die Gleichungen (III.10), (III.12) und (III.13) lassen
Bei den tatsächlich vorhandenen realen Gasen haben sich zu einer einzigen Gleichung zusammenfassen,
die Moleküle ein Eigenvolumen und üben unterein- sofern die Stoffmenge des betrachteten Gases in
ander Anziehungskräfte aus. Der Einfluß dieser der Einheit mol angegeben wird. Für eine Stoff-
Größen ist schwer zu erfassen, deshalb geht man menge von n Mol kann man diese Gleichungen in der
zunächst von einer Vereinfachung oder auch Ideali- Form
sierung aus. Unter solchen idealen Gasen versteht
p V p 0 V0
man solche Gase, bei denen gilt: = n (III.14)
T T0

Die Gasmoleküle besitzen kein Eigenvolumen. zusammenfassen, wobei die Größen, die mit 0 indi-
Anziehungskräfte zwischen den Gasmolekülen ziert sind, die Normgrößen eines idealen Gases bei
sind nicht vorhanden. der Temperatur 0 °C sind:
Es finden nur elastische Stöße statt. p 0 = 101 325 Pa
V0 = 22 , 413 83 dm 3 /mol (III.15)
Solche Gase können z.B. nicht verflüssigt werden.
T0 = 273 ,15 K
Für diese idealen Gase gilt bei Erwärmung unter
konstantem Druck folgendes Gesetz, welches von mit der Abkürzung
Gay-Lussac zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch
p 0 V0
Experimente festgestellt wurde: R= (III.16)
T0
Vv = V0 ( 1 + a v J ) p = const (III.8)
folgt
Hierbei ist J die Temperatur in °C und V0 das be- pV = n RT (III.17)
trachtete Gasvolumen bei J = 0 °C. Gleichung (III.8)
ergibt eine Gerade, deren Schnittpunkt mit der Tem- Die Größe R ist die universelle Gaskonstante und hat
peraturachse bei – 273,15 °C (= 0 K) liegt. Daraus den Zahlenwert:
folgt für den Ausdehnungskoeffizienten idealer Gase:
101 325 Pa ⋅ 22 , 413 83 dm 3 J
1 R= = 8, 314 41
av = = 0 , 003 661 K −1 (III.9) 273,15 K ⋅ mol mol K
273,15 K
(III.18)
Aus (III.8) folgt weiter: Da in einem Mol eines Gases stets die gleiche Anzahl
von Molekülen vorhanden ist, nämlich die
VT = V0 ⎛⎜ 1 + ( T − 273,15 ) ⎞⎟⎠
1
⎝ 273,15 Avogadro-Konstante

Mit T0 = 273,15 K ergibt dies VT = T


V0 N A = 6 , 022 045 ⋅ 10 23 mol −1 , (III.19)
T0
kann die universelle Gaskonstante R auch durch
V molekulare Größen bestimmt werden:
= const p = const (III.10)
T
R = k⋅ NA (III.20)
Wird das Volumen jedoch konstant gehalten und die
Temperatur erhöht, so steigt auch der Druck des mit der Boltzmann-Konstante
Gases. Hierfür gilt: J
k = 1, 380 66 ⋅ 10 − 23 (III.21)
p J = p 0 ( 1 + a v J ) V = const (III.11) K
und analog zu (III.10): Wird die Menge des zu betrachtenden Gases nicht in
der Einheit mol, sondern in kg angegeben, so muß für
p jede Gassorte eine spezielle Gaskonstante Rs angege-
= const V = const (III.12)
T ben werden. Zur Umrechnung muß die Dichte r0 des
186 Physik

Gases bei 0 °C und die betrachtete Gasmasse m in kg oder


bekannt sein. Es gilt: 3
p E kin = kT (III.30)
Rs = 0 (III.22) 2
r 0 T0
und 4.3 Wärmeenergie
p V = m Rs T (III.23) Die Temperatur eines Gases hängt nach (III.30) mit
der Bewegungsenergie der Moleküle zusammen.
4.2 Kinetische Gastheorie Erhöht man diese Energie z.B. durch Zuführung von
Wärmeenergie ΔQ, so muß sich die Temperatur um
Die makroskopischen Zustandsgrößen p und T eines ΔT erhöhen, solange keine Phasenänderungen ablau-
Gases hängen mit der Teilchenbewegung, den Stößen fen.
der Moleküle mit der Wand und der kinetischen ΔQ C ΔT
Energie der Moleküle zusammen. Die Moleküle und ΔQ = C ⋅ ΔT (III.31)
J J/K K
ihre Bewegung werden durch ihre Masse mM, die
Dichte r und ihre mittlere Geschwindigkeit vm defi- Der Faktor C ist die Wärmekapazität.
niert. Die Zusammenhänge zwischen diesen Größen ΔQ
werden in der kinetischen Gastheorie abgeleitet. Die C= (III.32)
ΔT
Geschwindigkeitsverteilung wird durch die Maxwell-
sche Geschwindigkeitsverteilung beschrieben. Diese Je nach Bezugsmenge wird die spezifische (bezogen
Verteilungsfunktion gibt die Wahrscheinlichkeit da- auf 1 kg) oder molare (bezogen auf 1 Mol) Wärme-
für an, daß eine Geschwindigkeit im Intervall zwi- kapazität benutzt.
schen v und v + Δv liegt. C
3 mM v2
spezifische Wärmekapazität c = (III.33)
⎛ mM ⎞ 2 − m
f ( v ) ⋅ Δv = 4 π v 2 ⎜ ⎟ ⋅e
2k T
⋅ Δv (III.24) C
⎝ 2π k T ⎠ molare Wärmekapazität C m = (III.34)
n
In Bild III-2 mit willkürlichen Einheiten ist
Die spezifische Wärmekapazität von Wasser beträgt
T 2 = 3 ⋅ T 1.
kJ
z.B. 4 ,182 .
f (v) Bild III-2 kg K
T1 Maxwellsche Geschwindig-
keitsverteilung
p,V F
T2

Bild III-3
0 ds Volumenarbeit
v

Die Verteilungskurve hat das Maximum bei der Wird einem System von außen Wärmeenergie ΔQ
wahrscheinlichsten Geschwindigkeit vw, die mittlere zugeführt, so wird nicht die gesamte Energie zur
Geschwindigkeit vm liegt bei Erhöhung der Temperatur aufgebraucht, ein Teil
kann in der Regel in Arbeit ΔW umgewandelt und
3 nach außen abgegeben werden. Wird die abgegebene
vm = v2 = vw (III.25)
2 Arbeit negativ gezählt, so gilt
vm ist von der Temperatur T abhängig ΔQ = ΔU − ΔW (III.35)
3k T Die Größe ΔU ist die innere Energie des Systems und
vM = (III.26)
mM wird durch die innere Bewegung der Teilchen be-
stimmt. Im folgenden soll als abgegebene Arbeit nur
Für den Druck gilt:
mechanische Arbeit betrachtet werden, die durch
1 N Volumenänderung, d.h. Bewegung eines Kolbens,
p= ⋅ mM v2 (III.27)
3 V verrichtet werden kann. Dehnt sich ein Gas aus und
oder bewegt dabei einen Kolben um die Strecke Δs, so
1 2 wird dabei die Arbeit ΔW verrichtet.
p= rv (III.28)
3 F ⋅ A⋅ Δs
ΔW = − F ⋅ Δ s = − (III.36)
und für die mittlere kinetische Energie: A
1 oder
E kin = mM v2 (III.29) ΔW = − p ⋅ ΔV (III.37)
2
III Thermodynamik 187

4.4 Zustandsänderungen idealer Gase ßerung der inneren Energie ΔU und somit zur Tempe-
raturerhöhung zur Verfügung. Für 1 Mol gilt:
Bei der Diskussion von Zustandsänderungen wird
eine Zustandsgröße konstant gehalten und dann ΔQ = C mv ΔT (III.41)
die Variation der anderen untersucht. Hier sollen und somit
nur die Zustandsgrößen T, V und p und deren Varia-
tion in den folgenden Prozessen untersucht wer- ΔU = C mv ΔT (III.42)
den. Die betrachtete Stoffmenge ist 1 Mol. Die
Ausgangsgleichung ist das allgemeine Gasgesetz Isobare Zustandsänderungen
(III.17). Bei isobaren Zustandsänderungen wird der Druck
konstant gehalten. Diese Änderung wird im p-V-
Isotherme Zustandsänderungen Diagramm durch eine waagerechte Strecke zwischen
Isotherme Zustandsänderungen sind solche bei kon- Ausgangs- und Endpunkt dargestellt (Bild III-4).
stanter Temperatur T. Gleichung (III.17) wird dann Bei einer isobaren Änderung muß dem System
zu Wärme zugeführt werden, da sich die Temperatur
erhöht und außerdem Volumenarbeit, deren Größe
pV = const (III.38) dem schraffierten Rechteck entspricht, abgegeben
Zur grafischen Darstellung wird das p-V-Diagramm wird.
benutzt. In dieser Darstellung sind die Isotherme W12 = − p ⋅ ( V2 − V1 ) (III.43)
idealer Gase Hyperbeln.
Dargestellt sind zwei Isotherme T2 und T1, mit Da die Volumenarbeit ≠ 0 ist, wird die Temperaturer-
T 2 > T 1. höhung bei zugeführter Wärmeenergie anders sein als
Ändert ein Gas seinen Zustand von 1 nach 2, so folgt bei isochoren Prozessen. Auch hier werde 1 Mol
für die Volumenarbeit durch Integration von (III.37) betrachtet:
V2 ΔQ = C mp ΔT (III.44)
W12 = − R T ln (III.39)
V1 mit (III.35) und (III.37) gilt:
Ist V2 Ɑ V1, expandiert das Gas also, so ist W12 nega- ΔQ = C mv ΔT + p ΔV (III.45)
tiv und wird vom Gas geleistet. Anschaulich ent-
spricht die Volumenarbeit der schraffierten Fläche im p ΔV = R ΔT (III.46)
p-V-Diagramm.
C mp ΔT = C mv ΔT + R ΔT (III.47)
Isochore Zustandsänderungen C mp − C mv = R (III.48)

p
isobare Änderung Isentrope Zustandsänderung
Isentrope oder auch adiabatische Zustandsänderungen
laufen ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung ab.
isotherme Änderung Für diese Zustandsänderungen gelten die Poisson-
T2 schen Gleichungen:
isochore Änderung
T1 pV c = const (III.49)
W12
V1 V2 V T V c−1 = const (III.50)
Tc
Bild III-4 p-V-Diagramm = const (III.51)
p c−1
Bei isochoren Zustandsänderungen wird das Volu-
men konstant gehalten. Diese Änderung wird im p-V- Tabelle III-3 Isentropenexponenten
Diagramm durch eine senkrechte Strecke zwischen
Ausgangs- und Endpunkt dargestellt (gestrichelte Gas c
Linie in Bild III-4). Bei einer isochoren Änderung
muß dem System Wärme zugeführt werden, da sich Helium 1,67
die Temperatur erhöht. Wegen des konstanten Volu- Argon 1,67
mens wird keine Volumenarbeit abgegeben. Wasserstoff 1,41
Sauerstoff 1,40
W12 = 0 (III.40) Luft 1,40
Kohlendioxid 1,30
Führt man von außen Wärmeenergie zu, wird nach
Methan 1,32
Gleichung (III.35) die Temperatur erhöht, und die
Ammoniak 1,31
gesamte zugeführte Wärmeenergie steht zur Vergrö-
188 Physik

Die Größe c heißt Isentropenexponent, hängt von der Die Nutzarbeit des Kreisprozesses für einen Umlauf
Gasart ab, und ist immer >1 entspricht der im p-V-Diagramm eingeschlossenen
Fläche. Um unterschiedliche Kreisprozesse verglei-
C mp
c= (III.52) chen zu können, wird der thermische Wirkungsgrad h
C mv verwendet. Dieser ist definiert durch
In der Tabelle III-3 ist für einige Gase der Isentrope- W
nexponent aufgeführt. h= (III.53)
Q zu
Im p-V-Diagramm verlaufen Isentrope steiler als Iso-
therme und schneiden daher die Isotherme (siehe Bild Für den Carnot-Prozeß gilt:
III-5). T2 − T1
hC = (III.54)
T2
4.5 Kreisprozesse
Es läßt sich zeigen, daß der Carnot-Prozeß den theo-
Unter Kreisprozessen wird eine Abfolge von Zu- retisch höchsten thermischen Wirkungsgrad aller
standsänderungen verstanden, die nach beliebigen denkbaren Kreisprozesse besitzt. Er ist immer klei-
Zwischenzuständen wieder zum Ausgangszustand ner als 1 und nur abhängig von den Temperaturen T2
zurückkehrt. Als Beispiel soll hier der Carnot-Prozeß und T1.
vorgestellt werden.
 Beispiel: Welchen Wirkungsgrad besitzt eine Maschine, die einen
Carnot-Prozeß zwischen den Temperaturen 100 °C und
p3·V3 Isentrope 0 °C durchführt?
Lösung:

p4·V4 obere Temperatur T2 = ( 100 + 273,15 ) K = 373,15 K


T2
Isotherme untere Temperatur T1 = ( 0 + 273,15 ) K = 273,15 K
373,15 − 273,15
Wirkungsgrad h= ⋅ 100% = 26 , 8%
373,15
p2·V2
p1·V1 Bild III-5
T1 Carnot-Prozeß 5 Wärmeübertragung
Wärme kann grundsätzlich nur vom System höherer
Carnotscher Kreisprozeß
Temperatur zum System mit niedrigerer Temperatur
Beim Carnot-Prozeß wird Wärme in mechanische
übertragen werden. Wärme kann durch Wärmelei-
Arbeit umgewandelt.
tung, Wärmeströmung oder Wärmestrahlung trans-
Der Beginn sei im Punkt 1 auf der Isothermen T1 bei
portiert werden.
V1 und p1. Es werden nacheinander die folgenden
Schritte durchgeführt: 5.1 Wärmeleitung
1. Schritt isotherme Kompression auf p2, V2
Wärmeleitung findet durch Energieübertragung ohne
2. Schritt isentrope Kompression auf T2, p3, V3 Materietransport statt. Damit dieser Energietransport
3. Schritt isotherme Expansion auf p4, V4 geschehen kann, muß eine Koppelung zwischen
4. Schritt isentrope Expansion auf T1, p1, V1, also benachbarten Atomen vorhanden sein. Beispiel:
zum Ausgangspunkt. Wärmetransport durch eine feste Wand. Hier können
Bei den einzelnen Schritten werden in unterschied- benachbarte Atome durch Schwingung Energie wei-
licher Weise Wärme zu- oder abgeführt und Arbeit tergeben. Als Maß dient die Wärmestromdichte qth
geleistet oder ins System gesteckt. Hier soll nur die ΔQ q th ΔQ A Δ t
gesamte Bilanz angegeben werden: q th = (III.55)
A Δt W/ m 2 Ws m 2 s
Tabelle III-4 Wärmeleitfähigkeit

Material W Material W Material W


l in l in l in
(feste Stoffe) mK (Flüssigkeiten) mK (Gase) mK

Aluminium 221 Wasser 0,6 Luft 0,026


Eisen 67 Benzin 0,14 Kohlendioxid 0,015
Kupfer 393 Transformatorenöl 0,13 Wasserdampf 0,031
Normalbeton 2,1 Xylol 0,13 Argon 0,016
Eis 2,2 Glyzerin 0,28
Glas 0,8 Quecksilber 9,2
Mineralfaser 0,04 Aceton 0,17
IV Schwingungen 189

Wenn angenommen wird, daß der Wärmetransport nur 5.3 Wärmestrahlung


in einer Richtung, die als x-Richtung bezeichnet wird,
Unter Wärmestrahlung wird die Wärmeübertragung
stattfinden kann, so gilt für die Wärmestromdichte:
durch elektromagnetische Strahlung verstanden.
ΔJ Jeder Körper sendet und empfängt Wärme durch
q th = − l (III.56)
Δx Strahlung, wobei die Absorption und Emission
Die Größe l ist die Wärmeleitfähigkeit des Kontaktes vom Material und der Oberflächenbeschaffenheit ab-
W hängt. Dies wird durch den Emissionsgrad e angege-
in der Einheit , ΔJ die Temperaturdifferenz. Die ben. e ist eine Zahl < 1. Die gesamte Leistungsbi-
mK
lanz eines Körpers der ebenen Fläche A und der
Wärmeleitfähigkeit ist temperaturabhängig. In der
Temperatur T1 in einer Umgebung der Temperatur
Tabelle III-4 sind einige Werte bei 20 °C angegeben.
T2 wird durch das Stefan-Boltzmann-Gesetz beschrie-
5.2 Wärmeströmung ben:

Wärmeströmung oder auch Konvektion ist stets mit S = Ae s ( T24 − T14 ) (III.57)
einem Materietransport verbunden und findet in W
Flüssigkeiten oder Gasen statt. Beispiel: Zentralhei- mit der Konstanten s = 5, 67 ⋅ 10 − 8 (III.58)
m2 K 4
zung. Die mathematische Behandlung ist sehr kom-
pliziert und kann hier nicht behandelt werden. (siehe auch Abschnitt VII.4).

IV Schwingungen
Schwingungen sind periodische Vorgänge sowohl ist die Kreisfrequenz der ungedämpften Schwingung.
mechanischer (z.B. Masse an einer Feder) als auch Diese wird auch Eigenfrequenz genannt. Bei (IV.4)
elektromagnetischer Systeme (z.B. Schwingkreis). ist die Auslenkung y zur Zeit t = 0 ebenfalls = 0
Kennzeichnend ist, daß Energie periodisch umge-
wandelt wird. Die Zeit für eine Periode wird durch v0 y
die Schwingungszeit T angegeben. Die Anzahl der
Perioden pro Zeiteinheit wird Frequenz f genannt:
f
1
f = (IV.1) v0t
T
Oft wird auch die Kreisfrequenz w verwendet.
2π Bild IV-1 Harmonische Schwingung
Kreisfrequenz w = 2π f = (IV.2)
T
Wird die Auslenkung eines schwingenden Systems y( 0) = 0
mit y bezeichnet, so gilt, daß sich nach einer Periode
ein bestimmter Schwingungszustand wiederholt. Bei Ist jedoch der Nulldurchgang der Schwingung nicht
einer ungedämpften Schwingung gilt: zur Zeit t = 0, so liegt eine Phasenverschiebung um
einen Phasenwinkel ϕ vor, und die Schwingung läßt
y(t ) = y(t + T ) (IV.3) sich durch
y ( t ) = y sin ( w0 t + j ) (IV.5)
1 Freie ungedämpfte
darstellen. Der Phasenwinkel kann positiv oder nega-
harmonische Schwingungen
tiv sein. Bei positivem Phasenwinkel wird die Sinus-
Es gibt eine Vielzahl von möglichen Schwingungen, kurve nach links verschoben.
deren Auslenkung sich durch eine Sinus-Funktion Die Schwingungszeit T bzw. die Frequenz f hängt je
beschreiben läßt. Diese Schwingungen werden har- nach schwingungsfähigem System von den unter-
monische Schwingungen genannt. Da eine Sinus- schiedlichsten Systemgrößen ab. Wird z.B. eine
Funktion sich als Projektion einer gleichmäßigen Masse m an einer Feder mit der Federkonstanten c
Kreisbewegung darstellen läßt (siehe Abschnitt angehängt, so gilt bei diesem Federpendel für die
Geometrie), kann der Winkel j durch w0 ⋅ t ersetzt Schwingungszeit:
werden:
m T m c
Federpendel T = 2π (IV.6)
y ( t ) = y sin ( w0 t ) (IV.4) c s kg N/m
y(t) ist die momentane Auslenkung oder Augenblicks- Wird eine Masse m an einem Faden der Länge l
wert, y die Amplitude oder maximale Auslenkung, w0 angehängt und zu Schwingungen mit kleiner Auslen-
190 Physik

kung angeregt, so gilt für dieses Fadenpendel oder Wird einem schwingungsfähigen System während der
auch mathematisches Pendel: Schwingung Energie entzogen, so verringert sich die
Amplitude im Lauf der Zeit. Dieser Energieverlust
l T l g
Fadenpendel T = 2π (IV.7) kann in der Mechanik z.B. durch Reibung, bei elekt-
g s m m s −2 romagnetischen Schwingungen durch ohmsche Ver-
g ist dabei die Erdbeschleunigung, die Schwin- luste oder Ummagnetisierungsverluste verursacht
gungszeit ist bei diesem Pendel unabhängig von der werden. Wegen dieser Verluste nimmt die Amplitude
Masse m. ab und die Ausschläge werden immer kleiner. Sind
die Verluste proportional zur Geschwindigkeit (oder
 Beispiel: Eine Pendeluhr geht in 24 Stunden um 1 Stunde nach. zum elektrischen Strom), so läßt sich die Schwingung
Die Pendellänge ist l1 = 50 cm. Welche Länge l2 muß das Pendel durch folgende Gleichung wiedergeben:
haben, damit die Uhr richtig geht? Das Pendel wird als mathema-
t
tisches Pendel angenommen. −
y = y e t sin ( wt + j ) (IV.9)
T1 2 π l 1 l1
Lösung: = =
T2 2 π l 2 l2 oder
2
T 22
= 50 cm ⋅ ⎛⎜ y = y e − d t sin ( wt + j )
23 h ⎞
l 2 = l1 ⎟ = 45,9 cm (IV.10)
T12 ⎝ 24 h ⎠

Frequenzen elektromagnetischer Schwingungen wer- mit


den durch L und C festgelegt. So gilt für einen 1
Schwingkreis: d= (IV.11)
t
Die für die Abnahme der Amplitude maßgebende
e-Funktion enthält eine für die Dämpfung charakteri-
stische Größe t, die auch als Zeitkonstante des Sys-
tems bezeichnet wird und angibt, zu welchem Zeit-
l
1
punkt die Amplitude auf den Wert = 0,3678 ≈ 37%
e
m Bild IV-2 der Ausgangsamplitude gefallen ist.
m Feder- und Die Frequenz w der gedämpften Schwingung ist klei-
Fadenpendel ner als die Frequenz w0 der freien Schwingung.

w= w02 − d 2 (IV.12)
elektrischer Schwingkreis T = 2π LC (IV.8)
Allen diesen Beispielen gemeinsam ist aber, daß die Diese Abweichungen sind aber für kleine Dämpfun-
mathematische Beschreibung der Schwingung durch gen vernachlässigbar.
(IV.5) gegeben ist. Kennzeichnung jeder ungedämpf-
ten Schwingung ist, daß die Amplitude y zeitlich  Beispiel: Ein Federpendel mit einer Federkonstanten c = 30 N/m,
an dem eine Masse m von 2 kg hängt, führt gedämpfte Schwin-
konstant bleibt, dem System wird keine Energie ent- gungen mit einer Anfangsamplitude y = 10 cm aus. Die Zeitkon-
zogen. stante t ist 2 s, der Phasenwinkel j ist 0°. Welche Auslenkung
liegt nach einer Zeit von t = 5 s vor?
 Beispiel: Eine Masse m = 500 g hängt an einem Faden der Länge Lösung:
l = 2 m. Mit welcher Frequenz f schwingt die Masse?
c 30 N / m
Kreisfrequenz w= = = 3,87 s −1 (IV.13)
2m m 2 kg
Lösung: T = 2π = 2,84 s
9,81 m s −2
Auslenkung y = 5 cm ⋅ e − 5 2 ⋅ sin ( 3, 87 ⋅ 5 ) = 0,169 cm (IV.14)
1 1
f= = = 0,35 Hz
T 2,84 s

3 Erzwungene Schwingungen
2 Gedämpfte Schwingungen
Bei einer erzwungenen Schwingung greift von außen
über eine Koppelung eine periodische Kraft mit einer
Frequenz W an. Das schwingungsfähige System,
e –t/t welches aufgrund seiner Bauart im ungedämpften
Fall mit der Eigenfrequenz w0 schwingen würde, wird
dann zu erzwungenen Schwingungen mit der Fre-
quenz der angreifenden Kraft angeregt. Dabei ist auch
mit einer Phasenverschiebung zwischen angreifender
Kraft und System zu rechnen. Für das System gilt
Bild IV-3 Gedämpfte Schwingung dann:
IV Schwingungen 191

y^ Bild IV-4 y y
Resonanzkurve y1
10
y2
0

–10

–20
0 2 4 6 t
1 2 Vv
/ 0 Bild IV-5 Addition von Sinusschwingungen

y = y sin ( W t + j ) (IV.15) y 2 ( t ) = y 2 sin ( wt + j2 ) (IV.19)


Die Amplitude y und die Phasenverschiebung hängen beschrieben.
von der Frequenz der angreifenden Kraft ab. Für ein Die grafische Darstellung kann entweder im y(t)-
Federpendel der Masse m, an der eine Kraft F an- Diagramm oder im Zeigerdiagramm erfolgen. Letz-
greift, gilt für die Amplitude:Resonanzkurve tere wird in der Elektrotechnik oft verwendet. Unter
F einem Zeiger wird ein zweidimensionaler Pfeil ver-
standen, dessen Länge der Amplitude und dessen
y = m (IV.16) Winkel dem Phasenwinkel entspricht. Dieser Zeiger
( w02 − W 2 ) + ( 2 d W)
2 2
rotiert mit der Frequenz w um den Koordinaten-
ursprung. Durch die Überlagerung (Addition) zweier
und den Phasenwinkel Schwingungen entsteht wieder eine harmonische
2 dw0 Schwingung gleicher Frequenz.
tanj = (IV.17) Die Berechnung der Amplitude und der Phasenlage
( 02 − W 2 )
w erfolgt anhand des Zeigerdiagramms.
Die Amplitudenfunktion hat bei kleiner Dämpfung Mit dem Kosinussatz (siehe Mathematik) gilt für die
dann ein Maximum, wenn die Erregerfrequenz und Amplitude:
die Eigenfrequenz übereinstimmen (W/w0 = 1). Die- y = y 12 + 2 y 1 y 2 cos ( j2 − j1 ) + y 22 (IV.20)
ses Verhalten wird als Resonanz bezeichnet. Der
und für den Phasenwinkel:
Kurvenverlauf für verschiedene Dämpfungen ist in
Bild IV-4 gezeigt. Aufgetragen ist die Amplitude als y sin j1 + y 2 sin j2
tan j = 1 (IV.21)
Funktion von W/w0. Allerdings verschiebt sich bei y 1 cos j1 + y 2 cos j2
größeren Dämpfungen die Lage des Maximums zu Aus diesen Gleichungen lassen sich einige Spezialfäl-
kleineren Erregerfrequenzen. le ableiten:
1) gleiche Amplitude, Phasendifferenz = π, 3π
4 Überlagerung harmonischer y = y 12 − 2 y 1 y 2 + y 22 (IV.22)
Schwingungen
y = ( y 1 − y 2 ) = 0
2
(IV.23)
Werden Schwingungen überlagert, so müssen ver-
schiedene Möglichkeiten betrachtet werden: Die also Auslöschung der resultierenden Schwingung.
Schwingungen können gleiche oder unterschiedliche 2) Phasendifferenz = 0:
Frequenz und gleiche oder senkrecht zueinander y = y 12 + 2 y 1 y 2 + y 22 (IV.24)
liegende Schwingungsrichtungen haben. Diese Fälle
y = ( y 1 + y 2 ) = y 1 + y 2
2
sollen für sinusförmige (harmonische) Schwingungen (IV.25)
untersucht werden. also Addition der Amplituden.

4.1 Schwingungsrichtung parallel Bild IV-6


zueinander Zeigerdiagramm
Gleiche Frequenz
Betrachtet werden zwei Schwingungen, die unter-
schiedliche Phasenwinkel haben können, aber mit
gleicher Frequenz und gleicher Schwingungsrichtung y2 y
schwingen. Die Schwingungen werden durch die
Formeln f2 f
y1
y1 ( t ) = y 1 sin ( wt + j1 ) (IV.18) f1
192 Physik

Geringer Frequenzunterschied 4.2 Schwingungsrichtung senkrecht


Sind die Frequenzen zweier sich überlagernder zueinander
Schwingungen fast gleich, treten Schwebungen auf.
Hierbei verändert sich die Amplitude der resultieren- Werden zwei Schwingungen mit ganzzahligem Fre-
den Schwingung periodisch. Im folgenden wird quenzverhältnis, die senkrecht zueinander schwingen,
angenommen, daß beide Ausgangsamplituden gleich überlagert, so entstehen geschlossene Figuren:
sind.
1 1
2
y1 ( t ) = yˆ sin (ω1t ) (IV.26) 2
3
3
y2 ( t ) = yˆ sin (ω 2 t ) (IV.27)
4
y res ( t ) = y1 ( t ) + y 2 ( t ) (IV.28) 4

1
yres = yˆ ⎡⎣sin (ω1t ) + sin (ω 2 t ) ⎤⎦ (IV.29)
2
3
Mit
4
a+ b a− b
sin a + sin b = 2 sin ⋅ cos (IV.30)
2 2
folgt aus Gleichung (IV.29) Bild IV-8 Verfahren zur punktweisen Konstruktion
⎛ ω + ω2 ⎞ ⎛ ω − ω2 ⎞ von Lissajous-Figuren (j = 90°)
yres ( t ) = 2 yˆ sin ⎜ 1 t ⎟ ⋅ cos ⎜ 1 t⎟ (IV.31)
⎝ 2 ⎠ ⎝ 2 ⎠
Lissajous-Figuren. Die beiden Schwingungsrichtun-
Bei geringen Frequenzdifferenzen können die Ar- gen seien x- und y-Richtung. Die Schwingungen sind
gumente der trigonometrischen Funktionen mit durch
Dw = w1 – w2 umgeschrieben werden: Schwebung
x ( t ) = xˆ ⋅ sin (ω x t )
y y
und
y ( t ) = yˆ ⋅ sin (ω y t + ϕ ) (IV.35)
0 0
t t
gegeben. Die Lissajous-Figuren können im Prinzip
punktweise konstruiert werden. Für den Fall gleicher
Frequenzen und Phasendifferenz j = 90° ist das
Bild IV-7 Schwebung Verfahren in Bild IV-8 dargestellt.
Auf der x- und auf der y-Kurve werden die Auslen-
kungen zu gleichen Zeitpunkten, hier mit 1 ... 4 be-
⎛ Δω ⎞
yres = 2 yˆ sin ω res t ⋅ cos ⎜ t⎟ (IV.32) zeichnet, abgemessen und in einem rechtwinkligen
⎝ 2 ⎠ Koordinatensystem aufgetragen. Für die vorgegebene
Phasendifferenz ergibt sich als Lissajous-Figur ein
Die resultierende Schwingung ist ebenfalls eine
Kreis. Sind die Amplituden nicht gleich, ist aber die
harmonische Schwingung mit der Frequenz
Phasendifferenz 90°, so ergeben sich Ellipsen, deren
w1 + w2 Hauptachsen parallel zu den Koordinatenachsen
wres = , (IV.33)
2 liegen. Ist die Phasendifferenz nicht 90°, so ergeben
sich ebenfalls Ellipsen, allerdings liegen deren
aber die Amplitude ändert sich periodisch zwischen 0 Hauptachsen nicht mehr parallel zu den Koordinaten-
und 2 yˆ. Während einer Periode der Kosinus-Funktion achsen. Diese Lissajous-Figuren lassen sich in der
ändert sich die Amplitude zweimal von 0 auf 2 yˆ , Elektrotechnik mit Hilfe eines Oszilloskops darstel-
somit ist die Schwebungsfrequenz len; sie dienen zur Messung des Phasenwinkels zwi-
w1 − w2 schen zwei Spannungen. Werden bei einer gemesse-
wS = 2 = Δw (IV.34) nen Ellipse nach Bild IV-9 die beiden Werte y1 und
2
y2, also einmal das Maximum in y-Richtung, zum
Dieses Verhalten ist in Bild IV-7 wiedergegeben, anderen der Schnittpunkt mit der y-Achse, gemessen,
hierbei sind zwei Schwingungen überlagert, deren so läßt sich hieraus der Phasenwinkel j bestimmen
Frequenzen sich um 15% unterscheiden. zu:
V Wellen 193

vx:vy f = 0° f = 45° f = 90°

y1 1:1 0 0 0
y2
0 0 0

1:2 0 0 0
Bild IV-9 0 0 0
Bestimmung des Phasenwinkels
y2 1:3 0 0 0
j = arcsin (IV.36)
y1
0 0 0
In Bild IV-10 sind für die Frequenzverhältnisse 1 : 1,
1 : 2 und 1 : 3 für verschiedene Phasenwinkel die Lis- Bild IV-10 Lissajous-Figuren
sajous-Figuren angegeben.

V Wellen
Wenn schwingungsfähige Systeme miteinander so der schwingungsfähigen Systeme. In Bild V-1 ist nur
verbunden sind, daß sich die Schwingung von einem eine einzige Reihe von schwingungsfähigen Massen
System zum nächsten System übertragen kann, so gezeichnet. Werden allerdings viele Reihen gleich-
setzt sich eine an einem System angeregte Schwin- zeitig angeregt, liegt eine räumliche Wellenaus-
gung im Raum fort, und man spricht von einer Welle. breitung vor.
Dies soll im Bild V-1 veranschaulicht werden. Dabei
ist es zur Ausbreitung von Wellen notwendig, daß die
einzelnen Systeme durch gegenseitige Rückstellkräfte
gekoppelt sind.
Dargestellt sind zwei Momentaufnahmen einer Reihe r x
von Massen, die durch Federn verbunden sind. Die
Masse m1 wird angestoßen und schwingt mit der Fre-
quenz f um ihre Ruhelage. Wegen der Koppelung
durch die Federn setzt sich diese Schwingung fort, Bild V-2 Wellentypen
und es entsteht eine Welle, die sich hier nach rechts
ausbreitet. Die einzelnen Massen schwingen um ihre
Werden gleiche Schwingungszustände in benachbar-
Ruhelage, bewegen sich also nicht in Ausbreitungs-
ten Ketten miteinander verbunden, so erhält man eine
richtung der Welle. Es findet kein Materietransport,
zusammenhängende Fläche, die Wellenfront genannt
sondern nur Energietransport statt. Wenn die Schwin-
wird. Die Form der Wellenfront hängt von der Form
gungsrichtung der Massen senkrecht zur Ausbrei-
des Wellenerregers ab. In Bild V-2 sind zwei ver-
tungsrichtung der Welle ist, so wird dieser Wellen-
schiedene Wellenfronten gezeichnet, links die Fron-
typ Transversalwelle genannt. Im Bild V-1 ist mit
ten einer Kugelwelle, rechts die Fronten einer ebenen
der Größe l der Abstand zwischen zwei gleichen
Welle. Da die Wassermoleküle in beiden Typen nur
Schwingungszuständen eingetragen. Dieser Abstand
vertikal schwingen, liegt hier in beiden Fällen eine
ist die Wellenlänge l. Ist dagegen die Schwingungs-
Transversalwelle vor.
richtung der einzelnen Massen parallel zur Aus-
breitungsrichtung der Welle, so liegt eine Longitu-
dinalwelle vor. Bei einer Longitudinalwelle ändert 1 Harmonische Wellen
sich in Ausbreitungsrichtung der Welle die Dichte
1.1 Ausbreitung
l Wie bei den harmonischen Schwingungen werden die
m1
Wellen harmonisch genannt, deren mathematische
Beschreibung durch eine Sinus-Funktion möglich ist.
Im Gegensatz zu den Schwingungen, bei denen ja nur
eine zeitliche Änderung der Auslenkung y zu be-
trachten war, ist bei Wellen auch eine räumliche
Bild V-1 Wellenausbreitung in einer linearen Kette Abhängigkeit der Auslenkung zu berücksichtigen.
194 Physik

Die Welle in Bild V-1 hat sich nach der Schwin- Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c, besser als Pha-
1 sengeschwindigkeit bezeichnet, da zur Bildung der
gungszeit T = der einzelnen Systeme um die
f Wellenfronten Orte gleicher Phase miteinander ver-
bunden werden, hängt vom Wellentyp und vom
Wellenlänge l nach rechts fortbewegt. Hiermit läßt
Medium, in dem sich die Welle bewegt, ab. In der
sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit c definieren:
folgenden Tabelle sind einige Beispiele angegeben.
l
Ausbreitungsgeschwindigkeit c = (V.1)
T Tabelle V-1 Phasengeschwindigkeit
c = l⋅ f (V.2)
Wird die Masse m1 zu einer Sinusschwingung Wellentyp Phasengeschwindigkeit
y = yˆ ⋅ sin (ω t ) angeregt, so werden auch alle anderen Longitudinalwellen in cp
Massen sinusförmig schwingen, allerdings zeitver- Gasen, Schallwellen in c= (V.11)
r
setzt gegen m1. Eine Masse, die um x von m1 entfernt Gasen
x Longitudinalwellen in K
ist, wird um die Zeit t 1 = später denselben Schwin- Flüssigkeiten c= (V.12)
c r
gungszustand erreichen. Es gilt: Longitudinalwellen in E
c= (V.13)
y = yˆ ⋅ sin ⎡⎣ω ( t − t1 ) ⎤⎦ (V.3) Festkörpern
r
⎡ 2π ⎛ x ⎞ ⎤ Elektromagnetische
c=
1
y = yˆ ⋅ sin ⎢ ⎜ t − ⎟ ⎥ (V.4) Wellen in Materie (V.14)
⎣ T ⎝ c ⎠⎦ e r e 0 mr m0
⎡ ⎛ t x ⎞⎤
y = yˆ ⋅ sin ⎢2π ⎜ − ⎟ ⎥ (V.5) c Isentropenexponent, p Druck, r Massendichte, K Kompressions-
⎣ ⎝ T λ ⎠⎦ modul, E Elastizitätsmodul, e0 Elektrische Feldkonstante, er Permitti-
vitätszahl, m0 Permeabilität, mr relative Permeabilität
Gleichung (V.5) beschreibt die zeitliche und räumli-
che Ausbreitung einer ebenen harmonischen Welle.
Die Amplitude ŷ bleibt konstant. Die Schwingungs- 1.2 Interferenz
gleichung kann durch Einführung der Wellenzahl k Unter Interferenz wird die Überlagerung von Wellen
umgeschrieben werden: verstanden. Dabei gilt, daß bei nicht zu großen
2π Amplituden der beteiligten Wellen sich jede Welle
Wellenzahl k = (V.6)
l ungestört ausbreiten kann und die momentanen Aus-
y = yˆ ⋅ sin (ω t − k x ) (V.7) lenkungen addiert werden können. Dies wird das
Verfahren der ungestörten Superposition genannt.
In Gleichung (V.5) und (V.7) bedeutet ein negatives
Zeichen in der Klammer eine Ausbreitung der Welle Interferenz von Wellen gleicher Frequenz
in positiver x-Richtung. Zwei Wellen gleicher Frequenz, die sich in gleicher
Bei einer Kugelwelle ändert sich die Amplitude mit Richtung ausbreiten, können sich im allgemeinen
dem Abstand vom Erregerort. Dieser Wellentyp wird durch ihre Amplitude und durch eine Verschiebung
durch folgende Gleichungen beschrieben. gleicher Schwingungszustände unterscheiden. Diese
yˆ ⎡ ⎛ t x ⎞⎤ räumliche Verschiebung ist der Gangunterschied D.
y = 1 ⋅ sin ⎢2π ⎜ − ⎟ ⎥ (V.8)
Die beiden Wellen sind nach Gleichung (V.7) durch
r ⎣ ⎝ T λ ⎠⎦
yˆ y1 = yˆ1 ⋅ sin (ω t − k x )
y = 1 ⋅ sin (ω t − k x )
(V.15)
(V.9)
r
und
ŷ1 ist die Amplitude für den Abstand r = 1.
⎛ 2π Δ ⎞
y2 = yˆ 2 ⋅ sin ⎜ ω t − k x + (V.16)
 Beispiel: Eine harmonische Welle habe eine Phasengeschwindig- ⎝ λ ⎟⎠
keit c = 300 m/s und eine Frequenz von 100 Hz. Zur Zeit t = 0
wird sie mit einer Amplitude ^y = 10 cm angeregt. gegeben. Die resultierende Welle läßt sich durch
a) Wie groß ist die Wellenlänge l?
Addition der Teilwellen bestimmen. Sie hat dieselbe
b) Wie groß ist die Auslenkung am Ort x = 9 m nach einer Zeit Frequenz und dieselbe Wellenlänge, damit auch die-
von 0,15 s? selbe Phasengeschwindigkeit wie die beiden Ur-
Lösung:
sprungswellen, aber eine andere Amplitude. Haben
c 300 m s beide Wellen die gleiche Amplitude yˆ1 = yˆ2 = yˆ0, so gilt:
a) nach (V.1) l= = =3m (V.10)
f 100 s
⎡ ⎛ 0,15 s 9 m ⎞ ⎤
resultierende Welle
b) y = 10 cm ⋅ sin ⎢ 2π ⎜ − ⎟⎥
⎣ ⎝ 0,01 s 3 m ⎠ ⎦ ⎛ πΔ ⎞ ⎛ πΔ ⎞
yres = 2 yˆ 0 cos ⎜ ⎟ sin ⎜ ω t − k x + λ ⎟ (V.17)
y = 10 cm ⋅ sin [ 2 π ( 15 − 3 ) ] = 10 cm ⋅ sin ( 24 π ) = 0 cm ⎝ λ ⎠ ⎝ ⎠
V Wellen 195

π D⎞ beschrieben werden. Auch hier ergibt sich die resul-


y res = y res sin ⎛⎜ wt − k x + ⎟ (V.18) tierende Welle durch Addition der Teilwellen. Unter
⎝ l ⎠
Anwendung des Additionstheorems folgt:
Amplitude
y res = 2 y sin ( wt ) cos ( k x ) (V.24)
π D⎞
y res = 2 y 0 cos ⎛⎜ ⎟ (V.19)
⎝ l ⎠ An den Stellen, an denen der Kosinusterm in (V.24)
verschwindet, hat auch die resultierende Welle zu
Sonderfälle: allen Zeiten keine Auslenkung. Dies ist der Fall für
a) D = nl, mit n = 0, 1, 2, … (V.20) solche Orte, die um l/2 voneinander entfernt sind.
Der erste Nullpunkt hängt von der Art der Reflexion
Die Phasenlage der resultierenden Welle ist gegen- ab, an einem dichteren Medium liegt er in der Grenz-
über den Ausgangswellen unverändert, die Amplitude fläche, sonst um l/4 vor der Grenzfläche.
ist doppelt so groß wie die Ausgangsamplituden. Für In den Punkten dazwischen ergibt sich je nach Lauf-
gerade Werte von n hat die Kosinusfunktion den Wert zeit eine Auslenkung, die maximal den doppelten
1, für ungerade Werte den Wert –1. In diesem Fall Wert der Ursprungsamplitude haben kann. In Bild
πD V-3 ist oben die Reflexion an einem dichteren Medi-
wird aber die Welle wegen des Summanden in um, unten an einem dünneren Medium dargestellt.
l
der Sinusfunktion um l / 2 verschoben, so daß die Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß bei
Reflexion an einem dichteren Medium ein Pha-
ursprüngliche Phasenlage beibehalten wird (konstruk-
sensprung von l/2 eintritt.
tive Interferenz).
l
b) D = ( 2 n + 1) , mit n = 0, 1, 2, … (V.21) 2 Huygensches Prinzip
2
In diesen Fällen wird y res = 0, die Wellen löschen
ankommende Welle

sich aus (destruktive Interferenz).

neue Wellenfront
Stehende Wellen

Bild V-4 Huygenssches Prinzip


x
y
Die Wellenausbreitung kann nach dem Huygensschen
Prinzip (nach Christian Huygens) dadurch erklärt
werden, daß jeder Punkt, der von einer Wellenfront
getroffen wird, wiederum Ausgangspunkt einer
sogenannten Elementarwelle wird. Diese ist, da es
sich um punktförmige Erreger handelt, eine Kugel-
x welle (siehe Kap. V.1). Die neue Wellenfront entsteht
als Einhüllende aller dieser Teilwellen. Dieses Prin-
Bild V-3 Stehende Wellen zip gilt nicht nur für eine Wellenausbreitung in Me-
dien, sondern ganz allgemein, auch für elektromagne-
tische Wellen, wie z.B. Licht. Mit Hilfe dieses Prin-
Laufen die Wellen, die zur Interferenz gelangen, zips lassen sich Vorgänge wie Reflexion, Brechung
nicht in gleicher Richtung, sondern einander entge- und Beugung erklären.
gen, so entstehen stehende Wellen. Dies kann z.B.
durch Reflexion an einem Spiegel geschehen. Die
beiden Wellen können bei gleicher Amplitude nach 2.1 Reflexion
Gleichung (V.7) durch Eine ebene Wellenfront W, die sich mit der Ge-
schwindigkeit c bewegt, erreicht zu einem bestimm-
y1 = y ⋅ sin ( wt − k x ) (V.22)
ten Zeitpunkt den Punkt A eines Spiegels. Für die
und Strecke DB braucht die Wellenfront die Zeit t1.
Vom Punkt A geht eine Elementarwelle aus, die
y 2 = y ⋅ sin ( wt + k x ) (V.23) dann, wenn der Punkt B erreicht ist, den Radius
196 Physik

a1
E
D Grenzfläche

A C B
a2
Bild V-5 Reflexion
Bild V-8 Brechungsgesetz

Welle die Geschwindigkeit c1 und laufe unter einem


Winkel a1 ein, im Medium 2 sei die Geschwindigkeit
c2 und der Winkel a2. Beim Erreichen des Punktes A
a b wird hier eine Elementarwelle ausgesendet, die dann,
wenn die Welle im Medium 1 nach der Zeit t1 den
Punkt B erreicht hat, den Radius AE hat. Die Einhül-
Spiegel
lende im Medium 2 ist BD . Im Dreieck ABD gilt:
Bild V-6 Reflexionsgesetz
DB
sina1 =
AB
AE = c ⋅ t 1 hat. In der Zeit t1/2 ist der Punkt C in der und im Dreieck AEB:
Mitte zwischen A und B erreicht. Die Elementarwelle, AE
die in C angeregt wird, hat den Radius AE / 2, wenn sina 2 = .
AB
die Wellenfront nach der Zeit t1 den Punkt B erreicht
hat. Die Einhüllende dieser Elementarwellen ist mit Weiter gilt
W' bezeichnet. Da die Dreiecke AEB und ADB kon- DB = c 1 ⋅ t 1 , AE = c 2 ⋅ t 2 .
gruent sind, folgt, daß beide Wellenfronten mit dem
Spiegel denselben Winkel bilden. Üblicherweise wer- Hieraus folgt
den nicht die Wellenfronten, sondern die darauf sin a1 DB c 1 ⋅ t 1
senkrecht stehenden Wellennormalen gezeichnet, um = =
die Richtung einer Welle darzustellen. Auch werden sin a 2 AE c 2 ⋅ t 1
die Winkel nicht zur Spiegelfläche, sondern zur Senk- das Brechungsgesetz
rechten auf der Spiegelfläche gemessen, wie in Bild
V-6 zu ersehen ist. Es gilt das Reflexionsgesetz: sin a1 c1
= (V.26)
Einfallswinkel = Ausfallswinkel sin a 2 c 2
a= b (V.25) Dies Gesetz ist ebenfalls für alle Wellenarten gültig.

2.2 Brechung
D

c1
a1 Bild V-9
Grenzfläche Beugung an einer Öffnung
A C B
F 2.3 Beugung
E c2
Trifft eine Welle auf eine Wand, in der sich eine
a2 kleine Öffnung befindet, so breitet sich die Welle
hinter der Öffnung nicht geradlinig aus, sondern auch
Bild V-7 Brechung in dem Teil des Raumes, der durch die Wand abge-
deckt ist, ist die Welle bemerkbar. Dieses Phänomen
Wenn sich die Welle in Gebieten mit unterschied- wird als Beugung bezeichnet. Die Beugung läßt sich
lichen Phasengeschwindigkeiten ausbreitet, so ändert mit Hilfe des Huygensschen Prinzips so verstehen,
sich beim Durchgang durch die Grenzfläche die daß von der Öffnung Elementarwellen ausgehen.
Richtung der Wellenfronten. Im Medium 1 habe die Sind mehrere Öffnungen vorhanden, so entsteht das
V Wellen 197

Beugungsfeld durch Interferenz der einzelnen Ele- Kugelwellen nicht mehr in einem Punkt. Der Beob-
mentarwellen. Dies ist in Bild V-10 für den Fall eines achter im Punkt B erkennt eine kürzere Wellenlänge.
Doppelspaltes aufgezeigt. Die Kreise stellen die Im Bild V-11 ist links eine ruhende Quelle, die eine
Maxima der Elementarwellen dar. An den Punkten, Welle der Wellenlänge l aussendet, rechts eine be-
an denen sich die Elementarwellen schneiden, erfolgt wegte Quelle dargestellt. Die Quelle bewegt sich
Verstärkung. Die Verbindungslinien dieser Schnitt- nach rechts mit der Geschwindigkeit vq. Der Beob-
punkte liegen auf Hyperbeln, deren Asymptoten zur achter sieht nun eine kleinere Wellenlänge lB. In der
Ausbreitungsrichtung unter den Winkeln a verlaufen. Zeit Tq = 1 hat sich die Quelle um die Strecke
Für diese Winkel gilt mit ganzen Zahlen n die Bedin- fq
gung v q Tq nach rechts bewegt, somit ist die Wellenlänge
n=3 l B = l − v q Tq verkleinert, die Frequenz hat sich jedoch
c
n=2 vergrößert: l B = l − v q Tq . Mit l = wird daraus:
f

n=1 c c vq
= − (V.28)
fb fq fq
d n=0
c c ⎛ vq ⎞
= ⎜1− ⎟ (V.29)
fb fq ⎝ c ⎠

fq c
fB = = fQ (V.30)
l vq c − vQ
1−
c
Bild V-10 Beugung am Doppelspalt

l Quelle Beobachter Formel


sin a n = n , n = 0, 1, 2, … (V.27)
d
c − vB
erfüllt ist. → → f B = fQ (V.31)
c − vQ
c + vB
3 Dopplereffekt → ← f B = fQ (V.32)
c − vQ
vq = 0 vq c − vB
← → f B = fQ (V.33)
c + vQ
c + vB
← ← f B = fQ (V.34)
c + vQ
lB
l

Bild V-11 Dopplereffekt Zu unterscheiden ist, ob und wie sich Quelle und
Beobachter relativ zueinander bewegen. In den Glei-
chungen V.31 bis V.34 sind die möglichen Fälle
Wenn sich der Erreger einer Welle, die Quelle, und angegeben.
der Beobachter relativ zum Medium, in dem die Wenn Quelle oder Beobachter ruhen, so ist in der
Welle übertragen wird, bewegen, so treten Frequenz-
entsprechenden Gleichung diese Geschwindigkeit = 0
verschiebungen auf, die Dopplereffekt genannt wer-
zu setzen.
den. Dabei ist es für die Berechnung wichtig, ob sich
die Quelle oder der Beobachter bewegen. Beobachten  Beispiel: Eine Schallquelle sendet einen Ton von 440 Hz aus. Die
kann man den Dopplereffekt beim Herannahen eines Quelle bewegt sich mit 100 km/h an einem ruhenden Beobachter
hupenden Autos: Bei Annäherung erhöht sich zu- vorbei.
nächst die Frequenz, der Ton wird höher, beim Ent- Frage: Welche Frequenz nimmt der Beobachter
fernen erniedrigt sich die Frequenz und der Ton wird a) bei Annäherung
niedriger. Zunächst soll der Fall des ruhenden Beob- b) bei Entfernung der Quelle wahr?
achters und der sich auf den Beobachter zu bewegen- Die Schallgeschwindigkeit beträgt 330 m/s.
den Quelle untersucht werden. Von einer punktför-
Lösung: Da die Geschwindigkeit vB = 0 ist, folgt:
migen Quelle werden Kugelwellen ausgesendet. Da
sich die Quelle bewegt, liegen die Zentren der zu a) v Q = 100
km 100 m
= = 27,78
m
verschiedenen Zeiten nacheinander ausgesendeten h 3,6 s s
198 Physik

c 440 ⋅ 330
f B = fQ = = 480,44 Hz
c − v Q 330 − 27 , 78 a
P
c 440 ⋅ 330
b) f B = f Q = = 405,8 Hz
c + v Q 330 + 27 , 78

Ein Sonderfall tritt dann ein, wenn sich die Quelle mit vQ
derselben Geschwindigkeit bewegt wie die ausgesen-
dete Welle, z.B. eine Schallwelle. Es entsteht das Bild V-12 Schallmauer und Machscher Kegel
Wellenbild nach Bild V-12 links. Alle Kugelwellen
addieren sich im Punkt P, es entsteht die sogenannte der Welle ausbreitet. Eine Sonderstellung nehmen
Schallmauer, die mit der Quelle mitläuft. Wird die hier die elektromagnetischen Wellen ein (z.B. Licht),
Geschwindigkeit der Quelle größer als die Schallge- denn diese benötigen kein Medium, um sich aus-
schwindigkeit, so sind die Verhältnisse entsprechend zubreiten. In diesem Fall gibt es bei bewegten Quel-
Bild V-1 rechts. Für den Öffnungswinkel des entste- len und Beobachtern auch eine Frequenzverschie-
henden Machschen Kegels gilt: bung, diese ist aber nur von der Relativgeschwindig-
keit zwischen Quelle und Beobachter abhängig.
c
Öffnungswinkel sina = (V.35) Bei Annäherung von Quelle und Beobachter gilt:
vQ
c+v
Auf dem Kegelmantel bildet sich eine einheitliche f B = fQ (V.36)
c−v
Wellenfront, die von einem Beobachter als Knall
wahrgenommen wird. Diese Wellenfront bewegt sich Entfernen sich Quelle und Beobachter, so muß v
mit der Quelle. In Vorwärtsrichtung ist die Quelle durch –v ersetzt werden.
nicht zu hören.
Die Gleichungen (V.31) bis (V.34) gelten nur für den c−v
f B = fQ (V.37)
Fall, daß sich die Welle in einem Medium als Träger c+v

VI Akustik

In der Akustik wird die Ausbreitung von Schallwel- Die Lösungsfunktion als Funktion von Ort und Zeit
len in festen, flüssigen und gasförmigen Medien hängt unter anderem vom Erregertyp ab. Für den
untersucht. In festen Stoffen können diese Wellen einfachsten Fall einer eindimensionalen sinusförmi-
Longitudinalwellen und Transversalwellen sein, in gen Erregung lautet sie für den Schalldruck:
Flüssigkeiten und Gasen gibt es nur Longitudinalwel- p ( x , t ) = p 0 + p sin ( wt − k x ) (VI.4)
len, weil dort die zur Ausbreitung von Transversal-
wellen notwendigen rückstellenden Querkräfte feh- und für die Schallschnelle:
len. Im folgenden werden vorzugsweise Schallwellen v w ( x , t ) = v sin ( wt − k x ) (VI.5)
in Gasen behandelt, weil diese im täglichen Leben
eine übergeordnete Rolle spielen. mit
p
v = (VI.6)
1 Schallausbreitung r0 c
Schall breitet sich in Gasen und Flüssigkeiten durch
Druckänderungen als Longitudinalwelle aus. Hiermit Tabelle VI-1 Schallgeschwindigkeit und Schallkenn-
verbunden ist eine Dichteschwankung, eine Druck- impedanz
schwankung und eine Schwankung der Geschwindig-
keit der einzelnen Moleküle um die jeweiligen kon- Dichte c/ms–1 Z/Ns m–3
stanten Mittelwerte (Index 0), die auch ohne Schall r/kg m–3
vorhanden sind.
Luft –20 °C 1,396 319 445
Dichte r = r0 + r w (VI.1) Luft 0 °C 1,293 331 427
Druck p = p0 + pw (VI.2) Luft 20 °C 1,21 344 416
Eis 920 3200 2,94 ⋅ 106
Geschwindigkeit v = v 0 + v w (VI.3) Holz 600 4500 2,7 ⋅ 106
mit den Bezeichnungen: Glas 2500 5300 13 ⋅ 106
Beton 2100 4000 8,4 ⋅ 106
rw : Wechseldichte, pw: Schallwechseldruck oder
Stahl 7700 5050 39 ⋅ 106
Schalldruck, vw: Schallschnelle
VI Akustik 199

Hierbei ist c die Schallgeschwindigkeit. Die Größe ⎛ Z − Z1 ⎞


2

r0 ⋅ c wird als Schallkennimpedanz Z, früher auch als rs = ⎜ 2 ⎟ (VI.13)


⎝ Z 2 + Z1 ⎠
Schallwellenwiderstand, bezeichnet.
Z r0 c Ein großer Reflexionsgrad r tritt immer dann auf,
Z = r0 ⋅ c (VI.7) wenn die Schallkennimpedanzen der beteiligten
Nm −1 kg/m 3 m/s
Medien sehr unterschiedlich sind. Dabei ist es gleich-
Die Schallkennimpedanz ist eine charakteristische gültig, welches der beiden Medien die größere
Größe für das jeweilige Ausbreitungsmedium und ist Schallkennimpedanz besitzt.
bei ebenen Wellen konstant. Wird die Schallwelle im Medium 2 gedämpft, so wird
Für die Schallgeschwindigkeit in Gasen gilt (siehe die Welle bei genügend dickem Medium 2 vollstän-
Abschnitt 1): dig absorbiert. Der Schallabsorptionsgrad as wird
definiert durch:
cp
c= (VI.8)
r Ie − Ir I
Schallabsorptionsgrad a s = = 1 − r (VI.14)
oder Ie Ie

c= c Ri T . (VI.9) a s = 1 − rs = 1 − r 2 (VI.15)
In Festkörpern gilt: Wird nun der Schall im Medium 2 nicht vollständig
E absorbiert, weil z.B. die Wand zu dünn ist, so tritt ein
Schallgeschwindigkeit c= (VI.10) Teil It der einfallenden Schallintensität Ie durch das
r
Medium 2 durch. Dieser Anteil wird als Schalltrans-
missionsgrad ts bezeichnet. Auch an der zweiten
2 Reflexion, Transmission, Absorption Grenzfläche wird dann ein Teil der dort ankommen-
den Intensität reflektiert.
Jedes Medium wird durch seine Schallkennimpedanz
beschrieben. Treffen nun Schallwellen auf eine It
Schalltransmissionsgrad t s = (VI.16)
Grenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschied- Ie
licher Schallkennimpedanz, so wird ein Teil reflek-
tiert, ein Teil tritt ins Medium ein. Der Reflexionsfak- Der Absorptionsgrad gibt an, welcher Teil der einfal-
tor r ist definiert als das Verhältnis des Schalldruckes lenden Welle nicht reflektiert wurde, der Transmissi-
pr der reflektierten Welle zu dem Schalldruck pe der onsgrad gibt den Anteil an, der durch eine Wand
einfallenden Welle. hindurch gelangt ist. Die in der Wand tatsächlich
verlorengegangene Schallintensität wird durch den
Z1 Z2 Z1
Schalldissipationsgrad ds angegeben. Somit gilt der
Ie Zusammenhang:
It r s + t s + ds = 1 (VI.17)
Ir
Bild VI-1 rs + a s = 1 (VI.18)
Reflexion und
Transmission
3 Ultraschall
pr
Reflexionsfaktor r = (VI.11) Unter Ultraschall wird der Schall verstanden, dessen
pe
Frequenz jenseits (= ultra) der menschlichen Hör-
Werden die Intensitäten Ir und Ie ins Verhältnis ge- schwelle von ca. 20 kHz liegt. Die obere Grenze liegt
setzt, so erhält man den bei etwa 1 GHz. Die zugehörigen Wellenlängen
Ir p2 liegen in Luft zwischen etwa 2 cm und 0,34 mm. Für
Reflexionsgrad r s = = r2 = r 2 (VI.12) den Ultraschall gibt es in der Praxis eine Vielfalt von
Ie pe
Einsatzmöglichkeiten. Dazu nachfolgend einige Bei-
Werden die Schallkennimpedanzen für senkrechten spiele: Ultraschall-Echolot, Ultraschall-Blindenleitge-
Einfall mit Z1 bzw. Z2 bezeichnet, so gilt für senk- rät, Ultraschall-Alarmanlagen, Werkstoffprüfung,
rechten Einfall: Materialprüfverfahren, Medizin.
200 Physik

VII Optik
Die Optik ist die Lehre vom Licht, seiner Ausbrei- elektrischen Feldkonstante e0 und der magnetischen
tung, dem Aufbau optischer Instrumente und allen Feldkonstante m0 durch die Gleichung
den Erscheinungen, die mit dem Auge wahrgenom- 1
men werden können. Heute wird zwischen der klassi- Lichtgeschwindigkeit c = (VII.1)
schen Optik und der Quantenoptik unterschieden. In e 0 m0
der klassischen Optik wird das Licht als Welle ver- zusammen.
standen. Seit Beginn dieses Jahrhunderts sind aller- Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum hat den Wert
dings viele Experimente durchgeführt worden, deren m
Deutung nicht im Rahmen der Wellentheorie möglich c = 2 , 997 924 58 ⋅10 8 (VII.2)
s
ist. Zur Erklärung muß angenommen werden, daß das
Licht sich wie ein Teilchen, als Korpuskel, dem Auch hier gilt, wie bei allen Wellen, der Zusammen-
sogenannten Lichtquant, verhält. Dieses Bild ist hang c = l ⋅ f zwischen der Wellenlänge l und der
immer dann anzuwenden, wenn Licht mit Materie in Frequenz f. Das sichtbare Licht nimmt nur einen
Wechselwirkung tritt, also zum Beispiel bei der kleinen Teil des Spektrums der elektromagnetischen
Absorption und Emission, aber auch bei der Streuung Wellen ein (siehe Bild VII-1). Alle die dort auf-
von Licht. geführten Wellen sind elektromagnetische Wellen
und breiten sich im Vakuum mit der Lichtge-
schwindigkeit c aus. Die Frequenzen erstrecken sich
1 Eigenschaften des Lichtes von 104 bis 1020 s–1.
Röntgenstrahlung

Ultrakurzwellen
sichtbares Licht

2 Geometrische Optik
UV-Strahlung

Mikrowellen

Mittelwellen
Langwellen
g Strahlung

Wird nun die Ausbreitung des Lichtes durch Öffnun-


Infrarot

gen, durch Blenden oder an Gegenständen vorbei


Radar

betrachtet, und sind diese Gegenstände groß gegen-


über der Wellenlänge des Lichtes, so kann die Aus-
breitung des Lichtes nach den Gesetzen der geometri-
schen Optik bestimmt werden, im anderen Fall muß
–12 –10 –8 –6 –4 –2 0 2 4 l/m die Wellenoptik herangezogen werden. Die Lichtwel-
len werden in ihren Ausbreitungsrichtungen durch die
Bild VII-1 Spektrum der elektromagnetischen Wellen Strahlen gekennzeichnet, die senkrecht auf den Wel-
lenfronten stehen (siehe Kapitel V). Bei ebenen
Die Ansichten über die Natur des Lichtes haben sich Wellen sind die Strahlen parallel. Kreuzen sich zwei
im Laufe der Jahrhunderte grundlegend gewandelt. Lichtstrahlen, so beeinflussen sie sich gegenseitig
Newton stellte im 17. Jahrhundert eine Korpuskular- nicht.
theorie auf, eine Lichtquelle sendet kleine Korpus-
keln aus, die sich geradlinig mit großer Geschwindig- 2.1 Reflexion des Lichtes
keit fortbewegen, bis sie im menschlichen Auge
durch Nervenanregung wahrgenommen werden.
Reflexion und Brechung von Licht konnten hiermit
Spiegel

erklärt werden, Beugung und Interferenz jedoch Lot b


nicht. Dies gelang Huygens im Jahr 1678 mit der von a
ihm entwickelten Wellentheorie, die von Young
(1802) durch Experimente untermauert wurde. Nach Bild VII-2
der Entdeckung der Polarisation durch Malus (1808) Reflexionsgesetz
hat Fresnel (1815) das Licht als transversale Welle
beschrieben, und daß das Licht eine elektromagneti- Wird ein einfallender Lichtstrahl an einer ebenen
sche Transversalwelle ist, wurde von Maxwell (1865) Fläche reflektiert, so gilt das Reflexionsgesetz:
entdeckt. Die physikalischen Größen, die sich bei
elektromagnetischen Wellen zeitlich und räumlich Einfallender Strahl, reflektierter Strahl und Einfalls-
periodisch ändern, sind die elektrische Feldstärke und lot liegen in einer Ebene.
damit verbunden auch die magnetische Feldstärke. Der Einfallswinkel a und der Reflexionswinkel b sind
Beide stehen senkrecht aufeinander und senkrecht gleich.
zur Ausbreitungsrichtung. Das Licht breitet sich mit Das Einfallslot ist hier das Lot auf der Spiegelfläche.
der Naturkonstanten Lichtgeschwindigkeit aus. Die Dies Gesetz wurde bereits in Kapitel V mit der Wel-
Lichtgeschwindigkeit im Vakuum hängt mit der lentheorie abgeleitet.
VII Optik 201

zustellen sind, werden für einfache Anwendungen


Spiegel genommen, deren Oberfläche aus einer Kugel
L2 L1 geschnitten wurde. Diese haben zwar Abbildungsfeh-
ler, beschränkt man sich jedoch auf Strahlen, die nahe
der optischen Achse einfallen, so können diese Fehler
Auge
vernachlässigt werden. Der Brennpunkt hat im Rah-
men dieser Näherung den Abstand
r
f = (VII.3)
Bild VII-3 Bildentstehung 2
Diese Größe f ist die Brennweite. Zur Bildkon-
Ein Beobachter, der vor einem ebenen Spiegel steht, struktion werden mindestens zwei Strahlen benötigt.
sieht sein Bild hinter dem Spiegel. Das menschliche Es werden die Strahlen verwendet, deren Verlauf sich
Auge in Zusammenarbeit mit dem Gehirn kann keine einfach konstruieren läßt, nämlich ein achsenparalle-
Richtungsumkehrung oder Abweichungen von der ler Strahl 1 und ein Brennpunktstrahl 2. Strahl 1
geradlinigen Ausbreitung des Lichtstrahles wahrneh- verläuft nach der Reflexion durch den Brennpunkt,
men. Eine Lichtquelle L1, die vor einem Spiegel steht Strahl 2 wird achsenparallel reflektiert. Hier können
und deren Licht in das Auge fällt, erscheint dem je nach Lage des Gegenstandes G virtuelle oder reelle
Beobachter hinter dem Spiegel, dabei wird der tat- Bilder entstehen (siehe Bild VII-5).
sächlich vorhandene Strahlenverlauf durch das Wird der Abstand des Gegenstandes vom Spiegel mit
menschliche Gehirn in den nicht vorhandenen, gestri- der Gegenstandsweite g, der Abstand des Bildes mit
chelt gezeichneten Verlauf umgedacht. Das Bild L2 der Bildweite b bezeichnet, so gilt die
der Lichtquelle erscheint dort, wo sich die gedachten
Strahlen kreuzen. Bilder, die durch einen nicht wirk- Abbildungsgleichung
1 1 1
lich vorhandenen Schnittpunkt, sondern einen ge- = + (VII.4)
dachten Schnittpunkt entstehen, heißen virtuelle Bil- f g b
der. Schneiden sich zwei Lichtstrahlen tatsächlich, so Die Gegenstandsgröße G und die Bildgröße B lassen
entsteht ein reelles Bild. sich aus einfachen geometrischen Überlegungen be-
stimmen, und es gilt:
Abbildungsmaßstab
B b
b= =− (VII.5)
optische Achse G g
F
In diesem System sind die einzelnen Größen mit
Vorzeichen behaftet, die positiven Richtungen weisen
nach oben und vom Spiegel zum Brennpunkt, in
Bild VII-4
diesem Fall nach links.
Parabolspiegel
Ob das Bild reell oder virtuell, verkleinert oder ver-
größert wird, hängt von der Gegenstandsweite ab. Es
Im folgenden soll die Reflexion an nicht ebenen
gilt:
Spiegeln untersucht werden. Dabei hat der Spiegel im
Querschnitt eine Parabelform; das räumliche Gebilde
wird Paraboloid genannt. Diese Parabolspiegel g<f virtuell aufrecht vergrößert
haben die Eigenschaft, alle Strahlen, die parallel zur
f < g < 2f reell höhenverkehrt vergrößert
Symmetrielinie, der optischen Achse, einfallen, so zu
reflektieren, daß sie sich in einem Punkt, dem Brenn- g > 2f reell höhenverkehrt verkleinert
punkt F, schneiden. Da Parabolspiegel schwer her-

1 2
1 1 1
2 1 2
2 1
B B
G M M G M F G B
F F

2 2

Bild VII-6 Bildkonstruktion am Hohlspiegel


M: Mittelpunkt des Hohlspiegels; F: Brennpunkt; G: Gegenstand; B: Bild
202 Physik

 Beispiel: Vor einem Hohlspiegel mit dem Krümmungsradius Es gelten folgende Beziehungen zwischen den Win-
r = 10 cm steht in 3 cm Abstand ein 2 cm großer Gegenstand. Wie
keln in der Abbildung VII-6:
groß sind Bildweite und Bildgröße?

Lösung: f =
r
= 5 cm Reflexionsgesetz a1 = b (VII.6)
2
1 1 1 1 1
= − = −
sin a1 c1
b f g 5 3 Brechungsgesetz = (VII.7)
sin a 2 c 2
b = −7,5 cm
b −7,5 cm Jedem Medium wird eine Zahl zugeordnet, die durch
B = −G = −2 cm ⋅ = 5 cm
g 3 cm das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit im Medium
Da b negativ ist, ist das Bild ein virtuelles Bild, B ist zu der im Vakuum definiert ist.
positiv, somit ist das Bild aufrecht, was dem Bild
VII-5 c entspricht. c Vac
Brechungsindex n= (VII.8)
c
2.2 Brechungsgesetz
Der Brechungsindex des betreffenden Materials hängt
Trifft ein Lichtstrahl schräg auf die Grenzfläche allerdings von der Wellenlänge des Lichtes ab. Die
zwischen zwei nicht absorbierenden Stoffen, in denen Tatsache, daß der Brechungsindex von der Wellen-
das Licht unterschiedliche Lichtgeschwindigkeit hat, länge des Lichtes abhängt, heißt Dispersion. Im
so wird ein Teil des einfallenden Lichtes reflektiert, optischen Bereich ist die Abhängigkeit normaler-
ein anderer Teil tritt in das zweite Medium ein. Dabei weise so, daß mit steigender Wellenlänge der Bre-
ändert sich die Ausbreitungsrichtung an der Grenzflä- chungsindex kleiner wird. Mit Hilfe der Bre-
che. Dies wird als Brechung bezeichnet. chungsindizes läßt sich das Brechungsgesetz auch
schreiben:
Medium 1 Medium 2
sin a1 n 2
Brechungsgesetz = (VII.9)
b a2 sin a 2 n1
a1
Stoffe mit kleinerem Brechungsindex sind op-
Bild VII-6 tisch dünner, solche mit größerem Index optisch
Brechungsgesetz dichter.

Tabelle VII-1 Brechungsindizes für l = 589 nm, 20 °C und 1013 hPa

Feste Stoffe n Flüssigkeiten und Gase n


Eis 1,31 Wasser 1,333
Flußspat 1,4338 Äthylalkohol 1,3618
Steinsalz 1,5443 Leinöl 1,486
Optische Gläser Benzol 1,5012
Borkron BK1 1,51
Flint F3 1,6128 Luft 1,000 292
Schwerflint SF4 1,7550 Sauerstoff 1,000 271
Quarzglas 1,4588 Stickstoff 1,000 298
Plexiglas 1,50 . . . 1,52 Kohlendioxid 1,000 449
Diamant 2,4173

Tabelle VII-2 Dispersion einiger Stoffe

Farbe und Wellenlänge l


Brechungsindex

Stoff violett blau blaugrün grün gelb rot dunkelrot


396,8 nm 430,7 nm 486,1 nm 527 nm 589 nm 656,2 nm 760,8 nm
Wasser 1,3435 1,3406 1,3371 1,3352 1,333 1,3312 1,3289
Flint F3 1,6542 1,6355 1,6246 1,6190 1,6128 1,6081 1,6029
VII Optik 203

Totalreflexion sichtigen Material, normalerweise aus Glas. Die


Kante CF ist die brechende Kante K und der Winkel
1 2 3 4
e der brechende Winkel. Die Fläche ABDE heißt die
5 Basis des Prismas. Im Bild VII-9 ist ein sym-
n2 = 1 metrischer Strahlengang gezeichnet, die Winkel-
6 halbierende von e steht senkrecht auf dem Lichtstrahl.
n1 = 1,5 In diesem Fall des symmetrischen Strahlengangs gilt
für den Ablenkwinkel d, daß dieser minimal wird. Ist
7 das Prisma von Luft umgeben und hat den Bre-
Bild VII-7 chungsindex n, so gilt die Gleichung:
P Totalreflexion
F
K K
Das Brechungsgesetz (VII.9) gilt unabhängig davon, C e
E D a d
ob das Licht aus einem optisch dichteren oder optisch
dünnerem Medium austritt. Tritt das Licht aus einem b
optisch dichteren Medium in ein optisch dünneres A B
Medium, so verläuft der Strahl wie in Bild VII-7 Bild VII-9 Prisma
dargestellt, er wird vom Einfallslot weggebrochen.
Wenn der Lichtstrahl aus einem optisch dichteren K
Medium in z.B. Luft tritt, so ist n2 Ɱ n1, und es folgt
für den Ausfallswinkel nach (VII.9) Totalreflexion
n1 a rot
sin a 2 = ⋅ sin a1 (VII.10) weiß
n2 b
blau
Da n1 Ɑ n2, kann der Fall eintreten, daß bei einem
bestimmten Einfallswinkel a1 der Wert für sin a2 Ɑ 1
wird. Ab diesem Grenzwinkel kann dann der Licht- Bild VII-10 Spektrale Zerlegung
strahl nicht mehr ins Medium 2 eintreten, er wird
vollständig reflektiert. Dies Phänomen heißt Total- d+e e
reflexion. In Bild VII-7 sind einige Strahlenverläufe, sin = n ⋅ sin (VII.11)
2 2
ausgehend vom Punkt P, gezeichnet. Der Grenz-
winkel ergibt sich in diesem Beispiel zu Aus einer Messung des Ablenkwinkels d kann, bei
bekanntem brechenden Winkel e, der Brechungsindex
n2 1 des Prismas bestimmt werden.
sin a1 = =
n1 1, 5
d+e
sin
a1 = 41, 81 2
n= (VII.12)
und liegt zwischen den Strahlen 6 und 7. e
sin
Technische Anwendung findet dieses Phänomen bei 2
der Nachrichtenübertragung in Lichtleitern. Ein
Dies Verfahren kann auch bei Flüssigkeiten ange-
Lichtleiter ist im Prinzip so aufgebaut, daß ein op-
wendet werden. Die zu untersuchende Flüssigkeit
tisch dichteres Material, der Kern, von einem optisch
wird dann in ein Hohlprisma gefüllt und der Ablenk-
dünneren Material, dem Mantel, umgeben ist. Auf die
winkel bestimmt.
Stirnfläche eintretendes Licht wird an der Grenz-
Da der Brechungsindex von der Wellenlänge ab-
fläche Kern – Mantel totalreflektiert.
hängt, kann mit einem Prisma Licht spektral zerlegt
Kern n1 werden. Einfallendes weißes Licht, in dem alle Wel-
lenlängen bzw. Farben vertreten sind, wird durch ein
Mantel n2
Prisma nach Farben zerlegt. Für rotes Licht ist der
Luft
Brechungsindex kleiner als für blaues Licht, daher ist
der Ablenkwinkel für rotes Licht kleiner als für
blaues Licht (siehe Tabelle VII-2).
Bild VII-8
Lichtleiter Linsen
In allen optischen Systemen und Geräten werden Lin-
sen verwendet. Dieses sind Glaskörper, die durch
Prisma zwei Kugelflächen begrenzt sind. In der technischen
Ein Prisma ist ein von geraden, gegeneinander ge- Optik (nach DIN 1335) werden für die Brechung an
neigten Flächen begrenzter Körper aus einem durch- einer Kugelfläche Vorzeichen festgelegt. Es gilt: Die
204 Physik

y Bild VII-11
Vorzeichenkonvention

F′
S C z

f′
+r

F′
n1 n2
1 +∞
1
F S C F′ f′
r
–∞ 2 2 Bild VII-13 Sammel- und Zerstreuungslinse

chen zwischen der Linse und dem umgebenden


f f′ Medium, im allgemeinen Luft, werden die Lichtstrah-
len gebrochen. Bei dünnen Linsen kann man den
Bild VII-12 Brennpunkte einer konvexen Kugelfläche
Strahlengang konstruieren, indem beide Brechungen
durch eine Brechung an der Mittellinie ersetzt wer-
Achse durch den Kugelmittelpunkt ist die optische den. Es gibt Sammellinsen, oder konvexe Linsen, und
Achse, zugleich z-Achse des Koordinatensystems. Zerstreuungslinsen, oder konkave Linsen. Der Strah-
Die positive z-Richtung wird durch die Laufrichtung lenverlauf ist in Bild VII-13 dargestellt. Die tatsäch-
des Lichtes festgelegt. Die y-Achse steht senkrecht lichen Strahlen sind durchgezogen gezeichnet, bei der
auf der z-Achse und weist von unten nach oben. Der Zerstreuungslinse wird der Brennpunkt durch die
Radius der Kugel ist positiv, wenn das Zentrum C der gestrichelt gezeichnete gedachte rückwärtige Verlän-
Kugel in positiver z-Richtung vom Scheitelpunkt S gerung konstruiert. Da der Brennpunkt auf der linken
liegt, hier also nach rechts. Sämtliche Strecken, die Seite liegt, hat die Zerstreuungslinse eine negative
von S in negativer z-Richtung gemessen werden, Brennweite. Die Linse sei nun in Luft und besitze den
erhalten ein negatives Vorzeichen. Da durch eine Brechungsindex nL. Es gilt für die Brennweite f ':
Kugelfläche Medien mit unterschiedlichen Bre-
1 ⎛1 1⎞
chungsindizes n1 und n2 getrennt werden, ist der = ( n L − 1) ⎜ − ⎟ (VII.16)
Strahlenverlauf auf beiden Seiten der Fläche unter- f′ ⎝ r1 r2 ⎠
schiedlich. Die Brennpunkte F und F' sind so defi- r1 Radius der linken Kugelfläche, r2 Radius der rech-
niert, daß Strahlen, die von ihnen ausgehen, so gebro- ten Fläche. Sind beide Brennweiten gleich, so wird
chen werden, daß sie achsenparallel weiter verlaufen. (VII.15) zur
Für die Brennweiten f und f ' gilt:
1 1 1
n1 r Linsenformel = − (VII.17)
Brennweite f = (VII.13) f b g
n 2 − n1
Den Kehrwert der Brennweite f nennt man die Brech-
n2 r kraft oder Dioptrie D.
f′= (VII.14)
n 2 − n1 1 D f
D= (VII.18)
Kommen die Strahlen nicht aus dem Brennpunkt, f m −1 m
sondern aus einem weiter entfernten Punkt im Ab- Der Abbildungsmaßstab ist:
stand g, so schneiden sich alle Strahlen im Abstand b. B b
Für diese Abstände gilt die b′ = = (VII.19)
G g
f′ f
Abbildungsgleichung − =1 (VII.15) Zur Konstruktion der Abbildung durch Linsen ver-
b g
wendet man zweckmäßigerweise folgende Strahlen:
Dabei ist g gemäß der Definition negativ einzuset- 1. Strahl parallel zur optischen Achse: durch den
zen. Brennpunkt,
Der Einfachheit halber soll angenommen werden, daß 2. Strahl durch die Linsenmitte: keine Ablenkung,
die Linsendicke vernachlässigbar klein ist, es sich 3. Strahl durch den Brennpunkt: parallel zur opti-
also um dünne Linsen handelt. An beiden Grenzflä- schen Achse.
VII Optik 205

1
2
3 F B F F
G F B G

–g Bild VII-14
+b
Abbildung durch eine Sammellinse

G F B F GB
–b
Bild VII-15
–g
Abbildung durch Zerstreuungslinsen

In Bild VII-14 sind für zwei Fälle die Bildkonstruk- c) Bildgröße B = b ⋅ G = 2 , 5 ⋅ 4 cm = 10 cm


tionen durchgeführt. Links: Gegenstand außerhalb der b ist jetzt < 0, B > 0, somit liegt ein virtuelles, vergrößertes Bild
doppelten Brennweite: Es ergibt sich ein reelles, vor.
höhenverkehrtes und verkleinertes Bild. Rechts: Bei der Abbildung durch Zerstreuungslinsen werden im
Gegenstand innerhalb der Brennweite: Es ergibt sich Prinzip die gleichen Strahlen verwendet wie bei Sam-
ein virtuelles, aufrechtes und vergrößertes Bild. mellinsen, nur entstehen hier grundsätzlich virtuelle
 Beispiel: Ein Gegenstand der Größe 4 cm steht 25 cm entfernt
Bilder, da sich die Strahlen ja nie schneiden können.
von einer Sammellinse der Brennweite f = 5 cm. Wie groß sind Werden zwei Linsen kombiniert, und zwar so, daß sie
a) Bildweite, b) Abbildungsmaßstab und c) Bildgröße? in einem Abstand e voneinander stehen, so ergibt sich
Lösung: für das System eine Gesamtbrennweite nach folgen-
a) Bildweite
1 1 1
= + =
1
+
1 der Formel:
b f g 5 cm − 25 cm
Brennweite einer Linsenkombination
b = 6,25 cm
1 1 1 e
b) Abbildungsmaßstab b=
b 6,25 cm
= = −0 , 25 = + − (VII.20)
g − 25 cm f ges f 1 f 2 f1 ⋅ f 2
c) Bildgröße B = b ⋅ G = −0 , 25 ⋅ 4 cm = −1 cm
 Beispiel: Ein Linsensystem besteht aus einer Sammellinse der
Da b positiv ist, liegt das Bild rechts von der Linse, B ist negativ, so- Brennweite f1 = 10 cm und einer Zerstreuungslinse der Brenn-
mit ist das Bild höhenverkehrt, dies entspricht dem Bild VII-14 a. weite f2 = –6 cm. Beide haben einen Abstand von e = 5 cm. Wie
 Beispiel: Ein Gegenstand der Größe 4 cm steht 3 cm entfernt von groß ist die Brennweite des Systems?
einer Sammellinse der Brennweite f = 5 cm. Wie groß sind Lösung:
a) Bildweite, b) Abbildungsmaßstab und c) Bildgröße?
1 1 1 5 cm
Lösung: = + − = 0,0167 cm −1
f ges 10 cm − 6 cm − 6 ⋅ 10 cm 2
1 1 1 1 1
a) Bildweite = + = + f ges = 60 cm
b f g 5 cm − 3 cm
b = −7,5 cm In Linsensystemen werden die verschiedensten For-
b −7,5 cm men verwendet, die gängigsten Bauformen von
b) Abbildungsmaßstab b= = = 2,5
g − 3 cm Linsen sind in Tabelle VII-3 aufgeführt.

Tabelle VII-3 Bauformen von Linsen

bi-konvex plan-konvex bi-konkav plan-konkav

Radien r1 > 0 r1 = ∞ r1 < 0 r1 = ∞


r2 < 0 r2 < 0 r2 > 0 r2 > 0

Brennweite f >0 f >0 f <0 f <0


206 Physik

2.3 Optische Geräte Nahpunkt. Eine weitere Vergrößerung ist nur mit
Hilfe optischer Instrumente erreichbar. Wird der
In optischen Geräten werden je nach Anwendung
Sehwinkel mit Instrument als s′ bezeichnet, so ist die
Linsen unterschiedlichster Bauformen zu Linsen-
Vergrößerung G definiert zu
systemen zusammengesetzt. Sie dienen dazu, den
Sehwinkel zu vergrößern.

I Le a
H A
N

K Li G
b
B

Bild VII-16 Das menschliche Auge Bild VII-17


c
Augenfehler
Das menschliche Auge
Da jede optische Erscheinung mit dem Auge wahrge-
nommen wird, soll hier kurz die Wirkungsweise des
menschlichen Auges dargestellt werden. Das Prinzip s
ist in Bild VII-16 dargestellt. Das Auge wird von der G B Bild VII-18
Lederhaut Le eingehüllt, darunter liegt die Aderhaut Sehwinkel
A und die lichtempfindliche Netzhaut N. Das Licht
fällt durch die Hornhaut H und die Augenkammer K, tan s ′
tritt durch die Linse Li und dann auf die Netzhaut N. Vergrößerung G= (VII.21)
tan s
Der Augennerv tritt am Blinden Fleck B durch das
Auge. Durch die variable Krümmung und damit
variable Brennweite der Linse kann das Auge Ge-
genstände in verschiedenen Entfernungen scharf auf
G s′
die Netzhaut abbilden. Die Iris I regelt als Blende die s
eintretende Lichtmenge. Der Abstand, in dem man s′
noch eben scharf sehen kann, ist der Nahpunkt, er F f
liegt beim jungen Menschen bei ca. 10 cm, beim
älteren Menschen weiter entfernt. Als deutliche
Sehweite ist ein Abstand von s0 = 25 cm definiert.
Der Fernpunkt liegt beim normalsichtigen Menschen
im Unendlichen. Fehlsichtigkeit tritt dann auf, wenn Bild VII-19 Lupe
parallel einfallende Strahlen nicht auf der Netzhaut
(Bild VII-17 a), sondern beim kurzsichtigen Auge vor Lupe
der Netzhaut (Bild VII-17 b), beim weitsichtigen Eine Lupe als einfachstes optisches Instrument ist
Auge hinter der Netzhaut (Bild VII-17 c) fokussiert eine Sammellinse hoher Brechkraft. Die Vergröße-
werden. Die lichtempfindlichen Sinneszellen sind die rung hängt von der Brennweite der Linse, aber auch
in der Netzhaut eingebetteten Stäbchen und Zäpfchen. vom Abstand des Gegenstandes von der Linse ab.
Die Zäpfchen sind farbempfindlich, während die Um eine vergleichbare Angabe zu erzielen, wird
Stäbchen nur Grautöne unterscheiden können, dafür festgelegt, daß sich der Gegenstand in der Brenn-
sind sie aber wesentlich lichtempfindlicher. Von ebene der Lupe befindet und sich das Auge auf un-
einem reellen Gegenstand wird durch das optische endlich eingestellt, akkomodiert, hat. Diese Ver-
System des Auges ein umgedrehtes, reelles Bild auf größerung bezeichnet man als Normalvergrößerung.
der Netzhaut erzeugt. Das menschliche Gehirn dreht Verglichen wird der sich dann ergebende Sehwinkel
auf Grund seiner Erfahrung dieses Bild um, so daß mit dem, bei dem sich der Gegenstand ohne Lupe in
wir von einem aufrechten Gegenstand auch ein auf- der deutlichen Sehweite s0 befindet.
rechtes Bild „sehen“. Der Gegenstand erscheint dem G G
Mit tan s ' = und tans = folgt für die
Auge unter dem Sehwinkel s. Soll der Gegenstand f − s0
vergrößert betrachtet werden, so muß der Sehwinkel
s0
vergrößert werden, man muß näher an den Ge- Vergrößerung einer Lupe G = − (VII.22)
genstand herangehen. Dies geht aber nur bis zum f
VII Optik 207

Wird der Gegenstand näher an die Lupe herange- solche, bei denen das Bild höhenverkehrt erscheint,
bracht, so entsteht ein virtuelles, aufrechtes vergrö- diese werden in der Astronomie verwendet (Kep-
ßertes Bild. lersches Fernrohr), und solche mit aufrechten Bildern
(Galileisches Fernrohr). Der grundsätzliche Strahlen-
Mikroskop verlauf ist in Bild VII-21 gezeichnet. Die Brennpunk-
Noch bessere Vergrößerungen erzielt man mit einem te von Objektiv F1 und Okular F2 fallen zusammen.
Mikroskop. Dies ist im Prinzip eine Kombination aus Die parallel austretenden Strahlen werden auch hier
zwei Sammellinsen, dem Objektiv Obj mit den im Auge auf der Netzhaut fokussiert. Die Gesamtver-
Brennpunkten F1 und dem Okular Ok mit den Brenn- größerung berechnet sich zu
punkten F2. Das Objektiv entwirft vom Gegenstand G f1
ein reelles Zwischenbild ZB fast im Brennpunkt F2. Vergrößerung eines Fernrohrs GF = − (VII.24)
Dieses Zwischenbild wird mit dem Okular, das wie f2
eine Lupe wirkt, betrachtet. Die nahezu parallel Werden die Brennweiten mit richtigem Vorzeichen
austretenden Strahlen werden durch die Augenlinse eingesetzt, so ergibt sich beim Keplerschen Fernrohr
auf der Netzhaut gebündelt. Eingezeichnet ist die eine negative Vergrößerung, also eine Bildumkehr,
sogenannte Tubuslänge t, der Abstand zwischen beim Galileischen Fernrohr eine positive Vergröße-
beiden Brennpunkten der Linsen. Die Gesamtver- rung, also ein aufrechtes Bild. Durch den Einbau
größerung ergibt sich zu: einer weiteren Linse kann allerdings auch im Kepler-
Ok
schen Fernrohr ein aufrechtes Bild erzielt werden;
das Fernrohr wird dadurch nur länger. Eine Verlänge-
rung des Fernrohres kann vermieden werden, indem
ge der Strahl durch geeignete Prismen umgelenkt wird.
Obj Au
F2 Technische Angaben eines Fernglases sind die Ver-
F1 ZB F2 größerung und der Durchmesser DE der Eintrittsöff-
G nung, normalerweise des Objektivs. Die Angabe
7 × 50 besagt, daß die Vergrößerung GF = 7 ist und die
Eintrittsöffnung einen Durchmesser von 50 mm hat.
t
Für den Durchmesser DA der Austrittsöffnung gilt:
DE
Bild VII-20 Mikroskop GF = (VII.25)
DA
Vergrößerung eines Mikroskops Die Leistungsfähigkeit bei Dämmerung wird nach
t ⋅ s0 DIN 58386 durch die Dämmerungszahl Z gekenn-
GM = (VII.23)
f1 ⋅ f 2 zeichnet.
Z= GF ⋅ D E (VII.26)
Obj Ok
Bei dem Fernglas 7 × 50 ist
ZB
50 mm
DA = = 7,14 mm
s s′ 7
F1
F2 und
Z= 7 ⋅ 50 = 18, 7
Auge hingegen bei 8 × 30 gilt:
Obj Ok s′ 30 mm
DA = = 3,75 mm
8
Z = 8 ⋅ 30 = 15, 5
s
F1
F2 somit ist das Glas 7 × 50 in der Dämmerung besser
geeignet.
Die Augenpupille ist maximal 8 mm im Durchmes-
ser, es hat also keinen Sinn, ein Fernrohr zu benutzen,
Bild VII-21 Fernglas bei dem DA > 8 mm ist.

Fernglas Photoapparat
Beim Fernrohr liegt der zu betrachtende Gegenstand Ein Photoapparat bildet – wie das Auge – den Ge-
sehr weit entfernt, es treten parallele Strahlen in das genstand auf einer lichtempfindlichen Schicht, dem
Linsensystem. Es gibt verschiedene Anordnungen, Film, ab. Das Objektiv besteht, um Linsenfehler zu
208 Physik

vermeiden, aus Vielfach-Linsensystemen. Im Gegen- ferenz nicht länger als die Wellenzüge ist. Der größte
satz zum Auge muß für unterschiedliche Entfernun- Gangunterschied, bei dem noch Interferenz möglich
gen des Gegenstandes vom Objektiv der Abstand ist, ist die Kohärenzlänge l. In Tabelle VII-4 sind
Film– Objektiv variiert werden, um eine scharfe Kohärenzlängen einiger typischer Lichtquellen aufge-
Abbildung zu erreichen. Wie beim Auge kann die listet.
einfallende Lichtmenge durch eine variable Blende
geregelt werden. Als technische Angabe für Objekti-
ve dient nach DIN 4521 das Verhältnis vom Durch- Tabelle VII-4 Kohärenzlängen
messer der Eintrittsöffnung zur Brennweite
Lichtquelle Kohärenzlänge
DE
relative Öffnung = (VII.27) weißes Licht 1 – 2 mm
f
Spektrallampe 20 cm
Steht z.B. auf einem Objektiv 1 : 2,8, f = 50 mm, so Halbleiter-Laser 150 m
bedeutet dies bei einer Brennweite von 50 mm eine He-Ne-Laser 2 km
maximale Eintrittsöffnung von 17,85 mm. Der Kehr-
wert der relativen Öffnung ist die Blendenzahl k oder
kurz Blende.
Da aber bei normaler Lichtemission einzelne Berei-
f che von Lichtquellen das Licht ohne feste Phasenbe-
Blende k = (VII.28)
DE ziehung abstrahlen, müssen bei Interferenzversuchen
einige experimentelle Tricks angewendet werden.
Die nach DIN 4522 genormten Blendenzahlen sind: Licht gleicher Frequenz und fester Phasenbeziehung
1; 1,4; 2; 2,8; 4; 5,6; 8; 11; 16; 22. Sie sind so ge- wird kohärentes Licht genannt. Sehr gut geeignete
wählt, daß sich bei Vergrößerung der Blendenzahl um Lichtquellen für Interferenzversuche stehen heutzuta-
einen Wert die Lichtintensität halbiert, daher ist der ge durch die Laser zur Verfügung. Diese liefern
Faktor zwischen benachbarten Blendenwerten 2. besonders scharf gebündelte Lichtstrahlen mit sehr
guter Kohärenz. Interferenzerscheinungen können in
speziellen Fällen auch im normalen Tageslicht beo-
3 Wellenoptik bachtet werden, z.B. rühren die schillernden Oberflä-
chen von mit Öl bedecktem Wasser von Interferenz
Die Eigenschaften der Wellen sind bereits im Ab-
her. Dies soll an einer dünnen Schicht erläutert wer-
schnitt V besprochen worden, hier sollen spezielle den. In einer solch dünnen Schicht wird einfallendes
Eigenschaften der Lichtwellen dargestellt werden. Licht an den Grenzflächen vielfach reflektiert, ein
Teil auch immer transmittiert. Die vom Beobachter
3.1 Interferenz aufgenommenen Lichtstrahlen haben dann unter-
Bei Überlagerung von Wellen gleicher Frequenz schiedliche Wegstrecken zurückgelegt. Da weißes
können sich die Wellen je nach Gangunterschied Licht einfällt, sind alle Wellenlängen vorhanden. Die
auslöschen oder verstärken. Da Licht eine sehr kleine Interferenzbedingung für Auslöschung kann unter
einem festen Winkel nur für eine Wellenlänge erfüllt
Wellenlänge hat, ist dieser Effekt nicht so leicht zu
sein, daher wird, wenn diese Farbe ausgelöscht wird,
sehen. Außerdem braucht man zur Interferenz Licht
aus dem weißen Licht farbiges Licht. Der Strahlen-
gleicher Wellenlänge und fester Phasenbeziehung j. gang ist in Bild VII-22 dargestellt. Der von der Licht-
Normale Temperaturstrahler senden Licht nicht quelle L ausgehende Lichtstrahl wird im Punkt A teil-
kontinuierlich aus, sondern in räumlich begrenzten reflektiert und trifft als Strahl 1 im Punkt G auf.
Wellenpaketen. Zwei Wellenpakete, die von unter- Ein Teil wird zum Punkt D gebrochen, dort teilreflek-
schiedlichen Orten einer Lichtquelle emittiert wur- tiert und vom Punkt B als Strahl 2 ebenfalls nach G
den, können nur dann interferieren, wenn sie zu gelenkt. Im Punkt G interferieren die Strahlen 1, 2,
gleicher Zeit am Interferenzort eintreffen. Entschei- 3 . . . Der geometrische Gangunterschied zwischen
dend für die Interferenzfähigkeit ist, daß die Wegdif- Strahl 1 und 2 beträgt AD + DB − AF , der optische
n ( AD + DB ) − AF . Mit Hilfe des Brechungsgesetzes
G
und der Tatsache, daß bei Reflexion an einem dichte-
L ren Medium ein Phasensprung von l/2 auftritt, kann
für den Gangunterschied Δ zwischen den Strahlen 1
1 und 2 abgeleitet werden:
a 2
3
F l
Δ = 2 d n 2 − sin 2 a − (VII.29)
A B C 2
n d
Bild VII-22
D E Interferenz Auslöschung tritt dann ein, wenn die Bedingung
VII Optik 209

2 d n 2 − sin 2 a = ( m + 1) l , m = 0, 1, 2, … (VII.30) und in dieser bestimmten Richtung herrscht Dunkel-


heit. Auslöschung tritt immer dann auf, wenn die
erfüllt ist. Beugung am Spalt Bedingung

3.2 Beugung ml
sin a min = , m = 1, 2, 3, … (VII.31)
b
Fällt auf eine Öffnung ein Bündel aus parallelem
monochromatischem Licht, so ist hinter der Öffnung erfüllt ist. Es kann gezeigt werden, daß die Intensität
auch in den Bereichen, die im geometrischen Schat- in einer bestimmten Richtung hinter einem Spalt nach
tenbereich liegen, Lichtintensität zu beobachten. der Formel
Diese Lichtbeugung läßt sich ebenfalls nur mit Hilfe
πb
der Wellennatur des Lichtes erklären. Bei Lichtwel- sin 2 ⎛⎜ sin a ⎞⎟
len ist in der Regel die Öffnung größer als die Wel- ⎝ l ⎠
I a Spalt = I 0 2
(VII.32)
lenlänge des eingestrahlten Lichtes. ⎛ π b sin a ⎞
⎜ ⎟
⎝ l ⎠
Spalt
berechnet werden kann. Im Bild VII-24 ist diese
Intensitätsverteilung aufgetragen.
1 Die Maxima liegen näherungsweise in der Mitte
2 zwischen zwei Nullstellen, für sie gilt
Maxima Beugungsbild
b 5 a
6
sin a max ≈ ⎛⎜ m + ⎞⎟ ,
1 l
m = 1, 2, 3, … (VII.33)
a ⎝ 2⎠ b
Δ Die Beugung am Spalt liefert keine sehr scharfen
Bild VII-23 Intensitätsmaxima.
Beugung am Spalt
Gitter
I Ein optisches Gitter ist eine Anordnung von vielen
gleichen Spalten. Zur Interferenz gelangen jetzt
Ia einmal die Strahlen aus einem Spalt, aber auch Strah-
I0 len aus benachbarten Spalten (s. Bild VII-25). Das
Beugungsbild hat jetzt ebenfalls Maxima und Mini-
0,5 ma, die Schärfe hängt von den Größen b und g ab,
aber auch davon, wieviele Strahlen p zur Interferenz
gelangen, d.h., wieviele Spalte beleuchtet werden.
Die Hauptmaxima, das sind die Maxima, die durch
Interferenz aus benachbarten Spalten entstehen,
0
–10 –5 0 5 10 liegen so, daß die Bedingung
p b sina
l ml
sin a max = , m = 0, 1, 2, … (VII.34)
Bild VII-24 Intensitätsverteilung hinter einem Spalt g

Als Öffnung wird ein Spalt der Breite b betrachtet. erfüllt ist. Die gesamte Intensitätsverteilung ist eine
Jeder Punkt des Spaltes, der von dem einfallenden Funktion, die aus Überlagerung von Interferenz am
Licht getroffen wird, ist nach dem Huygensschen einzelnen Spalt und aus benachbarten Spalten ent-
Prinzip (siehe Abschnitt 1) Ausgangspunkt einer steht. Sie lautet: Beugung am Gitter
Elementarwelle. Die von den einzelnen Punkten
ausgehenden Strahlen haben gegeneinander unter-
schiedliche Gangunterschiede. Wenn der Gangunter-
schied zwischen den beiden Randstrahlen genau l
beträgt, ist der Gangunterschied zwischen einem
Randstrahl und dem Mittenstrahl, also z.B. Strahl 1
b
und Strahl 5, l/2, und diese beiden Strahlen löschen g
sich aus. Aber auch zwischen 2 und 6 besteht dann
der Gangunterschied l/2, und diese beiden löschen
sich ebenfalls aus. So läßt sich in diesem Fall zu a
jedem Strahl immer ein anderer mit dem Gangunter- Bild VII-25
schied l/2 finden, somit löschen sich alle Strahlen aus Δ Beugung am Gitter
210 Physik

pg π Ist die Ausbreitungsrichtung des Lichtes die z-Rich-


sin 2 ⎛⎜ sin a ⎞⎟ 
die x-
⎝ l ⎠ tung, die Schwingungsrichtung des E -Vektors
I a Gitter = I a Spalt ⋅ (VII.35) Richtung, dann schwingt der H -Vektor in y-Richtung.
π
sin 2 ⎛⎜ sin a ⎞⎟
g
Die in Bild VII-26 eingezeichneten Linien im Polari-
⎝ l ⎠
sator geben die Durchlaßrichtung an; diese steht
Die Lage der Maxima ist von der Wellenlänge ab- senkrecht auf den Molekülketten.
hängig, somit können Gitter zur Trennung von ver-
schiedenen Wellenlängen bzw. Farben verwendet
werden, indem hinter dem Gitter durch geeignet
angebrachte Blenden bis auf einen Wellenlängenbe- ap
reich Δl das Licht ausgeblendet wird. Dies wird in Luft
Gittermonochromatoren angewendet.
90°C
Glas n
Polarisation Bild VII-27
Da Licht eine elektromagnetische Transversalwelle Polarisation
ist, ist es möglich, die Schwingungsrichtung so zu be-
 durch Reflexion
einflussen, daß der elektromagnetische Feldvektor E
nur in einer Ebene schwingt. Da der  magnetische
Feldvektor H immer senkrecht zum E -Vektor steht, Auch durch Reflexion an einer Glasplatte kann Licht
schwingt auch dieser in einer Ebene. Solch ein Licht linear polarisiert werden. Durch den einfallenden und
wird linear polarisiertes Licht genannt. Erzeugen reflektierten Strahl wird eine Ebene festgelegt, die
kann man linear polarisiertes Licht u.a. durch Polari- Einfallsebene. Fällt natürliches Licht unter einem
sationsfilter. Dies sind Filter, in denen lange organi- bestimmten Winkel, dem Brewsterscher Winkel oder
sche Molekülketten liegen. In Richtung der Ketten auch Polarisationswinkel ap, auf die Glasplatte, so
kann dem einfallenden natürlichen Licht durch Ener- fehlt dann im reflektierten Strahl eine Schwingungs-
gieübertragung an die Elektronen in den Molekül- ebene, und zwar die Ebene parallel zur Einfallsebene.
ketten Energie entzogen werden, diese Schwingungs- Dies ist dann der Fall, wenn reflektierter und gebro-
richtung fehlt dann im Licht hinter dem Filter. Da chener Strahl senkrecht zueinander stehen. Für den
jede Schwingungsrichtung als vektorielle Summe von Polarisationswinkel gilt:
sin a p = n ⋅ sin ( 90  − a p )
zwei ausgezeichneten senkrecht zueinander stehenden
(VII.38)
Richtungen zusammengesetzt werden kann, liegt bei
Fehlen einer dieser beiden Richtungen nur noch eine sin a p = n ⋅ cos a p (VII.39)
Schwingungsrichtung in einer Ebene vor. Trifft Licht
der Intensität I0 auf einen solchen Polarisator P, so Polarisationswinkel n = tana p (VII.40)
wird die Intensität nach dem Polarisator IP halbiert,
da ja eine Schwingungsrichtung fehlt. Das reflektierte Licht ist dann senkrecht zur Einfalls-
I ebene linear polarisiert. Dieser Effekt wird z.B. in der
IP = 0 (VII.36) Fotografie benutzt, um störende Reflexionen zu
2
unterdrücken: Durch ein Polarisationsfilter vor dem
Wird dieses linear polarisierte Licht durch ein zweites Kameraobjektiv (Analysator) kann die linear polari-
Polarisationsfilter A (Analysator) geschickt, so ist die sierte reflektierte Intensität durch richtige Drehung
Intensität hinter dem Analysator abhängig von der des Analysators beeinflußt werden.
Verdrehung des Analysators gegen den Polarisator.

f 4 Photometrie
z
In der geometrischen Optik wird allein die Frage nach
Abbildungen und Strahlengängen untersucht, nicht
y
aber Größen wie Lichtintensität, Helligkeit oder
Strahlleistung. Diese Begriffe werden in der Photo-
A metrie definiert und angewendet. Dabei interessiert
die gesamte Strahlungsleistung sowie deren räumli-
x che und spektrale Verteilung. In der objektiven Pho-
P tometrie wird die Strahlungsleistung mit einem Me-
ßinstrument gemessen, die Größen erhalten den Index
Bild VII-26 Linear polarisiertes Licht „e“ (energetisch). Wird die Strahlungsleistung mit
Intensität hinter dem Analysator dem Auge bewertet, spricht man von subjektiver
Photometrie, und die Größen erhalten den Index „v“
I A = I P ⋅ cos 2 j (VII.37) (visuell).
VII Optik 211

4.1 Strahlungsphysikalische Größen Sender – Empfänger groß und ist die Empfängerfläche
klein, so kann der Empfänger als ebene Fläche aufge-
Unter Licht wird die elektromagnetische Strahlung im
faßt werden. Die in den folgenden Formeln benötig-
Wellenlängenbereich von 380 nm bis 780 nm ver-
ten Winkel sind die zwischen der Flächennormalen
standen. Die Begriffe sind in der DIN 5031 fest-
und der Strahlrichtung. Der Sender hat die Fläche A1,
gelegt. Es gibt verschiedene Effekte, Strahlungsener-
der Empfänger A2. Der schraffiert eingetragene
gie in andere Energieformen umzuwandeln und so
Raumwinkel ist
der Messung zugänglich zu machen, z.B. Erwärmung,
Änderung des Widerstandes von Halbleitern oder A2 ⋅ cos e 2
W= ⋅ W0 (VII.45)
Entstehung eines Photostromes in Photodioden. Die r2
auf einen Detektor treffende Strahlungsleistung Qe,
auch Strahlungsfluß oder Lichtstrom genannt, ist die Der Faktor A2 ⋅ cos e2 gibt die wirksame senkrecht zur
pro Zeiteinheit Δt auftreffende Strahlungsenergie Strahlrichtung stehende Fläche an. Ein Sender strahlt
ΔQe die Strahlstärke Ie ab. Die Einheit der Strahlstärke Ie
W
Strahlungsleistung ist 1 . Für die gesamte vom Empfänger aufge-
sr
Δ Qe Fe ΔQe Δ t nommene Strahlungsleistung gilt dann:
Fe = (VII.41)
Δt W J s
Strahlungsleistung
Fe I e W
e2 Fe = I e ⋅ W (VII.46)
W W/sr sr
A2
Die gesamte vom Sender in einen bestimmten
Raumwinkel ausgesendete Strahlstärke und somit der
e1 Strahlungsfluß hängt von der wirksamen Fläche von
r
A1 und von der pro Flächeneinheit ausgesendeten
A1
Strahlleistung, der Strahldichte Le, ab.
Strahldichte
Bild VII-28 Raumwinkel Le Fe A W
Fe
Le = (VII.47)
Die Strahlungsleistung, die auf einen Empfänger AW W/(m 2 sr) W m 2 sr
trifft, hängt bei konstantem Sender von der Fläche Strahlstärke
des Empfängers, von der Richtung der Empfängerflä-
Ie Le A
che und vom Abstand vom Sender ab. Da die Strah- I e ( e1 ) = L e A1 cos e1 (VII.48)
lung sich räumlich ausbreitet, ist der Raumwinkel ein W/sr W/(m 2 sr) m 2
Maß für den erfaßten Bereich. Zur Definition des
Raumwinkels kann man sich eine punktförmige Die Strahlstärke als Funktion des Abstrahlungswin-
Lichtquelle im Zentrum einer Kugel vorstellen. Die kels wird oft in Datenblättern angegeben. In Bild
gesamte Strahlungsleistung verteilt sich auf die ge- VII-29 sind im Polardiagramm für zwei unterschied-
samte Kugeloberfläche. Wird eine Teilfläche A be- liche Strahlertypen die Strahlcharakteristik darge-
strahlt, so ist der zugehörige Raumwinkel W nach der stellt, Kurve b ist die einer Leuchtdiode mit starker
Gleichung Vorwärtsstrahlung, Kurve a gehört zu einem Strahler
mit konstanter Strahldichte Le, einem sogenannten
A W A r2 Lambert-Strahler. Für diesen gilt
Raumwinkel W= (VII.42)
r2 sr m 2 m 2 Lambertsches Gesetz
definiert. I e ( e1 ) = I e ( e 0 ) ⋅ cos e1 (VII.49)
Der Raumwinkel ist dimensionslos, aber der Deut-
lichkeit halber wird er in der Einheit 1 sr, 1 Steradi- Zu diesem Strahlertyp gehören alle Körper mit rau-
ant, angegeben. hen, diffus reflektierenden Flächen. Sie erscheinen
aus allen Richtungen gleich hell.
A Für die auf den Empfänger treffende Strahlungs-
W= ⋅ W0 (VII.43)
r2 leistung gilt dann unter Zusammenfassung aller
bisherigen Gleichungen:
mit W0 = 1 sr. Da die Kugeloberfläche O = 4pr2 ist,
gilt für den gesamten Raumwinkel: A1 cos e1 A2 cos e 2
Fe = L e W0 (VII.50)
4 πr 2 r2
gesamter Raumwinkel Wmax = 2 = 4 π sr (VII.44)
r Unter der spezifischen Ausstrahlung wird die pro
Streng genommen gilt diese Definition für eine ku- Flächeneinheit emittierte Strahlungsleistung defi-
gelförmige Empfängerfläche. Ist jedoch der Abstand niert:
212 Physik

a Boltzmann-Konstante
0° b k = 1, 381 ⋅ 10 −23 J K (VII.58)
45° Ein typischer Verlauf ist in Bild VII-30 dargestellt.
100%
Es sind hier die prinzipiellen Kurvenverläufe für drei
Temperaturen dargestellt, wobei T1 > T2 > T3 ist. Das
90° Maximum der spektralen Strahldichte lmax verschiebt
60% sich mit höheren Temperaturen zu kleineren Wellen-
längen entlang der gestrichelt gezeichneten Hyperbel.
Bild VII-29 Strahlcharakteristik
Es gilt das
Wiensche Verschiebungsgesetz:

Me =
Fe
= L e cose1W (VII.51) lmax ⋅ T = const = 2898 mmK (VII.59)
A1
Betrachtet man nicht die spektrale Strahldichte,
Auf der Empfängerseite ist die Bestrahlungsstärke Ee, sondern die insgesamt von einem schwarzen Strahler
der auf die Empfängerfläche bezogene Strah- ausgesendete Leistung, so gilt das Stefan-Boltzmann-
lungsfluß, wichtig. sche Gesetz:
Fe
Ee = (VII.52) Le,λ
A2
T1
Ist die Strahlung über einem größeren Wellenlängen-
bereich vorhanden, so werden spektrale Größen zur
Beschreibung nötig sein. Dies wird durch den Index l
gekennzeichnet, so ist z.B. die spektrale Strahlungs- T2
dichte durch Le, l gekennzeichnet und definiert durch
T3
spektrale Strahldichte
ΔL e L e, l ΔL e Δl l
L e, l = (VII.53)
Δl W/(m 2 sr nm) W/(m 2 sr) nm Bild VII-30 Schwarzer Strahler
Le, l ist also die im Wellenlängenintervall Δl emittier-
te Strahldichte ΔLe. Besonderes Interesse hat die Me (T ) = s ⋅T 4 (VII.60)
spektrale Verteilung der Wärmestrahlung von Kör-
pern. Jeder Körper sendet Wärmestrahlung aus, deren mit der Konstanten
spektrale Verteilung (also deren Farbe) von der W
Temperatur abhängt. Für einen idealisierten Körper, s = 5 , 670 ⋅ 10 −8 (VII.61)
m2 K 4
nämlich einen solchen, der alle auftreffende Strah-
lung vollständig absorbiert, kann die spektrale Strahl-
dichte berechnet werden. Diese Körper werden 4.2 Lichttechnische Größen
schwarze Körper genannt. Für diese Körper gilt die Werden Strahlungen nicht mit objektiven Instrumen-
Plancksche Strahlungsformel für die Temperaturab- ten, sondern mit dem Auge beurteilt, so muß die
hängigkeit der Strahldichte: spektrale Lichtempfindlichkeit des Auges berück-
Plancksche Strahlungsformel sichtigt werden. Strahlen z.B. eine rote und eine
c1 1 1 grüne Lichtquelle mit gleicher Strahlungsleistung, so
L e, l ( l , T ) = ⋅ ⋅ (VII.54) empfindet das Auge die grüne Quelle ca. 16mal
l5 e c 2 l T − 1 W0 heller. Das Auge hat sich im Lauf der Entwicklung
Die Konstanten c1 und c2 hängen mit der Lichtge- dem Sonnenlicht angepaßt, und somit für Grün die
schwindigkeit c und einer weiteren Naturkonstanten, größte Empfindlichkeit entwickelt. Die Augenemp-
dem Planckschen Wirkungsquant h und der Boltz- findlichkeit ist bei Tageslicht eine andere als bei
mann-Konstante k zusammen: Nacht, hier ist sie zu kleineren Wellenlängen, also zu
Blau hin, verschoben. Die Augenempfindlichkeit für
c 1 = 2 h c 2 = 1,191 ⋅ 10 −16 Wm 2 (VII.55) Tageslicht wird mit dem Hellempfindlichkeitsgrad
2
V(l) und die für Nachtlicht mit V ′(l) bezeichnet. Bei
hc Tageslicht sind die Zäpfchen (photopische Anpas-
c2 = = 1, 439 ⋅ 10 − 2 mK (VII.56)
k sung), bei Nachtsehen die Stäbchen (skoptopische
Plancksches Wirkungsquant Anpassung) angesprochen. Wird mit dem Lichtstrom
Fv der Helligkeitseindruck bezeichnet, so gilt bei
h = 6 , 626 ⋅ 10 −34 Js (VII.57) einfarbigen Lichtquellen:
VII Optik 213

Fv = K m Fe V ( l ) (VII.62) schaften des Lichtes verstanden waren. Nach der


Wellentheorie ist es zwar ebenfalls möglich, daß eine
Die Konstante Km wird als Maximalwert des photo- Lichtwelle aus einem Metall Elektronen herausschla-
metrischen Strahlungsäquivalents bezeichnet. Sie ist gen kann, nur muß dann die Bewegungsenergie der
in einer noch zu definierenden Einheit: Elektronen im Vakuum von der Intensität des einge-
lm strahlten Lichtes abhängen. Gemessen wurde aber,
K m = 683 (1 lm = 1 Lumen) (VII.63)
W daß die Energie der Elektronen von der Frequenz des
Diese Größe ist mit der SI-Einheit Candela (s. Ab- Lichtes abhängt. Die Aussage der Quantenphysik ist,
schnitt I) verknüpft. Licht mit der Frequenz daß jedem Materie-Teilchen eine Welle und jeder
f = 540 ⋅ 1012 Hz hat eine Wellenlänge von 555 nm. Welle ein Materie-Teilchen zugeordnet werden kann.
Der Hellempfindlichkeitsgrad V(555) = 1, somit gilt Diese Lichtquanten heißen Photonen. Die Photonen
für die Lichtstärke 1 Candela: haben die Eigenschaft, daß sie sich im Vakuum mit
1 W Lichtgeschwindigkeit bewegen, eine Bewegungs-
I v = 1 cd = K m I e = K m (VII.64) energie und eine Bewegungsgröße oder auch Impuls
683 sr haben. Der Zusammenhang zwischen beiden Betrach-
und damit der o.a. Wert für Km. Als abgeleitete Ein- tungsweisen erfolgt über die Grundgleichungen
heiten sind für den Lichtstrom das Lumen
1 lm = 1 cd sr und für die Beleuchtungsstärke Ev das Energie W = h⋅ f (VII.65)
Lux 1 lx = 1 lm/m2 erlaubt. hc
W= (VII.66)
 Beispiel: Welchen Lichtstrom empfängt eine 20 cm × 30 cm große
l
Fläche, auf die das Licht einer 2,40 m entfernten punktförmigen h
Lichtquelle von 80 cd senkrecht auftrifft?
Impuls p= (VII.67)
l
Lösung:
A 0,2 m ⋅ 0,3 m h ist das Plancksche Wirkungsquant, W und p sind
Raumwinkel W= = = 0,0104 sr
r2 ( 2,4 m ) 2 Energie und Impuls, die Teilchengrößen f und l sind
Fv = I e ⋅ W = 80 cd ⋅ 0,0104 sr = 0,833 lm
Frequenz und Wellenlänge des Lichtes, also die
Wellengrößen. Trifft nun eine Lichtwelle der Fre-
 Beispiel: Welche Lichtstärke Iv muß eine Lichtquelle haben, quenz f auf eine geladene Metallplatte, so kann das
damit an einem r = 1,5 m entfernten Arbeitsplatz die Beleuch- entsprechende Photon die Energie W an die Elektro-
tungsstärke Ev = 500 lx beträgt?
nen des Metalls abgeben. Ist die Energie groß genug,
E v r 2 500 lx ⋅ ( 1,5 m )
2
um ein Metallelektron aus der Metalloberfläche
Lösung: Iv = = = 1125 cd
W0 1 sr herauszuschlagen, so wird das Metall entladen. Dazu

Tabelle VII-5 Photometrische Größen

Strahlungsphysikalische Größen Lichttechnische Größen


Größe Zeichen Einheit Größe Zeichen Einheit
Strahlungsenergie Qe Ws Lichtmenge Qv lm s
Strahlungsleistung Fe W Lichtstrom Fv lm
2
spez. Ausstrahlung Me W/m spez. Lichtausstrahlung Mv lm/m2
Strahlstärke Ie W/sr Lichtstärke Iv cd = lm/sr
Strahldichte Le W/(m2 sr) Leuchtdichte Lv cd/m2
Bestrahlungsstärke Ee W/m2 Beleuchtungsstärke Ev lx = lm/m2
Bestrahlung He Ws/m2 Belichtung Hv lx s

5 Licht als Korpuskel ist es notwendig, daß das Photon eine Mindestenergie
hat, nämlich die Energie, die benötigt wird, um ein
Trifft Licht auf eine negativ geladene Metallplatte, so Elektron aus dem betreffenden Material austreten zu
können unter geeigneten Bedingungen Elektronen lassen. Diese Energie heißt Austrittsenergie oder
ausgelöst werden. Dieser Effekt ist der Photoeffekt Austrittsarbeit. Die Bewegungsenergie des Elek-
oder auch lichtelektrische Effekt. Entdeckt wurde trons im Vakuum ist dann gleich der Energie des
dieser Effekt bereits 1887, richtig erklärt konnte er eingestrahlten Lichtes, vermindert um die Austritts-
aber erst werden, nachdem die Korpuskel-Eigen- arbeit.
214 Physik

Wkin = h ⋅ f − WA (VII.68) Tabelle VII-6 Austrittsarbeit


Der Photoeffekt ist erst dann bemerkbar, wenn das Metall WA in eV λGr in nm
Licht eine Grenzenergie oder Grenzfrequenz fGr bzw.
Grenzwellenlänge lGR hat. Die hier gebräuchliche W 5,0 248
Einheit der Energie ist das Elektronenvolt. Ni 4,6 270
Aus der Definition der Energie in der Elektrotechnik Ag 4,5 275
Au 5,4 229
elektrische Energie Wel = Q ⋅ U (VII.69) Cu 4,6 270
ist die Energie einer Ladung abhängig von der Span- Cs 2,0 620
nung, mit der sie beschleunigt wurde. Die Ladung Cs auf W 1,35 920
eines Elektrons ist die Elementarladung:
e 0 = 1,602 ⋅ 10 −19 As (VII.70) Dabei ist die Austrittsarbeit in eV anzugeben, die
Wellenlänge wird in nm berechnet. Da die Ladungs-
Wird dieses Elektron mit der Spannung 1 V be-
träger ins Vakuum austreten, nennt man diesen Effekt
schleunigt, so hat es die Energie:
auch den äußeren Photoeffekt. Daneben gibt es noch
Wkin = e 0 ⋅ U (VII.71) den inneren Photoeffekt. Hierbei wird ebenfalls die
Wkin = 1, 602 ⋅ 10 −19
Ws (VII.72) Energie der einfallenden Photonen an Elektronen ab-
gegeben, nur treten diese z.B. bei Phototransistoren,
1 eV = 1,602 ⋅ 10 −19 Ws (VII.73) Photodioden oder Photowiderständen nicht ins Va-
Die Austrittsarbeit hängt vom Material und von der kuum, sondern werden im Festkörper auf andere
kristallographischen Orientierung der Oberfläche ab. Energiezustände gehoben und verändern somit die
Typische angenäherte Werte sind in Tabelle VII-6 Leitfähigkeit des Bauteils.
angegeben.
Die Grenzwellenlänge errechnet sich nach (VII.66) Literaturhinweise
zu
Grenzwellenlänge [1] Hering, E.; Martin, R.; Stohrer, M.: Physik für
Ingenieure: Springer, 2007
hc
lGr = (VII.74) [2] Meschede, D. (Hrsg.): Gerthsen Physik: Sprin-
WA ger, 2006
6 , 627 ⋅ 10 −34 Js ⋅ 3 ⋅ 10 8 m s 1 [3] Böge, A.; Eichler, J.: Physik: Vieweg, 2005
lGr = ⋅ (VII.75) [4] Lindner, H.: Physik für Ingenieure: Fachbuchver-
1, 602 ⋅ 10 −19 J eV WA
lag Leipzig im Carl-Hanser-Verlag, 2006
1 [5] Dobrinski, P.; Krakau, G.; Vogel, A.: Physik für
lGr = 1241 ⋅ ( lGr in nm, WA in eV ) (VII.76)
WA Ingenieure: Teubner, 2007
VIII Anhang 215

VIII Anhang

A Physikalische Größen und Einheiten


Tabelle VIII-1 Abgeleitete Größen

Bezeichnung Symbol Einheit


kg m 2
Arbeit, Energie W 1 J = 1 Nm = 1 Ws = 1
s2
Beleuchtungsstärke E 1 Lux = 1 lx
m
Beschleunigung a 1
s2
Bewegungsgröße kg m
Impuls p 1
s

Massendichte r kg
1
m3

Drehimpuls L kg m 2
1
s
kg m 2
Drehmoment M 1 Nm = 1
s2
N kg
Druck p 1 Pa = 1 =1
m2 m s2
N kg
Elastizitätsmodul E 1 2
=1
m m s2
1
Frequenz f = 1 Hz
s
m
Geschwindigkeit v 1
s
kg m
Kraft F 1 N =1
s2
kg m 2
Leistung P 1 W =1
s3
Lichtstrom F 1 Lumen = 1 lm = 1 cd sr
Raumwinkel W 1 Steradiant = 1 sr
J m2
spez. Wärmekapazität c 1 =1 2
kg K s K
Trägheitsmoment J 1 kg m 2

w 1
Winkelgeschwindigkeit
s
216 Physik

B Zahlenwerte physikalischer Größen


Tabelle VIII-2 Naturkonstanten

Avogadro-Konstante NA 6,022 136 7 ⋅ 1023 mol–1


Boltzmann-Konstante k 1,380 658 ⋅ 10–23 J/K
elektrische Feldkonstante e0 8,854 187 8 ⋅ 10–12 As/(Vm)
Elementarladung e 1,602 18 ⋅ 10–19 As
Gravitationskonstante g 6,672 59 ⋅ 10–11 Nm2/kg2
Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c 2,997 924 58 ⋅ 108 m/s
magnetische Feldkonstante m0 4p ⋅ 10–7 (Vs)/(Am)
Plancksches Wirkungsquantum h 6,626 07 ⋅ 10–34 Js
Ruhemasse des Elektrons m0e 9,109 389 7 ⋅ 10–31 kg
Ruhemasse des Protons m0P 1,672 623 1 ⋅ 10–27 kg
Stefan-Boltzmann-Konstante s 5,670 51 ⋅ 10–8 W/(m2 K4)
universelle Gaskonstante R 8,314 41 J/(mol K)

Nach dem von K. von Klitzing 1980 entdeckten h


quantisierten Halleffekt (Nobelpreis 1985) läßt sich R= , i = 1, 2, 3, … (VIII.1)
auch für den elektrischen Widerstand R aus Natur- i e2
konstanten eine exakte Basisgröße bestimmen. R = 25 812 , 8 W (VIII.2)

Tabelle VIII-3 Zahlenwerte

m3
Molvolumen idealer Gase 22 , 413 83 ⋅ 10 − 3
mol
Radius der Erde, Äquators rE = 6378 km
Radius der Erde, Pole rP = 6356 km

Masse der Erde m E = 5, 977 ⋅10 24 kg


Masse des Mondes m M = 7 , 35 ⋅ 10 22 kg
Entfernung Erde – Mond 384,4 ⋅ 10 3 km
Entfernung Erde – Sonne 149, 6 ⋅ 10 6 km
m
Erdbeschleunigung g = 9, 806 65
s2
Tripelpunkt des Wassers TTr = 273,16 K

kg
Dichte der Luft rLuft = 1, 2928
m3
Absolute Temperatur −273,15 °C
Normaldruck p 0 = 1, 013 25 ⋅ 10 5 Pa
217

Werkstoffkunde
I Stoffe
1 Eigenschaften der Stoffe keit. In der Elektrotechnik erscheint die Antwort hierzu
recht einfach: Da „nur“ elektrische und magnetische
Der Begriff des Stoffes entstammt der Chemie, ist aber Felder auftreten können, müßten elektrische und magne-
für den technischen Gebrauch als Werkstoff auf die tische Eigenschaften ausreichen. Elektrische und be-
praktisch nutzbaren Stoffe begrenzt. Die Anforderun- sonders auch magnetische Vorgänge führen aber dazu,
gen an die Eigenschaften eines Werkstoffes und ihre daß ein zusätzliches Anforderungsprofil entsteht, wie
praktische Erfüllung bestimmen dann seine Nutzbar- es in der Mechanik üblich ist (Tabelle I-1).

Tabelle I-1 Beanspruchung von Werkstoffen (prinzipielle Übersicht)

Bereich Beanspruchungen
Mechanik Kräfte z.B. Zug, Druck, Torsion
Korrosion z.B. Feuchtigkeit, (elektro-)chemische Prozesse
Temperatur z.B. Hoch- und Tieftemperatur-Prozesse
Elektrik Felder z.B. Stromfluß, Magnetisierung, dielektrische Verschiebung
Kräfte z.B. Zug, Druck, Torsion
Korrosion z.B. Feuchtigkeit, (elektro-)chemische Prozesse
Temperatur z.B. Hoch- und Tieftemperatur-Prozesse

Dem Anforderungskatalog stehen die Eigenschaften Werkstoffen ein. Darüber hinaus sind von den z.Z.
der, vorzugsweise festen, Werkstoffe gegenüber bekannten 104 Elementen die meisten Metalle. Nur
(Tabelle I-2). Für die Praxis müssen diese Eigen- 15 Elemente zählen zu den Nichtmetallen, und unge-
schaften durch meßbare Größen charakterisiert wer- fähr 8 Elemente fallen unter die heute besonders
den, um die richtige Auswahl treffen zu können. interessanten Halbmetalle oder Übergangselemente.
Wegen ihrer Grundeigenschaften elektrische Leitfä- Andererseits soll nicht verkannt werden, daß die
higkeit und hohe Festigkeit bei guter Verformbarkeit Chemie eine Vielzahl von „maßgeschneiderten“
nehmen die Metalle eine Sonderstellung unter den Sonderwerkstoffen geschaffen hat.

Tabelle I-2 Eigenschaftsanforderungen an Materialien bei verschiedenen Einsatzgebieten (Auswahl)

Gebiet Eigenschaften
Physik Dichte, Schmelzpunkt, Siedepunkt, Wärmedehnzahl, Wärmeleitfähigkeit usw.
Chemie Atomgewicht, Wertigkeit, Affinität, Korrosionsbeständigkeit usw.
Mechanik Härte-, Zug-, Druck-, Biege-, Torsions-, Dauerfestigkeit usw.
Elektrik Elektrische und magnetische Leitfähigkeit, Permittivität, Permeabilität, Remanenz usw.
Technologie Biege-, Härte-, Schweiß-, Löt-, Gieß-, Platifizier-, Tiefziehbarkeit usw.

2 Atombau und Periodensystem von 1,67 ⋅ 10–24 g. Das Neutron hat keine elektrische
Ladung. Das Proton hat mit 1,6 ⋅ 10–19 As (Ampere-
Stoffe, die sich auf chemischem Wege nicht weiter in sekunden) die gleiche Ladung wie das negative Elek-
andere Stoffe zerlegen lassen, nennt man Elemente. tron, jedoch mit positivem Vorzeichen. Die Ruhe-
Die kleinsten, noch mit den charakteristischen Eigen- masse des Elektrons ist mit 9,1 ⋅ 10–28 g ver-
schaften eines Elementes ausgestatteten Teilchen hei- schwindend gegenüber der Protonen- oder Neutro-
ßen Atome. Sie bestehen aus dem Atomkern mit Pro- nenmasse.
tonen und (Ausnahme Wasserstoff) Neutronen und Die Anordnung dieser Materieteilchen wird im Bohr-
der Atomhülle mit Elektronen, daher auch Elektro- schen Atommodell als kugelförmiger Kern mit Proto-
nenhülle. Die Massen der Atome liegen im Bereich nen, Neutronen und Kugelschalen für die Elektronen
von 10–22 ... 10–24 g, die Durchmesser bei 10–9 ... beschrieben. Nach dem genaueren Orbitalmodell be-
10–10 m (Lichtwellenlänge ungefähr 500 ⋅ 10–9 m). wegen sich die Elektronen auf komplizierten Bahnen,
Protonen und Neutronen haben fast die gleiche Masse wie sie durch räumliche Schwingungen vorgegeben
218 Werkstoffkunde

werden (dreidimensionaler Oszillator). Daraus resul- Den Spin, d.h. den Eigendrehimpuls der Elektronen,
tieren Aufenthaltsräume mit hoher Besetzungswahr- kann man sich mechanisch als entgegengesetzte
scheinlichkeit und bestimmter Orientierung (Bild I- Rotation, magnetisch als entgegengesetzte magneti-
1a ... c). Die Orbitale entstehen bei der räumlichen sche Momente vorstellen. Für die bildhafte Darstel-
Schwingung durch Knotenflächen in Form konzentri- lung, wie z.B. in Bild I-1, benutzt man dazu gegen-
scher Kugeln (Bild I-1a und b) und räumlicher Kno- einander gerichtete Halbpfeile ( ). Ordnet man die
tenflächen, die durch (gedachte) Schnittflächen (Bild Elemente, repräsentiert durch die in der Chemie
I-1c) die Schwingungsbereiche in räumliche Bezirke, üblichen Kurzzeichen, nach der Zahl der Protonen im
Orbitale (engl.: orbit = Planetenbahn) aufteilen. In Kern und damit auch nach der Zahl der Elektronen in
jedem Orbital können dann wieder 2 Elektronen der Außenhülle an, so gelangt man zum Periodensys-
schwingen, die sich nach Pauli durch ihre Eigenrota- tem der Elemente (PSE Bild I-2). Die Anordnung ist
tion (Spin) voneinander unterscheiden. so getroffen, daß nicht nur die Ordnungszahl (unter-
halb der Symbole) von oben nach unten zunimmt,
sondern auch die Energie. Ungefähr gleiche Energie-
z z stufen sind auf gleiche Höhe gesetzt. Durch Energie-
zufuhr können Elektronen auf höhere Energieniveaus
gebracht werden, die sie dann unter Energieabgabe,
x x z.B. Lichtemission, wieder verlassen. Werden ein
y 1s y 2s
oder mehrere Elektronen durch Energiezufuhr voll-
a) b) ständig vom Atom entfernt, entstehen ionisierte
Atome oder Atomionen. Die Ionisierungsenergie
z (gemessen in Elektronenvolt = eV mit 1 eV =
z z
1,6 ⋅ 10–19 Ws), nimmt durch die Abschirmwirkung
der Schalen mit der Annäherung an den Atomkern
x x x
zu.
2p Durch den Austausch von Hüllelektronen sind die
y y y Atome – von den Edelgasen abgesehen – zu chemi-
c) schen Reaktionen fähig. Die hieran beteiligten Elekt-
ronen heißen Valenzelektronen. Aus einer Hülle
können bis zu 8 Elektronen abgegeben werden, das
verbleibende positive Atomion heißt Kation. Es
1s 2s 2p können aber auch bis zu 4 Valenzelektronen aufge-
K- L-Schale nommen werden; das so entstandene Atomion heißt
Anion.
d) Die Ladung der Atomionen wird rechts oben am
Elementsymbol gekennzeichnet, z.B. H+, Al3+, Cl–,
Bild I-1 Orbitalmodell S2– oder S– –. Die Metalle bilden nur positive Atom-
a) 1s-Zelle (K-Schale). Besetzung mit 2 Elektronen ionen, die Nichtmetalle vorzugsweise negative Atom-
möglich ionen.
b) 2s-Zelle (L-Schale, teilw.). Die Kugel ist innen Unten rechts am Elementsymbol erscheint die Anzahl
von einer Knotenfläche begrenzt (Hohlkugel), der Atome (oder Ionen), z.B. H2O, H2SO4. In der
2 Elektronen möglich Isotopentechnik erscheinen auf der linken Seite der
c) 2p-Zelle (L-Schale, forts.) mit den möglichen Elementsymbole noch unten die Ordnungszahl (=
3 × 2 Elektronen und jeweils einer (gedachten) Protonenzahl) und oben die Massenzahl (= Nukleo-
Trennwand in den 3 Ebenen nenzahl). So hat z.B. das Kohlenstoff(bezugs)isotop
d) Neon als Beispiel 1s, 2s und 2p, d.h. K- und L- für die Massenbestimmung mit der Ordnungszahl 6
Schale sind voll besetzt und der Massenzahl 12 die Schreibweise 126C.
Das Periodensystem (Bild I-2) wird in Perioden
1 ... 7 entsprechend den 7 Schalen K ... Q senkrecht
Das dynamische Verhalten des gesamten Systems und 8 Hauptgruppen, welche der Auffüllung der
rechtfertigt dann wieder die einfachere Betrachtung jeweils äußersten Elektronenschale entsprechen,
als kugelförmige Atomhüllen (Bild I-1d) mit der waagerecht aufgeteilt (xa in der untersten Zeile von
klassischen Bezeichnung der 7 möglichen „Schalen“ Bild I-2) In den Nebengruppen werden jeweils die
von K bis Q oder mit den sogenannten Hauptquan- zweit- und drittäußerste Schale aufgefüllt (xb in der
tenzahlen 1 bis 7. Ihnen werden auch die Haupt- untersten Zeile von Bild I-2). Die Metalle, als Mehr-
energieniveaus zugeordnet. Die weitere Unterteilung zahl der Elemente, sind links und unten im PSE und
in Unterenergieniveaus oder „Zellengruppen“ erfolgt die Nichtmetalle rechts oben zu finden. Die Halbme-
durch die Nebenquantenzahlen, die mit den Buchsta- talle wie etwa B, Si, As, Te usw., auch Übergangs-
ben s, p, d und f bezeichnet werden. elemente genannt, bilden die „Grenze“ (Bild I-3)
I Stoffe 219

Schalen-Bez.
Schalen-Nr.n
Periode-Nr.

s-Zelle

H He
I K 1 1 2
Li Be
L 2 p-Zellen (3)
3 4
II
B C N O F Ne
2 5 6 7 8 9 10
Na Mg
M 3 11 12
II
Al Si P S Cl Ar
3 13 14 15 16 17 18 d-Zellen (5)
K Ca Sc Ti V Cr Mn Fe Co Ni Cu Zn
N 4 19 20 3 21 22 23 24 25 26 27 28 39 30
IV
Ga Ge As Se Br Kr
4 31 32 33 34 35 36
Rb Sr Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd
O 5 37 38 4 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48
V
In Sn Sb Te I Xe
5 49 50 51 52 53 54 f-Zellen (7)
Cs Ba La Ce Pr Nd Pm Sm Eu Gd Tb Dy Ho Er Tm Yb Lu
P 6
55 56 5 57 4 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71
Ht Ta W Re Os Ir Pt Au Hg
VI
72 73 74 75 76 77 78 79 80
Ti Pb Bi Po Al Rn
6 81 82 83 84 85 86
VII Q 7 Fr Ra Ac Th Pa U Np Pu Am Cm Bk Cf Es Fm Md Nb Lw
87 88 6 89 5 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103
1a 2a 3a 4a 5a 6a 7a 8a 3b 4b 5b 6b 7b 8b 1b 2b Lanthaniden und Actiniden

Bild I-2 Periodensystem der Elemente (PSE) mit Perioden Nr. I ... VII, Schalenbezeichnungen K ... Q, Schalen
Nr. n = 1 ...7, Hauptgruppen Nr. 1a ... 8a und Nebengruppen Nr. 1b ... 8b sowie den Lanthaniden und
Actiniden

1H 2 He
Wasser- Helium
I stoff

3 Li 4 Be 5B 6C 7N 8O 9F 10 Ne
II Lithium Beryl- Bor Kohlen- Stick- Sauer- Fluor Neon
lium stoff stoff stoff

11 Na 12 Mg 13 Al 14 Si 15 P 16 S 17 Cl 18 Ar
III Natrium Magne- Alumini- Silizium Phospor Schwefel Chlor Argon
sium um
PERIODEN

19 K 20 Ca 31 Ga 32 Ge 33 As 34 Se 35 Br 36 Kr
IV Kalium Calcium Gallium Germa- Arsen Selen Brom Krypton
nium

37 Rb 38 Sr 49 In 50 Sn 51 Sb 52 Te 53 I 54 X
V Rubi- Stronti- Indium Zinn Antimon Tellur Iod Xenon
dium um

55 Cs 58 Ba 81 Tl 82 Pb 83 Bi 84 Po 85 At 86 Rn
VI Caesium Barium Thallium Blei Wismut Polo- Astatin Radon
nium

1a 2a 3a 4a 5a 6a 7a 8a

HAUPTGRUPPEN

Bild I-3 Kurzform des Periodensystems der Elemente (nur Hauptgruppen)


Metalle Übergangselemente
Nichtmetalle Edelgase
220 Werkstoffkunde

In der Richtung von unten links nach oben rechts, d.h. Kombination vor. Im Regelfall führen die Bindungs-
Metalle – Nichtmetalle steigt auch die Elektronegati- kräfte zu regelmäßigen, räumlich periodischen Struk-
vität. Es ist dies die (relative) Fähigkeit der Atome, turen der kleinsten Teile (Atome, Ionen oder Mole-
bei der Bindung Elektronen aufzunehmen. küle), den Kristallen. Stoffe, die nicht regelmäßig,
also nicht kristallin, aufgebaut sind, bezeichnet man
als amorph, das heißt gestaltlos.
3 Aufbau der festen Körper Ein Kristall kann sehr klein, z.B. nur mikroskopisch
Die in der Praxis besonders wichtigen festen Stoffe sichtbar, sein, dann spricht man von Kristallit oder
basieren auf den Bindungskräften der Atomhüllen. Korn. Die Zusammenlagerung vieler Kristallite liefert
Die Ionenbindung, auch heteropolare Bindung ge- dann erst ein größeres Gebilde, den Polykristall.
nannt (Bild I-4a), kommt durch Ladungsaustausch Kann ein Kristallit in den makroskopischen Bereich
(Elektronen) zustande. Die Atomionen aus chemi- wachsen, entsteht ein Einkristall. Die kleinste Ein-
schen Reaktionen führen zu starken Anziehungskräf- heit, die bereits die Kristallstruktur aufweist und im
ten und stabilen Konfigurationen. Typische Vertreter Kristall periodisch wiederkehrt, ist die Elementarzel-
sind demnach die anorganischen Verbindungen. Bei le. Die räumlich regelmäßige Anordnung einer gro-
der Atombindung, auch homöopolare Bindung oder ßen Anzahl von Elementarzellen führt zum Raum-
kovalente Bindung (Bild I-4b) genannt, haben be- oder Kristallgitter.
nachbarte Atome gemeinsame Elektronen(paare). Mit der Kugelform der Atome wird der Aufbau der
Diese Bindungsart ist typisch für nichtmetallische Kristallgitter aus Elementarzellen eine Frage der
Elemente und organische Verbindungen. Liegt eine Anordnung von Kugeln im Raum. Die einfachste
metallische Bindung vor (Bild I-4c), haben die Atome Form ist die kubisch-primitive (kp) Elementarzelle,
ein Elektron abgegeben und stellen positive (Atom)- ein Würfel, dessen Ecken mit sich berührenden „Ku-
Ionen dar. Die abgegebenen Elektronen sind als geln“ besetzt ist (Bild I-5). Der Abstand längs einer
bewegliche Leitungselektronen (Elektronengas) allen Würfelkante ist die Gitterkonstante a. Die vereinfach-
Atomrümpfen gemeinsam zugeordnet. Diese Bin- te Darstellung zeigt Bild I-6a. Ein zusätzliches Atom
dungsart ist die Grundlage der elektrischen Leitfähig- in der Raummitte (Bild I-6b) führt zum kubisch-
keit und typisch für alle Metalle. Die Van der Waals- raumzentrierten Gitter (krz). Wird auf jeder Flä-
oder zwischenmolekulare Bindung wird durch die chenmitte ein Atom eingefügt, entsteht das kubisch-
Dipolbildung benachbarter Teilchen (Atome oder flächenzentrierte Gitter (kfz) (Bild I-6c). Die beiden
Moleküle) bewirkt. Es ergeben sich daraus schwache letztgenannten sind die häufigsten metallografischen
anziehende Kräfte (Bild I-4d). Gittertypen. Als hexagonale Struktur ist noch die
Elementarzelle mit der hexagonal dichtesten Packung
(hdp) (Bild I-6d) bedeutsam. Die Halbleiterwerk-
– – – – stoffe Germanium und Silizium kristallisieren in
– – – – Form eines Diamantgitters (dia) (Bild I-7). Die Ele-
– –
mentarzelle des Diamantgitters ist kubisch-flächen-
– – – –
– – zentriert mit einer tetraedrischen Unterstruktur.
– – – –
a) b)

c) d)
a
Bild I-4 Bindungsarten
Bild I-5 Kubisch primitive Elementarzelle (kp) als
a) Ionenbindung oder heteropolare Bindung, z.B.
Anordnung von Kugeln im Raum, a = Gitter-
Na+Cl–
konstante, d = Atom(kugel)durchmesser
b) Atombindung, homöopolare oder kovalente Bin-
dung, z.B. Ge
c) metallische Bindung, z.B. Cu Die idealisiert dargestellten Gitter sind in Wirklich-
d) Van der Waals- oder Molekülbindung, z.B. Ar keit durch Gitterfehler und Fremdatome verzerrt. Die
(kristallisiert) in reinen Stoffen möglichen Gitterfehler sind in der
Tabelle I-3 zusammengestellt. Die von einzelnen
Im allgemeinen überwiegt zwar die eine oder andere Atomen herrührenden nulldimensionale Fehler wer-
Bindungsart, in der Praxis liegt jedoch immer eine den auch Punktdefekte genannt. Die möglichen Fehler
I Stoffe 221

Würfel zeigt Bild I-8. Eine Leerstelle oder ein Zwischengit-


teratom haben jeweils einen Fehler zur Folge. Aus
kp der Kombination von beiden, dem Frenkel-Defekt,
folgen zwei Fehler.
a)
+ 1 Atom in + 1 Atom in jeder
Raummitte Flächenmitte

a kfz
krz a Oberfläche Oberfläche

b) c) a) b) c)

Bild I-8 Nulldimensionale Fehlstellen


a) Leerstelle
c hdp b) Zwischengitteratom (Atom falsch eingebaut)
c) Frenkel-Defekt, Atom wandert im Gitter und er-
zeugt zwei Fehler
d)
a
Bei eindimensionalen Fehlern, auch Versetzungen
Bild I-6 Elementarzellen genannt, haben die Fehler eine linienförmige Aus-
a) kp = kubisch-primitiv dehnung. Bild I-9a zeigt eine Stufenversetzung, die
b) krz = kubisch-raumzentriert das Ende einer zusätzlichen (Halb-)Ebene darstellt. In
c) kfz = kubisch-flächenzentriert Bild I-9b sind Teilbereiche gegeneinander geglitten
d) hdp = hexagonal dichteste Packung und haben eine Schraubenversetzung bewirkt. Als
a, b, c = Gitterkonstanten Maßzahl wird die Anzahl der „Durchstoßpunkte pro
Flächeneinheit“ in 1/cm2 angegeben. Bei normalen
Fertigungswerkstoffen liegen die Zahlenwerte für
Versetzungen im Bereich von 106 ... 1012 cm–2, wo-
hingegen Halbleiter-Einkristalle Werte von weniger
als 10 cm–2 aufweisen.
Treffen Kristallgitter verschiedener Orientierung auf-
einander, so können sie (Bild I-10) gegeneinander
gekippt, gedreht oder beides zusammen sein. Als
Folge davon müssen sich Übergänge bilden, die zu
sog. Korngrenzen führen. Die Kristalle bilden dabei
regellose Korngrenzflächen gegeneinander aus. Me-
a chanische Beanspruchungen können dazu führen, daß
eine gewisse Ordnung in die Orientierung hinein-
Bild I-7 Diamantgitter kommt. Es ergeben sich Kornorientierungen, Vor-
Entstehung des Diamantgitters aus zwei ineinander zugsrichtungen oder Texturen. So liegen z.B. die
gestellten kfz-Gittern. Der Versatz der kfz-Gitter Kanten der Elementarzellen nach dem Walzen von
beträgt 1/4 Raumdiagonale Blechen weitgehend in der Walzrichtung.

Tabelle I-3 Gitterfehler

Ausdehnung Nulldimensional Eindimensional Zweidimensional


(atomar)
Bezeichnung 1. Leerstelle Versetzungen Korngrenzen
2. Zwischengitteratom
(Schottky-Fehlordnung)
3. Frenkel-Fehlordnung
(Kombination von 1 und 2)
Konzentration Leerstellenkonzentration Versetzungdichte = f Korngrenzenflächen = f
(in Metallen) = f (Temp.) (Verformung, Wärme- (Korngröße)
≈ 10–7 ... 10–11 behandlung) ≈ 102 cm2/cm3
≈ 106 ... 1012 cm/cm3
222 Werkstoffkunde

Zusatz(halb)ebene

kippen drehen

a) b)
Versetzungslinie Bild I-10 Zweidimensionale Fehler
a) a) Kippung
b) Drehung

4 Chemische Grundzusammenhänge
Wie bei den Bindungsarten kurz angedeutet, vermö-
gen die Atome – über ihre Valenzelektronen – mit-
einander zu reagieren. Es entstehen dann neue Stoffe,
die dem Bereich anorganische Chemie zugeordnet
werden, wenn es sich beim Stoffaufbau weitgehend
um Ionenbindungen handelt. Bei der organischen
Chemie steht das Kohlenstoffatom mit überwiegend
kovalenten Bindungen im Mittelpunkt. Das, wie das
Kohlenstoffatom, gleichfalls vierwertige Silicium ist
Basis einer eigenständigen Reihe von Kunststoffen,
den Siliconen.
b) Versetzungslinie
Für den Aufbau von Stoffen benutzt die Chemie
die Synthese, während die Untersuchung des Aufbaues
Bild I-9 Eindimensionale Fehler
mit Hilfe der Analyse erfolgt. Zur Beschreibung dieser
a) Stufenversetzung
Vorgänge dienen Formelsprache und Reaktionsglei-
b) Schraubenversetzung
chung unter Benutzung der Elementsymbole.
So ist mit H2SO4 Schwefelsäure gemeint, und
C2H5OH kennzeichnet eindeutig Alkohol als Ethyl-
Werden in einen Kristall Fremdatome eingelagert, ist alkohol (Ethanol). Reagieren Stoffe miteinander, so
er nicht mehr rein. Man spricht von Mischkristallen, beschreibt die Reaktionsgleichung die Ausgangsstoffe
festen Lösungen oder Legierungen. Die Einlagerung und Endprodukte nach Art und relativer Menge. Die
kann auf Gitterplätzen der Wirtsatome erfolgen, dann Darstellung entspricht einer mathematischen (Addi-
entsteht ein Substitutions-Mischkristall (Bild I-11). tions-)Gleichung, bei der an die Stelle des Gleich-
Werden Fremdatome auf Zwischengitterplätzen ein- heitszeichens ein Pfeil die Reaktionsrichtung kenn-
gelagert, ergeben sich Einlagerungs- oder interstitiel- zeichnet. Ist der Reaktionsablauf nicht umkehrbar
le Mischkristalle. (irreversibel), zeigt dies ein einfacher Pfeil an.

Ort des Fremdatoms Gitterplatz Zwischengitterplatz


Art des Mischkristalls Substitions-Mischkristall Einlagerungs-Mischkristall
(substitutioneller Mkr.) (interstitieller Mkr.)
Durchmesser Fremdatom ≈ Wirtsatom Fremdatom < Wirtsatom
Mischkristallbildung
bei ebenem Gitter
(schematisch) Bild I-11
• Wirtsatome
Mischkristalle in ebener
• Fremdatome
Darstellung (schematisch)
I Stoffe 223

 Beispiel: Die Verbrennung von Ethanol Ihre Moleküle bauen sich aus dem Säurewasserstoff
C2H5OH + 3 O2 2 CO2 + 3 H2O und dem Säurerest auf. Der Säurerest ist eine nicht
1 Mol 3 Mol 2 Mol 3 Mol
selbständig existenzfähige Atomgruppe aus Nichtme-
+ + tall und Sauerstoff. Da allein nicht beständig, sind es
Ethanol Sauerstoff Kohlendioxid Wasser
auch keine Moleküle. Derartige Atomgruppen werden
Mol steht hierbei für die Stoffmenge, die aus genau Radikale genannt, im Beispiel SO3. Die Säuren sind
sovielen Teilchen besteht wie 12 g des Kohlenstoff- gegenüber den meisten Metallen aggressiv, da in
isotops 12C, nämlich 6,023 ⋅ 1023 Teilchen/mol (Avo- vielen Fällen die Wasserstoffatome gegen Metallato-
gadrosche Konstante NA oder Loschmidtzahl NL). me, die dann als Ionen in Lösung gehen, ausgetauscht
Bei umkehrbaren (reversiblen) Reaktionen kenn- werden können. Säuren schmecken – verdünnt (!) –
zeichnet ein Doppelpfeil die beiden möglichen Reak- sauer, ätzen die Haut und verfärben, ähnlich wie
tionsrichtungen, z.B. Basen, Farbstoffe. Dieser Effekt wird für Indikatoren
N2 + 3 H2 2 NH3 benutzt.
Nach „Brönsted“1) lautet die umfassendere Defini-
1 Mol Stickstoff + 3 Mol Wasserstoff 2 Mol Ammoniak
tion: Säuren sind Protonenspender (Moleküle oder
Die Verbindungen des Sauerstoffs mit anderen Ele- Ionen), Basen sind Protonenfänger (Moleküle oder
menten, die Oxide, sind von besonderer Bedeutung, Ionen). Die Protonenübergangsreaktion nennt man
die Schwermetalloxide als Erze zur Gewinnung von Protolyse. Dieser Vorgang findet auch in geringem
Metallen, die Leichtmetalloxide wegen ihrer hohen Umfang im Wasser statt und wird dann Autoprotolyse
Schmelzpunkte als (oxid)keramische Werkstoffe. genannt. Nach „Brönsted“ liegt dem folgende Reak-
Die zur Oxidbildung gehörige chemische Reaktion tion zugrunde:
ist die Oxidation, allgemeiner als Elektronenabgabe
eines Moleküls oder Ions definiert. Die damit ver- H2O + H2O H3O+ + OH−
bundene Aufnahme eines Elektrons durch ein anderes Wasser Hydroniumion + Hydroxidion
Molekül oder Ion ist die Reduktion. Die zwangsweise
miteinander verkoppelten Oxidations- und Reduk- In dieser Gleichgewichtsreaktion ist die Konzentra-
tions-Prozesse führen die Bezeichnung Redox-Reak- tion der beiden Ionenarten vom Prinzip her gleich
tionen. pH-Skala groß, aber mit 10–7 Mol pro Liter sehr gering. Ande-
Metalloxide können ihrerseits wieder mit Wasser rerseits muß das Produkt dieser beiden Ionenkon-
reagieren und bilden Hydroxide, sie enthalten die ein- zentrationen als Ionenprodukt des Wassers mit Kw =
wertige OH-Gruppe (Hydroxyl-Gruppe) und bilden 10–14 mol2/l2 als Gleichgewichtsbedingung bei Zuga-
bei den Metallen der 1. und 2. Hauptgruppe (Alkali- be von Säuren oder Basen konstant bleiben. Es ver-
und Erdalkalimetalle) Basen oder Laugen. Sie sind in schieben sich lediglich die Konzentrationverhältnisse
Metall- und OH-Ionen gespalten und stellen sich als von H3O+ zu OH–. „Drehpunkt“ dieses Geschehens ist
seifige, die Haut ätzende Flüssigkeiten dar. der Zahlenwert 10–7 der Hydroniumionenkonzen-
tration. Der negative Exponent dieser Konzentra-
 Beispiel: tionsangabe (lt. Definition der negative dekadische
CaO + H2O Ca(OH)2 Logarithmus der Hydroniumionenkonzentration) ist
Metalloxid + Wasser Hydroxid
der pH-Wert. Er hat große Bedeutung, da mit diesem
Zahlenwert die Angaben „sauer“, pH < 7, „neutral“,
Die Oxide dreiwertiger Metalle sind amphoter, d.h. pH = 7 und „basisch“, pH > 7 präzise beurteilt wer-
sie können sowohl schwache Basen als auch schwa- den können. Zwangsweise liegen die Grenzen für
che Säuren bilden. Oxide von Nebengruppenelemen- sehr starke Säuren dann bei pH = 0 und für sehr
ten in höheren Wertigkeiten bilden – mit Wasser – starke Basen bei pH = 14 (s. Tabelle I-4). Die Be-
Säuren. stimmung ist elektrisch oder mit Indikatoren sehr
Nichtmetalloxide bilden mit Wasser Säuren. genau möglich.

 Beispiel:

SO2 + H2O H2SO3 1) Brönsted, Johannes Nicolaus, Dänischer Chemiker, lebte von 1879
bis 1947.
Nichtmetalloxid + Wasser Säure

Tabelle I-4 pH-Skala

←⎯ Zunahme der Säurewirkung –– ––––Zunahme der Basenwirkung



0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
224 Werkstoffkunde

Tabelle I-5 Elektronegativitätsskala nach „Pauling“ (Zahlenwert relativ mit Maximum 4 bei Fluor)
K Na, Ba Li, Ca Mg Al Zn Si H P C S N Cl O F
0,8 0,9 1,0 1,2 1,5 1,7 1,8 2,1 2,1 2,5 2,5 3,0 3,0 3,5 4,0
← elektropositiver elektronegativer →

Treffen Säuren und Basen in solchen Konzentratio- Tabelle I-6 Elektrochemische Spannungsreihe nach
nen zusammen, daß pH = 7 erreicht wird, so spricht „Pauling“
man von Neutralisation. Das Ergebnis ist Wasser und a) Metalle (Normalpotentiale bezogen auf die Nor-
ein Salz. mal-Wasserstoffelektrode)
b) einige Nichtmetalle
 Beispiel:

HCl + NaOH NaCl + H2O Met. Ox. + e– Volt


Säure + Base Salz + Wasser 1. Cs = Cs+ + e– – 3,02
Salze im klassischen Sinne bestehen aus positiven 2. Li = Li+ + e– – 3,02
Metallionen und negativen Säurerestionen. Nach 3. Rb = Rb+ + e– – 2,99
„Brönsted“ sind alle Stoffe Salze, die im festen Zu- 4. K = K+ + e– – 2,92
stand Ionengitter bilden. 5. Ba = Ba++ + 2e– – 2,90
++
Bei der Namensbildung steht an erster Stelle das 6. Sr = Sr + 2e– – 2,89
elektropositivere Element (Metall siehe auch Tabelle 7. Ca = Ca++ + 2e– – 2,87
+
I-5) meist unverändert. Dann folgt der Name des 8. Na = Na + e– – 2,71
elektronegativeren Bestandteiles mit einer entspre- 9. La = La+++ + 3e– – 2,37
++
chenden Endung (z.B. NaCl = Natriumchlorid). Die 10. Mg = Mg + 2e– – 2,34
Endung -id weist darauf hin, daß es sich um ein Salz 11. Be = Be++ + 2e– – 1,70
+++
mit einem Säurerest (Cl–) aus einer sauerstofffreien 12. Al = Al + 3e– – 1,67
Säure handelt. Bei Säureresten aus stabilen Säuren 13. Mn = Mn++ + 2e– –1,05
++
mit normalem Sauerstoffgehalt lautet die Endung -at 14. Zn = Zn + 2e– – 0,76
(z.B. Na2SO4 = Natriumsulfat). Entstammt der Säure- 15. Cr = Cr+++ + 3e– – 0,71
++
rest einer sauerstoffärmeren Säure, ist die Endung -it 16. Fe = Fe + 2e– – 0,44
(z.B. Na2SO3 = Natriumsulfit). Rührt der Säurerest 17. Cd = Cd++ + 2e– – 0,40
++
von einer besonders sauerstoffarmen Säure her, kom- 18. Co = Co + 2e– – 0,28
men der Zusatz -hypo- und die Endung -it dazu (z.B. 19. Ni = Ni++ + 2e– – 0,25
NaClO = Natriumhypochlorit). Bei Säureresten von 20. Sn = Sn++ + 2e– – 0,14
besonders sauerstoffreichen Säuren lautet der Zusatz - 21. Pb = Pb++ + 2e– – 0,13
per- und die Endung -at (z.B. NaClO4 = Natrium- 22. H2 = 2 H+ + 2e– 0,00
perchlorat). Wurden die Säure-Wasserstoffatome 23. Cu = Cu++ + 2e– + 0,34
nicht vollständig durch Metallatome ersetzt, ergeben 24. 2 J– = J2 + 2e + 0,53
sich saure oder hydrogene Salze (z.B. NaHCO3 = 25. Ag = Ag+ + e– + 0,80
Natriumhydrogencarbonat, früher Natriumbicarbonat 26. Pd = Pd++ + 2e– + 0,83
++
oder – trivial – Natron). 27. Hg = Hg + 2e– + 0,85
28. 2 Br– = Br2 (fl) + 2e– + 1,06
29. Pt = Pt++ + 2e– + 1,2
5 Elektrochemie
30. 2 H2O = O2 + 4 H+ + 4e– + 1,23
Innerhalb eines Moleküles ziehen sich die Kationen 31. 2 Cl– = Cl2 + 2e– + 1,36
und Anionen an. In wässeriger Lösung gehen diese 32. Au = Au+ + e– + 1,68

Kräfte durch die Permittivität des Wassers (er = 80) 33. 2 F = F2 + 2e– + 2,85
auf 1/80 zurück. Die Moleküle sind in Ionen dissozi-
a)
iert, die eine elektrische Stromleitung als Leiter
2. Ordnung ermöglichen. Die Lösung wird zum
Red. →
← Ox. + e

Volt
Elektrolyten, in dem unter der Einwirkung einer
elektrischen Spannung ein Materietransport erfolgt.
Te– – →
← Te + 2e– – 0,92
Die positiven Kationen wandern zur Katode, die
Se– – →
← Se + 2e– – 0,78
negativen Anionen zur Anode. Nach Ladungsaus-
S– – →←S + 2e– – 0,51
gleich, Elektronenabgabe bzw -aufnahme, ist der zum
2 J– →← J2 + 2e– + 0,53
Ion gehörige Stoff elementar verfügbar. Der Vorgang –→
2 Br ← Br2 + 2e– + 1,07
heißt Elektrolyse und ermöglicht die Zerlegung eines
2 Cl– →
← Cl2 + 2e– + 1,36
Stoffes durch den elektrischen Strom. Wasserfrei ist
2 F– →← F2 + 2e– + 2,85
der gleiche Vorgang in Schmelzen von Ionenkristal-
len als Schmelzfluß-Elektrolyse möglich. b)
II Elektrische Leitfähigkeit 225

Die Neigung der Metalle zur Abgabe von Elektronen stante. Bezieht man die transportierte und abgeschie-
(Oxidation) ist verschieden stark und durch die unter- dene Masse auf 1 As, so ergibt sich das für jeden
schiedliche Bindung der Valenzelektronen an den Stoff charakteristische elektrochemische Äquivalent
Atomkern bedingt. Das Bestreben eines Metalles, (c). Diese Größe mit 1,118 mg/As bei Silber diente
Elektronen abzugeben und als Ion in Lösung zu gehen, früher zur Festlegung von 1 A.
nennt man Lösungsdruck. Er kann als elektrische Da die meisten technisch genutzten Metalle unedler
Spannung in Volt gemessen werden und liefert die als Wasserstoff sind, müßten sie sich unter H2-
elektrochemische Spannungsreihe (Tabelle I-6). Der Entwicklung lösen. In der Praxis unterliegen diese
Nullpunkt ist dabei (willkürlich) für Wasserstoff ange- Metalle in großem Umfang dieser chemischen Korro-
setzt. Die unedlen, leicht reagierenden Elemente haben sion. In gewissen Grenzen wird dieser Prozeß durch
ein zunehmend negatives Potential gegenüber Wasser- die Bildung passiver Deckschichten (meist Oxid-
stoff; umgekehrt werden die Elemente mit wachsen- schichten) eingeschränkt. Eine Korrosion besteht aus
dem positiven Potential edler und reaktionsträger. Die einem anodischen Teilprozeß Me → Me++ + 2e, d.h.
negativeren, d.h. weiter oben stehenden (Tabelle I-6) Me gibt als Metall 2 Elektronen e ab, und einem
Metalle haben den größeren Lösungsdruck gegenüber katodischen Teilprozeß 2 H+ + 2e → H2, bei dem
den positiveren, also weiter unten stehenden Metallen. 2 Wasserstoffionen unter Aufnahme von 2 Elektronen
Als Folge davon reduzieren die „oberen“ die „unteren“ freien Wasserstoff liefern. Man erkennt, daß eine
Metalle und gehen selbst in Lösung. passive Deckschicht den anodischen Teilprozeß
Nutzt man den Lösungsdruck zwischen unterschiedli- verhindern kann und eine hohe H2-Überspannung den
chen Elementen durch Einbringen in einen Elektroly- katodischen Prozeß zu hemmen vermag. Man kann
ten aus, so entstehen Galvanische Elemente oder ein Metall dadurch elektrochemisch vor Korrosion
Primärelemente. schützen, daß man es mit Hilfe einer äußeren Strom-
Der Stoffumsatz bei der Elektrolyse transportiert quelle oder durch leitende Verbindung mit einem
je Ladung 1,6 ⋅ 10–19 As, d.h. bei einem Mol unedleren Metall zur Katode macht (katodischer
mit 6 ⋅ 1023 Teilchen = 96 500 As = F = Faraday-Kon- Korrosionsschutz).

II Elektrische Leitfähigkeit

1 Leitungsmechanismus Tabelle II-1 Elektrische Leitfähigkeit g, Elektronen-


konzentration nn und Elektronenbeweglichkeit mn
Metallische Leiter sind Leiter 1. Ordnung, denn mit einiger Werkstoffe bei Raumtemperatur
dem Stromfluß ist kein Materietransport verbunden.
Die elektrische Leitfähigkeit ist dabei an die Existenz
g nn mn
freier Elektronen, dem sogenannten Elektronengas, Material
gebunden. Für die Leitfähigkeit eines Stoffes ist die S/cm cm −3 cm 2/Vs
Anzahl der verfügbaren Teilchen (n), ihre Beweg-
lichkeit (m) und die Teilchenladung (e) maßgebend. Cu 58 ⋅ 104 8,45 ⋅ 1022 43
Da der Leitungsmechanismus sowohl auf negative Al 34,5 ⋅ 104 6,0 ⋅ 1022 36
(Index n) als auch positive (Index p) Ladungsträger Ag 61,4 ⋅ 104 5,87 ⋅ 1022 65
zurückgehen kann, gilt für die Leitfähigkeit g: Ge 2,3 ⋅ 10–2 2,4 ⋅ 1013 3 600
Si 4,35 ⋅ 10–6 1,5 ⋅ 1010 1 400
g e n m InSb 3,5 ⋅ 102 2,8 ⋅ 1016 78 000
g = e ( n n ⋅ mn + n p ⋅ m p )
S/cm As cm −3 cm/Vs
(II.1) Im Festkörper mit seinem Kristallgitter haben die
Für den normalen elektrischen Leiter liegen nur die Atome eine periodische Anordnung mit definierten
negativen Elektronen als Ladungsträger vor; damit Abständen. Zwischen den Atomen machen sich
entfällt der Term mit den p-Indizes. Die Beweglich- Austauschkräfte bemerkbar, die die Besetzung der
keit m der Ladungsträger ist die pro Einheit der elekt- einzelnen Energieniveaus beeinflussen. Gemäß dem
rischen Feldstärke E (meist in V/cm) bewirkte Drift- Pauli-Prinzip, nach dem in einem Atom keine zwei
geschwindigkeit, d.h. die der allgemeinen Teilchen- Elektronen in bezug auf ihren Zustand völlig über-
bewegung in einer bestimmten Richtung überlagerte einstimmen können, dürfen in einem gegebenen
Geschwindigkeit. Die in der Praxis auftretenden System die Energieniveaus und Spinorientierungen
Werte von Leitfähigkeit, Teilchenzahl und Beweg- nur einmal belegt sein. Da die Beeinflussung über
lichkeit sind für einige charakteristische Materialien den ganzen Kristall reicht, gilt das Pauli-Prinzip
in der Tabelle II-1 zusammengestellt. entsprechend weiträumig. Die bei Einzelatomen
226 Werkstoffkunde

diskreten Energieniveaus der Elektronen spreizen 0, 100 und 300 K dargestellt. Das Fermi-Niveau WF
sich zu Energiebändern auf (Bild II-1). Neben den ist dabei willkürlich auf den (Bezugs-)Wert 0 gelegt,
mit Ladungsträgern besetzten Bändern treten energe- und die Energie ist als Differenz DW gegenüber
tisch unbesetzte oder verbotene Zonen auf. Für den diesem Wert in eV aufgetragen. Der tatsächliche
Leitungsmechanismus sind das letzte noch mit Elekt- Wert des Fermi-Niveaus gibt die Energie an, über
ronen besetzte Band, das Valenzband, und das nächs- welche die Teilchen auch noch beim absoluten Null-
te für eine Besetzung mögliche Band, das Leitungs- punkt verfügen. Es ist offensichtlich, daß die Lage
band, bedeutsam. Nur im letzteren verfügen Elektro- des Fermi-Niveaus in der verbotenen Zone entschei-
nen über die für einen Stromtransport nötige Beweg- denden Einfluß auf die Leitfähigkeit eines Stoffes
lichkeit. Aus der Ähnlichkeit der statistischen Ener- hat.
gieverteilung im Valenzband mit der bei Gasen rührt
auch die Bezeichnung Elektronengas her.
2 Isolator
W Bild II-3a zeigt ein Bandschema mit einer breiten
verbotenen Zone von DWB = 2 eV und daneben die
Energieverteilung bei 300 bzw. 600 K für ein mittig
W3 Leitungsband liegendes Fermi-Niveau. Offensichtlich verfügt kein
verbotene Zone Teilchen über eine ausreichende Energie, um in das
Leitungsband zu gelangen. Im vollbesetzten Valenz-
W2 Valenzband band ist auch keine Beweglichkeit der Teilchen und
damit keine Leitfähigkeit vorhanden. Es liegt das
W1 typische Bandschema eines Isolators vor.

W
Bild II-1 Energiebänder durch Aufspaltung der eV Leitungsband
Energieniveaus +2
䊞 䊞 durch Elektronen besetzte Niveaus
+1
Wegen der statistischen Energieverteilung können ΔWB = WF
a)
Teilchen die verbotene Zone überwinden und aus 2 eV
dem Valenzband in das Leitungsband gelangen und –1
dort Leitfähigkeit bewirken. Die Wahrscheinlichkeit,
–2
mit der die Energie eines Elektrons einen gewissen
Valenzband
vorgegebenen Wert über- oder unterschreitet, wird F(W)
durch den Verlauf der Fermi-Funktion F(W) be-
0 50 100 %
schrieben. In Bild II-2 ist sie für die 3 Temperaturen
W
ΔW eV
Leitungsband
eV
0.4 +0,5
0.3 ΔWB = WF
b)
0,5 eV
0.2 –0,5
300 K
0.1 0K
Valenzband
WF 0
100 K F(W)
–0.1
0 50 100 %
–0.2
Bild II-3 Bandschemata (Prinzip-Beispiele)
–0.3 a) Isolator, Bandabstand DWB = 2 eV
–0.4 b) Halbleiter, Bandabstand DWB = 0,5 eV
WF = Fermi-Niveau, –––– Ⳏ 300 K und . . . . . Ⳏ 600 K
–0.5
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Die punktierte Linie für 600 K zeigt aber auch eine
F(W)
andere Tendenz auf. Mit steigender Temperatur
% wächst die Wahrscheinlichkeit, daß Ladungsträger im
Bild II-2 Fermi-Funktion F(W) für die Temperaturen Leitungsband verfügbar werden. Der Isolator wird
0 K (––––), 300 K (– – –) und 100 K (– . – . – ) leitend, d.h. er schlägt durch!
II Elektrische Leitfähigkeit 227

3 Halbleiter einem unvollständig besetzten 3s-Band (Bild II-4a)


und für Kupfer mit überlappendem 3d- und 4s-Band
Wird der Bandabstand merklich kleiner als 1 eV, so (Bild II-4c). (Siehe auch I.2 Atombau und Perioden-
tritt eine ausreichende Anzahl von Teilchen auf, die system.)
in das Leitungsband gelangen können (Bild II-3b). Es Mit sinkender Temperatur und damit steigender
ist dies der typische Fall des Halbleiters, bei dem im Beweglichkeit der Teilchen nimmt die Leitfähigkeit
reinen Zustand das Fermi-Niveau genau mittig liegt. der metallischen Leiter bis zum absoluten Nullpunkt
Leitfähigkeit ist jetzt sowohl über das Leitungsband um etwa 4 Zehnerpotenzen zu.
mit seinen thermisch gewonnenen Elektronen (n) als
auch im teilweise leergewordenen Valenzband über
Defektelektronen oder Löcher (p) möglich. Es ist 5 Supraleiter
sofort ersichtlich, daß die Leitfähigkeit einerseits
durch Temperaturerhöhung (z.B. beim Stromdurch- Eine größere Zahl von Metallen und Legierungen
gang) oder durch Verschiebung des Fermi-Niveaus zeigt bei sehr tiefen Temperaturen ein schlagartiges
zum Leitungs- bzw. Valenzband (durch Dotierung) Ansteigen der Leitfähigkeit um mehr als 20 Zehner-
erhöht werden kann. Trotz zunehmender Beweglich- potenzen. Der Effekt heißt Supraleitung und die
keit der Teilchen mit sinkender Temperatur ver- Temperatur, bei der er eintritt, Sprungtemperatur Tc.
schwindet beim absoluten Nullpunkt die Leitfähigkeit Die Höhe der Sprungtemperatur ist materialabhängig
von Halbleitern. und liegt für reine Metalle unter 10 K (Helium-
kühlung), während Legierungen Werte um 20 K er-
reichen und damit bereits in den Bereich der Wasser-
4 Normalleiter stoffkühlung (Siedepunkt von Wasserstoff: 20 K bzw.
Sind andererseits Bänder unvollständig besetzt oder – 253 °C) gelangen. Ein entscheidender Schritt gelang
überlappen Valenz- und Leitungsband (die verbotene in den letzten Jahren mit Mischoxiden auf der Basis
Zone ist dann negativ), so liegt der Fall des metalli- Seltene Erden – Barium – Kupfer (SE – Ba – Cu – O),
schen Leiters vor. Das Fermi-Niveau liegt jetzt in- mit denen Sprungtemperaturen bei Stickstoffkühlung
nerhalb des Leitungsbandes. In Bild II-4 sind die (Siedepunkt Stickstoff: 77 K bzw – 196 °C) möglich
beiden Fälle dargestellt, einmal für Natrium mit sind (Tabelle II-2).

W W W

4p-Band leer

3p-Band
leer WF 4s-Band
3s-Band halbvoll
halbvoll
3d-Band
voll

3p-Band voll

0 50 100 F(W)
%
a) b) c)

Bild II-4 Bandschemata von Leitern


a) Unvollständig besetztes Band, als Beispiel Natrium. Das 3s-Band ist nur zur Hälfte besetzt
b) Fermi-Funktion für 300 K mit Lage zu a) und c)
c) Überlappende Bänder, als Beispiel Kupfer. Das voll besetzte 3d-Band liegt innerhalb des nur zur Hälfte be-
setzten 4s-Bandes

Tabelle II-2 Sprungtemperaturen einiger Basismaterialien für Supraleiter

Material Ga Al Sn Pb Nb NbTi Nb3Sn Nb3Ga Nb – Al – Ge SE – Ba – Cu – O


Tc /K 1,1 1,1 3,7 7,3 9,2 10 18 20,3 21 > 35 ... 90
228 Werkstoffkunde

Da die Supraleitung durch magnetische Felder – auch B U B d I RH


durch das eigene Feld eines im Supraleiter fließenden U H = RH I (II.2)
d V T mm A cm 3 / As
Stromes – aufgehoben werden kann, unterscheidet
man weiche Supraleiter oder Supraleiter 1. Art, die mit B = Flußdichte, I = Strom, d = Leiterdicke (Bild
gegen magnetische Felder bis zu einer kritischen II-5) und RH = Hallkonstante = A/e ⋅ n = A ⋅ m/g. Die
Feldstärke Hc = 0,1 MA/m beständig sind, und harte Hallkonstante ist damit von der Beweglichkeit m und
Supraleiter oder Supraleiter 2. Art, die noch sehr der Leitfähigkeit g bzw. Teilchenkonzentration n und
starke magnetische Felder (Hc > 10 MA/m) vertragen. Elementarladung e abhängig. Bei normalen Leitern
Für den praktischen Gebrauch ist die Angabe der ist die Konstante A = 1, bei Halbleitern A = 3p/8.
kritischen Stromdichte Sc, bei der die Supraleitfähig- Die Ablenkung der Strombahnen durch das Magnet-
keit durch das eigene Magnetfeld des fließenden feld führt zu einem Winkel gegenüber der ur-
Stromes aufgehoben wird, geeigneter. sprünglichen (Längs-)Richtung, dem Hallwinkel QH
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand wird die Supra-
leitung von paarweise spinkompensierten Elektronen,
die nicht mehr dem Pauli-Prinzip gehorchen, den sog. UH/I
Cooper-Paaren, mit einer sehr hohen Beweglichkeit V/A R∞
bewirkt. Die Cooper-Paare verursachen durch Ring- 0.8 Rlin
ströme an der Leiteroberfläche ein magnetisches
Kompensationsfeld für das Leiterinnere, was zu
einem magnetfeldfreien Raum, d.h. mr = 0 (!) führt. 0.4
In den harten Supraleitern bestehen bei Stromfluß im
Inneren normal- und supraleitende Bereiche in Form
sogenannter Flußschläuche nebeneinander, die aller- –1 –0.8 –0.4 0 B
dings durch den fließenden Strom in Bewegung 0.2 0.6 T
geraten und damit Instabilitäten bewirken. Durch
Inhomogenitäten (Gitterfehler) im Aufbau des Supra- –0.4
leiters lassen sich sogenannte Pinning-Zentren schaf- a)
fen, die eine Stabilisierung herbeiführen. Derart stabi-
lisierte Systeme führen die Bezeichnung Hochfeld- Rlin
–0.8
Supraleiter oder Supraleiter 3. Art.
Die Leitfähigkeit eines Supraleiters ist gegenüber R∞ –1
Kupfer ungefähr um soviel größer wie die Leitfähig-
keit von Kupfer gegenüber einem Isolator (etwa R
20 Zehnerpotenzen)! R0
D
20
6 Halleffekt
Die Driftgeschwindigkeit bewegter Ladungsträger
15
führt zu deren Ablenkung in einem Magnetfeld (Bild b)
II-5). Die quer zum Stromfluß auftretende Hallspan- L
nung UH ist 10
N
B 5

+++++ d +
–B
I UH
0 0.4 0.8 1.2 T
e Fq UH, b
– –F–l – –
Bild II-6
a) Normierte Hallspannung in Abhängigkeit vom
Ul, l anliegenden Magnetfeld. Im Leerlauf (R∞) und mit
Abschlußwiderstand Rlin für optimal lineare Kenn-
Bild II-5 Halleffekt (Prinzip) linien
Stromdurchflossener Leiter (Länge l, Breite b und b) Relativer Widerstand in Abhängigkeit vom an-
Dicke d) im Magnetfeld. I = Strom (Betriebsstrom), liegenden Magnetfeld für InSb-NiSb-Feldplatten
B = Magnetfeld, Fl, Fq = Längs- bzw. Querkraft, mit verschiedenen Dotierungen (n. Siemens AG).
Ul = Längsspannung (Betriebsspannung), UH = Hall- D: g = 200 S/cm, L: g = 550 S/cm und N: g =
spannung und QH = Hallwinkel 880 S/cm)
II Elektrische Leitfähigkeit 229

Q m B U 20 K B0 U I B
tan QH = m ⋅ B (II.3) K B0 = (II.4)
° cm 2 /Vs T I1n ⋅ B V/ AT V A T
d.h. der Hallwinkel ist nur von der Beweglichkeit der Der Hallwinkel hat eine Verlängerung der Strombah-
Ladungsträger (mn oder mp) und der magnetischen nen im Leiter zur Folge, woraus ein erhöhter Wider-
Flußdichte abhängig. stand resultiert. Dieser Effekt wird in der Feldplatte
Weil bei vorgegebenen Abmessungen die Hallspan- ausgenutzt. Im Prinzip wechseln dazu ein Material
nung außer von einem eingeprägten Strom I nur noch mit großer Hallkonstante (z.B. InSb oder InAs) mit
vom einwirkenden Magnetfeld B abhängt, steht damit einem guten Leiter, d.h. Material mit verschwinden-
als Hallgenerator ein einfacher Meßsensor für mag- der Hallkonstante, ab (Bild II-7a und b). Die Pfeile
netische Felder zur Verfügung. symbolisieren in den Abbildungen die Strombahnen.
In Bild II-6a ist die auf den Ruhestrom normierte Unter dem Einfluß eines Magnetfeldes weisen sie
Ausgangsspannung eines Hallgenerators über der einen längeren Weg auf. Die entstehenden Hallspan-
magnetischen Flußdichte B leerlaufend (R∞) und mit nungen werden durch die querliegenden – Äqui-
einem für beste Linearisierung der Kennlinie (Rlin) potentialflächen erzwingenden – Leiter kurzgeschlos-
ermittelten Abschlußwiderstand dargestellt. Wie so- sen. Damit liegt ein magnetfeldabhängiger Wider-
fort ersichtlich und wie es auch dem Prizip der Ent- stand vor. Wie aus dem Diagramm der relativen
stehung der Hallspannung entspricht, ist ihr Vorzei- Widerstandsänderungen in Bild II-6b hervorgeht, sind
chen von der Polarität des Magnetfeldes abhängig. die Zusammenhänge nur stark nichtlinear. Auch ist
Magnetische Wechselfelder erzeugen dementsprechend die Polarität des Magnetfeldes nicht erkennbar,
eine – vorzeichenrichtige – Wechselspannung. da nur die Stärke des Feldes in die Widerstandsände-
Die Ruheströme für Hallgeneratoren liegen zwischen rung eingeht. Wenn nicht mit einer Vormagnetisie-
einigen und einigen hundert mA. Bei Flußdichten von rung gearbeitet wird, bewirkt ein magnetisches
1 T erreichen die Hallspannungen im Leerlauf Werte Wechselfeld eine Ausgangspannung doppelter Fre-
von 0,1 bis 1 V. Zur leichteren Berechnung wird oft quenz am „Arbeitswiderstand“ Feldplatte. Die grund-
die sog. Leerlaufempfindlichkeit KB0 in V/AT bei sätzlichen Abmessungen von Hallgeneratoren
Nennstrom I1n und (meist) B = 1 T für die Leerlauf- und Feldplatten sind in Bild II-7 unter c und d aufge-
hallspannung U20 angegeben. KB0 ist definiert zu führt.

Leiter Leiter
a) b)

ohne mit
Magnetfeld Magnetfeld

Halbleiter Halbleiter

Elektrisches System

FA24 FP30
1.2 1
9 6 1.9
1.2
13 3 0.4 max Bild II-7 Feldplatte
a) und b) prinzipieller Aufbau (Er-
19 d) läuterungen im Text)
c) Abmessungen eines Hallgenerators
1 (Siemens FA 24)
d) Abmessungen einer Feldplatte
c) (Siemens FP 30)
230 Werkstoffkunde

III Elektrische Leiter

1 Normalleiter r
10–6 Ωm
Die Daten der wichtigsten Leitermaterialien sind in
der Tabelle III-1 zusammengestellt. Für Leitkupfer 1.6
ist der Mindestwert der elektrischen Leitfähigkeit a
(DIN EN 13604) 57 ⋅ 106 S/m bzw. der spezifische 1.4
b c
Widerstand 0,0175 ⋅ 10–6 Ω ⋅ m. Je nach Vorbehand-
lung und Reinheit kann die elektrische Leitfähigkeit 1.2
d
des Kupfers zwischen 60 ⋅ 106 S/m bei extremer
1.0
Reinheit und 55 ⋅ 106 S/m bei gerinfügigen Verunrei- e
nigungen schwanken. Aus diesem Grunde kommt in 0.8
der Elektrotechnik (DIN 40500) ausschließlich elek-
trolytisch raffiniertes E-Kupfer (Werkstoffnummer 0.6
2.0060) oder das sauerstofffreie SE-Kupfer (Werk-
stoffnummer 2.0070) in Betracht (DIN 17007). Mit 0.4
zunehmender Temperatur sinkt die Leitfähigkeit bzw.
T
steigt der Widerstand der Leiterwerkstoffe. Generell 0.2
sind metallische Leiter als Kaltleiter oder PTC (engl. 0 200 400 600 800 1000 1200 °C
positive temperature coefficient) zu klassifizieren. Eine
Bild III-1 Spezifischer Widerstand von Heizleiter-
geringe Temperaturabhängigkeit weisen die wegen
materialien in Abhängigkeit von der Tem-
ihrer guten Langzeitkonstanz zunehmend an
peratur (nach Vacuumschmelze GmbH)
Bedeutung gewinnenden Metallfilmwiderstände auf.
Preiswert galvanisch hergestellt, erreichen sie Tem- a) Megapyr I (FeCr25Al5)
peraturkoeffizienten a ⯝ 0,02 ... 0,005%/°C (Tabelle b) Megapyr II (FeCr20Al5)
III-1). c) Vacromium (FeNi30Cr20)
Für heiztechnische Zwecke sind die Anforderungen d) Vacromium C (NiCr20)
an den Temperaturgang der Heizleiter wesentlich e) Nickeleisen 701 (NiFe29Cr1)
geringer, dafür ist der Temperaturbereich wesentlich
größer. Bild III-1 zeigt den spezifischen Widerstand
2 Halbleiter
für einige Heizleitermaterialien in Abhängigkeit
von der Temperatur. Auffällig ist hierbei das Ver- Beim reinen Halbleiter ist, wegen des mittig in der
halten der NiFe-Legierung e) mit zunächst Kalt- verbotenen Zone liegenden Fermi-Niveaus, die An-
leitercharakteristik, die beim Erreichen der Curie- zahl der ins Leitungsband übergehenden Elektronen
Temperatur (siehe IV.2 Verhalten von Materie im nn gleich der Anzahl der im Valenzband frei wer-
Magnetfeld) in einen praktisch konstanten Wider- denden Defektelektronen np. Die so rein thermisch
stand übergeht. erzeugte Teilchendichte heißt Intrinsicdichte oder

Tabelle III-1 Daten einiger Leiterwerkstoffe


Der spezifische Widerstand r in 10–6 Ω ⋅ m ist zahlenmäßig gleich mit der gebräuchlichen Angabe in Ω ⋅ mm2/m

Metall Leitfähigkeit elektrische spezifischer Temperatur-


gegenüber Leitfähigkeit Widerstand koeffizient
Silber = 100% g r a
10 6 S/ m 10 −6 Wm %/ ° C

Silber 100 61 0,0163 0,41


Kupfer 96 58 0,0173 0,43
Gold 73 41 0,025 0,39
Aluminium 62 38 0,026 0,43
Zink 31 17 0,059 0,42
Nickel 25 15 0,067 0,69
Eisen 18 10 0,098 0,56
Zinn 15 9 0,115 0,46
Blei 8 4,5 0,222 0,42
III Elektrische Leiter 231

auch Intrinsiczahl ni. Allgemein gilt der Zusammen- rungen durch fremde Atome mit einem anderen
hang Fermi-Niveau als dem des Halbleiters. Liegt das
n eingebrachte Fermi-Niveau nahe dem Leitungsband,
n n ⋅ n p = n i2 (III.1) stehen zusätzliche Elektronen für den Leitungs-
cm − 3
mechanismus zur Verfügung, sog. n-Dotierung
Aus der Intrinsiczahl folgt die Intrinsic- oder Eigen- (Bild III-2a). Wegen der vom Donator im Übermaß
leitfähigkeit vorhandenen Elektronen auch Überschuß- oder n-Lei-
g e n m tung genannt. Liegt andererseits das Fermi-Niveau
gi = en i ( m n + m p ) (III.2) des störenden Gitters nahe dem Valenzband, sog. p-
S/cm As cm −3 cm 2 /Vs
Dotierung, werden durch den Akzeptor vermehrt
Die Grunddaten für Germanium (Ge) und Silizium Elektronen aus dem Valenzband abgezogen, und es
(Si) sind in der Tabelle III-2 zusammengestellt. entsteht die p-Leitung oder Defekt(elektronen)leitung
Daraus ist sofort ersichtlich, daß zum Erreichen der (Bild III-2b). Die Dotierung erfolgt durch Diffusion
Eigenleitfähigkeit die Konzentration von Fremdteil- oder Ionenimplantation.
chen kleiner als ca. 1013 cm–3 bei Ge und kleiner als Da Gl. III.1 unverändert gültig ist, wird mit der Zu-
ca. 1010 cm–3 bei Si sein muß. Bei ca. 1020 Teilchen nahme einer Ladungsträgerart die andere automatisch
pro cm3 für Metalle bedeutet dieses eine Reinheit von vermindert und führt damit zu einem bipolaren Lei-
besser 10–9 (= 1 ppb = 1 part per billion = 1 Fremd- tungsmechanismus.
teilchen auf 1 Milliarde {amerik. billion!} Teilchen) Halbleiter finden sich vorzugsweise in der 4. Haupt-
bei Ge und besser 10–12 bei Si. Wegen der Abhängig- gruppe (IVa) des Periodensystems. Die Tabelle III-3
keit der Leitfähigkeit vom Reinheitsgrad kann umge- zeigt einen Ausschnitt daraus. Darin sind die als
kehrt über die Messung der Leitfähigkeit eines Halb- Akzeptoren (A) geeigneten Elemente der 3. Haupt-
leitermaterials dessen Reinheit bestimmt werden. gruppe und die Donatoren (D) der 5. Hauptgruppe
entsprechend gekennzeichnet. Der Bandabstand gibt
Tabelle III-2 Intrinsiczahlen und Ladungsträgerbe- die Breite der verbotenen Zone in eV an.
weglichkeiten von Germanium und Silicium Verbindungshalbleiter gewinnen neben den Ele-
menthalbleitern zunehmend an Bedeutung. Bringt
ni mn mp
Material man Elemente der III. und V. Hauptgruppe des Pe-
−3 2
cm cm /Vs cm 2 /Vs riodensystems im stöchiometrischen Verhältnis zu-
sammen, so ist bei derartigen III – V-Verbindungen
Ge 2,4 ⋅ 1013 3900 1900 wieder eine ähnliche Konfiguration der Valenzelek-
Si 1,5 ⋅ 1010 1350 850 tronen wie bei Elementhalbleitern möglich. Bei
geeigneten Bandstrukturen kann der Leitungsmecha-
Dotieren ist die Änderung der Leitfähigkeit eines nismus ähnlich wie bei Elementhalbleitern durch
hochreinen Halbleiters durch Verschieben des Fermi- Dotieren gesteuert werden. In der Tabelle III-4 sind
Niveaus. Es erfolgt über das Einbringen von Stö- an einigen ausgewählten Beispielen die wesentlichen

W Leitungsband W Leitungsband
Wirtsatome
Leitungsband
WL WL Fremdatome
WF ΔWD WF
WD ΔWB
ΔWB WA
ΔWA
WV WV

Valenzband Valenzbänder
a) b)

Bild III-2 Dotierung (schematisch)


a) Bandschema eines Überschußleiters, n-Leitung
b) Bandschema eines Defektelektronenleiters, p-Leitung
Leitungsband, Valenzband Wirtsatome, Valenzband Fremdatome, • Elektronen, WL, WV Lei-
tungs- bzw. Valenzbandkanten der Wirtsatome, WF Fermi-Niveau, DWB Bandabstand der Wirtsatome, WD Dona-
torniveau, DWD Donatorabstand, WA Akzeptorniveau und DWA Akzeptorabstand
232 Werkstoffkunde

Tabelle III-3 Ausschnitt aus dem Periodensystem der Elemente


Halbleiter, (A) Akzeptoren und (D) Donatoren (gegenüber IV),
a Hauptgruppenelemente und b Nebengruppenelemente

Gruppe 3 Valenz- 4 Valenz- 5 Valenz- 6 Valenz- 7 Valenz-


elektronen elektronen elektronen elektronen elektronen
III IV V VI VII
a b a b a b a b a b
Symbol B C N O F
Ordn.-Zahl 5 (A) 6 7 8 9
B-abst. eV 1,1 6

Symbol Al Si P S Cl
Ordn.-Zahl 13 (A) 14 15 (D) 16 17
B-abst. eV 1,09 0,33

Symbol Ga Ge As Se Br
Ordn.-Zahl 31 (A) 32 33 (D) 34 35
B-abst. eV 0,67 2,05
1,1

Symbol In Sn Sb Te J
Ordn.-Zahl 49 (A) 50 51 (D) 52 53
B-abst. eV 0,09 0,34 1,3

Tabelle III-4 Daten einiger Verbindungshalbleiter.


Zum Vergleich sind die Elementhalbleiter Ge und Si mit aufgeführt. BA Bandabstand, ri Intrinsicwiderstand,
Smp Schmelzpunkt, mn Elektronenbeweglichkeit und mp Löcherbeweglichkeit

Name Formel Element- BA ri Smp mn mp Bemerkungen


gruppen eV W⋅cm °C cm 2 /Vs cm 2 /Vs
Silizium Si 1,106 2,3 ⋅ 105 1 420 1 350 480
Germanium Ge 0,67 46 936 3 900 1 900
Tetradymit Bi2Te3 V –VI 0,15 0,03 573 800 400 Elektr. Kühlmat.
In-Antimonid InSb III –V 0,17 0,0045 523 75 000 780 Hallgeneratoren,
RH = 400 cm3/As
Altait PbTe IV –VI 0,28 0,01 910 2 100 840 Infrarotdet.
In-Arsenid InAs III –V 0,37 0,1 940 22 600 200 RH = 100 cm3/As
Bleiglanz PbS IV –VI 0,4 3,1 1 117 650 250 lichtempf.
Widerstand,
Infrarotdet.
Ga-Antimonid GaSb III –V 0,69 0,06 702 4 000 750
In-Selenid InSe III –VI 0,96 12 500 660 – 5 IR- und UV-emp-
findlich
In-Phosphid InP III –V 1,25 10 1 060 3 500 650 Gunn-Elemente
Ga-Arsenid GaAs III –V 1,38 5 ⋅ 107 1 260 4 000 450 Elektrolumineszens,
LED, IR-Dioden,
FET
Ga-Phosphid GaP III –V 2,29 – – 1 000 – IR-Dioden, grüne
Lichtstrahlung, LED
Si-Karbid SiC IV –IV 3,5 60 8 blaue Lichtstrahlung
IV Magnetische Leitfähigkeit 233

Daten verschiedener Verbindungs-Halbleiter aufge- bestimmten Formierungsprozeß erfordert. NbTi er-


zeigt, wobei nicht nur III – V-Verbindungen berück- möglicht bei einer Temperatur von 2 K (Helium-
sichtigt wurden. Vergleichsweise sind auch Germani- kühlung) Flußdichten von 10 T und Nb3Sn solche bis
um und Silizium noch mit aufgeführt. 16 T.
Zur Herstellung der für Halbleiterbauelemente not- Supraleitendes Material wird zur Stabilisierung in
wendigen Sperrschichten, d.h. Übergänge zwischen einen normalleitenden Träger (Substrat) auf Cu-Basis
p- und n-leitenden Materialien, ist noch die Umdotie- (Cu – Sn- oder Cu – Ni-Matrix je nach Herstellprozeß)
rung wichtig. Durch eine stärkere als die vorher eingebracht. Die dadurch bedingte Aufteilung des
eingebrachte Dotierung kann die p- oder n-Leitung Leiters in Normal- und Supraleiter wird durch das
umgekehrt werden. Mit Hilfe dieser Umdotierung Querschnittsverhältnis a = qCu/qSL beschrieben, mit
können auch Mehrfachfolgen von p- und n-Schichten qCu = Kupferquerschnitt und qSL = Supraleiterquer-
erzeugt werden. Nur so ist die heute übliche Planar- schnitt. Selbst wenn die zulässigen Stromdichten für
technologie zur Herstellung integrierter Schaltungen Normalleiter mit 103 A/cm2 angesetzt werden, ist die
möglich. Stromtragfähigkeit von Supraleitern immer noch um
mehr als 102 größer als die von Normalleitern. Eine
praktisch brauchbare Form von Hochtemperatur-
3 Supraleiter
Supraleitern (Stickstoffkühlung) würde den bislang
Das grundsätzlich bereits über eine recht hohe weitgehend auf Hochfeldmagnete in Forschungsein-
Sprungtemperatur verfügende Niob (9,2 K, siehe Ta- richtungen und kleinen Sonderanwendungen im
belle II-2 Nb) liefert als NbTi bzw. Nb3Sn z.Z. die Mikrowellenbereich beschränkten Einsatz von Supra-
gebräuchlichsten Supraleitermaterialien. NbTi liegt leitern auch für die Anwendung in Energieübertra-
als leicht zu fertigender Legierungswerkstoff vor, gungssystemen, Motoren und Generatoren interessant
wohingegen Nb3Sn als Verbindungssupraleiter einen machen.

IV Magnetische Leitfähigkeit

1 Modellvorstellung N
Die zur elektrischen Elementarladung äquivalente
magnetische Größe ist das Bohrsche Magneton
m B = 9, 27 ⋅ 10 −24 Am 2 (1 A ⋅ m 2 = 1 J /T)
I
Im Gegensatz zur „einpoligen“ Elementarladung ist das
Bohrsche Magneton zweipolig und damit ein magneti-
scher Dipol mit Nord- und Südpol. Die gleichfalls
benutzte Bezeichung magnetisches Moment geht auf S
die Tatsache zurück, daß die magnetischen Dipole nur
verdreht, aber nicht verschoben werden können. Magnetfeld
Zur Modellvorstellung des magnetischen Dipols ist in von einem Nordpol kommend
Bild IV-1 die Magnetpolbildung eines Ringstromes
Bild IV-1 Kreisstrom (stromdurchflossener Ring) als
dargestellt (die unvollständig gezeichneten Feldlinien
magnetischer Dipol
sollen die Vorstellung erleichtern). Gelangt die An-
ordnung in ein magnetisches Feld (gestrichelt in Bild
und die Fläche als zum Bahnradius gehörig, so ist das
IV-1), so wird der Dipol eine Drehbewegung ausfüh-
damit verkoppelte magnetische Moment als Bahn-
ren, ohne den Platz zu verlassen. Die Größe des für
moment zu deuten. Der mechanisch als Eigenrotation
die Drehbewegung notwendigen Drehmomentes M
gedeutet Spin der Elektronen führt dementsprechend
folgt aus
zum Spinmoment. Alle magnetischen Erscheinungen
M m B B sin a der Materie, die für den praktischen Gebrauch be-
M = m B ⋅ B ⋅sin a (IV.1)
J J/T T 1 deutsam sind, gehen damit auf die Überlagerung von
Spin- und Bahnmomenten zurück.
Hierbei ist B die Flußdichte, mB das magnetische
(Dipol-)Moment und a der (kleinste) Winkel zwi-
2 Verhalten von Materie im Magnetfeld
schen „Magnet“ und Feld. Wichtig ist das magneti-
sche Moment mB des Modells, dessen Betrag sich als Meßzahl für die Reaktion eines Werkstoffes auf ein
Strom multipliziert mit der umrandeten Fläche ergibt. Magnetfeld, d.h. seine magnetische Leitfähigkeit ist
Betrachtet man den Stromring als Elektronenbahn entweder die Permeabilität m oder die (magnetische)
234 Werkstoffkunde

Suszeptibilität km. Für den freien Raum gilt – unter Magnetische Momente vereinfachte
Verzicht auf die Kennzeichnung des Vektorcha- im kubischen Gitter Darstellung Bezeichnung mr km
rakters von Flußdichte B und magnetischer Feld-
stärke H –
dia- <1 <0
B H m0 (≈ 1) (≈ 0)
B = m0 ⋅ H (IV.2) magnetisch
T A / m Vs/ Am

mit m0 = 1,26 ⋅ 10–6 Vs/Am (bzw. H/m). Für den


materieerfüllten Raum ist eine multiplikative oder
para- >1 >0
additive Beschreibung möglich: magnetisch (≈ 1) (≈ 0)
B = m0 ⋅ mr ⋅ H bzw. B = m0 ⋅ H + J (IV.3a und b)
2
B ist die erreichte Flußdichte in Vs/m oder T und H
das erregende magnetische Feld in A/m. J ist die mit
B dimensionsgleiche magnetische Polarisation. Die ferro-
relative Permeabilitätszahl mr ist der Multiplikations- magnetisch 1 0
faktor für die Flußdichte im materieerfüllten Raum
gegenüber dem Vakuum. Die Polarisation J gibt den
auf die Materie entfallenden Flußdichteanteil an, der
zusätzlich zum Anteil m0H des Vakuums auftritt. Aus antiferro- >1 >0
Gl. IV.3 folgt: magnetisch (≈ 1) (≈ 0)
J M
mr = 1 + = 1+ = 1 + km
m0 H H
J, M H m0 mr , k m
(IV.4) ferri-
1 0
T A/ m Vs/ Am 1 magnetisch

Mit km = Suszeptibilität(szahl) und M = J/m0 = Ma-


gnetisierung. M ist der Feldsstärkeanteil, der für die
Bild IV-2 Ordnungszustände magnetischer Momente
zusätzliche Flußdichte in der Materie aufzubringen
(schematische Übersicht)
ist. Der für die Praxis wichtige Zusammenhang zwi-
schen J und B folgt aus Gl. IV.3 zu ↑ magnetisches Moment mit relativer Größe und
Richtung
J B H m0
J = B − m0 H (IV.5) mente mit ihren willkürlichen Orientierungen werden
T T A/ m Vs/ Am
durch ein äußeres Magnetfeld ausgerichtet. Die
Diamagnetismus: Trifft ein äußeres Magnetfeld auf resultierende Flußdichte ist etwas größer als im
die Kreisströme der Elektronenbahnen, so wird – Vakuum. Die Suszeptibilität ist positiv mit Werten
gemäß Lenz’scher Regel (siehe Grundlagen der von etwa km = 10–5 ... 10–3. Die Permeabilitätszahl mr
Elektrotechnik) – ein Feld induziert, das dem erzeu- ist damit praktisch nur unwesentlich größer als 1.
genden entgegengerichtet ist. Es entsteht ein sog. Da die Wärmebewegung der Teilchen der ausrichten-
induziertes magnetisches Moment. Dies ist die ein- den Wirkung des Magnetfeldes entgegenwirkt, ist der
fachste Form des Magnetismus, die grundsätzlich in Paramagnetismus temperaturabhängig.
allen Stoffen vorkommt. Das resultierende Feld ist Ferromagnetismus: Kompensieren sich im atomaren
schwächer als das erregende. Materialien, die aus- Bereich erst magnetische Momente größerer, gleich
schließlich diesen Effekt zeigen, heißen diamagne- ausgerichteter Gebiete, den sog. Weiss’schen Bezir-
tisch. Die Suszeptibilität km ist negativ, etwa – 10–6. ken, Elementarbereichen oder Domänen, so liegt
Die Permeabiltät mr ist dann praktisch gleich 1 (Bild Ferromagnetismus vor. Die Suszeptibilität km und
IV-2). Permeabilität mr erreichen sehr hohe Werte. Dieser
Zu den diamagnetischen Stoffen gehören die Edelga- Ausnahmezustand in der Ordnung der Spinmomente
se, die nichtmetallischen Elemente – außer O2 und S2 wird durch Austauschkräfte hervorgerufen, denen mit
– sowie die Metalle Ag, Au, Cd, Cu, Hg, Pb und Zn, steigender Temperatur die Wärmebewegung der
ferner die Halbleitermaterialien Ge, Si und Se. Nor- Atome (-rümpfe) entgegenwirkt, so daß ab einer
malerweise ist die Suszeptibilität temperaturunabhän- bestimmten Temperatur – der Curie-Temperatur –
gig. Ausnahmen hiervon machen Sb, Bi, Ga, Tl und wieder der ungeordnete, d.h. paramagnetische Zu-
C (als Graphit). stand, vorherrscht.
Paramagnetismus liegt vor, wenn sich die magneti- Antiferromagnetismus: Die Austauschkräfte können
schen Momente im atomaren Bereich unvollständig im Gitter auch zu einer paarweise antiparallelen
kompensieren. Die resultierenden magnetischen Mo- Ordnung der magnetischen Momente führen. Dieser
IV Magnetische Leitfähigkeit 235

Ordnungszustand heißt antiferromagnetisch. Nach 4 Magnetisierungskurve


außen hin ist ein solches System durchweg un-
magnetisch und verhält sich bei den üblichen Unter- Der Zusammenhang zwischen der erregenden Feld-
suchungen wie ein paramagnetischer Stoff. Auch stärke H und der daraus im Inneren des Werkstoffes
dieser Ordnungszustand wird thermisch aufgeho- resultierenden Flußdichte B, d.h. der Addition von J
ben. Die zugehörige Temperatur heißt Néel-Tempe- und m0H ist bei Werkstoffen mit hoher Permeabilität
ratur. im allgemeinen nicht linear. Der nur experimentell zu
ermittelnde Zusammenhang zwischen H und B wird
Ferrimagnetismus: Sind bei antiparalleler Ausrich-
durch die Magnetisierungs- oder Hysteresekurve (-
tung die magnetischen Momente ungleich groß, so
schleife) beschrieben (Bild IV-4). Für einen noch nie
verbleibt in einer Richtung ein resultierendes magne-
magnetisierten (oder einwandfrei entmagnetisierten)
tisches Moment, mit ähnlicher Wirkung wie bei
Werkstoff beginnt die Neu- oder Kommutierungskur-
ferromagnetischen Materialien. Dieser unvollständig
ve im Koordinatenursprung und wird im Anfangsbe-
kompensierte Antiferromagnetismus wird Ferri-
reich durch Wandverschiebungen (Bild IV-4 a), im
magnetismus genannt. In Bild IV-2 sind die mögli-
Hauptteil durch irreversible Drehungen (Bild IV-4 b)
chen Ordnungszustände der magnetischen Momente
und, im Bereich bis zur Sättigungsflußdichte Bs (Bild
schematisiert zusammengestellt.
IV-4 c), durch reversible Drehungen bestimmt. Bei
gegen Null absinkender Feldstärke sinkt die Fluß-
dichte auf einem höher liegenden Kurvenast (Bild IV-
3 Magnetisierung 4 d) gegen die Remanenzflußdichte (Remanenzinduk-
Die Weiss’schen Bezirke sind durch Austausch- tion) Br ab. Dies ist die Auswirkung der irreversiblen
kopplungen bis zur Sättigung magnetisiert. Diese Drehungen, die erst durch eine entgegengerichtete
spontane Magnetisierung erfolgt im Kristallgitter Koerzitivfeldstärke – Hc wieder bis auf B = 0 gebracht
immer nur in den Richtungen der leichten Magneti- werden können. Eine weitere Steigerung von H in
sierbarkeit, den (magnetisch) leichten Richtungen. negativer Richtung führt zu einer negativen Sätti-
Beim kubischen Gitter des Eisens sind dies z.B. die gungsflußdichte, die ihrerseits erst wieder durch eine
Würfelkanten. Die Diagonalen dazu sind schwerer zu positive Koerzitivfeldstärke auf Null gebracht werden
magnetisiern, d.h. es liegen (magnetisch) schwere kann. Eine Rückkehr zum Koordinatenursprung ist
Richtungen vor. auf diese Weise nicht möglich. Der Werkstoff verfügt
Die Ausrichtung der magnetischen Momente erfolgt über eine Hysterese.
wegen der Weiss’schen Bezirke durch Wandver-
schiebungen und Drehprozesse. (Bloch-)Wandver- B
schiebungen (Bild IV-3b) sind für Magnetisierungen Br d reversible
Bs c Drehungen
mit kleinen Feldstärken wichtig. Mit zunehmender
Feldstärke müssen auch Bezirke magnetisiert werden, b irreversible
die mit dem aufmagnetisierenden Feld Winkel > 90° Drehungen
einschließen. Hierbei treten irreversible Drehungen –Hc a Wandverschiebungen
auf, wobei die spontan magnetisierten Bezirke ihre Hc H
Magnetisierungsrichtung um 180° ändern (Bild
IV-3c). Die weitere Ausrichtung bis zur Sättigung
erfolgt über einfache reversible Drehungen (Bild –Br
IV-3d). Die plötzlichen Richtungswechsel der Mag- –Bs
netisierung durch die irreversiblen Drehungen
sind auch unter dem Namen Barkhausensprünge Bild IV-4 Grundsätzlicher Verlauf und Entstehung
bekannt. einer Magnetisierungskurve oder Hystere-
seschleife (Erläuterungen im Text)

H H H Zur Entmagnetisierung muß von einer Sättigungs-


feldstärke, Punkt 1 oder 2 in Bild IV-5 mit allmählich
absinkenden Feldstärkewerten ständig ummagneti-
siert werden. Die gleichfalls mögliche thermische
a) b) c) d) Entmagnetisierung durch Überschreiten der Curie-
Temperatur dürfte nur in Sonderfällen anwendbar
Bild IV-3 Stufen der Magnetisierung sein.
a) ungestörter Zustand Verluste: Die Fläche der Hystereseschleife, d.h. das
b) (Bloch-)Wandverschiebung Integral der Funktion B von H, stellt eine „Ver-
c) irreversible Drehungen lustfläche“ A dar. Diese Verluste treten bei jedem
d) reversible Drehung Durchlauf der Kurve auf und sind damit der Frequenz
H magnetisierendes Feld zunehmender Stärke f proportional. Ist die Fläche der Hystereseschleife
236 Werkstoffkunde

B
1
B = Scheitelwert der sinusförmigen Flußdichte und
r = Dichte des Werkstoffes. Damit werden die im
3 allgemeinen zusammengefaßten Verluste p
5 p
B1 p = ph + pw (IV.8)
W/ kg
Bei konstanter Netzfrequenz f = 50 Hz sind die Ver-
luste nur noch von der Blechdicke d und der Aussteu-
H erung B abhängig. Da die Blechdicke für den allge-
meinen Fall variabel bleiben muß, die Aussteuerung
aber bis in den nichtlinearen Bereich durchgeführt
wird, ist die Flußdichte mit B = 1,0 T
6 und B = 1,5 T genormt. Daraus folgen die Verlust-
kennziffern p1,0 und p1,5, meist in W/kg angegeben.
4
2
5 Permeabilität
H
Eine der wichtigsten Kenngrößen magnetischer
Werkstoffe ist die Permeabilität m. Sie gibt den zah-
1 lenmäßigen Zusammenhang zwischen Flußdichte B
2 H~ und Feldstärke H an:
3
DB
4 m= (IV.9)
5 DH
6
D ist die zur jeweiligen Definition gehörige Diffe-
renz. Die Permeabilität m ist in die absolute Permea-
bilität m0 mit der Einheit H/m und eine weiter zu
definierende unbenannte Zahl mr aufzuspalten.
m = m0 ⋅ mr (IV.10)
mit
Bild IV-5 Entmagnetisierung (schematisch) m0 = 4 p ⋅10 −7 Vs / Am = 1,256 ⋅10 −6 H / m
B1 (Rest-)Vormagnetisierung, H∼ abklingendes, ent- Anfangspermeabilität = Steigung im Nullpunkt. Die
magnetisierendes Wechselfeld, 1, 2, 3, ... Umkehr- Anfangspermeabilität mA oder mi (engl.: i = initial)
punkte auf der Kommutierungskurve, d.h. abklingen- entspricht der Steigung der Neukurve im Ursprung
de Scheitelwerte von H∼, – . – . – Kommutierungs- (Bild IV-6a). Die formale Definition lautet:
kurve und – – – Ergänzung der (äußersten) Hystere-
seschleife. 1 B
m A = mi = ⋅ (IV.11)
m 0 H H → 0

B B
gleich den Verlusten A in Ws/m3 und das Materialvo- ^
B m~
lumen gleich V, so ergibt sich die, auf die Masse
mA
bezogene, Hysterese-Verlustleistung ph zu
m~
A⋅ f ph A f r
ph = (IV.6) mA
r W/ kg Ws/ m 3 s −1 kg/ m 3 ^
H H H
3
mit r = Dichte (kg/m ). Die elektrische Leitfähig-
a) b)
keit g der meisten magnetischen Werkstoffe führt zu
Wirbelstromverlusten pw, die sich, bei der Verwen- Bild IV-6 Wechselfeldpermeabilität
dung von dünnen Blechen der Dicke d und sinusför- a) Definition der Anfangs- (mA) und Wechselfeld-
miger Flußdichte B, nach der klassischen Wirbel- permeabilität (m∼) an der Kommutierungskurve
stromtheorie ergeben zu b) Wechselfeldpermeabilität m∼ in Abhängigkeit von
g  2 der magnetischen Feldstärke
p w = 1, 64 ( Bfd )
r
Da mit H = 0 keine Messungen mehr durchführbar
pw g r B f d
(IV.7) sind, ist hierfür ein sehr kleiner Wert (einige mA/cm)
W/ kg S/ m kg/ m 3 T s −1 m festgelegt. Ältere Angaben benennen m5, d.h. H =
V Magnetika 237

5 mOe = 4 mA/cm. In Anlehnung daran findet man B


oft auch als Angabe m4.
a)
Wechselfeldpermeabilität = Steigung bei großer Aus-
steuerung. Die Wechselfeldpermeabilität m∼ entspricht ΔB
der üblichen Permeabilitätszahl mr, mit der Definition ΔH
(Bild IV-6a):
1 B
m~ = ⋅ (IV.12)
m0 H H groß H
B
H wird zweckmäßig von H = 0 bis zu einem maxima-
Br
len Wert bei dem Bs erreicht wird geführt und das
Ergebnis als Diagramm über H aufgetragen (Bild b)
IV-6b). Für H = 0 geht m∼ dann in mA über. Ist zusätz-
lich zur Wechselfeldaussteuerung noch ein magneti- F
sierendes Gleichfeld H= vorhanden, so ergibt sich die
Überlagerungspermeabilität (s.a. mrev). ΔB
Reversible Permeabilität = Steigung innerhalb der mperm
Hystereseschleife. Wird ein magnetischer Werkstoff
mit einem Gleichfeld H= vormagnetisiert und mit
kleinen Wechselfeldstärken ausgesteuert, so ergeben
sich die in Bild IV-7a dargestellten Verhältnisse. H ΔH
Einer inneren Magnetisierungskennlinie folgend, ver-
läuft die Aussteuerung flacher gemäß: Bild IV-7 Permeabilitäten innerhalb der Hysterese-
kurve
1 DB
m rev = ⋅ (IV.13) a) Reversible Permeabilität
m 0 DH DH → 0, H = ≠ 0 b) Permanente Permeabilität
DB und DH liegen dabei immer innerhalb der Hyste-
reseschleife. mrev sollte meist groß sein, damit trotz magnetik wichtig ist. Der Arbeitspunkt liegt im 2.
Gleichstromvormagnetisierung der magnetische Kreis (oder 4.) Quadranten (Bild IV-7b). Da bei Dauer-
noch einen genügend großen induktiven Widerstand magneten die Flußdichte – und deren Konstanz – die
aufweist. entscheidende Größe ist, sollte mperm ⯝ 1 sein, um bei
Ein Sonderfall der reversiblen Permeabilität ist einem störenden Wechselfeld keine Änderungen des
die permanente Permeabilität mperm, die in der Dauer- magnetischen Arbeitspunktes zu verursachen.

V Magnetika
Tabelle V-1 Übersicht über Magnetika
(Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Metalloxide ohne Fe2O3)

Metalle Metalloxide
(Ferrite)
reine Metalle Legierungen
weich hart weich hart weich hart
Fe – Fe – Si Fe – Al – Ni Mn – Zn – O Ba – O
Ni Fe – Ni Fe – Al – Ni – Co Ni – Zn – O Sr – O
Co Fe – Co Fe – Ni – Cu Mg – Mn – O
(Gd) Fe – Al Fe – Co – V Y – O (Gra-
nat)
Cu – Mn – Al Pt – Co
Co – Sm
238 Werkstoffkunde

Bei den Magnetika werden vom Werkstoff her Me- 2 Weichmagnetika


talle und deren Legierungen sowie Metalloxide (Fer-
rite) und, nach den Anwendungseigenschaften, Weichmagnetische Werkstoffe sind durch eine Koer-
Weich- und Hartmagnetika (Dauermagnete) unter- zitivfeldstärke von Hc < 1 kA/m gekennzeichnet.
schieden. In Tabelle V-1 ist eine grundsätzliche, aber Unter den Elementen kommen nur weichmagnetische
nicht vollständige, Übersicht der magnetischen Werk- Stoffe vor, und zwar die Ferromagnetika Eisen,
stoffe zusammengestellt. Nickel, Kobalt sowie das für die Praxis bedeutungslo-
se Gadolinium (Curietemperatur 16 °C).
1 Metalloxide (Ferrite) Metalle: Eisen wird als Weicheisen für Relais und als
Karbonyl-Eisen(pulver) in geringem Umfang für
Ferrite der Elektrotechnik sind chemische Verbin- Hochfrequenzkerne und zur Abbildung von Magnet-
dungen des Eisen(III)-oxids Fe2O3 mit zweiwertigen feldern (Bittersche Methode) benutzt. Nickel findet
Metalloxiden (M″O) vom allgemeinen Typus rein gelegentlich (im Sättigungsbereich) Anwendung
M″O ⋅ Fe2O3 als magnetostriktiver Ultraschallgeber, ansonsten
Die Gitterstruktur der am meisten verbreiteten kubi- dient es, ähnlich wie Kobalt, als Legierungsbestand-
schen Ferrite entspricht der des Halbedelsteins Spi- teil für verschiedene magnetische Werkstoffe. Von
nell. In der normalen kubischen Spinellstruktur mit den übrigen Metallen gilt in erster Näherung, daß die
ihrem flächenzentrierten Sauerstoffionen-Gitter (Bild Schwermetalle (z.B. Cu, Ag, Bi, Au usw.) diamagne-
V-1) befinden sich die zweiwertigen Metallionen tisch und die Leichtmetalle (z.B. Al, Mg, Na, Ca
(Punkte in Bild V-1) auf Tetraederplätzen und die usw.) paramagnetisch sind.
dreiwertigen (Dreiecke in Bild V-1) auf Oktaeder- Legierungen: Eisen ist mit verschiedenen Legie-
plätzen. Vertauschen die zwei- und dreiwertigen rungszusätzen wie Si, Ni, Co, Mo u.a. der wichtigste
Ionen ihre Plätze, entstehen die inversen Spinelltypen. magnetische Werkstoff. Neben den Zusätzen haben
Nur diese und die aus beiden bestehenden Mischty- auch die Art der Behandlung z.B. warm- oder kalt-
pen liefern magnetische Ferrite. Sie sind vom Prinzip gewalzt, nachgeglüht usw. erheblichen Einfluß auf
her ferrimagnetisch. Als Metalloxide sind die Ferrite die Verluste (p1,0 bzw. p1,5) eines Elektrobleches.
keramische Werkstoffe und daher elektrische Nicht- Höherwertige Bleche sind durchweg kornorientiert.
leiter. Für die Unterscheidung von Elektroblechen ist häufig
noch die veraltete Bezeichnung Dynamoblech mit den
Abstufungen Dyn.-Bl. I ... IV zu finden. Die heutigen
enger tolerierten Anforderungen bedienen sich gemäß
DIN 46400 einer Viererkombination aus Buchstaben
und Zahlen, Tabelle V-2.
In der Tabelle V-3 sind für einige nach dem genann-
ten Schema bezeichnete Werkstoffe, neben der Werk-
stoffnummer, die Grunddaten zusammengestellt.
Bevorzugtes Anwendungsgebiet sind Transformato-
ren, Motoren und Generatoren.
Werkstoffe für Übertrager behandelt DIN 41301
und 41302 sowie IEC 404-8-6. Der Kurzname be-
Bild V-1 Kristallgitter eines Spinells steht hierbei aus einem Buchstaben und einer
䊊 Sauerstoffion, 䊉 zweiwertiges Metallion und 䉭 drei- Ziffer, wobei, mit im Alphabet fortschreitenden
wertiges Metallion (zur besseren Übersicht sind die Buchstaben, die Legierungsanteile wachsen. A be-
Gitterplätze nur teilweise besetzt) deutet gar nicht oder schwach Si legiert, C definiert

Tabelle V-2 Bezeichnung von Elektroblechen

1. Kennbuchstabe V kalt oder warmgewalzt, nicht kornorientiert


VH kaltgewalzt, nicht schlußgeglüht
VM kornorientiert
2. Verluste Hundertfaches der Verlustkennziffer p1,0
3. Blechdicke Hundertfaches der Blechdicke in mm
4. Kennbuchstabe bei Kennbuchstabe V zusätzlich:
A kaltgewalzt oder
B warmgewalzt und geglüht
V Magnetika 239

Tabelle V-3 Grunddaten einiger Elektrobleche nach DIN 46400


(B25 = Flußdichte bei H = 25 A/cm)

Kurzname Werkstoff- d p 1, 0 p1, 5 B 25 Hc


mmax
nummer mm W/kg W/ kg T A/ m

V110-35A 1.0899 0,35 1,1 2,7 1,49


V130-35A 1.0898 0,35 1,3 3,3 1,49
V135-50A 1.0897 0,50 1,35 3,3 1,49
V230-50A 1.0893 0,50 2,3 5,3 1,54
V360-50A 1.0890 0,50 3,6 8,1 1,58
V90-35B 1.0883 0,35 0,9 2,3 1,47
V130-35B 1.0880 0,35 1,3 3,3 1,47 ≈ 100
V110-50B 1.0879 0,50 1,1 2,7 1,47 ≈ 5 000
... 300
V170-50B 1.0875 0,50 1,7 4,1 1,48
V230-50B 1.0873 0,50 2,3 5,4 1,51
VH280-50 1.0361 0,50 2,80 6,60 1,62
VH430-50 1.0363 0,50 4,30 10,50 1,58
VH330-65 1.0364 0,65 3,30 8,00 1,62
VH500-65 1.0366 0,65 5,00 12,00 1,58
VM89-27 1.0865 0,27 0,89 1,40
VM97-30 1.0861 0,30 0,97 1,50 ≈1 ≈ 30 000
VM111-35 1.0856 0,35 1,11 1,65

mit Si legiert, D sind Ni-Legierungen, E und F sind alle Magnetwerkstoffe noch Eigennamen der Herstel-
hoch nickelhaltig und noch weiter legiert. Die Tabelle ler, z.B. Vacofer für Werkstoffe der Klasse A, Mume-
V-4 gibt eine Übersicht über einige Werkstoffe dieser tall aus Klasse E oder Vacuflux bei Klasse F von der
Klasse. Zusätzlich zu den DIN-Bezeichnungen haben Firma Vacuumschmelze GmbH.

Tabelle V-4 Grunddaten einiger Übertragerwerkstoffe nach DIN 41301


Werkstoffsorte Chemische d Hc Bs Tc m16 m4 p Kennzeichnende
Zusammen- Eigenschaften,
setzung
mm A/m T °C W/ kg Verwendung
Kurzname Werkstoff-
nummer
A0 1.3850 Stahl mit 0,5 100 2,03 750 450 – – Permeabilität
≈ 2,5 ... 4,5% Si 0,35 bei kleinen
Feldstärken
A2 1.3852 0,35 60 2,0 750 900 –
A3 1.3853 0,35 35 1,92 750 900 –
0,20 750 –
C2 1.3856 Stahl mit 0,35 30 2,0 750 1300 – p1,5 ≈ 1
≈ 3,5 ... 4,5% Si
C5 1.3859 0,35 15 2,0 750 abhängig von
Walzrichtung
D1a 1.3915 Stahl mit 0,35 50 1,3 250 2400 – p1,0 ≈ 0,5 ... 1 Herstellung von
≈ 36 ... 40% Ni 0,05 2300 – Übertragern in
der Nachrich-
0,35 2200 – tentechnik
0,1
D3 1.3916 0,35 15 1,3 250 2900 –
0,05 2500 –
E3 2.4591 Ni – Fe-Legierung 0,35 2 0,7 – 0,8 400 – 20 000 p0,5 ≈ 0,03
mit ≈ 75% Ni, 0,05 – 16 000
weitere Zusätze
E4 2.4592 0,35 1 0,6 – 0,8 270 – 35 000
0,05 400 – 30 000
F3 1.3922 Ni – Fe-Legierung 0,35 10 1,5 470 – 4 000 p1,0 ≈ 0,03
mit ≈ 50% Ni 0,05
240 Werkstoffkunde

Nickel ist, wie schon Tabelle V-3 zeigt, von größtem Kernbleche: Während für Großtransformatoren die
Einfluß auf die magnetischen Eigenschaften von Kernbleche aus Plattenmaterial dem jeweiligen Be-
Eisen. Während ca. 75% Ni einen hochpermeablen darf entsprechend zugeschnitten werden, ist für
Werkstoff mit mA > 104 liefert, sinkt bei ca. 25 ... 30% Kleintransformatoren die Anwendung vorgefertigter
Ni die Curie-Temperatur unter die Raumtemperatur, Kerne bzw. Kernbleche zweckmäßiger. Material- und
so daß unmagnetische Stähle entstehen. Für die fertigungsmäßig sind die abfallosen EI- (Bild V-3a)
Technologie ist die gute Auswalzbarkeit von Fe – Ni- bzw. UI-Schnitte (Bild V-3c) besonders günstig. In
Legierungen bis in den Bereich von d ⯝ 50 mm Varianten zu diesen Schnitten werden die „I’s“ durch
wichtig. Für extrem dünne Schichten im mm-Bereich ein mehr oder weniger vollständiges E (Bild V-3f)
der Halbleitertechnologie sind hochpermeable Legie- bzw. U ersetzt. Es entstehen dann EE- bzw. UU-
rungen mit 78% Ni aufdampfbar. Formen, bei denen die Luftspalte der Kerne innerhalb
Amorphe Metalle: Unter dieser Bezeichnung oder auch der Wicklungen liegen. Eine spezielle Variante der E-
unter dem Namen Metallgläser werden weichmagne- Kernform ist der Drehstrom-E-Kern, mit drei gleich
tische Werksttoffe mit extremen Eigenschaften ge- breiten Stegen. Eine verarbeitungsmäßig aufwendige,
liefert. Es handelt sich dabei um Legierungen auf für geringe Luftspalte aber beste Kernblechform ist
Fe – Ni- bzw. Co – Ni – Fe-Basis, die nicht kristallin der M-Schnitt (Bild V-3b). Der Luftspalt d kann von
sind! Diese Eigenschaft wird durch eine außerordent- „klemmender Zunge“, d.h. verschwindendem Luft-
lich hohe Abkühlgeschwindigkeit von ca. 106 K/s, spalt, bis zu einer Breite von mehreren Millimetern
d.h. 1000 K/ms, beim Erstarren aus der Schmelze und variiert werden. Um die Lage der Bleche auch im
bis zu 25% kristallisationsverzögernde Zusätze er- fertigen Transformator kontrollieren zu können, sind
reicht. So ist z.B. die Co-Ni-Fe-Legierung der Fa. Va- die Bleche an einer Ecke (oben rechts in Bild V-3b)
cuumschmelze GmbH als O50Ni20Fe6Si12B12 aufge- abgeschrägt. Philbertschnitte in PU- (Bild V-3d) oder
baut. Die bestechendste Eigenschaft derartiger Werk- in PL-Form (Bild V-3e), mit den verbreiterten Quer-
stoffe ist die in Bild V-2 erkennbare hohe Permeabi- stegen in den magnetisch schweren Richtungen,
lität. Im Gegensatz zu anderen Weichmagnetika nutzen bei Gosstexturen (leichte Richtungen längs,
weisen diese Werkstoffe aber erhebliche Härte- (⯝ schwere Richtungen quer und in Dickenrichtung der
1000 HV02) und Zugfestigkeitswerte (Rm ⯝ 2 kN/ Bleche) das Material besser aus. Die beste Ausnut-
mm2) auf. Die thermische Belastbarkeit ist nicht zung der Gosstextur liefert der herstellungs- und
durch die Curie-Temperatur, sondern durch die Kris- verarbeitungsmäßig aufwendige Schnittbandkern
tallisationstemperatur von ca. 400 ... 500 °C begrenzt. (Bild V-3h und k). Der für das Einbringen in die
Die bei anderen hochpermeablen Materialien ge- Wicklungen geteilte Kern ist an den Trennflächen
fürchtete Empfindlichkeit gegen mechanische Be- sorgfältig geschliffen und muß in der Fertigung
anspruchungen tritt bei amorphen Metallen nicht auf. immer wieder mit den einander zugehörigen Flächen
zusammengebracht werden.
Für rationelle Fertigungen sind fertig geklebte Blech-
pakete in EE-Form oder als Steckkerne, die über
106
Kerben (K) und Vorsprünge (N) einrastend zusam-
menhalten (Bild V-3g und i), trotz magnetisch un-
m~ Co-Ni-Fe günstigerer Eigenschaften (Luftspalt) vorteilhaft.
Um die durch dünne Bleche niedrig gehaltenen Wir-
belströme auch in einem Blechpaket klein zu halten,
105 sind die einzelnen Bleche elektrisch voneinander zu
isolieren. Diese Maßnahme hat einen Verlust an
Fe-Ni Eisenquerschnitt zur Folge, der durch den Eisenfüll-
faktor gekennzeichnet wird. Er gibt den relativen
Anteil des Eisens an der gesamten magnetischen
Querschnittsfläche an. Mit sinkender Blechdicke
104 sinkt auch der Füllfaktor, da die Isolation nicht belie-
big dünn gemacht werden kann. Für die üblichen
Blechdicken von 0,25 ... 0,5 mm liegt der Eisenfüll-
faktor bei 95%. Er kann bei sehr dünnen Blechen bis
etwa 35% absinken.
^
103 H
0,1 1 10 A/m Weichmagnetische Ferrite: Wegen der Nichtleiter-
eigenschaften der Ferrite, und den damit fehlenden
Bild V-2 Wechselfeldpermeabilität amorpher Metal- Wirbelstromverlusten, sind sie besonders für hohe
le (Metallgläser) Frequenzen und die Nachrichtentechnik interessant.
Beispiel: Vitrovac der Fa. Vacuumschmel- Die praktisch genutzten Werkstoffe sind alle sog.
ze GmbH (f = 50 Hz) Mischferrite. Dementsprechend auch die Bezeich-
V Magnetika 241

Pv
c
c mW/g
d 200 mT
102 100 mT
c c 2c c c c 2c c
4c
50 mT
c 10 1
6c
a) b) 25 mT

100

c c c 3c c c c 6c c c c
10–1

c) d) e)
f
10–2 –1
10 100 101 102 kHz
c 2c c c c c a)

20 MHz
N Pv
K

0.5
0.2
mW/mm3

10
f) g) h)

5
2
1
1

10–1

10–2

10–3
i) k)
10–4
Bild V-3 Blechschnitte für Kleintransformatoren
a) EI-Kernblech (abfallarm)
b) M-Kernblech oder Mantelkernblech mit oder 10–5
(fast) ohne Luftspalt d
c) UI-Kernblech (abfallarm) 10–6
d) Philbertkernblech PU
e) Philbertkernblech PL 10–7 B
^

f) EE-Kernblech 10–1 100 101 102


mT
g) und i) Steckkern(blechpaket) b)
h) und k) Schnittbandkern
Bild V-4 Darstellung der Kernverlustleistung pv bei
Ferriten
nungen wie Mn – Zn-Ferrit o.ä. Für Ferrite typisch a) Verlustleistung in mW/g in Abhängigkeit von der
sind die geringen Sättigungsflußdichten von ca. Frequenz mit der Spitzenflußdichte als Parameter
0,3 ... 0,5 T. Als keramische Werkstoffe sind sie mit (Sifferit N22 von Siemens AG)
r = 3 ... 5 g/cm3 von geringer Dichte, absolut korro- b) Verlustleistung in mW/mm3 in Abhängigkeit von
sionsbeständig und schlechte Wärmeleiter. Die bei der Spitzenflußdichte mit der Frequenz als Para-
hohen Aussteuerungen auftretende Verlustwärme ist meter (Ferroxcube 4B1 von Valvo)
demgemäß nur schwierig abzuführen. Wegen der
Fequenzabhängigkeit werden die Verluste in Dia-
grammen über der Frequenz (Bild V-4a) mit der Mn – Zn-Ferrite sind hochpermeabel mit mi-Werten
Aussteuerung als Parameter oder über der Austeue- von 1000 bis gegen 10 000. Ihre elektrische Leit-
rung (Bild V-4b) mit der Frequenz als Parameter fähigkeit ist mit g ⯝ 1 S/m für Ferrite hoch, ebenso
dargestellt. Zu beachten ist noch die für tiefe Fre- die Sättigungsflußdichte mit 0,5 T. Sie sind aus
quenzen oft sehr hohe Permittivitätszahl der Ferrite, diesen Gründen in geringem Maße auch für Leistungs-
die bei hohen Frequenzen stark absinkt. übertrager geeignet.
242 Werkstoffkunde

Ni – Zn-Ferrite sind die verbreitetsten Ferrite über- kommt, sollte diese und damit Br und Hc groß sein.
haupt. Die Anfangspermeabilität liegt bei mi ⯝ Die Energiedichte, das Produkt aus korrespondieren-
100 ... 1000. Der nutzbare Frequenzbereich reicht bis den B- und H-Werten, weist ein Maximum, das
oberhalb 100 MHz. Wegen der geringen elektrischen Energieprodukt (B ⋅ H)max auf (Bild V-6b). Es ist ein
Leitfähigkeit von g ⯝ 10–5 S/m kann in vielen Fällen für einen Magnetwerkstoff charakteristischer Wert.
die Wicklung direkt ohne Zwischenisolation auf den
B
Ferritkörper aufgebracht werden. I
Ba – Co-Ferrite können noch, allerdings mit erhebli-
chen Verlusten, bis zu sehr hohen Frequenzen genutzt II Ba
werden. Sie finden daher bevorzugt für Entstördros-
seln Verwendung.
III
Kernformen: Die Bauformen der ferritischen E-Kerne
(Bild V-5a) schließen an die entsprechenden Blech-
schnitte an und sind so ausgelegt, daß sie in die
Wickelkörper der Blechkerne passen. Für höhere H BH (BH)max
Frequenzen kommen dann die Spulenkörper in Form a) b)
von Schalen-, X- und RM-Kernen in Frage (Bild Bild V-6 Entmagnetisierungskurve und Energiedichte
V-5b, c und d). X- und RM-Kerne sind Bauformen, a) Entmagnetisierungskurve im 2. Quadranten, I re-
die dem geringen Platzangebot in gedruckten Schal- versibler Bereich, II Knickbereich, III irreversibler
tungen besser entsprechen als die Rundformen. Dar- Bereich, Ba und Ha Flußdichte bzw. Feldstärke im
über hinaus gibt es noch eine große Anzahl verschie- Arbeitspunkt
dener Kernformen wie Stäbe, Schraubkerne, Ein- und b) Energiedichte B ⋅ H in Abhängigkeit von der Fluß-
Mehrlochkerne usw. dichte B, mit höchster Energiedichte (B ⋅ H)max
30 7,7
11
5,4

21,2
26

Luftspalt
30,4

16,3
Luftspalt
a) b)
24,5

45° 10,8
Luftspalt

19
,7
4,4
2,5

4,4
17
23,2
24,5

11,2
,6

9,6 Luftspalt 16,5


23

15,6

c) d)
Bild V-5 Einige Ferritkerne mit ihren Hauptabmessungen
a) E-Kern: E30
b) Schalenkern: S26 × 16
c) X-Kern: X26
d) RM-Kern: RM8

3 Hartmagnetika (Dauermagnete) Entmagnetisierungskurve (Bild V-6a): Sie ist mit dem


(DIN 17410) reversiblen Bereich I, dem Knickbereich II und dem
irreversibler Bereich III in unterschiedliche Nut-
Hartmagnetisch ist ein Werkstoff mit Hc > 1 kA/m zungsbereiche aufgeteilt. Im reversiblen Bereich, mit
(10 A/cm). seinem linearen Teil, erfolgen Arbeitspunktänderun-
Da die in einem Dauermagneten gespeicherte Energie gen – z.B. durch äußere Felder – auf dieser Kenn-
über die Fläche der Hystereseschleife zum Ausdruck linie. Im Knickbereich und auch im irreversiblen
V Magnetika 243

Bereich verlagern äußere Felder den Arbeitspunkt auf FeAlNi- und FeAlNiCo-Legierungen (Bild V-8b und
innere Kennlinien der Entmagnetisierungskurve. c) mit Energieprodukten von 10 ... 30 kJ/m3 sind auch
Diese ist bei Dauermagnetwerkstoffen häufig als heute noch die wichtigsten Magnetwerkstoffe. Es
Polarisationskurve, d.h. J = f(H) dargestellt. Bild V-7 handelt sich hierbei um Ausscheidungslegierungen,
zeigt die Zusammenhänge hierzu, indem von der die erst durch eine Wärmebehandlung (Tempern),
bekannten B = f(H)-Kurve (dick ausgezogen) die gegebenenfalls unter Einwirkung eines Magnetfeldes
Vakuumflußdichte m0H abgezogen ist. Während der (Formanisotropie), die gewünschten Eigenschaften
Remanenzpunkt für beide Kurven gleich bleibt, ist erhalten. Diese Legierungen sind sehr hart und nur
die Koerzitivfeldstärke unterschiedlich. Bei der durch Schleifen zu bearbeiten.
Koerzitivfeldstärke BHc wird die Flußdichte B, d.h.
die Flußdichte des Systems auf Null gebracht. Bei der B
Koerzitivfeldstärke JHc wird die dem Werkstoff T
zugehörige Polarisation auf Null gebracht. Aus die-
sem Grunde ist für die Werkstoffcharakterisierung bei c 1.2
Dauermagneten die Kurve J = f(H) wichtig. Im Ideal-
fall würde JHc → ∞ und die Sättigungspolarisation Js 1.0
gleich der Remanenzflußdichte Br werden, die einem
0.8
äußeren Feld m0H entgegenwirkt. Die Flußdichte B
des (idealen) Gesamtsystems wird dann: e 0.6
B = Br – m0H (V.1) d
b 0.4
B
J B = f(H) g
0.2
Bsat f a
H 600 500 400 300 200 100 0
kA/m
B = μ0 H
Bild V-8 Entmagnetisierungskurven einiger Hart-
J = f(H) magnetika
Br
a) Kobaltstahl (FeCo15)
b) AlNi120 (FeNi26Al13Cu3Ti, z.B. Reco 120 von
Valvo)
–H JHC BHC Hsat H c) AlNiCo500 (FeCo24Ni15Al9, z.B. Ticonal 750
von Valvo)
d) Platin – Kobalt (PtCo23)
–B e) SE-Co (im wesentlichen SmCo5, z.B. Vaco-
Bild V-7 Zusammenhang zwischen Flußdichte B und max 155 der Vacuumschmelze GmbH)
Polarisation J (Erläuterungen im Text) f) betonter Ba-Ferrit (z.B. Koerox 330 der Krupp
Widia-Fabrik)
g) normaler Ba-Ferrit (z.B. Koerox 300 der Krupp
Damit fällt die „ideale Entmagnetisierungskennlinie“ Widia-Fabrik)
linear von Br bis BHc = Br/m0H mit der Steigung der
idealen permanenten Permeabilität mperm = 1 ab.
FeNiCu- und FeNiCuCo-Legierungen mit Energie-
Die Entmagnetisierungskurve als B = f(H) stellt die
produkten um 10 kJ/m3 zeichnen sich durch leichte
im allgemeinen nichtlineare Innenleitwertkennlinie
Bearbeitbarkeit aus.
des Werkstoffes dar. Der jeweilige Innenleitwert Li
folgt dann zu Selten-Erd-Magnete oder SECo-Magnete (Bild
V-8e), mit Energieprodukten von 200 kJ/m3 und
Li = m0 ⋅ mp (V.2) mehr, ist eine Kurzbezeichnung für Magnetwerkstoffe
mp = Permeabilität des Magnetwerkstoffes im Arbeits- auf der Basis Seltene Erdmetalle–Kobalt. Wichtigster
punkt. Für ein Dauermagnetfeld in Luft gilt aber Vertreter der Seltenen Erden ist dabei Samarium
mr = 1, d.h. bei Anpassung eines Dauermagnetwerk- (Sm). Die permanente Permeabilität erreicht bei
stoffes an Luft muß ein Arbeitspunkt gefunden wer- diesen Materialien sehr genau den Wert 1.
den, bei dem mp = mr = 1 ist! Ein guter Dauermagnet- Hartmagnetische Metalloxide (Ferrite): Die hart-
werkstoff muß also eine Entmagnetisierungskennlinie magnetischen Ferrite haben, genau wie die weich-
aufweisen, die möglichst weit oberhalb und gut magnetischen, eine geringe Dichte, hohe Korrosions-
parallel zur Geraden B = m0H (in Bild V-8 gestrichelt beständigkeit, geringe Remanenzflußdichte und
und zum besseren Vergleich aus dem Nullpunkt niedrige Curie-Temperatur. Bild V-8 zeigt in f und g
verschoben) verläuft. Entmagnetisierungskurven von Ba-Ferriten. Neben
244 Werkstoffkunde

der geringen Remanenzflußdichte fallen die hohe Ba-Ferrit: Hier kommt eigentlich nur der hexagonale
Koerzitivfeldstärke und die Steigung mit mperm ⯝ 1 Ba-Ferrit vom Typus BaO ⋅ 6 Fe2O3 mit einem Ener-
auf. Als keramische Werkstoffe sind Ferritmagnete gieprodukt von 25 kJ/m3 für die technische Anwen-
nicht nur mechanisch hart, sondern auch bruchemp- dung in Betracht. Er liegt sowohl isotrop als auch
findlich. Der spezifische Widerstand aller Ferrit- anisotrop, meist noch mit geringen Zusätzen von Sr,
magnete ist mit r > 10 Ωm sehr hoch, wodurch sie Pb und/oder Co vor. In der Tabelle V-5 sind die
selbst in hochfrequenten Feldern eingesetzt werden Daten einiger typischer Dauermagnetwerkstoffe zu-
können. sammengestellt.

Tabelle V-5 Daten einiger typischer Dauermagnetwerkstoffe


Werkstoff- ( BH ) max mperm Herstellung,
Werkstoff Dichte Br B Hc J Hc Tc
nummer r kJ / m 3 T kA/ m kA/ m K Bearbeitung
g/ cm 3
Kurzname DIN IEC

Legierungen Herstellung:
Gießen oder
Isotrop Sintern. Bei
AlNiCo9/5 1.3728 R 1-0-3 6,8 9,0 0,550 44 47 4,0 ... 5,0 1030 Magneten
AlNiCo18/9 1.3756 – 7,2 18,0 0,600 80 86 3,0 ... 4,0 ... mit Binder
AlNiCo7/8p 1.3715 R 1-2-3 5,5 7,0 0,340 72 84 2,0 ... 3,0 1180 Pressen oder
Spritzen.
Anositrop Bearbeitung:
Schleifen.
AlNiCo35/5 1.3761 – 7,2 35,0 1,120 47 48 3,0 ... 4,5 1030
Verwendung:
AlNiCo44/5 1.3757 R 1-1-2 7,2 44,0 1,200 52 53 2,5 ... 4,0 ... max.
AlNiCo52/6 1.3759 – 7,2 52,0 1,250 55 56 1,5 ... 3,0 1180 400 ... 500 °C
AlNiCo60/11 1.3763 R 1-1-6 7,2 60,0 0,900 110 112 1,5 ... 2,5
AlNiCo30/14 1.3765 – 7,2 30,0 0,680 136 144 1,5 ... 2,5

FeCoVCr11/2 2.4570 R 3-1-3 – 11,0 0,800 24 24 2,0 ... 8,0 1000


FeCoVCr4/1 2.4571 – – 4,0 1,000 5 5 9,0 ... 25,0

ReCo80/80 – R 5-1-1 8,1 80 0,650 500 800 1,05 1000


ReCo120/96 – R 5-1-2 8,1 120 0,770 590 960
ReCo160/80 – R 5-1-3 8,1 160 0,900 640 800
ReCo48/60p – R 5-3-1 5,2 48 0,500 360 600

Metalloxide Herstellung:
Sintern.
Isotrop
Kunststoff-
Hartferrit 7/21 1.3641 S 1-0-1 4,9 6,5 0,190 125 210 1,2 723 gebundene
Hartferrit 3/18p 1.3614 S 1-2-2 3,9 3,2 0,135 85 175 1,1 Magnete
durch Pres-
Anisotrop sen, Spritzen,
Hartferrit 20/19 1.3643 S 1-1-1 4,8 20,0 0,320 170 190 1,1 723 Walzen,
Hartferrit 20/28 1.3645 S 1-1-2 4,6 20,0 0,320 220 280 1,1 Extrudieren.
Bearbeitung:
Hartferrit 24/23 1.3647 S 1-1-3 4,8 24,0 0,350 215 230 1,1
Schleifen
Hartferrit 25/25 1.3651 S 1-1-5 4,8 25,0 0,370 230 250 1,1
Hartferrit 9/19p 1.3616 S 1-3-1 3,4 9,0 0,220 145 190 1,1
Hartferrit 10/22p – S 1-3-2 3,5 10,0 0,230 165 225 1,1
VI Dielektrische Eigenschaften 245

VI Dielektrische Eigenschaften

1 Modellvorstellungen nenhülle. Wegen der geringen Trägheit der Elektro-


nen folgt die Elektronenpolarisation Wechselfeldern
zur dielektrischen Polarisation bis zu den Frequenzen der UV-Strahlung. In Materia-
U+ lien mit instabilem Charakter der Elektronenvertei-
lung ist die Elektronenpolarisierbarkeit besonders
A
groß.
Ionenpolarisation verschiebt die Ionen unter dem
Einfluß des elektrischen Feldes und bewirkt eine
Deformation des Gitters. Der Stoff ist polar. Ionenpo-
E d larisation ist bis zu Frequenzen der IR-Strahlung
möglich. Ionen- und Elektronenpolarisation sind von
ähnlicher Größenordnung, kaum temperaturabhängig
und können unter dem Oberbegriff Deformations-
polarisation zusammengefaßt werden.
Ordnungspolarisation setzt Dipolmomente im mole-
kularen Aufbau voraus. Die einzelnen Dipole ordnen
U–
sich weitgehend in Feldrichtung (Bild VI-2), daher
Bild VI-1 Plattenkondensator Ordnungs- oder Orientierungspolarisation. Der Stoff
Ladung bei Spannung U bzw. Feldstärke E ohne und ist (di)polar. Der ordnenden Kraft des elektrischen
mit Dielektrikum (schematisch) Feldes wirken thermische Kräfte entgegen. Die Ord-
Ladung ohne Dielektrikum (freie Ladungen) nungspolarisation und Grenzfrequenz (bis etwa
zusätzliche Ladungen (durch das Dielektrikum 109 Hz) sind stark temperaturabhängig.
gebunde Ladungen)
+
– Dipole des Dielektrikums

In einem elektrischen Feld sammeln sich auf jeder


Platte (freie) Ladungen an (nicht schraffierte Kreise
in Bild VI-1). Wird der Raum zwischen den Platten
mit einem Dielektrikum gefüllt, so wirken auch darin
die Kräfte des elektrischen Feldes. Sie verursachen E=0 E=0
im atomaren bzw. molekularen Bereich eine Polari-
sation, d.h. eine Verschiebung positiver bzw. negati-
ver Teilchen, die als Beeinflussung vorhandener oder
durch Ladungsverschiebungen infolge der Wirkung
des elektrischen Feldes gebildeter Dipole verstanden
werden kann (Bild VI-1). Die Folge davon sind E a) E b)
zusätzliche Ladungen auf den Kondensatorbelägen,
sogenannte gebundene Ladungen oder auch influen- Bild VI-2 Ordnungspolarisation (schematisch)
zierte Ladungen. Die Ladung Q auf dem Kondensator Die zunächst regellos orientierten Dipole ordnen sich
mit Dielektrikum ergibt sich zu unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes E
a) Dipol-Darstellung
Q e0 A E b) Schema-Darstellung
Q = e 0 e r AE (VI.1)
As F/ m m 2 V/ m
Grenzflächenpolarisation tritt bei Dielektrika mit
A = (Kondensator-)Plattenfläche, E = Feldstärke, e0 = Einschlüssen guter Leitfähigkeit auf. Frei bewegliche
elektrische Feldkonstante oder absolute Dielektrizi- Ladungsträger der Einschlüsse können zu den Gren-
tätskonstante = 8,85 ⋅ 10–12 F/m und er = Permittivi- zen wandern und wie gebundene Ladungen wirken.
tätszahl oder relative Dielektrizitätszahl. Die Größe Diese Grenzflächenpolarisation führt zu einer höhe-
ke = er − 1 (VI.2) ren Polarisation als dem homogenen Material ent-
spräche und bewirkt ein er über dem des eigentlichen
heißt elektrische Suszeptibilität. Sie gibt, ähnlich wie Dielektrikums. Der Grenzfall tritt auf, wenn das
beim Magnetfeld, die durch die Materie zusätzlich Dielektrikum eine gewisse Leitfähigkeit zeigt. Eine
mögliche Feld(linien)dichte an. Unterscheidung zwischen Ladungsbewegung zur
Elektronenpolarisation ist die Verschiebung der Grenzflächenpolarisation und Leitfähigkeit ist dann
Ladungsschwerpunkte von Atomkern und Elektro- nicht mehr möglich.
246 Werkstoffkunde

Bild VI-3 zeigt schematisch den aus den verschiede- den. Derartige künstliche Piezoelektrika zeigen stär-
nen Mechanismen resultierenden Frequenzgang der kere Effekte als die natürlichen.
Polarisation. Die Endbereiche der verschiedenen Die bekanntesten natürlichen Piezoelektrika sind der
Polarisationsarten sind durch Steilabfälle der Permit- Quarz und der Turmalin. Künstliche Piezoelektrika
tivitäten und wegen der dabei auftretenden Resonanz- basieren auf Mischoxiden von Ba, Ti, Pb, Nb u.a.
erscheinungen durch starke Verluste gekennzeichnet Pyroelektrika sind polare piezoelektrische Materia-
(Bild VI-3b). lien mit einer spontanen Polarisation, die ihre Ursa-
che in getrennten Schwerpunkten der positiven und
er
negativen Ladungen in der Kristallstruktur hat. Weil
die Polarisation zwar mit der Temperatur veränder-
Ordnungs- lich, aber selbst bis zum Schmelzpunkt des Materials
polarisation nicht aufhebbar ist, heißt dieser Effekt pyroelektrisch.
Ionenpolarisation

Elektronenpolarisation
3 Elektrische Materialeinteilung
a) Isolatoren: Die wesentlichste Kenngröße eines Isola-
UHF IR UV f tors ist der Isolationswiderstand mit spezifischen
tand
Widerständen von r = 1010 ... 1020 Ωm. In der tech-
nischen Anwendung ist dabei noch zwischen
Durchgangs- und Oberflächenwiderstand zu unter-
UHF IR UV scheiden.
b) f
Durchgangswiderstand ist eine von den inneren
Bild VI-3 Frequenzabhängigkeit der Polarisation und Eigenschaften des Stoffes abhängige und für ihn cha-
der Verluste (prinzipieller Verlauf) rakteristische Größe. Er wird aus dem Querstrom I
a) Beiträge der verschiedenen Polarisationsmecha- bestimmt, den eine angelegte Spannung U
nismen zur Permittivität (Bild VI-4a) durch den Werkstoff treibt. Wegen einer
b) Bereiche ausgeprägter Verluste durch Resonanz- stets vorhandenen Anzahl freier Ladungsträger wird
erscheinungen dieser Querstrom niemals absolut zu Null. Unmittel-
tan d = Verlustfaktor, f = Frequenz, UHF = Ultrahoch- bar nach dem Anlegen einer Gleichspannung tritt
frequenz, IR = Infrarot(strahlung) und UV = Ultravio- noch ein Polarisationsstrom auf, der u.U. durch die
lett(strahlung) Trägheit der Dipolmomente eine merkliche Abkling-
zeit (Relaxationszeit) aufweist. Wird der Querstrom
durch Ionen verursacht (Materialtransport), so ist
2 Dielektrische Materialeinteilung über längere Zeit mit einer Zerstörung des Isolators
zu rechnen.
Die Elektronenpolarisation, mit der Verschiebung der
Elektronen gegenüber dem Atomkern, ist in allen
Stoffen von Null verschieden. Daraus folgt grund- Prüfling
sätzlich für alle Dielektrika eine Permittivität er > 1 I
bzw. eine positive elektrische Suszeptibilität. I U U
Ferroelektrika sind Materialien mit einer sehr großen U U
Permittivität (er ⯝ 104) und einer Hystereseschleife
mit Verschiebungsdichte D = f(E) bei der Aussteue- Prüfling
rung. Das Auftreten einer Koerzitivfeldstärke Ec führt a) b)
– in Anlehnung an den Begriff Magneten – zum Bild VI-4 Isolationswiderstand
Elektreten. (Mit Piezoelektrika ist dieser Effekt noch a) Durchgangswiderstand
stärker realisierbar.) b) Oberflächenwiderstand
Piezoelektrika reagieren mit einer Polarisation(sän- U = Spannung und I = Strom
derung) auf eine mechanische Deformation und
umgekehrt. Deformationsrichtung und Polarisations-
richtung – meist senkrecht zueinander – sind dabei Der Durchgangswiderstand nimmt mit steigender
einander fest zugeordnet. Temperatur ab. Der daraus folgende erhöhte Quer-
Bei einer Reihe von Materialien mit in kleinen Berei- strom trägt seinerseits zu einem Temperaturanstieg
chen geordneten Dipolen (auch hier Weiss’sche bei. Falls sich kein Gleichgewicht durch Ausgleich
Bezirke genannt) kann eine bei erhöhter Temperatur mit der Umgebungstemperatur einstellt, kommt es
erfolgte Ausrichtung der Dipolmomente über einen zum Wärmedurchschlag.
größeren Bereich durch Abkühlung „eingefroren“ Oberflächenwiderstand (Bild VI-4b) ist im strengen
und eine starke remanente Polarisation erzeugt wer- Sinne keine Materialeigenschaft, da Oberflächenbe-
VI Dielektrische Eigenschaften 247

schaffenheit und -verunreinigungen die entscheiden- tor tan d für die Beschreibung der Verluste maß-
den Faktoren sind. Verunreinigungen auf der Ober- gebend. In der Ersatzschaltung (Bild VI-5) liegt der
fläche eines Isolators ermöglichen Kriechströme. Die Kapazität C der Leitwert G parallel. Definitionsge-
dadurch verursachten Kriechspuren können die Ober- mäß ist der dielektrische Verlustfaktor das Verhältnis
fläche des Materials angreifen und die Leitfähigkeit von Wirk- zu Blindleistung, daraus folgt:
weiter erhöhen. Der Widerstand gegen die Kriech- G 1 G R C w
spurbildung, die Kriechstromfestigkeit, ist in der tan d = = (VI.4)
wC wRC S W F s −1
Praxis meist wichtiger als der Oberflächenwiderstand
selbst.
Durchschlagfestigkeit ist die beim Spannungsdurch- jvC
schlag eines Isolierstoffes wirksame elektrische YC
Feldstärke E0, in kV/cm oder kV/mm angegeben. Die
Durchschlagfestigkeit ist nur unter gleichen Bedin- C G d
gungen vergleichbar, da sie sowohl von der Elektro-
denform als auch Materialdicke abhängt (DIN 53481
bzw. VDE 0303). Im allgemeinen sinkt die Durch- G
schlagfestigkeit mit zunehmender Materialdicke. Die a) b)
Durchschlagfeldstärke ist auch noch von der An- Bild VI-5 Verlustbehafteter Kondensator
stiegsgeschwindigkeit der angelegten Spannung ab- a) (Parallel-)Ersatzschaltung, C = idealer Kondensa-
hängig. tor, G = Verlustleitwert
Wegen der Zeitabhängigkeit des thermischen oder b) Kapazitiver Leitwert Yc in der komplexen Ebene,
Wärmedurchschlages muß die Prüfung über Zeit d = Verlustwinkel
(> 40 s) erfolgen.
Für die Zuverlässigkeit elektrischer Geräte ist die mit w = Kreisfrequenz und R = 1/G. Das Produkt des
Isolationseigenschaft der Werkstoffe auch bei lang- Verlustfaktors tan d mit der Permittivität er liefert die,
zeitiger Temperaturbelastung wichtig. Man unter- besonders in der Kabeltechnik wichtige, (dielektri-
scheidet daher nach VDE bzw. IEC Wärmebestän- sche) Verlustzahl oder Verlustziffer
digkeitsklassen, wie sie in der Tabelle VI-1 aufge-
führt sind. e ′′ = e r ⋅ tan d (VI.5)

Tabelle VI-1 Wärmebeständigkeitsklassen nach DIN/IEC

Klasse Grenztemperatur °C Isolierstoffcharakteristika


Y 90 Organische Stoffe, ungetränkt
A 105 Organische Stoffe mit organischen Bindemitteln
E 120 Lackdrähte
B 130 Anorganische Stoffe mit organischen Bindemitteln
F 155 Anorganische Stoffe mit besonderen organischen Bindemitteln
H 180 Anorganische Stoffe z.B. mit Silikon
C > 180 Anorganische Stoffe ohne Bindemittel

Erfahrungsgemäß genügt für die Halbierung/Verdop- Eine weitere für Gleichstrom und niedrige Frequen-
pelung der Lebensdauererwartung bei einer Isolation zen angewandte Verlustdefinition ist über das Pro-
nach: dukt R ⋅ C (Gl. VI.4) als Isolationszeitkonstante oder
Klasse A eine um 8 °C erhöhte/verminderte Betriebstemperatur Isolationsgüte möglich. Sie wird in MΩ ⋅ mF oder
Klasse B eine um 10 °C erhöhte/verminderte Betriebstemperatur zahlen- und dimensionsgleich in s angegeben.
Klasse H eine um 12 °C erhöhte/verminderte Betriebstemperatur Aus den verschiedenen Arten der Polarisation folgen
Kondensatoren: Mit C = Q/U folgt für Kondensato- für die Dielektrika unterschiedliche Größenordnun-
ren die Kapazität C aus Gl. VI.1 zu gen der Permittivität, die in der Tabelle VI-2 einmal
A C e0 A d prinzipiell zusammengestellt sind.
C = e0 er (VI.3) Bei den keramischen Materialien wird in der Praxis
d F F/ m m 2 m
noch zwischen niederdielektrischer Keramik, NDK-
Als Werkstoffgröße ist die Permittivitätszahl er des Materialien, und hochdielektrischer Keramik, HDK-
Dielektrikums und der damit verbundene Verlustfak- Materialien, unterschieden.
248 Werkstoffkunde

Tabelle VI-2 Eigenschaften dielektrischer Werkstoffe

Stoff unpolar polar ferroelektrisch


er < 10 10 ... 100 > 100
Temperaturgang gering gering stark
Verluste gering gering stark frequenzabhängig

NDK-Materialien basieren auf nicht-ferroelektrischen Tabelle VI-3 Permittivitätszahlen einiger Werkstoffe


Titanaten. Temperaturgang, Verlustfaktor (10–4 bis
10–5) und Spannungsabhängigkeit von er sind gering. Material er
Die elektrische Langzeitstabilität ist gut.
Al2O3-Keramik 9,8
HDK-Materialien basieren auf ferroelektrischem
TiO2-Keramik 85
Bariumtitanat mit stark temperatur- und spannungs-
Quarzglas 3,8
abhängiger Permittivität. Der Verlustfaktor ist mit
Bor-Silikat-Glas 4–6
10–2 ... 10–3 recht hoch.
Kalk-Alkali-Glas 6–8
In der Tabelle VI-3 sind abschließend die Permittivi-
Porzellan 4–8
tätszahlen einiger ausgewählter Materialien zusam-
Glimmer 5–6
mengestellt.
Diamant (C) 5,6
Silizium (Si) 11,9
Germanium (Ge) 16,2
Steatit (SiO2/Al2O3/MgO) 6–7
Papier 4 – 5,6
Polyvinylchlorid (PVC) ≈3
Polyäthylen (PE) 2,3
Polypropylen (PP) 2,2
Polystyrol (PS) 3
Polycarbonat (PC) 2,8
Polytetrafluoräthylen (PTFE) 2,1

VII Dielektrika
Die Dielektrika lassen sich nach ihrem Vorkommen Wegen seines Piezoeffektes hat Quarz besondere
in natürliche und künstliche und nach ihrem chemi- Bedeutung als elektromechanischer Wandler und
schen Aufbau in anorganische und organische unter- Resonator zur Frequenzstabilisierung in der Nach-
teilen. richtentechnik.
Gase: Hierbei ist Luft mit einer Durchschlagfestig-
1 Natürliche anorganische Dielektrika keit von 20 ... 30 kV/cm der am häufigsten ange-
wandte Isolator. Technisch sind außerdem noch
Glimmer ist ein leicht spaltbares, schneid- und stanz- Stickstoff (N, E0 ⯝ 20 kV/cm), Kohlendioxid (CO2,
bares Naturprodukt mit hervorragenden elektrischen E0 ⯝ 24 kV/cm) und Schwefelhexafluorid (SF6,
Eigenschaften. Glimmerreste werden mit Kunsthar- E0 ⯝ 100 kV/cm) bedeutsam. Wegen der durch
zen verpreßt (Mikanit) oder nach einem Spezialver- erhöhten Druck verminderten Teilchenbeweglichkeit
fahren zu einem glimmerähnlich nutzbaren Vlies steigt die Ionisierungsfeldstärke für den Durchbruch
verarbeitet. E0 bis zu 1000 kV/cm, er ⯝ 6 ... 8, und damit auch die Durchschlagfestigkeit mit einer
tan d ⯝ 2 ⋅ 10–4. Druckerhöhung. Erschwert ionisierbar sind auch
Quarz ist reines Siliziumdioxid, hochtemperaturfest, elektronegative Gase, die bevorzugt als Halogenver-
mit geringer Wärmedehnung und guter UV- bindungen – z.B. CCl4, CCl2F2, CF4, SF6 u.a. – mit
Durchlässigkeit bis 185 nm. Abgeleitete Produkte großer Ionenmasse und dementsprechend niedriger
sind Quarzglas, Quarzgut, gezüchtete Quarzkristalle Wanderungsgeschwindigkeit genutzt werden. So hat
und Quarzmehl (Füllstoff). E0 = 300 ... 400 kV/cm, das technisch bedeutsame Schwefelhexafluorid (SF6)
er = 3 ... 4, tan d = 10–2 ... 10–6 (stark von der Reinheit eine um etwa den Faktor 2,5 höhere Durchschlag-
abhängig). festigkeit als Luft.
VII Dielektrika 249

2 Natürliche organische Dielektrika Endprodukt ist durch die Zusammensetzung und


geringe weitere Zusätze in weiten Grenzen beein-
Papier weist als Isolierpapier je nach Behandlung flußbar. Porzellane gehören zu den dichten kerami-
und Tränkung sehr unterschiedliche Eigenschaften schen Massen. Sie sind bei Raumtemperatur bestän-
auf. Durch Tränkung entstehen die Öl-, Öllack-, dig gegen Basen und Säuren (Ausnahme: Flußsäure)
Schellackpapiere- und Kunstharzpapiere mit E0 etwa und hochwiderstandsfähig gegen elektrische Funken.
25 ... 50 kV/mm gegenüber ca. 10 kV/mm bei einfa- Für das bei Isolatoren wichtige Hartporzellan betra-
chen Papieren. Vorteilhaft ist die geringe Dicke von gen E0 = 30 ... 35 kV/mm, er = 4 ... 8 und tan d =
Papierisolationen, nachteilig sind die hohen Verluste 0,02 ... 0,1.
mit tan d = 0,5 ... 10–2. er liegt bei 2 ... 8.
Titanate mit Barium (BaTiO3), Kalzium (CaTiO3)
Textilstoffe werden meist getränkt verarbeitet, wobei und Strontium (SrTiO3) erreichen als HDK-
besonders Lackseide (Ölseide) wegen der geringen Materialien sehr hohe Permittivitäten (er bis 104 bei
Dicke und der guten elektrischen und mechanischen Bariumtitanat, das auch piezoelektrisch ist). Für
Eigenschaften wichtig ist. Baumwolle und Seide NDK-Materialien auf Titandioxid-Basis (Rutil) kann
werden als Fäden und Bänder getränkt und unge- der Temperaturkoeffitzient TK in weiten Grenzen
tränkt als Umhüllungen für blanke und lackierte zwischen positiven und negativen Werten eingestellt
Drähte benutzt. werden. er = 102 ... 104 und tan d = 10–3 ... 10–5.
Öle sind als Isolieröle (DIN 5107) hochsiedende
Destillationsprodukte des Erdöls. Isolationswider-
stand und Durchschlagfestigkeit (5 ... 30 kV/mm)
4 Künstliche organische Dielektrika
sind besonders in dünnen Schichten günstig. Zellulosekunststoffe sind durch chemische Behand-
tan d ⯝ 10–3 und er = 2 ... 3 sind niedrig. Nachteilig lung von Zellulose erhaltene Fasern und Folien. Für
sind die starke Wärmedehnung, Temperaturabhän- Isolationen sind die blau eingefärbten Triazetat-
gigkeit der Viskosität, Entflammbarkeit, Feuchtig- (Tmax = 115 °C) und Azetobutyratfolien (Tmax =
keitsaufnahme aus der Luft und Alterung durch den 120 °C) wichtig. E0 ⯝ 20 ... 50 kV/mm, er = 4 und
Luftsauerstoff. Die Alterungsprodukte (Säuren, tan d ⯝ 0,01 ... 0,02.
Metallseifen, Schlamm u.ä.) erhöhen die Verluste und Chlophene sind thermisch und chemisch gut bestän-
mindern die Wärmeleitfähigkeit des Öls. Eine Rege- dige chlorierte Diphenyle, die jedoch bei Bränden
neration ist möglich. durch die Bildung von polychlorierten Biphenylen
(PCB) umweltgefährlich sind. Kunststoffe, z.B.
3 Künstliche anorganische Dielektrika phenolhaltige, können von Chlophenen angegriffen
werden! Bei der Entsorgung sind die Sondermüllvor-
Vorzugsweise Metalloxide, die als keramische Mas- schriften zu beachten. E0 ⯝ 200 kV/cm, er = 4,5 ... 6
sen teigig geformt, getrocknet und gebrannt ihre und tan d ⯝ 10–3. Als biologisch ungefährliche syn-
endgültigen Eigenschaften erhalten. Nachbearbeitung thetische Isolierflüssigkeit kann Pentaerythrit-Tetra-
ist wegen der Härte durchweg nur (naß-)schleifend ester eingesetzt werden. E0 ⯝ 200 kV/cm, er = 3,3
möglich. Für die praktische Handhabung sind noch und tan d = 10–3.
verschiedene Oberflächenbehandlungen notwendig:
Polykondensationsprodukte treten vorwiegend als
Metallisieren ist für die Kontaktierung bei Dielektrika Duroplaste auf, d.h. als Kunststoffe, die beim Erhit-
oder als Basismaterial für Hochfrequenzschaltungen zen vorübergehend schmelzen oder erweichen und
notwendig. dann in einen harten, unlöslichen und unschmelzen-
Glasieren und Lackieren dient zum Schutz der meist den Endzustand übergehen. Es gibt sie rein, modifi-
rauhen oder porösen Oberfläche gegen Verschmut- ziert und plastifiziert. Die wichtigsten sind:
zung und Feuchtigkeitsaufnahme. Phenoplaste (PF) in selbst- oder nichtselbsthärten-
Hydrophobieren ist eine besondere Art des Feuchtig- der Ausführung. Sie finden Anwendung bei Lacken,
keitsschutzes durch Aufbringen dünnster (bis mono- Preßmassen und Schichtstoffen (Hartpapiere und
molekularer) Silikonschichten, die durch ihre niedri- -gewebe). E0 ⯝ 5 ... 20 kV/mm, er = 4 ... 9, tan d =
gen Oberflächenspannungen wasserabweisend sind. 0,05 ... 0,3 und Tmax ⯝ 160 °C.
Metalloxide von Aluminium (Al2O3) und Titan (TiO2) Aminoplaste (HF) ähneln den Phenoplasten, sind im
werden hochrein wegen ihrer geringen Verluste Gegensatz dazu jedoch farbecht und lichtbeständig.
besonders bei hohen Frequenzen als Trägermaterial Sie haben glatte Oberflächen mit geringer Haftfähig-
eingesetzt. E0 ⯝ 10 kV/mm, Aluminiumoxid: er = 9,8 keit und werden für Lacke, Schichtstoffe und Preß-
und tan d = 10–4 (... 10–3), Titandioxid: er = 85 und massen verwandt. E0 = 10 ... 20 kV/mm, er = 5 ... 7,
tan d = 4 ⋅ 10–3. tan d ⯝ 0,1 und Tmax ⯝ 150 °C.
Porzellan hat als Ausgangsmaterialien Kaolin (Alu- Polyester(-harze) (PETP) sind flüssige bis elastische
miniumsilikat Al2O3 ⋅ SiO2 ⋅ H2O, Porzellanerde), oder auch splitterharte Kunstharze. E0 ⯝ 30 kV/mm,
Feldspat (Al2O3 ⋅ CaO2 ⋅ SiO2) und Quarz (SiO2). Das er ⯝ 3, tan d ⯝ 0,03 und Tmax = 110 °C.
250 Werkstoffkunde

Ungesättigte Polyesterharze (UP) nehmen eine Polytetrafluorethylen (PTFE) (Teflon) ist das gegen
Mittelstellung zwischen Kondensations- und Polyme- Chemikalien beständigste synthetische Material. Es
risationsharzen ein, da die über Katalysatoren erfol- ist außerordentlich korrosions-, feuchtigkeits- und tem-
gende Aushärtung bereits eine Polymerisation dar- peraturbeständig (Betriebstemperaturen von –200 ...
stellt. Thermisch nicht härtbare Typen von Polyestern 260 °C). E0 ⯝ 30 kV/mm, er ⯝ 2, tan d = 2 ⋅ 10–4 und
dienen zur Herstellung mechanisch und elektrisch Tmax = 280 °C.
hochwertiger Folien und Fasern. Mit Glasfasern als
Füllstoff ergeben die Polyesterharze die glasfaserver-
stärkten Kunststoffe (GFK). 5 Silikone
Epoxidharze (EP) werden wie Polyesterharze einge- Silikone sind Kunststoffe, bei denen die Kettenbil-
setzt, haben ihnen gegenüber jedoch eine höhere dung über das vierwertige Silizium erfolgt. Hervor-
mechanische Festigkeit und ein sehr hohes Haftver- stechend sind die hohe Temperaturbeständigkeit und
mögen auf beinahe allen Untergründen (Klebstoff). die geringen Temperaturbeiwerte der mechanischen
E0 ⯝ 40 kV/mm, er = 3 ... 5, tan d ⯝ 0,02 und Tmax = und elektrischen Daten. Silikone sind absolut tropen-
130 °C. fest und neigen nicht zu Schimmelansatz. Sie zeigen
gutes Kriechstrom- und Lichtbogenverhalten. Durch
Polyurethane (PU) sind lackartig als Lötlacke inte-
elektrische Funken entsteht isolierendes Silizium-
ressant. Tmax = 120 °C. Thermisch höher belastbar ist
dioxid und kein leitender Kohlerückstand wie bei
Polyesterimidlack. Die Durchschlagspannung derartig
organischen Stoffen. Nachteilig ist der grundsätzlich
isolierter Drähte liegt bei etwa 4 ... 6 kV,
höhere Preis gegenüber anderen Werkstoffen.
tan d ⯝ 0,01 (stark temperaturabhängig).
Silikonöle weisen nur eine geringe Änderung der Vis-
kosität zwischen – 60 ... 300 °C auf. Anwendung
Polymerisationsprodukte
(teuer) als Imprägniermittel und flüssiges Dielektri-
Vorwiegend Thermoplaste, d.h. in der Wärme weich
kum. E0 ⯝ 10 kV/mm, er ⯝ 3, tan d ⯝ 10–3 und
und in der Kälte zähhart bis spröde.
Tmax ⯝ 300 °C.
Polystyrol (PS) ist glasklar und spröde, hat niedrige
Silikonharze dienen zur Herstellung von warm- und
Verlustfaktoren noch bis zu sehr hohen Frequenzen
lichtbogenfesten, unbrennbaren Preßstücken. E0 =
und eine geringe Wasseraufnahmefähigkeit. Nachtei-
10 ... 30 kV/mm, er ⯝ 3, tan d = 2 ... 5 ⋅ 10–3 und Tmax
lig sind die geringe Wärmefestigkeit (Tmax = 75 °C),
= 100 ... 200 (u.U ... 300) °C.
schlechte Licht- und Wetterbeständigkeit sowie die
Gefahr von Spannungskorrosionen bei Kontakt mit Silikonelastomere (Silikonkautschuke) sind gummi-
Lösungsmitteln. Anwendung findet Polystyrol für elastische Massen mit Temperaturbeständigkeit und
Spritzgussmassen (meist schlagfestes PS), elektrisch Biegsamkeit zwischen ca. – 80 ... 250 °C. Sie finden
hochwertige Formteile und Folien für Kondensatoren Anwendung als Isolierungen und dauerelastische,
und HF-Kabel. E0 ⯝ 100 kV/mm, er ⯝ 3 und tan d = hochwarmfeste Verbindungen zwischen praktisch
3 ⋅ 10–4. beliebigen Werkstoffen. E0 = 10 ... 30 kV/mm, er =
3 ... 9, tan d = 0,01 ... 0,1 und Tmax ⯝ 180 °C.
Polyethylen (PE) hat Ähnlichkeit mit Paraffinen, eine
wachsartige Oberfläche, sehr geringe Wasseraufnah-
mefähigkeit, ist trüb und quillt wenig in polaren, aber Literaturhinweise
stark in unpolaren Lösungsmitteln und in der Hitze. [1] Boll, Richard: Weichmagnetische Werkstoffe.
Durch Vernetzung (VPE = Vernetztes PE), d.h. PUBLICIS MCD, 1990
Bildung von Riesenmolekülen aus den durch Polyme- [2] Cassing, Wilhelm; Hübner, Klaus-Dieter; Stank,
risation entstandenen langen PE-Fadenmolekülen, Wolfram: Praxislexikon Magnettechnik. Rennin-
lassen sich die mechanischen und thermischen Eigen- gen: Expert Verlag GmbH, 2004
schaften weiter verbessern. Der Isolationswiderstand [3] Fischer, Hans: Werkstoffe der Elektrotechnik.
ist mit 1017 Ω cm sehr hoch. PE findet Anwendung München: Hanser Fachbuchverlag, 2003
für Spritzgußmassen, Folien, elastische, sehr korro- [4] Gundlach, F.-W.; Meinke, Hans H.; Lange, K.;
sionsbeständige Formteile und Hochspannungskabel. Löcherer, K.-H. (Hrsg.): Taschenbuch der Hoch-
E0 ⯝ 100 kV/mm, er = 2,3, tan d ⯝ 10–4 und Tmax = frequenztechnik, 3 Bd. Berlin Heidelberg New
70 °C (unvernetzt) bzw. 90 °C (vernetzt, erhöhte York, Springer Verlag, 1992
Kurzschlußbelastbarkeit bei Kabeln). [5] Michalowski, Lothar: Magnettechnik, Grundla-
Polyvinylchlorid (PVC) ist ein weitverbreiteter, gen und Anwendungen, Fachbuchverlag Leipzig,
abriebfester und zäher Kunststoff mit guten Isola- 1995
tionseigenschaften. Achtung, beim Verbrennen oder [6] Siemens AG, Ferrite und Zubehör. EPCOS Bst.
Verschwelen wird HCl abgespalten! PVC findet für Nr. EPC 61002, 2002
Formteile, Folien und Isolationen vielfältige Anwen- [7] Spickermann, Diethart: Werkstoffe der Elektro-
dungen. E0 ⯝ 40 kV/mm, er = 3, tan d = 0,02 ... 0,1 technik und Elektronik. Würzburg: Vogel Verlag,
und Tmax = 70 °C. 2002
VII Dielektrika 251

[8] Münch, Waldemar von: Werkstoffe der Elektro- Diagramme und Daten wurden aus Veröffentlichun-
technik. Stuttgart: Teubner Verlag, 2004 gen folgender Unternehmen übernommen:

BASF Ludwigshafen
Normenblätter (Hinweise) DKI Deutsches Kupferinstitut, Berlin
Elektrobleche DIN 46400, DIN EN 10107, EBG Gesellschaft für elektromagnetische Werkstoffe
IEC 60404 mbH, Bochum
Werkstoffnummern DIN 17007, DIN EN 10027 Heusler KG, Dillenburg
Übertragerbleche DIN 41301 und 41302, Krupp Widia-Fabrik, Essen
IEC 404-8-6 Maurer Magnetic AG, Grüningen, Schweiz
Hartmagnetika DIN 17410, IEC 68(CO)85 Neosid Pemetzrieder KG, Halver
Weichmagnetika DIN IEC 68(212)CD Siemens AG, München
E-Kupfer DIN 40500 Vacuumschmelze, Hanau
Leitkupfer DIN EN 13604, ISO/TR 4745 Valvo, Hamburg
Isolation DIN IEC 60085, VDE 0390 Vogt electronic AG, Obernzell
Supraleitfähigkeit VDE 390, DIN EN IEC 61788
253

Grundlagen der Elektrotechnik


I Grundbegriffe

1 Aufbau der Atome 3 Spannung


Die Eigenschaften aller Elemente lassen sich durch Werden elektrische Ladungen getrennt, muß hierzu
den Aufbau der Atome erklären. Die Atome bestehen Arbeit verrichtet werden. Die Größe der Arbeit ist
aus einem Kern und einer Hülle. Der Atomkern proportional zur Ladungsmenge und kann durch die
besitzt einen Durchmesser von ca. 10–14 m, die Aus- Gleichung
dehnung der Atomhülle hängt von der Ordnungszahl W = U ⋅Q (I.3)
im Periodensystem ab und beträgt einige 10–10 m. Im
positiv geladenen Atomkern befindet sich nahezu die beschrieben werden. Die Größe U wird als Spannung
gesamte Masse des Atoms. Er besteht aus Neutronen bezeichnet.
und Protonen. Die Hülle ist negativ geladen und wird U
W Q
durch Elektronen gebildet. Im neutralen Atom sind W
Spannung U = J (I.4)
die Anzahl der Elektronen in der Hülle und die Pro- Q V= J As
As
tonenanzahl im Kern gleich. Die Elektronen in der
Hülle können sich nur in bestimmten Schalen, die Die Einheit 1 J/As wird als 1 V (Volt) bezeichnet.
durch ihre Energie unterschieden sind, bewegen. In Durch diese Spannung wird auf eine Ladung eine
jeder Schale ist nur eine bestimmte Anzahl von Elekt- Kraft ausgeübt. Die Spannung ist somit Ursache für
ronen maximal möglich. Die Elektronen der in der eine Bewegung von Ladungsträgern.
Regel nicht vollständig besetzten äußeren Schalen
sind die Valenzelektronen. Jedes Elektron besitzt die
4 Strom
negative Elementarladung
4.1 Bewegung von Ladungsträgern
e 0 = 1,60218 ⋅ 10 -19 As (I.1)
Da man in der Elektrotechnik hauptsächlich metalli-
Die Masse eines Elektrons ist wesentlich kleiner als sche Leiter einsetzt, wird die Bewegung der Ladungs-
die eines Protons oder Neutrons. Das Verhältnis von träger in Metallen untersucht. Die Ladungsträger
Elektronenmasse zu Protonenmasse ergibt sich durch führen bei Temperaturen > 0 K ständig statistisch
m el 1 verteilt unregelmäßige Bewegungen durch. Aus
≈ (I.2) dieser Bewegung ergibt sich eine mittlere Geschwin-
m p 1836 digkeit.
Wird von einem Atom ein Elektron entfernt, ist der m
mittlere Geschwindigkeit v m = 0 (I.5)
Rest positiv geladen. Dieses geladene Atom wird Ion s
genannt. Bei Entfernung eines Elektrons entsteht ein Wird dieser statistischen Bewegung eine einseitig
einfach positiv geladenes Ion. Wird ein Elektron gerichtete Bewegung überlagert, bewegen sich alle
hinzugefügt, liegt ein einfach negativ geladenes Ion Elektronen zusätzlich mit einer Strömungsgeschwin-
vor. digkeit oder auch Driftgeschwindigkeit vd.

2 Ladungsträger vd

Ein Stoff ist nur dann elektrisch leitfähig, wenn er A


bewegliche Ladungsträger besitzt. Die Ladungsträger
können negativ oder positiv sein. In Metallen liegen l
immer negative Ladungsträger, also Elektronen vor.
Hier können sich die Valenzelektronen sehr leicht Bild I-1 Driftgeschwindigkeit
vom Atom trennen, sie werden dann freie Elektronen
genannt. Auf den festen Plätzen im Kristallgitter Mit dieser Bewegung ist ein Ladungstransport ver-
bleiben positive Ionen. Da sie nicht beweglich sind, bunden. An einer bestimmten Stelle des Leiters
liefern sie keinen Beitrag zum Ladungstransport. In können in der Zeiteinheit Dt alle die Elektronen
Halbleitern können aber auch Defektelektronen oder durch den Querschnitt fließen und somit zum La-
Löcher als Ladungsträger vorkommen. In Gasen und dungstransport beitragen, deren Abstand kleiner als l
Flüssigkeiten sind auch die Ionen am Ladungstrans- ist. Im Volumen lA befinden sich nellA Elektronen,
port beteiligt. Hier ist dann mit dem Ladungstransport wobei nel die Dichte der Elektronen (Anzahl pro
auch ein Massentransport verbunden. Volumeneinheit) ist. Da jedes Elektron die Elemen-
254 Grundlagen der Elektrotechnik

tarladung besitzt, ist die in diesem Volumen vorhan- Ohmsches Gesetz U = R ⋅ I (I.11)
dene Ladung DQ. Die materialabhängige Größe R bezeichnet man als
DQ = nellAe0 (I.6) elektrischen
R U I
und mit l = v0 ⋅ Dt . U
Widerstand R = V (I.12)
I W= V A
Ladung pro Volumeneinheit DQ = n el Ae 0 v d D t (I.7) A
Die Einheit ist 1 Ohm = 1 Ω.
Die Elektronendichte ist eine Materialkonstante und
beträgt z.B. für Kupfer nel = 8,47 ⋅ 1019 mm–3. Der Kehrwert des elektrischen Widerstandes ist der
Leitwert.
4.2 Stromstärke 1 G R
Leitwert G = 1 (I.13)
Die Ladungsmenge DQ, die pro Zeiteinheit Dt durch R S= W
W
einen Leiterquerschnitt tritt, ist die Stromstärke I.
Seine Einheit ist 1 Siemens = 1 S.
DQ I DQ Dt
Stromstärke I = (I.8)
Dt A As s 6 Spezifischer Widerstand, Leitfähigkeit
I = n el Ae 0 v d (I.9) Der elektrische Widerstand eines metallischen Leiters
hängt vom Material, der Länge l und dem Querschnitt
Im Internationalen Einheitensystem (SI-System) ist A ab. Er wird dadurch verursacht, daß die Ladungs-
die Stromstärke als Basisgröße durch die Kraft zwi- träger im Leiter durch Stöße mit den auf festen Plät-
schen zwei stromdurchflossenen Leitern definiert:
zen sitzenden Ionen in ihrer Bewegung gehemmt
1 Ampere ist die Stärke eines zeitlich unveränderli- werden.
chen Stromes, der, durch zwei im Vakuum parallel im rl l
Abstand von 1 Meter voneinander angeordnete, ge- Widerstand eines Drahtes R = = (I.14)
A kA
radlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässig-
bar kleinem kreisförmigen Querschnitt fließend, zwi- Die Größe r ist der spezifische Widerstand.
schen diesen Leitern je 1 Meter Leiterlänge die Kraft spezifischer Widerstand
2 ⋅ 10–7Newton hervorruft. r R A l
RA
r= W mm 2 (I.15)
 Beispiel: Ein Kupferleiter von A = 1,5 mm2 wird von einem l W mm 2 m
Strom I = 15 A durchflossen. Wie groß ist die Driftgeschwindig- m
keit der Elektronen?
Die Einheit von r kann umgerechnet werden in
I 15 A
vd = = W mm 2
n el Ae 0 8, 47 ⋅ 10 19 mm −3 ⋅ 1, 5 mm 2 ⋅ 1, 602 ⋅ 10 −19 As [ r] = 1 = 10 −6 W m (I.16)
mm m
= 0 , 74
s Analog zum Leitwert ist der Kehrwert des spezifi-
Diese Driftgeschwindigkeit ist relativ gering. Dagegen breitet sich
schen Widerstandes die Leitfähigkeit k
ein elektrisches Signal mit Lichtgeschwindigkeit aus.
k r
4.3 Stromdichte 1
Leitfähigkeit k = 1 (I.17)
r Wm
In der Technik wichtig für die Belastbarkeit von Wm
Leitungen ist die Stromdichte S, also die auf den In Tabelle I-1 sind Zahlenwerte des spezifischen
Querschnitt bezogene Stromstärke. Widerstandes und der Leitfähigkeit aufgeführt. Der
S I A Wert für Kupfer kann je nach Reinheit schwanken.
I
Stromdichte S = A (I.10) Der hier angegebene Wert ist der internationale
A A mm 2 Standardwert.
mm 2
Da die Querschnittsfläche in der Regel in mm2 ange-
geben wird, ist die in der Technik gebräuchliche Tabelle I-1 Spezifischer Widerstand und Leitfähigkeit
A
Einheit der Stromdichte [ S ] = 1 . Leiterwerkstoff r/W mm2/m k/S/m
mm 2
Silber 0,0163 61 ⋅ 106
5 Das Ohmsche Gesetz Kupfer 0,0173 58 ⋅ 106
Wird an einen Leiter in einem geschlossenen Strom-
Aluminium 0,0263 38 ⋅ 106
kreis eine Spannung U angelegt, fließt in dem Leiter
ein Strom I. Strom und Spannung sind einander pro- Messing 0,0752 13,3 ⋅ 106
portional. Die Abhängigkeit läßt sich beschreiben
durch: Manganin 0,435 2,3 ⋅ 106
I Grundbegriffe 255

 Beispiel: Der Widerstand eines Kupferdrahtes der Länge 160 m chung (I.18) eine Näherung ist, hängt der Wert für a
bei einem Querschnitt von 1,5 mm2 soll berechnet werden. von der Bezugstemperatur ab. Als Bezugstemperatur
R=
rl
=
0 , 0173 W mm 2 ⋅ 160 m
= 1, 845 W
wird meistens 20 °C genommen.
A m ⋅ 1,5 mm 2
 Beispiel: Bei 10 °C ist der Widerstand eines Kupferdrahtes
 Beispiel: Aus Manganindraht von A = 1 mm2 soll ein Widerstand 200 W. Wie groß ist er bei 100 °C?
von 60 Ω gewickelt werden. Wie lang muß der Draht sein? Zunächst muß der Widerstand RJ bestimmt werden.
0

l = RAk = 60 W ⋅ 10 −6 m 2 ⋅ 2 , 3 ⋅ 10 6
S
= 138 m
RJ 200 W
RJ0 = = = 208,1 W
m 1 + a ( J − 20  ) 1 + 3 , 9 ⋅ 10 − 3 K −1 (10 − 20 ) K

Dann kann hiermit RJ berechnet werden.


7 Temperaturabhängigkeit R J = R J 0 [1 + a ( J − J 0 )] = 208,1 W [1 + 3, 9 ⋅ 10 −3 (100 − 20 ) ]
des elektrischen Widerstandes = 273 W
von Metallen Die lineare Näherung ist recht grob. Genauer kann die Tempera-
turabhängigkeit durch eine quadratische Näherung angepaßt wer-
Die elektrische Leitung in Festkörpern ist mit der den.
Bewegung von Ladungsträgern verbunden. Diese Quadratische Näherung
stoßen mit den auf festen Plätzen sitzenden Atomen
oder Ionen zusammen. Die Schwingung der Atome RJ = R0 ( 1 + A ( J − J 0 ) + B ( J − J 0 ) 2 ) (I.19)
und Ionen um ihren Platz ist temperaturabhängig.
A und B sind Materialkonstanten. Als Bezugstempe-
Deshalb ist auch der elektrische Widerstand tempera-
ratur wird J0 = 0 °C angenommen. R0 ist dann der
turabhängig. Bei höheren Temperaturen ist die freie
Widerstand bei 0 °C. Ein oft benutzter Metallwider-
Weglänge und die Beweglichkeit der Ladungsträger
stand zur Temperaturmessung ist der Platinwiderstand
kleiner und somit der Widerstand größer. In Metallen
Pt100, der 100 W bei 0 °C hat. Für Pt sind die Konstan-
ist die Anzahl der freien Ladungsträger temperatur-
ten A = 3.90802 ⋅ 10–3 K–1, B = – 0.5802 ⋅ 10–6 K–2.
unabhängig, in Halbleitern nicht. Daher haben Metal-
Bei Halbleitern fällt der spezifische Widerstand mit
le und Halbleiter unterschiedliche Temperaturabhän-
steigender Temperatur zunächst, da hier mehr La-
gigkeiten.
dungsträger frei gesetzt werden. Anschließend steigt
Der spezifische elektrische Widerstand von Metallen
der Widerstand wie bei Metallen, da die Beweglich-
und damit auch der Widerstand steigt mit zunehmen-
keit verringert wird. Supraleiter zeigen unterhalb
der Temperatur. Im Temperaturbereich von ca. 200 K
einer charakteristischen Temperatur, der Sprungtem-
bis 400 K läßt sich diese Abhängigkeit bei Metallen
peratur Tc, überhaupt keinen meßbaren Widerstand
in linearer Näherung durch eine Gerade darstellen.
mehr. Werkstoffe, bei denen der Widerstand mit
steigender Temperatur zunimmt, haben einen positi-
Tabelle I-2 Temperaturkoeffizient a20
ven Temperaturkoeffizienten (PTC). Nimmt der Wi-
Leiterwerkstoff a20/K–1 derstand ab, besitzen sie einen negativen Tempera-
turkoeffizienten (NTC).
Silber 3,7 ⋅ 10–3
Kupfer 3,9 ⋅ 10–3 metallischer Halbleiter Supraleiter
Aluminium 3,7 ⋅ 10–3 Leiter
Messing 1,6 ⋅ 10–3
Manganin 0,01 ⋅ 10–3

lineare Näherung RJ = RJ 0 [ 1 + a ( J − J 0 ) ] (I.18)


T T Tc T
Dabei ist RJ der Widerstand bei der Temperatur J
und RJ0 der Widerstand bei der Bezugstemperatur J0. Bild I-2 Prinzipieller Verlauf des spezifischen Wi-
Die Größe a ist der Temperaturkoeffizient. Da Glei- derstandes
256 Grundlagen der Elektrotechnik

II Der Gleichstromkreis

1 Zählpfeilsysteme 2.1 Knotenregel


I R1 R3
I1 A I3

U I2
R U R2 I4 R4
Bild II-1
Zählpfeilsystem
B
Damit in einem Leiter ein elektrischer Strom fließen Bild II-3 Knotenregel
kann, muß ein geschlossener Stromkreis vorliegen. In
elektrischen Schaltungen werden die Spannungs- und Knotenpunkte sind Punkte, an denen sich der Strom-
Stromrichtungen allgemein durch Pfeile gekenn- kreis verzweigt. Das 1. Kirchhoffsche Gesetz bezieht
zeichnet. Die Richtung der Spannung wird in Schalt- sich auf diese Punkte, z.B. im Bild II-3 auf die Punkte
bildern durch einen Pfeil dargestellt, der von + nach – A und B. In diesen Knotenpunkten muß die Summe
verläuft. Die Stromrichtung wird ebenfalls durch der zufließenden Ströme gleich der Summe der ab-
einen Pfeil angegeben, der beim Verbraucher von + fließenden Ströme sein. Im Punkt A gilt
nach – gezeichnet wird. Diese Stromrichtung wird als
technische Stromrichtung bezeichnet; die tatsächliche I1 = I 2 + I 3 (II.1)
Bewegung der Elektronen ist dieser Richtung entge-
I1 − I 2 − I 3 = 0 (II.2)
gengesetzt. In der linken Seite von Bild II-1 sind
Spannungs- und Strompfeil entgegengesetzt, man Werden alle in einen Knoten hineinfließenden Ströme
spricht hier vom Erzeuger-Zählpfeilsystem. Auf der mit positivem, alle abfließenden Ströme mit negati-
Verbraucherseite sind Spannungs- und Strompfeil vem Vorzeichen versehen, läßt sich die Knotenregel
gleichgerichtet; hier liegt das Verbraucher-Zählpfeil- aufstellen.
system vor. In den meisten Fällen wird die Pfeilzu- n
ordnung im Verbraucher- Zählpfeilsystem vorgenom- Knotenregel ∑ Ik = 0 (II.3)
men. k =1
Diese Regel wird auch das 1. Kirchhoffsche Gesetz
I genannt.

U1 U2 2.2 Maschenregel
Bild II-2
R1 R3
Schaltung
R U3
U1
U U2 R2 U4 R4
I II
Liegt nun eine Schaltung nach Bild II-2 vor, so hängt
die tatsächliche Stromrichtung von der Höhe der
III
Spannungen U1 und U2 ab. In diesem Fall gibt man
für den Strom willkürlich eine Richtung vor und
Bild II-4 Maschenregel
bezeichnet diese als Bezugsrichtung oder Zählrich-
tung. Fließt der technische Strom tatsächlich in der
willkürlich gewählten Richtung, wird er positiv Das 2. Kirchhoffsche Gesetz bezieht sich auf Maschen
gezählt, im anderen Fall negativ. von Netzwerken. Maschen sind geschlossene Teile
von Netzwerken. In der Schaltung nach Bild II-4 gibt
es drei Maschen. Masche I wird durch die Span-
2 Kirchhoffsche Gesetze nungsquelle, R1 und R2 gebildet, Masche II durch R3,
R4 und R2 und Masche III durch die Spannungsquelle,
Eine elektrische Schaltung besteht in der Regel aus R1, R3 und R4. Die Maschenregel ist eine Gleichung
mehreren Spannungsquellen und Widerständen, die für die Spannungen innerhalb einer Masche. Bei
sehr unterschiedlich miteinander verbunden sein einem frei wählbaren Umlaufsinn, hier gegen den
können. Das gesamte System wird auch als Netzwerk Uhrzeigersinn, werden die Spannungen, die dem Um-
bezeichnet. Für die Berechnung von Strömen und laufpfeil entgegen gerichtet sind, negativ gezählt. Die
Spannungen in einem solchen Netzwerk sind die Richtungen der Spannungspfeile an den Spannungs-
beiden Kirchhoffschen Gesetze, die auch als Knoten- quellen ist von + nach –, an den einzelnen Widerstän-
regel und Maschenregel bezeichnet werden, von den werden die Spannungspfeile in den entsprechen-
großer Bedeutung. den Stromrichtungen gezeichnet.
II Der Gleichstromkreis 257

In der dargestellten Schaltung lassen sich z.B. fol-  Beispiel: In der Schaltung nach Bild II-6 soll die Teilspannung
U1 berechnet werden. Die Spannung U ist 300 V.
gende Maschenregeln aufstellen:
U1 R 1
I) U − U 2 − U 1 = 0 (II.4) = = ; U 1 = 100 V
U 3R 3

II) U 2 − U 4 − U 3 = 0 (II.5) 3.2 Parallelschaltung


III) U − U 4 − U 3 − U 1 = 0 (II.6)
I1 I2 I3
Innerhalb einer Masche gilt immer – unter Berück- U
R1 R2 R3
sichtigung der Vorzeichen – die Maschenregel.
n
Maschenregel ∑U k = 0 (II.7) Bild II-7 Parallelschaltung
k =1

In einer Parallelschaltung von Widerständen liegt an


3 Schaltung von Widerständen jedem Widerstand die gleiche Spannung U. Somit gilt
mit
Für die Kombination von Widerständen gibt es im n
U U U
Prinzip zwei Möglichkeiten, Reihen- oder Serien- Ik = und (II.3); =∑
schaltung und Parallelschaltung. Rk R k =1 R k
n
1 1
3.1 Reihenschaltung Parallel- Ersatzwiderstand =∑ (II.13)
R k =1 R k
R1 R2 R3
Der gesamte Leitwert errechnet sich als Summe der
einzelnen Leitwerte.
U U1 U2 U3 n
Leitwert G = ∑ G k (II.14)
k =1

Bild II-5 Reihenschaltung Oft besteht eine Parallelschaltung nur aus zwei Wi-
derständen. Dann errechnet sich der Ersatzwiderstand
In einer Reihenschaltung fließt durch jeden Wider- aus
stand derselbe Strom I. Für die Spannungsfälle an den R ⋅R
einzelnen Widerständen gilt nach dem Ohmschen Parallelwiderstand R = 1 2 (II.15)
R1 + R2
Gesetz U k = I ⋅ Rk . Mit Gleichung (II.7) gilt somit
 Beispiel: Berechnung des Ersatzwiderstandes der Schaltung nach
U − I ⋅ R1 − I ⋅ R2 − I ⋅ R3 = 0 (II.8) Bild II-8.
Die Widerstände werden zu Gruppen zusammengefaßt.
U = I ⋅ ( R1 + R 2 + R 3 ) = I ⋅ R ges (II.9)
150 W ⋅ 250 W 1 1 1 1
n RI = = 93,75 W ; = + +
150 W + 250 W RII 120 Ω 240 Ω 360 Ω
Reihen-Ersatzwiderstand R ges = ∑ R k (II.10)
k =1 R II = 65 , 45 W R = ( 100 + 93 , 75 + 65 , 45 ) W = 259 , 2 W
Weiterhin folgt für die Spannungsfälle an den einzel-
120
nen Widerständen
150
U 1 : U 2 : U 3 = R1 : R 2 : R 3 (II.11) 100 240
250
Hieraus resultiert die Spannungsteilerregel. Sie be- 360
sagt, daß sich die Teilspannungen zur Gesamtspan-
nung verhalten, wie die Teilwiderstände zum Ge-
samtwiderstand. Bild II-8 Beispiel Ersatzwiderstand

Uk R 3.3 Stern-Dreieck Umwandlung


Spannungsteiler = k (II.12)
U R ges
R1 R2
R
A R5 B
U R

R U1 Bild II-6 Bild II-9


R3 R4
Beispiel Spannungsteiler Brückenschaltung
258 Grundlagen der Elektrotechnik

Nicht immer lassen sich Widerstände zu Gruppen Die Ersatzschaltung ergibt dann die in Bild II-9 dargestellte
Schaltung. Der Gesamtwiderstand berechnet sich aus
zusammenfassen. Als Beispiel wird die Schaltung
18 ⋅ 12.5 ⎞
nach Bild II-9 betrachtet. Zu einer Lösung gelangt R AB = ⎛⎜ 5 + ⎟ W = 12. 38 W (II.19)
⎝ 18 + 12.5 ⎠
man, wenn eine Stern-Dreieckumwandlung oder eine
Dreieck-Sternumwandlung durchgeführt wird. Hier- C 15
unter versteht man eine rechnerische Umwandlung
einer Schaltung in eine elektrisch gleichwertige 3
Schaltung. Die Schaltungen sind dann gleichwertig, A 5 I2 B
wenn zwischen entsprechenden Punkten in den bei- N
den Schaltungen gleiche Widerstände oder Leitwerte I3
I1
vorhanden sind. Wenn zwischen den Punkten 1 und 2 7.5 5
im Stern und im Dreieck derselbe Widerstand liegen
soll, muß gelten: D
R12 ( R23 + R31 ) Bild II-12 Beispiel Stern-Dreieck-Umwandlung
R1 + R2 = (II.16)
R12 + R23 + R31
3.4 Meßbereichserweiterung
R ( R + R12 ) Durch geeignet gewählte Widerstände lassen sich die
R2 + R3 = 23 31 (II.17)
R12 + R23 + R31 Meßbereiche von Strom- und Spannungsgeräten an-
passen. RM ist jeweils der Innenwiderstand des ver-
R31 ( R12 + R23 ) wendeten Meßgerätes.
R3 + R1 = (II.18)
R12 + R23 + R31
3.4.1 Voltmeter
Aus diesen drei Gleichungen lassen sich Bestim-
mungsgleichungen für die Umwandlungen ableiten. Um den Meßbereich eines Voltmeters zu erweitern,
Sie lauten ist nach Bild II-13 ein Vorwiderstand zu schalten.

Tabelle II-1 Dreieck-Stern- und Stern-Dreieck-Umwandlung


Dreieck in Stern Stern in Dreieck
R12 ⋅ R 31 R1 ⋅ R 2
R1 = (II.19) R12 = R1 + R2 + (II.22)
R12 + R23 + R 31 R3
R 23 ⋅ R12 R2 ⋅ R3
R2 = (II.20) R23 = R2 + R3 + (II.23)
R12 + R 23 + R 31 R1
R 31 ⋅ R 23 R 3 ⋅ R1
R3 = (II.21) R31 = R3 + R1 + (II.24)
R12 + R 23 + R 31 R2
2
2

R2
R1
1
R12 R23
R3
R31
1 3
3
Bild II-10 Stern Bild II-11 Dreieck

 Beispiel: In der Schaltung Bild II-9 soll der Gesamtwiderstand Wenn mit U1 der neu einzustellende Meßbereich
zwischen den Punkten A und B berechnet werden. R1 = 10 W, und mit UM der vorhandene Meßbereich des Gerä-
R2 = 15 W, R3 = 25 W, R4 = 5 W, R5 = 15 W.
tes bezeichnet wird, kann mit Hilfe der Maschen-
Das Dreieck aus R1, R3 und R5 wird in einen Stern umgerechnet.
regel der erforderliche Vorwiderstand berechnet
R1 R 3 10 ⋅ 25
RA = = W = 5W ; werden.
R1 + R 3 + R 5 10 + 25 + 15
R1 R 5 10 ⋅ 15 U1 = U M + U V (II.20)
RC = = W = 3W
R1 + R 3 + R 5 10 + 25 + 15
U1 U R
RD =
R3 R5
=
25 ⋅ 15
W = 7, 5 W = 1+ V = 1+ V (II.21)
R1 + R 3 + R 5 10 + 25 + 15 UM UM RM
II Der Gleichstromkreis 259

UM UV
4 Reale Spannungsquelle
RV I
V
Ri
Uk Ra
Ra
Uq
U1

Bild II-13 Erweiterung des Spannungs-Meßbereichs


Bild II-15 Reale Spannungsquelle

Wird eine reale Spannungsquelle durch einen Wider-


U1
Meßbereichsverhältnis n = (II.22) stand belastet, sinkt die zwischen den Polen (Klem-
UM men) vorhandene Spannung UK, die als Klemmspan-
nung bezeichnet wird. Ursache hierfür ist der immer
Vorwiderstand RV = R M ( n − 1) (II.23)
vorhandene innere Widerstand einer Spannungsquelle.
Die Spannung Uq wird als Quellspannung oder Leer-
3.4.2 Amperemeter laufspannung bezeichnet. Im Ersatzschaltbild Bild II-
RN 15 läßt sich ablesen
IRi + IR a − U q = 0 (II.28)
IN
A U K = IRa (II.29)
I1 IM
Klemmspannung U K = U q − IRi (II.30)
Bild II-14 Erweiterung des Strom-Meßbereichs
Uk

Für die Meßbereichserweiterung eines Strommeßge- Uq


rätes nach Bild II-14 wird ein Widerstand parallel ΔU
R i = – ΔI
zum Meßgerät geschaltet. Um die Größe dieses
Nebenwiderstandes zu berechnen, muß man von der
Knotenregel ausgehen.
I1 = I M + I N (II.24) Ik I

I1 I R Bild II-16 Kennlinie einer Spannungsquelle


= 1+ N = 1+ M (II.25)
IM IM RN
Sind Ri und Uq unabhängig vom Belastungsstrom,
I liegt eine lineare Quelle vor, deren Kennlinie in
Meßbereichsverhältnis n = 1 (II.26) Bild II-16 dargestellt ist. Wenn I = 0 ist, folgt aus
IM
Gleichung (II.30) UK = Uq. Ist dagegen der Wider-
RM stand Ra = 0 (Quelle kurzgeschlossen), nimmt der
Nebenwiderstand RN = (II.27)
n −1 Strom seinen Maximalwert an.
U
I1 ist der zu messende Strom, also der neue Meßbe- Kurzschlußstrom I K = 0 (II.31)
Ri
reich, IM der vorhandene Meßbereich.
Aus der Kennlinie läßt sich auch der Innenwiderstand
Ri bestimmen.
 Beispiel: Ein Strommeßgerät mit einem Innenwiderstand von
0,45 W, welches den Skalenendwert von 2 A hat, soll für einen
DU
Innenwiderstand Ri = − (II.32)
Verbraucherstrom von 20 A eingesetzt werden. DI
a) Welcher Nebenwiderstand ist zu schalten?
b) Welche Stellung nimmt der Zeiger an, wenn statt des unter a) Eine Spannungsquelle mit einem Innenwiderstand
errechneten Nebenwiderstandes ein Widerstand von 0,025 W Ri = 0 wird als ideale Spannungsquelle oder Kon-
genommen wird. stantspannungsquelle bezeichnet.
20 A 0 , 45 W
a) n = = 10 ; RN = = 0 , 05 W 4.1 Kombination von Spannungsquellen
2A 9
RM 0 , 45 W Spannungsquellen können in Reihe oder parallel
b) n = 1 + = 1+ = 19 ; I 1 = 19 ⋅ 2 A = 38 A
RN 0 , 025 W geschaltet werden. Von Interesse ist auch hier der
20 A resultierende Innenwiderstand und die Quellspannung
⋅ 100% = 52 , 6% des Skalenendwertes
38 A der gesamten Anordnung.
260 Grundlagen der Elektrotechnik

4.1.1 Reihenschaltung 5 Ersatzstromquelle


Die Kombination kann durch eine einzelne Quelle Jede Quelle kann auch entsprechend Bild II-18 durch
ersetzt werden, die durch Quellspannung und Innen- eine Ersatzstromquelle mit einem Quellstrom Iq und
widerstand charakterisiert wird. Um diese Größen zu einem parallel dazu liegenden Innenwiderstand be-
berechnen, nimmt man zunächst an, daß die Quelle trachtet werden. Es gelten die Beziehungen
nicht belastet ist. Die Klemmspannung ist dann gleich
der Quellspannung. Kurzschluß I = Iq (II.47)
U=0 (II.48)
Quellspannung U q = U 1 + U 2 (II.33)
Ii = 0 (II.49)
U + U2 Uq
Kurzschlußstrom Ik = 1 = (II.34) Leerlauf I i = I q (II.50)
R1 + R2 Ri
I=0 (II.51)
Innenwiderstand Ri = R1 + R2 (II.35)
U = I q Ri (II.52)
I1 I Iq I
I2
R1 Ii
R1 R2 U
U1 K
UK U2 U R1 R
U1
R2
Bild II-18
U2 Ersatzstromquelle

Im folgenden Beispiel Bild II-19 soll der aktive


Bild II-17 Kombination von Spannungsquellen Zweipol einmal durch eine Ersatzspannungsquelle
und einmal durch eine Ersatzstromquelle dargestellt
4.1.2 Parallelschaltung werden.
Um die Quellspannung und den Innenwiderstand zu
bestimmen, wird zunächst die Quelle nicht belastet. R1
(UK = Uq)
U1 − U 2
Ausgleichsstrom I1 = I 2 = (II.36)
R1 + R2 U R2

Quellspannung U q = U 2 + I 2 R2 (II.37) Bild II-19


Beispiel Ersatzquelle
U1 − U 2
U q = U 2 + R2 (II.38)
R1 + R2 R2
Ersatzspannungsquelle U q = U (II.53)
U R + U 2 R1 R1 + R2
Uq = 1 2 (II.39)
R1 + R2 R1 R2
Ri = (II.54)
Aus dem Kurzschlußstrom (I = IK) läßt sich der In- R1 + R2
nenwiderstand berechnen. U
IK = (II.55)
Knoten I1 = I 2 + I K (II.40) R1
rechte Masche I 2 R2 + U 2 = 0 (II.41) Ersatzstromquelle Iq =
U
= IK (II.56)
R1
linke Masche I 1 R1 + I 2 R2 + U 2 − U 1 = 0 (II.42)
R1 R2
Ri = (II.57)
U U R1 + R2
Kurzschlußstrom IK = 1 + 2 (II.43)
R1 R2
U 1 R2 + U 2 R1 6 Netzwerkberechnung
IK = (II.44)
R1 ⋅ R2 Die Berechnung von Strömen, Spannungen oder Lei-
Uq RR stungen in einer beliebigen elektrischen Schaltung
Innenwiderstand Ri = = 1 2 (II.45) bezeichnet man als Netzwerkberechnung. Zur Be-
IK R1 + R2
rechnung der Ströme und Spannungen kann man im
Ri = R1 parallel R2 (II.46) Prinzip immer Knoten- und Maschenregeln anwen-
II Der Gleichstromkreis 261

den. Dies kann allerdings in komplizierten Netzwer- 6.2 Überlagerungsverfahren


ken zu einer großen Zahl von Unbekannten und damit
Ein weiteres Verfahren ist die Berechnung mit Hilfe
Gleichungen führen. Hier führen manchmal andere
des Helmholtzschen Überlagerungsverfahrens. Bei
Verfahren schneller zum Ziel.
der Berechnung von Zweigströmen in einem Netz-
6.1 Gemischte Schaltungen werk mit mehreren Spannungsquellen werden zu-
nächst alle Spannungsquellen bis auf eine kurzge-
I1 I3 schlossen. Für diesen Fall werden die Teilströme
berechnet. Dann wird dasselbe Verfahren für eine
I2
weitere Spannungsquelle durchgeführt und wieder die
U1 U2 Teilströme berechnet. Der gesamte Zweigstrom ergibt
R3 sich als Summe der Teilströme.
R1 R2
I1 I2
I II
I3
U1 U2
Bild II-20 Beispiel Netzwerk R3
R1 R2
Zunächst soll an Hand eines Beispiels die Berech-
nung mit Hilfe der Kirchhoffschen Gesetze erfolgen.
Die Spannungspfeile werden von + nach – gezeich-
net. Die Strompfeile werden willkürlich ange- I11 I21
nommen. Sollte für einen der Ströme ein negativer
Wert berechnet werden, ist der Pfeil falsch gewählt I31
worden. Die Werte in der Schaltung Bild II-20 sind: U1
U1 = 20 V, U2 = 30 V, R1 = R2 = 100 W, R3 = 50 W. R3
Knotenregel I1 − I 2 − I 3 = 0 ; R1 R2

Masche I U 1 − I 1 R1 − I 2 R2 − U 2 = 0 ;
Masche II U 2 + I 2 R2 − I 3 R3 = 0
I12 I22
Mit Zahlenwerten und nach Umstellung
Knotenregel I1 − I 2 − I 3 = 0 ; I32
Masche I 100 W ⋅ I 1 + 100 W ⋅ I 2 = −10 V ; U2
R3
Masche II 100 W ⋅ I 2 − 50 W ⋅ I 3 = −30 V R1 R2
Durch Einsetzen kann dieses Gleichungssystem
gelöst werden.
I 1 = 75 mA ; I 2 = −175 mA ; I 3 = 250 mA Bild II-21a, b, c Überlagerungsverfahren
Aus dem negativen Wert für I2 ist zu erkennen, daß
die tatsächliche Stromrichtung der eingezeichneten Das Verfahren soll an Hand der Schaltung in Bild II-
Pfeilrichtung entgegengesetzt ist. 21a dargestellt werden. Zunächst werden alle Span-
nungen bis auf U1 kurzgeschlossen. Es entsteht die
 Beispiel: In der Schaltung nach Bild II-9 soll der Strom durch Ersatzschaltung nach Bild II-21b. Der Teilstrom I11
den Widerstand R5 berechnet werden. Die angelegte Spannung ist
errechnet sich zu
100 V.
Ausgehend vom Ergebnis in Gleichung (II.19) ist der Gesamt- U1 R2 + R3
I 11 = = U1 (II.58)
strom R2 ⋅ R3 R1 R2 + R2 R3 + R3 R1
R1 +
I ges =
100 V
= 8, 08 A ; U AN = 8, 08 A ⋅ 5 W = 40 , 4 V ; R2 + R3
12 , 38 W
U NB = 100 V − 40 , 4 V = 59,6 V Werden im nächsten Schritt alle Spannungen bis auf
U2 kurzgeschlossen, entsteht die Ersatzschaltung
59, 6 V 59, 6 V
I2 = = 3, 31 A ; I3 = = 4 , 77 A Bild II-21c. Jetzt läßt sich der Teilstrom I22 berech-
18 W 12 , 5 W
nen.
Die Spannung über R5 ist gleich der Spannung zwischen den
Punkten C und D in Bild II-12: R1 + R3
I 22 = U 2 (II.59)
U CD = 4 , 77 A ⋅ 7 , 5 W − 3, 31 A ⋅ 3 W = 25,85 V . R1 R2 + R2 R3 + R3 R1
262 Grundlagen der Elektrotechnik

U AB 0 = 10 V ⎜⎛
und daraus weiter: 100 100 ⎞
− ⎟ = 1, 67 V ;
⎝ 200 300 ⎠
R3 100 ⋅ 200 100 ⋅ 100
I 12 = U 2 (II.60) Ri = W+ W = 116 , 67 W
R1 R2 + R2 R3 + R3 R1 100 + 200 100 + 100
1000
I 1 = I 11 + I 12 (II.61) U AB = 1, 67 V = 1, 49 V
116.67 +1000

Haben die Spannungsquellen einen nicht vernachläs-


sigbaren Innenwiderstand, darf dieser nicht kurzge- A
schlossen werden.
I2
I3
6.3 Ersatzspannnungsquelle Uq1 Uq2
R3 R4
Oft ist in Netzwerken nur nach einer Teilspannung R1 R2
oder einem Teilstrom gefragt. In diesem Fall läßt sich
die Methode der Ersatzspannungsquelle anwenden.
Als Beispiel wird die in Bild II-22 dargestellte Brük-
B
kenschaltung mit einer Last R5 betrachtet. In der
Meßtechnik interessiert als Meßgröße die Spannung
Bild II-23 Beispiel Methode der Ersatzspannungs-
UAB zwischen den Punkten A und B bei einer Bela-
quelle
stung durch ein Meßgerät.
 Beispiel: Berechnung des Stromes I3 durch den Widerstand R3
(Bild II-23).
U q1 = 6 V , Uq2 = 4 V , R1 = 0 , 5 W ,

U1 R 2 = 0,8 W , R3 = R4 = 6 W
R1 R3 U3
R5 Die im gestrichelten Rechteck liegenden Bauteile werden zu einer
U Ersatzspannungsquelle zusammengefaßt. Die Quellspannung kann
A B
aus dem unbelasteten Fall bestimmt werden.

R2 UAB R4 U q1 − U q 2 6V−4V
I2 = = = 1, 54 A ;
R1 + R 2 0,5 W + 0,8 W

Bild II-22 U q = U q 2 + I 2 R 2 = 4 V +1,54 A ⋅ 0,8 W = 1,23 V


Brücke
0,8 ⋅ 0,5
Ri = W = 0 , 307 W
0 ,8 + 0 ,5
Bei nicht belasteter Brücke besteht zwischen den
Die Klemmspannung sinkt bei Belastung mit
Punkten A und B die Spannung UAB0. Diese Span-
nung wird als Quellspannung einer Ersatzspannungs- R3 R4
Ra = = 3W auf
quelle gesehen. R3 + R4

3W
U AB 0 = U 3 − U 1 (II.62) U AB = U q
Ra
= 1, 23 V = 1,11 V ;
R a + Ri 3 W + 0,307 W
⎛ R3 R1 ⎞
U AB 0 = U ⎜ − ⎟ (II.63) I3 =
1,11 V
= 0 , 37 A
⎝ R3 + R 4 R1 + R2 ⎠ 3W

Die Spannung UAB ist dann als Klemmspannung einer


Spannungsquelle mit der Quellspannung UAB0 anzu- 6.4 Nichtlineare Gleichstromkreise
sehen. Der Innenwiderstand dieser Ersatzspannungs- Bisher wurde vorausgesetzt, daß die Widerstände in
quelle ist durch die Brückenwiderstände festgelegt. den Netzwerken nicht stromabhängig sind. Derartige
Er wird dadurch bestimmt, daß die äußere Span- Netzwerke werden als lineare Netzwerke bezeichnet.
nungsquelle U kurzgeschlossen wird. Ist der Widerstand eines Bauteils stromabhängig,
wird diese Abhängigkeit normalerweise durch eine
R1 R2 R R
Innenwiderstand Ri = + 3 4 (II.64) Kennlinie dargestellt. Die Bestimmung von Spannun-
R1 + R2 R3 + R 4 gen und Strömen im Kreis erfolgt meistens grafisch.
R5 Zur Erläuterung wird die Schaltung nach Bild II-24
Brückenspannung U AB = U AB 0 (II.65) betrachtet. In Bild II-25 sind auf der Ordinate der
Ri + R5
Strom und auf der Abszisse die Spannung UD an der
 Beispiel: In der Schaltung nach Bild II-22 gelten folgende Werte: Diode aufgetragen. Die Kennlinie der Diode ist als
Kurve 1 eingetragen. Weiter ist als Gerade 2 die
R1 , R3 , R 4 = 100 W, R2 = 200 W , R5 = 1 k W , U = 10 V .
Kennlinie des Ohmschen Widerstandes eingetragen.
Wie groß ist die Spannung UAB? Diese Gerade errechnet sich durch
II Der Gleichstromkreis 263

UR U −UD 7 Energie, Leistung, Wirkungsgrad


I= = (II.66)
R R Fließt durch einen Widerstand R eine Ladung Q, wird
Da durch Widerstand und Diode der gleiche Strom die Arbeit W nach Gleichung (I.3) bestimmt.
fließt, stellt sich als Arbeitspunkt A der Schnittpunkt
W U I t
beider Kennlinien ein. Es fließt der Strom IA und an Arbeit W = U ⋅ I ⋅ t (II.67)
J = Ws = VAs V A s
der Diode liegt die Spannung UDA.
UR UD Hieraus bestimmt sich die Leistung P.
W P U I
Leistung P = =U⋅I (II.68)
t W = VA V A
Die Einheit der Leistung ist das Watt. Die Rückfüh-
Bild II-24 rung auf die SI-Grundeinheiten ergibt
U Nichtlineare Kreise
J Nm kg m 2
1 W = 1 VA = 1 =1 =1 (II.69)
I s s s3
U/R Für die Leistung lassen sich mit Hilfe des Ohmschen
2 1 Gesetzes nach Gleichung (I.11) die folgenden Bezie-
hungen ableiten:
IA A
U2
P= (II.70)
R
P = R⋅ I2 (II.71)
UDA URA UD
7.1 Leistungsanpassung
U
Wird in einem Gleichstromkreis ein Ohmscher Ver-
Bild II-25 Bestimmung des Arbeitspunktes
braucher an eine reale Spannungsquelle angeschlos-
 Beispiel: Die Diode in der Schaltung nach Bild II-24 hat eine sen, ist die vom Verbraucher aufgenommene Leis-
Kennlinie gemäß Bild II-26. Der Widerstand R1 ist 6 W, die Span- tung abhängig von dessen Widerstand. Betrachtet
nung U ist 1,8 V. Um wieviel Prozent ändert sich die Spannung UR, wird die Schaltung nach Bild II-15. Uq und Ri der
wenn zu R1 ein Widerstand R2 von 4 W parallel geschaltet wird?
Spannungsquelle sind bekannt. Die vom Verbraucher
Die Kennlinie von R1 ist die Gerade 2. Der Schnittpunkt mit der
aufgenommene Leistung ist dann
Spannungsachse liegt bei 1,8 V, der mit der Stromachse bei
U 1, 8 V Ra Uq
I= = = 0 , 3 A . Schnittpunkt mit Kennlinie 1: UD = o,9 V; PV = U K ⋅ I = U q ⋅ (II.72)
R1 6W R i + R a Ri + R a
U R = U − U D = 1, 8 V − 0 , 9 V = 0,9 V .
Ra
Der Widerstand R ändert sich durch die Parallelschaltung auf den PV = U q2 (II.73)
Wert R =
6⋅4
W = 2 , 4 W . Die zugehörige Kennlinie ist die Ge-
( Ri + R a ) 2
6+4
Für die Extremfälle Ra = 0 W und Ra = ∞ verschwin-
1, 8 V
rade 3, die bei I = = 0 , 75 A die Ordinate schneidet. Der det die aufgenommene Leistung. Dazwischen muß
2,4 W
Schnittpunkt mit der Kurve 1 liegt bei 1,0 V. Die Spannung am
ein Maximum liegen. Die Lage dieses Maximums
Widerstand ist jetzt U R′ = 1, 8 V − 1, 0 V = 0 , 8 V .
läßt sich mit Hilfe der Differentialrechnung bestim-
men.
U R′ − U R 0 , 8 − 0 , 9
= V = − 0,11 . Die Spannung hat sich um
dPV ( R i + R a ) − 2 R a ( R i + R a )
2
UR 0,9
= (II.74)
11% verringert. dR a ( Ri + R a ) 4
I
0.9 P

1
0.5 3

Ri Ra
2
Bild II-27 Leistungsanpassung
0.l

0.2 1.0 1.8 UD Zur Bestimmung der Lage des Maximums muß dieser
Ausdruck = 0 werden. Das ist dann der Fall, wenn der
Bild II-26 Beispiel Nichtlinearer Kreis Zähler = 0 wird. Man erhält die Gleichung
264 Grundlagen der Elektrotechnik

( Ri + R a ) 2 − 2 R a ( Ri + R a ) = 0 (II.75) 7.3 Wirkungsgrad


Der Wirkungsgrad h ist definiert als Verhältnis von
mit der Lösung Ra = Ri (II.76)
zugeführter Energie WZu oder Leistung PZu zur Nutz-
In diesem Fall ist der Leistungsverlust am Innenwi- energie WN oder Nutzleistung PN. Da es bei allen
derstand gleich der vom Verbraucher aufgenomme- Maschinen und Antrieben Verluste gibt, ist der Wir-
nen Leistung. Bei großen Leistungen kann man keine kungsgrad immer kleiner als 1 oder 100%.
Leistungsanpassung vornehmen; verwendet wird sie WN P
allerdings häufig in der Nachrichtentechnik. Wirkungsgrad h = = N ≤1 (II.80)
WZu PZu
I Die Differenz zwischen zugeführter Leistung und
Nutzleistung ist die Verlustleistung.
Ri
Ra Verlustleistung PV = PZu − PN (II.81)

Uq
7.4 Umwandlung elektrischer Energie
Elektrische Energie kann in andere Energieformen
Bild II-28 Beispiel Leistungsanpassung
umgewandelt werden. Beispiele sind Umwandlung in
 Beispiel: In der Schaltung Bild II-28 sind Uq = 10 V und Ri = Wärmeenergie (Kochplatte, Tauchsieder) oder me-
0,5 W. chanische Energie (Antriebe, Pumpen).
a) Welchen Wert muß Ra haben, damit er eine Leistung von
10 W verbraucht? 7.4.1 Wärme
b) Welche Leistung kann Ra maximal umsetzen?
2 Die für eine Temperaturerhöhung von DT oder DJ
⎛ Uq ⎞
a) Pa = I 2 ⋅ R a = ⎜ ⎟ ⋅ Ra (II.77) notwendige Wärmeenergie DQ ist gegeben durch
⎝ Ri + R a ⎠
DQ = mc D T = mc D J (II.82)
Pa ( R i + R a ) = U q2 ⋅ R a
2
(II.78)
⎛ U q2 ⎞ Da die Kelvin-Skala und die Celsius-Skala dieselben
R a2 + ⎜⎜ 2 R i − ⎟ R a + R i2 = 0 (II.79)
⎝ Pa ⎟⎠ Temperaturschritte haben, kann die Temperaturdiffe-
renz sowohl in K als auch in °C angegeben werden. m
R a2 − 9 W R a + 0 , 25 W 2 = 0 ;
ist die Masse und c die spezifische Wärmekapazität
( )
R a 1 = 4 , 5 + 4 , 5 2 − 0 , 25 W = 8, 97 W ;
des zu erwärmenden Materials. Sie beträgt für
kJ
Ra 2 = ( 4,5 − 4,5 2
− 0 , 25 ) W = 0 , 28 W Wasser cWasser = 4,19 .
kg K
2
⎛ Uq ⎞ ⎛ 10 ⎞
2
 Beispiel: Wieviel Liter Wasser lassen sich mit einer elektrischen
b) Pa max = ⎜ ⎟ ⋅ R i = ⎜ ⎟ ⋅ 0 , 5 W = 50 W
⎝ Ri + Ri ⎠ ⎝ 1⎠ Energie von 15 kWh von J1 = 15 °C auf J2 = 80 °C erwärmen
(1 Liter Wasser hat die Masse 1 kg)?
7.2 Leistungsverlust auf Leitungen 1 kWh = 3600 kWs

Da jede Zuleitung zu einem Verbraucher einen Ohm- DQ 15 ⋅ 3600 kJ


m= = = 198, 3 kg
c ⋅ ( J 2 − J1 ) kJ
schen Widerstand RL besitzt, wird immer elektrische 4 ,19 ⋅ ( 80 − 15 ) K
kg K
Energie verbraucht. Der Widerstand der Zuleitung
berechnet sich nach Gleichung (I.14). Hierbei ist für l  Beispiel: Wie lange dauert es, um 5 l Wasser von J1 = 15 °C mit
die gesamte Leiterlänge, also der doppelte Abstand einer Kochplatte, die eine Leistungsaufnahme von 800 W hat,
zwischen Verbraucher und Spannungsquelle einzu- zum Sieden zu bringen (J2 = 100 °C)? Der Wirkungsgrad beträgt
setzen. 75%.

DQ m ⋅ c ⋅ ( J 2 − J 1 )
 Beispiel: Ein Verbraucher ist 2,4 km von der Spannungsquelle PN = h ⋅ PZu ; PN = = ;
entfernt. Die Leitung besteht aus Kupfer und hat einen Durchmesser t t
von 8 mm. Wieviel Prozent der am Verbrauchsort zur Verfügung m ⋅ c ⋅ ( J 2 − J1 )
stehenden Leistung von 20 kW gehen verloren, wenn die Spannung t=
PZu ⋅ h
⎛ W mm 2 ⎞
beim Verbraucher 440 V beträgt ⎜ r Cu = 0 , 0173 ⎟? kJ
⎝ m ⎠ 5 kg ⋅ 4,19 ⋅ ( 100 − 15 ) K
kg K
t= = 2986 s = 49, 5 min
r ⋅ 2 l 0 , 0173 ⋅ 4800 ⋅ 4 kJ
Leitungswiderstand R L = = W = 1, 65 W; 0,8 ⋅ 0 , 75
A p ⋅82 s
20 kW
Strom I = = 45, 45 A ; 7.4.2 Mechanische Energie
440 V
Verlust auf der Leitung PL = RL ⋅ I 2 = 1,65 ⋅ 45,452 W = 3408 W Elektrische Energie kann auch in potentielle oder
100 ⋅ 3408 kinetische Energie umgewandelt werden. Für diese
prozentualer Anteil % = 17%
20 000 Energieformen gelten die Gleichungen:
III Das Elektrische Feld 265

1 1
E pot = mgh und E kin = mv 2 (siehe Physik II.2.4). W kin
mv 2
2 PZu ⋅ h = = 2 ;
t t
Hierbei gilt natürlich ebenfalls der Energieerhal- 2
500 ⋅ 10 3 kg ⋅ ⎛⎜
100 m ⎞
tungssatz. ⎟
mv 2 ⎝ 3,6 s ⎠
t= = = 241 s = 4 min
2 ⋅ h ⋅ PZu kgm 2

 Beispiel: Aus einer Grube sollen bei täglich 6 h Arbeitszeit 2 ⋅ 0,4 ⋅ 2000 ⋅ 10 3 3
s
innerhalb von 3 Tagen 12 000 m3 Wasser über eine Förderhöhe
von 10 m gepumpt werden. Welche Leistung muß der Motor auf-  Beispiel: Ein Gleichstrommotor wird mit dem Drehmoment M =
nehmen, wenn ein Wirkungsgrad h = 70% vorhanden ist? 1
35 Nm belastet und hat dabei die Drehzahl n = 1500 . Die
m min
12 ⋅ 10 6 kg ⋅ 9,81 ⋅ 10 m am Motor liegende Spannung beträgt U = 400 V, der aufgenom-
mgh s2
WPot = mgh ; PZu = = = 25, 9 kW mene Strom I = 17 A. Wie groß ist der Wirkungsgrad des Mo-
t⋅h 0,7 ⋅ ( 3 ⋅ 6 ⋅ 3600 ) s tors?
1500 1
PN = 2p nM ; PN = 2 p ⋅ 35 Nm = 5497 W ;
 Beispiel: Eine Güterzuglokomotive soll einen Güterzug von 500 t 60 s
auf eine Geschwindigkeit von 100 km/h bringen. Die Lokomotive PZu = UI = 400 ⋅ 17 W = 6800 W
nimmt eine konstante Leistung von 2000 kW bei einem Wir-
PN 5497 W
kungsgrad von 40% auf. Wie lange braucht der Zug bis zum Er- h= = = 0 , 81 oder 81%.
reichen der Endgeschwindigkeit? PZu 6800 W

III Das Elektrische Feld


Wenn in jedem Punkt des Raumes eine physikalische Der Abstand zwischen den beiden Ladungen ist r12.
oder technische Größe definiert ist, so bezeichnet Die Richtung der Kraft ist durch die Verbindungslinie
man dies als Feld. So kann man z.B. in jedem Punkt zwischen beiden Ladungen gegeben. Die Ladung Q1
eines Zimmers eine Temperatur messen; es ist ein übt auf die Ladung Q2 die Kraft F12 aus. Im Bild III-1
Temperaturfeld definiert. An jedem Punkt über der oben haben die Ladungen unterschiedliches Vorzei-
Erdoberfläche herrscht eine Anziehungskraft, dies chen, die Kraftpfeile sind aufeinander zu gerichtet.
ergibt ein Kraftfeld, in diesem Fall das Gravitations- Im unteren Teil haben die Ladungen gleiches Vorzei-
feld. Im ersten Fall liegt, da die Temperatur eine chen. Die Ladung Q2 übt auf Q1 eine entgegengesetzt
skalare Größe ist, ein Skalarfeld, im zweiten Fall ein gleich große Kraft aus. Sind mehr als 2 Ladungen
Vektorfeld vor. vorhanden, werden zunächst die Kräfte zwischen
zwei Ladungen berechnet und dann aus allen Kräften
die resultierende Kraft bestimmt.
1 Grundgrößen
1.1 Kräfte zwischen Ladungen
Zwischen elektrischen Ladungen bestehen immer
Kräfte. Haben zwei Ladungen das gleiche Vorzei-
chen, stoßen sie sich ab, bei ungleichem Vorzeichen
Fres
ziehen sie sich an. Die Größe der Kraft hängt von der
Größe der Ladungen und von deren Abstand ab und
wird durch das Coulombsche Gesetz beschrieben. F31 F21

Q1 F F12 Q2
21
ungleich Q1
F21 Q1 Q2 F
12
r12 gleich Bild III-2
Q2
Beispiel Kräfte
Q3
Bild III-1 Coulombsches Gesetz zwischen Ladungen

1 Q1Q2
Coulombsches Gesetz F12 = ⋅ (III.1)
4πε 0 r122  Beispiel: Drei Ladungen (Q1 = –3 As, Q2 = Q3 = 3 As, Bild III-2)
befinden sich an den Eckpunkten eines gleichseitigen Dreiecks
Die Größe e0 heißt elektrische Feldkonstante (a = 5 cm). Wie groß ist die Kraft auf die Ladung Q1?
Da die Ladungen vom Betrag her gleich sind und gleiche Abstän-
As
e 0 = 8.854 ⋅ 10 −12 (III.2) de haben, gilt für die Beträge F21 = F31. Die Richtungen sind un-
Vm terschiedlich und verlaufen in Verlängerung der Dreieckseiten.
266 Grundlagen der Elektrotechnik


1 3 ⋅ 10 −6 As ⋅ 3 ⋅ 10 −6 As Feldstärke E 2 . Hieraus ergibt sich die resultierende
F21 = ⋅ = 32 , 35 N
4 pe 0 ( 0,05 m )
2

Feldstärke E res .
Die Größe der resultierenden Kraft kann entweder aus der Zeich-
nung abgelesen werden oder mit Hilfe der Trigonometrie berech-
net werden: 1.3 Feldlinien

Fres = 2 ⋅ 32 , 35 N ⋅ cos 30 = 56 N Die Konstruktion nach Βild III-3 kann in beliebigen
Punkten durchgeführt werden, somit kann in jedem
Punkt der Vektorpfeil der resultierenden elektrischen
1.2 Feldstärke Feldstärke konstruiert werden. Werden die Anfangs-
Kräfte zwischen Ladungen sind im ganzen Raum punkte der Pfeile durch tangentiale Linien verbunden,
vorhanden, deshalb liegt ein Feld vor. Werden zwei erhält man für diesen Dipol Linien wie in Bild III-4.
Ladungen Q und q im Abstand r betrachtet, kann man Diese Linien sind die elektrischen Feldlinien.
willkürlich eine der beiden Ladungen als felderzeu-
gende Ladung Q, die andere als Probeladung q an-
nehmen. Das Coulombsche Gesetz lautet dann
1 Qq
F= ⋅ (III.3)
4 pe 0 r 2
Wird nun, um eine Definition unabhängig von der
F Bild III-4
Probeladung q zu erhalten, der Quotient betrach- Dipol
q
tet, erhält man eine Größe, die allein von der felder- Eigenschaften elektrischer Feldlinien: Sie verlaufen
zeugenden Ladung Q und dem Abstand r abhängig
von der positiven zur negativen Ladung. Die Tangen-
ist. Diese Größe nennt man die
ten geben die Richtung der Kraft auf eine positive
elektrische Feldstärke Probeladung an. An den Orten größerer Feldlinien-
 E F q dichte ist die Kraftwirkung größer. Elektrische Feld-
 F
E= N V (III.4) linien schneiden sich nie. Da in elektrischen Leitern
q = N As die Ladungen frei beweglich sind, werden sie solange
As m
verschoben, bis keine tangentiale Kraft mehr vorhan-
Da die Kraft ein Vektor ist, muß auch die elektrische
 den ist. Daher stehen Feldlinien immer senkrecht auf
Feldstärke ein Vektor sein.  Die Richtung von E ist elektrischen Leitern.
gleich der Richtung von F auf eine positive Probela- Im Bild III-5 sind einige Feldlinienbilder angegeben.
dung. Die Feldstärke ist von der felderzeugenden La- Links für eine positive Punktladung, in der Mitte für
dung und deren geometrischer Anordnung abhängig. zwei entgegengesetzt geladene Platten, rechts für eine
Ist Q eine Punktladung, kann die elektrische Feldstär- positiv geladene Spitze vor einer ebenen Leiterfläche.
ke nach (III.3) und (III.4) angegeben werden.
1 Q
Feld einer Punktladung E = ⋅ (III.5)
4 pe 0 r 2

E1

A Eres
a) b) c)
E2 Bild III-5 Feldlinienbilder
Q1 Q2
1.4 Potential, Spannung
Bild III-3 Elektrisches Feld Wenn in einem elektrischen Feld eine positive La-
dung von einem Punkt A nach einem Punkt B ver-
Sind mehrere Ladungen beteiligt, können auch hier schoben wird, muß gegen die herrschende Kraft
wieder die einzelnen Beiträge vektoriell addiert wer- Verschiebungsarbeit verrichtet werden.
den. Dies soll am Beispiel eines Dipols nach Bild Verschiebungsarbeit
III-3 dargestellt werden. Ein Dipol besteht aus zwei
gleich großen, entgegengesetzten Ladungen. Die po-
B
  B
 
WAB = − ∫ F ⋅ ds = − ∫ qE ⋅ ds (III.6)
sitive Ladung Q1 erzeugt im Punkt A die Feldstärke
  A A
E1 . Da Q1 positiv ist, zeigt E1 von Q1 weg. Die ne- Es kann gezeigt werden, daß diese Arbeit unabhängig
gative Ladung Q2 erzeugt die zur Ladung gerichtete vom Weg ist. Sie hängt nur von der Lage der beiden
III Das Elektrische Feld 267

Punkte im elektrischen Feld ab. Das Vorzeichen in (durchgezogen) und die elektrischen Feldlinien (ge-
Gleichung (III.6) ist so gewählt, daß zu leistende strichelt) dargestellt.
Arbeit positiv gezählt wird.
B
 
1.6 Elektrischer Fluß
WAB = − q ∫ Eds = qU AB (III.7)
A
Die elektrischen Ladungen sind Ausgangspunkt der
elektrischen Feldlinien. Je größer die Ladung, desto
WAB
B
  mehr Feldlinien gehen von ihr aus. Denkt man sich
Spannung U AB = = − ∫ E ⋅ ds (III.8)
q A eine Kugel mit dem Radius r um eine Ladung, so be-
zeichnet man alle durch die Kugeloberfläche durch-
Wird der Ausgangspunkt A sehr weit (im Grenzfall
tretenden Feldlinien als den elektrischen Fluß y. La-
ins Unendliche) entfernt, ist der Quotient aus der jetzt dung Q und Fluß y sind direkt proportional zueinan-
aufzubringenden Arbeit und der Probeladung q das der. Die Konstante wird zu 1 festgelegt und es gilt
W∞B
B
  y=Q (III.13)
Potential jB = = − ∫ E ⋅ ds (III.9)
q ∞ Für eine Punktladung gilt nach Gleichung (III.5)
Die Spannung zwischen zwei Punkten A und B ist die
Potentialdifferenz zwischen diesen Punkten. Q = 4 pe 0 r 2 E (III.14)
Spannung U AB = j B − j A = Dj (III.10) Oberfläche einer Kugel A Kugel = 4 pr 2 (III.15)
DWAB = q ⋅ Dj (III.11) elektrischer Fluß y = Q = A Kugel ⋅ e 0 E (III.16)
Ist das elektrische Feld nach Betrag und Richtung Der Fluß, dividiert durch die gesamte Oberfläche der
konstant, spricht man von einem homogenen Feld. Kugel, wird als Flußdichte D bezeichnet.
Wird der Abstand zwischen den Punkten A und B mit
d bezeichnet, folgt aus Gleichung (III.8) im homoge- D y A
y
nen Feld Flußdichte D = As (III.17)
A As m 2
homogenes Feld: U = E ⋅ d (III.12) m2
D e0 E
1.5 Äquipotentiallinien Flußdichte D = e 0 E As As V (III.18)
Werden in einem elektrischen Feld Punkte mit glei- m 2 Vm m
chem Potential durch Linien verbunden, entstehen die Allgemeiner formuliert lautet Gleichung (III.17) in
Äquipotentiallinien. Zwischen zwei Punkten auf einer Verbindung mit Gleichung (III.13):
Äquipotentiallinie besteht keine Potentialdifferenz Der durch eine geschlossene, beliebig geformte
und auch keine Spannung. Hieraus folgt, daß bei Oberfläche A gehende elektrische Fluß y ist gleich
Verschiebung einer Ladung auf einer Äquipotential- der Summe der von dieser Fläche eingeschlossenen
linie keine Verschiebungsarbeit zu verrichten ist. Ladungen.
Weiterhin folgt aus der Vektorrechnung, daß Äquipo-
tentiallinien und Feldlinien immer senkrecht aufein-   n
y = ∫ DdA = ∑ Qi (III.19)
ander stehen müssen. Da Feldlinien auch immer i =1
senkrecht auf Leiteroberflächen stehen, sind alle Lei-
teroberflächen auch Äquipotentiallinien. Meßtech- Daraus folgt für die elektrische Feldstärke eine der
nisch einfacher ist es, Potentiallinien auszumessen. vier grundlegenden Maxwellschen Gleichungen
Sind sie bekannt, können die für die Kraftwirkungen   1
n

wichtigen Feldlinien konstruiert werden. Im Bild ∫ EdA = e e ∑ Qi (III.20)


0 r i =1
III-6 sind für eine metallische Spitze und eine ebene
metallische Gegenelektrode die Äquipotentiallinien Steht das elektrische Feld überall senkrecht zu A und
ist es konstant, so ist
Q
D= (III.21)
A

1.7 Energie geladener Teilchen


im elektrischen Feld
Da auf geladene Teilchen im elektrischen Feld immer
eine Kraft wirkt, werden sie nach den Gesetzen der
Mechanik immer beschleunigt.
Bild III-6
Äquipotentiallinien Fel = qE = ma (III.22)
268 Grundlagen der Elektrotechnik

Ist das elektrische Feld konstant, so ist auch die Be- positiven Kern verschieben kann. Es entsteht ein
schleunigung konstant. Nach Durchlaufen einer Po- elektrischer Dipol. Auch können eventuell schon vor-
tentialdifferenz Dj sind die erreichte Bewegungs- handene Dipole im Feld gedreht werden. Es entsteht
energie und die elektrische Energie nach Gleichung ein Polarisationsfeld Ep, das dem äußeren Feld E0
(III.11) gleich. entgegengesetzt gerichtet ist. Im Inneren ist das
1 2 resultierende Feld
mv = q ⋅ Dj = qU (III.23)
2 Ei = E 0 − E p (III.26)
Wenn ein Elektron die Potentialdifferenz von 1V E0
durchläuft, hat es die Energie von 1,602 ⋅ 10–19 As ⋅
1 V = 1,602 ⋅ 10–19 J. Hieraus leitet sich eine Energie-
einheit ab:
1 Elektronenvolt 1 eV = 1,602 ⋅ 10 -19 J (III.24) EP

2 Materie im elektrischen Feld Bild III-8 Polarisation


Befindet sich Materie in einem elektrischen Feld,
wirkt auf alle Ladungen in dieser Materie eine elekt- Das Feld im Inneren ist gegenüber dem ursprüngli-
rische Kraft. Da in Leitern und Nichtleitern unter- chen Feld E0 geschwächt worden. Zahlenmäßig wird
schiedliche Beweglichkeit der Ladungsträger vor- dies durch
liegt, sind auch die beobachteten Effekte von den E0
Leitereigenschaften der Materialien abhängig. Ei = (III.27)
er
2.1 Leiter erfaßt. er ist die Permittivitätszahl des Materials. Sind
In einem Leiter sind die Ladungsträger (in Metallen die äußeren Platten mit einer konstanten Spannungs-
sind das die Elektronen) frei beweglich. Bringt man quelle verbunden, fließen nach Einbringen eines
zwei aufeinander liegende Metallplatten in ein elekt- Dielektrikums so viele Ladungen nach, bis sich das
risches Feld, werden die Ladungen so verschoben ursprüngliche Feld E0 wieder eingestellt hat. Damit
(Bild III-7), daß sich eine gleiche Anzahl von Ladun- wird aber nach Gleichung (III.13) der elektrische
gen auf den entsprechenden Oberflächen gegenüber Fluß y und auch die Flußdichte D ebenfalls größer
liegen. Im Leiter wird durch diese Ladungsverschie- und es gilt
bung ein Feld Einfl erzeugt, das denselben Betrag wie D = er e0 E (III.28)
das äußere Feld, aber entgegengesetzte Richtung hat.
Das resultierende elektrische Feld im Inneren eines Tabelle III-1 Permittivitätszahlen bei 20 °C
Leiters verschwindet daher immer.
E i = E a − E infl = 0 (III.25) Werkstoff er

Diese Ladungsverschiebung heißt Influenz. Werden Glas 4 ... 12


die Platten im elektrischen Feld getrennt und dann Glimmer 5 ... 8
aus dem Feld genommen, bleiben die Platten geladen.
Porzellan 6
Transformatorenöl 2,3
Wasser 81
Luft 1,0006
Bild III-7
Influenz 3 Kondensatoren
Wenn zwischen zwei isolierten Leiteroberflächen
eine Spannung liegt, laden sich die Leiteroberflächen
2.2 Nichtleiter auf. Ein solches Bauelement ist ein Kondensator. Er
In Nichtleitern gibt es keine frei beweglichen Ladun- dient zur Speicherung elektrischer Ladungen und
gen. Deshalb ist auch das Innere eines Nichtleiters im Energie. Die Ladungsmenge Q, die bei vorgegebener
elektrischen Feld nicht feldfrei. Diese Stoffe werden Spannung U gespeichert werden kann, hängt von der
Dielektrika genannt. Hier kann durch das äußere Feld Geometrie und vom Material zwischen den Konden-
ein inneres Feld erzeugt werden, indem die negative satorplatten ab. Der Quotient aus Q und U wird als
Elektronenhülle eines Atoms sich gegenüber dem Kapazität bezeichnet.
III Das Elektrische Feld 269

3.1 Kapazität Ein Kugelkondensator besteht aus zwei konzentrisch


angebrachten Kugeln. Die Vorteile eines Kugelkon-
Die Kapazität eines Kondensators ist definiert durch
densators liegen darin, daß keine Streufelder auftre-
C Q U ten, da keine Ecken vorhanden sind. Die elektrischen
Q
Kapazität C= As (III.29) Feldlinien verlaufen radial-symmetrisch und ändern
U F= As V
V ihren Abstand von innen nach außen. Das Feld ist
also nicht homogen. Für die Kapazität eines Kugel-
Die Einheit der Kapazität ist 1 F (1 Farad). kondensators ergibt sich mit der in Bild III-10 darge-
3.1.1 Plattenkondensator stellten Geometrie:
r1 r2
Ein Plattenkondensator besteht aus zwei parallelen Kugelkondensator C Kugel = 4 pe 0 e r (III.34)
Platten im Abstand d. Bis auf den Randbereich ist das r2 − r1
elektrische Feld E homogen. Befindet sich zwischen
den Platten Vakuum oder Luft, gilt Der Zylinderkondensator besteht aus zwei ineinander
liegenden konzentrischen Zylindern. Wird der Radius
Q U des äußeren Zylinders mit r2 und der des inneren
D= = e0 E = e0 (III.30)
A d Zylinders mit r1 bezeichnet, gilt bei einer Länge L des
Q A Kondensators für die Kapazität:
C Pl = = e0 (III.31)
U d L
Zylinderkondensator C Zyl = 2 pe 0 e r (III.35)
Befindet sich zwischen den Platten ein Material mit ⎛r ⎞
der Permittivitätszahl er, dann gilt ln ⎜ 2 ⎟
⎝ r1 ⎠
A
C Pl = e 0 e r (III.32) Jedes Koaxialkabel ist von seiner Bauform her ein
d
Zylinderkondensator. In der Hochfrequenztechnik ist
3.1.2 Spezielle Kondensatoren diese Kapazität daher zu berücksichtigen. Für die
Kapazität einer einzelnen zylindrischen Leitung mit
dem Radius r, die in einer Höhe h über der Erde liegt,
1
gilt
2 Kapazität einer Leitung
3
L
Bild III-9 Block- C L = 2 pe 0 e r (III.36)
4 ⎛h 2 ⎞
ln ⎜ + ⎛⎜ ⎞⎟ − 1 ⎟
kondensator h
⎜r ⎝ r ⎠ ⎟
⎝ ⎠

L
für h >> r C L = 2 pe 0 e r (III.37)

ln ⎜
2h ⎞

⎝ r ⎠

Auch zwei im Abstand d verlaufende Leitungen mit


dem Radius r und der Länge L besitzen eine Kapazi-
tät.

r1 h
r2

Bild III-10 Kugelkondensator


L
r
Ein Blockkondensator besteht aus n Platten eines
Kondensators, die wie in Bild III-9 verbunden sind.
Es ist eine Parallelschaltung mit (n – 1) wirksamen
Kondensatoren. d
r
Bild III-11
A
Blockkondensator C Block = ( n − 1) e 0 e r (III.33) Kapazität von
d Leitungen
270 Grundlagen der Elektrotechnik

Kapazität einer Doppelleitung Mit Gleichung (III.20) wird


L Q Q
C DL = pe 0 e r (III.38) E1 =
2 pe 0 e r 1 rl
; E2 =
2 pe 0 e r 2 rl
;
⎛ d 2 ⎞
+ ⎛⎜ ⎞⎟ − 1 ⎟⎟
d
ln ⎜⎜ r2 r3

⎝ 2r ⎝ 2r ⎠ ⎠ U = ∫ E 1 dr + ∫ E 2 dr (III.40)
r1 r2

L Q ⎛ 1 r r ⎞
für d >> r C DL = pe 0 e r (III.39) U= ⎜ ln 2 +
1
ln 3 ⎟ (III.41)
ln ⎛⎜ ⎞⎟
d 2 pe 0 l ⎝ e r 1 r1 e r 2 r2 ⎠
⎝ r⎠ Q 2 pe 0
Die Kapazität pro Länge l C ′ = = (III.42)
Ul 1 r 1 r
 Beispiel: In einem Plattenkondensator nach Bild III-12 sind ln 2 + ln 3
e r 1 r1 e r 2 r2
d1 = 0,3 mm, d2 = 0,5 mm starke Isolierplatten untergebracht. Ihre
Permittivitätszahlen sind e1r = 3,8 und e2r = 4,7. Die Fläche A ei- F
2 p 8, 85 ⋅ 10 −12
ner Platte beträgt 900 cm2. Die obere Platte trägt die positive La- m = 115, 5 ⋅ 10 −12 F = 115 nF
C′ =
dung Q = 2,5 · 10–6, die untere die negative Ladung – Q. Wie groß 1 7 , 5 1 15 m km
sind die Flußdichten und die elektrischen Feldstärken in den bei- ln + ln
3 5 2 7,5
den Dielektrika und die Spannungen, mit denen die Isolierplatten
beansprucht werden?
3.2 Schaltungen mit Kondensatoren
Q
d1 3.2.1 Reihenschaltung
d2
Medium 1 Werden zwei in Reihe geschaltete ungeladene Kon-
Medium 2 densatoren aufgeladen, muß auf jeden Kondensator
dieselbe Ladungsmenge DQ geflossen sein.
Q U
U1 U2
Bild III-12 Beispiel Plattenkondensator
Die Flußdichte muß in beiden Materialien gleich sein, da beide C1 C2
Platten des Kondensators die gleiche Ladung tragen.
Q 2 , 5 ⋅ 10 −6 As As
D1 = D2 = = = 27 , 8 ⋅ 10 −6 2
A 900 ⋅ 10 − 4 m 2 m U U
As
27 , 8 ⋅ 10 −6 2 Bild III-14 Kondensatorschaltungen
D1 m V V
E1 = = = 826 ⋅ 10 3 = 826
e0 er 1 As m mm
8, 854 ⋅ 10 −12 ⋅ 3, 8
Vm
DQ1 = DQ2 = Q (III.43)
As
27 , 8 ⋅ 10 −6 2
E2 =
D2
= m = 668 ⋅ 10 3
V
= 668
V U = U1 + U 2 (III.44)
e0 er 2 As m mm
8, 854 ⋅ 10 −12 ⋅ 4, 7
Vm 1 U 1 U
V = 1 , = 2 (III.45)
U 1 = E 1 ⋅ d 1 = 826 ⋅ 0 , 3 mm = 248 V ; C1 Q C2 Q
mm

U 2 = 668
V
⋅ 0 , 5 mm = 334 V U U1 + U 2 U1 U 2
mm = = + (III.46)
Q Q Q Q
 Beispiel: Ein Koaxialkabel enthält nach Bild III-13 zwei Isola-
tionsschichten mit er1 = 3 und er2 = 2, einen Innenleiter mit dem 1 1 1
= + (III.47)
Radius r1 = 5 mm, einen Außenleiter mit r3 = 15 mm. Der Radius C ges C 1 C 2
r2 ist 7,5 mm. Wie groß ist die Kapazität des Kabels je km Lei-
tungslänge? n
1 1
Reihenschaltung =∑ (III.48)
C ges i =1 Ci

3.2.2 Parallelschaltung

er1 er2 Sind zwei Kondensatoren parallel geschaltet, liegt an


beiden die Spannung U. Für die während des Ladens
aus der Spannungsquelle entnommene Ladung DQ
gilt jetzt
DQ = DQ1 + DQ2 (III.49)
r1
Da die Kondensatoren zu Beginn nicht geladen waren
r2 (Qv = 0), gilt
Bild III-13
r3 Beispiel Koaxialkabel DQ1 = Qn − Q v = Q (III.50)
III Das Elektrische Feld 271

Q Q1 + Q2 Q1 Q2 werden die Kondensatoren in geladenem Zustand von den Span-


= = + (III.51) nungsquellen getrennt und der Schalter S geschlossen (C2 = 3 nF
U U U U und C3 = 6 nF). Auf welche Spannungen werden die einzelnen
Kondensatoren aufgeladen?
C ges = C 1 + C 2 (III.52) Die Spannungen an den einzelnen Kondensatoren vor Schließen
n des Schalters werden mit U* bezeichnet, nach Umladen werden
die Spannungen mit U benannt. Für die einzelnen Spannungen
Parallelschaltung C ges = ∑ C i (III.53) gilt DUi = Ui – U*i . Die Ladungsmenge, die vom Kondensator C1
i =1
fließt, muß sowohl C2 als auch C3 aufladen. Außerdem gilt die
Maschenregel.
3.2.3 Gemischte Schaltungen
 Beispiel: Die Gesamtkapazität der Schaltung nach Bild III-15 mit
den Werten C1 = 80 pF, C2 = 20 pF, C3 = 200 pF, C4 = 100 pF soll
S
U1* C1 C2 U2*
berechnet werden.

C3
C1 C3

A B Bild III-17 Beispiel Umladungsvorgänge ohne Span-


nungsquelle
C2 C4
DU i = U i − U *i ; D Q 1 = D Q 2 = DQ 3 ;
Bild III-15 Beispiel Berechnung der Gesamtkapazität
− C 1 ⋅ DU 1 = C 2 ⋅ DU 2 ; − C 1 ⋅ DU 1 = C 3 ⋅ DU 3
Die linke Gruppe ergibt 100 pF, die rechte Gruppe 300 pF. Die
100 ⋅ 300 Hieraus lassen sich für die drei gesuchten Spannungen für den
Gesamtkapazität ist dann C ges = pF = 75 pF . allgemeinen Fall, daß die Kondensatoren 2 und 3 vor dem Umla-
100 + 300
dungsprozess schon aufgeladen sind, die drei Gleichungen ablei-
ten:
 Beispiel: Die in der Schaltung nach Bild III-16 vorhandenen
Kondensatoren sind zunächst nicht aufgeladen. Welche Ladungen U1 − U 2 − U 3 = 0 ; C 1 ⋅ U 1 + C 2 ⋅ U 2 = C 1 ⋅ U *1 + C 2 ⋅ U *2 ;
und welche Teilspannungen haben die Kondensatoren nach Schlie-
ßen des Schalters S (C1 = 300 nF, C2 = 200 nF, C3 = 400 nF, U = C 1 ⋅ U 1 + C 3 ⋅ U 3 = C 1 ⋅ U 1* + C 3 ⋅ U 3*
120 V)? Zahlenwerte:
Die Ladungsmenge, die durch C1 fließt, muß auch durch die Pa-
U1 − U 2 − U 3 = 0 ; 8U 1 + 3U 2 = 8 ⋅ 150 V + 3 ⋅ 50 V ;
rallelkombination fließen. Es lassen sich folgende Gleichungen
aufstellen 8U 1 + 6U 3 = 8 ⋅ 150 V

C2 Dieses Gleichungssystem hat die Lösungen


C1 U 1 = 130 V ; U 2 = 103, 33 V ; U 3 = 26 , 67 V .

3.3 Energie des elektrostatischen Feldes


C3 Bild III-16
Beispiel Umladungsvor- In einem aufgeladenen Kondensator ist eine bestimmte
S Energie gespeichert. Die Größe der gespeicherte Ener-
gänge mit Spannungsquelle
U gie kann durch die Formel
DW = u Dq (III.54)
U = U 1 + U 23 ; DQ1 = DQ 2 + DQ 3 ;
bestimmt werden.
C1U 1 = C 2 U 23 + C 3 U 23 = U 23 ( C 2 + C 3 ) ;
Q
C1 C1 ⎛ C1 ⎞
U 23 = U 1 ; U = U1 + U1 = U1 ⎜ 1 + ⎟;
C2 + C3 C2 + C3 ⎝ C2 + C3 ⎠

U 120 V W Bild III-18


U1 = = = 80 V
C1 300 Energie im
1+ 1+
C2 + C3 200 + 400 elektrischen Feld
U
U 2 = U − U 1 = 120 V − 80 V = 40 V ;
Mit u ist die zeitlich veränderliche Spannung am
Q1 = C 1U 1 = 300 ⋅ 10 −9 F ⋅ 80 V = 24 ⋅ 10 −6 As ;
Kondensator gemeint. Die Ladung q und die Span-
Q 2 = C 2 U 23 = 200 ⋅ 10 −9 F ⋅ 40 V = 8 ⋅ 10 −6 As ; nung u sind aber nicht unabhängig voneinander,
sondern über Gleichung (III.29) verbunden.
Q 3 = C 3 U 23 = 400 ⋅ 10 −9 F ⋅ 40 V = 16 ⋅ 10 −6 As
Energie eines Kondensators
 Beispiel: Der Kondensator C1 = 8 nF ist zunächst mit einer Q Q
q 1 Q2 1
Spannungsquelle von U = 150 V verbunden, C2 ist in gleicher W = ∫ udq = ∫ dq = = CU 2 (III.55)
Richtung auf 50 V aufgeladen, C3 ist ungeladen. Anschließend 0 0C 2 C 2
272 Grundlagen der Elektrotechnik

Grafisch ist die Energie, die bei einer Spannung U damit die Kondensatorspannung uC als Funktion der
und der damit im Kondensator vorhandenen Ladung Zeit. Aus der
Q gespeichert ist, durch die schraffierte Dreiecksflä- Maschenregel U = u C + iR (III.63)
che in Bild III-18 gegeben.
1 1 folgt, daß der Strom dann kleiner werden muß. We-
W= QU = CU 2 (III.56) gen
2 2
dQ du
Die im Kondensator gespeicherte Energie befindet i= =C C (III.64)
sich nicht auf den Elektroden, sondern ist im elektri- dt dt
schen Feld zwischen den Kondensatorplatten gespei- wird die zeitliche Änderung von uC ebenfalls kleiner.
chert. Ein wichtiger Begriff ist die Energie pro Vo-
du
lumen, die Energiedichte. Zur Berechnung wird die U = u c + RC (III.65)
in einem bestimmten Volumen vorhandene Energie dt
durch das Volumenelement dividiert. Wird zum Zeitpunkt t = 0 der Schalter S geschlossen,
DW hat diese Differentialgleichung die Lösungsfunktion
Energiedichte w = (III.57) −t
DV ⎛ ⎞
Laden eines Kondensators u C = U ⎜ 1 − e RC ⎟ (III.66)
Für einen Plattenkondensator läßt sich diese Größe ⎝ ⎠
unter Verwendung oben abgeleiteter Formeln einfach
berechnen. Der Kondensator lädt sich auf die Endspannung U
auf. Der Strom nimmt ab.
1 1 e0 er A
W= CU 2 = ( Ed ) 2 (III.58) −t
2 2 d Ladestrom i = I 0 ⋅ e RC (III.67)
1 1
W = e 0 e r E 2 Ad = e 0 e r E 2 V (III.59) uC
2 2
U
Das Volumen des elektrischen Feldes im Kondensa-
tor ist V = Ad. Mit D = e0erE gilt 63%
1
Energiedichte w = ED (III.60)
2
Gleichung (III.60) gilt in dieser Form nicht nur im
homogenen Feld, sondern für konstantes er allge- 0
t t
mein.
Energiedichte Bild III-20 Spannung am Kondensator

1 1 i
w = ∫ EdD = ∫ e 0 e r EdE = e 0 e r E 2 = ED (III.61)
2 2 I0
Soll in einem beliebigen inhomogenem Feld die
Energiedichte berechnet werden, muß das Integral
bestimmt werden.
37%
1
W = ∫ wdV = ∫ EDdV (III.62)
V 2V
0
t t
3.4 Laden und Entladen
eines Kondensators Bild III-21 Ladestrom
C1
R i Der Strom I0 ist der Strom zu Beginn des Ladevor-
ganges, also zur Zeit t = 0. Er ist bestimmt durch
uC U
I0 = (III.68)
R
S Bild III-19 Das Produkt RC hat die Dimension einer Zeit und
Laden eines Konden- wird Zeitkonstante genannt.
U sators
Zeitkonstante
Wenn ein Kondensator nach Bild III-19 über einen t R C
Widerstand aufgeladen wird, vergrößert sich die t = RC V As (III.69)
s =WF W= F=
Ladungsmenge auf den Kondensatorplatten und A V
III Das Elektrische Feld 273

Diese Größe gibt an, nach welcher Zeit die Spannung 3.5 RC-Reihenschaltung
auf den Wert 1 – e–1 = 63% angestiegen ist, bzw. nach
welcher Zeit der Strom auf den Wert e –1 = 37% u
gefallen ist. Der Wert für t kann aus der grafischen
Darstellung der Kondensatorspannung ermittelt wer-
den. Er ergibt sich als Schnittpunkt der Tangente an t0 t
i
die Spannungskurve zur Zeit t = 0 mit der gestrichelt
uR
gezeichneten horizontalen Geraden U (Bild III-20).
Beim Entladen eines Kondensators über einen ohm- t
schen Widerstand R nimmt die Kondensatorspannung
im Lauf der Zeit ab; der fließende Strom ebenfalls. Ist
der Kondensator zu Beginn auf die Spannung U
aufgeladen, nimmt diese Spannung ab. i
uR
Entladen eines Kondensators
−t −t t
u C = U e RC = U e t (III.70)
−t
Strom i = I 0 ⋅ e RC (III.71) i
Die in Bild III-21 dargestellte Kurve gilt in dieser uR
Form für den Strom beim Laden und Entladen und
für die Kondensatorspannung beim Entladen eines t
Kondensators.

 Beispiel: In der Schaltung nach Bild III-22 wird der Kondensator Bild III-23 Differenzieren
C = 100 mF über den Widerstand R1 = 2 kW aufgeladen (R2 =
1 kW, UA = 100 V). Legt man an eine RC-Reihenschaltung einen Recht-
a) Auf welche Endspannung lädt sich der Kondensator auf? eck-Impuls an, wird der Kondensator im gleichen
b) Wie groß ist die Spannung am Kondensator nach einer Zeit Takt aufgeladen und entladen. Ist die Zeitkonstante t
von 30 ms?
ungefähr so groß wie die Impulsdauer t0, kann der
Die Spannungsquelle und die beiden Widerstände können als Er-
Kondensator nicht vollständig aufgeladen werden.
satzspannungsquelle mit Innenwiderstand aufgefaßt werden. Die
Spannung, die den Kondensator auflädt, ergibt sich aus Der Ladestrom, und damit auch die Spannung am
ohmschen Widerstand, hat einen Verlauf wie in
R2
U = UA . (III.72) Bild III-23 oben. Die Zeitkonstante nimmt von oben
R1 + R2
nach unten ab. Je kleiner die Zeitkonstante τ gegen-
über der Impulsdauer t0 wird, desto schneller fällt die
R1
Spannung uR auf 0 ab. Im Grenzfall entstehen Nadel-
impulse. Wird das Rechtecksignal mathematisch
UA R2 C differenziert, entsteht das gleiche Funktionsbild.
Bild III-22 Deshalb spricht man in diesem Fall auch von einem
Beispiel Aufladen Differenzierglied.
S eines Kondensators
u
Der Innenwiderstand der Ersatzspannungsquelle ist
R1 R 2 t
Ri = . (III.73) t0
R1 + R 2 uC
Mit Gleichung (III.66) gilt
−t
R2 ⎛ ⎞
uC = U A ⎜1− e t ⎟ (III.74) t
R1 + R 2 ⎝ ⎠ uC
mit t = Ri C (III.75)

1 kW
a) Endspannung U = 100 V = 33 , 33 V t
3 kW
uC
1⋅ 2 2 2
b) R i = kW = kW ; t = ⋅ 10 3 W ⋅ 100 ⋅ 10 −6 F = 66,7 ms;
1+ 2 3 3
⎛ −30ms
⎞ t
u30ms = 33,33 ⎜ 1 − e 66,7ms ⎟ = 12,07 V
⎜ ⎟
⎝ ⎠ Bild III-24 Integrieren
274 Grundlagen der Elektrotechnik

Die Spannung uC am Kondensator ist im Bild III-24 wird der Kondensator nahezu linear aufgeladen. Dies
aufgetragen. Die Zeitkonstante t wird hier von oben entspricht dem mathematischen Vorgang des Integrie-
nach unten immer größer. Bei sehr großem Wert von t rens. Die Schaltung stellt jetzt ein Integrierglied dar.

IV Das Magnetische Feld


Neben den elektrischen Kräften und Feldern gibt es in Sind zwei Magnete vorhanden, ziehen sich ungleiche
der Natur auch magnetische Kräfte und Felder. Pole an. Die magnetischen Feldlinien werden mit
Jede sich bewegende elektrische Ladung erzeugt ein Richtungspfeilen versehen. Ihre Richtung ist willkür-
magnetisches Feld. lich festgelegt. Im Außenraum eines Dauermagneten
Jedes magnetische Feld wird durch bewegte Ladun- verlaufen sie vom Nordpol zum Südpol. Da die
gen erzeugt. Feldlinien immer geschlossen sind, verlaufen sie im
Inneren eines Dauermagneten vom Südpol zum
Diese Aussage gilt für Elektromagnete und Dauer- Nordpol.
magnete. Fließt durch Elektromagnete ein Strom, ist
damit eine Bewegung von Ladungen verbunden. In 1.2 Stromdurchflossene Leiter
Dauermagneten sind die bewegten Ladungen die
S N
Elektronen, die immer um die Atomkerne kreisen und
somit Kreisströme hervorrufen. Außerdem rotieren
alle Elektronen um die eigene Achse. Diese Bewe-
gung wird Spin genannt und erzeugt ebenfalls magne-
tische Felder. In vielen Stoffen heben sich die von
den einzelnen Elektronen erzeugten Magnetfelder I
gegenseitig auf; in Dauermagneten nicht.
Leiter

1 Feldlinien Bild IV-2


Magnetfeld um
1.1 Dauermagnet einen Leiter
Wie beim elektrischen Feld wird auch das Magnet-
feld durch Feldlinien dargestellt. Wenn eine drehbar Bringt man eine Magnetnadel in die Nähe eines
gelagerte Magnetnadel um einen Dauermagneten stromdurchflossenen Leiters und führt sie um den
herumgeführt wird, stellt sie sich parallel zu den Leiter herum, dann ergibt die tangentiale Verbindung
Feldlinien ein. Verbindet man alle Stellungen tangen- aller Einstellungen Kreise, in deren Zentrum der
tial, erhält man das Feldlinienbild eines Dauermagne- Leiter liegt. Die technische Stromrichtung ist durch
ten (Bild IV-1). das Kreuz angegeben, sie zeigt in die Zeichenebene
hinein. Die Richtung der Feldlinien kann durch die
Rechtsschrauben-Regel beschrieben werden.
N S
Dreht man eine rechtsgängige Schraube so, daß sie
sich in der technischen Stromrichtung weiterbewegt,
ist die Richtung der magnetischen Feldlinien durch
Bild IV-1 die Drehrichtung gegeben.
Dauermagnet Diese Richtung läßt sich auch mit Hilfe der rechten
Hand bestimmen.
Wird ein Dauermagnet geteilt, haben beide Teile
Der Daumen der rechten Hand wird in Richtung der
dieselben magnetischen Eigenschaften wie der Aus-
technischen Stromrichtung gehalten. Die gekrümm-
gangsmagnet. Es gibt also, im Gegensatz zu den
ten Finger zeigen dann die Richtung der Magnetfeld-
elektrischen Ladungen, keine einzelne magnetische
linien an.
Pole, sondern nur Dipole. Magnetische Feldlinien
sind daher grundsätzlich geschlossene Linien. Die
1.3 Stromdurchflossene Spule
magnetischen Pole werden aus historischen Gründen
Nord- und Südpol genannt. Auch die Erde besitzt ein Wenn stärkere Magnetfelder erzeugt werden sollen,
Magnetfeld. Eine Magnetnadel wird sich auch hier werden Spulen verwendet. Wird ein Leiter auf einen
parallel zu den Feldlinien einstellen. Der Pol der zylindrischen Spulenkörper gewickelt, erhält man
Nadel, der in die geographische Nordrichtung zeigt, eine Zylinderspule. Jeder Leiter erzeugt ein Magnet-
heißt Nordpol. feld. Zwischen den Leitern heben sich die von den
IV Das Magnetische Feld 275

östlicher Länge in der Antarktis (Bild IV-5). Die


Abweichung des Erdmagnetfeldes von der geographi-
schen Nord-Süd-Richtung ist die Deklination; sie ist
abhängig vom Ort auf der Erde. In Deutschland
beträgt diese Abweichung etwa 2° in westlicher Rich-
tung. Die Feldlinien verlaufen – bis auf die Äquator-
N S gegend – nicht parallel zur Erdoberfläche. Die Nei-
gung zur Horizontalen wird Inklination genannt.

Bild IV-3 Zylinderspule

einzelnen Leitern erzeugten Felder gegenseitig auf.


Im Außenraum und im Inneren der Spule addieren
sich die einzelnen Beiträge zum Gesamtfeld. Das in Äquator
der Mitte der Spule entstehende Feld ist dann die
Vektorsumme aller einzelnen Felder. In der Mitte der
Zylinderspule kann das Feld bei großer Spulenlänge
als homogen angesehen werden. Im Außenraum ist S
das Feldlinienbild gleich dem eines Dauermagneten.
Man kann einer Zylinderspule somit auch einen Bild IV-5 Magnetfeld der Erde
Nordpol und einen Südpol zuordnen.
Das Magnetfeld der Erde ist nicht so symmetrisch,
wie in Bild IV-5 dargestellt. Durch Satellitenmessun-
gen ist bekannt, daß das Magnetfeld durch den Son-
nenwind stark deformiert wird. Der Sonnenwind
besteht aus Wasserstoff- und Heliumionen sowie aus
Elektronen. Diese Teilchen treffen mit einigen
r
100 km/s die Erde. Dadurch wird das Magnetfeld auf
der Tagseite stark zusammengedrückt, auf der Nacht-
seite der Erde wird das Magnetfeld zu einem langen
Schweif deformiert, der bis über die Mondbahn
hinaus geht.
Bild IV-4 Die Ursache für das Erdmagnetfeld ist nicht genau
A Ringspule bekannt. Wahrscheinlich rührt es von der Bewegung
des ionisierten flüssigen Erdkerns her. Das Erdmag-
netfeld ist in seiner Stärke und seiner Richtung nicht
Wird der zylindrische Spulenkörper zu einem Kreis
konstant. Vor etwa 4 Millionen Jahren war die Polari-
gebogen, entsteht eine Ringspule. Das hier aus der
tät entgegengesetzt. Dies kann aus der Richtung der
Überlagerung aller einzelnen Magnetfelder entste-
Magnetisierung in alten Gesteinen festgestellt wer-
hende resultierende Feld hat die Eigenschaft, nur im
den.
Inneren des Spulenkerns vorhanden zu sein. Es gibt
keine Stelle, an der die Feldlinien, die ja geschlossene
Linien darstellen, austreten können. 2 Magnetische Grundgrößen
1.4 Magnetfeld der Erde 2.1 Feldstärke
Bringt man in die Nähe eines stromdurchflossenen
Die Erde besitzt ein Magnetfeld. Eine Magnetnadel
Leiters eine Magnetnadel und stellt sie senkrecht zur
zeigt in die Richtung zum magnetischen Pol. Da der
Richtung der Feldlinien, die wie konzentrische Kreise
Nordpol der Magnetnadel in die geographische Nord-
um den Leiter liegen, so wird die Nadel durch die
richtung zeigt, andererseits aber zum magnetischen
Wechselwirkung mit dem Magnetfeld in Richtung der
Südpol weist, liegt der magnetische Südpol auf der
Magnetlinien gedreht. Es wird also ein Drehmoment
Nordhalbkugel. Er befindet sich bei ungefähr 74°
M ausgeübt. Die Größe von M ist ein Maß für die
nördlicher Breite und 100° westlicher Länge nord-
Stärke des Magnetfeldes. Dieses wird mit H bezeich-
westlich von Nordgrönland. Der magnetische Nord-
net
pol auf der Südhalbkugel liegt nicht genau gegenüber.
Er liegt bei ungefähr 72° südlicher Breite und 155° M∼H (IV.1)
276 Grundlagen der Elektrotechnik

H ⋅ 2p r = I (IV.9)
I
Feld um einen Leiter H = (IV.10)
2p r
 Beispiel: Ein massiver Kupferleiter ist nach Bild IV-7 von einem
r Kupferrohr umschlossen. Diese Anordnung dient als Hin- und
Rückleitung. In beiden Leitern fließt der gleiche Strom I = 100 A.
Wie groß ist die Feldstärke als Funktion des Abstandes vom Mit-
H telpunkt?
Bild IV-6
I Magnetfeld um einen
Leiter
r2
Erhöht man den Strom I im Leiter, erhöht sich auch r1 r3
das Drehmoment und somit die Feldstärke
H∼I (IV.2)
Werden n Leiter verwendet, hängt die Stärke des
Drehmomentes von allen Strömen ab:
n
H ∼ ∑ Ii (IV.3)
i =1 H
Die Summe aller Ströme, die von einer geschlossenen
Feldlinie umgeben sind, ist die Durchflutung.
n
Q I
Durchflutung Q = ∑ I i (IV.4)
i =1
A A
Zur Berechnung von Feldstärken kann das Durchflu-
tungsgesetz benutzt werden. r1 r2 r3 r
Ist die Feldstärke nicht konstant, gilt für die Durch-
flutung: Bild IV-7 Beispiel Magnetfeld um konzentrische Dop-
  pelleiter
Θ = Ú Hds (IV.5)
  n
Durchflutungsgesetz Ú Hds = Â I
i =1
i (IV.6) Zunächst wird der Bereich 0 < r < r1 betrachtet. Die Stromdichte
S ist überall konstant.
I
Für den Sonderfall einer konstanten Feldstärke ist Stromdichte S1 = ;
p ⋅ r12
n
∑ Ii = H ⋅l . (IV.7) Durchflutung Q = S 1 ⋅ pr 2
i =1
Das Feld in einem beliebigen Abstand r wird mit dem Durchflu-
Der Weg l muß dabei geschlossen sein. tungsgesetz berechnet.
Zur Berechnung des Feldes in einer Ringspule nach
Q S ⋅ pr 2 I ⋅ pr 2 Ir
Bild IV-4 wird der mittlere Radius r gewählt. Der H= = 1 = = (IV.11)
2 pr 2 pr pr12 2 pr 2 pr12
geschlossene Weg ist dann l = 2pr und es gilt:
H nimmt linear mit r zu. Für r = r1 ist die Grenze dieses Bereiches
IN
Feld in einer Ringspule H = (IV.8) erreicht.
2p r
I 100 A A
H1 = = = 1591
Dieses Feld ist nicht konstant, sondern fällt nach 2 pr1 2 p ⋅ 0,01 m m
außen mit 1/r ab. Ist jedoch der mittlere Radius groß Im Bereich r1 < r < r2 kommt kein weiterer Strom hinzu, die
gegenüber dem Windungsdurchmesser d, kann H Durchflutung bleibt konstant (Q = I). H nimmt nach Gleichung
innerhalb des Ringquerschnittes als konstant ange- (IV.10) mit 1/r ab bis zum Wert
nommen werden. I 100 A A
H2 = = = 795 .
Ein weiteres Beispiel für die Anwendung von Glei- 2 pr2 2 p ⋅ 0 , 02 m m
chung (IV.6) ist die Berechnung des Magnetfeldes Im Bereich r2 < r < r3 nimmt die Durchflutung wieder ab.
um einen geraden stromdurchflossenen Leiter. Das
p ( r 2 − r22 )
Magnetfeld ist auf Kreisbahnen um den Leiter kon- Q = Q1 − I (IV.12)
stant. Der nach dem Durchflutungsgesetz geforderte p ( r32 − r22 )
geschlossene Weg mit konstanter Feldstärke muß
gleich dem Umfang eines Kreises sein. Es fließt nur H=
1 Ê
◊ÁI - I 2 2
(
r 2 - r22 ) ˆ˜ (IV.13)
ein Strom I. Nach Gleichung (IV.6) gilt 2π r ÁË (
r3 - r2 ) ˜¯
IV Das Magnetische Feld 277

Für Abstände r > r3 ist die Feldstärke H = 0. Die Abhängig- Das Gesetz, nach dem Magnetfelder bei beliebiger
keit der Feldstärke vom Abstand ist in Bild IV-7 unten aufge-
Leitergeometrie zu berechnen sind, ist das Biot-
tragen.
Soll das Feld in einer Zylinderspule berechnet werden, ist kein Savartsche Gesetz. Jedes Teilstück ds eines strom-
geschlossener Weg zu finden, auf dem die Feldstärke konstant ist. durchflossenen Leiters, durch den der Strom I fließt,
Der für die Berechnung notwendige geschlossene Weg wird in trägt zum Feld in einem beliebigen Punkt P bei. Der
einzelne Stücke aufgeteilt. Auf diesen ist entweder H konstant,
oder Beiträge von verschiedenen Wegelementen kompensieren
Beitrag eines Teilstückes ds im Punkt Q ist
sich. Wird der Umlaufweg nach Bild IV-8 gelegt, gilt für die ein- I ⋅ ds
zelnen Wegabschnitte: Biot-Savartsche Gesetz dH = sin a (IV.19)
4 pr 2
Bild IV-9
4 I Biot Savartsches Gesetz

a Q
l2 2 3
P r

1 Um das gesamte Feld im Punkt P zu bestimmen,


müssen alle einzelnen Beiträge zusammengefaßt
werden. Ist ein Leiter zum Beispiel zu einem Kreis
l1
gebogen, läßt sich das Magnetfeld genau im Mittel-
punkt mit Gleichung (IV.19) berechnen. Für jedes
Bild IV-8 Feld in einer Spule Leiterelement ds gilt a = 90° und sin a = 1. Der
Abstand zum Punkt P (Zentrum) ist überall gleich.
Auf dem Teilstück 1 ist das Feld konstant und gleich Die Gesamtlänge der Strombahn ist 2pr.
dem gesuchten Feld, H = const. Zentrum eines Kreisstromes
Alle Beiträge, die auf dem Teilstück 2 entstehen, I ◊ 2π r I
werden durch entgegengesetzte Beiträge auf dem H=
Ú dH = = (IV.20)
4π r 2 2r
Teilstück 3 kompensiert. Das Teilstück 4 ist soweit
entfernt gedacht, daß dort H = 0 gilt. Das Wegintegral Für einen Punkt P auf der Mittelpunktsachse ist die
aus Gleichung (IV.6) ergibt dann Berechnung etwas komplizierter.
I
H 1 ⋅ l1 + H 2 ⋅ l 2 + H 3 ⋅ l 3 + H 4 ⋅ l 4 = H 1 ⋅ l1 (IV.14) H= sin 3 b (IV.21)
2R
Wird die Windungszahl mit N bezeichnet, so ist die R
Durchflutung mit sin b = ,r = R2 + l 2
r
Q = NI (IV.15) Achse eines Kreisstromes
Q NI IR 2
Feld in einer Zylinderspule H= = (IV.16) H= (IV.22)
l l
( )
3
2 R2 + l 2
In den Randbereichen der Spule ist allerdings das
Feld H1 nicht konstant. Damit Gleichung (IV.16) I
trotzdem angewendet werden kann, muß die Spu-
lenlänge groß sein gegenüber dem Durchmesser
der Spule. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, liegt H
also eine kurze Spule vor, ist das Feld nicht homo-
gen und muß auf andere Weise ausgerechnet werden.
Der Durchmesser der Spulenwicklung ist d, die r Bild IV-10
ds
Länge l. Feld im Zentrum eines
Kreisstromes
NI
kurze Zylinderspule H Mitte = (IV.17)
l +d2
2
r
NI
H Rand = (IV.18) R b
2 l2 + d2
P
l
Wenn l >> d ist, kann d im Nenner von Gleichung
(IV.17) vernachlässigt werden und es folgt Gleichung
(IV.16). Bild IV-11 Feld auf der Achse eines Kreisstromes
278 Grundlagen der Elektrotechnik

 Beispiel: Zwei parallel stromdurchflossene Leiter mit einem


Abstand von a = 45 mm führen nach Bild IV-12 die Ströme
I1 = 90 A, I2 = 70 A. Der angegebene Punkt P ist von den Leitern
b = 50 mm, c = 30 mm entfernt. Wie groß ist die Feldstärke im
Punkt P? Welche Richtung hat sie zur Verbindungslinie der bei-
den Leiter?

A B
I1 I2
a
g

b a U
P
e
H1 H2
H
Bild IV-13
Spannungsstoß
t
Bild IV-12 Beispiel Magnetfeld von 2 Leitern
Wird der Fluß auf eine Flächeneinheit bezogen, ergibt
sich die Flußdichte B.
Die von den einzelnen Strömen erzeugten Magnetfelder stehen
senkrecht auf den jeweiligen Verbindungslinien zum Punkt P. Die B f A
f
Beträge berechnen sich nach Gleichung (IV.10). Flußdichte B = Vs (IV.24)
An T = 2 Vs m 2
90 A A 70 A A m
H1 = = 286 , 5 ; H2 = = 371, 4
2 p ⋅ 0 , 05 m m 2 p ⋅ 0 , 03 m m
Die Einheit ist 1 Tesla.
Diese Komponenten können im entsprechenden Maßstab unter
dem richtigen Winkel gezeichnet werden. Das resultierende Feld A An
A
kann aus der Zeichnung abgelesen werden zu H = 350 . Der B
m
gesuchte Winkel kann ebenfalls abgelesen werden: e = 56°.
Soll die Lösung rechnerisch gefunden werden, müssen zunächst a
die Winkel im Dreieck PI1I2 berechnet werden. Dies kann durch
die Anwendung von Sinus- und Kosinussatz erfolgen.
Bild IV-14
a2 + b2 − c2 Magnetischer Fluß
cos g = = 0 , 805 ;
2 ab
g = 36 , 37  ; a = 62 , 73  , b = 80 , 9 
Die Fläche An ist dabei die vom Magnetfeld durch-
Der Winkel zwischen H1 und H2 ist 180 – a = 117,3°, für die re-
sultierende Feldstärke H gilt
setzte Fläche. Steht das Magnetfeld nicht senkrecht
auf der Fläche, gilt nach Bild IV-14
A A
H = 286 , 5 2 + 371, 4 2 − 2 ⋅ 286 , 5 ⋅ 371, 4 ⋅ cos 62 , 73  = 350
m m A n = A ⋅ cos a (IV.25)
Für den Winkel zwischen H und H2 gilt Zwischen der magnetischen Flußdichte und der mag-
sin j =
286 , 5
⋅ sin 62 , 73  ; j = 46 , 7  . netischen Feldstärke gilt im Vakuum die Beziehung
350  
B = m0 ⋅ H (IV.26)
e = ( 90  − 80 , 94  ) + 46 , 7  = 55, 76 
Die Konstante m0 ist die magnetische Feldkonstante
2.2 Fluß, Flußdichte oder auch Permeabilität des Vakuums.
magnetische Feldkonstante
Die Gesamtheit aller Feldlinien nennt man den mag-
netischen Fluß F. Diese Größe kann gemessen wer- Vs
m 0 = 4 p ⋅ 10 − 7 (IV.27)
den, indem eine geschlossene Leiterschleife aus dem Am
Magnetfeld herausgezogen wird. Während der Bewe-
 Beispiel: Eine lange Zylinderspule wird von einem Strom I
gung der Leiterschleife entsteht zwischen den Punk- durchflossen. Wie groß sind das magnetische Feld und die Fluß-
ten A und B eine zeitlich veränderliche Spannung. dichte im Inneren der Spule (N = 1000, I = 5 A, l = 1 m)?
Die Fläche unter der Spannungskurve wird als Span- NI 1000 ⋅ 5 A A
nungsstoß bezeichnet (Bild IV-13). H= = = 5000 ;
l 1m m
Dieser Spannungsstoß wird proportional zur Flußän- Vs A
B = m 0 H = 4 p ⋅ 10 −7 ⋅ 5000 = 6 , 28 ⋅ 10 −3 T
derung Df durch die Leiterschleife gesetzt. Der Am m
magnetische Fluß wird in Weber (Wb) gemessen.
Die elektrische Feldkonstante und die magnetische
f U t Feldkonstante bestimmen die Ausbreitung von elekt-
Fluß f = ∫ udt (IV.23)
Wb = Vs V s romagnetischen Wellen im Vakuum.
IV Das Magnetische Feld 279

  
1 Die drei Vektoren v , B und F stehen alle senkrecht
Ausbreitungsgeschwindigkeit c = (IV.28) aufeinander. Bewegt sich ein Elektron (negative
e0 m0
Ladung) in einem Magnetfeld nach Bild IV-16,
Für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum gilt stehen die Feldlinien immer senkrecht auf dem Vek-
entsprechend der SI Definition (s. Physik I.2) tor der Geschwindigkeit des Elektrons. Damit muß
m auch die Kraft immer senkrecht auf der Geschwin-
c = 299792458 . Somit läßt sich hieraus die Elekt-
s digkeit stehen. Der Kraftvektor liegt immer in der
rische Feldkonstante bestimmen zu Zeichenebene. Die Bewegung des Elektrons unter
dem Einfluß einer zu jedem Zeitpunkt senkrecht
1 As
ε0 = 2 = 8,8541878 ⋅ 10 −12 (IV.29) stehenden Kraft ist eine Kreisbahn. Die Kraft ist dann
c ⋅ μ0 Vm zum Mittelpunkt gerichtet, die Richtung der momen-
tanen Geschwindigkeit ist die Tangente an den Kreis.
3 Kräfte im Magnetfeld Der Radius der Kreisbahn ergibt sich aus der Überle-
gung, daß die Zentrifugalkraft gleich der Lorentzkraft
3.1 Kräfte auf bewegliche Ladungsträger ist.
Im Gegensatz zu elektrischen Feldern, in denen auf mv 2
Ladungen immer eine Kraft ausgeübt wird, werden = e 0 vB (IV.31)
r
im Magnetfeld Kräfte nur auf bewegte Ladungen
mv
ausgeübt. Sie dürfen sich dabei nicht parallel zu den r= (IV.32)
magnetischen Feldlinien bewegen. e0 B
Lorentzkraft FL = qvB ⋅sin j (IV.30)
3.2 Stromdurchflossener Leiter
v
f
S F
B B

Bild IV-15
N
F Lorentzkraft
I
Der Winkel j ergibt sich aus der Richtung der Ge- B I
schwindigkeit v und der Richtung des Magnetfeldes Bild IV-17
F Kraft auf Leiter im Magnetfeld
B. Mit dieser Gleichung läßt sich nur der Betrag der
Lorentzkraft berechnen. Die Richtung kann mit Hilfe
der Drei-Finger-Regel der rechten Hand bestimmt Auch in einem stromdurchflossenen Leiter werden
werden. Die drei Finger werden rechtwinklig zuein- Ladungen bewegt. Bringt man diesen Leiter in ein
ander gestellt. äußeres Magnetfeld, wird auch hier eine Kraft auf die
Der Daumen zeigt in Richtung der Geschwindigkeit, Ladungen und damit auf den Leiter ausgeübt. Da die
der Zeigefinger in Richtung des Magnetfeldes und der Ladungen negativ sind und die technische Stromrich-
Mittelfinger bei positiver Ladung in Richtung der tung der tatsächlichen Richtung der Elektronenbewe-
Kraft; bei negativer Ladung entgegengesetzt zur gung entgegengesetzt ist, heben sich beide negativen
Kraft. Vorzeichen auf. Die Richtung der Kraft kann mit der
Drei-Finger-Regel bestimmt werden.
B Zeigt der Daumen in Stromrichtung und der Zeige-
finger in Richtung des Magnetfeldes, dann gibt der
v Mittelfinger die Kraftrichtung an.
F
r Die Ermittlung der Kraftrichtung ist auch unter dem
Namen Motorregel bekannt. Hier wird allerdings die
linke Hand benutzt. Sie wird so in das Magnetfeld
gehalten, daß die magnetischen Feldlinien in die
Innenfläche der linken Hand eintreten und die Finger-
spitzen in Stromrichtung zeigen. Der abgespreizte
Daumen zeigt dann die Kraftrichtung an.
Bild IV-16 Kreisbahn unter dem Einfluß der Lo- Das Magnetfeld des Dauermagneten und das durch
rentzkraft den Strom im Leiter erzeugte Magnetfeld überlagern
280 Grundlagen der Elektrotechnik

S ment, das versucht, die Schleifenfläche senkrecht zu


den Magnetfeldlinien zu stellen. Die rechteckige
Leiterschleife und das Magnetfeld sind in Bild IV-19
dargestellt. Die Kantenlänge b liegt parallel zum Feld
F B, daher wird auf diesen Teil des Leiters keine Kraft
ausgeübt. Auf die Rechteckseiten der Länge a wirken
gleichgroße, entgegengesetzte Kräfte F = IBa. Die
N Schleife dreht sich um die Achse bei b/2.
Bild IV-18 Resultierendes Feld um einen Leiter Drehmoment
b
M = 2⋅ I ⋅ B⋅ a⋅ = I ⋅ B⋅ a⋅ b = I ⋅ B⋅ A (IV.36)
sich. Auf der linken Seite von Bild IV-18 sind das 2
durch den stromführenden Leiter und das durch den
M
Dauermagneten erzeugte Feld gezeichnet, rechts das magnetisches Moment m = = I⋅A (IV.37)
daraus entstehende resultierende Feld. Die Richtung B
der Kraft auf den Leiter ist aus diesem Feldlinienbild
zu entnehmen. Die Kraft ist immer zu kleineren 3.4 Kräfte zwischen
Feldstärken, also zu weiter auseinander liegenden zwei parallelen Leitern
Feldlinien, gerichtet. Die Größe der Kraft hängt Befindet sich ein stromführender Leiter in einem Ma-
neben der Flußdichte B und der Stromstärke I auch gnetfeld, welches durch einen anderen Leiter hervor-
noch von der Länge des Leiters l im Magnetfeld und gerufen wird, muß auf den Leiter ebenfalls eine Kraft
vom Winkel, den der Leiter mit den Magnetfeldlinien ausgeübt werden. Das Magnetfeld am Ort von Leiter
einschließt, ab. Dies folgt direkt aus Gleichung 2 ist nach Gleichung (IV.10) und Bild IV-20:
(IV.30).
I1
Kraft im Magnetfeld F = lIB sin j (IV.33) H1 = (IV.38)
2p d
Die Kraft wirkt immer senkrecht zu der Fläche, die
d
durch das Magnetfeld und die Stromrichtung definiert
wird. Sind Leiter und Magnetfeld senkrecht zueinan- F21 F12
der, dann ist die Kraft
H2 H1
F = lIB (IV.34)

3.3 Magnetisches Moment I1 I2

In einem äußeren Magnetfeld wird auf einen weiteren Bild IV-20 Kräfte zwischen zwei Leitern
Magneten ein Drehmoment ausgeübt. Eine Magnet-
nadel wird sich in Richtung der Feldlinien einstellen. Mit Gleichung (IV.34) gilt für die Kraft auf den
Der Quotient aus Drehmoment und Flußdichte wird Leiter 2, die durch das Magnetfeld des Leiters 1
magnetisches Moment genannt. hervorgerufen wird:
magnetisches Moment
m0 I1 I 2 l
m M B F12 = m 0 H1 I 2 l = (IV.39)
M 2p d
m = Vs (IV.35)
B Am Nm = VAs
2
m2 Die Richtung dieser Kraft kann nach der Rechte-
Hand-Regel bestimmt werden und ist in Bild IV-20
a eingezeichnet. Durch das Magnetfeld des Leiter 2
wird am Ort des Leiters 1 ein Magnetfeld
I2
I H2 = (IV.40)
b 2p d
erzeugt. Hierdurch wird nach der gleichen Überle-
gung die Kraft
B m0 I 2 I 1l
F21 = m 0 H 2 I 1l = (IV.41)
2p d
Bild IV-19 Leiterschleife im Magnetfeld ausgeübt.
Die Beträge sind gleich, die Richtungen entgegenge-
Das magnetische Moment ist ein Vektor, der vom setzt. Es gilt die Aussage:
Süd- zum Nordpol zeigt. Eine vom Strom durchflos- Zwei parallele vom Strom in gleichen Richtungen
sene Spule erfährt in einem Magnetfeld ein Drehmo- durchflossene Leiter ziehen sich an.
IV Das Magnetische Feld 281

Die von beiden Strömen hervorgerufenen Magnetfel- I I


der überlagern sich. vx = = (IV.45)
neA nebd
F F 1 dIB IB
Hallspannung U H = ⋅ = RH ⋅ (IV.46)
ne bd b
RH n e
1
Hall-Koeffizient R H = m3 1 (IV.47)
ne As
As m3

F F y
z
x
b
UH
d
B
Bild IV-21 Feldlinien um zwei Leiter I

Zwischen den beiden Leitern sind die Richtungen der Bild IV-22 Hall-Effekt
Feldlinien entgegengesetzt, das resultierende Feld
wird hier geschwächt. Sind beide Ströme gleich groß, Tabelle IV-1 Hall-Koeffizienten
verschwindet das Feld genau in der Mitte. Die Kraft
wirkt in Richtung des schwächeren Magnetfeldes. m3
Die beiden Leiter ziehen sich also an. Sind die Strom- Werkstoff R H /10 −11
As
richtungen in beiden Leitern entgegengesetzt, wird
das resultierende Feld zwischen den Leitern verstärkt. Cu –5.5
Die Kräfte sind jetzt so gerichtet, daß sich beide
Leiter abstoßen. Al –3.6
Zwei parallele vom Strom in entgegengesetzten Rich- Ag –9.0
tungen durchflossene Leiter stoßen sich ab.
Au –7.5
3.5 Hall-Effekt
Cd + 6.0
Wird ein leitendes Plättchen in ein senkrecht zu
seiner Oberfläche stehendes Magnetfeld gebracht und Sn + 14.0
eine Spannungsquelle nach Bild IV-22 angeschlos-
sen, fließt im Plättchen ein Strom in der angegebenen InAs –10–7
Richtung. Auf diese bewegten Ladungsträger wird
durch das senkrecht zur Bewegungsrichtung stehende Durch Messung dieser Größe können die Ladungsträ-
Magnetfeld die Lorentzkraft nach Gleichung (IV.30) gerdichte und die Art des Leitungsmechanismus
ausgeübt. Bei der angegebenen Anordnung wird auf (Elektronen oder Löcherleitung) bestimmt werden.
die Ladungsträger eine solche Kraft ausgeübt, daß die Sind die Ladungsträger Elektronen, ist der Hall-
negativen Ladungsträger zur Oberseite des Plättchens Koeffizient negativ; bei Löcherleitung ist er positiv.
abgelenkt werden und somit an der Unterseite ein Da die Hallspannung direkt proportional zur Fluß-
Überschuß an positiven Ladungen entsteht. Durch die dichte B ist, werden Hall-Sonden zur Messung von
Ladungstrennung wird ein elektrisches Feld zwischen Magnetfeldern verwendet. Bei bekannter Geometrie
Ober- und Unterseite aufgebaut. Es entsteht die und bekanntem und konstantem Strom durch die
Hallspannung UH. Im Gleichgewicht sind die Lo- Hallsonde ist die Hallspannung proportional zum
rentzkraft und die durch das elektrische Feld auf die Magnetfeld.
Ladungen wirkende Kraft entgegengesetzt gleich Eine weitere Anwendung findet der Hallgenerator in
groß. der Meßtechnik. Er wird dann eingesetzt, wenn das
FLy = − ev x Bz (IV.42) Produkt zweier Größen gemessen werden soll. In
Bild IV-23 ist die Prinzip-Schaltung angegeben. Der
UH Strom IH wird durch die Verbraucherspannung U
Fel = − eE = − e (IV.43)
d festgelegt. Dabei muß dieser Strom klein gegen den
U H = d v x Bz (IV.44) Strom durch den Verbraucher gehalten werden. Dies
wird durch den geeigneten Vorwiderstand RV erreicht.
Mit Gleichung (I.9) ist Der Strom durch den Verbraucher wird durch
282 Grundlagen der Elektrotechnik

RV dia
IH
UH

U R N S

para
I
Bild IV-24 Messung der Suszeptibilität
B
Bild IV-23 Die magnetische Suszeptibilität kann gemessen wer-
Hallgenerator den, indem der zu untersuchende Stoff in ein inho-
mogenes Magnetfeld gebracht wird. Stoffe mit nega-
tiver Suszeptibilität werden zu Orten geringerer
Feldstärke herausgedrückt, Stoffe mit positiver Sus-
eine in Reihe geschaltete Spule geschickt, die das für zeptibilität zu Orten größerer Feldstärke gezogen.
den Halleffekt erforderliche Magnetfeld erzeugt. Die Die magnetische Polarisation gibt die Änderung der
Hallspannung ist proportional zum Produkt aus Strom magnetischen Flußdichte an. Die Änderung der
und Spannung des Verbrauchers, also auch zu seiner magnetischen Feldstärke wird durch die Magnetisie-
Leistung rung M beschrieben.
UH ∼ IH ⋅ B ∼ U ⋅ I ∼ P . (IV.48) Magnetisierung M = H M − H 0 (IV.56)
Der Hallgenerator ist im Prinzip eine Multiplizier- B
M = M − H0 (IV.57)
schaltung für zwei Ströme. Zur Leistungsmessung m0
muß ein Strom als Meßgröße an Stelle der Verbrau-
cherspannung genommen werden. M = m r H 0 − H 0 = ( m r − 1) H 0 (IV.58)
M = cM H0 (IV.59)

4 Energie des Magnetfeldes Polarisation J = m 0 M (IV.60)

Analog zu Gleichung (III.61) gilt im Falle eines Die Magnetisierung ist bei vielen Stoffen proportio-
Magnetfeldes für die Energiedichte nal zur magnetischen Feldstärke H und somit ist für
diese Stoffe cM konstant. Ausnahme hiervon bilden
Energiedichte w = ∫ HdB (IV.49) die nichtlinearen magnetischen Werkstoffe, wie z.B.
die ferromagnetischen Werkstoffe. Nach ihrem Ver-
Wenn der Zusammenhang zwischen Flußdichte B und halten in Magnetfeldern werden Werkstoffe in die in
Feldstärke H nicht linear ist, kann dieses Integral der Tabelle IV-2 aufgeführten Hauptklassen einge-
nicht in einfacher Weise berechnet werden. teilt.

Tabelle IV-2 Einteilung magnetischer Werkstoffe


5 Materie im Magnetfeld
Wird Materie in ein magnetisches Feld gebracht, dia- mr < 1 , c M < 0 −10 −4 < c M < −10 −9
ändert sich, analog zur Materie im elektrischen Feld, magnetisch
die Flußdichte B. Diese Änderung wird relativ zur
Flußdichte im Vakuum angegeben. para- mr > 1, c M > 0 10 −6 < c M < 10 −2
magnetisch
BM BM
relative Permeabilität mr = = (IV.50)
B0 m0 H 0 ferro- mr >> 1, c M >> 1 mr > 500
magnetisch
Induktionsflußdichte B M = mr B0 = mr m0 H 0 (IV.51)
Die dimensionslose Zahl mr ist die relative magneti- Das unterschiedliche Verhalten der Materie im Mag-
sche Feldkonstante oder relative Permeabilität. Die netfeld ist auf die Elektronenstruktur und die damit
durch die Materie zusätzlich hervorgerufene Fluß- verbundenen magnetischen Momente zurückzufüh-
dichte ist die ren. Jedes Elektron erzeugt durch seine Bewegung
magnetische Momente. Es gibt zwei unterschiedliche
magnetische Polarisation J = B M − B0 (IV.52) Bewegungen der Elektronen, die magnetische Mo-
J = ( m r − 1 ) B 0 = ( m r − 1) m 0 H 0 (IV.53) mente erzeugen. Zum einen ist es die Bewegung um
den Atomkern. Hierdurch wird das magnetische
magnetische Suszeptibilität c M = ( m r − 1) (IV.54) Bahnmoment erzeugt. Zum anderen rotiert das Elekt-
ron um seine eigene Achse. Diese Rotation wird
J = c M B0 = c M m 0 H 0 (IV.55) Spin genannt. Durch diese Rotation entsteht das
IV Das Magnetische Feld 283

magnetische Spinmoment. In jedem Stoff liegt eine


B
Überlagerung von Bahnmoment und Spinmoment
vor. Die Magnetisierung M ergibt sich als Summe
aller magnetischen Momente.
Ein auf einer Kreisbahn um den Atomkern kreisendes
Elektron kann als kreisförmiger Strom betrachtet
werden, da Ladung transportiert wird. Bei einer
Umlaufzeit T ist dieser
e0 w e0 Bild IV-25
Kreisstrom I = = (IV.61) m Ursache des Diamagnetismus
T 2p
Das magnetische Moment dieses Kreisstromes ist Tabelle IV-3 Suszeptibilität von diamagnetischen
nach Gleichung (IV.37): Stoffen
magnetisches Moment
Material cM
w e0 p r 2 e0 w r 2
m B = IA = = (IV.62) N2 (gasförmig) −6. 75 ⋅ 10 −9
2p 2
In der Quantenmechanik der Physik wird gezeigt, daß
Bi −1.5 ⋅ 10 −4
die Beziehung Au −2. 9 ⋅ 10 −5
h
m el w r 2 = (IV.63) Cu −1 ⋅ 10 −5
2p
gilt, mit der Naturkonstanten h, dem Planckschen
Wasser −7 ⋅ 10 −6
Wirkungsquant und der Elektronenmasse mel. Glei-
chung (IV.62) kann hiermit umgeformt werden zu 5.2 Paramagnetismus
e0 h Diese Stoffe haben normalerweise eine ungerade
Bohrsches Magneton m B = (IV.64) Anzahl von Elektronen, oder die Elektronenschalen
4 p m el
sind nicht gefüllt. Somit verbleibt für jedes Atom ein
m B = 9, 274 ⋅ 10 −24 Am 2 (IV.65) resultierendes magnetisches Moment. Ohne äußeres
Magnetfeld sind alle diese einzelnen Momente statis-
Je nach Anordnung und Eigenschaften der magneti- tisch in alle Richtungen verteilt und das resultierende
schen Momente in der Materie reagiert diese in unter- Moment verschwindet. Unter dem Einfluß eines
schiedlicher Weise auf äußere Magnetfelder. äußeren Magnetfeldes richten sich die atomaren
Momente in Feldrichtung aus und verstärken das
5.1 Diamagnetismus Magnetfeld. Die Suszeptibilität ist daher positiv. Da
Der Diamagnetismus ist bei allen Stoffen vorhanden, die thermische Bewegung der Atome, und damit auch
aber bei bestimmten Konfigurationen der magneti- die der atomaren Momente, mit steigender Tempera-
schen Momente der einzelnen Atome wird er von tur zunimmt, wird dieser Ordnungszustand der Mo-
anderen magnetischen Eigenschaften überdeckt. Zu mente im äußeren Feld bei höherer Temperatur
beobachten ist der Diamagnetismus bei allen Stoffen schlechter. Daher muß die Suszeptibilität von der
mit abgeschlossenen Elektronenschalen. Ohne äuße- Temperatur abhängig sein.
res Magnetfeld kompensieren sich die magnetischen C
Momente aller Elektronen eines Atoms. Unter dem Curie-Gesetz c M = (IV.66)
T
Einfluß eines äußeren Feldes führen die Momente,
Die Größe C heißt Curie-Konstante und ist material-
analog zur Bewegung eines Kreisels, Präzessionsbe-
abhängig.
wegungen aus. Dies ist eine Bewegung, die ein rotie-
render Körper durchführt, an dem eine äußere Kraft Tabelle IV-4 Suszeptibilität von paramagnetischen
angreift. Der Körper weicht senkrecht zur Kraftrich- Stoffen
tung aus. Unter dem Einfluß des Magnetfeldes B
laufen die Spitzen der einzelnen magnetischen Mo- Material cM
mente auf Kreisbahnen um die Richtung von B.
Hierdurch entsteht ein zusätzliches Moment, welches O2 (flüssig) 3.6 ⋅ 10 −3
der Richtung des äußeren Feldes entgegengesetzt ist O2 (gasförmig) 1.5 ⋅ 10 −6
und es schwächt. Somit muß die Suszeptibilität nega-
tiv sein. Der Diamagnetismus wird also durch das Pt 2.5 ⋅ 10 −4
äußere Feld induziert. Die Suszeptibilität diamagneti-
scher Stoffe ist nicht temperaturabhängig. Al 2. 4 ⋅ 10 −5
284 Grundlagen der Elektrotechnik

5.3 Ferromagnetismus 5.3.1 Magnetisierungskurve Hysterese


Ferromagnetische Stoffe haben, wie paramagnetische J, E
Materialien, ein resultierendes magnetisches Moment BS
pro Atom. Durch gegenseitige Kräfte stellt sich ein
BR III
Zustand ein, bei dem in größeren Bereichen ohne
Neukurve II
äußeres Magnetfeld alle Momente in einer Richtung
ausgerichtet sind. Diese Bereiche, die nach ihrem I
Entdecker benannten Weißschen Bezirke, können
Durchmesser bis zu 1 mm haben. Die Wände, die HC H
diese Bezirke trennen, sind die Bloch-Wände. Ohne
äußeres Feld sind die Momente der einzelnen Bezirke
statistisch verteilt, der Werkstoff ist dann nach außen Bild IV-27
unmagnetisch. Hysterese
Diese komplizierten Vorgänge verlaufen nicht linear
mit steigender Feldstärke, daher ist auch die Magneti-
sierungskurve keine Gerade. Üblicherweise wird
nicht die Magnetisierung M aufgetragen, sondern die
Polarisation J oder die Flußdichte B. Da für diese
Stoffe
m r >> 1 ist: c M ≈ m r und J ≈ B (IV.67)

H Wird die Feldstärke nach Erreichen der Sättigungs-


magnetisierung verringert, verläuft die Magnetisie-
rungskurve auf einem anderen Weg, da die Vorgänge
teilweise irreversibel sind. Wird das Magnetfeld
umgepolt und dann wieder bis zur Sättigung magneti-
siert, erhält man die in Bild IV-27 aufgezeigte Kurve.
Aus dieser Hysteresekurve lassen sich folgende
H Größen ablesen:
Die verbleibende Flußdichte bei abgeschaltetem
Magnetfeld wird als Remanenzflußdichte oder Rema-
nenz Br bezeichnet. Sie ist ein Maß für die Stärke von
Dauermagneten. Die magnetische Feldstärke, die
notwendig ist, um den Stoff zu entmagnetisieren
(Wert B = 0 einzustellen), wird als Koerzitivfeldstärke
H Hc bezeichnet.
Wird ein Stoff magnetisiert, muß hierzu Energie
aufgewendet werden. Diese Energie wird für die
Verschiebung der Wände und die Drehung der Mo-
Bild IV-26 Weißsche Bezirke
mente aufgewendet.
Wird ein solches Material in ein Magnetfeld gebracht w = ∫ HdB = ∫ Hm 0 m r ( H ) dH (IV.68)
und dieses langsam vergrößert, geschieht die Magne- Da die relative Permeabilität keine Konstante und der
tisierung des Materials in mehreren Schritten. Zu- mathematische Zusammenhang nicht genau bekannt
nächst werden sich die Bezirke, deren Momente in ist, kann dieses Integral normalerweise nicht berech-
etwa in Richtung des Magnetfeldes liegen, vergrö- net werden. Die Bestimmung der aufzuwendenden
ßern. Es werden also die Wände zwischen den Weiß- Energie pro Volumeneinheit bis zu einer bestimmten
schen Bezirken verschoben. Bei kleinen Feldstärken Magnetisierung kann grafisch geschehen, indem die
ist dieser Vorgang reversibel (Bereich I in Bild IV- schraffierte Fläche in Bild IV-28 bestimmt wird.
27), bei Abschalten des Feldes werden die Verschie-
bungen rückgängig gemacht. Wird die Feldstärke J, B
weiter vergrößert, werden diese Wandverschiebungen
irreversibel (Bereich II). Werden die Feldstärken
noch größer, so werden schließlich alle Momente der
einzelnen Bezirke gedreht, bis sie in der Endstellung Bild IV-28
parallel zum angelegten Magnetfeld liegen (Bereich Magnetisierungs-
III). Die Magnetisierung hat jetzt ihren Sättigungs- energie
wert Ms erreicht. H
IV Das Magnetische Feld 285

Da bei einem vollen Durchlauf der Hysteresekurve in J, B


Bereichen, in denen der Werkstoff entmagnetisiert
wird, Energie frei wird, ist die gesamte pro Volumen-
einheit benötigte Energie bei einem vollen Durchlauf
der Kurve aus der Fläche der Hysteresekurve zu
entnehmen (Bild IV-29).
H
J, B
J, B
P ΔB2
BP
ΔH2
ΔB1
H
HP H
ΔH1

Bild IV-31 Bestimmung der Permeabilität


Bild IV-29 Ummagnetisierungsverluste
31 unten), erhält man für jede Feldstärke nur einen
Wert. Dieser Wert ist nicht konstant, sondern von H
w = °冮 HdB = AHysterese (IV.69) abhängig. Bestimmt wird mr für die Feldstärke HP,
indem vom Nullpunkt eine Gerade zum Punkt P auf
Magnetische Werkstoffe werden in magnetisch harte der Neukurve gezeichnet wird und dann DB1 und
und magnetisch weiche Materialien unterteilt. Magne- DH1 abgelesen werden. Hieraus wird mr berechnet.
tisch harte Werkstoffe besitzen eine große Fläche,
und damit bei gleicher Remanenz eine große Koerzi- 1 DB1
relative Permeabilität m r = (IV.70)
tivfeldstärke, magnetisch weiche Stoffe eine kleine m 0 DH1
Hysteresefläche (siehe Bild IV-30).
mr
J, B
ma
weich hart

H
H
Bild IV-32 Verlauf der Permeabilität

Der prinzipielle Verlauf ist in Bild IV-32 dargestellt.


Ausgehend von einem Anfangswert ma durchläuft die
Kurve ein Maximum. Die Werte für ma liegen im
Bild IV-30 harte und weiche Werkstoffe Bereich von einigen Hundert bis zu einigen Tausend.
Für manche Überlegungen ist es notwendig, nicht die
5.3.2 Verlauf der Permeabilität relative Permeabilität, sondern eine Größe zu ver-
Die relative Permeabilität mr ist durch Gleichung wenden, die aus der Steigung der Kurve bestimmt
(IV.50) definiert. Ihr Wert kann aus der Hysterese- wird. Dies wird differentielle Permeabilität md ge-
kurve bestimmt werden. Hierzu wird der 1. Quadrant nannt. Im Punkt P wird die Tangente an die Hystere-
der Magnetisierungskurve betrachtet. Bei vorgegebe- sekurve gezeichnet und deren Steigung nach Bild IV-
ner Feldstärke H wird die zugehörige Flußdichte B 31 unten durch DB2 und DH2 bestimmt.
abgelesen und dann mit Gleichung (IV.50) mr berech- 1 DB2
net. differentielle Permeabilität md = (IV.71)
m 0 DH 2
Wie aus Bild IV-31 oben zu entnehmen ist, sind bei
einer Feldstärke bis zu drei verschiedene Flußdichten
möglich. Daher kann es auch drei verschiedene 5.3.3 Temperaturabhängigkeit
Werte für die relative Permeabilität geben. Die relati- Grundlage für die ferromagnetischen Eigenschaften
ve Permeabilität ist von der magnetischen Vorge- ist die Ausrichtung der magnetischen Momente in
schichte des Werkstoffes abhängig. Wird die Be- den Weißschen Bezirken. Diese Ausrichtung wird als
stimmung an der Neukurve vorgenommen (Bild IV- spontane Magnetisierung bezeichnet. Eine solche
286 Grundlagen der Elektrotechnik

Ausrichtung wird durch die thermische Energie 5.4 Antiferromagnetismus


beeinflußt. Je höher die Temperatur, desto größer ist
die thermische Bewegung, und desto geringer wird
der Ordnungsgrad sein. Bei Überschreitung einer
kritischen Temperatur werden die Weißschen Bezirke
a b c
zerstört und der Werkstoff wird paramagnetisch. Als
Maß für diesen Ordnungsgrad dient der Sättigungs- Bild IV-34 Magnetische Stoffe
wert der Magnetisierung oder der Polarisation. Die a) ferro
Temperaturabhängigkeit von Js ist in Bild IV-33 ge- b) antiferro
zeigt. c) ferri
Js(T)/Js(0)
Voraussetzung für die ferromagnetischen Eigenschaf-
1
ten sind die Weißschen Bezirke mit den parallel
eingestellten magnetischen Momenten (Bild IV-34a).
Unter bestimmten Bedingungen stellen sich in eini-
gen Werkstoffen die Momente nicht parallel, sondern
Bild IV-33 antiparallel ein (Bild IV-34b). Für diese Stoffe gilt
Sättigungs- wie für die Ferromagnetika, daß sie sich oberhalb
T/Tc magnetisierung einer kritischen Temperatur, der Néel-Temperatur TN,
0 1 paramagnetisch verhalten, da die Ordnung der Mo-
mente durch die höhere Temperatur zerstört wird.
Aufgetragen sind relative Sättigungswerte, bezogen Unterhalb der Néel-Temperatur sind diese Stoffe
auf den Wert bei 0 K als Funktion der Temperatur, schwach magnetisch, da sich die Momente gegensei-
bezogen auf die kritische Temperatur TC. Diese tig kompensieren. Typische Substanzen sind MnO,
kritische Temperatur ist die Curie-Temperatur. Für NiO, CoO, CrF3, FeO.
Temperaturen oberhalb der Curie-Temperatur gilt für
die Suszeptibilität das 5.5 Ferrimagnetismus
C In ferrimagnetischen Stoffen sind die Momente
Curie-Weißsche Gesetz c M = (IV.72) ebenfalls antiparallel eingestellt. Im Gegensatz zu den
T − TC
antiferromagnetischen Stoffen sind sie hier
Die Curie-Temperaturen einiger Stoffe sind in Tabel- nicht gleich groß (Bild IV-34c). Die Ferrite haben
le IV-5 aufgeführt. große technische Bedeutung, sowohl als weichmag-
netische, als auch als dauermagnetische Werkstoffe.
Tabelle IV-5 Curie-Temperatur und Sättigungspola- Sie sind keine Metalle, sondern Ionenkristalle. Im
risation Vergleich zu Metallen (r ≈ 10–7 W m) haben sie
einen wesentlich größeren spezifischen Widerstand
Vs (1 < r < 103 W m). Daher treten kaum Wirbelströme
Werkstoff TC/K J s (0) auf. Ferrite werden als Spulenkerne für Anwendun-
m2
gen bei hohen Frequenzen eingesetzt. Die Abhängig-
Gd 289 2.54 keit der spontanen Magnetisierung von der Tempera-
tur ist sehr kompliziert und kann durchaus für die
Ni 631 0.64
einzelnen Werkstoffe unterschiedlich sein. Auch
Fe 1042 2.18 diese Stoffe werden oberhalb der ferrimagnetischen
Curie-Temperatur paramagnetisch. Typische Werk-
Co 1400 1.81 stoffe sind MeO ⋅ Fe2O3, (Me = Fe, Co, Ni).

5.3.4 Magnetostriktion 6 Magnetische Kreise


Durch die Verschiebung der Bloch-Wände bei der Manchmal ist es zur Berechnung der Kombinationen
Magnetisierung von ferromagnetischen Stoffen kann von magnetischen Bauteilen hilfreich, formale Ana-
eine Längenänderung des Werkstückes auftreten. Es logien zu elektrischen Schaltungen herzustellen. Dazu
kommen sowohl Verlängerungen, positive Magne- werden eine magnetische Spannung und ein magneti-
tostriktion, als auch Verkürzungen, negative Magne- scher Widerstand eingeführt.
tostriktion, vor. Die relativen Längenänderungen sind
Dl 6.1 Magnetische Spannung
sehr klein ⎛⎜ ≈ 4 ⋅10 − 5 ⎞⎟ . Technische Anwendung
⎝ l ⎠ In Analogie zur elektrischen Spannung nach Glei-
findet dieser Effekt bei der Erzeugung von Ultra- chung (III.8) kann man auch in magnetischen Kreisen
schall bis zu einer Frequenz bis zu ungefähr 60 kHz. eine magnetische Spannung definieren. Sie hat dann
IV Das Magnetische Feld 287

die gleiche formale Struktur wie die elektrische A


Spannung. Die Spannung zwischen den Punkten 1
und 2 ist die magnetische Spannung.
I
 
2 l
magnetische Spannung V12 = ∫ Hds (IV.73) N
1

Die Addition aller Teilspannungen ergibt die


magnetische Umlaufspannung
 
V = °冮 H ⋅ dl = NI (IV.74) o

Dieser Ausdruck ist aber im Durchflutungsgesetz


nach Gleichung (IV.6) aufgetreten. Bild IV-35 Spule mit Eisenkern
Q=V (IV.75)
B
6.2 Magnetischer Widerstand T
1.5
Der magnetische Fluß in einem konstanten Magnet-
feld einer Ringspule ist
IN BE
f = BA = m0 mr HA = m0 mr A (IV.76) 1.0
l
l
NI = V = f (IV.77)
m0 mr A
0.5
In Analogie zu Gleichung (I.14) wird ein magneti-
scher Widerstand definiert.
Magnetischer Widerstand 0.1
Rm l m0 A HE 500 1000 1500 H
l
Rm = A Vs (IV.78) A/m
m0 mr A m m2
Vs Am Bild IV-36 Magnetisierungskurve von Eisen
1 m m A
magnetischer Leitwert L= = 0 r (IV.79) (mr Fe ≈ 2000), verläuft der in der Spule erzeugte
Rm l
magnetische Fluß fast vollständig im Eisenkern,
Das Produkt m0mr kann als magnetische Leitfähigkeit obwohl die felderzeugende Spule nur an einer Stelle
gedeutet werden. Die relative Permeabilität ist ein um den Eisenkern liegt. Der Fluß im Eisenkern ist
Maß dafür, magnetische Feldlinien zu leiten. Der daher überall gleich groß. Der Strom I durch die
formal gleiche Aufbau der Formeln für elektrische IN
Spule erzeugt das Magnetfeld H E = . Zu diesem
und magnetische Größen hat aber nur den Zweck, den l
Umgang mit magnetischen Größen zu vereinfachen. Magnetfeld kann aus der Magnetisierungskurve die
Es werden völlig andere Größen miteinander vergli- zugehörige Flußdichte BE abgelesen werden.
chen.
A
6.3 Unverzweigte Kreise
Ein unverzweigter magnetischer Kreis kann formal I
lE
behandelt werden wie eine elektrische Masche
N
∑ V = Q = NI (IV.80) d
lL
Ein oft benutzter magnetischer Kreis ist der geschlos-
senen Eisenkern ohne Luftspalt, wie er in Bild IV-35
gezeichnet ist. o
Der Eisenkern hat längs des Umlaufweges l überall
den gleichen Querschnitt A. Abweichungen in den
Ecken werden vernachlässigt. Die Neukurve ist in Bild IV-37 Spule mit Luftspalt
Bild IV-36 gegeben. Die Windungszahl der verwen-
deten Spule ist N. Da die relative Permeabilität von Wird nun in den Eisenkern ein Luftspalt der Breite d
Eisen sehr viel größer ist als die von Luft geschnitten (Bild IV-37), sind analog zur Maschenre-
288 Grundlagen der Elektrotechnik

gel zwei magnetische Spannungen zu addieren. Der B


T
magnetische Gesamtwiderstand ist gleich der Summe
der Einzelwiderstände. Da der Luftspalt als sehr klein 1.5
angenommen wird, ist der magnetische Fluß im Eisen
und im Spalt gleich. BS
Nach Gleichung (IV.77) ist 1.0
f ⎛ lE lL ⎞ BE
NI = ⎜ + ⎟ (IV.81)
m0 A ⎝ mr 1⎠
NI = H E l E + H L l L (IV.82)
0.5
BE
HL = (IV.83)
m0
BE 0.1
NI = H E l E + lL (IV.84)
m0 HE 500 1000 HS 1500 H
A/m
 Beispiel: Ein Ringkern mit der in Bild IV-36 angegebenen
Magnetisierungskurve hat eine mittlere Länge von l = 35 cm und Bild IV-38 Einfluß des Luftspaltes
eine Querschnittsfläche von A = 4 cm2. Die verwendete Spule hat
eine Windungszahl von N = 200.
 Beispiel: Wie groß ist die Feldstärke und die Flußdichte in einem
a) Welche Stromstärke I wird benötigt, um einen Fluß von
f = 4.4 ⋅ 10–4 Wb zu erzeugen? Eisenkern mit 0.3 mm Luftspalt und einer mittleren Länge von
b) in den Kern wird ein Luftspalt von 0.3 mm geschnitten. Wel- 24 cm, wenn durch eine Spule mit 150 Windungen ein Strom von
che Stromstärke wird jetzt benötigt? 2 A fließt?
f 4. 4 ⋅ 10 −4 Wb 2 A ⋅ 150 A
a) B E = = = 1.1 T HS = = 1250
A 4 ⋅ 10 -4 m 2 0 , 24 m m
Aus der Magnetisierungskurve wird zu diesem B-Wert ein Feld
Vs
A 4 p ⋅ 10 −7 ⋅ 2 A ⋅ 150
H E = 400 abgelesen. Hierzu wird ein Strom von Am
m BS = = 1, 256 T
−4
3 ⋅ 10 m
A
400 ⋅ 0 , 35 m Diese Werte und die Gerade werden in Bild IV-38 eingetragen.
H l m
I= E = = 0 , 7 A benötigt. Die Koordinaten des Schnittpunktes mit der Magnetisierungskur-
N 200
A
ve sind H E = 280 und B E = 0 , 97 T.
b) BE und HE werden wie unter a) bestimmt. Das Feld im Luft- m
spalt ist
BE 1,1 T A
HL = = = 8 , 75 ⋅ 10 5 . 6.4 Verzweigte Kreise
m0 Vs m
4 p ⋅ 10 −7
Am Die Berechnung kann analog zu den Überlegungen in
HE lE + H LlL elektrischen Kreisen durchgeführt werden.
Nach Gleichung (IV.82) ist I L = ;
N n
Knotenregel ∑ fi = 0 (IV.88)
IL =
( 400 ⋅ 0 , 35 + 8,75 ⋅ 10 5 ⋅ 3 ⋅ 10 −4 ) A = 2 , 01 A i =1
200 n
Ist hingegen bei einer Spule mit Luftspalt die Durchflu- Maschenregel Q = ∑ H i l i (IV.89)
tung gegeben und nach dem magnetischen Feld ge- i =1

fragt, kann dies Problem nur grafisch gelöst werden, da


 Beispiel: Im mittleren Steg II des Transformatorkernes nach
die mathematische Form der Magnetisierungskurve Bild IV-39 soll ein Fluß von f2 = 1,6 ⋅ 10–3 Wb erzeugt werden.
nicht bekannt ist. Ausgehend von Gleichung (IV.84) ist Auf Steg I befindet sich eine Spule mit 150 Windungen. Welcher
zu sehen, daß das Feld im Eisen linear mit zunehmen- Strom muß durch die Spule fließen? Die Magnetisierungskurve ist
der Breite des Luftspaltes abnimmt. durch Bild IV-38 gegeben.
B
H E l E = NI − E l L (IV.85) l1 l2 l3
m0
40

Die Schnittpunkte dieser Geraden mit den Koordina-


tenachsen berechnen sich nach
I II III
NI
Schnittpunkte H S =
200

(IV.86)
lE
m 0 NI 40 80 160 40
BS = (IV.87)
lL
Die Schnittpunkte dieser „Luftspaltgeraden“ mit der 360
Magnetisierungskurve ergeben die gesuchten Werte
für HE und BE. Bild IV-39 verzweigter Kreis
V Induktion 289

Aus der Zeichnung lassen sich folgende geometrische Größen Hierzu gehört nach Bild IV-38
bestimmen: A H2l2 A
H 2 = 300 ; H3 = = 85, 7 ; B3 = 0, 4 T ;
l1 = 40 cm, l 2 = 16 cm, l 3 = 56 cm, A = 1, 6 ⋅ 10 −3 m 2 . m l3 m
−4
Da sich die Spule nur auf dem Steg I befindet, sind die magneti- f3 = B 3 A = 6 , 4 ⋅ 10 Wb ; f1 = f2 + f 3 = 2 , 24 ⋅ 10 −3 Wb ;
schen Spannungen der beiden Zweige II und III gleich f1 A
B1 = = 1, 4 T ; H 1 = 1100 ;
A m
f 1, 6 ⋅ 10 −3 Wb
H 2l2 = H 3l3 ; B2 = 2 = = 1T . NI = H 1 l 1 + H 2 l 2 = 488 A ; I 1 = 3, 25 A
A 1, 6 ⋅ 10 − 3 m 2

Tabelle IV-6 Analogie elektrischer-magnetischer Kreis

elektrischer Kreis magnetischer Kreis

Ursache elektrische Spannung magnetische Spannung


U; [U] = 1 V Q = 冖 Hds = NI ; [ Q ] = 1A

Wirkung Strom I; [I] = 1 A Fluß f ; [ f ] = 1Wb = 1Vs

U Q
Ohmsches Gesetz R= Rm =
I f

l l A
Widerstand R= ; [ R] = 1 W Rm = ; [ Rm ] = 1
cA m0 mr A Wb

A Wb Vs
Leitfähigkeit χ; [ c ] = 1 m 0 m r ; [ m 0 mr ] = 1 =1
Vm Am Am

V Induktion
Eine der wichtigsten Erscheinungen für die Elektro- B
technik ist die Induktion. Faraday erkannte im Jahr
1831, daß jede zeitliche Änderung des magnetischen
Flusses in einer Leiterschleife eine Spannung hervor- l FL
ruft, die Spannung induziert. Ursache der Induktion v
U Find
ist die Lorentzkraft.

1 Induktion bei Änderung der Fläche


Bei der Bewegung eines Leiters in einem Magnetfeld Bild V-1 Änderung der Fläche durch Bewegung des
senkrecht zu der Richtung der Feldlinien wird auf die Leiters
Elektronen eine Kraft ausgeübt. Die Kraft ist bei den
in Bild V-1 angegebenen Richtungen der Geschwin- Im Bild V-1 ist die Lorentzkraft auf negative Ladun-
digkeit v und des Magnetfeldes B so, daß die Elektro- gen eingezeichnet. Diese Trennung erfolgt solange,
nen zum hinteren Teil des Leiters bewegt werden. bis das elektrostatische Gegenfeld und die da-
290 Grundlagen der Elektrotechnik

durch erzeugte Kraft Find sich aufheben. Für die Die durch Bewegung von Magneten oder Leitern
Beträge gilt erzeugten Induktionsströme haben eine solche Rich-
tung, daß ihr Magnetfeld der Bewegung entgegenge-
Find = FL (V.1) setzt wirkt.
u ind B
e 0 vB = e 0 E ind = (V.2) Hind
l 1
vB = E ind (V.3) I
uind v
I
u ind = vBl (V.4) Find
Wenn auf die Größen uind, v, B die rechte Handregel
Bild V-4
angewendet wird, (v in Daumen, B in Zeigefinger und 2 Lenzsche Regel
uind in Mittelfingerrichtung nach Bild V-2), ist:
Induzierte Spannung u ind = − vBl (V.5)
Es muß also bei der Bewegung Arbeit geleistet wer-
Δs den.
B ZF Das Magnetfeld stand bei der bisherigen Betrachtung
1 senkrecht zur Fläche. Ist dies nicht der Fall, wird der
Fluß durch den Flächenanteil, der senkrecht zum
MF D
v Magnetfeld steht, bestimmt. Eine Flußänderung kann
uind l auch durch Rotation einer Leiterschleife nach Bild
ZF V-5 bewirkt werden. Die Schleife dreht sich mit der
D Winkelgeschwindigkeit w.
2
MF l
ΔA
v
Bild V-2 Bewegter Leiter im Magnetfeld
vt b
Bei der betrachteten Bewegung des Leiters wird die b
Fläche um das Stück vergrößert
DA = l ⋅ Ds = l ⋅ v ⋅ D t (V.6)
B B
Flußänderung Df = B ⋅ DA = B ⋅ l ⋅ v ⋅ Dt (V.7)
Df Bild V-5 Rotation einer Leiterschleife
induzierte Spannung u ind = − (V.8)
Dt
Wird die Leiterschleife in Bild V-2 zwischen den Momentaner Fluß t f = B ⋅ A ⋅ cos w t (V.9)
Punkten 1 und 2 durch einen Widerstand verbunden, Daraus resultiert eine induzierte Spannung
fließt ein Strom. Hierfür kann das in Bild V-3 darge-
stellte Ersatzschaltbild verwendet werden. df
u ind = − = B ⋅ A ⋅ w ⋅ sin w t (V.10)
dt
1 Wechselspannung u = u ⋅ sin wt (V.11)
Scheitelspannung u = B ⋅ A ⋅ w (V.12)
Wird nicht nur eine Schleife, sondern eine Spule mit
I uq
N Windungen gedreht, ist die
Scheitelspannung u = N ⋅ B ⋅ A ⋅ w (V.13)

2  Beispiel: Ein in Richtung Ost-West liegender Metallstab von 2 m


Länge fällt aus 15 m Höhe zu Boden. Welche Spannung wird
Bild V-3 Induktion als Ersatzspannungsquelle durch das Erdmagnetfeld induziert, wenn der Stab den Boden er-
reicht (BErde = 20 mT)?

Der Strom, der in Bild V-2 durch den Leiter fließt, m m


v= 2 gh = 2 ⋅ 9, 81 ⋅ 15 = 17 ,16 ;
erzeugt selbst wieder ein Magnetfeld. Die Richtung s s
dieses induzierten Feldes ist so, daß auf den Leiter m
u ind = vBl = 17 ,16 ⋅ 20 ⋅ 10 −6 T ⋅ 2 m = 0 , 68 mV
eine Kraft ausgeübt wird, die die Bewegung des s

Leiters hemmt (Bild V-4). Das wird als Lenzsche  Beispiel: Eine quadratische Spule mit der Kantenlänge a = 5 cm
Regel bezeichnet. und N1 = 50 Windungen rotiert mit n = 250 min–1 um ihre Sym-
V Induktion 291

metrieachse im Inneren einer langen Zylinderspule, die je cm Wird eine Schleife im inhomogenen Feld bewegt,
8 Windungen hat und von 6 A durchflossen wird. Welchen Schei-
entsteht eine Induktionsspannung, da sich bei der
telwert erreicht die induzierte Spannung?
Bewegung der Fluß ändert und in den gegenüberlie-
N Sp I Vs 8 ⋅ 6 A genden Teilen der Schleife unterschiedliche Span-
B Sp = m 0 ; B Sp = 4 p ⋅ 10 −7 = 6 mT ;
l Sp Am 10 −2 m nungen induziert werden. In den in Bild V-6 parallel
u = N 1 ⋅ B ⋅ A ⋅ 2p ⋅ n ; zur Bewegungsrichtung liegenden Teilen der Schleife
Vs 250 1 werden keine Spannungen induziert.
u = 50 ⋅ 6 ⋅ 10 −3 ⋅ ( 5 ⋅ 10 −2 m) 2 ⋅ 2 p ⋅ = 20 mV
m2 60 s
o/10–4Wb
5
2 Induktion bei Änderung 4
des Magnetfeldes 3
Bei konstanter Fläche einer Leiterschleife oder einer 2
Spule kann durch Magnetfeldänderungen eine Fluß- 1
änderung hervorgerufen werden. Dies kann z.B. 0
durch Stromänderung in einer Erregerspule erreicht 10 20 30 40 50 t/ms
werden. Die Flußänderung ist dann
df m 0 N err dI err
Flußänderung = (V.14)
dt l err dt U/B
5
Dieser Effekt wird bei Transformatoren verwendet. 4
Das Induktionsgesetz lautet bei N Windungen einer
3
Feldspule
2
df
Induktionsgesetz u ind = − N (V.15) 1
dt 30 40 50
0
⎛ dB dA ⎞ 10 20 t/ms
u ind = − N ⎜ An +B n ⎟ (V.16) –1
⎝ dt dt ⎠
–2
An ist der Flächenanteil, der senkrecht zu den Feldli- –3
nien steht.
–4
Aus Gleichung (V.16) geht hervor, daß es gleichgül-
tig ist, ob sich die magnetische Flußdichte bei gleich- Bild V-7
bleibender Fläche (Transformatorenprinzip) oder die Beispiel Induktion
Fläche bei gleichbleibender Flußdichte (Generato-
renprinzip) ändert.  Beispiel: Eine Spule mit N = 100 Windungen wird von einem
Fluß Φ durchsetzt, der den in Bild V-7 oben dargestellten Verlauf
Entscheidend ist, daß sich der Fluß in einer Leiter- hat. Welchen zeitlichen Verlauf hat die induzierte Spannung?
schleife ändert. Wird eine Leiterschleife in einem In den Zeitintervallen 0 ... 10 ms, 20 ... 30 ms, > 40 ms ändert sich
homogenen Magnetfeld bewegt, ändert sich der Fluß der Fluß nicht, somit ist in diesen Bereichen uind = 0 V.
nicht. Die durch die auch hier vorhandene Lorentz- Im Intervall 10 ... 20 ms gilt
kraft verursachte Verschiebung der Elektronen hebt df 4 ⋅ 10 −4 Vs
=− = −40 mV ;
sich in gegenüberliegenden Teilen der Schleife ge- dt 10 ⋅ 10 − 3 s
genseitig auf. df
u ind = − N = −100 ⋅ ( − 40 mV ) = 4 V
dt
Im Intervall 30 ... 40 ms hat die induzierte Spannung denselben
Wert mit umgekehrtem Vorzeichen. Die induzierte Spannung ist
in Bild V-7 unten aufgetragen.

3 Die Induktivität einer Spule


3.1 Selbstinduktion
In der Ringspule in Bild IV.4 mit der Windungszahl
N soll der Strom i beliebig veränderbar sein. Wird der
eingespeiste Strom geändert, so ändert sich auch der
V u = 0V V u = 0V von diesem Strom erzeugte magnetische Fluß f.
Wegen dieser Flußänderung wird eine Spannung in
Bild V-6 Bewegung einer Schleife im homogenen der Spule induziert. Dieser Vorgang wird Selbstin-
und inhomogenen Feld duktion genannt. Die induzierte Spannung ist nach
292 Grundlagen der Elektrotechnik

der Lenzschen-Regel dem erzeugenden Strom entge- Bei koaxialen Leitern ist die Gesamtinduktivität nach
gen gesetzt. folgenden Gleichungen zu berechnen:
df m0 mr l
u ind = − N (V.17) Innenleiter Li = (V.29)
dt 8p
Da die Flußänderung durch eine Stromänderung m 0 mr l r1
verursacht wird, gilt auch Zwischenraum L ZW = ln (V.30)
2p r
di Außenleiter
u ind = − L (V.18)
dt m 0 mr l r24 ⎛ r2 ( 3 r22 − r12 )( r22 − r12 ) ⎞
La = ⎜ ln − ⎟
dt L u i t 2 p ( r22 − r12 ) ⎝ r1 4 r24 ⎠
Induktivität L = u ind Vs (V.19)
di H= V A s (V.31)
A
gesamte Induktivität L ges = Li + L ZW + L a (V.32)
Die Einheit ist 1 Henry, 1 H.
Aus Gleichung (V.17) und (V.18) folgt
df A ⋅ dB r2 r1
L = N⋅ = N⋅ (V.20)
di di r
dB dH
L = NA ⋅ (V.21)
dH di
Befindet sich kein ferromagnetischer Stoff in der
Spule, so ist l
dB Bild V-9 Koaxialleiter
= m0 (V.22)
dH
3.2 Gegeninduktion
dH N
= (V.23) Befindet sich in der Nähe einer stromdurchflossenen
di l
A Spule Sp1 eine zweite Spule Sp2, so verläuft ein Teil
Induktivität L = m 0 N 2 (V.24) des von der Spule 1 erzeugten Magnetfeldes auch
l
durch die Spule 2. Die Spulen sind magnetisch ge-
Ist der Spulenkörper ferromagnetisch, gilt koppelt. Der vom Strom I1 in der Spule 1 erzeugte
dB magnetische Fluß durchsetzt die Spule 2 nur zum
= m0 md (V.25) Teil. Dieser Anteil ist f12. Der Gesamtfluß in der
dH
A Spule 2 ist dann
L = m0 md N 2 (V.26)
l fG 12 = N 2 f12 (V.33)
md ist die differentielle Permeabilität. N 2 f12 ∼ I 1 (V.34)
Die Induktivität spielt in Wechselstromkreisen eine N 2 f12 = M 12 I 1 (V.35)
große Rolle. Sie ist für beliebige Leiteranordnungen
und Leitergeometrien schwierig zu berechnen, läßt Sp1 Sp2
sich aber in Wechselstromkreisen gut durch Messun- N1 N2
gen bestimmen.
m ml o12
Einfachleitung L = 0 r ⎛⎜ ln ⎛⎜ ⎞⎟ − ⎞⎟
2l 3
(V.27)
2p ⎝ ⎝ r ⎠ 4 ⎠ I1 Bild V-10
Gegeninduktion
m 0 mr l ⎛ ⎛ a ⎞ 1 ⎞
Doppelleitung L= ⎜ ln ⎜ ⎟ + ⎟ (V.28)
p ⎝ ⎝ r ⎠ 4⎠ Der Faktor M12 wird als Gegeninduktivität bezeich-
l net. Bei Abwesenheit von ferromagnetischen Mate-
r rialien ist die Gegeninduktivität eine Konstante. Wird
der Strom in der Spule 1 geändert, wird in der Spule 2
eine Spannung induziert.
df12 di
a u2 = − N 2 = − M12 1 = (V.36)
r dt dt
Wird die Spule 2 vom Strom durchflossen, so wird in
der Spule 1 eine Spannung
di 2
u1 = − M 21 (V.37)
Bild V-8 Doppel-Leitung dt
V Induktion 293

induziert. Die Gegeninduktivitäten sind gleich, wenn ⎛ 10 mm ⎞


2
s1 = 1 − ⎜ ⎟ = 0 , 691
die Permeabilitäten nicht vom Magnetfeld abhängen, ⎝ 18 mm ⎠
wenn also keine ferromagnetischen Stoffe beteiligt
sind. Wie aus Bild V-10 ersichtlich, wird Spule 2
nicht vom gesamten in Spule 1 erzeugten Fluß durch-
3.3 Energie im Magnetfeld einer Spule
setzt. Zum Aufbau des Magnetfeldes in einer Spule ist
f1 = f12 + fs 1 (V.38) Energie erforderlich. Ist die Induktivität L bekannt,
kann die benötigte Energie berechnet werden.
f2 = f21 + fs 2 (V.39)
di
u=L (V.46)
f12 wird als Hauptfluß, fs1als Streufluß bezeichnet. dt
Es lassen ich folgende Ausdrücke definieren: dW = u ⋅ i ⋅ dt (V.47)
fs 1 fs 2 di
Streufaktoren s1 = ; s2 = (V.40) dW = L ⋅ i ⋅ dt = L ⋅ i ⋅ di (V.48)
f1 f2 dt
Streuinduktivitäten L s 1 = s1 L1 ; L s 2 = s 2 L 2 (V.41) Wird die Spule nach Bild V-12 geschaltet, steigt der
Koppelungsfaktoren k1 = 1 − s1 ; k 2 = 1 − s 2 (V.42) Strom vom Wert i = 0 A bis zum Maximalwert
U
totaler Koppelungsfaktor k = k1 k 2 (V.43) i = = I an. Damit beträgt die der Spule zugeführte
R
Hauptflüsse f12 = k1F1 ; f21 = k 2 f2 (V.44) und im Magnetfeld gespeicherte Energie:
Gegeninduktivität M = k 1 k 2 L1 L 2 = k L1 L 2 (V.45) I
Energie des Magnetfeldes W = ∫ Li ⋅ di (V.49)
 Beispiel: Wie groß sind die Streufaktoren für die in Bild V-11 0
dargestellte Anordnung zweier konzentrisch ineinander liegender
Zylinderspulen? Die Abmessungen der beiden Spulen sind Ist die Induktivität konstant, enthält die Spule kein
d 1 = 18 mm, l1 = 60 mm, N 1 = 250 ,
ferromagnetisches Material, kann dieses Integral
berechnet werden.
d 2 = 10 mm, l 2 = 30 mm, N 2 = 24 .
1 2
Energie in einer Spule W = LI (V.50)
N1 N2 2
Bei Anwesenheit von ferromagnetischen Materialien
ist zur Bestimmung der Energie das grafische Verfah-
d1 ren nach Bild IV.28 anzuwenden.
d2

3.4 Ein- und Ausschaltvorgänge


l1 R
i
Bild V-11 Beispiel Gegeninduktion
u uind
U L
i1 N 1 p d 12
Fluß f1 = m 0 H 1 A1 = m 0 ; Bild V-12
l1 4
Spule
i1 N 1 p d 22 S
f12 = m 0 H 1 A 2 = m 0
l1 4
Wird im Stromkreis von Bild V-12 zur Zeit t = 0 der
df12 N N p d 2 di
induzierte Spannung u2 = − N 2 = − m0 1 2 2 1 Schalter S geschlossen, ändert sich der Strom i. Damit
dt 4 l1 dt
wird in der Spule eine Spannung induziert. Es gilt
di1 nach der Maschenregel
Der Faktor vor ist die Gegeninduktivität M.
dt
u + u ind − iR = 0 (V.51)
N 1 N 2 p d 22
Gegeninduktivität M = m0 ;
4l1 di
u− L = iR (V.52)
dt
⋅ 250 ⋅ 24 ⋅ p ⋅ ( 10 ⋅ 10 −3 m )
−7 Vs 2
4 p ⋅ 10
M= Am = 9 , 87 ⋅ 10 −6 H
4 ⋅ 60 ⋅ 10 − 3 m
Zu Beginn des Vorganges ist der Strom i = 0, am
U
Streufaktor fs1 = f1 − f12 ; Ende hat der Strom seinen Maximalwert I = er-
R
i1 N 1 p d 22 reicht. Die mathematische Form dieser Differential-
m0
fs 1 f l1 4 ⎛d ⎞
2
gleichung ist wie die beim Aufladen eines Konden-
s1 = = 1 − 12 ; s1 = 1 − = 1− ⎜ 2 ⎟ ;
f1 f1 i N p d 12 ⎝ d1 ⎠ sators. Die Lösungsfunktion ist wie in Gleichung
m0 1 1
l1 4 (III.67) durch eine e-Funktion darzustellen.
294 Grundlagen der Elektrotechnik

⎛ − ⋅t ⎞
R I
Einschalten i = I ⎜ 1 − e L ⎟ (V.53)
⎝ ⎠
R
⎛ − ⎞
t
i = I ⎜1− e t ⎟ (V.54) S
⎝ ⎠ Bild V-14
L Beispiel Kurzschließen
L
Zeitkonstante t = (V.55) einer Spule
R
i
Vs
U/R 0,2 H
0,2
A = 4 ms
t= =
50 W V
50
63% A
t 2 ms
− −
a) i = Ie t = 2A ⋅ e 4 ms = 1, 21A ;

b) u R = i ⋅ R = 1, 21A ⋅ 50 W = 60,65 V
0 t t Rt
= L ⋅ I ⋅ ⎛⎜ − ⎞⎟ ⋅ e
di R −
c) u L = L ⋅ L ;
dt ⎝ L⎠
Bild V-13 Einschaltvorgang einer Spule
⎛ 50 W ⎞
2 ms

u L = 0,2 H ⋅ 2 A ⋅ ⎜ − ⎟ e 4 ms = −60 , 65 V ;
⎝ 0, 2 H ⎠
Wird eine Spule, durch die ein konstanter Strom I
fließt und in der ein konstantes Magnetfeld besteht, uR + uL = 0
kurzgeschlossen, wird eine Spannung induziert, die
nach der Lenzschen Regel versucht, das Magnetfeld 3.5 Zusammenschalten von Induktivitäten
aufrecht zu halten. Der Strom wird seinen Endwert
ebenfalls nach einer e-Funktion erreichen. Für die Zusammenschaltung von Induktivitäten gel-
R ten dieselben Gesetze wie bei Ohmschen Widerstän-
− ⋅t
Kurzschließen i = Ie L (V.56) den.
n
 Beispiel: Eine Konstantstromquelle nach Bild V-14 speist die
Reihenschaltung aus R = 50 W und L = 200 mH mit einem Strom
Reihenschaltung L ges = ∑ L i (V.57)
i =1
I = 2 A. Zum Zeitpunkt t = 0 wird der Schalter geschlossen.
a) Welcher Strom fließt durch den Widerstand nach 2 ms? n
1 1
b) Welche Spannung liegt dann am Widerstand? Parallelschaltung =∑ (V.58)
c) Welche Spannung liegt dann an der Spule? L ges i =1 Li

VI Wechselstrom

1 Grundbegriffe des Wechselstroms


Wechselstrom oder Wechselspannung sind Größen,
bei denen sich die Werte zeitabhängig periodisch U
wiederholen. Der arithmetische Mittelwert der sich
periodisch mit der Zeit ändernden Augenblickswerte 90° 180° 270° 360°
ist gleich Null. Die Zeitspanne, nach der sich der
periodische Verlauf gleichartig wiederholt, ist die a = vt
Periodendauer T. Die Zahl der Perioden pro Zeit
nennt man die Frequenz f.
f T T
1
Frequenz f = 1 (VI.1)
T s Bild VI-1 Verlauf einer Sinusgröße
s
Die Einheit der Frequenz ist [f ] = s = Hz (Hertz).
–1

Nach DIN 5488 unterscheidet man periodische Vor-


gänge, deren Mittelwert nicht Null wird und solche, 1.1 Erzeugung einer sinusförmigen
deren Mittelwert Null wird. Ist der Mittelwert Null,
Wechselspannung
spricht man von einer Wechselgröße. Bei den Wech-
selgrößen unterscheidet man die nichtsinusförmigen Wird eine Leiterschleife mit konstanter Winkelge-
und die sinusförmigen Vorgänge (Sinusgrößen). Im schwindigkeit ω in einem homogenen Magnetfeld
Bild VI-1 ist der Verlauf einer Sinusgröße dargestellt. gedreht (Bild VI-2), so hängt die Größe der indu-
VI Wechselstrom 295

zierten Spannung von der Winkelgeschwindigkeit Mit f = 100 s–1 folgt für die Kreisfrequenz w = 2pf = 2 ⋅ 3,14 ⋅
100 s–1 = 6,28 ⋅ 102 s–1.
und der vom Magnetfeld durchsetzten Fläche ab.
Die Leiterschleife hat also einen Bogen von 2p ⋅ 100 in einer Se-
induzierte Spannung kunde zurückgelegt.
Für die Periodendauer ergibt sich
u ind B A w
dF 2p 2 ⋅ 3,14
u ind = − = B ⋅ A ⋅ w ⋅ sin wt Vs 1 T= = = 10 −2 s −1 .
dt V m2 w 6 , 28 ⋅ 100 s -1
m2 s
(VI.2) 1.2 Phasenverschiebung
Maximalwert der Spannung (Scheitelwert û):
Werden in einem Magnetfeld zwei Leiterschleifen,
Scheitelwert u = B ⋅ A ⋅ w (VI.3) die in einem Winkel ϕ zueinander versetzt sind, mit
gleicher Winkelgeschwindigkeit gedreht, so werden
in ihnen zwei sinusförmige Spannungen induziert, die
sich nicht decken. Nach Bild VI-3 erreichen beide
N Spannungen ihr Maximum um den Phasenwinkel ϕ
verschoben.
v
U
u1 u2

f 90° 180° 270° 360°

S
Bild VI-2 Induktionsvorgang
Bild VI-3 Liniendiagramm zweier phasenverschobe-
Rotiert die Leiterschleife einmal im Magnetfeld, hat ner Spannungen
sie einen Winkel von 360° überstrichen. Dabei wurde
in die Leiterschleife eine Wechselspannung induziert, Die Spannungen sind phasenverschoben. Nach
deren zeitlicher Verlauf einer Sinusschwingung ent- Bild VI-3 erreicht die Spannung u2 den Maximalwert
spricht. Die Leiterschleife hat mit der Winkelge- später als die Spannung u1. Die Spannung u2 eilt der
schwindigkeit ω in der Periodendauer T einen Winkel Spannung u1 nach.
α = 2π (Bogenmaß) überstrichen.
In Anlehnung an die gleichförmige Rotation mit der 1.3 Effektivwert
Winkelgeschwindigkeit ω hat man für Wechselgrö-
Mit dem Scheitelwert i ergibt sich der Effektivwert
ßen die Kreisfrequenz definiert.
Ieff eines sinusförmigen Wechselstroms:
w f
w=2p f i
Kreisfrequenz
s −1 s −1
(VI.4) Effektivwert I eff = = 0 , 707 ⋅ i (VI.6)
2
Die Kreisfrequenz ω gibt an, welcher Bogen in einer Der Effektivwert Ieff eines sinusförmigen Stroms
Sekunde überstrichen wird. Hieraus ergibt sich die verrichtet an einem Widerstand R die gleiche elektri-
Periodendauer T. sche Arbeit wie ein gleich großer Gleichstrom.
2p Gleiche Überlegungen für die Spannung ergeben den
Periodendauer T = (VI.5) Effektivwert Ueff einer sinusförmigen Wechselspan-
w nung:
 Beispiel: Eine Leiterschleife dreht sich mit einer Umdrehung pro
u
Sekunde. Welchen Wert hat die Kreisfrequenz und die Perioden- Effektivwert U eff = = 0 , 707 ⋅ u (VI.7)
dauer? 2
Mit f = 1 s–1 folgt für die Kreisfrequenz w = 2pf = 2 ⋅ 3,14 ⋅ 1 s–1
= 6,28 s–1.
Die Leiterschleife hat also einen Bogen von 2π in einer Sekunde Effektivwerte werden wie Gleichstromwerte durch
zurückgelegt.
Großbuchstaben bezeichnet, eventuell zusätzlich
Für die Periodendauer ergibt sich
durch den Index „eff“.
2p 2 ⋅ 3,14
T= = = 1 s −1 .
w 6 , 28 s -1  Beispiel: Welchen Effektivwert weist ein sinusförmiger Wech-
selstrom mit Scheitelwert i = 32 A auf?
 Beispiel: Eine Leiterschleife dreht sich mit 100 Umdrehungen pro
i
Sekunde. Welchen Wert hat die Kreisfrequenz und die Perioden- I= = 0 , 707 ⋅ i = 0 , 707 ⋅ 32 A = 22 , 624 A
dauer? 2
296 Grundlagen der Elektrotechnik

 Beispiel: Welchen Scheitelwert weist eine sinusförmige Span-


nung mit dem Effektivwert U = 220 V auf?
U2
u = 2 ⋅ U = 1, 414 ⋅ 220 V = 311, 08 V U
f
1.4 Darstellungsarten U1
Eine Sinusgröße ist eindeutig bestimmt durch die
Angabe von Amplitude, Frequenz und Phasenlage. Bild VI-5 Addition zweier Zeiger
Handelt es sich um Sinusgrößen mit gleicher Fre-
quenz, genügen zwei Angaben, um die Sinusgröße
eindeutig zu bestimmen. Aus diesem Grund kann bei
der Berechnung von sinusförmigen Vorgängen auf
die Darstellung in Abhängigkeit von der Zeit (Fre- U
U2
quenz) verzichtet werden. Für die Berechnung von
Sinusgrößen in der Elektrotechnik haben sich zwei f U1
Verfahren durchgesetzt: die Zeigerdarstellung und die
Darstellung der Größen in der komplexen Zahlen-
Bild VI-6 Subtraktion zweier Zeiger
ebene.
1.4.1 Zeigerdarstellung von Sinusgrößen 1.4.2 Darstellung von Sinusgrößen
in der komplexen Zahlenebene
Der zeitliche Verlauf einer sinusförmigen Wechsel-
größe kann über ein Linien- oder ein Zeigerdiagramm Eine Sinusgröße läßt sich durch die Zeigerdarstellung
dargestellt werden. relativ einfach darstellen. Durch das graphische
Aus der Geometrie ist bekannt, daß sich eine Sinus- Verfahren dieser Darstellungsart ist eine genaue
kurve aus der Drehung eines Zeigers im Einheitskreis Auswertung oft unmöglich oder sehr zeitaufwendig.
konstruieren läßt. Umgekehrt kann jede Sinuskurve Aus diesem Grund wurden die Zeiger in der Gauß-
durch einen Zeiger, der nach Bild VI-4 rotiert, darge- schen Zahlenebene als komplexe Größen dargestellt
stellt werden. und können somit berechnet werden.
In der Gaußschen Zahlenebene wird jeder Punkt
dieser Ebene durch eine komplexe Zahl beschrieben.
komplexe Zahl Z = a + jb (VI.9)
x
f x
Faktor a stellt den reellen Anteil dar und Faktor jb
den imaginären Anteil. Beschreibt man den Endpunkt
f 90° 180° 270° 360° eines Zeigers Z , der vom Nullpunkt der Gaußschen
Zahlenebene ausgeht, durch eine komplexe Zahl
(Bild VI-7), so ist damit auch der komplexe Zeiger
eindeutig bestimmt.
Bild VI-4 Konstruktion eines Zeigers aus einer
Sinusgröße + Im

Wird die Länge des Zeigers als Maximalwert der a = (Z · cos a)


Sinusgröße festgelegt, kann der Augenblickswert in
Abhängigkeit vom zurückgelegten Winkel bestimmt
Z (Z · sin a)
werden.
Augenblickswert x = x ⋅ sinj (VI.8) a
Zeichnerisch läßt sich der Augenblickswert ermitteln, Re
indem von der Zeigerspitze das Lot auf die durch den
Kreismittelpunkt gehende Gerade gefällt wird. Das
– Im
Zeigerdiagramm stellt eine „Momentaufnahme“ der
sich drehenden Zeiger dar. Bild VI-7 Zeiger in der komplexen Zahlenebene
Die Addition zweier sinusförmiger Wechselgrößen in
der Zeigerdarstellung ergibt sich, wenn ein Zeiger
parallelverschoben wird, bis sein Ursprung auf der kartesische Form Z = a + jb = Z 1 + Z 2
Spitze des zweiten Zeigers liegt (Bild VI-5).
(mit Z 1 = a und Z 2 = jb) (VI.10)
Die Subtraktion zweier Zeiger ergibt sich, wenn ein
Zeiger parallelverschoben wird, bis seine Spitze auf Der Zeiger Z kann also durch die Addition der bei-
der Spitze des zweiten Zeigers liegt (Bild VI-6). den Zeiger Z 1 und Z 2 gebildet werden.
VI Wechselstrom 297

Vereinbarungsgemäß wird für die komplexe Darstel- i;u


lung von Zeigern das gleiche Symbol und die gleiche A V
Definition benutzt wie für den Zeiger selbst. Der u
komplexe Zeiger wird mit dem unterstrichenen latei-
i
nischen Buchstaben der Größe bezeichnet. Der Be-
trag wird nur durch den lateinischen Buchstaben
angegeben. 90° 180° 270° 360° vt
Betrag des Zeigers Z =Z= Z 12 + Z 22 (VI.11)
Der Winkel mit der reellen Achse kann folgenderma-
ßen berechnet werden:
Z2 Bild VI-8 Verlauf von Strom und Spannung am
Winkel des Zeigers a = arctan (VI.12)
Z1 Ohmschen Widerstand
Der Betrag des Zeigers läßt sich über die Phasenlage
in den Realteil und den Imaginärteil zerlegen. u
i= (VI.19)
R
Realteil Z 1 = Z ⋅ cos a (VI.13)
Der Wechselstrom hat also zu jeder Zeit einen Wert
Imaginärteil Z 2 = Z ⋅sin a (VI.14) abhängig von u und R. Zwischen Strom und Span-
nung tritt keine Phasenverschiebung auf (Bild VI-8).
Mit Hilfe dieser Zerlegung kann der Zeiger in der
Der Scheitelwert des Stroms und der ohmsche Wech-
polaren Form beschrieben werden.
selstromwiderstand berechnet sich zu
polare Form Z = Z ⋅ ( cos a + j sin a ) (VI.15)
u
Scheitelwert i = (VI.20)
Mit Hilfe der Eulerschen Gleichung ist die Exponen- R
tialform des Zeigers möglich: ohmscher Wechselstromwiderstand
Eulersche Gleichung cos a + j sin a = e j a (VI.16) u U
R= = (VI.21)
ja ja
i I
Exponentialform Z = Z ⋅e = Z ⋅e (VI.17)
1 i I
Wechselstromleitwert G = = = (VI.22)
Die bisher aufgeführten Möglichkeiten der Darstel- R u U
lung eines Zeigers in der komplexen Ebene gelten
allgemein, also unabhängig davon, ob der Winkel α Die Darstellung in der komplexen Schreibweise er-
konstant oder eine Funktion der Zeit ist. Bei der gibt folgende Gleichungen:
Behandlung von Wechselstromaufgaben muß jedoch U
ohmsches Gesetz I = (VI.23)
zwischen den Operatoren und den Zeigern unter- Z
schieden werden. U
Operatoren sind zeitlich konstante Größen. Sie sym- Widerstandsoperator Z = R = (VI.24)
bolisieren meistens Widerstände. Ihr Winkel α zu der I
reellen Achse ist zeitlich konstant. 1
Leitwertoperator Y = =G (VI.25)
Zeiger symbolisieren sinusförmige Wechselgrößen. Z
Ihr Winkel α ist eine Funktion der Zeit (Summe aus
w ⋅ t + j), obwohl diese Tatsache bei der Darstellung 2.2 Kapazität
nicht berücksichtigt wird.
Berücksichtig wird der Unterschied zwischen Opera- i;u
toren und Zeigern bei der mathematischen Behand- A V
lung dieser Größen und zwar beim Integrieren und u
Differenzieren.
i
2 Grundschaltelemente
im Wechselstromkreis 90° 180° 270° 360° t

2.1 Ohmscher Widerstand


Wird ein ohmscher Widerstand an eine Wechsel-
spannung angeschlossen, ergibt der 2. Kirchhoffsche
Satz:
Bild VI-9 Verlauf von Strom und Spannung an einer
2. Kirchhoffsche Satz u − i ⋅ R = 0 (VI.18) Kapazität
298 Grundlagen der Elektrotechnik

Wird eine Kapazität an eine Wechselspannung ange- di


schlossen, so ergibt der 2. Kirchhoffsche Satz u=L (VI.34)
dt
1 1 1
2. Kirchhoffsche Satz u − ∫ idt = 0 (VI.26) i= ⋅ ∫ udt = − ⋅ u ⋅ cos w ⋅ t
C L w⋅ L
du (mit u = u ⋅ sin( w ⋅ t )) (VI.35)
i = C⋅ = C ⋅ u ⋅ w ⋅ cos( w ⋅ t )
dt
(mit u = u ⋅ sin( w ⋅ t ) ) (VI.27) Zwischen dem Strom i und der Spannung u besteht
eine Phasenverschiebung von ϕ = –90° ( Bild VI-10).
Zwischen dem Strom i und der Spannung u besteht Teilt man die Spannung durch den Strom, ergibt sich
eine Phasenverschiebung von ϕ = 90° (Bild VI-9). der induktive Blindwiderstand XL.
Teilt man die Spannung durch den Strom, ergibt sich induktiver Blindwiderstand
der kapazitive Blindwiderstand XC w L
u U
kapazitiver Blindwiderstand XL = = = w ⋅ L 1 Vs (VI.36)
i I
u U 1 w C s A
XC = = = 1 As (VI.28) 1
i I w ⋅ C induktiver Leitwert B L = (VI.37)
s V w⋅ L
kapazitiver Leitwert BC = w ⋅ C (VI.29) Die Spule im Wechselstromkreis ist also nicht wider-
standslos, obwohl der ohmsche Anteil vernachlässigt
Der Kondensator im Wechselstromkreis ist also für wird. Der induktive Blindwiderstand der Spule ist
den Wechselstrom kein unüberwindliches Hindernis, durch die auftretende Selbstinduktionsspannung an
er wirkt aber trotzdem wie ein Widerstand. Dieses ist der Spule zu erklären. Diese Spannung der Spule
leicht zu verstehen, wenn man sich vorstellt, daß bei bewirkt, daß der Spulenstrom der Wechselspannung
jeder Periode Ladungsträger zwischen den Kondensa- um 90° nacheilt.
torplatten und der Spannungsquelle bewegt werden. Die Darstellung in der komplexen Schreibweise
Die Darstellung in der komplexen Schreibweise ergibt die Gleichungen VI.38 bis VI.40.
ergibt die Gleichungen VI.30 bis VI.32.
U
U ohmsches Gesetz I = (VI.38)
ohmsches Gesetz I = (VI.30) Z
Z
U
Widerstandsoperator Widerstandsoperator Z = j w ⋅ L = j X L = (VI.39)
1 U I
Z= = − j XC = (VI.31)
j w⋅C I Leitwertoperator Y =
1
=
1
= − j BL (VI.40)
1 Z j w⋅ L
Leitwertoperator Y = = j w ⋅ C = j BC (VI.32)
Z  Beispiel: Ein Widerstand von R = 100 W wird an einem Wech-
selstromnetz mit U = 220 V und f = 50 Hz betrieben. Welchen
2.3 Spule Wert hat der sich einstellende Strom? Darstellung des Zeigerbil-
des.
i;u u U 220 V
Zeigerdarstellung: i = I = = = = 2 , 2 A ; Winkel ist
A V R R 100 W
nicht darstellbar.
u
U U 220 V ⋅ e j 0
i Komplexe Darstellung: I = = = = 2,2 A ⋅ e j 0
Z R 100 W ⋅ e j 0

I
90° 180° 270° 360° vt
U
Zeigerbild
i

+Im
u R
Bild VI-10 Verlauf von Strom und Spannung an I, R U
einer Induktivität Re
komplexe Darstellung
Wird eine Spule an eine Wechselspannung ange- –Im
schlossen, so ergibt der 2. Kirchhoffsche Satz:
Bild VI-11 Darstellung von Strom und Spannung am
di ohmschem Widerstand in der Zeiger- und
2. Kirchhoffsche Satz u − L = 0 (VI.33)
dt komplexen Form
VI Wechselstrom 299

Vs Zeigerdarstellung:
 Beispiel: Eine Induktivität von L = 100 m wird an einem
A du
i = C⋅ = w ⋅ C ⋅ u ⋅ cos w ⋅ t
Wechselstromnetz mit U = 220 V und f = 50 Hz betrieben. Wel- ut
chen Wert hat der sich einstellende Strom? Darstellung des Zei- As
gerbildes. ⇒ I = w ⋅ C ⋅ U = 2 ⋅ p ⋅ 50s -1 ⋅ 100 ⋅ 10 −6 ⋅ 220 V = 6 , 9 A
V
Zeigerdarstellung:
Komplexe Darstellung:
1 1
i= ⋅ ∫ udt = − ⋅ u ⋅ cos w ⋅ t U As
L w⋅ L I= = j ⋅ w ⋅ C ⋅ U ⋅ e j 0 = j ⋅ 2 ⋅ p ⋅ 50s -1 ⋅ 100 ⋅ 10 −6 ⋅ 220 ⋅ Ve j 0
Z V
U 220 V
⇒I= = =7 A As j 90
w⋅ L Vs = 0 , 03142 ⋅ e ⋅ 220 ⋅ e j 0 V = 6 , 9 ⋅ Ae j 90
2 ⋅ p ⋅ 50s -1 ⋅ 100 ⋅ 10 −3 V
A
Komplexe Darstellung:
3 Schaltungen
U U ⋅e j0 220 V ⋅ e j 0
I=
Z
=
jw ⋅ L
=
Vs
von Wechselstromwiderständen
j ⋅ 2 ⋅ p ⋅ 50s -1 ⋅ 100 ⋅ 10 −3
A Bei der weiteren Betrachtung von Wechselstromwi-
220 V ⋅ e j 0 derständen werden nur noch die Effektivwerte der
= = 7 ⋅ Ae − j 90
Vs
31, 42 ⋅ e j 90 Wechselstromgrößen verwendet. Es wird nicht mehr
A
ausdrücklich darauf hingewiesen, ob es sich bei dem
benutzten Wert um einen Operator oder um einen
Zeiger handelt.
U
i 3.1 Reihenschaltung
I
Zeigerdarstellung
von Wechselstromwiderständen
u L Im Zeigerbild für die Reihenschaltung drehen sich die
Zeiger der Spannungen gleichmäßig um einen ge-
+Im jvL meinsamen Drehpunkt. Die Lage der Spannungen
zueinander bleibt immer erhalten. Die Zeiger der
U Spannungen können also addiert oder subtrahiert
Re werden. Da Wirk- und Blindanteil immer senkrecht
I komplexe Darstellung aufeinander stehen, ist das Spannungsdreieck stets
–Im rechtwinklig.
Für die Größen im rechtwinkligen Dreieck gilt:
Bild VI-12 Darstellung von Strom und Spannung am
induktiven Widerstand in der Zeiger- und Gesamtspannung U 2 = U R2 + U B2 (VI.41)
komplexen Form
U = U R2 + U B2 (VI.42)

 Beispiel: Eine Kapazität von


As
C = 100 μ
wird an einem
Wirkanteil der Spannung
V
Wechselstromnetz mit U = 220 V und f = 50 Hz betrieben. Wel- U R = U 2 − U B2 = U ⋅ cos j (VI.43)
chen Wert hat der sich einstellende Strom? Darstellung des Zei-
gerbildes.
Blindanteil der Spannung

U B = U 2 − U R2 = U ⋅ sin j (VI.44)
I
i
3.1.1 Wirkwiderstand und Induktivität
u C U Im allgemeinen enthält jede Induktionsspule neben
dem induktiven Widerstand XL auch einen ohmschen
Widerstand R. Im Ersatzschaltbild werden beide
+Im I Größen in Reihe geschaltet, da sie vom selben Strom
durchflossen werden (Bild VI-14).
U
Der Strom erzeugt am Widerstand den Spannungsfall
Re UR = I ⋅ R und an der Induktivität den Spannungsfall
jvC –1 UL = w ⋅ L ⋅ I. Beide Spannungen haben im Zeiger-
–Im
bild verschiedene Richtungen. Addiert ergeben die
beiden Spannungszeiger den Zeiger der Gesamtspan-
Bild VI-13 Darstellung von Strom und Spannung am nung U. Nach Bild VI-15 liegt der Zeiger UR in
kapazitiven Widerstand in der Zeiger- Richtung des Stroms I, der Zeiger UL eilt dem Strom
und komplexen Form um 90° vor.
300 Grundlagen der Elektrotechnik

i Scheinwiderstand Z = R + jX L (VI.51)
Z= R +2
X L2 (VI.52)
uR R
XL
Phasenwinkel j = arctan (VI.53)
R
u
uL
 Beispiel: Eine Spule mit einem ohmschen Widerstand von R =
L 100 W und einem induktiven Blindwiderstand von XL = 200 W
wird an eine Spannung von U = 200 V angeschlossen.
Wie groß sind Scheinwiderstand und Stromstärke? Welche Span-
nungsfälle treten an den Bauelementen des Ersatzschaltbildes
Bild VI-14 Induktivität und ohmscher Widerstand auf? Welcher Phasenwinkel herrscht zwischen Spannung und
im Wechselstromkreis Strom?
Zeigerdarstellung:

Z= R 2 + X L2 = 100 2 W 2 + 200 2 W 2 = 223 , 6 W

U 200 V
I= = = 0 , 89 A
U Z 223, 6 W
UL
U R = I ⋅ R = 0.89 A ⋅ 100 W = 89 V ;
f UR U L = I ⋅ X L = 0 , 89 A ⋅ 200 W = 178 V

XL 200
I j = arctan = arctan = 63, 4 °
R 100
Bild VI-15 Zeigerbild der Reihenschaltung von Komplexe Darstellung:
ohmschen Widerstand und Induktivität
XL 200
j = arctan = arctan = 63, 4 °
R 100
Das durch die Zeigeraddition entstehende Span- Z = R + jX L = 100 W + j 200 W = 223, 6 W ⋅ e j 63 , 4
nungsdreieck kann nach dem Lehrsatz von Pythago- U 220 V ⋅ e j 0
I= = = 0 , 89 A ⋅ e − j 63 , 4
ras berechnet werden. Z 223, 6 W ⋅ e j 63 , 4
Gesamtspannung U R = I ⋅ R = 0 , 89 A ⋅ e − j 63,4 ⋅ 100 W ⋅ e j 0 = 89 V ⋅ e − j 63 , 4

U 2 = U R2 + U L2 = I 2 ⋅ R 2 + I 2 ⋅ X L2 = I 2 ( R 2 + X L2 ) U L = I ⋅ X L = 0 , 89 A ⋅ e − j 63,4 ⋅ 200 W ⋅ e j 90 = 178 V ⋅ e j 26 , 6

(VI.45)
Hieraus folgt das ohmsche Gesetz für Wirkwider- UL
UR
stand und Induktivität im Wechselstromkreis.
Gesamtspannung U = I ⋅ R 2 + X L2 (VI.46) f U

Scheinwiderstand Z = R +2
X L2 (VI.47) I

Der Scheinwiderstand entspricht der Hypotenuse


eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen Katheten dem Bild VI-16 Beispiel: Reihenschaltung von ohmschem
Wirkwiderstand R und dem induktiven Blindwider- Widerstand und Induktivität
stand XL entsprechen.
Die Phasenverschiebung zwischen der Gesamtspan- 3.1.2 Wirkwiderstand und Kapazität
nung U und dem Strom I erhält man nach Bild VI-15.
Sind in einem Wechselstromkreis ein ohmscher
Phasenverschiebung Widerstand R und eine Kapazität mit dem kapazitiven
UR I⋅R R Blindwiderstand XC nach Ersatzschaltbild (Bild VI-
j = arccos = arccos = arccos (VI.48) 17) in Reihe geschaltet, erzeugt der Strom am Wider-
U I⋅Z Z
stand den Spannungsfall UR = I ⋅ R und an der Kapa-
UL I ⋅ XL X
j = arctan = arctan = arctan L (VI.49) 1
UR I⋅R R zität den Spannungsfall U C = ⋅I.
w⋅C
In der komplexen Darstellung ergeben sich folgende Beide Spannungen haben im Zeigerbild verschiede-
Zusammenhänge: nen Richtungen. Addiert ergeben die beiden Span-
Gesamtspannung nungszeiger den Zeiger der Gesamtspannung U. Nach
Bild VI-18 liegt der Zeiger UR in Richtung des
U = U R + U L = I ⋅ R + I ⋅ jX L = I ⋅ ( R + jX L ) = I ⋅ Z Stroms I, der Zeiger UC eilt dem Strom um 90°
(VI.50) nach.
VI Wechselstrom 301

i  Beispiel: Ein ohmscher Widerstand von R = 100 W und eine


Kapazität mit einem kapazitiven Blindwiderstand von XC = 200 W
werden an eine Spannung von U = 200 V angeschlossen.
uR R Wie groß sind Scheinwiderstand und Stromstärke? Welche Span-
nungsfälle treten an den Bauelementen auf? Welcher Phasenwin-
u Bild VI-17 kel herrscht zwischen Spannung und Strom?
uC C Kapazität und ohmscher Zeigerdarstellung:
Widerstand im Wechsel-
Z= R 2 + X C2 = 100 2 W 2 + 200 2 W 2 = 223, 6 W
stromkreis
U 200 V
I= = = 0 , 89 A
Z 223, 6 W
I
U R = I ⋅ R = 0 , 89 A ⋅ 100 W = 89 V ;
f UR U C = I ⋅ X C = 0 , 89 A ⋅ 200 W = 178 V
UC XC 200
U j = arctan = arctan = 63, 4 °
R 100
Komplexe Darstellung:

Bild VI-18 Zeigerbild der Reihenschaltung von XC 200


j = arctan = arctan = 63, 4 °
ohmschem Widerstand und Kapazität R 100

Z = R − jX C = 100 W − j 200 W = 223, 6 W ⋅ e − j 63 , 4

Das durch die Zeigeraddition entstehende Span- U 220 V ⋅ e j 0


I= = = 0 , 89 A ⋅ e j 63 , 4
Z 223, 6 W ⋅ e − j 63 , 4
nungsdreieck kann nach dem Lehrsatz von Pythago-
ras berechnet werden. U R = I ⋅ R = 0 , 89 A ⋅ e j 63 , 4 ⋅ 100 W ⋅ e j 0 = 89 V ⋅ e j 63 , 4
Gesamtspannung
U C = I ⋅ X C = 0,89 A ⋅ e j 63, 4 ⋅ 200 Ω ⋅ e− j 90 = 178 V ⋅ e − j 26, 6
U 2 = U R2 + U L2 = I 2 ⋅ R 2 + I 2 ⋅ X C2 = I 2 ( R 2 + X C2 )
(VI.54)
I
Hieraus folgt das ohmsche Gesetz für Wirkwider-
stand und Induktivität im Wechselstromkreis. f U
Gesamtspannung U = I ⋅ R + 2
X C2 (VI.55)
UC UR
Scheinwiderstand Z = R 2 + X C2 (VI.56)
Der Scheinwiderstand entspricht der Hypotenuse Bild VI-19 Beispiel: Reihenschaltung von ohmschem
eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen Katheten dem Widerstand und Kapazität
Wirkwiderstand R und dem kapazitiven Blindwider-
stand XC entsprechen. 3.1.3 Wirkwiderstand, Induktivität und Kapazität
Die Phasenverschiebung zwischen der Gesamtspan-
nung U und dem Strom I erhält man nach Bild VI-18. Sind in einem Wechselstromkreis ein ohmscher
Widerstand R, eine Induktivität mit dem induktiven
Phasenverschiebung Blindwiderstand XL und eine Kapazität mit dem
UR I⋅R R kapazitiven Blindwiderstand XC nach Bild VI-20 in
j = arccos = arccos = arccos (VI.57) Reihe geschaltet, erzeugt der Strom am Widerstand
U I⋅Z Z
den Spannungsfall UR = I ⋅ R, an der Induktivität den
UC I ⋅ XC X Spannungsfall UL = w ⋅ L ⋅ I und an der Kapazität den
j = arctan = arctan = arctan C (VI.58)
UR I⋅R R 1
In der komplexen Darstellung ergeben sich folgende Spannungsfall U C = ⋅I.
w⋅ C
Zusammenhänge.
i R C L
Gesamtspannung
U = U R + U C = I ⋅ R + I ⋅ jX C == I ⋅ ( R + jX C ) = I ⋅ Z
(VI.59) uR uC uL
u
Scheinwiderstand Z = R + jX C (VI.60)

Z= R 2 + X C2 (VI.61)
XC Bild VI-20 Kapazität, Induktivität und ohmscher
Phasenwinkel j = arctan (VI.62)
R Widerstand im Wechselstromkreis
302 Grundlagen der Elektrotechnik

Die Spannungen haben im Zeigerbild verschiedenen Gesamtspannung


Richtungen. Addiert ergeben die Spannungszeiger
U = U R + U ′ = I ⋅ R + I ⋅ j ⋅( X L − XC ) = (VI.68)
den Zeiger der Gesamtspannung U. Nach Bild VI-21
liegt der Zeiger UR in Richtung des Stroms I, der = I ⋅ ( R + j ⋅ ( X L − X C )) = I ⋅ Z
Zeiger UC eilt dem Strom um 90° nach und der Zeiger
UL eilt dem Strom um 90° vor. Scheinwiderstand Z = R + j ⋅ ( X L − X C ) (VI.69)

Z= R2 + ( X L − XC )2 (VI.70)
( X L − XC )
Phasenwinkel j = arctan (VI.71)
UL R
I Bei der Reihenschaltung von R, L und C stellt der
f ohmsche Widerstand den Realteil dar, während der
UR Imaginärteil eine Zusammensetzung aus induktiven
UC
und kapazitiven Blindwiderstand ist. Der Imaginärteil
kann verschiedene elektrische Eigenschaften aufwei-
U
sen. Ist der induktive Anteil größer als der kapazitive,
ergibt die Zusammenfassung einen induktiv wirken-
UL< UC
den Blindwiderstand.
Bild VI-21 Zeigerbild der Reihenschaltung vom X L > X C ⇒ X ′ = X Lers = X L − X C (VI.72)
ohmschem Widerstand, Induktivität und
Kapazität Ist der kapazitive Anteil größer als der induktive,
ergibt die Zusammenfassung einen kapazitiv wirken-
den Blindwiderstand.
Das durch die Zeigeraddition entstehende Zeigerbild
kann nach dem Lehrsatz von Pythagoras berechnet X C > X L ⇒ X ′ = X Cers = X C − X L (VI.73)
werden.
Sind kapazitiver und induktiver Anteil gleich groß,
Gesamtspannung wird der Imaginärteil Null; die Schaltung hat einen
U 2 = U R2 + U ′ 2 = U R2 + ( U L − U C ) 2 rein ohmschen Charakter. In diesem Fall spricht man
von einer Reihenresonanz.
= I 2 ⋅ R2 + I 2 ⋅ X ′ 2 = I 2 ( R2 + ( X L − XC )2 )
Reihenresonanz
(VI.63)
1
X L = XC ⇒ X ′ = 0 = w⋅ L − (VI.74)
Hieraus folgt das ohmsche Gesetz für die Reihen- w⋅C
schaltung von Wirkwiderstand, Induktivität und
Kapazität im Wechselstromkreis. Über die Resonanzbedingung der Gleichung VI.74
kann die Resonanzfrequenz f0 bzw. ω0 berechnet
Gesamtspannung U = I ⋅ R 2 + ( X L − X C ) 2 (VI.64) werden.
Resonanzbedingung
Scheinwiderstand Z = R2 + ( X L − XC )2 (VI.65)
1 1 1
w0 ⋅ L = ⇒ w02 = ⇒ w0 = (VI.75)
Der Scheinwiderstand entspricht der Hypotenuse w0 ⋅ C L⋅C L⋅C
eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen Katheten dem
Wirkwiderstand R und der Differenz des induktiven w0 1
Resonanzfrequenz f 0 = = (VI.76)
Blindwiderstandes XL und des kapazitiven Blindwi- 2⋅p 2⋅p ⋅ L⋅C
derstand XC entsprechen.
Die Phasenverschiebung zwischen der Gesamtspan-  Beispiel: Ein ohmscher Widerstand von R = 100 W, eine Indukti-
nung U und dem Strom I erhält man nach Bild VI-21. vität mit einem induktiven Blindwiderstand von XL = 300 W und
eine Kapazität mit einem kapazitiven Blindwiderstand von
Phasenverschiebung XC = 200 W werden an eine Spannung von U = 200 V angeschlos-
sen. Die Netzfrequenz beträgt f = 50 Hz.
UR I⋅R R Wie groß sind Scheinwiderstand und Stromstärke? Welche Span-
j = arccos = arccos = arccos (VI.66)
U I⋅Z Z nungsfälle treten an den Bauelementen auf? Welcher Phasenwin-
kel herrscht zwischen Spannung und Strom? Welche Resonanz-
U′ I⋅X′ frequenz hat diese Schaltung?
j = arctan = arctan
UR I⋅R Zeigerdarstellung:
(VI.67)
X L − XC Z= R2 + ( X L − XC )
2

= arctan
R = 100 W + ( 300 W − 200 W )
2
2 2
= 141, 4 W

In der komplexen Darstellung ergeben sich folgende U 200 V


I= = = 1, 71 A
Zusammenhänge. Z 141,4 A
VI Wechselstrom 303

U R = I ⋅ R = 1, 71 A ⋅ 100 W = 171 V ; Für die Größen im rechtwinkligen Dreieck gilt:


U L = I ⋅ X L = 1, 71 A ⋅ 300 W = 513 V ; Gesamtstrom I 2 = I R2 + I B2 (VI.77)
U C = I ⋅ X C = 1, 71 A ⋅ 200 W = 342 V
I= I R2 + I B2 (VI.78)
(XL − XC ) ( 300 W − 200 W)
j = arctan = arctan = 45 °
R 100 W Wirkstrom IR = I 2 − I B2 = I ⋅ cosj (VI.79)
V
300
X
L= L = A = 0 , 955 Vs ; Blindstrom IB = I 2 − I R2 = I ⋅ sin j (VI.80)
w 1 A
2 ⋅ p ⋅ 50
s

C=
1
=
1
= 15, 9 ⋅ 10 −6
As 3.2.1 Wirkwiderstand und Induktivität
w⋅ XC 1 V V
2 ⋅ p ⋅ 50 ⋅ 200 Für jede Parallelschaltung gilt, daß der Gesamtstrom
s A
die Summe der Teilströme in den Parallelzweigen ist.
w0 1
f0 = = In der Parallelschaltung gilt als wesentlicher Grund-
2⋅p 2⋅p⋅ L⋅C
satz, daß Leitwerte addiert werden können.
1 1
= = 40 , 84 Sind ein Wirkwiderstand R und ein induktiver Blind-
Vs As s
2 ⋅ p ⋅ 0 , 955 ⋅ 15, 9 ⋅ 10 −6 widerstand XL parallelgeschaltet, treibt die anliegende
A V
Wechselspannung nach Bild VI-23 einen Wirkstrom
Komplexe Darstellung: U
I W = = U ⋅ G durch den Wirkwiderstand und einen
(XL − XC ) 300 Ω − 200 Ω R
j = arctan = arctan = 45 °
R 100 Ω U
Blindstrom I B = = U ⋅ B L durch den Blindwider-
Z = R − j ( X L − X C ) = 100 Ω − j ( 300 − 200 ) Ω = 141, 4 Ω ⋅ e j 45 XL
U 220 V ⋅ e j 0 stand.
I= = = 1, 71 A ⋅ e − j 45
Z 141, 4 Ω ⋅ e j 45

U R = I ⋅ R = 1, 71 A ⋅ e − j 45 ⋅ 100 Ω ⋅ e j 0 = 171 V ⋅ e − j 45 i
− j 45
U L = I ⋅ X L = 1, 71 A ⋅ e ⋅ 300 Ω ⋅ e j 90
= 513 V ⋅ e j 45
iR iB
U C = I ⋅ X C = 1, 71 A ⋅ e − j 45 ⋅ 200 Ω ⋅ e − j 90 = 342 V ⋅ e − j 135

u R L

UC Bild VI-23 Parallelschaltung von Induktivität und


UL > UC
ohmschem Widerstand im Wechsel-
stromkreis
U
f Der Wirkstrom zeigt in Richtung der Spannung U
UR (Bild VI-24), der Blindstrom eilt um 90° nach.
I UL
U IR
f
Bild VI-22 Beispiel: Reihenschaltung von ohmschen
Widerstand, Induktivität und Kapazität
IB
I
3.2 Parallelschaltung
von Wechselstromwiderständen
Im Zeigerbild für die Parallelschaltung drehen sich
Bild VI-24 Zeigerbild der Parallelschaltung von
die Zeiger der Ströme gleichmäßig um einen gemein-
ohmschem Widerstand und Induktivität
samen Drehpunkt. Die Lage der Ströme zueinander
bleibt immer erhalten. Die Zeiger der Ströme können
also addiert oder subtrahiert werden. Da Wirk- und Das durch die Zeigeraddition entstehende Zeigerbild
Blindanteil immer senkrecht aufeinander stehen, ist kann nach dem Lehrsatz von Pythagoras berechnet
das Stromdreieck stets rechtwinklig. werden.
304 Grundlagen der Elektrotechnik

Gesamtstrom i

I =
2
I R2 + I B2 = U ⋅G +U
2 2 2
⋅ B L2 = U ⋅ (G +
2 2
B L2
) iR iC
Bild VI-25
(VI.81)
u R C Parallelschaltung von
Hieraus folgt das ohmsche Gesetz für die Parallel- Kapazität und ohmschen
schaltung von Wirkwiderstand und Induktivität im Widerstand im Wechsel-
Wechselstromkreis. stromkreis
Gesamtstrom I = U ⋅ G 2 + B L2 (VI.82)

Scheinleitwert Y = G 2 + B L2 (VI.83)
1 1 I
Scheinwiderstand Z = = (VI.84)
Y G 2 + B L2 IC

Der Scheinleitwert entspricht der Hypotenuse eines f IR


rechtwinkligen Dreiecks, dessen Katheten dem Leit-
wert des Wirkwiderstandes R und dem Leitwert des U
induktiven Blindwiderstandes XL entsprechen.
Bild VI-26 Zeigerbild der Parallelschaltung von
Die Phasenverschiebung zwischen der Gesamtspan-
ohmschem Widerstand und Kapazität
nung U und dem Strom I erhält man nach Bild VI-24.
Phasenverschiebung Gesamtstrom
I U ⋅G G I 2 = I R2 + I C2 = U 2 ⋅ G 2 + U 2 ⋅ BC2 = U 2 ( G 2 + BC2 )
j = arccos R = arccos = arccos (VI.85)
I U ⋅Y Y
(VI.92)
IL U ⋅ BL B Hieraus folgt das ohmsche Gesetz für die Parallel-
j = arctan = arctan = arctan L (VI.86)
IR U ⋅G G schaltung von Wirkwiderstand und Kapazität im
Wechselstromkreis.
In der komplexen Darstellung ergeben sich folgende
Zusammenhänge:
Gesamtstrom I = U ⋅ G 2 + BC2 (VI.93)
Gesamtstrom
I = I R + I L = U ⋅ G + U ⋅ ( − jB L ) = U ⋅ ( G − jB L ) = U ⋅ Y Scheinleitwert Y = G 2 + BC2 (VI.94)
(VI.87) Der Scheinleitwert entspricht der Hypotenuse eines
Scheinleitwert Y = G − jB L (VI.88) rechtwinkligen Dreiecks, dessen Katheten dem Leit-
wert des Wirkwiderstandes R und dem Leitwert des
Y = G 2 + B L2 (VI.89) kapazitiven Blindwiderstandes XC entsprechen.
Die Phasenverschiebung zwischen der Gesamtspan-
1 1
Scheinwiderstand Z= = (VI.90) nung U und dem Strom I erhält man nach Bild VI-26.
Y G − jBl
Phasenverschiebung
BL
Phasenwinkel j = arctan (VI.91) IR U ⋅G G
G j = arccos = arccos = arccos (VI.95)
I U ⋅Y Y
3.2.2 Wirkwiderstand und Kapazität IC U ⋅ BC B
j = arctan = arctan = arctan C (VI.96)
Sind in einem Wechselstromkreis ein ohmscher IR U ⋅G G
Widerstand R und eine Kapazität mit dem kapazitiven
Blindwiderstand XC nach Ersatzschaltbild (Bild VI- In der komplexen Darstellung ergeben sich folgende
25) parallel geschaltet, erzeugt die Spannung U durch Zusammenhänge.
den Widerstand den Strom IR = U ⋅ G und durch die Gesamtstrom
Kapazität den Strom IC = BC ⋅ U. Beide Ströme haben
I = I R + I C = U ⋅ G + U ⋅ jBC = U ⋅ ( G + jBC ) = U ⋅ Y
im Zeigerbild verschiedene Richtungen. Addiert
ergeben die beiden Stromzeiger den Zeiger des Ge- (VI.97)
samtstromes I. Nach Bild VI-26 liegt der Zeiger IR in Scheinleitwert Y = G + jBC (VI.98)
Richtung der Spannung U; der Zeiger IC eilt der
Spannung um 90° vor. Y = G 2 + BC2 (VI.99)
Das durch die Zeigeraddition entstehende Stromdrei-
eck kann nach dem Lehrsatz von Pythagoras berech- BC
Phasenwinkel ϕ = arctan (VI.100)
net werden. G
VI Wechselstrom 305

3.2.3 Wirkwiderstand, Induktivität und Kapazität Scheinleitwert Y = G 2 + ( BC − B L ) 2 (VI.103)


Sind in einem Wechselstromkreis ein ohmscher
Widerstand R, eine Induktivität mit dem induktiven Der Scheinleitwert entspricht der Hypotenuse eines
Blindwiderstand XL und eine Kapazität mit dem rechtwinkligen Dreiecks, dessen Katheten dem Leit-
kapazitiven Blindwiderstand XC nach Ersatzschaltbild wert des Wirkwiderstand R und der Differenz des
(Bild VI-27) parallel geschaltet, erzeugt die Span- Leitwertes des kapazitiven Blindwiderstand XC und
nung durch den Widerstand den Strom IR = U ⋅ G, des Leitwertes des induktiven Blindwiderstandes XL
durch die Induktivität den Strom IL = BL ⋅ U und entsprechen.
durch die Kapazität den Strom IC = BC ⋅ U. Die Phasenverschiebung zwischen der Gesamtspan-
Die Ströme haben im Zeigerbild verschiedene Rich- nung U und dem Strom I erhält man nach Bild VI-28.
tungen. Addiert ergeben die Stromzeiger den Zeiger Phasenverschiebung
des Gesamtstroms I. Nach Bild VI-28 liegt der Zeiger
IR U ⋅G G
IR in Richtung der Spannung U, der Zeiger IC eilt der j = arccos = arccos = arccos (VI.104)
Spannung um 90° vor und der Zeiger IL eilt der Span- I U ⋅Y Y
nung um 90° nach. I′ U ⋅ B′ B − BL
j = arctan = arctan = arctan C
i IR U ⋅G G
(VI.105)
iR iL iC
In der komplexen Darstellung ergeben sich folgende
u R L C Zusammenhänge:
Gesamtstrom
I = I R + I ′ = U ⋅ G + U ⋅ j ⋅ ( BC − B L )
(VI.106)
Bild VI-27 Parallelschaltung von Induktivität, Kapa- = U ⋅ ( G + j ⋅ ( BC − B L )) = U ⋅ Y
zität und ohmschen Widerstand im Scheinleitwert Y = G + j ⋅ ( BC − B L ) (VI.107)
Wechselstromkreis
Y= G 2 + ( BC − B L ) 2 (VI.108)

( BC − B L )
Phasenwinkel j = arctan (VI.109)
G
IC
Bei der Parallelschaltung von R, L und C stellt der
U IR ohmsche Widerstand den Realteil dar, während der
f Imaginärteil eine Zusammensetzung aus induktivem
IL und kapazitivem Blindwiderstand ist. Der Imaginär-
teil kann verschiedene elektrische Eigenschaften
I aufweisen. Ist der induktive Anteil größer als der
IC < I L kapazitive, ergibt die Zusammenfassung einen induk-
tiv wirkenden Leitwert.
BL > BC ⇒ B′ = BLers = BL − BC (VI.110)
Bild VI-28 Zeigerbild der Parallelschaltung von
ohmschem Widerstand, Induktivität und Ist der kapazitive Anteil größer als der induktive,
Kapazität ergibt die Zusammenfassung einen kapazitiv wirken-
den Leitwert.
Das durch die Zeigeraddition entstehende Zeigerbild BC > BL ⇒ B′ = BCers = BC − BL (VI.111)
kann nach dem Lehrsatz von Pythagoras berechnet
werden. Sind der kapazitive und der induktive Anteil gleich
Gesamtstrom groß, wird der Imaginärteil Null; die Schaltung hat
einen rein ohmschen Charakter. In diesem Fall spricht
I 2 = I R2 + I ′ 2 = I R2 + ( I C − I L ) 2 man von einer Parallelresonanz.
= U 2 ⋅ G 2 + U 2 ⋅ B ′ 2 = U 2 ( G 2 + ( BC − B L ) 2 )
Parallelresonanz
(VI.101)
1
Hieraus folgt das ohmsche Gesetz für die Parallel- BL = BC ⇒ B′ = 0 = ω ⋅ C − (VI.112)
ω ⋅L
schaltung von Wirkwiderstand, Induktivität und
Kapazität im Wechselstromkreis. Über die Resonanzbedingung der Gleichung (VI.112)
kann die Resonanzfrequenz f0 bzw. ω0 berechnet
Gesamtstrom I = U ◊ G + ( BC - BL )2 2
(VI.102) werden.
306 Grundlagen der Elektrotechnik

Resonanzbedingung I
1 1 1 f
w0 ⋅ C = ⇒ w02 = ⇒ w0 = (VI.113)
w0 ⋅ L L⋅C L⋅C U IR IC
IL
w0 1
Resonanzfrequenz f 0 = = (VI.114)
2⋅p 2⋅p ⋅ L⋅C

Bild VI-29 Beispiel: Parallelschaltung von ohmschem


 Beispiel: Ein ohmscher Widerstand von R = 100 W, eine Indukti- Widerstand, Induktivität und Kapazität
vität mit einem induktiven Blindwiderstand von XL = 300 W und
eine Kapazität mit einem kapazitiven Blindwiderstand von
XC = 200 W werden an eine Spannung von U = 200 V angeschlos- 3.3 Gemischte Schaltungen
sen. Die Netzfrequenz beträgt f = 50 Hz.
Wie groß sind Scheinleitwert und Gesamtstromstärke? Welche Die Lösung von gemischten Schaltungen im Wech-
Ströme fließen durch die Bauelemente, welcher Phasenwinkel
selstromkreis kann ebenfalls mit Hilfe der Zeigerdar-
herrscht zwischen Spannung und Strom? Welche Resonanzfre-
quenz hat diese Schaltung? stellung und der komplexen Rechnung erfolgen. Der
Lösungsweg soll an einem Beispiel (Bild VI-30)
Zeigerdarstellung:
dargestellt werden.
1 1
G= = = 10 ⋅ 10 −3 S ;
R 100 W i
1 1
BL = = = 3, 33 ⋅ 10 −3 S ; i1 i2 i3
X L 300 W
1 1
BC = = = 5 ⋅ 10 −3 S
X C 200 W
u
Y = G + ( BC − B L )
2 2
Bild VI-30
= (10 ⋅ 10 −3 ) 2 S 2 + ( 5 ⋅ 10 −3 S − 3, 3 ⋅ 10 −3 S ) 2 Gemischte Schaltung
= 10 ,14 ⋅ 10 −3 S im Wechselstromkreis

I = U ⋅ Y = 200 V ⋅ 10 ,14 ⋅ 10 −3 S = 2 , 03 A
 Beispiel: Lösung mit Hilfe der Zeigerdarstellung:
I R = U ⋅ G = 200 V ⋅ 10 ⋅ 10 −3 S = 2 A ; U = 200 V ; f = 50 Hz

Parallelzweig 1 mit Widerstand R1 = 100 W und Spule XL = 200 W


I L = U ⋅ B L = 200 V ⋅ 3, 3 ⋅ 10 −3 S = 0 , 66 A ;

I C = U ⋅ B C = 200 V ⋅ 5 ⋅ 10 −3 S = 1 A Z1 = R12 + X L2 = 1002 Ω 2 + 2002 Ω 2 = 223,6 Ω

U 200 V
G 10 ⋅ 10 −3 S I1 = = = 0 , 89 A
j = arccos = arccos = 9, 5 ° Z 1 223, 6 W
Y 10,14 ⋅ 10 -3 S
XL 200
V j1 = arctan = arctan = 63 , 4 °
300 R1 100
XL A = 0 , 955 Vs ;
L= =
w 1 A Strom eilt der Spannung nach!
2 ⋅ p ⋅ 50 Parallelzweig 2 mit Widerstand R2 = 100 W und Kapazität XC =
s
200 W
1 1 As
C= = = 15, 9 ⋅ 10 −6
w⋅ XC 1 V V
2 ⋅ p ⋅ 50 ⋅ 200 Z 2 = R22 + XC2 = 1002 Ω 2 + 2002 Ω 2 = 223,6 Ω
s A
U 200 V
w0 1 I2 = = = 0 , 89 A
f0 = = Z 2 223, 6 W
2⋅p 2⋅p ⋅ L⋅C
XC 200
1 1 j 2 = arctan = arctan = 63, 4 °
= = 40 , 84 R2 100
Vs As s
2 ⋅ p ⋅ 0 , 955 ⋅ 15, 9 ⋅ 10 −6 Strom eilt der Spannung vor!
A V
Parallelzweig 3 mit Widerstand R3 = 200 W
Komplexe Darstellung:
U 200 V
Y = G − j ( B C − B L ) = 10 ⋅ 10 −3 S − j ( 5 ⋅ 10 −3 − 3, 3 ⋅ 10 −3 ) S I3 = = =1A
R3 200 Ω
= 10 ,14 ⋅ 10 −3 S ⋅ e j 9 , 6
0
j3 = arctan = 0°
I = U ⋅ Y = 200 V ⋅ e j 0 ⋅ 10 ,14 ⋅ 10 −3 S ⋅ e j 9 , 6 = 2 , 03 A ⋅ e j 9 , 6 R3
Die rechnerische Addition der Ströme kann erfolgen, wenn die
I R = U ⋅ G = 200 V ⋅ e j 0 ⋅ 10 ⋅ 10 −3 S ⋅ e j 0 = 2 A ⋅ e j 0
Zweigströme in ihre Real- und Blindstromanteile aufgelöst wer-
den.
I L = U ⋅ B L = 200 V ⋅ e j 0 ⋅ 3, 3 ⋅ 10 −3 S ⋅ e − j 90 = 0 , 66 AV ⋅ e − j 90
I 1 R = I 1 ⋅ cos j1 = 0 , 89 A ⋅ cos ( −63, 4 ° )
I C = U ⋅ BC = 200 V ⋅ e j 0 ⋅ 5 ⋅ 10 −3 S ⋅ e j 90 = 1 A ⋅ e j 90 = 0 , 89 A ⋅ 0 , 448 = 0 , 399 A
VI Wechselstrom 307

I 1 B = I 1 ⋅ sin j1 = 0 , 89 A ⋅ sin ( −63, 4 ° ) Zusammenschaltung von ohmschen Widerständen R,


= 0 , 89 A ⋅ ( − 0 , 894 ) = −0 , 796 A Kapazitäten C und Induktivitäten L zu komplexen
I 2 R = I 2 ⋅ cos j 2 = 0 , 89 A ⋅ cos ( 63, 4 ° ) Netzwerken.
= 0 , 89 A ⋅ 0 , 448 = 0 , 399 A Ein Filter ist ein Netzwerk, das aus einem Frequenz-
I 2 B = I 2 ⋅ sin j 2 = 0 , 89 A ⋅ sin ( 63, 4 ° ) gemisch einen bestimmten Frequenzbereich hervor-
= 0 , 89 A ⋅ 0 , 894 = 0 , 796 A
hebt und einen anderen unterdrückt.
Im Durchlaßbereich der Filter werden die zu übertra-
I 3 R = I 3 ⋅ cos j 3 = 0 , 89 A ⋅ cos ( 0 ° ) = 1 A ⋅ 1 = 1 A
genden Größen kaum, im Sperrbereich dagegen stark
I 3 B = I 3 ⋅ sin j 3 = 0 , 89 A ⋅ sin ( 0 ° ) = 1 A ⋅ 0 = 0 A gedämpft. Der Übergang von Sperr- in den Durchlaß-
bereich wird durch die Grenzfrequenz fG festge-
I gesR = I 1 R + I 2 R + I 3 R = 0 , 399 A + 0 , 399 A +1 A = 1, 798 A
legt.
I gesB = I 1 B + I 2 B + I 3 B = −0 , 796 A + 0 ,796 A + 0 A = 0 A Nach der Lage der Sperr- bzw. Durchlaßbereiche
unterscheidet man zwischen Tief-, Hoch- und Band-
I ges = 2
I ges R + I gesB = 1, 798 + 0 A = 1, 798 A
2 2 2
paßschaltungen.
Die zeichnerische Lösung erfolgt durch Addition der Stromzeiger
nach Bild VI-31 4.1 Hochpaßschaltung
mit RC- und RL-Glied
f1
Das in Bild VI-32 dargestellte RC-Glied stellt einen
Hochpaß dar.
I2 I1
C

f2
I3 I ges Bild VI-32
uE R uA Hochpaßschaltung mit
U
Kapazität und ohmschem
Bild VI-31 Beispiel: Gemischte Schaltung im Wech- Widerstand
selstromkreis in der Zeigerdarstellung

Lösung in der komplexen Darstellung: Für die Filter sind Grenzfrequenz und Phasengang
In der komplexen Darstellung wird zuerst die Gesamtimpedanz von besonderem Interesse. Die Grenzfrequenz ist die
Zges ermittelt. Frequenz, bei der das Verhältnis Ausgangsspannung
Z 1 = R1 + jX L = 100 W + j 200 W = 223, 6 W ⋅ e j 63 , 43 1
UA zu Eingangsspannung UE den Wert beträgt.
Z 2 = R 2 − jX C = 100 W − j 200 W = 223, 6 W ⋅ e − j 63 , 43 2
Z 3 = R 3 + j 0 = 200 W + j 0 = 200 W ⋅ e j 0 Das Verhältnis von Ausgangsspannung zu Eingangs-
In der Parallelschaltung können Leitwerte addiert werden, die Im-
spannung wird Amplitudengang genannt.
pedanzen müssen also in Leitwerte umgerechnet werden. Amplitudengang (RC)
1 1 UA R 1
Y1 = = = 4 , 47 ⋅ 10 −3 S ⋅ e − j 63 , 4
Z 1 223, 6 W ⋅ e j 63 , 4 = = (VI.115)
UE R + 2
X C2 1
= ( 2 , 0 − j 4 , 0 ) ⋅ 10 −3 S 1+
(w⋅ C ⋅ R)2
1 1
Y2 = = = 4 , 47 ⋅ 10 −3 S ⋅ e j 63 , 4 1
Z 2 223, 6 W ⋅ e − j 63 , 4 Der Amplitudengang hat für den Fall R = den
= ( 2 , 0 + j 4 , 0 ) ⋅ 10 − 3 S w⋅C
Wert
1 1
Y3 = = = 5 ⋅ 10 −3 S ⋅ e j 0 = ( 5, 0 − j 0 ) ⋅ 10 −3 S
Z 3 200 W ⋅ e j 0 UA 1 1
= = . (VI.116)
Y ges = Y 1 + Y 2 + Y 3 UE 1 2
1+ 2
= ( 2 , 0 + j 4 , 0 ) ⋅ 10 −3 S + ( 2 , 0 − j 4 , 0 ) ⋅ 10 −3 S + ( 5, 0 − j 0 ) ⋅ 10 −3 S ⎛⎜ w ⋅ C ⋅ 1 ⎞⎟
= ( 9, 0 + j 0 ) ⋅ 10 −3 S = 9, 0 ⋅ 10 −3 S ⋅ e j 0 ⎝ w⋅C ⎠
I ges = U ⋅ Y ges = ( 200 V ⋅ e j 0 ) ⋅ ( 9 ⋅ 10 −3 S ⋅ e j 0 ) = 1, 8 A ⋅ e j 0
Aus (VI.116) ergibt sich die Grenzfrequenz:
1
4 Passive Filter Grenzfrequenz (RC) f g = (VI.117)
2⋅p ⋅ R⋅C
Passive Filter sind Schaltungen mit einem frequenz- Der Phasengang, die Abhängigkeit des Winkels ϕ
abhängigen Übertragungsverhältnis der Eingangs- zwischen Ausgangs- und Eingangsspannung, ist stark
größe zur Ausgangsgröße. Sie bestehen aus einer von der Frequenz abhängig.
308 Grundlagen der Elektrotechnik

Phasengang arctan ϕ = f (ω ) (VI.118)


R
Der Winkel ϕ nimmt für verschiedene Frequenzen
unterschiedliche Werte an. Häufig gebrauchte Grenz-
werte: uE C uA
Bild VI-35
1
w=0 j = arctan = arctan( ∞ ) = 90 ° Tiefpaßschaltung mit
w⋅C ⋅ R Kapazität und ohm-
1 schem Widerstand
w=
R⋅C
1 C⋅R Für einen RC-Tiefpaß ergeben sich die charakterisie-
j = arctan = arctan = arctan(1) = 45°
w⋅C ⋅ R C⋅R renden Gleichungen (VI.121 bis VI.123):
(Grenzfrequenz) Amplitudengang (RC)
1
w=∞ j = arctan = arctan( 0 ) = 0 ° UA XC 1
w⋅ C ⋅ R = = (VI.121)
UE R + 2
X C2 1+ (w⋅ C ⋅ R)2
Im Bild VI-33 sind Amplituden- und Phasengang
einer Hochpaßschaltung dargestellt. 1
Der Amplitudengang hat für den Fall R = den
w⋅C
Sperrbereich Durchlaßbereich
1,0 Wert
85°
UA 0,8 UA 1 1
65° = = . (VI.122)
UE 0,6 f UE
45° 1 2
1+
0,4 UA 2
f 25° ⎛⎜ w ⋅ C ⋅ 1 ⎞⎟
UE
0,2 ⎝ w⋅ C ⎠

0,1 0,2 0,5 1 2 5 10 Daraus folgt die Grenzfrequenz


v
vg 1
Grenzfrequenz (RC) fg = (VI.123)
Bild VI-33 Amplituden- und Phasengang der Hoch- 2⋅p ⋅ R⋅C
paßschaltung mit Kapazität und ohm- Häufig gebrauchte Grenzwerte:
schem Widerstand
1
w=0 j = arctan = arctan( 0 ) = 0 °
Wird anstatt des RC-Gliedes ein RL-Glied (Bild VI- w⋅ C ⋅ R
34) als Hochpaß eingesetzt, ergeben sich die Glei- 1
w=
chungen (VI.119 und VI.120): R⋅C
C⋅R
j = arctan w ⋅ C ⋅ R = arctan = arctan (1) = 45°
R C⋅R
(Grenzfrequenz)
w=∞ j = arctan w ⋅ C ⋅ R = arctan( ∞ ) = 90 °
uE L uA Bild VI-34
Hochpaßschaltung mit Im Bild VI-36 sind Amplituden- und Phasengang
Induktivität und ohm- einer Tiefpaßschaltung dargestellt.
schem Widerstand

Sperrbereich Durchlaßbereich
Amplitudengang (RL) 1,0
85°
UA XL 1 UA 0,8
= = (VI.119) 65°
f
UE UE 0,6
R 2 + X L2 2
1 + ⎛⎜
R ⎞ UA 45°

⎝ w⋅ L ⎠ 0,4 UE
f 25°
R 0,2
Grenzfrequenz (RL) fg = (VI.120) 5°
2⋅p ⋅ L
0,1 0,2 0,5 1 2 5 10
v
4.2 Tiefpaßschaltung vg
mit RC- und RL-Glied Bild VI-36 Amplituden- und Phasengang der Tief-
Das in Bild VI-35 dargestellte RC-Glied stellt einen paßschaltung mit Kapazität und ohm-
Tiefpaß dar. schem Widerstand
VI Wechselstrom 309

Wird anstatt des RC-Gliedes ein RL-Glied (Bild Amplitudengang (BP)


VI-37) als Tiefpaß eingesetzt, ergeben sich die Glei-
UA 1
chungen (VI.124 und VI.125): = (VI.129)
UE [( wRC ) 2 − 1] 2
9+
L ( wRC ) 2
Die Ausgangsspannung für den Bandpaß wird maxi-
uE R uA mal, wenn der Faktor wRC = 1 wird.
Bild VI-37 maximale Ausgangsspannung
Tiefpaßschaltung mit
1
Induktivität und ohm- UA max
= ⋅ UE (VI.130)
schem Widerstand 3
Die Grenzfrequenzen stellen sich bei einem Bandpaß
Amplitudengang (RL) für folgende Frequenz ein:
UA XL 1 untere Grenzfrequenz
= = (VI.124)
UE R +
2
X L2 2 1
1 + ⎛⎜
R ⎞ f gu = 0. 303 ⋅
⎟ (VI.131)
⎝ w⋅ L ⎠ 2⋅p ⋅ R⋅C
R obere Grenzfrequenz
Grenzfrequenz (RL) fg = (VI.125)
2⋅p ⋅ L 1
f go = 3. 303 ⋅ (VI.132)
4.3 Bandpaßschaltung 2⋅p ⋅ R⋅C

Bei einem Bandpaß sind zwei verschiedene Filter Häufig gebrauchte Grenzwerte:
(Hoch- und Tiefpaß) hintereinander geschaltet (Bild 1− (w⋅ R ⋅ C )2
VI-38). w=0 j = arctan = arctan( ∞ ) = 90 °
3⋅ w⋅ C ⋅ R
C R 1
w=
R⋅C
1 − ( w⋅ R ⋅ C)2 1−1
j = arctan = arctan = arctan( 0 ) = 0 °
uE R C uA 3⋅ w⋅ C ⋅ R 3
w=∞
1 − ( w ⋅ R ⋅ C ) 2 −∞ 2
j = arctan = = arctan( −∞ ) = −90 °
3⋅ w⋅ C ⋅ R 3⋅ ∞
Bild VI-38 Bandpaßschaltung mit Kapazität und
ohmschem Widerstand
Im Bild VI-39 sind Amplituden- und Phasengang
einer Bandpaßschaltung dargestellt.
Ein Bandpaß überträgt zwischen zwei Grenzfrequen-
zen eine Eingangsspannung an einen Ausgang mit Sperrbereich Durchlaßbereich
UA 1 U A max 0,3 80°
einem Verhältnis ≥ ⋅ .
UE 2 UE UA Bandbreite
40°
Die Differenz der beiden Grenzfrequenzen wird als UE 0,2 f

Bandbreite B bezeichnet. UA f
0,1 –40°
Bandbreite B = f go − f gu (VI.126) UE
–80°
Für den Bandpaß nach Bild VI-38 folgt für die Aus- 0,1 0,2 0,5 1 2 5 10
gangsspannung: v
vg
Ausgangsspannung Bandpaß
1 Bild VI-39 Amplituden- und Phasengang der Band-
paßschaltung mit Kapazität und ohm-
1
+ jwC schem Widerstand
UA = R ⋅U E (VI.127)
1 1
+ R+
1 jwC 5 Schwingkreise
+ jwC
R Anstelle der Bandpaßschaltungen können bestimmte
jω RC Frequenzbereiche auch durch eine Zusammenschal-
UA = ◊U E (VI.128)
( jω RC + 1)2 + jω RC tung von ohmschem Widerstand, Induktivität und
310 Grundlagen der Elektrotechnik

Kapazität hervorgehoben oder bedämpft werden. U


Diese Schaltungen werden als Schwingkreise be- Resonanzfrequenz fr der minimale Strom I r =
R
zeichnet. ein, da sich die Blindwiderstände gegenseitig kom-
5.1 Reihenresonanz pensieren.
Resonanzfrequenz
Bei der Reihenschaltung stellt sich für die Resonanz-
U wr 1
frequenz fr der maximale Strom I r = ein, da sich fr = = (VI.140)
R 2⋅p 2⋅p ⋅ L⋅C
die Blindwiderstände gegenseitig kompensieren. Die Parallelschaltung verhält sich nach außen wie ein
w 1 rein ohmscher Widerstand mit dem Phasenwinkel
Resonanzfrequenz f r = r = (VI.133) j = 0°. Innerhalb der Parallelschaltung erreichen die
2⋅p 2⋅p ⋅ L⋅C
Ströme durch die Induktivität und die Kapazität
Die Reihenschaltung verhält sich nach außen wie ein wesentlich höhere Werte als der Strom in der Zulei-
rein ohmscher Widerstand mit dem Phasenwinkel tung.
j = 0°. Innerhalb der Reihenschaltung erreichen die Resonanzstrom durch die Induktivität
Spannungen an Induktivität und Kapazität wesentlich
U
höhere Werte als die Klemmenspannung. I rL = (VI.141)
wr ⋅ L
Resonanzspannung an der Induktivität
U rL = I r ⋅ wr ⋅ L (VI.134) Resonanzstrom durch die Kapazität
I rC = U ⋅ ω r ⋅ C (VI.142)
Resonanzspannung an der Kapazität
Ir Die beiden Resonanzströme sind gleich groß, haben
U rC = (VI.135) ihr Maximum jedoch um 180° verschoben.
wr ⋅ C
Die im Kreis auftretenden Verluste werden wie bei
Die beiden Resonanzspannungen sind gleich groß, der Reihenresonanz über den Dämpfungsfaktor d
haben ihr Maximum jedoch um 180° verschoben. angegeben.
Die im Kreis auftretenden Verluste werden über den wr ⋅ L
Dämpfungsfaktor d angegeben. Der Dämpfungsfaktor Dämpfungsfaktor d = (VI.143)
R
beinhaltet die an der Spule, am Kondensator und am
Widerstand auftretenden ohmschen Verluste im 1 R C
Kreisgüte Q = = = R⋅ (VI.144)
Verhältnis zum Blindwiderstand. d ωr ⋅ L L
R
Dämpfungsfaktor d = (VI.136) Die Güte des Reihenschwingkreises wird größer,
wr ⋅ L wenn die Induktivität kleiner und die Kapazität grö-
Der Kehrwert des Dämpfungsfaktors wird als Güte Q ßer wird.
des Schwingkreises bezeichnet. fr
Bandbreite Δ f = f go − f gu = = fr ⋅ d (VI.145)
1 wr ⋅ L 1 L Q
Kreisgüte Q = = = ⋅ (VI.137)
d R R C Bei den Grenzfrequenzen erreicht die Gesamtimpe-
Die Güte des Reihenschwingkreises wird größer, 1
danz Z des Kreises den -fachen Wert der Reso-
wenn die Induktivität größer und die Kapazität klei- 2
ner wird. Mit Hilfe der Güte kann die Bandbreite des nanzimpedanz.
Reihenschwingkreises bestimmt werden.
1
f Z go = Z gu = ⋅ Zr (VI.146)
Bandbreite D f = f go − f gu = r = fr ⋅ d (VI.138) 2
Q
Bei den Grenzfrequenzen erreicht die Gesamtimpe- 6 Leistung und Arbeit
danz Z des Kreises den 2 -fachen Wert der Reso- im Wechselstromkreis
nanzimpedanz.
Z go = Z gu = 2 ⋅ Z r (VI.139)
6.1 Leistung und Arbeit
bei Phasengleichheit
von Spannung und Strom
5.2 Parallelresonanz
Die Berechnung der Leistung im Gleichstromkreis
Ein Parallelschwingkreis ist die Zusammenschaltung
erfolgt nach der Gleichung VI.147.
von ohmschem Widerstand, Induktivität und Kapa-
zität. Bei der Parallelschaltung stellt sich für die Leistung im Gleichstromkreis P = U ⋅ I (VI.147)
VI Wechselstrom 311

Die Leistung im Wechselstromkreis kann analog zur mum, wenn die Phasenverschiebung zwischen Span-
Berechnung der Leistung im Gleichstromkreis für nung und Strom 90° beträgt (Bild VI-42).
Werte erfolgen, die zeitlich zusammenfallen. Die
Augenblicks- (Momentan-) Leistung ergibt sich zu:
Momentanleistung p = u ⋅ i (VI.148)
Da am Wirkwiderstand Spannung und Strom gleiche
Phasenlage haben, folgt
 
p = u ⋅ i ⋅ sin 2 w ⋅ t . (VI.149)
Das Liniendiagramm (Bild VI-40) zeigt, daß die
Leistung mit doppelter Frequenz oberhalb der Null-

p
achse um den Wert p m = schwingt.
2
p
VA

p Bild VI-41 Liniendiagramm der Leistung bei einer


2 Phasenverschiebung zwischen Strom und
Spannung

t
0 p 2p 1
s
Bild VI-40 Liniendiagramm der Leistung

Der Mittelwert der Leistung berechnet sich zu:


Mittelwert der Leistung
  2p    
u ⋅i u ⋅i u⋅i
pm = ∫ sin 2
wt d ( t ) = == =U⋅I
2⋅p 0 2 2⋅ 2
(VI.150)
Aus Gleichung (VI.150) ergibt sich, daß die Wirkleis-
tung eines Wechselstroms in einem Stromkreis, der
nur mit einem Wirkwiderstand belastet ist, gleich Bild VI-42 Liniendiagramm der Leistung bei einer
dem Produkt aus den Effektivwerten von Spannung Phasenverschiebung von 90 Grad zwi-
und Stromstärke ist schen Strom und Spannung
P U I
Wirkleistung P = U ⋅ I (VI.151) Der Mittelwert der Leistung liegt im Bild VI-42 auf
VA = W V A
der Zeitachse und hat den Wert Null. Die Leistungs-
Die Stromarbeit ist das Produkt der Wirkleistung P kurve besteht aus positiven und negativen Halbwel-
und der Zeit t. len gleicher Größe, die Wirkleistung hat den Wert
W P t P = 0.
Stromarbeit W = P ⋅ t (VI.152)
Wh W h Beträgt die Phasenverschiebung zwischen Strom und
Spannung 90°, hat der Stromkreis eine rein induktive
6.2 Leistung und Arbeit oder kapazitive Last. Der Effektivwert der Leistungs-
bei Phasenverschiebung kurve kann wiederum durch die Effektivwerte von
von Spannung und Strom Strom und Spannung bestimmt werden. Es handelt
sich bei dieser Leistung jedoch um keine Wirkleis-
Sind die Spannungs- und Stromwellen phasenver- tung, sondern um Blindleistung Q.
schoben (Bild VI-41), wird die Augenblicksleistung
in den Bereichen negativ, in denen Spannung und Blindleistung ( j = 90 ° ) Q = U ⋅ I (VI.153)
Strom entgegengesetzte Vorzeichen haben. Der Mit- Von Wirkleistung spricht man, wenn Strom und
telwert der Leistung verschiebt sich in Richtung Spannung keine Phasenverschiebung (j = 0°) auf-
Zeitachse. Die Wirkleistung wird also durch die weisen, die Zeiger beider Größen also gleiche Rich-
Phasenverschiebung kleiner und erreicht ein Mini- tung haben.
312 Grundlagen der Elektrotechnik

Von Blindleistung spricht man, wenn Strom und Span- leistung. Der andere Teil pendelt als Blindleistung
nung eine Phasenverschiebung von 90° haben, die zwischen der Spannungsquelle und dem Verbraucher
Zeiger beider Größen einen rechten Winkel bilden. hin und her.
Liegt der Phasenwinkel zwischen 0° und 90°, kann Zur Unterscheidung der verschiedenen Leistungs-
die Wirkleistung ermittelt werden, indem eine Zei- arten, hat man unterschiedliche Maßbezeichnungen
gergröße in den Winkel 0° gelegt und die andere eingeführt, und zwar mißt man die Wirkleistung in
Zeigergröße in ihre Komponenten zerlegt wird, die in [P] = W, die Scheinleistung in [S] = VA und die
Richtung 0° und 90° zeigen (Bild VI-43). Blindleistung in [Q] = var.

6.3 Leistung in komplexer Schreibweise


I Die Leistung ist definiert als S = U ⋅ I. Hieraus ergibt
IB sich für die komplexe Schreibweise in der Expo-
nentialform:
f IW komplexe Leistung
U S = U ⋅ I * = U ⋅ I ⋅ e jjU ⋅ e − jj I = U ⋅ I ⋅ e j ( jU −j I )
Bild VI-43 Zeigerdiagramm von Strom und Span- (VI.162)
nung bei beliebigem Winkel Die komplexe Leistung ist das Produkt aus der kom-
plexen Spannung U und dem konjugiert komplexen
Im Bild VI-43 wird die Spannung nicht verschoben
und der Strom in den Wirkstrom IW und den Blind- Strom I * .
strom IB aufgeteilt. Da ϕ = ϕU – ϕI die Verschiebung zwischen Spannung
Wirkstrom I W = I ⋅ cosj (VI.154) U und Strom I darstellt, gilt:
U ⋅ I * = U ⋅ I ⋅ ( cos j + j sin j ) (VI.163)
Blindstrom I B = I ⋅ sinj (VI.155)
Aus der vorhergehenden Definition ergeben sich die
Für die entsprechenden Leistungen folgt: Gleichungen (VI.164) bis (VI.166).
Wirkleistung P = U ⋅ I ⋅ cosj (VI.156)
Wirkleistung P Re ( U ⋅ I * ) = U ⋅ I ⋅ cosj (VI.164)
Blindleistung Q = U ⋅ I ⋅sinj (VI.157)
Wirkleistung und Blindleistung haben ihre Maxima Blindleistung Q Im ( U ⋅ I * ) = U ⋅ I ⋅ sinj (VI.165)
im Liniendiagramm um 90° verschoben, das heißt,
man kann die beiden Leistungsanteile als Zeiger Scheinleistung S U ⋅ I* = U ⋅ I (VI.166)
darstellen, die einen Winkel von 90° einschließen.
Zwischen resultierendem Zeiger und Wirkleistung ist  Beispiel: Ein induktiver Verbraucher nimmt bei Un = 220 V
der Winkel ϕ (Bild VI-44). einen Strom I = 2 A auf. Der Winkel zwischen Strom und Span-
nung beträgt j = 40°.
Welchen Wert haben a) die Scheinleistung, b) die Wirkleistung
und c) die Blindleistung?
S a) S = U ⋅ I = 220 V ⋅ 2 A = 440 VA
Q b) P = S ⋅ cos j = 440 VA ⋅ 0 , 766 = 337 W
c) Q = S ⋅ sin j = 440 VA ⋅ 0 , 643 = 283 var
f
P
6.4 Leistungsfaktor
Bild VI-44 Zeigerdiagramm der Leistung bei belie-
bigem Winkel (Operatoren) Die von einem Verbraucher aufgenommene Wirkleis-
tung ist über den Faktor cos ϕ mit der Scheinleistung
verknüpft. Der Faktor cos ϕ wird daher als Leistungs-
Der resultierende Zeiger stellt die Scheinleistung S
faktor bezeichnet.
dar.
P
Scheinleistung S = P2 + Q2 (VI.158) Leistungsfaktor cosj = (VI.167)
S
S = P ⋅ cosj (VI.159) Der Leistungsfaktor gibt an, wieviel Prozent der
S = Q ⋅sinj (VI.160) Scheinleistung S als Wirkleistung P im Verbraucher
umgesetzt werden.
S = P ⋅ cos j = U ⋅ I ⋅ cos j ⋅ cos j = U ⋅ I (VI.161) In der Praxis soll der Leistungsfaktor möglichst nahe
Die bei effektiver Spannung U und Stromstärke I bei Eins liegen, damit die Zuleitungen nicht unnötig
abgegebene nutzbare Leistung beträgt also nur den mit Blindstrom belastet werden, da dieser Blindstrom
durch den Faktor cos ϕ gegebenen Teil der Schein- auf der Zuleitung Verluste erzeugt.
VII Drehstrom 313

VII Drehstrom

1 Erzeugung verwendet, da sie einen hohen Aufwand an Lei-


tungsmaterial erfordern und keinen Vorteil gegenüber
von mehrphasigem Wechselstrom Wechselstromsystemen bieten.
Dreht man in einem homogenen Magnetfeld drei in
einem Winkel von 120º versetzte gleiche Spulen 2 Phasenverkettung
(Bild VII-1) mit der Winkelgeschwindigkeit ω, so
werden folgende Spannungen in den Spulen indu- Betrachtet man die im Dreiphasensystem erzeugten
ziert: Spannungen in einem beliebigen Zeitpunkt, so erge-
ben sich beispielsweise folgende Werte:
Zeitpunkt ϕ = 0º
 
u1 = 0 ; u 2 = 0 , 866 ⋅ u ; u 3 = −0 , 866 ⋅ u
Zeitpunkt ϕ = 90º
120.000° 120.000°   
u1 = u ; u 2 = −0 , 5 ⋅ u ; u 3 = −0 , 5 ⋅ u
S
Zeitpunkt ϕ = 240º
 
v u1 = −0 , 866 ⋅ u ; u 2 = 0 ; u 3 = 0 , 866 ⋅ u
Bei der Bildung der Summen der Augenblickswerte
N
erkennt man, daß zu jedem beliebigem Zeitpunkt die
Gesamtspannung der drei Stromkreise den Wert Null
ergibt. Da die induzierten Spannungen stets in ihrer
Addition den Wert Null ergeben, können die Spulen
120.000° an einem Spulenende zusammengefaßt werden, ohne
daß ein Kurzschluß entsteht (Bild VII-3). Werden die
Bild VII-1 Erzeugen eines Dreiphasensystems
Spulen derart zusammengefaßt, spricht man von einer
 Verkettung. Man unterscheidet zwei Arten der Verket-
Spannung Spule 1 u1 = u ⋅ sin( w ⋅ t ) (VII.1) tung: die Sternschaltung und die Dreieckschaltung.

Spannung Spule 2 u 2 = u ⋅ sin( w ⋅ t + 120 ° ) (VII.2) U1

Spannung Spule 3 u 3 = u ⋅ sin( w ⋅ t + 240 ° ) (VII.3)
Das Zeigerdiagramm der erzeugten Spannung ist in
Bild VII-2 dargestellt.
S
U1

U3

N
120° 120°

U2
Bild VII-3 Verkettung eines Dreiphasensystems

U3 U2 2.1 Sternschaltung
120° Eine Sternschaltung erhält man, wenn die Enden der
Bild VII-2 Zeigerdiagramm der Spannungen gemäß drei Generatorspulen in einem Punkt, dem Stern-
Bild VII-1 punkt, zusammengeschaltet werden (Bild VII-4). Die
in den Spulen induzierte Spannung wird Strangspan-
nung UStr genannt; die zwischen den Abgangsklem-
Schließt man an jede der Spulen einen ohmschen men des Generators gemessene Spannung ist die
Verbraucher mit gleichen Werten an, so treiben die Leiterspannung UL.
Spannungen einen Strom durch die Verbraucher, der Ein Zusammenhang zwischen den Strangwerten und
gleiche Amplitude hat, aber jeweils um den Winkel den Leiterwerten des symmetrischen Drehstromsy-
von 120º versetzt ist. Solche voneinander unabhän- stems in Sternschaltung ist im Bild VII-5 zu erken-
gigen Dreiphasensysteme werden in der Praxis nicht nen.
314 Grundlagen der Elektrotechnik

W1 zwischen den Abgangsklemmen des Generators


gemessene Spannung.
V1
W2 W2 U1
V2

U2
Bild VII-4
Spulenanordnung bei
einer Verkettung im W1
U1 Stern U2
V2 V1
I1
Bild VII-6 Spulenanordnung bei einer Verkettung
im Dreieck
UL1N UL1L2
UL3L1 UL1L2
UL1N Ein Zusammenhang zwischen den Strangwerten und
UL2N UL3L2
den Leiterwerten des symmetrischen Drehstromsys-
I2
UL3N UL3N UL2N tems in Dreieckschaltung ist im Bild VII-7 darge-
I3 UL2L3 stellt.
UL2L3

Bild VII-5 Sternschaltung mit Zeigerbild der Span- I12


nungen
UL3L2
UL1L2
Nach Bild VII-5 ergeben sich folgende mathemati- UL3L2 UL1L2
schen Zusammenhänge.
I31
Strangspannung U Str = U 1 N = U 2 N = U 3 N (VII.4) I23

Leiterspannung 1-2: UL2L3 UL2L3

U L1L2 = U 1 N − U 2 N = U 1 N ⋅ e − j 90 − U 2 N ⋅ e j 150 Bild VII-7 Dreieckschaltung mit Zeigerbild der


= U Str ⋅ ( 0 , 866 − j 1, 5 ) = 1, 732 ⋅ e − j 60 ⋅ U Str Spannungen
(VII.5)
Leiterspannung 2-3: Nach Bild VII-7 ergeben sich folgende mathemati-
schen Zusammenhänge:
U L2L3 = U 2 N − U 3 N = U 2 N ⋅ e j 150 − U 3 N ⋅ e j 30
Strangstrom I Str = I 12 = I 23 = I 31 (VII.9)
= U Str ⋅ (1, 732 − j 0 ) = 1, 732 ⋅ e − j 180 ⋅ U Str
(VII.6) Leiterstrom 1:
Leiterspannung 3-1: I 1 = I 12 − I 31 = I 12 ⋅ e − j 60 − I 31 ⋅ e j 60
(VII.10)
U L3L1 = U 3 N − U 1 N = U 3 N ⋅ e j 30 − U 1 N ⋅ e − j 90 = I Str ⋅ ( 0 − j 1, 732 ) = 1, 732 ⋅ e − j 90 ⋅ I Str
= U Str ⋅ ( 0 , 866 + j 1, 5 ) = 1, 732 ⋅ e + j 60 ⋅ U Str Leiterstrom 2:
(VII.7) I 2 = I 23 − I 12 = I 23 ⋅ e − j 90 − I 12 ⋅ e − j 60
Strangstrom (VII.11)
I Str = I 1 N = I 2 N = I 3 N = I L1 = I L2 = I L3 (VII.8) = I Str ⋅ ( −1, 5 + j 0 , 866 ) = 1, 732 ⋅ e j 150 ⋅ I Str

Die Leiterströme entsprechen in der symmetrischen Leiterstrom 3:


Sternschaltung den Strangströmen, die Leiterspan- I 3 = I 31 − I 23 = I 31 ⋅ e j 60 − I 23 ⋅ e j 180
nungen einer symmetrischen Sternschaltung betragen (VII.12)
= I Str ⋅ (1, 5 + j 0 , 866 ) = 1, 732 ⋅ e j 30 ⋅ I Str
das 1, 732 = 3 -fache der Strangspannungen.
Für einen symmetrischen Drehstromverbraucher in Strangspannung U Str = U 12 = U 23 = U 31 (VII.13)
Sternschaltung gelten gleiche Bedingungen. Die Leiterspannungen entsprechen in der symmetri-
schen Dreieckschaltung den Strangspannungen; die
2.2 Dreieckschaltung Leiterströme einer symmetrischen Dreieckschaltung
Eine Dreiecksschaltung erhält man, wenn die drei betragen das 1, 732 = 3 -fache der Strangströme.
Generatorspulen in Reihe geschaltet werden (Bild Für einen symmetrischen Drehstromverbraucher in
VII-6). Die in den Spulen induzierte Spannung ist die Dreieckschaltung gelten gleiche Bedingungen.
VII Drehstrom 315

 Beispiel: Gegeben ist ein symmetrischer Verbraucher mit


3 Leistung des Dreiphasenstroms induktiver Last in Dreieckschaltung mit folgenden Werten:
U = 100 V; Z = 300 W ej20. Welchen Wert und Phasenlage haben
In symmetrisch belasteten Dreiphasensystemen sind
die Ströme in den Zuleitungen? Welchen Wert hat die Scheinleis-
die Werte für U, I und ϕ für die drei Stromkreise tung?
(Phasen) gleich. Die Leistung in jedem Strang ist Strangströme:
somit identisch und kann nach den Gleichungen
(VI-156) bis (VI-161) berechnet werden. U L1L2 100 V ⋅ e − j 60
I 12 = = = 0 , 33 A ⋅ e − j 80 = ( 0 , 057 − j 0 , 325 ) A
Z 12 300 W ⋅ e j 20
Strangscheinleistung S Str = U Str ⋅ I Str (VII.14)
U L2L3 100 V ⋅ e j 180
I 23 = = = 0 , 33 A ⋅ e j 160 = ( −0 , 31 + j 0 ,113) A
Strangwirkleistung PStr = U Str ⋅ I Str ⋅ cosj (VII.15) Z 23 300 W ⋅ e j 20

U L3L1 100 V ⋅ e j 60
Strangblindleistung QStr = U Str ⋅ I Str ⋅sinj (VII.16) I 31 = = = 0 , 33 A ⋅ e j 40 = ( 0 , 25 + j 0 , 212 ) A
Z 31 300 W ⋅ e j 20
Die Gesamtleistung des Dreiphasensystems ist die Ströme in der Zuleitung:
Summe der Strangleistungen. I 1 = I 12 − I 31 = 0 , 057 A - j 0,325 A − ( 0 , 25 A + j 0,212 A ) =

Scheinleistung S = 3 ⋅ SStr (VII.17) = −0 ,193 A - j 0 , 537 A = 0 , 57 A e − j 110


I 2 = I 23 − I 12 = −0 , 31 A + j 0,113 A − ( 0 , 057 A - j 0,325 A ) =
Wirkleistung P = 3 ⋅ PStr (VII.18) = −0 , 367 A + j 0 , 438 A = 0 , 57 A e j 130
I 3 = I 31 − I 23 = 0 , 25 A + j 0,212 A − ( − 0 , 31 A + j 0,113 A ) =
Blindleistung Q = 3 ⋅ QStr (VII.19)
= 0 , 56 A + j 0 ,1 A = 0,57 A e j 10
Berechnung der Leistung über die Leiterspannung
Scheinleistung:
und den Leiterstrom:
S = 3 ⋅ U ⋅ I = 3 ⋅ 100 V ⋅ 0 , 57 A = 98, 7 VA ≈ 100 VA
Sternschaltung
UL
S = 3 ⋅ U Str ⋅ I Str = 3 ⋅ ⋅ IL = 3 ⋅U L ⋅ I L (VII.20) 4 Das unsymmetrische Dreiphasen-
3
system
Dreieckschaltung:
IL Nicht bei jedem Verbraucher oder bei jedem Belas-
S = 3 ⋅ U Str ⋅ I Str = 3 ⋅ U L ⋅ = 3 ⋅U L ⋅ I L (VII.21) tungsfall kann gewährleistet werden, daß die Impe-
3 danzen der drei Stränge gleichen Wert oder gleiche
Aus der Übereinstimmung der beiden Gleichungen Phasenlage haben. Tritt ein Ungleichgewicht im Drei-
ergibt sich, daß die Leistung eines Dreiphasensystems phasensystem auf, hat das Verschiebungen im Netz
unabhängig davon berechnet wird, ob eine Stern- zur Folge. Damit diese Verschiebungen, besonders im
oder Dreieckschaltung vorliegt. Niederspannungsnetz, nicht zu große Auswirkungen
Die Wirk- und Blindleistungen im Dreiphasensystem auf die Phasenlage haben, wird das Netz, wenn un-
bei symmetrischer Belastung werden entsprechend gleichmäßige Belastungen zu erwarten sind, nicht als
berechnet. Dreileiternetz, sondern als Vierleiternetz ausgeführt.
Aus Gründen der Vereinfachung werden bei Berech-
nungen die Leiterwerte des Dreiphasensystems ohne 4.1 Das unsymmetrische Dreileiternetz
Indizes geschrieben. Im Dreiphasennetz sind die Leiterspannungen in
Größe und Phasenlage vorgegeben. Treten am Ver-
 Beispiel: Ein symmetrischer Drehstromverbraucher ist im Stern
geschaltet. Bekannt sind U = 100 V und R = 100 W. braucher Unsymmetrien auf, so verschieben sich die
Wie groß sind die Strangströme und die Strangspannungen und
Ströme in den Zuleitungen, ergeben als Summe aber
welche Phasenlage haben sie? Welchen Wert hat die Scheinleis- immer noch Null!
tung? Beim Verbraucher in der Sternschaltung nehmen die
U Str =
U
=
100 V U
= 57 , 7 V ; I = Str =
57 , 7 V
= 0 , 577 A
Strangspannungen einen anderen Winkel und eine
3 3 R 100 Ω andere Größe ein.
Mit den Vorgaben im symmetrischen Drehstromnetz folgt für die
 Beispiel: Gegeben ist ein unsymmetrischer, im Stern geschalteter
Ströme und Spannungen:
Drehstromverbraucher mit folgenden Werten: U = 100 V; R1 =
I 1 = 0 , 577 A e − j 90
; U 1 N = 57 , 7 V e − j 90
; 100 W; R2 = 50 W; R3 = 100 W.
I 2 = 0 , 577 A e j 150 ; U 2 N = 57 , 7 V e j 150 ; Für die Berechnung muß eine Stern-Dreieck-Umwandlung durch-
I 3 = 0 , 577 A e j 60 ; U 3 N = 57 , 7 V e j 60 ; geführt werden.

Scheinleistung: R1 ◊ R 3 + R 3 ◊ R 2 + R 2 ◊ R1
R12 =
R3
S = 3 ⋅ U ⋅ I = 3 ⋅ 100 V ⋅ 0 , 577 A = 100 VA
R1 ◊ R 3 + R 3 ◊ R 2 + R 2 ◊ R1
oder in der komplexen Form R 23 =
R1
S = 3 ⋅ ( U Str ⋅ I * ) = 3 ⋅ 57 , 7 V ⋅ 0 , 577 A ⋅ e j ( ( -90 )−( −90 ) ) R1 ◊ R 3 + R 3 ◊ R 2 + R 2 ◊ R1
Str
R 31 =
= 100 VA ⋅ e j0 R2
316 Grundlagen der Elektrotechnik

Mit Hilfe der Umwandlung können die Dreieckwiderstände be- Ströme in der Dreieckschaltung:
stimmt werden, die den gleichen Leiterstrom erzeugen, wie die
U L1L2 100 V e − j 60
Strangwiderstände der Sternschaltung. I 12 = = = 0, 5 A e − j 60 = 0, 25 A − j 0,433 A
R12 V
200 e j 0
100 W ⋅ 100 W + 100 W ⋅ 50 W + 100 W ⋅ 50 W ⋅ A
R12 = = 200 W
100 W U 100 V e j 180
I 23 = L2L3 = = 0, 5 A e j 180 = −0, 5 A + j 0 A
100 W ⋅ 100 W + 100 W ⋅ 50 W + 100 W ⋅ 50 W ⋅ R23 V
R 23 = = 200 W 200 e j 0
100 W A
100 W ⋅ 100 W + 100 W ⋅ 50 W + 100 W ⋅ 50 W ⋅ U L3L1 100 V e j 60
R 31 = = 400 W I 31 = = = 0, 25 A e j 60 = 0,125 A + j 0,216 A
50 W R31 V
400 e j 0
A
Nun können die Ströme in der Dreieckschaltung berechnet wer-
Ströme in der Zuleitung:
den.
I 1 = I 12 − I 31 = 0 , 25 A - j 0,433 A − ( 0 ,125 A + j 0,216 A ) =
U L1L2 100 V e − j 60
I 12 = = = 0, 5 A e − j 60 = 0, 25 A − j 0,433 A = 0 ,125 A + j 0 , 649 A = 0 , 66 A e j 79
R12 V
200 e j 0
A I 2 = I 23 − I 12 = −0 , 5 A + j 0 A − ( 0 , 25 A − j 0,433 A ) =
U 100 V e j 180 = −0 , 75 A − j 0 , 433 A = 0 , 866 A e j 150
I 23 = L2L3 = = 0, 5 A e j 180 = −0, 5 A + j 0 A
R23 V
200 e j 0 I 3 = I 31 − I 23 = 0 ,125 A + j 0,216 A − ( − 0 , 5 A + j 0 A ) =
A = 0 , 625 A + j 0 , 216 A = 0,66 A e j 19
U 100 V e j 60
I 31 = L3L1 = = 0, 25 A e j 60 = +0,125 A + j 0,216 A
R31 V Scheinleistung:
400 e j 0
A S ges = S 1 + S 2 + S 3 = U L 1 L 2 ⋅ I 12 + U L 2 L 3 ⋅ I 23 + U L 3 L 1 ⋅ I 31 =
Ströme in der Zuleitung: = 100 V ⋅ 0,5 A + 100 V ⋅ 0,5 A + 100 V ⋅ 0,25 A =
= 50 VA + 50 VA + 25 VA = 125 VA
I 1 = I 12 − I 31 = 0 , 25 A - j 0,433 A − ( 0 ,125 A + j 0,216 A ) =
= 0 ,125 A + j 0 , 649 A = 0 , 66 A e j 79

I 2 = I 23 − I 12 = −0 , 5 A + j 0 A − ( 0 , 25 A − j 0,433 A ) =
4.2 Das unsymmetrische Vierleiternetz
= −0 , 75 A − j 0 , 433 A = 0 , 866 A e j 150 Muß in einem Dreiphasensystem mit starken Un-
I 3 = I 31 − I 23 = 0 ,125 A + j 0,216 A − ( − 0 , 5 A + j 0 A ) = symmetrieen gerechnet werden, wird das Vierleiter-
= 0 , 625 A + j 0 , 216 A = 0,66 A e j 19 netz eingesetzt. Beim Vierleiternetz ist der Stern-
punkt des Verbrauchers mit dem Sternpunkt der
Spannungsquelle über einen separaten Leiter (Neu-
tralleiter) verbunden (Bild VII-9). Treten am Ver-
I2 braucher ungleiche Belastungen in den verschiedenen
I12
Phasen auf, wird der Differenzstrom des Systems
I1 I23 über den Neutralleiter zur Spannungsquelle zurückge-
Bild VII-8
leitet.
Zeigerdiagramm der
I31 Neutralleiterstrom I N = I1 + I 2 + I 3 (VII.22)
I3 Ströme gemäß Beispiel

I1
Sind die Ströme in den Zuleitungen bekannt, können die Span-
nungen an den Widerständen der Sternschaltung berechnet wer-
den. UL1N UL1L2
UL3L1 UL1L2
U 1 N = I 1 ⋅ R1 = 0 , 66 A ⋅ e j 79 ⋅ 100 W = 66 V ⋅ e j 79 IN UL1N
UL2N UL3L2
U 2 N = I 2 ⋅ R 2 = 0 , 866 A ⋅ e − j 150 ⋅ 50 W = 43 , 3 V⋅ e − j 150 I2
UL3N UL3N UL2N
U 3 N = I 3 ⋅ R 3 = 0 , 66 A ⋅ e j 19
⋅ 100 W = 66 V ⋅ e j 19 I3 UL2L3
UL2L3
Die Strangspannungen haben bei einer unsymmetrischen Belas-
U 100 V Bild VII-9 Sternschaltung mit Zeigerbild der Span-
tung also nicht mehr den Wert U Str = = = 57 , 7 V, den
3 3 nungen im Vierleiternetz
sie bei einer symmetrischen Belastung aufweisen. Der Sternpunkt
verschiebt sich um einen Wert U0 aus der Ursprungs-
Ist der Widerstand des Neutalleiters sehr klein gegen-
lage.
über dem Widerstand des Verbrauchers, verschiebt
Scheinleistung:
sich beim Vierleiternetz die Sternpunktspannung
S ges = S 1 + S 2 + S 3 = U 1 N ⋅ I 1 + U 2 N ⋅ I 2 + U 3 N ⋅ I 3 nicht; die Strangspannungen bleiben in Phasenlage
= 66 V ⋅ 0 , 66 A + 43, 3 V ⋅ 0 , 866 A + 66 V ⋅ 0 , 66 A und Größe erhalten.
= 43,56 VA + 37 , 5 VA + 43,56 VA = 124,62 VA
 Beispiel: Gegeben ist ein unsymmetrischer, im Stern geschalteter
Drehstromverbraucher mit folgenden Werten: U = 100 V; R1 =
 Beispiel: Gegeben ist ein unsymmetrischer, im Dreieck geschal- 100 W; R2 = 50 W; R3 = 100 W.
teter Drehstromverbraucher mit folgenden Werten: U = 100 V; Unter der Voraussetzung, daß der Widerstand des Neutralleiters
R12 = 200 W; R23 = 200 W; R31 = 400 W. gegen Null geht, folgt:
VII Drehstrom 317

U 100 V Literaturhinweise
U Str = = = 57 , 7 V ;
3 3
Strangströme: [1] Hagmann, G.: Grundlagen der Elektrotechnik:
Aula-Verlag, 2006
U 57 , 7 V ⋅ e − j 90
I 1 = 1N = = 0 , 577 A ⋅ e − j 90 [2] Hering, E.; Martin, R.; Stohrer, M.: Physik für
R 100 W
Ingenieure: Springer, 2002
U 2 N 57 , 7 V ⋅ e j 150 [3] Frohne, H.: Moeller Grundlagen der Elektro-
I2 = = = 1,154 A ⋅ e j 150
R 50 W technik: Teubner, 2005
U 3 N 57 , 7 V ⋅ e j 30 [4] Zastrow, D.: Elektrotechnik: Vieweg, 2006
I3 = = = 0 , 577 A ⋅ e j 30
R 100 W [5] Lindner, H.: Physik für Ingenieure: Fachbuchver-
Der über den Neutralleiter abfließende Strom ergibt sich zu: lag Leipzig im Carl-Hanser-Verlag, 2006
I N = I 1 + I 2 + I 3 = 0 , 577 A ⋅ e − j 90 + 1,154 A ⋅ e j 150 + 0 , 577 A ⋅ e j 30
= ( 0 − j 0 , 577 ) A + ( − 1, 0 + j 0 , 577 ) A + ( 0 , 5 + j 0 , 289 ) A =
= ( − 0 , 5 + j 0 , 289 ) A = 0,577 A ⋅ e j 150

SEITE 318 VAKAT


319

Elektronik
I Leitungsmechanismen bei Halbleitern, pn-Übergang

1 Einführung in die Halbleiterphysik In reinem Silizium gibt nun jedes Si-Atom an vier
Nachbaratome je ein Elektron ab oder nimmt von
Im Periodischen System der Elemente findet man zwi- jedem der vier ein Elektron zur Aufrechterhaltung der
schen den Metallen und den Nichtmetallen Elemente, Elektronenpaarbindung an. In einem reinen Silizium-
die als Halbleiter bezeichnet werden. Es handelt sich kristall sind alle Valenzelektronen fest gebunden, so
hierbei um Materialien mit einer spezifischen Leit- daß keine freien Elektronen zur Verfügung stehen.
fähigkeit, die in dem Bereich zwischen der spezifi- Wird ein solcher Kristall der Einwirkung von Energie
schen Leitfähigkeit von metallischen Leitern und der in Form von Licht und/oder Wärme ausgesetzt, so be-
von Isolatoren liegt. ginnen die Atome zu schwingen (thermische Eigen-
Die wichtigsten Halbleiterwerkstoffe sind das Sili- bewegung). Unter diesen Bedingungen können Va-
zium (Si) und das Germanium (Ge). Selen (Se) wird lenzelektronen aus ihren Bindungen herausspringen
dagegen nur noch zur Herstellung kleinerer Netz- und werden damit zu freien Elektronen, so daß die
gleichrichter verwendet. Leitfähigkeit des Materials größer wird.
Hinzu kommen jedoch noch die intermetallischen An der Stelle, an der ein Valenzelektron aus seiner Bin-
Verbindungen wie Gallium-Arsenid (GaAs), Gal- dung gerissen wurde, fehlt nun jedoch eine negative
lium-Phosphid (GaP) und Indium-Arsenid (InAs). Sie Ladung. Infolge der positiven Ladung der Protonen
werden hauptsächlich zur Herstellung von Fotohalb- im Atom verbleibt dem Atom eine positive Ladung,
leitern und Hallgeneratoren verwendet. die als „Defektelektron“ oder „Loch“ bezeichnet
Silizium und Germanium sind 4wertige Elemente; wird.
also bilden Atome mit vier Valenzelektronen das
Kristallgitter (Tetraeder-Gefüge) von reinem Silizium 4+
und Germanium.

4+ 4+

4+ freies Elektron
4+
4+
Loch

4+
4+
Silizium-Kristall
4+
Silizium-Kristall
Bild I-2 Thermische Paarbildung beziehungsweise
4+ Generation im Teilchen-Modell

Bild I-1 Elektronenpaarbindung bei Silizium Das Entstehen eines freien Elektrons und eines Lo-
ches nach Bild I-2 wird als „thermische Paarbildung“
Bei diesen Elementen werden die Atome durch die oder „Generation“ bezeichnet. Bei andauernder Ener-
Elektronenpaarbindung zusammengehalten. In den giezuführung werden fortlaufend Elektronen frei, die
Atomkoordinationsgittern lagern sich die Atome mit scheinbar ziellos durch den Kristall wandern, bis sie
ihren äußeren Elektronenschalen so aneinander, daß auf ein Loch treffen und dort wieder in einen festen
ihre Bindung über zwei Elektronen erfolgt. Die Ato- Atomverband zurückspringen. Dieser Vorgang wird
me teilen sich die Elektronen der äußersten Schale. „Rekombination“ genannt. Paarbildung und Rekombi-
Diese erhält so nach Bild I-1 den Bau einer Edelgas- nation sind stets im Gleichgewicht. Die Anzahl der
schale (Abschnitt Werkstoffkunde). verfügbaren Ladungsträger hängt aber von der Tempe-
Bei einem störungsfreien Kristallgitteraufbau und ratur ab und wird mit steigender Temperatur größer.
absolutem Temperaturnullpunkt (J0 = – 273 °C = Im Bereich der Raumtemperatur verdoppelt sich in
0 K(elvin) befinden sich alle Atome im Ruhezustand. etwa die Anzahl der Ladungsträgerpaare, wenn eine
Die Leitfähigkeit des Halbleitermaterials ist unter den Temperaturerhöhung um 10 K vorgenommen wird.
genannten Bedingungen gleich Null, und damit ist Diese Erhöhung der Leitfähigkeit mit steigender
das Material ein absoluter Nichtleiter. Temperatur wird allgemein „Eigenleitung“ genannt.
320 Elektronik

Beim Anlegen einer Spannung entsteht im Kristall ein LB


elektrisches Feld, daß die frei gewordenen Elektronen
vom Minuspol zum Pluspol der Spannungsquelle ΔW = 1,1 eV
zieht. Sie springen auf ihrem Weg dahin immer von
einem Loch zum anderen und „fallen hinein“ (rekom-
VB
binieren). Damit wandern die Löcher aber scheinbar
vom Pluspol zum Minuspol der Spannungsquelle. Bild I-3 Generation im Bändermodell
In jedem Halbleitermaterial stehen also zum Ladungs-
transport sowohl Elektronen als auch Löcher zur tungsbandes adäquat gegenüber. Die zur Paarbildung
Verfügung. Diesen bipolaren Leitungsmechanismus notwendige Energie wird Bindungsenergie genannt
gilt es zu nutzen. und entspricht der Breite der verbotenen Zone.
Neben dem Teilchen-Modell gibt es noch das Bän- Bei der bisher besprochenen „Eigenleitung“ hängt die
dermodell, das auf Überlegungen der Quantentheo- Leitfähigkeit, also die Anzahl der freien Ladungs-
rie zurückgeführt wird (siehe Abschnitt Werkstoff- träger (Elektronen und Löcher) nur von der Tempera-
kunde). tur ab.
Danach kann Ladung (Energie) nur in Portionen, also Wie macht man die Leitfähigkeit möglichst tempera-
bestimmten ganzzahligen Vielfachen der Grundla- turunabhängig?
dung e (Elektronenenergie) existieren. In einem Kri-
stall können nach Pauli nur zwei Elektronen dasselbe 4+
Energieniveau haben. Dadurch liegen die Energie-
niveaulinien der Elektronen des Kristalls sehr dicht in
4+
Form von Bändern beieinander. Bei Festkörpern
geben also Bänder die möglichen Energiezustände
der Elektronen an:
1. Die Elektronen können keine beliebigen Energie- 5+
werte im Kristall einnehmen, sondern nur solche, 4+
die innerhalb eines Bandes liegen.
2. Die Elektronen können im Kristall keine Energie-
zustände einnehmen, deren Werte zwischen den
Silizium-Kristall
Bändern, daß heißt, in der verbotenen Zone, lie-
gen. 4+
3. Eine Energiezufuhr kann ein Anheben der Elekt-
ronen auf höhere Energiebänder bewirken, daß Bild I-4 n-Dotierung von Silizium
heißt, die verbotene Zone kann von den Elektro- Die Leitfähigkeit wird fast temperaturunabhängig,
nen übersprungen werden. wenn man Störstellen im Gitter (Bild I-4) durch das
4. Nur in teilweise besetzten Bändern kann eine gezielte Einbringen von Fremdatomen in das Kri-
Elektronenleitung vonstatten gehen. In absolut stallgitter des reinen Halbleitermaterials einbaut.
leeren Bändern sind keine Elektronen vorhanden, Ein derartiger Einbau von Fremdatomen wird als
und in völlig besetzten sind keine erlaubten Ener- Dotieren bezeichet. Zum Dotieren sind Stoffe geeig-
gieniveaus mehr vorhanden. net, die entweder ein Valenzelektron mehr oder ein
5. Bei Energieabgabe springen alle vorher angereg- Valenzelektron weniger besitzen als zum Beispiel
ten Elektronen auf noch freie Plätze in den niede- Silizium.
ren Energiebändern zurück. Die Elemente Phosphor (P), Arsen (As) und Antimon
Werden Elektronen aus dem Valenzband VB in das (Sb) haben fünf Valenzelektronen und damit ein
Leitungsband LB angehoben, so ist die Elektronen- Elektron mehr als Silizium hat.
besetzung des VB nicht mehr komplett. Dieses VB Bringt man Atome dieser Elemente in das Kristall-
mit relativ wenig unbesetzten Elektronenzuständen gitter der Halbleiter, so wird ein Elektron für die
verhält sich nun hinsichtlich der Leitfähigkeit so, als Elektronenpaarbindung im Kristall nicht gebraucht.
wären die entstandenen Lücken positiv geladene Es entsteht ein Elektronenüberschuß im Kristallgitter
Teilchen in einem sonst leeren Band. (Elektronenspender = Donatoren).
Bei den Halbleitern ist deshalb eine n-Leitung durch Wird dagegen mit Bor (B), Aluminium (Al), Gallium
die negativ geladenen Elektronen im Leitungsband (Ga) oder Indium (In) dotiert, entsteht im Kristall ein
und eine p-Leitung durch die positiv geladenen De- Elektronenmangel, weil diese Atome nur über drei
fektelektronen des Valenzbandes zu unterscheiden. Valenzelektronen verfügen. Eine Paarbindung ist
Der „thermischen Paarbildung“ im Teilchenmodell nicht komplett, daß heißt es fehlt eine negative La-
steht also hier nach Bild I-3 die Anhebung eines Va- dung, was bedeutet, daß wir nun nach Bild I-5 Löcher
lenzelektrons durch Temperaturanstieg vom oberen (Defektelektronen) eingebracht haben (Elektronen-
Rand des Valenzbandes zum unteren Rand des Lei- empfänger = Akzeptoren).
I Leitungsmechanismen bei Halbleitern, pn-Übergang 321

4+ zwischen den beiden unterschiedlich dotierten Sili-


ziumschichten infolge ihrer Wärmebewegung) ver-
lagern sich Elektronen aus dem n-Bereich, in dem
4+ sie die Majoritätsträger (Mehrheit) darstellen, in den
p-Bereich und rekombinieren mit den Löchern.
Ebenso diffundieren Defektelektronen (Löcher) aus
dem p-Bereich in den n-Bereich und rekombinieren
3+ mit den Elektronen.
4+
p-dotiert n-dotiert

Silizium-Kristall
4+

Bild I-5 p-Dotierung von Silizium


Antidiffusionsspannung
Diese durch gezielte Verunreinigung bewirkte Leit-
fähigkeit wird Störstellenleitung genannt. Sie ist maß- Bild I-8 pn-Übergang mit Antidiffusionsspannung
gebend für die Leitfähigkeit aller dotierten Halb-
leitermaterialien und ist fast unabhängig von Tempe- Diese Ladungsträger sind nunmehr für den Strom-
raturänderungen. transport verloren. Es bildet sich eine Grenzschicht
Mit Hilfe des Bändermodells läßt sich dieses Phäno- aus, die keine oder nur sehr wenige freie Ladungsträ-
men auch erklären: Durch die Dotierung entstehen ger enthält, die sogenannte Sperrschicht. Infolge der
zusätzliche Energieniveaus, so daß ein Ladungsträ- fehlenden Ladungsträger ist die Leitfähigkeit dieser
gertransport bei äußerst kleiner Energiezufuhr mög- Zone sehr gering.
lich ist. Die Lage der neuen Energieniveaus ist im Da im p-Bereich aufgrund der Dotierung negative
Bild I-6 für n-dotiertes Material und Bild I-7 für Atomrümpfe (Ionen) und im n-Bereich positive
p-dotiertes Material erkennbar. Atomrümpfe im Kristallgitter eingebunden sind, ent-
steht eine Raumladung, also eine Potentialdifferenz
LB und damit ein elektrisches Feld, die eine weitere
+ Diffusion unterbindet und somit die Breite der Sperr-
Donatorniveau schicht begrenzt. Diese Antidiffusionsspannung ist
Donatorion von der Dotierung, vom Grundmaterial und der Tem-
peraturspannung abhängig. Weil diese Spannung, die
VB manchmal auch als Diffusionsspannung bezeichnet
wird, nur unmittelbar an der Sperrschicht auftritt,
n-dotiert
kann sie von außen nicht gemessen werden.
Bild I-6 Energieniveau bei n-dotiertem Silizium
p-dotiert n-dotiert
LB
Akzeptorion
Akzeptorniveau

+ VB Antidiffusionsspannung

p-dotiert
+
Bild I-7 Energieniveau bei p-dotiertem Silizium
U
Wir haben nun n-dotiertes und p-dotiertes Halblei- Bild I-9 pn-Übergang in Sperrichtung
termaterial zur Verfügung und kennen zwei Leitungs-
mechanismen, nämlich n-Leitung und p-Leitung. Legt man nun nach Bild I-9 von außen an den pn-
Übergang eine größere Spannung an, die dieselbe
Polarität wie die Antidiffusionsspannung aufweist,
2 Der pn-Übergang also eine Spannungsquelle mit dem Minus-Pol an den
Fügt man n- und p-dotiertes Halbleitermaterial anein- p-Bereich und dem Plus-Pol an den n-Bereich, so
ander, liegt ein pn-Übergang nach Bild I-8 vor. werden Elektronen in den p-Bereich gepumpt, die
Infolge Diffusion (Verschieben von Ladungsträgern dann ihrerseits mit den Löchern rekombinieren.
322 Elektronik

In den n-Bereich werden zusätzliche Löcher gepumpt p-dotiert n-dotiert


(Elektronen abgesaugt). Die Folge ist eine Auswei-
tung der Sperrschicht, da diese Grenzschicht weiter
an Ladungsträgern verarmt. Der Widerstand der
Sperrschicht wird nahezu unendlich groß.
Polt man nun die Spannungsquelle nach Bild I-10 um
(Plus-Pol an den p-Bereich und den Minus-Pol an den Antidiffusionsspannung
n-Bereich), werden Elektronen in den n-Bereich ein-
gebracht, während Defektelektronen in den p-Bereich
+
verbracht werden. Die Folge ist, daß rekombinierte
Teilchen sofort durch neue ersetzt, die Sperrschicht U
abgebaut und bei genügend großer angelegter Span- Bild I-10 pn-Übergang in Durchlaßrichtung
nung zum Verschwinden gebracht wird. Damit fließt
ein größer werdender Strom durch den pn-Übergang. Ein pn-Übergang ist also ein Bauelement, dessen
Überschreitet die Spannung den Wert der Antidiffu- Widerstand von der Richtung der angelegten Span-
sionsspannung, wird der Durchlaßstrom schnell sehr nung abhängig ist. Man unterscheidet eine Sperrich-
groß. tung und eine Durchlaßrichtung.

II Dioden

1 Kennlinien Legt man an die Kennlinie in Durchlaßrichtung eine


Tangente, wenn die Kennlinie in eine Gerade über-
Aus den Diodenkennlinien nach Bild II-1 lassen sich geht, so schneidet diese Tangente die Spannungs-
Daten für den Einsatz und das Verhalten der einzel- achse bei der Schleusenspannung U(TO).
nen Diodentypen ermitteln. Es gelten folgende Werte:
IF Ge ⇒ U(TO) = 0,2 ... 0,4 V
Si ⇒ U(TO) = 0,5 ... 0,8 V
a b
Der Sperrbereich wird von den Größen Sperrspan-
nung UR und Sperrstrom IR beschrieben (R steht für
Durchlaßbereich
reverse direction, engl.: Rückwärtsrichtung).
UR(BR) Es gelten folgende Werte:
UR U(TO) UF Ge ⇒ IR = 10 ... 500 mA
Si ⇒ IR = 5 ... 500 nA
Im Koordinatenursprung scheint in der Kennlinie ein
a) Silizium Knick zu sein. Bei genauerem Hinsehen findet man als
b) Germanium
Sperrbereich IR Ursache einen Wechsel der Einheitengröße bei Strom
und Spannung. Die Spannung UR(BR) ist hier nach
Bild II-1 Vierquadrantenkennlinie für Silizium- und Bild II-1 die rückwärtige Durchbruchspannung.
Germanium-Dioden Die Durchbruchspannung ist als die Spannung defi-
niert, für die die maximale Feldstärke im pn-Über-
Der Durchlaßbereich wird von den Größen Durch- gang einen kritischen Wert erreicht und der Sperr-
laßspannung UF und Durchlaßstrom IF beschrieben strom sehr plötzlich große Werte annimmt.
(F steht für forward direction, engl.: Vorwärtsrich- Der Strom am pn-Übergang setzt sich aus einem
tung). Löcherinjektionsstrom ins n-Gebiet, einem Elektro-
II Dioden 323

neninjektionsstrom ins p-Gebiet und einem Rekom- Sperr- und Durchlaßverhalten einer Diode sind tem-
binations-Generationsstrom in der Raumladungszone peraturabhängig. Bei einem Anstieg der Sperrschicht-
zusammen. Dieser Strom ist temperaturabhängig. Je temperatur JJ um ca. 10 K bei einer Ge-Diode und ca.
höher die Temperatur wird, um so größer ist die 7 K bei einer Si-Diode verdoppelt sich der Sperr-
Wahrscheinlichkeit, daß die Elektronen große Ge- strom. Die Schleusenspannung verringert sich mit
schwindigkeiten annehmen. zunehmender Sperrschichttemperatur JJ um ca.
Die Temperaturspannung UT ist eine Funktion der 2 mV/K.
Temperatur und läßt sich über den Energieerhaltungs-
satz aus der Wärmelehre ermitteln. Setzt man voraus,
daß die Elektronen, bedingt durch die Temperatur T, Durchlaßkennlinien IF = f (UF)
o o
TU = 25 C ; TU = 100 C
eine bestimmte Energie besitzen, ohne daß eine
BAY 44, BAY 45, BAY 46
elektrische Spannung vorhanden ist, so ist die Tempe- 10
3
raturspannung als eine Spannung erklärbar. IF
mA
k ⋅T
Temperaturspannung U T = (II.1) 10
2
e Mittelwerte
Streuwerte
mit k = 1,3804 ⋅ 10–23
Ws/K (Boltzmannkonstante) und e = 1,602
· 10–19 As (Elementarladung) (für T = 300 K ist UT ≈ 26 mV) 1
10
Tritt nun eine elektrische Feldstärke infolge einer
angelegten Spannung auf, so wird die Bewegung der 0
Elektronen zum positiven Potential gerichtet sein. 10
o
Insgesamt kann der Strom mathematisch wie folgt als TU = 100 C
die Kennlinie einer Diode in Durchlaßrichtung so
–1
beschrieben werden: 10

I = I S ⎧⎨ e U T − 1⎫⎬
U

Diodenkennlinie (II.2) o
⎩ ⎭ 10
–2 25 C

Hierbei ist IS eine Konstante (Sättigungsstrom), die


von der Konstruktion der Diode und verschiedenen –3
Materialparametern abhängt. 10
0 0,2 0,4 0,6 0,8 V 1,0
UF
Sperrkennlinien IR = f (UR)
TU = 25oC ; TU = 100oC BAY 45 Bild II-3 Durchlaßkennlinien einer Diode als f(T)
IR
nA Die Diagramme in Bild II-2 und II-3 zeigen die
Temperaturabhängigkeit der Sperr- beziehungsweise
104 Durchlaßkennlinien für 25 °C und 100 °C.

TU = 100 C
o

103
2 Kenndaten und Grenzwerte
Diodenhersteller geben in den Datenblättern eine
Reihe von Kennwerten an. Diese Kennwerte sind
102 25oC
getrennt nach Grenzdaten und Kenndaten zu bewer-
ten.
Grenzwerte sind solche Werte, die auf keinen Fall
101 überschritten werden dürfen, weil das Bauelement
sonst zerstört werden könnte. Ein einzelner Grenz-
wert darf auch dann nicht überschritten werden, wenn
Mittelwerte andere Grenzwerte nicht voll ausgenutzt sind.
100 Streuwerte Dioden können auf verschiedene Arten elektrisch
überlastet werden; durch einen zu großen Durch-
laßstrom IF, eine zu hohe Sperrspannung UR, eine zu
10–1 große, in ihr umgesetzte Verlustleistung PV oder
0 50 100 150 V
UR durch eine zu hohe Sperrschichttemperatur JJ max.
Die Datenblätter enthalten nach DIN 41782 Strom-
Bild II-2 Sperrkennlinien einer Diode als f(T) und Spannungswerte mit folgenden Bedeutungen:
324 Elektronik

Stoßspitzenspannung URSM, Periodische Spitzensperr- ben. Je größer der Parameter n wird, um so geringer
spannung URRM, Dauergrenzstrom IFAV, Durchlaß- wird der zulässige Strom in Durchlaßrichtung.
strom-Effektivwert IFRMS und Stoßstrom-Grenzwert Hauptsächlich durch die Verlustleistung bei Durch-
IFSM. laßbetrieb entsteht in der Sperrschicht Wärme, durch
Beim Betrieb einer Diode entsteht sowohl in Durch- die sich die Sperrschichttemperatur erhöht. Diese
laßrichtung als auch in Sperrichtung eine Verlustleis- darf die maximale Sperrschichttemperatur JJ max nicht
tung PV in der Diode, wobei bei niedrigen Frequenzen überschreiten, weil der Kristall seine Halbleitereigen-
die Sperrverluste gegenüber den Durchlaßverlusten schaften ansonsten stark verändert und die Diode
vernachlässigbar klein sind. zerstört wird.
Die höchste zulässige Sperrschichttemperatur hängt
Verlustleistung PV = UF ⋅ IF (II.3)
vom Material ab: JJ max ≈ 70° bis 90 °C bei Germani-
Zur Berechnung dieser Verlustleistung muß UF näher umdioden und JJ max ≈ 150° bis 200 °C bei Silizium-
bestimmt werden. Es gilt: dioden.
Besteht die Gefahr, daß die höchstzulässige Sperr-
UF = U(TO) + rF ⋅ IF
schichttemperatur infolge der Verlustleistung und der
Eingesetzt in Gleichung II.3 ergibt sich: Umgebungstemperatur überschritten werden kann, so
muß die Diode „gekühlt“ werden.
PV = (U(TO) + rF ⋅ IF) ⋅ IF = U(TO) ⋅ IF + rF ⋅ IF2 (II.4)
Als Kenndaten werden Eigenschaften der Dioden
Sowohl Spannung als auch Strom sind hier abhängig angegeben, die das Verhalten in bestimmten Arbeits-
von der Zeit f(t). Der 1. Teil der Summe in Gleichung punkten kennzeichnen. Die Kenndaten werden in
II.4 beschreibt den DC-Anteil der Leistung, während dynamische und statische Daten unterteilt.
der 2. Teil der Summe den AC-Anteil darstellt. Statische Kenndaten beschreiben das Gleichstrom-
Damit ergibt sich PV = U(TO) ⋅ IFAV + rF ⋅ I2RMS und verhalten während dynamische Kenndaten über das
wegen IRMS = F ⋅ IFAV mit F ≡ Formfaktor ergibt sich Verhalten bei Wechselstrom- und Impulsbetrieb in-
die formieren.
Der statische Durchlaßwiderstand RF ist der Gleich-
totale Verlustleistung stromwiderstand einer Diode. Er ist nicht konstant,
Ptot ≥ PV = U(TO) ⋅ IFAV + rF (F ⋅ IFAV)2 (II.5) sondern hängt vom gewählten Arbeitspunkt ab.
Oberhalb der Schleusenspannung ist RF sehr klein,
Diese Verlustleistung führt zur Erwärmung des Halb- unterhalb aber bereits relativ groß.
leiterkristalls. Die größte zulässige Verlustleistung Der dynamische Durchlaßwiderstand rF ist der Wech-
wird als totale Verlustleistung Ptot vom Hersteller für selstromwiderstand der Diode. Er läßt sich aus der
bestimmte Temperaturbedingungen angegeben. Stromänderung DIF infolge einer Spannungsänderung
In diesem Zusammenhang muß auch die zulässige DUF für einen bestimmten Arbeitspunkt aus dem
Impulsbelastbarkeit von Dioden gesehen werden. Kennlinienbild ermitteln. Der dynamische Durchlaß-
Wird die Diode mit einer rechteckförmigen Span- widerstand wird mit steigendem Durchlaßstrom
nung betrieben, kann mit dem Diagramm nach kleiner. Sein Wert wird vom Hersteller in den ent-
Bild II-4 gearbeitet werden. Hier ist die Abhängigkeit sprechenden Datenblättern in doppelt-logarithmi-
des zulässigen Stroms IF von der Impulsdauer ti schen Diagrammen, zum Beispiel im Diagramm nach
aufgetragen. Als Parameter wird hier n = ti /T angege- Bild II-5 dargestellt.

Zulässige Impulsbelastbarkeit
IF = f (t i);n = Parameter, TU = 25 °C
BAY 44, BAY 45, BAY 46
IF 102
A n=0 ti
0,005 ti
n= IF
101 0,01 T
T
0,02

100
0,05 0,1 0,2
Bild II-4
10 –1 Zulässige Impulsbelastbarkeit
10–5 10–4 10–3 10–2 10–1 100 101 s
ti
II Dioden 325

Dynamischer Durchlaßwiderstand rF Diodenkapazität


rF = f (IF); Meßfrequenz f = 1 MHz C = f (UR) BAY 44, BAY 45, BAY 46
BAY 44, BAY 45, BAY 46
104 10
C
rF Ω
pF

103

102
5 BAY 44
BAY 45
BAY 46

101

100
10–2 10–1 100 101 mA 102
IF

Bild II-5 Dynamischer Durchlaßwiderstand rF 0


10–1 100 101 V 102
einer Diode
UR

dynamischer Durchlaßwiderstand Bild II-6 Dioden-Kapazität als Funktion


der Sperrspannung
DU F
rF = (II.6)
DI F Die Sperrschicht ist abgebaut, wenn eine Diode in
Durchlaßrichtung betrieben wird. Nun befinden sich
Der statische Sperrwiderstand RR ist im gesamten
zahlreiche Ladungsträger im Bereich der Grenz-
zulässigen Sperrbereich sehr groß. Er ändert sich
schicht zwischen dem p- und n-Material. Bei schlag-
auch nur relativ wenig in Abhängigkeit von der
artigem Umpolen der äußeren Spannung (Übergang
Sperrspannung. Wird jedoch die höchstzulässige
vom Durchlaß- in den Sperrbetrieb) kann eine Sperr-
Spitzensperrspannung URSM überschritten, so wird der
wirkung des pn-Überganges erst dann entstehen,
Sperrwiderstand plötzlich sehr klein. Eine normale
wenn alle Ladungsträger aus der Grenzschicht abge-
Diode ist dann nicht mehr funktionsfähig.
flossen sind (Träger-Staueffekt, TSE).
Die Sperrschicht, die sich zwischen dem p-dotierten
und dem n-dotierten Material ausbildet, wirkt als IF
Isolator wie ein Dielektrikum, an das sich auf beiden
Seiten ein gut leitendes Material anschließt. Jede tr r
Diode besitzt daher auch ohne angelegte Spannung
eine Sperrschichtkapazität. Sie wird nach Bild II-6
mit zunehmender Sperrspannung kleiner, weil die
Breite der Sperrschicht größer wird. Aus der Sperr- IR t
schichtkapazität und der zwischen den Anschlüssen
der Diode und dem Gehäuse auftretenden Kapazität
ergibt sich die Diodenkapazität CD. I RM
Obwohl diese Diodenkapazität einen relativ kleinen Bild II-7
Wert hat, kann sie beim Diodeneinsatz sehr störend IR Sperrverzögerungszeit trr
wirken. So bildet eine Diode mit einem Vorwider-
stand ein RC-Glied, das eine bestimmte Zeitkonstante Die Zeit, die das Ausräumen der Ladungsträger aus
hat. Bei Betrieb mit einer Wechselspannung sehr der Grenzschicht erfordert, wird Sperrverzögerungs-
hoher Frequenz wirkt das RC-Glied als Tiefpaß, bei zeit trr (reverse recovery time) oder Rückwärtserhol-
Impulsbetrieb als Integrierglied, durch das eine Im- zeit trr genannt. Bild II-7 zeigt den Zusammenhang
pulsverformung auftritt. zwischen dem maximal auftretenden Sperrstrom IRM
Beim Einsatz in der Digitaltechnik müssen also Di- und der Dauer des fließenden Sperrstroms, bis dieser
oden mit sehr kleiner Diodenkapazität ausgewählt auf ca. 10% von IRM abgesunken ist, bei der die
werden. Sperrverzögerungszeit endet.
326 Elektronik

Die Sperrverzögerungszeit soll aus mehreren Grün- Der gesamte Wärmerwidestand Rth JU zwischen Sperr-
den möglichst klein sein. So kann unmittelbar nach schicht und Umgebungsluft ist nun wegen der großen
dem Umschalten vom Durchlaß- in den Sperrbereich Oberfläche kleiner als der Wärmewiderstand Rth JU,
bereits eine hohe Sperrspannung UR anliegen, wäh- der für das Halbleiterbauelement ohne Kühlkörper
rend noch für eine gewisse Zeit ein relativ großer gilt. Je kleiner der Wärmewiderstand ist, um so grö-
Ausräumstrom IR fließt. Kurzzeitig ergibt sich da- ßere Wärmemengen können von der Sperrschicht
durch eine hohe Verlustleistung, durch die die Diode abgeführt werden. Die Wärmespeicherung kann
zerstört werden kann. Eine TSE-Beschaltung (RC- durch entsprechende Ersatzschaltbilder (zum Beispiel
Reihenglied parallel zur Diode) mindert diesen „Kondensator“) dargestellt und berechnet werden.
Effekt. Zulässige Verlustleistung
Weiterhin bestimmt die Sperrverzögerungszeit aber
auch die höchste Frequenz, die mit der betreffenden JJ − JU
PV = (II.8)
Diode noch gleichgerichtet werden kann. Eine Rth JG + Rth GK + Rth K
Gleichrichtung ist nur möglich, wenn die Dauer der
zu sperrenden Halbwelle größer als die Sperrverzöge- Der Wärmewiderstand Rth K eines Kühlkörpers ist
rungszeit ist. aber nicht nur von der Größe der Oberfläche, sondern
Bei Betrieb einer Diode (aber auch aller anderen auch vom Material abhängig. Diese Materialabhän-
Halbleiterbauelemente) wird die in der (oder den) gigkeit wird meistens in einem Diagramm angegeben.
Sperrschicht(en) auftretende Verlustleistung PV in Heute werden in zunehmendem Umfang Rippenkühl-
Wärme umgewandelt. Diese Wärme muß über das körper verwendet. Sie werden hauptsächlich aus einer
den Kristall umschließende Gehäuse aus Metall, Aluminiumlegierung gefertigt.
Kunststoff oder Glas an die Umgebungsluft abgeführt Zwischen dem Gehäuse des Bauelementes und dem
werden. Kühlkörper soll ein sehr enger Kontakt bestehen,
Aufgrund der thermischen Gesetze geschieht dieses damit der Wärmewiderstand Rth GK möglichst klein
in dem Maße, je größer die Temperaturdifferenz zwi- wird. Dies läßt sich mit einer Wärmeleitpaste, zum
schen Sperrschicht und Umgebungsluft ist und je Beispiel Siliconfett erreichen.
besser die Ableitung der erzeugten Wärme erfolgen
kann. 3 Kennzeichnung
Wie gut die Wärme von der Sperrschicht (J = junc-
tion) durch das Material an die Luft (U = Umgebung,
von Halbleiter-Bauelementen
auch A für engl. = ambient) abgeführt werden kann, Die Typenbezeichnung setzt sich nach „Pro Electron“
wird durch den Wärmewiderstand Rth JU beschrieben, aus zwei (für Typen, die vorwiegend in Rundfunk-,
wobei der Index „th“ den thermischen Widerstand Fernseh- und Magnettongeräten verwendet werden)
beschreibt. oder drei (Typen für kommerzielle Zwecke, bezie-
Den mathematischen Zusammenhang beziehungswei- hungsweise Industrietypen) Buchstaben und einer
se die Definition des Wärmewiderstandes kann man Zahlenkombination zusammen. Bei amerikanischen
leicht formulieren. Herstellern ist die Bezeichnung 1N... für Dioden und
JJ − JU 2N ... für Transistoren üblich, wobei die Zahl vor
Wärmewiderstand Rth JU = (II.7) dem „N“ die Anzahl der internen pn-Übergänge
PV kennzeichnet. Hier ist das Ausgangsmaterial der
Bei Dioden mit Verlustleistungen PV < 1 W genügt Bauelemente nicht erkennbar. Die nachfolgende drei-
meist die Wärmeableitung über die Oberfläche des oder vierstellige Zahl ist eine Registriernummer ohne
Gehäuses. Der Wärmewiderstand umfaßt den Weg besondere technische Aussage.
von der Sperrschicht über das Gehäuse an die Umge- Das folgende Schema zeigt die Kennzeichnung von
bungsluft. Bei Verlustleistungen PV > 1 W reicht die Halbleiter-Bauelementen der Firma Siemens und
Wärmeableitung über das Gehäuse allein nicht mehr anderer Firmen. Darin bedeuten:
aus, weil die Oberfläche des Gehäuses zu klein ist. 1. Buchstabe (Ausgangsmaterial):
Um die abstrahlende Oberfläche zu vergrößern, wird A Germanium; B Silizium; C Material mit einem
die Diode auf einen zusätzlichen Kühlkörper gesetzt. Energieabstand von mehr als 1,3 eV, zum Beispiel
Hierfür eignen sich Metalle, die eine gute Wärmeleit- Gallium – Arsenid; D Material mit einem Energieab-
fähigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht haben. stand von weniger als 0,6 eV, zum Beispiel Indium-
Werden Dioden mit einem zusätzlichen Kühlkörper Antimonid; R Halbleiter-Material für Photoleiter und
betrieben, so setzt sich der Wärmewiderstand Rth JU Hallgeneratoren
aus einer Reihenschaltung der drei Teilwiderstände 2. Buchstabe (Verwendungszweck):
→ Rth JG (Wärmewiderstand Sperrschicht – Gehäuse), A Allgemeine Kleinsignalgleichrichtung, Schaltdio-
Rth GK (Wärmewiderstand Gehäuse – Kühlkörper) und de; B Kapazitätsdiode; C NF-Transistor; D NF-
Rth K (Wärmewiderstand des Kühlkörpers) zusammen. Leistungstransistor; E Tunneldiode; F HF-Transistor;
→ Rth JU = Rth JG + Rth GK + Rth K G Oszillatordiode für HF-Anwendung, auch Multi-
II Dioden 327

chips; H Diode, die auf ein Magnetfeld anspricht, Alle mit den Vorgängen im Halbleitermaterial zu-
Hall-Feldsonde; L HF-Leistungstransistor; N Opto- sammenhängenden elektrischen Eigenschaften sind
koppler; P Fotodiode, Fotoelement (strahlungsemp- durch geeignete Wahl der Konzentration der Fremd-
findliches Bauelement); Q Leuchtdiode (strahlungs- atome (Donatoren beziehungsweise Akzeptoren)
erzeugendes Bauelement); R Elektrisch ausgelöste beiderseits des pn-Überganges, durch Wahl der Dicke
Steuer- oder Schaltbauteile mit Durchbruchcharakte- von p- und n-Bereich, durch Wahl der Kristallfläche
ristik; S Schalttransistor; T Elektrisch oder mittels und durch das Herstellungsverfahren in weiten Gren-
Licht ausgelöste Steuer- oder Schaltbauteile mit zen beeinflußbar. In der Art, wie die gewünschten
Durchbruchcharakteristik; U Leistungs-Schalttransi- Konzentrationen von Donatoren und Akzeptoren in
stor; X Verfielfacherdiode; Y Leistungsdiode; Z das Grundmaterial Silizium eingebracht werden,
Z-Diode, Referenzdiode unterscheiden sich die möglichen grundsätzlichen
Der 3. Buchstabe (nur X, Y und Z) kennzeichnet Herstellungsverfahren.
kommerzielle Typen. Beim Legierungsverfahren nach Bild II-8 wird eine
kleine Aluminium- oder Indiumkugel (-draht) auf
eine n-dotierte Siliziumscheibe gebracht. Beides zu-
4 Diodenarten sammen wird soweit erhitzt, bis sich ein kleiner
Dioden unterscheidet man zweckmäßigerweise nach geschmolzener Al-Si-Bereich bildet, der nach dem
ihrer Anwendung voneinander. Die bisher beschrie- Abkühlen eine p-leitende Zone bildet. Das Restalu-
benen Grenz- und Kenndaten werden hierbei je nach minium bildet den Kontakt der p-Zone. Die genaue
Ausprägung der Dioden und der beabsichtigten An- Lage, die Fläche und die Eindringtiefe des entstande-
wendung als Vor- oder Nachteile angesehen und nen pn-Überganges sind nur schwer exakt zu steuern.
zielgerichtet verwendet. Die folgenden Diodenarten Das Legierungsverfahren wird deshalb nur noch in
stellen nur eine willkürliche Auswahl dar. Sonderfällen eingesetzt.

Tabelle II-1 Diodenarten und Anwendungsbereiche

Art Schaltzeichen Anwendungsbereich

Silizium- Universaldiode zur Gleichrichtung von Spannungen und


Flächendiode Strömen in der Elektrotechnik, Elektronik und Meßtechnik

Silizium- Gleichrichten von Strömen und Spannungen in der Leistungs-


Gleichrichterzelle elektronik

Germanium- Gleichrichten von kleinen Wechselspannungen und -strömen


Spitzendiode bis zu hoher Frequenz.
Anwendung als schnelle Schaltdiode in der Digitalelektronik

Schottky-Diode Gleichrichten von kleinen Wechselspannungen und -strömen


bis zu extrem hoher Frequenz. Anwendung als sehr schnelle
Schaltdiode. Bestandteil monolithischer integrierter Schal-
tungen in der Digitalelektronik

Backwarddiode Gleichrichten extrem kleiner Wechselspannungen bei hoher


Frequenz

Tunneldiode Schwingungserzeugung im Mikrowellenbereich. Schnelle


Schaltdiode in der Digitalelektronik

Kapazitätsdiode Abstimmung von Schwingkreisen, automatische Nachstimm-


schaltungen, Modulationsschaltungen, Mischer und Frequenz-
vervielfacher

Z-Diode Begrenzen von Spannungen, Spannungs-Referenzelement in


der Meßtechnik, Schaltungen zur Spannungsneubildung

Magnetdiode Magnetfeldabhängige Steuerungen


M

Suppressor-Diode Begrenzen von Überspannungsspitzen im gesamten Bereich


der Elektronik
328 Elektronik

Al (flüssig) tierte Si-Scheibe durch chemische Reaktion bei der


p-Si
Al Al Entstehung abgeschieden. Die weiteren Schritte ent-
n-Si n-Si n-Si sprechen dem oben beschriebenen Planar-Diffu-
Legierung sionsverfahren.
bei T = 600 °C ohmscher Kontakt
3-wertiges
Bild II-8 Prinzip des Legierungsverfahrens Epitaxie- Material ohmscher Al
schicht SiO2 SiO2
Kontakt
Das Festkörper-Diffusionsverfahren erlaubt eine we- n-Si n-Si n-Si
sentlich bessere Kontrolle der Eindringtiefe des pn- n-Si+ n-Si+ n-Si+
Überganges. Bei diesem Verfahren werden nach Bild
Substrat Diffusion bei p-Si ohmscher
II-9 einkristalline n-dotierte Si-Scheiben bei hohen T = 900 ... 1200 °C Kontakt
Temperaturen einer Dotierstoff enthaltenen Atmo-
sphäre ausgesetzt. Die Fremdatome diffundieren in Bild II-11 Epitaxie-Planar-Diffusionsverfahren
das n-Silizium, wobei sich durch geeignete Wahl von
Temperatur und Zeit die Eindringtiefe sehr genau Diese grundsätzlichen Herstellungsverfahren können
einstellen läßt. Die Fläche des für eine einzelne Diode natürlich auch für die Fertigung von Transistoren und
benutzten pn-Überganges wird hierdurch jedoch nicht anderen HL-Bauelementen angewendet werden. Zur
bestimmt. Diese muß durch Zerkleinern in Einzelkris- Herstellung von Feldeffekttransistoren und integrier-
talle gewünschter Größe erfolgen. Der dann seitlich ten Schaltkreisen wird neuerdings die Ionenimplanta-
freiliegende pn-Übergang muß zusätzlich geätzt und tion angewendet. Bei diesem Verfahren werden die
abgedeckt werden. Dotierungsatome in einem elektrischen Feld ionisiert
und mit hoher Geschwindigkeit in das Grundmaterial
3-wertiges Material p-Si ohmscher
p-Si Al „geschossen“. Da sich hierbei die Eindringtiefe sehr
Kontakt
genau steuern läßt, sind die pn-Übergänge sehr scharf
n-Si n-Si n-Si abgegrenzt, so daß unerwünschte Kapazitäten klein
Diffusion bei ohmscher gehalten werden können. Auch die Größe des einzel-
T = 900 ... 1300 °C Kontakt nen Transistorsystems kann verringert werden, was
Bild II-9 Prinzip des Diffusionsverfahrens die Integrationsdichte von ICs erhöht.

Durch das Planarverfahren ist eine wesentlich bessere 4.1 Kapazitätsdioden


Kontrolle der Geometrie von pn-Übergängen mög-
Bei den Kapazitätsdioden wird die Sperrschichtka-
lich. Bei diesem Verfahren wird nach Bild II-10 auf
pazität und die Abhängigkeit ihrer Größe von der
der einkristallinen n-dotierten Si-Scheibe bei hohen
anliegenden Sperrspannung als gewünschte spezielle
Temperaturen durch Sauerstoffzufuhr eine SiO2-
Eigenschaft benutzt. Die in Sperrichtung betriebene
Schicht aufgebracht, durch die quasi keine Fremd-
Kapazitätsdiode kann mit einem Plattenkondensator
atome eindringen können. Durch einen photolitho-
verglichen werden. Die Breite der Sperrschicht, daß
graphischen Prozeß wird in diese SiO2-Schicht ein
heißt hier der Plattenabstand, kann durch die Größe
Fenster eingefügt, das einer Dotierstoff enthaltenen
der Sperrspannung variiert werden. So wird mit zu-
Atmosphäre ausgesetzt wird. Die Fremdatome dif-
nehmender Sperrspannung die Breite der Sperrschicht
fundieren an dieser Stelle in das n-Silizium. So läßt
größer und damit die Sperrschichtkapazität Cj kleiner.
sich durch geeignete Wahl von Temperatur und Zeit
Um eine starke Spannungsabhängigkeit der Sperr-
die Eindringtiefe und die Fläche des für eine einzelne
schichtkapazität zu erreichen, bildet man hyper-
Diode benutzten pn-Überganges sehr genau einstel-
abrupte pn-Übergänge. Die Diffusionstechnik macht
len.
es möglich, Siliziumdioden mit eng tolerierter und
3-wertiges ohmscher recht verlustfreier Sperrschichtkapazität herzustellen.
O2 Material Kontakt
SiO2 SiO2 Al
n-Si n-Si n-Si n-Si rs
p-Si rs
Oxydation bei Diffusion bei ohmscher Cs
Ls
T = 900 ... 1200 °C T = 900 ... 1200 °C Al Kontakt Ls Bild II-12
Cj rj
Bild II-10 Planar-Diffusionsverfahren Cj Ersatzschaltungen von
Kapazitätsdioden
Hinsichtlich der inneren Verluste bringt das Epitaxie-
Verfahren nach Bild II-11 eine weitere Verbesserung Bei den Kenndaten ist die Nennkapazität von wesent-
gegenüber dem einfachen Planar-Diffussionsverfah- licher Bedeutung. Sie wird in den Datenblättern stets
ren mit sich. Hierbei wird auf der niederohmigen für bestimmte Sperrspannungen angegeben und wird
einkristallinen n-dotierten Si-Scheibe epitaktisch eine nicht nur durch die Sperrschichtkapazität Cj gebildet.
ebenfalls, allerdings hochohmige, einkristalline n-do- Die Sperrschicht bildet keinen idealen kapazitiven
II Dioden 329

Blindwiderstand, sondern ist im Zusammenhang mit Bild II-14 a


den anderen Anteilen der Diode in den Ersatzzschal- Diode als
RL URL
tungen nach Bild II-12 zu betrachten. Neben der elektronischer
Kapazität Cj ist auch die Güte Q einer Kapazitäts- Schalter
UB
diode beim praktischen Einsatz von Bedeutung, da
Kapazitätsdioden für den Einsatz in HF-Schwing-
kreisen vorgesehen sind. Unter Vernachlässigung V1 UF
der Serieninduktivität LS läßt sich die Güte nach
Bild II-12 definieren.
1
Güte Q = (II.9)
1 Bild II-14 b
wC j ⋅ rs +
wC j ⋅ r j RL –URL
Gleichung II.9 läßt erkennen, daß die Güte frequenz-
abhängig ist. Die Serieninduktivität (bedingt durch –U B
die Anschlußdrähte) ist bei hohen Frequenzen nicht
vernachlässigbar. Die meisten Anwendungen ermög- V1 –UR
lichen die Verwendung eines Ersatzschaltbildes nach
Bild II-12b. Hierbei kann der Sperrschichtwiderstand
rj und die Anschlußkapazität Cs vernachlässigt wer-
den. In den Datenblättern der Hersteller wird die nutzt werden. Der Schaltzustand der Diode als Schal-
Abhängigkeit der Güte von der Frequenz in Dia- ter hängt also von der Polarität der angelegten Be-
grammen dargestellt, desgleichen die Temperatur- triebsspannung UB in der Schaltung nach Bild II-14a
und Sperrspannungsabhängigkeit der ausnutzbaren und II-14b ab. Wird der Lastwiderstand RL als Wider-
Kapazität. standsgerade in das Kennlinienfeld einer Diode nach
Wegen ihrer relativ kleinen Kapazitäten werden Kapa- Bild II-15 eingetragen und eine Rechteckspannung
zitätsdioden überwiegend als Schwingkreiskapazitä- UB mit positiven und negativen Amplituden verwen-
ten in der Hochfrequenztechnik eingesetzt. Sie haben det, so können die jeweils auftretenden Spannungen
in Radio- und Fernsehgeräten den früher üblichen und Ströme in den beiden sich einstellenden Arbeits-
mechanischen Drehkondensator weitgehend ver- punkten AP abgelesen und die zugehörigen Leistun-
drängt. gen ermittelt werden.
CS IF
RV Bild II-13 UB mA
L
Prinzipschal- UB Durchlaßbereich
CP tung einer t R
CD USt
Nachstimm- IF AP
schaltung

Die Kapazität der Kapazitätsdiode ist in den Nach- UR UBR


UB
stimmschaltungen nach Bild II-13 meistens nur eine UB U
UR AP IR UF UR F
Teilkapazität. Durch Ansteuern mit einer verän-
derbaren Gleichspannung Ust wird die Sperrschicht- UB
kapazität und damit auch die Resonanzfrequenz des R Bild II-15
Schwingkreises verändert (siehe Abschnitt Nachrich- Kennlinienfeld
tentechnik). Sperrbereich einer Diode mit
Arbeitsgerade und
4.2 Schalterdioden IR Arbeitspunkten
mA
In einem Stromkreis muß ein Schalter in der Stellung
„Geschlossen“ einen möglichst kleinen Widerstand
(idealer Wert R = 0 W) und in der Stellung „Offen“ Die Schnittpunkte der Durchlaß- und Sperrkennlinien
einen möglichst großen Widerstand (idealer Wert R = mit den Widerstandsgeraden ergeben die sich einstel-
∞ W) haben. Mit mechanischen Schaltern lassen sich lenden Arbeitspunkte bei leitender Diode (Schalter
die idealen Werte weitgehend erreichen, bei elektro- geschlossen) und gesperrter Diode (Schalter offen).
nischen Schaltern jedoch nur näherungsweise. Diodenschalter
Die Diode stellt einen elektronischen Schalter dar, UB = IF ⋅ RL + UF (Schalter geschlossen)
wenn ihr kleiner Durchlaßwiderstand RF und ihr
großer Sperrwiderstand RR als Schalterzustand be- UB = IR ⋅ RL + UR (Schalter offen)
330 Elektronik

Beim Arbeitspunkt in Durchlaßrichtung fällt an der etwa 5 A bezeichnet. Der Bereich der Leistungsgleich-
Diode die Durchlaßspannung UFA ab, während am richterdioden erstreckt sich von etwa 5 A bis 2000 A.
Widerstand die Spannung (UB – UFA) abfällt. Durch Die Durchbruchspannung UR(BR) eines normalen pn-
beide Bauelemente fließt der Strom IFA (Durchlaß- Überganges liegt für sinnvolle Störstellenkonzen-
strom im Arbeitspunkt). Da auch in Sperrichtung ein tration von ca. 1016 cm–3 in der Größenordnung von
geringer Strom (Sättigungsstrom, Reststrom) fließt, einigen 10 V. Das reicht für Netzgleichrichter (mög-
fällt auch am Widerstand in Sperrichtung eine mini- liche Sperrspannungen bei einem 230 V-Netz liegen
male Spannung ab. bei 650 V) nicht aus.
Wichtige Grenzdaten: maximale Sperrspannung Deshalb sind für solche Gleichrichterdioden andere
URRM; maximaler Durchlaßstrom IFAVM; maximale Konstruktionen notwendig und zwar die pin-Struktur
Sperrschichttemperatur JJ max; maximale Verlustleis- nach Bild II-16. Hierbei befindet sich zwischen zwei
tung Ptot; minimale Sperrverzögerungszeit trr min hochdotierten p- und n-Gebieten noch eine eigenlei-
tende Schicht (i-Gebiet) oder eine schwach n- bezie-
Schaltleistung PS = I F2 ⋅ R L ≤ I FAVM
2
⋅ RL (II.10)
hungsweise p-leitende Schicht. Diese Zwischen-
Die Schaltleistung PS, die mit einer Diode geschaltet schicht nimmt nun die gesamte Sperrspannung auf.
werden kann, ist wesentlich größer als die zulässige
Verlustleistung der Diode. Sie hängt praktisch nur p+ n+
von der Betriebsspannung ab.

4.3 Schottky-Dioden i

Unter bestimmten Bedingungen stellt sich eine


Gleichrichterwirkung auch zwischen einer n-dotierten
Siliziumschicht und einer aufliegenden Metallelekt-
Bild II-16 Schematische Darstellung einer pin-Diode
rode ein. Dieser Effekt wurde nach seinem Entdecker
„Schottky-Effekt“ benannt. Weil die Elektronen im n-
Bei einer pin-Diode ist die Feldstärke über die gesam-
Silizium einen höheren Energiezustand haben als die
te i-Schicht konstant. Damit ist die Sperrspannung UR
Elektronen im Metall, wandern Elektronen aus dem
proportional zur Dicke di der i-Schicht. Reine i-
n-Silizium in das Metall. Dadurch entsteht in der
Schichten sind in der Praxis nicht erreichbar, denn
Grenzschicht eine Raumladungszone.
hier dürften absolut keine Störstellen enthalten sein.
In Durchlaßrichtung erreichen die frei beweglichen
Leistungsgleichrichter werden deshalb als p+nn+-
Elektronen des Siliziums eine so hohe Energie, daß
Diode oder p+pn+-Diode realisiert.
sie aus der n-Zone in das Metall hineinwandern. Die
Die Durchbruchspannung UR(BR) von p+nn+-Dioden in
frei beweglichen Elektronen des Metalls können da-
Abhängigkeit von der Dotierung und der Dicke dn des
gegen bei Raumtemperatur das Metall nicht verlassen.
n-dotierten Mittelgebietes zeigt das Diagramm nach
Daher kann auch nach Umpolen der angelegten Span-
Bild II-17. Heute werden Leistungsgleichrichter
nung kein Elektronenfluß in dem Silizium-Kristall zu-
dioden mit Durchbruchspannung in der Größe von
standekommen. Der Übergang vom Sperr- in den
4800 V hergestellt.
Durchlaßzustand und umgekehrt erfolgt sehr schnell,
da es praktisch keine Sperrschichtkapazität gibt, die
von Ladungsträgern geräumt werden muß. Die Schalt- UBR
zeiten von Schottky-Dioden sind daher sehr klein. V
Darum werden Schottky-Dioden als integrierte Bau-
elemente in integrierten Schaltkreisen der Digital-
elektronik (zum Beispiel Schottky-TTL in 74LSxx- 3000
dn = 100 μm
Bausteinen) verwendet.
Schottky-Dioden werden auch als „Hot-Carrier- 1000
dn = 30 μm
Dioden“ (engl. = heiße Ladungsträger-Diode) be-
zeichnet aufgrund des höheren Energiezustandes der 300
dn = 10 μm
Elektronen im Silizium im Vergleich zum Metall.
Wichtige Kennwerte: Einschaltverzögerungszeit ttr ≈ 100
50 ps; Ausschaltverzögerungszeit trr ≈ 100 ps; Dioden- 1
kapazität CD ≈ 10 pF; Sperrstrom IR ≈ 5 mA 30 N
cm3
10
4.4 Gleichrichter-Dioden 10–17 10–16 10–15 10–14
Gleichrichterdioden lassen sich in Klein- und Lei-
stungsgleichrichterdioden unterteilen. Als Kleingleich- Bild II-17 Durchbruchspannung in Abhängigkeit
richterdioden werden in der Regel Dioden mit höchst- von der Dotierung und der Dicke des Mit-
zulässigen Durchlaßströmen von einigen mA bis zu telgebietes
II Dioden 331

4.5 Z-Dioden höhung eine verstärkte Feldemission bewirkt. Bei


Z-Dioden mit UZ > 6 V wird mit zunehmender Tem-
Wird bei einer Si-Diode die Sperrspannung über den
peratur die freie Weglänge der Ladungsträger kleiner.
Wert URRM hinaus erhöht, steigt der Strom nach dem
Um den gleichen Durchbruchstrom aufgrund des
Überschreiten der Durchbruchspannung UR(BR) plötz-
Lawineneffekts zu erzielen, sind bei größeren Tempe-
lich sehr stark an. Dioden, die in Sperrichtung einen
raturen größere Sperrspannungen notwendig. Diese
sehr scharf einsetzenden, steilen Stromanstieg nach
Z-Dioden haben einen positiven Temperaturkoeffi-
Bild II-18 besitzen, werden Z-Dioden genannt. We-
zienten a. Bei positiven Temperaturkoeffizienten ver-
gen ihrer charakteristischen Kennlinie im Sperr-
schiebt sich die Kennlinie zu höheren Z-Spannungen.
bereich (Bereich der Durchbruchspannung) kann
Der höchstzulässige Sperrstrom IZ max ergibt sich nach
die Z-Diode zur Stabilisierung oder Begrenzung von
Bild II-18 als Schnittpunkt der Leistungshyperbel Ptot
Gleichspannungen benutzt werden. Bei den Z-Dioden
mit der Sperrkennlinie der Z-Diode. Z-Dioden wer-
überlagern sich im Bereich der Durchbruchspannun-
den in einem Arbeitsbereich betrieben, der zwischen
gen zwei unterschiedliche physikalische Effekte.
dem Stromwert IZ max und einem Wert IZ liegt, der
So tritt bei Z-Dioden mit einer Z-Spannung von UZ
unmittelbar hinter dem scharfen Kennlinienbereich
< 5 V eine innere Feldemission auf, die als Zener-
ist. Lieferbar sind Z-Dioden mit Z-Spannungen UZO
Effekt bezeichnet wird. Ein Durchbruch aufgrund des
zwischen 2,4 V und einigen 100 V. Da ihr Arbeits-
punkt immer im Bereich der Durchbruchspannung
UR UZ0 liegt, muß zur Strombegrenzung unbedingt ein Vor-
widerstand RV nach Bild II-19 verwendet werden.
IZ0
RV IV
Ptot IZ
UE V1 UA Bild II-19
IZmax Z-Diode mit
Vorwiderstand

Wichtig ist der differentielle Widerstand rZ der Diode,


IR der die Steilheit der Arbeitskennlinie beschreibt. Je
kleiner dieser Widerstand ist, um so geringer ist die
Bild II-18 Charakteristische Kennlinie einer Spannungsänderung bei einer bestimmten Stromände-
Z-Diode mit Arbeitsbereich rung. Der differentielle Widerstand rZ liefert also eine
Aussage über den Stabilisierungsgrad der
Zener-Effektes erfolgt, weil beim Überschreiten einer Z-Diode. Er ist nicht völlig konstant, sondern hängt
bestimmten Feldstärke beim Silizium Elektronen aus von der Temperatur, dem Z-Strom und der Z-Span-
dem Gitterverband herausgelöst werden. Die dabei nung nach Bild II-20 ab.
freiwerdenden Elektronen und Löcher erhöhen die
Differentieller Widerstand
Anzahl der freien Ladungsträger und damit die Leit-
rZ = f (UZ)
fähigkeit der Diode. Dadurch steigt der Sperrstrom IZ 1000
stark an.
rZ
Bei Z-Dioden mit etwa UZ > 6 V erfolgt dagegen der
Ω Tj = 25 °C
Durchbruch aufgrund des Lawineneffektes (engl.:
IZ = 1mA
avalanche breakdown) und führt zu einem scharfen 100
Abknicken der Kennlinie. Beim Lawinen-Effekt ist 5mA
die Geschwindigkeit der vorhandenen beweglichen
Ladungsträger infolge der hohen Feldstärke so groß, 10mA
daß sie beim Aufprall auf Atome Elektronen und 10
Löcher herauslösen, die als frei bewegliche Ladungs-
träger nun ihrerseits weitere Ladungsträger aus dem
Atomverband herausschlagen. Weil der Sperrstrom IZ 1
dadurch sehr schnell anwächst, wird dieser Vorgang 0 5 10 15 20 UZ
als Lawinendurchbruch bezeichnet. V
Zwischen etwa 5 V < UZ < 6 V liegt ein Gebiet, in Bild II-20 Differentieller Widerstand rZ
dem sich Zener-Effekt und Lawinen-Effekt über-
lagern. Die für eine Z-Diode in den Datenblättern angege-
Z-Dioden mit einer Durchbruchspannung UZ < 5 V bene Z-Spannung gilt oft für einen Strom IZ = 5 mA.
haben für die Durchbruchspannung einen negativen Die Abstufung zwischen den Spannungen entspricht
Temperaturkoeffizienten, weil eine Temperaturer- häufig der E-24-Reihe. Um die Toleranzen der an-
332 Elektronik

gegebenen Z-Spannungen zu kennzeichnen, wird an Die sinusförmige Eingangsspannung ue ist so klein,


die Typenbezeichnung des Grundtyps der Kennbuch- daß die Diodenschwellspannung UD nicht vernachläs-
stabe der Güteklasse angehängt. sigbar klein ist. Bild II-21 zeigt eine Begrenzerschal-
Wichtige Grenzdaten: max. Sperrschichttemperatur tung, bei der die Ausgangsspannung ua in Durchlaß-
JJ max; maximale Verlustleistung Ptot; maximaler richtung auf die Schwellspannung beschränkt ist. In
Durchlaßstrom IFAVM; Wärmewiderstand Rth JU Sperrichtung liegt allerdings die Spannung ue in voller
Wichtige Kenndaten: Nennspannung UZO bei IZ = Größe, also mit dem Scheitelwert, an. Die Schaltung
5 mA; differentieller Widerstand rZ bei IZ = 5 mA, dient zum Begrenzen positiver Spannungswerte auf
1 mA den Wert der Diodenschwellspannung UD, bei Reihen-
schaltung mehrerer Dioden auf die entsprechende
höhere Spannungssumme.
5 Anwendungsschaltungen In der Schaltung nach Bild II-22 sind Diode V1 und
Widerstand R gegenüber Bild II-21 getauscht. Die
Dioden sind in vielen Funktionen und Leistungskate- Ausgangsspannung ua ist gleich Null, solange die
gorien einsetzbar. Ihre Anwendung in der Nachrich- Diode noch gesperrt ist, so daß kein Strom fließt.
tentechnik unterliegt anderen Gesichtspunkten als in Überschreitet die Eingangsspannung ue den Wert der
der Leistungselektronik oder Digitaltechnik. Diodenschwellspannung UD, so fließt ein sinusförmi-
ger Strom durch den Widerstand R und läßt eine
5.1 Begrenzerschaltungen proportionale Spannung abfallen. Bei kleinen Ampli-
tuden von ue setzt der Stromfluß und damit die Aus-
Ein Einsatzgebiet der Diode als Schalter sind Be- gangsspannung ua deutlich später als die Eingangs-
grenzerschaltungen. Das sind Schaltungen, die Span- spannung ein. Da bei negativer Eingangsspannung ue
nungsamplituden oberhalb oder unterhalb eines die Diode sperrt, ist die Ausgangsspannung ua in der
bestimmten positiven oder negativen Pegels durchlas- Zeit gleich Null.
sen oder unterdrücken. Statt einer Diode sind in der Schaltung nach Bild
Im Bereich der Digitaltechnik müssen sowohl Stör- II-23 mehrere in Reihe geschaltete Dioden V1 bis V4
spannungsspitzen unterdrückt wie auch das Rauschen eingesetzt, so daß außer der negativen Amplitude
bei Signalen herausgefiltert werden. Diodenschalter auch ein erheblicher Anteil (hier 4 ⋅ 0,7 V) der positi-
wie Differenzier- und Integrierglieder lassen sich ven Spannungswerte unterdrückt wird.
auch zur Impulsformung einsetzen. Bild II-24 zeigt eine Schaltung, die sowohl positive
Begrenzerschaltungen werden auch zur Unter- als auch negative Eingangssignale ue am Ausgang
drückung von Störspannungsspitzen in der Signal- begrenzt. Die Ausgangsspannung ua wird hier durch
technik eingesetzt, aber auch zur Trennung der einzel- die antiparallele Reihenschaltung von jeweils 2 Di-
nen Amplitudenhöhen eines Fernseh-BAS-Signals oden (V1, V2 und V3, V4) auf die doppelte Dioden-
benutzt. schwellspannung UD begrenzt.

ua
R
UD
Bild II-21
ue G V1 ua t Spannungsbegrenzung auf die
Diodenschwellspannung UD und
zugehöriges Liniendiagramm

ue
V1
U
t
ue G R ua
Bild II-22
ua Schaltung zur Restspannungs-
unterdrückung und zugehöriges
Liniendiagramm
t
II Dioden 333

ue Bild II-23
M × UD Begrenzerschaltung mit
zugehörigem Liniendiagramm
V1 V2 V3 V4
t
ue G R ua

ua

ua Bild II-24
R
Schaltung zur Begrenzung
2·UD positiver und negativer
V1 V3
ue G ua Eingangssignale
V2 V4 t
2·UD

ua Bild II-25
R Schaltung mit einstell-
UB
V1 V2 ( + UD ) barem Begrenzungspegel
2
ue G ua der positiven und negati-
UB t ven Ausgangsspannung
R1 UB R2 –( + UD )
2 mit zugehörigem
Liniendiagramm

Mit Hilfe der Schaltung nach Bild II-25 wird der Im allgemeinen benötigen elektronische Schaltungen
Begrenzungspegel der Ausgangsspannung einstellbar als Energieversorgung eine oder mehrere Gleichspan-
gemacht. Die Spannung UB wird durch die Wider- nungsquellen. Bei höherem Energiebedarf ist die
stände R1 in zwei gleiche Teile aufgeteilt. Diese Verwendung von Batterien unwirtschaftlich. Darum
Teilspannungen spannen die Dioden V1 und V2 in erfolgt eine Speisung aus dem Wechselspannungsnetz
Sperrichtung vor, so daß immer dann eine der beiden (AC). Hierbei ist neben einer Abwärtstransformation
Dioden durchlässig wird, wenn die Eingangsspan- auch eine Gleichrichtung der Wechselspannung zu
nung ue in positiver oder negativer Richtung den Gleichspannung (DC) erforderlich. Halbleiterdioden
Wert UB /2 + UD überschreitet. Ist die Spannung UB sind hierfür wegen ihrer kleinen Durchlaßspannung,
einstellbar, kann der Begrenzungspegel variiert wer- ihrer hohen Belastbarkeit und ihres großen Verhält-
den. nisses zwischen Sperrwiderstand und Durchlaßwider-
Bild II-26 zeigt eine Begrenzerschaltung, bei der die stand sehr gut geeignet.
Diode V1 durch die Gleichspannungsquelle UB in
Sperrichtung vorgespannt ist. Solange sie gesperrt ist, 5.2.1 Einweggleichrichter (M1)
hat sie den größten Widerstand im Generator- und Bei der in Bild II-27 dargestellten Schaltung ist die
Batteriestromkreis. Die Diode wird leitend, sobald Diode nur während der positiven Halbwellen der AC
ihre Anode um den Betrag der Schwellspannung leitend. Die Schwellspannung UD der Diode V1 sei
positiver ist als die Kathode. Dies ist der Fall, wenn vernachlässigbar klein gegenüber der Spitzenspan-
die Eingangsspannung ue mindestens einen positiven nung US1 der vom Transformator gelieferten Span-
Wert von UB + UD hat. Steigt ue weiter an, bleibt die nung U1 (= URMS).
Ausgangsspannung ua auf diesen Wert begrenzt. Daher fließt auch nur während dieser Zeitdauer ein
Strom ID durch den Lastwiderstand RL. An diesem
5.2 Gleichrichter
Widerstand kann aber nur dann eine Spannung auftre-
Haupteinsatzgebiet der Klein- und Leistungsgleich- ten, wenn ein Strom fließt. Der Spannungsverlauf am
richterdioden ist die Gleichrichtung niederfrequenter Lastwiderstand entspricht also einer pulsierenden DC,
Wechselspannungen, insbesondere von Netzspannun- die nur aus positiven sinusförmigen Halbwellen
gen. besteht.
334 Elektronik

ua Bild II-26
R Schaltung mit einstellbarem
UB + UD Begrenzungspegel der positiven
V1 Ausgangsspannung und zugehö-
ue G ua t rigem Liniendiagramm
UB

Während der negativen Halbwelle liegt die Diode UD


in Sperrichtung an dem Spitzenwert US1 der AC, daß
heißt, die Diode muß für US1 = URRM = ( 2 ⋅ U1) ge-
eignet sein. t
UD ID

V1 UL IL = ID
UN U1 RL UL IL
UAV
IFAV
T1 t

Bild II-27 Einweggleichrichterschaltung (M1) mit UD


ohmscher Last USchleuse
t
Die am Lastwiderstand RL auftretende Spannung UL
ist nach Bild II-28 eine pulsierende Gleichspannung
(DC). Wird sie mit einem Gleichspannungs-Meß-
instrument (Drehspulinstrument) gemessen, bildet Bild II-28 Ausgangsspannung der Einweggleich-
dieses den arithmetischen Mittelwert UAVL bezie- richterschaltung nach Bild II-27
hungsweise den arithmetischen Mittelwert IAVL aus
der pulsierenden DC. Wird sie dagegen mit einem
Dreheiseninstrument gemessen, bildet dieses den UD
ID IL
quadratischer Mittelwert (Effektivwert) URMSL aus der
pulsierenden DC. V1 IC
UN U1 UL
Während der positiven Halbwelle der Trafospannung RL
CL
ist die Diode jeweils leitend, und es fließt durch die
Diode ein periodischer Spitzendurchlaßstrom T1

IFRM = ( 2 ⋅ ID). Bild II-29 Einweggleichrichterschaltung (M1)


mit ohmscher Last und Ladekondensator
Auswahlkriterien:
URRM periodische Spitzensperrspannung Wie gut der Ladekondensator CL diese Glättung be-
IFRM periodischer Spitzendurchlaßstrom wirkt, hängt hauptsächlich von zwei Bedingungen ab:
Die Ausgangsspannung UL einer Einweggleichrich- 1. Kapazität des Ladekondensators: Je kleiner seine
terschaltung pulsiert so stark, daß sie zur Ener- Kapazität CL ist, desto stärker entlädt er sich in der
gieversorgung von elektronischen Geräten nicht negativen Halbwelle. Damit wird die Welligkeit
geeignet ist. Teilweise Abhilfe schafft die Schaltung größer und der arithmetische Mittelwert UAVL
nach Bild II-29. kleiner.
Der Ladekondensator CL wirkt in dieser Schaltung als 2. Größe des Lastwiderstandes RL: Je hochohmiger
Speicher, der jeweils in der positiven Halbwelle der Lastwiderstand RL ist, umso geringer ist der
aufgeladen wird. Durch die Diode V1 fließt dann Strom, den er in den negativen Halbwellen aus
gleichzeitig der Ladestrom IC für den Kondensator CL dem Ladekondensator CL zieht, daß heißt, desto
und der Laststrom IL. In den negativen Halbwellen, in weniger wird der Ladekondensator entladen.
denen die Diode sperrt, entlädt sich der Kondensator Die Größe der mittleren Ausgangsgleichspannung
über den Lastwiderstand, so daß dieser auch in den UAVL, aber auch die ihr überlagerte Brummspannung
Sperrzeiten der Diode von einem Strom durchflossen UBr, ist sehr stark abhängig von der Kapazität des
wird. Auf diese Art wird die pulsierende DC ge- Ladekondensators und vom Laststrom. Die folgende
glättet. Tabelle II-2 gilt unter der Voraussetzung, daß der
Im Bild II-30 sind die Strom- und Spannungsverläufe Kondensator eine Kapazität von 1 mF je 1 mA Last-
für verschiedene Fälle dargestellt. strom hat.
II Dioden 335

Tabelle II-2 Charakteristische Werte und Faktoren für einfache Gleichrichterschaltungen

Schaltungsart M1 M2 B2

Leerlaufspannung UAVL ( 2 ⋅ U1) ( 2 ⋅ U1) ( 2 ⋅ U1)

Ausgangsgleichspannung UAV2 1,2 ⋅ U1 1,3 ⋅ U1 1,3 ⋅ U1


Durchlaßstrom IFAVM IL 0,5 ⋅ IL 0,5 ⋅ IL

max. Sperrspannung URRM 2 ⋅ ( 2 ⋅ U1) 2 ⋅ ( 2 ⋅ U1) ( 2 ⋅ U1)

Faktor k (UBr) 4,8 ⋅ 10 s


–3
1,8 ⋅ 10 s –3
1,8 ⋅ 10–3 s
Faktor k (UBr ss) 14 ⋅ 10–3 s 5 ⋅ 10–3 s 5 ⋅ 10–3 s
Frequenz fBr 50 Hz 100 Hz 100 Hz

Unter der oben genannten Bedingung kann für die eine Frequenz f = 50 Hz hat, wenn die Gleichrichter-
Ausgangsgleichspannung UAVL mit hinreichender Ge- schaltung mit Netzfrequenz betrieben wird. Diese
nauigkeit nach Tabelle II-2 UAVL ≈ 1,2 ⋅ U1 ange- überlagerte Wechselspannung wird als Brummspan-
nommen werden. nung UBr bezeichnet, da sie zum Beispiel in einem
Bei RL = ∞ W wird während der negativen Halbwel- Lautsprecher als tiefes Brummen gut hörbar ist.
len kein Strom aus dem Kondensator gezogen, so daß Die am Ladekondensator abfallende Brummspannung
für die Leerlauf-Ausgangsgleichspannung gilt läßt sich mit den in Tabelle II-2 angegebenen K-Fak-
UAVL = 2 ⋅ U1 – UD = US1 – UD toren hinreichend genau berechnen.
Für große Werte von U1 kann die Spannung UD IL
Brummspannung U Br = K ⋅ (II.11)
vernachlässigt werden. CL
In einer Einweggleichrichterschaltung mit Ladekon-
densator ist die Diode nicht mehr während einer ge- U AVL
periodischer Spitzenstrom I FRM ≤ (II.12)
samten Halbwelle, sondern nach Bild II-30 nur noch Ri ⋅ R L
während eines kurzen Zeitabschnittes leitend. Dieser
Zeitabschnitt hängt von den Augenblickswerten der Der Wert der Brummspannung hängt also im wesent-
Spannungsdifferenz zwischen Kathode und Anode lichen von der Kapazität des Ladekondensators, der
ab. Größe des Laststroms und einer schaltungsspezifi-
Die Nachladung des Ladekondensators beginnt je- schen Konstanten ab.
weils während der positiven Halbwelle der Trafo- U S1
spannung zu dem Zeitpunkt, in dem die Spannung an Einschaltspitzenstrom I FRME ≤ (II.13)
Ri
der Anode um etwa 0,6 V größer wird als die Span-
nung an der Kathode. Die Nachladung wird beendet, Der periodische Spitzenstrom IFRM läßt sich nach
sobald die Spannung an der Anode wieder unter die Gleichung II.12 berechnen, der Einschaltspitzenstrom
Spannung an der Kathode, also unter die Kondensa- IFRME nach Gleichung II.13.
torspannung, abgesunken ist.
Da hier in sehr kurzer Zeit eine große Energie nach- 5.2.2 Mittelpunktschaltung (M2)
geladen werden muß, ist der Ladestrom erheblich Um die Höhe der Brummspannung grundsätzlich zu
größer als der entnommene Gleichstrom. Darum verkleinern, werden nach Bild II-31 zwei Einweg-
geben die Hersteller in den Datenblättern oft einen gleichrichter zu einer Mittelpunktgleichrichterschal-
Höchstwert für den Ladekondensator an. tung zusammengefaßt. Für einen solchen Zweiweg-
Die maximal mögliche Sperrspannung im Leerlauf ist gleichrichter wird ein Transformator mit einer
URRM = 2 ⋅ ( 2 ⋅ U1) nach Tabelle II-2, da der Lade- Mittelanzapfung benötigt, die auf Masse gelegt wird
kondensator dann auf + US1 aufgeladen ist, jedoch der und als Bezugspunkt dient.
negative Spitzenwert der Eingangsspannung U1 den Eine Analyse der Schaltung ergibt, daß die Diode D1
Wert – US1 hat. Bild II-30 zeigt diesen Umstand im für die Dauer der positiven Halbwelle der Spannung
unteren Teil auf. U1 leitend ist, während die Diode D2 gesperrt ist. In
Wegen der fortlaufenden Auf- und Entladung des der negativen Halbwelle verhalten sich die Dioden
Kondensators ist der mittleren Ausgangsgleichspan- umgekehrt. Jede Diode wird aber nur noch mit einem
nung UAV2 immer noch eine Wechselspannung (Rest- Diodenstrom ID belastet, der dem halben Laststrom IL
welligkeit) überlagert, die nichtsinusförmig ist, aber entspricht.
336 Elektronik

UD UD

t t

UL UL
2 · U1 IL=I1
UAV
UAZ
t t
tAufl. tEntladung a)
IDiode IDiode
IL IL
UL
IFAV
IDiode=IL
IFAV UAV UBrSS
t
UDiode t
b)
USchleuse
t
Bild II-32 Ausgangsspannung einer M2-Schaltung
mit/ohne Ladekondensator
2 · 2 · U1 Die Mittelpunktschaltung wird nur noch in Aus-
nahmefällen eingesetzt. Ein Transformator mit Mit-
mit RL ohne CL telanzapfung ist teurer und hat wegen der zweiten
mit RL und mit CL Sekundärwicklung ein größeres Gewicht.
ohne RL, mit CL
5.2.3 Brückengleichrichterschaltung (B2)
Bild II-30 Strom- und Spannungsverlauf für
verschiedene Werte von RL und CL Die am häufigsten verwendete Gleichrichterschaltung
ist die Brückenschaltung. Sie kommt mit einem nor-
malen Transformator aus, benötigt aber vier Dioden.
Dies führt dazu, daß sowohl in der positiven als auch
in der negativen Halbwelle ein Strom durch den V1
ID IL
Lastwiderstand RL fließt. Da das in derselben Rich-
tung geschieht, muß von DC gesprochen werden. IC
U1 UD RL UL
CL
UN
ID V1 IL
U1 UD
U1 UD T1
RL UL
UN V2
U1 U Bild II-33 Mittelpunktgleichrichterschaltung
D mit ohmscher Last und Ladekondensator
T1

V2 In der Schaltung nach Bild II-34 kann man bei ange-


Bild II-31 Mittelpunktgleichrichterschaltung (M2) nommener Polarität der Spannung U1 den Strom IL in
mit ohmscher Last seinem Flußverlauf verfolgen und so erkennen, daß
der Laststrom IL, der sich aus der Summe der beiden
Die am RL abfallende Spannung U2 besteht nach ID IL
Bild II-32 nur aus positiven sinusförmigen Halbwel-
Bild II-34
len mit einer Frequenz f = 100 Hz, daß heißt, die ne- UD V1 V2 Brücken-
gativen sinusförmigen Halbwellen werden einfach
gleichrichter-
„nach oben“ geklappt.
UN U1 RL UL schaltung (B2)
Genau wie bei einem Einweggleichrichter kann auch
mit ohmscher
hier nach der Schaltung in Bild II-33 ein Lade-
T1
Last
kondensator parallel zum Lastwiderstand geschaltet V3 V4 UD
werden, der die pulsierende DC entsprechend Bild II-
32 weiter glättet.
II Dioden 337

Tabelle II-3 Technische Daten der Baureihe B40C... Blockgleichrichter

Typ U1 IFRM Strombegrenzungs- CL max


widerstand Ri
B40C800 40 V 0,8 A 1W 2 500 mF
B40C1000 40 V 1,0 A 1W 2 500 mF
B40C1500/1000 40 V 1,5 A 1W 2 500 mF
B40C3200/2200 40 V 3,2 A/2,2 A 0,6 W 5 000 mF
B40C5000/3300 40 V 5,0 A/3,3 A 0,5 W 10 000 mF

Diodenströme ID bildet, stets in der gleichen Richtung an den Ausgang der Schaltung nach Bild II-35 einen
durch den Lastwiderstand RL fließt. Der Spannungs- Filter.
abfall am Lastwiderstand ist also eine pulsierende Der in die Schaltung nach Bild II-36 integrierte RC-
DC, die nur aus positiven sinusförmigen Halbwellen Tiefpaß reduziert die Brummspannung um den Glät-
besteht und eine Frequenz f = 100 Hz hat. Die Aus- tungsfaktor g.
gangsgrößen dieser Schaltung sind identisch mit
denen der Mittelpunktschaltung. RS
Die pulsierende DC wird nach Bild II-35 durch die V1 V2
Parallelschaltung eines Ladekondensators CL zum Last-
UN U1 RL UL
widerstand RL geglättet. Bezüglich der Auflade- und CL CS
Entladevorgänge ergeben sich ähnliche Verhältnisse
T1V3 V4
wie bei der Mittelpunktschaltung. Die Auf- und Ent-
ladung des Kondensators erfolgt bei der Brückenschal-
tung in jeder Halbwelle. Auch bei der Brückengleich-
richterschaltung mit Ladekondensator hat die Aus- Bild II-36 B2-Schaltung mit RC-Siebglied
gangsspannung noch eine Restwelligkeit. Entsprechen-
de Werte können der Tabelle II-2 entnommen werden. Der Kondensator in der RC-Tiefpaß-Filterschaltung
Um den Aufbau von Gleichrichterschaltungen zu ver- nach Bild II-37 stellt für höhere Frequenzen einen
einfachen, bieten die Hersteller komplette Gleich- Kurzschluß beziehungsweise einen sehr geringen
richtersätze in einem Kunststoff- oder Metallgehäuse kapazitiven Blindwiderstand dar. Die Schaltung kann
an. Lieferbar sind verschiedene Baureihen. Der Ein- als Spannungsteiler mit UBr2 als Ausgangsspannung
satzbereich kann bei diesen Baureihen von Brücken- betrachtet werden.
gleichrichtern direkt aus der Typenbezeichnung abge- Glättungsfaktor
lesen werden. U Br1
So bedeutet B = Brückenschaltung. Der Buchstabe C g= = wBr
2
⋅ RS2 ⋅ C S2 + 1 (II.14)
U Br2
bedeutet, daß der Gleichrichter für eine kapazitive
Last, daß heißt, für den Betrieb mit einem Ladekon-
densator vorgesehen ist. Bei Doppelwerten des Last-
RS
stroms gilt der erste Wert für eine Chassismontage
des Gleichrichters, der zweite Wert für eine freiste- CS
hende Montage. UBr1 UBr2
Um die Brummspannung am Ausgang der oben Bild II-37
beschriebenen Schaltungen zu senken, schaltet man Schaltung eines
RC-Siebgliedes
ID IL

V1 V2 Der RC-Filter nach Bild II-37 kann auch durch einen


IC LC-Filter nach Bild II-38 ersetzt werden mit dem
ID Vorteil einer effektiveren Filterung und geringen
UN U1 CL RL UL
ohmschen Verlusten.
T1 Glättungsfaktor g = wBr
4
⋅ L2S ⋅ C S2 + 1 (II.15)
V3 V4
Ein Filter mit der Schaltung nach Bild II-19 hat
Bild II-35 Brückengleichrichterschaltung (B2) mit zusätzlich den Vorteil, daß auch eine Stabilisierung
ohmscher Last und Ladekondensator der Ausgangsspannung vorgenommen wird, wenn
338 Elektronik

vorausgesetzt werden kann, daß die Brummspannung 20.00


kleine Amplituden aufweist. 10.00
u1 0.00
RV –10.00
Glättungsfaktor g = 1 + (II.16) –20.00
rZ 8.00 u C2
Wird mit einem Zwei-Kanal-Oszilloskop die Wech- 6.00
4.00
selspannung über dem Ladekondensator CL und dem 2.00
Siebkondensator CS (Bild II-36) gemessen, also die 0.00
Spannung UL am Ausgang der Schaltung, so zeigen –2.00
0 10 20 30 40 t 50
nach Bild II-39 beide Spannungen deutliches Ein- ms
schwingverhalten.
25.00
10.00
LS 5.00
uC2
0.00
U Br1 UBr2 –5.00
CS 8.00 u1
Bild II-38 6.00
Schaltung eines 4.00
LC-Siebgliedes 2.00
0.00
–2.00
Schaltungsdaten: Spannung US1 = 12 V, Ladekonden- 0 20 40 60 80 t 100
sator CL = 10 mF, Siebwiderstand RS = 160 W, Sieb- ms
kondensator CS = 50 mF, Lastwiderstand RL = 1 kW
Bild II-39 Einschwingverhalten einer B2-Gleichrich-
Nach ungefähr 100 ms befindet sich die Schaltung im terschaltung mit Ladekondensator und
„stationären Zustand“, die Schaltung ist einge- RC-Siebglied
schwungen, und es zeigt sich am Ausgang eine
Gleichspannung UAVL = 8 V, die von einer geringen
V1
Brummspannung überlagert ist. UN U1 C1
5.3 Spannungsvervielfacher U2
T1
Zum Betrieb von Oszilloskopen und Bildröhren oder C2
Geiger-Müller-Zählrohren werden Gleichspannungen V2
benötigt, die erheblich größer als die Netzspannungen
sind und damit bereits im Bereich der Hochspannung Bild II-40 Spannungsverdopplerschaltung
liegen. (Delon-Schaltung)
Da diese Spannungsquellen nur sehr kleine Lastströ-
me liefern müssen, ist es meist günstiger, keine spe- UC1 = US1. In der nächsten Halbwelle liegt die Diode
ziellen Hochspannungstransformatoren einzusetzen, V1 in Sperrichtung. An V1 liegt dann die Summe aus
sondern die hohen Gleichspannungen mit Hilfe von US1 + UC1 = 2 ⋅ US1 als Sperrspannung an. Diese
Spannungsverdoppler- oder Spannungsvervielfacher- Spannung ist jetzt die Speisespannung für die zweite
schaltungen zu erzeugen. Gleichrichterstufe. Über V2 wird der Kondensator C2
Die Delon-Schaltung besteht aus zwei Einwegschal- dann auf die Spannung 2 ⋅ US1 aufgeladen.
tungen, die nach Bild II-40 zuammengeschaltet sind. Die Dioden müssen eine periodische Spitzensperr-
Je nach Polarität der Spannung U1 ist entweder die spannung URRM = 2 ⋅ US1 in beiden Schaltungen
Diode V1 oder die Diode V2 in Durchlaßrichtung ge- ermöglichen, während der Strom IFM = IL beträgt.
schaltet. Infolgedessen werden die Kondensatoren C1 Beiden Schaltungen können nur kleine Lastströme
und C2 mit der angegebenen Polarität geladen. Die entnommen werden. Die Belastung der Schaltungen
Ladespannungen beider Kondensatoren liegen in erfolgt in der Praxis so, daß die Ausgangsspannung
Reihe, so daß sie sich zur Gesamtspannung U2 = UAV2 minimal sinkt.
(im unbelasteten Zustand) addieren. maximale Ausgangsgleichspannung
Gesamtspannung UAV2 = UC1 + UC2 = 2 ⋅ US1 (II.17) UAV2 ~ 0,8 ... 0,9 ⋅ (2 ⋅ US1) (II.18)
Diese Schaltung ist also eine Spannungsverdoppler- Die Villard-Schaltung läßt sich zur Vervielfacher-
schaltung im Leerlaufbetrieb. schaltung erweitern. Werden nach Bild II-42 zwei
Bild II-41 stellt eine Villard-Schaltung dar. Bei ent- oder mehr Villard-Schaltungen hintereinander ge-
sprechender Polarität der Spannung U1 liegt die schaltet (hier drei Villard-Schaltungen), so entsteht
Diode V1 in Durchlaßrichtung und lädt den Konden- eine Hochspannungskaskadenschaltung. Für die Aus-
sator C1 in der eingezeichneten Polarität auf den Wert gangsspannung U2 einer unbelasteten Kaskadenschal-
II Dioden 339

C1 V2 so verschiebt sich der Arbeitspunkt A0 aufgrund der


Parallelverschiebung der Arbeitsgeraden nach A1
UN U1 V1 C2 U2 oder A2, je nachdem, ob es sich um eine Spannungs-
erhöhung oder -minderung handelt. Aufgrund der
steilen Kennlinie ändert sich UZ deutlich weniger als
T1
UE, so daß die Ausgangsspannung UA = UZ nahezu
gleich bleibt (UE ≈ 2 ... 4 ⋅ UA, UE min ≈ 1,2 ... 2 ⋅ UA).
Bild II-41 Spannungsverdopplerschaltung
RV IV IA
(Villard-Schaltung)
IZ
tung gilt Gleichung II.17, wobei n die Anzahl der UE RA UA
V1
aneinandergereihten Villard-Schaltungen bedeutet.
maximale Ausgangsgleichspannung
UAV2 ≈ n ⋅ 2 ⋅ US1 (II.19) Bild II-43 Grundschaltung einer
Die Dioden müssen eine periodische Spitzensperr- Spannungsstabilisierung mit Z-Diode
spannung URRM = 2 ⋅ US1 ermöglichen, während der
Strom IFM = n ⋅ IL beträgt. Es sind nur geringe Last- Beim praktischen Einsatz der Stabilisierungsschal-
ströme möglich. Kaskadenschaltungen mit vielen tung nach Bild II-43 überlagern sich beide Fälle, so
Stufen zeigen deutlich ein Hochlaufen der Ausgangs- daß eine exakte Trennung kaum noch möglich ist.
spannung, weil die einzelnen Kondensatoren nach- Der gewählte Vorwiderstand RV muß beiden Erwar-
einander aufgeladen und die Ladungen von einem tungen gerecht werden. Er läßt sich näherungsweise
Kondensator auf den nächsten verschoben werden. mit der Gleichung II.18 berechnen. Zu verwenden ist
dann ein Widerstandswert nach der E-Reihe, der
C1 C1 ′ C1′′ zwischen den beiden Werten, aber näher an RV max
liegt.
UN U1 V1 V2 V1′ V2′ V1′′ V2′′ Vorwiderstand
T2 U −UZ U −UZ
C2 C2′ C2′′ U2 RV min ≈ E max RV max ≈ E min
I Z max + I A min I Z min + I A max
(II.20)
Bild II-42 Spannungsvervielfacherschaltung Die Stabilisierung wird bei einer vorgegebenen Z-Di-
nach Villard ode um so besser, je größer die Eingangsspannung
gewählt wird. Die Verlustleistung am Vorwiderstand
RV nimmt allerdings schneller zu als der relative
5.4 Diode als Konstantspannungsquelle Stabilisierungsfaktor S.
(Z-Diode)
Bild II-43 zeigt die Grundschaltung für die Spannungs- ΔUZ
UZ UE
stabilisierung mit Hilfe einer Z-Diode. Als stabilisierte
Ausgangsspannung UA tritt die an der Z-Diode IZmin I
Z
liegende Spannung UZ auf. Im zulässigen Arbeitsbe- A2
RV
reich bleibt sie sowohl bei einer Änderung der Ein-
gangsspannung UE als auch bei einer Änderung des
Laststroms IA nahezu konstant (IV = IZ + IA = const). Ptot IL
Dieses kann aber nur eintreten, wenn der Dioden-
strom IZ jeweils um den gleichen Betrag kleiner wird A1
wie der Laststrom IA größer. Der Arbeitspunkt der
Z-Diode wandert daher nach Bild II-44a auf der IZmax
Kennlinie in Richtung auf A2.
Infolge der steilen Kennlinie der Z-Diode ändert sich
die Ausgangsspannung UA nur um einen kleinen Be- UE
trag, daß heißt, UZ bleibt nahezu konstant, wenn sich RV
der Laststrom IA ändert. Wird dabei jedoch IZ < IZ min, IZ
so wandert der Arbeitspunkt in den waagerechten Be-
reich der Kennlinie, so daß sich UA sehr stark ändert, Bild II-44 Ermittlung der Arbeitspunktverschiebung
daß heißt, die stabilisierende Wirkung der Z-Diode ist a) konstante Eingangsspannung und
beendet (IZ min ≈ 0,1 ⋅ IZ max, IA max ≈ 0,9 ⋅ IZ max). variable Last
Ändert sich die Eingangsspannung UE um den Betrag b) konstante Last und schwankende
± DUE bei konstantem Laststrom IA nach Bild II-44b, Eingangsspannung
340 Elektronik

Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, das Verhältnis zu finden. Die Schaltung nach Bild II-45 zeigt eine
der Relativwerte der Schwankungen von Eingangs- solche Ersatzschaltung, in der die Z-Diode als Span-
und Ausgangsspannung als Stabilisierungsfaktor S nungsquelle mit der Quellenspannung UZO und dem
einzuführen. Innenwiderstand Ri = rZ verwendet wird. Mit ihrer
Hilfe läßt sich der Ausgangswiderstand einer solchen
Stabilisierungsfaktor
Stabilisierungsschaltung bestimmen.
DU E
RV IV IA
UE ⎛ R ⎞ U
S= = ⎜1+ V ⎟ ⋅ A (II.21)
DU A ⎝ rZ ⎠ U E IZ
UA
V1 rZ
UE RA UA
Der differentielle Widerstand rZ einer Z-Diode wird
für bestimmte Stromwerte in den Datenblättern der UZ0
Hersteller genannt. Auch die Z-Spannung UZO wird
für konkrete Werte des Z-Stroms IZ angegeben.
Damit ergibt sich die Möglichkeit, eine Ersatzschal- Bild II-45 Ersatzschaltung einer Z-Diode mit
tung für die Z-Diode in der Schaltung nach Bild II-43 Vorwiderstand und ohmscher Last

III Mehrschichtdioden und -trioden


Silizium-Gleichrichterdioden mit „pin“-Übergang (n+) entsteht. Auch die Al-Kontakte für die Steuer-
werden wegen ihrer hohen Durchlaßströme und ver- elektrode und die Anode werden anlegiert. Die ent-
hältnismäßig hohen Sperrspannungen überwiegend in standene „Silizium-Tablette“ nach Bild III-1 wird
industriellen Anlagen zur Gleichrichtung der Netz- anodenseitig auf einen Molybdänträger aufgebracht.
wechselspannung eingesetzt. Für zahlreiche Anwen- Die Tablette ist meist rund, da so das elektrische Feld
dungen werden aber regelbare, steuerbare Gleich- an den Rändern besser zu handhaben ist.
spannungen gefordert. Unter dem Sammelbegriff „Thyristoren“ werden
Bereits im Jahre 1958 wurde ein steuerbarer Silizium- häufig die Mehrschicht-Halbleiter zusammengefaßt,
Gleichrichter (SCR = Silicon-controlled-rectifier) ent- die einfach Mehrschichtdioden und -trioden genannt
wickelt, der ähnliche Eigenschaften zeigte wie die werden. Sie sind jeweils aus drei oder mehr pn-
erwähnte Gleichrichterzelle. Dieses elektronische Übergängen aufgebaut und haben ein ausgeprägtes
Bauelement erhielt die Bezeichnung „Thyristor“. Schalt- beziehungsweise Kippverhalten. Diese Mehr-
schicht-Halbleiter besitzen zwei Schaltzustände, und
Au(Sb) S Al S verkleinerte zwar den Schaltzustand „Ein“ = leitend und den
n+ (anlegiert) (anlegiert) Draufsicht Schaltzustand „Aus“ = gesperrt.
~ 14cm–3) p
n(~10 Das Umschalten vom gesperrten in den leitenden Zu-
K S
p stand wird als „Zünden“ und das Umschalten vom
Al(anlegiert) p+ Au(Sb)-Folie leitenden in den gesperrten Zustand als „Löschen“
MD-Träger Si-Tablette bezeichnet. Sowohl der Zündvorgang als auch der
Löschvorgang laufen in sehr kurzer Zeit ab.
Bild III-1 Realer Aufbau des Thyristors Bei den Bauelementen mit Einrichtungs-Betrieb
(Vierschichtdiode, Thyristor) werden die beiden
Heute geht man bei der Herstellung von Thyristoren Hauptanschlüsse wie bei der Diode mit Anode und
von einem hochohmigen n-dotierten Siliziumplätt- Kathode bezeichnet. Ein Stromfluß ist nur möglich,
chen aus, in das von beiden Seiten Akzeptoren (B, wenn die Anode positiv gegenüber der Kathode ist.
Al, Ga) eindiffundiert werden. Anschließend wird als Bei den Bauelementen mit Zweirichtungs-Betrieb
Kathode eine Sb-dotierte Au-Folie an der Oberseite (Diac, Triac) werden die Hauptanschlüsse dagegen
einlegiert, wodurch dort ein stark dotiertes n-Gebiet Anode 1 (A1) und Anode 2 (A2) genannt.
III Mehrschichtdioden und -trioden 341

Thyristor und Triac haben einen Steueranschluß, der IF


als Gate (G) bezeichnet wird. Die Zündung erfolgt mA
mit einem Steuerstrom über das Gate und löst einen
wesentlich größeren Hauptstrom durch das Bauele- Durchlaßbereich
ment aus.
Von großer Bedeutung ist ihr Einsatz als Leistungs-
schalter. Durch die gezielte und vermehrte Anwen- UR(BR) IH U(BR)F
dung von Thyristoren hat sich inzwischen ein eigenes
Fachgebiet der Elektronik, die Leistungselektronik, UR UH UF
entwickelt. Triacs haben wegen ihres Zweirichtungs- V V
Blockierbereich
Betriebes (aber relativ geringem Durchlaßstrom) und Sperrbereich
ihrer recht einfachen Ansteuermöglichkeit zum Bei-
spiel über Diacs eine weite Verbreitung in Phasenan- Bild III-3
schnittschaltungen zur Leistungssteuerung von Lam- IR Kennlinie einer
pen (Helligkeit) und zur Drehzahlsteuerung von μA Vierschichtdiode
Kleinmotoren gefunden.
Die Vierschichtdiode kippt in den Blockierbereich
1 Vierschichtdioden zurück, wenn der Strom IT durch die Diode den Halte-
strom IH unterschreitet. Dieser Zusammenhang wird
Vierschichtdioden haben nach Bild III-2 eine pnpn- als „Löschen“ bezeichnet.
Zonenfolge in einem Silizium-Kristall. An den beiden Im Sperrbereich der Vierschichtdiode, also im
äußeren Zonen sind die Anschlüsse sperrschichtfrei 3. Quadranten der Kennlinie nach Bild III-3, kann
angebracht. man erkennen, daß erst bei einer sehr hohen Durch-
bruchspannung U(BR) R der Durchbruchstrom zum
Fließen gelangt. Bei dieser Polarität sind die Sperr-
p schichten I und III in Sperrichtung gepolt.
I A Eine Vierschichtdiode „zündet“ also nur, wenn sie in
n Vorwärtsrichtung betrieben wird und die anliegende
II
p Spannung UD größer als die Kippspannung U(BO) O
III K wird. Auch bei einer Verringerung der Spannung UD
n Bild III-2 bleibt die Diode leitend, sie „löscht“ erst wieder,
Zonenfolge in einem wenn der Haltestrom IH unterschritten wird.
Silizium-Kristall
Kennwerte: Schaltspannung U(BO) O ((≈ 20 ... 200 V),
Haltestrom IH (≈ 1 ... 45 mA), Schaltzeit (100 bis
Beim Anlegen einer kleinen Spannung UD in der
600 ns)
eingezeichneten Polarität (Anode positiver als die
Kathode) liegen die Sperrschichten I und III in
Durchlaßrichtung, während die Sperrschicht II in
56k R1
Sperrrichtung gepolt ist. An dieser Schicht fällt dem-
entsprechend die gesamte anliegende Spannung UD ab. UB
Die Vierschichtdiode befindet sich im Blockierbereich C1
(hochohmiger Bereich), so daß lediglich ein sehr 50V 100nF
ua Bild III-4
kleiner Sperrstrom ID durch das Bauelement fließt. V1 Sägezahn-
1k R2
Wird die Spannung UD weiter erhöht, so steigt die generator mit
Feldstärke in der Sperrschicht II an. Bei einem be- Vierschichtdiode
stimmten Spannungswert, der Nullkippspannung 4E20–8
U(BO) O, wird die Feldstärke jedoch so groß, daß ein
Durchbruch an Sperrschicht II auftritt und plötzlich Die Schaltung in Bild III-4 zeigt einen Sägezahn-
ein stark ansteigender Strom IT durch die Vierschicht- generator mit Vierschichtdiode. Der Kondensator C
diode fließt. Dieser Vorgang wird als „Zünden“ wird über die Widerstände R1 und R2 aufgeladen, bis
bezeichnet. Der Strom IT muß durch einen Vorwider- dieser den Wert U(BO) O der Vierschichtdiode erreicht.
stand RV begrenzt werden. Nach der erfolgten Zündung entlädt sich C sehr
Die Vierschichtdiode geht in den Durchlaßbereich schnell über die Diode und den Widerstand R2, der
(niederohmiger Bereich) über, und die Spannung UD den Entladestrom begrenzt. Sobald bei der Entladung
an der Diode sinkt plötzlich auf einen kleinen der Haltestrom IH unterschritten wird, kippt die Diode
Wert ab. Diese Durchlaßspannung UT beträgt etwa in den Sperrzustand zurück, und es beginnt ein neuer
0,5 ... 1,2 V. Der Durchlaßbereich einer Vierschicht- Ladevorgang.
diode, also ihr weiterer Kennlinienverlauf nach dem Die sägezahnförmige Ausgangsspannung nach
Zünden, ähnelt dem der normalen Silizium-Diode. Bild III-5 kann linearer gemacht werden, indem man
342 Elektronik

ua ist zwar technisch zulässig, aber im Sinne einer


20V Steuerung nicht erwünscht.
2
maximale Betriebsspannung U DRM ≤ U (BO) O (III.2)
3
Um ein Überkopfzünden zu vermeiden, darf die ma-
t ximale Betriebsspannung des Thyristors die Null-
kippspannung nicht erreichen. Für ausreichende Si-
Bild III-5 Liniendiagramm der sägezahnförmigen
cherheit kann gesorgt werden, indem ein Thyristortyp
Ausgangsspannung
mit höherer Nullkippspannung verwendet wird.
das Verhältnis von UB zu U(BO) O größer macht. In ID
dem Falle wird nur der nahezu lineare Beginn der ITAV UT
nach der e-Funktion verlaufenden Ausgangsspannung Durchlaßbereich
benutzt. Der gleiche Effekt wird erzielt, wenn die
Spannungsquelle durch eine Konstantstromquelle
URRM IH Blockierbereich
ersetzt wird. ID
UB UB IR UDRM U
Lastwiderstand ≥ R1 ≥ (III.1) Sperrbereich D
IH I T max
Ist der Lastwiderstand der Vierschichtdiode zu hoch- Bild III-7 Charakteristische Kennlinie eines
ohmig, kann nicht der erforderliche Haltestrom IH Thyristors
fließen. Es kommt nicht zum dauerhaften Zünden der
Diode. Eine rechnerische Einschätzung ermöglicht In Rückwärtsrichtung verhält sich ein Thyristor wie
Gleichung III.1. eine gesperrte Diode. Solange die maximal zulässige
Sperrspannung U(BR) R nicht überschritten wird, fließt
nur ein sehr kleiner Sperrstrom IR. Wird dieser Span-
2 Thyristoren nungswert überschritten, so steigt der Sperrstrom
Die Einrichtungs-Thyristortrioden werden allgemein lawinenartig an, und der Thyristor wird zerstört. Die
als Thyristoren bezeichnet und sind generell aufge- charakteristische Kennlinie eines Thyristors nach
baut wie Vierschichtdioden. Das einzig neue ist das Bild III-7 ähnelt also stark der Kennlinie einer Vier-
als Steueranschluß zusätzlich herausgeführte Gate schichtdiode.
(G). Thyristoren können durch Ansteuerung des Gates ge-
zündet werden, wenn die Anode positiver ist als die
A A A Kathode. Bei den kathodenseitig gesteuerten Thy-
p p p ristoren ist eine positive Gatespannung UG erforder-
n n n Bild III-6
G G2
G p p G1 p Anschlüsse lich, die einen Gatestrom IG in den Thyristor hinein-
n n n der Ein- fließen
K K K richtungs-
Thyristor-
trioden
2000
Der Anschluß ist nach Bild III-6 sowohl an der innen- 1000
liegenden p-Schicht (kathodenseitig gesteuerter
Thyristor) als auch an der innenliegenden n-Schicht V
(anodenseitig gesteuerter Thyristor) möglich. Auch
zwei Gateanschlüsse sind möglich, jedoch wird die 100
Kippspannung u(BO)

Thyristortetrode selten verwendet. Die wichtigste


Bauart ist der kathodenseitig gesteuerte, rückwärts-
sperrende Thyristor.
Unabhängig von der Polarität der zwischen Anode 10
und Kathode liegenden Spannung ist bei kleinen
Spannungswerten mindestens ein pn-Übergang in
Sperrichtung. Der Thyristor ist daher sowohl im
Vorwärtsbetrieb (Anode positiv gegenüber Kathode) 1
als auch im Rückwärtsbetrieb (Anode negativ gegen- 0 40 80 120 160 mA 200
über Kathode) zunächst gesperrt. Wird im Vor- Zündstrom IGT
wärtsbetrieb die Spannung weiter erhöht, kippt der
Thyristor genau wie die Vierschichtdiode bei U(BO) O Bild III-8 Zündkennlinie eines Thyristors
schlagartig in den leitenden Zustand. Dieser Vorgang zur Vertikalsteuerung
III Mehrschichtdioden und -trioden 343

läßt. Der Zündvorgang hängt wesentlich von der ren (Durchlaßzustand) als IT und UT anstelle von ID
Größe des jeweiligen Gatestroms IG ab. Durch ihn und UD bezeichnet. Die wichtigsten Kenndaten von
gelangen Ladungsträger in die Halbleiterzonen, und Thyristoren werden im Kennlinienfeld nach Bild III-
infolge der gegenseitigen Beeinflussung der pn-Über- 10 dargestellt.
gänge kippt der Thyristor bei niedrigeren Werten von
UD in den leitenden Zustand. Den Zusammenhang ID
zwischen Kippspannung U(BO) O und Zündstrom IGT ITAV UT
zeigt das Diagramm nach Bild III-8. Diese Art der Vorwärts-
Zündung bezeichnet man als Vertikalsteuerung. Sie Durchlaßbereich
wird selten angewendet, da sich der Zündzeitpunkt ILAT
IH Blockierbereich
nur ungenau einstellen läßt. URRM ID
Um den Zündzeitpunkt genauer einstellen zu können, IR UDRM UD
geben die Hersteller Zünddiagramme für Thyristoren
Rückwärts- Vorwärts-
an, die den Zusammenhang zwischen der Gatespan- Sperrbereich Sperrbereich
nung und dem Gatestrom beschreiben. Diese weisen
nach Bild III-9 drei wichtige Zonen auf: Bild III-10 Darstellung der wichtigsten Kenndaten
• Unterhalb der Zündspannung UGD ist eine Zün- eines Thyristors
dung nicht möglich, weil die erforderliche Zünd-
energie nicht zur Verfügung steht. Der hohe Durchlaßstrom stellt genügend Ladungs-
• Oberhalb der Zündspannung UGD liegt der Be- träger zur Verfügung, um die pn-Übergänge im
reich, in dem zwar eine Zündung erfolgen kann, leitfähigen Zustand zu halten, wenn der Einraststrom
die aber von mehreren zusätzlichen Faktoren ab- ILAT kurzzeitig überschritten wird. Um den Thyristor
hängt, wie zum Beispiel der anliegenden Durch- wieder in den Sperrzustand zu bringen, muß der
laßspannung, der Sperrschichttemperatur, u.a. Durchlaßstrom kleiner als der Haltestrom IH werden.
• Sichere Zündung ist gewährleistet, wenn die Dieser Strom hängt vom jeweiligen Thyristortyp ab
Gatespannung größer als UGT und der Gatestrom und liegt zwischen einigen mA und etwa 100 mA.
größer als IGT sind. Begrenzt wird dieser Bereich Auch der Haltestrom ist stark temperaturabhängig.
durch die Grenzwerte UGTM, IGTM und die maximal
zulässige Gate-Verlustleistung PG tot. IT

RL UL
UG
U

V1 UT
UGTmax Bild III-11
Thyristor mit
Lastwiderstand an
Wechselspannung
UGT

PGtot Wird ein Thyristor nach Bild III-11 mit sinusförmiger


Wechselspannung betrieben, so erfolgt ein Löschen
bei jedem Nulldurchgang der Betriebsspannung, weil
dadurch zwangsläufig der Haltestrom unterschritten
wird. Der Thyristor muß also nach jedem positiven
IGT IGTmax IG
Nulldurchgang erneut gezündet werden.
Beim Betrieb mit Gleichspannung wird üblicherweise
Bild III-9 Eingangskennlinie und Zünddiagramm der Thyristor gelöscht, indem man einen kurzen
eines Thyristors negativen Spannungsimpuls an die Anode gibt. Da-
durch wird der Thyristor kurzzeitig im Rückwärts-
Das Zündverhalten hängt relativ stark von der Sperr- Sperrbereich betrieben und somit gelöscht.
schichttemperatur des Thyristors ab. Je höher die Das Löschen über das Gate ist bei den meisten Thy-
Temperatur, desto kleiner werden die zur sicheren ristoren nicht möglich (Ausnahme: GTO-Thyristor).
Zündung erforderliche obere Zündspannung UGT und Bei Wechselspannungsbetrieb ist der Thyristor in der
der obere Zündstrom IGT. Nach dem Zünden kippt der negativen Halbwelle stets gesperrt, und eine Zündung
Thyristor sehr schnell vom Blockierbereich in den ist nur in der positiven Halbwelle möglich. Der
Durchlaßbereich. Die Durchlaßkennlinie ähnelt der Zündvorgang kann jeweils bei einem bestimmten
von Silizium-Dioden, jedoch ist die Durchlaßspan- Phasenwinkel a der anliegenden Wechselspannung
nung etwas größer. In den Datenblättern werden die erfolgen. Bild III-12 zeigt hier die entsprechenden
Strom- und Spannungswerte bei gezündeten Thyristo- Zusammenhänge auf.
344 Elektronik

U destwartezeit liegen, die Freiwerdezeit oder Erholzeit


tq genannt wird.
Aber auch ein zu schneller Strom- oder Spannungsan-
2p stieg im Zünd- beziehungsweise Löschzeitpunkt kann
zu unkalkulierbaren Zuständen einschließlich der
p t,f Zerstörung des Thyristors führen (Strom- und Span-
nungssteilheit).
Durch entsprechende Schutzbeschaltungen des Thy-
ristors (siehe Abschnitt 3.5) kann dem entgegenge-
UL
wirkt werden.
Thyristoren werden in großem Umfang als Leistungs-
schalter und zur Leistungssteuerung in Gleich-,
2p Wechsel- und Drehstromkreisen eingesetzt.
a Θ p Mit einem Thyristor als Steuerelement nach Bild
t,f III-11 ist nur Halbwellenbetrieb möglich, daß heißt,
nur die positiven Halbwellen (max. Stromflußwinkel
Q = 180°) gelangen an die Last und erbringen maxi-
mal eine Halbierung der wirksamen Leistungsauf-
UD
nahme. Eine Verringerung des Stromflußwinkels
bedeutet eine weitere Verringerung der Leistung.

I RL
2p Bild III-13
a p t,f
Antiparallel-
UR
schaltung
a Zündverzögerungswinkel U1 V1 V2 zweier
Θ Stromflußwinkel Thyristoren für
Vollwellen-
Bild III-12 Liniendiagramm einer sinusförmigen betrieb
Spannung am Thyristor
Der Thyristor wird jeweils bei a = 90° gezündet und U
automatisch bei wt = 180°, also beim nächsten Null-
durchgang, gelöscht.
Ein Strom fließt also nur während 180° ≥ wt ≥ 90°
durch den Thyristor. Diese Zeitspanne wird auch als 2p
p
Stromflußwinkel Q bezeichnet. Der Stromflußwinkel t, f
Q wird zur Berechnung des arithmetischen Mittel-
wertes des Stroms ITAV benötigt, aber natürlich auch
zur Berechnung des quadratischen Mittelwertes. Um
diese Berechnung zu vermeiden, wird der Zusam- UL
menhang zwischen Verlustleistung, Stromflußwinkel
Q und Strom ITAV in Diagrammen angegeben.
Die hier gezeigte Leistungssteuerung wird als Pha-
senanschnittsteuerung bezeichnet und ermöglicht 2p
a Θ p t, f
eine stufenlose Leistungssteuerung.
Grenzdaten: periodische Spitzensperrspannung UDRM
und URRM; maximale Stoßspitzenspannung UDSM und
URSM; Dauergrenzstrom ITAV; maximaler periodischer
Spitzenstrom ITRM; maximaler Durchlaßstrom ITRMS UD
Kenndaten: Nullkippspannung U(BO) O; Sperrströme
ID, IR; Durchlaßspannung UT, Haltestrom IH; Einrast-
strom ILAT; Zündstrom IGT; Zündspannung UGT
2p
Beim Betrieb des Thyristors sind dynamische Kenn- a p t, f
werte zu beachten. Der zum Zünden erforderliche
Gatestrom muß mindestens so lange fließen, bis die a Zündverzögerungswinkel
Zündung erfolgt ist. Diese Zeit wird als Zündzeit tgt Θ Stromflußwinkel
bezeichnet. Zwischen dem Löschzeitpunkt im Null-
durchgang des Durchlaßstroms und der Wiederkehr Bild III-14 Liniendiagramm einer sinusförmigen
einer Spannung in Vorwärtsrichtung muß eine Min- Spannung bei Vollwellenbetrieb
III Mehrschichtdioden und -trioden 345

Eine Grundschaltung für den Vollwellenbetrieb nach Diacs mit drei Schichten erfolgt der Spannungs-
Bild III-13 ist die Antiparallelschaltung zweier Thyri- einbruch nach dem Zünden nur um einen bestimmten
storen. Hier ist zu beachten, daß die Gatespannungen Spannungsbetrag DU.
UG1 und UG2 jeweils potentialfrei zugeführt werden
müssen. Dies erfolgt in modernen Steuerungen mit IF
Hilfe von Optokopplern, aber auch mit Übertragern.
Die Synchronisation muß so erfolgen, daß jeweils mit positiver
Durchlaßbereich
dem gleichen Phasenanschnittwinkel α der V1 in der
positiven und der V2 in der negativen Halbwelle der
Betriebsspannung gezündet wird. Im Liniendiagramm IHF positiver
nach Bild III-14 wird ein Zündwinkel a = 90° ange- UR U(BR)R UHR
Blockierbereich
nommen. Bei Vollwellenbetrieb ist eine Leistungs-
negativer UHF U(BR)F UF
steuerung zwischen P = 0 W und P = Pmax möglich.
Blockierbereich IHR
Der Zusammenhang zwischen der gesteuerten Leis-
tung P und dem Phasenanschnittwinkel a ist nichtli-
near aufgrund der Nichtlinearität der sinusförmigen negativer
Durchlaßbereich Bild III-16
Versorgungsspannung.
Kennlinie einer Zwei-
Bei kleineren Leistungen werden wegen des Schal-
richtungs-Thyristordiode
tungsaufwandes statt dieser Antiparallelschaltung von
Thyristoren Triacs und Diacs verwendet.
Diacs lassen sich als elektronische Wechselstrom-
schalter verwenden. Sie werden überwiegend für
3 Diac relativ kleine Ströme gefertigt und hauptsächlich zur
Ansteuerung von Triacs eingesetzt.
Schaltet man zwei Vierschichtdioden antiparallel Kennwerte: Durchbruchspannungen U(BR) F, U(BR) R;
zueinander intern in einen Silizium-Kristall, so erhält Durchbruchströme I(BR) F, I(BR) R; Halteströme IHF, IHF;
man eine Zweirichtungs-Thyristordiode, die sowohl maximaler Spitzenstrom Imax
in Vorwärts- wie auch in Rückwärtsrichtung gezündet
werden kann. Die übliche Bezeichnung ist „Diac“ (= Wegen seines Kippverhaltens in Vorwärts- und Rück-
diode alternating current switch = Diodenwechsel- wärtsrichtung werden Diacs hauptsächlich in Zünd-
stromschalter), aber auch die Bezeichnung Trigger- schaltungen für Triacs eingesetzt. Die Zündschaltung
diode ist üblich. Prinzipieller Aufbau und Schaltzei- nach Bild III-17 zeigt das Prinzip eines Dimmers,
chen sind in Bild III-15 zu sehen. Während dieser wobei der Widerstand RL für den Gate-Widerstand
Diac insgesamt 5 Schichten hat, gibt es auch solche eines Triacs steht.
mit 3 Schichten (pnp). 230V/50Hz Bild III-17
Prinzip der Zündschaltung
R1 eines Dimmers
n 10k
p
500k
n R2
Bild III-15 U
V1
p Aufbau und Schalt-
n zeichen eines Diacs

BR100 UL RL
C
100nF 20
Aufgrund der Antiparallelschaltung ergibt sich für
den Rückwärtsbereich (3. Quadrant) ein spiegelbildli-
cher Verlauf der Kennlinie im Vorwärtsbereich Der Kondensator C wird in dieser Schaltung über R1
(1. Quadrant). Nach Überschreiten der Durchbruch- und R2 durch die anliegende AC jeweils auf- und
spannungen U(BR) R und U(BR) F kommt ein Strom in umgeladen. Die RC-Schaltung muß so ausgelegt wer-
der jeweiligen Richtung schlagartig zum Fließen, der den, daß die Spannung UC in jeder Halbwelle U(BR) F
durch einen Vorwiderstand begrenzt werden muß. beziehungsweise U(BR) R erreicht, da der Diac sonst
Die charakteristische Kennlinie eines Diacs mit Blok- nicht zündet. Wenn der Diac zündet, entlädt sich der
kier- und Durchlaßbereich zeigt Bild III-16. Sowohl Kondensator C schlagartig über den Diac und den
bei Betrieb im Vorwärts- als auch im Rückwärts- Widerstand RL. Dadurch entsteht an RL ein kurzer
bereich kann der gezündete und damit niederohmige positiver beziehungsweise negativer Stromimpuls.
Diac nur durch Unterschreiten seines Haltestroms Durch Verstellen des Ladewiderstandes R2 kann der
wieder in den Blockierzustand gebracht werden. Bei Zündzeitpunkt des Diacs während der Halbwellen
346 Elektronik

verändert werden. Die Spannungshöhe und die Im- rant) übereinstimmt. Eine entsprechende Zündung
pulsdauer hängen im wesentlichen von der Kapazität kann auch in den anderen Quadranten erfolgen,
des Kondensators, dem Durchlaßwiderstand des erfordert aber größere Steuerleistungen. Wegen der
Diacs und der Spannungsdifferenz DU des Diacs ab. vier möglichen Steuerungsarten werden für die Gate-
Der Diac bleibt gezündet, bis sein Haltestrom unter- ströme vier zugehörige Werte angegeben.
schritten wird, was beim nächsten Nulldurchgang der Mit Triacs lassen sich in recht einfacher Weise Pha-
Wechselspannung eintritt. senanschnittsteuerungen für Vollwellenbetrieb auf-
bauen. Wegen der niedrigen zulässigen kritischen
Spannungssteilheit ist der Einsatz bei Lasten mit stark
4 Triac induktivem Anteil nicht gut möglich.
Ein Triac (= triode alternating current switch) kann
von seinem technologischen Aufbau her, aber auch
5 Schutz der Dioden und Trioden
aufgrund seiner Funktion nach Bild III-18 als eine
Antiparallelschaltung zweier Thyristoren aufgefaßt Dioden, Triacs und Thyristoren müssen, wie alle
werden. Bauelemente in der Elektronik, gegen Überlastung
geschützt werden. Den Überstromschutz übernehmen
A2 superflinke Sicherungen und Sicherungsautomaten mit
n magnetischer und thermischer Schnellauslösung.
p
A2
n RL Bild III-20
p G A1 Schutzbeschal-
R
n n Bild III-18 tung gegen hohe
V1 UN
Aufbau und Schaltzeichen Spannungs-
A1 G eines Triacs anstiegs-
C geschwindigkeit
Der Triac hat zwei Vorwärtsrichtungen und kann am (du/dt)
Gate mit einem Zündstrom beziehungsweise einer
Zündspannung beliebiger Polarität gezündet werden. Zum Schutz der Bauelemente gegen hohe Span-
Die Kennlinie eines Triacs nach Bild III-19 zeigt nungsanstiegsgeschwindigkeit (du/dt) werden RC-
einen spiegelbildlichen Verlauf im I. und III. Quad- Glieder eingesetzt und den Ventilen nach Bild III-20
ranten des Kennlinienfeldes auf der Basis der Kennli- parallel geschaltet. Die Hersteller geben hier Dimen-
nie eines Thyristors. Ein gezündeter Triac kippt sionierungshilfen in Tabellen- oder Diagrammform.
genau wie ein Thyristor nur dann wieder in den Die RC-Beschaltung dient gleichzeitig dem Schutz
Sperrzustand zurück, wenn sein Haltestrom unter- vor den Folgen des Trägerstaueffektes.
schritten wird. Zum Schutz der Bauelemente gegen hohe Stroman-
stiegsgeschwindigkeit (di/dt) werden kleine Schutz-
ID induktivitäten LS nach Bild III-21 in Reihe zu den
UT Ventilen geschaltet. Hier reicht unter Umständen
bereits die Induktivität des Netztransformators oder
positiver die Anschlußdrähte der Bauelemente aus.
Durchlaßbereich

RL Bild III-21
Schutz-
IH positiver U R
–UA2A1 Blockierbereich (BR) beschaltung
V1 UN
gegen hohe
U(BR) negativer UA2A1
IH Stromanstiegs-
Blockierbereich C geschwindigkeit
LS
(di/dt)
negativer
Durchlaßbereich Um einen gewissen Schutz gegen Überspannungen
Bild III-19 sicherzustellen, werden von den Herstellern fertig
–UT
Kennlinie zugeschnittene Baugruppen geliefert, die zusätzlich
–ID
eines Triacs einen Varistor parallel zum RC-Glied enthalten. Auch
andere Schutzorgane finden hier Verwendung. Solche
Triacs werden meistens mit einem Impuls gezündet, Baugruppen können natürlich auch in Gleichrichter-
dessen Polarität mit der Polarität der an Anschlüssen schaltungen wie hier nach Bild III-22 integriert wer-
A1 und A2 anliegenden Spannung (I. und III. Quad- den.
III Mehrschichtdioden und -trioden 347

Steuerstrom durch die zulässige Steuerverlustleistung


PG, die in Datenblättern für definierte Impulsdauern
R nach Bild III-24 angegeben wird. Die Einschaltzeit
U des Thyristors muß beendet sein, bevor der Impuls
C seinen Scheitelwert erreicht hat.
V1 V2 Die Vertikalsteuerung (Bild III-8) wird nur selten
angewendet, weil eine genaue Bestimmung der Zünd-
winkel nicht erreicht werden kann und nur Steuerwin-
UN kel bis a = 90° möglich sind. Die Horizontalsteuerung
weist diese Mängel nicht auf. Die Ansteuerung erfolgt
häufig durch Zündimpulse und ermöglicht das Zünden
T1 V3 V4 auch bei kleiner Spannung und niedriger Temperatur.
Die Steuerung kann mit Einzelbauelementen oder mit
Ansteuer-IC’s verwirklicht werden.
Bild III-22 Fertige Baugruppen zum Schutz gegen Bei Betrieb der Schaltung nach Bild III-25 an Wech-
Überspannungen selspannung zündet der Triac bei geschlossenem
Da Triacs und Thyristoren in wenigen Mikrosekun- Schalter S mit dem Anstieg der sinusförmigen Be-
den zünden, muß auch der Strom in sehr kurzer Zeit triebsspannung. Der Zündzeitpunkt kann durch die
auf den Wert ansteigen, den die Last aufgrund der Wahl des Gatevorwiderstandes RG und damit der
zum Zündzeitpunkt anliegenden Spannung „zieht“. Einstellung des Gatestroms für Steuerwinkel bis
a = 90° bestimmt werden. Er löscht wieder, wenn
RL 0,1mH beim nächsten Nulldurchgang der Wechselspannung
sein Haltestrom zwangsläufig unterschritten wird.
Solange Schalter S geschlossen ist, fließt ein Wech-
100nF Dimmer selstrom durch den Lastwiderstand.

230V/50Hz 0,1mH Bild III-25


Zünden eines Triacs durch
R
Bild III-23 Entstörmaßnahme für DC am Wechselstromnetz L
Dimmerschaltungen
A1
V1 UN
S RG
Derartig kurze Stromanstiege verursachen jedoch A2
Hochfrequenzstörungen, die sich beim Rundfunk- U
und Fernsehempfang störend bemerkbar machen. Da-
her sind Entstörmaßnahmen für Dimmer zum Bei-
spiel nach Bild III-23 vorzunehmen (Entstörfilter).
Die Schaltung ermöglicht das Einschalten von Wech-
selstromlasten. Ersetzt man die Spannungsquelle und
6 Zündmethoden den Schalter S durch ein Digitalgatter, kann eine Last
Bei Thyristoren und Triacs muß zwischen der Ver- kontaktlos und fast leistungslos eingeschaltet werden.
tikal- und der Horizontalsteuerung unterschieden Wird die Stromzufuhr ins Gate unterbrochen, so wird
werden. In der Praxis wird der Steuerstrom größer als der Triac mit dem nächstfolgenden Nulldurchgang
der obere Zündstrom gewählt. Begrenzt wird der des Laststroms löschen (Vertikalsteuerung).
Die Schaltung nach Bild III-26 zeigt ein Grundprinzip
einer Phasenanschnittsteuerung mit Kondensatorla-
UG dung. In der positiven Halbwelle der Betriebsspan-
V 70W nung wird der Kondensator C über den veränderbaren
15 Vorwiderstand RG aufgeladen. Je nach Widerstands-
20W
wert von R2 steigt die Spannung am Kondensator
schnell oder langsam an. Dadurch wird die zum Zün-
10 7W den des Thyristors erforderliche Gatespannung erst
10μs
mit einer einstellbaren Verzögerung gegenüber dem
2W
5
Beginn der positiven Halbwelle der Betriebsspannung
erreicht. Auf diese Weise kann der Zündzeitpunkt
100μs
t=1ms „beliebig“ eingestellt werden. Sobald der Thyristor
DC gezündet hat, wird der Kondensator über die Gate-
0 1 2 3 4 5 6 7 8 IG Kathodenstrecke des Thyristors teilweise wieder
A entladen. Der Widerstand R1 begrenzt den maxima-
Bild III-24 Gate-Eingangskennlinie len Gatestrom.
348 Elektronik

U
V2 RL
R1
t, f

RG
R2 UN
UR1
V1

t, f
C

Bild III-26 Grundprinzip einer UL


Phasenanschnittsteuerung
a U a U t, f
Der Lastwiderstand ist vor das RC-Glied gezogen
worden und bietet den Vorteil, daß die Ladespannung
des Kondensators nach dem Zünden auf die geringe
Durchlaßspannung des Thyristors begrenzt wird. UD
Mit dieser Schaltung lassen sich Stromflußwinkel
20° < Q < 160° erreichen.
a a t, f
Bei der Horizontalsteuerung erfolgt die Ansteuerung
zweckmäßigerweise durch Zündimpulse und ermög-
licht präzises Zünden zu jedem gewünschten Zeit-
punkt innerhalb der Halbwellen. Dies läßt sich durch Bild III-28 Liniendiagramm einer Vollwellen-
eine Synchronisierung des Impulsgenerators mit der schaltung mit Thyristor
Netzspannung erreichen. Im Liniendiagramm nach Bild III-28 ist ein Phasen-
Die Schaltung nach Bild III-27 läßt den Vollwellen- anschnittwinkel a = 90° angenommen, so daß hier IL
betrieb mit einem Thyristor zu. Der B2-Gleichrichter und UL jeweils mit halbierten positiven Halbwellen
läßt eine Spannung am Widerstand R1 abfallen. Mit wirksam sind, also die Hälfte der maximalen Leistung
Hilfe des RC-Gliedes (R5 und C1) kann nun der an die Last (Lampe) gelangt.
Zeitpunkt eingestellt werden, an dem der Unijunc-
tion-Transistor (UJT) durchsteuert und Spannungs- 100
impulse an R3 hervorgerufen werden, die den Thy- P
90
ristor am Gate ansteuern. Der Widerstand R4 dient %
zur Begrenzung des Gatestroms. 80

RL 70

UL 60
V1 V2 R2 R5
50
u UR1 UD V5
UN R4 V6 40
R1
uC C1 30
V3 V4 UR3
T1 R3
20
Bild III-27 Schaltung zum Vollwellenbetrieb 10
mit einem Thyristor
0
a0
Aufgrund der Spannung UR1 ist der Thyristor immer 0 15 30 45 60 75 90 105 120 135 150 165 180
180 165 150135 120 105 90 75 60 45 30 15 0
im Vorwärtsbetrieb und kann darum in jeder Halb- U0
welle gezündet werden. Die Leistung ist theoretisch
Bild III-29 Zusammenhang zwischen Anschnitt-
zwischen 0 ≤ P ≤ Pmax steuerbar, zum Beispiel kann
winkel, Stromflußwinkel und Leistung
die Helligkeit einer Lampe von 0% bis 100% ge-
steuert werden. Die Grenzbereiche (a < 15° und Der Zusammenhang zwischen Pmax und dem jewei-
a > 165°) lassen sich mit dieser Schaltung nicht reali- ligen Winkel ist im Bild III-29 dargestellt. Hier ist
sieren. erkennbar, daß der Zusammenhang nichtlinear ist.
IV Transistoren 349

IV Transistoren

Der Prototyp des Transistors wurde im Jahre 1948 ge- Anhand dieses Ersatzschaltbildes nach Bild IV-1 soll
funden, als die US-Amerikaner John Bardeen die grundsätzliche Polung eines als Verstärker betrie-
und Walter H. Brattain bei der Untersuchung von benen Transistors nach folgenden Bedingungen be-
Diodenübergängen eine Metallprüfspitze auf die schrieben werden:
n-Schicht aufsetzten und so unbeabsichtigt eine pnp- 1. Die Basis-Emitter-Diode ist grundsätzlich in
Schichtfolge entstand. Zu ihrer Überraschung stellten Durchlaßrichtung zu betreiben.
sie bei weiteren Messungen fest, daß bei Widerstands- 2. Die Basis-Kollektor-Diode ist grundsätzlich in
änderungen in der einen Grenzschicht auch der Sperrichtung geschaltet.
Widerstand der anderen Grenzschicht beeinflußt
wird. Damit war das Grundprinzip des Transistors Um den Transistor als Verstärker betreiben zu kön-
entdeckt. Das Kunstwort „Transistor“ entstand aus nen, müssen für die Basis zwei Voraussetzungen
der Bezeichnung „transfer resistor“, was soviel wie erfüllt sein:
„Widerstandsänderungen von einer Grenzschicht zur 1. Sie muß sehr gering dotiert sein; Dotierungsgrad
anderen übertragen“ bedeutet. 1/100 des Emitters!
2. Sie muß sehr dünn sein gegenüber der mittleren
freien Weglänge der Majoritätsträger (1 bis
1 Bipolare Transistoren 100 μm).
Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, kann
Ergänzt man die pn-Schichtenfolge einer Diode um
mit einem kleinen Eingangsstrom (Basisstrom) ein
eine weitere n- oder p-Schicht, so erhält man die
großer Ausgangsstrom (Kollektorstrom) gesteuert
Schichtenfolge eines Transistors. Entsprechend der
werden.
Schichtenfolge unterscheidet man npn- oder pnp-
Transistoren.
Am Ladungstransport sind aufgrund der verschiede-
1.1 Transistoreffekt
nen Dotierungsarten sowohl Löcher als auch Elek- Durch die in Durchlaßrichtung betriebene Basis-
tronen beteiligt. Darum spricht man hier von „bi- Emitter-Diode eines npn-Transistors fließt ein großer
polaren“ Transistoren im Gegensatz zu den „uni- Durchlaßstrom (Emitterstrom), der so gerichtet ist,
polaren“ Transistoren, die im Kapitel 4.2 beschrieben daß die durch Dotierung vorhandenen Elektronen zur
werden. Basis wandern. In der Basis findet diese große Menge
Die mittlere Schicht bezeichnet man als Basis. Sie an Elektronen wegen des geringen Dotierungsgrades
dient zum Steuern des Transistors. Die beiden äuße- der Basis nur wenig Löcher als Rekombinie-
ren Schichten heißen Emitter (sendet Ladungsträger rungspartner vor. Es kommt deshalb nur zu einer ge-
aus) und Kollektor (sammelt Ladungsträger ein). Der ringen Anzahl von Rekombinationen. Der größte Teil
Pfeil am Emitter gibt die technische Stromrichtung der vom Emitter kommenden Elektronen über-
des Emitterstroms an. schwemmt die Basis als freie Ladungsträger. Da die
Basis sehr dünn ist, werden die Elektronen auf-
C C grund ihrer Eigengeschwindigkeit zum Kollektor hin
abgedrängt. Das Überschreiten der Kollektor-Basis-
N C Sperrschicht bildet für die Elektronen kein Problem,
B P B B da sie in der Basis Minoritätsträger sind. Die Sperr-
N E schicht eines pn-Überganges stellt jedoch nur für die
Majoritätsträger ein Hindernis dar.
E E Wegen der geringen Anzahl von Rekombinationen
C C in der Basis gelangen also fast alle vom Emitter
Bild IV-1
ausgesandten Elektronen zum Kollektor. Es fließt
P C Schichtenfolge,
ein Kollektorstrom, der etwas kleiner ist als der
B N B B Ersatzschaltbild
Emitterstrom, denn die durch Rekombination in der
P und Schaltzeichen
E Basis gebliebenen Elektronen würden die Basis
von npn- und
negativer machen, wenn sie nicht nach außen
E E pnp-Transistoren
abgeführt würden. Dieser Elektronenstrom, der aus
der Basis herausfließen muß, damit Basispotential
Als Ersatzschaltbild nach Bild IV-1 kann man die und Emitterstrom konstant bleiben, stellt den Basis-
Reihenschaltung zweier Dioden verwenden, die eine strom dar. Er bestimmt den Arbeitspunkt des Tran-
gemeinsame Kathode beziehungsweise Anode haben. sistors.
Die eine Diode ist die Basis-Emitter-Diode, die Wird der Basisstrom größer, werden mehr Elektronen
andere die Basis-Kollektor-Diode. aus der Basis entnommen, als zur Erhaltung eines
350 Elektronik

stabilen Zustandes notwendig wäre. Die Basis wird 1.2 Transistorkennlinien


positiver und die Basis-Emitter-Spannung und der
Um das Betriebsverhalten eines Transistors im
Emitterstrom werden größer. Werden weniger Elekt-
Normal- und Grenzfall beschreiben zu können, ist
ronen entnommen, so wird der Emitterstrom kleiner.
die Kenntnis der Ein- und Ausgangsgrößen erforder-
Durch diesen kleinen Basisstrom, der zum Emitter-
lich.
strom im gleichen Verhältnis steht wie der Dotie-
rungsgrad der Basis zum Dotierungsgrad des Emit- Eingangsgrößen: Basis-Emitter-Spannung UBE
ters, kann der große Emitter- beziehungsweise Kol- Basisstrom IB
lektorstrom gesteuert werden. Ausgangsgrößen: Kollektor-Emitter-Spannung UCE
Beim npn-Transistor sind vorwiegend Elektronen Kollektorstrom IC
am Ladungstransport beteiligt, während beim pnp- Die Eingangskennlinie IB = f(UBE) eines Transistors
Transistor vornehmlich Löcher am Ladungstransport ist in Bild IV-3 dargestellt. Mit dem Basisstrom
beteiligt sind. verändert sich zwangsläufig auch der Kollektorstrom.
Deren Bewegungsrichtung ist wegen der umgekehr- Darum müssen Kollektorspannung und Sperrschicht-
ten Polung des pnp-Transistors jedoch die gleiche wie temperatur konstant gehalten werden.
die der Elektronen beim npn-Transistor, nämlich vom
Kollektor zum Emitter. Somit erübrigt sich die Be-
schreibung der physikalischen Wirkungsweise des UCE
IB
pnp-Transistors. Letztlich ist ja auch der Löcherstrom mA 5V
ein Elektronenstrom, der auf der indirekten Elektro- 3V 8V
1000
nenbewegung beruht (darum sind Elektronen beweg-
licher als Löcher). 800
Wegen der unterschiedlichen Beweglichkeit von
600
Elektronen und Löchern sind npn-Transistoren für
hohe Frequenzen besser geeignet als pnp-Transi- 400
storen. Viele elegante und einfache Schaltungen
lassen sich mit „Komplementärpärchen“ (je ein npn- 200
und pnp-Transistor mit identischen Daten) realisie- 0
ren. 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 UBE
V
–IC IC Bild IV-3 Eingangskennlinie eines Transistors
–IB IB UCE
–UCE Da die Basis-Emitter-Strecke eines Transistors eine
–UBE UBE Diode in Durchlaßrichtung ist, hat die Eingangs-
–IE IE
kennlinie die Form einer Diodenkennlinie in Durch-
laßrichtung. Der Basisstrom steigt stark an, sobald die
Bild IV-2 Spannungs- und Strompfeile an Basis-Emitter-Spannung einen bestimmten Wert (die
Transistoren (a + b) Diffusionsspannung) überschritten hat. Für andere
Werte von UCE ergeben sich andere Eingangskennli-
Die Spannungen am Transistor werden nach Bild nien, wie Bild IV-3 zeigt.
IV-2 durch zwei Indices gekennzeichnet, nämlich
durch die Indices der Elektroden, zwischen denen die UBE ≈ 0,2 V bis 0,3 V bei Ge-Transistoren
Spannung gemessen wird. Die Reihenfolge der Indices UBE ≈ 0,6 V bis 0,7 V bei Si-Transistoren
beziehungsweise die Richtung der Spannungspfeile
Hieraus läßt sich der Ersatzwiderstand rBE zwischen
gibt die Meßrichtung an: Kollektor-Basisspannung
Basis- und Emitteranschluß des Transistors berech-
UCB, Basis-Emitterspannung UBE und Kollektor-
nen, durch den die Steuerspannungsquelle belastet
Emitterspannung UCE.
wird.
Die Ströme am Transistor werden durch einen Index
gekennzeichnet, und zwar durch den Index der Elek- U BEA
DC-Eingangswiderstand RBE = (IV.1)
trode, durch die sie fließen. I BA
Die Festlegung der Richtungspfeile kann man nach
verschiedenen Gesichtspunkten vornehmen: Entweder Dieser Gleichstromwiderstand RBE darf nicht mit
nach der tatsächlichen Bewegungsrichtung der La- dem differentiellen Eingangswiderstand rBE (Klein-
dungsträger im Kristall und in den Zuleitungen (zur signal-Eingangswiderstand) des Transistors verwech-
physikalischen Deutung) oder nach der allgemein selt werden. Er stellt die Steigung der Eingangs-
üblichen technischen Stromrichtung, vom Pluspol kennlinie im jeweiligen Kennlinienpunkt, sprich
zum Minuspol. Transistoren sind in zahlreichen Arbeitspunkt, dar.
Gehäuseformen (Bauformen) lieferbar, die nur zum Für eine Diodenkennlinie gilt Gleichung II.2, die
Teil genormt sind. dementsprechend auch für eine Transistor-Eingangs-
IV Transistoren 351

kennlinie gilt. Berechnet man mathematisch die IC


1. Ableitung der Kurve, so gilt: mA
dI B 1 I BS ⋅ e UUBE I 100
= = T
≈ BA für UBE >> UT UCE = 5V
dU BE rBE UT UT 80

UT 60
differentieller Widerstand rBE ≈ (IV.2)
I BA 40
Der differentielle Widerstand rBE ist bedeutend klei- 20
ner als der Basis-Emitter-Ersatzwiderstand RBE.
Bei der Aufnahme der Stromsteuerkennlinie IC = f(IB) 0
0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 U
nach Bild IV-4 wird der Basisstrom IB verändert, BE
während UCE jeweils konstant gehalten wird. Bereits V
Bild IV-5 Spannungssteuerkennlinie
bei der Untersuchung der Funktionsweise des Tran-
sistors ist erkennbar, daß der Kollektorstrom mit dem dI C I mA
Basisstrom verknüpft ist. Steilheit S = ª C [S] = (IV.5)
dU BE UT V
IC Eine Sperrschichttemperatur von 45 °C ergibt
mA UT = 24,4 mV. Die theoretisch mögliche Steilheit
5 eines Transistors für Überschlagsrechnungen beträgt
UCE = 5V
bei dieser Temperatur
4
1
Steilheit S = 36 ⋅ ⋅ I C (IV.6)
3 V
ΔIC

IC UCE = 3V
2 Für Kleinsignal-Transistoren stimmt diese Gleichung
recht gut, bei Leistungs-Transistoren weichen die errech-
1 neten Werte von den tatsächlichen Größen erheblich ab.
Die Ausgangskennlinien beschreiben den Zusam-
0
5 10 15 20 25 I menhang zwischen den beiden Ausgangsgrößen, dem
B
ΔIB mA Kollektorstrom IC und der Kollektor-Emitter-Span-
nung UCE. Bei konstanter Sperrschichttemperatur
Bild IV-4 Stromsteuerkennlinie muß entweder der Basisstrom oder die Basis-Emitter-
Spannung konstant gehalten werden, wenn die Kenn-
Die Stromverstärkung B wird durch den Dotierungs-
linien eindeutig sein sollen.
grad der einzelnen Schichten des Transistors einge-
stellt, ist also in erster Linie hiervon abhängig und Ausgangskennlinien IC = f (UCE)
weniger von anderen Einflußgrößen. Tatsächlich ist IB = Parameter (Emitterschaltung)
zwischen IC und IB über einen weiten Bereich eine BC 237, BC 238, BC 239
Proportionalität vorhanden, der Graph ergibt annä- 1000
IC 4mA
hernd eine Gerade. Für verschiedene Werte von UCE 3,5mA
ergeben sich unterschiedliche Stromverstärkungs- mA
kennlinien, wie Bild IV-4 zeigt. 800 3mA
I
Gleichstromverstärkung B = C (IV.3)
IB
2,5mA
DI 600
Kleinsignalverstärkung b= C (IV.4) 2mA
DI B
Die Spannungssteuerkennlinie IC = f(UBE) ergibt an- 400 1,5mA
nähernd den exponentiellen Verlauf einer Dioden-
kennlinie (siehe Eingangskennlinie). Die Steigung S
der Kennlinie nach Bild IV-5 wird in Anlehnung an 1mA
die Röhrentechnik als Steilheit S bezeichnet. Beim 200
„idealen Transistor“, bei dem der Kollektorstrom IB = 0,5mA
exponentiell mit der Basis-Emitter-Spannung steigt,
ist das Verhältnis von Steilheit zu Kollektorstrom 0
konstant. 1 2 3 4 5V
Die Gleichung ergibt sich aus der 1. Ableitung der
UCE
Diodenkennlinie unter Berücksichtigung der Tempe- Bild IV-6 Ausgangskennlinienfeld mit IB
raturspannung UT. als Parameter
352 Elektronik

Ausgangskennlinien IC = f (UCE) flachen Verlauf. Wenn der Arbeitspunkt eingangs-


UBE = Parameter (Emitterschaltung) seitig festgehalten wird (UBE, IB), ändert sich der
BC 237, BC 238, BC 239 Kollektorstrom kaum. Die Stromverstärkung wird
1000 durch die Dotierung eingestellt, kann also durch UCE
IC UBE = 0,61V
kaum beeinflußt werden.
mA
Um zu untersuchen, welche Rückwirkung die Aus-
800 gangsspannung UCE des Transistors auf die Eingangs-
spannung UBE ausübt, wird UBE in Abhängigkeit von
0,60V UCE dargestellt. Damit die Kennlinien eindeutig sind,
600 wird der Basisstrom IB konstant gehalten. Bild IV-8
zeigt für verschiedene Werte von IB das Kenn-
0,59V linienfeld der Spannungsrückwirkung Du. Es ist er-
kennbar, daß die Spannungsrückwirkung sehr gering
400 0,58V ist. Das Verhältnis von DUBE/DUCE liegt bei etwa
0,57V 10–4 bis 10–6.
Eine Darstellungsweise, die die Zusammenhänge
0,56V
200 zwischen den einzelnen Kennlinien besonders deut-
0,55V lich macht, ist das Vierquadranten-Kennlinienfeld.
0,54V Hier werden alle vier Quadranten eines Koordinaten-
0,53V
0,52V kreuzes zur Darstellung der verschiedenen Kenn-
0,51V
0
1 2 3 4 5V linien ausgenutzt, wobei die gegenseitige Abhängig-
UCE keit in Bild IV-9 deutlich wird.
Im I. Quadranten wird das Ausgangskennlinienfeld
Bild IV-7 Ausgangskennlinienfeld mit UBE
mit IB als Parameter dargestellt, im II. Quadranten die
als Parameter
Stromsteuerkennlinie, im III. Quadranten die Ein-
gangskennlinie und im IV. Quadranten die Rückwir-
Man unterscheidet deshalb zwei Ausgangskennlinien-
kungskennlinien.
felder:
1. das Ausgangskennlinienfeld, bei dem IB konstant
gehalten wird (IB als Parameter, Bild IV-6) IC
II I
2. das Ausgangskennlinienfeld, bei dem UBE kon-
stant gehalten wird (UBE als Parameter, Bild IV-7)
IB
Der Verlauf der beiden Ausgangskennlinienfelder ist B=f(UCE)
grundsätzlich gleich. Bei beiden Kennlinienfeldern
steigt der Kollektorstrom schon bei kleinen Werten
der Kollektor-Emitter-Spannung stark an, um dann ab
Erreichen eines bestimmten Wertes von UCE in die
Sättigung überzugehen. IB UCE
Dieser Wert von UCE, der vom jeweiligen Basisstrom
abhängig ist, heißt Sättigungsspannung UCE sat. Wird
UCE größer als UCE sat, steigt der Kollektorstrom nur rBE = f (UCE) Du= f (IB)
noch sehr gering an.
Die Kennlinien beider Kennlinienfelder zeigen nach III UBE IV
Überschreiten der Sättigungsspannung einen sehr
Bild IV-9 Vier-Quadranten-Kennlinienfeld
UBE eines Transistors
V
Je flacher die Ausgangskennlinien verlaufen, desto
weniger hängt die Stromsteuerkennlinie vom Parame-
0,8 IB
ter UCE ab.
0,6 3 mA
1.3 Kenn- und Grenzwerte des Transistors
0,4 2 mA
IB = const. Um den Arbeitsbereich eines Transistors nach
0,2 1 mA Bild IV-10 einzugrenzen, sind Grenzwerte und Kenn-
daten zu ermitteln und zuzuordnen.
0
2 4 6 8 10 UCE Grenzwerte: zu hohe Kollektor-Emitter-Spannung
V UCE > UCE max, zu großer Kollektorstrom IC > IC max,
Bild IV-8 Spannungsrückwirkungskennlinie zu große Verlustleistung PV > Ptot, zu hohe Sperr-
IV Transistoren 353

gilt
IC
Ptot PV ≈ U CE ⋅ I C ≤ Ptot (IV.8)
IB = const Durch die Verlustleistung bei Dauerbetrieb entsteht in
ICmax
der Sperrschicht Wärme; die Sperrschichttemperatur
erhöht sich. Sie darf bestimmte Werte nicht über-
schreiten, weil der Kristall ansonsten seine Halblei-
tereigenschaften stark verändert und der Transistor
zerstört wird. Die zulässige Sperrschichttemperatur TJ
hängt vom Halbleitermaterial ab.
UCE0 UCE Sperrschichttemperatur JJ ≈ 90 ⴗC bei Germanium-
Transistoren und JJ ≈ 150 ⴗC bis 200 ⴗC bei Silizium-
Bild IV-10 Zulässiger Arbeitsbereich eines Transistoren.
Transistors Oberhalb einer bestimmten, vom Basisstrom abhängi-
gen Kollektor-Emitter-Spannung wächst der Kollek-
Temperaturabhängigkeit der torstrom plötzlich sehr stark mit UCE an. Dieses
zulässigen Gesamtverlustleistung
Ptot = f (TU); Rth = Parameter Verhalten wird als „2. Durchbruch“ bezeichnet. Hier
BC 237, BC 238, BC 239 darf ein Transistor nicht mehr betrieben werden.
Ptot
W IC UCB=0V RBE
IB=0
Übersteuerungsbereich RBE=0
0,4 IE=0
normaler

Emitter offen
Emitterdiode
Basis offen
Kennlinienverlauf

gesperrt
0,3
aktiver Bereich
RthJU RthJG
Durchbruchbereich
0,2

0,1 Sperrbereich U U UCB0 UCE


UCE0 CER CES
UCEV

0 Bild IV-12 Durchbruchspannungen und Restströme


100 TU 200 eines Transistors
°C
Bild IV-11 Verlustleistung in Abhängigkeit von der Bild IV-12 zeigt die wichtigsten Durchbruchspan-
Umgebungstemperatur nungen und die zugehörigen Restströme.
Es gilt folgende Beziehung:
schichttemperatur JJ > JJ max, zu große Basis-Emitter- UCEO < UCER < UCES < UCEV
Spannung UBE > UBE max, zu großer Basisstrom
IB > IB max können zur Zerstörung des Transistors Statische Kenndaten: Gleichstromverstärkung B,
führen. Sättigungsspannung UCE sat, Restströme ICEO
Das Diagramm nach Bild IV-11 zeigt, wie hoch die Die Sättigungsspannung ist vor allem dann von
Verlustleistung bei einer bestimmten Umgebungs- Interesse, wenn ein Transistor im Schalterbetrieb
temperatur sein darf. Wird jedoch die im Transistor arbeitet. Sie ist die Spannung, die zwischen Kollektor
erzeugte Wärme durch einen Kühlkörper Rth JG oder und Emitter abfällt, wenn der Transistor voll durch-
durch eine Montage auf ein Chassis besser abgeführt, gesteuert ist. Sie wird auch Restspannung genannt.
so ist die Gesamtverlustleistung auch noch bei höhe- Gerade bei kleinen Kollektorstromwerten macht sich
ren Umgebungstemperaturen zulässig. in den pn-Übergängen der Reststrom störend bemerk-
bar. Wenn der Basisstrom noch Null ist, fließt zum
Gesamtverlustleistung
Beispiel schon ein geringer Kollektorstrom. Dies ist
PV = U CE ⋅ I C + U BE ⋅ I B ≤ Ptot (IV.7) der Kollektor-Emitter-„Reststrom“ ICEO. Das ist der
auf der Eigenleitung beruhende Sperrstrom der Kol-
Wegen
lektor-Emitter-Strecke; er ist stark temperaturabhän-
U CE ⋅ I C >> U BE ⋅ I B gig.
354 Elektronik

Die oben beschriebenen Kennlinien liefern die Daten i1 i2


für die Gleichstromsteuerung und den Großsignalbe-
trieb. Infolge der Krümmung der meisten Kennlinien u1 u2
muß man zur Beschreibung des Kleinsignalverhaltens
des Transistors die Steigung der Kennlinien im Ar-
beitspunkt verwenden (Tangente an die Kennlinie im
AP). Bild IV-13 Transistor als Vierpol
Die grafische Ermittlung dieser Kennwerte ist
meist ungenau. Sie werden darum in den Daten- Auf Transistoren angewendet:
blättern der Hersteller als Zahlenwert genannt. Die u BE = h11 ⋅ i B + h12 ⋅ u CE , i C = h 21 ⋅ i B + h 22 ⋅ u CE
Datenblätter geben die dynamischen Kenngrößen
in Form der h-Parameter oder y-Parameter an, (IV.9)
die nur für einen bestimmten Arbeitspunkt, eine Die in den Datenblättern angegebenen Parameter
bestimmte Temperatur und eine bestimmte Frequenz gelten immer nur für einen ganz genau definierten
gelten. Sie stellen die Wechselstrom-(Signal-)kenn- Arbeitspunkt. Soll der Transistor in einem anderen
werte dar. Arbeitspunkt betrieben werden, müssen die h-Para-
Während diese Transistor-Kenndaten im NF-Bereich meter für den neuen Arbeitspunkt umgerechnet wer-
meist als h-Parameter angegeben sind, werden sie im den.
HF-Bereich und bei den Feldeffekttransistoren als Aus den Diagrammen nach Bild IV-14 läßt sich
y-Parameter dargestellt. Diese Parameter sind Ver- jeweils der Faktor He für den neugewählten Kollek-
hältnisgrößen und beschreiben wegen der Vierpol- torstrom oder für die neugewählte Kollektorspannung
theorie das Gesamtverhalten eines Transistors als ablesen. Daraus lassen sich die h-Parameter für den
Kleinsignalverstärker, wenn man ihn als Vierpol nach neuen Arbeitspunkt berechnen.
Bild IV-13 betrachtet. umgerechnete h-Parameter
u 1 = h 11 ⋅ i 1 + h 12 ⋅ u 2 , i 2 = h 21 ⋅ i 1 + h 22 ⋅ u 2 hneu = halt ⋅ H ei
Die Begriffe kurzgeschlossener und offener Ein- hneu = halt ⋅ H eu (IV.10)
gang oder Ausgang beziehen sich immer auf den hneu = halt ⋅ H ei ⋅ H eu
Wechselspannungsanteil eines Signals. Ein solcher
Kurzschluß läßt sich zum Beispiel leicht mit Mit den h-Parametern läßt sich das für alle Grund-
Hilfe eines ausreichend großen Kondensators herstel- schaltungen des Transistors gültige Wechselstrom-
len. Ersatzschaltbild nach Bild IV-15 beschreiben.

Tabelle IV-1 Bedeutung der h-Parameter

Bedeutung der h-Parameter


Ermittlung aus Kennlinien/Meßgrößen:
DU BE u BE
h11 = rBE = = Kurzschluß-Eingangswiderstand (Einheit W)
DI B iB

für UCE = const und uCE = 0

DU BE u BE
h12 = Du = = Leerlauf-Spannungsrückwirkung (dimensionslos)
DU CE u CE

für IB = const und iB = 0

DI C i C
h21 = b = = Kurzschluß-Stromverstärkung (dimensionslos)
DI B iB

für UCE = const und uCE = 0

1 DI C i
h22 = = = C Leerlauf-Ausgangsleitwert (Einheit eines Leitwertes)
rCE DU CE u CE

für IB = const und iB = 0


IV Transistoren 355

Stromabhängigkeit der h-Parameter Spannungsabhängigkeit der h-Parameter


He = f (IC); UCE = 5V He = f (UCE); IC = 2mA
BC 107, BC 108, BC 109 BC 107, BC 108, BC 109
102 He Bild IV-14
UCE = 5V IC = 2mA
5 Diagramme zur
Umrechnung
He 2,0 der h-Parameter für
h11e
andere Arbeitspunkte
101 h21e
1,5 h11e
5
h12e
1,0 h12e
100 h21e

5 0,5 h22e
h22e

10–1 0
10–1 5 100 1 10 20 UCE
IC 5 10
mA V

iB iC Zusätzlich macht sich bei höheren Frequenzen auch


die Laufzeit der Ladungsträger durch den Transistor
h11 h 21 iB bemerkbar.
1
ue h22 ua Aus diesen Gründen wird die Stromverstärkung b des
Transistors mit zunehmender Frequenz kleiner. Bei
h 12 ua der Grenzfrequenz fg ist die Verstärkung um 3 dB ge-
sunken.
Die Frequenzabhängigkeit der Stromverstärkung
Bild IV-15 Wechselstrom-Ersatzschaltbild eines Transistors ist in Bild IV-16 im Prinzip darge-
eines Transistors stellt.
Die Frequenz, bei der b = 1 ist, wird als Transit-
In den Datenblättern werden häufig die für die Emit- frequenz fT bezeichnet. Die Transitfrequenz fT hängt
terschaltung gültigen h-Parameter (h-Parameter mit sowohl vom Kollektorstrom als auch von der Span-
dem Index „e“ gekennzeichnet) angegeben, die sich nung ab.
mit Hilfe der Gleichungen in Tabelle IV-2 leicht in Bei Kleinsignalverstärkern mit geringen Eingangs-
die h-Parameter für die anderen Grundschaltungen leistungen ist das Rauschen von Transistoren im NF-
umrechnen lassen. und HF-Bereich von Bedeutung.

Tabelle IV-2 Umrechnungsfaktoren

Basisschaltung Kollektorschaltung

h11 e h12 e − Dh e
h11 b = h12 b = − h 11 c = h 11 e h 12 c = − h12 e + 1
Sh e Sh e
h 21 e + Dh e h 22 e h 21 c = − h 21 e − 1 h 22 c = h 22 e
h 21 b = − h 22 b =
Sh e Sh e
Dhe = h11 e ⋅ h 22 e − h12 e ⋅ h 21 e Sh e = 1 − h12 e + h 21 e + Dh e

Wichtig für das Wechselstromverhalten sind die Das Stromrauschen ist dabei auf Unregelmäßigkeiten
Sperrschichtkapazitäten des Transistors; ihr Wert im Ladungsträgerfluß zurückzuführen. Solche Effekte
hängt von der anliegenden Sperrspannung ab. Die treten in Halbleitern durch Generation und Rekom-
Kollektor-Basis-Kapazität CCB liegt zwischen Emit- bination von Ladungsträgern auf, aber auch an Me-
ter- und Basis-Anschluß im Gegenkopplungskreis tall-Halbleiterübergängen.
und bildet mit dem Ausgangswiderstand des Tran- Thermisches Rauschen dagegen beruht auf der regel-
sistors einen Hochpaß für die Signalfrequenzen. losen Bewegung thermisch angeregter Ladungsträger.
356 Elektronik

b Grundsätzlich muß zwischen zwei FET-Gruppen


100 unterschieden werden, und zwar zwischen den Sperr-
70 schicht-FET (auch J-FET genannt) und den IG-FET
(IG = isoliertes Gate). Bei den IG-FET unterscheidet
man zwischen den Typen je nach technischer Aus-
10 führung der Isolierschicht und dem verwendeten
dotierten Halbleitermaterial. Eine Übersicht bietet
Bild IV-17.
f In der heutigen Technologie verwendet man als
MHz
1 Isolierschicht fast ausschließlich Siliziumdioxyd.
0,001 0,01 0,1 1 10 fT 100 Daher kommen MOS-FET (metal-oxide-semiconduc-
fgo
tor) am häufigsten vor.
Bild IV-16 Stromverstärkung in Abhängigkeit von Da die Steuerung des Stroms im FET über ein elektri-
der Frequenz sches Feld erfolgt, fließt in den Steuereingang des
FET (Gate G) quasi kein Strom. Folglich hat der FET
Mit der Zunahme der Temperatur steigt auch das einen sehr hohen Eingangswiderstand und wird
thermische Rauschen an. nahezu leistungslos angesteuert.
Ein Maß für das in einem Transistor erzeugte Rau- Der Einsatz als Wechselspannungsverstärker be-
schen ist die Rauschzahl F, die in den Datenblättern schränkt sich dabei fast nur auf die Vorverstärker-
meistens im logarithmischen Wert in dB angegeben stufe im HF- und NF-Bereich. Das Hauptanwen-
ist. Hiermit kann nun bei einer gegebenen Verstärker- dungsgebiet der FET liegt jedoch bei den integrierten
schaltung die Mindestnutzspannung berechnet wer- Schaltungen der Analogtechnik und insbesondere der
den, die am Eingang anliegen muß, damit am Aus- Digitaltechnik, also Verwendung als Schalter.
gang des Verstärkers das Nutzsignal um einen be- Die Weiterentwicklung der FET hat zu Typen wie
stimmten Faktor größer als das Rauschen ist. VMOSFET, SIPMOSFET und IGBT geführt, die die
Die so erzeugte Rauschspannung deckt unter Um- Einsatzgebiete ausgedehnt haben.
ständen ein weites Frequenzband ab und führt bei
sehr geringen Signalspannungen in der Nachrichten- 2.1 Aufbau und Wirkungsweise
technik zu erheblichen Problemen. des Sperrschicht-FET
Sperrschicht-FET werden als P-Kanal- oder N-Kanal-
2 Feldeffekttransistoren (FET) Typ hergestellt. Ihre Schaltzeichen sind in Bild IV-18
dargestellt. Im folgenden wird ein N-Kanal-Typ be-
Neben den bipolaren Transistoren gibt es die „uni- schrieben.
polaren“ Transistoren, bei denen am Ladungsträger- Bei einem P-Kanal-Typ sind lediglich die Kanal- und
transport nur eine Ladungsträgerart, also entweder Gatedotierung sowie die Polaritäten der Spannungen
Löcher oder Elektronen, beteiligt sind. Die Steuerung zu vertauschen.
des Stromflusses erfolgt bei ihnen durch ein elektri- Bild IV-19 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines N-
sches Feld. Deshalb wird bei den unipolaren Transis- Kanal-Sperrschicht-FET mit den drei Anschlüssen
toren auch von „Feld-Effekt-Transistoren“ (FET) Gate G, Drain D und Source S. Er besteht im wesent-
gesprochen. lichen aus einem länglichen Stück n-dotierten

Feldeffekt-Transistoren (FET)

Sperrschicht-FET Insulated-Gate-FET
(PN-FET) (u.a. MOS-FET)

N-Kanal- P-Kanal- Selbstsperrende Selbstleitende Sonder-


Sperrschicht Sperrschicht MOS-FET MOS-FET Bauarten
FET FET

Bild IV-17
N-Kanal N-Kanal P-Kanal P-Kanal Übersicht zu den Transistoren
Dual-Gate- V-MOS-FET
MOS-FET SIPMOS-FET
IV Transistoren 357

ID D Bild IV-19
D Prinzipieller Aufbau eines
UDS N-Kanal-JFET N-Kanal-Sperrschicht-FET
S
–UGS G

N-
–ID P Kanal P G
D
–UDS P-Kanal-JFET
S D
UGS G S
G
Bild IV-18 Schaltzeichen eines Sperrschicht-FET
vom N-Kanal-Typ oder P-Kanal-Typ
S
Halbleitermaterial, dessen Anschlüsse an den Enden
Drain (engl.: Abfluß, Senke) und Source (engl.: Wird die Spannung UDS fortwährend erhöht, so wird
Quelle) genannt werden. In die Seiten wird p-do- der Kanal nach Bild IV-20b schmaler, bis die beiden
tiertes Halbleitermaterial eindiffundiert, so daß pn- Sperrschichten aneinander stoßen und den Kanal
Übergänge entstehen. Diese sind miteinander verbun- abschnüren. Am Drain-Anschluß ist die Abschnürung
den und bilden den Gate-Anschluß. Durch eine ent- deutlicher.
sprechende Steuerspannung UGS zwischen dem Gate- Dieser Wert der Spannung UDS wird maximale Sätti-
und Source-Anschluß wird der pn-Übergang in Sperr- gungsspannung UDSS genannt. Den zugehörigen Wert
richtung betrieben, so daß in den Steueranschluß des Stroms ID nennt man maximaler Sättigungsstrom
lediglich ein geringer Sperrstrom fließt. IDS. Für Werte UDS > UDSS bleibt der Stromfluß erhal-
Der pn-Übergang darf nicht in Durchlaßrichtung ten.
betrieben werden! Verbindet man nun das Gate mit Durch eine negative Steuerspannung UGS nach
dem Source und legt zwischen Drain und Source eine Bild IV-21a wird die Breite der Sperrschicht an den
Spannung UDS nach Bild IV-20a, so bildet sich an pn-Übergängen beeinflußt. Im Betrieb überlagern
beiden pn-Übergängen eine Sperrschicht. Dadurch sich die Wirkungen der beiden Spannungen und
reduziert sich die für die Leitfähigkeit wirksame zeigen die in Bild IV-21b beschriebene Eingrenzung
Kanalbreite, so daß der Kanalwiderstand erhöht wird. des Kanals.

D ID D ID

UDS UDS

P N- P G G
Kanal

Bild IV-20
Abhängigkeit der Kanalbreite von der
S S
Drain-Source-Spannung UDS

D ID D ID

UDS

G G

–UGS –UGS
Bild IV-21
Abhängigkeit der Kanalbreite von UDS
S S
und der Steuerspannung UGS
358 Elektronik

Die Steuerspannung UGS darf bei einem N-Kanal-PN- S UDS D Bild IV-23
FET nicht positiv werden, da dieses zur Zerstörung UGS G Prinzipieller Aufbau
des Bauelementes führen kann. eines selbstleitenden
N-Kanal-MOS-FET
2.2 Aufbau und Wirkungsweise N N-Kanal N
des MOSFET
P
Beim Sperrschicht-FET wird die Veränderung des
wirksamen Kanalquerschnittes zur Einstellung des
Widerstandes der Drain-Source-Strecke benutzt. Beim
FET mit isoliertem Gate hingegen wird die Variation UBS B
des Kanalwiderstandes mit Hilfe der Ladungsträger-
dichte betrieben, wobei die Anzahl der geeigneten Die Funktion eines selbstleitenden P-Kanal-MOS-
Ladungsträger zwischen Drain und Source durch ein FET entspricht der des selbstleitenden N-Kanal-
elektrisches Feld gesteuert wird. Hierbei unter- MOS-FET.
scheidet man generell zwei Versionen. Der IG-FET vom Normally-Off-Typ (auch Anreiche-
Der IG-FET vom Normally-On-Typ (auch Verar- rungs-, Enhancement- oder selbstsperrender Typ
mungstyp, Depletion-Typ genannt) nach Bild IV-22 genannt) nach Bild IV-24 besitzt bei einer Steuer-
ist genau wie der Sperrschicht-FET ein selbstleitender spannung UGS = 0 V keinen leitfähigen Kanal zwi-
Typ. Bei einer Steuerspannung UGS = 0 V existiert schen Drain und Source. Er bildet sich erst, wenn die
bereits ein leitender Kanal zwischen Drain und Sour- angelegte Steuerspannung einen Schwellenwert
ce, dessen Ladungsträgerdichte je nach Kanalart (N- UGS(TO) überschreitet.
Kanal oder P-Kanal) und der Polarität der Steuer-
spannung weiter erhöht oder verringert werden kann. ID

ID D
G UDS N-Kanal-MOSFET
D UDS S
G UGS
±UGS S N-Kanal-MOSFET

–ID
–ID D
–UDS P-Kanal-MOSFET
G
D –UDS –UGS S
G Bild IV-24
±UGS S P-Kanal-MOSFET
Schaltzeichen selbstsperrender
Normally-Off-Typ IG-FET
Normally-On-Typ
Der prinzipielle Aufbau eines selbstsperrenden N-Ka-
Bild IV-22 Schaltzeichen selbstleitender IG-FET nal-MOS-FET ist in Bild IV-25 dargestellt. Bei einer
Der prinzipielle Aufbau eines selbstleitenden N-Kanal- Steuerspannung UGS = 0 V fließt kein Drainstrom, da
MOS-FET ist in Bild IV-23 dargestellt. Der Gate-An- ein Kanal nicht durch entsprechende Dotierung ein-
schluß ist vom Halbleitermaterial durch eine Isolier- gebaut wurde.
schicht getrennt. Bei einer Steuerspannung UGS = 0 V Legt man eine positive Steuerspannung an das Gate,
fließt durch den N-Kanal bereits ein Drainstrom. Durch so werden Elektronen aus dem p-dotierten Substrat in
eine negative Steuerspannung UGS nimmt die Elektro- Richtung Gate gezogen und führen dort zur Ausbil-
nendichte im Kanal ab, da die Elektronen durch das dung eines N-Kanals. Der zum Fließen kommende
elektrische Feld abgedrängt werden. Damit nimmt aber Drainstrom wird um so größer, je größer die positive
der Widerstand zwischen Drain und Source zu. Bei Steuerspannung wird.
UGS = UP existiert kein N-Kanal mehr zwischen Drain
S UDS D
und Source, daß heißt, der Drainstrom ID wird zu Null.
Legt man eine positive Steuerspannung an das Gate, so UGS G
wird die Ladungsträgerdichte im Kanal größer; die
Leitfähigkeit des Kanals wird vergrößert.
Der IG-FET kann sowohl über die Gate-Source- N N
Spannung als auch über eine Spannung zwischen P Bild IV-25
Bulk B und Source S gesteuert werden. Der Einfluß Prinzipieller Aufbau
dieser Spannung ist aber geringer, und diese Steue- eines selbstsperren-
rungsmöglichkeit wird seltener genutzt. Meist sind den N-Kanal-MOS-
Bulk und Source miteinander intern verbunden. UBS B FET
IV Transistoren 359

Die Funktion eines selbstsperrenden P-Kanal-MOS- raturunabhängig ist, daß heißt, der Temperaturkoeffi-
FET entspricht der des selbstsperrenden N-Kanal- zient wird Null. Bild IV-28 zeigt den Temperaturein-
MOS-FET. fluß auf die Übertragungskennlinie.

2.3 Kennlinien von FET ID Bild IV-28


Bei einem J-FET fließt in das Gate nur der Sperr- Temperatur-
IDS einfluß auf die
strom des pn-Übergangs, so daß eine Eingangskenn-
linie für den PN-FET nicht existiert. Interessant sind TU1 Übertragungs-
die Steuer- und Ausgangskennlinie eines J-FET nach TU2 kennlinie
Bild 4-26. TU3

TK=0
ID ID UGS
0V
IDS
–1 V –UGS UP3 UP2 UP1
D
G S –2 V
Die Gate-Source-Spannung UGSK für den tempera-
–3 V turunabhängigen Kompensationspunkt läßt sich in
Näherung berechnen.
–4 V
Gate-Source-Spannung U GSK ≈ U P + 0 , 7 V
UP UGS UDS
Soweit möglich sollte dieser Wert mit der Steuer-
Bild IV-26 Steuer- und Ausgangskennlinie eines spannung eingestellt werden, um eine thermische
J-FET Arbeitspunktstabilisierung unnötig zu machen. Von
Nachteil ist hier, daß die Kennlinie keine Gerade ist
Diesen Kennlinien können alle relevanten Gleich- und somit das Ausgangssignal verzerrt sein kann.
spannungs- und -stromwerte entnommen werden. Das Ausgangskennlinienfeld (ID-UDS-Kennlinie mit
Bild IV-27 zeigt die Steuerkennlinie ID = f(UGS) eines UGS als Parameter) nach Bild IV-29 läßt sich mit
J-FET. Die Steuerkennlinie gilt für UDS = const. Bei Unterstützung durch Bild IV-26 qualitativ erklären.
UGS = 0 V hat der Drainstrom ID eines J-FET seinen Steigert man die Spannung UDS von Null an, so steigt
höchsten Wert IDS und verringert sich mit negativer der Strom ID bei UGS = const zunächst linear mit der
werdender Steuerspannung. Die Spannung UGS, bei Spannung, der Kanalwiderstand bleibt in etwa kon-
der der Drainstrom auf Null reduziert ist, wird Ab- stant (ohmscher Bereich). Mit wachsendem Strom
schnürspannung UP (engl. pinch-off-voltage) genannt beginnt sich der Kanal merklich zu verengen, der
und liegt je nach Typ bei Werten zwischen 2 V und Kanalwiderstand nimmt zu, und der Anstieg von ID
10 V. mit UDS wird immer geringer, bis beide Sperrschich-
ten sich nahezu berühren. Man sagt, der Kanal ist ab-
ID geschnürt.
IDS ID Abschnürgrenze 3 Bild IV-29
2 Ausgangskennlinien-
1 feld mit UGSals
UGS = 0V
Parameter
UGS = –1V
UGS = –2V
Bild IV-27
UGS = –3V
Steuerkennlinie ID = f(UGS)
–UGS UP eines J-FET UGS = –4V

Während bei den bipolaren Transistoren der Kollek- UDSP UDSS UDS
torstrom mit steigender Temperatur ebenfalls an-
steigt, wird der Drainstrom beim J-FET mit steigen- Die Drain-Source-Spannung UDSP, bei der diese Ab-
der Temperatur kleiner. schnürung (pinch off) eintritt, ist in Bild IV-29 einge-
Dies hat seine Ursache darin, daß die frei beweg- zeichnet. UDSP wird auch Kniespannung genannt.
lichen und durch Dotierung entstandenen Ladungs-
Abschnürspannung UDSP ≡ UDSS + UGS (IV.11)
träger durch die thermische Eigenbewegung der
Atome in ihrer Beweglichkeit gemindert werden. Mit Mit wachsender Steuerspannung UGS wird die Ab-
steigender Temperatur wird aber auch die Abschnür- schnürgrenze früher, daß heißt bei kleinerem Strom
spannung größer. Beide Effekte zusammen haben zur ID und kleineren Werten von UDSP erreicht. Die ID-
Folge, daß es einen Drainstromwert gibt, der tempe- UDS-Kennlinien verschieben sich daher mit zuneh-
360 Elektronik

mender Gate-Source-Sperrspannung zu kleineren Steuerspannung UGS. Der Normally-On-Typ kann


Drainstromwerten. also sowohl als Verarmungs-FET als auch wie ein
Verbindet man alle Abschnürpunkte nach Bild IV-29 Anreichherungs-FET betrieben werden.
miteinander, so erhält man die Abschnürgrenze, die Der Drainstrom kann durch eine positive Gatespan-
den ohmschen Bereich (Bereich 1) vom aktiven nung UGS nicht weiter beliebig erhöht werden, weil
Bereich (Bereich 2) – auch Sättigungsbereich genannt ab einem bestimmten Spannungswert eine Vergröße-
– trennt. Oberhalb von UDSP steigt der Drainstrom nur rung der Leitfähigkeit des Kanals nicht mehr möglich
noch wenig an. ist.
Wird die Spannung UDS zu weit erhöht, so kommt es Die Steuerkennlinie (ID-UDS-Kennlinie) des selbstlei-
zu einem Durchbruch (Bereich 3) zwischen Drain tenden N-Kanal-MOS-FET zeigt, daß bereits bei
und Source, wobei der Drainstrom so stark ansteigt, UGS = 0 V ein Drainstrom fließt. Selbstleitende MOS-
daß die Gefahr der Zerstörung des FET eintritt. FET haben wie die J-FET einen geringen positiven
Da der J-FET eine quadratische Abhängigkeit des Temperaturkoeffizienten. Der Drainstrom wird also
Drainstroms von der Steuerspannung hat, sind seine mit steigender Temperatur kleiner. Die Gate-Source-
nichtlinearen Verzerrungen bei einer Spannungsaus- Spannung UGSK für den temperaturunabhängigen
steuerung wesentlich geringer als beim bipolaren Kompensationspunkt läßt sich in Näherung berech-
Transistor. nen.
Für das Betreiben des J-FET im aktiven Bereich, Gate-Source-Spannung U GSK ≈ U P + 2 , 5 V (IV.12)
sprich Verstärkerbereich, läßt sich somit die Steil-
heit S errechnen. Praktische Werte für die maximale Die Steuer- und Ausgangskennlinie eines selbst-
Steilheit liegen zwischen 1 mA/V und 50 mA/V. Die sperrenden N-Kanal-MOS-FET, also vom Normally-
Steilheit S ist ein direktes Maß für die Spannungsver- Off-Typ, zeigt Bild IV-31. Diesen Kennlinien können
stärkung einer J-FET-Verstärkerstufe. Je größer S, alle relevanten Gleichspannungs- und Stromwerte
umso größer ist auch die zu erwartende Spannungs- entnommen werden.
verstärkung Vu. Die Schwellenspannung UGS (TO) kann als die Span-
Im ohmschen Bereich kann der J-FET als spannungs- nung an der Gateelektrode verstanden werden, die die
gesteuerter Widerstand eingesetzt werden. Störstellenladung und die Raumladung kompensiert.
Bei den IG-FET fließt kein Strom in das Gate, da es
durch eine Isolationsschicht vom übrigen Halbleiter ID ID
UGS
getrennt ist, so daß auch hier keine Eingangs- 5V
kennlinie existiert. D 4V
Die Steuer- und Ausgangskennlinie eines selbst- G
S 3V
leitenden N-Kanal-MOS-FET, also vom Normally-
On-Typ, zeigt Bild IV-30. 2V
Diesen Kennlinien können alle relevanten Gleich- 1V
spannungs- und Stromwerte entnommen werden. Da
auch der PN-FET ein selbstleitender FET ist, ergeben UGS UDS
sich hier generell zahlreiche Übereinstimmungen im
Verhalten. Bild IV-31 Steuer- und Ausgangskennlinie eines
selbstsperrenden N-Kanal-MOS-FET
ID ID
2V Sie ist nur geringfügig von der Temperatur abhängig.
Darum läßt sich die Steuerspannung UGSK für einen
D 1V temperaturkompensierten Arbeitspunkt gut nähe-
G
S 0V rungsweise berechnen.
–1V Steuerspannung U GSK ≈ U GS (TO) + 2 , 5 V (IV.13)
–2V Je größer die Steuerspannung UGS ist, um so größer
wird der Drainstrom. Ein maximaler Sättigungsstrom
UP UGS UDS läßt sich daher nicht angeben.
Bild IV-30 Steuer- und Ausgangskennlinie eines 2.4 Kennwerte von FET
selbstleitenden N-Kanal-MOS-FET
Wie bei den bipolaren Transistoren und Dioden
Für die Ausgangskennlinie (ID-UDS-Kennlinie) gelten unterscheidet man auch hier Kenn- und Grenzwerte.
im Prinzip die Aussagen zum J-FET. Hier wird die Für die Kenngrößen werden in den Datenblättern je
Spannung UGS als Parameter verwendet, während die nach Bedarf Mittelwerte und/oder obere und/oder
Drain-Source-Spannung verändert wird. untere Streuwerte angegeben. Die Kennliniendarstel-
Deutlich erkennbar ist die Abhängigkeit des Drain- lungen sind, falls nicht anders vermerkt, Mittelwert-
stroms ID vom Wert der negativen und positiven Darstellungen und gelten nur für die jeweils angege-
IV Transistoren 361

bene Temperatur. J-FET können auf verschiedene totale Verlustleistung


Weise elektrisch überlastet werden: PV = U DS ⋅ I D ≤ Ptot (IV.14)
Drain-Source-Spannung UDS > UDS max
Hauptsächlich durch die Verlustleistung im Dauerbe-
Drain-Gate-Spannung UDG > UDG max trieb entsteht in der Sperrzone und im Kanal Wärme,
durch die sich die Temperatur im Bauelement erhöht.
Gate-Source-Spannung UGS > UGS max Die in den Datenblättern angegebene Sperrschicht-
Drain-Strom ID > ID max = IDSS temperatur JJ bezieht sich auf die höchste im Kanal
auftretende Kanaltemperatur JJ max. Bei den üblichen
Gate-Strom IG > IG max FET beträgt Jk max etwa 150 bis 200 °C.
Verlustleistung PV > Ptot In den Datenblättern einiger Hersteller wird ein
Diagramm für die Temperaturabhängigkeit der zuläs-
Sperrschichttemperatur JJ > JJ max sigen Verlustleistung angegeben. In Bild IV-32 kann
Liegt zwischen dem Kanal- und dem Gate-Anschluß direkt abgelesen werden, wie groß Ptot bei einer
eine zu hohe Spannung, kann der in Sperrichtung bestimmten Umgebungstemperatur ist.
betriebene pn-Übergang zerstört werden. Die Span- Mit den statischen Kenndaten wird das Gleichstromver-
nungswerte UDS max, UDG max und UGS max dürfen nicht halten eines FET beschrieben. Die Transistoren werden
überschritten werden und liegen bei den heute ver- nach dem Drain-Source-Kurzschlußstrom IDSS ausge-
wendeten N-Kanal-J-FET etwa zwischen 20 V und sucht und eventuell in Gruppen A, B und C eingeteilt.
30 V. Der Strom IDSS ist der Drainstrom, der bei einem selbst-
Der durch das Gate fließende Sperrstrom ist norma- leitenden FET mit Drain-Source-Kurzschluß fließt.
lerweise vernachlässigbar klein. Bei kurzzeitigem Der pn-Übergang wird zwischen Gate und Kanal in
Betrieb des pn-Überganges in Durchlaßrichtung darf Sperrichtung betrieben. Trotzdem fließt hier ein Gate-
der dann fließende Strom IG den Wert IG max nicht Reststrom – IGSS. Wie Bild IV-33 zeigt, hängt die
überschreiten. IG liegt meistens in der Größenordnung Größe dieses Sperrstroms von der Temperatur ab.
von 10 mA. Temperaturabhängigkeit
Beim Betrieb eines FET liegt zwischen Drain und des Sperrstromes
Source die Spannung UDS, und es fließt der Strom ID.
IGSS = f (TJ)
Daraus ergibt sich eine Verlustleistung, die im FET –IGSS
zur Erwärmung des Kristalls führt. Diese Verlustleis- nA
tung PV muß kleiner als die größte zulässige Verlust-
leistung Ptot sein.
101

Temperaturabhängigkeit der
zulässigen Gesamtverlustleistung
100
Ptot = f (TU)
Ptot
W 10–1

0,4
10–2

0,3
10–3
0 50 100 150 TJ
°C
0,2
Bild IV-33 Temperaturabhängigkeit des Sperrstroms
Um einen FET zu sperren, ist die Gate-Source-
0,1 Abschnürspannung – UP erforderlich. Diese Span-
nung ist arbeitspunktabhängig und unterliegt einer
großen Streuung.
Den statischen Eingangswiderstand RGS des gesperr-
0
50 100 160 TU ten pn-Übergangs kann man in Abhängigkeit von der
o
C
Spannung UGS aus dem entsprechenden Diagramm in
den Datenblättern herauslesen. Er liegt in der Größen-
Bild IV-32 Temperaturabhängigkeit der zulässigen ordnung von 109 bis 1011 W und kann in vielen
Verlustleistung Anwendungsfällen vernachlässigt werden.
362 Elektronik

Für den N-Kanal-J-FET ergeben sich etwa die fol- Die y-Parameter haben komplexe Werte, daß heißt,
genden praktischen Richtwerte: die Ein- und Ausgangsspannungen u1 und u2 bezie-
Drain-Source-Spannung UDS max ≈ 25 V bis 30 V hungsweise die Ein- und Ausgangsströme i1 und i2
sind ebenfalls komplexe Größen.
Gate-Source-Spannung UGS max ≈ – 8 V
Vierpolgleichungen
Drain-Strom ID max ≈ 25 mA i1 = y11 ⋅ u e + y12 ⋅ u a
Gate-Strom IG max ≈ 10 mA (IV.15)
i 2 = y 21 ⋅ u e + y 22 ⋅ u a
Verlustleistung Ptot ≈ 200 mW
Übertragungskennlinie
Sperrschichttemperatur JJ max ≈ 125 °C
ID ID = f (–UGS)
Aufgrund des vorhandenen pn-Übergangs zwischen 10
Bulk und den anderen Anschlüssen müssen die mA
Grenzwerte für diese Spannungen beachtet werden. 9
Drain-Bulk-Spannung UDB > UDB max 8
Gate-Bulk-Spannung UGB > UGB max
7
Infolge des isolierten Gate ergibt sich für den MOS-
6
FET ein sehr hoher Eingangswiderstand rGS in der ΔID
Größenordnung von etwa 1015 W. Statische Aufla- 5
dungen können dementsprechend nicht entladen
werden, was zu sehr hohen Feldstärken führt, die bei 4
Überschreitung einer bestimmten Feldstärke zu einem
Durchschlag und damit zur Zerstörung des MOS-FET 3
führen.
2
Für den N-Kanal-MOS-FET ergeben sich etwa die
folgenden praktischen Richtwerte: 1
Drain-Source-Spannung UDS max ≈ 22 V bis 35 V
0 1 2 3 –UGS
Drain-Strom ID max ≈ 20 mA bis 50 mA
ΔUGS V
Verlustleistung Ptot ≈ 150 mW bis 200 mW
Bild IV-35 Übertragungskennlinie
Sperrschichttemperatur JJ max ≈ bis 200 °C
Drain-Bulk-Spannung UDB max ≈ 30 V bis 35 V Aus der Steuerkennlinie nach Bild IV-35 kann gra-
fisch die Vorwärtssteilheit y21 ermittelt werden.
Bei der Kleinsignalaussteuerung eines FET können Hierbei wird die Steilheit der Kennlinie im Arbeits-
die Kennlinien in einem Bereich um den Arbeits- punkt bei UDS = const ermittelt.
punkt durch Geraden angenähert werden. Der FET
verhält sich dann wie ein linearer, aktiver Vierpol. DI D
Vorwärtssteilheit y 21 = (IV.16)
DU GS
i1 –y12 i2
Da eine Annäherung durch eine Gerade im AP häufig
zu ungenau ist, steht meistens ein entsprechendes
Yg ue (y21 – y12)ue ua YL Diagramm nach Bild IV-36 zur Verfügung, aus dem
ig
die Steilheit für jeden Drainstrom und die A-, B- oder
C-Typen ablesbar ist.
y11 + y12 y12+ y 22 Wichtig ist in diesem Zusammenhang der differen-
tielle Ausgangswiderstand rds. Er ist der Kehrwert des
Bild IV-34 AC-Ersatzschaltbild eines FET Ausgangsleitwertes y22.
Für diesen Vierpol kann das AC-Ersatzschaltbild bei DI D
niedrigen, aber auch bei hohen Frequenzen bestimmt Ausgangsleitwert y 22 = (IV.17)
DU DS
werden. Um das Wechselstromverhalten eines FET
zu beschreiben, werden seine dynamischen Kennwer- Der Ausgangsleitwert beschreibt die Steilheit der
te nach Bild IV-34 angegeben. Ausgangskennlinie im Arbeitspunkt für UGS = const.
Üblich ist es, an Stelle der Hybrid-Koeffizienten Seine Bestimmung wird im Diagramm nach Bild
(h-Parameter) die y-Leitwertparameter anzugeben. IV-37 dargestellt.
Sie sind bei FET sinnvoller, da die Stromverstärkung Da eine Annäherung durch eine Gerade im AP häufig
für FET’s nicht angegeben werden kann. zu ungenau ist, steht i.d.R. ein entsprechendes Dia-
IV Transistoren 363

Vorwärtssteilheit y21 = f (ID) auch, die die y-Parameter komplex werden lassen.
UDS = 15V ; f = 1 kHz ; TU = 25 °C Wir haben Ein- und Ausgangskapazität sowie die
Rückwirkungskapazität nach Bild IV-39 zu berück-
sichtigen.
7,5 Dynamischer
Drain-Source-Widerstand
y21
BF B BF C rDS = f (–UGS); UDS = 0; f = 1kHz; TU = 25 °C
mS
BF A rDS

5
102

BF A BF B BF C
101
2,5

100

0 10 ID 20 10-1
mA
Bild IV-36 Vorwärtssteilheit -2
10
0 1 2 3 4 –U 5
GS
Ausgangskennlinie V
ID = f (UDS) ; UGS = Parameter Bild IV-38 Dynamischer Drain-Source-Widerstand
ID
10
mA UGS = 0V In den Datenblättern der Hersteller werden arbeits-
9 punktbezogen die Werte für die Kurzschluß-Eingangs-
kapazität Ciss, die Kurzschluß-Ausgangskapazität Coss
8 und die Rückwirkungskapazität Crss angegeben.
–0,5V Analog zum bipolaren Transistor lassen sich auch für
7 den FET die Betriebsgrößen des Vierpols, nämlich
6 die Wechselspannungsverstärkung sowie die Ein- und
–1V Ausgangsleitwerte anhand des AC-Ersatzschaltbildes
ΔID 5 nach Bild IV-34 wie folgt berechnen.
Die betriebliche Spannungsverstärkung des Vierpols
4 ist das Verhältnis von Ausgangsspannung zur Ein-
–1,5V
3
gangsspannung.
Spannungsverstärkung
2 –2V ua y 21
Vu = =− (IV.18)
1 ue y 22 + YL
–2,5V
Der Eingangsleitwert des Vierpols ist das Verhältnis
0 5 10 15 UDS von Eingangsstrom zur Eingangsspannung.
ΔUDS V Eingangsleitwert
y12 ⋅ y 21
y i = y11 + = y11 + y12 ⋅ Vu (IV.19)
Bild IV-37 Ausgangskennlinien y 22 + YL

gramm nach Bild IV-38 zur Verfügung, aus dem der Der Ausgangsleitwert des Vierpols ist das Verhältnis
dynamische Drain-Source-Widerstand für jede Gate- von Ausgangsstrom zur Ausgangsspannung. Um ihn
Source-Spannung und die A-, B- oder C-Typen bestimmen zu können, wird an den Ausgang eine
ablesbar ist. Spannung ua angelegt, während die Stromquelle eine
Erheblichen Einfluß haben im HF-Bereich die dort Unterbrechung darstellt.
wirksam werdenden Kapazitäten, die beim J-FET i2 y12 ◊ y21
durch den pn-Übergang und bei den IG-FET durch die Ausgangsleitwert y0 = = y22 - (IV.20)
ua y11 + Yg
Isolierschichten entstehen. Die Kapazitäten sind es
364 Elektronik

Eingangskapazität Rückwirkungskapazität
C11 = f (–UGS) C12 = f (–UGS)
UDS = 10V ; f = 1 MHz ; TU = 25 °C UDS = 20V ; f = 1 MHz ; TU = 25 °C
10 Bild IV-39
C11 Kennlinien der
1,5
pF Eingangs- und
8 C12 Rückwirkungskapazität
pF
7
6 1,0
5
4
3 0,5
2
1

0 5 –UGS 10 0 5 –UGS 10
V V

cgd
ggd
g d ggd
g d

cgs cds
ue ggs S *ue gds ua ue ggs S *ue gds ua

s s
s s

Bild IV-40 AC-Ersatzschaltbilder für den NF- und HF-Bereich von J-FET

g d g cgd
d

cgs cgs
ue S *ue gds ua ue S *ue gds ua

s s s s
Bild IV-41 AC-Ersatzschaltbilder für den NF- und HF-Bereich von MOS-FET

Aufgrund der spezifischen Kennwerte von J-FET läßt Drain so gering, daß sie vernachlässigt werden kön-
sich das Wechselstromersatzschaltbild stark verein- nen. Damit ergibt sich dieses AC-Ersatzschaltbild.
fachen und für die NF- und HF-Bereiche getrennt Bei höheren Frequenzen wird die Gate-Kanal-Kapa-
darstellen im Bild IV-40. zität durch die Kondensatoren cgs und cgd berücksich-
Die Daten von FET mit isoliertem Gate unterschei- tigt. Der Kanal wird in diesem Ersatzschaltbild durch
den sich nur unwesentlich von J-FET. Die Steuer- den Ausgangsleitwert gds, die Kapazität cds und die
kennlinien unterscheiden sich in der Lage zum Null- Stromquelle S ⋅ ue elektrisch dargestellt.
punkt, der Kennlinienverlauf ist ähnlich. Auch für Vergleicht man diese AC-Ersatzschaltbilder mit dem
MOS-FET läßt sich das Wechselstromersatzschaltbild aktiven Vierpol nach Bild IV-34, so lassen sich
stark vereinfachen und für die NF- und HF-Bereiche die y-Parameter, also die Leitwertparameter, ermit-
getrennt darstellen im Bild IV-41. teln. Für die Sourceschaltung von FETs werden diese
Aufgrund der Isolierschicht zwischen Kanal und Gate y-Parameter mit einem zusätzlichen Index s gekenn-
sind beim MOS-FET die Leitwerte ggs und ggd zwi- zeichnet, wie wir es schon von den Bipolaren Tran-
schen Gate und Source beziehungsweise Gate und sistoren her kennen.
V Besondere Halbleiter-Bauelemente 365

V Besondere Halbleiter-Bauelemente

1 Unijunction-Transistor Solange die Eingangsspannung UEB1 kleiner ist als UA,


wird die Diode in Sperrichtung betrieben und es fließt
(Doppelbasisdiode) ein sehr kleiner Sperrstrom. Wird die Eingangsspan-
Unijunction-Transistoren (UJTs) werden aus einem nung UEB1 aber um die Schwellenspannung der Ersatz-
homogenen, n-dotierten Si-Kristall als Planartyp oder diode größer als UA, so wird die Diode in Durchlaß-
Legierungstyp nach Bild V-1 hergestellt. An zwei richtung betrieben und es fließt ein Emitterstrom IE.
gegenüberliegenden Seiten sind sperrschichtfreie An- Höckerspannung
schlüsse angebracht, die als Basis 1 (B1) und Basis 2
U EB1 ≥ 0 , 7 V + U A = U EP (V.1)
(B2) bezeichnet werden. Unsymmetrisch zu diesen
Basisanschlüssen ist als Emitter (E) eine p-Zone Wird UEB1 > UEP, so fließt ein Emitterstrom und es
angeordnet. Dadurch entsteht ein pn-Übergang, der werden Löcher in das n-dotierte Silizium injiziert.
die Funktion einer Diode hat. Damit vergrößert sich die Leitfähigkeit der Strecke
B2 zwischen E und B1. Daher fließt jetzt bei einer gerin-
Sperrschicht geren Spannung UEB1 ein größerer Strom IE als vorher
bei einer größeren Spannung UEB1.
B1 E B2
UEB1 Bild V-3
E
P Bereich des Kennlinie eines
P UP abnehmenden UJT
Widerstandes
N-Silizium
N-Silizium
Bild V-1
Schichtfolge beim UJT als UV
Planartyp oder Legierungstyp B1

Aus der physikalischen Wirkungsweise läßt sich das IP IV IE


Ersatzschaltbild des UJT nach Bild V-2 herleiten,
wobei sich zwei interne Vorgänge überlagern. Mit dem Talpunkt („Valley“) beginnt der Sättigungs-
bereich, weil eine weitere Verkleinerung von rB1
B2
durch Ladungsträgerinjektion nicht mehr möglich ist.
Die UJT-Kennlinie nach Bild V-3 geht daher in die
rB2
UF Kennlinie einer normalen Si-Dioden-Kennlinie über,
UBB E B2 und der Strom IE steigt mit steigender Spannung UEB1
A
IE wieder an.
UEB1 rB1 h*UBB B1 Sowohl das Umschalten vom hochohmigen Zustand
in den niederohmigen Zustand als auch das Umschal-
ten vom niederohmigen in den hochohmigen Zustand
B1
erfolgt sehr schnell, wenn die Spannung UEB1 die
Bild V-2 Ersatzschaltbild und Schaltzeichen Höckerspannung UEP überschreitet beziehungsweise
eines UJT unter den Wert der Talspannung UEV absinkt, also
UEB1 < UEV wird.
Legt man zwischen B2 und B1 eine positive Span- Die Hersteller geben eine charakteristische Kennlinie
nung UBB bei offenem Emitteranschluß, so fließt ein nach Bild V-3 an, in der die Definitionen der ein-
relativ kleiner Elektronenstrom von B1 nach B2, der zelnen Kennwerte angegeben sind.
von der Größe der Spannung UBB und der des stati-
Grenzwerte: Zu hohe Spannung UBB; zu hohe Span-
schen Interbasiswiderstandes RBB abhängt. Wird
nung – UEB1; zu hoher Emitterstoßstrom IE; zu hohe
dagegen eine Spannung UEB1 zwischen E und B1 ge-
Gesamtverlustleistung PV; zu hohe Sperrschichttem-
legt ohne eine Spannung UBB, so zeigt diese Strecke
peratur JJ
das Verhalten einer Diode.
In einer Schaltung liegen aber beide Spannungen am Statische Kenndaten: Interbasiswiderstand rBB; Tem-
UJT. Für die Betriebsspannung wirkt der UJT wie ein peraturbeiwert a
Spannungsteiler, der die Spannung UBB im Verhältnis Aus dem Kennlinienfeld nach Bild V-4 ist zu erken-
der Teilwiderstände aufteilt. Der mit „A“ gekenn- nen, daß sowohl Höckerspannung und Talspannung
zeichnete Punkt in der Schaltung liegt also auf einem als auch der Talstrom von der Spannung UBB abhän-
Ruhepotential UA. gig sind.
366 Elektronik

Bild V-4 Kondensators als auch der Transistorstrom über den


IE
Kennlinienfeld eines UJT ab. Aus diesem Grunde treten an RB2 Spannungs-
mA
UBB = 0V handelsüblichen UJT impulse auf. Wird nun uC kleiner als die Talspannung
16 UEV, so sperrt der UJT wieder und ein neuer Auflade-
vorgang des Kondensators beginnt.
12

8 2 Darlington-Transistor
4 UB
UBB= 5 10 15 20 30V
0 R1
2 4 6 8 10 12 14 16 18 UEB1 CK1 C
V B
C
E B
Anwendungen: Wegen ihres Schaltverhaltens werden CK2
E
UJTs hauptsächlich in Sägezahn- oder Zündgene- R2
ratoren in der Schaltung nach Bild V-5 für Thyri- RE
storen beziehungsweise Triacs eingesetzt. Die Span-
nung uC wirkt in dieser Schaltung als Steuerspannung
des UJT.
Bild V-7 Verstärker in Kollektorschaltung für
höhere Gleichstrom- und Wechselstrom-
UB
Verstärkung
R1 RB1
Eine Möglichkeit, höhere Gleichstrom-Verstärkung
zu erhalten, bietet der Darlington-Transistor, der in
Bild V-5
der Schaltung in Bild V-7 zu sehen ist. Der zweite
Sägezahnspannungs-
Transistor arbeitet hier als Lastwiderstand für den
uC generator
C1 ersten Transistor, der als Emitterfolger (Kollektor-
UB1 beziehungsweise
RB2 schaltung, siehe Abschnitt VI) geschaltet ist. Durch
Zündgenerator
eine derartige Kopplung zweier Transistoren mit glei-
mit UJT
cher Schichtfolge ergeben sich für den Darlington-
Transistor interessante Werte für den Eingangswider-
Der Kondensator C wird über R1 geladen, und die
stand und den Ausgangswiderstand der Schaltung.
Spannung uC steigt entsprechend einer e-Funktion
nach Bild V-6 an. Sobald uC > UEP wird, zündet Eingangswiderstand
der UJT, und es fließt sowohl der Entladestrom des Rein = rBE + ( b + 1) ( R E / / R A ) (V.2)
r + Rg
UC Ausgangswiderstand Raus = BE (V.3)
β +1
UEP
mit h#11 = rBE = rBE1 + b1 ⋅ rBE2 und b = b1 ⋅ b2
Schleusenspannung UBE = UBE1 + UBE2
Interessant wird der Darlington-Transistor neben
hohem Eingangswiderstand und kleinem Aus-
UEV
gangswiderstand nach Bild V-8 durch seine hohe
Stromverstärkung, die i.d.R. bei B > 2000 liegt.
t Dieser Transistor gilt aus diesem Grunde als DC-Ver-
UB1 stärker und wird insbesondere in Leistungsver-
IE RB1 stärkern (siehe Abschnitt VII) eingesetzt.
Werden zwei Transistoren mit unterschiedlicher
Schichtfolge zusammengeschaltet, so entsteht ein
Komplementär-Darlington-Transistor. Das Verhalten
eines Darlington-Transistors wird im wesentlichen
durch die Eigenschaften des ersten Transistors be-
UEV stimmt. Komplementär-Darlington-Transistoren ha-
ben den Vorteil, daß sie nur eine sehr kleine Schleu-
t senspannung UBE haben.
Bild V-6 Ein- und Ausgangsspannungen der Darlington-Transistoren beziehungsweise Komple-
Schaltung nach Bild V-5 mentär-Darlington-Transistoren können durch zu-
V Besondere Halbleiter – Bauelemente 367

iB S S
G
h # *i
21 B
Rg
# P N
h11

u1 iC N

ug u2 N
RE RA

D
Bild V-8 AC-Ersatzschaltbild eines Bild V-9 Grundsätzlicher Schichtaufbau
Darlington-Transistors eines VMOS-FET
sammengeschaltete Einzeltransistoren realisiert wer-
den, in den meisten Fällen empfiehlt sich jedoch die schlüssen fließt. Somit ist der Kanalquerschnitt groß
Benutzung eines fertig konfektionierten Typs, wie er und die Kanallänge kurz.
von zahlreichen Herstellern (zum Beispiel Siemens) Im Ergebnis bedeutet dies ein Bauteil mit hoher zu-
angeboten wird. lässiger Verlustleistung bei hoher Spannungsfestig-
keit und großem Verstärkungsfaktor. Der selbstsper-
rende N-Kanal-VMOS-FET weist praktisch keine
3 VMOS-Transistoren Schaltverzögerung auf.
Die Grenzwerte des Drainstroms IDM und der Drain- Die Source-Elektrode überbrückt die obere N- und
Source-Spannung UDSS begrenzen die mit einem P-Schicht, was eine parasitäre Diode zwischen Gate
Feldeffekt-Transistor zu steuernde Leistung. Die und Source ergibt. Bei Anwendungen mit induktiver
höchste mit einem FET zu steuernde Leistung ergibt Last funktioniert die Diode als Freilaufdiode, so daß
sich also als Pmax = IDM ⋅ UDSS. eine zusätzliche Schutzbeschaltung der Drain-Source-
Höhere Grenzwerte des Drainstroms IDM erfordern Strecke i.d.R. unnötig ist.
eine höhere Steilheit. Die läßt sich aber nur durch Kennlinien und Grenzwerte von VMOS-FET sind
eine Verkürzung des Kanals erreichen. Eine Verkür- identisch mit denen der MOS-FET. Der Unterschied
zung des Kanals geht aber zu Lasten der Drain- besteht lediglich in den Werten.
Source-Spannung UDSS. In der Konsequenz bedeutet Die Parallelschaltung von VMOS-FET ist fast prob-
dies aber, daß die maximal zu steuernde Leistung lemlos möglich, da der positive Temperatur-
gleich bleibt. Offensichtlich läßt sich mit der bisher koeffizient des Kanals für thermische Stabilität
beschriebenen Technologie ein FET zur Steuerung sorgt.
höherer Leistungen nicht verwirklichen. Aufgrund des hohen Eingangswiderstandes, der
Bild V-9 beschreibt den grundsätzlichen Schichtauf- hohen Spannungsfestigkeit und der hohen Strom-
bau eines VMOS-FET (vertical-metal-oxide-semi- verstärkung ist der VMOS-FET ein sehr gut ge-
conductor-field-effekt-transistor). In eine Vier-Lagen- eignetes Bauteil für Pegelumsetzer und Treiberschal-
Struktur ist ein V-förmiger Graben eingeätzt. Hier tungen (zum Beispiel TTL-, TTL-LS- und CMOS-
fließt der Drainstrom ID senkrecht, also vertikal durch Familie).
durch den Kristall. Bei positiver Ansteuerung des Für höhere Betriebsspannungen ist die VMOS-
Gate bildet sich ein durchgehender Strompfad beider- Technik nicht gut geeignet, da die Isolierschicht in
seits des Grabens mit einem sehr niedrigen Bahn- der Spitze der V-Rinne nicht die erforderliche
widerstand aus, so daß der Drainstrom, durch den gleichmäßige Dicke besitzt, so daß es dort zu Durch-
V-förmigen Einschnitt geteilt, zu beiden Source-An- schlägen kommt.

Tabelle V-1 Unterschied zwischen Standard-MOS-FET und Leistungs-MOS-FET

MOS-FET VMOS-FET

Drainstrom ID mA A

Einschaltwiderstand RDS (On) 100 W ... 500 W 0,1 W ... 10 W

Gate-Source-Spannung UGS 0 V ... 5 V 0 V ... 10 V


368 Elektronik

4 SIPMOS-Transistoren ID
Eine wesentlich andere Konstruktion kommt bei A
den SIPMOS-Leistungstransistoren (Siemens-Power- 18
MOS; eingetragenes Warenzeichen der Siemens AG) 16 18
nach Bild V-10 zur Anwendung. 14 100
12
Scource Al Bild V-10 10 470
SiO2
Gate n+Poly-Si Aufbau eines 8 1k
SIPMOS-FET 6
(Siemens-Bild) 4
n+ 2
Elec
tron
flow 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 t
n– Epi layer μs
Substrate
Drain Bild V-12 Schaltverhalten des Drainstroms für
Metal
n+ verschiedene Gatewiderstände

Diese sind vertikal in Planartechnik aufgebaut und dieser FET einen positiven Temperaturbeiwert und
haben eine doppelt implantierte Kanalstruktur. Bei kann sich somit gegen thermische Überlastung selber
einem N-Kanal-FET dient das niederohmige n+-Sub- schützen.
strat mit der darunter liegenden Metallschicht als SIPMOS-FET sind selbstsperrende FET und können
Träger und Drainanschluß. Über dem niederohmigen auch aus diesem Grunde als schneller Leistungsschal-
n+-Substrat liegt eine n–-Epitaxieschicht, die je nach ter in der Leistungselektronik Verwendung finden.
zu realisierender Sperrspannung verschieden dick und Reicht der Drainstrom eines SIPMOS-FET nicht aus,
entsprechend dotiert ist. Darüber liegt das Gate aus so können nahezu beliebig viele nach Bild V-13
n+-polykristallinem Silizium mit hoher Dotierung, parallel zueinander geschaltet werden und gleichzei-
eingebettet in isolierendes Siliziumdioxid. tig angesteuert werden. Zum Ausgleich von Unsym-
Das Gate bildet eine Gitterstruktur. In die Gitter- metrien werden Gate-Widerstände (R = 4,7 W bis
öffnungen sind die Sourcezellen hineindotiert. Diese 200 W) empfohlen.
werden durch eine abdeckende Metallisierung (hier UB
mit Aluminium) parallel geschaltet. Also kann man
sagen, daß ein SIPMOS-FET aus der Parallelschal- RL
tung einiger tausend einzelner MOS-Systeme in
einem Chip besteht. Die Gateschicht wird in einer V1 D V2 D V3 D V4 D
Ecke des Chips unbedeckt gelassen und kann dort G G G G
kontaktiert werden. S S S S
SIPMOS-FET haben sehr hohe Eingangswiderstände, R R R R
aber Durchlaßwiderstände RD (on) von nur wenigen UE
Ohm. Ihre Schaltzeit liegt in der Größenordnung von
einigen hundert Nanosekunden und ist mit einer
Ansteuerschaltung nach Bild V-11 variabel machbar,
um zu große Stromsteilheiten beim Einschalten nach Bild V-13 Parallel geschaltete SIPMOS-FET für
Bild V-12 zu vermeiden beziehungsweise zu variie- höhere Stromleistungen
ren. SIPMOS-FET benötigen nur beim Einschalten
Energie und zwar hauptsächlich zum Aufladen der Gleichzeitig wird eine Drainstromreduzierung um
Gate-Drain-Kapazität. Wie der VMOS-FET hat auch den Faktor 0,8 empfohlen.
→ ID ges = 0,8 ⋅ ID ⋅ n (n = Anzahl der FET)
100V Schnelles Ein- und Ausschalten, aber auch sicherer
4mH V1 Schutz gegen unbeabsichtigtes Einschalten müssen
gewährleistet werden. Die komplementären SIPMOS-
Kleinsignaltransistoren BSS100 und BSS110 sind gut
geeignet, um auch SIPMOS-FET mit großer Ein-
5A gangskapazität oder parallel geschaltete SIPMOS-
D FET schnell zu steuern. Die Treiberschaltung nach
RG G V2
10V Bild V-11 Bild V-14 (Fa. Siemens) bietet auch im spannungs-
S
Ansteuerschaltung losen Zustand einen sicheren Schutz gegen unbeab-
für SIPMOS-FET sichtigtes Einschalten.
V Besondere Halbleiter – Bauelemente 369

US Al Gate Scource Al Gate Emitter


SiO2 SiO2
C
UT
T1 –
N-
R N
– polysilicion
P N
+ –
N -polysilicion
+
R1
TDA 47xx BSS110 P
D N
G V2 –
BC550
D
N
Q S
V4 G V1
V5 S +
BSS100 D N Drain P Collector
IN4148 C1
R2
G
S
V3 RG Bild V-15 Aufbau eines SIPMOS-FET und
eines IGBT
Bild V-14 Treiberschaltung für schnelles Ein- und an dieser Seite. Deshalb wird dieser Anschluß auch
Ausschalten von SIPMOS-FET Kollektor genannt. In eingeschaltetem Zustand bewirkt
(Fa. Siemens) der pn-Übergang die Reduzierung des Einschaltwider-
standes RD (on) durch Ladungsträgerinjektion.
Die Versorgungsspannung für die Ansteuerschaltung C
kann hier UT = 10 V bis 15 V betragen. Der Wider-
standswert von RG liegt ungefähr bei 10 kW, während C Bild V-16
R1 = 2,2 kW und R2 = 1 kW betragen. Der Kondensa- G G
Schaltzeichen und
tor C1 hat einen Wert von 0,47 mF. Die Werte für R E Ersatzschaltbild
und C bemessen sich nach der Größe des Transforma- E
eines IGBT
tors T1 beziehungsweise seiner Leistungsbeanspru-
chung.
Der IGBT ist eine Kombination aus MOS-FET und
Bipolarem Transistor. Entsprechend verhält sich der
IGBT am Eingang wie ein selbstsperrender MOS-
5 IGBT
FET und kann nahezu leistungslos gesteuert werden.
Ein IGBT (insulated-gate-bipolar-transistor) beruht Ausgangsseitig ist der IGBT einem bipolaren Leis-
grundsätzlich auf der Technologie der SIPMOS- tungstransistor ähnlich. Deshalb kann er relativ hohe
Transistoren. Spannungen (zur Zeit bis 1700 V) und Ströme (zur
Bild V-15 macht hier die Unterschiede deutlich. Wäh- Zeit ungefähr 600 A) pro Chip schalten mit zuneh-
rend der SIPMOS-FET auf einem n+n–-Substrat am mender Tendenz. Aus diesem Zusammenhang resul-
Drain aufgebaut ist, hat der IGBT ein homogenes tiert das Schaltzeichen und Ersatzschaltbild eines
Substrat mit einem speziell ausgebildeten pn-Übergang IGBT nach Bild V-16.

Tabelle V-2 Typenübersicht und Kenndaten (Fa. Siemens)


SIPMOS-FET
Typ UDS/V RDS (on)/W ID (on)/A Gehäuse
BUZ 10 50 0,1 12 TO-220
BUZ 20 100 0,2 8 TO-220
BUZ 31 200 0,2 12,5 TO-220
BUZ 45 500 0,8 7,5 TO-3
BUZ 84 800 2,0 4,7 TO-3
BUZ 54 1000 2,0 4,7 TO-3

IGBT
Typ UCE/V IC /A Gehäuse
BUP 304 1000 25 TO-218

IGBT-Module
Typ UCE/V IC/A UCE (sat)/V Bemerkungen
BSM50GB100D 1000 2 × 50 5 Halbbrücke
BSM15GD100D 1000 6 × 15 5 Vollbrücke
370 Elektronik

100 20 Bild V-17


IDS UGS=15V Ausgangskennlinienfeld
IDS eines SIPMOS-FET
A
A (obere Reihe) und eines
80 IGBT (untere Reihe)
15

60 11V

10
40
8V
UGS=15V
5
20 5V
5V
4V
0 200 400 600 800 1000 0 2 4 6 8 10
VDS VDS
V V

200 20
UGS=15V 10V
ICE
ICE
A
A
150 15

18V
9V
100 10

UGS=15V

50 12V 5

10V
6V 7V

0 200 400 600 800 1000 0 2 4 6 8 10


VCE VCE
V V

Die Ausgangskennlinien nach Bild V-17 zeigen einen gie keine integrierte Inversdiode. Deshalb muß bei
SIPMOS BUZ 54 und einen IGBT BUP 304 bei Verwendung des IGBT als Schalter mit induk-
gleicher Chipgröße. Das Schaltverhalten der beiden tiven Lasten eine separate Freilaufdiode geschaltet
Bauelemente unterscheidet sich hauptsächlich durch werden.
den Spannungsabfall im eingeschalteten Zustand. So In „Modulen“ sind IGBT, Inversdioden und andere
hat der BUZ 54 bereits bei 5 A einen Spannungsabfall erforderliche Schutzbausteine zusammengefaßt. Sie
von 8 V, während der BUP 304 bei 10 A auf weniger sind rationelle Bausteine im Leistungsteil von selbst-
als 3 V Spannungsabfall kommt. Erkennbar ist außer- geführten Stromrichtern (siehe Abschnitt 15), vor
dem, daß der Einschaltwiderstand RD (on) weniger span- allem bei Zweipuls- (B2) und Sechspuls-Brücken-
nungsabhängig ist als der der SIPMOS-FET. schaltungen (B6).
Im Schaltbetrieb ist die Gesamtverlustleistung quasi Grundsätzlich kann man einen IGBT dadurch ab-
identisch mit der temperaturabhängigen Durchlaß schalten, indem man die Gate-Emitter-Spannung auf
verlustleistung. Der Einschaltwiderstand RD (on) wird „Null“ setzt. Um das Abschaltverhalten zu verbessern
in den Datenblättern für 25 °C angegeben. und auch Notabschaltungen leichter zu ermöglichen,
IGBT haben im Gegensatz zu SIPMOS-FET auf- wird der IGBT nach Bild V-18 auch mit negativen
grund der unterschiedlichen Herstellungstechnolo- Spannungen an der Gate-Emitter-Strecke angesteuert.
VI Analoge Verstärker 371

U Ein Aus
ULF
UGE UGE
V2
ULR
V3
t RG
V5 V6
UE V1
UEG UEG
ULR 0
V4
ULF
IG
Bild V-19 Prinzipschaltung einer Treiberstufe
mit komplementären Transistoren

t
Der Gatevorwiderstand RG begrenzt (wie beim SIP-
MOS) die entstehenden Steuerstromimpulse.
Um die Steuerspannungen zu erzeugen, verwendet
man Treiberstufen mit komplementären Transistoren,
Bild V-18 Liniendiagramm von Steuerstrom wobei die Schaltung nach Bild V-19 nur eine mög-
und -spannung liche Prinzipschaltung darstellt.

VI Analoge Verstärker
Der Transistor ist ein aktives Bauelement im Gegen- Beispiel eine Mischspannung aus einer Gleich- und
satz zu passiven Bauelementen wie zum Beispiel einer Wechselspannung, indem man einem Gleich-
Dioden oder Widerstände. Einer Transistorschaltung strom die Sinalspannung entsprechend der Schaltung
kann am Ausgang mehr Signalleistung entnommen nach Bild VI-1 überlagert, so verstärkt der Transistor
werden als ihr am Eingang zur Verfügung steht. diese pulsierende Gleichspannung.
In den meisten Anwendungsfällen werden Transisto-
+12V
ren verwendet, um kleine Eingangsspannungen und
vom Siebkondensator
-ströme zu großen Ausgangsspannungen und -strö-
men zu verstärken. Der Signalverlauf, also die Form R1 RC
der Signale, bleibt erhalten, während sich der Am- CK2
plitudenwert der Signale vergrößert. Da Eingangs- 3 4
und Ausgangssignale einander ähnlich sind, arbeitet CK1 2 C
1 B
der Transistor als Analogverstärker.
Die zur Umformung (Verstärkung) eines anliegenden E
G RL
Signals erforderliche Hilfsenergie liefert die Betriebs- R2
spannung. Unter Signal versteht man eine bestimmte
Eingangsspannung, einen bestimmten Eingangsstrom
zum Siebkondensator
oder eine bestimmte Eingangsleistung mit den ent-
sprechenden Ausgangsgrößen. Bild VI-1 Transistor als AC-Verstärker
Zu verstärkende Signale liefern Mikrophone, Ton-
Bild VI-2a stellt die sinusförmigen Ein- und Aus-
abnehmersysteme von Plattenspielern, CD-Playern,
gangsspannungen an den Punkten 1 und 4 dar. Die
Tonköpfen in Recordern, Antennen, Vorverstärker.
Phasenverschiebung zwischen den beiden Kurven
Die verstärkten Signale (Ausgangssignale) können
ergibt sich aus der generellen Phasenverschiebung bei
über entsprechende Wandler (Lautsprecher, Bildröh-
der Emitterschaltung und der Phasenverschiebung
ren, Motoren und andere Ausgabeeinheiten) hörbar
aufgrund der beiden RC-Glieder.
beziehungsweise sichtbar gemacht werden.
Bild VI-2b zeigt die Mischspannungen an der Basis
(Punkt 2) und am Kollektor (Punkt 3) des Transistors.
1 Bipolarer Transistor als Verstärker Der Gleichanteil muß so groß bemessen sein, daß die
Der bipolare Transistor muß als gleichstromsteu- Mischspannung keine negativen Anteile hat. Ohne
erndes Bauelement verstanden werden. diese Maßnahme würden nur die positiven Amplitu-
Wechselspannungen, also Signale mit positiven und den verstärkt werden. Durch einen Kondensator kann
negativen Amplituden, können nur mit Hilfe von der Gleichstromanteil am Ausgang der Verstärker-
Schaltungskniffen verstärkt werden. Bildet man zum schaltung unterdrückt werden.
372 Elektronik

USig/V UL/V
1,0 1,0
0,6 4 0,6
0,2 1 0,2
0 0
-0,2 -0,2
-0,6 -0,6
-1,0 -1,0
0 100 200 300 400 t/ms 500

UBE/mV UCE /V
700 2 uBE
670
640 6,4
uCE Bild VI-2
5,8 Sinusförmige Ein- und
3 5,2 Ausgangsspannungen
sowie Misch-
4,6 spannungen an Basis
4,0 und Kollektor
0 100 200 300 400 t/ms 500

Der besondere Vorteil des Vierquadranten-Kenn- auf der X-Achse bei


linienfeldes eines bipolaren Transistors liegt darin, U CE = U B (10 V gewählt) (VI.1)
daß bestimmte Daten von einem Quadranten direkt in
einen anderen Quadranten, also von einem Kenn- auf der Y-Achse bei
linienfeld in ein anderes, übertragen werden können. UB
Daher läßt sich die Verstärkerwirkung eines bipolaren IC = (2 mA errechnet) (VI.2)
RC
Transistors im Vierquadranten-Kennlinienfeld beson-
ders gut darstellen und erläutern. Der Arbeitspunkt AP1 sollte liegen bei
In Bild VI-3 sind die Zusammenhänge für eine prin- UB
zipiell zu erstellende Verstärkerschaltung dargestellt U CEA = (5 V errechnet) (VI.3)
2
und graphisch erläutert.
Zunächst muß die Arbeitsgerade des Kollektorwider- Diese Wahlen ergeben im I. Quadranten einen IC =
standes RC (5 kW gewählt) in das Ausgangskenn- 1 mA, im II. Quadranten einen IB ≈ 5 mA und weiter-
linienfeld eingezeichnet werden. Sie verläuft von geführt in den III. Quadranten ein UBE = 0,5 V.
links oben nach rechts unten und endet Der Arbeitspunkt AP liegt nun fest bei ICA = 1 mA
und UCEA = 5 V.
IC Legt man nun an die Basis des Transistors eine Ein-
II I
mA gangswechselspannung (AC) Uess = 0,1 V, so wird
IB=
RC=5kW
UCE=5V 2,0 10μA die Gleichspannung von ihr überlagert.
8μA Für die AC wandert nun der AP im III. Quadranten
1,5 6μA an der Kennlinie entlang zwischen IB = 2 mA und
1,0 Arbeitspunkt 8 mA. Somit ändert sich auch der IC und wandert nun
4μA
zwischen IC = 0,5 mA und 1,25 mA.
IB 0,5 2μA
Die Änderung des Kollektorstroms ruft am Arbeits-
μA 8 6 4 2 widerstand RC eine Spannungsänderung hervor, so
2 4 6 8 10 UCE daß sich auch UCE zwischen UCE = 7,25 V und 1,25 V
0,5 UB V
um DUCE = 6 V ändert.
DUCE=5,25V
1,0 Bei einer Änderung der Eingangsspannung Ue um
0,1V UCE=5V
einen bestimmten Wert ergibt sich bei diesem Tran-
1,5 UBE=1,25V
UCE=5V sistor eine Änderung der Ausgangsspannung Ua um
2,0 einen entsprechend vergrößerten Betrag.
Es ist erkennbar, daß die Ausgangsspannung gegen-
UBE über der Eingangsspannung verzerrt ist. Es handelt
III IV
V
sich demnach um eine Spannungssteuerung des
Bild VI-3 Verstärkerwirkung eines bipolaren Transistors.
Transistors im Vier-Quadranten- Im Falle einer Stromsteuerung des Transistors (der
Kennlinienfeld Basisstrom entstammt einer „Stromquelle“) kann
VI Analoge Verstärker 373

Ic Die betriebliche Stromverstärkung ist also stets klei-


Ic IB =
mA const.
ner als die Kurzschlußstromverstärkung b des Tran-
6 Rc 27μA
5 sistors als Bauelement.

ΔIC=4mA
4 18μA Auch für die Berechnung der betrieblichen Span-
Ic 3
2 9μA nungsverstärkung Vu werden die Vierpolgleichungen
1
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 benutzt. Durch geschicktes Einsetzen ergibt sich dann
IB 27 18 9 0 U
μA ΔIB=18mA UCEmin ΔICE=6V UB CE Spannungsverstärkung
V
URCmax
ua h21 ⋅ R L
Vu = = (VI.5)
t
u e Dh ⋅ R L + h11
UCEmax t URCmin
mit Dh = h11 ⋅ h22 – h12 ⋅ h21
Bild VI-4 Stromsteuerung
Strom- und Spannungsverstärkung sind ebenso wie
man von einer Betrachtung nach Bild VI-4 ausgehen, der Eingangswiderstand re lastabhängige Größen.
bei der die Ausgangsspannung nahezu unverzerrt am Dh ⋅ R L + h11
Kollektorwiderstand abfällt. Eingangswiderstand re = (VI.6)
1 + h 22 ⋅ R L
1.1 Grundschaltungen Der Ausgangswiderstand ra ist vor allem vom Innen-
Ein Verstärker hat stets zwei Anschlüsse für den Ein- widerstand Rg der Signalquelle abhängig. Er läßt sich
gang und zwei Anschlüsse für den Ausgang. Transi- nach dem Ohmschen Gesetz vom Ausgang her be-
storen haben aber nur drei Elektroden (Beinchen). rechnen.
Wird ein Transistor als Verstärker eingesetzt, muß eine Ausgangswiderstand
dieser Elektroden sowohl zu den Eingangsanschlüssen h11 + Rg
ua
als auch zu den Ausgangsanschlüssen gehören. ra = = (VI.7)
Damit ergeben sich drei Möglichkeiten, Transistoren i C Dh + h 22 ⋅ Rg
als Verstärker zu betreiben. Diese drei Schaltungen Unter Leistungsverstärkung versteht man das Ver-
werden als Transistor-Grundschaltungen bezeichnet. hältnis von Ausgangs- zur Eingangsleistung.
Die jeweilige Bezeichnung der Transistor-Grund-
Leistungsverstärkung
schaltung ist von derjenigen Elektrode abgeleitet, die
gemeinsamer Bezugspunkt für das Eingangs- und h212
⋅ RL
VP = (VI.8)
Ausgangssignal ist. (1 + h22 ⋅ R L ) ( h11 + Dh ⋅ R L )
Jede der drei Grundschaltungen hat besondere Eigen-
schaften. Sie werden durch eine Reihe von Kenngrö- Mit Hilfe der Gleichungen VI.4 bis VI.8 lassen sich
ßen näher beschrieben. die betrieblichen Übertragungseigenschaften eines
Wichtige Kenngrößen sind: Wechselstromeingangs- Transistorverstärkers berechnen. Dabei muß berück-
widerstand re, Wechselstromausgangswiderstand ra, sichtigt werden, daß die h-Parameter nur für den
Spannungsverstärkung Vu, Stromverstärkung Vi, Kleinsignalbetrieb im NF-Bereich gelten.
Leistungsverstärkung Vp, Phasendrehung des Signals Die Spannungsrückwirkung des Transistors ist in den
j und Grenzfrequenz der Schaltung fg. meisten Fällen so gering, daß man sie vernachlässi-
Das Vierpol-Ersatzschaltbild nach Bild VI-5 in An- gen kann und die Ersatzschaltungen nach Bild VI-6
lehnung an Bild IV-15 gilt ebenso wie die folgenden gültig sind. Aufgrund dieser Tatsache lassen sich
Betriebsgrößen für alle Grundschaltungen. Vereinfachungen vornehmen.
iB iC
iB iC
h21*iB
h21i B 1 ua
Rg h11 ue h 11
1 h22
ue ua RL
h22
ug
h12i a

b iB iC c
Bild VI-5 Vierpol-Ersatzschaltbild mit Last und
Signalquelle h21*iB
Rg
ue h 11 1 ua RL
Für einen beliebigen Abschlußwiderstand RL kann mit h22
ug
Hilfe der Vierpolgleichungen (Tabelle IV-1) die Strom-
verstärkung Vi des Transistors bestimmt werden. e e
iC h21 Bild VI-6 Ersatzschaltungen bei Vernachlässigung
Stromverstärkung Vi = = (VI.4)
i B 1 + h22 ⋅ R L der Spannungsrückwirkung
374 Elektronik

So beschreiben folgende sechs Werte das Verhalten Bild VI-8


des Transistors selber. Ein Wechsel-
Stromverstärkung strom-Ersatz-
rCE RC schaltbild der
I DI Emitter-Grund-
B= C und b = C = h 21
IB DI B rBE schaltung
Eingangswiderstand
U BE DU BE
R BE = und rBE = = h11
IB DI B Spannungsverstärkung
Ausgangswiderstand −β β ⋅ RC ⋅ rCE
|VuE | = ⋅ rCE RC = (VI.11)
U CE DU CE 1 rBE rBE (RC + rCE )
BCE = und rCE = =
IC DI C h 22 Stromverstärkung
Um die Betriebsgrößen der Grundschaltungen be- rCE
stimmen zu können, müssen die Grundbedingungen ViE = b ⋅ (VI.12)
RC + rCE
für den Betrieb der Schaltungen definiert werden. Der
Arbeitspunkt wird generell durch eine Gleichspan- Leistungsverstärkung
nungsquelle am Eingang eingestellt. Er wird jeweils 2
rCE ⋅ RC
so eingestellt, daß die Schaltung im linearen Teil der V pE = b 2 ⋅ (VI.13)
( RC + rCE ) 2 ⋅ rBE
Eingangskennlinie arbeitet und Kleinsignalbetrieb
vorliegt, also der Arbeitspunkt nicht in den Sättigungs- maximale Leistungsverstärkung Vp max bei Leistungs-
beziehungsweise Sperrbereich gelangen kann. anpassung, also wenn RC = rCE · Phasendrehung des
Zu der Emitter-Grundschaltung nach Bild VI-7 Signals 180°.
zählt auch der Kollektorwiderstand RC. Dieser ist Die Emitterschaltung liefert sowohl eine Strom- und
unbedingt erforderlich, damit eine Wechselspannung, als auch eine Spannungsverstärkung, die beide > 1
also ein Ausgangssignal am Kollektor entstehen sind. Somit liefert diese Schaltung die größtmögliche
kann. Ohne den Arbeitswiderstand RC liegt der Kol- Leistungsverstärkung und wird deshalb häufig ange-
lektor des Transistors über die Gleichspannungsquel- wendet.
le wechselstrommäßig auf Masse, was einen wech- In der Kollektor-Grundschaltung nach Bild VI-9
selstrommäßigen Kurzschluß bedeuten würde. liegt der Kollektor wechselstrommäßig auf Masse.

UCC UCC

RC

ua ue
Bild VI-7
ue ua
Emitter- RE
Bild VI-9
Grundschaltung
Kollektor-
Grundschaltung

Die Eigenschaften der Emitter-Grundschaltung hän- Wird der Basisstrom erhöht, so erhöhen sich auch der
gen nicht nur von den Kennwerten des Transistors Kollektorstrom und der Spannungsabfall am Emitter-
selbst, sondern auch von der Größe des Kollektor- widerstand RE. Die Phasenverschiebung zwischen
widerstandes ab. Die Kennwerte dieser gesamten Ausgangs- und Eingangsspannung beträgt also 0°.
Grundschaltung bezeichnet man als Betriebsgrößen. Die Eigenschaften der Kollektor-Grundschaltung
Ein mögliches Wechselstrom-Ersatzschaltbild, basie- hängen nicht nur von den Kennwerten des Transistors
rend auf Bild VI-6 (Emitter-Grundschaltung) zeigt selbst, sondern auch von der Größe des Emitter-
Bild VI-8. widerstandes ab. Ein Wechselstrom-Ersatzschaltbild
Wechselstromeingangswiderstand der Kollektor-Grundschaltung zeigt Bild VI-10.
Da in den Datenblättern der Hersteller die Kenndaten
reE = rBE = h11 e (VI.9)
des Transistors nur für die Emitter-Grundschaltung an-
gegeben werden, ist es sinnvoll, die Betriebsgrößen der
Wechselstromausgangswiderstand
Kollektor- und Basis-Grundschaltung auf die Kenn-
raE = rCE RC (VI.10) werte der Emitter-Grundschaltung zurückzuführen.
VI Analoge Verstärker 375

Bild VI-10 Bild VI-12


Wechselstrom- Wechselstrom-
Ersatzschaltbild rCE RC Ersatzschaltbild
der Kollektor- der Basis-
Grundschaltung Grundschaltung
rBE
RE rBE

Wechselstromeingangswiderstand Die Eigenschaften der Basis-Grundschaltung hängen


nicht nur von den Kennwerten des Transistors selbst,
reC = reE + b ⋅ R E (VI.14) sondern auch von der Größe des Kollektorwider-
standes ab. Ein Wechselstrom-Ersatzschaltbild der
Wechselstromausgangswiderstand Basis-Grundschaltung zeigt Bild VI-12.
rBE + Rg Wechselstromeingangswiderstand
raC = R E (VI.15)
b r
reB = eE (VI.19)
b
Spannungsverstärkung
Wechselstromausgangswiderstand
VuC ≈ 1 (VI.16)
⎛ Rg ⎞
raB = RC rCE ⋅ ⎜ 1 + b ⋅ ⎟ (VI.20)
Stromverstärkung ⎝ rBE ⎠
rCE und für Rg ⇒ 0 W:
ViC = ( b + 1) ⋅ (VI.17)
( RE + rCE )
raB ≈ RC rCE (VI.21)
Leistungsverstärkung Spannungsverstärkung
V pC ≈ ViE (VI.18) VuB = VuE − 1 (VI.22)

Die Kollektorschaltung hat bei hohem Eingangs- Stromverstärkung


widerstand einen niedrigen Ausgangswiderstand. Sie ViB ≈ 1 (VI.23)
findet also häufig Anwendung als Impedanzwandler, Leistungsverstärkung
zum Beispiel zur Anpassung hochohmiger Generato-
V pB ≈ VuB (VI.24)
ren an niederohmige Verbraucher.
Auch in Endstufen von Leistungsverstärkern findet Die Stromverstärkung ist quasi gleich eins und der
sie Anwendung, da ihre Stromverstärkung etwa so Ausgangsstrom praktisch identisch mit dem Ein-
groß ist wie die der Emitterschaltung. gangsstrom. Damit erfolgt eine schnellere Steuerung
In der Basis-Grundschaltung nach Bild VI-11 liegt des Ausgangsstroms durch den Eingangsstrom als bei
die Basis wechselstrommäßig auf Masse. Wird die den anderen Grundschaltungen.
Eingangsspannung (Spannung zwischen Emitter und Die obere Grenzfrequenz der Basisschaltung hängt
Basis) größer, der Emitter also negativer, so wird der von der Stromverstärkung des Transistors ab.
Transistor niederohmiger. Es fließt daher ein erhöhter
Kollektorstrom, der am Kollektorwiderstand RC einen obere Grenzfrequenz fa ≈ b ⋅ f g (VI.25)
erhöhten Spannungsabfall bewirkt. Die Phasenver- Wegen ihrer hohen Grenzfrequenz fa wird die Basis-
schiebung zwischen Ausgangs- und Eingangsspan- schaltung vorzugsweise in der Hochfrequenztechnik
nung beträgt dann 0°. eingesetzt. Sie hat bei einem niedrigen Eingangs-
widerstand einen verhältnismäßig hohen Ausgangs-
widerstand.
UCC

RC 1.2 Arbeitspunktstabilisierung
Zum Betrieb eines Transistors ist nach Bild VI-1 und
Bild VI.3 neben der Spannungsversorgung UB auch
ue ua ein Widerstand RC in der Kollektorzuleitung erfor-
Bild VI-11 derlich.
Basis-Grundschaltung Der Kollektorwiderstand RC hat zwei verschiedene
Aufgaben zu erfüllen. Er muß den Kollektorstrom IC
376 Elektronik

begrenzen und die im Transistor auftretende Strom- Durch diese Schaltungsmaßnahme (Konstantstrom)
verstärkung b in eine Spannungsverstärkung Vu um- wird der Arbeitspunkt des Transistors eingestellt.
wandeln. Die Basisvorspannung bleibt sowohl bei Schwankun-
Der Transistor muß mit genau festgelegten Werten gen von UB als auch bei Temperaturschwankungen
für IC und UCE betrieben werden. Das Bestimmen und nahezu konstant, weil der Spannungsabfall bei einem
Einstellen dieser Werte bezeichnet man als „in den Ansteigen von IBA an R1 höher wird. Dadurch wird
Arbeitspunkt bringen“ oder „den Arbeitspunkt ein- UBE wieder kleiner, verbunden mit einem Rückgang
stellen“. von IBA auf seinen ursprünglichen Wert.
Der Arbeitspunkt AP (siehe Kap. 6.1) wird durch Von Vorteil ist auch der stets sehr hochohmige Wider-
UCEA und ICA festgelegt und durch IBA eingestellt und stand R1, weil dadurch die Spannungs- und die Signal-
gehalten. Bei einer vorgegebenen Betriebsspannung quelle nur gering belastet werden.
UB läßt sich der erforderliche RC errechnen. Nachteilig ist dagegen, daß aufgrund der Exemplar-
streuungen der Transistoren jede einzelne Transistor-
U B − U CEA
RC = (VI.26) stufe abgeglichen werden muß, was nach einem
I CA möglichen Auswechseln eines Transistors wiederholt
I CA werden muß.
I BA = (VI.27) Die Kondensatoren CK1 und CK2 verhindern, daß eine
B
Gleichspannung an den Signalgenerator oder eine
Der Arbeitspunkt eines Transistors im Kleinsignalbe-
davor liegende Verstärkerstufe gelangt.
trieb als NF-Verstärker sollte möglichst in der Mitte
Eine weitere Möglichkeit, einen Transistor in den AP
der Widerstandsgeraden liegen (Gleichung VI.3). Da-
zu bringen, ist die Erzeugung der Basisvorspannung
durch wird verhindert, daß ein Signal infolge der Kenn-
durch einen Basisspannungsteiler nach Bild VI-14.
linienkrümmungen unsymmetrisch verstärkt wird.
Der Strom durch R1 teilt sich an der Basis auf in den
Bei Ansteuerung des Transistors mit einem sinus-
Basisstrom IBA und den Querstrom Iq, so daß durch
förmigen Signal an der Basis ändert sich der Kollek-
R1 die Summe aus Iq und IBA fließt, durch R2 jedoch
torstrom um einen bestimmten Wert nach oben und
nur der Iq.
unten. Man kann sagen, daß sich der AP an der
Widerstandsgeraden entlang um den AP herum hin
und her bewegt. UB
Der Arbeitspunkt des Transistors kann durch Einstel- R1 RC
lung des Basisstroms und durch Einstellung der CK2
Basis-Emitter-Spannung festgelegt werden.
CK1 C Bild VI-14
Die Basis-Emitter-Strecke muß in Durchlaßrichtung B
Einstellung des
betrieben werden, damit ein Kollektorstrom fließen E Arbeitspunktes
kann. Das wird durch eine Basisvorspannung UBE R2
mit Basis-
erreicht, die doppelt so groß sein muß wie die Schleu-
spannungsteiler
senspannung der Basis-Emitter-Diode.
Die einfachste Schaltung zur Erzeugung dieser Ba-
sisvorspannung und zur Einstellung des Basisstroms Der Querstrom Iq sollte verhältnismäßig groß ge-
mit Hilfe des Basisvorwiderstandes R1 ist in Bild genüber dem Basisstrom gewählt werden. Dies er-
VI-13 dargestellt. reicht man, indem der Spannungsteiler entsprechend
niederohmig gemacht wird, so daß er als unbelastet
UB Bild VI-13 gelten kann und somit eine von Belastungsschwan-
R1 RC Einstellung des kungen weitgehend unabhängige UBE liefern kann.
CK2
Arbeitspunktes Richtwert I q = ( 2 ... 10 ) ⋅ I B
mit Basis-
CK1 C vorwiderstand Die Berechnung der Teilerwiderstände ergibt sich
B aus:
E
U B − U BEA
R1 = (VI.29)
I q + I BA

Der Spannungsabfall an R1 muß so groß sein, daß U BEA


R2 = (VI.30)
von der Spannung UB gerade noch die Basisvor- Iq
spannung übrig bleibt, die die Basis-Emitter-Diode in
Durchlaßrichtung betreibt. Da die Eingangskennlinie sehr steil verläuft, ergibt
U B − U BEA schon eine kleine Änderung von UBEA eine große
Basisvorwiderstand R1 = (VI.28) Änderung des Basisstroms. Deshalb erfolgt die ge-
I BA naue Einstellung des Arbeitspunktes bei dieser Schal-
mit IBA nach Gleichung VI.27. tung durch ein Potentiometer anstelle von R2.
VI Analoge Verstärker 377

Die Lage des Arbeitspunktes ist nicht temperaturstabil. Vorteile der Gegenkopplung sind: Die Verstärker-
Eine einfache Möglichkeit zur thermischen Arbeits- kennwerte werden gegenüber Temperatureinflüssen
punkt-Stabilisierung läßt sich realisieren, indem man und Exemplarstreuung stabilisiert. Die Ein- und Aus-
parallel zum Widerstand R2 einen NTC-Widerstand gangswiderstände und die Verstärkung lassen sich in
schaltet, der unmittelbar an dem Transistorgehäuse ihrer Größe beeinflussen. Die nichtlinearen Verzerrun-
oder an dem Kühlkörper des Transistors installiert gen (Klirrfaktor) werden verringert. Der Übertragungs-
wird. Mit steigender Temperatur wird der Wider- bereich (Bandbreite) eines Verstärkers kann erhöht
standswert des NTC aufgrund des negativen Tempe- werden (Verringerung der linearen Verzerrungen).
raturkoeffizienten kleiner. Eine Gegenkopplung hat immer eine Verringerung
Da der Ersatzwiderstand einer Parallelschaltung immer der Verstärkung zur Folge. Gegenkopplung kann
kleiner ist als der kleinste Teilwiderstand, wird auch durch das Einfügen eines Emitterwiderstandes RE in
der Spannungsabfall an dieser Parallelschaltung klei- die Schaltung nach Bild VI-14 erreicht werden.
ner, so daß IB heruntergeregelt wird und damit auch IC
nicht weiter ansteigt. UB
Mit dem Widerstand R2 läßt sich die Wirksamkeit des RC
R1
NTC einstellen. Je niederohmiger R2 ist, um so gerin-
ger ist der Einfluß des NTC auf den Widerstandswert CK2
der Parallelschaltung.
Diese Art der Arbeitspunkt-Stabilisierung wird be- CK1 C
B Bild VI-16
trieben, wenn es sich um eine Verstärkerstufe mit
E Transistor-
hoher Ausgangsleistung handelt, man also auf den
verstärker mit
Emitterwiderstand RE verzichten möchte (wegen zu
Emitterwiderstand
großer Leistungsverluste in ihm) und die infolge der R2 RE
CE und Emitter-
Verlustleistung des Transistors abgegebene Wärme-
kondensator
menge groß genug ist, um eine ausreichend große
Wirkung auf den NTC-Widerstand auszuüben.
In den meisten Emitterschaltungen wird eine Arbeits- Der Emitterstrom IE läßt am Widerstand RE in der
punktstabilisierung durch Gegenkopplung angestrebt. Schaltung nach Bild VI-16 eine Spannung URE abfal-
Man spricht von einer Rückkopplung, wenn ein Teil len. Ändert sich der Strom IE im Transistor aufgrund
der Ausgangsenergie eines Verstärkers auf seinen Ein- einer Temperaturänderung, so regelt sich die Transis-
gang zurückgeführt wird. Liegt das rückgekoppelte Si- torschaltung selber aus.
gnal mit dem Eingangssignal in Phase, wirkt es also Beschreibung der Regelung:
gleichsinnig mit dem Eingangssignal, spricht man von Aufgrund einer Temperaturerhöhung erhöht sich der
Mitkopplung (Schalter- und Trigger-Anwendungen). Strom IC. Daraufhin wird die Spannung URE bei-
Wirkt das rückgekoppelte Signal jedoch dem Eingangs- spielsweise von 1 V auf 1,1 V ansteigen. Da UR2
signal entgegen, so spricht man von Gegenkopplung. durch den Basisspannungsteiler konstant gehalten
Bild VI-15 soll den Signalfluß bei einem gegenge- wird, muß die Basisvorspannung UBE um 0,1 V auf
koppelten Verstärker verdeutlichen. Der strichpunk- 0,6 V sinken. Das wiederum führt zu einem Absinken
tierte Kasten stellt den gegengekoppelten Verstärker des Basisstroms IB.
dar, während der mit „Verstärker“ gekennzeichnete Durch die Gleichstromverstärkung B sinkt der Kol-
Kasten den rückkopplungsfreien Verstärker darstellt. lektorstrom IC um einen entsprechenden Betrag ab.
Das mit „Rückführung“ gekennzeichnete Übertra- Das führt zu einer Senkung der Spannung an RE; der
gungsglied koppelt nun eine Ausgangsgröße –ent- ursprüngliche Zustand ist wieder erreicht.
weder dem Ausgangsstrom oder der Ausgangsspan- Da sich UBE bei jeder kleinsten Emitterstromände-
nung proportional – aus und führt diese Größe mit rung sofort mit verändert, wird die thermische Ar-
umgekehrtem Vorzeichen dem Verstärkereingang zu. beitspunktstabilisierung mit Hilfe eines Emitterwi-
derstandes in fast allen Verstärkerschaltungen an-
i1 u1 u1v u2v u2 i2 gewandt.
Eingang i1v i2v Ausgang
Verstärker
V1
ik u2v
uk u1v ik
Rückführung
u1 u2
RC
i1v = i1 – ik Bild VI-17
u1v = u1 – uk uk RE Strom-Spannungs-
Gegenkopplung
Bild VI-15 Blockschaltbild des Signalflusses bei
(Regelkreis)
einem gegengekoppelten Verstärker
378 Elektronik

Diesen Effekt bezeichnet man als Strom-Spannungs- nicht an die konstante Betriebsspannung angeschlos-
Gegenkopplung, da eine Stromänderung am Ausgang sen, sondern an das veränderliche Kollektorpotential.
(IE = ik) in eine Spannungsänderung am Eingang Da der Widerstand R1 gleich- und wechselspan-
(UBE = u1 – uk) umgewandelt wird (Bild VI-17). nungsmäßig wirksam ist, spricht man von einer
Die Güte der Stabilisierung des eingestellten Arbeits- Gleich- und Wechselspannungsgegenkopplung.
punktes hängt von der Spannung am Widerstand RE Ändert sich in dieser Schaltung die Temperatur, so
und damit vom Widerstandswert ab. Die Änderung ändert sich auch der eingestellte Kollektorstrom,
des Kollektorstroms infolge einer Erwärmung des damit auch die Spannung UCE und als Folge davon
Transistors kann als Störgröße im Gegenkopplungs- die Basisvorspannung UBE.
kreis aufgefaßt werden.
U B − U CEA
Richtwert URE ≈ (0,1 ... 0,2) ⋅ UB RC = (VI.33)
I CA + I BA
Der Widerstand R2 muß so berechnet werden, daß an
U CEA − U BEA
ihm die Summe der Spannungen aus URE und UBE R1 = (VI.34)
abfällt. I BA
U B − ( U BEA + U RE ) Zur Berechnung von RC kann IBA wegen B > 100
R1 = (VI.31)
I q + I BA vernachlässigt werden. In der Schaltung nach
Bild VI-19 wird die Arbeitspunkteinstellung wieder
U BEA + U RE durch einen Basisspannungsteiler unter Ausnutzung
R2 = (VI.32)
Iq der Gegenkopplung vorgenommen.

Im Bild VI-16 ist der Emitterwiderstand nur dann UB


gleichstrommäßig wirksam, wenn er mit einem Kon- RC
densator CE überbrückt ist, der auch bei der unteren CK2
Grenzfrequenz der Verstärkerstufe noch sehr nieder- Bild VI-19
ohmig gegen RE ist und deshalb jede Wechsel- Arbeitspunkt-
spannung (= Signal), die am Emitter auftritt, nach R1
CK1 C einstellung durch
Masse kurzschließt. B
Basisspannungsteiler
Befindet sich in der Schaltung nach Bild VI-16 der E bei Spannungs-
Kondensator CE, so ist wechselstrommäßig nur der R2
Strom-
Kollektorwiderstand RC wirksam. Diese Schaltung Gegenkopplung
verhält sich wechselstrommäßig wie eine Emitter-
schaltung ohne RE, bei der die Batteriespannung um
den Betrag UREA kleiner ist als im vorliegenden Fall. Die Wechselspannungsgegenkopplung läßt sich hier
Eine weitere Möglichkeit zur thermischen Arbeits- nur schwer unwirksam machen, so daß diese Schal-
punktstabilisierung zeigt die Schaltung nach Bild tung nicht häufig Verwendung findet.
VI-18. Im Gegensatz zur Stromgegenkopplung, bei U B − U CEA
Kollektorwiderstand RC = (VI.35)
I CA + I BA + I q
UB
Basisspannungsteilerwiderstände
RC
U CEA − U BEA
CK2 R1 = (VI.36)
Bild VI-18 I BA + I q
Thermische Arbeits-
R1 punktstabilisierung U BEA
CK1 C R2 = (VI.37)
mit Spannungs- Iq
B
Strom-Gegenkopp-
E lung RN

ik
der eine dem Ausgangsstrom proportionale Spannung i1 i1v
zum Eingang zurückgekoppelt wird, koppelt man hier
R1
einen Teil der gegenphasigen Ausgangsspannung
zum Eingang zurück (Spannungs-Strom-Gegenkopp- u1 uv
1
u1n u2
lung).
Die Stabilisierung wird um so besser, je größer das
Verhältnis RC/R1 wird. Die Gegenkopplung geschieht
durch den Widerstand R1, der den Basisstrom IBA zur Bild VI-20 Spannungs-Strom-Gegenkopplung
Arbeitspunkteinstellung liefert. Dieser ist jedoch (Regelkreis)
VI Analoge Verstärker 379

Die Wirkung der Spannungs-Strom-Gegenkopplung als Parallelschaltung des Kollektorwiderstandes RC


läßt sich nach Bild VI-20 mit Unterstützung von mit dem Ausgangswiderstand r0 (Bild VI-21) des
Bild VI-15 nachvollziehen. Der Widerstand RN ist der Transistors nach Bild VI-22.
Gegenkopplungswiderstand R1 nach Bild VI-19.
Eingangswiderstand
1.3 Emitterschaltungen Rein = R1 储 R2 储 ri = RB 储 rBE (VI.38)
Die Emitterschaltung nach Bild VI-16 ist die am häu- Ausgangswiderstand
figsten eingesetzte Grundschaltung. Der Emitter ist
bei dieser Schaltung wechselstrommäßig der gemein- Raus = RC 储 r0 = RC 储 rCE (VI.39)
same Anschluß für den Eingang und Ausgang des Der Wechselstrom-Ausgangswiderstand bei der Emit-
Transistors. terschaltung wird also wegen raE >> RC durch den
Kollektorwiderstand RC bestimmt.
1 iB iC 2
RS h21*iB
b iB iC c
ue R1 1 ua RA
R2 h11 h22 RC
uS h21*iB
Rg
ue h11 1 ua RL
h22
1 iB iC 2 ug
RS h21*iB
ue 1 ua RA e e
RB h11 RC
uS h22
Bild VI-23 AC-Ersatzschaltung mit umgerechneter
Signalquelle
Bild VI-21 AC-Ersatzschaltbild der Emitter-
schaltung mit Emitterkondensator Nunmehr läßt sich die AC-Ersatzschaltung nach
Bild VI-22 vollständig umrechnen nach Bild VI-23
Diese Schaltung wird mit dem Abschlußwiderstand mit den gegebenen Werten.
RA belastet und von einer Signalquelle uS mit dem Mit
Innenwiderstand RS gespeist.
Bild VI-21a zeigt das AC-Ersatzschaltbild der Emit- RL = RC 储 RA ; Rg = R1 储 R2 储 RS
terschaltung mit dem integrierten Emitterkondensator und
CE, wobei das AC-Ersatzschaltbild des Transistors
R1 R2
nach Bild VI-6 verwendet wird. Der Emitterwider- ug = uS ⋅
stand RE erscheint nicht in diesem Ersatzschaltbild, da R S + R1 R2
er durch CE kurzgeschlossen wird. gilt für die Spannungsverstärkung
Die Spannungsrückwirkung wird hier vernachlässigt.
Der Innenwiderstand der Gleichspannungsquelle kann b
Vu = ⋅ rCE R L (VI.40)
für Wechselspannungen zu Null genommen werden, rBE
so daß der Kollektorwiderstand und der Widerstand und die Stromverstärkung
R1 gegen Masse liegen.
Faßt man die Parallelschaltung der Widerstände rCE
Vi = b ⋅ (VI.41)
R1 und R2 zum Ersatzwiderstand RB zusammen, so R L + rCE
erhält man Bild VI-21b. Somit ergibt sich für
diese Transistorstufe die Ersatzschaltung nach Die Leistungsverstärkung der Stufe, also von Klem-
Bild VI-22. me 1 nach Klemme 2 gemäß Bild VI-22, ist geringer
als die Multiplikation der errechneten Spannungs-
1 2 und Stromverstärkungswerte.
io
Rs Rein Raus Leistungsverstärkung
RB ri ro RC RA R B ⋅ reE
us VStufe = Vu2 ⋅ (VI.42)
R A ⋅ ( R B + reE )

Bild VI-22 Vollständige AC-Ersatzschaltung Hier sind jetzt auch die Wechselstromverluste in den
Widerständen RC, R1 und R2, die zur Arbeitspunkt-
Der Wechselstrom-Eingangswiderstand Rein wird bei einstellung erforderlich sind, berücksichtigt.
der Emitterschaltung hauptsächlich durch den dyna- Bei der Emitterschaltung wird das Ausgangssignal
mischen Eingangswiderstand rBE des Transistors gegenüber dem Eingangssignal um 180° phasenver-
bestimmt. Der Ausgangswiderstand Raus ergibt sich schoben verstärkt wiedergegeben.
380 Elektronik

Die Koppelkondensatoren CK1 und CK2 stellen im 1 iB iC 2


Idealfall für die Signalspannung einen Kurzschluß h21*iB
Rs 1
dar. Sie bestimmen die untere Übertragungsfrequenz h11
h22
des Verstärkers ebenso wie der Emitterkondensator, us R1 R2 RC RA
denn je größer ihre Wechselstromwiderstände mit ue ua
abnehmender Frequenz werden, um so geringer wird RE
die Spannungsverstärkung der Schaltung. Darum muß
für die Koppelkondensatoren CK1 und CK2 eine untere
Grenzfrequenz fu angegeben werden, für die diese zu Bild VI-25 AC-Ersatzschaltung für Emitter-
berechnen sind. Als Grenzfrequenz ist die Frequenz schaltung ohne Emitterkondensator
festgelegt, bei der die Spannungsverstärkung Vu auf Diese AC-Gegenkopplung hat Auswirkungen auf die
0,707 der Verstärkung bei mittleren Frequenzen Spannungsverstärkung.
abgesunken ist. Das entspricht einer Dämpfung von Vereinfacht gilt:
3 dB. mit
Koppelkondensatoren RL = RC 储 RA: u a ≈ − ( i B ⋅ h21 e ) ⋅ R L
1
CK 1 = CK 2 = (VI.43) und
2 pf u ⋅ ( Raus + Rein )
u e = i B ⋅ [ h11 e + ( h21 e + 1) ⋅ R E ]
In Gleichung VI.43 beschreibt Raus den Aus-
gangswiderstand der signalgebenden Schaltung und Spannungsverstärkung
Rein den Eingangswiderstand der aufnehmenden h21 e ⋅ R L
Vu′ = − (VI.45)
Schaltung beziehungsweise des Lastwiderstandes.
Die Kapazität des Emitterkondensators ergibt sich für
[ h11 e + ( h21 e + 1) ⋅ R E ]
eine vorgegebene untere Grenzfrequenz fu mit fol- Durch die AC-Gegenkopplung wird die AC-Ver-
gender Überlegung nach Bild VI-24. stärkung der Transistorstufe herabgesetzt. Daraus
folgt, daß die Spannungsverstärkung V′u einer Transis-
ig torstufe mit RE ohne CE kleiner ist als bei einer Stufe
h21*ig mit CE 储 RE.
Rg RL
h11 Näherung Vu′ ≈ − (VI.46)
RE
u1 u2 RL rBE
wenn RE >>
ug b
RE CE Die Wechselstromgegenkopplung macht zwar die
Spannungsverstärkung kleiner, ergibt jedoch zwei
erhebliche Vorteile:
Bild VI-24 AC-Ersatzschaltung für Emitterschal- Die Spannungsverstärkung läßt sich auf einen ge-
tung mit Emitterkondensator wünschten Wert mit Hilfe der beiden Widerstände RC
und RE einstellen! Die Spannungsverstärkung wird
Faktisch liegt der Kondensator CE parallel zum Wi- praktisch unabhängig von den Daten des Transistors
derstand RE und muß somit bei der Berechnung der und hängt nur von den beiden Widerständen ab
Spannungsverstärkung berücksichtigt werden. Bei der (wichtig beim Bau von Seriengeräten und bei Repara-
Grenzfrequenz ist die Verstärkung um 3 dB abge- turen)!
sunken. Bei Frequenzen unterhalb der Grenzfrequenz Es ist erkennbar, daß der AC-Eingangswiderstand der
ist der Emitterkondensator nicht mehr wirksam. Schaltung nach Bild VI-26 andere Werte hat als in
der Schaltung nach Bild VI-22. Der Eingangswider-
Emitterkondensator stand des Transistors als solcher ist durch die AC-
Rg + rBE + b ⋅ R E Wirkung des RE größer geworden.
CE = (VI.44)
2 pf u ⋅ R E ⋅ ( Rg + rBE ) Eingangswiderstand

Wird der Emitterwiderstand RE nicht durch den Kon- Rein = RB 储 [h11 e + (h21 e + 1) ⋅ RE] (VI.47)
densator CE nach Bild VI-16 überbrückt, so ist er Der Eingangswiderstand der gegengekoppelten Schal-
nach Bild VI-25 auch wechselstrommäßig wirksam. tung wird aber weiterhin im wesentlichen durch die
In diesem Fall liegt eine Gleich- und Wechselstrom- Größe der Spannungsteiler-Widerstände bestimmt.
gegenkopplung vor. Ein Teil der AC-Ausgangs- Der Ausgangswiderstand der Schaltung ohne Beach-
spannung ua, der Signalspannungsabfall an RE, wird tung von RC und RA wird durch den RE erhöht. Es gilt
auf den Eingang zurückgekoppelt. vereinfacht:
VI Analoge Verstärker 381

Ausgangswiderstand UB
⎡ h 21 e ⋅ R E ⎤
Raus ≈ rCE ⋅ ⎢1 + ⎥ (VI.48) R1
⎣ ( h11 e + R E + RS ) ⎦
C
CK1 B
Dieser „widerstandsbehaftete“ Transistor läßt sich
E CK2
nutzen. Die Transistorschaltung mit RE hat das Ver-
halten einer Stromquelle, da der Widerstand RE die
Eigenschaft hat, den Signalstrom zu stabilisieren
beziehungsweise bei konstanter Eingangsspannung R2 RE
konstant zu halten. Konstantstromquellen nach Bild
VI-26 haben einen sehr großen, theoretisch unendlich
hohen Innenwiderstand.
Bild VI-27 Kollektorschaltung mit Basisspannungs-
teiler
UCC UCC
RL C
iB
R1 R1
h21*iB
IL IL Rg
h11
V1 V1
u1 iC
R2 V2 ug
RE RE u2 RE RL

Bild VI-26 Konstantstromquellen Bild VI-28 AC-Ersatzschaltung der Kollektor-


schaltung
Der Kondensator als Lastwiderstand in der Schaltung
nach Bild VI-26b wird linear und nicht nach einer Nun läßt sich die AC-Ersatzschaltung nach Bild VI-28
Exponentialfunktion geladen. Die Z-Diode V2 stabi- mit den gegebenen Werten vollständig berechnen.
lisiert die Versorgungsspannung VCC.
Der differentielle Innenwiderstand dieser Konstant- R1 R2
Rg = R1 R2 RS , ug = uS ⋅
stromquelle läßt sich leicht berechnen. RS + R1 R2
Innenwiderstand Die Kennwerte der vollständigen Schaltung lassen
dU L ⎡ h ⋅R ⎤ sich aus dem AC-Ersatzschaltbild nach Bild VI-28
ri = = rCE ⋅ ⎢1 + 21 e E ⎥ (VI.49) herleiten und erklären.
dI L ⎣ ( h11 e + RE ) ⎦
Unter Berücksichtigung des Lastwiderstandes und
Wegen IL ≈ IE läßt sich der Strom dieser Konstant- rCE Ⰷ RE 储 RL gilt dann:
stromquelle berechnen.
Laststrom AC-Eingangswiderstand
U RE U R2 − U BEA ⎡ RE ⋅ RL ⎤
IL ≈ = Rein ≈ ⎢ rBE + b ⋅ (VI.51)
( R E + R L ) ⎥⎦
(VI.50)
RE RE ⎣
Der Wechselstrom-Eingangswiderstand der Kollek-
1.4 Kollektorschaltungen torschaltung ist folglich größer als der einer Emitter-
schaltung, wird jedoch durch die Parallelschaltung
Eine Kollektorschaltung mit Basisspannungsteiler ist des Basisspannungsteilers RB deutlich harabgesetzt.
in Bild VI-27 dargestellt. Bei der gezeigten Schaltung Der Wechselstrom-Ausgangswiderstand der Kollek-
wird die Basisvorspannung durch den Vorwiderstand torschaltung ist laut Ersatzschaltbild in seinem Wert
R2 erzeugt und der AP durch den Emitterwiderstand RE kleiner als bei der Emitterschaltung.
stabilisiert. Der Emitterwiderstand darf nicht durch
AC-Ausgangswiderstand
einen Kondensator gebrückt werden, weil an RE das
Ausgangssignal abgegriffen wird. Die Kondensatoren rBE + Rg
Ck1 und Ck2 trennen den Generator und den Lastwider- Raus = R E (VI.52)
b
stand gleichstrommäßig von der Schaltung.
Diese Schaltung wird nun (vgl. 6.1.3) mit dem Last- Für die Spannungsverstärkung gilt grundsätzlich:
widerstand RL belastet und von einer Signalquelle uS Spannungsverstärkung
mit dem Innenwiderstand RS gespeist. Die Parallel-
ua DU RE
schaltung der Widerstände R1 und R2 faßt man zum Vu = = ≈1 (VI.53)
Ersatzwiderstand RB zusammen. u e DU RE + DU BE
382 Elektronik

Da die Summe der Spannungen unter dem Bruch- die Batterie (Netzteil) kurzgeschlossen wird. Somit
strich größer ist als der Wert oberhalb, gilt Vu < 1! ist der Basisspannungsteiler im AC-Ersatzschaltbild
Für die Stromverstärkung gilt grundsätzlich: nicht vorhanden.
i a DI C + DI B
Vi = = = b +1 (VI.54) iB iC
ie DI B
h21*iB
Rs
Näherungsweise kann mit Vi ≈ b gerechnet werden. u1 R h11 1 RC u2 RA
E h22
Da die Leistungsverstärkung Vp das Produkt aus Vu
und Vi ist, gilt bei Vu ≈ 1 und Vi ≈ b eine Leistungs- us
verstärkung
Vp ≈ Vi ≈ b (VI.55) Bild VI-30 AC-Ersatzschaltbild der Basisschaltung

Da ein größerer Basisstrom bei der Kollektorschal- Die Kennwerte lassen sich aus dem AC-Ersatz-
tung auch einen höheren Kollektorstrom und damit schaltbild nach Bild VI-30 herleiten und erklären.
Emitterstrom bewirkt, wird auch bei steigendem
AC-Eingangswiderstand
Basisstrom der Spannungsabfall an RE größer. Bei der
Kollektorschaltung entsteht somit keine Phasenver- u1 R E ⋅ rBE
Rein = = (VI.56)
schiebung zwischen dem Ein- und Ausgangssignal. i1 rBE + ( b + 1) ⋅ R E
Die Grenzfrequenz unterscheidet sich hier kaum von
der der Emitterschaltung. Aufgrund des hohen Ein- Der Wechselstrom-Eingangswiderstand der Basis-
gangswiderstandes und des niedrigen Ausgangswider- schaltung ist wesentlich niedriger als der der beiden
standes wird die Kollektorschaltung als Impedanz- anderen Grundschaltungen.
wandler verwendet; sie ermöglicht die Anpassung Generell gilt für den Wechselstrom-Ausgangswider-
hochohmiger Signalquellen an kleine Verbraucherwi- stand der Basisschaltung
derstände. Durch die geringe Belastung des Signal- AC-Ausgangswiderstand
generators ist sie gut verwendbar als Eingangsstufe
rBE + ( b + 1) ⋅ RS
für mehrstufige Verstärkerschaltungen. Raus ≈ RC ≈ RC (VI.57)
rCE ⋅ RS
1.5 Basisschaltung
Die Spannungsverstärkung einer Basisschaltung er-
Bei der Basisschaltung ist die Basis gemeinsamer gibt sich aus zur Emitterschaltung ähnlichen Zusam-
Bezugspunkt (Elektrode) für das Ein- und Ausgangs- menhängen. Da bei der Basisschaltung rCE >> RC ist,
signal. gilt
Bild VI-29 zeigt eine vollständige Verstärkerstufe,
b ⋅ RC
die mit einem Basisspannungsteiler (R1 und R2) zur Spannungsverstärkung Vu ≈ (VI.58)
Basisvorspannungserzeugung versehen ist. Beach- rBE
tenswert ist hier der Anschlußpunkt für die Versor- Ist ein Lastwiderstand vorhanden, so liegt dieser
gungsspannung UB. parallel zu RC und muß entsprechend berücksichtigt
werden.
UB b
Stromverstärkung Vi = ≈1 (VI.59)
RC b +1
R1
CK1 E C CK2 Da die Leistungsverstärkung das Produkt aus Span-
nungs- und Stromverstärkung ist, gilt näherungs-
B weise:
RE b ⋅ RC
CB Leistungsverstärkung V p ≈ Vu ≈ (VI.60)
R2 rBE
Aus der Art der Ansteuerung ist erkennbar, daß es
keine Phasendrehung zwischen Eingangs- und Aus-
Bild VI-29 Verstärkerstufe in Basisschaltung gangssignal geben kann.
mit Basisspannungsteiler Die höchste übertragbare Frequenz fgo liegt bei der
Basisschaltung in der Nähe der Transitfrequenz, aber
Der Arbeitspunkt wird durch den Widerstand RE auf jeden Fall oberhalb der Grenzfrequenz der Emit-
stabilisiert. Der Kondensator CB sorgt dafür, daß die terschaltung. Den Grund dafür findet man im Wech-
Basis des Transistors wechselspannungsmäßig auf selstrom-Ersatzschaltbild. Da die Basis direkt an
Masse gelegt wird. Für Wechselspannungen schließt Masse liegt, kann über die interne Kapazität CCB des
der Kondensator CB den Widerstand R2 des Span- Transistors das Ausgangssignal nicht auf den Eingang
nungsteilers kurz, während der Widerstand R1 durch zurückgeführt werden.
VI Analoge Verstärker 383

Die Grenzfrequenz der Basisschaltung errechnet sich ID


mA R =2,25kΩ
daher zu 10 10 D
Abschnürgrenze
fgo = b ⋅ fgo Emitter (VI.61) 9 9 –UGS=0V
8 8
Aufgrund der hohen Grenzfrequenz wird diese Schal- 7 7 –0,5V
tung fast ausschließlich in Hoch- und Höchstfre- UDS +15V 6 6 –1,0V
quenzschaltungen eingesetzt (Eingangsstufe für 5 5
A A –1,5V
Signalfrequenzen größer 100 MHz). 4 4
Ein weiterer Vorteil ist der niedrige Eingangswider- 3 3 –2,0V
stand der Basisschaltung, der eine sehr gute und ein- 2 2
–2,5V
1 1
fache Anpassung an die niedrige Antennenimpedanz 0 0
von Z = 75 W ermöglicht. –UGS 5 V 4 3 2 1 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 UDS
UDS V
UB

2 Feldeffekt-Transistor als Verstärker


t t
Feldeffekt-Transistoren haben im Vergleich zu den ΔUGS=1V ΔUDS=6,75V
bipolaren Transistoren für die Anwendung als AC-
Verstärker zwei erhebliche Vorteile. Auf die geringe-
Bild VI-32 Verstärkungsvorgang beim J-FET
ren nichtlinearen Signalverzerrungen beim FET ist
bereits hingewiesen worden. Die große Eingangsim-
pedanz der FET ist ein weiterer Vorteil, denn sie Eine nahezu verzerrungsfreie Verstärkung des Signals
ermöglicht eine große Spannungsverstärkung. DUGS ist nur zu erwarten, wenn der Arbeitspunkt im
Der Verstärkungsvorgang bei den FET ist im Prinzip Ausgangskennlinienfeld auch bei maximaler Ampli-
identisch mit dem der bipolaren Transistoren (Bild tude des Signals nicht über die Abschnürgrenze
VI-31). hinaus in den ohmschen Bereich wandert. Bild VI-32
veranschaulicht den beschriebenen Vorgang. Die
ID UB Analogie zu den bipolaren Transistoren ist unüber-
sehbar.
RD URD
2.1 Arbeitspunkteinstellung
D und -stabilisierung

–UGS G S Bei der Verwendung des FET als Verstärker wird nur
UDS der Abschnürbereich des Ausgangskennlinienfeldes
Bild VI-31
benutzt. Der Arbeitsbereich, also der Bereich, in dem
ΔU GS Prinzipschaltung
der Arbeitspunkt liegen darf, ist durch folgende Kur-
eines Verstärkers
ven beziehungsweise Werte begrenzt: die Verlust-
mit J-FET
hyperbel, die Abschnürgrenze und die Kennlinien für
die maximale und minimale Gate-Source-Spannung.
Durch eine negative Gate-Source-Spannung –UGS wird Bei Kleinsignal-Aussteuerung legt man den Arbeits-
bei diesem N-Kanal-J-FET der Arbeitspunkt einge- punkt in den oberen Bereich der Übertragungskenn-
stellt, der damit sowohl für die Übertragungskenn- linie bei einem großen Ruhestrom IDA, da hier die
linie wie auch für das Ausgangskennlinienfeld be- Kennlinie nahezu linear verläuft. Muß ein temperatur-
stimmt ist. Dort liegt der Arbeitspunkt im Schnittpunkt unabhängiger Arbeitspunkt gewählt werden, kann der
der Arbeitsgeraden mit der ID-UDS-Kennlinie mit UGS Kompensationspunkt genommen werden.
als Parameter. Die Arbeitsgerade gehorcht den gleichen Für diesen Arbeitspunkt wird in Kapitel 4.2 die Gate-
Bedingungen wie bei den bipolaren Transistoren. Source-Spannung UGSK ermittelt. Größere Nichtlinea-
Das zu verstärkende Signal DUGS wird der Gate- rität ist hier allerdings die Folge.
Source-Spannung überlagert und läßt nunmehr in der Bei der Aussteuerung muß gewährleistet werden, daß
Summe den Arbeitspunkt auf der Arbeitsgeraden die Drainspannung die im Datenblatt angegebene
wandern. Die positive Amplitude des Signals läßt die Durchbruchspannung U(BR) DS nicht übersteigt.
Gate-Source-Spannung UGS positiver werden und In Bild VI-32 ist der Arbeitspunkt so gewählt, daß
somit den Drainstrom ID ansteigen. Dadurch erhöht UDS = UB /2 ist. Wie bei einem Verstärker mit bipola-
sich der Spannungsabfall am Drainwiderstand RD. rem Transistor ist das ein guter Arbeitspunkt.
Infolge dieser Spannungserhöhung muß die Drain- Dieser Arbeitspunkt muß nun mit der Gate-Source-
Source-Spannung UDS kleiner werden. Ein- und Spannung UGS eingestellt werden. Bild VI-33 zeigt
Ausgangsspannung haben hier also entgegengesetzte die Steuerkennlinien der drei möglichen N-Kanal-
Polarität, was von der Emitterschaltung bei den Typen mit günstigen Arbeitspunkten für den Betrieb
bipolaren Transistoren her bekannt ist. in AC-Verstärkern.
384 Elektronik

ID ID ID sinkender Drainstrom führt zu einem entgegenge-


IDS setzten Effekt. Es handelt sich also bei diesem Source-
D D D
G G G widerstand RS um eine Gleichstrom-Gegenkopplung,
S S S wie sie beim bipolaren Transistor zur thermischen Ar-
beitspunktstabilisierung bereits behandelt worden ist.

UP UGS UP UGS UGS IDA UB

Bild VI-33 Steuerkennlinien der drei RD


N-Kanal-Typen CA

Beim J-FET und beim MOS-FET vom Normally-On- CE D


Typ ist die Steuerspannung UGS negativ, beim MOS- UDSA
G S
FET vom Normally-Off-Typ dagegen positiv zu ua Bild VI-35
machen. CS
Vollständige
ue
Eine Arbeitspunktstabilisierung ist nur bei der Source RV URS RS Verstärker-
Schaltung, die der Emitterschaltung entspricht, vorzu- stufe mit
sehen. Die beiden anderen Grundschaltungen sind in- J-FET
folge der internen Gegenkopplung thermisch stabil.
J-FET sind selbstleitende Typen, bei denen auch ohne Wird der FET mit einer Wechselspannung ange-
Gate-Source-Spannung ein großer Drainstrom fließt. steuert, fällt an RS eine Wechselspannung ab, die eine
Dies ist auch bei den MOS-FET vom Normally-On- gegenkoppelnde Wirkung hat. Wie in der Emitter-
Typ der Fall. schaltung (bipolare Transistoren) wird auch hier die
Dieser Umstand ermöglicht die Arbeitspunkteinstel- AC-Verstärkung gemindert. Will man eine AC-
lung und -stabilisierung mit Hilfe der automatischen Gegenkopplung vermeiden, kann durch einen genü-
Gate-Source-Spannung. Die automatische Erzeugung gend großen Kondensator CS der Widerstand RS
wechselspannungsmäßig kurzgeschlossen werden.
IDA UB Die Kondensatoren CE und CA nach Bild VI-35 die-
nen zur Ein- und Auskopplung des Signals.
RD Je größer der Widerstand RS gewählt wird, um so
geringer wird eine mögliche Arbeitspunktverschiebung
aufgrund von Exemplarstreuungen des FET sein.
D Nachteilig ist dann jedoch die sich ergebende Lage des
G UDSA
S Arbeitspunktes im unteren Teil der Übertragungskenn-
–UGS
linie.
RV Bild VI-34 Bei den selbstsperrenden MOS-FET ist die automa-
U RS RS Arbeitspunktstabili- tische Vorspannungserzeugung nicht möglich. Aus
sierung mit automatischer diesem Grunde werden die Normally-Off-Typen
Gate-Source-Spannung immer und die anderen FET bei bestimmten Gele-
genheiten mit Hilfe eines Gate-Spannungsteilers nach
Bild VI-36 „in den Arbeitspunkt gebracht“ und mit
dieser Spannung mit Hilfe eines Widerstandes RS in dem Sourcewiderstand RS gegen Arbeitspunkt-
der Sourceleitung zeigt die Schaltung nach Bild schwankungen stabilisiert.
VI-34. Der durch die Widerstände RD und RS fließen-
de Drainstrom IDA läßt am Sourcewiderstand RS eine UB
Spannung URS abfallen. Die Source-Elektrode ist IDA
daher um den Wert dieser Spannung positiver als das
über den Widerstand RV auf Masse gelegte Gate, R1 RD
wobei daran erinnert sei, daß die Gate-Source-Strecke CA
quasi einen unendlich hohen Widerstand darstellt und
D
somit kein Gatestrom fließt. Damit wird deutlich, daß CE G
mit Hilfe des Sourcewiderstandes RS die Gate- S
Source-Spannung eingestellt werden kann. ua
Gate-Source-Spannung ue CS
R2 RS
U RS = − U GS = I DA ⋅ RS (VI.62)
Ein steigender Drainstrom führt zu einer negativer
werdenden Gate-Source-Spannung, die ihrerseits den Bild VI-36 Verstärkerschaltung mit
Drainstrom begrenzt beziehungsweise verkleinert. Ein selbstsperrenden MOS-FET
VI Analoge Verstärker 385

Für direkt gekoppelte Verstärkerschaltungen können Weitere Schaltungen zur Arbeitspunkteinstellung und
nur FET verwendet werden, deren Drain-Source- und -stabilisierung haben zusätzlich zum Ziel, einen
Gate-Source-Spannung gleiche Polarität haben. Je hohen Eingangswiderstand des Verstärkers zu reali-
nach Verhältnis der Widerstände R1, R2 und RS lassen sieren. Die Bootstrap-Schaltung nach Bild VI-37 läßt
sich mit dem Spannungsteiler entsprechende Vor- sich genauso wie die Spannungs-Gegenkopplung
spannungen am Gate einstellen. nach Bild VI-38 mit selbstsperrenden FET anwenden.
Jetzt lassen sich auch Arbeitspunkte im oberen Teil Die Spannungsverstärkung wird durch die Gegen-
der Übertragungskennlinie einstellen. Unter Vernach- kopplung herabgesetzt, was bereits von den bipolaren
lässigung des Gatestroms IG läßt sich der Drainstrom Transistoren her bekannt ist.
ID berechnen.
Drainstrom UB
R2 RD
⋅ U B − U GS
R1 + R2 U − U GS CA
ID = = 0 (VI.63) R1
RS RS
Je größer der Spannungsabfall an den Widerständen D Bild VI-38
R2 und RS gewählt wird, um so besser lassen sich CE Verstärkerstufe
G
Änderungen des Arbeitspunktes durch Exemplar- S mit selbst-
streuungen des FET oder Temperaturschwankungen sperrenden FET
reduzieren. Der Spannungsteiler sollte aber nicht zu und Spannungs-
hoch gewählt werden, da sonst die exponentionelle gegenkopplung
Temperaturabhängigkeit des Gatestroms wirksam
wird. Wird der Spannungsteiler zu niederohmig, wird
der Wechselstrom-Eingangswiderstand der Verstär- UB
kerschaltung wesentlich reduziert.
RD
Bei vorgegebenen Werten für den Bereich des ge- CA
wünschten Arbeitspunktes (Wandern des AP auf der R2 R1
Arbeitsgeraden) läßt sich der Sourcewiderstand durch
Vorgabe des maximalen und minimalen Ruhestroms
D
(IDA+, IDA–) berechnen. CE
G
U + − U GSA− S
Sourcewiderstand R S = GSA (VI.64)
I DA + − I DA− CN
Der Spannungsteiler kann als unbelastetet angenom-
men werden.
R1 UB
Teilerverhältnis = −1 (VI.65) Bild VI-39 Spannungsgegenkopplung
R2 I DA ⋅ R S + U GSA ohne Signalgegenkopplung
Häufig wird die Spannung URS in der Größenordnung
um 1 V gewählt, während der Querstrom Iq durch den Die Spannungs-Gegenkopplung kann für Signalspan-
Teiler im Mikroampere-Bereich liegt. nungen mit höherer Frequenz aufgehoben werden.
Da sich der Drainstrom bei Temperaturerhöhung nur Hierzu wird der Gegenkopplungswiderstand in der
geringfügig verringert, können FET ohne zusätzliche Schaltung nach Bild VI-38 in zwei Widerstände mit
Sicherheitsmaßnahmen parallelgeschaltet werden. gleichem Widerstandswert aufgeteilt und ein Kon-
densator vom Mittelpunkt des Teilers gegen Masse
UB
geschaltet, wie in Bild VI-39 zu sehen ist. Für die
Signalspannung bestimmt der Widerstand R2 den
R1 RD Eingangswiderstand der Schaltung.
CA Der Arbeitspunkt bei Drainschaltungen, die den
Kollektorschaltungen entsprechen, läßt sich auf die
D gleiche Weise wie zuvor beschrieben einstellen.
CE G
S 2.2 Grundschaltungen von FET
R3 Das Betriebsverhalten von FET wird durch die vier
Bild VI-37
Bootstrap- typischen Eigenschaften dieser Transistoren be-
C3 Schaltung mit stimmt:
R2 RS – hoher Eingangswiderstand im NF-Bereich
selbstsperrenden
FET – verhältnismäßig geringe Vorwärts-Steilheit
386 Elektronik

– hoher Ausgangswiderstand (da spannungsgesteuer- I DA UB


te Stromquelle)
– vernachlässigbar kleine Spannungsrückwirkung im R1 RD
NF-Bereich. CA
Entsprechend der Emitter-, Kollektor- und Baisschal- CE D
tung des bipolaren Transistors läßt sich der FET als G
S
Verstärker in der Source-, Drain- und Gateschaltung ua Za
betreiben. Jede dieser Grundschaltungen weist hin- Zs
sichtlich der Betriebsgrößen typische Eigenschaften ue
auf. CS
us
Die wichtigsten Kenngrößen dieser Grundschaltun- R2 RS
gen sind: Wechselstrom-Eingangswiderstand Rein,
Wechselstrom-Ausgangswiderstand Raus, Spannungs-
verstärkung Vu, Stromverstärkung Vi, Phasenverschie- Bild VI-41 Source-Schaltung mit
bung j. In den fogenden Abschnitten werden die Gatespannungsteiler
Betriebsgrößen (Kenngrößen) der drei Grundschal-
tungen mit N-Kanal-J-FET beschrieben beziehungs-
weise berechnet. cgd
ggd
g i1 i2 d
2.2.1 Sourceschaltung
ZS ue cgs S*ue RD
Die Source-Schaltungen nach Bild VI-35 und ua ZA
us R1 R 2 ggs c
gds ds
Bild VI-41 sind die am meisten verwendeten Verstär-
kerschaltungen des FET. s s
cgd
Mit Hilfe der Widerstände RV, RS und RD oder R1, R2,
g i1 ggd i2 d
RS und RD wird der Arbeitspunkt des FET eingestellt
und stabilisiert. Um eine AC-Gegenkopplung zu ver- ZS cgs S*ue
RB ue ua ZL
hindern, ist der Sourcewiderstand in beiden Schaltun- us g g cds
gs ds
gen durch einen genügend großen Kondensator CS s s
kurzgeschlossen. Die Kondensatoren CE und CA
dienen in beiden Schaltungen zur gleichstrommäßi- Bild VI-42 AC-Ersatzschaltbilder
gen Entkopplung des FET-Verstärkers von der Sig- zur Source-Schaltung nach Bild VI-41
nalquelle und vom Lastwiderstand.
Aufgrund der komplexen y-Parameter der Vierpol-
Als Vereinfachung findet man RB für R1 储 R2 und ZL
Ersatzschaltung soll hier für die vorläufige Betrach-
als Ersatzwiderstand für ZA 储 RD in Bild VI-42b.
tung ein komplexer Innenwiderstand ZS der Signal-
Nimmt man Gleichung IV.28 in Verbindung mit dem
quelle und ein komplexer Lastwiderstand ZA als
Ersatzschaltbild, so erhält man die betriebliche Span-
Abschlußwiderstand angenommen werden.
nungsverstärkung der Source-Schaltung.
Zur Source-Schaltung nach Bild VI-35 gehört das
AC-Ersatzschaltbild nach Bild VI-40. Der Wider- Spannungsverstärkung
stand ZL steht hier als Ersatzwiderstand für die Paral- S + g gs
lelschaltung von ZA und RD. Vu = (VI.66)
S + g ds + g gs + G L
cgd
Bei niedrigen Frequenzen können die kapazitiven
g i1 ggd i2 d Elemente des Ersatzschaltbildes ebenso vernachläs-
gds sigt werden wie der sehr geringe Rückwirkungsleit-
ZS cgs cds
ue S*ue ua ZL wert ggd, so daß sich die Gleichung mit einer rein
ggs gds
us ohmschen Last RL vereinfachen läßt.
s s Spannungsverstärkung (NF)
Bild VI-40 AC-Ersatzschaltbild zur Source- S
Vu = − (VI.67)
Schaltung nach Bild VI-35 g ds + G L
In der Schaltung nach Bild VI-41 wird der Arbeits- Das negative Vorzeichen in der Gleichung weist auf
punkt durch den Gatespannungsteiler eingestellt. die Phasenverschiebung j zwischen Ein- und Aus-
Zur Source-Schaltung nach Bild VI-41 gehört das gangssignal hin.
AC-Ersatzschaltbild nach Bild VI-42a. Am Eingang Der Kanalwiderstand rds = 1/gds ist sehr hochohmig,
des J-FET liegt die Parallelschaltung von R1 und R2, so daß gilt: rds >> RL
am Ausgang liegt wieder die Parallelschaltung von ZA
und RD. Spannungsverstärkung (NF) Vu ≈ − S ⋅ R L (VI.68)
VI Analoge Verstärker 387

Die betriebliche Stromverstärkung der Source-Schal- Bei niedrigen Frequenzen ergibt sich näherungs-
tung läßt sich mit Gleichung IV.29 für niedrige Fre- weise:
quenzen bei rein ohmscher Last berechnen.
Ausgangsleitwert ya ≈ gds (VI.76)
S ⋅ GL
Stromverstärkung (NF) Vi = (VI.69) Der Ausgangsleitwert läßt sich aus den Kennlinien
g gs ( g ds + G L ) zum Beispiel nach Bild VI-33 ermitteln.
Mit gds << GL gilt dann: Die wesentlichen Merkmale der Source-Schaltung im
NF-Betrieb sind der geringe Eingangsleitwert, die
S große Spannungsverstärkung bei hochohmigem Last-
Stromverstärkung (NF) Vi ≈ (VI.70)
g gs widerstand, die große Stromverstärkung und mittlere
Werte für den Ausgangsleitwert.
Da der Leitwert ggs sehr klein ist, ergibt sich rein
rechnerisch eine große Stromverstärkung bei tiefen AC-Eingangswiderstand
Frequenzen. Bei hohen Frequenzen bewirken die Rein ≈ RV 储 rgs oder Rein ≈ RB 储 rgs
kapazitiven Elemente des Ersatzschaltbildes eine
Reduzierung der Stromverstärkung. da
Der AC-Eingangswiderstand Rein ist derjenige Wider- rgs >> RV oder rgs >> RB
stand, mit dem die Verstärkerschaltung die Signal- gilt folgende Näherung:
quelle belastet. Der komplexe Eingangsleitwert yi der
Rein ≈ RV oder Rein ≈ RB
Source-Schaltung läßt sich nach Gleichung IV.30
berechnen. Es ergibt sich folgende Vereinfachung: AC-Ausgangswiderstand
Eingangsleitwert yi Raus ≈ RD 储 rds
y i = g gs + g gd + jwC iss − ( g gd + jwC rss ) ⋅ Vu (VI.71) da
rds >> RD
Es ist erkennbar, daß sich der kapazitive Anteil des
Eingangsleitwertes bei größeren Werten für die gilt folgende Näherung:
Spannungsverstärkung beträchtlich erhöht, wodurch Raus ≈ RD
die obere Grenzfrequenz erheblich reduziert wird. Bei
Annahme eines rein ohmschen Generatorleitwertes Obwohl eine AC-Gegenkopplung die Spannungsver-
Gg ergibt sich folgender Zusammenhang: stärkung mindert, wird sie häufig angewendet, da
obere Grenzfrequenz sie die Source-Schaltung positiv beeinflußt. Die
AC-Gegenkopplung bewirkt eine Verbesserung des
g gs + G g + g gd ( 1 − Vu ) Frequenzganges und der Stabilität. Außerdem erge-
fo = (VI.72)
2 p [ C gs + C gd ( 1 − Vu ) ] ben sich geringere nichtlineare Verzerrungen des
Signals.
Die kapazitive Rückwirkung über den Kondensator Um nicht die volle Gleichstrom-Gegenkopplung für
Cgd bewirkt also die niedrige Grenzfrequenz der Wechselsignale wirksam werden zu lassen, benutzt
Source-Schaltung. Der komplexe Generatorleitwert man häufig eine Schaltung nach Bild VI-43. Hier
Yg läßt sich als Parallelschaltung ZS 储 RB berechnen. wird eine Strom-Spannungs-Gegenkopplung durch
Bei niedrigen Frequenzen ist der Eingangsleitwert
rein reell und sehr klein
UB
Eingangsleitwert R1 RD
⎛ S − g gd ⎞ CA
y i = g gs + g gd ⎜ 1 + ⎟ (VI.73) D
⎝ g ds + g gd + G L ⎠ CE G
S
und kann in vielen Fällen näherungsweise gelten als
R S′ Bild VI-43
Eingangsleitwert yi ≈ ggs (VI.74) ua
ue Verstärker-
Der AC-Ausgangswiderstand Raus ist derjenige Wider- R2 schaltung mit
CS einstellbarer
stand, der als Innenwiderstand der Verstärkerstufe für RS
einen Lastwiderstand wirksam ist. Der komplexe Wechselstrom-
Ausgangsleitwert ya der Source-Schaltung läßt sich Gegenkopplung
nach Gleichung IV.31 berechnen.
Ausgangsleitwert einen Sourcewiderstand R′S bewirkt. Die kapazitiven
Elemente des Ersatzschaltbildes können bei niedrigen
jwC rss ( S − jwC rss )
y a = g ds +jwC oss + (VI.75) Frequenzen vernachlässigt werden. Bei ohmscher
g gs + jwC iss + Yg Last ergibt sich dann folgende Gleichung:
388 Elektronik

Spannungsverstärkung (NF) Da das Sourcepotential dem Gatepotential folgt (ua =


−S ue – ugs), wird die Drainschaltung auch Sourcefolger
Vu′ ≈ (VI.77) genannt.
G L + g ds + RS′ G L ( S + g ds )
Bei großer Steilheit S und einem großen Source- UB
IDA
widerstand R′S wird die Verstärkung nur durch das
R1
Verhältnis der Widerstände RL und R′S bestimmt. D
CE
Spannungsverstärkung (NF) CA
Bild VI-44
G S
J-FET als
R
Vu′ ≈ − L (VI.78) ue Verstärker-
RS′ ua bauelement
R2 RS
Der Ausgangswiderstand des Transistors wird durch in Drain-
die „stabilisierende Wirkung“ des Gegenkopplungs- Schaltung
widerstandes erhöht. Angenähert ergibt sich für den
Ausgangswiderstand des Transistors folgender Wert: Nimmt man nun Gleichung IV.28 in Verbindung mit
Ausgangswiderstand dem Grundersatzschaltbild, so ergibt sich die betrieb-
liche Spannungsverstärkung der Drain-Schaltung.
1
= ra′ ≈ rds (1 + S ⋅ RS′ ) Spannungsverstärkung
y a′
S + g gs + jw ( C iss − C rss )
Der Wert in der Klammer ist die Kreisverstärkung in Vu =
S + g gs + g ds + jw ( C iss + C oss − 2 C rss ) + YL
der Gegenkopplungsschleife.
Wie in Verstärkerschaltungen mit bipolaren Tran- (VI.79)
sistoren wird die untere Grenzfrequenz durch die Die Spannungsverstärkung der Drain-Schaltung ist
Widerstände und Kapazitäten (Hochpässe) in den immer kleiner als Eins. Da die Kapazitäten im NF-
Ein- und Ausgangskreisen bestimmt. FETs sind Bereich vernachlässigt werden können, vereinfacht
gleichstromsteuernde Bauelemente und haben keinen sich die Gleichung VI.79 bei rein ohmscher Last
Einfluß auf die untere Grenzfrequenz fu. erheblich.
Die Kapazitätwerte für CE und CA lassen sich berech- Spannungsverstärkung (NF)
nen nach folgenden Gleichungen.
S + g gs
Koppelkondensatoren Vu = (VI.80)
S + g ds + g gs + G L
1
CE = Das AC-Ersatzschaltbild zur Drain-Schaltung nach
2 p ⋅ fu ( RB + Z S )
Bild VI-44 zeigt Bild VI-45. Der Leitwert GL ist hier
1 der Ersatzleitwert für RA 储 RS . Sind S und GL sehr viel
CA =
2 p ⋅ fu ( RD + Z A ) größer als ggs und gds, kann die Gleichung VI.93
Jeder Hochpaß in der Verstärkerschaltung bewirkt bei weiter vereinfacht werden. Analog zur Source-
der unteren Grenzfrequenz eine Absenkung der Schaltung läßt sich auch die Stromverstärkung der
Verstärkung um 3 dB. Soll in jeder Verstärkerstufe Drain-Schaltung ermitteln.
insgesamt nur eine Absenkung von 3 dB zugelassen
sein, müssen die Kondensatoren 1,7mal so groß wie cgs
berechnet gewählt werden. g i1 ggs i2 d
Der Sourcekondensator, der die Gegenkopplung für ZS ue cgd (ue-ua) ua
die Signale aufheben soll, kann nach folgender Glei- ggd cds ZA
uS R1 R2 g
S(ue-ua) ds
RS
chung berechnet werden:
s s
S
CS = Bild VI-45 AC-Ersatzschaltbild zur Drain-Schaltung
2p ⋅ fu

2.2.2 Drainschaltung Wie bei der Source-Schaltung läßt sich auch der
Die Schaltung nach Bild VI-44 zeigt einen J-FET als komplexe Eingangsleitwert der Drain-Schaltung
Verstärker in einer Drain-Schaltung. Hier darf der ermitteln. Für den NF-Bereich und bei rein ohmscher
Sourcewiderstand nicht durch einen Kondensator Last vereinfacht sich die Gleichung.
gebrückt werden, weil in dieser Schaltung das Aus- Eingangsleitwert (NF)
gangssignal am Sourcewiderstand abgegriffen wird.
g gs ( S + g gs )
Der Koppelkondensator CE verhindert eine Gleich- y i = g i = g gs + g gd − (VI.81)
stromkopplung mit dem Generator. S + g gs + g ds + G L
VI Analoge Verstärker 389

Sind S und GL sehr viel größer als ggs und gds, ergibt UB
sich mit ggd ≈ 0 eine weitere zulässige Vereinfa-
R1 RD
chung.
CA
Eingangsleitwert (NF)
D
g gs ⋅ G L G
yi = gi = (VI.82) S
S + GL
CE
Wiederum analog zur Source-Schaltung läßt sich ua
auch der komplexe Ausgangsleitwert der Drain-
Schaltung ermitteln. Für den NF-Bereich ergibt sich ue Bild VI-46
R2 RS
mit ggd ≈ 0 und bei rein ohmschem Generatorleitwert Gate-
CG
Gg diese Gleichung. Schaltung
Ausgangsleitwert (NF)
g gs ( G g − S ) Berechnung der Betriebsgrößen im Vergleich mit der
y a = g a = S + g ds + (VI.83) Vierpol-Ersatzschaltung möglich.
g gs + G g
Nimmt man nun Gleichung IV.28 in Verbindung mit
Der AC-Eingangswiderstand Rein ist derjenige Wider- dem Ersatzschaltbild, so ergibt sich die betriebliche
stand, mit dem die Verstärkerschaltung die Signal- Spannungsverstärkung der Gate-Schaltung.
quelle belastet.
AC-Eingangswiderstand cds
Rein ≈ RV 储 (1 + S ⋅ RS) rgs s i1 g ds i2 d
ue ggd
oder ZS cgs ua
RS ggs ZA
Rein ≈ RB 储 (1 + S ⋅ RS) rgs uS S*ue c
gd
RD

also: Rein ≈ RV oder Rein ≈ RB g g

Der AC-Ausgangswiderstand Raus ist derjenige Wider- Bild VI-47 AC-Ersatzschaltbild zur Gate-Schaltung
stand, der als Innenwiderstand der Verstärkerstufe für nach Bild VI-46
einen Lastwiderstand wirksam ist.
AC-Ausgangswiderstand Spannungsverstärkung
Raus ≈ RS 储 1/S also: Raus ≈ 1/S S + g ds + jwC ds
Vu = (VI.84)
Die Drain-Schaltung ist vergleichbar mit der Kollek- g gd + g ds + jw( C gd + C ds ) + YL
torschaltung von bipolaren Transistoren. Während der
Eingangswiderstand sehr groß ist, wird der Aus- Im NF-Bereich können wiederum die kapazitiven
gangswiderstand klein. Im Gegensatz zur Kollektor- Leitwerte vernachlässigt werden, so daß sich bei rein
schaltung ist der Ausgangswiderstand unabhängig ohmscher Last und RL = RD 储 RA folgende Gleichung
von Widerständen im Eingang. ergibt.
Der Vorteil der Drain-Schaltung gegenüber der Sour- Spannungsverstärkung (NF)
ce-Schaltung ist der geringere Ausgangswiderstand.
S + g ds
Deshalb wird die Drain-Schaltung als Impedanz- Vu = (VI.85)
wandler und bei Verwendung eines Leistungs-FET g gd + g ds + G L
auch als Leistungsverstärker benutzt.
Sehr stark vereinfacht ergibt sich dann:
2.2.3 Gateschaltung Vu(NF) ≈ S ⋅ RL
Bei der Gate-Schaltung nach Bild VI-46 liegt das Bei niedrigen Frequenzen liegt die Stromverstärkung
Eingangssignal zwischen Source und Gate, während bei ungefähr Vi ≈ – 1.
das Ausgangssignal zwischen Drain und Gate ab- Der AC-Eingangswiderstand Rein ist derjenige Wider-
gegriffen wird. stand, mit dem die Verstärkerschaltung die Signal-
Das Eingangssignal soll wieder von einer Signalquel- quelle belastet. In der Schaltung nach Bild VI-46
le US mit dem komplexen Innenwiderstand ZS gelie- ist erkennbar, daß der Kondensator CG die Wider-
fert werden. Belastet wird die Verstärkerstufe mit stände R1 und R2 des Gatespannungsteilers für Si-
dem komplexen Abschlußwiderstand ZA. gnale kurzschließt, so daß diese Widerstände im
Das AC-Ersatzschaltbild nach Bild VI-47 zeigt AC-Ersatzschaltbild nach Bild VI-47 nicht mehr
die Besonderheiten dieser Schaltung und macht die erscheinen.
390 Elektronik

Eingangsleitwert reich des Ausgangskennlinienfeldes liegen, daß heißt,


y i = S + g gs + g ds + jw( C gs + C ds ) die Drain-Source-Spannung UDS darf nicht kleiner
sein als UDSP.
( g ds + jwC ds ) ( S + g ds + jwC ds ) Unter Vernachlässigung des Gatestroms ergibt sich
− (VI.86)
g gd + g ds + jw ( C gd + C ds ) + YL eine einfache Gleichung.
U B = U DS − U GS + R L ⋅ I L
Für den NF-Bereich sind die Kapazitäten wieder
vernachlässigbar. Die Gatespannung wird meistens in der Weise ge-
Eingangsleitwert (NF) wählt, daß der Arbeitspunkt in der Mitte der Steuer-
kennlinie liegt. Hier läßt sich auch ermitteln, welche
g ds ( G L − S + g gd ) Gate-Source-Spannung für einen bestimmten Last-
y i = g i = S + g gs + (VI.87)
g gd + g ds + G L strom IL bei vorgegebenem Sourcewiderstand er-
forderlich ist.
Analog dazu erhalten wir nun nach Gleichung IV.31
− U GS
den Ausgangsleitwert des FET. Laststrom I L = I D = (VI.90)
RS
Ausgangsleitwert
Bei vorgegebenem Ausgangsstrom darf der Last-
y a = g gd + g ds + jw( C gd + C ds ) widerstand einen bestimmten maximalen Wert nicht
( g ds + jwC ds ) ( S + g ds + jwC ds ) übersteigen.
− (VI.88)
S + g gs + g ds + jw( C gs + C ds ) + Yg maximaler Lastwiderstand
UB +UP
Für den NF-Bereich sind die Kapazitäten wieder R L max = (VI.91)
vernachlässigbar. IL
Ausgangsleitwert (NF) Bei konstanter Betriebsspannung der Schaltung läßt
g ds ( g ds + G g ) sich der Innenwiderstand dieser Konstantstromquelle
y a = g a = g gd + (VI.89) berechnen.
S + g gs + g ds + G g
Innenwiderstand ri = R S + rDS ( S ⋅ R S + 1) (VI.92)
Die wesentlichen Merkmale der Gate-Schaltung sind
ein großer Eingangs- und ein kleiner Ausgangsleit- Der Arbeitspunkt eines IG-FET wird nun in den
wert. Mit der Gate-Schaltung ist die höchste Grenz- ohmschen Bereich der Ausgangskennlinie gelegt und
frequenz aller Grundschaltungen zu erreichen. Sie so die Drain-Source-Strecke als spannungsgesteuer-
wird darum fast ausschließlich bei hohen Frequenzen ter Widerstand betrieben. Mit Hilfe der Gate-Source-
verwendet. Spannung läßt sich dieser Widerstand zwischen
Werten von einigen Ohm bis in den Megaohm-
Bereich hinein nahezu leistungslos variieren. Da die
2.3 Weitere Anwendungen
ID-UDS-Kennlinien des FET aber nur für kleine Werte
Konstantstromquellen sind Schaltungen mit einem von UDS annähernd linear verlaufen, sind die Anwen-
sehr hochohmigen Innenwiderstand, die in einem dungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt.
größeren Spannungsbereich nahezu gleichbleibende Wird ein Festwiderstand RV nach Bild VI-49 in Reihe
Ströme zur Verfügung stellen. Mit selbstleitenden zum Drain-Source-Widerstand eines J-FET geschal-
Feldeffekt-Transistoren lassen sich solche Konstant- tet, entsteht ein Spannungsteiler, der sich leicht be-
stromquellen besonders einfach realisieren. rechnen läßt.
Bei der Spannung UGS = 0 V fließt durch einen J-FET
der maximale Drainstrom. In der Schaltung nach UB
Bild VI-48 läßt sich die Gate-Source-Spannung mit
Hilfe des Sourcewiderstandes RS variieren und damit RV
wiederum der Ausgangsstrom IL veränderbar gestal-
ten. Der Arbeitspunkt des FET muß im Abschnürbe-
rDS Bild VI-49
UDS ≥ UDSP U DS J-FET als
RS IL –UGS
spannungsgesteuerter
Widerstand
UGS rDS
UC UL RL Spannungsteiler U DS = U GS ⋅ (VI.93)
RV + rDS

Der geringste Widerstand der Drain-Source-Strecke


ergibt sich, wenn die Steuerspannung UGS = 0 V ist.
Bild VI-48 Konstantstromquelle mit J-FET Damit ergibt sich eine interessante Kenngröße (mit b
VI Analoge Verstärker 391

als Materialkonstante), der minimale Drain-Source- Im Vergleich zum bipolaren Transistor weist der FET
Widerstand. beim Einsatz als Schalter einige Vorteile auf:
minimaler Drain-Source-Widerstand – nahezu leistungslose Steuerung aufgrund des
1 hohen Eingangswiderstandes
rDS (on) = − (VI.94) – Drainstrom sehr gering im gesperrten Zustand
b ⋅ UP
– für integrierte Schaltungstechnik aufgrund der
Der Widerstand der Drain-Source-Strecke läßt sich einfachen Herstellung und geringen Abmessungen
auch in der folgenden Form angeben: gut geeignet
– selbstsperrende IG-FET für digitale Logikschal-
Drain-Source-Widerstand
tungen besonders geeignet, da die einzelnen Schal-
rDS (on)
rDS = (VI.95) terstufen direkt gleichstrommäßig gekoppelt wer-
U den können
1 − GS
UP – gutes dynamisches Schaltverhalten, da nur Majori-
tätsträger am Strom beteiligt sind.
Durch eine Rückkopplung zwischen Drain und Source
wird die vorhandene Nichtlinearität weitgehend auf- Die Schaltung nach Bild VI-51 zeigt einen selbstsper-
gehoben, wenn eine Spannung UGS gewählt wird, die renden N-Kanal-IG-FET als Schalter im Serienbe-
sich zur Hälfte aus der Steuerspannung USt am Ein- trieb. Solange die Eingangs- oder Steuerspannung UE
gang und der Spannung UDS zusammensetzt. kleiner ist als die Schwellenspannung UGS (TO), befin-
det sich der FET im gesperrten Zustand und auf der
I Arbeitsgeraden im Arbeitspunkt AP1. In diesem
Zustand fließt nur der sehr geringe Drainstrom ID (Off),
ID wobei der Gleichstromwiderstand RDS (Off) und der
Bild VI-50
R differentielle Widerstand rDS (Off) etwa den gleichen
Selbstleitender
R UDS IG-FET als Wert (109 – 1011 W) haben.
spannungs-
USt UGS ID Bild VI-52
gesteuerter
Widerstand mA Ausgangskennlinienfeld
Abschnürgrenze eines IG-FET
Eine entsprechende Schaltung mit einem selbstleiten- mit Arbeitsgerade
den IG-FET zeigt Bild VI-50. AP2
UB
Für die Drain-Source-Strecke ergibt sich RDS als RL
rDS (on) ID(On)
RDS = rDS =
U St
1− UGS
2 ⋅ UP
AP1
Damit errechnet sich der gesteuerte Widerstand RSt. UGS = 0V
gesteuerter Widerstand ID(Off) UB UDS
UDS(On)
1 V
RSt = ≈ rDS (VI.96)
U St
1− Überschreitet die Eingangsspannung die Schwellen-
⎛U ⎞ U DS
b ⎜ St − UP ⎟ + spannung, so verschiebt sich der Arbeitspunkt an der
⎝ 2 ⎠ 2R Arbeitsgeraden entlang zu größeren Drainstromwer-
ten. Bei einer ausreichenden Eingangsspannung stellt
Wählt man die Widerstände R sehr hochohmig, kann sich der Arbeitspunkt AP2 im ohmschen Bereich des
der Strom I vernachlässigt werden und der Nähe- Kennlinienfeldes nach Bild VI-52 ein. Es fließt nun
rungswert aus Gleichung VI.96 wird gültig. ein Drainstrom ID (On), da die Drain-Source-Strecke
relativ niederohmig ist, wobei auch hier der Gleich-
UB stromwiderstand RDS (Off) und der differentielle Wider-
stand rDS (Off) etwa den gleichen Wert (10 bis einige
RL 100 W) haben.
Schalterstufen erhalten für die Integration besonders
günstige Eigenschaften, wenn man als Lastwider-
D Bild VI-51 stand ebenfalls einen IG-FET verwendet, der gegen-
G Selbstsperrende
S UA sinnig zum eigentlichen Schalttransistor besteuert
N-Kanal-IG-FET wird. Das wird sehr einfach, wenn man für Steuer-
UE
als Schalter und Last-FET komplementäre Systeme verwendet
im Serienbetrieb (C-MOS-Technik). Wird der eigentliche Schalttran-
392 Elektronik

UB Die Übertragerkopplung, also die Signalübertragung


V1 von einer Stufe zur nächsten mit Hilfe eines „Trans-
formators“, hat in der modernen Elektronik kaum
noch eine Bedeutung. Das gilt auch für die Gleich-
stromkopplung in der diskreten Schaltungstechnik.
V2
Eine Gegenkopplung über zwei Stufen hinweg läßt
UE UA Bild VI-53 sich jedoch nur bei der galvanischen Kopplung reali-
Schalttransistor in sieren.
C-MOS-Technik In Operationsverstärkern (OpAmp) ist die galvani-
sche Kopplung wichtigstes Prinzip.
sistor V2 nach Bild VI-53 leitend, so wird der Last- Die kapazitive Kopplung nach Bild VI-54 ist wohl die
transistor V1 gesperrt. Der Lasttransistor V1 ist also problemloseste Kopplungsart. Aber während bei einer
bei Einschaltung sehr hochohmig, was im Hinblick galvanischen Kopplung zwischen zwei Verstärkerstu-
auf einen geringen Leistungsverbrauch in integrierten fen sowohl Gleichspannungs- als auch Wechselspan-
Schaltkreisen vorteilhaft ist. Die Schaltung nach nungssignale übertragen werden, können hier nur
Bild VI-53 stellt einen Inverter mit komplementären Wechselspannungen übertragen werden.
IG-FET dar.
UB
3 Mehrstufige Verstärker R1 RC1 R3 RC2
CK3
Obwohl integrierte Schaltkreise (IC = integrated cir- CK2
CK1 V2
cuits) die bisherigen diskreten Schaltungen und V1
Transistoren immer mehr verdrängen, werden die ua
Transistoren auch in Zukunft noch in vielen elektro- ue CE CE
R2 R4
nischen Schaltungen eine erhebliche Bedeutung RE RE
behalten.
Dieses gilt insbesondere auch für die Lösung von
Bild VI-54 Kapazitive Kopplung zweier
Anpassungsproblemen an Ein- und Ausgängen von
Transistorstufen
integrierten Schaltkreisen sowie für die Leistungsver-
stärker. Die Kopplung der einzelnen Stufen erfolgt mit Hilfe
Ein Verstärker besteht einerseits aus einer oder meh- eines Koppelkondensators CK2, während die Stufen
reren Vorstufen, die hauptsächlich zur Spannungsver- des Verstärkers gleichstrommäßig voneinander unab-
stärkung und eventuell zur Signalbeeinflussung (zum hängig sind. Daher können die Arbeitspunkte jeder
Beispiel Klangregelung) dienen. Andererseits besteht Stufe getrennt voneinander eingestellt werden.
er aus einem Leistungsverstärker, der mit einem Die untere Grenzfrequenz des Verstärkers hängt we-
Eingangssignal hoher Spannungsamplitude angesteu- sentlich von dem RC-Glied (Hochpaß) ab, das durch
ert wird und dessen Aufgabe es ist, vor allem eine den Koppelkondensator und den Eingangswiderstand
Leistungs- oder Stromverstärkung vorzunehmen. Rein der nachfolgenden Stufe sowie den Ausgangs-
Der Leistungsverstärker selbst kann aus einer oder widerstand Raus der vorausgehenden Stufe nach
mehreren Treiberstufen und einer Endstufe bestehen. Bild VI-55 gebildet wird.
Treiberstufen haben die Aufgabe, die zum Ansteuern
der Endstufe notwendige Steuerleistung zur Verfü- CK
gung zu stellen. Um eine optimale Leistungsübertra-
gung zu gewährleisten, sollte zwischen Treiber- und
Endstufe eine Leistungsanpassung vorliegen. Das be- ue r R C1 rBE2
CE1 R3 R4
deutet, daß der Eingangswiderstand der Endstufe gleich
dem Ausgangswiderstand der Treiberstufe sein sollte.
Es nicht ohne weiteres möglich, zwei Verstärkerstu-
fen miteinander zu koppeln, da die Gleichspannungs- Raus Rein
potentiale der miteinander zu koppelnden Schal-
tungspunkte nicht übereinstimmen. Bild VI-55 Koppelkondensator in Wechselwirkung
Die Kopplung hat die Aufgabe, Signalspannungen zwischen Ein- und Ausgangswiderstand
vom Ausgang der einen Stufe möglichst unverfälscht
auf den Eingang der nachfolgenden Stufe zu übertra- Der Koppelkondensator CK muß so bemessen sein,
gen. daß Wechselspannungen bei der unteren Grenzfre-
Dabei ist grundsätzlich zwischen drei Kopplungs- quenz noch ungehindert auf die nächste Stufe über-
arten zu unterscheiden: Übertragerkopplung, kapazi- tragen werden. Die Grenzfrequenz des Hochpasses ist
tive Kopplung (RC-Kopplung) und galvanische Kopp- gleich der unteren Grenzfrequenz fgu des Verstärkers,
lung (Gleichstromkopplung). wenn CK die einzige beeinflussende Kapazität dar-
VI Analoge Verstärker 393

stellt. Damit läßt sich die Kapazität des Koppelkon- UB


densators berechnen.
R1 RC1 RC2
Koppelkondensator
R3
1
CK = (VI.97)
2p f gu ( Raus + Rein ) V1 V1

Die wirksamen Widerstände lassen sich nach ue ua


Bild VI-63 als Parallschaltung berechnen. Die Nenn- R2 R4
spannung dieses Koppelkondensators ergibt sich aus
der Differenz der Ruhepotentiale des Kollektors von
V1 und der Basis von V2. Bild VI-57 Potentialanpassung durch
Je niedriger die untere Grenzfrequenz sein soll, um so Spannungsteiler
größer muß die Kapazität des Koppelkondensators
sein. Wenn die Potentiale des Kollektors von V1 und der
Die untere Grenzfrequenz f ′gu eines mehrstufigen Basis von V2 jedoch nicht gleich sind, so kann
Verstärkers ist nicht identisch mit der unteren Grenz- man das Basisruhepotential von V2 über einen von
frequenz fgu der gleichartigen Teilverstärkerstufe. Für der Kollektor-Emitter-Spannung von V1 versorgten
einen vielstufigen Verstärker mit n identischen Stufen Spannungsteiler gewinnen.
gilt dann:
U BE2 R4
Grenzfrequenz f gu′ = f gu ( 2 ) ( n − 1 ) (VI.98) ≈
U CE1 R3 + R4
Es findet auch eine Minderung der Verstärkung bei Nachteilig ist jedoch, daß auch die Signalspannung
der oberen Grenzfrequenz f ′go statt, da sich die jewei- im Verhältnis der Spannungsteilerwiderstände R3
ligen Querkapazitäten summieren. Das bedeutet, daß und R4 nach Bild VI-57 herabgesetzt wird.
die Bandbreite B′ des Gesamtverstärkers kleiner ist Damit läßt sich die Gesamtverstärkung näherungs-
als die Bandbreite B der Teilverstärkerstufen. weise berechnen.
Bei der RC-Kopplung mehrerer Stufen kann für be-
stimmte Frequenzen eine große Phasenverschiebung Gesamtverstärkung
zwischen Ausgangs- und Eingangsspannung auf- DU BE2 R 4 rBE2
treten. Eine Gegenkopplung kann unter Umständen in Vu ges ≈ Vu 1 ⋅ = Vu 1 ⋅ (VI.99)
DU CE1 R3 + R 4 rBE2
eine Mitkopplung verkehrt werden. Wesentlich gün-
stiger ist es, mehrere Transistoren galvanisch zu Der Arbeitspunkt der 1. Stufe nach Bild VI-58 wird
koppeln und alle Arbeitspunkte der Schaltung durch mit Hilfe des Widerstandes R2 für den A-Betrieb
eine einzige Gleichspannungs-Gegenkopplung zu eingestellt. Der Emitterwiderstand R4 sorgt für die
stabilisieren. thermische Arbeitspunktstabilisierung infolge der
Diese direkte Kopplung nach Bild VI-56 ist jedoch Stromgegenkopplung. Da der R4 nicht durch einen
nur möglich, wenn die Potentiale des Kollektors von Emitterkondensator gebrückt ist, wirkt sich die
V1 und der Basis von V2 gleich sind. Stromgegenkopplung verstärkungsmindernd auf die
Der Nachteil mehrstufiger Verstärker mit direkter Wechselspannung aus. Arbeitspunktverschiebungen
Kopplung liegt darin, daß sich geringe Arbeitspunkt- infolge Temperaturänderung werden an die 2. Stufe
verschiebungen der ersten Stufe verstärkt auf die weitergegeben.
nachfolgende(n) Stufe(n) auswirken. Temperaturän- Zur Verbesserung der Aussteuerbarkeit der 2. Stufe
derungen oder Bauteiltolerenzen bei Ersatzbestü- wird deren Arbeitspunkt durch den Spannungsteiler
ckung können dafür verantwortlich sein. aus R3 und R5 auf den gleichen Arbeitspunkt wie die
1. Stufe eingestellt. Der Verlust von Signalspannung
UB
RC2 UB
R1 RC1 R1 R C1 RC2
CK2
CK2 R3 CK2
CK1
V2
V1 V1 V2
ua
ue CE ue CE ua
RE R2 R4 R5 R6

Bild VI-56 Direkte Kopplung zweier Bild VI-58 Optimierung der Arbeitspunkte durch
Transistorstufen Potentiometer
394 Elektronik

am Widerstand R5 ist in dieser Variante nicht zu Es gilt


vermeiden. DU CE1 ≈ DU BE2
Die Gesamtverstärkung ist relativ klein, weil die am
Ausgang der 1. Stufe liegende Signalspannung u.a. In beiden Fällen wird also die Signalspannung durch
durch den Spannungsteiler und den kleinen Eingangs- das Koppelglied nur unwesentlich herabgesetzt.
widerstand der 2. Stufe stark herabgesetzt wird. Allerdings sind diese Schaltungen aufwendiger. Sie
Die Herabsetzung der Signalspannung durch das sollten wegen des besonders hohen Aufwandes für
Koppelglied kann vermieden werden, wenn man das Koppelglied nur bei hohen Anforderungen an
einen der beiden Spannungsteilerwiderstände R3 und geringes Rauschen verwendet werden.
R4 durch ein Bauelement ersetzt, dessen Wechsel- Die genannten Nachteile lassen sich weitgehend ver-
stromwiderstand (differentieller Widerstand) sich von meiden, wenn man den zweistufigen Verstärker mit
seinem Gleichstromwiderstand wesentlich unter- komplementären Transistoren aufbaut, wie die Schal-
scheidet. tung nach Bild VI-61 zeigt.

UB
UB C1
R1 RC1 R4
R1 RC1 R C2
V3
CK1 V2
V1 V2 V1 CK2
ua
ue ue ua
R2 R4 R2 R3 R5

Bild VI-59 Potentialanpassung durch Bild VI-61 Zweistufiger Verstärker mit


Spannungsteiler mit Z-Diode komplementären Transistoren

Es erfolgt wie gewünscht eine Herabsetzung des Beide Transistoren arbeiten auch hier in Emitter-
Gleichspannungspotentials, jedoch keine Herabset- schaltung. Mit den Widerständen R2 und R4 werden
zung der Signalspannung. die Arbeitspunkte so eingestellt, daß beide Stufen im
Nun bestehen zwei Möglichkeiten: A-Betrieb arbeiten, so daß jeweils ein größtmöglicher
Aussteuerbereich vorhanden ist. Mit dieser Schaltung
– man ersetzt R3 durch ein Bauelement mit niedri-
läßt sich eine höhere Verstärkung erreichen.
gem differentiellen Widerstand oder
Bei mehrstufigen Verstärkern wird neben der gleich-
– man ersetzt R4 durch ein Bauelement mit hohem
strommäßigen Gegenkopplung auch eine zusätzliche
differentiellen Widerstand.
wechselstrommäßige Gegenkopplung über mehrere
In beiden Fällen ist das Spannungsteilerverhältnis Stufen verwendet.
wechselstrommäßig wesentlich günstiger als bei einer Eine Gegenkopplung liegt vor, wenn ein Teil der
Kopplung mit ohmschem Spannungsteiler. Für die Signalspannung am Ausgang des Verstärkers ge-
erste Möglichkeit bieten sich Dioden und Z-Dioden genphasig, daß heißt mit einer Phasenverschiebung
an, die nach Bild VI-59 integriert werden. von 180° auf den Eingang des Verstärkers zurückge-
Bei der zweiten Möglichkeit wird der Widerstand R4 führt wird. Solange diese Phasenbedingung eingehal-
durch eine Transistorkonstantstromquelle in Bild ten wird, kann die Rückkopplung über eine Stufe
VI-60 ersetzt. oder auch über mehrere Stufen erfolgen. Die Verstär-
kerkennlinie wird linearisiert. Dadurch werden die
sonst auftretenden Verzerrungen verringert.
UB
Bei der Schaltung nach Bild VI-62 handelt es sich um
R1 RC1 R5 RC2 einen zweistufigen NF-Verstärker mit galvanischer
R3 Kopplung beider Stufen. Für Wechselspannungen
V2 arbeiten die Transistoren V1 und V2 in Emitterschal-
V1 V3 tung ohne Gegenkopplung. Die Widerstände R1 und
ua RE dienen der Arbeitspunkteinstellung und -stabili-
ue sierung. RE bewirkt eine Gleichstromgegenkopplung
R2 R4 RE für den Transistor V2. Für Gleichspannungen arbeitet
V2 bezüglich seines Emitterpotentials als Emitterfol-
ger. Bei Vernachlässigung von UBE2 ist damit sein
Bild VI-60 Potentialanpassung durch Emitter-DC-Potential gleich dem Kollektor-DC-
Transistorkonstantstromquelle Potential von V1.
VI Analoge Verstärker 395

UB
RC1 RC2
CK2
u1
CK1 V2 Bild VI-62 R1 u2
V1 Zweistufiger u1
R1 ua NF-Verstärker uk R2
ue mit
CE galvanischer
RE
Kopplung und
Gegenkopplung
Bild VI-64 Prinzip der Spannungs-Spannungs-
Über den Widerstand R1 ist der Transistor V1 für DC Gegenkopplung
voll gegengekoppelt. Aufgrund des Kondensators CE
ist der Verstärker für Wechselgrößen nicht gekop-
UB
pelt.
R C1 RC2
CK2

i1 R1
u2
V2
ik V1
RK ua
u1 RN u2 ue
u1 R E1 RE2
R2

Bild VI-65 Schaltung mit Anwendung der


Bild VI-63 Prinzip der Strom-Strom- Spannungs-Spannungs-Gegenkopplung
Gegenkopplung
Die Ausgangswechselspannung u2 wird über den
Widerstand R1 auf den Emitter von V1 zurückgekop-
Das Prinzip der Strom-Strom-Gegenkopplung läßt
pelt. Das zur Emitterwechselspannung uk phasenglei-
sich anhand des in Bild VI-63 dargestellten Regel-
che Signal u2 vergrößert uk, so daß auch die Ein-
kreises unter Beachtung der Schaltung nach Bild
gangswechselspannung u1 größer werden muß. Die
VI-62 nachvollziehen. Eine Erhöhung des Emitter-
Gesamtverstärkung wird allerdings kleiner. Die
stroms von V2 bewirkt eine Erhöhung des Span-
Schaltung nach Bild VI-65 gibt dieses Prinzip der
nungsabfalles an RE, wodurch das Basisruhepotential
Spannungs-Spannungs-Gegenkopplung wieder.
von V1 größer wird. Dadurch wird der Basisstrom
Kombiniert man beide Gegenkopplungsverfahren mit-
von V1 erhöht, was zu einer Erhöhung des Kollek-
einander, ergibt sich die Schaltung nach Bild VI-66.
torstroms von V1 führt. Damit senkt sich das Basis-
Der Emitter von V1 liegt nun nicht mehr auf Null-
ruhepotential von V2; der Transistor V1 wird weni-
potential. Die Gleichspannung an RE1 ist jedoch
ger leitend und der Emitterstrom von V2 verringert
vernachlässigbar klein, wenn man diesen Widerstand
sich.
genügend klein und RK genügend groß wählt.
Bei galvanisch gekoppelten Verstärkerstufen sind die
Transistoren direkt oder über ohmsche Widerstände
miteinander verbunden. Alle Arbeitspunkte werden UB
durch eine einzige Gleichspannungsgegenkopplung RC1 RC2
stabilisiert. CK2
Durch eine wechselstrommäßige Gegenkopplung Bild VI-66
können die Eigenschaften des Verstärkers weiter V2 Zweistufiger
verbessert werden. Bei geeigneter Dimensionierung V1 NF-Verstärker
kann zum Beispiel die Spannungsverstärkung weit- RK mit galvani-
gehend unabhängig von den Transistordaten und ua scher Kopp-
deren Streuung gemacht werden. Hierbei wird häufig ue R1
lung und
eine Spannungs-Spannungs-Gegenkopplung verwen- CE doppelter
det. In Bild VI-64 wird das Grundprinzip der Span- R E1 R E2
Gegenkopp-
nungs-Spannungs-Gegenkopplung dargestellt. lung
396 Elektronik

Diese beiden Widerstände sind für die AC-Gegen- NF-Verstärker werden häufig in integrierter Schal-
kopplung zuständig, während R1 und RE2 für die tungstechnik (IC) hergestellt. Es handelt sich dabei
DC-Gegenkopplung über beide Stufen hinweg sor- um galvanisch gekoppelte Verstärkerstufen, wobei
gen. die Gesamtverstärkung und der Frequenzgang häufig
Die Gegenkopplung hat aber auch einen wesentlichen nur durch eine äußere Beschaltung beeinflußt werden.
Einfluß auf die Bandbreite des Verstärkers. So wird Ein Beispiel für einen solchen NF-Verstärker ist der
die Bandbreite um so größer, je stärker die Verstär- IC TAA 370 in Bild VI-68.
kung Vu durch die Gegenkopplung auf V u′ verkleinert
wird. Dies ist besonders bei Breitbandverstärkern von 10 1
Bedeutung. 6
8 +UB
Macht man nun die AC-Gegenkopplung sehr stark
b2 ⋅ RC2/RK >> 1, so vereinfacht sich die Gleichung
weiter. 4
A
RK 9 3
Spannungsverstärkung Vu′ ≈ (VI.100) E
RE1 2
TAA 370 0V
In Anlehnung an die Schaltung nach Bild VI-61 kann
auch eine Schaltung nach Bild VI-67 verwendet 7 5
werden, in der Komplementärtransistoren miteinan-
der verschaltet sind. Der Spannungsabfall am Bild VI-68 Innenbeschaltung des IC TAA 370
Widerstand RC1 stellt die Basis-Emitter-Spannung
UBE2 für V2. Der Widerstand R3 stellt die DC- Als Schaltungsbeispiel (application) ist in Bild VI-69
Gegenkopplung dar. Die Reihenschaltung aus R4 und ein Hörgeräteverstärker dargestellt. Die Ausgangslei-
C4 verringert die Gegenkopplung für Wechselspan- stung der Schaltung beträgt P = 1,5 mW, wobei sich
nungen. die Verstärkung und damit die Lautstärke mit dem
Potentiometer R1 einstellen läßt.
UB UB
R1 RC1 R2
RL
CK1 C5
V2 ZL
8 10 6 4
V1 CK2 TAA 370
R3 9 5 7 2 1 3
ue R2 R4 R C2
ua R4

C1 C2 C3 Bild VI-69
C4 C4 Hörgeräteverstärker
R3 als Application
des TAA 370
Bild VI-67 Zweistufiger NF-Verstärker mit
Komplementärtransistoren
UB = + 1,3 V, R1 = 25 kW, R2 = 5 kW, R3 = 1,5 kW,
Diese Schaltungskombination ermöglicht oft eine R4 = 120 kW, C1 = 0,47 mF, C2 = 22 nF, C3 = C4 =
einfachere Potentialanpassung. 1 mF; C5 = 2,2 mF, RL = 100 W, ZL = 300 W
VII Endstufen 397

VII Endstufen

1 Betriebsarten IC

Um möglichst große Leistungen an einen Verbrau-


cher, wie zum Beispiel einen Lautsprecher, abgeben
Bild VII-1
zu können, braucht man Endstufen. Das sind Ver-
AB Lage der
stärkerschaltungen, bei denen eine möglichst große B
Arbeitspunkte bei
Signalleistung im Vordergrund steht, während die
AB-Betrieb B- beziehungsweise
Spannungsverstärkung nur eine Nebenrolle spielt.
t AB-Betrieb im Kenn-
Da große Leistungen selbstverständlich auch große
B-Betrieb linienfeld
Spannungen und Ströme bedeuten, werden die Tran- t
sistorkennlinien in den Endstufen voll durchgesteuert.
Eine nicht völlig lineare Kennlinie führt dabei zu Sowohl Vorverstärker als auch Treiberstufen werden
Verzerrungen des Ausgangssignales. hauptsächlich als A-Verstärker in Emitter- oder
Bei Leistungsverstärkern können verschiedene Arbeits- Kollektorschaltung betrieben.
punkte auf der Arbeitsgeraden gewählt werden. Man Bei großen Leistungen spielt der Wirkungsgrad eine
unterscheidet dann Verstärker im A-Betrieb, Verstärker erhebliche Rolle. Gute Endstufen erreichen einen Wir-
im B-Betrieb und Verstärker im AB-Betrieb. kungsgrad von nahezu 70%. Die Verlustleistung der
Bisher wurde der Arbeitspunkt immer in die Mitte Transistoren wird im Transistor in Wärme umgewan-
des geradlinigen Kennlinienfeldes gelegt. Diese Be- delt und muß an die Umgebungsluft abgegeben wer-
triebsart nennt man A-Betrieb. Für die Arbeitspunkt- den. Wegen der relativ hohen Verlustleistung sind die
einstellung ist die Vorspannung UBEA erforderlich, Endtransistoren meistens auf Kühlkörper montiert.
aus der ein Basis-Ruhestrom IBA beziehungsweise ein
Kollektor-Ruhestrom ICA folgt. Der Transistor wird 2 Schaltungen
dabei durch beide Halbwellen des Steuersignals Durch den ständig fließenden großen Ruhestrom tritt
ausgesteuert. Die Ruheströme fließen aber auch, bei A-Betrieb eines Leistungsverstärkers die größte
wenn die Signalspannung Null ist. Verlustleistung auf, wenn der Verstärker nicht aus-
Bei diesen im A-Betrieb arbeitenden Verstärkern gesteuert wird. Der Wirkungsgrad einer solchen
werden beide Halbwellen einer sinusförmigen Signal- Schaltung kann nicht größer als 50% werden.
spannung mit einem einzigen Transistor verstärkt. Für Leistungsverstärker werden im allgemeinen Ver-
Man spricht deshalb auch von einem Eintakt-Betrieb. stärkerstufen in Kollektorschaltung (Emitterfolger)
Beim B-Betrieb wird der Transistor ohne Vorspan- verwendet, da sie einen hohen Eingangswiderstand
nung UBE betrieben. Der Basisstrom und der Kollek- bei niedrigem Ausgangswiderstand aufweist. Eine
torstrom sind Null, wenn die Signalspannung Null ist. solche Kombination ist zur Speisung niederohmiger
Daraus folgt, daß der Transistor nur eine Halbwelle Verbraucher wie Lautsprecher notwendig.
einer Wechselspannung verstärken kann. Hierbei liegt Die Schaltung nach Bild VII-2 zeigt einen Emitter-
der Arbeitspunkt im unteren Kennlinienknick der folger mit gleich großen positiven und negativen
Steuerkennlinie. Die andere Halbwelle muß von Betriebsspannungen, wie er überwiegend bei Audio-
einem zweiten Transistor verstärkt werden. Man Verstärkern verwendet wird.
spricht dann von einem Gegentakt-Betrieb, weil die Von Vorteil ist die einfache Arbeitspunkteinstellung
zwei Transistoren abwechselnd, nämlich im Takt der (keine zusätzlichen Widerstände erforderlich) und der
positiven und negativen Halbwellen, im aktiven Fortfall der Koppelkapazitäten am Ein- und Ausgang.
Bereich arbeiten. Nach der Verstärkung werden die Der Lastwiderstand RL steht symbolisch für den Laut-
beiden Halbwellen wieder zusammengefügt. sprecher.
Da im B-Betrieb keine Ruheströme fließen, ist die
Verlustleistung des Verstärkers wesentlich geringer
als beim A-Betrieb, was kleinere Kühlkörper zur +UB
Folge hat und Energie sparen hilft. V1
Um nichtlineare Verzerrungen zu mildern, bildet man
eine Synthese zwischen A- und B-Betrieb zum AB-Be-
ue
trieb. Hierbei wird wie beim A-Betrieb durch eine
ua RL
Basis-Vorspannung UBE ein Ruhestrom eingestellt, der RE
aber wesentlich geringer ist als beim A-Betrieb. –UB
Die Vorspannung UBEA ist gerade so groß, daß sie die
Schleusenspannung der Basis-Emitter-Diode kom-
pensiert. Auch hier ist nur ein Gegentakt-Betrieb Bild VII-2 Emitterfolger mit positiven und
sinnvoll. negativen Betriebsspannungen
398 Elektronik

Infolge der Arbeitspunkteinstellung für A-Betrieb, Die Nachteile des A-Betriebes sind: kleiner linearer
also im linearen Teil der Eingangskennlinie, ergibt Aussteuerbereich, geringe Ausgangsleistung, kleiner
sich ein Basis-Ruhestrom IBA, ein Kollektor-Ruhe- Wirkungsgrad.
strom ICA und somit eine Kollektor-Emitter-Ruhe- Endstufen in A-Betrieb finden in der Praxis Verwen-
spannung UCEA ≈ UB. Damit läßt sich die Verlustleis- dung als Gegentakt-A-Endstufen bei sehr hochwerti-
tung im Transistor berechnen. gen Endstufen.
Transistorverlustleistung Im Ausgangskennlinienfeld nach Bild VII-1 ist er-
kennbar, daß die Amplitude des Ausgangssignals
U B2 bei B-Betrieb etwa die Größe der Betriebsspannung
PT = U CEA ⋅ I CA ≈ (VII.1)
RE UCE max = UB erreichen kann. Bei einer entsprechen-
den Ansteuerung kann jedoch nur eine Halbwelle des
Bei ue = 0 V ist die auftretende Verlustleistung Signals verstärkt werden.
gleichzeitig die maximale Transistorverlustleistung.
Die bei ue ≠ 0 V auftretende Verlustleistung ist stets
+U B Bild VII-4
kleiner. Die von den Betriebsspannungsquellen ge-
lieferte Gesamtleistung läßt sich ebenfalls nähe- Serien-Gegentakt-
rungsweise berechnen. Verstärker
V1
2U B2
Gesamtleistung Pges ≈ (VII.2)
RE
Diese Leistung ist völlig unabhängig von der Aus- ue ua
V2 RL
steuerung des Transistors. Die an den Lastwiderstand
abgegebene Ausgangsleistung hängt vom Wider-
standsverhältnis RE/RL ab.
–UB
U B2 RL
Ausgangsleistung PL = ⋅ (VII.3)
2 2( R L + R E ) 2
Dazu bedarf es eines neuen Schaltungskonzeptes.
Die Ausgangsleistung ist bei Leistungsanpassung Man schaltet nach Bild VII-4 zwei Transistoren
(RE = RL) maximal. gleichstrommäßig in Reihe (Serien-Gegentakt-Ver-
U2 stärker), wobei der eine ein npn- und der andere ein
maximale Ausgangsleistung PL max = B (VII.4) pnp-Transistor mit sonst identischen Daten (Kom-
8 RL
plementärtransistoren) ist. In dieser Schaltung wird
Die Transistorverlustleistung PT ist also 8mal so groß während der positiven Halbwelle des Eingangssignals
wie die maximale Ausgangsleistung. Die von den nur der npn-Transistor (V1) der Gegentakt-Endstufe
Betriebsspannungsquellen aufzubringende Leistung leitend. Es fließt ein Kollektorstrom durch den Last-
ist sogar 16mal so groß wie die maximale Ausgangs- widerstand mit der eingezeichneten Spannungsrich-
leistung. tung. Während der negativen Halbwelle der Ein-
Damit kann der Wirkungsgrad h dieser Schaltung gangswechselspannung wird der pnp-Transistor (V2)
berechnet werden. leitend, und es fließt ein Strom in entgegengesetzter
PL max Richtung durch den Lastwiderstand. Die beiden
Wirkungsgrad h = ≈ 6 , 25% (VII.5) einzeln verstärkten Halbwellen werden im Lastwider-
Pges
stand wieder zu einem Gesamtsignal zusammenge-
Bild VII-3 zeigt die Schaltung nach Bild VII-2 in der fügt.
üblichen vereinfachten Form. Durch die Krümmung Es fließt jedoch erst dann ein Kollektorstrom, wenn
der Kennlinien bei größeren Aussteuerungen entste- die Amplitude des Ansteuersignals größer ist als der
hen Verzerrungen. Schwellwert der Basis-Emitterdiode der Transistoren.
Das Ausgangssignal ist daher bei einem Gegentakt-B-
Verstärker im Bereich des Nulldurchganges, kleine
+UB
Eingangsspannungen vorausgesetzt, zwangsläufig
verzerrt. Bei größeren Eingangswechselspannungen
sind diese Übernahmeverzerrungen jedoch von unter-
V1
geordneter Bedeutung.
Beim AB-Betrieb wird der Arbeitspunkt nach Bild
ue VII-1 etwas in Richtung des A-Arbeitspunktes ver-
ua schoben. Um diesen Arbeitspunkt einzustellen, muß
RE RL an die Basis-Emitterdioden eine Basis-Vorspannung
Bild VII-3 UBE gelegt werden, so daß beide Transistoren schon
Emitterfolger in der ohne Ansteuerung geringfügig leitend sind. Die
–UB vereinfachten Form Schaltung nach Bild VII-5 zeigt die Prinzipschaltung
VII Endstufen 399

+U B Bild VII-5 Nachteile sind: Transistoren-Pärchen (Komplementär-


Prinzipschaltung eines Transistoren) erforderlich, gegenüber A-Betrieb grö-
V1 Gegentaktverstärkers ßere Verzerrungen bei kleiner Aussteuerung. Will
in AB-Betrieb man ohne Komplementär-Transistoren arbeiten, wird
UBE1
am Eingang für einen Transistor eine Phasenumkehr-
stufe benötigt.

UBE2 RL +U B
ue ua
R1
V2
V1
UBE1
–U B

UBE2 RL ua
eines Gegentaktverstärkers in AB-Betrieb mit den ue
beiden Gleichspannungsquellen UBE, die für die V2 Bild VII-6
Basisvorspannung erforderlich sind. Spannungsteiler
Da der Ruhestrom nicht gleich Null ist, verschlechtert R2 mit integrierten
sich der Wirkungsgrad der Schaltung geringfügig. –UB
Dioden
Liegt bei dieser Variante eine Ansteuerung mit einer
kleinen Signalspannung vor, so ist die Verzerrung
deutlich kleiner. Der Verstärkungsvorgang erfolgt in Die Vorspannung nach Bild VII-5 läßt sich relativ
der gleichen Weise wie beim B-Betrieb. einfach über einen Spannungsteiler aus den Betriebs-
Die maximale Ausgangswechselleistung, die mit spannungen UB gewinnen. Die Schaltung nach Bild
einem Gegentakt-B-Verstärker erreicht werden kann, VII-6 zeigt einen Spannungsteiler mit integrierten
läßt sich mit folgender Überlegung bestimmen. Zwei Dioden.
Emitterfolger im Gegentakt-B-Betrieb haben eine Da die Durchlaßkennlinie einer Diode praktisch die-
doppelt so hohe Aussteuerbarkeit (± UB statt ± UB /2) selbe Temperaturabhängigkeit wie die Eingangskenn-
und damit eine 4mal so große Ausgangsleistung wie linie eines Transistors aufweist, kann man mit dieser
ein Emitterfolger im A-Betrieb. Variante auch die Temperaturdrift der Transistoren
Die Ausgangsleistung ist bei Leistungsanpassung auffangen. Wenn die beiden Dioden sich in der glei-
(RE = RL) maximal. chen Weise erwärmen wie die Transistoren (gemein-
same Montage auf einen Kühlkörper), nehmen die
U B2 Spannungen UBE1 und UBE2 im selben Maße ab wie
max. Ausgangsleistung PL max = (VII.6)
2 RL die Basis-Emitter-Spannungen der Transistoren. Die
Folge ist, daß der Ruhestrom nahezu konstant bleibt.
U B2 Das eigentliche Problem beim Gegentakt-AB-Ver-
Transistorverlustleistung PT = 0 ,1 ⋅ (VII.7) stärker besteht in der Stabilisierung des Ruhestroms.
RL
Der Ruhestrom kann sich wegen der kleinen Last-
Bei gleicher Ausgangsleistung ist die Verlustleistung widerstände durch thermische Rückkopplung leicht
eines Transistors bei Gegentakt-B-Betrieb ungefähr aufschaukeln und zur Zerstörung des Transistors
40mal kleiner als bei A-Betrieb. führen.
Die von den Betriebsspannungsquellen gelieferte Die beiden Emitterwiderstände RE1 und RE2 in der
Gesamtleistung läßt sich bei sinusförmiger Vollaus- Schaltung nach Bild VII-7 bewirken eine Stromge-
steuerung näherungsweise berechnen. genkopplung, also eine Arbeitspunktstabilisierung.
Die Widerstände sind durch die Dioden V5 und V6
2U B2
Gesamtleistung Pges = (VII.8) gebrückt, die schon bei geringen Eingangssignalen
p ⋅ RL leitend werden. Wäre dieses nicht der Fall, so würde
Damit kann der Wirkungsgrad h dieser Schaltung die Wechselstromverlustleistung in den Emitterwi-
berechnet werden. derständen unvertretbar groß werden. Der Kollektor-
ruhestrom sollte an den Emitterwiderständen einen
PL max Spannungsabfall von ungefähr 0,2 V bis 0,3 V her-
Wirkungsgrad h = = 78, 5% (VII.9)
Pges vorrufen (wenn Si-Dioden verwendet werden); die
Spannungsabfälle sollen bei ue = 0 V kleiner sein als
Vorteile von Leistungsverstärkern im AB- und B- die Schleusenspannungen der Dioden.
Betrieb sind: kleiner Ruhestrom und kleine Verlust- Wird die Eingangsspannung so groß, daß aufgrund
leistung, großer Wirkungsgrad (≈ 70%), großer des erhöhten Emitterstroms der Spannungsabfall an
Aussteuerbereich (≈ ± UB), große Ausgangswechsel- RE den Wert von 0,7 V übersteigt, wird die entspre-
leistung. chende Diode leitend. Infolge des sehr niedrigen
400 Elektronik

+UB Bild VII-7 Um eine höhere Stromverstärkung zu erreichen,


R1 Gegentakt-AB-Ver- verwendet man eine Darlington-Schaltung oder als
stärker mit Emitter- Endtransistoren Darlington-Transistoren.
V1 widerständen zur Die Transistoren V1′-V1 beziehungsweise V2′-V2
V3 Arbeitspunkt- benötigen in der Schaltung nach Bild VII-9 eine
RE1 V5 stabilisierung Basis-Emitter-Spannung, die doppelt so groß ist wie
die in der Schaltung nach Bild VII-8. Deshalb benutzt
ua man hier jeweils zwei in Reihe geschaltete Dioden.
ue RE2 V6 RL
V4
V2 +UB Bild VII-9
V9 R1 Gegentakt-AB-Ver-
R2 stärker mit Darling-
–UB V7
V1′ ton-Transistoren
R3 V1
V3
differentiellen Widerstandes der Diode fließt prak- RE1 V5
tisch die gesamte Wechselleistung über die Diode, so R5
RE2 V6 ua
daß an RE kein wesentlicher Leistungsverlust entsteht ue RL
V4
und die Spannungsabfälle auf die Durchlaßspannun-
R4 V2
gen der Dioden begrenzt werden. V2′
Diese Schaltung hat allerdings einen erheblichen V8
Nachteil, da nur ein Teil des Signaleingangswechsel- V10 R2
stroms in die Basis der Transistoren gelangt, während –UB
der andere Teil über die Widerstände R1 und R2
ungenutzt abfließt. Die Folge ist eine relativ geringe
Gesamtstromverstärkung der Stufe und damit eine Durch den Widerstand R5 werden die Ruheströme
geringe Leistungsverstärkung. von V1′ und V2′ stabilisiert. Auf diese Weise kann
Ersetzt man die Widerstände R1 und R2 in der Schal- erreicht werden, daß die Basis-Ruheströme von V1
tung nach Bild VII-7 durch Konstantstromquellen, so und V2 gleich sind, da ansonsten die Übernahmever-
erhöht man deutlich den Eingangswiderstand der zerrungen nicht vernachlässigbar klein wären.
Schaltung. Der differentielle Innenwiderstand der Manchmal ist es schwierig, für Verstärker mit höhe-
Quellen ist sehr hoch. ren Ausgangsleistungen geeignete pnp/npn-Transi-
Die Schaltung nach Bild VII-8 hat nun den hohen storpaare zu finden. Daraus folgt die Absicht, für
Eingangswiderstand eines Emitterfolgers ohne Ein- bestimmte Anwendungen Transistoren vom gleichen
gangsspannungsteiler. Praktisch haben diese Kon- Leitungstyp für V1 und V2 zu verwenden.
stantstromquellen einen unendlich hohen Innenwider- Dann wird eine Darlington-Schaltung mit komple-
stand. Somit muß der Vorverstärker (Signalquelle) mentären Transistoren, wie die Schaltung nach
nur noch den für die Aussteuerung der Transisitoren Bild VII-10 zeigt, ausgeführt. Die Transistoren V1
erforderlichen Basisstrom liefern. Die Z-Dioden und V2 sind vom gleichen Leitungstyp (npn). Der
werden häufig durch die Reihenschaltung aus zwei Darlington-Transistor V1′-V1 wirkt wie der Transis-
bis drei in Durchlaßrichtung betriebene Siliziumdio- tor V1 nach Bild VII-8 als npn-Transistor und der
den ersetzt. Darlington-Transistor V2′-V2 ebenfalls als npn-
Die mit den bisher besprochenen Schaltungen erziel- Transistor in der gleichen Funktion wie der Transistor
baren Ausgangsströme werden von den Transistoren V2 nach Bild VII-8.
V1 und V2 oder deren Stromverstärkungen bestimmt.

+UB Bild VII-10


+UB Bild VII-8 R1
R1 V9 Gegentakt-AB-Ver-
V9 Gegentakt-AB-
V7 stärker mit
V7 Verstärker mit hohem V1′ Endtransistoren
V1 Eingangswiderstand R3 V1
R3 vom gleichen
V3 V3 R5
V5 R E1 V5 Leitungstyp
RE1
RE2 ua ua
ue V6 ue V4 R E2 V6
V4 RL RL
R4 R4
V2 V2′
V8 V8 V2
V10 R2 V10 R2 R6
–UB –UB
VII Endstufen 401

Die Schaltung nach Bild VII-10 wird als Quasi- +U B


Komplementär-Endstufe bezeichnet. Der Darlington- V9 R1
V11
Transistor V2′-V2 benötigt zur Vorspannungserzeu- R6 ue′ V7
gung lediglich die Diode V4. Die Widerstände R5 ue′′ V1
R3
dienen der Ruhestromeinstellung der Transistoren V3 RE1 V5
V1′ und V2′.
ue
Diese Gegentakt-Endstufen bilden die Grundlage für V6 ua
zahlreiche weitere Schaltungen. Die vorgestellten RE2
V4 RL
Endstufen arbeiten mit Emitterfolgern, die eine Span- R4
V2
nungsverstärkung Vu ≈ 1 aufweisen. Ziel ist, die V8
Spannungsverstärkung zu erhöhen.
V10 R2
Die Endtransistoren in der Schaltung nach Bild –UB
VII-11 sind Darlington-Schaltungen entsprechend
den Schaltungen nach Bild VII-9 und Bild VII-10. Bild VII-12 Möglichkeit einer Ruhepotential-
Der Übersichtlichkeit wegen sind sie als einfache anpassung mit OP am Eingang
Transistoren dargestellt. Legt man die Signalspan-
nung ue zwischen die Dioden V3 und V4, so ist die Gegentakt-Verstärker können auch mit unsymmetri-
Schaltung identisch mit Bild VII-8. Legt man jedoch scher Spannungsversorgung betrieben werden. Aller-
die Signalspannung u′e an den Emitter des Transistors dings ist dann ein Koppelkondensator einzufügen.
V7, arbeitet dieser bezüglich der Signalspannung als Um einen gleichstrommäßigen Kurzschluß zu ver-
Transistor in Basisschaltung und betrachtet die meiden, muß der Lastwiderstand mittels des Konden-
Stromquelle mit Transistor V8 als Arbeitswiderstand. sators mit der Endstufe verbunden sein.
Da eine Basisschaltung ein Vu > 1 hat, tritt am Kol- Die Schaltung nach Bild VII-13 zeigt eine quasi-
lektor von V7 nun eine Wechselspannung ue auf, die komplementäre Endstufe mit unsymmetrischer Span-
größer ist als die Signalspannung u′e. nungsversorgung. Die Transistoren V1 und V2 sind
Bild VII-11 npn-Transistoren und werden durch das komplemen-
+UB
V9 R1 Gegentakt-AB-Ver- täre Transistorenpaar V1′ und V2′ angesteuert. Der
stärker mit erhöhter Transistor V3 arbeitet in Emitterschaltung und bewirkt
V7 eine Spannungsverstärkung. Mit dem Trimmer R5 wird
ue′ V1 Spannungsverstärkung
R3 der Ruhestrom der Transistoren V1 und V2 eingestellt.
V3 R E1 V5 Um eine zu starke wechselstrommäßige Belastung von
V3 zu vermeiden und um die Spannungsverstärkung
R E2 V6 ua von V3 möglichst groß zu machen, ist ein Wech-
ue V4 RL
R4 selspannungsbootstrap (C2) vorhanden. Der Konden-
V2 sator C4 und der Widerstand R12 sind für eine Wech-
V8
selspannungsgegenkopplung zur Einstellung einer
V10 R2 definierten Spannungsverstärkung erforderlich.
–UB
Der Lastwiderstand RL kann bei unsymmetrischer
Spannungsversorgung einseitig am Plus- oder Minus-
Durch den Wechsel des Signaleinganges ist also eine pol der Versorgungsspannung liegen. Ist der Lastwi-
Spannungsverstärkung erreicht worden. Zu beachten ist derstand RL zum Beispiel am Minuspol angeschlossen,
jedoch, daß bei Ansteuerung zwischen V3 und wird der Kondensator bei leitendem npn-Transistor
V4 das Eingangs-Ruhepotential Null ist. Bei Ansteue- etwa auf die halbe Betriebsspannung UB aufgeladen.
rung der Schaltung am Emitter des Transistors V7 liegt Während der Sperrphase des npn-Transistor wirkt der
jedoch das Eingangs-Ruhepotential in der Nähe der
Betriebsspannung +UB (genauer: auf UB – UR).
Ein Vorverstärker kann also nicht wahlweise ange- +U B Bild VII-13
R6
schlossen werden, sondern sein Ausgangs-Ruhepo- Quasikom-
tential muß angepaßt werden. Die Schaltung nach R7 plementäre
V1′ Endstufe mit
Bild VII-12 zeigt die Möglichkeit einer Ruhepotenti- C2 V1
V4 R5 RE3 unsymme-
alanpassung. V5 y RE4
Der Vorverstärker liefert die Signalspannung ue″ an trischer
V6 RE2 Spannungs-
die Basisverstärkerstufe mit V11, wobei die Wider- R
stände R1 und R6 eine Strom-Spannungs-Gegen- C3 R 8 V7 C1 versorgung
11 V2′
kopplung darstellen. Die Wechselspannung u′e ist ent- V3 V2
R9
sprechend dem Widerstandsverhältnis R1/R2 größer ue RC4
als die vom Vorverstärkers gelieferte Signalspannung R10 ua
RL
u″.
e Am Ausgang des Vorverstärker ist das Eingangs- C4 R12
Ruhepotential wieder Null.
402 Elektronik

Kondensator als Spannungsquelle für den pnp- +UB


Transistor und treibt einen Strom durch ihn. Dadurch V14 R3
wird der Kondensator wieder etwas entladen. V5
V7 R4 V3
Die Änderung der Kondensatorspannung muß durch V10 V1
die Wahl eines genügend großen Kondensators klein ue R8 OP
R5 V11 R1 V8
gehalten werden. Der Kondensator wird im Takt des
Signals auf- und entladen. Der Kondensator erspart R6
R7 V12 R2R1 V9 ue
eine Spannungsquelle mit Mittelanzapfung, weil sich C RL
R4 V13 V2
an ihm eine Spannung UB /2 aufbaut, die als Speise- V4
V6
spannung für den Transistor V2 wirkt. Von Nachteil
ist, daß der Kondensator und der Lastwiderstand V15 R3 –UB
einen Hochpaß bilden. Soll dessen untere Grenzfre-
quenz sehr niedrig sein, muß die Kapazität des Kon- Bild VII-14 Gegentakt-AB-Verstärker großer
densators sehr groß sein. Leistung mit sehr hohem Eingangs-
Gegentakt-AB-Verstärker größerer Leistung und widerstand
höherer Ansprüche bezüglich möglichst kleiner
Verzerrungen sind bereits sehr aufwendig. Die Schal-
tung nach Bild VII-14 realisiert einen hohen Ein- eingestellt. Da das Ausgangspotential des OP gleich
gangswiderstand durch einen Operationsverstärker in Null ist, dient V7 zur Potentialverschiebung.
Elektrometerschaltung. Aufgrund der Aufwendigkeit solcher Schaltungen
Die Spannungsverstärkung der Gesamtschaltung wird haben sich inzwischen Gegentaktverstärker in integ-
durch das Verhältnis der Widerstände R6 und R7 rierter Schaltungstechnik durchgesetzt.

VIII Operationsverstärker

1 Einführung Differenzverstärker sind dadurch gekennzeichnet,


daß bei gleicher Ansteuerung der beiden Eingänge
Eine wichtige lineare, integrierte Schaltung ist der die Ausgangsspannung UA (nahezu) Null ist; die
Operationsverstärker, der in Kurzform mit OpAmp Gleichtaktverstärkung ist also sehr klein. Das
(operations-amplifier) oder OP bezeichnet wird. Diese Gleichtaktsignal bewirkt jedoch in beiden Transisto-
Art von Verstärkern wurde fast ausschließlich als ren eine Verschiebung des Gleichstrom-Arbeitspunk-
Rechenverstärker, also für Rechen-Operationen in tes.
Analog-Rechnern eingesetzt. Obwohl er aus einer Die Kollektorströme ändern sich. In der Realität
Vielzahl von Transistoren, Dioden und Widerständen sind die Transistoren nicht völlig identisch, so
aufgebaut ist, kann er vom Anwender als ein einziges, daß das Gleichtaktsignal eine geringe Änderung
kompaktes Verstärker-Bauelement betrachtet werden. des Ausgangssignals zur Folge hat. Differenzver-
Der besondere Vorteil der OPs liegt darin, daß sich stärker sind sehr unempfindlich gegenüber Tem-
seine Eigenschaften durch einfache äußere Beschal- peratureinflüssen. Bild VIII-1 zeigt einen voll-
tungen stark variieren lassen. OPs sind daher in ständigen Differenzverstärker. Bezogen auf den
immer größer werdendem Umfang in analogen Schal- Ausgang A heißt der Eingang E– invertierender Ein-
tungen, aber auch in Schaltungen der Digitaltechnik gang und der Eingang E+ nichtinvertierender Ein-
anwendbar und integrierbar. gang.
Betrachtet man die Steuerspannung an beiden Ein-
2 Differenzverstärker gängen der Schaltung, können unabhängig vom Auf-
bau und der Form dieser Signalspannungen bezogen
Operationsverstärker (OP) haben einen Differenz- auf die Wirkung im Differenzverstärker zwei Aus-
verstärker mit Transistoren als Eingangsschaltung. sagen getroffen werden:
VIII Operationsverstärker 403

Tabelle VIII-1 Operationsverstärker (Auswahl)


Kenndaten bei UB = ± 15 V und TU = 25 °C

Bipolare Eingänge FET-Eingänge


Typ TBA 221 TAA 521 TAA 761 LF 355 LF 357
mA 741 709

Leerlaufverstärkung V0 100 dB 93 dB 85 dB 80 dB 80 dB
(open loop gain)
Gleichtaktunter- G 90 dB 90 dB 79 dB 100 dB 100 dB
drückung (CMRR)
Offsetspannung Uo ± 6 mV ± 2 mV ± 6 mV ± 3 mV ± 3 mV
(offset voltage)
Eingangsruhestrom IE 80 nA 300 nA 500 nA 30 pA 30 pA
(bias current)
Eingangswiderstand re 2 MW 250 kW 200 kW 1012 W 1012 W
Ausgangswiderstand ra 75 W 150 W o. K. 50 W –
Ausgangsstrom (max.) IA 20 mA 10 mA 70 mA 25 mA –
Ausgangsspannung UA max ± 13 V ± 13 V ± 13 V ± 13 V ± 13V
(max.)
Transitfrequenz fT 500 kHz 5 MHz 200 kHz 2,5 MHz 25 MHz

UCC Meist wird die Gleichtaktunterdrückung G in dB an-


RC1 RC2 gegeben.
A
uAB Gleichtaktunterdrückung G in dB
C C
B B B
E– V1 V2
E E
C MRR ( dB) = 20 ⋅ log G (VIII.4)
E+
us1 C MMR rBE R E b
us2
R1 IE dB W W 1
B
C Ersetzt man die Transistoren im Differenzverstärker
V3 durch Darlington-Transistoren, läßt sich der Dif-
E
UD V4 ferenz-Eingangswiderstand mindestens verdoppeln.
RS Soll er noch größer werden, verwendet man als Ein-
UD V5
–UCC gangstransistoren FETs.
Die Endstufen in OPs bestehen im wesentlichen aus
Bild VIII-1 Vollständiger Differenzverstärker Gegentakt-Endstufen oder Eintakt-Endstufen mit
„open collector“.
Jede Eingangsspannung an den Eingängen eines
Differenzverstärkers läßt sich immer in zwei Kompo-
nenten zerlegen, nämlich in eine Gleichtaktspannung 3 Grundlagen des OP
UGl, die sich als arithmetisches Mittel aus den beiden Bei OPs mit Differenzeingang reagiert der Verstärker
Eingangsspannungen ergibt und in eine Differenz- nur auf die Differenz der beiden Eingangssignale. Die
spannung UD. Differenzeingangsspannung UD ist die Spannung, die
u + us 2
Gleichtaktspannung U Gl = s 1 (VIII.1) als resultierende Spannung am Eingang des Ver-
2 stärkers liegt.
Differenzspannung U D = u s 2 − u s 1 (VIII.2) Differenzeingangsspannung
Die Eingangsspannungsdifferenzen werden mit der U D = U E+ − U E− (VIII.5)
hohen Differenzverstärkung vd, gleiche Eingangs- Diese Spannung UD wird nun mit der Leerlaufver-
spannungen dagegen mit der wesentlich kleineren stärkung V0 (open loop gain) verstärkt an den Aus-
Gleichtaktverstärkung vGl verstärkt. Das Verhältnis gang gebracht und ist als Ausgangsspannung UA meß-
der beiden zueinander wird als Gleichtaktunterdrü- bar.
ckung G bezeichnet und beschreibt die Güte eines
Differenzverstärkers. Ausgangsspannung U A = V0 ⋅ U D (VIII.6)
Gleichtaktunterdrückung Die Gleichungen geben den mathematischen Zusam-
menhang der elektrischen Größen unter der Voraus-
Vd r + 2 R E ⋅ ( b + 1) b ⋅ R E
G= = BE ≈ (VIII.3) setzung wieder, daß in die Eingänge des OPs kein
VGl 2 rBE rBE Eingangsstrom fließt.
404 Elektronik

Tabelle VIII-2 Gegenüberstellung von idealem und realem OP

charakteristische Eigenschaften idealer OP realer OP


Leerlaufverstärkung V0 ∞ 103 bis 107
Eingangswiderstand re ∞W 106 bis 1014 W
Ausgangswiderstand ra 0W 30 bis 100 W
Temperaturdrift nicht vorhanden von – 50 °C bis + 75 °C vernachlässigbar
Übertragungsbandbreite B ∞ Hz 104 bis 107 Hz
Aussteuerbereich UA = f (UE) – ∞ V bis + ∞ V – UB bis + UB

Das Ersatzschaltbild eines OPs nach Bild VIII-2 UA Bild VIII-3


„beschreibt“ elektrisch einen „realen OP“ mit den V Übertragungskennlinie
entsprechenden Ein- und Ausgangsgrößen. eines OP
Sollen die Eingangsströme Null sein, muß der Ein- UA max 15
gangswiderstand re des OPs unendlich groß sein. Die 10
Ausgangsspannung UA muß in der Folge ebenfalls
unendlich groß sein können. Da diese Spannung an 5
einem Lastwiderstand einen entsprechenden Strom
zieht, muß der Ausgangsstrom bei konstanter Aus- –UD 15 10 5 5 10 15 UD
gangsspannung ebenfalls konstant sein. Das kann μV 5 μV
aber nur der Fall sein, wenn der Ausgangswiderstand
10
ra des OPs Null ist.
15 –UA max

Bild VIII-2 –UA


E– Ersatzschaltbild V
eines Operations-
verstärkers gangsspannung) wird auf den Eingang zurückgeführt.
ra A Bei der Rückkopplung unterscheidet man zwischen
UD re
V0*UD einer Mitkopplung und einer Gegenkopplung.
G
UE– Bei der Mitkopplung wird die Ausgangsgröße gleich-
E+ phasig auf den Eingang zurückgeführt, daß heißt, das
UA
Eingangssignal wird in seiner Wirkung verstärkt. Für
UE+ den Fall der reinen Mitkopplung der Schaltung nimmt
die Amplitude der Ausgangsspannung so lange zu, bis
die Sättigung des Verstärkers erreicht ist.
Bei der Gegenkopplung wird ein Teil der Ausgangs-
Deshalb muß die Leerlaufverstärkung V0 ebenfalls größe gegenphasig auf den Eingang zurückgeführt
unendlich groß sein. Nach Bild VIII-3 sind Aus- und somit das Eingangssignal in seiner Wirkung
gangsspannung UA und Eingangsdifferenzspannung geschwächt. Die Gesamtverstärkung nimmt ab.
UD nur proportional bis zu dem Wert ± UA max, bei Die Grundschaltung des Inverters (invertierender OP)
dem der OP in die Sättigung geht. Wegen der hohen wird dargestellt in Bild VIII-4.
Leerlaufverstärkung wird ein unbeschalteter OP Wegen V0 = ∞ gilt ⇒ UD = 0 V. Deshalb liegt der
bereits bei kleinen Eingangsspannungen in die Sätti- Punkt A auf Masse. Punkt A ist „virtueller Null-
gung gesteuert. punkt“, und es gilt:
So würde zum Beispiel bei V0 = 30 000 eine Stör- U2 R
spannung von nur 0,1 mV bereits eine Änderung der Spannungsverstärkung Vu = − =− 2 (VIII.7)
U1 R1
Ausgangsspannung von 3 V bewirken.
Die Daten eines „realen OPs“ können den Datenblät- Diese Gleichung gilt für den „idealen“ OP.
tern der Hersteller entnommen werden. Die Daten Die Verstärkung wird also nur durch das Wider-
eines „idealen“ und „realen“ OPs sind einander in der standsverhältnis und damit unabhängig von den
Tendenz gegenübergestellt. spezifischen Kenngrößen des OP festgelegt.
Die meisten Operationsverstärker werden in einer Der Fehler bei Annahme eines „idealen“ OPs gegen-
Rückkopplungsschaltung betrieben, daß heißt, ein Teil über korrekter Rechnung beträgt nur ungefähr 1%.
der Ausgangsgröße (in der Regel ein Teil der Aus- Unter Beachtung der Widerstandstoleranzen kann in
VIII Operationsverstärker 405

R1 I1 A I2 R2 Eingangswiderstand des beschalteten OP


IN = 0A re′ ≈ rGl (VIII.11)

UD = UN = 0V
Ausgangswiderstand des beschalteten OP
U1
Vu
U2 ra′ = ra ⋅ (VIII.12)
V0
Die beiden Eingänge E+ und E– sind eigentlich die
Basisanschlüsse der Eingangstransistoren der Diffe-
Idealer OP renzverstärkerstufe. Es fließt daher ein Basisstrom,
Bild VIII-4 Grundschaltung des idealen daß heißt, in den OP fließen die Eingangsruheströme
invertierenden OP IN und IP. Obwohl diese Ströme sehr klein sind, kön-
nen sie infolge der unterschiedlichen Spannungs-
der Praxis mit der Gleichung für den „idealen“ OP abfälle an den äußeren Widerständen eine Span-
bei V0 ≥ 60 dB gearbeitet werden. nungsdifferenz an den Eingängen des OPs bewirken.
Bezogen auf einen an den Ausgang geschalteten Ver- Diese Spannungsdifferenz wird verstärkt und würde
braucher wird der endliche Ausgangswiderstand r′a ohne geeignete Maßnahmen als Störgröße am Aus-
des realen OP um den Faktor der Schleifenver- gang des OPs auftreten.
stärkung g niederohmiger.
R2 Bild VIII-6
Ausgangswiderstand des beschalteten OP Kompensation der
ra V R1 IN Eingangsruheströme
ra′ = + ra ⋅ u (VIII.8)
V0 V0
Der Eingangswiderstand eines „realen“ OPs ist nicht, IP
wie beim „idealen“ OP angenommen, unendlich groß. U1 U2
Darum gilt: R3
Eingangswiderstand des beschalteten OP
r′e = R1 (VIII.9)
Beschaltet man einen OP gemäß Schaltung nach Die Kompensation der Eingangsruheströme läßt sich
Bild VIII-5, so entsteht ein nichtinvertierender Ver- durch den Widerstand R3 in der Schaltung nach
stärker. Bild VIII-6 erreichen.
Dabei gilt:
R3 = R1 储 R2 (VIII.13)
UD
Die identischen Spannungsabfälle an den beiden
Bild VIII-5 Eingängen verhindern eine Differenzspannung an den
R2 Grund-
U1 U2 Eingängen.
schaltung Soll ein nichtinvertierender OP zur Anwendung
des idealen kommen, umgeht man diese Schwierigkeit generell
UN R1 nichtinver- durch Verwendung eines OPs mit FET-Eingang. Bei
tierenden OP diesen Typen können die Eingangsruheströme ganz
vernachlässigt werden.
Beim realen OP sind die Transistoren der Differenz-
Die Verstärkung des nichtinvertierenden OPs hängt verstärkerstufe am Eingang natürlich nicht absolut
nur von der äußeren Beschaltung ab und kann in identisch. Die interne Differenzspannung zwischen
weiten Grenzen unabhängig von der Leerlaufver- UBE1 und UBE2 wird als Offset-Spannung UO bezeich-
stärkung frei festgelegt beziehungsweise eingestellt net. Diese Spannung ist die Ursache dafür, daß die
werden. Ausgangsspannung UA am Ausgang ungleich Null ist,
Gleichung VIII.10 läßt erkennen, daß die Verstärkung auch wenn die Spannung UD am Eingang durch
Vu nicht kleiner als 1 werden kann, was beim invertie- Kurzschließen und auf Masse legen der beiden Ein-
renden OP möglich ist. gänge zu Null gemacht wurde .
R2 Je nach OP-Typ gibt es verschiedene, vom Hersteller
Spannungsverstärkung Vu = 1 + (VIII.10) empfohlene Schaltungsmöglichkeiten zur Kompensa-
R1
tion der Offset-Spannung UO.
Bei niedrigen Frequenzen (f < 100 Hz) tritt als Ein- Besonders einfach ist die äußere Beschaltung für die
gangswiderstand r′e der Schaltung der sehr hohe Offset-Spannungskompensation beim Typ 741. Nach
Gleichtaktwiderstand rGl des OPs auf. Bild VIII-7 ist lediglich ein 10 kΩ-Widerstand zwi-
406 Elektronik

R2 Bild VIII-7 Wird R2 < R1, so wird auch Vu < 1. Die Ein-
+UB Kompensation der gangsspannung UE wird nicht verstärkt, sondern
R1 2 7 Offset-Spannung gedämpft.
6 Einen Umkehrverstärker mit kontinuierlich einstell-
3 741 1
5 barer Verstärkung (Abgleich von Reglerschaltungen)
4 zeigt die Schaltung nach Bild VIII-8. Die Verstärkung
U1 U2
R3 kung wird mit R1, R2 und R3 eingestellt. Offsetspan-
nung und Offsetstrom werden mit R7, R8 und R9
–UB 10k sowie R5 eingestellt. Die Dioden D1 und D2 bilden
mit R6 und R10 einen Massepunkt. Hier wird ein OP
761 mit open-collector-Ausgang eingesetzt.
schen Pin 1 und Pin 5 anzuschließen und abzuglei- R6
+15V
chen. Dieser Abgleich ist in der Weise vorzunehmen, 6k8
daß bei an Masse gelegtem Eingang des OP die R7 R2 R3 R4
D1 1k2
Ausgangsspannung gleich Null wird. 1N4148 82k 1M 330
Die Kompensation der Eingangsruheströme erfolgt in R1
UE
Bild VIII-7 durch Widerstand R3 nach Gleichung 10k R5 761 UA
VIII.13. R8 C1
220 10k
Unerwünschte und unvermeidbare interne Schalt- und 47pF
Transistorkapazitäten ergeben zusammen mit den
Widerständen in den OPs Tiefpässe. Ähnlich wie bei R9
D2
den Transistorverstärkerstufen führt das zu fre- 1N4148 1k2 R10
–15V
quenzabhängigen Verstärkungsfaktoren, daß heißt, Vu 6k8
bleibt nicht konstant bis zu höchsten Frequenzen. Der
Frequenzgang ist also nicht linear. Bild VIII-8 Umkehrverstärker mit kontinuierlich
Auch die Phasendrehung zwischen Ein- und Ausgang einstellbarer Verstärkung
ändert sich und kann aus einer Gegenkopplung eine
Mitkopplung machen, so daß die OP-Schaltung R2
„schwingt“. Der OP geht in den Oszillatorbetrieb 82k
über, er arbeitet als „Signalgenerator“. Diese unange- 7
nehme Nebenwirkung kann mit Hilfe eines RC-Glie- 2
6 UA
des, das nach Herstellerangaben zu dimensionieren ist,
UE 3 741 1
durch Frequenzkompensation vermieden werden. In 4
5
zahlreichen OP-Typen wird die Frequenzkompensa- R1
tion bereits im Innern des OP vorgenommen. 33k
Bild VIII-9
10k Regelverstärker
4 Operationsverstärker als Verstärker R3 BF 245
mit kontinuierlicher
USt Einstellung der
1M
In elektronischen Schaltungen werden Verstärker mit Verstärkung
unterschiedlichen Verstärkungsfaktoren und mit
bestimmtem dynamischen Übertragungsverhalten be-
nötigt. Eine kontinuierliche Einstellung der Verstärkung
Außerdem sind zusätzlich Schaltungen erforderlich, kann mit Hilfe des Feldeffekttransistors in der Schal-
die diverse Rechenoperationen, wie zum Beispiel tung nach Bild VIII-9 vorgenommen werden. In
Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren, Dividieren, diesem Regelverstärker wird der Vorteil ausgenutzt,
Integrieren, Differenzieren ausführen können. Das daß beim Elektrometerverstärker eine Änderung der
gewünschte Verhalten kann man durch eine entspre- Rückkopplungswiderstände keinen Einfluß auf den
chende Beschaltung eines OP erreichen. Eingangswiderstand der Schaltung hat.
Der Eingangswiderstand beträgt hier R1 = 33 kW.
4.1 Verstärker mit frequenzunabhängiger Der normalerweise hohe Eingangswiderstand eines
Gegenkopplung Elektrometerverstärkers wird in dieser Schaltung also
nicht genutzt.
Wenn bei OP-Verstärkern im Gegenkopplungszweig Die Verstärkungseinstellung erfolgt durch Änderung
ausschließlich ohmsche Widerstände benutzt werden, des Drain-Source-Widerstandes RDS des FET, der in
ist die Gegenkopplung frequenzunabhängig. bestimmten Grenzen durch eine gesteuerte Gleich-
Dadurch ist die Verstärkung Vu im zulässigen Ar- spannung variiert werden kann. Die Verstärkung
beitsbereich des Verstärkers konstant und unabhängig dieses Regelverstärkers ist etwa im Bereich von
von der Frequenz des Signals. Vu = 1 bis Vu = 150 veränderbar.
VIII Operationsverstärker 407

Die Elektrometerschaltung ist in Bild VIII-10 tragen- 20V


des Element in dem sehr hochohmigen Spannungs-
meßgerät. Der Eingang dieser Meßschaltung wird R1
durch einen Spannungsteiler aus Meßwiderständen 1k8 2 7
6 Bild VIII-12
gebildet. Er ist so dimensioniert, daß sich die Meß- 3 741 1
bereiche 100 mV, 1 V, 10 V und 100 V ergeben. 5 OP als
4 Spannungs-
UA quelle
0,1V
R3 ZTK 9 mit sehr
R6 1%
99k 10k kleinem Innen-
9M widerstand
+15V
R7 1V 7
2 LH 0042
Um 900k 1% R1 3
6
Die Schaltung nach Bild VIII-12 realisiert eine Span-
1
R8 10V 1M 4 5 R5 nungsquelle mit sehr kleinem Innenwiderstand bei
90k 1% 100nF R2 100k unsymmetrischer Spannungsversorgung des OP.
C1 1k
R9 100V Die Referenzspannung liefert eine Z-Diode. Am Aus-
10k 1% –15V 10k 0,1mA gang des OP steht diese Spannung nun mit dem sehr
kleinen Ausgangswiderstand des Spannungsfolgers
Bild VIII-10 Spannungsmeßgerät mit OP in zur Verfügung, während der dynamische Innen-
Elektrometerschaltung widerstand der Z-Diode Werte von ca. 10 W bis
100 W haben kann.
Der Widerstand R1 dient zur Strombegrenzung in Deshalb kann der Ausgang der Schaltung erheblich
dem OP. Zusammen mit C1 bildet er einen Tief- stärker belastet werden als bei einer Stabilisierungs-
paß, dessen Aufgabe es ist, Oberschwingungen und schaltung ausschließlich mit Z-Diode.
Spannungsspitzen wegzufiltern. Die antiparallelen
Dioden zwischen den OP-Eingängen begrenzen die UB Bild VIII-13
Eingangs-Differenz-Spannung des OP. Der Trim- R2 Konstantspannungs-
mer R5 ermöglicht einen Abgleich des Meßin- R quelle mit einstellbarer
strumentes. Ausgangsspannung
7
2
6
R3 3 741 1
5
7 4
2
6 Uz UA
741 R1
3 1
5 10k
4

UE UA
Bild VIII-11 Um die Ausgangsspannung regel- oder einstell-
10k Impedanzwandler bar zu machen, kann auch die Prinzipschaltung in
mit OP Bild VIII-13 einer Konstantspannungsquelle ver-
wendet werden.
⎛ R ⎞
Die Verstärkung Vu eines nicht-invertierenden OP- Ausgangsspannung U A = ⎜ 1 + 2 ⎟ ⋅ U Z (VIII.15)
Verstärkers berechnet sich nach Gleichung VIII.10. ⎝ R1 ⎠
Läßt man den Wert des Widerstandes R1 gegen ∞
gehen, so wird der Bruchwert zu Null. Das gleiche R2 R Bild VIII-14
geschieht, wenn man R2 = 0 W setzt. Die Ver-
OP als Addierer
stärkung der Schaltung nach Bild VIII-11 wird damit
zu Vu = 1, daß heißt, UE = UA. Es gelten die Glei- R1 7
2
chungen VIII.11 und VIII.12. 6
741
Ausgangswiderstand 3 1
U2 5
r 4
ra′ = a mit Vu = 1 (VIII.14)
V0 U1 UA
Diese Schaltung bewirkt also eine Impedanzwand-
lung, da sie einen hohen Eingangswiderstand und 10k
einen sehr niedrigen Ausgangswiderstand hat.
408 Elektronik

Auch hier ist der Ausgangswiderstand durch die hohe gleichen Verstärkungsfaktor verstärkt und dann sub-
Verstärkung des OP sehr klein und kann durch einen trahiert werden. Unsymmetrien in der Brücke können
nachgeschalteten Spannungsfolger noch gemindert mit dem Potentiometer abgeglichen werden.
werden. Im Zusammenhang mit Meßbrücken (Brückenschal-
Der Operationsverstärker in der Schaltung nach tung) nach Bild VIII-16 bietet der Subtrahierer die
Bild VIII-14 ist so beschaltet, daß die zwei Eingangs- Möglichkeit, die massefreie Brückenspannung in eine
spannungen U1 und U2 elektrisch addiert und ver- massebezogene Spannung umzuwandeln, die dann
stärkt werden. weiterverarbeitet werden kann.
Ausgangsspannung +UB Bild VIII-16
R R Subtrahierer als Verstärker
−UA = ⋅ U1 + ⋅U2 (VIII.16)
R1 R2 in Meßbrücken
1k 1k
Setzt man R1 = R2 = R3, so vereinfacht sich die
Gleichung zu B
10k +UB15k
Ausgangsspannung 2 7
6
R 820 C 3 741 1
−UA = ⋅ (U1 + U 2 ) (VIII.17) 10k 4
5
R3 UA
1k 15k
Das Minuszeichen in der Gleichung weist lediglich 500 10k
–U B
auf die Phasendrehung des invertierenden OP hin.
Der Addierer kann auf eine beliebige Anzahl n von
Eingängen erweitert und nach folgender Gleichung Sollen Wechselspannungen mit kleiner Amplitude in
berechnet werden : einer normalen Brückengleichrichterschaltung B2
gleichgerichtet werden, ergibt sich wegen der
Ausgangsspannung
Schwellenspannungen der Dioden der Nachteil, daß
R R R zwischen den positiven Halbwellen am Ausgang je
−UA = ⋅ U1 + ⋅ U 2 + ... + ⋅U n (VIII.18)
R1 R2 Rn nach Wert der Amplitude mehr oder weniger deutlich
Lücken erkennbar sind.
Bei der Dimensionierung eines Addierer muß beach- Besonders in der Meßtechnik sind Gleichrichter-
tet werden, daß die maximale Ausgangsspannung schaltungen erforderlich, die auch kleine Spannungen
eines OP knapp 1 V unter der Versorgungsspannung linear verarbeiten.
des OP liegt.

R1 R2 Bild VIII-15 V1 V2 I2
OP als Subtrahierer
7 R1 R2 U2
2
6
R1 3 741 1
5 U1 V3 V4
UE1 4 OP1

R2 UA
UE2
10k Bild VIII-17 OP als Gleichrichter mit massefreier
Gleichspannung
In der Schaltung nach Bild VIII-17, die einen OP mit
Die Schaltung nach Bild VIII-15 ist ein Subtrahierer. Brückengleichrichter im Rückkopplungszweig zeigt,
Sie entspricht im Prinzip der Schaltung des Diffe- muß der Gegenkopplungsstrom wegen des Gleich-
renzverstärkers. Mit ihr wird die zwischen den beiden richters stets in gleicher Richtung durch den Last-
Eingängen wirksame Spannung verstärkt. Zur Verein- widerstand in der Brücke fließen.
fachung, aber auch um eine Offset-Stromkompen- Ein Drehspulinstrument als Lastwiderstand R2 im
sation realisieren zu können, werden die Widerstände Querzweig der Brücke zeigt den arithmetischen
nach Bild VIII-15 gewählt. Werden beide Eingänge Mittelwert dieses nichtlückenden Stroms an.
gleichzeitig angesteuert, so gilt:
arithmetischer Mittelwert
Ausgangsspannung
2 ⋅ I S 2 ⋅U S
R I AV = = (VIII.20)
U A = 2 ⋅ ( U E2 − U E1 ) (VIII.19) p R1 ⋅ p
R1
Diese Gleichrichterschaltung B2 ist zur Spannungs-
Mit den gewählten Widerständen arbeitet der Subtra- versorgung potentialfreier Lastwiderstände, wie zum
hierer korrekt, da die Eingangsspannungen mit dem Beispiel Anzeigeinstrumente geeignet.
VIII Operationsverstärker 409

Soll das gleichgerichtete Meßsignal jedoch einen Frequenzgang der Amplitudenverstärkung


Lastwiderstand speisen, der einpolig an Masse liegt, ua
so ist die obige Schaltung ungeeignet. Die Schaltung F= = f ( w) (VIII.23)
ue
nach Bild VIII-18 besteht aus einem Einweggleich-
richter mit OP und einem Addierer. Die Amplitudenverstärkung wird meistens in Dezibel
Wenn R1 = R2 = R3 = 2 ⋅ R4 = R6 = R gewählt wird, (dB) umgerechnet. Dezibel ist eine logarithmische
dann ist US3 = US1. Maßeinheit und wurde ursprünglich als Maß für die
Dämpfung eingeführt. Sie kennzeichnete ein Leis-
R3 R6 tungsverhältnis.
R2 Es gilt:
R4 2 7
V1 V2 3 741 1
6 Leistungsverhältnis
5
R1 2 7 4 OP 2 Pa P
6 in dB = 10 ⋅ lg a (dB)
3 741 1 Pe Pe
5 U2
4 OP 1 U3
10k 10 dB = 1B (Bel) (VIII.24)
U1
10k Oft drückt man auch das Verhältnis zweier Spannun-
gen oder Ströme in dB aus.
Zweiweggleichrichter-Schalter mitOPs
Zweiweggleichrichter-Schalter mit OPs Spannungsverhältnis

Bild VIII-18 Gleichrichter für kleine Spannungen Ua U


in dB = 20 ⋅ lg a (dB) (VIII.25)
mit OP (Zweiweggleichrichter) Ue Ue
Die Schaltung nach Bild VIII-19 zeigt einen Integra-
Wird jedoch der Widerstand R6 anders gewählt, so tor mit invertierendem OP. Beim Integrator wird ein
gilt: Teil der Ausgangsspannung über einen Kondensator
R auf den invertierenden Eingang des OPs zurückge-
Ausgangsspannung U S3 = 6 ⋅ U S1 (VIII.21) koppelt.
R
Der Zweiweggleichrichter nach Bild VIII-18 liefert uC Bild VIII-19
eine pulsierende Gleichspannung wie eine normale Integrierer
B2-Schaltung. iC C mit inver-
Ein Drehspulinstrument am Ausgang zeigt wegen tierendem OP
seiner mechanischen Trägheit einen konstanten iR
(arithmetischen) Mittelwert an. R1
ue ua
4.2 Verstärker mit frequenzabhängiger
Gegenkopplung
Werden die ohmschen Widerstände, die bisher in den
Schaltungen ausschließlich verwendet wurden, durch
Das Bodediagramm eines Integrators zeigt Bild
Kapazitäten oder Induktivitäten ersetzt, ist die Ver-
VIII-20, wobei die linke Achse die Verstärkung
stärkung Vu für Frequenzen unterhalb f0 nicht mehr
(gain) in dB und die rechte Achse die Phasenver-
konstant.
schiebung (phase range) in Grad (deg) anzeigt (hier
Mit Wechselstromwiderständen ist der Frequenzgang
für R1 = 100 kW und C = 1 nF).
des beschalteten OP definierbar als
Frequenzgang Vu/dB f/Deg
Rückführimpedanz 40 –250
F ( jw ) = (VIII.22)
Eingangsimpedanz 20 –258

Die Darstellung des frequenzabhängigen Übertra- 0 –266


gungsverhaltens, aufgeteilt in den Frequenzgang der –20 –274
Amplitudenverstärkung in doppeltlogarithmischer
–40 –282
Darstellung und den Frequenzgang der Phasenver-
schiebung linearer Darstellung, wird Bode-Diagramm –60 –290
10 100 1k 10 k 100 k
genannt. Ein BodeDiagramm zeigt, wie ein Baustein Frequenz in Hz
ein sinusförmiges Eingangssignal frequenzabhängig
an den Ausgang bringt. Bild VIII-20 Bodediagramm eines Integrierers
410 Elektronik

Eine RC-Schaltung verursacht eine Phasenverschie-


iR R1
bung der Ausgangsspannung um – 90°. Zusammen uC
mit der Phasenverschiebung des invertierenden OP
von – 180° ergibt das die dargestellte Phasenver- iC
schiebung von – 270°. Diese ist jedoch identisch mit
einer Verschiebung von + 90°. ue ua
Unter der Voraussetzung, daß der OP ideale Eigen-
schaften aufweist, gilt die Gleichung:
Ausgangsspannung
t Bild VIII-22 Prinzipschaltung eines Differentiators
1
ua = − ∫ u e dt + U a 0 (VIII.26)
R1 ⋅ C 0
heißt, die Leerlaufverstärkung V0 geht gegen Unend-
Ua0 ist die Spannung, die zu Beginn der Integration lich, so gilt
am Ausgang der Schaltung vorhanden ist. Das Pro-
du e
dukt R1 ⋅ C = TI wird Integrierzeit genannt. Ausgangsspannung − u a = R1 ⋅ C (VIII.28)
Ist die Eingangsspannung ue(t) = UE = const (also dt
eine Gleichspannung), so ist auch der Strom IR = – IC Die Ausgangsgröße ua des Differentiator hängt also
= const. Damit vereinfacht sich die Integralgleichung von der zeitlichen Änderung der Eingangsspannung
zur folgenden linearen Gleichung ue ab. Eine konstante Eingangsspannung verursacht
U ⋅t beim Differentiator also keine Ausgangsgröße.
Ausgangsspannung U A = − E (VIII.27) Die Schaltung eines Differentiators nach Bild VIII-22
R1 ⋅ C
ist kaum zu verwenden, da Signale höherer Fre-
Somit ist die Ausgangsspannung UA eine lineare quenzen mit der Leerlaufverstärkung V0 verstärkt
Größe und verläuft nicht, wie am Kondensator erwar- werden. Mit dem Kondensator C2 (R1 ⋅ C2 ≈ R4 ⋅ C
tet, nach einer e-Funktion. Sie kann je nach Polarität gewählt) in der Schaltung nach Bild VIII-23 kann das
der Eingangsspannung nur noch linear ansteigen oder durch Störfrequenzen verursachte Rauschen des Dif-
abfallen. ferentiators herabgesetzt werden.
C Bild VIII-21 Bild VIII-23
Realer Integrierer C2
Reale Schaltung
mit invertierendem OP eines Differentiators
R4
7 R1
R1 2
R4 7
6 2
741 6
3 1 741
5 C 3 1
4 5
ue ua ue 4
R3 ua
R3
10k
10k

In der Praxis erweist sich eine Schaltung nach


Bild VIII-19 als wenig zweckmäßig. Die endliche Die Kreisfrequenz w sollte wegen R4 ⋅ C (Eingangs-
Gleichtaktunterdrückung, der Eingangsruhestrom und zeitkonstante) geschickt gewählt werden (w << 1/
die Drift werden aufsummiert. Der Integrator würde R4 ⋅ C).
immer in eine Endlage „laufen“. Im Bode-Diagramm eines Differentiators ist der
Der Widerstand R3 in der Schaltung nach Bild VIII- Amplitudengang eine Gerade, die mit 20 dB/Dekade
21 dient zur Kompensation des Eingangsruhestroms. ansteigt.
Der Widerstand R4 bestimmt die Gleichspannungs- In der Schaltung nach Bild VIII-24 wird ein OP als
verstärkung Vu beziehungsweise stabilisiert den Gleich- Wechselspannungsverstärker verwendet. Aufgrund
spannungsbetriebspunkt. der vorhandenen Kondensatoren muß man hin-
Elektrolytkondensatoren sollten wegen der relativ sichtlich AC- und DC-Verstärkung/-Verhalten unter-
hohen Leckströme nicht verwendet werden. Durch scheiden.
den theoretisch unendlich großen Eingangswiderstand So trennt der Kondensator C3 den OP gleichspan-
des OP entlädt sich der Kondensator fast nie. nungsmäßig von der Signalquelle, während der Wi-
Die Schaltung nach Bild VIII-22 zeigt die Prinzip- derstand R3 dafür sorgt, daß ein Ruhestrom fließen
schaltung eines Differentiators mit invertierendem kann. Der Kondensator C1 macht die Gegenkopplung
OP. Betrachten wir den OP wieder als ideal, daß für DC voll wirksam.
VIII Operationsverstärker 411

ue 70 mA. Lieferbar sind von verschiedenen Herstellern


auch Operationsverstärker, die Ausgangsleistungen
C3 ua von 25 W bei einem Ausgangsstrom von 3,5 A be-
R3 reitstellen. Zu ihrer Realisierung geben Datenblätter
R2 die häufig recht einfache externe Beschaltung an.
Bei zahlreichen Anwendungen sind noch höhere
Leistungen erforderlich, die sich erreichen lassen,
wenn dem OP eine Gegentakt-Leistungsendstufe nach-
R1 geschaltet wird. Diese Endstufen sind dann meistens
Z1 mit externen Leistungstransistoren aufgebaut.
Bild VIII-24
OP als Wechselspannungs- C1 +UB
verstärker
R2
Das bedeutet aber, daß Aus- und Eingang unter Be- V1
rücksichtigung der Offset-Spannung auf dem gleichen
R1
Gleichspannungspotential liegen. E
Eine Korrektur der Eingangsruheströme und ihrer A
Spannungsabfälle an R2 und R3 läßt sich leicht
vornehmen, indem man R2 ≈ R3 wählt.
V1
Die Schaltung stellt insgesamt einen AC-Verstärker
mit Hochpaß-Verhalten dar. Die untere Grenzfrequenz
fu läßt sich analog zu CR-Gliedern berechnen als –UB
1
untere Grenzfrequenz f u = (VIII.29) Bild VIII-26 OP-Verstärker mit Leistungsendstufe
2 p ⋅ R1 ⋅ C1
Bei der Schaltung eines OP-Verstärkers nach Bild
Der Eingangswiderstand der Schaltung ist praktisch
VIII-26 ist als Leistungsendstufe ein komplementärer
gleich R3.
Emitterfolger für B-Betrieb angefügt. Der Gegen-
kopplungswiderstand R2 des invertierenden OP muß
ue am Ausgang der Endstufe angeschlossen werden.
C3 ua +12V
R3 R2
R2 100k
C1 7
R1 BC 140
A E 2
6 R5
10k 3 741 1 A
5 68
R1 4 BC 160
Bild VIII-25
R3
NF-Bootstrap-Verstärker mit OP 10k
Hier ist nun eine Variante des Elektrometer-NF-
Verstärkers hilfreich. Der NF-Bootstrap-Verstärker in
der Schaltung nach Bild VIII-25 hat einen besonders –12V
hohen Eingangswiderstand.
Der Widerstand R3 liegt nicht an Masse, sondern am Bild VIII-27 OP mit Gegentakt-Emitterfolger
Punkt A, der eine Wechselspannung führt, die wegen im AB-Betrieb
UD_ ≈ 0 V fast genau den gleichen Wert hat wie die Die Übernahmeverzerrungen in der obigen Schaltung
Eingangswechselspannung ue. Deshalb fließt durch lassen sich mit der Schaltung nach Bild VIII-27 er-
den Widerstand R3 praktisch kein Wechselstrom. Der heblich reduzieren. Dieser nachgeschaltete Gegen-
Widerstand R3 und damit der Eingangswiderstand takt-Emitterfolger ermöglicht immerhin schon einen
dieser Schaltung werden dynamisch (also wechsel- zulässigen Laststrom von ungefähr 200 mA.
strommäßig) hochtransformiert. Die Ausgangs-Off- Müssen die Übernahmeverzerrungen auf fast Null
setspannung ist kleiner als in der oben erwähnten reduziert werden, erhöht sich der Schaltungsaufwand
Schaltung. erheblich. Hier muß unter Umständen der Gegentakt-
Emitterfolger im AB-Betrieb betrieben werden.
4.3 OP als Leistungsverstärker
Um den Schaltungsaufwand zu reduzieren, wurden
Bei Operationsverstärkern vom Typ 741 (Gegentakt- Ansteuerschaltungen in integrierter Schaltungstech-
ausgang) liegt der zulässige Ausgangsstrom bei nik entwickelt. Eine Möglichkeit ist der ICL 8063
20 mA, beim Typ 761 (open collector) liegt er bei nach Bild VIII-28, der für eine Ansteuerung mit dem
412 Elektronik

2N3055
Die Frequenz-Achse ist normiert, so daß der Durch-
30V laßbereich des TP bei f /fg = 1 endet und Spannungen
R2 R3 mit Frequenzen f > fg hier mit 60 dB/Dekade oder
9k 1M
C3 18 dB/Oktave bedämpft werden.
R1 7 1nF
E 2
6 15 14 13 11 10 9
R5 Das normierte Bode-Diagramm eines aktiven Hoch-
1k 3 741 1 16
4
5 0,4/5W paß-Filters zeigt, daß der Durchlaßbereich des HP bei
ICL 8063 8 A
C1 C2 1 f /fg = 1 beginnt und Spannungen mit Frequenzen
1nF 1nF 12 R6
2 4 5 6 7 f < fg mit 60 dB/Dekade oder 18 dB/Oktave bedämpft
C4 0,4/5W
werden. Bei der Grenzfrequenz fg tritt eine Dämp-
R4 fung/Verstärkung von 3 dB/Dekade/– 3 dB/Dekade
1M C5
auf.
–30V
2N2955
ue
Bild VIII-28 Leistungs-OP ICL 8063 (Intersil) R ua
R
C R
C
OP-Typ 741 ausgelegt ist. Der Kurzschlußschutz für C
die beiden angesteuerten Leistungstransistoren ist im
Gauss-Filter 3. Ordnung
IC enthalten. Dem Ausgang der nebenstehenden
Schaltung können Ströme bis ca. 3 A entnommen 1
f0 = 2pRC als Grenzfrequenzeiner Filterstufe
werden.
Bild VIII-30 Tiefpaß-Filter 3. Ordnung mit OPs
4.4 Aktive Filterschaltungen
Netzwerke aus ohmschen, induktiven und kapazitiven In der Schaltung nach Bild VIII-30 sind RC-Glieder
Widerständen, die eingesetzt werden, um den Fre- mit OPs als Impedanzwandler zu einem Tiefpaß
quenzgang gezielt zu beeinflussen, nennt man Filter. 3. Ordnung zusammengeschaltet. Durch die direkte
Ideale Tiefpaß-Filter sollen Nutzsignale mit f < fg Gegenkopplung der OPs ist die DC-Verstärkung der
unverfälscht übertragen und alle Störsignale mit f > fg Gesamtschaltung gleich eins. Jede der n Filterstufen
unterdrücken. Dieses Ziel kann mit konstantem Über- hat bei der Frequenz f0 eine Dämpfung von 3 dB/
tragungsfaktor im Durchlaßbereich (f < fg) und mit Dekade. Die gesamte Schaltung hat aber bei der
starkem Amplitudenabfall oberhalb der Grenzfre- Frequenz f0 eine Dämpfung von n ⋅ 3 dB/Dekade.
quenz erreicht werden. Der Übergang vom Durch- Der Tiefpaß 3. Ordnung nach Bild VIII-30 hat eine
laßbereich zum Sperrbereich (f > fg) sollte sehr steil Dämpfung von 3 dB/Dekade bei der Grenzfrequenz
erfolgen. fg < f0. Oberhalb der Frequenz f0 wird die Ausgangs-
Durch das Einbringen eines Verstärkerelementes in spannung mit 60 dB/Dekade bedämpft. Diese Schal-
den Filter erreicht man, daß aus der generellen tung realisiert ein Gauß-Filter, da das Bode-
Dämpfung des Signals eine Verstärkung mit Vu ≥ 1 Diagramm nach Bild VIII-31 die Gaußfunktion eines
wird. Tiefpaß-Filters zeigt.

v Vu/dB
dB 0,01 0,1 1 10 100 1000 20
–3 v
vg 0
–10
60 dB/Dekade –20
–20 bzw. 18 dB/Oktave –40
–30 –60
Bild VIII-29
–40 –80
Normiertes 10 100 1k 10 k 100 k
Bode-Diagramm Frequenz in Hz
–50
eines aktiven
Bild VIII-31 Bode-Diagramm eines Gauß-Filters
Tiefpaß-Filters
Es gibt sehr viele Schaltungsvarianten zu Aufbau und Charakteristikum eines Gauß-Filters ist der relativ
Ausführung von aktiven Filtern. flache Einsatz des Amplitudenganges oberhalb der
Man unterscheidet aktive Tief- und Hochpässe so- Grenzfrequenz fg. Der flache Einsatz ist aber ge-
wie selektive Filter wie aktive Bandsperren und messen am idealen Filter ein erheblicher Nachteil.
Bandpässe. Dem gegenüber steht der Vorteil dieses Filtertyps,
Bild VIII-29 zeigt das normierte Bode-Diagramm daß bei sprungförmiger Änderung der Eingangs-
eines aktiven Tiefpaß-Filters 3.Ordnung. spannung die Ausgangsspannung nicht überschwingt.
IX Elektronische Schalter, Kippstufen 413

Durch Vertauschen von R und C erhält man einen v


Hochpaß 3. Ordnung. Gauß-Filter höherer Ordnung dB 0,01 0,1 rg1 1 rg2 10 100 1000
–3 v
lassen sich so aufbauen. vg
Es gibt viele Methoden zum Aufbau aktiver Tief- und –10
BS
Hochpaßfilter höherer Ordnung. Bei den meisten TP
–20 HP
Filtern ist ihre Berechnung und Dimensionierung
äußerst aufwendig. –30

Bild VIII-32 –40 Bild VIII-33


C1 C2 Aktive Bandsperre Normiertes
R3 mit OP –50
Bode-Diagramm
einer Bandsperre
C3
R1 R2
ue
ua R1 R2
C3

C1 C2
Um nur bestimmte Frequenzen zu verstärken oder zu
R3
unterdrücken, benötigt man selektive Filter. Mit einer
Kombination von Hoch- und Tiefpaß kann man ue
selektive Filter aufbauen.
Die Schaltung nach Bild VIII-32 zeigt eine leicht C4 R4 ua
berechenbare Bandsperre.
Wählt man R1 = R2 = 2 ⋅ R3 und C1 = C2 = C3/2, R5
so gilt für die Mittenfrequenz dieser Bandsperre fol- Bild VIII-34
gende Gleichung: Aktiver Bandpaß
1
Mittenfrequenz f = (VIII.30)
2 p ⋅ R1 ⋅ C1
Dieses Filter überträgt Signale hoher und tiefer Fre- Zur Verstärkung bestimmter Frequenzen kann das
quenzen unverändert. In einem bestimmten Frequenz- Doppel-T-Filter in die Rückkopplung als Gegen-
bereich werden jedoch die Signale stark unterdrückt. kopplung des OP geschaltet werden.
Bei der Grenzfrequenz (Resonanzfrequenz) hat das Die Schaltung nach Bild VIII-34 zeigt einen aktiven
Filter einen hohen Übertragungswiderstand. Bandpaß. Beim Bandpaß werden Spannungen unter-
Das Bode-Diagramm nach Bild VIII-33 zeigt das nor- halb und oberhalb bestimmter Frequenzen bedämpft
mierte Bode-Diagramm einer Bandsperre. Es ist und das Frequenzband dazwischen unverändert
erkennbar. daß die obere Grenzfrequenz des Tiefpas- übertragen.
ses unterhalb der unteren Grenzfrequenz des Hoch- In der Regel wird man versuchen, die Signale mit der
passes liegt. favorisierten Frequenz zu verstärken.

IX Elektronische Schalter, Kippstufen

1 Transistor als Schalter UB


Wird ein Transistor als Schalter betrieben, so hat er
zwei Arbeitspunkte, zwischen denen er im Betriebs- RLast
fall je nach Betriebszustand wechselt. Der Übergang
von einem Arbeitspunkt zum anderen wird durch ein
entsprechendes Steuersignal am Eingang des Transis- RV
tors erreicht. E
Damit dieser Übergang möglichst schnell ablaufen Bild IX-1
kann, muß das Steuersignal einen sprungartigen Ver- Transistorschalter
lauf im Schaltzeitpunkt haben (Rechteckimpuls). mit ohmscher Last
414 Elektronik

Bild IX-1 zeigt einen Transistorschalter mit ohm- IB Bild IX-3


schem Lastwiderstand im Serienbetrieb. Das Kenn- Ein- und Ausschaltverhalten
linienfeld nach Bild IX-2 zeigt die Anordnung der des Transistors
Arbeitspunkte A1 und A2 auf der Arbeitsgeraden.
Die Arbeitsgerade ist die Kennlinie des Kollektor-
widerstandes RC, der in diesem Betriebsfall der Last-
widerstand RLast ist. –IB t
Bei IB = 0 A fließt der sehr geringe Kollektor-Emit- IC Ausräumstrom
ter-Reststrom ICEO. Damit ist UCE ≈ UB. Der Arbeits-
90%
punkt A1 kann weiter nach unten verschoben werden,
indem die Basis beispielsweise auf negatives Potenti-
al gelegt wird.
10%
td tr ts t f t
IC Bild IX-2 tein taus
Ausgangskenn-
ICmax A2 linienfeld mit Nachteilig ist jedoch, daß damit die Ausschaltzeit taus
Arbeitsgerade und des Transistors größer wird. Die Basis-Emitter-
Arbeitspunkten Strecke wird durch den großen Basisstrom mit La-
dungsträgern überschwemmt und muß beim Aus-
IB schalten erst von ihnen geräumt werden, um zu sper-
ren. Diese Speicherzeit ts (storage time) ergibt sich
aus der Sperrschichtkapazität CCB. Hinzu kommt die
Abfallzeit tf (fall time) als definierte Zeitgröße. Den
Zusammenhang macht Bild IX-3 deutlich.
A1 I = 0A
B Die Einschaltzeit läßt sich durch kleine Werte für RB
UB UCE und große Übersteuerung verkürzen. Eine Schaltung
zur Realisierung solcher Zustände zeigt Bild IX-4.
Steuert man den Transistor mit einem großen Basis- Der Basisvorwiderstand RB wird durch die Teil-
strom IB an, fließt ein großer Kollektorstrom (Arbeits- widerstände RB1 und RB2 ersetzt.
punkt A2). Die Spannung UCE nimmt einen mini-
malen Wert UCE min = UCE sat bei UCB = 0 V an. Bild IX-4 UCC
Der Idealzustand eines Schalters mit R = ∞ W (Ar- Schaltung zur Verbesserung
beitspunkt A1) und R = 0 W (Arbeitspunkt A2) wird des Schaltverhaltens RC
von einem Transistorschalter nicht realisiert. Der
C1
Transistor erreicht seine Arbeitspunkte jeweils ent-
lang der Arbeitsgeraden.
Je mehr ein Transistor übersteuert wird, um so siche- RB1
rer wird der Arbeitspunkt A2 erreicht und gehalten. ua
Als Folge des überhöhten Basisstroms ergibt sich ein ue R B2
weiter reduziertes UCE sat. Den Grad der Übersteue-
rung gibt man als den Übersteuerungsfaktor ü an. Er
ist das Verhältnis zwischen dem tatsächlich fließen-
den Basisstrom IB ist und dem Basisstrom IB soll, der
eigentlich nur erforderlich wäre, um UCB = 0 V zu Im Einschaltmoment schließt der Kondensator C1
erreichen. den Widerstand RB2 kurz, so daß der Basisstrom nur
Im Schalterbetrieb wird ein Transistor meistens über- durch RB1 begrenzt wird und somit zur schnellen
steuert. Je stärker die Übersteuerung, desto kürzer Übersteuerung führt. Ist der Kondensator geladen,
wird die Einschaltzeit tein des Transistors. begrenzt der Basisvorwiderstand RB wieder den
Die Einschaltzeit ergibt sich als Summe aus Verzöge- Basisstrom. Im Ausschaltmoment läuft der gleiche
rungszeit td und Anstiegszeit tr. Die Verzögerungszeit Prozeß mit umgekehrtem Vorzeichen.
td (delay time) ergibt sich aus der Tatsache, daß die I B ist
Sperrschichtkapazität CEB am Anfang ungeladen ist Übersteuerungsfaktor ü = (IX.1)
und die Emitterdiode in Durchlaßrichtung gepolt I B soll
werden muß. Die Anstiegszeit tr (rise time) ist eine mit
definierte Größe, d.h., sie ist die Zeit, während der IC
der Ausgangsstrom vom 0,1 auf den 0,9 fachen End- I B soll = (IX.2)
wert ansteigt. Die Einschaltzeit tein wird mit zuneh- B
mendem Basisstrom kleiner. gewählt: ü ≈ 2 ... 10
IX Elektronische Schalter, Kippstufen 415

mit RC = Rlast: In der Praxis werden Transistoren für den Betrieb als
Leistungsschalter bezüglich ihrer Verlustleistung
UB − U CE sat UE − U BE
RC = RB = meistens recht großzügig ausgewählt. Es muß auf die
IC IB korrekte Bemessung der Kühlkörper geachtet werden.
Auch die Einhaltung der Grenzwerte UCE max und
Überschlägig kann RB ≈ 10 ⋅ RC gewählt werden.
Die Sperrverluste sind sehr klein gegenüber den IC max des ausgewählten Transistors muß gewährleistet
sein. Das ist besonders wichtig im Hinblick auf den
Durchlaßverlusten und können daher meistens ver-
kleinen Kaltwiderstand einer Glühlampe im Ein-
nachlässigt werden.
schaltmoment oder auch wegen des hohen Anlauf-
Verlustleistung im Sperrzustand stroms von Gleichstrommotoren.
PSperr = UCE ⋅ ICBO (IX.3) Relais, Hubmagnete oder Motore haben einen über-
wiegend induktiven Anteil und können insgesamt
Die Durchlaßverluste lassen sich meßtechnisch und
durch die Ersatzschaltung einer Spule (Induktivität
rechnerisch recht einfach bestimmen.
und ohmscher Spulenwiderstand in Reihe) elektrisch
Verlustleistung im Durchlaßzustand beschrieben werden.
In der Schaltung nach Bild IX-5 ist der RLast so ge-
PD = UCE sat ⋅ ICA2 = PV (IX.4) wählt, daß er mit dem in Bild IX-1 übereinstimmt. Die
Die Umschaltverluste lassen sich nicht so leicht be- Arbeitsgerade, die sich aus diesem Widerstand ergibt,
stimmen, weil die Strom- und Spannungswerte sich ist im Kennlinienfeld gestrichelt eingetragen. Auf ihr
während des Umschaltens ständig ändern. Bei einem liegen die statischen Arbeitspunkte A1 und A2.
Schalter mit ohmscher Last sind Ein- und Ausschalt- Aufgrund der Selbstinduktionsspannung kann der
verluste beim Umschalten gleich groß, was bei kapa- Kollektorstrom zunächst nur gering ansteigen, was
zitiven und induktiven Lasten nicht der Fall ist. In der zur Folge hat, daß sich der dynamische Arbeitspunkt
Praxis sind die wesentlich größeren Ausschaltverluste dem Arbeitspunkt A2 von unten nähert. Diesen Vor-
bei induktiven Lasten besonders zu beachten. gang zeigt das Kennlinienfeld nach Bild IX-6.
Die Berechnung der Umschaltverluste kann allenfalls Im Moment des Ausschaltens wird die in der Induk-
überschlägig erfolgen. tivität gespeicherte Energie frei und bewirkt eine
hohe Selbstinduktionsspannung, die so gepolt ist, daß
Umschaltverluste
( t ein + t aus ) UB
PSch ≈ UB ⋅ I Cmax ⋅ (IX.5)
T
LLast
Bei Transistoren im Schalterbetrieb ergibt sich die
gesamte Verlustleistung Pges als die Summe der Teil-
verluste. RLast
Verlustleistung Pges = PSperr + PD + PSch (IX.6)
RV
Bei Leistungstransistoren liegen die Werte für die E
Ein- und Ausschaltzeiten im Bereich von 1 ... 3 ms. Bild IX-5
Wenn die Lasten zudem noch in größeren Zeitab- Transistorschalter mit
ständen geschaltet werden, gilt folgende Vereinfa- induktiv-ohmscher Last
chung

für T >> ( t ein + t aus ) IC

gilt ICmax
Pges ≈ PD = U CE sat ⋅ I CA2 = PV (IX.7)

Für den Impulsbetrieb (im Gegensatz zum Dauerbe-


trieb) kann eine mittlere Verlustleistung definiert und IB
berechnet werden.
mittlere Verlustleistung
U2
Pm = PV ⋅ n = ⋅n (IX.8) IB = 0 A
R
UB UCE
Periodendauer T = t i + t p
Bild IX-6 Ausgangskennlinienfeld mit
ti eingezeichnetem Verlauf des
Tastverhältnis ν = (IX.9)
T Arbeitspunktwechsels
416 Elektronik

sie als positive Kollektorspannung wirkt. Die Selbst- achtet werden, daß der dynamische Arbeitspunkt
induktionsspannung erhöht die Kollektor-Emitter- nicht zu lange in der Hyperbel verweilt.
Spannung UCE soweit, daß sie größer als die Betriebs- In der Schaltung nach Bild IX-9 ist die Prinzip-
spannung UB werden kann. Sie kann Werte erreichen, schaltung eines Transistorschalters mit einem Kon-
durch die der Transistor zerstört wird (UCE > UCEO). densator als Lastwiderstand dargestellt. Der Konden-
Der Umschaltvorgang verläuft entlang der dynami- sator ist als „reale“ Kapazität dargestellt.
schen Umschaltkurve nach Bild IX-6 und macht die
Spannungsüberhöhung deutlich. Aus diesem Grund UB
muß ein Transistorschalter im Serienbetrieb mit
induktiven Lasten (Relais) vor Überspannungen im
Ausschaltmoment geschützt werden.
CLast RLast
UB

LLast RS
RV
E
RLast Bild IX-9
DS
Transistor mit
Kondensator als Last
RV
E
Bild IX-7
Transistorschalter mit IC
Freilaufdiode
ICmax
Ein einfacher, aber wirksamer Schutz ist eine Frei-
laufdiode, wie sie in der Schaltung nach Bild IX-7 zu
sehen ist. Die Freilaufdiode liegt für die Betriebs-
spannung UB in Sperrichtung und ist somit un- IB
wirksam. Erst im Ausschaltmoment, also dann, wenn
infolge der Induktionsspannung die Kollektorspan-
nung größer als UB wird, liegt die Diode in Durch-
laßrichtung. Der dann fließende Strom IF baut die
IB = 0 A
Energie des Magnetfeldes so rasch ab, daß eine
gefährliche Überspannung nicht auftreten kann. Der UB UCE
Widerstand RS begrenzt den Strom durch die Diode
auf zulässige Werte und wandelt die magnetische Bild IX-10 Ausgangskennlinienfeld mit
Energie in Wärme um. Die Wirkung dieser Schutz- eingezeichnetem Verlauf des
maßnahme ist im Kennlinienfeld nach Bild IX-6 Arbeitspunktwechsels
eingezeichnet.
Die Arbeitsgerade kann beim Schalterbetrieb des Ohne diesen Parallelwiderstand, der im Kennlinien-
Transistors nach Bild IX-8 durch die Verlustleis- feld nach Bild IX-10 als gestrichelte Arbeitsgerade
tungshyperbel verlaufen, jedoch müssen die stati- dargestellt ist, wäre ein statischer Betrieb im Arbeits-
schen Arbeitspunkte außerhalb liegen. Bei induktiver punkt A2 nicht möglich.
beziehungsweise kapazitiver Last muß darauf ge- Der Wert dieses RLast ist mit dem Widerstandswert
nach Bild IX-1 identisch gewählt, um die Wirkung
IC Ptot Bild IX-8 von CLast anschaulicher darstellen zu können.
Ausgangs- Qualitativer Verlauf und Richtung des Arbeitspunkt-
A2
ICmax kennlinienfeld verlaufs beim Ein- und Ausschalten sind im Kenn-
mit Arbeits- linienfeld nach Bild IX-10 eingezeichnet. Je niedriger
gerade und der Kapazitätswert ist, desto mehr nähert sich die
Verlusthyperbel Übergangskennlinie der gestrichelten Arbeitsgeraden.
In der Schaltung nach Bild IX-11 wird ein Transistor
IB als Schalter verwendet, um ein Leistungsrelais an
den Ausgang eines Digitalgatters (hier NOT-Glied)
anzupassen. Liegt der Ausgang des Gatters auf
A1 IB = 0 A L-Potential, so ist der Transistor gesperrt; bei
H-Potential hingegen ist der Transistor leitend und
UB UCE damit das Relais im erregten Zustand.
IX Elektronische Schalter, Kippstufen 417

+5V Je nachdem, wie ein Kippvorgang ausgelöst oder


eingeleitet wird, aber auch nach der Anzahl der
V2 K1 stabilen Zustände einer Kippschaltung, unterscheidet
R1 man folgende Arten: bistabile Kippstufen, monosta-
bile Kippstufen, astabile Kippstufen und Trigger-
R2 schaltungen.
E 1 V1
Die Art der Kippstufen hängt nach Bild IX-13 von der
technischen Ausführung der Koppelelemente Z1 und
Z2 ab. Sind die Koppelelemente Z1 und Z2, wie hier
Bild IX-11 Transistorschalter als „Interface“ im Bild dargestellt, ohmsche Widerstände R1 und R2,
so ist diese Kippschaltung eine „bistabile Kippstufe“.
Ist das Koppelelement Z1 ein ohmscher Widerstand
Bild IX-12 UCC R1, jedoch das Koppelelement Z2 durch das Koppel-
Transistorschalter mit element Z4 (C2 und R2) ersetzt, so ist diese Kipp-
Unterstützung zum RC schaltung eine „monostabile Kippstufe“.
sicheren Sperren Ist das Koppelelement Z2 weiterhin ein ohmscher
Widerstand R2, wird jedoch das Koppelelement Z1
durch das Koppelelement Z3 (C1 und R1) ersetzt, so
RB1
handelt es sich bei der Kippschaltung ebenfalls um
ua
eine „monostabile Kippstufe“.
Werden in der Kippschaltung sowohl Koppelelement
ue RB2 Z1 durch Koppelelement Z3 wie auch Koppelelement
Z2 durch Koppelelement Z4 ersetzt, so handelt es sich
bei dieser Kippschaltung um eine „astabile Kippstufe“.

2.1 Bistabile Kippstufe


Um zu verhindern, daß auch bei L-Potential der Eine bistabile Kippstufe nach Bild IX-14, auch „Flip-
Transistor leitend wird, verwendet man häufig eine Flop“ (FF) genannt, besitzt zwei stabile Schaltzustän-
Schaltung nach Bild IX-12. Hier reicht das L-Poten- de. Hier sind beide Transistorschalter identisch di-
tial häufig nicht aus, um eine Basisvorspannung zu mensioniert. Es ist erkennbar, daß der Kollektor von
bewirken, die den Transistor leitend werden läßt. In V1 direkt auf die Basis des Transistors V2 einwirkt
der Signalverarbeitung wird der Transistorschalter wie auch der Kollektor von V2 direkt auf die Basis
meistens an seinem Ausgang durch die Eingangs- des Transistors V1 einwirkt.
widerstände nachfolgender Transistorschalter bela-
stet. Diese Belastung kann sowohl gegen Masse als
UB
auch gegen die Betriebsspannung UB auftreten.
R C1 RC2
R1 R2
2 Kippschaltungen mit Transistoren
Kippschaltungen bestehen hauptsächlich aus zwei
UA1 V1 V2
Transistor-Schaltstufen, bei denen gleichzeitig eine
Stufe leitend und die andere Stufe gesperrt ist. RB1 RB2

UB E2 E1
Z1 Z2
Bild IX-14 Bistabile Kippstufe, auch „Flip-Flop“
RC1 RC2
R1 R2 (FF)
Ist der Transistor V2 im Sperrzustand, so ist V1
V1 V2
UA1 UA2 leitend und damit UA1 ≈ UCE sat. Die Basis des Transi-
RB1 R B2 stor V1 liegt über den Widerstand R2 und RC2 an UB.
Somit liegt die Basis von V2 über R1 und RC1 an
E1 E2 UCE sat1 von V1 und ist sicher gesperrt. Je nachdem,
welcher der beiden Transistoren als erster durchsteu-
Z3 Z4 ert, stellt sich ein bestimmter, aber dann nicht von
R1 R2 selbst veränderbarer Zustand an den Ausgängen ein.
C1 C2 An die Basisanschlüsse der Transistoren V1 und V2
nach Bild IX-14 sind die Eingänge E1 und E2 an-
Bild IX-13 Gemeinsame Kriterien und Synthese gebunden. Geht man von obiger Darstellung aus, daß
von Kippstufen heißt, V1 leitend und V2 gesperrt, und bringt man
418 Elektronik

nun auf den Eingang E1 einen positiven Span- Parallelkondensatoren


nungsimpuls UE1, so wird V2 leitend und V1 gesperrt RC + R B
und damit UA1 ≈ UB. Dies hat zur Folge, daß die Basis CK ≤ (IX.12)
von V2 über R1 auf UB gehalten wird und der Transi- 4 , 6 ⋅ f ⋅ RC ⋅ R B
stor V2 leitend bleibt. f ein
Bringt man nun auf den Eingang E2 einen positiven mit der Frequenz der Eingangssignale f =
2
Spannungsimpuls UE2, so wird V1 leitend. Die beiden
positiven Spannungsimpulse auf E1 und E2 haben 2.2 Monostabile Kippstufe
also den ursprünglichen Zustand wiederhergestellt.
Die Werte für UA1 und UA2 sind einander entgegen- Es gibt zwei Versionen der monostabilen Kippstufe
gesetzt. Zum Umschalten in den jeweils entgegenge- (Bild IX-13). Sie werden mit Kennzeichnung der
setzten Zustand ist nur ein kurzzeitiger Eingangs- Eingänge E1 und E2 vorgestellt. Ein positives Signal
impuls am jeweiligen Steuereingang erforderlich. Der auf den Eingang E2 läßt das Monoflop nach Bild
dann eingenommene Zustand wird solange gespei- IX-16 vom stabilen Zustand in den nichtstabilen Zu-
chert, bis ein entsprechender Impuls am anderen Ein- stand kippen. Nach einer von der Schaltungsdimen-
gang einen neuen Zustand herbeiführt. sionierung abhängigen Zeit ti kippt er von selbst in
Aus diesem Grund können Flip-Flops (bistabile die stabile Schaltstellung zurück und kann nach einer
Kippstufen) in der Digitaltechnik als Informations- bestimmten Zeit trec erneut gesetzt werden.
speicher eingesetzt werden.
Beim Anlegen der Spannung UB an ein FF tritt ein UB
beliebiger, aber stabiler Ausgangszustand ein, der nur RC1 R2 RC2
von den Parameterstreuungen der Transistoren ab-
hängt. R1 C2

UB UA1 V1 V2 UA2
RC1 RC2
R B2
R1 V3 R2
E2
UA1 V1 V3 UA2 Bild IX-16 Prinzipschaltung einer monostabilen
RB1 RB2 Kippstufe

E1 E2 Beim Anlegen der Versorgungsspannung UB wird der


Transistor V1 leitend, weil sein Basisstrom über RC2
Bild IX-15 Bistabile Kippstufe mit definiertem
und R2 größer ist als derjenige nach V2. Der Kon-
Grundzustand
densator C2 wird über RC2 geladen, daß heißt, die
Spannung UC2 am Kondensator ist am Ende des
Soll nach dem Anlegen der Spannung UB ein definier-
Ladevorganges gleich der Spannung UB.
ter Ausgangszustand festliegen, so muß die Schaltung
Es fließt kein Strom mehr über C2 in die Basis des
nach Bild IX-14 entsprechend Bild IX-15 modifiziert
Transistors. Lediglich der normale Basisstrom IB
werden.
fließt über R2 zu. Die Spannung UBE am Transistor
Die Diode V3 bewirkt in dieser Schaltung, daß der
V1 beträgt ca. 0,7 V.
Transistor V1 immer vor dem Transistor V2 leitend
Ein positives Signal auf den Eingang E2 läßt den
wird und nach dem Einschalten der Versorgungs-
Transistor V2 leitend werden, wodurch die Spannung
spannung somit UA1 ≈ UCE sat ist.
an der Basis von V1 auf einen Wert von UBE = – UB
Berechnet werden kann eine solche Schaltung prin-
heruntergezogen wird, da der positive Anschluß von
zipiell nach folgenden Gleichungen (UBE und UV3
C2 auf Masse gelegt wird. Der Transistor V1 sperrt
vernachlässigt):
infolgedessen. Der Kondensator C2 beginnt nun
Kollektorwiderstand damit, sich über den Widerstand R2 auf die Batterie-
spannung + UB umzuladen. Wenn sich der Kondensa-
U B − U CE sat UB
RC1 = RC2 = ≈ (IX.10) tor auf UBE = + 0,7 V umgeladen hat, wird der Tran-
IC IC sistor V1 wieder leitend und damit UA1 ≈ 0 V.

Vorwiderstand
1
R1 = R2 =⋅ RC ⋅ B (IX.11) Schaltzeit t i = R2 ⋅ C 2 ⋅ ln 2 (IX.13)
ü
Der Kondensator C2 muß sich wieder in den nor-
Durch weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel Paral- malen Zustand umladen, also von ca. 0 V auf
lelschaltung von Kondensatoren zu den Widerständen UC2 = + UB. Man spricht hier von der
R1 und R2, kann die Flankensteilheit der Ausgangs-
spannungen verbessert werden. Erholzeit t rec = 5 ⋅ RC2 ⋅ C 2 (IX.14)
IX Elektronische Schalter, Kippstufen 419

Die nächste Triggerung (positives Signal an E2) des Gleichstrommäßig sind die beiden Transistorschalter
Monoflops sollte nicht vor Ablauf der Erholzeit erfol- so ausgelegt, daß sie bei fehlenden Kondensatoren
gen, da sonst C2 nicht voll aufgeladen wird und die voll leiten würden. Die Frequenz der Ausgangs-
Schaltzeit „unkalkulierbar“ verkürzt wird. Mit han- spannung sowie das Impuls-Pausen-Verhältnis hän-
delsüblichen Bauteilen lassen sich Impulszeiten von gen von den Zeitkonstanten der beiden RC-Glieder
ca. 10 ms bis maximal 10 s erreichen. Bei Verwendung R2 ⋅ C2 beziehungsweise R1 ⋅ C1 ab.
von FET können längere Zeiten erreicht werden. Periodendauer T = ( R1 ⋅ C1 + R2 ⋅ C 2 ) ⋅ ln 2 (IX.15)

UB > 6V 12V
RC1 RC2 CQY 26 CQY 26
R1
390 33k 33k 390
C1 R2

0,047m 0,047m
V1 V2 UA2 BC 107 BC 107
RB1 V3
BA 170 BA 170
E1 Blinkschaltung mit LEDs (f = 0,5Hz)
Bild IX-17 Verbesserte monostabile Kippstufe Bild IX-19 Blinkschaltung mit LEDs
Wegen ti ≈ trec ist für ti durch C2 eine untere Grenze
T Die Blinkschaltung in Bild IX-19 ist in dieser Form
gegeben, die praktisch bei t i ≈ liegt. verwendbar. Die Dioden vor der Basis der Transisto-
10 ren haben die gleiche Funktion wie in Bild IX-17
Im Moment der Triggerung liegt die volle negative beschrieben.
Batteriespannung UB an der Basis-Emitter-Strecke des
Transistors und beansprucht sie in Sperrichtung. Diese 2.4 Triggerschaltungen
BE-Strecken haben aber schon bei Spannungen um 6 V
ihre Durchbruchspannungen, wodurch dieser pn- Als Schmitt-Trigger wird eine Kippschaltung bezeich-
Übergang stark gefährdet ist. Die Zeit ti wird durch die net, die beim Überschreiten einer bestimmten Ein-
schnelle Entladung des Kondensators stark verkürzt. gangsspannung UE1 vom Ruhezustand in den Arbeits-
Abhilfe schafft hier die Diode V3 nach Bild IX-17. zustand kippt und erst beim Unterschreiten einer be-
stimmten Eingangsspannung UE2 wieder in den Ruhe-
2.3 Astabile Kippstufe zustand zurückkippt. Schmitt-Trigger nach Bild IX-20
Im Prinzip ist eine astabile Kippstufe nach Bild werden häufig als Schwellenwertschalter eingesetzt.
IX-18 eine geschickte Kombination zweier Mono- Wie bei jeder Kippschaltung erfolgt das Kippen stets
flops ohne Eingänge. Beide Monoflops sind so ge- sprunghaft, so daß auch bei einem beliebigen Verlauf
schaltet, daß sie sich jeweils nach Ablauf der durch der Eingangsspannung die Ausgangsspannung eines
die Zeitglieder bestimmten Schaltzeiten gegenseitig Schmitt-Triggers rechteckförmig ist und nur die
triggern (schalten). Da beide Schalter nur noch über beiden Spannungswerte UA min und UA max erscheinen,
Kondensatoren wechselstrommäßig miteinander ge- also ein digitales Signal vorliegt. Da das Kippen
koppelt sind, hat die Schaltung zwei instabile meistens schnell erfolgt, ergeben sich steile Flanken.
Zustände. Sie kippt daher fortlaufend von einem in- Das Eingangssignal ist ein analoges Signal; der
stabilen Zustand in den anderen und erzeugt dabei Schmitt-Trigger kann also als Analog-Digital-Wand-
eine Ausgangsspannung mit einem kontinuierlichen, ler gelten.
rechteckförmigen Verlauf (Rechteckgenerator).
UB Bild IX-20
R C1 RC2 Schmitt-
UB
Trigger als
RC1 R1 R2 RC2 Schwellen-
C1 C2 R1 wertschalter

V1 V2
UA1 V1 V2 UA2 RL
R2 UA
UE

RE URE
Bild IX-18 Prinzipschaltung einer astabilen
Kippstufe
420 Elektronik

Über den gemeinsamen Emitter-Widerstand RE liegt UB


eine gleichstrommäßige Mitkopplung zwischen den R C1 K
beiden Transistoren vor. Der Spannungsteiler aus R1 R3 V3
und R2 muß so dimensioniert sein, daß V2 mit der
sich einstellenden Emitterspannung URE voll durch- C1 R1
gesteuert ist. Die Ausgangsspannung UA min ist die
V1 V2
Summe aus URE + UCE sat. Der Schmitt-Trigger befin-
det sich jetzt im Ruhezustand. R2
Bild IX-22
Er bleibt im Ruhezustand, solange die Eingangsspan-
V4 Lichtabhängiger
nung UE < UE1 ist, wobei UE1 die obere Schwellspan-
RE URE Schwellenwert-
nung des Schmitt-Triggers darstellt. Die Mitkopplung
schalter
bewirkt, daß der Schmitt-Trigger bei einer Erhöhung
von UE über UE1 hinaus sehr schnell vom Ruhezu- Dämmerungsschalter
Dämmerungsschalter
stand in den Arbeitszustand kippt, wobei V1 leitend
und V2 gesperrt (UA max = UB) ist. Dieser Arbeitszu-
stand bleibt solange erhalten, wie UE > UE2 ist. Wird
Ruhelage 2:
die Eingangsspannung UE < UE2, kippt der Schmitt-
Trigger in den Ruhezustand zurück. V1 leitend, V2 gesperrt mit UE > UE2
Ausschaltspannung
UA Bild IX-21 U E2 = U RE1 + U BE1 = I C1 ⋅ R E + U BE1 (IX.19)
Übertragungskennlinie des
Schmitt-Triggers U B − U CE sat1
Kollektorstrom I C1 = (IX.20)
RC1 + R E
Ausgangsspannung U A = U B (Leerlauf) (IX.21)
Hilfreich zur Berechnung ist die Überlegung, daß
beim Ausschalten für den Ausschaltmoment IC1 = IC2
sein muß!
–UE UE2 UE1 UE
Hysteresespannung DUE = UE1 – UE2 (IX.22)
Die Spannungsdifferenz zwischen UE1 und UE2 wird als
Schalthysterese des Schmitt-Triggers bezeichnet. Der 3 Operationsverstärker als Schalter
Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsspannung Wird ein OP ohne Gegenkopplung betrieben, so ist
wird in Bild IX-21 in Form der Übertragungskennlinie seine Leerlaufverstärkung V0 voll wirksam. Legt man
dargestellt. Die Flankensteilheit kann durch Parallel- den OP nach Bild IX-23 mit dem invertierenden
schalten eines Kondensators zu R1 verbessert werden. Eingang auf Masse und an den nichtinvertierenden
Sprunghafte Änderungen des Kollektorpotentials von Eingang eine variable Spannung, so ist diese Ein-
Transistor V1 wirken sich so schneller auf V2 aus. gangsspannung UE auch gleichzeitig die Differenz-
Bei dem lichtabhängigen Schwellenwertschalter nach spannung UD, die mit V0 verstärkt als Ausgangsspan-
Bild IX-22 wird der Schaltvorgang bei einer be- nung UA an den Ausgang des OP gelangt.
stimmten Beleuchtungsstärke ausgelöst. Durch die sehr hohe Leerlaufverstärkung (beim
Solange auf die Fotodiode V4 kein Licht fällt, ist idealen OP ist V0 = ∞) gelangt der OP schnell in die
diese hochohmig, V1 leitend und damit V2 gesperrt. Sättigung, daß heißt die Ausgangsspannung erreicht
Fällt ausreichend Licht auf V4, kippt der Trigger und schnell die positive oder negative Aussteuergrenze
das Relais K zieht an. des jeweiligen OP nach Bild IX-24.
Als Hilfe zur Berechnung eines Schmitt-Triggers
können folgende Überlegungen dienen: R1
Ruhelage 1:
V1 gesperrt, V2 leitend mit UE < UE1
UE UA
Einschaltspannung
U E1 = U RE2 + U BE1 = I C2 ⋅ R E + U BE1 (IX.16)

U B − U CE sat Bild IX-23 Nichtinvertierender OP als Schalter


Kollektorstrom I C2 = (IX.17)
RC2 + R E  Beispiel: Die Aussteuergrenze eines OP soll UA = ±12 V und die
Leerlaufverstärkung V0 = 105 betragen.
Ausgangsspannung U A = U RE2 + U CE sat2 (IX.18) Es gilt: UA = UD ⋅ V0 ⇒ UD = UA/V0 = ±12 V/105 = ±0,12 mV
IX Elektronische Schalter, Kippstufen 421

UA so kehren sich die oben dargestellten Überlegungen


um (siehe Bild IX-26).
Der Schaltpunkt dieser Schwellwertschalter liegt also
bei einer Spannung UE nahe 0 V.

4 Kippschaltungen
–UE UE
mit Operationsverstärker
4.1 Triggerschaltungen
Bild IX-24 mit Operationsverstärker
Übertragungskennlinie
eines Komparators nach Ein Schwellwertschalter ohne Hysterese ist in der
–UA Bild IX-23 Praxis kaum verwendbar, denn die dem eigentlichen
Signal überlagerten Störspannungen führen zum
Demnach reicht eine Eingangsspannung von mehrfachen Umschalten.
± 0,12 mV aus, um den OP an die jeweilige Aussteu-
ergrenze zu bringen. Der Signalwechsel am Ausgang R3
Bild IX-27
findet also theoretisch immer beim Polaritätswechsel Schwellwertschalter
der Eingangsspannung statt. Der OP realisiert einen R1 mit Hysterese
Komparator ohne Hysterese (Komparator = Span-
nungs-Vergleicher; to compare: engl. = vergleichen).
UE UA
R1
R2

UE
UA Durch Mitkopplung lassen sich Schaltungen realisie-
ren, die diese Hysterese aufweisen. In der Schaltung
nach Bild IX-27 wird die Spannung am Widerstand
Bild IX-25 Schaltung eines invertierenden R2 mitgekoppelt. Weil die Eingangsspannung auf den
Komparators invertierenden Eingang geführt wird, heißt diese
Schaltung „Invertierender Komparator mit Hyste-
rese“.
UA Bild IX-26 Die Ausgangsspannung kann nur zwei definierte
Übertragungskennlinie Werte annehmen, nämlich UA ≈ ± UB.
eines invertierenden R2
Komparators Mitkopplungsspannung U R2 = U B ⋅ (IX.23)
R 2 + R3
Wenn das Eingangssignal UE den Wert von UR2 er-
reicht, kippt die Ausgangsspannung von + UB nach
–UE UE
– UB um. Der Grund liegt darin, daß die Differenz-
spannung UD ihren Nullpunkt durchläuft. Nun liegt
der nichtinvertierende Eingang wegen des Span-
nungsteilers aus R2 und R3 auf einem negativen
Potential, nämlich auf – UR2.
–UA
UA Bild IX-28
Natürlich ändert sich die Ausgangsspannung nicht in Übertragungsverhalten
unendlich kurzer Zeit. Die Anstiegsgeschwindigkeit eines Komparators mit
(slew rate) der Ausgangsspannung des OP 741 liegt Hysterese
zum Beispiel bei 1 V/ms, daß heißt, der Wechsel der
Ausgangsspannung von der positiven zur negativen
Aussteuergrenze (und umgekehrt) dauert im obigen
Beispiel ca. 24 ms. Außerdem muß eine zusätzliche –UE UE2 UE1 UE
„Erholzeit“ infolge der Übersteuerung des OP be-
rücksichtigt werden.
Legt man nach Bild IX-25 den nichtinvertierten Ein-
gang auf Masse und an den invertierten Eingang die
Eingangsspannung nach nebenstehender Schaltung, –UA
422 Elektronik

Wenn das Eingangssignal den Wert von – UR2 er-  Beispiel: Ein invertierender Komparator (mit idealem OP) soll
für die Schaltpunkte UE1 = 10 V und UE2 = 8 V berechnet werden.
reicht, kippt die Ausgangsspannung von – UB nach Die Aussteuergrenzen des OP liegen bei UA = ± 12 V. R3 = R4 =
+ UB um. Die rückgekoppelte Spannung UR2 des 100 kW und R2 = 33 kW.
Spannungsteilers stellt also die Ein- und die Aus- Zu bestimmen sind die Referenzspannung, die Mitkopplungsspan-
schaltschwelle des Komparators dar. nung U2 und der Wert von R2.
Das Übertragungsverhalten des Komparators ist in Lösung:
Bild IX-28 dargestellt. Die Schaltpunkte liegen sym- In zwei Schaltbilder sind die Potentiale unmittelbar vor dem Signal-
metrisch um das Nullpotential. Der Betrag der wechsel von UA einzutragen. Daraus kann man erkennen:
Die Hysterese beträgt 2 V. Die Spannung am Punkt A verändert
Schalthysterese ist also die Summe aus UE1 und UE2 sich nur um 1 V infolge der Spannungsteilung durch R3 und R4,
und läßt sich berechnen als wenn sich die Eingangsspannung von 10 V auf 8 V ändert.
Dieselbe Spannungsänderung muß durch die Mitkopplungsspan-
R2
Hysteresespannung UHy = 2 ⋅ UB ⋅ (IX.24) nung U2 erfolgen; somit muß U2 = 0,5 V sein.
R2 + R3 Damit kann R2 als Teilerwiderstand berechnet werden. Wegen R3
= R4 und theoretisch unendlich großem OP-Eingangswiderstand
Sollen die Schaltpunkte nicht symmetrisch um das ist UR3 = UR4.
Mit UD = 0 V gilt im Schaltaugenblick: UR3 = 10 V – 0,5 V =
Nullpotential liegen, muß der jeweils benutzte Ein- 9,5 V. Damit ergibt sich als Referenzspannung URef = – 9 V!
gang auf den gewünschten Spannungswert (Referenz-
spannung) mit umgekehrtem Vorzeichen gelegt (vor- UB
gespannt) werden.
R5 R3
UA Bild IX-29
Übertragungs- R1 R4
kennlinie eines I
Komparators mit Q
einstellbarer UE
Schaltschwelle UA
R2
–UE UE2 UE1 UE
Bild IX-31 Komparator mit einstellbarer Schalt-
schwelle und einstellbarer Hysterese

UA Bild IX-32
–UA
Übertragungskennlinie zum
Komparator nach Bild IX-31
–URef Bild IX-30
R4 Komparator mit frei
wählbaren Schaltpunkten

R3 A

R1 –UE UE2 UE1 UE


UE
UA
Die Schaltung nach Bild IX-31 zeigt einen in-
U2 R2 vertierenden Komparator, bei dem Schaltschwelle
und Hysterese mit Hilfe der Potentiometer R5 und R3
eingestellt werden. Der OP liegt an einer unsym-
metrischen Versorgungsspannung, so daß die Aus-
gangsspannung UA entsprechend der Übertragungs-
Die Ausgangsspannung UA ist wiederum die positive kennlinie nach Bild IX-32 maximal zwischen 0 V und
oder negative Aussteuergrenze des OP. UB springen kann.
Die Übertragungskennlinie nach Bild IX-29 zeigt das
4.2 Astabile Kippstufe
prinzipielle Schaltverhalten. Der OP in der Schaltung
nach Bild IX-30 schaltet um, wenn das Potential am
mit Operationsverstärker
Punkt A den Wert Null durchläuft. Mit den Wider- Beschaltet man den Eingang eines invertierenden
ständen R1 und R2 sind die Ein- und Ausschaltpunkte Komparators (mit Hysterese) nach Bild IX-33 mit
im Zusammenhang mit R3 und R4 einstellbar. In einem RC-Glied, das seine Spannung vom Ausgang
dieser Schaltung sind die Schaltpunkte völlig frei des OP bezieht, so erhält man eine astabile Kipp-
wählbar. stufe.
IX Elektronische Schalter, Kippstufen 423

Die Mitkopplungsspannung U2 hat dieselbe Polarität Die Ausgangsspannung wird für eine bestimmte Zeit
wie die Ausgangsspannung und wird durch den ti auf einem bestimmten Pegel gehalten. (Timer, Zeit-
Spannungsteiler erstellt. glied).
Die Polarität der Ausgangsspannung wird von der
Bild IX-33 Richtungslage der Diode V1 bestimmt.
R3
Astabile Kippstufe
U A + 0, 7 V
OP1 mit OP Impulsdauer t i = R3 ⋅ C1 ⋅ ln (IX.27)
U A − U2
Abgerufen wird hier die Zeit ti, indem man für einen
R1 Moment den nichtinvertierenden Eingang des OP
negativer als den invertierenden Eingang macht. Da-
UA durch kippt der OP am Ausgang auf – UA, der nicht-
invertierende Eingang wird somit auf – U2 gelegt, und
uC U2 R2 der Kondensator lädt sich nach Bild IX-35 um. Wird
C uC = – U2, so kippt der OP erneut.

Der Kondensator lädt sich über den Widerstand R3 UE


auf die Spannung UA auf. Erreicht die Kondensator-
spannung uc den Wert von U2, so kippt der Ausgang, t
und der Kondensator lädt sich in die andere Richtung
um. Dieser Vorgang wiederholt sich kontinuierlich. UA
U + U2 U2 > 0,7V
Impulsdauer t i = R3 ⋅ C1 ⋅ ln A (IX.25) U2
ue
U A − U2
0,7V
Da ti = tp ist und somit T = 2 ⋅ t und außerdem U2 t
ersetzbar ist, erhält man für die –U2
uc
Periodendauer –UA
ti trec (umladen über R3)
⎛ R ⎞
T = 2 ⋅ R3 ⋅ C1 ⋅ ln ⎜ 1+ 2 ⋅ 2 ⎟ (IX.26)
⎝ R1 ⎠
Bild IX-35 Liniendiagramm einer monostabilen
Mit f = 1/T läßt sich die Taktfrequenz der astabilen Kippstufe
Kippstufe berechnen. Die Ausgangsspannung ist eine
Rechteckspannung mit positiver und negativer Am- Der Kondensator lädt sich aber jetzt nur auf die
plitude (Rechteckgenerator). Schleusenspannung US der Diode, so daß ein weiterer
Kippvorgang nicht ausgelöst wird. Wird die Diode
4.3 Monostabile Kippstufe umgepolt, so ist der Ablauf genau umgekehrt zu
mit Operationsverstärker verfolgen. Die Zeit trec, die der Kondensator benötigt,
um sich von – U2 auf US aufzuladen, sollte bis zum
Schaltet man parallel zum Kondensator C1 nach nächsten Abrufen des Zeitgliedes verstreichen, da
Bild IX-34 eine Diode V1, dann sorgt die Schleusen- sonst ti nicht immer gleich ist.
spannung US der Diode dafür, daß der Kondensator
sich nur in einer Richtung bis zur Mitkopplungsspan-
nung U2 laden kann (Voraussetzung: U2 > US gewählt). 4.4 Bistabile Kippstufe
Die Schaltung kann nur nach einem der beiden Lade- mit Operationsverstärker
vorgänge kippen. Es handelt sich also um eine mono-
stabile Kippstufe. Eine bistabile Kippstufe mit OP stellt die Schaltung
nach Bild IX-36 dar.
R3 Bild IX-34
Monostabile +U Bild IX-36
Kippstufe Bistabile Kippstufe
R2 mit OP
mit OP Reset
UC R1
R1
A
UA

UE V1 C1
R2 Set R3
R4
424 Elektronik

Die Wirkungsweise der Schaltung ergibt sich aus UB


dem Aufbau. Der Schaltungsaufwand ist sehr gering
1
gegenüber dem Aufwand, der betrieben werden muß R1
bei der Realisierung einer solchen Schaltung mit V2
555
Transistoren. Auch die Schaltschnelligkeit des OP ist
UTr uc
deutlich höher.
UA C
22
CB
100k
5 Zeitgeber 555
V1
Monostabile und astabile Kippschaltungen lassen sich
für zahlreiche Anwendungen mit einer integrierten Bild IX-39 Nachtriggerbarer Timer mit dem IC 555
Standardschaltung realisieren, die als Zeitgeber mit
der Typenbezeichnung IC 555 (Bild IX-37) bekannt Das „Nachtriggern“ wird solange fortgesetzt, bis eine
ist. ausreichend lange Impulslücke auftritt. Die Verweil-
zeit t′i nach dem letzten Impuls hängt allerdings auch
1 von VCC ab.
VCC
Der IC 555 ist auch als astabile Kippstufe einsetzbar.
Trigger/Set Discharge Während der Impulsdauer ti ist die Ausgangsspan-
Output Threshold
nung Ua ≈ VCC. Impulsdauer ti und Pausendauer tp
sind unabhängig voneinander einstellbar.
Reset Control
Voltage
Bild IX-37
IC 555 Belegungsplan UB
CMOS-Version 7555 eines IC 555
1 R1
Der Timer-IC 555 ist in der Schaltung nach Bild
IX-38 als monostabile Kippstufe beschaltet. Die 555
Verweilzeit ti hängt nur von dem zeitbestimmenden
RC-Glied und nicht von der Betriebsspannung des IC R2
ab. Pin 2 ist der „Set“-Eingang, der auf die negative Ua
Flanke des Set-Signals reagiert.
CB C
UB
1
R1 Bild IX-40 Astabile Schaltung mit dem IC 555
555
UB
C uC
UTr UA R1 1

CB 555
A

Bild IX-38 Timer-IC 555 als monostabile Kippstufe


CB
An Pin 5 ist stets ein Kondensator CB = 10 nF gegen
Masse zu schalten. Bei einer Versorgungsspannung
von VCC = + 5 V ist der Ausgang TTL-kompatibel; Bild IX-41 Lichtabhängiger Trigger mit dem IC 555
während der Verweilzeit ti ist Ua ≈ VCC. Die Zeit kann
zwischen 1 ms und ca. 15 min liegen. Für die astabile Schaltung nach Bild IX-40 gelten
folgende Regeln:
Verweilzeit ti = R1 ⋅ C ⋅ ln 3 (IX.28)
Impulsdauer t i = ( R1 + R2 ) ⋅ C ⋅ ln 2 (IX.29)
Die einfache monostabile Kippstufe ist in der Schal-
tung nach Bild IX-39 zu einer nachtriggerbaren mo- Pausendauer t p = R2 ⋅ C ⋅ ln 2 (IX.30)
nostabilen Kippstufe erweitert worden. Gibt man Als Trigger wird der IC 555 in der Schaltung nach
innerhalb der Verweilzeit ti einen erneuten Impuls mit Bild IX-41 verwendet. Fällt Licht auf den Fototransi-
negativer Flanke auf den Trigger (Pin 2), so wird stor, wird er niederohmig, und die abfallende Flanke
dadurch das Rückkippen der KS verzögert. Bei einer triggert den IC 555, der aufgrund der Ausgangs-
schnellen Folge von Impulsen kann dadurch das spannung Ua ≈ VCC und des Ausgangsstroms (max.
Rückkippen der KS beliebig verzögert werden. 200 mA) unmittelbar ein Relais schalten könnte.
X Oszillatoren 425

6 Trigger TCA 345 A 10V


RPY63
Neben einer Vielzahl an Triggern, z.B. aus der R1
TTL-Typenreihe 74xx und der CMOS-Typenreihe 2
40xx, gibt es auch andere Trigger-IC-Typen. Der 1
TCA 345 A nach Bild IX-42 ist einfach in eine Bild IX-43
4
Schaltung zu integrieren und durch die Auswahl der TCA 345-
3 Applikation
Versorgungsspannung UB leicht entsprechend dem 5k6 R2 TCA 345A
als Dämme-
UI R3 rungsschalter
V
2k
1 7
I TCA Q 6
Hysterese
zugehörigen Diagramm auf bestimmte Schwellwerte
UEin
UCC 345 A 5 und zugehörige Hysteresespannungen einzustellen.
4 Die Schaltung nach Bild IX-43 zeigt einen Dämme-
3 UAus rungsschalter mit dem LDR RPY 63 und dem TCA
2 345 A.
1 Die Schaltung wird mit dem Poti R2 so abgeglichen,
2 4 6 8 10 12 14 16 UB daß bei Tageslicht (LDR niederohmig) die Eingangs-
V spannung des TCA größer als UEin ist, so daß der
Schaltzeichen,
allgemein
Ausgang (Pin 4) auf 10 V liegt. Dadurch wird ein
Schalten des Relais verhindert. Nach Einbruch der
Bild IX-42 TCA 345 mit Belegungsplan und Dunkelheit unterschreitet die Eingangsspannung den
Übertragungskennlinie Wert von UAus und das Relais zieht an.

X Oszillatoren

1 Allgemeines Deshalb wird ein Teil der Ausgangsgröße (Spannung


oder Strom) auf den Resonator zurückgeführt, so daß
Oszillatoren sind elektronische Schwingungserzeuger. die Schwingung des Resonators erneut angestoßen
Sie dienen zur Erzeugung von ungedämpften sinus- wird (Selbsterregung).
förmigen Schwingungen. Einsatzgebiete liegen vor in Eine Selbsterregung kann nur bei einer Phasengleich-
Sendern (Erzeugung der Hochfrequenz), Empfängern heit von Eingangs- und Ausgangsgröße entstehen,
(Bildung der Zwischenfrequenz), Meßgeräten (Sinus- daß heißt, es muß eine Mitkopplung vorliegen (Pha-
, Rechteckgeneratoren) und elektronischen Musikin- senbedingung).
strumenten (Synthesyser). Eine Mitkopplung hat als generelle Tendenz die Über-
Oszillatoren bestehen aus einem Verstärker und steuerung des Verstärkers zur Folge und liefert keine
einem Rückkopplungsnetzwerk, das meistens eine sinusförmige Ausgangsspannung mehr. Es muß also
Mitkopplung darstellt. Diese Rückkopplung muß be- eine Amplitudenbegrenzung vorgenommen werden.
stimmte Bedingungen erfüllen, damit Sinusschwin- Bildet man das Verhältnis von Ausgangsspannung ua
gungen entstehen. zur Eingangsspannung ue und nennt diese Verstärkung
Das Rückkopplungsnetzwerk besteht aus einem Re- v, so kann man auch das Verhältnis von rückge-
sonator und einer Anpassungsschaltung. Unter einem koppelter Spannung ur zur Ausgangsspannung ua bil-
Resonator ist ein schwingungsfähiges Netzwerk, zum den und nennt dieses Verhältnis Kopplungsfaktor K.
Beispiel ein Schwingkreis oder ein Schwingquarz, zu u
verstehen, das mit seiner Eigenfrequenz die Schwing- Grundbedingung v = a ur = K ⋅ ua (X.1)
frequenz des Oszillators bestimmt. Da ein Resonator ue
normalerweise verlustbehaftet ist, würde nach dem Das Produkt K ⋅ v bezeichnet man als Ringverstär-
Anschwingen die Ausgangsamplitude exponentiell kung. Die Ringverstärkung muß mindestens gleich
abnehmen, so daß eine gedämpfte Schwingung statt eins sein (K ⋅ v = 1), damit die Selbsterregung einset-
der gewünschten ungedämpften Schwingung zustan- zen kann (Amplitudenbedingung). Dieser Mindest-
de käme. Die Verluste der Schaltung müssen also wert reicht aus, um eine bestehende Schwingung zu
durch einen Verstärker kompensiert werden. erhalten (ungedämpfte Schwingung).
426 Elektronik

Ist die Ringverstärkung K ⋅ v < 1, kommt keine Der Oszillator schwingt mit der Frequenz f0, für die
Schwingung zustande oder eine vorhandene Schwin- diese Phasenschieberkette insgesamt genau eine
gung „reißt“ ab. Phasenverschiebung von 180° bewirkt. Die Phasen-
Ist die Ringverstärkung K ⋅ v > 1, schaukelt sich die verschiebung der einzelnen RC-Glieder ist nicht
Amplitude der Schwingung auf, und es treten durch gleich groß, da jeweils das folgende Glied das vor-
Übersteuerung Verzerrungen auf. ausgehende belastet.
Soll ein Oszillator anschwingen, muß die Ringver- Frequenz der Ausgangsspannung
stärkung K ⋅ v > 1 sein; nach dem Anschwingen je-
1
doch muß sich der Verstärkungs- oder Kopplungsfak- f0 = (X.2)
tor mit wachsender Amplitude „automatisch“ auf 6 ⋅ 2p ⋅ R ⋅ C
K ⋅ v = 1 verringern. Die Widerstände R1, R2 und rBE ergeben sich durch
Sind die Schwingungsbedingungen nur für eine Fre- den Verstärker. Deshalb sind die Widerstände R
quenz erfüllt, schwingt der Verstärker nur auf dieser danach zu dimensionieren.
einen Frequenz; die Schwingung ist sinusförmig.
Widerstandsbestimmung R = R1 R2 rBE (X.3)
2 Sinusgeneratoren (RC-Oszillatoren) 1
Rückkopplungsfaktor K = (X.4)
Bei sehr hohen Ansprüchen an die Genauigkeit der 29
erzeugten Frequenz wird als frequenzbestimmendes Um die Amplitudenbedingung zu erfüllen, muß der
Bauteil anstelle des Schwingkreises ein Schwing- Verstärkungsfaktor des Verstärkers generell → v ≥ 29
quarz eingesetzt. Die maximale Abweichung seiner sein.
Eigenschwingungen beträgt etwa 0,0001%.
RC-Oszillatoren werden vorzugsweise für den Fre- Bild X-2 +UB
quenzbereich von 0,01 Hz bis 500 kHz verwendet, da Phasenschieberoszillator RB
LC-Oszillatoren in diesem Bereich nur durch „un-
handlich“ große Induktivitäten (schlechte Güte, rela-
tiv hohes Gewicht) und Kapazitäten realisiert werden
RC
können.
Man unterscheidet zwei Arten von RC-Oszillatoren: R R R
V1
Phasenschieber- und Wien-Brücken-Oszillatoren. CB ua
C C C
+U B
R1
RC Die Kondensatoren und Widerstände der Phasen-
schieberkette können auch gemäß der Schaltung nach
V1 Bild X-2 vertauscht werden, ohne daß sich die Wir-
C C C kungsweise grundsätzlich ändert. Die Amplitudenbe-
ua
R R R2 RE grenzung erfolgt hier durch eine Verstärkungsrege-
CE lung. Bei großer Amplitude lädt sich der Kondensator
CB aufgrund der Gleichrichterwirkung der Basis-
Bild X-1 Prinzip des Phasenschieberoszillators Emitter-Strecke auf. Dadurch kommt es zu einer
Arbeitspunktverschiebung des Transistors, wodurch
Das Prinzip des Phasenschieberoszillators läßt sich die Verstärkung geringer wird, bis die Ringverstär-
nach Bild X-1 erläutern. Die Ausgangsspannung ua kung K ⋅ v = 1 (v = 29) ist.
einer Emitterschaltung ist gegenüber der Eingangs- Bei Phasenschieberoszillatoren ist die Amplituden-
spannung um 180° phasenverschoben. Um die Pha- stabilisierung sehr kritisch, da die Abstimmelemente
senbedingung (Mitkopplung) zu erfüllen, muß das
Rückkopplungsnetzwerk ebenfalls eine Phasenver-
schiebung von 180° zwischen der Ausgangsspannung
R
des Verstärkers und der rückgekoppelten Teilspan-
nung erzeugen.
Mindestens drei in Reihe geschaltete RC-Glieder sind ue
C
erforderlich, um diese Phasenverschiebung zu erzeu-
gen, da jedes Glied eine Phasenverschiebung von
weniger als 90° bewirkt. Im allgemeinen werden alle
Kondensatoren und Widerstände der Phasenschieber- R C ua
kette gleich groß gemacht. Eine Selbsterregung tritt Bild X-3
ein, wenn die am Poti RC abgegriffene Rückkopp- Wien-Brücke als Rück-
lungsspannung groß genug ist. kopplungsnetzwerk
X Oszillatoren 427

R oder C synchron veränderbar sein müssen. Die Fre- Mit R2 = 22 kW und R1 = 10 kW ergibt sich eine
quenzkonstanz dieser Schaltung genügt selten den Verstärkung Vu = 3,2, die zum Anschwingen aus-
Ansprüchen moderner Schaltungen. Aus diesen Grün- reicht. Die gegeneinander geschalteten Z-Dioden
den werden Phasenschieberoszillatoren in der Praxis parallel zum Widerstand R2 dienen hier zur Ampli-
wenig angewendet. tudenbegrenzung, führen also die Verstärkung auf
Eine wesentliche Verbesserung ergibt sich bei Ver- Vu = 3 zurück.
wendung einer Wien-Brücke als Rückkopplungsnetz-
werk. Die Wien-Brücke nach Bild X-3 ist ein fre- ue
quenzabhängiger Spannungsteiler. Die Schaltung
R R1=2R2
besteht aus der Reihenschaltung eines RC-Tiefpasses
mit einem RC-Hochpaß, wobei die Ausgangsspan-
nung ua am Hochpaß abgegriffen wird.
Bildet man mathematisch das Verhältnis von Aus- C ua
gangsspannung ua zur Eingangsspannung ue, ergibt
sich für eine bestimmte Frequenz eine maximale Aus-
gangsspannung und ein Phasenverschiebungswinkel
von 0° zwischen Aus- und Eingangsspannung. R C R2
u ( wRC ) 2 − 1
Daraus ergibt sich bei e = 3 + j und
ua wRC
Trennung von Real- und Imaginärteil die
Bild X-5 Wien-Robinson-Brücke als
1
Resonanzfrequenz f0 = (X.5) Rückkopplungsnetzwerk
2 p ⋅ RC
und die maximale Bessere Eigenschaften als die Wien-Brücke zeigt ihre
Weiterentwicklung zur Wien-Robinson-Brücke als
1 Rückkopplungsnetzwerk nach Bild X-5. Der Wien-
Ausgangsspannung bei f0 U amax = Ue (X.6)
3 Brücke ist ein fester, frequenzunabhängiger ohmscher
Wird ein Oszillator mit der Wien-Brücke aufgebaut, Spannungsteiler parallel geschaltet, dessen Widerstän-
darf der Verstärker zwischen Aus- und Eingangs- de R1 und R2 im Verhältnis 2:1 stehen. Im Resonanz-
spannung keine Phasenverschiebung haben. Es müs- falle ist die Ausgangsspannung dieser Brücke ua = 0 V.
sen also zwei Emitterschaltungen in Reihe verwendet Das Verhalten der Wien-Robinson-Brücke kommt dem
werden. Bei Verwendung eines Operationsverstärkers eines idealen Schwingkreises wesentlich näher.
muß die Rückkopplung auf den nichtinvertierenden
Bild X-6
Eingang erfolgen. Die Schaltung nach Bild X-4 zeigt C
Wien-Robinson-
einen Wien-Brücken-Oszillator mit OP, bei dem die
Oszillator mit OP
rückgekoppelte Spannung ur auf den nichtinvertie- R1
R
renden Eingang gelegt ist. Die Ausgangsspannung ua
der Schaltung ist hier die Eingangsspannung der
Wien-Brücke. ua
C R R4
R2
V2
V1
R2 C1
R1 R3

R Die Wien-Robinson-Brücke muß etwas verstimmt


betrieben werden, da ihre Ausgangsspannung im
C ua Resonanzfall gleich Null ist, also auch die Rückkopp-
lungsspannung gleich Null wäre. Die Verstärkerstufe
ur Bild X-4
R C muß eine relativ große Verstärkung haben. Die Schal-
Wien-Brücken-
tung nach Bild X-6 zeigt einen einfachen Wien-
Oszillator mit OP
Robinson-Oszillator.
Der Widerstand R2 nach Bild X-5 ist hier ersetzt
Die Verstärkung Vu des OP kann mit den Widerstän- durch die Reihenschaltung des Widerstandes R2 mit
den R1 und R2 eingestellt werden und muß, da der dem FET V1. Das Netzwerk aus Diode V2, Konden-
Kopplungsfaktor nach Gleichung X.6 bekannt ist, sator C1 und Poti R3 bewirkt eine Stabilisierung der
zum Anschwingen größer als 3 sein. Ausgangsamplitude.
428 Elektronik

Die Frequenz des Oszillators läßt sich durch Verstel- Die Frequenz f0 der Schwingungen hängt von dem
len der beiden Widerstände R verändern, die aller- Kondensator CT zwischen den Pins 5 und 6 und dem
dings Doppelpotentiometer mit guten Gleichlauf- Widerstand RT an Pin 7 beziehungsweise Pin 8 ab. Für
eigenschaften sein müssen. Widerstandswerte von 4 kW bis 200 kW ist die Tem-
peraturstabilität optimal; für den Kondensator werden
Werte zwischen 1 nF und 100 mF empfohlen.
3 Funktionsgeneratoren
Amplitude
Als Funktionsgeneratoren werden Signalgeneratoren
Ausg.
bezeichnet, die mindestens zwei verschiedene Aus- Sinus/Dreieck
100K RB
gangsspannungen mit jeweils unterschiedlichem Ver-
lauf erzeugen. Kompakte Geräte dieser Art werden in 33K 1 16 25K
breit gefächerten Qualitäts- und Ausstattungskategorien 25K 47K 2 15
S1
hergestellt. Die Signale können in den verschiedensten Offset 3 14
RA V+
4 13
Frequenzbereichen, mit unterschiedlichen Amplituden V+ 10K
CT 5 12 500Ω
und in variablen Anstiegs- oder Abfallzeiten bei den RT 6 11

Sägezahn- und Dreiecksignalen Verwendung finden. 7 10 Ausg.


Eine Dreieckspannung kann mit Hilfe eines Opera- 2μ 1K 8 9 1μF Rechteck
tionsverstärkers erzeugt werden, der als Integrierer
geschaltet ist und eine Rechteckspannung als Ein- Bild X-8 Schaltung zur Erzeugung von
gangsspannung hat. Sinussignalen
Sägezahngeneratoren erzeugen eine sägezahnförmige
Ausgangsspannung. Sie kann auf vielfältige Art er- Die Schaltung nach Bild X-8 zeigt die Standardbe-
zeugt werden. Die Ladekurve von Kondensatoren, schaltung zur Erzeugung von Sinussignalen, wobei
die mit einer Stromquelle, mit einem Unijunction- der Schalter S1 geschlossen sein muß. Das Poti an
Transistor UJT oder mit einem OP geladen werden, Pin 7 dient der Frequenzeinstellung. Wird der Schal-
können zu diesem Zweck benutzt werden. ter S1 geöffnet, werden dreieckförmige Signale
Rechteckgeneratoren können mit monostabilen Kipp- erzeugt. Ihre Amplitude ist etwa doppelt so groß wie
stufen, mit Schmitt-Triggern oder mit Operationsver- die der sinusförmigen Spannung.
stärkern hergestellt werden.
1 16 Bild X-9
Wird ein Funktionsgenerator gesucht, der alle diese 2 15 Widerstands-
Signalspannungen erzeugen soll, können integrierte 3 14
auswahl durch
Bauelemente wie zum Beispiel der IC 8038 oder der 4 13
Pegel-
XR 2206 verwendet werden. 5 12

R1 6 11
beschaltung
Multiplizierer 7 10
und Sinusformer 8 9
> 2V
R2 < 1V
Eing.-AM 1 16
Ausg. Symmetrie
2 15
Sinus/Dreieck Der XR 2206 kann nach Bild X-9 mit zwei verschie-
Ausg. Multipl. 3 14
Kurvenform denen Widerständen an den Pins 7 und 8 betrieben
V+ 4 13
werden. Je nach dem Pegel des logischen Signals an
Frequenz- 5 VCO 12 DV Pin 9 ist entweder der Widerstand R1 oder der Wi-
bestimmender
Kondensator 6 11 Synchronis.-Ausgang derstand R2 wirksam.
Frequenz- 7 10 Referenz.-
bestimmender Filterkondens. 16 Bild X-10
1
Widerstand 8 9 FSK-Eingang 2 15 V+ Impuls- und
3 14
Sägezahn-
Stromschalter 4 13
spannungs-
5 12
4,7K
Bild X-7 Pin-Belegung des integrierten R1 6 11
erzeugung
Funktionsgenerators XR 2206 7 10

8 9

Der XR 2206 ist ein monolithisch integrierter Funkti- R2


onsgenerator, der Sinus-, Rechteck-, Dreieck-, Rampen-
und Pulsfrequenzen von hoher Stabilität liefert. Die Die Schaltung nach Bild X-10 erzeugt Impuls- und
Ausgangssignale können durch eine externe Spannung Sägezahnspannungen. Impulsbreite und Tastverhält-
sowohl amplituden- als auch frequenzmoduliert werden. nis beziehungsweise Anstiegs- und Abfallzeit können
Allein durch die äußere Beschaltung kann die Arbeits- durch Wahl der Widerstände R1 und R2 zwischen
frequenz im Bereich von 0,01 Hz bis über 1 MHz 1% und 99% gewählt werden. Ihre Werte sollten
gewählt werden. Die Pin-Belegung zeigt Bild X-7. zwischen 1 kW und 2 MW liegen.
XI Schaltungstechniken 429

XI Schaltungstechniken

1 Integrierte Schaltungen also der Anzahl der Transistorfunktionen je Chip.


Möglich wird das durch die bereits in Abschnitt II.4
Integrierte Schaltungen (IC = integrated circuit) werden beschriebene Planartechnik.
in weiter zunehmender Zahl auf den Markt gebracht. Bei den monolythisch integrierten Schaltungen sind
Niedrige Herstellungskosten bei großen Stückzahlen, alle zum Funktionieren erforderlichen Bauelemente
hohe Zuverlässigkeit, geringer Platzbedarf und hohe der Schaltung, die auf einem konventionellen Vorbild
Arbeitsgeschwindigkeiten sind die wesentlichen Vor- mit diskreten Bauelementen beruht, in einen Halblei-
teile der integrierten Schaltungen im Vergleich zu terkristall hineindotiert, auch Bauelemente wie Kon-
Schaltungen mit diskreten Bauelementen. densatoren, Dioden, Transistoren oder Widerstände
Die Bauelemente eines IC und ihre Verdrahtung nach Bild XI-2. Neben bipolaren Transistoren werden
werden in einem gemeinsamen Fertigungsprozeß auf auch MOS-FET in Planartechnik (Abschnitt IV.2) in
einem einkristallinen Halbleiterplättchen aus Sili- monolythisch integrierten Schaltungen eingebracht.
zium (Chip) hergestellt. Diese Chips nach Bild XI-1 Im Kristall müssen die Einzelbauelemente durch
sind nur wenige Quadratmillimeter groß und werden Isolierschichten voneinander getrennt sein.
in ein Gehäuse eingebaut, wobei die Chipanschluß- Überwiegend werden npn-Transistoren in den IC
kontakte durch sehr dünne Drähte mit den „Pins“ des realisiert, da sie bessere elektrische Eigenschaften
Gehäuses verbunden werden. Aus Kostengründen haben und einfacher herstellbar sind als pnp-Tran-
werden möglichst viele Chips auf einer Silizium- sistoren. Die besondere Anordnung der einzelnen
scheibe (wafer) untergebracht. dotierten Bereiche ergibt sich aus technologischen
Die Komplexität der Schaltungen auf den Chips steigt Notwendigkeiten. Die Kontakte können nur auf der
stetig mit weiter voranschreitender Integrationsdichte, Siliziumoberfläche angebracht werden, und die Tran-
sistoren sind von p-dotierten Gebieten zur gegenseiti-
gen Isolierung umgeben, so daß sich immer in Sperr-
richtung liegende pn-Übergänge ergeben.

Bild XI-3
Monolythischer IC
Dual-Line-Gehäuse 1 und konventionelles
14 Pin (DTP 14) Vorbild
Metall- 1
bahnen
p p
n+ n n+ n n+ n SiO2
Kondensator Widerstand
Transistor
p-Si

Wafer Chips Bild XI-3 zeigt eine einfache Schaltung mit diskreten
Bauelementen und ihre Realisierung in monolythisch
Bild XI-1 Wafer, Chip und Bauform eines IC integrierter Technik.
Als Isolationsschicht zwischen der Siliziumober-
Anode Kathode
fläche und den Leiterbahnen dient eine SiO2-Schicht,
SiO2 die durch thermische Oxydation der Siliziumoberflä-
SiO2 che erzeugt wird. Weitere Leiterbahnschichten kön-
n+ p n nen auf ähnliche Weise darübergelegt werden, wäh-
n n
rend Löcher in der SiO2-Schicht zum Anschluß von
R p-Silizium D p-Silizium Kontakten eingebracht werden. Die Leiterbahnen
bestehen im wesentlichen aus Aluminium.
Auch bei den integrierten Schaltungen unterscheidet
Ermittler Basis Kollektor
man zwischen Bipolarschaltungen und MOS-
SiO2 SiO2
Schaltungen und ferner zwischen integrierten Ana-
n+
n p log- und Digitalschaltungen. Die Herstellungsverfah-
n n
ren sind zwar weitgehend identisch, aber während
p-Silizium p-Silizium man bei Analogschaltungen mit einigen hundert
C
Einzelbauelementen auf einem Chip auskommt,
Bild XI-2 Schichtenfolge der Bauelemente werden bei Digitalschaltungen einige hunderttausend
430 Elektronik

Tabelle XI-1 Integrationsgrade ( Fa. Siemens)

Integrationgrad Anzahl der Mittlere Anzahl System Mittlerer


Funktionen der Transistoren Flächenbedarf
in mm2
SSI 2 – 20 100 bipolar digital + analog 3
(small scale integration)
MSI 20 – 100 500 bipolar digital + analog 8
(medium scale integration) unipolar digital MOS-IC
LSI 100 – 50 000 < 100 000 bipolar digital + analog 20
(large scale integration) unipolar digital MOS-IC
VLSI > 100 000 unipolar digital
(very large scale integration) > 50 000 CMOS-IC > 30

Einzelbauelemente benötigt. Die Frage, ob bipo- schaltbilder beschrieben. Die Komplexität der Innen-
lare oder unipolare Systeme günstiger sind, läßt sich beschaltung eines einfachen Operationsverstärkers
nur über Nebenbedingungen klären, wie zum Beispiel (Abschnitt VIII) zeigt die Schaltung nach Bild XI-4.
die Integrationsdichte und die beabsichtigte Anwen- Andere integrierte Analogschaltungen dienen Rege-
dung. lungszwecken, in der Energieelektronik zum Zünden
Integrierte Schaltkreise in Bipolar-Technik kommen von Thyristoren und Triacs oder sind für zahlreiche
als Analog- und Digitalschaltungen zur Anwendung, Anwendungen in Rundfunk- und Fernsehgeräten
im ersten Fall als Verstärker (siehe Abschnitt VI) und entworfen worden.
im zweiten Fall als Schalter (siehe Abschnitt IX). Als Spannungsregler (TDB 78xx), Zeitgeberschaltungen
Vorteile gegenüber der MOS-Technik ist hier die Fä- (TDB 555), Drehzahlregler (TCA 955) und viele
higkeit zu nennen, große Ströme zu treiben und die mehr sind in der verfügbaren Bestellpalette enthalten.
kurze Schaltzeit beziehungsweise die hohe Grenzfre-
quenz der bipolaren Transistoren. Eingänge zum
+UD +UD
Widerstand
7 T3 p
Ausgang

n n n n p p
Eingänge

T1 n
T3 T2 n n
3 T1 T2 T4
2 Transistor T1 Transistor T2 Widerstand
0 (Multiemitter-
6 eingänge)

Bild XI-5 NAND-Gatter in TTL-Technik


T4
(Fa. Siemens)
1 Die integrierten Digitalschaltungen unterscheidet man
5 nach der Ausführungsform der Grundgatter und
4 spricht von Logikfamilien. Von den wichtigsten bipo-
Innenschaltungeines TL x741x
laren Familien (TTL = transistor transistor logic; ECL
= emitter coupled logic; I2L = integrated injection
Bild XI-4 Innenbeschaltung eines logic) werden zwei kurz behandelt (siehe Kapitel
Operationsverstärkers Datentechnik).
Bild XI-5 stellt ein NAND-Gatter in TTL-Ausfüh-
Integrierte monolythische Schaltungen für analoge rung dar. Die Eingänge des Gatters sind als mehrere
Anwendungen enthalten überwiegend widerstandsge- Emitter eines Transistors in der integrierten Schaltung
koppelte Verstärker ohne Koppelkondensatoren. erkennbar. Die einzelnen Bauelemente sind durch p-
Analogschaltungen setzen sich meist aus verhältnis- dotiertes Silizium voneinander getrennt.
mäßig einfachen Grundschaltungen zusammen, wie Eine Weiterentwicklung dieser TTL-Technik zu
sie in Abschnitt VI besprochen werden. Differenzver- höherer Integrationsdichte und verbesserten Schalt-
stärker werden aufgrund der Temperaturkompen- zeiten erbrachte die I2L-Technik. Über die zusätzlich
sation häufig verwendet. Die tatsächliche Innenbe- integrierten Komplementärtransistoren nach Bild XI-
schaltung ist für den Anwender nicht bedeutsam, 6 bekommen die eigentlichen Transistoren einen kon-
jedoch wird der innere Funktionsablauf und die stanten Strom, so daß die Schaltung frei von größeren
Wirkungsweise der Gesamtschaltung durch Block- Stromschwankungen bleibt. Die rasche Änderung des
XI Schaltungstechniken 431

+UD Kondensator Transistor


+UCC
Rext Masse
C1.1 C1.2 B1 C1.3 C2.1 C2.2 C2.3 B.2
+V Rext
Eingang
Gatter 1 Gatter 2 p p p Ausgang
PNP PNP n
C2.1 +UCC Glasträger
C1.1
C1.2 C2.2 n+ Masse
C1.3 C2.3
NPN B1 B2 NPN Gatter 1 Gatter 2 Basisvorwiderstand Leitung Kollektorwiderstand

Bild XI-8 Hybrid-Dünnschicht-Schaltkreis und


Bild XI-6 NAND-Gatter in I2L-Technik realisierte Schaltung
(Fa. Siemens)
Integrierte Schaltkreise in Hybrid-Technik (hybrid =
differentiellen Innenwiderstandes der Konstantstrom- gemischt) werden bei geringen Stückzahlen für kun-
quelle ergibt höhere Arbeitsgeschwindigkeiten. We- denspezifische Schaltungen eingesetzt. Wenn eine
sentlichster Vorteil der I2L-Technik ist jedoch, daß Schaltung zu viele passive Schaltelemente (Konden-
ungefähr 11mal soviele Gatter auf einer bestimmten satoren) enthält, so daß eine monolythisch integrierte
Fläche integriert werden können als bei der TTL- Schaltung nicht angezeigt erscheint, setzt man diese
Technik. Technologie ebenfalls ein. Dabei werden die passiven
Bauelemente auf eine isolierende Trägerplatte aus
+UD Glas oder Keramik aufgebracht. Sie existieren als
Si-Oxid Schicht auf der Oberfläche, Widerstände, zum Bei-
+UD Ausgang
spiel in Mäanderform. Transistoren und integrierte
Tp
Eingang Halbleiterschaltkreise werden in Form von Chips auf
Tp die Trägerplatte gebracht und durch dünne Gold- und
E Dp A
Dn Isol.-Zonen
Silberdrähte mit den anderen Teilen der Schaltung
Tn verbunden. Bei der Gesamtherstellung ist zwischen
Tn
Sn p-Wanne der Dickschicht- und Dünnschichttechnologie zu un-
Sn n-Si-Substrat terscheiden. Erstere benutzt man für kleinere Serien,
deren Schaltungsfunktionen flexibel sein sollen,
Bild XI-7 Inverter in CMOS-Technik (Fa. Siemens)
letztere für große Stückzahlen mit festen Schaltungs-
funktionenen. Dünnschichtschaltungen lassen sich für
Integrierte Schaltkreise in MOS-Technik bringen den
fast alle Anwendungsbereiche bis hin zur Höchstfre-
großen Vorteil mit, daß ein MOS-Transistor fast
quenztechnik herstellen. Bild XI-8 zeigt als Beispiel
leistungslos gesteuert wird (siehe Abschnitt IV.2).
einen Hybrid-Dünnschicht-Schaltkreis, der die darge-
Der Stromkanal mit den Source- und Drain-Gebieten
stellte konventionelle Schaltung nachbildet.
ist von den umgebenden p-Gebieten elektrisch iso-
liert. Da dieses auch beim Gate der Fall ist, stellt ein
MOS-FET ein selbstisolierendes Bauelement dar, das 2 SMD-Technik
nicht durch zusätzliche Maßnahmen im Chip von
anderen Bauelementen isoliert werden muß. Dieser Auch bei den Schaltkreisen mit diskreten Bauelemen-
und weitere Effekte sorgen dafür, das MOS-Schaltun- ten geht der Trend zu kleineren Schaltungsaufbauten
gen erheblich weniger Platz beanspruchen als gleich- mit höherer Bestückungsdichte und zur Automati-
artige bipolare Schaltkreise. Die CMOS-Technik sierung der Fertigung. In gedanklicher Fortentwick-
(C = complementary) ist heute die dominierende lung der Hybrid-Technologie kommt man von der
Technik bei den integrierten digitalen Schaltkreisen, Einsteck- zur Oberflächenmontage. Dazu mußten
weil sie leistungsarm ist und sehr hohe Integra- neue Gehäuseformen entwickelt werden.
tionsdichten ermöglicht. Im Bild XI-7 ist erkennbar, Oberflächenmontierbare Bauelemente nennt man
daß eine Aluminiumschicht den gesamten Chip SMD (surface mounted devices). Die Fertigungstech-
überzieht. Da direkte Kontaktierungen in den meisten niken zur Verarbeitung solcher Bauelemente nennt
Fällen nicht notwendig sind (isoliertes Gate), kann man SMT (surface mounted technology).
auf ausgeprägte Leiterbahnen verzichtet werden. Die Bedrahtete Bauelemente Bild XI-9
Schaltung in Bild XI-7 zeigt einen Inverter in CMOS- Einsteck- und
Technik. Oberflächen-
Die Aufteilung von integrierten Schaltungen in Stan- montage
dard-Schaltungen und in kundenspezifische Schaltun- Einsteckmontage Leiterplatte
gen ist fließend. Als Standard-Schaltungen werden IC SMD
bezeichnet, die jedem Anwender zugänglich sind und
ohne weitere Abänderung verwendet werden können. Leiterplatte
Kundenspezifische Schaltungen sind IC, die im Auf- Klebepunkt
trag von Anwendern auf der Grundlage spezieller SMD
technischer Vorgaben und Konzepte realisiert werden. Oberflächenmontage
432 Elektronik

Die oberflächenmontierbaren Bauelemente werden Bild XI-11


auf der gleichen Seite der Platine aufgebracht, auf der Gebräuchliche
sich die Leiterbahnen befinden. Deshalb lassen sie Magazintypen
sich auf beiden Platinenseiten montieren (Bild XI-9),
was bei der Einsteckmontage nur mit großem Auf-
wand zu bewerkstelligen ist. Die Bauelemente haben
keine oder nur sehr kurze Anschlußdrähte und sind in
ihren Abmessungen relativ klein. Die Platine muß Flächenmagazin
nicht mit Bohrlöchern für die Bestückung versehen
werden. Es sind alle Leiterplattenmaterialien geeig-
net; sowohl Keramiksubstrate als auch flexible Träger
werden eingesetzt. Die Leiterplatten können verklei- Stapelmagazin
nert werden, und es ergeben sich verbesserte Hoch- Stangenmagazin
frequenzeigenschaften.
Als Gesamtvorteile werden genannt: Miniaturisierung Linearmagazin
und Rationalisierung bei höherer und gleichmäßigerer
Qualität sowie Zuverlässigkeit. Bei den geringen Abmessungen der Bauteile und der
Allerdings werden sehr hohe Anforderungen an die großen Packungsdichte wirken sich Löt- und Klebe-
Positioniergenauigkeit und Zuverlässigkeit der Bestü- fehler oder Unregelmäßigkeiten im Lötvorgang
ckungsautomaten und die Löt-(Klebe-)verfahren besonders gravierend aus. Hier müssen Lötverfahren
gestellt. und Klebeverfahren sorgfältig ausgesucht werden.
Da zum Beispiel beim Wellenlöten die Platine mit
dem Bauteil kopfunter liegt, muß der Klebepunkt das
Bauteil sicher fixieren. Liegt zuviel Kleber unter dem
Kerko Bauteil, verschiebt es sich eventuell. Liegt zuwenig
Heißleiter Tantal-Ko MKT-Ko Simit 01
Kaltleiter Varisto Klebemittel an, hält das Bauteil beim Lötvorgang die
Varisto Position nicht ein, zumal die SMD-Bauteile vom
Lötmittel voll umflutet werden und der hohen Tem-
Trafo peratur des Bades ausgesetzt sind. Es muß also nach
dem Grundsatz „so wenig wie möglich, aber so viel
wie nötig“ verfahren werden.
Optokoppler CEREC SMD SOD 80 SOD 123 Bei Verwendung von Keramiksubstraten mit einem
Reflow-Lötvorgang kann auf Kleber ganz verzichtet
werden. Hier wird zunächst Lötpaste auf die Löt-
SOT 23 SOT 123
flächen aufgebracht, anschließend werden die Lötan-
schlüsse der Bauelemente in die Paste gedrückt und
SO 6 ... SO 20 L PLCC MIKROPACK schließlich die Paste durch Wärmeeinwirkung aufge-
schmolzen.
Bild XI-10 Gebräuchliche SMD-Gehäuse Bestückungsautomaten haben die Probleme der Kle-
berdosierung und der Lötungen praktisch gelöst.
Die neuentwickelten Gehäuseformen müssen den Zusätzliche Anforderungen an den Bestückungs-
Anforderungen hinsichtlich geringer Abmessungen, automaten müssen von Fall zu Fall entschieden und
geeigneter Lötanschlüsse, hoher Lötwärmebeständig- gelöst werden. So sollten möglichst alle Bauelemente
keit, automatengerechter Verpackung und automa- mit einem Bestückkopf bestückbar und eine genaue
tischer Bestückbarkeit gerecht werden. Bild XI-10 Plazierung der Bauelemente gewährleistet sein. Auch
zeigt einige bei der Fa. Siemens gefertigte SMD- sollte der Bestückungsautomat keine Auswirkung auf
Gehäuseformen. Nahezu alle diskreten aktiven und das Layout haben.
passiven Bauelemente sowie zahlreiche integrierte Welche Bestückungsautomaten eingesetzt werden,
Schaltungen gibt es mittlerweile in SMD-Gehäusen. hängt vor allem von der Zahl der zu bestückenden Pla-
Als Verpackungsart setzt sich zunehmend der Gurt tinen und der Häufigkeit des Platinenwechsels ab. Bei
gegenüber dem Magazin durch. Einige Magazinfor- der Pick-and-Place-Methode wird ein Bauelement nach
men zeigt Bild XI-11. dem anderen aufgesetzt, bei der Simultan-Methode da-
Für die SMD-Technik mußten neue Layoutregeln gegen werden mehrere Bauelemente gleichzeitig erfaßt
entwickelt werden, in denen berücksichtigt wird, wie und auf der Platine gleichzeitig abgesetzt, was hohe
die Platine gefertigt, geprüft, repariert und gewartet Stückzahlen ermöglicht. Bei einem Platinenwechsel
werden soll. werden dann aber hohe Rüstzeiten erforderlich.
XII Optoelektronik 433

XII Optoelektronik

1 Grundsätzliche Überlegungen 2.1 Fotowiderstand


(LDR – light dependent resistor)
Alle Halbleitermaterialien werden bei Energiezufuhr
von außen in Form von Wärme oder Licht niederoh- Fotowiderstände bestehen aus Halbleiter-Mischkri-
miger, da neue Ladungsträgerpaare gebildet werden, stallen als Basismaterial. LDR können sowohl an
die die Eigenleitfähigkeit erhöhen. Die Zahl der durch Gleichspannung wie auch an Wechselspannung be-
das auftreffende Licht freigesetzten Elektronen wird trieben werden, da sie ohne pn-Sperrschicht sind. Der
um so größer, je größer die Beleuchtungsstärke ist, Widerstandswert von Fotowiderständen wird mit
weil erhöhte Lichteinstrahlung eine Energiezufuhr zunehmender Beleuchtungsstärke kleiner. Ein LDR
bedeutet. Dieser Vorgang wird als „Innerer foto- hat bei einer bestimmten Lichtwellenlänge seine
elektrischer Effekt“ bezeichnet. größte Empfindlichkeit.
Trifft Licht auf eine pn-Sperrschicht, werden infolge Für die Herstellung von LDR, deren spektrale Emp-
der Energiezufuhr Kristallbindungen aufgerissen. Es findlichkeit im Bereich des sichtbaren Lichtes liegt,
entstehen bewegliche Ladungsträger-Paare, die in- werden als Halbleitermaterialien Cadmiumsulfid
folge des vorhandenen elektrischen Feldes sofort ab- (CdS) und Cadmiumselenid (CdSe) verwendet.
fließen. Dabei wandern die Löcher in die p-Schicht Die spektrale Empfindlichkeit von LDR aus Bleisul-
und die Elektronen in die n-Schicht. Ohne angelegte fid (PbS) und Indiumantimonid (InSb) liegt dagegen
äußere Spannung wird die p-Schicht zum Pluspol und im Infrarotbereich; die spektrale Empfindlichkeit von
die n-Schicht zum Minuspol einer Spannungsquelle. Germanium und Silizium liegt zwischen 800 nm und
Licht ist physikalisch gesehen eine elektromagne- 1600 nm.
tische Strahlung in einem bestimmten Frequenz-
–1,5
bereich. Dabei wird sichtbares Licht von nichtsicht- 9 +0,5
ca.6 14

0,6
barem Licht unterschieden. Das natürliche weiße
Sonnenlicht ist eine Mischung von elektromagne-

–9,6
tischen Schwingungen der verschiedensten Wellen-
längen. Wellenlänge und Frequenz sind zueinander
umgekehrt proportional. Die Energie der Lichtstrah- 15
lung ist der Frequenz proportional. Typischer Aufbau LDR 03
Die Farbanteile des Lichtes werden als Spektralfarben
Bild XII-1 Typischer Aufbau und Bauform
bezeichnet. Das unsichtbare Infrarotlicht (IR) hat eine
eines LDR
Wellenlänge l von 780 nm bis etwa 1000 nm. Rotes,
sichtbares Licht (780 nm bis 630 nm) schließt sich an,
Fotowiderstände haben die höchste Lichtempfind-
geht in orangefarbenes Licht (630 nm bis 590 nm)
lichkeit unter den fotoelektronischen Halbleiterbau-
über, während gelbes Licht (590 nm bis 560 nm) den
elementen. Bild XII-1 zeigt den typischen mäander-
farblichen Übergang zum Grünbereich (560 nm bis
förmigen Aufbau eines LDR.
490 nm) bildet. Über den Anteil an blauem Licht
Die wichtigsten Kennwerte von LDR sind der Dun-
(490 nm bis 440 nm) und violetter Spektralfarbe
kelwiderstand und der Hellwiderstand, der in den Da-
(440 nm bis 380 nm) endet der sichtbare Teil und
tenblättern meistens für eine Beleuchtungsstärke von
geht in den nichtsichtbaren Teil (380 nm bis 10 nm),
100 Lux angegeben wird.
dem ultravioletten Licht (UV) über.
10000
R
2 Optoelektronische Bauelemente Ω
Bauelemente zur Umwandlung elektrischer Größen in 1000
optische Strahlung und umgekehrt werden als opto-
elektronische Bauelemente bezeichnet. Man unter-
scheidet dabei zwischen lichtemittierenden (licht-
abstrahlenden) und lichtabsorbierenden (lichtaufneh- 100
menden) Bauelementen.
Bei einigen, im sichtbaren Licht arbeitenden Foto-
halbleitern führt auch die vom Auge nicht wahrge-
nommene infrarote Strahlung zu einer Änderung der 10
Leitfähigkeit. Hier werden für bestimmte Anwendun- 10 100 1000 10000 Ev
gen optische Filter verwendet, um deren Einflüsse lx
gering zu halten. Bild XII-2 Kennlinie des LDR 03
434 Elektronik

Die Kennlinie des LDR 03 zeigt Bild XII-2. Seine Ohne Beleuchtung fließt durch die pn-Sperrschicht
maximale Versorgungsspannung beträgt UB = 150 V einer Fotodiode wie bei jeder normalen Diode ein
und seine maximale Verlustleistung Ptot = 100 mW. Sperrstrom, der bei den Fotodioden meistens als
Dunkelwiderstand R0 = Widerstandswert nach 1 Mi- Dunkelstrom IR bezeichnet wird. Als Folge der Be-
0

nute völliger Abdunkelung; R0 > 10 MW leuchtung tritt ein zusätzlicher Fotostrom IFot auf, der
Hellwiderstand RH = Widerstandswert bei 100 Lux
oder 1000 Lux; RH100 = 500 W ... 50 kW 101
Beim praktischen Einsatz von Fotowiderständen muß
beachtet werden, daß der Widerstandswert einer
Änderung der Beleuchtungsstärke mit einer relativ lFot
hohen Trägheit folgt. Bild XII-3 zeigt prinzipiell die 100
μA
Einstellträgheit eines Silizium-LDR.
Dunkelwiderstand
20sec nach Lichtsperre
1000M
nach 5min Beleuchtung 10–1
RF mit E =
100M RF = f(t), E = Por.
(Ω) 500Lx
5Lx 5000Lx
10M 50Lx
10–2
1M

100k
5Lx
10–3
10k Hellwiderstand
50Lx
nach Einschalten
1k der Beleuchtung
500 500Lx mit E =
200 10–4
100
50 5000Lx 10–2 10–1 100 101 102 103
20 Ev
10
1 2 5 10 20 50 100 100(msec) lx
0,1 1 10 100 1000
(sec)
Bild XII-5 Zusammenhang zwischen Fotostrom
t und Beleuchtungsstärke
Bild XII-3 Einstellträgheit eines Silizium-LDR
104
Fotowiderstände sind daher nicht besonders gut für
IRo
einen Einsatz geeignet, bei dem schnelle Änderungen
pA
der Beleuchtungsstärke erfaßt werden müssen. Bei
E = 50 Lx benötigt dieser LDR eine Zeit von 100 ms,
um seinen Widerstandswert RF von 100 MW auf 103
10 kW zu mindern; bei E = 500 Lx noch eine Zeit von
15 ms.
Fotodioden werden in Sperrichtung an einer äußeren
Spannung betrieben; damit ist zu ihrem Betrieb nach
Bild XII-4 ein Vorwiderstand und eine Betriebsspan-
nung erforderlich. 102

2.2 Fotodiode und Fotoelement


UB

101
RV

UF 100
D1 0 20 40 60 80 100
Bild XII-4 TU
Fotodiode °C
mit Vorwiderstand Bild XII-6 Temperaturabhängigkeit einer Fotodiode
XII Optoelektronik 435

1,2 %
IFot 100
IFot(25°C)
Srel
1,0
80

0,8

60
0,6

40
0,4

0,2 20

0
–30 –20 –10 0 10 20 30 40 50 60 70 80°C 0
400 600 800 1000 1200 nm
TU
λ
Bild XII-7 Normierte Darstellung der Temperatur-
abhängigkeit einer Fotodiode Bild XII-8 Relative spektrale Empfindlichkeit der
Fotodiode BPW 32
linear mit der Beleuchtungsstärke ansteigt. Bild XII-5
zeigt den Zusammenhang zwischen Fotostrom und Lichteinfall
Beleuchtungsstärke. –
Wie jedes Halbleiter-Bauelement hat auch die
Fotodiode eine deutliche Temperaturabhängigkeit SiO2-Abdeckung
(Bild XII-6). Besser zu erkennen ist diese Abhän- p-Gebiet
gigkeit im Bild XII-7, deren Kennlinie das Verhältnis Instrinsic-Zone
normiert darstellt. Bei einer Änderung der Tempera-
tur kann der Korrekturfaktor abgelesen werden, mit Metallkontakt n-Gebiet
dem der bezogene Fotostrom multipliziert wird. +
Wie alle lichtempfindlichen Bauelemente haben auch Bild XII-9 Technologischer Aufbau einer
die Fotodioden eine spektrale Empfindlichkeit. Für pin-Fotodiode
die Fotodiode BPW 32 ist die relative spektrale
Empfindlichkeit in Bild XII-8 dargestellt. Die größte Beleuchtung erzeugten Ladungsträger-Paare viel
Empfindlichkeit dieser Fotodiode liegt bei einer schneller als bei den pn-Fotodioden in die p- bezie-
Wellenlänge von l ~ 800 nm, was etwa einer Farbe hungsweise n-Schicht abgesaugt. Diese größere Be-
zwischen Dunkelrot und Infrarot entspricht. weglichkeit der Ladungsträger verbessert das Schalt-
Dies ist auch bei den meisten anderen Typen von verhalten. Infolge der relativ breiten i-Schicht haben
Silizium-Fotodioden der Fall. Zu unterscheiden ist zwi- pin-Fotodioden wesentlich höhere Sperrspannungen.
schen den pn-Fotodioden und den pin-Fotodioden. Sie liegen bei UR ~ 50 V bis 100 V. Die Fotoströme
Der großflächige pn-Übergang bei den Fotodioden sind bei den pin-Fotodioden nur etwa halb so groß
hat eine große Sperrschichtkapazität zur Folge. Daher wie bei den pn-Fotodioden.
liegen die Schaltzeiten von pn-Fotodioden im Bereich In den letzten Jahren haben pin-Fotodioden eine
von Mikrosekunden. steigende Bedeutung erlangt. Sie werden zum Bei-
Um die Sperrschichtkapazität zu verkleinern, wurden spiel aufgrund ihrer hohen Empfindlichkeit im Infra-
die pin-Fotodioden entwickelt, deren Schaltzeiten im rotbereich und wegen ihrer kurzen Schaltzeiten bei
Nanosekunden-Bereich liegen (Abschnitt II.4.4). der Fernsteuerung mit moduliertem Infrarotlicht ein-
Bild XII-9 zeigt den technologischen Aufbau von gesetzt.
pin-Fotodioden, bei denen sich zwischen den sehr Fotodioden können wegen des gleichartigen techno-
dünnen p- und n-Schichten eine breite Intrinsic- logischen Aufbaues und des gleichen Funktions-
Schicht befindet. Wegen der daraus resultierenden prinzips auch als Fotoelemente betrieben werden.
hohen Feldstärke in dieser Schicht werden die bei Sie arbeiten dann im IV. statt im III. Quadranten des
436 Elektronik

II IF I reflex-Schicht“ (schwarzblaue Oberfläche) versehen,


damit möglichst viel Licht eindringen kann. Zur
Erzeugung höherer Leistungen werden solche Zellen
parallel und in Reihe zusammengeschaltet.
Hundert solcher Solarzellen erbringen eine elektri-
–UF/V UF/V
sche Leistung von 100 W unter der Bedingung, daß
0,3
E = 0Lx
5 0,1 0,2 0,4 die Strahlungsleistung der Sonne 1000 W/m2 beträgt.
200Lx Der Wirkungsgrad liegt folglich bei 10%. Zur Ener-
10
400Lx gieumwandlung trägt bei Verwendung von Silizium
15
nicht nur das sichtbare Licht bei, sondern nach
600Lx 20 Bild XII-12 auch Licht mit höherer Wellenlänge.
800Lx 25 Die Kennwerte von Fotoelementen, wie Leerlauf-
1000Lx 30 spannung U0 und Kurzschlußstrom IK lassen sich mit
den Meßschaltungen nach Bild XII-13 ermitteln.
III IR/pA IV
Bild XII-10 Vier-Quadranten-Kennlinienfeld mV
700 70
einer Fotodiode

Leerlaufspannung U0
600 60

μA
Kurzschlußstrom IK
IK U0
Kennlinienfeldes (Bild XII-10). Infolge der Ladungs- 500 50
trennung in der pn-Schicht durch das einfallende Licht
400 40
und mit Unterstützung der Diffusionsspannung bildet U0
sich eine Spannung in Durchlaßrichtung, daß heißt, es 300 30
ist keine äußere Betriebsspannung notwendig. 200 20
Legt man einen Widerstand an die Kontaktierung der IK
100 10
p- und n-Schichten, fließt ein Strom, der in bezug auf
die Spannung negativ zu sehen ist. Damit hat man 0 0
eine Spannungsquelle, die Licht direkt in elektrische E
Energie umwandelt (Fotoelement, Solarzelle). Foto- Kennlinien eines Fotoelements Meßschaltungen
element und Solarzelle unterscheiden sich nur da-
durch, daß eine Solarzelle zur Erzeugung höherer Bild XII-13 Kennlinie und Meßschaltung
Leistungen vorgesehen ist. eines Fotoelementes

Licht n-Schicht Solarzellen werden in zunehmendem Maße für die


Energieversorung ortsfester Verbraucher mit niedri-
Metallelektroden
gem Verbrauch, wie zum Beispiel Leuchtbojen,
UA Sendeanlagen, Parkscheinautomaten in Großstädten,
pn-Übergang –
+
kleinere Wochenendhäuser, verwendet.

2.3 Fototransistoren
p-Schicht
C
Bild XII-11 Schnitt durch ein Fotoelement

Eine typische Solarzelle ist 10 cm × 10 cm groß und


E
besteht aus kristallinem Silizium. Der interne Aufbau
und die Kontaktierung der Anschlüsse ist in Bild C
XII-11 erkennbar. Die Oberfläche ist mit einer „Anti- B
C
% B
100 E
80 CdSe Si
60 Sonnen- E
40 spektrum
Bild XII-14 Ersatzschaltbild und Schaltzeichen von
20
0 Fototransistoren
400 500 600 700 800 900 1000 1100
sichtbares Wie jeder Transistor enthält auch der Fototransistor
Licht zwei pn-Übergänge, die lichtempfindlich sind, wes-
Wellenlänge λ
halb normale Transistoren in lichtundurchlässige
Bild XII-12 Strahlungsspektrum des Sonnenlichtes Gehäuse gegossen werden. Hier wird die Kollektor-
und Spektralempfindlichkeit von Basis-Sperrschicht als lichtempfindliche Schicht
Solarelementen benutzt. Die Wirkungsweise und damit das Ersatz-
XII Optoelektronik 437

schaltbild nach Bild XII-14 entspricht einer Fotodi- Technisch benutzt wird dieser Effekt in der Leucht-
ode parallel zur CB-Strecke. Der durch die freigesetz- diode, die auch als Lumineszenzdiode (LED = light
ten Ladungsträger hervorgerufene Strom wirkt wie emitting diode) bezeichnet wird. LED’s werden
ein Basisstrom. Die Lichtempfindlichkeit ist um den grundsätzlich in Durchlaßrichtung betrieben.
Verstärkungsfaktor B des Transistors größer als die
der Fotodiode. Der Basisanschluß kann herausgeführt 100
sein, was die Einstellung eines Arbeitspunktes er- % Vλ
leichtert und die Steuermöglichkeiten vergrößert. Irel 80

60
100
IC

red
hyper-red
pure-gree

super-red
orange
0lx
E=300 40

yellow
green
blue
20
10 1000lx
0
300lx 400 450 500 550 600 650 700
λ
1 100lx
Bild XII-16 Spektralkennlinien und
30lx
Strahlungsmaxima einiger LED’s

0,1 Grundmaterial für Leuchtdioden sind Gallium-Ver-


bindungen mit unterschiedlichen Dotierungen. Für
Bild XII-15 den Bereich des sichtbaren Lichtes werden grün-,
0lxKennlinien- gelb-, orange-, rot- und blauleuchtende LED’s gelie-
0,01
0 5 10 15 20 25 feld eines fert. Für den nichtsichtbaren Infrarotbereich werden
UCE Fototransistors verschiedene IRED (infrared emitting diode) angebo-
ten. In allen Fällen erstreckt sich das erzeugte
Das Ausgangskennlinienfeld des Transistors nach Lichtspektrum jeweils nur über einen schmalen
Bild XII-15 hat nicht mehr den Basisstrom IB als Bereich (monochromatische Leuchtquellen). Bild
Parameter, sondern die Beleuchtungsstärke E. Bei XII-16 zeigt die Strahlungsmaxima und die Spek-
E = 0 Lx fließt praktisch kein Kollektorstrom IC. Mit tralkennlinien einiger LED’s. Tabelle XII-1 gibt eine
größer werdender Beleuchtungsstärke steigt der Übersicht über die Zusammensetzung einiger LED’s
Strom an. Die IC-Achse im Kennlinienfeld ist mei- mit den zugehörigen Gallium-Verbindungen und
stens logarithmisch eingeteilt, da sich der Kollek- Dotierungsstoffen. Als Fremdatome dienen Zink-
torstrom um mehrere Zehnerpotenzen ändert. dampf (Zn + O), Stickstoff (N), Phosphor (P) oder
Die Schaltgeschwindigkeiten von Fototransistoren Silizium (Si).
liegen zwischen 2 ms bis 100 ms und sind damit klei- In der Prinzipschaltung nach Bild XII-17 ist der zur
ner als die der Fotodioden. Die Schaltgeschwindig- Strombegrenzung und Spannungseinstellung erfor-
keit ist um so niedriger, je kleiner der Lastwiderstand derliche Widerstand RV enthalten. Die erzeugte Licht-
und je größer die Amplitude des Lichtimpulses ist. stärke IV wird bei LED’s für den sichtbaren Licht-
Um die Lichtempfindlichkeit weiter zu erhöhen, kann bereich meistens in Millicandela (mcd) angegeben.
der Transistor auch als Darlington-Fototransistor Sie hängt nahezu linear von der Größe des Durch-
ausgeführt werden. laßstroms IF ab. Für den praktischen Betrieb von
LED’s ist der Zusammenhang zwischen IF und
2.4 Lumineszenzdioden UF von Bedeutung. Kennwerte einer Leuchtdiode
und Flüssigkristalle sind die Leuchtfläche, die Strahlungsleistung (Licht-
In den lichtemittierenden Fotohalbleitern wird elekt-
rische Energie in Strahlungsenergie umgewandelt. UB
Das geschieht im Bereich einer dünnen pn-Sperr-
schicht. Hierbei wandern etwa gleich viele Elektro- RV
nen von der n-Schicht in die p-Schicht wie Löcher
von der p-Schicht in die n-Schicht. Die n-Schicht ist
jedoch deutlich stärker dotiert als die p-Schicht. Dies
führt dazu, daß der Strom durch die Sperrschicht
fast vollständig ein Elektronenstrom ist. Die in die
p-Schicht gelangenden Elektronen rekombinieren mit UF
D1
den dort vorhandenen Löchern. Dabei wird Energie
frei, die je nach Ausgangsmaterial der Diode als sicht- Bild XII-17
bares Licht oder als Infrarotstrahlung nach außen tritt. LED mit Vorwiderstand
438 Elektronik

Tabelle XII-1 Übliche Zusammensetzung von LED’s und IRED’s

Werkstoff SiC GaP GaP GaAsP GaAs GaAsP GaAs GaAs


Schleusenspannung 2,7 V 2,4 V 2,2 V 1,6 V 1,4 V
Dotierung SiC stark schwach schwach mit P Zn + O Zn Si
mit N mit N mit N
Wellenlänge λ (nm) 480 565 590 625 650 700 900 930
Farbe blau grün gelb orange hellrot rot infrarot infrarot

20° 10° 0° 10° 20° 0° 10° teilreflektierender


reflektierende Belag
60° Rückfläche

1,0 P
1,0 30° 15...30°
N
0,9 1...2μm
0,8 50° austretender
0,8 40° Laserstrahl
0,7 50° 0,6 40°
Bild XII-19 Prinzipieller Aufbau einer Laserdiode
0,6 60° 30°
70° 0,4
0,5
80° zeigt den grundsätzlichen Aufbau einer Laserdiode
0,4 0,2 0 0,2 0,4 0,2 0 als Kantenstrahler. Wird das Licht impulsartig abge-
Richtcharakteristiken von LEDs strahlt, sind mit diesen Bauelementen Leistungen bis
ungefähr 100 W möglich. Sie eignen sich zur Nach-
Bild XII-18 Richtcharakteristiken von LED’s richten- und Datenübermittlung in Lichtwellenleitern.
Zur Abtastung von CD-Plattenspielern und als Lesestift
strom) und die Lichtstärke (Helligkeit). Die Schleu- in Scannergeräten werden sie ebenfalls benutzt. Laser
senspannung ist aufgrund anderer Ausgangsmateria- höherer Leistung sind zum Beispiel aus der Medizin
lien höher als bei Silizium-Dioden. (optisches Skalpell) nicht mehr wegzudenken.
Eine interessante und zukunftsträchtige Variante zur
Grenzwerte:
Anzeige von Informationen stellen die Flüssigkristal-
UR max = 5 V , IF max = 50 mA , le (engl.: liquid crystal) dar. Flüssigkristalle sind
Ptot = 100 mW , JJ max = 100 °C glasklare Flüssigkeiten, deren Moleküle einen regel-
mäßigen einkristallinen Aufbau aufweisen. Sie befin-
Durch entsprechende Form der aufgesetzten Kunst- den sich in einem speziellen Aggregatzustand, in dem
stoffkörper ist es möglich, den LED’s unterschiedli- Stoffe aus dem flüssigen in den festen Zustand über-
che Richtcharakteristiken zu geben. In den Bildern gehen. Flüssigkristallwerkstoffe zeigen bei Einwir-
XII.18a und XII.18b sind die Richtcharakteristiken kung eines elektrischen Feldes Veränderungen ihrer
für zwei Standardausführungen mit Öffnungswinkeln Kristallstruktur.
von 60° (breit) und 25° (gebündelt) angegeben.
Die Lebensdauer von LED’s und IRED’s liegt bei
normalen Betriebsbedingungen bei 100 000 h. Gerin-
ger Spannungs- und Strombedarf (je nach Typ 5 mA, Glassubstrat
10 mA oder 20 mA), kleine Abmessungen, einfache Abstandshalter
Montage und hohe Packungsdichte geben ihnen einen
sehr breiten Anwendungsbereich.
Da LED’s Schaltzeiten von 5 ns bis 20 ns haben, Flüssig-
kristall-
können sie auch zur Abstrahlung von sich sehr schicht
schnell ändernden Lichtsignalen verwendet werden,
zum Beispiel in Optokopplern (siehe Abschnitt
XII.4).
Bei den Laser-Dioden (engl.: light amplification by transparente
stimulated emission of radiation) wird das im pn- elektrisch
Übergang erzeugte monochrome Licht im Inneren des leitende
SnO2-Elektrode
Kristalls an den inneren Flächen verspiegelt und tritt
an der Stirnfläche mit relativ schmalem Aus-
trittswinkel, aber großer Lichtstärke aus. Bild XII-19 Bild XII-20 Prinzipaufbau einer LCD-Anzeige
XII Optoelektronik 439

Je nach Grundsubstanz gehen sie entweder vom RV D1 ... D3=1N4148


durchsichtigen in den weitgehend undurchsichtigen 150
Zustand über (wird meist verwendet) oder umgekehrt. D4
Dieses geschieht dadurch, daß ihre Moleküle sich in D1
bestimmter Weise ausrichten. D5 D6 D7
Nach Abschalten des elektrischen Feldes stellt sich +12V
der ursprüngliche Zustand wieder ein. Flüssigkristalle
leuchten nicht. Einfallendes Fremdlicht wird an den D8
undurchsichtigen Bereichen reflektiert und macht D2
damit die flächenmäßige Form der Elektroden des D3
elektrischen Feldes sichtbar. Mit Unterstützung von
Polarisationsfiltern und geschickt angebrachten Licht- D4 ... D8 = CQY 85
quellen kann der Prinzipaufbau nach Bild XII-20 Bild XII-23 Polaritätsanzeige mit Symbolen
vollendet werden. LCD-Anzeigen (liquid crystal dis-
play) werden in Uhren, Taschenrechnern und zahl-
reichen anderen Geräten verwendet. Bei wirksamen haben unterschiedliche Farbabstrahlungen, überneh-
Spannungen von 1,5 V bis 3 V und einem Strom in men den gegenseitigen Schutz und zeigen die jewei-
der Größenordnung von 1 mA werden Anzeigen mit lige Polarität farblich verschieden an.
sehr geringen elektrischen Leistungsanforderungen Bild XII-23 zeigt eine Schaltung, bei der LED’s so
erreicht. geschaltet sind, daß sie die Polarität in Symbolen
anzeigt. Ist zum Beispiel die Betriebsspannung posi-
tiv, so sind die Dioden D1 und D3 in Sperrichtung
3 Anzeigeeinheiten geschaltet. Auf diese Weise kann der Strom nur den
Weg über alle LED’s und die Diode D2 nehmen.
Bild XII-21 zeigt eine einfache Schaltung zur Kon- Ist dagegen die Betriebsspannung negativ, so fließt
trollanzeige der Betriebsspannung mit einer LED. der Strom über die dann in Durchlaßrichtung liegen-
Eine Umpolung der LED macht die Schaltung zur den Dioden D1 und D3 sowie über die LED’s D5
Anzeige einer negativen Betriebsspannung fähig. Soll bis D7.
eine solche Anzeige für Wechselspannung installiert
werden, muß die LED vor der hohen Sperrspannung
geschützt werden. a Bild XII-24
Eine antiparallel geschaltete normale Diode über- 7-Segment-Anzeige
nimmt diesen Schutz, da sie eine Schleusenspannung mit Leuchtdioden
b
von 0,7 V hat und darum die Sperrspannung an der f
LED unter 5 V hält. Die beiden LED’s in Bild XII-22
g
24V/50Hz
c
e
1k2

Kathode
CQY87 1N4148 Bild XII-21 d
Betriebs-
spannungs- Zur Darstellung einer beliebigen Dezimalziffer kann
anzeige man 7-Segment-Anzeigen nach Bild XII-24 verwen-
den. Für jedes Segment ist ein Anschluß (a bis g) nach
außen geführt, im vorliegenden Bild zusätzlich der
+10V Anschluß für die gemeinsame Kathode. Bei manchen
7-Segment-Anzeigen wird die gemeinsame Anode
herausgeführt, so daß die Anzeige mit negativen Span-
390 nungen angesteuert werden kann. In den Segmenten
sind LED’s angeordnet, deren Licht über Lichtleiter
Bild XII-22 nach außen geführt wird. Bild XII-25 zeigt eine 7-Seg-
CQY85 CQY87 Farbige ment-Anzeige in ihrer mechanischen Ausführung.
Polaritäts- Erhöht man die Anzahl der Segmente auf sechzehn,
anzeige können außer Ziffern auch Buchstaben und Sonder-
mit LED’s zeichen dargestellt werden. Diese Sechzehnsegment-
Anzeigen nach Bild XII-26 bezeichnet man als alpha-
440 Elektronik

Bild XII-25 IE IA IE IA
C C
7-Segment-Anzeige mit C
U U
Dezimalpunkt und LED’s
E
E E
LED Fototransistor LED Fotodiode

IE IA IE IA
C C
C C
U U
=LEDs B E
E
E E
1 2 LED B LED Darlington-
Fototransistor Fototransistor

8 9 10 11 3 Bild XII-27 Prinzipschaltbilder einiger Optokoppler

Die wichtigsten Kenngrößen sind das Stromübertra-


16 12
gungsverhältnis CTR (current transfer ratio), daß das
Verhältnis von Ausgangsstrom zu Eingangsstrom
7 15 14 13 4 Bild XII-26
beschreibt, und die Grenzfrequenz fg, bei der der
Darstellung der Segmente
AC-CTR-Wert auf 50% des DC-CTR-Wertes abge-
einer alphanumerischen
6 5 sunken ist. Bild XII-28 zeigt einige Optokoppler der
Anzeigeeinheit
Fa. Siemens mit Pin-Belegung, Bauform und innerer
Schaltung.
numerische Anzeigeeinheit. Diese Anzeigen werden
auch mehrstellig angeboten und können zu langen 7.62 5.7
Zeilen erweitert werden. 6.5 5.5 1min
6.3 0,8min
Bei der Realisierung solcher Anzeigen mit LED’s 3.5 3.3
stößt man auf ein gewichtiges Problem. Diese Dioden 0.35 0.9
0.25 18 0.6 3.3 2.9
haben eine Stromaufnahme von ca. 20 mA und ver- 7.62 0.55
vielfachen sich mit der Anzahl der verwendeten 8.82 0.45 2.54 typ
spacing
LED’s. Mehrstellige Anzeigen lassen die Stromver-
sorgung für kleine Geräte nahezu unlösbar werden. 1 6 Anode-1 6-Base
Baut man sowohl die 7-Segment-Anzeigen wie auch 2 5 Cathode-2 5-Collector
die alpha-numerischen Anzeigen mit Flüssigkristallen 3 4 N.C.-3 4-Emitter
auf, lassen sich sehr komplexe Anzeigeeinheiten mit CNF 17F
zahlreichen Zeilen und Stellen aufbauen, die infolge 1 6 Anode-1 6-
2 5 Cathode-2 5-Collector
ihrer geringen Leistungsaufnahme direkt an digitalen 3 4 N.C.-3 4-Emitter
IC mit hoher Integrationsdichte betrieben werden BRT 11H/M input circuit output circuit
können. BRT 23H/M 6-Anode 2
1 6 An.(+)-1
2 5 Cat.(–)-2 not definet
4 Signalübertragung mit Optokoppler 3 4 N.C.-3 5-Potential A1/A2
4-Anode 1
Optokoppler sind optoelektronische Koppelelemente
zur Signalübertragung bei galvanischer Trennung von Bild XII-28 Optokopplertypen (Fa. Siemens)
Ein- und Ausgang. Als Sender dient eine IR-Diode,
die über einen Lichtleiter direkt auf einen Empfänger Bei Optokopplern mit Fotodioden ergibt sich ein
strahlt. Als Empfänger dienen überwiegend Foto- CTR-Wert von ca. 1%, bei Fototransistoren kann der
dioden, Fototransistoren mit und ohne herausgezo- CTR-Wert 100% betragen. Werden im Optokoppler
gene Basis und Fototriacs. Die Schaltungen nach Darlington-Transistoren verwendet, steigt der CTR-
Bild XII-27 zeigen den prinzipiellen Aufbau einiger Wert auf bis zu 500%. Manche Optokoppler verfügen
Optokoppler. Zwischen Eingangs- und Ausgangsseite über eine Grenzfrequenz nahe bei 10 MHz. Bei Opto-
dürfen, je nach Bauform, Potentialdifferenzen bis zu kopplern mit einem Fototransistor als Empfänger
einigen kV bestehen. ergeben sich Schaltzeiten von ungefähr 3 ms.
In Optokopplern werden elektrische Signale in opti- Bei LED’s als Sender macht sich eine alterungsbe-
sche Signale umgewandelt und über eine Isolations- dingte Abnahme ihrer Strahlungsleistung über einen
strecke übertragen. Im Anschluß daran wird das längeren Zeitraum durch eine Verringerung des CTR-
optische Signal wieder in ein elektrisches Signal Wertes bemerkbar. Hohe Ströme und/oder hohe
umgewandelt. Der Optokoppler ist durch das System Umgebungstemperaturen sind der Grund dafür und
der Signalübertragung absolut rückwirkungsfrei. sollten vermieden werden.
XIII Analog-Digital-Wandler 441

Optokoppler lassen sich sehr günstig in Verbindung gnetischen Störungen und in der eindeutigen galva-
mit Digitalschaltungen verwenden. Sie werden in Inter- nischen Trennung zwischen Sender und Empfänger.
face-Schaltungen verwendet, um zum Beispiel eine Po- Bild XII-29 zeigt das Schema eines optischen Über-
tentialtrennung zwischen der Zentraleinheit eines Com- tragungssystems für den lokalen Bereich, hier eine
puters und seinen Peripheriegeräten herbeizuführen. Schnittstelle zwischen einer TTL-Technologie und
Wird die optische Kopplung zwischen Lichtsender und einer ECL-Technologie.
Lichtempfänger nicht im Inneren des Bauelementes, Die Anbindung der LWL an die LWL-Bauteile und
sondern über äußere Reflexstellen vorgenommen, die optomechanische Verbindung der LWL miteinan-
spricht man von Lichtschranken. Nur wenn das Licht der sind die eigentlichen Probleme dieser Technolo-
an einer geeigneten, dafür vorgesehenen Stelle reflek- gie, die sich aber durch hohe Präzision bei der Mon-
tiert wird, gelangt es an den Empfänger. Derartige tage bewältigen lassen.
Bauelemente werden auch Reflexsensoren genannt. Bild XII-30 zeigt das Prinzip der Montagetechnik für
In die Gruppe der Lichtschranken gehören auch die Ga- eine Plastik-LWL. Der LWL wird im Gehäuse durch
bellichtschranken, bei denen Lichtsender und -empfän- Klebeband oder einen Klebepunkt fixiert. Sende-
ger in getrennten Holmen eines U-förmigen Gehäuses oder Empfangsdiode sind im Gehäuse integriert.
integriert sind. Der Lichtstrahl kann durch einen dazwi-
schengeschobenen Gegenstand unterbrochen werden. Elektrische
Schnittstelle (z.B.
Gabellichtschranken werden zur Prozeßüberwachung TTL-ECL)
verwendet, aber auch in Alarmanlagen, Positions- Optische
Schnittstelle
meldern, zur Drehzahlüberwachung oder zur Infor- Sender (z.B.DIN-,SMA- Empfänger
mationsübernahme in Beleglesern (Scanner). Steckverbin.)
Eingang Ausgang

5 Faseroptische Übertragungsmittel
Treiber, Sende- Empfangs- Verstärker
Die optische Nachrichtenübertragung über Licht- Signalver- diode diode Signalauf-
wellenleiter (LWL) gewinnt ständig an Bedeutung. arbeitung bereitung
Um hohe Frequenzen realisieren zu können, wird als
Strahlungsquelle eine IR- oder eine Laserdiode und Bild XII-29 LWL-Übertragungsstrecke
als Empfänger eine Fotodiode verwendet. (Fa. Siemens)
Medien für die optische Übertragung sind Glas oder
Plastik. Zur Nachrichtenübertragung mit hohen Über- Gehäuse Reflektor
Faserum-
tragungsraten bei großen Entfernungen werden be- Faserkern mantelung
vorzugt Glasfasern verwendet. Plastikfasern dagegen
sind für niedrige Übertragungsraten im lokalen Be-
reich und zur Lösung vielfältiger Anwendungen in
der Steuer- und Regelungstechnik verwendbar. Bohrung Trägerband
Bedingt durch die gegenwärtige Fasertechnologie (Faser- Linse Chip (elektrische
aufnahme) Anschlüsse)
werden die aktiven LWL-Bauteile für die Wellenlän-
gen um 850 nm ausgelegt. Vorteile dieser Technik Bild XII-30 Sende- und Empfangsdioden für
liegen in der Unempfindlichkeit gegenüber elektroma- Plastik-LWL (Fa. Siemens)

XIII Analog-Digital-Wandler

1 Grundlagen ten Verfahren der Nachrichten- und Datentechnik


(Multiplexverfahren) eine Übertragungsleitung mehr-
Häufig werden physikalische Größen (Temperatur, fach ausgenutzt werden.
Druck, Längen, Drehzahl, u.a.) dezentral erfaßt und Um vorhandene analoge Signale in verwertbare
zentral ausgewertet, dargestellt und bearbeitet. Mit digitale Signale umzuwandeln, benötigt man Analog-
Hilfe entsprechender Sensoren erhält man die Meß- Digital-Wandler.
größe meist in analoger Form als Stromstärke oder Eine digitale Messung läßt sich als Zählvorgang begrei-
als Spannung. Ein digitales Signal läßt sich aber fen. Also kann man die analoge Größe in eine Impuls-
besser über größere Entfernungen ohne Signalwert- reihe mit bestimmter Frequenz umformen und diese Im-
fälschung übertragen. Außerdem kann mit bestimm- pulse dann in einer bestimmten Zeiteinheit zählen.
442 Elektronik

2 Spannungs-Frequenz-Wandler 3 Sägezahnverfahren
Zur Umformung einer Signalspannung in eine der Beim Sägezahnverfahren wird die analoge Spannung
Spannung proportionale Frequenz verwendet man ue mit einer linear ansteigenden Sägezahnspannung
einen Spannungs-Frequenz-Umsetzer (-Wandler) nach Bild XIII-2 verglichen. Die Komparatoren N1
nach Bild XIII-1. Der Operationsverstärker N1 ist und N2 vergleichen die Meßgröße und die Sägezahn-
hier als Integrator geschaltet, der die Spannung ue spannung miteinander. Sobald die Sägezahnspannung
über die Zeit integriert und damit eine negative Säge- ≥ 0 V wird, beginnt der Vergleich, denn nun liegt der
zahnspannung ua bewirkt. Je größer die Eingangs- eine Eingang des EXCLUSIV-ODER-Gatters (N3)
spannung ist, desto steiler ist der Anstieg der Aus- auf „H“, das UND-Gatter (N4) ist vorbereitet, und die
gangsspannung. Impulse des Rechteckgenerators (Oszillators) gelan-
Die Spannung Ue vergleicht der Operationsverstärker gen an den Ausgang A der Schaltung.
N2 (Komparator) mit der negativen Spannung UV des Wenn die Sägezahnspannung den Wert der Meß-
Spannungsteilers aus R2 und R3. Sobald ua den Wert größe ue erreicht, kippt der Komparator N1 am Aus-
UV erreicht, kippt der Komparator N2 und steuert den gang von „L“ auf „H“. Der Ausgang des EXCLUSIV-
Transistor V1 durch. Der leitende Transistor hebt die ODER-Gatters (N3) verändert sich auf „L“, und das
Vergleichsspannung auf nahezu 0 V an. Gleichzeitig UND-Gatter (N4) sperrt weiteren Impulsen des Recht-
entlädt sich der Kondensator C1 über den Transistor, eckgenerators den Durchgang zum Ausgang.
bis die Ausgangsspannung ua = 0 V wird.
R1 N1 N3
Dieser Vorgang führt dazu, daß der Komparator N4
erneut seine Ausgangsspannung umkehrt und nun den ue =1 A
&
Transistor sperrt. Damit beginnt der Integrationsvor- C1
gang der Meßgröße ue erneut.
N2
G
G
C1 0V
R1
N1 N2
R4 Bild XIII-2 Schaltung zum Sägezahnverfahren
ue ua V1
Die beiden Schaltpunkte der Komparatoren N1 und
R3 UV N2 begrenzen also die Zeitdauer Dt, während der die
f ~ ue Impulse gezählt werden. Bei linearer Sägezahnspan-
0V nung ist Dt der Meßgröße ue direkt proportional, und
R2 die Anzahl der Impulse entspricht der Höhe der
–UB
Eingangsspannung. Nach jeder Messung muß der
Bild XIII-1 Spannungs-Frequenz-Umsetzer Zähler auf Null zurückgesetzt werden. Das letzte
Zählergebnis kann mit einem Anzeigespeicher bis zur
Vorlage des nächsten Zählergebnisses festgehalten
Am Ausgang der Schaltung erhält man Impulse, deren
werden, um eine ruhende Anzeige zu ermöglichen.
Frequenz vom Wert der Eingangsspannung abhängt.
Es lassen sich Meßgenauigkeiten von etwa 0,1% des
Die Frequenz f ist proportional zur Spannung ue.
Endwertes erreichen. Um Oberwellen der Meßgröße
Da sich der Kondensator nur in einer endlichen Zeit
aus dem Meßergebnis herauszuhalten, ist ein Tiefpaß-
entlädt, kommt hier ein systematischer Meßfehler
filter am Eingang vorteilhaft.
zum Tragen.
ue
Erzeugte Frequenz f ≈ (XIII.1) 4 Dual-Slope-Verfahren
U V ⋅ R1 ⋅ C1
Beim „Doppelintegrationsverfahren“ (dual-slope-con-
unter der Bedingung für die Rückstellzeit verter) erfolgt die Umwandlung in zwei aufeinander
Du a ⋅ R 2 ⋅ C1 folgenden Schritten.
tR ⇒ << R1 ⋅ C1
UB Die Meßgröße ue wird während der konstanten vor-
gegebenen Zeit T1 integriert. Die Ausgangsspannung
Schaltet man hinter diesen Umsetzer einen digitalen
ua (Sägezahnspannung) ändert sich entsprechend der
Frequenzmesser, so wird die Gesamtschaltung zu
Gleichung XIII.2.
einem digitalen Spannungsmesser.
Für R1 = 100 kW, R2 = 700 W, R3 = 800 W, C1 = Ausgangsspannung
1,25 nF, UB = – 15 V und ue = 10 V ergibt sich nach 1
ua (t ) = − ⋅ u e ⋅ T1 (XIII.2)
Gleichung XIII.1 eine Frequenz von 10 kHz. Da die R1⋅ C1
Rückstellzeit nicht berücksicht ist, liegt der tatsäch- Bei konstanter Integrationszeit wird der Höchstwert
liche Wert niedriger. Der Spitzenwert von ua und UV der Ausgangsspannung ua durch den Wert der Ein-
liegt bei – 8 V. gangsspannung ue bestimmt.
XIII Analog-Digital-Wandler 443

ue nungen verglichen. Der hier dargestellte 3-Bit-AD-


D Umsetzer macht 7 Komparatoren und ebensoviele
G V1 C1 Vergleichsspannungen erforderlich, die über einen
SR1 N1 u Spannungsteiler erzeugt werden. Solange die ange-
a N2
D legte Meßspannung UE kleiner ist als die über R8
G V2
S T1 N3 abfallende Vergleichsspannung, zeigt der Ausgang
T2 A des Komparators N7 eine logische „0“ an, die in eine
URef &
logische „1“ übergeht, sobald die angelegte Meß-
Steuerlogik N4 spannung UE größer wird als die über R8 abfallende
G
T2 Vergleichsspannung. Dieser Trend setzt sich mit
N5 Oszillator größeren Meßspannungen UE entsprechend fort.
Ist die angelegte Meßspannung UE größer als die
Bild XIII-3 Dual-Slope-Verfahren Spannungssumme über den Widerständen R5 bis R8,
aber kleiner als die Spannungssumme über den Wi-
Im zweiten Schritt wird der Kondensator C1 über die derständen R4 bis R8, zeigt der Ausgang des Kompa-
Konstantspannungsquelle entladen. Die Ausgangs- rators N4 eine logische „1“ an, während der Ausgang
spannung ua des Integrators N1 in der Schaltung nach des Komparators N3 eine logische „0“ verzeichnet.
Bild XIII-3 ändert sich linear, bis der Komparator N2
Bild XIII-4 QA Q B QC
den Spannungswert Null feststellt. Die Entladezeit T2
richtet sich ausschließlich nach der vorher im Prinzipschaltung
eines X/Y-Decoder
1. Schritt aufgenommenen Ladungsmenge, also nach
dem Höchstwert von ua. Flash-Wandlers
Diese Entladezeit wird genutzt, um die Digitalisie-
rung der Meßgröße ue zu bewirken, indem der Oszil-
lator N4 während der Entladezeit T2 seine Impulse N7
auf den Ausgang gibt. N6
N5
Die Zählzeit T2 und die konstante Oszillatorfrequenz N4
N3
bestimmen die Anzahl der Impulse. N2
N1
ue UE
Zählzeit T 2 = ⋅ T1 (XIII.3)
U ref R1 R2 R3 R4 R5 R6 R7 R8
URef
Der Steuerlogik-Baustein bildet die Integrationszeit
durch Frequenzteilung aus dem Oszillator N4, hält Der X/Y-Dekoder ermittelt zunächst den Komparator,
den FET-Transistor V1 für die Integrationszeit T1 bei dem die Vergleichsspannung erstmalig größer ist
leitend und den FET-Transistor V2 gesperrt. Nach als die Meßspannung. Das wird durch eine UND-
Ablauf der Integrationszeit T1 gibt die Steuerlogik Verknüpfung eines jeden Komparators mit dem
ein „H“-Signal auf das UND-Gatter N3 und schaltet nächsten erfolgen. Mit weiteren Codierstufen erhält
die Transistoren um, so daß sich der Kondensator man hier das 3-Bit-Ausgangssignal an den Ausgän-
über die Konstantspannungsquelle Uref entlädt. Wäh- gen QA bis QC. Für einen 8-Bit-AD-Wandler sind
rend dieser Zeit T2 gibt auch der Komparator N2 ein 255 Komparatoren mit den entsprechenden Ver-
„H“-Signal an das UND-Gatter N3, so daß die Im- gleichsspannungen aufzuwenden.
pulse des Oszillators an den Ausgang gelangen. AD-Umsetzer nach diesem Verfahren mit parallelen
Der Zählvorgang beziehungsweise die Zeit T2 ist Komparatoren ermöglichen Umsetzfrequenzen von
beendet, sobald sich der Kondensator auf ua = 0 V mehr als 100 MHz. Diese Umsetzer werden als Flash-
entladen hat und der Komparator N2 ein „L“-Signal Wandler bezeichnet. Es gibt sie als IC-Bausteine
an das UND-Gatter N3 gibt, womit er weitere Im- (8- und 12-Bit-Umsetzer).
pulse unterdrückt.
Es lassen sich Meßgenauigkeiten von etwa 0,01% des 6 Wandler nach dem Wägeverfahren
Endwertes erreichen, wenn die Integrierzeit T1 durch
Das Wägeverfahren ist ein Vergleichsverfahren, bei
Frequenzteilung von der Oszillatorfrequenz bestimmt
dem die digitale Aussage an die gegebene analoge
wird. Die mittlere Umsetzungszeit liegt bei etwa
Eingangsgröße durch schrittweise Annäherung (suk-
5 ms. AD-Wandler nach diesem Prinzip haben eine
zessive Approximation) ermittelt wird.
große Verbreitung gefunden.
Die digitale Ausgangsgröße wird über einen Opera-
tionsverstärker, der als bewerteter Addierer geschaltet
5 Flash-Wandler ist, in die analoge Form (Treppenspannung) zurück-
Beim Verfahren mit parallelen Komparatoren nach versetzt und dann über einen Komparator mit der
Bild XIII-4 wird die angelegte Meßspannung UE mit analogen Meßgröße verglichen. Dabei wird zunächst
genau festgelegten Referenz- und Teilreferenzspan- das höchste Bit des Speichers auf „1“ gesetzt.
444 Elektronik

Tabelle XIII-1 Zahlenbeispiel zur schrittweisen Um- codierten Ausgängen, parallelen BCD-Ausgängen oder
setzung n-Digit-BCD-Multiplexausgängen unterschieden.
BCD-Ausgänge werden für die Ansteuerung von
1. Schritt 128 < 165 Q7 = 1 128 digitalen Anzeigeeinheiten verwendet, während dual
codierte Parallelausgänge für die digitale Datenverar-
2. Schritt 165 – 128 = 37 Q6 = 0 0 beitung mit Computern benötigt werden.
64 > 37 Alle Wandler sind durch zwei wesentliche Kenngrö-
ßen charakterisiert: die Auflösung und die Umsetz-
3. Schritt 32 < 37 Q5 = 1 32
zeit. Die Auflösung sagt aus, wie fein ein Analogwert
4. Schritt 37 – 32 = 5 Q4 = 0 0 von dem Wandler in einen Digitalwert umgesetzt
16 > 5 wird. Sie wird in Bit angegeben. 4 Bit entsprechen
einer Genauigkeit von ca. 7%, während 8 Bit eine
5. Schritt 8>5 Q3 = 0 0 Genauigkeit von 0,4% bieten und dem Standard
entsprechen. Die Umsetzzeit gibt an, wieviel Zeit der
6. Schritt 4<5 Q2 = 1 4 Wandler benötigt, um den Wert der anliegenden
5–4=1 Spannung in ein Digitalwort umzusetzen. Bei der
digitalen Bildverarbeitung werden extrem kurze
7. Schritt 2>1 Q1 = 0 0 Zeiten verlangt, während sie bei anderen Gelegenhei-
8. Schritt 1=1 Q0 = 1 1 ten eher von untergeordneter Bedeutung sind. Je nach
gewünschter Umsetzzeit werden die verschiedenen
Σ 165 Verfahren eingesetzt.
Mit sukzessiver Approximation arbeiten die AD-
Das Zahlenbeispiel (Tabelle XIII-1) soll die schritt- Wandler der ADC-08xx-Familie. Sie haben eine
weise Umsetzung des Wertes 165 bei einem 8-Bit- Auflösung von 8 Bit, eine Umsetzzeit von 100 ms und
AD-Wandler verdeutlichen. eine Zugriffszeit von 135 ns bei einer einfachen
Das Umsetzungsverfahren benötigt zwar viele Schritte, Versorgungsspannung von 5 V. Die Referenzspan-
arbeitet aber insgesamt wesentlich schneller als ein nung ist wählbar. Der Wandler ist für den direkten
Wandler nach dem Integrationsverfahren. Die mitt- Anschluß an den Mikroprozessor 8080 und seine
lere Umsetzungszeit beträgt für einen 10-Bit-AD- Verwandten konzipiert worden.
Wandler etwa 10 ms. Der von der Fa. Datel hergestellte ADC 847 hat bei
einer Auflösung von 8 Bit eine Umsetzzeit von 9 ms.
Der MAX132 der Fa. Maxim ist ein relativ langsamer
7 Integrierte Wandler 18-Bit-AD-Wandler mit seriellem Ausgang, der nach
Analog-Digital-Umsetzer sind als integrierte CMOS- dem Multi-Slope-Verfahren arbeitet. Es können bis
Schaltungen für vielfältige Anwendungen verfügbar. Je zu 100 Wandlungen pro Sekunde erfolgen. Er eignet
nach der vorgesehenen weiteren Verwendung der sich besonders für den Einsatz in Datenerfassungs-
digitalen Ausgangsgrößen werden diese ICs mit dual- systemen, Waagen und Schalttafel-Instrumenten.

XIV Digital-Analog-Wandler

1 Grundlagen 2 D/A-Wandler-Varianten
Um vorhandene digitale Signale in verwertbare ana- Eine einfache Schaltung eines 3-Bit-DA-Wandlers
loge Signale umzuwandeln, benötigt man Digital- mit Operationsverstärker zeigt Bild XIV-1. Es han-
Analog-Wandler. Diese Wandler stellen das unver- delt sich hierbei um einen invertierenden OP, bei dem
fälschte analoge Signal wieder her und ermöglichen die Eingangswiderstände entsprechend der Wertigkeit
seine analoge Weiterverarbeitung (zum Beispiel Ver- der digitalen Stelle mit nachgeschalteter Umkehrstufe
stärkung). gewählt werden müssen.
Voraussetzung ist in den meisten Anwendungsfällen, Das 3-Bit-Eingangssignal QA bis QC liegt an den
daß das digitale Signal ein parallel anstehendes Daten- Eingängen E1 bis E3, so daß R1 = R, R2 = R/2 und
wort ist, das eine mehrstellige Binärzahl darstellt. R3 = R/4 gewählt werden müssen. Ein weiterer Ein-
XIII Digital-Analog-Wandler 445

R3 URef QD
E3
R2 R5 R8 2R Rg
E2
R QC
R1
E1 R7
2R
R QB
UE UA1 UA2 Ua
R6
R9 2R
R QA
Bild XIV-1 Schaltung eines 3-Bit-DA-Wandlers
mit OP 2R Bild XIV-3
2R R-2R-Netzwerk für einen
gang E4 mit einem Eingangswiderstand R4 = R/8 4-Bit-Wandler
erweitert diesen Wandler zu einem 4-Bit-DA-Wandler.
Dieser 3-Bit-DA-Wandler wandelt ein 3-Bit-Daten- Die Schaltung nach Bild XIV-4 soll die Grundlage
wort in eine analoge Treppenspannung UA2 nach für den Einstieg in eine knappe Netzwerkberechnung
Bild XIV-2 am Ausgang um. bieten. Die Widerstände R7 und R8 liegen zueinander
parallel, haben also insgesamt den Widerstand R. Als
UE/V UA2/V Reihenschaltung mit R6 ergibt sich wieder der Wert
6
3 2R. Der Widerstand R5 mit 2R liegt nun parallel zum
0 Ersatzwiderstand der bisher berechneten Widerstände
12
10 R6, R7 und R8.
8
6 R2 R4 R6
4
2
0 URef R1 R3 R5 R7 R8
–2
0 4 8 12 16 t/ms 20

Bild XIV-2 Liniendiagramm zur Schaltung


nach Bild XIV-1 R2 = R4 = R6 = R
R1 = R3 = R5 = R7 = R8 = R2
Der 4-Bit-DA-Wandler läßt sich für weitere Dekaden
nach dem 8-4-2-1-BCD-Code erweitern. Für jede Bild XIV-4 Schaltung zur Netzwerkberechnung
weitere Dekade sind vier Widerstände erforderlich,
deren Widerstandswerte um den Faktor 0,1 je Dekade Das Netzwerk hat einen Gesamtersatzwiderstand von
kleiner werden. Diese Art der Erweiterung kann R. Die Referenzspannungsquelle Uref wird also mit R
theoretisch beliebig erweitert werden. belastet. Der ihr entnommene Strom teilt sich auf R1
Die Anforderungen an die Genauigkeit der Widerstän- und R2 zu gleichen Teilen auf, was sich an allen
de werden bei den Stellen höchster Wertigkeit sehr Knoten wiederholt.
groß und lassen sich kaum noch erfüllen. Darum be- Durch die senkrecht gezeichneten Widerstände des
nutzt man ein Schaltungsprinzip, bei dem die verwen- Netzwerkes nach Bild XIV-4 fließen Ströme, deren
deten Widerstände in derselben Größenordnung liegen. Werte sich jeweils halbieren (von der Spannungsquel-
Im Prinzip wird in der Schaltung nach Bild XIV-1 le aus betrachtet), aber in allen Schaltumständen
eine Summation der bewerteten Einzelströme durch- konstant bleiben.
geführt. Das läßt sich auch mit einem Kettenleiter
oder R-2R-Netzwerk für einen 4-Bit-Wandler nach 3 Integrierte Wandler
Bild XIV-3 bewerkstelligen.
Entsprechend dem logischen Zustand der digitalen VCC = 5V Bild XIV-5
Eingänge QA bis QD werden die Umschalter entweder 13 Digital/Analog-
auf Masse gelegt oder auf den invertierenden Eingang A1 5 14 5M Umsetzer mit dem
des OP geschaltet, so daß der bewertete Strom im A2 6 VRef IC DAC 0808
15 5k
Addierer summiert wird (oder gegen 0-Potential ab- A3 7
DAC 0808

fließt) und als Ausgangsspannung Ua erscheint. A4 8 2


5M
Die Umschalter werden durch elektronische Schal- A5 9
ter realisiert. Der Gegenkopplungswiderstand Rg läßt A610 4
sich je nach gewünschter analoger Ausgangsspannung A711
Ua berechnen, da durch ihn der Summenstrom fließt. 16 Ua
A 12
8 C1
Integrierte Schaltkreise der Industrie enthalten zusätz-
lich oft einen Speicher für das digitale Datenwort. 3
Üblich sind sind 8-Bit-DA-Wandler. VEE = –15V
446 Elektronik

Der DAC 0808 ist ein monolithischintegrierter Digi- Ausgangsspannung


tal/Analog-Wandler mit einer Einstellzeit von 150 ns
U a = 10 V ⋅ ⎛⎜ 1 + 2 + ... + 8 ⎞⎟
A A A
für Vollaussteuerung des Ausgangsstroms. Die digita- (XIV.1)
⎝ 2 4 256 ⎠
len Eingänge sind TTL- und CMOS-kompatibel. Bei
einer Versorgungsspannung von ± 5 V werden maxi- Als Operationsverstärker läßt sich der LM741 ver-
mal 33 mW aufgenommen. Einen Digital/Analog- wenden. Für den Kondensator C1 reichen 0,1 mF aus.
Umsetzer für eine Ausgangsspannung von 10 V zeigt Als digitale Eingänge stehen die Anschlüsse A1 bis A8
die Schaltung nach Bild XIV-5. zur Verfügung.

XV Leistungselektronik
Aufgabe der Leistungselektronik ist das kontaktlose
Steuern, Schalten, Regeln und Umformen elektrischer
Energie. Im Rahmen dieses Abschnittes werden nur
die Grundfunktionen der Stromrichter im Bereich des
Schaltens, Steuerns und Umformens elektrischer
Energie behandelt.
Als Stromrichtergrundfunktionen werden Gleichrich-
ter, Wechselrichter und Umrichter beschrieben, wobei
Bild XV-2
Wechselstromumrichter und Gleichstromumrichter
Blockschaltbild eines
(Gleichstromsteller) voneinander unterschieden wer-
Wechselrichters
den müssen. Für den Aufbau solcher Schaltungen
benötigt man Dioden, Thyristoren und zunehmend
Transistoren (Bipolare Transistoren, SIPMOS, IGBT). Wechselrichter formen eine Gleichspannung in eine
Diese Bauelemente werden als ideale Schalter (Strom- beliebige Wechselspannung, auch Drehstrom um. Die
ventile) betrachtet, daß heißt, im gesperrten Zu- Energie fließt dabei hauptsächlich von der Gleich-
stand wird der Sperrstrom und im leitenden Zustand strom- zur Wechselstromseite. Bild XV-2 zeigt das
der Spannungsabfall vernachlässigt. Es wird von Blockschaltbild eines Wechselrichters.
einer Stromglättung ausgegangen, daß heißt, ein Die Schaltung nach Bild XV-3 zeigt die Hauptstrom-
Gleichstrom geht ungewollt nicht auf den Wert 0 A kreise eines selbstgeführten Wechselrichters. Die ein-
zurück. zeichneten IGBTs können durch Thyristoren oder
SIPMOS-FET ersetzt werden. Hilfsstromkreise zur
Löschung der Thyristoren, Freilaufdioden oder RC-
Glieder zum Schutz der Transistoren sind nicht einge-
zeichnet.
Durch geschicktes Ansteuern der IGBTs kann für die
RL-Last ein Dreiphasennetz mit beliebiger Frequenz aus
der anliegenden Gleichspannung Ud erzeugt werden.

Bild XV-1
Blockschaltbild eines V1 V2 V3
L1 R1
Gleichrichters
Ud L2 R2
Gleichrichter formen eine beliebige Einphasen- oder L3 R3
Dreiphasenwechselspannung (Drehstrom) in eine V4 V5 V6
Gleichspannung um. Die Energie fließt dabei haupt-
sächlich von der Wechselstrom- zur Gleichstrom-
seite. Bild XV-1 zeigt das Blockschaltbild eines Bild XV-3 Hauptstromkreise eines selbstgeführten
Gleichrichters. Wechselrichters
XV Leistungselektronik 447

U1, f1 Bild XV-4 jedoch in anderer Reihenfolge als beim Wechselstro-


Blockschaltbild eines mumrichter. Innerhalb der Gleichstromumrichter hat
Wechselstromumrichters der Gleichstromsteller eine relativ hohe Bedeutung.
Er hat keinen Zwischenkreis.

U2 , f2

Die Ströme sind zwar nicht sinusförmig, man kann AC-Zwischenkreis


mit ihnen aber Drehstromasynchronmotore betreiben.
Wechselstromumrichter formen eine Wechselspan-
nung in eine andere beliebige Wechselspannung
(andere Frequenz, aber auch anderer Spannungswert
möglich) um. Bild XV-4 zeigt das Blockschaltbild Bild XV-7
eines Wechselstromumrichters. Stromrichter mit Zwischenkreis

Dioden werden für den ungesteuerten Betrieb ver-


wendet, Thyristoren für den gesteuerten Betrieb,
Transistoren für Schalterzwecke bei Gleichstroman-
wendungen, z.B. in Wechselrichtern.
DC-Spannungs- DC-Strom-
zwischenkreis zwischenkreis
1 Gleichrichterschaltungen/
Stromversorgung
Die Benennung und Kennzeichnung von Stromrich-
tern wird nach Tabelle XV-1 vorgenommen.
Bild XV-5 Wechselstromumrichter mit Gleichstrom-  Beispiel: B2HAF ⇒ B → Kennbuchstabe
oder Gleichspannungs-Zwischenkreis 2 → Kennzahl (Pulszahl)
HA → Steuerbarkeit
F → Hilfszweige
Fast unabhängig von der Eingangs-Wechselspannung
werden Wechselstromumrichter mit einem Gleich- Man unterscheidet ungesteuerte und gesteuerte
strom-Zwischenkreis oder einem Gleichspannungs- Gleichrichter. Ungesteuerte Gleichrichter werden in
Zwischenkreis betrieben. Hier liegen nach Bild XV-5 Elektrolyseanlagen und zur Speisung von Gleich-
ein Gleichrichter und ein Wechselrichter in Reihe, stromnetzen, vor allem für Straßen-, U- und Vollbah-
wobei die beiden Stromrichter über einen Zwischen- nen eingesetzt. Gesteuerte Gleichrichter haben ihre
kreis verbunden sind. größte Bedeutung in der Antriebstechnik mit Gleich-
strommaschinen, wo die Drehzahl mit Hilfe der
Veränderung der Ankerspannung stufenlos eingestellt
werden kann. Sie ermöglichen aber auch die Energie-
umkehr. Bei kontrollierter Absenkung einer Last mit
Hilfe einer Gleichstrommaschine arbeitet diese als
Generator, wobei die erzeugte Energie als Nutzbrem-
sung über den Gleichrichter als netzgeführten Wech-
selrichter in das treibende Netz eingespeist werden
kann.
Bild XV-6 In Verbindung mit selbstgeführten Wechselrichtern
Blockschaltbild eines können auch Drehstromantriebe mit Hilfe der Verän-
Gleichstromumrichters derung der Spannung und der Frequenz in ihrer
Drehzahl stufenlos eingestellt werden.
Gleichstromumrichter formen eine Gleichspannung in Ungesteuerte Gleichrichter können wie gesteuerte
eine beliebige Gleichspannung um. Bild XV-6 zeigt Gleichrichter mit dem Zündwinkel a = 0° betrachtet
das Blockschaltbild eines Gleichstromumrichters. und berechnet werden. Die maximal erreichbaren
Auch hier liegen ein Wechselrichter und ein Gleich- und zu verarbeitenden Werte stimmen hier überein.
richter in Reihe, wobei die beiden Stromrichter nach Auch die Trafoleistungen werden identisch berech-
Bild XV-7 über einen Zwischenkreis verbunden sind, net.
448 Elektronik

In der Leistungselektronik herrschen meist ohmsch- U, Ie


U
induktive Lasten mit sehr hohen Strömen vor. Die
Nachteile einer Spannungsglättung mit Kondensato- Ie
ren werden hier deutlich: unrealistisch hohe Kapazitä-
ten, stoßstromartige Belastung der Halbleiter und
größere Welligkeit bei größerer Belastung. 30° vt
In der Leistungselektronik wird deshalb das Prinzip
der Stromglättung mit Hilfe von Glättungsdrosseln fe
angewendet. Glättungsdrosseln werden stets in Reihe
mit dem Verbraucher geschaltet und haben das
Bestreben, den einmal fließenden Strom aufrechtzu- Bild XV-8 Liniendiagramm von Strom und
erhalten („Lenzsche Regel“). Sie widersetzen sich der Spannung
Änderung des Stroms, indem sie eine Selbstindukti-
onsspannung erzeugen oder gespeicherte magnetische V1 Id L
Energie abgeben. Der Laststrom setzt sich bei idealer
UL
Glättung aus Stromblöcken zusammen. U1 U2 Ud UR RL
Für die Reihenschaltung einer idealen Induktivität L
mit einem ohmschen Widerstand R als Last an einer
sinusförmigen Wechselspannung ergibt sich das Bild XV-9 Gesteuerte Einweggleichrichterschaltung
Liniendiagramm von Strom und Spannung nach (M1C)
Bild XV-8 im eingeschwungenen Zustand. Der Pha-
senverschiebungswinkel je läßt sich mit den bekann- Betreibt man eine solche Last in der Schaltung nach
ten Gleichungen bestimmen. Man erkennt, daß der Bild XV-9 (M1C) und mit einem Phasenanschnitt-
Strom Ie nicht Null ist, wenn die anliegende Span- winkel a = 0°, so ergibt sich das Liniendiagramm
nung U bereits Null geworden ist. nach Bild XV-10. Der Thyristor V1 führt also noch

Tabelle XV-1 Benennung und Kennzeichnung von Stromrichtern

Schaltungsart Bezeichnung
Einwegschaltung Mittelpunktschaltung M
Zweiwegschaltung Brückenschaltung B
Verdopplerschaltung D
Vervielfacherschaltung V
Wechselwegschaltung W
Polygonschaltung P
Ergänzende Kennzeichen
Steuerbarkeit
Kurzzeichen Bedeutung
U ungesteuert
C vollgesteuert (controlled)
H halbgesteuert
HA (HK) halbgesteuert mit anodenseitiger (katodenseitiger)
Zusammenfassung der Ventile
HZ Zweigpaar gesteuert
Haupt- und Hilfszweige
Kurzzeichen Bedeutung
A (K) anodenseitige (katodenseitige) Zusammenfassung
der Hauptzweige
Q Löschzweig
R Rücklaufzweig
F Freilaufzweig
FC Freilaufzweig gesteuert
n Vervielfachungsfaktor
XV Leistungselektronik 449

U,I L

U a = 0° UL Id
V1 V4

Id
U1 U2 UR RL
Ud
180° 360° vt
V3 V2

Bild XV-13 Vollgesteuerte Brücken-Gleichrichter-


Bild XV-10 Liniendiagramm von Strom und schaltung (B2C) mit RL-Last
Spannung bei a = 0° Die Schaltung nach Bild XV-13 zeigt eine vollgesteu-
erte Zweipuls-Brücken-Gleichrichterschaltung B2C
Strom, obwohl seine Anoden-Katoden-Spannung ne- mit RL-Last. Betreibt man diese Schaltung mit einem
gativ gepolt ist. Der Gleichstrom Id fließt also länger Phasenanschnittwinkel a = 120°, so ergibt sich das
als 180°. Liniendiagramm nach Bild XV-14. Der Gleichstrom
Das Liniendiagramm nach Bild XV-11 zeigt die Zu- Id erreicht nicht die Stromkurve des eingeschwunge-
sammenhänge zwischen dem Strom und den Span- nen Stroms Ie. Damit ist der Strom im ersten Strom-
nungen UL und UR. Während UR dem Stromverlauf weg bereits erloschen, wenn der zweite Stromweg
folgt, kann man erkennen, daß die positiven und zündet. Als Folge treten Stromlücken auf, deren
negativen Spannungs-Zeit-Flächen der (Induktions-)- Breite von den Werten der Last und dem Phasen-
Spannung UL gleich groß sind. An der Induktivität L anschnittwinkel abhängen.
kann keine Gleichspannung abfallen. Wird der Phasenanschnittwinkel a gleich dem Pha-
Betreibt man die Schaltung nach Bild XV-9 mit senverschiebungswinkel j, ergibt sich ein Linien-
einem Phasenanschnittwinkel a = 120°, so ergibt sich diagramm nach Bild XV-15. Der Gleichstrom Id be-
das Liniendiagramm nach Bild XV-12. Der Stromver- steht aus Sinusbögen, während die Stromlücken auf
lauf Id ist angenähert sinusförmig, abgesehen von den Null geschrumpft sind. Verkleinert man den Phasen-
Ladevorgängen. Die positive Spannungs-Zeit-Fläche anschnittwinkel weiter, kommt es zur Überschnei-
Ud ist größer als die negative und macht als Differenz dung der Stromverläufe, und man spricht von nicht-
die aufgenommene Wirkleistung deutlich. lückendem (kommutierendem) Betrieb.
U,I U,I
U2 a = 0°
U U
UR
Id Id Id

180° 360° vt vt
UL
Ie Ie

Bild XV-11 Liniendiagramm von Strom und Bild XV-14 Liniendiagramm einer B2C-Schaltung
Spannungen bei a = 0° mit a = 120°

U,I Bild XV-12 U,I


U Liniendiagramm
bei einem Phasen- US US
Ud anschnittwinkel a = 120°
Id = Ie
Id

90° 360° vt vt
a = fe
Bild XV-15
Liniendiagramm einer
B2C-Schaltung mit a = j
450 Elektronik

Geht der Laststrom von einem Stromweg auf einen werden die M3C-Gleichrichterschaltung (gesteuerte
anderen Stromweg über, ohne daß vorher der Strom Dreipulsmittelpunktschaltung) und die vollgesteuerte
im abgebenden Ventil Null geworden ist, so bezeich- Sechspulsbrückengleichrichterschaltung (B6C) erläu-
net man diesen Vorgang als Kommutierung. Je nach tert.
Ursache spricht man von netzgeführten oder last- Bild XV-17 zeigt eine M3C-Schaltung mit ohmsch-
geführten Stromrichtern; zusammen bilden sie die induktiver Last an einem Dy-Transformator mit
Gruppe der fremdgeführten Stromrichter. herausgezogenem Sternpunkt. Bei einem Phasen-
anschnittwinkel α = 0° arbeitet diese Schaltung als
Udα ungesteuerter Gleichrichter M3 (Thyristoren durch
Udo Dioden ersetzt). Es ist immer das Stromventil leitend,
dessen Anoden-Katoden-Spannung das positivste
1,0 Potential besitzt. Bei idealer Stromglättung ergeben

Wechselrichterbetrieb Gleichrichterbetrieb
sich Stromblöcke mit einer Länge von 120°, während
die Gleichspannung Ud nur eine sehr geringe Wellig-
0,5 Widerstandslast keit aufweist (Tabelle XV-2).
Bei rein ohmscher Last können die Thyristoren V1
bis V3 erst 30° nach dem Nulldurchgang der Stern-
Induktive Last spannungen gezündet werden, da erst dann die Ven-
0
Induktive Last tilspannungen positiv werden. Ein Impulssteuergerät
muß je Periode drei um 120° phasenverschobene
Impulse an die Gates liefern. Bei einem Phasenan-
–0,5 Aktive Last schnittwinkel α ≤ 30° arbeitet diese Schaltung bei
ohmscher Last nach Bild XV-18 im nichtlückenden
Betrieb, bei einem Phasenanschnittwinkel 30° ≤ α
–1,0 ≤ 150° dagegen im lückenden Betrieb.
0 30 60 90 120 150 a 180
grd Ist die Induktivität L nach Bild XV-17 ausreichend
groß, wird Id vollständig geglättet, und es treten keine
Bild XV-16 Lastabhängige Steuerkennlinien einer Lücken auf. Bild XV-19 zeigt den Verlauf von Ud
B2C-Schaltung (ω t) und Id (ω t) bei α1 = 0°, α2 = 30°, α3 = 60° und
α4 = 90° im Gleichrichterbetrieb. Die Spannung Udα
Die Ausgangsspannung Ud des vollgesteuerten B2- wird bei α4 = 90° zu Null.
Stromrichters (B2C) hängt nicht nur vom Phasenan-
schnittwinkel a, sondern auch von der Lastart ab. Bei Ue
der Last unterscheiden wir zwischen Widerstandslast,
induktiver Last und aktiver Last. Unter aktiver Last
ist das Betreiben eines Stromrichters auf eine Gegen-
spannung, zum Beispiel Akkumulator oder induzierte
Spannung U0 eines Gleichstrommotors, zu verste-
hen. Die lastabhängigen Steuerkennlinien nach Bild a)
180° 360° vt
XV-16 beschreiben das Verhältnis von gesteuerter a 150°
Gleichspannung Uda zu ungesteuerter Gleichspannung 30°
Ud0 bei verschiedenen Lastarten. Man erkennt, daß
die Ausgangsspannung Uda bei idealer induktiver Last
bei einem Phasenanschnittwinkel α = 90° zu Null
wird. Wird der Phasenanschnittwinkel bei aktiver
Last α > 90°, geht der B2-Stromrichter (B2C) in den Ue
lastgeführten Wechselrichterbetrieb über.
Bei großen Gleichstromleistungen wird der Gleich-
strom dem Drehstromnetz entnommen. Beispielhaft

L1 V1
L1 b)
a 180° 360° vt
L2 V2 Id L
L2
UL U 30°
L3 V3 R RL
L3 Ud
N
Bild XV-18 M3C-Schaltung mit ohmscher Last bei
Bild XV-17 M3C-Schaltung mit ohmsch-induktiver a) nichtlückendem und,
Last b) lückendem Betrieb
XV Leistungselektronik 451

Gleichrichterbetrieb Wechselrichterbetrieb
a=0° a=30° a=60° a=90° a=120° a=150° Id
1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3 V1 V2 V3
L1 UL
L1 L
Udia
L2 Ud
Udia Udia
Udia L2
L3 RL UR
L3
V4 V5 V6
1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3
Bild XV-21 Vollgesteuerte Sechspulsbrücken-
Bild XV-19 Verlauf der Verbraucherspannung bei schaltung (B6C)
verschiedenen Phasenanschnittwinkeln
und Übergang vom Gleichrichter- Transformatortypenleistung vorteilhafter als die M3-
in den Wechselrichterbetrieb Schaltung. Da hier ein Sternpunkt nicht erforderlich
Wird der Phasenanschnittwinkel α > 90°, so wird die ist (in der Schaltung nach Bild XV-17 führt er den
Spannung Udα negativ. Nun kann sich zwar die Span- gesamten Strom Id), wird diese Schaltung fast immer
nung Udα umpolen, wegen der Stromventile jedoch bei höheren Leistungen verwendet. Für den Vergleich
nicht der Strom Id. Die Schaltung geht in den Wech- einzelner Werte siehe Tabelle XV-2.
selrichterbetrieb über. Die bestehenden Strom- und Die lastabhängige Steuerkennlinie eines B6C-Strom-
Spannungsverhältnisse sind nur möglich, wenn die richters zeigt Bild XV-22. Die Steuerkurven bei rein
angeschlossene Last eine aktive Last, also eine induktiver oder ohmscher Last liegen in weiten Berei-
Gleichstrommaschine im Generatorbetrieb ist. Die chen übereinander. Für den Betrieb an aktiver Last
von der Maschine im Bremsbetrieb erzeugte Energie gelten die Aussagen zur M3C-Schaltung sinngemäß.
wird ins Netz zurückgespeist (Nutzbremsung). Die Halbgesteuerte Stromrichter nach den Schaltungen in
Schaltung funktioniert nur in dieser Weise, wenn Bild XV-23 (B2HK) und in Bild XV-24 (B2HZ)
weiterhin das Dreistromnetz angeschlossen ist, da können nur als Gleichrichter eingesetzt werden, da
durch dieses Netz das periodische Schalten der Thy- Wechselrichterbetrieb nicht möglich ist. Die Dioden
ristoren mitbestimmt wird. Es handelt sich hier um wirken zu bestimmten Zeiten wie Freilaufdioden und
einen netzgeführten Wechselrichter. reduzieren die Blindleistung um die Hälfte. Diese
Aufgrund der nicht unendlich kurzen Kommutie-
Uda
rungszeit und der Freiwerdezeit der Stromventile
Udo
kann der Phasenanschnittwinkel nicht auf α = 180°
ausgedehnt werden. Bei Erreichen der Wechselrich- 1,0
tergrenze erlangen die Thyristoren ihre Sperrfähigkeit Gleichrichterbetrieb
nicht rechtzeitig wieder, so daß mehrere Thyristoren
gleichzeitig noch leitend sind. 0,5 Widerstandslast

Uda Induktive Last


UL1N UL2N UL3N 0
UStrang
Wechselrichterbetrieb

Induktive Last

t –0,5 Aktive Last


–UStrang
a=120°a=120° a=135° a=150° a=165°
–1,0 a
Bild XV-20 Fremdgeführter Wechselrichterbetrieb 0 30 60 90 120 150 180
grd
mit Kippvorgang bei α = 165°
Bild XV-22 Lastabhängige Steuerkennlinie der
Dieser Umstand führt zu einem sprungartigen Verän- B6C-Schaltung
dern der Ausgangsspannung, wie in Bild XV-20 für
α = 165° dargestellt ist. Man nennt diesen Vorgang
Wechselrichterkippen. Der maximale Anschnittwin- Ld
kel wird häufig durch den Betreiber auf αmax = 150° V1 V4 Id
eingestellt.
U1 U2 Ud
Auch für die M3C-Schaltung läßt sich die lastabhän-
gige Steuerkennlinie berechnen und konstruieren. Sie Uo M
LFeld
weist große Ähnlichkeit mit der Kennlinie nach
V2 V3
Bild XV-16 auf.
Die vollgesteuerte Sechspulsbrückenschaltung B6C
nach Bild XV-21 ist auch hinsichtlich Welligkeit und Bild XV-23 Halbgesteuerte Stromrichter (B2HK)
Tabelle XV-2 Stromrichterschaltungen
452

Stromrichterschaltung Einpuls-Mittelpunktschaltung Dreipuls-Mittelpunktschaltung Zweipuls-Brückenschaltung Sechspuls-Brückenschaltung

vollgesteuert halbgesteuert vollgesteuert halbgesteuert

Kennzeichen M1 M3 B2C B2HK B2HZ B6C B6H

Prinzipschaltung nach Bild XV-9 Bild XV-17 Bild XV-13 Bild XV-23 Bild XV-24 Bild XV-21

Gleichspannung/ungesteuerte Stromrichterschaltung mit a = 0°

arithm. Mittelwert Ud0/U2 0,45 1,17 (U2 = UStr) 0,9 2,34 (U2 = UStr)
1,35 (U2 = ULeiter)

Effektivwert Udeff/U2 0,707 1,189

Welligkeit w UBr/Ud 1,21 0,183 0,483 0,042

Ventilsperrspannung/Ventilstrom

Spitzenwert UR max/U2 2 = 1,414 2⋅ 3 = 2,449 2 = 1,414 2⋅ 3 = 2,449

ITAV/Id 1,0 0,333 0,5 0,333

ITRMS/Id 1,571 0,5777 (Ld) 0,588 (RL) 0,707 (Ld) 0,785 (RL) 0,577 (Ld) 0,58 (RL)

Transformator

ventilseitiger Leiterstrom I2/Id 1,571 0,5777 (Ld) 0,588 (RL) 1,000 (Ld) 1,11 (RL) 0,816 (Ld) 0,820 (RL)

netzseitiger Leiterstrom I1/Id 1,211/ü 0,472/ü (Ld) 0,478/ü (RL) 1,0/ü (Ld) 1,11 (RL) 0,816/ü (Ld) 0,82/ü (RL)

primärseitige Scheinleistung S1/Ud0 ⋅ Id 2,619 1,209 (Ld) 1,209 (RL) 1,111 (Ld) 1,23 (RL) 1,05 (Ld) 1,06 (RL)

Typenleistung STr/Ud0 ⋅ Id 3,090 1,460 Dz, Yz 1,345 Dy 1,111 (Ld) 1,23 (RL) 1,05 (Ld) 1,05 (RL)

gesteuerte Gleichspannung mit a ≠ 0°


Udα Udα Udα Udα
Steuerkennlinie Uda/Ud0 Udo Udo Udo Udo
1,0 1,0 1,0 1,0

0,8
0,5 0,5 Widerstandslast 0,5
0,6 Widerstandslast Widerstandslast
Induktive Last Induktive Last Induktive Last
0 0 0
0,4 Induktive Last Induktive Last Induktive Last

0,2 –0,5 Aktive Last –0,5 Aktive Last –0,5 Aktive Last
Wechselrichterbetrieb Gleichrichterbetrieb

0
Wechselrichterbetrieb Gleichrichterbetrieb
Wechselrichterbetrieb Gleichrichterbetrieb

0 30 60 90 120 150 180 a –1,0 –1,0 –1,0


grd 0 30 60 90 120 150 180 a 0 30 60 90 120 150 180 a 0 30 60 90 120 150 180 a
grd grd grd
Elektronik
XV Leistungselektronik 453

Str = 3,09 ⋅ Udi ⋅ Id ; Udi = 0,45 ⋅ U2 ;


Ld
V1 V4 Id Id = Udi/R (nach Tab. XV-2)
Ud Udi = 0,45 ⋅ 220 V = 99 V
U1 U2
Uo M Id = 99 V/8 Ω = 12,375 A
LFeld Str = 3,09 ⋅ 99 V ⋅ 12,375 A = 3785,6 VA
V3 V2
In dieser Schaltung muß der Trafo eine wesentlich höhere Bau-
leistung als die Gleichstromleistung haben.
Bild XV-24 Halbgesteuerte Stromrichter (B2HZ)

Schaltungen können für die Drehzahlsteuerung von


2 Anwendungsschaltungen
Gleichstrommotoren geringer Leistung ohne Nutz- Bei der Dimensionierung eines Netzteiles beginnt
bremsung verwendet werden. Die Induktivitäten Ld man stets mit den Spannungs-, Strom- und Leistungs-
glätten den Strom Id und verhindern lückenden Strom. bedingungen am Ausgang. Die Frage nach der Stabi-
lität, Genauigkeit und Einstellbarkeit der Ausgangs-
Berechnung der Trafotypenleistung: größen steht dabei im Vordergrund.
Bei der Berechnung von Transformatoren wird die Im Abschnitt II.5.4 wird die Stabilisierung der Aus-
Scheinleistung S = U ⋅ I zugrundegelegt. Für den gangsspanung mit Hilfe einer Z-Diode erläutert. Dort
idealen Transformator ist in der herkömmlichen fließt jedoch der Laststrom durch den Vorwiderstand,
Elektrotechnik die Gleichheit von Primär- und Se- so daß an ihm eine hohe Verlustleistung in Wärme
kundärscheinleistung unter der Voraussetzung von umgesetzt wird, was zumindest bei größeren Strömen
sinusförmigen Spannungen und Strömen gültig. unangemessenen Aufwand bedeutet.
In der Leistungselektronik sind Ströme und auch Die Schaltung nach Bild XV-25 zeigt ein Netzteil mit
Spannungen jedoch nicht sinusförmig und zudem auf Längstransistor V6 als 2N3055. Hier ist der Last-
der Primär- und Sekundärseite verschieden. strom identisch mit dem Kollektor-Emitter-Strom des
Um diese Ungleichungen und die auf der Sekundär- Transistors.
seite auftretenden Gleichstromanteile zu berücksich-
tigen, führt man die Transformatorentypenleistung
4 x 1N4006 2N3055
PTR ein, die dem Mittelwert von Primär- und Sekun- V6
därleistung entspricht.
Tabelle XV-2 stellt die entsprechenden Faktoren zur RV
Berechnung bei verschiedenen Schaltungen zur Ver- V1 V3
fügung. RL
Auch ohmsche Widerstände belasten ein Wechsel- CL
stromnetz mit Blindleistung, wenn sie mit gesteuerten V5
Gleichrichtern betrieben werden. Die fließenden V2 V4
Ströme sind nicht-sinusförmig. Der Grund für das
Vorhandensein der Blindleistung ist darin zu finden,
daß sich solche nicht-sinusförmigen Größen in eine Bild XV-25 Netzteil mit Längstransistor
unendliche Zahl sinusförmiger Teilschwingungen und
einen Gleichanteil zerlegen lassen, die als Summe die An der Z-Diode fällt die konstante Referenzspannung
nicht-sinusförmige Größe ergeben. Amplitude und UZ ab, die ständig mit der Ausgangsspannung am
Frequenz der Teilschwingungen lassen sich mit Lastwiderstand RL verglichen wird. Aus diesem
mathematischen Verfahren nach Fourier berechnen. Vergleich wird die Steuerspannung UBE für den
Eine genaue Analyse ergibt, daß die Wirkleistung der Transistor V6 abgeleitet, so daß als Ausgangsspan-
Last nur durch die Grundwelle (Grundschwingung nung des Netzteiles die Differenz der beiden Span-
nach Fourier) des Stroms erzeugt wird. Diese Grund- nungen besteht. Eine Änderung der Ausgangsspan-
welle erzeugt aufgrund ihrer Phasenverschiebung nung hat eine gegenläufige Änderung der Basis-
gegenüber der Spannung auch eine Blindleistung. Da Emitter-Spannung zur Folge. Ob diese Änderung von
diese durch die Anschnittsteuerung zustande kommt, der Eingangsspannung oder vom Ausgangsstrom
heißt diese Blindleistung auch Steuerblindleistung. (Änderung der Last) herrührt, ist für diesen Reg-
Die Oberschwingungen des Stroms tragen zur lungsvorgang bedeutungslos.
Scheinleistung bei, erzeugen aber nur Blindleistung. Ausgangsspannung UA = UZ – UBE (XV.1)
 Beispiel: Zu berechnen ist die Trafotypenleistung des Transfor- In der Schaltung nach Bild XV-25 ist die Ausgangs-
mators in der Schaltung nach Bild XV-9 mit U2 = 220 V, ü = 1
und R = 8 Ω und das Verhältnis von STr zu Pdi.
spannung konstant und auch von außen her nicht ver-
änderbar. Soll die Ausgangsspannung regelbar sein,
Lösung:
Der Trafo muß für die maximale Belastung, also bei α = 0° be- kann eine Schaltung nach Bild XV-26 verwendet
rechnet werden. werden, in der der Transistor V3 als Regler wirkt.
454 Elektronik

V5 Widerstand R3 wird hier vom Laststrom IA durchflos-


V1 RE R2 R3 sen, der eine Spannung abfallen läßt. Diese Spannung
V4 bildet die Basis-Emitter-Spannung des Transistors
V2 V9. Wird diese Spannung größer 0,7 V, so wird der
R4 RL Transistor V9 leitend und legt die Basis von V7
UE V3
annähernd auf Kollektorpotential. Dadurch wird der
UA
Basisstrom von V7 kleiner, so daß der Laststrom
R1 UB nicht weiter ansteigen kann.
V6 UZ R5
Will man den maximalen Laststrom größer machen,
kann in die Basisstrecke von V9 ein zusätzlicher
Widerstand eingebaut werden.
Bild XV-26 Netzteil mit Längstransistor und
regelbarer Ausgangsspannung V6
V1 R5
R2
Zur Erhöhung des zulässigen Laststroms werden die V5
Transistoren V4 und V5 als Darlington-Transistoren V3 V7
betrieben. UE R6 U
A
Die Spannung UB ist eine mit Hilfe des Potentiome- R3
ters R4 einstellbare Teilspannung der Ausgangsspan- R1 V4
V2 R7
nung UA. R4
Teilspannung UB = UZ – UBE3 (XV.2)
Bild XV-28 Operationsverstärker als Regelverstärker
Wird die Eingangsspannung UE größer, nimmt auch
zuerst die Ausgangsspannung UA zu. Damit wird die Anstelle des einstufigen Regelverstärkers kann auch
Basis-Emitter-Spannung von V3 größer, somit auch ein Operationsverstärker eingesetzt werden. Erwünscht
IB3 und in der Folge auch IC3. Die Schaltung aus R1, sind hierbei OP mit einer sehr hohen Leerlaufverstär-
V1, RE und Transistor V2 bildet eine Konstant- kung. Die Ausgangsspannung der Schaltung nach
stromquelle. Somit wird IB4 beziehungsweise IB5 Bild XV-28 wird praktisch nur noch von der Kon-
kleiner, die beiden Transistoren steuern zu und damit stanz der Referenzspannungsquelle, hier der Z-Diode,
wird die Ausgangsspannung UA kleiner. bestimmt. Den Kurzschlußschutz übernehmen in
Die Stabilisierung gegen Schwankungen der Ein- dieser Schaltung V7 und R5.
gangsspannung UE wird durch die Konstantstrom- Integrierte Festspannungsregler, aber auch integrierte
quelle verbessert, da die Verstärkung von V3 dadurch einstellbare Spannungsregler, sind in großer Zahl auf
insgesamt vergrößert wird. dem Markt. Die integrierte Strombegrenzung ein-
Die Ausgangsspannung läßt sich also allein durch das schließlich des thermischen Überlastungsschutzes
Teilerverhältnis des Spannungsteilers R3, R4 und R5 machen diese Bauelemente praktisch unempfindlich ge-
einstellen. Die kleinste Ausgangsspannung wird genüber Kurzschluß und Überlastung. Integrierte Fest-
durch die Z-Diode V6 festgelegt. Der Maximalwert spannungsregler sind für den Fall konzeptioniert, daß
der Ausgangsspannung ist die Differenz zwischen der nur eine konstante Ausgangsspannung gebraucht wird.
maximalen Eingangsspannung und der Sättigungs- Bei den integrierten Festspannungsreglern der 78xx-
spannung UCE sat des Transistors V5. und 79xx-Serie, die von zahlreichen Herstellern
Die Berechnung des Widerstandes R2 richtet sich (Siemens, Texas, Signetics) produziert werden, geben
nach dem IZ max der Diode. Er sorgt dafür, das selbst die letzten beiden Ziffern (xx) die posititive oder
bei völlig gesperrtem Transistor V3 die Referenz- negative Ausgangsspannung in Volt an. Im Normal-
spannung UZ ansteht. fall kann das Bauteil mit seinen drei Anschlüssen in
Beide angesprochenen Schaltungen haben den Nach- sehr einfachen Grundschaltungen mit einem Sieb-
teil, daß sie nicht kurzschlußfest sind. Eine sichere kondensator CE im Eingangskreis (0,22 mF bis 1 mF)
Methode zur Messung und Feststellung eines hohen und einem Ausgangskondensator CA zur Verbesse-
Stroms zeigt die Schaltung nach Bild XV-27. Der rung der Brummspannung im Ausgangskreis nach
Bild XV-29a und XV-29b verwendet werden.
V8 Die Tabelle XV-3 gibt einen Überblick über die
R3 wichtigsten Kenndaten der Serie 78xx, wobei die
R1 V7 R5
V1 V3 maximalen Lastströme von der Gehäuseform und
T1 R4
C1 R2 V9 dem verwendeten Kühlkörper abhängig sind.
V5 R6 UA
In der digitalen Steuerungstechnik wird für die Span-
R7 nungsversorgung von TTL-Gattern eine konstante Be-
V2 V4 V6 C2
triebsspannung von +5 V benötigt. Die Schaltung nach
Bild XV-30 zeigt dafür ein geregeltes Netzgerät. Es
Bild XV-27 Kurzschlußfestes Netzteil kann mit Strömen bis zu 1,5 A belastet werden.
XV Leistungselektronik 455

Tabelle XV-3 Kenndaten der 78xx-Serie (Auswahl)

Typ UA UA min; UA max IL max UE min; UE max


7805 +5 V 4,8 V ... 5,2 V 0,1 A; 0,5 A; 1,5 A 7V ... 25 V
7806 +6 V 5,75 V ... 6,25 V 0,1 A; 0,5 A; 1,5 A 8V ... 25 V
7808 +8 V 7,7 V ... 8,3 V 0,1 A; 0,5 A; 1,5 A 10,5 V ... 25 V
7812 +12 V 11,5 V ... 12,5 V 0,1 A; 0,5 A; 1,5 A 14,5 V ... 30 V
7815 + 15 V 14,4 V ... 15,6 V 0,1 A; 0,5 A; 1,5 A 17,5 V ... 30 V
7818 + 18 V 17,3 V ... 18,7 V 0,1 A; 0,5 A; 1,5 A 21 V ... 33 V
7824 + 24 V 23 V ... 25 V 0,1 A; 0,5 A; 1,5 A 27 V ... 33 V

Reichen die Ausgangsleistungen des Spannungsreg-


78xx
lers für den Verwendungszweck nicht aus, kann die
Ausgangsleistung mit der Schaltung nach Bild XV-31
UE UA fast beliebig heraufgesetzt werden. Der Wider-
CE CA standswert von R2 bestimmt den Einsatzwert des
Transistors V2, von dem an der Laststrom am Regler
vorbeizuführen ist. Transistor V1 in Verbindung mit
dem Widerstand R1 sorgen für den Kurzschlußschutz
a) des Längstransistors V2. Hierbei ist R1 so zu bemes-
sen, daß beim Erreichen des maximalen Kollek-
79xx torstroms von V2 der Transistor V1 leitend wird und
somit die Basis-Emitter-Strecke von V1 kurzge-
schlossen wird.
–UE –UA
CE CA R1 V2

V1
b) R2
78xx
Bild XV-29 Integrierte Festspannungsregler
a) 78xx-Serie UE UA
b) 79xx-Serie mit Siebkondensatoren CE CA

V5

1N4006 Bild XV-31 Schaltung zur Erhöhung der


4 x 1N4006 +5V
7805 C Ausgangsleistung
V1 V2
Als integrierte einstellbare Spannungsregler stehen
230V zahlreiche Typen zur Verfügung, so zum Beispiel der
CE CA LM 317 (für positive Ausgangsspannungen) und der
50Hz
LM 337 (für negative Ausgangsspannungen), aber auch
das vielfältig verwendbare Spannungsregler-IC μA 723.
V3 V4

Bild XV-30 Netzgerät zur Spannungsversorgung 3 Schaltnetzteile


von TTL-Gattern
Die Forderung, für den Einsatz in Computern und
Der Siebkondensator CE im Eingangskreis hat elektronischen Geräten der Unterhaltungselektronik
2,2 mF, während der Ausgangskondensator CA mit mit kleinen Gehäusen geeignete Netzteile zu bauen,
47 mF hoch gewählt wird, um die in der digitalen die geringe Wärmeverlustleistungen aufweisen und
Steuerungstechnik auftretenden stoßartigen Lastströ- geringes Gewicht haben, führte zur Entwicklung von
me besser auffangen zu können. Schaltnetzteilen.
456 Elektronik

Das Prinzip der Schaltnetzteile beruht darauf, daß gleicher, einem Modulator zur Veränderung des
man den arithmetischen Mittelwert der Ausgangs- Tastverhältnisses und einem Oszillator (Rechteck-
spannung durch periodisches Öffnen und Schließen generator) mit konstanter Frequenz. Die Steuerung
eines Schalters (Schalttransistor) beeinflußt und wird von integrierten Steuerschaltungen (Steuer-IC)
durch Variation der Ein- und Ausschaltzeiten die übernommen, die es mittlerweile zahlreich auf dem
Höhe der Ausgangsspannung einstellt und auch bei Markt gibt (z.B. TDA 4918, TDA 4919 der Fa. Sie-
Lastwechseln stabilisiert. mens).
Je nach Anordnung der Schalttransistoren wird nach
IE IL
Bild XV-32 zwischen Sekundär- und Primär-Schalt- T
netzteilen unterschieden. V2
C UA RL
L1
UE
N RL U A D
CL G V1
S
Modulator
Sekundär-
Schaltnetzteil Oszillator
Steuer-IC URef Bild XV-33 Sperrwandler mit selbstsperrendem
L1 MOS-FET
N RL U A
Je nach Verwendungszweck und Aufwand werden
CL
entweder Sperr- oder Durchflußwandler in verschie-
Potential- Modulator denen Varianten angewendet. Im Sperrwandler nach
trennung
Primär- Oszillator Bild XV-33 ist der Schalttransistor V1 ein selbst-
Schaltnetzteil
Steuer-IC URef
sperrender MOS-FET. Der Transformator T hat
gegensinnige Wickelrichtung auf der Primär- und
Bild XV-32 Blockschaltbilder von Sekundär- Sekundärseite. Während der Einschaltdauer t1 des
und Primär-Schaltnetzteilen Transistors V1 wird vom Transformator Energie
aufgenommen, die in der Sperrphase t2 des Tran-
Beim Sekundär-Schaltnetzteil liegt der Schalttransis- sistors V1 an die Sekundärseite abgegeben wird. In
tor auf der Sekundärseite, beim Primär-Schaltnetzteil der Leitphase des Transistors ist die Diode V2 ge-
auf der Primärseite. Um die Verluste in den Netz- sperrt, in der Sperrphase dagegen leitend, so daß der
transformatoren klein zu halten, wird die Schaltfre- Kondensator in der Zeit t2 geladen wird.
quenz in den kHz-Bereich gelegt. So werden Wir- Mit der Periodendauer T = t1 + t2 und dem Tastver-
kungsgrade von 80% bei stark reduziertem Gewicht, hältnis v = t1/T erhält man bei einer Transformator-
kleinen Bauvolumen und geringer Wärmeentwick- übersetzung ü = 1 die Ausgangsspannung UA.
lung erreicht. v
Ein Nachteil der Sekundär-Schaltnetzteile ist, daß ein Ausgangsspannung U A = ⋅U E (XV.3)
1− v
Standardnetztransformator eingesetzt werden muß.
Die Querschnittsfläche, damit das Volumen und somit Die Ausgangsspanunng ist ausschließlich vom Tast-
auch das Gewicht des Eisenkerns hängen aber auch verhältnis abhängig und kann bei schwankender Ein-
von der Frequenz des Netzes ab. Beim Primär- gangsspannung konstant gehalten werden. Das Tast-
Schaltnetzteil wird zuerst die Netzspannung gleichge- verhältnis wird vom Steuer-IC in geeigneter Weise
richtet, dann geschaltet (getaktet) und erst jetzt zur verändert.
Potentialtrennung auf den Transformator gebracht. Der Durchflußwandler nach Bild XV-34 verfügt über
Durch die gegenüber der Netzfrequenz wesentlich einen Transformator T mit gleichem Wicklungssinn
höhere Taktfrequenz können nun bei gleicher Leistung auf der Primär- und Sekundärseite und einer zusätz-
Transformatoren mit wesentlich kleineren Abmessun- lichen Wicklung, die es ermöglicht, ohne Gleichstrom-
gen und kleinerem Gewicht verwendet werden. Das IE V3 L IL
T
Kernmaterial muß allerdings in seinen magnetischen
Werten besser sein. In der Praxis werden primärgetak- UA
V4 C
tete Netzteile wesentlich häufiger verwendet. RL
Als Schalttransistor werden Transistoren benötigt, die UE
D
für höhere Ströme und Sperrspannungen geeignet G V1
sind. SIPMOS-FET, aber auch IBGT kommen hier S V2
zunehmend zum Einsatz und ermöglichen Schaltnetz-
teile (SNT) mit immer höheren Leistungen.
Der Steuerblock für den Schalttransistor besteht aus Bild XV-34 Durchflußwandler mit
einem PI-Regler mit vorgeschaltetem Soll-Ist-Ver- Entmagnetisierungspfad
XV Leistungselektronik 457

stromvormagnetisierung zu arbeiten. Während der Strom durch den Lastwiderstand. Die Diode V2
Einschaltdauer t1 des Transistors V1 ist die Diode V3 unterstützt den Thyristor in Sperrichtung.
leitend; und es fließt ein Strom durch die Induktivität Ein Phasenanschnittwinkel α = 0° entspricht einem
L und somit ein Laststrom IL in den Lastwiderstand einfachen Einschaltvorgang im Nulldurchgang der
RL. Versorgungsspannung. Einen „Nullspannungsschal-
In der Sperrphase des Transistors V1 ist die Diode V3 ter“ zeigt die Schaltung nach Bild XV-36, wobei der
dagegen gesperrt, die Diode V4 aber leitend und Lastwiderstand RL aufgrund der B2-Gleichrichter-
wirkt hier wie eine Freilaufdiode für die Induktivität, brücke nur Gleichstromleistung aufnimmt.
so daß der Kondensator C und die Induktivität in Nullspannungsschalter lassen sich schaltungstech-
der Zeit t2 ihre gespeicherte Energie an die Last ab- nisch mit Ansteuer-ICs (z.B. TCA 785, Siemens)
geben. realisieren und vermeiden im Netz die bei Phasen-
In dieser Zeit wird die im Transformator gespeicherte anschnittsteuerungen auftretenden höherfrequenten
Energie über die jetzt leitende Diode V2 wieder an Oberschwingungen.
die Quelle zurückgegeben. Gleichspannung kann auch mit einem Thyristor
t1 U E geschaltet werden. Das Problem ergibt sich erst mit
Ausgangsspannung U A = ⋅ (XV.4) dem Löschen des Thyristors. Der Gleichstrom unter-
T ü schreitet nicht von allein den Haltestrom, wie das
Die Gleichung XV.4 gilt unter der Annahme eines bei Wechselstrom im Nulldurchgang der Fall ist.
nichtlückenden Betriebes, daß heißt, der Strom durch Es existieren zahlreiche „Gleichstromschalter“ mit
die Induktivität L wird niemals Null. Thyristoren. Als einfaches Beispiel dient die Schal-
Das Prinzip des Sperrwandlers und des Durchfluß- tung nach Bild XV-37.
wandlers gibt es in zahlreichen Varianten, die aber Im Grundzustand sind die Thyristoren V1 und V2 im
hier nicht weiter vertieft werden sollen. gesperrten Zustand. Wird der Einschalt-Thyristor V1
gezündet, fließt ein Gleichstrom durch den Lastwi-
4 Elektronische Schalter derstand RL und das RC-Glied aus RA und C. Nach
einer Zeit 5 ⋅ τ ist der Kondensator auf eine Spannung
Bild XV-35 von (UN – UT) geladen, und es fließt in diesem Kreis
Zündung eines Thyristors V2 kein Strom mehr.
mit Gleichspannung RL

UN
S RG V1
RA RL
U C
UN

Bei Betrieb der Schaltung nach Bild XV-35 an Wech-


selspannung zündet der Thyristor bei geschlossenem V2 V1
Schalter S kurz nach dem Beginn der positiven Halb-
welle der Betriebsspannung durch geeignete Wahl
des Gatevorwiderstandes RG. Er löscht wieder, wenn
sein Haltestrom kurz vor dem nächsten Null- Bild XV-37 Gleichstromschalter mit Thyristoren
durchgang der Wechselspannung zwangsläufig unter- für ohmsche Last
schritten wird. Solange S geschlossen ist, fließt
in jeder positiven Halbwelle der Spannung UN ein Wird nun der Ausschalt-Thyristor V2 gezündet, so
wird die Anode von V1 für einen Moment auf ein
RL Potential von [– (UN – UT) ≈ – UN] gelegt, so daß der
UL
Thyristor V1 gelöscht wird. Der Kondensator C lädt
V1 sich über den Lastwiderstand RL sehr schnell um, so
V2 R2 daß in diesem Kreis kein Strom mehr fließt. Der
UD V5 R1 Widerstand RA ist so hochohmig zu wählen, daß sein
UN T1 Strom unter dem Haltestrom des Ausschalt-Thyristors
V6
USt V2 liegt und somit von allein löscht.
V3 V4 R3 Nun sind die Thyristoren V1 und V2 im gesperrten,
also im Grundzustand.
Zuverlässig funktioniert diese Schaltung nur bei
ohmscher Last. Bei ohmsch-induktiver Last wird der
Bild XV-36 Einfacher Nullspannungsschalter Gleichstromschalter nach Bild XV-38 benutzt. Das
458 Elektronik

Bild XV-38 Die Schaltung nach Bild XV-39 zeigt eine Prinzip-
I
Gleichstromschalter für schaltung mit Thyristoren als Schalter bei Anschluß
ohmsch-induktiver Last an ein Wechselstromnetz, während Bild XV-40 den
Anschluß an ein Drehstromnetz zeigt.
V1 V2 V3
5 Elektronische Steller
L1 L2 Um einen Verbraucher durch ein Halbleiterbauele-
ment nicht nur ein- und auszuschalten, sondern auch
in seiner Leistung zu steuern, gibt es nach Bild
C XV-41 grundsätzlich für Wechselstromnetze die Pha-
senanschnittsteuerung und die Periodengruppensteue-
rung, auch Schwingungspaketsteuerung genannt.
Löschen erfolgt nun mit dem Löschthyristor V2 mit Dem gleichen Zweck dient im Gleichstromnetz der
Unterstützung der Induktivitäten L1 und L2 sowie Gleichstromsteller (Chopper).
des Kondensators, die hier als Reihenschwingkreis Das Grundprinzip einer Phasenanschnittsteuerung mit
wirken. Impulszündung ist im Bild XV-42 dargestellt. Bei
Antiparallel geschaltete Thyristoren (für hohe Ströme), jeder Halbwelle wird der Kondensator C1 über R1
Thyristor mit antiparalleler Diode oder Triacs werden und R2 aufgeladen. Sobald die Kondensatorspannung
von der Industrie als fertige Baugruppen unter der die Durchbruchspannung des Diacs erreicht, zündet
Bezeichnung „Elektronische Lastrelais“ (ELR) an- der Diac, und der Kondensator entlädt sich über den
geboten. Sie ermöglichen das kontaktlose Schalten Diac und die Gatestrecke des Triacs. Dadurch wird
hoher Ströme mit hoher Schalthäufigkeit ohne den der Triac gezündet. Der Phasenanschnittwinkel α
bei Lastschützen auftretenden Lichtbogen mit den kann durch eine Veränderung der Ladezeit des Kon-
negativen Folgen für die Kontakte. Auch phasenrich- densators verändert werden.
tiges Einschalten bei gemischt ohmsch-induktiven
Verbrauchern ist leicht machbar. Anschnittsteuerung
U
L1

N
vt

Last U
Periodengruppensteuerung

vt
Bild XV-39 Thyristoren als Schalter am
Wechselstromnetz
L1
Bild XV-41 Prinzip der Phasenanschnittsteuerung
L2
und Periodengruppensteuerung
L3
Die Impulsdauer dieser Schaltung ist gering und für
stark induktive Lasten nicht verwendbar. Darum
werden Zündschaltungen heute mit integrierten
Schaltungen (z.B. TCA 785, Siemens) zusammen mit
Impulsverstärkern, Zündübertragern und gekoppelten
Reglern realisiert.
Die Phasenanschnittsteuerung dient zum Steuern von
Last Wechselstrommotoren und Lampen. Weiter oben
wurde bereits gezeigt, daß auch bei ohmschen Lasten
Bild XV-40 Thyristoren als Schalter am unter diesen Umständen Blindleistung auftritt. Es
Drehstromnetz treten nichtsinusförmige Ströme auch in den Lampen-
XV Leistungselektronik 459

I ID
RL S
R1
IV R
RG
U Ud
V1
R2 A1 UN
V1 L
A2

V2
C
Bild XV-43 Prinzipschaltung eines
Gleichstromstellers
Bild XV-42 Grundprinzip einer Phasenanschnitt-
id
steuerung mit Impulszündung

kreisen auf, die das Netz belasten und vorgeschaltete ud


Filter erfordern.
Bei der Periodengruppensteuerung schaltet ein Null- i
spannungsschalter die Last periodisch jeweils für eine
bestimmte Anzahl an Perioden der Wechselspannung
ein oder aus. Durch Variation der Ein- oder Aus-
schaltdauer kann man die mittlere Leistung eines iv
Verbrauchers in weiten Grenzen einstellen. Diese t
Steuerungsart eignet sich nicht für Wechselstrom-
motore und Lampen, wohl aber zum Steuern von Bild XV-44 Liniendiagramme zur Schaltung
Widerstandsheizungen. Es treten keine Oberwellen nach Bild XV-43
auf, was diese Steuerungsart netzrückwirkungsarm
gestaltet. Ist der Schalter geschlossen (also U = Ud), fließt
Gleichstromschalter nach Bild XV-38 werden nicht aufgrund der Induktivität L ein linear ansteigender
nur für sporadische Ein- und Ausschaltvorgänge von Strom I in die Last R. Ist der Schalter dagegen offen,
Gleichstromverbrauchern in größeren Zeitabständen wirkt die Diode V1 als Freilaufdiode für die Induk-
verwendet. Im Austausch mit IGBT und SIPMOS- tivität, und es fließt der Strom IV in die Last. Somit
FET können sie in der Schaltung nach Bild XV-43 als wird die Last sowohl in den Ein- wie auch in den
Schalter verwendet werden. Betätigt man den Schalter Ausschaltzeiten vom Strom durchflossen. Das Dia-
S mit variablen Ein- und Ausschaltzeiten (wobei die gramm nach Bild XV-44 zeigt die Liniendiagramme
Summe der Zeiten konstant bleibt), kann man damit der wirkenden Spannungen und Ströme im Zusam-
die Leistungsaufnahme eines Gleichstromverbrau- menhang mit der Zeit t. Der Strom Id ist hier die
chers steuern beziehungsweise „stellen“. Summe aus den beiden anteiligen Strömen.
461

Technische Kommunikation/Technisches Zeichnen


I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung

1 Zeichengeräte Buchstaben kennzeichnen die Härtegrade von Minen:


B = schwarz (weich)
Eine Technische Zeichnung muß nach DIN 6774 Teil 1
H = hart
in der Weise angefertigt werden, daß sie übersichtlich,
HB = hart, schwarz (mittelhart)
unmißverständlich, auch in verkleinertem Maßstab
F = fest.
lesbar bleibt, kostengünstig reproduzierbar und dauer-
haft archivierbar ist. Zu dem Zweck benötigt man Ziffern verweisen auf feinere Abstufungen der Härte-
entsprechendes Papier und angepaßtes Zeichengerät. grade.
Für die Entwurfzeichnung verwendet man Bleistifte, Zirkel, Lineale und Schablonen erleichtern und be-
heute in der Form nachfüllbarer Feinminenhalter mit schleunigen die Zeichenarbeit. Zur Erstellung der end-
Minen definierter Härte und Linienbreite. gültigen Zeichnung werden Tuschefüller und Schrift-

Tabelle I-1 Auswahl wichtiger Normen für das technische Zeichnen


DIN EN ISO 128 Linien
DIN EN ISO 3098 Normschrift
DIN EN ISO 5455 Blattgröße, Maßstäbe
DIN EN ISO 5457 Faltungen von Technischen Zeichnungen
DIN 6771 Schriftfelder und Stücklisten
DIN 6774 Ausführungsrichtlinien
DIN ISO 5455 Maßstäbe
DIN 6789 Zeichnungssystematik
DIN ISO 286 Allgemeine Toleranzen
DIN ISO 1302 Oberflächenangaben
DIN ISO 5456 Dreidimensionale Projektion
DIN ISO 128 Ansichten, Schnittdarstellung
DIN 406 Arten und Regeln der Maßeintragung
DIN ISO 6410 Darstellung von Gewinde
DIN 461 Graphische Darstellungen
DIN EN 61082 Schaltungsunterlagen, graf. Symbole für Schaltpläne
DIN EN 61082 T. 1 Schaltungsunterlagen, Begriffe, Einteilung
DIN EN 61082 T. 2 Regeln für Stromlaufpläne, Funktions- und Schaltpläne
DIN EN 61082 T. 3 Verbindungspläne und -listen, Geräteverdrahtungspläne
DIN 40719 T. 2 Kennzeichnung von Betriebsmitteln
DIN IEC 60971 Stromrichterbenennungen und -kennzeichen
DIN VDE 0281/0293 Leitungen
DIN EN 60617 Schaltzeichen für Schaltungsunterlagen
DIN EN 60617-6 Elektrische Maschinen
DIN EN 60617-11 Meßgeräte, Zähler, Anzeigen, Meßgrößenumformer
DIN VDE 0530 Anschlußbezeichnungen und Drehsinn
DIN 40717 Schaltpläne, Installationspläne
DIN 40712 Veränderbarkeit, Einstellbarkeit, Widerstände
DIN 40713 Schaltglieder, Antriebe, Auslöser
DIN 40714 Transformatoren, Drosselspulen, Wandler
DIN 40719 T9 Ausführung von Anschlußplänen
DIN 40719 T10 Ausführung von Anordnungsplänen
DIN 40719 T11 Zeitablaufdiagramme – Schaltfolgediagramme
DIN 66001 Informationsverarbeitung
IEC 617-12 Computertechnik
DIN 46199 Anschlußbezeichnungen
462 Technische Kommunikation

sowie Schreibschablonen verwendet, die der Prüf- werden als Zeichnungsnormen vom Deutschen Insti-
norm DIN 6775 entsprechen. Sie können für das tut für Normung (DIN) herausgegeben, wobei diese
normgerechte Zeichnen und Beschriften nach DIN 15 die Normen und Empfehlungen der Internationalen
Teil 1 und 2 verwendet werden. Normenorganisation (ISO = International Organiza-
Auf die Geräte und Maschinen, die beim computer- tion for Standardization) zur weltweiten Vereinheitli-
gestützen Zeichnen (CAD = computer aided design) chung berücksichtigen.
Verwendung finden, soll in Abschn. 4 eingegangen Eine Auswahl wichtiger Normen für das technische
werden. Zeichnen, hier besonders für die Elektrotechnik, sind
Zeichenpapier ist meist dicker als normales Schreib- in Tabelle I-1 zusammengefaßt.
papier und für die Verwendung von Tuschefüllern
geeignet. Häufig wird festes, durchscheinendes
Transparentpapier verwendet, das für das Lichtpaus- 3 Darstellung und Bemaßung
verfahren geeignet ist. von Körpern
Die Blattgröße, sprich das Papier-Format, ist nach DIN
Eine Technische Zeichnung ist in vervielfältigter
6771 T6 festgelegt. Diese Normreihe ist so gestaltet,
Form oder als Verkleinerung nur dann einwandfrei zu
daß durch fortgesetztes Falten bzw. Schneiden des
lesen, wenn die Strichstärken nach DIN 15 ausgeführt
Blattes in der Mitte jeweils das nächst kleinere Format sind. Zur Unterscheidung von Werkstück und Hilfsli-
entsteht. Das Ausgangsformat ist gleich der metrischen
nien sowie der Bemaßung benötigt man grundsätzlich
Flächeneinheit, d.h., A0 entspricht der Größe 1 m2.
zwei verschiedene Linienbreiten. Zusätzlich ist noch
Alle Zeichenblattgrößen können in der Hoch- oder
eine Linienbreite für die Schrift und die graphischen
Querlage verwendet werden. Bevorzugt sind die Symbole vorgesehen. Für die zeichnerische Darstel-
Formate A4 bis A0 zu verwenden. Bei A4-Format
lung ist vorzugsweise die Liniengruppe 0,5 und für
wird die Hochlage bevorzugt.
die größeren Formate A1 und A0 die Liniengruppe
0,7 nach Bild I-1 anzuwenden.
2 Normen für Technische Zeichnungen In der Liniengruppe 0,5 ist für die Schrift und die
graphischen Symbole die Linienbreite 0,35 und in der
Die moderne Produktion ist gekennzeichnet durch Liniengruppe 0,7 die Linienbreite 0,5 zu verwenden.
eine extreme Arbeitsteilung. Die Technische Zeich- Eine Übersicht über die verwendeten Linienarten und
nung ist hierbei als Informationsträger über Pla- ihre Verwendung in Technischen Zeichnungen gibt
nungsvorgaben, die Vorbereitung und Ausführung Bild I-1.
von Anlagen und Geräten zu betrachten. Es handelt Technische Zeichnungen werden beschriftet mit
sich um Beschreibungen, die vollständig alle Fakten Buchstaben und Zeichen nach DIN 6776 ISO 3098.
wiedergeben, aber keine unnötigen Angaben enthal- Bild I-2 zeigt die Normschrift des deutschen Alpha-
ten. Die Darstellung ist weitestgehend symbolhaft mit bets in der vertikalen Form und die griechische
einem Minimum an Textangaben, was die internatio- Schrift in der schrägen Form. Aufgrund der Forde-
nale Kooperation vereinfacht. rung nach guter Lesbarkeit auch bei Verkleinerung
Die Übersichtlichkeit und Eindeutigkeit von Techni- der Vorlage besteht ein enger Zusammenhang zwi-
schen Zeichnungen wird durch das strikte Einhalten schen Linienbreite, Schrifthöhe und Zeichenabstand,
von vereinbarten Regeln erreicht. Diese Regeln wie in Bild I-2 dargestellt.

Linienart Benennung Linienbreite in mm Verwendung


Volllinie (breit) 0,25 0,35 0,5 0,7 1,0 1,4 2 sichtbare Kanten u. Umrisse
Volllinie (schmal) Maß- u. Maßhilfslinien
0,13 0,18 0,25 0,35 0,5 0,7 1 Schraffuren
Freihand- oder Begrenzungen von
Zickzacklinie (sm) abgebrochenen Ansichten
Strichlinie 0,25 0,35 0,5 0,7 1,0 1,4 2 verdeckte Kanten
(breit)
Strichpunktlinie 0,13 0,18 0,25 0,35 0,5 0,7 1 Mittel-, Symmetrielinien
(schmal)
Strichpunktlinie 0,25 0,35 0,5 0,7 1,0 1,4 2 Kennzeichnung von
(breit) Behandlungsarten
Strich-Zweipunkt- 0,13 0,18 0,25 0,35 0,5 0,7 1 Umrisse von angrenzenden
linie (schmal) Teilen
Bild I-1 Benennung und Verwendung von Linien nach DIN EN ISO 128
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 463

Kenngröße Form A (d = h/14) Form B (d = h/10)


h 2,5 3,5 5 7 10 14 20 2,5 3,5 5 7 10 14 20

a 0,35 0,5 0,7 1 1,4 2 2,8 0,5 0,7 1 11,4 12 2,8 14


b 3,5 5 7 10 14 20 28 3,5 5 7 10 14 20 28
c – 2,5 3,5 5 7 10 14 – 2,5 3,5 15 17 10 14
d 0,18 0,25 0,35 0,5 0,7 1 1,4 0,25 0,35 0,5 10,7 11 11,4 12
e 1,05 1,5 2,1 3 4,2 6 8,4 1,5 2,1 3 14,2 16 18,4 12

Bedeutung der Kenngrößen:

h
h Höhe der Großbuchstaben

c
a Abstand zwischen zwei Buchstaben bei einem Wort
b Zeilenabstand
c Höhe der Kleinbuchstaben d a e
d Schriftdicke

b
e Abstand zwischen zwei Wörtern

h
Die Schrift darf vertikale oder unter einem
Winkel von 15° nach rechts geneigt sein.

Alpha Beta Gamma Delta Epsilon Zeta Eta Theta Jata Kappa Lambda My

Ny Ksi Omikron Pi Rho Sigma Tau Ypsilon Phi Chi Psi Omega

Alpha Beta Gamma Delta Epsilon Zeta Eta Theta Jata Kappa Lambda My
h

Ny Ksi Omikron Pi Rho Sigma Tau Ypsilon Phi Chi Psi Omega

Bild I-2 Normschrift nach DIN 6776 ISO 3098

In den meisten Fällen kann das Werkstück nicht in Form, Inhalt und Anordnung des Schriftfeldes für A4
seiner natürlichen Größe dargestellt werden. Nach Formate nach DIN 6771 T1 zeigt Bild I-4, während
DIN ISO 5455 werden in Technischen Zeichnungen die Gestaltung Technischer Zeichnungen für A3
die in Bild I-3 empfohlenen Maßstäbe verwendet. Die Formate nach DIN 6771 T5 in Bild I-5 dargestellt
vollständige Angabe eines Maßstabes besteht aus dem wird mit Beschreibung der wichtigsten Angaben im
Wort „Scale“, in der Bundesrepublik Deutschland Schriftfeld. Das Blatt ist mit der Rahmeneinteilung
„Maßstab“ und der Angabe des Maßstabsverhältnis. für elektrotechnische Darstellungen als Grobraster
vorbereitet.
Maßstäbe DIN ISO 5455 12/79 Bei Zeichnungen für die Arbeitsvorbereitung umfaßt
Art Empfohlene Maßstäbe das Schriftfeld noch eine Stückliste, die jedoch auch
Verkleinerungen 1 : 2 1:5 1 : 10 als Beiblatt angefügt werden kann. Die Stückliste
1 : 20 1 : 50 1 : 100 kann für die Kalkulation, die Bestellung von Bau-
1 : 200 1 : 500 1 : 1000
1 : 2000 1 : 5000 1 : 10000 oder Ersatzteilen uvm. verwendet werden.
Vergrößerungen 50 : 1 20 : 1 10 : 1 Die Leserichtung der Zeichnung entspricht grund-
5:1 2:1 sätzlich der Leserichtung des Schriftfeldes. Alle
Natürliche Größe 1:1 Maße, Symbole und Wortangaben sind so ein-
Der in der Zeichnung verwendete Maßstab ist im
Schriftfeld der Zeichnung einzutragen. zutragen, daß sie von unten oder von rechts lesbar
sind, wenn die Zeichnung in Leserichtung gehalten
Bild I-3 Empfohlene Maßstäbe nach DIN ISO 5455 wird.
464 Technische Kommunikation

5
20

Blattrand
43 87
25 18 36

6,5
Heftrand

(Zul.Abw.) (Ober- Maßstab (Gewicht)


fläche)
10 (Werkstoff)

11
Datum Name (Benennung)
Bearb
21

Gepr.

55
Norm

(Firma) (Zeichnungsnummer) Blatt


4,2

4,2
13

Blätter
Urspr. Ers. für: Ers. durch:
4,2

13
Alle Maße sind Ungefährmaße 43
130

Schriftfeld

Bild I-4 Anordnung des Schriftfeldes für A4 Format nach DIN 6771
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 465

1 2 3 4 5 6 7 8

A A

B Heftrand B

C C

D 61 38,1 81,3 43,2 68,6 71,1 (45,7) D

4a
a
10

30,5 71,1
E E
14 17 15a 15c 11 18 9 12 1 13

F F
Schriftfeld
1 2 3 4 5 6 7 8

Feld Eintragung
1 Kennzeichnungsblöcke von Anlage
und Ort
(z.B. nach DIN 40 719, Teil 2)
7 Änderungsvermerke
8a Datum
9 Sondervermerke des Zeichnungs-Erstellers
9a Bearbeitungs- und Prüfvermerke
10 Benennung
11 Firma (Zeichnungs-Ersteller)
12 Unterlagen-Nummer,
Zeichnungs-Nummer
13 Blatt-Nummer und gegebenenfalls
Anzahl der Blätter
14 Ursprung
15a Ersatzvermerke:
Ersatz für . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15b Ersetzt durch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 Auftraggeber, Auftragsbezeichnung
Bild I-5
18 Zeichnungsnummer des Auftraggebers Anordnung des Schriftfeldes für A3 Format
nach DIN 6771
466 Technische Kommunikation

Die Norm DIN 406/ISO 129 gilt für das Eintragen Maßlinien werden im allgemeinen nach Bild I-7
von Maßen in Technischen Zeichnungen, nicht je- rechtwinklig zu den Körperkanten gezeichnet, wobei
doch für die Maßeintragung durch Koordinaten und die erste Maßlinie einen Abstand von etwa 10 mm
für die maschinelle Programmierung von numerisch zur Körperkante hat und weitere Maßlinien im Ab-
gesteuerten Arbeitsmaschinen. stand von 7 mm gezeichnet werden. Als Maßlinien-
Die Bemaßung kann auf drei Arten erfolgen: funkti- begrenzung dienen Pfeile und Punkte nach Bild I-8a.
onsbezogen nach Bild I-6a, fertigungsbezogen nach Es können auch Schrägstriche nach Bild I-8b ver-
Bild I-6b oder prüfbezogen nach Bild I-6c. Alle drei wendet werden, die stets von links unten nach rechts
Bemaßungsarten können auch gleichzeitig angewen- oben verlaufen bezogen auf die jeweilige Maßlinie
det werden und sind häufig gleich. 4 +0,1 und unter einem Winkel von 45°. Innerhalb einer

4 +0,1
4 +0,1
6 +– 0,3 15 +– 0,3 6+– 0,3 4 +0,25
–0,3 19 +0,1
0

a) 21 +– 0,3 b) c)

Bild I-6 Bemaßungsarten nach DIN 406/ISO 129


a) funktionsbezogen
b) fertigungsbezogen und
c) prüfbezogen

Eine funktionsbezogene Bemaßung liegt vor, wenn 1,5d


bestimmten Maßen im Hinblick auf die Funktion des 5d
Teiles eine maximale Toleranz zugeordnet ist und
15o

deren Überschreiten zur funktionellen Unbrauchbar-


keit führt.
Eine fertigungsbezogene Bemaßung liegt vor, wenn 2,5d
sich die Maße ohne Umrechnung direkt für die Ferti-
gung verwenden lassen.
Eine prüfbezogene Bemaßung liegt vor, wenn sich
die Maße ohne Umrechnung direkt für die Prüfung
verwenden lassen. 40
Nach DIN 7182 T1 besteht ein Maß aus einer Maß-
zahl und einer Maßeinheit. In Technischen Zeichnun- 40
gen wird bei Millimetermaßen auf die Maßeinheit
verzichtet. Bild I-8 Maßlinienbegrenzung
Bei der Maßeintragung sind die Linienbreiten nach a) mit Pfeilen und Punkten
DIN 15 (siehe Bild I-1) anzuwenden. b) mit Schrägstrichen

Bild I-7 technischen Zeichnung ist grundsätzlich nur eine Art


Blechbemaßung der Maßlinienbegrenzung anzuwenden. Winkelanga-
ben werden bei Blechen im allgemeinen nach Bild
I-9a durch Längenangaben vorgenommen. Bei fla-
chen Werkstücken, z.B. Blechen, wird die Werk-
25
50

stückdicke in der (Bild I-7) oder neben der Darstel-


lung (Bild I-9b) mit dem Buchstaben t angegeben.
Bei Platzmangel wird der Punkt in Kombination mit
15

dem geschlossenen Pfeil nach Bild I-10 verwendet,


t= 4
bei nicht ausgefüllten Pfeilen wird der Schrägstrich
10 verwendet.
40 Maßlinien werden vorzugsweise durchgezogen,
wobei die Maßzahl stets über der Maßlinie steht. Bei
Maßlinie Platzmangel dürfen die Maße nach Bild I-11 einge-
Maßzahl tragen werden. Maßlinien werden parallel zu dem
Maßpfeil anzugebenden Maß oder als Bogen zwischen den
Maßhilfslinie Schenkeln eines Winkels nach Bild I-12 eingetragen.
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 467

15 Bild I-9
Bemaßung von Blechen
mit Durchbrüchen

40
40

20
30
15
15

t=2
5
10 10 20 t=2
40 40

2 2 Winkelmaße werden in der Art nach Bild I-13 einge-


a) 20 4 4 4 8
tragen. Eintragungen sollten in den schraffierten
Bereichen vermieden werden; ist dieses nicht mög-
lich, so ist die Schraffur an der Stelle zu unterbre-
2 2 chen. Mittellinien und Körperkanten dürfen nicht als
20 4 4 4 8
b) Maßlinien benutzt werden. Maßzahlen dürfen nicht
durch Linien geschnitten werden.
Bild I-10 Bemaßung in Ausnahmefällen
Radien bzw. Halbmesser dienen zum Bemaßen von
Rundungen an Werkstücken. Bei der Wahl der Ra-
dien sind die Rundungshalbmesser nach DIN 250 zu
8 benutzen. Maßzahlen für Radien werden nach Bild I-
14 stets durch ein vorgestelltes großes „R“ gekenn-
zeichnet. Die Maßlinien für Radien erhalten nur einen
Maßpfeil am Kreisbogen. Der Mittelpunkt des Radius
muß nur gekennzeichnet werden, wenn seine Lage
aus Funktions- oder Fertigungsgründen festgelegt
sein muß. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, bei
Bild I-11 großen Radien die Lage des Mittelpunktes in der Art
3,5
Bemaßung bei Platzmangel nach Bild I-15 festzulegen. Einfaches Anreißen eines
Langloches wird bei Verwendung der Maßeintragung
nach Bild I-16 unterstützt.
20 60o
20
R1

0
R1

t=2
Bild I-12 Eintragen von Maßlinien
40

43°
R6
90
°

R4
90

Bild I-14
58

40
°

Blech mit Radien


65

40

R4
11


21°

°
83

15
25°

°
75

t=2
R60
°

50°
90

15°
90
°
Bild I-15
5 Blech mit
Bild I-13 Eintragen von Winkelmaßen großen Radien
468 Technische Kommunikation

40 Bild I-16 Da bei der Herstellung von Werkstücken die Nenn-


Blech mit Langloch maße nicht genau eingehalten werden können, erhal-
t=2 ten unter Berücksichtigung der Funktion und einer
wirtschaftlichen Fertigung die Nennmaße maximal

25
10
zugelassene Abweichungen, Toleranzen. Bei Maßen
R5

ohne Toleranzangaben sind die Freimaßtoleranzen

7,5
nach DIN 7168 zu beachten. Die Maßeintragung in
5
Technischen Zeichnungen ist nach DIN 406 festge-
30
legt. Grenzabmaße sind nach Bild I-20 hinter der
Maßzahl des Nennmaßes einzutragen; das obere
Ist aus der Zeichnung nicht eindeutig erkennbar, daß Grenzabmaß steht hierbei höher, das untere Grenz-
das dargestellte Teil eine kreisrunde Form hat, so ist abmaß tiefer als das Nennmaß.
vor die Maßzahl ein Durchmesserzeichen ∅ nach Das ISO-Toleranzsystem nach DIN 7150 gilt für
Bild I-17 zu setzen. Hier ist eine fertigungsbezogene Längenmaße von 1 bis 500 mm, die in 13 Nennmaß-
Bemaßung zu erkennen, was durch die Eintragung bereiche eingeteilt sind. Nach DIN 7152 werden sog.
der Maßbezugsebene gefördert wird. ISO-Toleranzfelder nach Bild I-21 festgelegt. Hierbei
Bei quadratischen Formen ist vor die Maßzahl das haben die A(a)-Felder bzw. die Z(z)-Felder den größ-
Quadratzeichen ⵧ zu setzen. Ein eingetragenes Dia- ten Abstand zur „Nullinie“, wobei für Bohrungen das
gonalkreuz weist zusätzlich auf eine ebene Fläche A-Feld oberhalb und das Z-Feld unterhalb der Nulli-
hin. nie liegt. Die H(h)-Felder liegen an der Nullinie.
Durch Bruchkanten nach DIN 6 werden Werkstücke Ein ISO-Toleranzfeld wird durch ein ISO-Toleranz-
verkürzt dargestellt, um Platz zu sparen. Bei der kurzzeichen gekennzeichnet, das aus einem Buchsta-
Eintragung nach Bild I-18 sind die Linienbreiten nach ben zur Lagebestimmung und einer Zahl zur Tole-
DIN 15 (siehe Bild I-1) anzuwenden. ranzgrößenbestimmung nach DIN 7151 besteht. Alle

Bild I-17 R2 Maßbezugsebene


Fertigungsbezogene Bemaßung R2 1,5x45o
R1
eines Stufenbolzens
30

20

15
12,5

12,5

18
40 3,2
55

o
50 45
5 50
3,2 3,2 3x45o
42
42

58

38

56

38
38

18 o 18
30 12,5
65 105,5
240

Voraussetzung für große Serien- und Massenferti- ISO-Toleranzfelder lassen sich „beliebig“ kombinie-
gung ist, daß die gefertigten Teile ohne Nacharbeit ren.
eingebaut und wahllos untereinander ausgetauscht Aus Kostengründen werden die Toleranzfeldkombi-
werden können. Die Maße der ineinanderzufügenden nationen nach dem Paßsystem der Einheitsbohrung
Teile müssen so festgelegt werden, daß entsprechend (DIN 7154) oder der Einheitswelle (DIN 7155) aus-
ihrer Funktion Spiel oder Übermaß nach Bild I-19 gewählt. In beiden Systemen erhält der Innen-
entsteht, also z.B. Welle in Bohrung mit Lagerspiel, bzw. Außenpaßteil die Toleranzfeldlage H bzw. h
Bolzen in Bohrung mit Preßsitz. nach Bild I-22. Aus der Lage der ISO-Toleranzfelder
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 469

Übermaß
20
800

Spiel
Vollzylinder

2,5
Paarung mit Spiel oder Übermaß

20

pu
p0
Übermaß

p0
pu
650 Spiel

Hohlzylinde
Hohlzylinder
1:20

Grenzpaarungen
30

Bild I-19 Paarung mit Spiel oder Übermaß,


Grenzpassungen
3o

600
+ 0,1
Kegelstumpf 32 – 0,2
Bild I-18 Darstellung von Bruchkanten nach DIN 6 32,198 –0,020
a) Vollzylinder 32 +– 0,1 32,195 30f7 –0,041
b) Hohlzylinder
c) Kegelstumpf a) b) c)

gefügter Paßteile entstehen somit Spieltolerenzen,


Übergangstoleranzen oder Übermaßtoleranzen. 2
Jede für den jeweiligen Betriebszweck zu klein ge- 1
wählte Toleranz verteuert unnötig das Produkt. Daher
12H7/h6
werden, wenn es die Betriebssicherheit erlaubt, weite
+0,3
Maßtoleranzen angewendet. 1 30+0,1
Eine Passungsauswahl, die den meisten Anforderun- –0,1
gen der Fertigung genügt, ist in DIN 7157 T2 festge- 2 30–0,2
legt als Reihe I.
Bei ISO-Toleranzfeldkurzzeichen nach DIN 7150 H7
stehen nach Bild I-23 gemäß DIN 406 die Innenmaß- 12h6
bezeichnungen über denen für die Außenmaße. d) e)
Die Oberflächenrauheit eines Werkstückes wird nach
DIN 4760 beschrieben und im Hinblick auf seine Bild I-20 Maßeintragung nach DIN 406 und
Funktion und wirtschaftliche Fertigung gewählt. Freimaßtoleranzen nach DIN 7168

z
j
A h
0
H J a
Nennmaß

a) b)
Bild I-21 ISO-Toleranzfelder nach DIN 7152 bei
a) Bohrungen
b) bei Wellen
470 Technische Kommunikation

A Die Oberflächengüte wird nach DIN ISO 1302 durch


B
C Bohrungen Rauheitsmaße und ihre Darstellung in Technischen
D E
F G
H J K Zeichnungen festgelegt. Bild I-24 zeigt die Lage der
M N
0 P 0 Oberflächenangaben am Symbol. Darin bedeutet:
R
h S
Z
a = Mittenrauhwert in mm oder mit dem Rauheitsgrad
Einheitswelle b = Fertigungsverfahren, Behandlung oder Überzug
c = Bezugsstrecke
d = Rillenrichtung
Spiel Spiel od. Übermaß e = Bearbeitungszugabe
Übermaß
f = andere Rauheitsmeßgrößen

Nähere Erläuterung in Auswahl gibt die Tabelle I-2


nach DIN ISO 1302. Symbole mit Zusatzangaben
Einheitsbohrung nach Bild I-24 sind so anzuordnen, daß sie von unten
H s-z oder von rechts zu lesen sind, ausgenommen an
r
0 0 Rundungen.
m n p
g h j k Bei einheitlicher Oberflächenbeschaffenheit eines
e f
c d Wellen Teiles genügt nach Bild I-25 eine Oberflächenangabe
b in der Nähe des Teiles, während bei Drehkörpern
a
nach Bild I-26 die Oberflächenangaben an einer der
Spiel Spiel od. Übermaß beiden symmetrischen Mantellinien einzutragen sind.
Übermaß Oberflächenangaben für Innenrundungen wie Hohl-
kehlen, Bohrungen, Außenrundungen und Schrägen
Bild I-22 Paßsystem der Einheitsbohrung oder
sind nach Bild I-27 auf die Maßlinie des Radius
der Einheitswelle

8 67 Bild I-23
Bemaßung von
Toleranzen gemäß
16h9

DIN 406
48d11
H7
50 r6

40e8

37,5
60

H8
16

+0,2
50 1,85
H11
48

DIN 4761 enthält die Grundlagen zur qualitativen RZ 40


Beschreibung, Einteilung und Klassierung techni-
scher Oberflächen. Prüfung der Rauheit erfolgt nach
DIN 4775 mit einer Anzahl von Einzelmessungen in
Bild I-25
folgender Reihenfolge:
Oberflächenangabe bei
• Sichtprüfung auf Fehler wie Risse, Rillen, Poren, einheitlicher Oberflächen-
usw. beschaffenheit
• Sicht- und/oder Tastvergleich mit Oberflächenver-
gleichsmustern nach DIN 4769 T1
RZ 25
• Messung mit elektrischen Tastschnittgeräten nach RZ 16
DIN 4772

b Bild I-26
a c(f) RZ 10
Bild I-24 Oberflächen-
e d Lage der Oberflächenangaben angabe bei
am Symbol Drehkörpern
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 471

Tabelle I-2 Symbole ohne/mit Angaben nach DIN ISO 1302


1. Symbole ohne Angaben

Symbol Bedeutung
1.1 Grundsymbol. Es soll nur allein benutzt werden, wenn seine Bedeutung
durch eine zusätzliche Wortangabe erläutert wird.

1.2 Kennzeichnung für eine materialabtrennend zu bearbeitende Oberfläche


ohne nähere Angaben.

1.3 Kennzeichnung für eine Oberfläche, für die eine materialabtrennende Bear-
beitung nicht zugelassen ist.
Dieses Symbol ist auch in Zeichnungen anzuwenden, um festzulegen, daß
die Oberfläche in dem Zustand eines vorhergehenden Arbeitsganges zu be-
lassen ist, unabhängig davon, ob dieser Zustand durch materialabtrennende
Bearbeitung oder auf andere Weise erreicht wurde.

2. Symbole mit Angaben über prinzipielle Oberflächen-Kriterien

Symbol Bedeutung
Entfernung von Material ist
freigestellt gefordert unzulässig
2.1 3,2 3,2 3,2 Eine Oberfläche mit
Angabe der größten
zulässigen Rauheit
Ra von 3,2 mm

2.2 6,3 6,3 6,3 Eine Oberfläche mit


1,6 1,6 1,6 Angabe der größten
Ra = 3,2 mm und kleinsten
Ra = 1,6 mm zulässigen
Rauheit

3. Symbole mit zusätzlichen Angaben


Die Symbole dürfen einzeln oder mit einem Symbol zusammen verwendet werden.

Symbol Bedeutung
3.1 gefräst Herstellungs-Verfahren: gefräst

3.2 2,5 Bezugsstrecke: 2,5 mm

3.3 Rillenrichtung: Senkrecht zur Projektionsebene der Ansicht

3.4 Bearbeitungszugabe: 2 mm
2

3.5 (R1= 0,4) Angabe einer anderen Rauheitsmeßgröße als Ra in Klammern, z.B.
Rt = 0,4 mm
472 Technische Kommunikation

Bild I-27 Die isometrische Darstellung nach Bild I-28 findet


3,
2
Oberflächenangabe Anwendung, wenn an einem Körper Wesentliches in

6
R3

1,
bei Innen- und drei Ansichten gezeigt werden soll. Alle Abmessun-

6,
Außenrundungen, gen werden im gleichen (= iso) Maßstab gezeichnet.

3
R3
Schrägen Bild I-29 zeigt ein Beispiel für isometrische Darstel-
lung mit Maßeintragung.

(Durchmessers) bzw. auf eine besondere Linie an die

1:1
Schräge zu setzen.
Mit Hilfe der Projektion lassen sich u.a. Körper auf

42°
19° 1:1

2
1:
einer Ebene darstellen. Man benutzt zu dem Zweck
die Zentral- und Parallelprojektion. 7°
Bei der allgemeinen Parallelprojektion verlaufen die
Projektionsstrahlen parallel zueinander und treffen
schräg, also unter einem bestimmten Winkel, auf die
Projektionsebene. Diese Methode liefert sehr an-
schauliche Abbildungen mit nur begrenzter Maßge-
nauigkeit. Sie wird angewendet bei den axonometri-
schen Projektionen, zu denen nach DIN 5 T1 die
isometrische Projektion und nach DIN 5 T2 die
dimetrische Projektion zählen. Bild I-30 Dimetrische Darstellung nach DIN 5

4
5

18
5
32

11,5
30°
35°

30°

10
Bild I-31
15 22 Beispiel für dime-
32 trische Darstellung
mit Maßeintragung

Man wählt die dimetrische Darstellung nach Bild I-


30, wenn vorwiegend in der Vorderansicht Wesentli-
ches gezeigt werden soll. Es werden hier zwei (= di)
Maßstäbe verwendet. Bild I-31 zeigt ein Beispiel für
dimetrische Darstellung mit Maßeintragung, wobei
Bild I-28 Isometrische Darstellung nach DIN 5 der Körper nach Bild I-29 erneut Verwendung findet.
Bei der senkrechten Parallelprojektion (Normalpro-
jektion), auch orthogonale oder rechtwinkelige Pro-
Bild I-29 jektion genannt, verlaufen die Projektionsstrahlen
5 parallel zueinander und treffen senkrecht auf die
Beispiel für isometrische
Darstellung mit Maßeintragung Projektionsebene. Diese Darstellung wird nach DIN 6
für Technische Zeichnungen verwendet und liefert
32

maßgerechte Ansichten des Werkstückes nach Bild


I-32.
18

4
11,5

Meist wird der Körper in drei senkrecht zueinander


4 stehende Ebenen projiziert und zwar in die Vorderan-
10 sicht, die Draufsicht und die Seitenansicht von Links.
5
32 Durch Klappen der Vorderansicht um 90° nach vorn
15 22 entsteht die Draufsicht und durch Klappen der Vorder-
ansicht um 90° nach rechts entsteht nach Bild I-33
die Seitenansicht. Zwischen Seitenansicht und Drauf-
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 473

Bild I-32 Bild I-35 zeigt ein vollständig bemaßtes Beispiel mit
Normalprojektion verdeckten Kanten. Die Linienbreite ist gemäß Bild I-
nach DIN 6 1 zu verwenden.

Untersicht 8 10
15
Hüllform

10

15

40
Seiten- Vorder- Seiten- Rück-
ansicht ansicht ansicht ansicht

10
Draufsicht
10
25
(6) (2)
(6)
(5) 8 10
2 1
1 5
Seitenansicht

10

Vorder-

15
ansicht

40
(7) (7) (3)
(8) 3

10
4
um 90 o

4 8 10
(7)
25
(8) o verdeckte
(3) um 90 Körperkanten
(4) 5 6
15

Draufsicht
2
1 Bild I-35 Vollständig bemaßtes Beispiel mit
verdeckten Kanten
Bild I-33 Entstehung von Draufsicht, Vorderansicht
und Seitenansicht Um Werkstücke und Bauelemente in ihrer inneren
Form besser darstellen zu können, schneidet man den
sicht werden die Körperkanten mittels einer Geraden Körper auf und stellt die Schnittfläche dar. Ein
unter 45° zur Projektionsachse (siehe Bild I-28 und Schnitt ist die gedachte Zerlegung eines Werkstückes
I-30) übertragen. durch eine Ebene senkrecht zur Zeichenebene.
Es können auch beliebige Ansichten dargestellt Schnittflächen werden nach DIN 6 durch schmale
werden. Ausgehend von der Vorderansicht wird dann Vollinien in gleichmäßigem Abstand unter einem
nach Bild I-34 für jede Ansicht die Betrachtungsrich- Winkel von 45° zu den Hauptumrissen oder einer
tung durch einen Pfeil mit einem Großbuchstaben Achse schraffiert.
gekennzeichnet. Treffen Schnittflächen mehrerer Teile zusammen, so
sind die Schraffurlinien der verschiedenen Schnitt-
A flächen nach Bild I-36 entgegengesetzt zueinander zu
C

A B
C

Bild I-36
Zusammentreffen
B mehrerer
Schnittflächen
Bild I-34 Festlegung der Betrachtungsrichtung
474 Technische Kommunikation

Bild I-37
Schmale, voll
geschwärzte
Schnittflächen

zeichnen, wobei auch der Abstand der Linien enger


oder weiter gesetzt werden kann. Schmale Schnittflä-
chen werden nach Bild I-37 voll geschwärzt. Stoßen
mehrere schmale Schnittflächen aneinander, so ist
zwischen diesen nach Bild I-38 ein geringerer Ab-
stand zu lassen, damit Fugen entstehen. Für Beschrif-
tungen innerhalb von Schnittflächen ist die Schraffur
zu unterbrechen.
Bild I-40 Halbschnitt

Werkstücken wird der Halbschnitt bevorzugt rechts


angeordnet. Die Trennlinie wird durch die Mittellinie
Bild I-38 (Symmetrieachse als strichpunktierte Linie) gebildet.
Schmale Profilquerschnitte

Bild I-39
Vollschnitt

Bild I-41 Teilschnitt (Ausbruch )

Beim Teilschnitt nach Bild I-41 (Ausbruch) wird nur


ein Teil des Werkstückes geschnitten gezeichnet und
hat als Begrenzungslinie die Freihandlinie nach
Beim Vollschnitt nach Bild I-39 denkt man sich die DIN 15 oder eine Zickzacklinie auf Plotterzeichnun-
vordere Werkstückhälfte ganz herausgeschnitten. gen.
Beim Halbschnitt nach Bild I-40 ist ein Viertel des Verläuft ein Schnitt nicht in einer Ebene, sondern
Körpers herausgeschnitten gedacht. Er wird ange- versetzt oder unter verschiedenen Winkeln nach
wendet als vereinfachte Darstellung von spiegelbild- Bild I-42, so wird er mit einer breiten Strichpunktli-
gleichen Hohlkörpern, um durch die Schnitthälfte nie in einer Ansicht gekennzeichnet. Die Blickrich-
die innere Form und durch die Ansichtshälfte die tung auf die Schnittfläche wird mit Pfeilen verdeut-
äußere Form zu verdeutlichen. Bei symmetrischen licht. Sind mehrere Schnitte vorhanden, so sind die

Bild I-42
B Schnitt A - B Schnitt unter verschiedenen Winkeln
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 475

A Wichtigstes Gewinde ist Metrisches ISO-Gewinde


und Metrisches ISO-Feingewinde nach DIN 13 neben
dem Metrischen ISO-Trapezgewinde nach DIN 103,
Metrischen Sägengewinde nach DIN 513, Whitworth-
Rohrgewinde nach DIN 259 und DIN 2999 und
Rundgewinde nach DIN 405 (z.B. Elektrogewinde
B C E 14).
Nach DIN ISO 6410 wird in der Schnittdarstellung
der Gewindedurchmesser als schmale und der Kern-
durchmesser als breite Vollinie nach Bild I-45 und
Bild I-46 dargestellt. Bei der Gewindedarstellung in
der Draufsicht finden die Darstellungen des 3/4-
D Schnitt A - D Kreises nach Bild I-47a und b Anwendung. Bei
Bild I-43 Schnitt in mehreren Ebenen Innengewinde in Ansichtdarstellung nach Bild I-48a
und Bild I-49a werden 2 Strichlinien zur Darstel-
lung verwendet. Gewindebegrenzung ist auch in
betreffenden Strichpunktlinien am Anfang und Ende
Schnittdarstellung nach Bild I-48b mit breiter Voll-
durch Großbuchstaben näher zu kennzeichnen. Das
linie zu zeichnen. Der Gewindeauslauf in Kern-
jeweilige Schnittbild ist mit derselben Buchstaben-
löchern bei Innengewinde nach Bild I-49b wird i.d.R.
kombination zu versehen.
nicht gezeichnet. Die vollständige Darstellung des
Bei Schnitten in mehreren Ebenen ist die Kenn-
Gewindes in einem Kernloch ist in Bild I-49c voll-
zeichnung und Darstellung nach Bild I-43 vorzuneh-
zogen.
men.
Eine vollständig bemaßte Montageplatte ist in Bild I-
50 gezeichnet mit der Darstellung und Kennzeich-

nung der Innengewinde (M10).


60°
60°

30°
55°

DIN 199 T1 listet in alphabetischer Reihenfolge die


30°
30°

wichtigsten Zeichnungsbegriffe auf, definiert Form


und Inhalt knapp und dient somit der Vereinheitli-
chung der Terminologie für Zeichnungen. Eine Ge-
a) b) c) d) e) f) samtzeichnung enthält z.B. eine Maschine, eine
Bild I-44 Grundformen der gebräuchlichsten Anlage oder ein Gerät im zusammengebauten Zu-
Gewinde stand.
a) metrisches Regelgewinde Eine Gruppenzeichnung nach Bild I-51 zeigt auch das
b) metrisches Feingewinde zusammengebaute Gerät maßstabsgetreu und korrekt
c) Whitworth-Rohrgewinde in der räumlichen Lage, jedoch sind nur die Einzel-
d) Trapezgewinde heiten dargestellt, die von Bedeutung sind. So sind
e) Sägengewinde hier verdeckte Kanten nur enthalten, als sie zusätzlich
f) Rundgewinde erforderliche Informationen liefern. Die Bemaßung
ist hier in den Teilzeichnungen vorgenommen wor-
Sämtliche Gewindearten werden nach DIN ISO 6410 den. Schriftfeld und Stückliste liefern die restlichen
vereinfacht dargestellt. Genormte Gewinde werden erforderlichen Angaben für die Fertigung.
mit ihren Kurzzeichen nach DIN 202 benannt. Die Das Lesen einer Technischen Zeichnung beginnt mit
Gewinde werden durch ihr Profil, die Steigung, die der Entnahme der wichtigsten Grundinformationen
Gangzahl und den Windungssinn bestimmt. Die aus dem Schriftfeld, z.B. Maßstab. Die Analyse
Grundformen der gebräuchlichsten Profile sind in der Aufgabe und Funktion des Gerätes schließt sich
Bild I-44 dargestellt. an.

Außendurchmesser & Gewindebegrenzung


als breite Vollinie
o
Kegelkuppe 45 3/4 Kreis
d

b
l
Gewindekernlinie Bild I-45
als schmale Vollinie Außengewindedarstellung nach DIN ISO 6410
476 Technische Kommunikation

Bild I-46 100


Schrauben- 60

14,4
M8

darstellung, 20
22
35 13 hier nach DIN 931 A
5,5
Sechskantschraube DIN 931
M 8 x 35 - 8.8

20
30

20
M10

a) b)

150
Bild I-47 Darstellungen des 3/4-Kreises
M10

60
Außen- als schmale Vollinie 80

40
45

Kern- als breite Vollinie B


Bild I-48 Innengewinde in Ansichtdarstellung Bild I-50 Vollständig bemaßte und gekennzeichnete
Montageplatte
M8
diesem Moment durch eine zentrale Explosion zer-
legt. Es handelt sich um eine isometrische Darstel-
lung, bei der alle Einzelteile auseinander gezogen
20

gezeichnet und numeriert werden. In der Stückliste


25

sind diese Nummern mit den entsprechenden Namen,


Bezeichnungen und evtl. Bestellnummern für die
30 o

Ersatzteilbeschaffung versehen.
Diese Art der Darstellung eignet sich gut für das
6,5 Verständnis technisch-konstruktiver Zusammenhänge
und für die Ersatzteilbeschaffung.
Gewindeauslauf
Bild I-49 Gewindedarstellung in Kernlöchern 4 Normteile und Konstruktionselemente
Allgemeine Formerfassung mit speziellen Angaben Nach DIN 57100/IEC 364-4-41/VDE 0100 Teil 410
zu Größen und Abmessungen folgt; Formelemente sind Schutzmaßnahmen gegen gefährliche Körper-
begreifen und auseinandernehmen, zerlegen in räum- ströme zu treffen. Zum Schutz gegen direktes Berüh-
liche Grundkörperformen. Ihnen sind die entspre- ren von aktiven Teilen elektrischer Betriebsmittel
chenden Wortangaben, Symbole, Kurzzeichen und können die aktiven Teile als solche isoliert werden
Maße zuzuordnnen. Die Kenntnis der entsprechenden oder der Schutz kann durch Abdeckungen oder Um-
Normen ist hierbei unabdingbar notwendig. Die hüllungen, sprich Gehäuse, bewirkt werden. Es han-
Zuordnung der Werkstoffe aus dem Schriftfeld ist z.B. delt sich also um konstruktive Maßnahmen.
für die Auswahl der Werkzeuge zur Bearbeitung und Im Zusammenhang mit dem Schutz gegen gefähr-
Herstellung der Werkstücke erforderlich. Die Ober- liche Körperströme werden die elektrischen Be-
flächenangaben sind zur endgültigen Bearbeitung der triebsmittel (Geräte und Anlagen) nach VDE 0100 in
Oberflächen in der Endphase der Fertigung der Schutzklassen, z.B. Schutzklasse II (Schutzisolie-
Zeichnung zu entnehmen. rung) eingeteilt. Bei der Schutzisolierung werden
Explosionszeichnungen nach Bild I-52 führen diesen elektrisch nichtleitende Materialien zur Herstellung
Namen aufgrund der Besonderheit der Darstellung, der Gehäuse verwendet, so daß aktive Teile räumlich
bei der man den Eindruck hat, das Gerät wird in und elektrisch vom Benutzer bzw. Anwender völlig
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 477

Bild I-51
Platinenhalter als Gruppenzeichnung

6 2 4 9 10 5 7 3

92

67
80
8 1
210

10 2 Stck Gewindestift DIN 553-M3 × 8 5.8


9 2 Stck Klemmschiene Polyamid
8 4 Stck Zylinderschraube DIN 912-M4 × 25 8.8
7 1 Stck Rändelschraube St50-1
6 2 Stck Sechskantmutter DIN 555-M10 4.6
5 1 Stck Drehgriff St50 K
4 1 Stck Drehachse St50 K
3 1 Stck Stehlager St37 K
2 1 Stck Stehlager St37 K
1 1 Stck Grundplatte St37 K
Pos Men Einh Benennung Norm-Kurzbez. Werkstoff

Allgemein- Maßstab 1.2


toleranzen
DIN 7168-m
Datum Name Platinenhalter
bearb 1.2.88
gepr
Norm

Blatt

Bl
Zust Änderung Datum Name
478 Technische Kommunikation

8
7

10 9
1
2 6
1 Festschaltstück (Hauptkontakt)
2 Schaltbrücke (Hauptkontakt)
3 Hilfsschalter HS 107
4 Lichtbogenkammer
5 5 Schaltstückträgerplatte
4
6 Schaltkopf mit beweglichen
Magneten (Anker)
3 7 Rückstellfeder
8 Spule
9 Festmagnet
10 Sockel

Bild I-52 Explosionszeichnung als Serviceplan

getrennt sind. Gehäuse aus elektrisch leitfähigen den Buchstaben IP (engl.: international protection)
Materialien werden mit einem Anschluß für den und zwei Kennziffern nach Tabelle I-3 besteht. Die
Schutzleiter PE/PEN versehen. erste Kennziffer gibt den Berührungs- und Fremdkör-
Die Einteilung der Betriebsmittel in Schutzarten hat perschutz und die zweite Kennziffer den Wasser-
eine andere Bedeutung. Nach IEC 529 (1976)/ schutz an.
DIN 40050 (1980) werden mechanische Eigenschaf- Aus Betriebsgründen notwendige Gehäuseöffnungen
ten eines Betriebsmittels festgelegt, nämlich die (z.B. Steckverbindungen oder zur Kühlung erforder-
Abdichtung, sprich Kapselung, gegen feste Fremd- liche Öffnungen) müssen so beschaffen sein, daß mit
körper und gegen Wasser. Die jeweils gültige Schutz- dem „IEC-Prüffinger“ nach DIN 57470/VDE 0470
art wird durch ein Kurzzeichen angegeben, das aus keine aktiven Teile berührt werden können.

Tabelle I-3 Schutzarten nach IEC 529/DIN 40050

Kenn- Schutzumfang IP xx
ziffer
Berührungs- und Fremdkörperschutz Wasserschutz

0 kein Schutz gegeben kein Schutz gegeben

1 Schutz gegen Fremdkörper d > 50 mm Schutz gegen senkrecht fallendes Tropfwasser

2 Schutz gegen Fremdkörper d > 12 mm Schutz gegen schräg fallendes Tropfwasser

3 Schutz gegen Fremdkörper d > 2,5 mm Schutz gegen Sprühwasser

4 Schutz gegen Fremdkörper d > 1 mm Schutz gegen Spritzwasser

5 Schutz gegen Staubablagerung Schutz gegen Strahlwasser

6 Schutz gegen Staubeintritt Schutz bei Überflutung

7 – Schutz beim Eintauchen

8 – Schutz beim Untertauchen


I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 479

Kunststoff-Leergehäuse für die Aufnahme von Schal-


tern und Schützen werden nach IP 54, IP 55 oder
IP 65 ausgefertigt. Aus Kostengründen ist die Schutz-
art nicht zu hoch anzusetzen.
Zusätzliche Schutzarten nach VDE 0170/171 betref-
fen den Schlagwetter- und Explosionsschutz.
Die Leitungseinführung in die Gehäuse erfolgt a) b) c)
über Kabeltüllen bzw. Kabelverschraubungen nach
DIN 43620 mit normierten Bohrungen mit Pg- Bild I-53 Schaltglieder mit verschiedenen Antrieben
Gewinde oder Vorprägungen im Gehäuse. a) Schließer als Rastschalter mit
Für die Errichtung von Verteileranlagen in Schalt- Handantrieb
anlagen gilt die Norm DIN VDE 0660/IEC 947, b) Öffner als Tastschalter, Betätigung
EN 60947, für die Errichtung von Installationsvertei- durch Drücken
lern und Zählerplätze gilt DIN VDE 0603. c) einpoliger Schloßschalter mit
Die Gehäuse können Schnellbefestigungsschienen elektrothermischer und -magnetischer
(Hutschiene u.ä.) für Kleinschütze, Schmelzsiche- Auslösung
rungen, Zeitrelais, LS-Automaten und weitere Klein-
geräte nach DIN 46277/EN 50022 enthalten. Für kraft und mechanischer Sperre, wobei eine Freiauslö-
Gehäuseabmessungen sollte das 25 mm Raster- sung integriert ist. Die Freigabe der Sperre kann per
grundmaß nach DIN 43660 verwendet werden, also Hand erfolgen, aber auch, wie hier dargestellt, durch
z.B 150 mm, 175 mm, 187,5 mm, 225 mm, ... elektrothermische und elektromagnetische Über-
750 mm. stromauslösung.
Schalter sind Betriebsmittel, die elektrische Geräte Die gestrichelte Wirklinie wird häufig weggelassen,
oder Anlagen von anderen Anlagen oder Geräten in wenn die Funktion eindeutig zugeordnet ist. Mehrpo-
der Weise trennen, daß sie Strompfade verbinden, lige Schloßschalter nach Bild I-54 werden nach
unterbrechen oder trennen. Schalter werden nach DIN 40900/IEC 617 auch als Schaltgeräte bezeich-
VDE 0660 unterschieden hinsichtlich ihrer Bauform, net.
ihrem mechanischen Verhalten in den Schaltstellun- Die Einteilung der Schalter nach ihrem Schaltvermö-
gen, nach der Betätigungsart, nach dem Schalt- gen erfolgt nach VDE 0660. Leerschalter bzw.
vermögen, nach dem Verwendungszweck und nach Trennschalter dienen ausschließlich zum fast strom-
der Art der Lichtbogenlöschung. losen Schalten von Stromkreisen. Sie sollten nur als
Tabelle I-4 gibt die wichtigsten grundlegenden NH-Sicherungstrenner vor einem Leistungsschalter
Schaltzeichen nach DIN 40900/IEC 617 für die verwendet werden.
Darstellung von Schaltern und Schaltgeräten wieder. Leistungschalter haben ein Einschalt- und Ausschalt-
Nicht alle Schaltereigenschaften sind durch Schalt- vermögen in Höhe der möglichen Kurzschlußströme,
zeichen darstellbar. während Motorschalter zum Schalten von Motoren
Die Schaltglieder nach Tabelle I-4 können einzeln geeignet sind und für den Anlaufstrom der Motore
oder in Gruppen beliebig kombiniert werden. Der bemessen sind. Leistungschalter werden vornehmlich
Antrieb der Schaltglieder kann per Hand, durch an Netzschaltstellen mit Dauereinschaltung oder
Motor, elektromagnetisch oder elektromechanisch geringer Schalthäufigkeit verwendet. Sie können nach
erfolgen. Die Antriebssymbole können je nach Funk- VDE 0113 auch als Hauptschalter verwendet werden,
tionsabsicht den Schaltgliedern zugeordnet werden. die für Be- und Verarbeitungsmaschinen vorge-
Während bei Rastschaltern das Schaltglied in der schrieben sind und im Reparaturfall eine Maschine
jeweiligen Schaltstellung bleibt, kehrt das Schaltglied gänzlich vom Netz trennt. Es werden häufig Nocken-
von Tastschaltern bei Aufhebung des Tastdruckes schalter mit abschließbarem Antrieb nach Bild I-55
selbsttätig in die Ausgangsstellung zurück. Schloß- verwendet. Ein einfaches Einhängebügelschloß bringt
schalter nach Bild I-53 sind Schalter mit Rückstell- hier Sicherheit.

a) b) c) d)

Bild I-54 Schaltgeräte (VDE 0660)


a) dreipoliger Leistungstrenner
b) Trennschalter, Lastschalter, Leistungsschalter
Tabelle I-4 Schaltglieder, Antriebe und Schaltgeräte nach DIN 40900/IEC 617
480

Benennung DIN 40900/IEC 617


Schaltglieder Antriebe Steuergeräte
Steuergeräte
Schließer Handantrieb, allgemein Druckschalter (nicht rastend)

Öffner Betätigung durch Drücken Tastschalter mit Schließer und Öffner,


handbetätigt durch Drücken

Wechsler mit Unterbrechung Betätigung durch Ziehen Tastschalter mit Raststellung und
1 Schließer, handbetätigt durch Drücken

Voreilender Schließer eines Betätigung durch Drehen Tastschalter mit Raststellung und
Kontaktsatzes 1 Öffner, handbetätigt durch Schlagen
(z.B. Pilzdrucktaster)
Nacheilender Öffner eines Betätigung durch Schlüssel
Grenz-/Endschalter
Kontaktsatzes

Schließer, schließt verzögert bei Betätigung durch Rolle, Fühler 0 Schließer


Betätigung
Öffner
Öffner, schließt verzögert Kraftantrieb allgemein
bei Rückfall
Näherungsschalter induktiv, Schließer- Fe

Antriebe elektromechanisch, elektromagnetisch Schaltschloß mit mechanischer verhalten


Freigabe
Elektromechanischer Antrieb, Druckwächter, öffnend P
M
allgemein, Relaisspule, allgemein Betätigung durch Motor

Antrieb mit besonderen Eigen- Schwimmerschalter, schließend


schaften, allgemein Notschalter

Elektromechanischer Antrieb mit


Ansprechverzögerung Betätigung durch elektromagnetischen
Überstromschutz
Elektromechanischer Antrieb mit
Rückfallverzögerung
Technische Kommunikation
Elektromechanischer Antrieb mit Betätigung durch thermischen Schaltgeräte
Ansprech- und Rückfallverzögerung Überstromschutz
Schütz (Schließer)
Elektromechanischer Antrieb eines Betätigung durch elektromagnetischen
Thermorelais Antrieb
3poliges Schütz mit drei elektrother-
mischen Überstromauslösern
Betätigung durch Flüssigkeitspegel

3poliger Trennschalter

3poliger Leistungsschalter
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung

3poliger Schalter mit Schaltschloß mit


drei elektrothermischen Überstromaus-
lösern, drei elektromagnetischen Über-
stromauslösern, Motorschutzschalter I> I> I>
481
482 Technische Kommunikation

Bild I-55 nung für die Wechsler an thermischen Überstromaus-


„Abschließbarer“ Haupt- lösern (z.B. Motorschutzrelais) nach Bild I-58 er-
schalter als Reparaturschalter folgt.
Steckvorrichtungen sind zweiteilige Schaltgeräte zum
Verbinden von ortsfesten Betriebsmitteln mit beweg-
lichen Geräten oder Leitungen. Sie bestehen aus
Stecker und Steckdose bzw. Kupplung innerhalb
eines Leitungszuges. Es werden Steckvorrichtungen
mit und ohne Schutzleiter verwendet sowie zweipoli-
ge und vielpolige Steckvorrichtungen für vielfältige
Aufgaben zum Einsatz gebracht.
Lastschalter haben ein Schaltvermögen bis etwa zum Steckverbinder (Messer- und Federleisten), Steck-
doppelten Nennstrom. verbinderleisten nach DIN 41612 und andere (z.B.
VDE 0660 beschreibt auch Hilfsstromschalter, die HF- und NF-Steckverbinder nach DIN 47284) wer-
vornehmlich in Steuerstromkreisen als Taster, Steuer- den als Steckerbuchse(n) und Steckerstift(e) nach
kontakte an Schützen und Hilfsschalter verwendet DIN 40713 gemäß Bild I-59 gezeichnet.
werden. An die Kontakte werden nur geringe Leis- Damit die elektrischen Geräte Geräte verschiedener
tungsanforderungen gestellt. Hersteller von der Konstrukion her kompatibel sind,
Haupt- oder Leistungsschütze verfügen über Kontak- wurde mit DIN 41494 eine einheitliche „Bauweise
te für große Leistungen und zusätzliche sogenannte für elektronische Einrichtungen“ erstellt. Diese Norm
Hilfskontakte, während Hilfsschütze ohne Leistungs- entspricht der sog. „19-Zoll“-Bauweise. Das hierbei
kontakte gebaut werden, da sie ausschließlich zu bevorzugte Leiterplattenformat für die Messerleisten
Steuerungszwecken gebaut werden. ist die sog. „Europakarte“. Normal ist, daß die Fe-

Schließeranschlüsse: Öffneranschlüsse: Wechsleranschlüsse:


2.Ziffer 3-4 2.Ziffer 1-2 2.Ziffer 1-2-4

1 3 5 13 23 33 41 51 61 72 74
A1
Bild I-56
Anschlußkennzeichnung
2 4 6 A2 14 24 34 42 52 62 71 von Schützen und
Hilfsschützen nach
Hauptkontakte: Schützspule: Steuerkontakte: DIN EN 50005 und
Einerziffer A1-A2 Doppelziffer DIN EN 50011/50012

Nach DIN EN 50005 und DIN EN 50011/50012 95 Bild I-58


erfolgt die Anschlußkennzeichnung von Schützen Kennzeichnung von thermischen
und Hilfsschützen gemäß Bild I-56. Die Schützspule Überstromauslösern
hat die Anschlußkennung A1-A2, die Hauptkontakte
haben die Einerziffern 1 – 2/3 – 4/5 – 6 während die 96 98
Steuerkontakte mit Doppelziffern gekennzeichnet
sind. Mit der 1. Ziffer werden die Kontakte fort-
laufend nummeriert (Ordnungszahl) während die DIN 40713
Steckerbuchse Steckerstift
2. Ziffer einen Öffner, Schließer oder Wechsler
(Funktionsziffer) kennzeichnet.
Zeitrelais haben eine Kontaktkennung nach DIN
EN 50042 gemäß Bild I-57, während die Kontaktken- DIN 40717
Einfach-Steckdose
17 15 15 ohne Schutzkontakt
Einfach-Schutzkontakt-
Steckdose
Schutzkontaktstecker
18 16 16 18
Bild I-59 Einfache Steckverbindungen
Bild I-57 Kennzeichnung von zeitverzögerten nach DIN 40713 und
Steuerkontakten DIN 40717
Tabelle I-5 Anwendungsklassen und Zuverlässigkeitsangaben nach DIN 40040

Kenn- 1. Stelle 2. Stelle 3. Stelle 4. Stelle 5. Stelle 6. Stelle 7. Stelle


buch- Feuchtebeanspruchung Ausfallrate Beanspru- Mechanische Beanspruchung Luftdruck
stabe chungs-
Jmin/°C Jmax/°C Jahres- 30 60 übri- Bemerkungen zu dauer in h Beispiele des Bauelementeeinsatzes untere max.
mittel Tage Tage ge Bauelementen Druck- Höhe
im im Tage grenze über
Jahr Jahr in NN
mbar in m
A 400 ≤ 100 BE dauernd naß
B 350
C 300 ≤ 95 100 100 BE betaut
D 250 ≤ 80 100 90 BE betaut 0,1
E – 65 200 ≤ 75 95 85 BE leicht betaut 0,3
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung

F – 55 180 ≤ 75 95 85 BE nicht betaut 1


G – 40 170 ≤ 65 85 75 BE nicht betaut 3
H – 25 155 ≤ 50 75 65 BE nicht betaut 10
I – 10 140 ≤ 50 ≤ 50 ≤ 50 ≤ 50 30
K 0 125 100
L +5 110 300
M 100 1 000
N 90 3 000 840 1 000
P 85 10 000
Q 80 30 000 300 000 an Verbrennungsmotoren angebaut
R 75 ≤ 90 100 95 BE betaut 100 000 100 000 für Bordelektronik 700 2 200
S 70 300 000 30 000 für Bordelektronik 600 3 500
T 65 1 000 000 10 000 in tragbaren Geräten 530 4 300
U 60 3 000 000 3 000 in Schiffsanlagen & Autoradios 300 8 500
V 55 10 000 000 1 000 in ortsfesten Stromerzeugern & nicht erschütte- 85 16 000
rungsfreien Anlagen
W 50 30 000 000 300 in erschütterungsfreien Geräten & Anlagen 44 20 000
Y 40 20 26 000
Z
483
484 Technische Kommunikation

derleiste beim Einbau dem Gestell, sprich Gehäuse, Sogenannte Pilotkontakte nach Bild I-61b sorgen bei
zugeordnet ist. Bedarf dafür, daß die Steckverbindung nur im span-
Als zweipolige Steckvorrichtung mit Schutzleiter nungslosen Zustand betätigt werden kann. Diese
wird in Deutschland das sog. „Schuko®-System“ mit Kontakte schließen beim Einstecken nach den übri-
Steckgeräten gemäß DIN 49440 verwendet. Die gen Kontakten bzw. öffnen beim Herausziehen vor
zeichnerische Darstellung erfolgt nach DIN 40717 den übrigen Kontakten, so daß z.B. nach Bild I-62
gemäß Bild I-59. Dreipolige Steckverbinder mit eine Schützschaltung die Leitung spannungslos schal-
Schutzkontakt werden nach Bild I-60 gezeichnet. ten kann.
Elektronische Bauelemente werden nach ihrer techni-
schen Funktion und Leistung unter Berücksichtigung
4 4 ihrer individuellen Grenz- und Kennwerte ausge-
wählt. Zusätzlich werden sie aber auch nach dem
Grad ihrer klimatischen und mechanischen Beanspru-
Bild I-60 Dreipoliger Steckverbinder mit chung und hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, sprich
Schutzkontakt ihrer Ausfallrate bestimmt.

Pos. l Strom- Netzspannung C L


L2 L3
und Bild in A art in V L
L1 N
a 16 E 220 bis 240 6h
b 32 380 bis 415 9h a b c
h Pilotbuchse
c D 220/380 bis 240/415 6 L
d E 220 bis 240 6h
L
e 63 380 bis 415 9h
f 125 D 3× 380 bis 415 6h
d e
g 220/38ß bis 240/415 6h
L2 Pilotbuchse
C Code für die Lage der Schutzleiterbuchse als Uhrzeigerstellung L2 L3
(„Uhrzeit“);
L1 L3
E Einphasen-Wechselstrom; N
L1
D Drehstrom

f g

Bild I-61 Beispiele von Steckdosen für die genormten Netzspannungen nach DIN IEC 38

Für die Herstellung von mehrpoligen Industriesteck-


vorrichtungen, bekannt unter der nicht mehr gültigen
Norm CEE 17, gelten VDE 0623 Teil 1 und Teil 20,
die den Normen IEC 309-1 und IEC 309-2 (ab 1995
allein gültig) entsprechen. Industriesteckvorrichtun-
gen haben ein rundes Profil gemäß Bild I-61b mit
Pilotkontakt
einer Unverwechselbarkeitsnut bzw. -nase, die der
Sicherstellung der richtigen Einstecklage des Steckers Bild I-62 Steckverbinder mit Pilotkontakt
dient. Die Buchsen bzw. Stifte sind auf einem Kreis
(Teilkreis) angeordnet. Die Schutzkontakte müssen Nach DIN 40040 werden die „Anwendungsklassen
beim Einführen des Steckers früher Kontakt geben und Zuverlässigkeitsangaben für Bauelemente der
und sich später trennen als die den Betriebsstrom Nachrichtentechnik und Elektronik“ bestimmt und
führenden Kontakte. Die Lage der Buchsen und Stifte gekennzeichnet. Tabelle I-5 bietet eine Übersicht.
für die genormten Netzspannungen nach DIN IEC 38 Zur Kennzeichnung der Anwendungsklassen werden
stellt Bild I-61a dar. Hier wird die Unverwechselbar- drei bis achtstellige Buchstabenkombinationen ver-
keit zusätzlich durch die Lage der Kontakte gewähr- wendet, die entsprechend dem Schlüssel nach
leistet. Tabelle I-6 zusammengefügt werden:
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 485

Tabelle I-6 Buchstabenkombination und ihre Bedeutung

1. Stelle Untere Grenztemperatur Klimatische Anwendungsklasse


2. Stelle Obere Grenztemperatur
3. Stelle Feuchtebeanspruchung
4. Stelle Ausfallquotient Zuverlässigkeitsangabe
5. Stelle Beanspruchungsdauer
6. Stelle Mechan. Beanspruchung Mechan. Anwendungsklasse
7. Stelle Luftdruck
8. Stelle Sonderbeanspruchung

Über Stellen, die den Kennbuchstaben X tragen, DIN 41429 oder durch Zahlen und Buchstaben nach
werden keine Angaben gemacht. Der Kennbuchstabe DIN 40825. Bei DIN 41429 kann die Codierung mit
Z weist auf Einzelbestimmungen hin, die den Herstel- zwei oder drei zählenden Ziffern erfolgen. In Bild
lerangaben direkt zugeordnet werden müssen. I-63 ist die Kennzeichnung von Widerständen in der
Widerstände und Kondensatoren werden als einstell- ersten Version hinsichtlich der Leserichtung und der
bare (im Wert variierbare) Bauteile hergestellt, aber Codierung gemäß Farbauswahl dargestellt.
auch als Festwiderstände bzw. Festkondensatoren. Da bei der Herstellung von Widerständen und Kon-
Die Kennzeichnung erfolgt durch Farbcode nach densatoren bei großer Serien- und Massenfertigung

1.Ring
ohne Angabe
des Temperatur-
beiwertes Der erste Ringe liegt
näher am Ende
des Widerstandes
Widerstände
mit zwei
zählenden Ziffern
Der Abstand zwischen
Temperaturbeiwert
mit Angabe
(umlaufend, unterbrochen
des Temperatur-
oder Punkt) und Toleranzring
beiwertes
ist größer als zwischen den
Wertringe Multiplikator Toleranz TK anderen Ringen.

Kenn- Wert- Multiplikator Toleranz Temperatur- Bemerkungen


farbe ziffer beiwert aR
10–6 K–1
keine – – ±20 – Die Farben gold und silber
silber – × 10–2 Ω = 1110,01 Ω ±10 – sind leitend
gold – × 10–1 Ω = 1110,1 Ω ±15 – und deshalb nicht
schwarz 0 × 100 Ω = 1111,0 Ω – ±200 immer verwendbar.
braun 1 × 101 Ω = 1110 Ω ±1 ±100 Ausweichmöglichkeiten:
rot 2 × 102 Ω = 1100 Ω ±2 ±150 statt gold: für 10–1 weiß
orange 3 × 103 Ω = 1111 kΩ – ±115 für ±5% grün
gelb 4 × 104 Ω = 1110 kΩ – ±125 statt silber: für 10–2 grau
grün 5 × 105 Ω = 1100 kΩ ±10,5% – für ±10% weiß
blau 6 × 106 Ω = 1111 MΩ ±10,25% –
violett 7 × 107 Ω = 1110 MΩ ±10,1% –
grau 8 × 108 Ω = 1100 MΩ – –
weiß 9 × 109 Ω = 1000 MΩ – –

Bild I-63 Kennzeichnung von Widerständen durch Farbcode (Auszug)


486 Technische Kommunikation

die ausgewiesenen Nennwerte ohne erhöhte Kosten Abweichungen, Toleranzen. Von festgelegten Tole-
nicht genau eingehalten werden können, erhalten ranzen ausgehend werden nach DIN 41426 Staffel-
diese unter Berücksichtigung ihrer Funktion und der werte für sogenannte E-Reihen (Internationale Norm-
erforderlichen Genauigkeit maximal zugelassene reihen) berechnet als geometrische Reihen.

E-Reihen (Auszug) Nach DIN 41426


E6 1,0 1,5 2,2 3,3 4,7 6,8
E12 1,0 1,2 1,5 1,8 2,2 2,7 3,3 3,9 4,7 5,6 6,8 8,2
E24 1,0 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,7 3,0 3,3 3,6 3,9 4,3 4,7 5,1 5,6 6,2 6,8 7,5 8,2 9,1
1,00 1,21 1,47 1,78 2,15 2,61 3,16 3,83 4,64 5,62 6,81 8,25
E48 1,05 1,27 1,54 1,87 2,26 2,74 3,32 4,02 4,87 5,90 7,15 8,66
1,10 1,33 1,62 1,96 2,37 2,87 3,48 4,22 5,11 6,19 7,50 9,09
1,15 1,40 1,69 2,05 2,49 3,01 3,65 4,42 5,36 6,49 7,87 9,53
DIN-Reihe Nach DIN 323
R5 1,00 1,60 2,50 4,00 6,30
R10 1,00 1,25 1,60 2,00 2,50 3,15 4,00 5,00 6,30 8,00
R20 1,00 1,12 1,25 1,40 1,60 1,80 2,00 2,24 2,50 2,80 3,15 3,55 4,00 4,50 5,00 5,60 6,30 7,10 8,00 9,00
R40 1,00 1,12 1,25 1,40 1,60 1,80 2,00 2,24 2,50 2,80 3,15 3,55 4,00 4,50 5,00 5,60 6,30 7,10 8,00 9,00
1,06 1,18 1,32 1,50 1,70 1,90 2,12 2,36 2,65 3,00 3,35 3,75 4,25 4,75 5,30 6,00 6,70 7,50 8,50 9,50
Bei jeder Reihe können die üblichen Toleranzen gewählt werden.

Bild I-64 E-Reihen und DIN-Reihen (Auszüge)

Schicht-Festwiderstände
Schichtmaterial Kohle Kohle- Metall Metall- Metall-
gemisch oxid glasur
Anforderungen allgemein erhöht erhöht allgemein erhöht erhöht erhöht
DIN 44051 (983) 44052 (9.83) 44055 (9.83) 44054 (9.83) 44061 (9.83) 44063 (9.83) 44064 (9.83)
Anwendungsklasse FKF (FHF) FKF FKF FKF FKF FHF FHF
FZF
Widerstandswertereihe E24 E24 E24 E24 E24 E24 E24
Widerstands- ±2% ±2% ±1% ±12% ±0,5% ±2% ±0,5%
abweichung ±5% ±5% ±2% ±10% ±1% ±5% ±1%
bei Anlieferung ±2% ±2%
Temperatur- –150 bis –1500 ±1300 B1): 0 ± 100 ±250 B1): 0 ± 100
koeffizient in C: 0 ± 150 C: 0 ± 150
10–6/K (zwischen D: 0 ± 125
20 °C und 70 °C) E: 0 ± 115
DRzul nach 1000 h ⱕ ±(5% · R ⱕ ±(2% · R ⱕ ±(1% · R ⱕ ±4% · R ⱕ +1% · R ⱕ ±2% · R ⱕ ±1% · R
Dauerprüfung bei P70 + 0,1 W) + 0,05 W) + 0,05 W) –2% · R –0,5% · R +0,1 W +0,1 W
bis 1 M W bis 1 M W bis 1 M W +0,1 W +0,05 W
+10% · R +4% · R +2% · R
–5% · R –2% · R –1% · R
über 1 M W über 1 M W über 1 M W
DRzul nach 8000 h ⱕ (+10% · R ⱕ (+4% · R ⱕ (+2% · R ⱕ (+4% · R ⱕ (+2% · R ⱕ (+4% · R ⱕ (+2% · R
Dauerprüfung bei P70 –1% · R –2% · R –1% · R –15% · R –0,5% · R –3% · R +0,1 W)
+ 0,1 W) + 0,05 W) + 0,05 W) +0,1 W) +0,05 W) +0,1 W)
bis 1 M W bis 1 M W bis 1 M W
+20% · R +8% · R +4% · R
–5% · R –2% · R –1% · R
über 1 M W über 1 M W über 1 M W
1
) Diese Buchstaben sind der 2. Kennbuchstabe der Baugrößebeziehung.

Bild I-65 Übersicht über Schicht-Festwiderstände


I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 487

0,5 33,5–1,5 4,06–0,5 33,5–1,5 1,8–0,2


Bild I-66
Bauformen von
Widerständen
6 (teilweise genormt)
lackiert
0,65

34,5–1,5 7,1–0,5 34,5–1,5 3,3–0,2

Farbringe für Widerstandswerte


Farbring für Toleranz
0,8

Cu-Draht verzinnt

30+5 17 max 30+5 5,4 max


3 max 3 max
Abmessungsangaben nach
mit Lack bedeckt DIN 41099 (Entw.)

3 oder 4 Farbringe für Widerstandswerte


Farbring für Toleranz
d

38+3
– l 38+3
– 0

a)a)

b)b)
Bild I-67
Auswahl an Kondensator-Bauformen
(teilweise genormt)
488 Technische Kommunikation

E 4,1+0,1 B
CB E

13,1–+0,4
23+0,1
0,13,2–0,1

16,9–+0,4


14,2–0,15
20,2–0,15
14,45–0,3

31,4–0,8
39,55–0,8
0,85 1,1

30,1–+0,1
1,1 B
E

10,9–+15 2 6+1,5

10+1 8,2–0,6 71+4
– 2 10+0,5

26,2–0,2 18,6–0,2
12+0,5
– 8–0,8 8–0,6
B A 3 DIN 41878(TO-8) 3 A 2 DIN 41472(TO-3)
6+0,1

0,5 25+0,2

5+0,2

E B C 5+0,5
0,45

1,1
5,5–0,15
4,75–0,15

9+0,5

5+0,5
13,5–+1
5,2–0,3 B
2,54–+0,3 +0,02
0,9 x 0,16–
18 A 3 DIN 41876 (TO-18) 50 B 3 DIN 418676 (TO-50)

a)
Maßbild
SOT-54 12,7min.

4,8max.
4,8max.
E

2,54
.9,8max. B
0,8 C
4,8max.

1,5

4,5
7,6min.
1,3 4,2max.
6,7max.

7 5,2max.
1,5
3,0

Kühlblech
6

10,0max.
3,

4,6max.
15,0

1,5 15,2max.
3,2

2
12,7

45° 14
2
3,

4,25
1,5

4,15

21max.
12,7max.
7,6

12,7min

Maßbild
0,75
8,3
3,0

SOT-93
10,7min.

13,6min.

1,3 45° 0,4


1,15
0,55 0,95
5,1
0,9 2,5
2,55 11,5max. 5,5 5,5 1,6
TO 202 5,1 TO 220

b)
1,5max.
15,25–+0,25 7,6–+0,2
0,5min.

0,5min.
3,2min. 5,1max.

3,6–0,5 4max.

0,46x0,28 0,45x0,25 6,4–0,2


14+0,25

2,54 1,5max. 2,4max. 1,6 2,54


15,9+0,6
– 7,6+0,6
24 13
4 3
Kunststoff-Steckgehäuse Kunststoff-Steckgehäuse
ähnl. 20A 24 DIN 41866 20A 24 DIN 41866
24 Anschlüsse 4 Anschlüsse
1 2
Gewicht etwa 3g
12 6–0,3
33,4–0,2
5 6
0,45 9,5+0,5 4
8,4–0,2

3 7
5,84

2 8

c) 11,5+0,5 1 9

9,2–0,2
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 489

62,5

0,54:0,05
0,56–0,1 Kathode 9,5 26,5

5
Kathode
25,4min. 7,62max. 25,4min. 2,71max.
Glasgehäuse DO-7 Kunststoffgehäuse DO-13

100+5

90
42,5min. 52,5min.
13,5max.
40 29 max.

0,8+0,05
3,3 8,5max. 9 3 8

0,8+05


8,5 7


6,3

8max.
max.

M5
Kathode
Anode

SW 11
22min.
26 4,5 26

Sinterglasgehäuse DOM 22 Metallgehäuse DO-13 Metallgehäuse 101 A 2

d)

Bild I-68 Bauformen von Dioden, Transistoren und ICs (teilweise genormt)

Muttergewinde

60o
H1

h3

60o
d=D
d2 = D2

Bolzengewinde
d3
D1

Bild I-69
P Maßbild des Metrischen
ISO-Gewindes DIN 13

Es sind folgende E-Reihen genormt: men, wobei zu beachten ist, daß zahlreiche Baufor-
E6 = ± 20%; E12 = ± 10%; E24 = ± 5%; men das Rastermaß von 2,54 mm einhalten, was die
Layouterstellung vereinfacht.
E48 = ± 2%; E96 = ± 1%; E192 = ± 0,5%;
Außer nach E-Reihen sind Widerstandswerte eben-
falls nach sog. (DIN-)R-Reihen gemäß DIN 323 5 Wichtige Normteile
genormt. Bild I-64 stellt Auszüge aus E- und DIN- des Maschinenbaues
Reihen dar.
Eine Übersicht über Schicht-Festwiderstände auf der Maschinenteile können fest, z.B. durch Schweißen,
Basis des bisher gesagten liefert Bild I-65. Die Bau- oder lösbar, z.B. durch Schrauben verbunden werden.
formen von Widerständen nach Bild I-66 sind nur Für Schraubverbindungen wird überwiegend das
teilweise genormt. Dies gilt auch für Kondensatoren „Metrische ISO-Gewinde“ nach DIN 13 T1 verwen-
nach Bild I-67, wobei hier die Anzahl aufgrund der det, das nach DIN 202 mit dem Großbuchstaben „M“
verwendeten Materialien größer ist. und dem Außen- bzw. Nenndurchmesser bezeichnet
Halbleiter-Bauelemente wie Dioden, Transistoren wird (siehe Bild I-46: M8 × 35). Bild I-69 zeigt ein
und ICs sind ebenfalls nur z.T. genormt. Bei den ICs Maßbild (Auswahl der wichtigsten Werte) des Metri-
und den Bausteinen aus dem Computerbau ist die schen ISO-Gewindes nach DIN 13 und Tabelle I-7
Normung der Bauformen am weitesten fortgeschrit- die wichtigsten Kennwerte und Kenndaten für dieses
ten, was die Kompatibilität von Mikrochips erheblich Gewinde.
erhöht. Die Übersicht nach Bild I-68 zeigt nur eine Schraubverbindungen können durch Schraube und
Auswahl an genormten und nicht genormten Baufor- Mutter, oder nur durch eine Schraube erfolgen, wenn
Tabelle I-7 Metrisches ISO-Gewinde nach DIN 13 Teil 1 (12.86), Regelgewinde-Nennmaße
490

Gewinde-Nenn- Stei- Flanken- Kerndurchmesser Gewindetiefe Kern- Scheibe nach DIN 125 Schlüssel- Spitzkant
durchmesser gung durch- Loch- weite
d=D messer bohr ∅
Reihe 1 Reihe 2 P d2 = D2 Bolzen d3 Mutter D1 Bolzen h3 Mutter H1 mm Loch-∅ Außen-∅ Dicke Gewicht s e
kg/1000 St.
M1 0,25 0,838 0,693 0,729 0,153 0,135 0,75 – – – – 2,5 2,9
M1,1 0,25 0,938 0,793 0,829 0,153 0,135 0,85 – – – – 3 3,5
M1,2 0,25 1,038 0,893 0,929 0,153 0,135 0,95 – – – – 3 3,5
M1,4 0,3 1,205 1,032 1,075 0,184 0,162 1,1 – – – – 3 3,5
M1,6 0,35 1,373 1,171 1,221 0,215 0,189 1,25 1,7 4 0,3 0,024 3,2 3,7
M1,8 0,35 1,573 1,371 1,421 0,215 0,189 1,45 – – – – 3,5 4
M2 0,4 1,740 1,509 1,567 0,245 0,217 1,6 2,2 5 0,3 0,037 4 4,6
M2,2 0,45 1,908 1,648 1,713 0,276 0,244 1,75 – – – – 4,5 –
M2,5 0,45 2,208 1,948 2,013 0,276 0,244 2,05 2,7 6,5 0,5 0,108 5 5,8
M3 0,5 2,675 2,387 2,459 0,307 0,271 2,5 3,2 7 0,5 0,12 5,5 6,4
M3,5 0,6 3,110 2,764 2,850 0,368 0,325 2,9 3,7 8 0,5 0,156 6 6,9
M4 0,7 3,545 3,141 3,242 0,429 0,379 3,3 4,3 9 0,8 0,308 7 8,1
M4,5 0,75 4,013 3,580 3,688 0,460 0,406 3,7 – – – – – –
M5 0,8 4,480 4,019 4,134 0,491 0,433 4,2 5,3 10 1 0,443 8 9,2
M6 1 5,350 4,773 4,917 0,613 0,541 5 6,4 12,5 1,6 1,14 10 11,5
M8 1,25 7,188 6,466 6,647 0,767 0,677 6,8 8,4 17 1,6 2,14 13 15
M10 1,5 9,026 8,160 8,376 0,920 0,812 8,5 10,5 21 2 4,08 17 19,6
M12 1,75 10,863 9,853 10,106 1,074 0,947 10,2 13 24 2,5 6,27 19 21,9
M14 2 12,701 11,546 11,835 1,227 1,083 12 15 28 2,5 8,6 22 25,4
M16 2 14,701 13,546 13,835 1,227 1,083 14 17 30 3 11,3 24 27,7
M18 2,5 16,376 14,933 15,294 1,534 1,353 15,5 19 34 3 14,7 27 31,2
M20 2,5 18,376 16,933 17,294 1,534 1,353 17,5 21 37 3 17,2 30 34,6
M22 2,5 20,376 18,933 19,294 1,534 1,353 19,5 23 39 3 18,4 32 36,9
M24 3 22,051 20,319 20,752 1,840 1,624 21 25 44 4 32,3 36 41,6
M27 3 25,051 23,319 23,752 1,840 1,624 24 28 50 4 42,3 41 47,3
M30 3,5 27,727 25,706 26,211 2,147 1,894 26,5 31 56 4 53,6 46 53,1
M33 3,5 30,727 28,706 29,211 2,147 1,894 29,5 34 60 5 75,4 50 57,7
M36 4 33,402 31,093 31,670 2,454 2,165 32 37 66 5 92,0 55 63,5
M39 4 36,402 34,093 34,670 2,454 2,165 35 40 72 6 133 60 69,3
M42 4,5 39,077 36,479 37,129 2,760 2,436 37,5 43 78 7 183 65 75
M45 4,5 42,077 39,479 40,129 2,760 2,436 40,5 46 85 7 220 70 80,8
M48 5 44,752 41,866 42,587 3,067 2,706 43 50 92 8 294 75 86,5
M52 5 48,752 45,866 46,587 3,067 2,706 47 54 98 8 330 80 92,4
M56 5,5 52,428 49,252 50,046 3,374 2,977 50,5 58 105 9 425 85 98
M60 5,5 56,428 53,252 54,046 3,374 2,977 55 62 110 9 458 90 104
M64 6 60,103 56,639 57,505 3,681 3,248 58 66 115 9 492 95 110
M68 6 64,103 60,639 61,505 3,681 3,248 62 70 120 10 586 100 116
Technische Kommunikation
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 491

das Muttergewinde in den Maschinenteil geschnit- des Kopfes konstruiert, meist jedoch mit Hilfe von
ten ist. Bei Schraubverbindungen mit Mutter und Schablonen in der ausführlichen Darstellung erstellt.
Schraube muß das Durchgangsloch größer als der Bei der vereinfachten Darstellung werden die Fasen-
Nenndurchmesser der Schraube gebohrt werden, kanten weggelassen.
damit die Schraube durchgeführt werden kann. Produktklassen nach DIN 267 kennzeichnen bei
Unterlegscheiben, Mutter und Schraube, wie auch Schrauben und Muttern verschiedene Ausführungen
andere Normteile, zeichnet man nicht im Schnitt. hinsichtlich der Gewinde- und Maßtoleranzen sowie
Schraubenköpfe werden häufig als Sechskantköpfe der Oberflächen. Die Festigkeitsklassen werden nach
ausgeführt. Daneben gibt es nach Bild I-70 zahlreiche DIN ISO 898 durch zwei Zahlen angegeben, die durch
andere Formen, wie z.B. Zylinderkopf-, Innensechs- einen Punkt getrennt sind. Die erste Zahl beschreibt die
kant-(Inbus-), Senkkopf-, Schlitz-, Kreuzschlitz- Nennzugfestigkeit, während die zweite das Streckgren-
schraube u.v.a. zenverhältnis (Zähigkeit einer Schraube) festlegt.
Tabelle I-8 ordnet den Maßbildern dreier Normschrau-
d ben die entsprechenden Normwerte zu. Bei Sechs-
kantschrauben nach DIN 931 ist die Schraube nicht in
der gesamten Länge l1 mit Gewinde versehen, son-
b1 dern nur der Teil b1. Sechskantschrauben nach
DIN 933 verfügen über ein Gewinde bis Kopf.
a) b) c) d) e) f) g)
Die Bezeichnung einer Zylinderschraube mit Innen-
h)
sechskant, mit Gewinde M12 und Nennlänge
Bild I-70 Schraubenarten l = 60 mm, mit der Festigkeitsklasse 10.9 ist also:
a) Sechskantschraube
b) Innensechskantschraube Zylinderschraube DIN 912 – M12 × 60 – 10.9
c) Halbrundschraube Die Bezeichnung einer Sechskantschraube, mit
d) Senkschraube Durchmesser d = 10 mm und Nennlänge l1 = 80 mm,
e) Zylinderschraube mit der Festigkeitsklasse 8.8 ist also:
f) Linsensenkholzschraube mit Sechskantschraube DIN 931 – M10 × 80 – 8.8
Kreuzschlitz
g) Gewindestift mit Kegelkuppe Die Gewindelänge beträgt lt. Tabelle I-4 b1 = 26 mm
h) Stiftschraube (l1 ≤ 125 mm), während der Schaft demzufolge
54 mm lang ist.
Der Sechskantkopf einer Schraube, aber auch ent- Die gebräuchlichsten Mutterarten zeigt Bild I-72.
sprechende Mutter, hat „abgerundete“ Kanten, soge- Eine Auswahl mit Maßbildern zeigt Tabelle I-9 mit
nannte Fasenkanten. Diese Fasenkanten werden nach entsprechender DIN-Bezeichnung.
Bild I-71 aus dem Eckmaß und der Schlüsselweite
Eckmaß e
e

3e
d

Schlüsselmaß s
35
M10
M10

Bild I-71
Ausführliche und vereinfachte Darstellung
einer Sechskantschraube

Bild I-72 Muttern


a) Sechskantmutter
b) Vierkantmutter
c) Hutmutter
d) Nutmutter
e) Kronenmuttern
f) Schlizmutter
g) Zweilochmutter
492 Technische Kommunikation

Tabelle I-8 Normwerte einiger ausgewählter Schrauben


ausgesenkt auf e2

∅ s1

∅ s1
30° 30°
r r1

r
s2

e1
d

d1

d
c b1 a r2 t b2
k1 l1 s1 c
k1 l1 k2 l3

Sechskantschrauben Sechskantschrauben Zylinderschrauben


DIN 931 DIN 933 mit Innensechskant
Produktklassen A und B Produktklassen A und B DIN 912
t I1 I2 I3
d a b1 b2 d1 e1 e2 k1 k2 s1 s2 min von bis von bis von bis
M4 2,1 14 20 7 7,74 3,6 2,8 4 7 3 2 22 70 5 70 6 40
M5 2,4 16 22 8,5 8,87 4,7 3,5 5 8 4 2,5 30 80 6 80 8 50
22
M6 3 18 24 10 11,05 5,9 4 6 10 5 3 30 90 6 80 10 60
24
M8 3,8 22 28 13 14,38 7 5,3 8 13 6 4 35 110 8 110 12 80
28
M10 4,5 26 32 16 18,90 9,4 6,4 10 17 8 5 40 150 8 150 16 100
32
M12 5,3 30 36 18 21,10 11,7 7,5 12 19 10 6 45 180 10 150 20 120
36
M16 6 38 44 24 26,75 16,3 10 16 24 14 8 55 200 12 150 25 160
44
M20 7,5 46 52 30 33,53 19,8 12,5 20 30 17 10 65 220 16 200 30 200
52
M24 9 54 60 36 39,98 22,1 15 24 36 19 12 75 220 16 200 40 200
60

Bild I-73
Schraubensicherungen
d)
b) a) Federring
h) b) Flächenscheibe
c) Zahnscheibe
e)
d) Federscheibe
a) g) e) Schnoor-Sicherung
c) f) i) f) selbstsichernde
Sechskantmutter
g) Sicherungsmutter
h) Spring-Stopp Sechskantmutter
i) TENSILOCK
Sicherungsschraube
k) Kronenmutter mit Splint
l) Sicherungsbleche
m) Drahtsicherung
k) l) m) n) n) Kunststoffsicherungsring
I Grundlagen der zeichnerischen Darstellung 493

Tabelle I-9 Normwerte einiger ausgewählter Muttern


30° 15°

30 °
m4
30°

120°
d1

d
n
°
d

30 °
120

r
120°
d

120°
d

120°
m1 s m5
m3 m5
h1 h2 h2
m2

Sechskantmuttern Flache Sechskantmuttern Sechskantmuttern für s = 7 ... 17


DIN 934 Produkt- DIN 439 Produktklassen selbstsichernd für s = 19 ... 145
klassen A und B A und B DIN 985 Kronenmuttern DIN 935
Produktklassen A und B
d d1 e h1 h2 m1 m2 m3 m4 m5 n s Splint DIN 94
M4 8,1 5 5 3,2 2,2 2,9 3,2 3,2 1,2 7 1 × 10
M5 10,4 5 6 4 2,7 3,2 3,5 4 1,4 8 1,2 × 12
M6 11,5 6 7,5 5 3,2 4 4,5 5 2 10 1,6 × 12
M8 16,2 8 9,5 6,5 4 5,5 6 6,5 2,5 13 2 × 16
M10 19,6 10 12 8 5 6,5 7 8 2,8 17 2,5 × 20
M12 17 21,9 12 15 10 6 8 9 10 3,5 19 3,2 × 22
M16 22 27,7 16 19 13 8 10,5 11 13 4,5 24 4 × 28
M20 28 34,6 20 22 16 10 14 15 16 4,5 30 4 × 36
M24 34 41,6 24 27 19 12 15 16 19 5,5 36 5 × 40

Unterlegscheiben sollen nur verwendet werden, wenn 6 Nutzen der Normung


die Oberfläche der verschraubten Teile weich oder
uneben ist oder aber einfach nicht beschädigt werden Die Technische Zeichnung als Informationsträger
soll. dient bei einem Fertigungs- bzw. Erstellungsauftrag
Damit Schraubverbindungen sich nicht selbst lösen als Verständigungsmittel zwischen der Planungs-
können, sind geeignete Vorkehrungen zu treffen. bzw. Projektierungsstelle und der Werkstatt bzw. der
Gebräuchliche Sicherungen gegen das Lösen der Montagestelle. Durch das durchgängige Verwenden
Mutter sind nach Bild I-73 Federringe (DIN 127 und der Zeichnungsnormen wird die Zeichenarbeit er-
7980), Fächerscheiben (DIN 6798), Zahnscheiben leichtert und eine klare Darstellung des Werkstückes
(DIN 6797) und Federscheiben (DIN 137). Um die bzw. der Anlage erreicht.
Schraubverbindung zu sichern, verwendet man Ge- Die Normung stellt durch Vereinheitlichung eine
genmuttern oder Sicherungsmuttern (DIN 7967). zweckdienliche Ordnung von Erzeugnissen und
Auch selbstsichernde Muttern nach DIN 985 und 986, Verfahren her. Sie legt die Form, Größe und Ausfüh-
mit einem sich in das Schraubengewinde einpressen- rung gleichartiger Erzeugnisse fest, so daß eine belie-
den Kunststoffring, kommen zur Anwendung. bige Austauschbarkeit von Teilen herbeigeführt wird.
Dieser Umstand ermöglicht die Serien- und Massen-
fertigung und die damit verbundene Automatisierung.
Normen sind bewährte Lösungen für häufig wieder-
kehrende Aufgaben.
Technische Fortschritte können immer nur mit zeit-
lichem Verzug eingearbeitet werden, so daß die
Normen eher konservativ denn innovativ sind.
494 Technische Kommunikation

II Schaltungsunterlagen
Beim Zeichnen von Schaltplänen werden alle zugehö- für elektrotechnische Normung (CENELEG) in Eu-
rigen Maschinen, Geräte, Schaltteile und Leitungen ropäischen Normen (EN) für nahezu alle europäische
nicht maßstabsgetreu und der tatsächlichen Ausfüh- Länder, z.B. in DIN EN 50005 „Industrielle Nieder-
rung ähnlich gezeichnet, sondern durch genormte spannungsgeräte, Anschlußbezeichnungen und Kenn-
graphische Symbole dargestellt. zahlen“ oder in sog. Harmonisierungsdokumenten,
Bei der Erstellung von Schaltungsunterlagen für die z.B. HD 21 als DIN 57281/VDE 0281 „VDE-Bestim-
Elektrotechnik sind zusätzlich zur rein zeichnerischen mungen für Starkstromleitungen“.
Darstellung die einschlägigen elektrotechnischen Für nationale Normung ist die Deutsche Elektrotech-
Vorschriften und Normen, insbesondere DIN 57100/ nische Kommission im DIN und VDE (Verband
VDE 0100, zu beachten. Deutscher Elektrotechniker) zuständig, wobei mög-
Normen werden erstellt und publiziert von der Inter- lichst IEC-Publikationen mit eingearbeitet oder
nationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) in übernommen werden bzw. auch umgekehrt.
IEC-Publikationen und vom Europäischen Komitee

Tabelle II-1 Wichtige VDE-Bestimmungen

Wichtige VDE-Bestimmungen

VDE 0100 Bestimmungen für das Errichten von Starkstromanlagen bis 1000 V
VDE 0101 Bestimmungen für das Errichten von Starkstromanlagen über 1 kV
VDE 0102 Leitsätze für die Berechnung der Kurzschlußströme
VDE 0105 VDE-Bestimmungen für den Betrieb von Starkstromanlagen
VDE 0107 Bestimmungen für elektrische Anlagen in medizinisch genutzten Räumen
VDE 0108 Bestimmungen für das Errichten und den Betrieb von Starkstromanlagen in Versammlungsstät-
ten, Waren- und Geschäftshäusern, Hochhäusern, Beherbergungsstätten und Krankenhäusern
VDE 0128 Vorschriften für Leuchtröhrenanlagen mit Spannungen von 1000 V und darüber Merkblatt für
den Betrieb elektrischer Anlagen in landwirtschaftlichen Betrieben
VDE 0132 Merkblatt für die Bekämpfung von Bränden in elektrischen Anlagen
VDE 0134 Anleitungen zur Ersten Hilfe bei Unfällen (VDE-Druckschrift)
VDE 0141 Bestimmungen und Richtlinien für Erdungen in Wechselstromanlagen für Nennspannungen
über 1 kV
VDE 0160 Bestimmungen für die Ausrüstung von Starkstromanlagen mit elektronischen Betriebsmitteln
VDE 0165 Bestimmungen für die Errichtung elektroscher Anlagen in explosionsgefährdeten Betriebsstätten
VDE 0168 Bestimmungen für das Errichten und den Betrieb elektrischer Anlagen in Tagebauen, Steinbrü-
chen und ähnlichen Betrieben
VDE 0190 Bestimmungen für das Einbeziehen von Rohrleitungen in Schutzmaßnahmen von Starkstrom-
anlagen mit Nennspannungen bis 1000 V
VDE 0193 Richtlinien für den Anschluß und die Anbringung von Elektroden-Durchlauferhitzern

VDE 0210 Bestimmungen für den Bau von Starkstrom-Freileitungen über 1 kV


VDE 0211 Bestimmungen für den Bau von Starkstrom-Freileitungen mit Nennspannungen bis 1000 V
VDE 0228 VDE-Bestimmungen für Maßnahmen bei Beeinflussung von Fernmeldeanlagen durch Stark-
stromanlagen

VDE 0410 Regeln für elektrische Meßgeräte


VDE 0411 VDE-Bestimmungen für elektronische Meßgeräte und Regler
VDE 0413 Bestimmungen für Geräte zum Prüfen der Schutzmaßnahmen in elektrischen Anlagen
VDE 0414 Bestimmungen für Meßwandler
VDE 0426 Bestimmungen für einpolige Spannungssucher bis 250 V Wechselspannung gegen Erde

VDE 0510 Bestimmungen für Akkumulatoren und Akkumulatoren-Anlagen


VDE 0530 Bestimmungen für umlaufende elektrische Maschinen
VDE 0532 Bestimmungen für Transformatoren und Drosselspulen
VDE 0541 Bestimmungen für Stromquellen zum Lichtbogenschweißen mit Wechselstrom
VDE 0550 Bestimmungen für Kleintransformatoren
II Schaltungsunterlagen 495

Tabelle II-1 Fortsetzung

Wichtige VDE-Bestimmungen

VDE 0612 BDE-Bestimmungen für Baustromverteiler für Nennspannungen bis 380 V Wechselspannung
und für Ströme bis 630 A
VDE 0620 Vorschriften für Steckvorrichtungen bis 750 V 100 A
VDE 0660 Bestimmungen für Niederspannungsschaltgeräte
VDE 0675 Leitsätze für den Schutz elektrischer Anlagen gegen Überspannungen
VDE 0680 Bestimmungen für Schutzbekleidung, Schutzvorrichtungen und Werkzeuge zum Arbeiten an
unter Spannung stehenden Betriebsmitteln

VDE 0701 Bestimmungen für die Instandsetzung, Änderung und Prüfung gebrauchter elektrischer Ver-
brauchsmittel (Geräte)
VDE 0710 Vorschriften für Leuchten mit Betriebsspannungen unter 1000 V
VDE 0712 Bestimmungen für Entladungslampenzubehör mit Nennspannungen bis 1000 V

VDE 0800 Bestimmungen für Errichtung und Betrieb von Fernmeldeanlagen einschließlich Informations-
verarbeitungsanlagen
VDE 0855 Bestimmungen für Antennenanlagen
VDE 0860 Bestimmungen für netzbetriebene Rundfunk- und verwandte elektronische Geräte
VDE 0871 Bestimmungen für die Funk-Entstörung von Hochfrequenzgeräten und -anlagen
VDE 0874 VDE-Leitsätze für Maßnahmen zur Funk-Entstörung
VDE 0875 Bestimmungen für die Funk-Entstörung von Geräten, Maschinen und Anlagen für Netzfrequen-
zen von 0 bis 10 kHz
VDE 0877 Leitsätze für das Messen von Funkstörungen

Eine Auswahl der wichtigsten VDE-Bestimmungen


zeigt Tabelle II-1.
Benennung

Schaltungsunterlagen sind Schaltpläne, Tabellen,


Diagramme und Beschreibungen, die Angaben für 3
das Fertigen, Errichten und die Erhaltung elektri- Ein-
scher Anlagen vermitteln. heit
Die Norm DIN 40719 legt die Einteilung von Schal- 2
tungsunterlagen und die entsprechenden Begriffe,
wie sie in der Elektrotechnik üblich sind, fest. Schal-
tungsunterlagen werden in zwei Gruppen eingeteilt 1
und zwar nach dem Zweck und der Art der Darstel-
lung.
Ein Schaltplan (engl.: diagram) zeigt die Art, in der 0
die verschiedenen elektrischen Betriebsmittel zuein- 0 1 Einheit 3 Benennung
(Formelzeichen)
ander in Beziehung stehen und miteinander verbun-
den sind. Bild II-1 Diagrammdarstellung nach DIN 461 und
Ein Diagramm (engl.: chart) ist die graphische Dar- DIN 40719
stellung errechneter oder gemessener Werte und
sollte nach DIN 461 dargestellt werden. Die Linien- Diagramme zur quantitativen Darstellung erhalten an
breiten werden nach DIN 15 etwa im Verhältnis Netz den Achsen eine bezifferte Teilung, wobei jeder
zu Achsen zu Kurve wie 1:2:4 gewählt in der Dar- negative Wert mit dem entsprechenden Vorzeichen
stellung nach Bild II-1. zu versehen ist. Mindestens der erste und der letzte
Prinzipiell unterscheidet man Diagramme im karte- Teilstrich ist mit dem Wert der Einteilung zu verse-
sischen Koordinatensystem (Bilder II-2, II-3 und II- hen. Die Einteilung kann linear nach Bild II-3, dop-
4), Diagramme im Polarkoordinatensystem nach pelt-logarithmisch nach Bild II-4 erfolgen oder auch
Bild II-5, Flächendiagramme nach Bild II-6 und in linear-logarithmischer Einteilung. Die Einheit darf
Nomogramme nach Bild II-7. nicht in Klammern gesetzt werden.
Das Übersichtsdiagramm (z.B. charakteristische Dar- Bei mehreren Kurven nach Bild II-4 werden an jede
stellung) nach Bild II-2 wird ohne Achseneinteilung Kennlinie der Parameter oder andere Hinweise mit
gezeichnet; auf eine nichtlineare Teilung ist hinzu- evtl. näherer Erläuterung in der Bildunterschrift ver-
weisen. wendet.
496 Technische Kommunikation

I 1
Widerstand R

–1

–2
–200 –100 0 100 V 200
Frequenz f U
Bild II-2 Diagramm im kartesischen Bild II-3 Diagramm mit linearer Einteilung
Koordinatensystem

20
o
10o 0o 10o 20
o

1,0

105
R 0,8
W 30
o
30
o

104

0,6
LDR 07 o
40 40o
103

LDR 02 50o 0,4 50o


102
60o 60o
70o 0,2
70o
101
101 102 103 104 EV 105 80o 80o
lx
Bild II-4 Diagramm mit Bild II-5 Diagramm im Polarkoordinatensystem
doppelt-logarithmischer Einteilung

1 Schaltzeichen nach DIN chen gewählt werden, das für eine beabsichtigte
Aussage gerade ausreichend ist, also ist das Schalt-
In DIN 40700 bis DIN 40717, letztere teilweise zeichen so einfach wie möglich zu halten. Ein ge-
ersetzt durch DIN 40900, sind die Schaltzeichen als wähltes Schaltzeichen sollte durchgängig in der
„Graphische Symbole für Schaltungsunterlagen“ der Zeichnung verwendet werden.
Elektrotechnik mit ihrer Benennung und Bedeutung Schaltzeichen setzen sich aus Symbolelementen und
festgelegt. Grundelementen wie in Bild II-8 zusammen. Block-
DIN 40900 Teil 1 bis Teil 13, „Graphische Symbole symbole nach Bild II-9 sind vereinfachte Darstellun-
für die Elektrotechnik“, liegt in der harmonisierten gen von Funktionseinheiten oder Baueinheiten durch
Fassung IEC 617 Teil 1 bis Teil 13 der Internationa- ein einzelnes Schaltzeichen. Wenn für ein konkretes
len Elektrotechnischen Kommission (IEC) als Norm Betriebsmittel kein genormtes Schaltzeichen existiert,
vor. so kann durch die Kombination von Grundsymbolen,
Betriebsmittel einer Schaltung werden durch genorm- Symbolelementen, Kennzeichen oder Schaltzeichen
te Schaltzeichen dargestellt. Es muß das Schaltzei- eine neues Schaltzeichen entworfen werden.
II Schaltungsunterlagen 497

90
80
70
60
50
40 2
30 1
20 3
10 6
0
1 2 3 4 5 6 5
4

nutzbare
30% Energie

100%

30% 40%
Bild II-6
Verluste Flächendiagramm

5 o chen dürfen nach Bild II-10 gedreht oder gespiegelt


–10 –5 0 10 C 15
werden, wenn ihre Bedeutung dadurch nicht verän-
o dert wird. Werden Schaltzeichen verkleinert oder
10 20 30 40 50 F 60
vergrößert, so sollen ihre Proportionen wie in Bild II-
Bild II-7 Nomogramm 11 erhalten bleiben.

Wh Wh Wattstunden f1 3

f2 =

Bild II-9 Blocksymbol als Funktionseinheit


Meßgerät,
integrierend
U U

U U
Wattstundenzähler
Wh
U U

U U
Wattstundenzähler
Wh mit Drucker, Bild II-10 Variable Lage von Schaltzeichen im
fernbetätigt Schaltplan

Bild II-8 Schaltzeichen aus Symbol- und


Grundelementen

Die Lage, in der Schaltzeichen in den Normblättern


dargestellt sind, ist nicht die einzig gültige. Schaltzei- Bild II-11 Darstellungsgrößen von Schaltzeichen
498 Technische Kommunikation

Tabelle II-2 Schaltzeichen nach DIN 40900 (Auszug)


Schaltzeichen (Auszug)
Passive Bauelemente DIN 40900 Teil 4
Widerstand, allgemein
Widerstand, veränderbar, allgemein

Widerstand mit Schleifkontakt

Widerstand, spannungsabhängig
Varistor
U

Widerstand, temperaturabhängig
Heißleiter
u

Kondensator, allgemein

Kondensator, gepolt, z.B. Elektrolyt-Kondensator

Kondensator, veränderbar

Spule, Wicklung, Induktivität


Spule mit Magnetkern
Piezoelektrischer Kristall, Schwingquarz

Halbleiter-Bauelemente DIN 40900 Teil 5


Halbleiterdiode, allgemein

Z Diode,
Esaki-Diode
Kapazitätsdiode

Tunneldiode

Zweirichtungsdiode, Diac

Thyristortriode, Kathode gesteuert

Thyristortriode, bidirektional
Triac

NPN-Transistor
II Schaltungsunterlagen 499

Tabelle II-2 (Fortsetzung)


Schaltzeichen (Auszug)
Halbleiter-Bauelemente DIN 40900 Teil 5
Unijunction Transistor,
Basis N-Typ

Sperrschicht-FET mit N-Kanal (JFET)

Isolierschicht-FET, Anreicherungstyp mit N-Kanal


(IGFET, MOS-FET)

Isolierschicht-FET, Verarmungstyp mit N-Kanal


(IGFET, MOS-FET)

Hall-Generator

Fotoelektrische Bauelemente DIN 40900 Teil 5


Fotowiderstand

Fotodiode

Fotoelement Fotozelle

Fototransistor NPN-Typ

Leuchtdiode

Optokoppler

2 Elektrische Betriebsmittel 13 Bild II-12


Anlage = 2K Lage der
Die Kennzeichnung von Betriebsmitteln erfolgt nach Art, Zählnummer –K8 Betriebsmittel-
IEC 750 (1983)/DIN 40719 Teil 2 (1978) und stellt Ort +M4 kennzeichnung
die Beziehung her zwischen dem Betriebsmittel in 14
im Plan
der Anlage und den verschiedenen Schaltungsunter-
lagen, wie z.B. Schaltplänen, Stücklisten, Stromlauf- Kann auf die Kennzeichnung der Anlage und des
plänen und Anweisungen. Sie erfolgt in Kennzeich- Ortes verzichtet werden, so kann die Kennzeichnung
nungsblöcken mit Vorzeichen zur sicheren Unter- der Betriebsmittel und der Anschlüsse nach Bild II-13
scheidung der Blöcke. erfolgen. In den meisten Fällen reicht der Kennzeich-
Bei senkrechtem Leitungsverlauf nach Bild II-12 nungsblock 3 aus.
steht die Betriebsmittelkennzeichnung links und die Die Kennzeichnung der Funktion in Kennzeich-
Anschlußkennzeichnung rechts; bei waagerechtem nungsblock 3 kann entfallen, wird sie jedoch vor-
Verlauf dagegen steht die Betriebsmittelkennzeich- genommen, so sind die Kennbuchstaben nach Ta-
nung unten. belle II-5 entsprechend DIN 40719 zu verwenden.
500 Technische Kommunikation

Tabelle II-3 Kennzeichnungsblöcke nach DIN 40719

Kennzeichnung elektrischer Betriebsmittel (DIN 40719)

Kennzeichnungsblock Vorzeichen Beispiel Erklärung zum Beispiel

1 Anlage = = B3 Anlage B3

2 Ort + + D4 Stockwerk D, Raum 4

3 Art Zählnummer Funktion – – K2T Schütz, Nr. 2, Zeitrelais

4 Anschluß : : 12 Anschluß Nr. 12

• Nur zur Kennzeichnung erforderliche Blöcke angeben


• Vorzeichen kann entfallen, wenn Verwechselung des Blockes ausgeschlossen ist
• Mindestangabe in Block 3 ist die Zählnummer

Tabelle II-4 Kennbuchstaben für die Art der Betriebsmittel

Kennbuchstaben für die Art der Betriebsmittel

Kenn- Art des Betriebsmittels Beispiele


buch-
stabe

A Baugruppen, Teilbaugruppen Verstärker, Magnetverstärker

B Umsetzer von nichtelektrischen auf Meßumformer, thermoelektrische Fühler, Thermozellen,


elektrische Größen und umgekehrt Mikrofon, u.ä.

C Kondensatoren

D Verzögerungseinrichtungen, Spei- Plattenspeicher, Magnetbandgeräte, Verzögerungsleitungen


chereinrichtungen, binäre Elemente

E Verschiedenes Beleuchtungseinrichtungen, Heizeinrichtungen; Einrichtungen,


die ansonsten hier nicht benannt werden

F Schutzeinrichtungen Sicherungen, Schutzrelais, Trennsicherungen, Überspannungs-


ableiter

G Generatoren, Stromversorgungen Rotierende Generatoren, Batterie

H Meldeeinrichtungen Optische und akustische Meldegeräte

K Relais, Schütze Leistungsschütze, Hilfsschütze, Zeitrelais

L Induktivitäten Drosselspulen

M Motoren

N Verstärker, Regler Operationsverstärker

P Meßgeräte, Prüfeinrichtungen Anzeigende, schreibende und zählende Meßeinrichtungen,


Uhren

Q Starkstrom-Schaltgeräte Leistungsschalter, Schutzschalter, Motorschutzschalter

R Widerstände Einstellbare Widerstände, Heißleiter


II Schaltungsunterlagen 501

Tabelle II-4 Fortsetzung


Kennbuchstaben für die Art der Betriebsmittel
Kenn- Art des Betriebsmittels Beispiele
buch-
stabe
S Schalter, Wähler Taster, Endschalter, Steuerschalter
T Transformatoren Spannungswandler, Stromwandler
U Modulatoren, Umsetzer Diskriminator, Frequenzwandler, Umformer, Wechselrichter
V Röhren, Halbleiter Elektronenröhren, Dioden, Transistoren, Thyristoren
W Übertragungswege, Hohlleiter, Schaltdrähte, Sammelschienen, Dipole
Antennen
X Klemmen, Stecker, Steckdosen Trennstecker und -steckdosen, Prüfstecker, Lötleisten,
Klemmenleisten
Y Elektrisch betätigte mechanische Bremsen, Kupplungen, Ventile
Einrichtungen
Z Abschluß, Ausgleichseinrichtungen, Kabelnachbildungen
Filter, Begrenzer, Gabelanschlüsse

U V W
7 8 9

1 2 K
M L
R8 M1
3 M
X3
W
V
U

R7 X1 7 M
M4
3 Bild II-13
2 Vereinfachte Betriebsmittelkennzeichnung

Tabelle II-5 Kennbuchstaben für die allgemeine Funktion


Kennbuchstaben für die allgemeine Funktion
Kenn- Allgemeine Funktion Kenn- Allgemeine Funktion
buch- buch-
stabe stabe
A Hilfsfunktion N Messung
B Bewegungsrichtung P Proportional
C Zählung O Zustand (Stop, Start, Begrenzung)
D Differenzierung R Rückstellen, Löschen
F Schutz S Speichern, aufzeichnen
G Prüfung T Zeitmessung, verzögern
H Meldung V Geschwindigkeit (beschleunigen, bremsen)
J Integration W Addieren
K Tastbetrieb X Multiplizieren
L Leiterkennzeichnung Y Analog
M Hauptfunktion Z Digital
502 Technische Kommunikation

Für die Kennzeichnung der Anlage und des Ortes 1U 1V 1W 1N 1U 1V 1W 1N


benennt DIN 40719 weitere Kennbuchstaben, die hier 1U1 1V1 1W1
aber nicht aufgeführt werden sollen.
1U2 1V2 1W2
T4 T4
3 Schaltungsunterlagen 2U2 2V2 2W2

der Energietechnik
2U1 2V1 2W1
Bei der Ausfertigung elektrischer Schalt- und Ver- 2U 2V 2W 2N 2U 2V 2W 2N
drahtungspläne genügt oft eine einzige Linienbreite a b
nach DIN 15. Für A4 und A3 Formate ist die Linien-
breite 0,5 günstig. Bild II-17 Anschlußkennzeichnung von
Stromwege werden geradlinig und möglichst kreu- Drehstromtransformatoren
zungsfrei dargestellt. Die Verbindungslinien ver- Leitungsverbindungen ohne Klemmpunkt nach
laufen parallel zu den Rändern der Zeichnung. Die Bild II-18 sind für zu plottende Zeichnungen vorge-
Anschlußstellen an Betriebsmittel werden nicht sehen; sie werden auch mit ausgefülltem Punkt dar-
besonders dargestellt, sie werden aber gemäß gestellt. Leitungskreuzungen haben keine elektrische
DIN 42400 mit einer Anschlußkennzeichnung ver- Verbindung.
sehen nach Bild II-14. Zusammengehörende An-
schlüsse werden mit 1 und 2 gekennzeichnet. Von der
Energieseite her gesehen gilt 1 = Eingang und 2 =
Ausgang.

1 1
A1 1
Leitungsverbindungen keine Leitungsverbindung

Bild II-18 Leitungsverbindungen mit/ohne


A2 2
2 2
Klemmpunkt

Bild II-14 Kennzeichnung der Anschlußstellen von Bei der Art der Darstellung von Schaltungsunterlagen
Betriebsmitteln unterscheidet DIN 40719 zwischen ein- oder mehrpo-
liger Darstellung. Bei der einpoligen Darstellung
(engl.: single-line representation) werden zwei oder
Hat ein Betriebsmittel nach Bild II-15 mehrere An- mehr Leiter durch eine einzige Linie mit entspre-
schlüsse, so wird fortlaufend numeriert. Die An- chender symbolhafter Ergänzung dargestellt. Meh-
schlüsse von Drehstrommotoren werden nach Bild rere gleiche Geräte oder Bauelemente können durch
II-16 gekennzeichnet, während die Anschlüsse von ein einziges Schaltzeichen dargestellt werden.
Drehstromtransformatoren gemäß Bild II-17a ge- Bei mehrpoliger Darstellung (engl.: multiline repre-
kennzeichnet werden, wobei unter Umständen auch sentation) wird jedes Betriebsmittel durch ein Schalt-
die Innenanschlüsse nach Bild II-17b zu kennzeich- zeichen dargestellt.
nen sind. Bezüglich der Darstellung der Schaltzeichen kann
eine weitere Unterscheidung vorgenommen werden.
Bei der zusammenhängenden Darstellung (engl.:
Bild II-15 assembled representation) werden alle Schaltzeichen
1.1 2.1 3.1 1 3 5 Anschluß- eines Betriebsmittels (z.B. Relais mit Schaltkontak-
numerierung ten) zusammenhängend gezeichnet. Bei der aufgelös-
mehrpoliger ten Darstellung (engl.: detached representation)
Betriebsmittel werden Schaltzeichen für elektrische Betriebsmittel
1.2 2.2 3.2 2 4 6 (allgemein) (z.B. Relais mit Schaltkontakten) getrennt gezeichnet
und so angeordnet, daß jeder Stromweg (Strompfad)
U1 V1 W1 U V W U V W geradlinig verläuft und somit gut zu verfolgen ist.
Ein Übersichtsschaltplan (engl.: block diagram) nach
DIN 40719 ist die vereinfachte Darstellung einer
Schaltung, wobei nur die wesentlichen Teile zur
U2 V2 W2 Gliederung elektrischer Einrichtungen und ihrer
Systembeschreibung berücksichtigt werden. Im
offene Schaltung Sternschaltung Dreieckschaltung
Beispiel nach Bild II-19 ist der einpolige Übersichts-
Bild II-16 Anschlußkennzeichnung von schaltplan einer Wendeschützschaltung ohne Steuer-
Drehstrommotoren leitungen dargestellt.
II Schaltungsunterlagen 503

400V 3/PE ~ 50Hz gelöster Darstellung für den Hauptstromkreis und die
4 Steuerung einer Wendeschützschaltung. Die Kon-
taktbelegungspläne der Schütze fehlen im Steuer-
3 stromkreis, aber die Anschlußbezeichnungen für die
–F1
Klemmleisten sind integriert. Diese Form der Strom-
4 3
laufpläne ist die meist verwendete Darstellungsform.
Aus ihm wird der Verdrahtungsplan entwickelt.
–K1 3 –K2 3 Verdrahtungspläne (engl.: wiring diagrams) zeigen
3 die inneren und/oder äußeren Verbindungen zwischen
3 elektrischen Betriebsmitteln, ohne Aufschluß über die
–F2 Wirkungsweise zu geben. Verdrahtungspläne können
4 durch entsprechende Tabellen ersetzt werden. Der
Bild II-19 Verdrahtungsplan nach Bild II-21 gibt die Schaltun-
M Übersichtsschaltplan einer gen nach Bild II-19 und II-20 wieder. Die Schütze K1
–M1
3~ Wendeschützschaltung und K2 werden wie auch das Motorschutzrelais F2
durch ein Rechteck dargestellt.
Ein Stromlaufplan (engl.: circuit diagram) ist die Die Verbindungsleitungen können einzeln oder
ausführliche Darstellung einer Schaltung mit ihren zusammengefaßt gezeichnet werden. Die Anschluß-
Einzelteilen. Er zeigt die Arbeitsweise einer elektri- stellen werden nach Bild II-22 mit Leitungsnummern
schen Einrichtung. Er kann in aufgelöster und zu- oder mit den Zielbezeichnungen versehen, d.h., am
sammenhängender Darstellung zur Anwendung Ende einer Verbindungsleitung wird angegeben, mit
kommen. Bild II-20 zeigt die Stromlaufpläne in auf- welcher Anschlußklemme das andere Leitungsende

Hauptstromkreis Hilfsstromkreis Bild II-20


Stromlaufpläne
X1:14 400 V 3/PE ~50 Hz in aufgelöster
L1
L2 X1:15
L1
X1:13 Darstellung für
L3 X1:16 1 Haupt- und Hilfs-
PE
X1:11 stromkreis
~F3
2
95
–F1 –F2
96
X1:5
11
–S0
12
1 3 5 1 3 5
11 11
–K1 –K2
2 4 6
–S2 S1
2 4 6
12 X1:6 12 X1:8

13 14 13 14
–S1 K1 S2 K2
14 13 14 13
1 3 5 96
–F2 X1:7 X1:9
2 4 6 95
21 21
K2 K1
22 22
X1:1
X1:2
X1:3
X1:4

A1 A1
–K1 –K2
U1

W1
V1

PE

A2 A2
N
–M1
M X1:12
3
504 Technische Kommunikation

Bild II-21
Verdrahtungsplan einer L1 L2 L3
Wendeschützschaltung

M A1 1 3 5 13 21 A1 1 3 5 13 21
–M1
3
K1 K2

W1
U1
V1

PE
A2 2 4 6 14 22 A2 2 4 6 14 22

X1:8
X1:7

11 13 1 3 5 95
–S1 F2
12 14 F3 F1
2 4 6 96
X1:5

11 13

–S0
–X1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
12 14

S1:13
S2:12

S1:11
S2:14
S0:11
W1
V1
U1

PE

L3
PE

L1
L2
N
11 13

–S2 Netz
12 14
X1:9
X1:6

verbunden ist. Der Verdrahtungsplan dient als Unter- 41 ~48V 41


lage für die Fertigung und Montage und wird bei 42 ~48V 42
43 –24V 43
umfangreichen Anlagen unterteilt in Geräteverdrah- 44 +24V 44
tungspläne, Verbindungspläne und Anschlußpläne.
Die Verbindungen innerhalb eines Gerätes stellt der Leitungsnummern
Geräteverdrahtungsplan (engl.: unit wiring diagram)
dar, während der Verbindungsplan (engl.: intercon- –X1 –X2
nection diagram) die Verbindungen zwischen den X2:16 X1:22
21 15
verschiedenen Geräten einer Anlage darstellt. 22 X2:15 X1:21 16
23 X2:17 X1:23 17
Ein Anschlußplan (engl.: terminal diagram) zeigt die
Anschlußpunkte einer elektrischen Einrichtung und
die daran angeschlossenen inneren und äußeren lei- Zielbezeichnungen
tenden Verbindungen. Der Anschlußplan nach Bild Bild II-22 Kennzeichnung von
II-23 zeigt die Belegung der Klemmenleiste X1. Die Verbindungsleitungen mit
zum Motor M1 am Planort T4 abgehende Leitung W2 a) Leitungsnummern oder
ist vom Typ NYY 4 × 2,5. b) Zielbezeichnungen
Ein Ersatzschaltplan (engl.: equivalent circuit dia- –X1
gram) ist eine besondere Ausführung eines erläutern-
den Schaltplanes für die Analyse und Berechnung –M1:U1 –F2:2
von Stromkreiseigenschaften. 1 –F2:4
–M1:V1 2
Ein Ablaufdiagramm oder eine Ablauftabelle (engl.: –M1:W1 3 –F2:6
NYY 4x2,5 –M1:PE
sequence chart or table) zeigt Arbeitsvorgänge in 4
einer festgelegten Reihenfolge, während Zeitablauf-
diagramme (engl.: time sequence chart or table)
zusätzlich die Zeitabstände zwischen aufeinanderfol- Anschlußplan
genden Arbeitsvorgängen zeigen. Bild II-23 Anschlußplan der Klemmenleiste X1
II Schaltungsunterlagen 505

Bild II-24
Balkon Elektro-Installationsplan einer Wohnung
Kind Wohnraum

Eßraum

Bad
Flur 1
Flur 2

E
Diele

Eltern Küche

E WC

16A Balkon/Kind
FI1 Bild II-25
16A Bad/Eltern
IN= 25A Übersichtsplan zum
vierpolig 16A Eßraum/Wohnraum Installationsplan
IDN=30mA

16A Küche/Kühlgerät
FI2 16A Küche
IN= 25A
vierpolig 16A Flur 1,2/Diele/WC
IDN=30mA

hWh 20A Elektroherd


16A Heißwassergerät
16A Waschmaschine

FI3 16A Geschirrspülmaschine


IN= 40A 16A Wäschetrockner
vierpolig
IDN=300mA 16A Elektrogerät, allgemein
E

Gerätelisten schlüsseln die für eine Fertigung erfor- Installationsbereichen nach VDE 0100. DIN 18015
derlichen Konstruktionselemente, Geräte, elektri- Teil 1 legt sowohl Installationszonen als auch die
schen Einrichtungen und Leitungen auf nach Anzahl, Leitungsführung und die rämliche Lage der meisten
Typ und auch Bestellnummern der Hersteller. Betriebsmittel fest.
Im Installationsplan nach DIN 40719 Teil 5 werden Im Übersichtsplan nach Bild II-25 werden die Strom-
die Betriebsmittel mit Schaltzeichen in einpoliger kreise festgelegt und die Nennwerte der Betriebsmit-
Darstellung annähernd lagerichtig in den Gebäude- tel eingetragen. Nach DIN 57100/VDE 0100 ergibt
grundriß eingezeichnet. Bild II-24 zeigt den Elektro- sich auch die Verwendung entsprechender Leitungen
Installationsplan für eine Wohnung mit mehreren und Schutzmaßnahmen, z.B. FI-Schutzschalter.
506 Technische Kommunikation

4 Schaltungsunterlagen der Elektronik als Isolationswiderstand des Dielektrikums zu verste-


hen ist, der bei bestimmten Kondensatoren für die
Ersatzschaltpläne, bzw. Ersatzschaltbilder sind nach Selbstentladung des Kondensators verantwortlich ist.
DIN 40719 besondere Ausführungen eines erläutern- Die Frequenzabhängigkeit eines realen Kondensators
den Schaltplanes für die Analyse und Berechnung läßt sich mit entsprechenden Ortskurve nach Bild II-
von Schaltkreisen und realen Bauteileigenschaften im 27 darstellen, während sich z.B. die Temperaturab-
Vergleich zu „idealen“ Bauelementen. hängigkeit mit einem doppeltlogarithmischen Dia-
So hat z.B. jeder Kondensator außer der gewünschten gramm (Z = f(f) mit der Temperatur J als Parameter)
Kapazität noch weitere elektrische Eigenschaften, die nach Bild II-28 darstellen läßt.
sich als Komponenten in einem Ersatzschaltbild nach
Bild II-26 darstellen und analysieren lassen. Die Se-
rieninduktivität L ergibt sich als Folge der Wirkung der 4.1 Allgemeines
Anschlußdrähte bei höheren Frequenzen und der Se- Die Darstellung logischer Elemente und Verknüpfun-
rienwiderstand RS als Kontaktwiderstand an den An- gen wird in Katalogen und Datenbüchern unter-
schlüssen. Die Kondensator-Kapazität C ist die ge- schiedlich gehandhabt. Bild II-29 zeigt daher eine
wünschte Größe, während der Parallelwiderstand Ris Gegenüberstellung der logischen Grundfunktionen,
die noch häufig anzutreffen sind. Die Darstellung der
C Schaltzeichen nach DIN 40900 setzt sich aber immer
L RS weiter durch.
Ris
DIN 40900 DIN alt USA
Bild II-26 Ersatzschaltbild eines Kondensators NICHT 1
(reales Verhalten)
UND &

Bild II-27 ODER >1


=
j X
Ortskurve eines Kondensators, NAND & &
d.h., Beschreibung des
Frequenzverhaltens NOR >1
= >1
=
v
Bild II-29 Schaltsymbolvergleich
RS Z R
4.2 Schaltzeichen nach DIN 40900 Teil 12
Binäre Elemente
Symbolaufbau:
Ein Symbol besteht aus einer Kontur, dem Block,
oder aus Kombinationen von Konturen und den
103 Funktionskennzeichen. Das Seitenverhältnis der
Ω Konturen ist ohne Bedeutung. Die Eingangsleitungen
Z werden nach Bild II-30 links und die Ausgangslei-
102 tungen rechts angeordnet. Die Funktionskennzeichen
nach Bild II-31 beschreiben die logische Funktion der
Schaltung.
o
101 –60 C
–30 C
o
Kontur Funktions-
0oC kennzeichen
o
40 C

100

* * * *
Eingangs- Ausgangs-
10–1 linien linien
101 102 103 104 105 106 107 108 Hz
f * * * *

Bild II-28 Scheinwiderstand eines Kondensators


in Abhängigkeit von der Temperatur Bild II-30 Kontur
II Schaltungsunterlagen 507

Besitzt eine Schaltung einen oder mehrere Eingänge, Symbol Beschreibung


die zu mehr als einem Element der Schaltung führen, Negierter Eingang
kann ein Steuerblock nach Bild II-32 benutzt werden Negierter Ausgang
(siehe auch Anwendungsbeispiele). Negierter Eingang
Negierter Ausgang
Zeichen Bedeutung
Eingang mit Hysterese
& UND-Verknüpfung
>1 ODER-Verknüpfung Ausgang mit offenem Kollektor
=
=1 Exclusiv-ODER-Verknüpfung 3-state-Ausgang
∑ Summierer Freigabeeingang
COMP Komparator Schiebeeingang rechts
CTR Zähler Schiebeeingang links
DIV Teiler
MUX
P–Q
Multiplexer
Subtrahierer
}
aktiv bei ansteigender Flanke Dynamischer
aktiv bei abfallender Flanke Eingang
SRG Schieberegister
X/Y Codierer oder Codeumsetzer Bild II-33 Kennzeichnung von Ein- und Ausgängen
Schmitt-Trigger
Monostabile Kippstufe (allgemein) einige Beipiele hierzu. Die Adressen-Abhängigkeit
1 Monostabile Kippstufe (nicht nachtriggerbar) (A) kennzeichnet Adresseneingänge eines Speichers.
G Die Steuer-Abhängigkeit (C) kennzeichnet Zeitsteu-
Astabile Kippstufe (allgemein)
er- oder Takteingänge. Das Kennzeichen ist häufig
bei Flipflops zu sehen.
Bild II-31 Funktionskennzeichen
Anwendungsbeispiele:
Bei Anwahl eines Eingangs über die Abhängigkeits-
Symbol Beschreibung
notation G nimmt der interne Logikzustand des
Ausgangs den internen Zustand des Eingangs an.
Element-Kontur Liegt an den drei Eingängen beispielsweise „1“, „1“,
„1“ wird der Eingang 7 zum Ausgang geschaltet. Mit
dem Eingang EN kann der Multiplexer aktiviert
Steuerblock-Kontur werden (low-aktiv).
Die gesteuerten Eingänge des Richtungstreiber sind
UND-verknüpft. Die freigewählte Zahl (hier 3) wird
Beispiel: a neben dem Buchstaben G geschrieben und an jedem
weiteren UND-verknüpften Eingang (EN). 1 und 2
b a des Freigabeeingangs geben jeweils in Verbindung
mit dem Verstärker die Richtung an, wie sie die
b
c Zahlenfolge am 3-state-Ausgang zuordnet.
c Über die Steuereingänge M wird die Betriebsart wie
d links schieben, rechts schieben oder paralleles Laden
d
dargestellt. Den Einfluß des Takteingangs C wird
Bild II-32 Steuerblock-Kontur durch die entsprechende Zahl und die Schieberich-
tung durch zusätzliche Pfeile gekennzeichnet. Über
Ein- und Ausgänge: die Eingänge 4,5D werden anstehende Daten mit der
Die Symbole der Ein- und Ausgänge nach Bild II-33 ansteigenden Flanke an C5 parallel geladen.
legen die Beziehungen zwischen den internen und Über den Steuereingang C3 kann der BCD-Zähler die
externen Logikzuständen fest. Die Negation am Ein- 3D-Eingänge parallel laden. Die Betriebsart: Zähl-
und Ausgang kann unterschiedlich dargestellt wer- richtung (vorwärts „+“, rückwärts „–“) erfolgt über
den. DIN 40900 empfiehlt auf nationaler Ebene den den Eingang M2 und mit G1 erfolgt die Zählfrei-
Negationskreis zu verwenden. In Datenbüchern findet gabe. Mit dem Rücksetzeingang R wird der Zähler
man häufig die zweite Darstellungsweise. rückgesetzt. Nach jeder erneuten Zählung liefert der
Abhängigkeitsnotation: Ausgang PIN 7 einen negativen Impuls.
Mit Hilfe der Abhängigkeitsnotation werden Zusam- Bei Speichern können die Speicherstellen durch
menhänge zwischen Eingängen, Ausgängen oder Ein- Adreßeingänge (Kennzeichen A) angewählt werden.
und Ausgängen angegeben, ohne interne Elemente Der dargestellte Speicher besitzt 1024 Speicherstellen
und Zwischenverbindungen im einzelnen genau (1 k) mit den Adressen 0 bis 1023. Die Daten können
darzustellen. Somit lassen sich kompakte und aussa- am Ausgang ((0)A ... (7) A, 8 Bit) mit „H“ am Steu-
gekräftige Symbole herstellen. Bild II-34 gibt eine ereingang gelesen und mit „L“ über die mit 2D ge-
Übersicht über Arten der Abhängigkeit und zeigt kennzeichneten Leitungen eingeschrieben werden.
508 Technische Kommunikation

Kennbuchstabe und Wirkung bei „1“ am Eingang Wirkung bei „0“ am Eingang
Abhängigkeitsform
A Adresse
C Steuerung Erlaubt die Funktion Verhindert die Funktion
EN Freigabe Erlaubt die Funktion Verhindert Zugriff der Eingänge
∇ Ausgänge hochohmig
G UND Erlaubt die Funktion Ausgang „0“
M Modus Erlaubt die Funktion
bei gewählter Betriebsart Verhindert die Funktion
N Exclusiv-ODER
R Rücksetzen
S Setzen

Beispiele: UND, G
a a 1 a > a G1
& b =1
b b G1 & b G2
& c
c c 1 c 1

ODER, V N, Exclusiv-ODER

b
a V1 1 b b a N1
a >
=1 b a =1 c 1 c

C, STEUERUNG

& S C1 & S a C1
a a & b C2
& R b & R
b 1D c c 1,2D

Bild II-34 Abhängigkeitsnotation

SRG4
7 MUX 11
11 0
10 0 9 0 C5/2 /3
9 G7 10 M14
1 1
4 2
3 2 2,5D
2 6 3 15
1 7 4,5D
15 4 4,5D 14
14 5 13
13 Bild II-35 6
4,5D
12 4,5D 12
Multiplexer 7
3,5D

Betriebsart (MODE)
M
00 Halt
01 rechts schieben
10 links schieben Bild II-37
19
11 paralleles Laden Schieberegister
G3
1 3EN1
3EN2
CTRDIV10
1 15 1,2+/1,2–
10 M2
2 18 5 G1
2 1 C3
3 17 9 R
4 16
4 6
5 15 3D
12 11
6 14
13 14
7 13
3 2
8 12
9 11 Bild II-36 1,2CT=0 7 Bild II-38
Richtungstreiber 1,2CT=0
Zählerbaustein
II Schaltungsunterlagen 509

RAM 1k x 8 Wird eine Platine mit vorhandenen Leiterbahnen


0 (0)
(1)
A,2D
A,2D
eingesetzt, sollte der Entwurf die notwendigen Unter-
0
A 1023
(2)
(3)
A,2D
A,2D brechungen und Brücken aufweisen.
(4) A,2D
(5) A,2D
(6) A,2D
9 (7) A,2D 4.3.2 Entwurf und Herstellung
Bild II-39 gedruckter Schaltungen
1C2(Write)
1EN(Read)
G1
RAM Gedruckte Schaltungen sind heute Bestandteil der
(random acces memory) meisten elektronischen Geräte. Ihr Vorteil liegt in der
computergesteuerten Fertigung und der schnellen
Austauschbarkeit im Servicefall.
4.3 Entwurf von Schaltungen Zur Herstellung gedruckter Schaltungen verwendet
man heute vorwiegend fotobeschichtete Platinen aus
4.3.1 Verdrahtungsplan mit Universalplatinen
Hartpapier oder Epoxyd-Hartgewebe als Träger-
Kleinere elektronische Einzelschaltungen lassen sich material. Sie können einseitig oder beidseitig foto-
mit geringem Aufwand durch Universalplatinen beschichtet sein. Ihre Kupferauflage ist meist 35 mm
realisieren. Solche Platinen sind Lochrasterplatten aus und die Platinengröße unterschiedlich (Beispiele:
einem meist 1,5 mm starkem Isoliermaterial (Hartpa- 60 ⋅ 100 mm, 250 ⋅ 250 mm). Die Bauelemente wer-
pier oder Pertinax) mit Bohrungen im 1/10″-Raster den abschließend über Verbindungsleitungen aus
(2,54 mm) und 1 mm Durchmesser oder sie bestehen Kupfer miteinander verbunden. Das folgende Bild II-
aus einem Isolierstoff mit Längsleiterbahnen oder 40 zeigt die notwendigen Schritte bei der Herstellung
Lötaugen aus Kupfer (Auflage 35 mm) mit einem eines Labormusters bis zur fertigen Platine und Bild
Rastermaß 1/10″ und einem gleichmäßigen Raster- II-41 wählt als Beispiel die Schaltung eines Recht-
maß mit Löchern von ebenfalls 1 mm Durchmesser. eckgenerators zur Erläuterung der Arbeitsabläufe.
Außer Streifen- und Punktrasterplatien sind Printplat-
ten mit zusätzlich verschiedenen Steckerleistenan-
Schaltplan
schlüssen nach DIN 41612 im Angebot der Herstel-
lerfirmen. Die gebräuchliche Europlatine hat die Lageskizze
Abmessungen 160 ⋅ 100 mm. Tabelle II-6 führt gän-
gige Maße von Printplatinen auf. Layoutentwurf

Tabelle II-6 Maße von Printplatinen Layoutvorlage

Plattenstärke 1 mm, 1,5 mm, 2 mm Belichten

Lochdurchmesser 0,8 mm, 1 mm Entwickeln

Rastermaße 2,54 mm, 5,08 mm Ätzen

Leiterbreite > 0,8 mm Bohre Bild II-40


Arbeitsschritte zur Herstellung
Leiterabstand > 0,8 mm Bestücken
eines Labormusters
Kupferauflage 35 mm, 70 mm
Die Anordnung der Leiterbahnen auf der Platine
Ausgangslage zur Schaltungsrealisierung ist in allen nennt man Layout. Zur Layouterstellung benötigt
Fällen der Schaltplan und die Stückliste aller benötig- man transparentes 1/10″-Rasterspapier, eine Folie,
ten Bauelemente. Die Bauelemente sollten steckbar Klebesymbole, Leiterstreifen und Lötaugen. Von der
sein und müssen in das 1/10″-Raster passen. Nach Lageskizze werden auf einem ersten Blatt entspre-
Festlegung der Platinengröße wird eine Lageskizze chend der Größe die Lage der Bauelemente und ihre
(Entwurf) mit der Lage der Bauelemente und den Anschlüsse übertragen. Anschließend wird ein zwei-
notwendigen Verbindungen erstellt. Bei der Bauele- tes Blatt über das erste gelegt und die Verbindungs-
mentepositionierung kann für einen übersichtlichen leitungen eingezeichnet. Dieses Blatt dient als Vor-
Aufbau der Eingang links und der Ausgang rechts lage für alle Klebematerialien. Zunächst werden alle
vorgesehen werden oder alle Anschlüsse werden auf Lötaugen aufgebracht, danach die Leiterbahnen.
eine Leiterplattenseite gelegt. Die Verbindungen Das völlig lichtundurchlässige Layout wird unter die
sollte kurze Wege aufweisen und Kreuzungen nach fotobeschichete Platine nach Bild II-42 gelegt und
Möglichkeit nicht vorhanden sein. von unten ca. 2 Min. mit ultraviolettem Licht (UV-
Bei Verwendung einer Lochrasterplatine werden die Licht) bestrahlt, um die Leiterbahnen auf die Foto-
Bauelemente lagerichtig auf die Platine gesteckt und schicht zu übertragen. Die Platine wird daraufhin in
auf der Unterseite mit Silberdraht verlötet. ein Entwicklerbad gegeben, wo die belichteten Stel-
510 Technische Kommunikation

Schaltung Stückliste

Name Bezeichnung Type/Wert


R1
R1 Trimmwiderstand 100k
+
R2 Kohleschichtwiderstand 10k
V1 V2 R2 R3 Kohleschichtwiderstand 100k
2 –7 LM741
6 R4 Trimmwiderstand 100k
3+
5
R5 Kohleschichtwiderstand 10k
4 1 R3 R6 Trimmwiderstand 4,7k

R4 R6 C1 Kunststoffkondensator 0,01μF
A V1 Siliziumdiode 1N4001
KOND v
R5 V2 Siliziumdiode 1N4001
IC Operationsverstärker uA741

Anordnung der Aufbringen der Herstellen der


Bauelemente Lageskizze Lötaugen Verbindungen Lageplan
R1
V2 V1 R2
R4R5 Brücke +

C1 R4 A
R6 ⊥
R3

Bild II-41 Arbeitsschritte am Beispiel eines Rechteckgenerators

len von einer Schutzschicht (Fotolack) entfernt wer- auftreten. Ein Leiter von 35 mm Dicke kann bei 1 bis
den. Beim anschließenden Ätzen werden alle Kupfer- 2 mm Breite mit etwa 1,5 bis 2 A belastet werden.
flächen, die nicht zum Layout gehören, entfernt. Hierbei tritt eine Temperaturerhöhung von 10 K auf.
Um Spannungsüberschläge zu vermeiden dürfen
Fotoschicht Leiterbahnen nicht beliebig eng zueinander verlegt
Kupferschicht werden.
Basismaterial Nach der Platinenherstellung werden die Löcher in
Leiterbahn den Lötaugen mit einer Ständerbohrmaschine mit
Bild II-42
Hartmetallbohrern gebohrt. Anschließend kann die
Vor- und nach dem
Basismaterial Bestückung erfolgen. Diese so von Hand erstellten
Ätzvorgang
Layouts haben den Nachteil, daß Fehler nie ganz
ausgeschlossen werden können.
Der Ätzvorgang dauert bei Verwenden von Eisen-III-
Chlorid und einer Temperatur von 40 °C etwa 10 bis
20 Minuten. Die Platine wird gewässert, um Ätzmit- 5 Projektierung
telreste abzuspülen und mit einem Lösungsmittel
(Azeton) kann der Abdecklack entfernt werden. Werden technische Geräte oder Schaltungen entwi-
Als Ätzmittel wird häufig Eisen-III-Chlorid (FECl3), ckelt und konstruiert ist eine umfangreiche Planung
Ätznatron (NaOH) oder Ammoniumpersulfat erforderlich. Zunächst muß das Problem definiert
(NH4)2S2O8 verwendet. Aus Sicherheitsgründen soll- werden mit den jeweiligen Forderungen an die Schal-
ten bei Umgang mit allen Chemikalien Handschuhe tung und ihren Eigenschaften. Bei komplexen Aufga-
und Schutzbrille getragen werden. Desweiteren ist ben empfielt es sich im Team zu arbeiten und nach
eine sachgerechte Entsorgung zu gewährleisten. Der Lösungsmöglichkeiten mit den auftretenden Vor-
Ätzvorgang selbst hängt von der Konzentration des und Nachteilen zu suchen. Ist eine Entscheidung
Ätzmittel, der Temperatur und der Ätzzeit ab. Bei zu getroffen, werden Aufgaben und Prioritäten aufgelis-
langer Ätzzeit oder zu hoher Ätzkonzentration kommt tet und Verantwortlichkeiten zugewiesen. Ein festge-
es zu Unterätzungen. legter Zeitplan ist genau so einzuhalten wie die Ober-
Leiterbahnen werden vor Oxidation geschützt, wenn grenze der zugestandenen Geldmittel. Nach Durch-
sie mit Zinn, Silber oder Gold überzogen oder mit führung der Arbeit erfolgt eine Auswertung.
Lötlack eingesprüht werden.  Beispiel: Universal-Eingabeplatine für einen Einplatinencomputer
Die Breite der Leiterbahnen sollte in Abhängigkeit Definition: Platine mit Stromversorung, Eingangsbuchsen für
der durchfließenden Ströme gewählt werden, damit den Analog-Digitalteil und Ausgangsbuchsen für den Digital-
keine unzulässigen Erwärmungen (i.d.R max. 65 °C) Analogteil.
II Schaltungsunterlagen 511

Ziel: Die Schaltung soll innerhalb einer Woche erstellt und getes- Durchführungsplan:
tet sein. Die Einzelteile sollen weniger als 50,00 DM kosten. Vor-
– Entwurf der Schaltung
handen ist eine veränderbare Gleichspannungsquelle 2 bis
15 V/2 A. – Beschaffung der Materialien
Die konstruierte Schaltung muß zur Verfügung stellen: – Aufbau des Prototyps auf einer Steckplatine
– + 5 V stabil für die Computerplatine – Herstellung der Platine
– + 12 V für externe Versuchsschaltungen
– 2 DA-Ausgänge
– Erprobung der Platine
– 4 AD-Eingänge
Die Schaltung (Bild III-3) wird unter III-2 beschrie-
ben und unter Kapitel IV die Realisierung der Platine.

III Schaltungssynthese und -analyse

1 Beispiele aus der Elektrotechnik Der Motor ist am Aufstellungsort + T4 installiert,


während die Tasterkombination im Schaltpult + 3P4
Für die Schaltungssynthese wie auch die -analyse ist integriert ist. Der Hinweis auf ein anderes Blatt wird
die Kenntnis der Schaltzeichen, der Kennzeichnung nach einem Schrägstrich, der Planabschnitt nach
von Betriebsmitteln und der Anschlußkennzeichnung einem Punkt geschrieben; die Hauptstromversorgung
notwendig. Auch die umfangreichsten und kom- kommt also von Blatt 4 (= .D3/4..; 2B4-Anlage mit
plexesten Schaltungsaufgaben setzen sich aus der Funktionsgruppe D = Leistungskreis) und geht nach
Kombination bzw. Verknüpfung einiger Grundschal- Blatt 6 (= .D4/6..), um dort in Planquadrat 1 (= .D4/
tungen zusammen. Weil das Problem einer zu pla- ... 1) fortgeführt zu werden. Die Steuerspannung
nenden Steuerung in der Regel durch die Darstellung kommt von Blatt 2 aus Planquadrat 3.
einer Schaltung in einem Stromlaufplan gelöst wird, Für die Wartung und Instandhaltung sind zusätzliche
ist dieser besonders wichtig und darum im Beispiel Informationen einzufügen, wie z.B. die Nennstrom-
nach Bild III-1 dargestellt. werte für Sicherungen und Auslösebereich der Mo-
Im Schriftfeld der Zeichnung werden unten rechts die torschutzschalter bzw. -relais. Die Reihenklemmen-
Blattnummer und die Anzahl der Blätter für eine anschlüsse für den Motor (X1: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7) und
Anlage angegeben, hier also Blatt 5 von 7 Blättern. die Tasterkombination (X1: 11, 12, 13) sind ebenfalls
Darüber im Schriftfeld angeordnet steht mit einem angegeben.
Gleichheitszeichen als Vorzeichen der Kennzeich-
nungsblock „Anlage“ (hier = 2B4.D3) und mit einem
Pluszeichen als Vorzeichen der Kennzeichnungsblock
2 Beispiele aus der Elektronik
„Einbauort“ (hier Schaltschrank + 2E4). Diese Kenn- Schaltungen in der Elektronik werden so dargestellt,
zeichnung gilt für alle auf diesem Blatt dargestellten daß sich der Signalfluß von links nach rechts ergibt.
Betriebsmittel und müssen auf diesem Blatt folglich Dies bezieht sich auch auf die Nummerierung der
nicht mehr angegebenen werden. Bauelemente.
512 Technische Kommunikation

1 2 3 4 5 6 7 8

L1 400V 3/PE 50Hz 30 x 5 Cu L1


L2 L2
A =. D3/4.8 L3 L3 = .D4/6.1 A
PE PE
25 x 3 Cu
2L1 230V 50Hz 1 1 1
=. M1/2.3
F1...F3 25A
2L2 2 2 2
1 3
Q1
B 10A B
1 3 5
1 3 5 1 3 5
I I 2 –K1
–K3 –K2 2,5
2 4 2 4 6 2 4 6 +T4 7-12A 2 4 6

–X1:8
95 –M1 –F4
F4 98 W2 U1
96
X1 11 U2 M V1
1 3
C S2 V2 W1 C
2 2
+3P4
2,5 7,5kW
400V
X1 12

3 X1:7
S1 4
+3P4 13
X1 5
D 13 13 D
K4 6 K3 K1
14 14

Leitungen ohne Querschnittsangabe


21 21 H07V-U1,5
K2 22
K3
22
A1 A1 A1 A1
E –K3 –K2 –K4 –K1 E
A2 A2 A2 A2

X1:9,10 4 14 13 14 13 0...30s 5 14 13
4 22 21 3 22 21
6 D3
22 21
3 2 1 4 2 1 5 6 2 1
3 4 3 4 4 3 6 4 3
3 6 5 4 6 5 6 6 5

F F
Datum Zeichnungsnr. d Auftraggebers =2B4.D3
Bearb. Auftraggeber Firma +2E4
Gepr. Blatt 5
Zeichnungsnummer
Zust. Änderung Datum Name Norm Urspr. Ers. f. Ers. d. 7 Bl
1 2 3 4 5 6 7 8

Bild III-1 Stern-Dreieck-Schützschaltung


1 2 3 4 5 6 7 8

A A

B B
R3 R6
V3
R5

C V1 C3 C
+
C1 C2 V2
+ +
R8
+

D
V4 D

R1 R2 R4 R7

E E

F F
Datum Zeichnungsnr. d Auftraggebers
Bearb. Auftraggeber Firma
Gepr. Blatt 2
Zeichnungsnummer
Zust. Änderung Datum Name Norm Urspr. Ers. f. Ers. d. 4 Bl
1 2 3 4 5 6 7 8

Bild III-2 Kopfhörerverstärker


III Schaltungssynthese und -analyse 513

1 2 3 4 5 6 7 8

A A
+12V

V2
V1
UI 7805 U0 +5V a1
Uin a2
a3
B 1N4007 GND a4
a5 B
R1 R4 a6
C1 C2 V5 V6
a7
39k 33k a8
a9
a10
V3 a11
a12
R2 R5 R7 R8 a13
a14
a15
1,5k 4,7k 560 560 a16

C
+ + a17
a18
C
a19
– a20
a21
a22
a23
TLC272 a24
a25
a26
V4 a27
a28
a29
a30
a31
D a32 D
+ +

R3 R6
27k 27k
E E

F F
Datum Zeichnungsnr. d Auftraggebers
Bearb. Auftraggeber Firma
Gepr. Blatt 2
Zeichnungsnummer
Zust. Änderung Datum Name Norm Urspr. Ers. f. Ers. d. 4 Bl
1 2 3 4 5 6 7 8

Bild III-3 Stromversorgung für einen Einplatinencomputer

 Beispiel 1: Bild III-2 zeigt beispielhaft die Schaltung eines  Beispiel 2: Bild III-1 zeigt die Stromversorgung für einen Ein-
Kopfhörerverstärkers. platinencomputer. Die Schaltung selbst wird mit einer Gleich-
Die Eingangsspannung wird über R1 eingespeist. Dieser Wider- spannung betrieben. V1 dient zur Vermeidung einer falschen Po-
stand dient auch zur Lautstärkeeinstellung. Über den Operations- lung. Die notwendigen 5 V für den Computer werden mit dem
verstärker wird das Signal verstärkt und gelangt über C2 zur Stabilisierungs-IC 7805 erreicht. Die 12 V-Spannung dient zur
Komplementärendstufe. Diese besteht aus einem npn- und pnp- Spannungsversorgung zusätzlicher Versuchsschaltungen. Um oh-
Transistor der jeweils die negative oder positive Signalhalbwelle ne Meßgerät auszukommen wurden zwei Komparatoren einge-
über C3 dem Kopfhöreranschluß zuführt. Beide Transistoren ar- setzt, die über Leuchtdioden die gewünschte Spannung anzeigen
beiten in Kollektorgrundschaltung. Ihre Basisspannung und damit (LED grün) oder bei zu hoher Spannung warnen (LED rot)
ihr Ruhestrom wird über zwei in Durchlaßrichtung betriebene Di-
oden V1 und V2 eingestellt. Ohne V1 und V2 würden Übernah-
meverzerrungen entstehen.
Die Schaltung ist für eine unsymmetrische Spannung ausgelegt.
Sie benötigt daher R3 und R4, um den invertierenden Eingang auf
die halbe Betriebsspannung zu legen.
514 Technische Kommunikation

IV CAD-Technik

1 Allgemeines Leitungen oder Schriften ermöglichen eine optimale


Darstellung. Mit Hilfe von Bauteileeditoren können
Unter CAD (Computer Aided Design) versteht man Bauteilebibliotheken selbst erweitert werden. Eigene
ganz allgemein computergestütztes konstruieren. Symbole lassen sich somit herstellen und Vergöße-
Hierbei steht die Erstellung technischer Unterlagen rungen und Verkleinerungen sind problemlos durch-
im Vordergrund. Für die Elektrotechnik und Elektro- zuführen. Da Zeichnungen reproduziert werden kön-
nik sind dies einmal Stromlauf- und Funktionspläne, nen sind auch nachträgliche Änderungen möglich.
Verdrahtungspläne, Lagepläne oder Layouts zur Die Zeichnungsausgabe erfolgt auf einem Drucker
Herstellung gedruckter Schaltungen und zum Ande- oder Plotter. CAD-Zeichnungen lassen sich abspei-
ren Simulationsprogramme, die Entwicklungsarbeiten chern und in andere Programme wie beispielsweise
erheblich verkürzen. Textverarbeitungsprogramme einfügen. Der Einsatz
Vorteile beim Einsatz dieser Technik liegen in der von CAD bedeutet eine erhebliche Zeitersparnis
schnellen Korrigierbarkeit von Fehlern. gegenüber Arbeiten am konventionellen Zeichen-
brett.
2 Hardware und Software
Unter Hardware versteht man alle Geräte die zu einer
4 Erstellen von Layouts
Computeranlage gehören. Hierbei unterscheidet man EAGLE ist ein bekanntes und weitverbreitetes CAD-
Eingabegeräte wie Tastatur, Maus, Grafiktablett mit Programm und für den Entwurf von Platinenlayouts
Lupe und Scanner. Ausgabegeräte sind Bildschirm, optimiert. Die Ausgabe der Layouts kann über Mat-
Drucker und Plotter. rixdrucker, Plotter, Fotoplotter, Laserdrucker und
Die Zeichnungen werden häufig mit Hilfe der Maus Bohrmaschinen erfolgen. Mit dem Layout-Editor
durchgeführt. Hierbei werden die Bewegungen der lassen sich beliebige Leiterbahnbreiten, Lötaugenfor-
Rollkugel in Signale umgewandelt und von einem men und -durchmesser herstellen. Er kann für konven-
Maustreiber (spezielles Programm) ausgewertet. Der tionelle und SMD-Technik eingesetzt werden.
Scanner wird eingesetzt, um über eine Optik Punkt Schaltpläne können auch mit anderen CAD-Pro-
für Punkt ganze Bilder einzulesen. Neben dem Dru- grammen beispielsweise mit ORCAD gezeichnet
cker wird als Pheripheriegerät zur Ausgabe von Gra- werden. Die im Anschluß an die Zeichenarbeit er-
fiken der Plotter eingesetzt. Mit seinem Schreibstift stellte Netzliste kann in EAGLE-Script-Dateien kon-
kann direkt auf Papier oder Folie geschrieben wer- vertiert werden. In der Netzliste (Netlist) befinden
den. Beim Fotoplotter belichtet ein Lichtstrahl das sich alle verwendeten Bauelemente und ihre Verbin-
Papier. dung untereinander.
Oft arbeiten CAD-Systeme mit zwei Bildschirmen,
 Beispiel: Entwurf einer gedruckten Schaltung mit dem Programm
wobei der eine als Grafik- und der andere als Text- EAGLE
bildschirm genutzt wird. Grundvoraussetzung vieler Mit dem EDIT-Befehl wird der Schaltpan (Schematic) und mit
CAD-Programme sind Rechner ab 486 mit 16 MB- USE-Befehl die gewünschte Bibliothek (Library) geöffnet. Aus
RAM. Beispiele für Zeichenprogramme sind AUTO- dieser kann das entsprechende Bauteil gewählt und in einem zu-
CAD, AUTOSKETCH und besonders auf die Bedürf- vor gewählten Rahmen (Frames) plaziert werden. Der Schaltplan
nach Bild IV-1 kann mit den Befehlen „Schieben (MOVE), Lö-
nisse in der Elektrotechnik und Elektronik abgestellt schen (DELETE) und Drehen (ROTATE)“ korrigiert und geän-
ORCAD und WSCAD. Zur Layouterstellung wird dert werden. Bauelemente werden mit Namen (NAME) und Wert
häufig EAGLE eingesetzt und im Bereich der Simu- (VALUE) eindeutig gekennzeichnet. Mit dem NET-Befehl lassen
lationsprogramme sind PSPICE und MICROCAP sich die entsprechenden Verbindungen zeichnen und Verbin-
dungspunkte mit einem Lötpunkt (JUNCTION) versehen.
und für den Ausbildungsbereich ELECTRONIC
WORKBENCH zu nennen. Der Befehl ERC (Electrical Rule Check) ermöglicht
Um CAD-Systeme richtig und effektiv einzusetzen eine Überprüfung der Verbindungen auf Kurzschlüs-
bedarf es einer gründlichen Einarbeitung. se. Mit dem Speicherbefehl (WRITE) wird die Schal-
tung abgespeichert.
Der BOARD-Befehl läßt auf dem Bildschirm eine
3 Erstellen von Schaltplänen Leerplatine erscheinen mit allen Bauelementen des
Bei der Erstellung technischer Zeichnungen am Schaltplans nach Bild IV-2. Die dem Bauelement im
Bildschirm können Fehler schnell korrigiert werden. Schaltplan zugeordnete Bauform erscheint automa-
Häufig verwendete Symbole sind in Bibliotheken tisch. Man braucht sich beispielsweise keine Gedanken
gesammelt und können dort abgerufen werden. mehr zu machen, ob das IC TLC272 mit 8 oder 14
Sie lassen sich beim Laden beliebig plazieren und PINs (Anschlüsse) versehen ist. Die Bauelemente sind
können gedreht oder gespiegelt werden. Nachträg- durch Luftlinien (Gummileitungen) miteinander so
liches Verschieben von Baugruppen, Bauteilen, verbunden, wie der Schaltplan dies vorgegeben hat.
IV CAD-Technik 515

U1
D1 7805
1 VI 3
+BATT V0
GND LED LED

10μF

10μF
1N4007

D3

D2
33k
39k
R4
R1

C2
C1
rt grn

4.7k
1.5k
R5
R2

560R

560R
R7

R8
8
3
1
U2A
2 TLC272P

4
VG64FMIR

5
7
6 U2B
TLC272P
27k

27k
R6
R3

+5V
+5V CC1
CC2
1
2
CC3
3
CC4
4
CC5
5
CC6
6
CC7
7
CC8
8
CC9
9
CC10
10
CC11
11
CC12
+12V CC13
12
+12V CC14
13
14
CC15
15
CC16
16
CC17
17
CC18
18
CC19
19
CC20
A0_0 CC21
20
A0_1 CC22
21
22
CC23
23
CC24
24
CC25
25
CC26
26
CC27
AI_3 CC28
27
AI_2 CC29
28
AI_1 CC30
29
AI_0 CC31
30
31
CC32
GND 32

U$2C

Bild IV-1
Schaltplan
Document: REV:
Anschluß für BASIC-EMUF
Date: 15.10.1994 09:09:16 Sheet: 1/1

Die Elemente können nach den Wünschen des Ent- wendig, nicht weil Verbindungen falsch gelegt oder
wicklers verschoben und auf die vorgegebene Leer- vergessen worden sind, sondern weil beispielsweise
platine plaziert werden (Bild IV-3). Versorgungsspannungsleitungen breiter ausgelegt
Mit dem Befehl AUTO erfolgt ein automatisches werden sollen. Nach Abschluß der Designarbeit
Routen (Herstellen des Layouts, Leiterplattenent- erzeugt das Programm die verschiedenen Daten zur
flechtung) oder mit dem Befehl ROUTE ein manuel- Platinenherstellung. Hierzu gehören Layout, Lötmas-
les. Am BOARD lassen sich anschließend auch noch ke, Lageplan und Stücklisten. Bild IV-4 zeigt den
Korrekturen durchführen. Dies ist in der Praxis not- Lagenplan und Bild IV-5 das entsprechende Layout.
516 Technische Kommunikation

TLC272
U$2C

7805
VG64FMIR

560R

U1
1.5k
U2
R2
32 1

R8

D1
D2

27k

39k
R1
R3
D3

560R
4.7k

33k
27k
R4
R5

R7

R6

10μF
10μF

C2
C1

Bild IV-2
Leerplatine und Bauelemente
IV CAD-Technik 517

U$2
VG64FMIR Bild IV-3
32 1 Anordnung der Bauelemente
auf der Platine

560R
R8
560R D2
R7
D3
TLC272
27k
R3
27k

R6

U2
4.7k
1.5k
R2

R5
R1
39k

33k
R4

10μF
10μF
C1

C2

7805
D1

U1

Von Hand erstellte Layouts haben den Nachteil, daß 6 Auswahl von CAD-Systemen
Fehler nie ganz ausgeschlossen werden können. Bei
CAD-Systemen treten keine Fehler mehr auf, wenn Entwurf gedruckter Schaltungen
das Programm richtig bedient wird. – Richtlinien zum Entwurf
– Herstellung gedruckter Schaltungen
– Stromlaufplan
5 Anwendungen in der Elektronik – Layouterstellung (Freihand, CAD)
– Elektronische Schaltungen – Bestückungsliste
– Schaltungsentwurf – Stückliste
– Entwurf gedruckter Schaltungen – Maske für Lötstoplack
– Layout – Bearbeitungszeichnung
– Leiterplattenentflechtung
– Stücklistenerstellung
– Bestückungsplan
518

D1 32

D3

D2
560R 560R
R8 R7

E$11 U2

10μF TLC272
C2
U$2

U1
7805
10μF
VG64FMIR

C1 33k
R4
4.7k 27k
5.3 K/W R5 R6
1.5k 27k
SK-07 R2 R3
39k
R1
1

E$12
Lageplan
Bild IV-4
Technische Kommunikation
IV CAD-Technik 519

Bild IV-5
Layout

drb.2508RWP
521

Datentechnik
I Digitaltechnik

1 Grundbegiffe der Digitaltechnik Die Wertetabelle drückt in übersichtlicher Weise aus,


welche Ausgangszustände sich bei allen möglichen
Als Teilgebiet der Elektronik, Automatisierungs-, Eingangszuständen ergeben. Der Impulszeitplan stellt
Nachrichten- und Datenverarbeitungstechnik kann den Zusammenhang zwischen Eingangs- und Aus-
mit Hilfe der Digitaltechnik eine große Zahl techni- gangssignalen dar und erlaubt damit den Zugang zu
scher Probleme gelöst und das Verständnis komple- den Meßtechniken. Informationseinheiten
xer Systeme gefördert werden. Im Gegensatz zu
analogen Schaltungen, wo Werte über einen Bereich
positive Logik negative Logik
kontinuierlich ausgegeben werden, können Ein- und
Ausgangssignale digitaler Schaltungen nur zwei
mögliche stabile Zustände annehmen. Man spricht 1 H-Pegel 0 H-Pegel
daher von einem binären System, das aufgrund der
Zweiwertigkeit logische Entscheidungen ermöglicht. 0 L-Pegel 1 L-Pegel
Die Schaltungen selber nennt man logische Schaltun-
gen. Hierbei sind die binären Zustände zwei Span- Bild I-1 Pegelzuordnung
nungswertbereichen (Pegeln) zugeordnet. Der niedri-
gere Spannungsbereich (näher an minus unendlich)
wird mit LOW und der positivere Spannungsbereich Informationseinheiten
(näher an plus unendlich) wird mit HIGH bezeichnet.
Die genauen Werte sind von der schaltungstechni- 1 Bit ("0" oder "1")
schen Realisierung abhängig. Soll technologieunab- 1 Byte = 2 = 8 Bit
10
hängig gearbeitet werden, also ohne auf die besonde- 1 kByte = 2 = 1024 Bit
20
ren Bedingungen zu achten, mit denen die Schaltung 1 MByte = 2 = 1048576 Bit
später vielleicht realisiert werden soll, werden die
binären Zustände mit den Zeichen „0“ und „1“ be- Begriffe
schrieben. Je nach gewähltem Bezugspunkt wird
zwischen positiver und negativer Logik unterschie- 1 0 1 1 0 1 1 0
den. Dabei entspricht bei positiver Logik die „1“ dem
H- und die „0“ dem L-Pegel; bei negativer Logik Bit Bit Bit Bit Bit Bit Bit Bit
dagegen die „0“ dem H- und die „1“ dem L-Pegel Tetrade Tetrade
(Bild I-1). Die Zeichen „0“ und „1“ heißen Bits. Das
Bit (Binary Digit = Binärzeichen) ist die kleinste Byte
Informationseinheit. Vier Bits ergeben eine Tetrade
oder Nibble, und 2 Tetraden ergeben ein Byte. Die Bild I-2 Informationseinheiten und Begriffe
nachfolgend größeren Informationseinheiten sind mit
Potenzen zur Basis 2 festgelegt (Bild I-2). Ein Byte Gleichungen sind Hilfsmittel, um mit dem Einsatz
nennt man in 8-Bit-Systemen auch „Wort“. Allge- der Schaltalgebra vereinfachte Schaltungen zu fin-
mein kann aber ein „Wort“ auch aus mehreren Bytes den. Die Aussage jeder dieser genannten Darstel-
zusammengesetzt sein. Die höchste und niederwer- lungsformen ist dabei dieselbe. Alle logischen Zu-
tigste Stelle eines Wortes wird besonders gekenn- sammenhänge in der Digitaltechnik lassen sich
zeichnet. Man spricht vom MSB (Most Significant durch die drei Grundverknüpfungen beziehungsweise
Bit) und vom LSB (Least Significant Bit). Grundfunktionen NICHT (Negation), UND (Kon-
Die Grundelemente digitaler Schaltungen sind logi- junktion) und ODER (Disjunktion) beschreiben.
sche Grundbausteine. Sie besitzen voneinander unab- Weitere abgeleitete Verknüpfungen vereinfachen die
hängige Eingänge und einen Ausgang, dessen Aus- Realisierung digitaler Schaltungen. Es handelt sich
gangsvariable jeweils von Eingangsvariablen ab- dabei um die Funktionen: NAND, NOR, Exclusiv
hängt. Bausteine mit solchen Grundverknüpfungen ODER (Antivalenz) und Exclusiv NOR (Äquiva-
nennt man Gatter. Jede Verknüpfung kann durch ein lenz).
Schaltzeichen, eine Wertetabelle (Wahrheitstabelle, Als Übersicht zeigt Bild I-3 die Schaltzeichen aller
Funktionstabelle), eine Gleichung oder einen Impuls- Grundverknüpfungen mit einer Funktionsbeschrei-
zeitplan (Funktionszeitplan) dargestellt werden. Die bung in Form einer Wertetabelle, eines Impulszeit-
grafische Darstellung mit Schaltzeichen wird ver- plans und einer Funktionsgleichung. Besitzt eine
wendet, um größere Zusammenhänge aufzuzeigen. Verknüpfung nur einen Eingang, sind zwei Eingangs-
522 Datentechnik

Schaltzeichen Wertetabelle Impulszeitplan Funktionsgleichung

UND B A Q A
0 0 0 t
A 0 1 0 B
& Q t
B 1 0 0
1 1 1 Q
t Q=A B

ODER B A Q A
0 0 0 t
A 0 1 1 B
>
=1 Q t
B 1 0 1
1 1 1 Q
t Q=A B

NICHT A Q A
0 1 t
1 0
A 1 Q
Q
t Q=A

NAND B A Q A
0 0 1 t
A 0 1 1 B
& Q t
B 1 0 1
1 1 0 Q
t Q=A B

NOR B A Q A
0 0 1 t
A 0 1 0 B
=
>1 Q t
B 1 0 0
1 1 0 Q
t Q=A B

Exclusiv B A Q A
ODER 0 0 0 t
A 0 1 1 B
=1 Q t
B 1 0 1
1 1 0 Q
t Q=A B

Exclusiv B A Q A
NOR 0 0 1 t
A 0 1 0 B
= Q
B 1 0 0 t
Q Bild I-3
1 1 1 Q=A B
t Logische Verknüpfungen

kombinationen, bei zwei Eingängen vier verschie- 2.1.1 NICHT-Verknüpfung


dene Eingangskombinationen möglich. Bei n-Ein-
Die NICHT-Verknüpfung (NOT) hat nur eine Ein-
gängen gibt es 2n verschiedene Eingangskombinatio-
gangsvariable. Da die Ausgangsvariable immer den
nen.
entgegengesetzten Wert der Eingangsvariablen an-
nimmt, spricht man auch von einem Inverter. Ist der
2 Logische Grundschaltungen Schalter geöffnet („0“), kann Strom durch die
Leuchtdiode fließen und sie leuchtet („1“). Bei ge-
2.1 Grundverknüpfungen schlossenem Schalter („1“) ist die Diode kurzge-
Einfache Schaltungen aus Leuchtdiode und Schalter, schlossen. Damit fließt durch die Leuchtdiode kein
bei der die Eingangsgröße der Schalter mit den Zu- Strom und sie leuchtet nicht („0“).
ordnungen: Schalter offen = „0“ und Schalter ge-
schlossen = „1“, und die Ausgangsgröße die Leucht- 2.1.2 UND-Verknüpfung
diode mit den Zuordnungen: LED leuchtet nicht = Eine UND-Verknüpfung (AND) besitzt mindestens
„0“ und LED leuchtet = „1“ ist, verdeutlichen die zwei Eingangsvariable. Der Ausgang wird nur „1“,
jeweilige Funktion (Bild I-4). wenn alle Eingänge „1“ sind, wenn also A UND B
I Digitaltechnik 523

R sieren. In der Elektronik werden Schalter durch


Bild I-4
Grundverknüpfungen Dioden und Transistoren ersetzt. Bild I-5 zeigt
+ Grundverknüpfungen solcher Bauelemente. Man
S spricht auch von Dioden-Widerstandslogik oder
NICHT
– Transistor-Diodenlogik. Ihr Einsatz ist so heute nicht
mehr üblich. Die Schaltungen dienen lediglich zum
Grundverständnis logischer Schaltungen.
S1 S2 Der Eingang ist jeweils mit A beziehungsweise B und
R
der Ausgang mit Q gekennzeichnet. Bei der UND-
Schaltung stellt sich beispielsweise nur die Spannung
+ +5 V („1“) am Ausgang ein, wenn A und B an +5 V
UND („1“) liegen, weil dann beide Dioden gesperrt sind. In
– den drei möglichen anderen Fällen ergibt sich eine
Spannung von ca. 0,7 V („0“) am Ausgang.
Bei der ODER-Schaltung reicht es, wenn A oder B
auf +5 V liegt, um am Ausgang ungefähr 5 V („1“)
R S1 zu erzeugen.
S2
Liegt bei der NICHT-Schaltung A auf Masse („0“),
+ ist der Transistor gesperrt, und die Ausgangsspan-
ODER nung nimmt den Betriebsspannungswert +5 V („1“)
– an. Der Transistor schaltet nur durch, wenn der Ein-
gang A mit +5 V („1“) verbunden wird. Die Aus-
gangsspannung beträgt in diesem Fall etwa 0,2 V
UND n gleichzeitig 1 ist. Die Schaltung zeigt, daß die („0“).
Diode nur leuchten kann („1“ ergibt), wenn der eine Heute setzt man integrierte Standardbausteine ein.
UND der andere Schalter geschlossen ist (also „1“ Die angebotenen Logikfamilien unterscheiden sich
aufweist). durch unterschiedliche Pegel, durch Verlustleistungen
und Laufzeiten. Die Bausteine selbst besitzen oft
2.1.3 ODER-Verknüpfung mehrere Gatter (Bild I-6).
Eine ODER-Verknüpfung (OR) erhält am Ausgang Ihre PIN- oder Anschlußbelegung können aus den
dann eine „1“, sobald eine Eingangsvariable „1“ ist, entsprechenden Datenbüchern entnommen werden.
wenn also ein ODER zwei ODER n-Eingänge „1“ Bei Betrachtung des IC’s von oben (On Top) ist die
sind. In der Schaltung leuchtet die Diode („1“), so- Zählrichtung immer von links oben nach rechts oben.
bald einer der Schalter geschlossen („1“) ist. Bei der Darstellung von Funktionsplänen werden die
Betriebsspannungsanschlüsse nicht mit gezeichnet.
2.2 Realisierungsmöglichkeiten Als Beispiel dient ein Baustein mit vier NAND-
logischer Verknüpfungen Gattern. Weitere Beispiele sind in den Kapiteln
Logische Verknüpfungen lassen sich durch Mechanik „Integrierte Schaltungen“ und „Programmierbare Lo-
(Schalter, Schütze), Elektronik oder Software reali- gikbausteine“ zu finden.

5V 5V 5V 5V

R R1 R2 R1 R2
A V1 Q Q
A V1 Q V1 V2 V1 V2
B V2 Q A V3 A V3
B V2
B
R
V3

UND ODER NICHT NAND

UA UB UQ UA UB UQ UA UQ UA UB UQ
0V 0V 0,7V 0V 0V 0,7V 0V 5,0V 0V 0V 5,0V
0V 5V 0,7V 0V 5V 5,0V 5V 0,2V 0V 5V 5,0V
5V 0V 0,7V 5V 0V 5,0V 5V 0V 5,0V
5V 5V 5,0V 5V 5V 5,0V 5V 5V 0,7V
Bild I-5 Dioden- und Transistorlogik
524 Datentechnik

Zählrichtung Betriebsspannung PIN-Belegung

+5V
1 14 1 14
2 13 2 13 & &
3 12 3 12

7400
4 IC 11 4 11
5 10 5 10 & &
6 9 6 9
7 8 7 8
Zählrichtung
von oben gesehen!

Bild I-6 Standardbaustein mit NAND-Gattern


Schaltalgebra

Symbole für Vorrangregel Verknüpfung mit


Verknüpfungszeichen einer Konstanten
Q= A B C
UND A B A B Q = A (B C) A
& Q=A
ODER + A B A +B A 1
NICHT A A B & Q A
C & & Q =0
XOR + A B A +B 0
A >
Erweiterung 1 =1 Q = 1
Q =A A Q =A A A >
A A > A 0 =1 Q = A
A & Q & Q >
A
A
A A =1 Q A
A =1 Q

Kommutativgesetz Verknüpfung mit


A B=B A A B= B A dem Komplement
A & Q B & Q A > B > A
B A B =1 Q A =1 Q
A & Q=0

Assoziativgesetz A >
A =1 Q = 1
(A B) C = A (B C) (A B) C = A (B C)
A A >
& B =1 > Doppelnegation
B & Q =1 Q
C A C A
B & Q B =>1 Q A=A
A C A C
& B >1 > A
B & Q =1 Q A 1 1 A
C C =

Distributivgesetz Abgeleitete Regeln


A (B C) = (A B) (A C) A (B C) = (A B) (A C) A (A B)= A B
A A A (A B)= A
B >1 & Q >
B & =1 Q
C = C A B A B =A B
A (A B) = A B
B B > A (A B) = A
& =1
A >
=1 Q A & Q
>
C &
C =1

De Morgansche Gesetz
A B=A B A B=A B
A & Q A > A >1 Q A & Q Bild I-7
B B =1 Q B = B Regeln und Gesetze der Schaltalgebra
I Digitaltechnik 525

3 Schaltalgebra Das De Morgansche Gesetz hilft bei der Umsetzung


der Grundfunktionen in NOR- und NAND-Technik.
3.1 Allgemeines Eine NAND-Verknüpfung der Variablen A und B
Die Schaltalgebra ist ein Hilfsmittel zur mathemati- kann durch Negierung dieser Variablen in eine O-
schen Beschreibung logischer Funktionen. Mit ihren DER-Verknüpfung umgewandelt werden, und bei
Regeln und Gesetzen können Gleichungen umge- einer NOR-Verknüpfung ist durch Negieren der
formt, vereinfacht und so Schaltungen optimal reali- Variablen ein Ersatz durch UND möglich (siehe auch
siert werden (Synthese von Schaltungen). Für die Bild I-11). Da alle Grundfunktionen durch NAND
Verknüpfungszeichen von Variablen existieren unter- oder NOR nachgebildet werden können (Bild I-12),
schiedliche Darstellungen. Die beiden in der Digital- läßt sich die Lagerhaltung durch den Einsatz dieser
technik häufig angewandten Formen sind in der Techniken verkleinern.
Übersicht (Bild I-7) mit aufgeführt. Im Bild I-7 sind die Verknüpfungen mit einer Kon-
In der Schaltalgebra muß eine bestimmte Rangfolge stanten und wichtige abgeleitete Regeln zusammen-
der Operationen eingehalten werden. Sie besagt, daß gefaßt. Sind beispielsweise Doppelnegierungen bei
NICHT-Verknüpfungen vor UND- und ODER-Ver- einer Variablen vorhanden, so heben sich diese prak-
knüpfungen durchzuführen sind (Vorrangregel). Das tisch auf. Eine Erweiterung mit einer einmal vorhan-
Kommutativgesetz wird auch Vertauschungsgesetz denen Variablen darf immer durchgeführt werden,
genannt. Danach können die einzelnen Eingangsvari- weil hiermit das Resultat nicht beeinflußt wird.
ablen vertauscht werden. So darf beispielsweise nach Vom Absorptionsgesetz spricht man, wenn eine der
Bild I-4 bei der UND-Verknüpfung zuerst S1 und Variablen keine Auswirkung auf das Ergebnis hat.
dann S2 oder umgekehrt geschaltet werden. Die Bei der Analyse logischer Schaltungen können mit
Reihenfolge der Schalter hat keinen Einfluß auf die Hilfe der Schaltalgebra Schaltfunktionen in die ent-
Funktion der Gesamtschaltung. Dasselbe gilt auch für sprechende Wertetabelle umgesetzt werden. Erfolgt
die Parallelschaltung der Schalter bei der ODER- die Programmierung in der SPS mit nicht grafikfähi-
Verknüpfung. gen Programmiergeräten, sind ebenfalls Kenntnisse
Mit dem Assoziativgesetz werden Variable einer der Schaltalgebra zur richtigen Programmierung not-
UND- oder einer ODER-Verknüpfung zusammen- wendig.
gefaßt. Weil das Assoziativgesetz Variable durch
Klammern verbindet, heißt das Gesetz auch Verbin- 3.2 Normalform einer binären Funktion
dungsgesetz. Klammern können hierbei gesetzt oder 3.2.1 Disjunktive Normalform
fortgelassen werden. Wird für eine Schaltung eine
festgelegte Anzahl von Eingängen benötigt, läßt sich Geht man von der Wertetabelle im Bild I-8 aus, kann
die Aufgabe mit diesem Gesetz lösen. für jede Zeile dieser Tabelle ein Funktionsterm ge-
Das Distributiv- oder Verteilungsgesetz ist aus der schrieben werden. Für Zeile 1 zum Beispiel: /A /B /C
Algebra bekannt. Hiermit kann eine gemeinsame (sprich: A nicht UND B nicht UND C nicht). Die so
Variable ausgeklammert werden. durch UND verknüpften Funktionsterme nennt

Wertetabelle Minterme Maxterme


C B A Q
0 0 0 1 A B C A B C A B C
0 0 1 1 A B C A B C A B C
0 1 0 0 A B C A B C A B C
0 1 1 0 A B C A B C A B C
1 0 0 1 A B C A B C A B C
1 0 1 0 A B C A B C A B C
1 1 0 1 A B C A B C A B C
1 1 1 0 A B C A B C A B C

Gleichungen

Konjunktive Normalform
Q=A B C A B C A B C A B C (I-1)
Q=A B C A B C A B C A B C (I-2)
Q=Q (I-3)
Bild I-8
Disjunktive Normalform
Disjunktive und konjunk-
Q = (A B C) (A B C) ( A B C) (A B C) (I-4) tive Normalform
526 Datentechnik

man Minterme. Von Interesse ist, wann die Funktion der Verknüpfungen gezeichnet werden, wie das
„1“ ist. Sie soll nach der Wertetabelle den Wert „1“ beispielhaft für die Gleichung (I.1) im Bild I-9 ge-
erhalten in der Zeile 0, ODER in Zeile 1, ODER in zeigt wird.
Zeile 4, ODER in Zeile 6. Damit läßt sich die Glei- Oft sind keine negierten Eingänge wie /A, /B, /C
chung (I.1) für Q aufstellen. Man spricht von der vorhanden. Dann heißen die Eingänge A, B und C,
disjunktiven (ODER-) Normalform (DNF). Sind in und die notwendige Invertierung wird durch ein
einer Wertetabelle die Anzahl der „0“-Funktionen für NICHT-Gatter realisiert. Bild I-10 verdeutlicht dies
Q geringer, ist es günstiger, die Gleichung für /Q an der Umsetzung der Gleichungen (I.1) und (I.4),
aufzustellen und anschließend das Ergebnis zu inver- wobei die Eingangsinverter durch die Invertierungs-
tieren. zeichen dargestellt sind.
3.2.2 Konjunktive Normalform 3.2.4 Schaltungsminimierung
mit Hilfe der Schaltalgebra
Die konjunktive (UND-) Normalform (KNF) erhält
man, wenn die Maxterme, also alle ODER-Verknüp- Mit Hilfe der Schaltalgebra lassen sich die Gleichun-
fungen, die Q = „0“ ergeben, UND-verknüpft werden gen vereinfachen und in eine digitale Schaltung
(I.4). Jede Schaltung läßt sich durch eine Gleichung umsetzen. Bild I-11 zeigt die Vereinfachung der
in disjunktiver oder konjunktiver Normalform be- Gleichung (I.1).
schreiben. Mit dem Distributivgesetz erhält man eine ODER-
Verknüpfung mit dem Komplement der Variablen.
3.2.3 Umwandeln der Gleichung in Schaltzeichen Da dies „1“ ergibt, kann die entsprechende Variable
A B C A B C A B C A B C aufgrund der UND-Verknüpfung mit dieser Konstan-
te entfallen. Das Ergebnis bildet die Gleichung (I.5).
& & & & Zur besseren Übersicht werden bei den Gleichungen
die UND-Zeichen fortgelassen.
3.2.5 Umsetzung in NAND- oder NOR-Technik
Jede Grundfunktion läßt sich nach Bild I-12 durch
Q
NAND- oder NOR-Funktionen ersetzen.
Bild I-9 Umsetzung einer Gleichung in eine Schal- Besteht nun der Wunsch, die Schaltung nach Glei-
tung chung (I.4) nur aus NAND- oder NOR-Bausteinen
aufzubauen, werden die Bausteine entsprechend
Gleichungen lassen sich in die genormte Darstellung eingesetzt, und man erhält eine funktionsfähige
umwandeln, indem die entsprechenden Schaltzeichen Schaltung. Treten hierbei Doppelnegierungen auf,

nach (I-1) nach (I-4)

C B A C B A

&

&
Q & Q
&

Bild I-10
& Schaltungen aus den
Gleichungen (I.1) und (I.4)

Q=A B C A B C A B C A B C C B A
1
Q= ABC ABC ABC AB C
&
Q = AB (C C) AC (B B) 1 Q
Q = AB 1 AC 1
&
Q = AB AC 1 Bild I-11
Schaltungsminimierung
I Digitaltechnik 527

Grundfunktion Ersatz durch NAND Ersatz durch NOR

A & Q &

A
& Q
B

&
A
Q & &
B
&

A
& Q & &
B

Bild I-12
& Ersatz der Grundfunk-
A
B
& Q & tionen durch
& NAND- und
NOR-Technik

C B A
3 x NICHT 2 x UND 1 x ODER
&
& & &
&
& Q
& & &
&

C B A
3 x NICHT 2 x UND 1 x ODER

Bild I-13
Umsetzung einer Schaltung
in NAND- und NOR-Technik

dürfen Gatter entfallen, wie dies im Bild I-13 am ODER und umgekehrt) eine Negierung über beide
Beispiel der Umsetzung in NAND- und NOR- Variable aufgetrennt.
Technik gezeigt wird. NAND-Technik Bild I-14 weist dies in Form einer Tabelle nach. Die
Die Gesamtschaltung benötigt dann eine geringere eigentliche Umwandlung kann ganz formal erfolgen
Anzahl an Gattern. NOR-Technik (Bild I-15). Gleichung (I.5) wird zweimal negiert.
Das umständliche Verfahren, andere Grundfunktio- Dadurch ändert sich die Gleichung nicht. Nun wird,
nen so durch NAND zu ersetzen, kann umgangen unter Ersatz des ODER-Zeichens durch das UND-
werden, wenn die Ausgangsgleichung sofort nach Zeichen, die untere Invertierung überall dort, wo sich
de Morgan umgewandelt wird. Hierbei wird bei Ände- das ODER-Zeichen befindet, unterbrochen. Jede
rung des Verknüpfungszeichens (aus UND wird Invertierung wird dann zu einem NAND erweitert.
528 Datentechnik

A B A B A B A B A B A B A B A B
0 0 1 0 1 1 1 1 1 0
0 1 1 1 0 1 0 1 0 1
1 0 1 1 0 0 1 1 0 1
1 1 0 1 0 0 0 0 0 1
Bild I-14
Umwandlung
nach de Morgan

&
Q= AB AC (I-5)

& &
Q= AB AC

& & &

A B A C A B A C Q= AB AC (I-6) Bild I-15


Umsetzung
nach NAND

Der Vorteil in diesem Verfahren liegt darin, daß man werden, wie das in Bild I-17 aus der Entwicklung der
in der Gleichung (I.6) schon die Schaltung „sehen“ Gleichung I.7 dargestellt ist. Man spricht dann von
kann. De Morgan einer Vermaschung.
Tritt die Forderung nach NAND mit nur zwei Ein-
gängen auf, werden die entsprechenden Doppelne- ABCD ABCD ABCD (I-7)
gierungen in eine Gleichung eingefügt. Die Umset-
zung der Gleichung (I.7) in NAND-Technik zur
NAND-Form Gleichung (I.8) und der Ergebnisbil- ABCD ABCD ABCD (I-8)
dung Gleichung (I.9) werden im Bild I-16 verdeut-
licht.
Eine aus dieser Gleichung erstellte Schaltung ist recht ABCD ABCD ABCD (I-9)
aufwendig. Sie kann rationeller hergestellt werden,
wenn vorhandene Verknüpfungen mehrmals genutzt Bild I-16 NAND-Umwandlung für zwei Eingänge

A B C D

&
&
&

& &
& &
&
& Q
&

& & &


& &
& &

& Bild I-17


Vermaschung
I Digitaltechnik 529

Wertetabelle Aufteilung der Variablen

Zeile B A A A A A
0 0 0 B B
1 0 1
2 1 0 B B
3 1 1

Zuordnung der Zeilen

Zeile B A A A A A
0 0 0 A B
B A B A B B 3 2
1 0 1 A B
2 1 0 A B
B A B A B B 1 0
3 1 1 A B

Vereinfachung

Zeile B A Q A A A A
0 0 0 1 B 1 Q= A B B 1
1 0 1 0
2 1 0 1 B 1 Q= A B B 1
3 1 1 0

Q= A B A B=A Q=A
Bild I-18 Entwicklung der KV-Tabelle

3.2.6 KV-Tabelle UND verbunden. Für die Ergebnisbildung muß jede


dieser Schleifen durch ODER verknüpft werden. Eine
Das von Karnaugh und Veitch entwickelte Verfahren
teilweise gegenseitige Überdeckung der Schleifen ist
ist praktisch eine besondere Art, eine Wertetabelle zu
hierbei zulässig. Es sollten möglichst viele Variable
schreiben. Jedem Kästchen des Diagramms ist eine
in die Schleifenbildung einbezogen werden, um so
Zeile der Wertetabelle zugeordnet. Damit ergibt sich
den Gesamtausdruck der Gleichung zu verkleinern.
die Anzahl der Felder aus der Zahl der Eingangskom-
Damit reduzieren sich die benötigten Bauelemente
binationen. Die Anordnung erfolgt so, daß sich je-
einer Schaltung unter Umständen erheblich. Können
weils von Feld zu Feld nur eine Variable ändern darf
bestimmte Eingangskombinationen nicht auftreten,
(Bild I-18).
dann darf dies in der KV-Tafel gekennzeichnet wer-
Im Bild sind die entsprechenden Felder schraffiert und
den (z.B. durch ein x). Für eine optimale Lösung
die Zuordnung der Zeilen zu den Feldern gekenn-
werden diese Felder mit in die Schleifenbildung
zeichnet. Vergleicht man zwei benachbarte Felder und
einbezogen.
verknüpfen die dafür stehenden konjunktiven (UND-)
Verknüpfungen disjunktiv (ODER), wie in der Glei- 3.2.7 Analyse logischer Schaltungen
chung dargestellt, dann läßt sich erkennen, daß nach
einer Vereinfachung nur eine Variable das Ergebnis Soll eine Übersicht über alle möglichen Ausgangs-
bildet. Damit sind Vereinfachungen durch Schleifen- zustände in Abhängigkeit der jeweiligen Eingänge
bildung möglich. Bild I-19 zeigt verschiedene Dar- erstellt werden, ist die Wertetabelle eine geeignete
stellungen von KV-Tafeln für 2 bis 5 Variable. Darstellungsform. Wird sie aus einer Schaltung
Verknüpft, d.h. zu Schleifen zusammengefaßt, wer- ermittelt, spricht man von der Analyse einer digitalen
den dürfen immer nur 2, 4, 8 . . ., also 2n Variable in Schaltung.
senkrecht oder waagerecht nebeneinander liegenden Bild I-21 zeigt beispielhaft einen Lösungsweg auf.
benachbarten Feldern. Die Randfelder gelten eben- An die Ausgänge der Gatter werden die entsprechen-
falls als benachbart. den Verknüpfungsgleichungen (hier Q0 bis Q4)
Bild I-20 zeigt hierzu Beispiele mit den sich hieraus geschrieben und mit ihren jeweiligen Zuständen „1“
ergebenden Gleichungen. Alle Schleifen sind durch beziehungsweise „0“ in eine Tabelle eingeordnet. Der
530 Datentechnik

für 2 Variable
Wertetabelle
Zeile BA A
A A B 1 0
0 0 0 B 3 2 1
1 0 1
2 1 0 B 1 0 0
3 1 1

für 3 Variable
A
Zeile CB A A A BC 1 0
0 0 0 0 3 2 C 11
1 0 0 1 B
2 0 1 0 7 6 10
3 0 1 1 C
4 1 0 0 5 4 00
5 1 0 1 B
6 1 1 0 1 0 C 01
7 1 1 1

für 4 Variable
BA
Zeile D C B A A A DC 11 10 00 01
0 0 0 0 0 3 7 6 2 D 11
1 0 0 0 1 B
2 0 0 1 0 11 15 14 10 10
3 0 0 1 1 D
4 0 1 0 0 9 13 12 8 00
5 0 1 0 1 B
6 0 1 1 0 1 5 4 0 D 01
7 0 1 1 1
8 1 0 0 0 C C C
9 1 0 0 1
10 1 0 1 0
11 1 0 1 1
12 1 1 0 0
13 1 1 0 1
14 1 1 1 0
15 1 1 1 1

für 5 Variable
CBA
A A ED 111 110 100 101 001 000 010 011
D 11
B
10
D
00 Bild I-19
B KV-Diagramme
D 01
für 2 bis 5 Variable
C C C C C
E E E

Ausgang Q = Q2 v Q3 v Q4 beinhaltet dann die vereinfacht wird. Über diese Gleichung wird die
eigentliche Lösung. Es kann eine Überprüfung der Schaltung gezeichnet. Anschließend wählt man die
gefundenen Gleichung vorgenommen werden, wenn entsprechenden Standardbausteine zur Realisierung
die Lösungsgleichung mit den Regeln der Schalt- der Schaltung aus.
algebra vereinfacht wird.
 Beispiel 1: Eine Anlage soll von drei Temperatursensoren über-
3.2.8 Synthese logischer Schaltungen wacht werden. Überschreitet die Temperatur einen vorgegebenen
Wert, soll eine Meldung durch eine Anzeige erfolgen. Dies ist
Soll eine Schaltung entworfen werden, spricht man immer dann der Fall, wenn mindestens zwei der Sensoren „1“
von der Synthese einer Schaltung. Das meist in ver- melden. Die Schaltung soll mit dem Standardbaustein 7400 reali-
baler Form vorliegende Problem wird skizziert, und siert werden. Bild I-22 zeigt das Technologieschema, die Werte-
tabelle und eine mögliche Lösung.
Variable und Ausgänge werden entsprechend zuge-
ordnet. Über eine Wertetabelle werden bei allen
möglichen Eingangskombinationen die gewünschten  Beispiel 2: Konzeption eines Dual-Gray-Codierers. Ziel der
Schaltung ist es, eine anliegende 4-Bit-Dualzahl in den Graycode
oder geforderten Ausgangskombinationen beschrie- umzuwandeln. Die Schaltung besitzt jeweils 4 Ein- und Aus-
ben. Anschließend erfolgt die Umsetzung der Werte- gänge. Zur Lösung der Aufgabe empfiehlt es sich, zunächst wie-
tabelle in eine Gleichung, die dann gegebenenfalls der die Wertetabelle aufzustellen (Bild I-23).
I Digitaltechnik 531

A A A A A A A A

1 C 1 C C
B B B B
1 1 1
C C C
1 1 1
Q2 = AB
B B B B
C 1 C 1 1 C
Q1 = BC
Q = AB Q=C Q = AC Q = BC AB

A A A A A A

1 1 D 1 1 D 1 1 1 D
B B B
x x x x
D D D
x x x
B B B
1 1 1 1 D 1 1 D 1 1 D

C C C C C C C C C
Q1= CD Q2 = BD Q1= A Q2 = BC

Q = CD BD Q = CD Q=A BC

Bild I-20 Beispiele für Schleifenbildung Analyse

Schaltung Gleichungen
C B A
Q0 = A Q =Q4 Q3 Q2
1 Q4 = AB
& Q =AB AC BC
Q =AB AC BC
Q3 = AC
& = Q

Q1= BC Q2 = BC
& 1

Tabelle:
C B A Q0 = A Q1= BC Q2 = BC Q3 = AC Q4 = AB Q = Q2 Q3 Q4

0 0 0 1 1 0 0 0 0
0 0 1 0 1 0 0 0 0
0 1 0 1 1 0 0 1 1
0 1 1 0 1 0 0 0 0
1 0 0 1 1 0 1 0 1
1 0 1 0 1 0 0 0 0
1 1 0 1 0 1 1 1 1
1 1 1 0 0 1 0 0 1

Nachweis:

C B A Q
Q = ABC ABC ABC ABC
0 0 0 0
0 0 1 0
0 1 0 1
0 1 1 0
1 0 0 1 Q= AB AC BC
1 0 1 0
1 1 0 1 Bild I-21
1 1 1 1 Analyse einer Schaltung
532 Datentechnik

Technologieschema

T1

Anlage T2 Schaltung Meldung M


T3

Wertetabelle Gleichung
T3 T2 T1 M M = T1 T2 T3 T1 T2 T3 T1 T2 T3 T1 T2 T3
0 0 0 0
0 0 1 0
0 1 0 0
0 1 1 1
1 0 0 0
1 0 1 1
1 1 0 1
1 1 1 1 M = T1 T2 T1 T3 T2 T3

Schaltung aus der Gleichung Umwandlung nach NAND


T3 T2 T1
M = T1 T2 T1 T3 T2 T3
&

& >1 M M = T1 T2 T1 T3 T2 T3
=

&

Zuordnung der PIN-Belegung


T3 T2 T1
IC 1 IC 2
1 3 4
2 & 5 & 6M
4
6
5 & 12 1
& 11 & 3
9
8 13 2
10 &
Bild I-22
IC = 7400 Synthese einer Schaltung

4 Zahlensysteme in der Digital- 4.1 Dualsystem Synthese


und Datenverarbeitung 4.1.1 Bildung der Dualzahlen
und Umwandlung in Dezimalzahlen
Zahlen in der Digitaltechnik werden in binärer Form
dargestellt. In der Datenverarbeitung sind das Dual- Im Dualsystem (Zweiersystem) werden nur die Zif-
system und das Hexadezimalsystem von Bedeutung. fern „0“ und „1“ verwendet. Die Dualzahlen werden
Jedes Zahlensystem besteht aus einer Anzahl von vom Prinzip her wie die Dezimalzahlen gebildet. Der
Ziffern zu einer Basis. Der Exponent bestimmt den Wert der Dualzahl ist die Summe der Produkte von
Stellenwert, also die Wertigkeit der Ziffer. Die Zif- Ziffer und Stellenwert. An zwei Beispielen wird dies
fern selbst sind die Faktoren der Stellenwerte. Beim durch Umwandlung einer Dual- in eine Dezimalzahl
Dualsystem liegt die Basis 2 mit den Zeichen „0“ und verdeutlicht (Bild I-25).
„1“ und beim Hexadezimalsystem die Basis 16 mit
den Zeichen „0“ bis „F“ zugrunde. Das Dezimalsys- 4.1.2 Umwandlung dezimal nach dual
tem mit der Basis 10 besitzt einen Ziffernvorrat von Die Dualzahl aus der Dezimalzahl erhält man, indem
„0“ bis „9“, also 10 Zeichen oder Ziffern. Bild I-24 die Dezimalzahl jeweils durch zwei dividiert wird.
zeigt die drei Zahlensysteme im Vergleich. Treten Restbeträge auf, wird dies durch „1“, sonst
I Digitaltechnik 533

Wertetabelle Q0 Q1
A A
Dual Gray 1 1 1 1
B B
D C B A Q3 Q2 Q1 Q0 1 1 1 1
D D
0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1
0 0 0 1 0 0 0 1
0 0 1 0 0 0 1 1 1 1 1 1
0 0 1 1 0 0 1 0
0 1 0 0 0 1 1 0 C C
0 1 0 1 0 1 1 1
0 1 1 0 0 1 0 1 Q2 Q3
0 1 1 1 0 1 0 0 A A
1 0 0 0 1 1 0 0 1 1
1 0 0 1 1 1 0 1 B B
1 0 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
1 0 1 1 1 1 1 0
1 1 0 0 1 0 1 0 D D
1 1 0 1 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1
1 1 1 0 1 0 0 1
1 1 1 1 1 0 0 0 1 1
C C

Gleichung 1 Schaltung 1 Gleichung 2 Schaltung 2


Q0 = AB AB DCB A Q0 = A B DCBA
Q1 = BC BC Q1 = B C
Q2 = CD CD & Q2 = C D =1 Q0
Q3 = D 1 Q3 = D
>1 Q0 =1 Q1
=

1 =1 Q2
&
Q3
&
>1 Q1
=
1 &

1 &
>1 Q2
=

&
Bild I-23
Q3 Synthese einer Schaltung
Synthese Zahlensystem

Dezimalsystem Dualsystem Hexadezimalsystem

101 100 23 22 21 20 161 160

Basis
Ziffernvorrat
0 0 0
1 1 1
2 1 0 2
3 1 1 3
4 1 0 0 4
5 1 0 1 5
6 1 1 0 6
7 1 1 1 7
8 1 0 0 0 8
9 1 0 0 1 9
1 0 1 0 1 0 A
1 1 1 0 1 1 B
1 2 1 1 0 0 C
1 3 1 1 0 1 D
1 4 1 1 1 0 E
1 5 1 1 1 1 F
1 6 0 0 0 0 1 0
1 7 0 0 0 1 1 1
1 8 0 0 1 0 1 2
1 9 0 0 1 1 1 3
Bild I-24
2 0 0 1 0 0 1 4 Zahlensysteme
534 Datentechnik

4 3 2 1 0 –1 –2 –3 –4
2 2 2 2 2 0 2 2 2 2 Bild I-25
Umwandlung von Dual-
in Dezimalzahlen
Beispiel 1 Beispiel 2
1 0 1 0 1 0 1 0 (2) 1 0 1 0 ,1 0 1 (2)
0 –3
0*2 = 0 (10) 1*2 = 0,125 (10)
1 –2
1*2 = 2 (10) 0*2 = 0 (10)
2 –1
0*2 = 0 (10) 1*2 = 0,5 (10)
3 0
1*2 = 8 (10) 0*2 = 0 (10)
4 1
0*2 = 0 (10) 1*2 = 2 (10)
5 2
1*2 = 32 (10) 0*2 = 0 (10)
6 3
0*2 = 0 (10) 1*2 = 8 (10)
7
1*2 = 128 (10)
10,625 (10)
170 (10)

135 (10) 10,625 (10)


135 : 2 = 67 Rest 1 10 : 2 = 5 Rest 0
67 : 2 = 33 Rest 1 5 : 2 = 2 Rest 1
33 : 2 = 16 Rest 1 2 : 2 = 1 Rest 0
16 : 2 = 8 Rest 0 1 : 2 = 0 Rest 1
8 : 2 = 4 Rest 0
4 : 2 = 2 Rest 0
1 0 1 0, 1 0 1
2 : 2 = 1 Rest 0
1 : 2 = 0 Rest 1
1,25 Bild I-26
: 2 0,625*2 =
0,25 *2 = 0,5 Umwandlung von
1 0 0 0 0 1 1 1 (2) 0,5 *2 = 1 Dezimal- in Dualzahlen

durch „0“ gekennzeichnet. Die Folge der sich erge- 4.3 Rechnen mit Dualzahlen
benden 0- und 1-Werte entspricht dann der Dualzahl.
Bild I-28 zeigt die Grundregeln für zweistellige
Man sucht also die in der Dezimalzahl enthaltenen
Dualzahlen und Beispiele für mehrstellige Dual-
Zweierpotenzen. Zahlen hinter dem Komma werden
zahlen, wo die jeweilige Dezimalzahl im Vergleich
mit 2 multipliziert und das Vorkommaergebnis je-
mit angegeben ist. Bei der Addition entsteht bei der
weils hinter das Komma der Dualzahl übertragen
Summenbildung 1 + 1 ein Übertrag, der zur nächst-
(Bild I-26).
höheren Stelle addiert werden muß. Bei der Subtrak-
4.2 Hexadezimalsystem tion 0 – 1 muß eine Zahl von der nächsthöheren Stelle
geholt (geborgt) werden. Die Multiplikation erfolgt
Für die Darstellung der dezimalen Zahlen 10 bis 15 wie bei den Dezimalzahlen durch Teilproduktbildung
werden im Hexadezimalsystem die zusätzlichen Zei- mit anschließender Addition. Bei der Division wird
chen A, B, C, D, E und F verwendet. Bei großen festgestellt, wie oft der Dividend im Divisor enthalten
Zahlenwerten benötigen Dualzahlen sehr viele Zif- ist. Dies geschieht wie bei dem Dezimalsystem durch
fern. Sie werden unübersichtlich lang und damit un- Subtraktion.
handlich. Man verwendet daher Hexadezimalzahlen,
die sich auf einfache Weise aus Dualzahlen bilden 4.4 Zahlen in Rechenanlagen
lassen. Jeder Tetrade wird eine Hexadezimalzahl zu-
4.4.1 Darstellung von Zahlen
geordnet. Die Umwandlung einer Hexadezimalzahl in
eine Dezimalzahl und umgekehrt erfolgt vom Prinzip In Rechenanlagen unterscheidet man die Darstellung
her wie die Umwandlung beim Dualsystem. Bild I-27 als Festpunkt- oder Gleitpunktzahl. Bei den Fest-
führt ein Beispiel auf. punktzahlen erfolgt die Kennzeichnung einer positi-
1 1 11 0 0 0 0 10 10 0 10 1 (2)
ven Zahl mit dem MSB = „0“ (MSB = Most Signifi-
cant Bit = Höchstwertigstes Bit), und die negative
F 0 A 5
Zahl besitzt „1“ als MSB (Bild I-29). Da die negative
F0A 5 (16)
0
5 * 161 = 5
Zahl im Zweierkomplement dargestellt ist, setzt dies
10* 162 = 160 voraus, daß eine bestimmte Wortbreite n festliegt.
0 * 163 = 0 Damit ist auch der Zahlenbereich bei nur positiven
15* 16 = 61440
Zahlen (Z) mit Zmin = 0 und Zmax = 2n und bei positi-
61605(10)
ver und negativer Zahlendarstellung mit Zmin = – 2(n–1)
Bild I-27 Bildung und Umwandlung von Hexadezi- und Zmax = 2(n–1) – 1 begrenzt. Das Beispiel führt bei
malzahlen unterschiedlichen Wortbreiten die kleinste und größte
I Digitaltechnik 535

Addition von Dualzahlen

Addition zweier Dualzahlen Addition mehrstelliger Dualzahlen

A 0 1 0 1 A = 67 = 1000011
+B 0 0 1 1 + B = 33 = 100001
S 0 1 1 +1 0 + 1 Übertrag
S = 100 = 1100100
Übertrag

Subtraktion von Dualzahlen

Subtraktion zweier Dualzahlen Subtraktion mehrstelliger Dualzahlen

A 0 1 0 1 A = 67 = 1000011
–B 0 0 1 1 – B = 33 = 100001
D 0 1 –1 1 1 0 –1 Übertrag
D= = 0100010
Übertrag

Multiplikation von Dualzahlen

Multiplikation zweier Dualzahlen Multiplikation mehrstelliger Dualzahlen

A 0 1 0 1
*B 0 0 1 1 A = 13 1 1 0 1* 0 0 1 1
P 0 0 0 1 0 0 00
B= 3 0 00 0
11 0 1
1 1 01
A * B = 39 = 1 0 0 1 11

Division von Dualzahlen

Division zweier Dualzahlen Division mehrstelliger Dualzahlen

A 0 1 0 1 A =44 10 110 0 : 10 0 = 1 0 1 1
:B 0 0 1 1 – 10 0
B= 4
Q 0 0 0 1 110
– 100
10 0
–10 0
A : B =11 00 0 Bild I-28
Rechnen mit Dualzahlen

Format Beispiel n Zmin Zmax


15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 4 –8 7

8 – 128 127
0 positive Zahl Bit
16 – 32768 32767
1 negative Zahl

Vorzeichen-Bit (MSB)

dual dezimal Zahlenkreis

MSB
0100
0011 4 0101
0 1 1 1 7 3 5
0 1 1 0 6 0010 0110
2 6
0 1 0 1 5
0 1 0 0 4 0001 1 7 0111
0 0 1 1 3
0 0 1 0 2
0000 0 – 8 1000
0 0 0 1 1
0 0 0 0 0
1 1 1 1 –1 1111 –1 –7 1001
1 1 1 0 –2
1 1 0 1 –3 1110 –2 –6 1010
1 1 0 0 –4 –3 –4 –5
1101 1011
1 0 1 1 –5
1 0 1 0 –6 1100
1 0 0 1 –7 Bild I-29
1 0 0 0 –8 Festpunktzahlen
536 Datentechnik

darstellbare Zahl auf und zeigt in Form einer Tabelle  Beispiele:


und am Zahlenkreis die Zahlen – 8 bis +7 bei einer Dualzahl: 01010101
Wortbreite von n = 4. EK: 10101010 EK 10101010
+1
Bei der Gleitpunktzahlendarstellung ist das MSB wie
bei den Festpunktzahlen dem Vorzeichen vorbehal- ZK 10101011
ten, es folgen Binärstellen für den Exponent und für
4.4.3 Subtraktion mit Hilfe des Komplements
die Mantisse. Der darstellbare Zahlenbereich hängt
vom Exponenten ab. Häufig werden Doppelworte, Mit Hilfe des Zweierkomplements lassen sich Sub-
wie z.B. zwei 16-Bit-Worte benutzt. Bild I-30 be- traktionen durchführen. Der Rechner führt diese
schreibt das Format dualer Gleitpunktzahlen auch Subtraktion praktisch auf eine Addition zurück. Er
anhand eines Beispiels. bildet zunächst das Zweierkomplement der zu sub-
Format
Exponent Mantisse

MSB Mantisse

Beispiel:

Festpunktzahl Gleitpunktzahl Dualzahl


2
10,625 0,10625 * 10 1010,101

Mantisse Exponent

Dualzahl duale Gleitpunktzahl

1010,101 01010101 * 24

0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 1 0 1 0 1 . . . 0
Bild I-30
Gleitpunktzahlen

4.4.2 Einer- und Zweierkomplement


Das Zweierkomplement ZK einer Zahl Z ist deren trahierenden Zahl durch Invertieren der Zahl (EK)
Ergänzung zur nächsthöheren Wertigkeit Bn, wobei n und führt anschließend eine Addition mit „1“ durch.
die Stellenanzahl und B Basis des Zahlensystems ist. Werden Festpunktzahlen mit beliebigen Vorzeichen
Dagegen ist das Einerkomplement EK die Ergänzung addiert, muß der Rechner das Ergebnis auf seine
der Zahl Z zur nächsthöheren Wertigkeit Bn – 1. Dies Korrektheit überprüfen. Das Ergebnis ist falsch, wenn
sollen die in Bild I-31 aufgeführten Beispiele in Form die Operanden gleiches Vorzeichen besitzen und das
einer Tabelle an Dezimal- und an Dualzahlen ver- Ergebnis ein davon verschiedenes Vorzeichen.
deutlichen.

n n
Z ZK B n B Z EK B –1
22 78 100 10 2 100 22 77 99 99

635 365 1000 10 3 1000 635 364 999 999

101 011 1000 2 3 1000 101 101 111 111


Bild I-31
1010 0110 10000 2 4 10000 1010 1010 1111 1111 Bildung des Komplements

Bei den Dualzahlen erhält man das Einerkomplement Beispiele:


 n Beispiele:
der Zahl Z durch Invertierung aller Stellen der Zahl AA = 10
= 10 = 00001010
= 00001010 A = 2 = 00000010
und das Zweierkomplement einer Zahl Z durch die BB = –2
= –2 = 11111110
= 11111110 B = –10 = 11110110
Addition des Einerkomplements mit „1“. A (–B)
A+ + (–B)
= = 00001000
00001000 = 8= 8 A + (–B) = 11111000 = – 8
I Digitaltechnik 537

Vorgehensweise des Rechners: sechzehn Kombinationen bilden kann, werden sechs


A = 00001010 B = 00000010 → EK = 11111101 dieser Bit-Kombinationen, die nicht benötigt werden,
+ 1 Pseudotetraden (Pseudo griech. scheinbar) genannt.
ZK(B) = 11111110 ←⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ 11111110 Allgemein werden diese überschüssigen Elemente als
A + (–B) = 00001000 Redundanz (siehe auch 1.5.6) bezeichnet. Die einzel-
nen BCD-Codes unterscheiden sich durch die Lage
der Pseudotetraden. Beim BCD-Dual-Code sind dies
5 Codes beispielsweise die Codewörter 1010 bis 1111 und
5.1 Allgemeines beim Aikencode die Codewörter von 0101 bis 1010.
Durch Reihenbildung der jeweiligen Codewörter
Nach DIN 43300 sind Codes eindeutige Zuordnungen
können beliebig lange Dezimalzahlen codiert werden.
von Zeichen eines Zeichenvorrates zu den Zeichen des
anderen Zeichenvorrates. Codierung ist die Zuordnung 5.3.1 BCD-Dual-Code
eines Zeichens aus dem Zeichenvorrat X zu einem Zei-
chen des Zeichenvorrats Y, und Decodierung ist die Dieser Code wird allgemein BCD-Code oder auch
Rückführung des Zeichens aus dem Zeichenvorrat Y 8-4-2-1-Code genannt. Da die Stellenbewertung im
zum Zeichen des Zeichenvorrats X. Ist die codierte In- Dualsystem angegeben ist, ist dieser Code ein bewer-
formation eine Zahl, spricht man von einem numeri- teter Code.
schen Code. Sind zusätzlich Buchstaben und Zeichen  Beispiel:
codiert, ist es ein alphanumerischer Code. Kommt in Wertigkeit: 8 4 2 1
einem Code die Wertigkeit der Stellen zum Ausdruck, Dualzahl: 1 0 0 1 = 1 ⋅ 8 + 0 ⋅ 4 + 0 ⋅ 2 + 1 ⋅ 1 = 8 + 1 = 9
ist es ein bewerteter (z.B. BCD) oder gewichteter Code. Treten bei der Addition Pseudotetraden auf, ist eine
Ist die Anordnung im Code ohne Wertigkeit der einzel- Korrektur mit +6 dual nötig.
nen Stelle, spricht man von einem unbewertetetem oder
ungewichtetem Code (z.B. 3-Excess-Code). Ändert sich  Beispiel:
das vorherige Zeichen zum nachfolgenden immer nur A = 15 = 0001 0101 A = 11 = 0001 0001
um 1 Bit, ist es ein einschrittiger (z.B. Gray-Code), an- B = 17 = 0001 0111 B = 12 = 0001 0010
sonsten ein mehrschrittiger Code. Die Zuordnungsvor- 0010 1100 Pseudotetrade A + B = 23 = 0010 0011
schrift wird in Codetabellen festgelegt. Bild I-32 zeigt 0000 0110 Korrektur
eine Übersicht gängiger 4-Bit-Codes (tetradische Co- A + B = 32 = 0011 0010
des).
Dual–Code BCD–Code 3–Excess–Code Aiken–Code Gray–Code

8421 8421 2421


Dezimalzahl

Dezimalzahl

Dezimalzahl

Dezimalzahl

Dezimalzahl

8 4 2 1 8 4 2 1 2 4 2 1

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Pseudo–
1 0 0 0 1 1 0 0 0 1 1 0 0 0 1 1 0 0 0 1
2 0 0 1 0 2 0 0 1 0 Tetraden 2 0 0 1 0 2 0 0 1 1
3 0 0 1 1 3 0 0 1 1 0 0 0 1 1 3 0 0 1 1 3 0 0 1 0
4 0 1 0 0 4 0 1 0 0 1 0 1 0 0 4 0 1 0 0 4 0 1 1 0
5 0 1 0 1 5 0 1 0 1 2 0 1 0 1 5 0 1 1 1
6 0 1 1 0 6 0 1 1 0 3 0 1 1 0 6 0 1 0 1
7 0 1 1 1 7 0 1 1 1 4 0 1 1 1 Pseudo– 7 0 1 0 0
8 1 0 0 0 8 1 0 0 0 5 1 0 0 0 Tetraden 8 1 1 0 0
9 1 0 0 1 9 1 0 0 1 6 1 0 0 1 9 1 1 0 1
10 1 0 1 0 7 1 0 1 0 10 1 1 1 1
11 1 0 1 1 8 1 0 1 1 5 1 0 1 1 11 1 1 1 0
12 1 1 0 0 Pseudo– 9 1 1 0 0 6 1 1 0 0 12 1 0 1 0
13 1 1 0 1 Tetraden 7 1 1 0 1 13 1 0 1 1 Bild I-32
Pseudo–
14 1 1 1 0 8 1 1 1 0 14 1 0 0 1
15 1 1 1 1 Tetraden 9 1 1 1 1 15 1 0 0 0 Codes

5.2 Binär-Code Bild I-33 zeigt eine häufige Anwendung des BCD-Codes, wie
dieser Code auch allgemein genannt wird. Er steuert dort über
einen Decoder 7-Segmentanzeigen (Bild I-34). Handelsübliche
Als Binärcode bezeichnet man Wörter aus Binärzei- Anzeigen gibt es mit einer gemeinsamen Anode oder einer ge-
chen. Die Darstellung erfolgt wie bei den Dualzahlen. meinsamen Katode. Bei einem Segment mit einer gemeinsamen
Anode leuchtet beispielsweise die „0“ auf, wenn die Segmente a,
5.3 BCD-CodeDual-Code b, c, d, e und f Spannung erhalten („1“ sind).

Im BCD-Code (BCD = Binary Coded Decimal) wird 5.3.2 3-Excess-Code Aiken-Code Gray-Code
jede Stelle einer Dezimalzahl durch ein binäres 4-Bit- Der 3-Excess-Code ist ein nicht bewerteter, sym-
Muster (Tetrade) dargestellt. Da man mit vier Stellen metrischer Code. Seine „Spiegelachse“ liegt zwi-
538 Datentechnik

0 1 1 0 0 0 1 1 1 0 0 0 Bild I-33
Ansteuerung mit BCD-Code
BCD–7– BCD–7– BCD–7–
Segment– Segment– Segment–
Decoder Decoder Decoder

BCD–Code 7–Segment–Code
23 22 2 1 2 0 g f e d c b a
0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 a a
0 0 0 1 0 0 0 0 1 1 0
b b
0 0 1 0 0 0 1 1 0 1 1 a a
0 0 1 1 1 0 0 1 1 1 1 c c
f b f g b
0 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0
d d
0 1 0 1 1 1 0 1 1 0 1 e c e c
0 1 1 0 1 1 1 1 1 0 1 e e
0 1 1 1 0 0 0 0 1 1 1 d d
f f
1 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1
1 0 0 1 1 1 0 1 1 1 1 g g

Bild I-34 7-Segmentanzeigen und Ansteuerung

schen 410 und 510. Beim Rechnen sind Korrekturen stimmung einer Position auf einer Wegstrecke. Bild
notwendig. I-35 veranschaulicht dies an einem Codelineal, das
von Sensoren abgetastet wird. Mögliche Fehljustie-
 Beispiel
rungen beschränken bei diesem Code den Fehler auf
A = 15 = 0100 1000
B = 17 = 0100 1010
ein Bit. Bei Einsatz des Dual-Codes würden sich
beim Übergang von der Zahl 3 nach 4 drei Stellen
1000 0010
1101 0011 Korrektur
verändern und bei Fehljustierung der Sensoren einen
erheblichen Fehler erzeugen.
A + B = 32 = 0110 0101
Bei diesem Code können gerade und ungerade Zahlen durch die BCD-Code Gray-Code
letzte Stelle leicht unterschieden werden und eine Komplement-
bildung ist durch Vertauschen von „0“ und „1“ ebenfalls einfach
auszuführen.

5.3.3 Aiken-Code
Der Aiken-Code ist ein symmetrischer Code mit der
Bewertung 2421.
 Beispiel: BCD-Code
Wertigkeit: 2 4 2 1
Dualzahl: 1 1 0 1 = 1 ⋅ 2 + 1 ⋅ 4 + 0 ⋅ 2 + 1 ⋅ 1 = 2 + 4 + 1 = 7 0111 0100
Ungerade und gerade Zahlen sind wie beim 3-Excess-Code durch 1000 1100
die letzte Stelle leicht erkennbar. Dieser Code benötigt beim
Rechnen keine Korrekturen.

5.4 Gray-Code
Der Gray-Code läßt sich für jede Wortbreite realisie-
ren. Er ist ein unbewerteter oder ungewichteter Code
und unterscheidet sich von dem vorherigen und
nachfolgenden Bitmuster jeweils nur um ein Bit. Man
spricht auch von einem einschrittigen Code. Er wird Fehlabtastung
oft zur Umwandlung analoger Größen in eine digitale
Information umgesetzt, wie beispielsweise die Be- Bild I-35 Abtastung und Fehljustierung
I Digitaltechnik 539

5.5 Codierung alphanumerischer Zeichen Tabelle I-1 Zahlen und Buchstaben im ASCII-Code
Der ASCII-Code (ASCII = American Standart Code 0 30 A 41 a 61
of Information Interchange = Amerikanischer Stan- 1 31 B 42 b 62
dardcode zum Datenaustausch) (Bild I-36, Tabelle
I-2) ist genormt nach DIN 6603. 2 32 C 43 c 63
3 33 D 44 d 64
00 00 01 10 01 10 11 11
0 1 0 0 1 1 0 1
4 34 E 45 e 65
0 0 0 0 NUL DLE 0 @ P p
0 0 0 1 SOH DC1 1 A Q a q 5 35 F 46 f 66
0 0 1 0 STX DC2 " 2 B R b r
0 0 1 1 ETX DC3 # 3 C S c s 6 36 G 47 g 67
0 1 0 0 EOT DC4 $ 4 D T d t
0 1 0 1 ENQ NAK % 5 E U e u 7 37 H 48 h 68
0 1 1 0 ACK SYN & 6 F V f v
0 1 1 1 BEL ETB 7 G W g w 8 38 I 49 i 69
1 0 0 0 BS CAN ( 8 H X h x
1 0 0 1 HT EM ) 9 I Y i y
1 0 1 0 LF SUB * : J Z j z
9 39 J 4A j 6A
1 0 1 1 VT ESC + ; K k
1 1 0 0 FF FS < L l
K 4B k 6B
1 1 0 1 CR GS = M m
1 1 1 0 SO RS > N n
L 4C l 6C
1 1 1 1 SI US / ? O – o DEL
M 4D m 6D
Bit 7 6 5 4 3 2 1 ASCII-CODE
N 4E n 6E
Bild I-36 ASCII-Code
O 4F o 6F
Er ist ein 7-Bit-Code, mit dem man 27 = 128 Zeichen P 50 p 70
codieren kann. Außer den Ziffern 0 bis 9 und den Q 51 q 71
Buchstaben a bis z beinhaltet dieser Code Sonder-
und Steuerzeichen. Bild I-36 beschreibt die Möglich- R 52 r 72
keit der Zeichenzuordnung zu den jeweiligen Binär- S 53 s 73
zeichen. Benötigt man beispielsweise den Code für
A, dann läßt sich der über die Bitfolge Bit7, Bit6, T 54 t 74
Bit5 mit 100 und Bit4, Bit3, Bit2 und Bit1 mit 0001 U 55 u 75
finden (A = 1000001). Die häufig benötigten Zahlen
V 56 v 76
und Buchstaben sind in Hex-Darstellung unter der
Tabelle I-1 zusammengefaßt. Bei Übertragungen wird W 57 w 77
ein 8. Bit (Parity-Bit = Paritäts-Bit) zur Fehler- X 58 x 78
erkennung mit übertragen.
Y 59 y 79
 Beispiel für die Codierung: R O M
1010010 1001111 1001101
Z 5A z 7A

Tabelle I-2 Bedeutung der Abkürzungen im ASCII-Code


NUL NULL Null
SOH START OF HEADING Beginn der Kopfzeile
STX START OF TEXT Textbeginn
ETX END OF TEXT Textende
EOT END OF TRANSMISSION Übertragungsende
ENQ ENQUIRE Anfrage für Übertragung
ACK ACKNOWLEDGE Antwort bejahend
BEL BELL Klingelzeichen
BS BACK SPACE Rückschritt
HT HORIZONTAL TABULATION Tabellierung (horizontal)
VT VERTICAL TABULATION Tabellierung (vertikal)
LF LINE FEED Zeilenvorsprung
FF FORM FEED Seitenvorschub
540 Datentechnik

Tabelle I-2 (Fortsetzung)


CR CARRIAGE RETURN Wagenrücklauf
SO SHIFT OUT Dauerumschaltung
SI SHIFT IN Rückschaltung
DLE DATA LINK ESCAPE Datenumschaltung
DC1...4 DEVICE CONTROL Steuersignale
NAK NEGATIVE ACKNOWLEDGE Antwort verneinend
SYN SYNCHRON Synchronisation
ETB END OF TRANSMISSION BLOCK Übertragungsblockende
EM END OF MEDIUM Aufzeichnungsende
ESC ESCAPE Umschaltung
FS FILE SEPARATOR Trennzeichen
GS GROUP SEPARATORS Gruppentrennzeichen
RS RECORD SEPARATOR Untergruppenkennzeichen
US UNIT SEPARATOR Teilgruppentrennzeichen
DEL DELETE Löschen

5.6 Fehlererkennung und Redundanz Erzeugt werden kann das Paritätsbit (gerade Parität)
mit Hilfe von EXOR-Verknüpfungen. Bild I-38 zeigt
Um einen Fehler bei der Übertragung digitaler Infor-
eine mögliche Schaltung zu Erzeugung gerader Pari-
mationen zu erkennen, müssen außer den eigentlichen
tät und die Überprüfung eines Datenwortes. Soll eine
Daten weitere Zeichen übertragen werden. Ein Maß
ungerade Parität erzeugt werden, ist ein zusätzlicher
für diese zusätzlichen Zeichen ist die Redundanz
Inverter nötig. Eine nicht korrekte Datenübertragung
(Weitschweifigkeit).
wird durch Paritätsprüfung im Empfänger erkannt.
 Beispiel: Wird ein 4-Bit-Wort übertragen, ergeben sich 24 = 16 Die genaue Ortung des Fehlers ist allerdings so nicht
Kombinationsmöglichkeiten. Daraus folgt, daß mit n-Bits 2n = Z
Kombinationen möglich sind. Um beispielsweise die Ziffern 0 bis
möglich.
9 darzustellen, sind nur 10 Zeichen notwendig. Die gesuchte An-
zahl n, die zur Darstellung dieser Zeichen notwendig ist, läßt sich Erzeugung des Paritätsbit
über den Logarithmus zur Basis 2 (Log. dualis) finden (Glei- P
chung I.1). 1 1 0 1 0 0 0 1
ln Z ln 10
ld Z = = = 3, 3219 (I.1) =1
ln 2 ln 2
=1
Dies bedeutet, daß 3,2.. Bit eigentlich nur notwendig sind. Da zur
Darstellung dieser Zeichen aber 4 Bit benutzt werden, ist die Re- =1
dundanz R nach der Gleichung (I.2) 0,68 Bit. =1
R = n – ld Z = 4 Bit – 3,32 = 0,68 Bit (I.2) =1
Beim ASCII-Code beträgt demnach die Redundanz mit n = 8: =1
R = 8 Bit – 7 = 1 Bit. Der Dual- und Gray-Code enthält keine Re-
dundanz, da hier alle Codewörter benutzt werden.

5.6.1 Einfache Prüfung auf Parität Überprüfung des Paritätsbit

Wird ein Bit der eigentlichen Information zur Fehler- korrekte Daten
1 1 0 1 0 0 0 1
erkennung zugefügt, spricht man von einem Paritäts-
bit. Es kann das Wort auf eine gerade Anzahl von =1
„1“sen (even parity check) oder ungerade Anzahl von =1
„1“sen (odd parity check) ergänzen (Bild I-37). =1
=1 "1" "0"
P D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0
=1
gerade 0 1 0 1 0 1 0 1
=1
Paritätsbit Daten
fehlerhafte Daten
ungerade 1 1 0 1 0 1 0 1
Bild I-38 Erzeugung und Überprüfung des Paritäts-
Bild I-37 Paritätsbit bits
I Digitaltechnik 541

5.6.2 Kreuzsicherungsprüfung 4-Bit-Worten bestehende Datenblock mit zusätz-


lichen Paritätsbits übertragen. Im Empfänger erfolgt
Eine weitere Möglichkeit, Fehler zu erkennen und anschließend eine Prüfung auf Parität. Fehlerhafte
eine Korrektur vorzunehmen, ist die Kreuzsiche- Daten werden erkannt, da die Ortung durch den Kreu-
rungs- oder Kreuzparitätsprüfung. Hierbei wird ein zungspunkt (im Bild gekennzeichnet) erfolgt. Durch
Datenblock mit Paritätsbits für die Reihen und mit Invertierung kann eine Korrektur erfolgen. Mehrfach-
einem Paritätswort für die Spalten des Übertragungs- fehler können auf diese Weise allerdings nicht korri-
blockes versehen. Im Bild I-39 wurde der aus sieben giert werden. Paritätsbit

Übertragungs–
fehler

Parity-Bit 0 1 0 1 0 0 1 0 1 0
Parity-Bit 0 1 1 0 0 1 0 0 1 0 0
Parity-Bit 0 1 0 1 0 0 1 0 1 0
Übertragungsblock

Parity-Bit 1 1 0 0 0 1 1 0 0 0
Parity-Bit 1 0 0 1 0 1 0 0 1 0
Parity-Bit 0 1 0 0 1 0 1 0 0 1
Parity-Bit 0 1 1 1 1 0 1 1 1 1

Parity-Wort 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 Bild I-39


1 Kreuzparitätsprüfung
5.6.3 Hamming-Code

Daten Daten + Redundanz Daten korrekt

D3 D2 D1 D0 D0 D1 D2 D3 D4 D5 D6
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 1 1 1 0 1 0 0 1 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0
0 0 1 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 0 1 0 1 0
0 0 1 1 1 0 0 0 0 1 1
0 1 0 0 1 0 0 1 1 0 0
=1
0 1 0 1 0 1 0 0 1 0 1
=1 0
0 1 1 0 1 1 0 0 1 1 0
=1
0 1 1 1 0 0 0 1 1 1 1
1 0 0 0 1 1 1 0 0 0 0
=1
1 0 0 1 0 0 1 1 0 0 1
=1 0
1 0 1 0 1 0 1 1 0 1 0
=1
1 0 1 1 0 1 1 0 0 1 1 Bild I-40
1 1 0 0 0 1 1 1 1 0 0
1 1 0 1 1 0 1 0 1 0 1
=1 Bildung des Übertragungswortes
=1 0 beim Hamming-Code
1 1 1 0 0 0 1 0 1 1 0
=1
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

P0 P1 D3 P2 D2 D1 D0

Paritätsbit fehlerhaft Datenbit fehlerhaft

D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0
0 1 0 1 0 1 1 1 1 0 1 0 1 0

=1 =1
=1 0 =1 1
=1 =1

=1 =1
=1 0 =1 1
=1 =1

=1 =1
Bild I-41 =1 1 =1 0
=1 =1
Fehlerermittlung
542 Datentechnik

Mit Hilfe des Hamming-Codes ist es möglich, fehler- Eingangsvariablen bestimmt werden (kombinatorische
hafte Bits genau zu bestimmen und danach zu korri- Schaltungen). Schaltwerke sind Schaltnetze, die ein
gieren. Hierzu werden mehrere Prüfbits übertragen, zusätzliches Speicherverhalten aufweisen können (se-
wobei die Anzahl der Prüfbits von der Informations- quentielle Schaltungen). Die meisten Grundschaltun-
wortbreite abhängt. Den Zusammenhang zwischen gen brauchen nicht aus einzelnen Gattern aufgebaut
Informationswortbreite und Anzahl der Redundanz- werden, sondern werden von den Herstellern als kom-
bits nennt man auch Hamming-Distanz. Nachfolgend plexe digitale Schaltung für universelle Einsätze ange-
sind in Tabelle I-3 für übliche Wortbreiten die Anzahl boten oder können durch zusätzliche äußere Beschal-
der Datenbits und Prüfbits angegeben. tung den individuellen Wünschen angepaßt werden.
In diesem Zusammenhang spielen programmierbare
Tabelle I-3 Daten- und Prüfbits Digitalbausteine wie PAL’s und Gal’s eine immer
Wortbreite 8 16 32 64 größere Rolle. Sie werden in der Automatisierungs-,
Meß- und Datentechnik eingesetzt oder sind Teilbau-
Datenbits 4 11 26 57 steine größerer hochintegrierter Schaltungen.
Prüfbits 4 5 6 7
6.2 Schaltnetze
 Beispiel zur Bildung des Übertragungswortes (Bild I-40): P1 Logische (kombinatorische) Schaltungen, deren Aus-
wird aus D3, D2 und D0 gebildet. Für die gerade Parität steht „0“
und für ungerade Parität „1“. Die Quersumme der „1“sen aus a, b
gänge eindeutig von den Eingangsvariablen bestimmt
und c ergibt mit dem Prüfbit immer eine gerade Parität. Für eine werden, bezeichnet man als Schaltnetze. In diesen
4-Bit-Information werden 3 Prüfbits benötigt. Damit wird das Da- Schaltungen befinden sich keine Speicherelemente.
tenwort 7 Bit breit. Nach dem Beispiel werden die Daten mit D2,
D4, D5 und D6 ohne Änderung übertragen. Die entsprechenden 6.2.1 Rechennetze
Prüfbits P0(D0), P1(D1) und P2(D3) werden jeweils in Abhän-
gigkeit der durch Pfeile gekennzeichneten Daten gebildet: a = P0, Eine der wesentlichen Rechenschaltungen ist der
D0, D2 und D3; b = P1, D0, D1 und D3; c = P2, D0, D1 und D2 Addierer, weil die Recheneinheit des Prozessors viele
und nach Zusammensetzung des zu übertragenden Datenwortes:
a = D0, D6, D4 und D2; b = D1, D6, D5 und D2; c = D3, D6, D5
Rechenoperationen auf Additionen zurückführt.
und D4.
Die Prüfung der Daten erfolgt so, daß ein Prüfbit mit mindestens 6.2.1.1 Halbaddierer
zwei Datenbits in Verbindung gebracht wird. Je nach 3-Bit-
Ausgangswort ist das fehlerhafte Bit, Datenbit oder Paritätsbit, er-
Halbaddierer addieren zwei binäre Werte und zeigen
kannt und kann durch Invertierung korrigiert werden. Die Prüfung die Summe und den Übertrag an (Bild I-42).
nach der Datenübertragung zeigt an, daß alle Daten korrekt über-
tragen wurden, weil das Prüfausgangswort 0 0 02 ergibt. Bei feh- 6.2.1.2 Volladdierer
lerhafter Datenübertragung wird dies durch das Prüfausgangswort
in der Weise angezeigt, daß es mindestens zwei „1“sen beinhaltet. Sollen n-stellige Zahlen addiert werden, wird für jede
Wurde das Paritätsbit selber fehlerhaft übertragen, wird dies nur Binärstelle ein Addierwerk benötigt. Ein Halbaddie-
durch eine „1“ mitgeteilt. Da die Bitkombinationen den entspre- rer ist mit seinen zwei Eingängen hierzu nicht geeig-
chenden Daten- beziehungsweise Paritätsbits zugeordnet sind, kann
der Fehler erkannt und behoben werden. Bild I-41 veranschaulicht
net, weil eventuelle Überträge der niederwertigeren
mögliche Fehlerkombinationen. Im ersten Fall ist D0 (Paritätsbit) Stelle auch verarbeitet werden müssen. Schaltungen,
fehlerhaft und im zweiten Fall das Datenbit D6. die den Eingangsübertrag mit verarbeiten können,
nennt man Volladdierer. Bild I-43 zeigt dies beispiel-
haft.
6 Digitale Grundschaltungen Ein Volladdierer läßt sich aus Halbaddierern auf-
bauen, wenn die Summe A + B eines Halbaddierers
6.1 Allgemeines einem zweiten Halbaddierer zugeführt und dort mit
Digitale Schaltungen können nach Schaltnetzen und dem Übertrag der niederwertigen Stelle addiert wird.
Schaltwerken unterschieden werden. Schaltnetze sind Der Übertragsausgang muß über ein ODER-Gatter
Schaltungen, deren Ausgänge eindeutig von den gesondert herausgeführt werden (Bild I-44). Der

Beispiel Wertetabelle Schaltung Schaltzeichen


B A CO B A
X = 0 1 0
Y = 1 1 0 0 0 0 A P
0 1 1 0
X+Y = 1 0 1 =1
1 0 1 0
1 1 0 1 B Q CO
A = 1
B = 1 & CO

A+B = 1 0
Summe Bild I-42
Übertrag CO Addition einer Binärstelle und Halbaddierer
I Digitaltechnik 543

Beispiel Schaltzeichen I-45 zeigt. Die Gleichung für den Übertrag läßt sich
vereinfachen.
X = 0 1 0
Y = 1 1 A P 6.2.1.3 Serieller n-Bit-Addierer

X+Y = 1 0 1 B Q Führt man dem Addierer nacheinander taktweise die


Cl Cl
Zahlen A und B zu und verarbeitet eventuell auf-
CO
1 Übertrag Cl tretende Überträge, die beim nachfolgenden Takt
A = 1 addiert werden müssen, dann ergibt sich aus den
B = 1 Einzelsummen die Gesamtsumme nach n-Takten.
A+B = 1 0 Das Beispiel Bild I-46 zeigt das Prinzip für zwei
Summe Bild I-43 4-Bit-Zahlen. Für die Ein- und Ausgabe werden hier
Übertrag Volladdierer Schieberegister benötigt, die taktsynchron gesteuert
werden müssen. Im dargestellten Beispiel steht die
Eingang für den Eingangsübertrag wird mit CI = Summe nach dem vierten Takt in einem Speicher zur
Carry In und der Übertragsausgang mit CO = Carry Verfügung.
Out abgekürzt. Bit
Die Realisierung eines Volladdierers kann auch über Bit
3 2 1 0 3 2 1 0
die Wertetabelle vorgenommen werden, wie Bild A P

B Q Carry
Schaltung CI CO
3 2 1 0

A P P C
A = 1001 P 1 0 0 1
B Q Q B = 0101 Q 0 1 0 1
CI 0 0 1 0
CI CO 0 0 0 1
>1
= CO 1 1 1 0
Bild I-44 Volladdierer aus zwei Halbaddierern Bild I-46 Serielle Addition

Wertetabelle Schaltung

CI B A CO CI B A
0 0 0 0 0
0 0 1 1 0
0 1 0 1 0 &
0 1 1 0 1
1 0 0 1 0
1 0 1 0 1
&
1 1 0 0 1
1 1 1 1 1

KV-Diagramme &

A A
1 1 &
B B
1 1 1
CI CI
1 1 &

1 & CO

CO = AB BC AC
&

Bild I-45 Volladdierer aus Grundgattern


544 Datentechnik

6.2.1.4 Paralleler n-Bit-Addierer Stellenzahl erhöht sich der Schaltungsaufwand erheb-


lich, aber die Zeit bleibt auf zwei Gatterlaufzeiten
Da der Aufbau eines parallelen n-Bit-Addierers über
begrenzt. Als Standardbaustein bietet sich Look
die Wertetabelle zu aufwendig ist, wird er aus Voll-
ahead Carry Generator 74182 an.
addierern hergestellt. Für jede zu addierende Bitstelle
ist hierbei ein Volladdierer vorzusehen. Da bei der 6.2.1.5 Subtrahierer
niedrigsten Stelle kein Eingangsübertrag anfällt,
würde hier ein Halbaddierer ausreichen. In der Praxis Subtrahierer können mit Hilfe von Volladdierern
baut man Addierer nur aus Volladdierern auf und legt realisiert werden, indem der Eingangsübertragsan-
den Eingangsübertragseingang der niederwertigsten schluß CI auf „1“ (+U) gelegt wird und der Subtra-
Stelle auf „0“ (Masse). Das Prinzip eines 4-Bit-Voll- hend invertiert wird. Diese Vorgehensweise ent-
addierers und ein Standardbaustein sind im Bild I-47 spricht der Addition mit dem Zweierkomplement
dargestellt. (Bild I-49).

B3 B2 B1 B0 74LS83

A3 A2 A1 A0 10 0
8
CI CI CI CI 3 0 9
1 3 6
11 0 2
CO CO CO CO 7 3 15
4
CO3 CO2 CO1 CO0 16 3
3 2 1 0 13 CI CO 14

Bild I-47 Paralleler 4-Bit-Volladdierer und Standardbaustein

Die Rechenzeit der Schaltung ist gegenüber der eines B B B B A A A A


einzelnen Volladdierers größer, da die Summe bei 3 2 1 0 3 2 1 0
diesem erst gebildet werden kann, wenn die Über- 74LS83
träge den nachfolgenden Stufen zugeführt wurden. 0
Ergibt sich bespielsweise bei der niederwertigsten 0
Stufe ein Übertrag, wirkt sich dies auf alle folgenden 1 3
0
Stufen aus. Die benötigte Zeit wird auch als Mindest- 1 3
additionszeit (Add Time) bezeichnet. Kürzere Re- 1 3
chenzeiten erhält man mit speziellen Rechenbaustei- 1 CI CO
nen (Carry Look Ahead). Hier wird der Übertrag
durch Verknüpfungsschaltungen „vorausschauend“ + 5V
direkt aus den Eingangswerten ermittelt. In Bild I-48 Bild I-49 4-Bit-Subtrahierer
ist noch einmal die Wertetabelle und die Gleichung
für den Übertrag angegeben. Setzt man die Gleichung Ändert man die Schaltung nach Bild I-50, erhält man
für beliebige Stellen um, so ergibt sich die Gleichung ein universelles Additions-Subtraktionsnetz. Die Ein-
für ci + 1. Diese Gleichung teilt man auf in die Vari- gänge S0 bis S4 sind Steuereingänge, mit denen
able gi (Carry Generate), die angibt, ob ein Übertrag entsprechende Operationen durchgeführt werden
auftreten wird und pi (Carry Propagate), die in Ver- können. S0 und S1 dienen zum Durchschalten der
bindung mit c0 den Übertrag weiterleiten muß. Zahlen A und B, und mit S2 und S3 kann jeweils eine
Das Bild zeigt die Entwicklung einer Stelle und die Invertierung vorgenommen werden, um das Einer-
Gleichungen für einen 4-Bit-Addierer. Mit steigender Komplement zu bilden. Mit S4 wird nach Wunsch

A pi
A B ci ci + 1 ci + 1 = ABC ABC ABC ABC =1
0 0 0 0 B &
= C(AB AB) AB(C C) ci
0 0 1 0 gi
0 1 0 0 = C(A B) AB ci + 1
&
0 1 1 1
ci + 1 = ci pi gi
1 0 0 0
1 0 1 1
1 1 0 1 Gleichungen für einen 4-Bit-Addierer
1 1 1 1
c1= g0 p0c0
ci = C
c2= g1 p1c1= g1 p1 (g0 p0c0)=g1 p1g0 p1p0c0
c3 = g2 p2c2 Bild I-48
c4 = g3 p3c3 Carry-Look-Prinzip
I Digitaltechnik 545

zusätzlich „1“ addiert, um in Verbindung mit S2 6.2.1.6 Addierer für BCD-Dualzahlen


beziehungsweise S3 das Zweier-Komplement zu
Vom Prinzip lassen sich zwei 4-Bit-Volladdierer zur
erhalten. Soll die Operation A – B durchgeführt
Addition zweier BCD-Dualzahlen verwenden (Bild
werden, muß S0 und S1 auf „1“, S2 auf „1“, S3 auf
I-51). Hierbei muß nur berücksichtigt werden, daß
„0“ und S4 auf „1“ liegen
eine Summe > 910 einen Übertrag für die nächste De-
A0
cade anzeigen und eine Ergebniskorrektur erfolgen
& muß. Die Korrekturschaltung addiert mit Hilfe des
=1
A1
2. Addierers zu jeder Summe des 1. Addierers bei Auf-
& treten einer Pseudotetrade oder eines Übertrages 62.
=1 0
1 P 0
B0 0 Q 1 6.2.2 Komparatoren
& 1
=1
CI CO 6.2.2.1 Einfacher Komparator
B1
&
=1 Bild I-50 Einfache Komparatoren (Bild I-52) prüfen zwei Zah-
Einfaches len A und B auf Gleichheit. Nur wenn beide Ein-
S0 S1 S2 S3 S4 Rechenwerk gangsvariablen „0“ oder beide Eingangsvariablen „1“

Beispiel Schaltung

A = 9 = 1001 0 0 0 0
B = 4 = 0100
A P P
A+B = 13 = 1101 3 3 3 3
0 0
Korrektur + 0110 B Q Q
&
3 3
Übertrag 1 0011 = 3 CI CO CI CO
&

Bild I-51 Addierer für BCD-Zahlen CO

Einfache Komparatoren

Wertetabelle Schaltzeichen Standartbaustein

B A Q0 COMP COMP
1 G1
0 0 1 P 2 0
0 1 0 P=Q 4
6
1 0 0 Q 8 P
1 1 1 11
13
Schaltung 16
17 7
P=Q
1-Bit-Komparator 4-Bit-Komparator 3 0
5
7
B A 9
A0 Q
12
B0 14
16
A1 18 7
Q
B1
B A & Q
A2
B2
&
& Q A3
B3 Bild I-52
&
Einfache Komparatoren
546 Datentechnik

sind, wird der Ausgang Q = „1“ (Wertetabelle). Diese 6.2.2.2 Komparator mit Größer-
Aufgabe erfüllen die dargestellten Schaltungen. und Kleiner-Vergleich
Für n-Bit bietet sich eine einfache Erweiterung durch
eine Äquivalenzschaltung für jede Bitstelle und an- Weitergehende Komparatoren vergleichen zusätzlich
schließender UND-Verknüpfung an, wie das Beispiel nach den Gesichtspunkten A < B und A > B. Bild
für den 4-Bit-Komparator zeigt. Als Standardbaustein I-53 zeigt die entsprechende Wertetabelle für den
bietet sich der 8-Bit-Komparator 74HC688 an. 1-Bit-Vergleich, die Schaltung und das Schaltzeichen.

Wertetabelle Schaltung Schaltzeichen

B A A=B A<B A>B B A COMP


0 0 1 0 0 P P<Q
0 1 0 0 1 P=Q
1 0 0 1 0 & A<B
1 1 1 0 0 Q P>Q
A=B

& A>B Bild I-53


1-Bit-Komparator

A=B

B B
A A

& & & &

& & & &

A<B A=B A>B A<B A=B A>B

a) b)

A=B A<B A=B A>B

B B
A A

& & & &

& & & &

A<B A=B A>B A<B A=B A>B

c) d)

Bild I-54 Universalkomparator


I Digitaltechnik 547

Ein Komparator für n-Bitstellen wird durch Zusam- aktivieren, daß ein Bitvergleich möglich wird. Bei
menschalten mehrerer Universalkomparatoren er- A > B wird mit dem Ausgang A = B die nächstnie-
stellt. Die Bilder a) bis d) im Bild I-54 zeigen die derwertige Stelle gesperrt und die Meldung A > B
Entwicklung dieses Komparators auf. über die nachfolgende ODER-Verknüpfung sofort
Außer den Eingängen für die Vergleichbits besitzt der dem Ausgang gemeldet. Weil der Vergleich bei der
Universalkomparator drei zusätzliche Eingänge, um Stelle mit der höchsten Wertigkeit beginnt, wird die
bei einem Vergleich mehrerer Binärstellen die ein- dafür zuständige Stufe nach Bild I-55 beschaltet. Die
zelnen Stufen miteinander zu verbinden. Der Eingang Eingänge A > B und A < B liegen auf „0“ (Masse)
A = B = „1“ hat die Aufgabe, die Schaltung so zu und der Eingang A = B auf „1“ (+U).
B3 B2 B1 B0
A3 A2 A1 A0

A>B A>B A>B A>B A>B A>B A>B A>B A>B


A=B A=B A=B A=B A=B A=B A=B A=B A=B
A<B A<B A<B A<B A<B A<B A<B A<B A<B

Bild I-55 Komparator für 4 Bit

6.2.3 Codewandler und Decoder


6.2.3.1 Codewandler

Quell-Code Ziel-Code Gleichungen

X/Y Gray BCD ABCD = AD ABC ABCD ABC ABC


GRAY/BCD DC B A DC B A
1 1 0 0000 0000 BBCD = BCD CB
2 2 1 0001 0001
2 0011 0010 CBCD = CD
4 4
3 0010 0011
8 8 4 0110 0100 DBCD = D
5 0111 0101
6 0101 0110
7 0100 0111
8 1100 1000
9 1101 1001

KV-Tafeln Schaltung

A A A B CD
1 1 1 1
B B &
x x x x x x x x
D D
x 1 x x x &

1 1 1 1
& A
C C
ABCD BBCD
&
A A
1 1 &
B B
x x x x x x x x
D D &
x x x 1 1 x
B
1 1
&
C C
CBCD DBCD
& C

Bild I-56 Gray-BCD-Codewandler D


548 Datentechnik

Ein Codewandler (Codierer) ordnet einen Code einem 6.2.4 Multiplexer und Demultiplexer
anderen Code zu. Er setzt einen Quellcode in einen Multiplexer und Demultiplexer sind „elektronische
Zielcode um, er ist praktisch ein „Übersetzer“. Schalter“, die Eingangsinformationen verschiedener
Datenleitungen auf einen Ausgang (Multiplexer) oder
 Beispiel: Um einen Gray/BCD-Codierer zu entwerfen, wird eine Eingangsinformation auf verschiedene Aus-
Quell- und Zielcode in einer Wertetabelle gegenübergestellt. Für gangsdatenleitungen (Demultiplexer) schalten. Wel-
jede Stelle muß dann ein KV-Diagramm benutzt und die Glei-
che Leitungen durchgeschaltet werden, bestimmt die
chung ermittelt werden. Anschließend ist aus der Gleichnung die
Schaltung zu zeichnen (Bild I-56). Steuerung des „Schalters“ (Bild I-58).
Multiplexer Demultiplexer

6.2.3.2 1-aus-n-Decoder
Wie aus der Wertetabelle (Bild I-57) hervorgeht,
erhält jeweils ein zugewiesener Ausgang „1“ in
Abhängigkeit einer dualen Eingangsinformation. Q1
Steuerung
schaltet beispielsweise bei der Eingangskombination
A = „1“ und „B“ = 0 auf „1“. Hierbei kann die Schal- Bild I-58 Prinzip
tung um einen zusätzlichen Freigabeeingang erweitert
werden. Ein Steuersignal kann dann den Baustein Aufgabe dieser Bausteine kann es sein, die parallel
aktivieren. Ist der Freigabeeingang F = „0“, sind auch anliegenden Daten eines Sendebausteins über eine
alle Ausgänge „0“. Mit Decodern lassen sich z.B. Leitung zu übertragen und im Empfängerbaustein die
verschiedene Speicherbausteine oder Baugruppen Daten wieder parallel anliegen zu lassen. Dies ge-
anwählen. schieht mittels Zeitmultiplexverfahren, wobei die ent-

B A Funktion B A
Speicher 1
0 0 Speicher 1 angewählt
& Speicher 2
0 1 Speicher 2 angewählt
1 0 Speicher 3 angewählt Speicher 3
1 1 Speicher 4 angewählt & CE Speicher 4

CE
&
CE

& CE

Decoder

Wertetabelle Schaltungen

B A Q0 Q1 Q2 Q3 B A B A

0 0 1 0 0 0 F
& Q0 & Q0
0 1 0 1 0 0
1 0 0 0 1 0
1 1 0 0 0 1 & Q1 & Q1

Schaltzeichen & Q2 & Q2

DEC
& Q3 & Q3
0
0 0 1
G 2
3 3 ohne Freigabe- mit Freigabe-Eingang
1

Bild I-57 1-aus-4-Decoder und Anwendungsbeispiel


I Digitaltechnik 549

sprechenden Datenleitungen zeitlich nacheinander Nach Bild I-60 kann die Schaltung zusätzlich mit
und synchron durchgeschaltet werden. einem Freigabeeingang versehen werden. Bei FE = „1“
gelangt das angewählte Datenbit zum Ausgang Q.
6.2.4.1 Multiplexer Standardbausteine besitzen häufig einen 3-state-
Multiplexer verteilen die Daten D verschiedener Ausgang.
Eingänge, die durch Adressen angewählt werden, auf Ein Anwendungsbeispiel für Multiplexer zeigt das
einen Ausgang Q (Bild I-59). Soll beispielsweise das Prinzip des gemultiplexten Adreß-Datenbusses (Bild
Datenbit von D0 zum Ausgang Q gelangen, muß A0 I-61) auf. Einige Prozessoren und Controller besitzen,
mit „0“ und A1 mit „0“ angewählt werden. Dies wird um Anschlußleitungen einzusparen, so einen Bus.
auch aus der Gleichung deutlich. Die Anzahl der Hierbei werden Adressen und Daten zeitlich nachein-
notwendigen Adreßleitungen ist von der Anzahl der ander auf das Bussystem geschaltet. Die Steuerung
gewünschten Dateneingänge abhängig. nimmt die CPU vor.

Schaltung Schaltzeichen
A1 A0

&
& MUX
A0 0 0
& G
& A1 1 3
D D0 0 D
& D1 1
&
D2 2
D3 3
&
&
D0
D1
D2 Gleichung: Bild I-59
D3 A0 A1 D0 A0 A1 D1 A0 A1 D2 A0 A1 D3 Multiplexer

Schaltung

A1 A0 74LS251
MUX
& EN
& 7
11 0
& 10 G0 5
& 7
9 2 6
Q 4 0
& 3 1
&
2 2
& 1 3
& 15 4
D0 14 5
D1 13 6
D2 12 7
Bild I-60
D3
Multiplexer mit Freigabeeingang und
FE Standardbaustein

MUX
"1" = Adressen EN
G1
"0" = Daten
A0
D0 A0
A1
Adressen A2
D1 A1
A3

D2 A2

D0 D3 A3
D1
Daten D2 Bild I-61
t
D3 Gemultiplexter Adreß-Datenbus
550 Datentechnik

Schaltung Schaltzeichen Gleichungen Bild I-62


Demultiplexer
A1A0

& D0 DX D0 =A0 A1 D
A0 0 0
G D1 =A0 A1 D
& D1 A1 1 3
0 D0 D2 =A0 A1 D
1 D1
& D2 D3 =A0 A1 D
D 2 D2
3 D3
D & D3

6.2.4.2 Demultiplexer 6.3.1 Speicherbausteine


Mit Hilfe von Demultiplexern kann eine Eingangs- 6.3.1.1 Allgemeines Flipflop
information auf verschiedene Ausgänge verteilt wer- Unter Flipflops versteht man Schaltungen, deren zwei
den (Bild I-62). Die erforderlichen Auswahlleitungen Ausgänge immer komplementäre stabile Zustände
(Adressen) sind abhängig von der Anzahl der Aus- aufweisen. Das Ausgangsverhalten selbst wird über
gangs-Datenleitungen. zwei Eingänge beeinflußt. Damit ist die Speicherung
einer binären Information möglich. Bei den, durch
6.3 Schaltwerke
einen Takt gesteuerten Flipflops, wird nach taktzu-
Schaltwerke (Sequentielle Logik) sind Schaltnetze standsgesteuerten und taktflankengesteuerten Flip-
mit einem Speicherverhalten. Die wichtigste Grund- flops unterschieden. Flipflops lassen sich mit NAND-
schaltung ist das Flipflop (bistabile Kippstufe). und NOR-Gattern realisieren.

a b c d
A A A A
0 Q 0 Q 1 Q 1 Q
& 1 & 1 & 0 & 0

Q Q Q Q
B & 1 B & 0 B & 1 B & 1
0 1 0
0 1

Wertetabelle

A B Q Q Bemerkungen
0 0 1 1 irregulär
0 1 1 0
1 0 0 1 Bild I-63
1 1 0 1 Speicherung Funktion eines Flipflops mit NAND-Gattern

+ + +
Q
&
A
Q Q Q
B
Q
&

Q Q
1 1

Bild I-64
0 t 0 t
Prinzip des Prellens
prellen A Speicherung B
und entprellter Schalter
I Digitaltechnik 551

 Beispiel: Flipflop aus NAND-Gattern lassen sich aus NAND- oder NOR-Gattern aufbauen
Ein NAND erzeugt am Ausgang immer eine „1“, wenn mindes-
(Bild I-65).
tens ein Eingang mit „0“ belegt ist. Damit ergeben sich die Aus-
gangszustände Bild I-63 a bis c.
Die Wertetabelle faßt alle Schaltzustände zusammen. Q1 = „1“ 6.3.1.3 Flipflops mit dominierenden Eingängen
und Q2 = „1“ entspricht nicht der Funktion eines Flipflops. Diese
Eingangskombination, die diesen Ausgangszustand hervorruft, ist
Bei Flipflops mit dominierenden Eingängen (Bild
daher logisch „verboten“, sie ist irregulär. Sind die Eingangspegel I-66) können aufgrund der Eingangsbeschaltung irre-
komplementär (ein Eingang „0“ und der andere „1“ oder umge- guläre Zustände an den Ausgängen nicht auftreten.
kehrt), schaltet das Flipflop. Bei „1“ an beiden Eingängen bleibt Das R-Flipflop ist ein RS-FF mit dominierendem
der vorherige Zustand erhalten; man spricht dann vom Speicher-
zustand. Oft werden Schalter oder Taster als Eingabe von digita-
R-Eingang, weil ein Rücksetzen immer bei R = „1“
len Systemen eingesetzt. Hierbei kann es zu Prellen kommen. Der erfolgt, unabhängig vom Zustand an S. Das S-
Kontakt öffnet sich kurzzeitig wieder, und die konkrete Schaltung Flipflop ist ein RS-FF mit dominierendem Setzein-
erkennt mehrere Impulse. Durch Pull-up-Widerstände an den Ein- gang. Unabhängig vom Zustand am R-Eingang wird
gängen ist die Eingangskombination A = „0“ und B = „0“ nicht
möglich. Sobald der Taster gedrückt ist, wird der Zustand gespei-
das Flipflop bei S = „1“ gesetzt. Das E-Flipflop spei-
chert. Bild I-64 zeigt das Prinzip des Prellens und Abhilfe durch chert bei gleichen Eingangszuständen R = S immer.
ein Flipflop.
6.3.1.4 D-Flipflop
6.3.1.2 RS-Flipflop
Mit dem D-Flipflop (Data Latch) läßt sich eine binäre
Beim RS-Flipflop (R = Reset = Rücksetzen, S = Set = Information speichern, solange C = „1“ ist. Irregu-
Setzen) folgt der Ausgang Q immer dem Eingang S. läre Zustände treten nicht auf. Bild I-67 zeigt ein
Die Eingangszustände S = R = „1“ sind „verboten“, D-Flipflop aus NAND-Gattern mit der zugehörenden
und die Speicherung erfolgt bei S = R = „0“. RS-FF’s Wertetabelle und dem Schaltzeichen.

Schaltungen Wertetabelle Schaltzeichen

S R Q Q Q
S & Q R Q S
& 0 0 1 1 Bild I-65
0 1 1 0 RS-Flipflop aus NAND-
1 0 0 1
1 1 0 1 R und NOR-Gattern mit
Q Q Wertetabelle und
&
R & S Schaltzeichen

R-Flipflop S-Flipflop E-Flipflop

S S
S Q & Q & Q

Q Q Q
& R &
R R

S R Q Q Q S R Q Q Q S R Q Q Q
S S1 S1 Bild I-66
0 0 Q Q 0 0 Q Q 0 0 Q Q
0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 Flipflop mit
1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 dominierenden
1 1 0 1 1R 1 1 1 0 R 1 1 Q Q R1
Eingängen

Schaltung Wertetabelle Schaltzeichen

D
& Q C D Q Q
& Q
0 0 Q Q 1D
0 1 Q Q
1 0 0 1
Q 1 1 1 1 C1
C &
&

& Bild I-67


D-Flipflop
552 Datentechnik

Impulszeitdiagramm steigenden oder abfallenden Flanke des Clock- bezie-


hungsweise Taktsignals übernommen werden. Von
Übernahme der "1"
Übernahme der "0"
einem taktzustandsgesteuertem Flipflop spricht man,
D 1 wenn die Daten nur bei C = „1“ oder C = „0“ über-
nommen werden. D-Flipflops werden für kurzzeitige
0 t Speicheroperationen eingesetzt. Hierbei werden die
C 1 an den D-Eingängen anliegenden Informationen mit
dem Takt übernommen. Der Takt bestimmt damit den
0 t Zeitpunkt der Datenübernahme (Bild I-69).
Q1
6.3.1.5 JK-Flipflop
0 t
t
Erweitert man das RS-FF nach Bild I-70 durch zwei
d UND-Gatter und entsprechender Rückkopplung, wer-
Bild I-68 Impulsdiagramm den unzulässige Eingangskombinationen verhindert.
Die entgegengesetzten Zustände an den Eingängen J
Da das Flipflop das Eingangssignal verzögert, spricht und K werden beim nächsten Takt übernommen. Ist J
man auch von einem Delay-Flipflop (siehe Impuls- = K = „0“, ändert sich der Ausgang nicht, und bei J =
diagramm Bild I-68). Soll der Zustand vom Daten- K = „1“ schaltet das Flipflop mit jedem Takt um.
eingang in Abhängigkeit einer Flanke übernom- Hierbei wirkt das Flipflop dann wie ein T-Flipflop.
men werden, spricht man vom einflankengesteuerten 6.3.1.6 Master-Slave-JK-Flipflop
D-Flipflop. Der Eingangswert kann mit der an-
Das Master-Slave-JK-Flipflop (Bild I-71) ist ein
taktzustandsgesteuert taktflankengesteuert zweiflankengesteuertes Flipflop, weil es bei anstei-
gender oder abfallender Flanke die Eingangsinfor-
mation aufnimmt und speichert und mit der zur Ein-
Q Q 1D Q gangsübernahme komplementären Flanke die Infor-
1D 1D
mation zum Ausgang weiter schaltet. Es besteht
immer aus zwei JK-Flipflops, dem Master (Herr) und
C1 C1 C1 dem Slave (Diener). Das Zeichen an den Ausgängen
deutet einen retardierenden Ausgang an. Dies bedeu-
tet nach DIN 40700, daß der Zustandswechsel des
Flipflops an den Ausgängen erst dann wirksam wird,
wenn die Eingangsvariable zu ihrem ursprünglichen
Bild I-69 Taktgesteuerte Flipflops Wert zurückgekehrt ist.

RS-Flip-Flop JK-Flip-Flop

S Q Q Q Q
& S 1S & S 1J
J
C C1 C C1
K
& R 1R & R 1K
R

Bild I-70 JK-Flipflop

Prinzip Schaltzeichen Wertetabelle

Q Q J K Q
1J 1J 1J 0 0 Q
0 1 0
C1 C1 C1
1 0 1
1K 1K 1K 1 1 Q

1 Bild I-71
Master-Slave-Prinzip
I Digitaltechnik 553

Bild I-72 beschreibt die Funktion und zeigt die Aus- C C


wirkung der Eingangsbeschaltung auf den Ausgang
Q. Das Master-Slave-Flipflop übernimmt bei der t t
ansteigenden Flanke die Eingangsinformation. Wäh- J J
rend dieser Zeit ist der Slave gesperrt und gibt bei ab-
fallender Flanke die Information – hier sperrt das
t t
Master-FF – an den Slave weiter. K K

1
t t
Q Q
Schwelle 2

t t

Schwelle 1 Bild I-73 Impulsdiagramm


0 t
6.3.1.7 T-Flipflop
Slave wird gesperrt Slave öffnet
Master öffnet Master sperrt Das T-Flipflop (Trigger-Flipflop, Toggle-Flipflop) ist
flankengesteuert und besitzt nur den Takteingang. Es
Bild I-72 Zeitverhalten des Master-Slave-JK-Flipflop schaltet wie das JK-Flipflop bei der Eingangskombi-
nation J = „1“ und K = „1“ jeweils mit der Taktflanke
Betrachtet man die Auswirkung des Clock-Signals in die Ausgangszustände um (Bild I-75). T-Flipflops
einer zeitlichen Reihenfolge, so ergeben sich die werden in Zähler- und Teilerschaltungen eingesetzt.
dargestellten Zustände im Master-Slave-JK-FF. Jeweils
beim Überschreiten der Schwelle 1 und 2 laufen die 6.3.2 Grundschaltungen aus Speicherbausteinen
dargestellten Reaktionen ab. Mit der ansteigenden
6.3.2.1 Register
Flanke wird der Slave gesperrt, und der Master kann
die Eingangsinformation übernehmen, um sie mit der Register sind aus Speicherbausteinen zusammenge-
abfallenden Flanke zum Slave zu bringen. Während setzte Einheiten. Man unterscheidet hierbei allgemei-
dieser Zeit ist der Master gesperrt. Bild I-73 verdeut- ne Register, die zur kurzzeitigen Speicherung kleiner
licht diesen Zusammenhang mit dem Impulszeitdia- Datenmengen wie 8-, 16- oder 32-Bit-Datenworte
gramm, und Bild I-74 zeigt die Anschlußbelegung dienen, und Schieberegister, die die gespeicherte
von drei gängigen Standardbausteinen. Information jeweils mit einem Takt weitergeben. Mit

74LS74 74LS73 74LS109

4 S 5 14 1J 12 5 S 6
2 1J
3 C1 1 C1 4 C1
2 1D 6 3 1K 13 3 1K 7
1 R 2 R 1 R
11 S
10 S 9 7 1J 9 10
14 1J
11 C1 5 C1 12 C1
12 1D 8 10 1K 8 13 1K 9
13 R 6 R 15 R
7 GND 11 GND 8 GND Bild I-74
14 VCC 4 VCC 16 VCC Standardbausteine

T-Flipflop Impulszeitdiagramm Bausteine mit gleichen Eigenschaften


C +

Q 1J Q 1D Q
t
C T Q C C1 C C1
1K
t

Bild I-75 T-Flipflop mit Impulsdiagramm und funktionsgleiche Bausteine


554 Datentechnik

dem Taktsignal (C = Clock) werden die Daten in unterscheiden sich die Betriebsarten der Schieberegi-
das Register eingegeben, und mit OE (Output En- ster. Ist ein Ausgang mit dem Eingang verbunden,
able) können die gespeicherten Daten freigegeben spricht man vom Ringschieberegister. Im Bild I-77 ist
werden. ein Schieberegister für die parallele Eingabe darge-
stellt. S und R sind zusätzliche Vorbereitungsein-
6.3.2.2 Schieberegister gänge. Die Ansteuerung verhindert das gleichzeitige
Schieberegister bestehen aus hintereinander geschal- Anstehen von Setz- und Rücksetzsignal und läßt die
teten D-Flipflops oder JK-Flipflops mit untereinander parallelen Daten nur mit dem Freigabeeingang zu.
verbundenen Takteingängen. Sie geben die gespei- Register mit seriellem Dateneingang und parallelen
cherte Information jeweils mit einem Takt von Flip- Datenausgängen bezeichnet man auch als Serien-
flop zu Flipflop weiter. Bild I-76 zeigt eine mögliche Parallel-Umsetzer und Register mit parallelen Ein-
Schaltung und beschreibt die Funktion mit dem gängen und seriellem Datenausgang als Parallel-
Impulszeitdiagramm. Serienumsetzer.
Zur Verdeutlichung sind die Pegel-Ausgänge Q0 bis Im Bild I-78 sind zwei Standardbausteine für eine
Q3 gesondert herausgeführt. Das Datenbit liegt am serielle Übertragung zusammengeschaltet. Die anlie-
Eingang D an und wird mit dem 1.Takt übernommen. genden parallelen Daten werden geladen und mit
Damit wird Q0 „1“. Mit dem nächsten Takt wird „0“ jedem Takt über eine Leitung dem Baustein 74164
von D übernommen, und die „1“ von Q0 gelangt nach zugeführt. Dieser Baustein stellt nach 8 Takten das
Q2. Nach dem 5. Takt ist das Schieberegister „leer“. eingegebene Datenwort wieder zur Verfügung. In der
Man unterscheidet Schieberegister nach ihrer Länge Mikroprozessortechnik sind solche parallel/seriell-
und ihrer Betriebsart. Je nach Datenein- und ausgabe und seriell/parallel-Wandler Bestandteile von Inter-
(seriell, parallel) und Schieberichtung (links, rechts) faceschaltungen.
parallele Ausgabe
Q0 Q1 Q2 Q3
serielle Eingabe
Q Q Q Q
D 1J 1J 1J 1J
C1 C1 C1 C1
Q Q Q Q
& 1K 1K 1K 1K

C
Serien-Parallel-Umsetzer

C Q0 Q1 Q2 Q3

t t+1
D

t t+2
Q0
1
t t+3
Q1
1
t t+4
Q2
1
t
Q3
1
t Bild I-76
Impulszeitdiagramm Schieberegister

parallele Ausgabe
D0 D1 D2 D3
EN
& & & &
serielle
Ausgabe
S S S S
1J 1J 1J 1J Q
C1 C1 C1 C1
1 1K 1K 1K 1K
R R R R
T
Bild I-77
R Parallel-Serien-Register
I Digitaltechnik 555

parallel/seriell seriell/parallel

SRG8 SRG8
G1(Shift) C1/
G2(Load) R
serielle
C3/ Übertragung
+ 0 1 1
1D 1

0 3D 1 0 0 0 0 0 1 1
Parallele Eingabe

Parallele Ausgabe
1 2D 1 1 0 0 0 0 1 1

1 2D 1 1 0 0 0 0 1 1

1 1 1 0 0 0 0 1 1

1 1 1 0 0 0 0 1 1

1 1 1 0 0 0 0 1 1

1 1 1 0 0 0 0 0 1

1 1 1 1 0

Laden

nach 1. Schieben
°
°
°
nach 7. Schieben
nach 8. Schieben
Bild I-78 Schieberegisteranwendung

6.3.2.3 Frequenzteiler Schaltung


+
Frequenzteiler erzeugen nach z Impulsen an ihrem &
Eingang einen Ausgangsimpuls und teilen somit die
Eingangsfrequenz durch z. Sie bestehen aus Flipflops, 1J 1J 1J D
die hintereinander geschaltet sind und deren Ausgang C C1 C1 C1
1K 1K 1K
Q jeweils das nachfolgende Flipflop ansteuert. Jedes R R R
Flipflop teilt im Verhältnis 2:1. Mit vier Flipflops läßt
sich ein Teilerverhältnis von 24 = 16 realisieren. Zäh-
ler und Teiler bestehen aus gleicher Hardware mit
Impulsdiagramm
unterschiedlicher Signalauswertung. Der Teiler besitzt
immer einen Eingang und einen seriellen Ausgang, C 1 2 3 4 5
während der Zähler seine Information als paralleles
Wort ausgibt. Durch entsprechende Verknüpfungen t
lassen sich ungeradzahlige Teilerverhältnisse realisie- QA
ren. Daher wird auch nach geradzahligen und unge-
radzahligen Teilern unterschieden. Bild I-79 gibt die
t
Schaltung eines 5 zu 1-Teilers wieder.
Nach dem 5. Impuls erfolgt eine Rücksetzung über QB
das NAND-Gatter, um mit Rückstellung aller Flip-
flops neu zu beginnen. Will man das Impulspausen- t
verhältnis gleich machen, dann muß am Ausgang D D 1
ein zusätzliches Flipflop eingesetzt werden. Ein
Anwendungsbeispiel ist in Bild I-80 dargestellt. Aus t
einem Rechteckgenerator gewinnt man durch zwei
Teilerbausteine unterschiedliche Frequenzen. Bild I-79 Frequenzteiler 5:1
556 Datentechnik

Bild I-80
74LS90 74LS90 Zählerbausteine als Frequenzteiler
CTR CTR
& 7CT0 & 7CT0

G7 G7

G + DIV2 + DIV2

0 0
+ CT + CT
2 2
DIV5 DIV5

1000Hz 500Hz 100Hz 20Hz 10Hz

6.3.2.4 Zähler Frequenzteiler Zähler“. Ist nach dem n-Zählimpuls der Zustand Null
Zähler gehören zu den Grundbausteinen der Digital- erreicht, bezeichnet man den Zähler allgemein als
technik. Sie werden z.B. zum Zählen von Stückzah- „Modulo-n-Zähler“. Zähler lassen sich nach der Zähl-
len, Zählen von Umdrehungen eines Motors oder richtung als Vorwärts- oder Rückwärtszähler, nach
Zählen einer Zeiteinheit eingesetzt. Die Impulse zur der Zahlendarstellung, z.B. als BCD- oder Dualzähler
Ansteuerung des Zählers liefert eine Zeitbasis oder und nach Art der Taktansteuerung als Asynchron-
unterschiedliche Sensoren. Die Eigenschaft des oder Synchronzähler einteilen. Bild I-81 zeigt einen
Zählers, zu addieren oder zu subtrahieren (immer 1) universellen Standardbaustein.
und zu speichern, läßt sich mit Flipflops erreichen.
6.3.2.4.1 Asynchroner Zähler
Die gezählten Impulse erscheinen an einem Parallel-
ausgang. Die Zählerkapazität ist von der Anzahl n der Bei einem Asynchronzähler wird der Takt nur dem
Flipflops abhängig. Dabei gilt als maximale Zähler- ersten Flipflop zugeführt. Die nachfolgenden Stufen
kapazität Kmax = 2n. Ein Zähler aus 4 Flipflops hat werden jeweils von der Vorstufe gesteuert. Im Bild
somit Kmax = 16. Er erreicht nach 16 Zählimpulsen I-82 wurden zum Aufbau eines Vorwärtszählers JK-
wieder Null. Man spricht von einem „Modulo-16- Flipflops eingesetzt. Die Arbeitsweise der Flipflops

4510B 4510B
CTRDIV10 TC 7
15 1,2 + / 1,2 –
40 0 6
10 M2
5 G1 12 1 Lade- Vor- 1 11
1 C3 Rückwärts-
9 R 13 2 schaltung Zähler
2 14

4 3D 6 33 3 2

12 11 1PL CP CE Reset
15
10 UP/DN
13 14 5 Bild I-81
3 2
9 Universalzähler
1,2CT = 9 7
1,2CT = 0

Schaltung Schaltbild

Q0 Q1 Q2 Q3 CTR DIV16
+ + + + C

1J 1J 1J 1J + Q0
C C1 C1 C1 C1
+ Q1
1K 1K 1K 1K
+ Q2
Bild I-82
+ Q3
Asynchronzähler
I Digitaltechnik 557

Impulsdiagramm

C 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 1 2 3 4

t
QA

t
QB

t
QC

QD
Bild I-83
Impulsdiagramm
t des Asynchronzählers
Asynchronzähler Rückwärtszähler
Schaltung Schaltbild

CTR DIV16
Q0 Q1 Q2 Q3 C

– Q0
1J 1J 1J 1J
C C1 C1 C1 C1 – Q1
1K 1K 1K 1K – Q2
– Q3

Impulsdiagramm

C 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 111213 14 15 16 1 2 3 4

t
QA

t
QB

t
QC

t
QD

Bild I-84
t Rückwärtszähler und Impulsdiagramm
558 Datentechnik

entspricht der von T-Flipflops, da J = K = „1“ an- Bild I-85 zeigt eine mögliche Umschaltung für die
liegt. Zählrichtung.
Geht man davon aus, daß vor Einsetzen des ersten Die asynchrone Schaltung hat den Nachteil, daß
Taktes an den Ausgängen Q0 bis Q3 „0“ anliegt (Bild falsche Ausgangszustände bei höheren Frequenzen
I-83), wird mit der abfallenden Flanke des 1. Taktes auftreten, weil hier Verzögerungszeiten eine Rolle
Q0 auf „1“ und mit der abfallenden Flanke des nach- spielen. Beispielsweise können beim Übergang von 3
folgenden Taktes Q0 auf „0“ gesetzt. Da der Ausgang nach 4 noch die Zustände 2 und 0 (Bild I-86) oder
Q0 als Takt für das nachfolgende Flipflop wirkt, beim Übergang von 7 nach 8 die Zustände 6, 4 und 0
schaltet Q1 mit der abfallenden Flanke von Q0 auf auftreten.
„1“. Nach dem 7. Impuls liegt am parallelen Ausgang
6.3.2.4.2 Asynchroner BCD-Vorwärtszähler
der Schaltung die Binärfolge 0111 unter Berücksich-
tigung der Wertigkeiten Q0 mit 20 = „1“, Q1 mit 21 = Der asynchrone Dualzähler (Bild I-87) kann als
„1“, Q2 mit 22 = „1“ und Q3 mit 23 = „0“ an. Nach BCD-Zähler arbeiten, wenn nach der 9 die Rückstel-
dem 16. Impuls sind alle Ausgänge „0“, und der lung auf 0 erfolgt.
Vorgang wiederholt sich. Damit handelt es sich um Dies erreicht man durch eine Auswertschaltung. Der
einen Modulo-16-Zähler. Zählerstand 10 wird zum Rückstellen benutzt (Bild I-
Der Rückwärtszähler unterscheidet sich vom Vor- 88). Da die RESET-Schaltung (hiermit werden alle
wärtszähler schaltungstechnisch durch die Steuerung Flipflop-Ausgänge auf „0“ gesetzt) Low-aktiv ist,
der einzelnen Flipflops, wie dies in Bild I-84 darge- genügt ein NAND mit Anschluß an die Ausgangs-
stellt ist. Im Gegensatz zum Vorwärtszähler erhält wertigkeiten 23 = Q3 und 21 = Q1. Um ein korrektes
das jeweils nachfolgende Flipflop seinen Zustand von Rücksetzen zu erreichen, ist in der Praxis eine Verzö-
/Q. Damit kehrt sich die Zählrichtung entsprechend gerung notwendig. Hier wird das durch die Laufzeit
um. zweier Gatter realisiert.

Umschaltlogik Schaltbild

CTR DIV16
+ + C1+/2-
M1
1J M2
& 1J
C C1 & C1 +– Q0
1K 1K
& +– Q1
+– Q2 Bild I-85
S & +– Q3
Schaltung zur
Zählerumkehr

0011 = 3
C
1 2 3 4 5 6
t
QA

t
QB

t
QC

t
QD

0010 = 2
0000 = 0 Bild I-86
0100 = 4 Fehler durch Signallaufzeiten
I Digitaltechnik 559

Q0 Q1 Q2 Q3
+ + + + &

1J 1J 1J 1J
C C1 C1 C1 C1
1K 1K 1K 1K
Bild I-87
& & Asynchroner
BCD-Vorwärtszähler

Impulsdiagramm

C 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 1 2 3 4

t
QA

1 0
t
QB

0 0
t
QC

0 0
t
QD
Bild I-88
Impulsdiagramm des BCD-
1 0 Zählers
t

6.3.2.4.3 Synchroner Dual-Vorwärts-1-Zähler schaltet. Hilfreich ist es hierzu, die Zustände der
Flipflops vor und nach dem Taktimpuls zu betrachten
Bei den synchronen Zählern werden die Takteingän-
und jeweils das Flipflop an der Stelle zu kennzeich-
ge aller FFs gleichzeitig (synchron) angesteuert, und
nen, wo eine Umschaltung erfolgen muß. Mit dieser
alle Ausgangszustände ändern sich ebenfalls gleich-
Überlegung kann dann durch Verknüpfung entschie-
zeitig. Sie sind daher gegenüber Asynchronzählern
den werden, ob J = K = „1“, das heißt das Flipflop
schneller. Bei der Realisierung mit JK-Flipflops
durch den Eingangstakt schalten soll. Bild I-89 zeigt
werden die Vorbereitungseingänge entsprechend ge-
eine Tabelle mit der entsprechenden Kennzeichnung
durch Pfeile.
Q3 Q3+1 Q2 Q2+1 Q1 Q1+1 Q0 Q0+1
Da das FF1 hiernach mit jedem Takt umschalten
0 0 0 0 0 0 0 1 muß, wird J = K auf „1“ gelegt. Das FF2 muß jedes-
0 0 0 0 0 1 1 0 mal schalten, wenn auch Q0 schaltet. Alle Gleichun-
0 0 0 0 1 1 0 1
0 0 0 1 1 0 1 0
gen sind nachfolgend aufgeführt. Das schaltungstech-
0 0 1 1 0 0 0 1 nische Umsetzen der nachfolgenden Gleichungen
0 0 1 1 0 1 1 0 führt zur Schaltung Bild I-90.
0 0 1 1 1 1 0 1
0 0 1 0 1 0 1 0 Gleichungen:
1 1 0 0 0 0 0 1
für FF1: J=K=1
1 1 0 0 0 1 1 0
1 1 0 0 1 1 0 1 für FF2: J = K = Q0
1 1 0 1 1 0 1 0 für FF3: J = K = Q0 Q1
1 1 1 1 0 0 0 1 für FF4: J = K = Q0 Q1 Q2
1 1 1 1 0 1 1 0
1 1 1 1 1 1 0 1 6.3.2.4.4 Zähler für mehrere Decaden
1 1 1 0 1 0 1 0 Sollen mehrere BCD-Zähler zusammengeschaltet
Bild I-89 Tabelle zur Realisierung des Synchronzäh- werden, kann das asynchron oder synchron vorge-
lers BCD-Zähler nommen werden. In der Praxis bevorzugt man die
560 Datentechnik

Schaltung

Q0 Q1 Q2 Q3

& &
1J 1J 1J 1J
C C1 C1 C1 C1
1K 1K 1K 1K
R R R R
Bild I-90
Synchronzähler

Stelle 101 Stelle 100 Stelle 101 Stelle 100

CTR DIV10 CTR DIV10 CTR DIV10 CTR DIV10


G1 G1 G1 G1
0 0 0 0
1+ 1+ 1+ 1+
CT CT CT CT
3 3 3 3 Bild I-91
CT = 0 CT = 0 CT = 0 CT = 0
Asynchroner und
C C
synchroner Zähler für
asynchron synchron zwei Stellen

synchrone Zusammenschaltung, weil hier keine Ansteuerung mit einem L-Pegel. Dieser erzeugt einen
Zwischenzustände auftreten können. Im Beispiel Bild H-Impuls am Ausgang G1 und – weil C zunächst als
I-91 ist einmal die asynchrone und die synchrone Kurzschluß wirkt (der Kondensator ist nicht geladen) –
Zusammenschaltung dargestellt. Bei der synchronen damit einen L-Pegel am Ausgang G2. Nach Öffnen des
Zusammenschaltung werden beide Zählerbausteine Tasters wird dieser Zustand solange beibehalten, bis
gleichzeitig vom Takt angesteuert. Mit G1 = „0“ ist der Kondensator C sich aufgeladen und am Eingang
der Zähler jeweils gesperrt. von G2 L-Pegel anliegt. Damit erhält der Ausgang G2
H-Pegel und der Ausgang G1 wieder L-Pegel. Die
6.4 Sonderschaltungen stabile Lage ist wieder erreicht. Die Zeitdauer des L-
Pegels am Ausgang G2 entspricht der Zeit ti und hängt
6.4.1 Monoflops
von der Zeitkonstanten R ⋅ C ab. Die stabile Lage des
Monostabile Kippstufen oder Monoflops besitzen NOR-Monoflops wird durch einen kurzen H-Impuls
eine stabile Lage und können durch einen Steuerim- unterbrochen. Da der Kondensator C zuvor nicht gela-
puls für eine bestimmte Zeit ti in eine instabile Lage den war (der Ausgang G1 führte H-Pegel und der Ein-
versetzt werden und an einem Ausgang einen Impuls gang G2 über R1 ebenfalls), ergibt der H-Impuls am
liefern. Hierbei kann je nach Schaltungsdimensionie- Eingang ein L am Ausgang G1 und damit ebenfalls am
rung eine Impulsverlängerung oder Impulskürzung Eingang G2. Der H-Impuls im Rückkopplungszweig
erfolgen (Bild I-92). Der Ausgangsimpuls ist nur von hält diesen Zustand solange aufrecht, bis der Konden-
den Daten des Monoflops und nicht von der Dauer sator C über R1 aufgeladen die Schaltspannung erreicht
des Steuerimpulses abhängig. hat und am Ausgang wieder einen L-Pegel erzeugt. Die
Im Bild I-93 sind zwei Monoflops als Beispiel mit un- Ansteuerung von Monoflops erfolgt über Differenzier-
terschiedlichen Grundgattern aufgeführt. Das NAND- glieder. Das Bild I-93 zeigt zwei Beispiele, die je nach
Monoflop verläßt seine stabile Lage bei einer kurzen gewünschter Steuerflanke gewählt werden können.

Schaltzeichen Impulsverlängerung Impulskürzung

A A
Q
A 1 t t
ti
Q Q Q

t t
ti ti ti ti
Bild I-92 Monoflop und Betriebsarten
I Digitaltechnik 561

+ +

G1 C G2 G1 C G2
& &

R R

Ansteuerungsmöglichkeiten
+

& &
Bild I-93
Monoflops aus Grund-
gattern und Ansteuer-
möglichkeiten

In der Praxis setzt man integrierte Bausteine ein (Bild 6.4.2 Astabile Kippstufen Monoflop
I-94). Die entsprechende Zeit ti wird durch externe Astabile Kippstufen sind Rechteckgeneratoren und
Beschaltung mit einem Widerstand R und einem Bestandteil vieler digitaler Schaltungen. Sie dienen
Kondensator C festgelegt, wobei die Werte den als Zeitbasis digitaler Meßgeräte, als Taktoszillator
Datenbüchern der Hersteller entnommen werden für ein Controller- oder Prozessorsystem oder werden
können. Durch die vorhandenen Eingänge sind unter- als Baudratengenerator eingesetzt. Sie können mit
schiedliche Triggermöglichkeiten vorhanden. Man Hilfe von Gatterschaltungen aufgebaut werden. Bild
unterscheidet nichtretriggerbare und retriggerbare I-95 zeigt eine Schaltung mit einem Schmitt-Trigger,
Monoflops. Bei der nichtretriggerbaren Stufe ergeben dem zugehörenden Impulsdiagramm und zwei weite-
sich bei erneuter Ansteuerung durch einen Impuls re mögliche Schaltungen. Liegt am Ausgang L-Pegel,
während der aktiven Zeit ti keine Ausgangsänderun- kann sich der Kondensator über R entladen. Bei
gen. Der Baustein 4528B besitzt zwei retriggerbare Unterschreiten der Einschaltschwelle am Eingang des
und rücksetzbare Monoflops. Schmitt-Trigger nimmt der Ausgang Q H-Pegel an,
+
11 74121
10 R
3 6
&
4 1
5 1

&
1

4528B
2 +
1
6 R
5
1
4 C
7

3
14
15 1
10
11
1
12
9

13 Bild I-94 Integrierte Monoflops


562 Datentechnik

UC
R V
1,6
0,8
t
UQ
Q V
5,0
C
t

R R1
& Q1
G1 G2 C2
1 1
C R2 C1
Bild I-95
& Q2
Generatorschaltungen

und C kann über R wieder aufgeladen werden, bis die gen. Als Beispiel dient der Baustein 4060B. Er be-
Ausschaltschwelle erreicht ist, um an Q wieder einen steht aus einem Generator und einem sich anschlie-
L-Pegel zu erzeugen. Die Frequenz der Ausgangs- ßenden Teiler. Zu seiner Funktion brauchen nur
spannung ist von der Zeitkonstante tau = R ⋅ C ab- wenige externe Bauelemente zugefügt werden (Bild
hängig. I-96). Seine Oszillatorfrequenz läßt sich bis 214
Zum Einsatz kommen auch hier integrierte Schaltun- teilen. Dies hängt vom gewählten Ausgang ab.

MR MR 4060B
4060B 4060B CTR14
9 Cx
11 & & 11 & & 10 Rx +
11 3 7
10 9 10 9 &
12 5
100k CT = 0 4
R
C 6
14
CT
2,2k 13
9 15
1 11 1
f= 2
100pF 2,3 * R * C
13 3
22..37pF
nach Datenbuch der Firma Philips
Bild I-96 Standardbaustein mit Taktgenerator

II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik

1 Allgemeines kostengünstiger. IC’s lassen sich nach Kriterien wie


Integrationsdichte, Funktion und Technologie einord-
Integrierte Schaltkreise (Integrated Circuit, IC) beste- nen. Bei der Integrationsdichte wird beispielsweise
hen aus einer großen Anzahl von Transistorfunktio- nach SSI (Small Scale Integration), MSI (Medium
nen, die auf einem Halbleiterkristall (Chip) integriert Scale Integration), LSI (Large Scale Integration) und
sind. Der Chip ist in einem Kunststoff- oder Kera- VLSI (Very Large Scale Integration) unterschieden.
mikgehäuse eingebaut. Über Anschlüsse (Pin’s) Die Grenzen zwischen den Gruppen sind fließend
erfolgt die Verbindung zur Schaltung. Mit Hilfe und nicht einheitlich festgelegt.
moderner Herstellungsverfahren wird die Integra- Digitalschaltungen (Logik- und Speicherschaltungen)
tionsdichte dieser Schaltungen immer größer und die werden in bipolarer oder unipolarer Technik herge-
entsprechenden Chips kleiner, leistungsfähiger und stellt. Bei den bipolaren Logikschaltungen wird nach
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 563

Digitale integrierte Schaltungen

Standard Logik ASIC Prozessoren Speicher

PLD Gate Array Cell Array

TTL ECL CMOS BiCMOS PROM PLA FPGA PAL GAL

Bild II-1 Übersicht: Integrierte digitale Schaltungen

TTL (Transistor-Transistor-Logic) und ECL (Emitter Fußbodenbeläge und ein Handgelenkband mit Erdung
Coupled Logic) unterschieden, bei den unipolaren über einen Ableitwiderstand. Die Werkzeuge müssen
Logikschaltungen nach MOS (Metal Oxide Silicon) ebenfalls aus einem antistatischen Material bestehen
und CMOS-Typen (Complementary MOS). Sind bzw. leitend sein. Alle Geräte für Reparaturzwecke
beide Technologien auf einem Chip realisiert, spricht sind zu erden. Dies gilt beispielsweise auch für einen
man von BiCMOS-Technik. Lötkolben, dessen Erdung über einen Widerstand
Außer den zuvorgenannten Standardschaltungen bie- durchgeführt wird. Bei hoher Arbeitsfrequenz der
ten die Hersteller anwendungsspezifische Schaltun- Bauelemente gelangen beim Umschalten Stromspit-
gen (ASIC = Application Specific IC) an, die sich zen auf die Betriebsspannungsleitung. Bei der Schal-
nach vollkundenspezifischen (full custom) und halb- tungsentwicklung muß daher gesorgt werden, daß alle
kundenspezifischen (semi custom) Schaltungen unter- Spannungsversorgungen direkt am Versorgungsan-
scheiden. Hierunter versteht man vor allem Gate schluß des IC’s durch einen Kondensator abgeblockt
Arrays, Cell Arrays und PLD’s (PLD = Programma- sind. Um die Einkopplung von Fremdsignalen zu
ble Logic Device). Unter einem Array versteht man vermeiden, ist es weiterhin notwendig, daß keine
allgemein eine Matrix, die verknüpft werden kann. langen Leiterbahnen bei der Entwicklung eines Lay-
Bild II-1 zeigt eine Übersicht digitaler integrierter outs verlegt werden.
Schaltkreise. Speicher und Prozessoren sind in ge-
sonderten Kapiteln aufgeführt.
3 Daten und Begriffe
2 Umgang mit integrierten Schaltungen der Logikschaltungen
IC’s sind elektrostatisch gefährdete Bauelemente
3.1 Grenz- und Kenndaten
(EGB). Sie müssen daher geschützt werden. Der Grenzdaten sind absolute Grenzwerte. Bei Über-
Hersteller versieht diese Bauteile mit einem beson- schreitung dieser Werte kann die integrierte Schal-
deren Kennzeichen (Hand als Piktogramm). Bei tung zerstört werden. Kenndaten sind Mittelwerte, die
MOS-Schaltungen ist eine Schutzschaltung häufig durch Angabe eines garantierten Streubereiches
integriert. Trotzdem kann es zur Zerstörung der (worst case) ergänzt wurden.
Bauteile bei Berührung der Bausteinanschlüsse durch
elektrostatische Entladungen kommen, wenn nicht 3.2 Pegel
besondere Regeln beim Umgang mit diesen Bau- H- und L-Pegel sind bestimmten Spannungsbereichen
elementen beachtet werden. Hierzu zählen Schutz- zugeordnet, die eingehalten werden müssen, um die
maßnahmen am Arbeitsplatz wie hochohmig leitende logische Funktion zu gewährleisten. Für Ein- und

Bild II-2
Pegelwerte und
Störabstand
564 Datentechnik

Ausgang einer Schaltung gelten unterschiedliche tung zwischen zwei Gattern bei unterschiedli-
Pegelwerte. Bild II-2 veranschaulicht dies am Bei- chen Pegeln ist in Bild II-4 deutlich hervorgehoben.
spiel eines Standard-TTL-Bausteins. Die Schaltung Häufig liegen die gemessenen Stromwerte weit un-
erkennt „L“ von 0 ... 0,8 V (UIL) und „H“ von ter den maximal zulässigen Werten. Da IQL max
2 V ... 5 V (UIH). Liefern muß die Schaltung für „L“ 16 mA beträgt, dürfen unter worse case-Bedingun-
0 ... 0,4 V (UOL) und für „H“ 2,4 V ... 5 V (UQH) gen höchstens 10 Gattereingänge einen Ausgang
(siehe auch Tabelle II-1). Der Bereich zwischen „L“ belasten. Die Ausgangsbelastung (Ausgangslast-
und „H“ ist nicht definiert. Man spricht hier auch von faktor) nennt man Fan Out. Hiermit wird ausgesagt,
dem „verbotenen Bereich“. mit wieviel Lasteinheiten ein Ausgang belastet wer-
In Datenbüchern wird häufig die Übergangskennlinie, den darf. Für Standard-TTL gilt ein Fan out von 10
also die Abhängigkeit der Spannung UO (U Output) und für CMOS ein Fan out von 50. Sollen mehr als
von UI (U Input), angegeben (Bild II-3). Die Schraf- 10 Eingänge an einen Standard-TTL-Ausgang ange-
fierung kennzeichnet hier den verbotenen Bereich. schlossen werden, müssen Treiberstufen eingesetzt
Mit der angegebenen Meßschaltung kann diese Kenn- werden.
linie statisch aufgenommen werden.

Übertragungskennlinie Meßschaltung
UO TTL
V
5

4
& &
3
2,4 V UI V UO
2

1
0,4
UI
0
V
0 1 2 3 4 5 Bild II-3
0,8 2 Übertragungskennlinie und Meßschaltung

3.3 Störsicherheit +U +U

Unter statischer Störsicherheit versteht man die IOH


Sicherheit gegen eingekoppelte Störspannungen,
deren Einwirkung zeitlich größer als die Gatterlauf-
zeit ist. Man spricht hier auch vom Störabstand.
Störspannungen bis zur Größe des Störspannungs- IIH
abstandes haben keinen Einfluß auf die logische
Funktion der Schaltung. Bei Standard-TTL beträgt IIL
der statische Störspannungsabstand 1,2 V (siehe Bild IOL
II-2).Unter dynamischer Störsicherheit versteht man
die Sicherheit gegen Störspannungen mit kürzeren
Zeiten als die Gatterlaufzeit. Die Werte des dynami-
schen Störabstandes sind von der Dauer des Störim- H L H
pulses, der Temperatur und der jeweiligen Schaltung & A &
abhängig. IIL
L H L
3.4 Lasteinheit & A &
IIH
Um die Pegelwerte einhalten zu können, darf das
Gatter nur vorgegebenen Belastungen ausgesetzt sein. Bild II-4 Stromrichtung zwischen den Gattern und
Jeder Eingang eines Gatters belastet das vorherige Kennzeichnung der Ströme
Gatter. Bei Standard-TTL fließt bei L ein maximaler
Strom von 1,6 mA aus dem Gatter (IIL = – 1,6 mA). 3.5 Temperaturbereich
Diese Stromgröße wird mit Fan IN = 1 (Eingangs- Bei der Angabe des Temperaturbereichs wird zwi-
lastfaktor FI) bezeichnet. Bei H fließt ein max. Strom schen Lagerungstemperatur und zulässiger Umge-
von 40 uA in das Gatter (IIH = 40 uA). Die Stromrich- bungstemperatur im Betrieb unterschieden. So liegt
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 565

beispielsweise die Lagerungstemperatur bei IC’s mit Für kurze Impulse kann die Gatterlaufzeit, wie darge-
Kunststoffgehäusen zwischen 55 °C bis 125 °C, die stellt ist, ausgenutzt werden. Das Zeitliniendiagramm
zulässige Umgebungstemperatur im Standardbereich beschreibt die Pegel an den einzelnen Gattern. Der
bei der 74LS-Serie von 0 °C bis 70 °C und bei den Ausgang B ist zunächst „H“, da der Eingang A
MOS-Typen der 4000B-Serie von – 40 °C bis 85 °C. L-Pegel führt. Nimmt A H-Pegel an, schaltet B nach
der Verzögerungszeit auf L. C schaltet nach L und
3.6 Gatterlaufzeit der nachfolgende Inverter G3 gibt den Impuls mit der
Ändert man den Eingangspegel einer Gatterschaltung, Impulszeit einer Verzögerungszeit heraus. Wünscht
z.B. eines Inverter, von L nach H, so dauert es eine man Impulszeiten mehrerer Gatterlaufzeiten, sind
gewisse Zeit, bis der Ausgang auf die Eingangsände- zusätzlich jeweils zwei Inverter zwischen G1 und G2
rung reagiert. Das Zeitverhalten gibt die Gat- einzusetzen.
terlaufzeit (tpd = propagation delay time) wieder,
wobei die Angabe sich auf die Differenz der Ein- und
3.7 Verlustleistung
Ausgangsflanke in 50%iger Höhe bezieht. Bei Auf- Bei digitalen Schaltungen wird häufig die Verlustleis-
bau von Schaltungen mit Mehrebenen können durch tung pro Gatter angegeben. Hierbei handelt es sich
unterschiedliche Laufzeiten fehlerhafte und unge- um einen Mittelwert, der davon ausgeht, daß der
wünschte Verhaltensweisen wie kurzzeitige Impulse Gatterausgang abwechselnd L- und H-Pegel führt.
(Glitches) am Ausgang auftreten. Im Bild II-5 durch- Bei den einzelnen Familien gibt es erhebliche Un-
laufen die Signale A und B drei Gatter, während C terschiede, wie auch dem Bild II-6 entnommen wer-
zwei und D nur ein Gatter durchläuft. Durch Umor- den kann. Vergleicht man ferner die Stromaufnahme
ganisation der Schaltung kann erreicht werden, daß eines Standard-TTL-Bausteins, sind auch deutliche
die Eingangssignale gleiche Zeiten durchlaufen. Oft Unterschiede der Stromwerte zu erkennen, wenn alle
wird auch statt der Signallaufzeit die maximale Ausgänge einmal L- und einmal H-Pegel führen. Die
Schaltfrequenz angegeben. größte Verlustleistung tritt im dynamischen Betrieb

Laufzeit Laufzeitunterschiede
100%
Ebene 1 Ebene 2 Ebene 3
50%
A
&
t B &
tpHL tpLH & Q
C
100% D

50%

A
t
B
& Q
Ausnutzung von Laufzeiten C
G1 D
B G2 G3
A & C
& & Q

A A
&
B
& Q
t C
B &
D

t
C

t
Q

t
tpd Bild II-5 Gatterlaufzeiten
566 Datentechnik

bei hohen Frequenzen auf. Der Schaltungsentwickler Tabelle II-1 Kennwerte ausgewählter TTL-Serien
sollte beim Einsatz digitaler Schaltungen darauf
achten, daß die Verlustleistung der eingesetzten Kennwerte 74 74S 74LS 74ALS 74F
Bausteine möglichst gering ist. Hierdurch können die Betriebs- 5 5 5 5 5
Netzteile klein und kompakt dimensioniert werden, spannung (V)
und die geringere Wärmeentwicklung der Bauele- ± 5%
mente erspart aufwendige Kühlmaßnahmen. Ein
UIL (V) < 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8
Beispiel hierfür ist die 3,3 V-Technologie. In diesem
Zusammenhang ist auch der Begriff Speed-Power- UIH (V) > 2 2 2 2 2
Product zu nennen, der das Produkt aus Geschwin- UOL (V) < 0,4 0,5 0,5 0,5 0,5
digkeit und Leistungsaufnahme eines Gatters in
Verbindung mit Energiebilanzen angibt. UOH (V) > 2,4 2,7 2,7 U-2V 2,7
IOL (mA) max 16 8 20 30 24
4 TTL-Familie tp (ns) 10 9 3 5 3

4.1 Eigenschaften und Kenndaten P (mW) 10 2 20 1,2 4


nach Unterlagen der Firma Philips
Bild II-6 zeigt die Mitglieder-TTL-Familie im Ver- Abkürzungen: UIL Eingangsspannung für L-Pegel; UIH Ein-
gleich von Gatterlaufzeit und Verlustleistung. In gangsspannung für H-Pegel; UOL Ausgangsspannung für L-Pegel;
Tabelle II-1 sind ihre Kenndaten aufgelistet. UOH Ausgangsspannung für H-Pegel; IOL Ausgangsstrom bei L-Pegel

P tp
mWns

25

20

15

10

5
Bild II-6
Verlustleistung und
74 74H 74L 74S 74LS 74ALS 74AS 74F Gatterlaufzeit

Die Bausteine der einzelnen Untergruppen sind PIN- 4.2 Standard-TTL


kompatibel (gleiche Funktion und Anschlußbelegung)
und besitzen als gemeinsame Kenndaten die Be- Bei den Standardbausteinen der TTL-Familien haben
triebsspannung, Pegelwerte und den Temperatur- sich folgende Funktionseinheiten herausgebildet:
bereich. Unterschiede bestehen vor allem in der Gat- Grundgatter wie z.B. NICHT (Inverter), UND, ODER, NOR
terlaufzeit und der Verlustleistung. Bei der Low- und XOR
Power- und High-Speed-Untergruppe sind die inter- Flipflops wie z.B. RS-Flipflop, D-Flipflop und JK-Flipflop
nen Widerstandswerte gegenüber Standard verändert, Multiplexer und Datenselektoren
Demultiplexer und Decoder
um die Leistungsaufnahme geringer zu machen Rechenschaltungen wie z.B. Addierer
(Low) und die Geschwindigkeit zu erhöhen (High). Komparatoren
Die beiden Eigenschaften verlaufen allerdings ge- Zähler und Frequenzteiler
gensätzlich. Schieberegister
Treiber
Weitverbreitet sind die Low-Power-Schottky-Typen Sonderschaltungen wie z.B. Schmitt-Trigger und Zeitglieder
mit ihrer gegenüber Standard-TTL geringeren Leis-
tungsaufnahme und etwa gleicher Geschwindigkeit. Schaltungen der Standardserie (Bezeichnung 74xx)
Bild II-7 zeigt einige LS-Bausteine aus dem umfang- bestehen aus bipolaren Transistoren, die als Schalter
reichen Herstellerangebot mit ihren Anschlußbele- arbeiten. Sie sind so dimensioniert, daß sie beim
gungen. Advanced-Schottky und Advanced-Low- Durchschalten übersteuert werden und so voll in den
Power-Schottky sind verbesserte Nachfolgetypen Sättigungsbereich gelangen (gesättigte Logik). Die
sowie die FAST-Serie, die gegenüber der LS-Serie TTL-Familie ist die Weiterentwicklung der DTL
ihre Gatterdurchlaufzeit erhöhen konnte. (Dioden-Transistor-Logik) und RTL (Widerstands-
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 567

74LS00 74LS02 74LS32 74LS86 74LS10


1 & 2 1 1 1
2 3 3 1 2 3 2 3
2 & 12
4 5 4 4 13
5 & 6 6 4 5 6 5 6 3
& 4 & 6
9 8 9 9
10 8 9 10 10 8 10 8 5
9
12 & 11 12 12 & 8
13 11 12 13 13 11 13 11 10
11

74LS16 74LS73 74LS75 74LS393


1 1 2 14 12 13 C1 CTRDIV10
1J
4 C2
3 1 4 1 C1 CT= 0 0
3 2 16
1K 1D 1 +
5 1 6 2 R 13 CT
3 15
1D 14 3
9 1 8
7 9 7 9
1J 2D 8
11 1 10
5 C1 6 2D 10
13 1 12 10 1K 11
6 R 8

74LS85 74LS151
74LS138
10 0 COMP 7 EN MUX
DX
12 P 11 0 0 15
13 10 G 1
15 3 P<Q 7 9 2 7 2 14
9 0 4 6 3 13
11 Q P=Q 6 3 12
14 2 5 11
1 3 P>Q 5 1
15 10
2 < 14 4 9
3 = 13 5 & 7
4 > 12 6

74LS244
1 19 2 18
EN

2 18 11 9 4 16
4 16 13 7
6 14 15 5 6 14
8 12 17 3
8 12
Bild II-7
Digitalbausteine mit
1
Anschlußbelegung

Transistor-Logik). Drei typische Vertreter der Stan- sen und auch V4 durch. Offene Eingänge wirken wie anliegende
H-Pegel. Man legt daher bei NAND- und UND-Gattern die nicht -
dardserie dienen als Beispiel. Digitalbausteine
benötigten Eingänge auf +5 V und bei ODER- und NOR-Gattern
auf 0 V.
 Beispiel 1: Baustein IC 7400 Müssen Ausgänge verschiedener Gatter logisch miteinander ver-
Bild II-8 zeigt die Innenschaltung des 14poligen IC’s und den knüpft werden, ist dies mit Totem-pole-Schaltungen nicht mög-
Aufbau eines NAND-Gatters. Hier erkennt man die Merkmale der lich. Gatter mit solchen Gegentaktendstufen dürfen an ihren Aus-
weitverbreiteten Logik mit einem Multiemitter-Transistor im gängen nicht parallel geschaltet werden, da ein Kurzschluß ent-
Eingang (V1) und einer Gegentaktendstufe (Totem-Pol-Stufe) am stehen kann, wenn ein Gatterausgang „L“ und der andere „H“ lie-
Ausgang (V3, V4). Von der Funktion her läßt sich diese Schal- fert. Abhilfe schaffen Gatter mit offenem Kollektor (Open Collec-
tung als Weiterentwicklung der RTL (Widerstands-Transistor- tor, o. C., siehe Beispiel 2).
Logik) und der DTL (Dioden-Transistor-Logik) ansehen.
Wenn jetzt ein oder beide Eingänge der Schaltung auf Masse lie-  Beispiel 2: Baustein IC 7401
gen (L-Pegel), kann der Transistor V2 nicht durchschalten. Damit Im Bild II-9 sind die Innenschaltung des Baustein 7401 und der
ist auch V4 gesperrt, und V3 schaltet durch und erzeugt einen H- Aufbau eines Gatters dargestellt. Ein Lastwiderstand RL muß ex-
Pegel am Ausgang. Liegen beide Eingänge auf +5 V (H-Pegel), tern eingebaut werden, da der Ausgang ohne Lastwiderstand kei-
schaltet V2 durch, und am Ausgang entsteht ein L-Pegel, da auch nen Pegel ausgeben kann.
V3 durchschaltet. Transistor V4 ist dann gesperrt. Stufen mit offenem Collektor (o. C.) lassen am RL Be-
An dieser Schaltung erkennt man auch die Auswirkung offener triebsspannungen von 15 V oder 30 V zu. TTL-Treiber können
Eingänge auf den Ausgang der Schaltung. Werden beide Eingän- damit Kleinverbraucher direkt ansteuern. Gatter mit o. C dürfen
ge offen gelassen, fließt über die Basis-Kollektor-Diode des Multi- mit ihren Ausgängen parallel geschaltet werden. Der Ausgang
emitter-Transistors Strom in den Transistor V2 und schaltet die- erreicht nur dann H-Pegel, wenn alle Eingänge auf H-Pegel lie-
568 Datentechnik

14
1 14 R1 R2 R3
&
2 13
& V3
3 12
10 V2 V7
4 11 V1
9 8
& V4
5 10 V5 V6
&
6 9 R4

7 8 Bild II-8
7 Baustein 7400

verdrahtete UND-Schaltung verdrahtete ODER-Schaltung


14
1 14 R1 R2
2 13
&
3 12
& V2
9 V1
4 11 10
8
V4 V5 V3
5 10
&
6 9 R3
&
7 8
Bild II-9
7 Baustein 7401

+ +
RL RL
UND ODER
Schaltung Schaltung

A & Q A & & Q

B & B &

Wertetabelle Gleichung Wertetabelle Gleichung


A B Q A B Q
L L L L L L
Q=A∧B Q=A∨B
L H L L H H Bild II-10
H L L H L H Verdrahtete UND- und
H H H Q=A∨B H H H Q=A∨B
ODER-Schaltung

+ +
RL RL

IRL IRL

H IQL IIL H L IOH IIH L


& IIL & & IIH &

L IIL H L IOH IIH L


& IIL & & IIH &

n=2 N=4 n=2 N=4


Bild II-11 Stromrichtung und -größe bei unterschiedlichen Ansteuerungen
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 569

gen; ansonsten liegt L-Pegel am Ausgang an. Man spricht von 5,25 V − 0,4 V 4 ,75 V − 2,4 V
einer verdrahteten UND-Schaltung (Wired AND). Wird der Aus- RL > RL <
16 mA − 4 ⋅ 1,6 mA 2 ⋅ 250 uA + 4 ⋅ 40 uA
gang mit einem nachfolgenden Inverter verbunden, ergibt sich
eine verdrahtete ODER-Verknüpfung (Wired OR). Bild II-10
RL > 505 Ohm RL < 3560 Ohm
zeigt die beiden genannten Schaltungen und verdeutlicht die
Funktion anhand der Wertetabelle und der Gleichungen.
Der Wert des Kollektorwiderstandes läßt sich für eigene Bedürf-  Beispiel 3: Baustein IC 7402
nisse berechnen oder man nutzt für Standardanwendungen die Ta- Liegt an beiden Eingängen der Schaltung Bild II-12 ein L-Pegel,
bellen der Hersteller (Tabelle II-3). Das Berechnungsbeispiel be- wird V3 und V4 gesperrt und damit auch V6. V5 schaltet durch
zieht sich auf die Schaltung Bild II-11. und erzeugt einen H-Pegel am Ausgang. Bei Anliegen eines H-
U max − UOL Pegels an nur einem der Eingänge entsteht am Ausgang ein L-
U min − UOH
RL > RL < (II.1) Pegel. Die Schaltung erfüllt damit die NOR-Funktion.
IOL max − N ⋅ IIL n ⋅ IOH + N ⋅ IIH

Tabelle II-3 Ermittlung des Kollektorwiderstandes

RLmax RLmin
N
n 1 2 3 4 5 6 7
1 8100 4350 2970 2260 1820 1520 1310 337
2 7120 4050 2830 2170 1760 1480 1280 379
3 6350 3790 2700 2100 1710 1450 1250 433
4 5730 3560 2580 2020 1660 1410 1230 505
5 5220 3350 2470 1950 1620 1380 1200 607
6 4790 3170 2370 1890 1570 1350 1180 758
7 4430 3010 2280 1830 1530 1320 1150 1110
8 4120 2860 2190 1780 – – – 1515
9 3850 – – – – – – 3030
nach Datenbuch der Firma ITT

14
1 14 R1 R2 R3 R5
2 13
™1 V3 V4 V5
3 12
™1 8 V1 V2
4 11 V9
9
5 10
™1 10
6 9 V6
™1 V7 V8
7 8 R4
Bild II-12
7 Baustein IC 7402

4.3 Schaltungen mit 3-state

Schaltung Schaltzeichen
+
1
R1 R2 R3 EN Q

V3
E E Q
V1 V2 V5 EN
Q
Prinzip
V4
R5 V6 V7
EN R4
R6
Bild II-13
3-state-Gatter
570 Datentechnik

Tristate-Schaltungen besitzen außer den Pegelausga- von einem AND/NAND-Gatter oder OR/NOR-
ben L und H noch eine dritte Möglichkeit. Sie sind in Gatter. Bausteine der ECL-Familie sind bedeutend
der Lage, mit einem Steuereingang (EN Enable = schneller als andere Bausteinfamilien. Sie erreicht
Freigabe) einen Ausgang hochohmig zu schalten. Schaltzeiten von kleiner 1 ns. Der Grund ist die
Damit können diese Schaltungen in parallelen Bus- Konstantstromquelle des Differenzverstärkers, der die
systemen eingesetzt werden. In der Hauptsache Transistoren nicht in die Sättigung kommen läßt
handelt es sich bei Einsatz dieser Schaltungen um (ungesättigte Logik). Ein weiterer Vorteil ist der
Leistungstreiber, Richtungstreiber, Zwischenspeicher relativ hohe Ausgangslastfaktor von 25. Nachteil
und Speicherschaltungen. In der Prinzipdarstellung dieser Technik sind hohe Verlustleistungen bis
(Bild II-13) schaltet ein H-Pegel am Eingang EN die 40 mW. Auffallend sind die drei Betriebsspannungen
Transistoren V6 und V7 durch und sperrt damit die UEE, UCC1 und UCC2. UCC1 dient als Hilfsspan-
beiden Endstufentransistoren V3 und V4. Der Aus- nung für Abschlußwiderstände. Häufig werden aber
gang Q besitzt damit keinen definierten H- oder L- die beiden Anschlüsse UCC1 und UCC2 gemeinsam
Pegel mehr. Er ist praktisch abgeschaltet; man spricht auf Masse zusammengelegt. Tabelle II-4 faßt die
auch davon, daß der Ausgang hochohmig ist. Kenndaten dieser Baugruppe zusammen.

UCC1 UCC2
4.4 Schottky-TTL und Low-Power-Schotky
Schottky-Dioden besitzen einen Metall-Halbleiter-
übergang und Schwellspannungen, die zwischen A∧B
denen von Germanium- und Silizium-Dioden bei ca.
0,4 V liegen. Ein Schottky-TTL-Gatter besitzt we-
A∧B
sentlich kürzere Schaltzeiten als ein Standardgatter;
es hat aber den Nachteil, daß die Leistungsaufnahme A
sehr hoch (20 mW) ist. Weitverbreitet sind heute die
Bausteine der LS-Serie (Low-Power-Schottky) wegen B
der geringeren Leistungsaufnahme von etwa
2 mW pro Gatter und des höheren Fan out gegenüber
Standard Typen. Die Schaltzeiten dieser Serie liegen
bei 9 ns. Bild II-14 zeigt ein Gatter der Schottky-
TTL-Serie.
+ UEE

R1 R2 R6 Bild II-15 ECL-Gatter mit zwei Ausgängen

V8 Tabelle II-4 Kenndaten


V2 V10
A 10K-Reihe 100k-Reihe
V7 R7
V1
Betriebsspannung (V) – 5,2 – 4,5
Q Low-Pegel (V) < – 0,81 – 0,88
V4 V6 High-Pegel (V) > – 1,85 – 1,81
B
V5 Ausgangsstrom (mA) – 50 – 55
V11 tp (ns) 2 0,80
V3
R3 P (mW) 25 40
R4 R5

V9
6 Integrierte MOS-Schaltungen
Der Vorteil gegenüber Schaltungen in bipolarer
Bild II-14 Low-Power-Schottky-Gatter Technik ist der geringere Leistungsbedarf, der aller-
dings mit zunehmender Frequenz steigt. MOS-
5 Emittergekoppelte Logik Schaltungen (MOS = Metal Oxide Semiconductor)
sind sehr hochohmig und nehmen praktisch nur im
Kennzeichen der emittergekoppelten Logik (Emitter dynamischen Betrieb Leistung auf. Weiter lassen sich
Coupled Logic) ist der Differenzverstärker im Ein- hohe Packungsdichten erreichen, und es werden
gang und die Auskopplung über den Emitter (Bild weniger Einzelschritte bei der Herstellung benötigt.
II-15). Aufgrund des technologischen Aufbaus kön- Der Nachteil liegt in der Verarbeitungsgeschwindig-
nen ECL-Schaltungen auch zwei Ausgänge führen, keit durch stets vorhandene Streukapazitäten. MOS-
deren Pegel invers zueinander sind. Man spricht dann Schaltungen sind somit viel langsamer als Standard-
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 571

TTL-Schaltungen. Auch hier haben sich unterschied- Die Betriebsspannung kann zwischen 2 und 15 V
liche Familien ausgebildet. liegen.
+
6.1 NMOS- und PMOS-Technik
Kennzeichen dieser Schaltungstechnik ist, daß sie
entweder nur mit NMOS- oder nur mit PMOS-Typen V1
aufgebaut sind. Das Einsatzgebiet der MOS-Technik
liegt bei hochintegrierten Schaltungen wie z.B. der
Speichertechnologie. Bild II-16 zeigt das Prinzip V2
eines P- und NMOS-Schalters als Inverter mit der
jeweiligen Wertetabelle. Der n-Kanal-Type leitet bei Eingang Ausgang
Ansteuerung mit einem H-Pegel und der p-Kanal- Bild II-17
Type bei Ansteuerung mit einem L-Pegel. CMOS-Inverter

n-Kanal-Inverter p-Kanal-Inverter
Gegenüber MOS-Schaltkreisen ist die Leistungsauf-
nahme bei verbesserten Schaltzeiten und größerem
+ +
Störspannungsabstand wesentlich kleiner. Gegenüber
bipolarer Technik ist die höhere Intergrationsfähigkeit
Q hervorzuheben. Die Pegeländerungen von H nach L
D D
und umgekehrt liegen genau bei halber Betriebsspan-
A G B A G B Q nung. Aufgrund des sehr hohen Eingangswiderstandes
S S werden CMOS-Schaltungen gegen statische Aufladun-
gen mit Schutzschaltungen versehen (Dioden im Ein-
und Ausgang). Da die FET’s direkt zwischen Betriebs-
spannung und Masse liegen, wirkt der durchgeschaltete
A Q Bemerkung A Q Bemerkung Transistor immer als Lastwiderstand. CMOS-Schal-
0 1 n-Kanal sperrt 0 1 p-Kanal leitet tungen besitzen einen großen Spannungsversorgungs-
1 0 n-Kanal leitet 1 0 p-Kanal sperrt bereich (2 V bis 15 V) und damit je nach Betriebsspan-
nung einen großen Störabstand. Aufgrund der niedri-
Bild II-16 n-Kanal- und p-Kanal-Schalter gen Leistungsaufnahme sind CMOS-Schaltungen auch
für den Batteriebetrieb gut einsetzbar. CMOS-NOR
6.2 CMOS CMOS-Inverter
Die CMOS-(Complementary MOS-)Logikfamilie be- 6.2.1 4000-Serie
steht aus N- und P-Kanal-MOS-Transistoren. Bild Bei den CMOS-Typen der 4000-Familie unterscheidet
II-17 verdeutlicht die Funktion am Beispiel eines man die ungepufferte Serie A (ältere Serie) und die
Inverters. Je nach Ansteuerung ist immer einer gepufferte Serie B. Die Ausgänge der B-Serie sind mit
der beiden Transistoren leitend. Bei Ansteuerung Puffern, die aus Doppelinverter bestehen, versehen.
mit „L“ leitet der p-Kanal V1 und bei Ansteuerung Bild II-18 zeigt ein NOR-Gatter beider Typen. Sobald
mit „H“ der n-Kanal V2. CMOS-Gatter nehmen ein Eingang H-Pegel besitzt, wird V1 oder V2 gesperrt
praktisch nur im dynamischen Betrieb Leistung auf. und ergibt für den Ausgang Q einen L-Pegel. Nur wenn
Die statische Verlustleistung ist nahezu Null, weil beide Eingänge mit einem L-Pegel angesteuert werden,
stets einer der beiden Transistoren gesperrt ist und leitet V1 und V2, während V3 und V4 gesperrt sind. In
damit kein Strom mehr durch die Schaltung fließt. diesem Fall führt der Ausgang H-Pegel.

Type A Type B
+ +
A A
V1
B B
V2
Q
Q

V3 V4 V3

A A Bild II-18
1 Q 1 1 1 Q
B B CMOS-NOR
572 Datentechnik

UO UO
V V
15
A B
CMOS
5

4 10
TTL

2 5

UI UI
0 0
V V
0 1 2 3 4 5 0 5 10 15

Bild II-19 Übertragungskennlinie

Bild II-19 vergleicht die Übertragungskennlinien P


eines Inverters beider Serien bei unterschiedlichen mW
Betriebsspannungen. Das steile Schaltverhalten der 100,0
B-Serie ist deutlich zu erkennen.
Die Leistungsaufnahme bei unterschiedlichen Fre- 10,0
quenzen beschreibt Bild II-20. Erst ab etwa 1 MHz LSTTL
erreichen diese Bauelemente die Verlustleistung von 1,0
LS-Typen.
Tabelle II-5 gibt die Kenndaten der CMOS-Familie 0,1
wieder. Bei positiver Logik liegt die Betriebsspannung CMOS
zwischen +3 V und +15 V. Die Spannung für den H- 0,01
Pegel muß mindestens 70% und für den L-Pegel min-
destens 30% der Betriebsspannung betragen. Offene 0,001
Eingänge sind nicht zulässig, und unbenutzte Eingänge
müssen auf Masse (0) oder Betriebsspannung (1) lie- f
0,0001
gen. CMOS-Gatter dürfen mit ihren Ausgängen nicht Hz
100 1k 10k 100k 1M 10M
parallel geschaltet werden, weil sich je nach Ansteue-
rung ein undefinierter Ausgangszustand ergibt. Bild II-20 Leistungsaufnahme

Serie A Serie B
+ +
V1 V2 V6 V8 V1 V2 V7 V10 V12
V4 V5

V3 V5 V7 V3 V4 V6 V8 V9 V11

Bild II-21 Schaltung mit Schutzdioden

OUT

IN
Bild II-22
Enable Schaltung mit 3-state
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 573

Tabelle II-5 Daten der CMOS-Familie


4000B LSTTL HC HCT
Betriebsspannung 3 – 15 V 5 V ± 5% 2–6 V 5 V ± 10%
Verlustleistung (statisch) 1 μW 2 mW 2,5 nW 2,5 nW
Verlustleistung (100 kHz) 100 μW 2 mW 75 μ W 75 μW
Gatterlaufzeit 94 ns 10 ns 8 ns 8 ns
max. Taktfrequenz 4 MHz 33 MHz 55 MHz 55 MHz
Ausgangstreiberstrom 0,5 mA 8 mA 4 mA 4 mA

Die Ein- und Ausgänge dieser Schaltungen sind mit anliegenden H-Pegel sperren beide Transistoren.
Schutzdioden gegen statische Überspannungen gesi- Der Schalter kann für analoge und digitale Signale
chert (Bild II-21). eingesetzt werden. Eingang und Ausgang können
Sollen mehrere Bausteine trotzdem eine gemeinsame beliebig zugeordnet werden. Eine Signalverstär-
Signalleitung bekommen, müssen, wie bei den TTL- kung erfolgt allerdings nicht. Bild II-23 zeigt als
Bausteinen, 3-state-Schaltungen benutzt werden. Beispiel den Baustein IC 4016 mit seiner An-
Nach Bild II-22 wird die Schaltung bei EN = L in den schlußbelegung und den Aufbau eines der vier Schal-
hochohmigen Zustand versetzt. Ist EN = H, wird der ter.
anliegende Eingangspegel (L oder H) zum Ausgang CMOS-Schaltungen müssen aufgrund der extrem
Q übertragen. hohen Eingangswiderstände (>100 MOhm) gegen
statische Aufladungen geschützt werden. Sie besitzen
6.2.2 CMOS-Schalter CMOS-Bausteine daher im Eingang Schutzschaltungen, die je nach Typ
Der bilaterale CMOS-Schalter besteht aus einem und Hersteller unterschiedlich sind. Wie schon bei
p- und n-Kanal-MOS. Durch einen L-Pegel am der TTL-Familie, bieten auch hier die Hersteller
Steueranschluß E0 werden beide Transistoren mit unterschiedliche Bausteine an. Bild II-24 zeigt eine
den Anschlüssen Y0 und Z0 leitend. Durch einen kleine Auswahl gebräuchlicher IC’s.

4016 B Y0
+
Y0 Z0
1 2
# E0
13
V1 V2
4 3
#
5 E0
8 9
#
6
11 10 Bild II-23
#
12 CMOS-Schalter
Z0

4001B 4011B 4030B 4073B 4555B


1 2 1 X/Y 0 4
1 ™1 3 1 & 3 1 =1 3 3 2 1 5
2 2 2 2 & 9
5 5 5 8 2 6
™1 4 & 4 =1 4 3 1 EN 3 7
6 6 6 4 & 6
8 ™1 10 8 & 10 8 =1 10 5 14 1 X/Y 0 12
9 9 9 11 13 1
12 12 12 10 2 11
™1 11 & 11 =1 11 12 & 2 10
13 13 13 13
15 EN 3 9
VDD 16
GND 8

4068B 40106B 4518B 4502B 4015B


0 3 4 EN SRG4
1 1 2 1 2 1 +
4 12 G1 9 C1/ 5
™1CT 6 R 4
3 1 4 3 4 2 5 3 1 5
7 3 6 6 7 3
5 1 6 5 6 10
7 10
9 1 8 9 8 0 11 1 2 SRG4
10 10 9 + 10 9 1 C1/ 13
11 1 11 ™1CT 12 12
13 1 12 13 12 10 13 13 11 13 R
11
15 3 14 15 14 15 10 2
VDD 16
Bild II-24 CMOS-Bausteine GND 8
574 Datentechnik

6.2.3 High-Speed-CMOS reich (4 V bis 6 V). Für die Übergänge von „L“ nach
„H“ und umgekehrt liegen die Schaltspannungen bei
Die HC/HCT-Logikreihe (High-Speed-CMOS/HC-
30% bzw. 70% der Betriebsspannung. Bild II-26
TTL kompatibel) verbindet die Vorteile der bipolaren
vergleicht die Betriebsspannung und die Pegelberei-
Technik mit ihrer hohen Schaltgeschwindigkeit und
che der gängigsten Typen.
die geringere Leistungsaufnahme der Standard-
CMOS-Serie (Tabelle II-3). Dadurch sind diese 6.2.4 BICMOS
Bausteine den 74LS- und 4000-Typen überlegen. Die
74HCT-Serie ist TTL-kompatibel und kann bei einer BICMOS (Bipolar CMOS) vereinigen bipolare mit
Betriebsspannung von 5 V jeden LS-Typ ersetzen, da CMOS-Technik. Durch die CMOS-Technik wird die
eine zusätzliche Kompatibilität der Spannungspegel Leistungsaufnahme wesentlich gesenkt und durch die
vorliegt (Tabelle II-6). Zu beachten ist aber, daß der bipolare Technik die Geschwindigkeit erhöht. Zu
Ausgangstreiberstrom nur die Hälfte des LSTTL dieser Serie zählen die Bausteine 74BCxx und
beträgt. Die 40xxHC/HCT-Serie ist pinkompatibel 74ABTxx. Während bei den BC-Typen die Gatter-
zur 4000-Serie. Bild II-25 zeigt die Eingangsschal- laufzeiten bei einer Betriebsspannung von 5 V bei
tung einer HCT-Version und die Übertragungskenn- 3,8 ns liegen, bewegen sich die Gatterlaufzeiten bei
linien bei einer Betriebsspannung von 5 V. ABT unter 3 ns. Die Bauelemente sind funktions-

UO
V

V3
5
V1
4
100 170 V4
3
HCT HC
V2
V5 2

1
UI
Bild II-25 HC-Eingangsschaltung und Übertra- 0
V
gungskennlinie 0 1 2 3 4 5

Die beiden Widerstände im Eingang und V1 und V2 und pinkompatibel zu LS-TTL oder FAST
dienen als Schutzschaltung bei elektrostatischen (74F/74S/74HC). Relativ neu ist die Entwicklung und
Entladungen. Im Gegensatz zu LS-Typen besitzen das Angebot von Niederspannungsschaltkreisen;
HC-Typen einen größeren Versorgungsspannungsbe- sogenannte 3,3 V-Logikschaltkreise (Low Voltage).

LSTTL HC HCT Betriebsspannung


Ue Ua Ue Ua Ue Ua UCC
LS HCT HC
V V V V V V V
6 6 6 6
H H
5 5 5 5

4 4 4 4
H
3 H 3 3 3

2 H 2 2 H 2
L
1 L 1 1 1
L
L
L L
0 0 0 0
UCC UCC UCC
4,5V 5,5V 4,5V 5,5V 4,5V 5,5V
Bild II-26 Betriebsspannungen und Pegelbereiche
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 575

Die Verlustleistung dieser Bausteine gegenüber der Der Pull-up-Widerstand Rp beträgt 2 bis 10 kOhm
5 V-Technik ist etwa um 1/3 niedriger. bei der Umsetzung von TTL nach Standard-CMOS.
Für die Umsetzung von Standard-CMOS mit einer
Betriebsspannung von 6 V bis 15 V nach 74HC ist
7 Interfaceschaltungen ein zusätzlicher Umsetzer (4049/50B) beispielhaft ein-
Interfaceschaltungen passen die Logikfamilien unter- gesetzt. Das 74HC-Standard-CMOS-Interface wurde
einander an. Das ist bei unterschiedlichen Pegelwer- zum einen mit einem Transistor und zum anderen mit
ten notwendig. Sie verbinden auch Logikschaltungen einem Umsetzer (TC5020BP) erreicht.
mit weiteren elektronischen Systemen. Die Verbin-
dung von CMOS zu TTL läßt sich über Puffer reali-
sieren und von TTL nach CMOS über einen Pull-up- 8 Anwendungsspezifische integrierte
Widerstand realisieren. Bei 5 V Betriebsspannung ist Schaltungen
auch eine direkte Kopplung möglich (Tabelle II-6).
Bild II-27 zeigt Beispiele, bei denen die Logik-
8.1 Allgemeines
Familien mit unterschiedlichen Betriebsspannungen Um eine gewünschte Schaltung zu realisieren, kann
betrieben werden. bei der Entwicklung digitaler Systeme auf Standard-

UCC UCC UCC

4049
Rp

TTL Standart Standart 74HC


CMOS CMOS

UCC UCC UCC TC5020BP UCC

U1 U2
IN OUT

74HC Standart 74HC Standart


CMOS CMOS

Bild II-27 Interface-Schaltungen Nach Datenblatt der Firma Toshiba

Tabelle II-6 Anpassung unterschiedlicher Familien bei 5V Betriebsspannung


von zu 74HC/5 V 74HCT 4000B/5 V 4000B/6 – 15 V TTL
74HC/5 V direkt direkt direkt Puffer direkt
74HCT direkt direkt direkt Puffer direkt
4000B/5 V direkt direkt direkt Puffer direkt
4000B/6 – 15 V Puffer Puffer Puffer direkt Puffer
TTL Pull-up- direkt Pull-up- Puffer direkt
Widerstand Widerstand
576 Datentechnik

bausteine der unterschiedlichen Logikfamilien zu- Bei einer relativ langen Entwicklungszeit von über
rückgegriffen werden. Mit ihnen werden Baugruppen einem Jahr und dem hohen Fertigungsaufwand sind
geschaffen, deren Bausteine durch Signalverbindun- solche Bausteine nur für Großkunden mit großen Pro-
gen jeweils miteinander verbunden sind. Jeder Bau- duktionsmengen wirtschaftlich. Semi-custom-Bau-
stein benötigt eine eigene Spannungsversorgung. Die steine umfassen die Typen Gate-Arrays und Cell-
Größe der Baugruppe ist jeweils von der Komplexität Arrays oder Standard Cells (Bild II-28). Sie sind von
ihrer Aufgabe abhängig. Soll der Platzbedarf redu- den Herstellern als Gruppen von Gatterbausteinen
ziert werden, werden anwendungsspezifische integ- und Logikzellen aufgebaut. Array
rierte Schaltungen (ASIC’s = Application Specific Ausgangsbasis der Gate-Arrays sind vorgefertigte
IC) gewählt. Sie besitzen eine höhere Integra- Grundbausteine aus vielen P- und N-Kanal-MOS-
tionsdichte und bei Reduzierung der Systemverlust- Transistoren, die als Gatter aufgefaßt werden können.
leistung eine geringere Ausfallrate in Verbindung mit Nach Wünschen des Kunden werden die Basiszellen
hoher Flexibilität. Anwendungsspezifische integrierte zu einer Logikschaltung entsprechend verdrahtet.
Schaltungen können in zwei Hauptgruppen unterteilt Erste Muster für den Kunden sind schon nach we-
werden, zum einen in die Gruppe der kundenspezifi- nigen Wochen verfügbar, so daß die Entwicklungs-
schen IC’s (Custom IC) mit den Bereichen der halb- kosten gegenüber den vollkundenspezifischen Schal-
kundenspezifischen (Semi Custom) und den vollkun- tungen deutlich niedriger liegen. Der Silizium-
denspezifischen (full custom) Schaltungen und zum Ausnutzungsgrad bei einem beliebigen Layout liegt
anderen in die Gruppe der programmierbaren Logik- bei etwa 40%. Bei den Cell-Arrays bedient sich der
bausteine (PLD = Programmable Logic Device). Entwickler beim Schaltungsentwurf der Zellbiblio-
Das für den Anwendungsfall notwendige Systemwis- theken, die gewünschte Funktionen wie Zähler,
sen wird vom Anwender selbst eingebracht oder er
nutzt Hersteller-Design-Zentren, die durch Beratung
und gezielte Unterstützung eine optimale Lösung Schaltungsentwurf
anstreben.

8.2 Kundenspezifische IC’s


Umsetzung
Bei den kundenspezifischen IC’s wird nach Full- in einen
custom- und Semi-custom-Bausteinen unterschieden. Logikplan
Der Full-custom-Baustein wird vom Hersteller nach
den Kundenanforderungen entwickelt und hergestellt.
Logiksimulation
Gate Array

Basic cell
Layouterstellung

Logiksimulation
mit Einfluß der
Verdrahtung

I/O cell Masken-


herstellung

Standart cells
Prototyp-
herstellung

Muster-
untersuchung
ROM RAM

RAM
Bild II-28 Serienfertigung
Gate-Array und Bild II-29
Standard Cells Array-Entwicklung
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 577

Multiplexer oder Speicher beinhalten. Im Gegensatz entsprechenden Programmiergeräten selbst bestim-


zu den Gate-Arrays, wo Grundfunktionen erstellt men. Hierzu muß die Information in einer JEDEC-
werden, sind diese „Basiszellen“ mit größeren Teil- Datei vorliegen. Während GAL’s mehrmals pro-
aufgaben vorgefertigt. Der Entwicklungsaufwand grammiert werden können, kann dies bei PAL’s nur
dieser Bausteine ist größer als bei den Gate-Arrays. einmal durchgeführt werden. Die Grundstruktur und
Da jedoch die Anordnung der Zellen und auch die die Programmierung der unterschiedlichen PLD-
Zellbreite vom Entwickler gewählt werden, ergibt Typen sind einander sehr ähnlich.
sich eine optimal genutzte Chipfläche, die bei hohen
8.3.1 PROM
Stückzahlen Kostenvorteile mit sich bringen kann.
Bild II-29 zeigt den Ablaufplan einer Cell-Array- PROM-Bausteine (Programmable Read Only Memo-
Entwicklung. ry) werden unter dem Kapitel Speicherbausteine
beschrieben. An dieser Stelle soll nur auf die von
8.3 Programmierbare Logikbausteine anderen PLD’s verschiedene Grundstruktur hinge-
Programmierbare Logikbausteine (PLD = Program- wiesen werden. Das AND-Array (UND-Matrix) ist
mable Logic Device) sind Standardbausteine, deren bei diesen Bausteinen festverdrahtet, während das
Funktion erst durch Software hergestellt wird. Ihre OR-Array (ODER-Matrix) einmal programmiert
innere Struktur besteht je nach Type aus einer pro- werden kann. PLA’s besitzen eine programmierbare
grammierbaren UND- und ODER-Matrixschaltung UND- und ODER-Matrix und PAL’s nur eine pro-
für Ein- und Ausgänge unter Einbeziehung weiterer grammierbare UND-Matrix (Bild II-30).
Logikbausteine wie beispielsweise Flipflops, Register
8.3.2 PAL
und Treiberstufen. Der universelle Einsatz derselben
Bausteine für unterschiedliche Funktionen ist mög- PAL (Programmable Array Logik) sind Bauelemente,
lich. Hinzu kommt, daß die Gesamtschaltung in die eine Logikmatrix enthalten und vom Anwender
einem IC-Baustein untergebracht werden kann, wozu programmiert werden können. Mit ihnen können
sonst mehrere TTL- oder CMOS-Standardbausteine mehrere kleinere Logikschaltungen in einem Gehäuse
nötig wären. Hieran erkennt man den Vorteil pro- untergebracht werden. PAL’s enthalten eine Matrix
grammierbarer Bausteine gegenüber diskreten Logik- (Verbindungen aus Zeilen und Spalten) und logische
bausteinen. Ihre Integration ist höher, sie sind flexib- Funktionsbausteine wie NICHT, UND, ODER und
ler zu handhaben, und die Schaltungsentwicklung Flipflops. Während sich im Eingang eine program-
erfolgt durch Software. Damit ergeben sich kurze mierbare Matrix befindet, ist die nachfolgende O-
Entwicklungszeiten bei niedrigen Kosten. Je nach DER-Matrix fest verdrahtet. Bild II-31 zeigt eine
Hersteller existieren unterschiedliche Bezeichnungen UND-Matrix mit intakten Sicherungen.
programmierbarer Schaltkreise. FPGA (Field pro- Da der UND-Baustein das invertierte und nichtinver-
grammable Gate Array) sind für Logikschaltungen tierte Signal erhält, ist Q = „0“. Dies wird auch durch
mit bis zu 10 000 Gattern pro Array universell ein- die angegebene Gleichung deutlich. Eine program-
setzbar und schnell umzuprogrammieren. Ihre Ver- mierte Matrix erkennt man an den defekten Sicherun-
sorgungsspannung beträgt 5 V. PLA (Programmable gen. Nicht programmierte (intakte) Brücken (Fuse =
Logic Array) eignen sich für Logikschaltungen bis zu Sicherung) sind an dem Kreuz im Schnittpunkt zu
300 Gattern pro Array. Ihr Betriebsspannungsbereich erkennen. Im nichtprogrammierten Zustand ist der
geht von 2 V bis 6 V und ihr Stromverbrauch liegt bei Ausgang der UND-Verknüpfung immer „0“. Die
8 mA. EPLD (Erasable PLD) und EEPLD (Electric- Verknüpfungsausgänge der UND-Matrix (Produkt-
ally EPLD) sind weitere Bezeichnungen für pro- linien) werden dann der ODER-Matrix zugeführt und
grammierbare Schaltkreise. bei einigen PAL-Bausteinen mit dem Ausgang ver-
Bekannte Vertreter dieser Bausteine sind PAL’s und bunden. Bild II-32 zeigt hierzu Beispiele.
GAL’s. Im Gegensatz zu den Gate-Arrays kann der Die Bausteine 10L8 und 14L8 zeigen, daß die Aus-
Anwender ihre Funktion durch Programmierung mit gänge auch invertiert sein können. Bei den PAL-

PROM PLA PAL


Matrix Matrix Matrix Matrix

& & &

1 1 1

Bild II-30 Strukturen unterschiedlicher PLD’s


578 Datentechnik

nicht programmierte UND-Matrix


A B A B

Q= A *A *B*B

Fuse

& Q & Q

programmierte UND-Matrix
A B A B

Q= A* B

Fuse

& Q & Q

Bild II-31 Prinzip und vereinfachte Darstellung der Matrix PAL

10H8 10L8 14H4

1 20 1 20 1 20

2 ™1 19 2 ™1 19 2 19

3 ™1 18 3 ™1 18 3 18

4 ™1 17 4 ™1 17 4 ™1 17
UND-Matrix
UND-Matrix

UND-Matrix

5 ™1 16 5 ™1 16 5 ™1 16

6 ™1 15 6 ™1 15 6 ™1 15

7 ™1 14 7 ™1 14 7 ™1 14

8 ™1 13 8 ™1 13 8 13

9 ™1 12 9 ™1 12 9 12
Bild II-32
10 11 10 11 10 11 Einfache PAL-
Bausteine

Ausgangskonfigurationen
L-Typen R-Type

& ™1 &
& & ™1 & ™1
& & &
1D
& & &
& & C1
Bild II-33
Ausgangs-
konfigurationen
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 579

Typen können verschiedene Ausgangskonfiguratio- Bild II-34 zeigt am Beispiel des Bausteins 16L8 die
nen bei einer allen gemeinsamen UND-Matrix im Grundstruktur von PAL-Bausteinen. Die UND-
Eingang unterschieden werden (Bild II-33). Man Matrix besteht aus einunddreißig Spalten. Sieben
findet die gewünschten Bauteile anhand der Typen- Zeilen werden jeweils der ODER-Verknüpfung zuge-
bezeichung (Tabelle II-7). Der Typenname beschreibt führt und eine Zeile dem Ausgangs-3-state-Treiber.
die Anzahl der Ein- und Ausgänge durch jeweils eine Um die Programmierung durchzuführen, wird eine
Zahl, während der Buchstabe die interne Funktion JEDEC-Datei (JEDEC = Joint Device Engineering
und Struktur des PAL angibt. Die Zahl nach dem Council, Komitee für Standards in der Datentechnik)
Buchstaben gibt die Anzahl der Ausgänge an. erzeugt und einem Programmiergerät zugeführt. Die
jeweiligen Verbindungen werden durch die Pro-
Tabelle II-7 PAL-Typen und Bezeichnungen grammierung aufgetrennt. Eine Zerstörung der soge-
nannten „Security Fuse“ verhindert das Auslesen des
H: UND-ODER (High aktiv) PAL’s. Die Schaltungsbeschreibung selbst erfolgt mit
L: UND-NOR (Low aktiv) Booleschen Gleichungen, Wahrheitstabellen, Status-
C: UND-ODER (State-)Diagrammen, Grafiken oder in einer höheren
R: UND-ODER-Inverter-Register Programmiersprache. Normalerweise kann jeder
X: UND-ODER-EXODER-Register übliche Editor eingesetzt werden. Bei der Schreib-
1
0123456789012345678901 weise gibt es je nach Anwendungsprogramm unter-
01234567891111111111222222222233
0 schiedliche Darstellungsformen. Darstellungsformen
1
2
™1
für Verknüpfungen:
3 19
4
5
6
7 Funktion Darstellung
2
8 NICHT / !
9 ™1
10
11
UND * &
18
12
13 ODER + | #
14
15

3
Viele Hersteller bieten hierzu Entwicklungskits an,
16
17
18
™1 die außer Programmierungsmöglichkeiten zusätzliche
19
20
17 Simulationsprogramme beinhalten. Damit läßt sich
21
22 bereits statisch feststellen, ob der Baustein die ge-
23
wünschten Funktionen auch tatsächlich, wie geplant,
4
24
durchführt.
25
26
™1 Zwei Beispiele sollen das Programmieren von PAL’s
27
28 16 veranschaulichen.
29
30
31
 Beispiel 1: Ein Decoder soll zur Auswahl dreier Speicher so
5 konzipiert werden, wie das die Schaltskizze Bild II-35 zeigt. Zur
32 Verfügung steht ein PAL 12L6. Die Zuordnung der Eingänge und
33 ™1
34 der Ausgänge mit frei wählbaren Namen zu den Anschlüssen des
35 15
36 PAL-Bausteins ist beliebig. Damit kann das Platinenlayout je
37
38 nach Wunsch und Notwendigkeit angepaßt werden. Hier wurde
39 die Zuordnung festgelegt.
6 Zuordnung der Eingangssignale zu den PAL-Anschlüssen:
40 Programm: Adreßdecoder
41 ™1
42 CS = pin 1; Freigabeanschluß des Decoders
43 14
44 A11 = pin 2; Anschlüsse an den Adreßbus
45
46 A12 = pin 3
47
A13 = pin 4
7 A14 = pin 5
48 A15 = pin 6
49 ™1
50
51 13
3-state-Ausgang:
52
53 CE1.OE = CS
54
55 CE2.OE = CS
8 CE3.OE = CS
56 Gleichungen:
57 ™1
58
59 12
!CE1 = A15 &A14 & A13 & A12 & !A11
60
61 !CE2 = A15 & A14 & !A13 & A12 & A11
62
63 !CE3 = A15 & A14 & !A13 & !A12 & !A11
9 11
Mit einem Compiler wird eine JEDEC-Datei erzeugt,
Bild II-34 PAL 16L8 aus der ersichtlich ist, an welcher Stelle jeweils eine
580 Datentechnik

Schaltskizze PAL-Baustein
12L6

CS 1 20

A11 2 19 CE1
Decoder CE1 ROM
4Kx8Bit
A12 3 18 CE2
CE2 CS
A13 4 17 CE3
CS CE3
RAM1 A14 5 16
2Kx8Bit
CS A15 6 15

7 14
RAM2
16Kx8Bit 8 13
CS
9 12

Bild II-35 PAL-Baustein als Decoder 10 11

Sicherung des PAL-Bausteins zerstört bzw. nicht PIN


zerstört wurde. Die „0“ gibt die intakte und die „1“ CS 1
die unterbrochenen Fuse an. Man kann sich auch A11
vorstellen, es sei nur noch dort, wo sich die „0“
A11 2
befindet, eine Verbindung mit einem Eingang.
Bild II-36 zeigt einen Auszug aus der JEDEC-Datei
ab Adresse 0000. Die Adressen 0032 bis 0063 sind A12 3 A12
gesondert herausgezogen. Hier sind auch die intakten
Sicherungen in den Spalten 1, 4, 8, 12 und 16 ge- A13 4 A13
&
kennzeichnet. Sie stellen die jeweiligen Verbindun-
gen zu den Eingängen dar und sind UND-verknüpft. A14 5 A14
Mit dem CS-Anschluß wird der Decoder freigegeben
(Steuerung der 3-state-Ausgänge). A15 6 A15
Bild II-37 zeigt dies im Zusammenhang mit den
Eingängen für einen Ausgang. Bild II-37 Umsetzung der Gleichung für CE1

Spalte 0 1 4 8 12 16 31

L0032 10110111011101110111111111111111

&
PIN
A11 2

A12 3

A13 4

A14 5
Bild II-36
A15 6
Auszug aus der JEDEC-Datei und
Darstellung der UND-Verknüpfung

Die Funktionsbeschreibung einer Schaltung kann auch einem Compiler erzeugte JEDEC-Datei wird darauf-
mit einer Wertetabelle erfolgen (Beispiel 2). Zur Über- hin softwaremäßig mit einem Simulator getestet. Allen
prüfung können Testvektoren zugefügt werden. Die mit programmierten Zeilen ist eine Adresse zugeordnet.
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 581

 Beispiel 2: Mit dem PAL 16L8 soll eine 7-Segmentanzeige zur *L0000
Darstellung in hexadezimaler Form genutzt werden. Im Gegen- *L0032
satz zum Beispiel 1 erfolgt die Eingabe hier mit einer Wertetabel- *L0064
le. *L0096
Programm: HEX-Decoder mit 7-Segmentanzeige *L0128
Zuordnung der Eingangssignale zu den PAL-Anschlüssen: *L0160
A = pin 2 *L0256
B = pin 3 *L0288
C = pin 4 *L0320
D = pin 5 *L0352
*L0384
Ausgangssignale des Decoders:
*L0512
a = pin 19
*L0544
b = pin 18
*L0576
c = pin 17
d = pin 16
*L0608
e = pin 15
*L0640
f = pin 14
*L0672
g = pin 13
*L0768
*L0800
Wertetabelle: *L0832
D C B A : a b c d e f g *L0864
0 0 0 0 : 1 1 1 1 1 1 0 *L0896
0 0 0 1 : 0 1 1 0 0 0 0 *L0928
0 0 1 0 : 1 1 0 1 1 0 1 *L1024
0 0 1 1 : 1 1 1 1 0 0 1 *L1056
0 1 0 0 : 1 0 1 1 0 1 1 *L1088
0 1 0 1 : 1 0 1 1 0 1 1 *L1120
0 1 1 0 : 1 0 1 1 1 1 1 *L1152
0 1 1 1 : 1 1 1 0 0 0 0
*L1280
1 0 0 0 : 1 1 1 1 1 1 1
*L1312
1 0 0 1 : 1 1 1 1 0 1 1
*L1344
1 0 1 0 : 1 1 1 0 1 1 1
1 0 1 1 : 0 0 1 1 1 1 1
*L1376
1 1 0 0 : 1 0 0 1 1 1 0
*L1408
1 1 0 1 : 0 1 1 1 1 0 1
*L1440
1 1 1 0 : 1 0 0 1 1 1 1
*L1536
1 1 1 1 : 1 0 0 0 1 1 1
*L1568
*L1600
*L1632
Bild II-38 zeigt einen Auszug aus der JEDEC-Datei *L1664
und Bild II-39 einen Auszug aus der Fuse-Map. Die *L1696
Fuse-Map oder Fuse-Matrix, die ebenfalls vom Com- *C9B81
piler erzeugt wird, dient zur Dokumentation und zur *V1
*V2
Kontrolle. Sie beschreibt das logische Verhalten des *V3
Bausteins. Die Reihen und Spalten sind wie bei der *V4
Bausteinbeschreibung durchnumeriert. 8 Reihen
führen jeweils über das ODER-Gatter zum Ausgang. Bild II-38 Auszug aus der JEDEC-Datei (Beispiel 2)
Die Eingänge steuern die Spalten von 0 bis 31.
Die Kreuze in der Fuse-Map kennzeichnen hierbei ware setzt damit nicht nur die Wertetabelle um, sie
die Verbindungen zwischen Reihen und Spalten. vereinfacht auch gleichzeitig.
Nimmt man beispielsweise den Bereich der Reihen 0
bis 7 für den Ausgangsanschluß des Segments „a“, 8.3.3 GAL
PIN 19, kommt man zu folgender Gleichung: GAL’s (Generic Array Logic) sind von der Firma
a = /B ⋅ /C ⋅ D + B ⋅ C + /D ⋅ C + /D ⋅ B + /A Lattice Semiconductor entwickelt worden. Sie kön-
Hierbei gilt folgende Zuordnung: nen als eine Weiterentwicklung der PAL’s aufgefaßt
werden. Diese Bausteine können PAL’s ersetzen und
A = Spalte 0
bis zu 100mal elektrisch gelöscht und neu program-
/A = Spalte 1
miert werden. Nach Lattice wird ein Datenerhalt von
B = Spalte 4
20 Jahren garantiert. Die CMOS-Bausteine besitzen
/B = Spalte 5
TTL-kompatible Ein- und Ausgänge, und die Verzö-
C = Spalte 8
gerungszeiten liegen je nach Type zwischen 10 und
/C = Spalte 9
35 ns. Unbenutzte Eingänge sind wie bei allen MOS-
D = Spalte 12
Bausteinen mit +UCC oder GND zu verbinden. Die
/D = Spalte 13
Programmierung erfolgt mittels geeigneter Program-
Zum gleichen Ergebnis für das Segment „a“ kommt miergeräte. Das Auslesen der GAL-Funktion kann
man, wenn die Gleichung aus der Wertetabelle mit mit Hilfe einer programmierten Sicherheitszelle ver-
Hilfe einer KV-Tabelle vereinfacht wird. Die Soft- hindert werden (Kopierschutz). GAL’s besitzen ge-
582 Datentechnik

0 OE
1 +
2 + 8 OLMC 19
3 + !pin19
4 +
+ 2
5
6 +
7 +
8 OE 8 OLMC 18
9 +
10 +
+ !pin18 3
11
12 +
13 +
14 +
+ 8 OLMC
15 17
16 OE
17 + 4
18 +
19 + !pin17
20 +
21 + 8 OLMC 16
22 +
23 +
5
24 OE
25 +
26 +
27 + !pin16 8 OLMC 15
28 +
29 +
30 + 6
31 +
32 OE
33 + 8 OLMC 14
34 +
35 + !pin15
36 + 7
37 +
38 +
39 +
8 OLMC
OE 13
40
41 +
42 + 8
43 + !pin14
44 +
45 +
46 + 8 OLMC 12
47 +
48 OE 9
49 +
50 +
51 + !pin13
52 + 11
53 +
54 +
55 + Bild II-40 GAL 16V8
56 OE
57 +
58 + Zur Programmierung von GAL-Bausteinen sind
59 + !pin12
60 + Programmiergeräte erforderlich. Ihre Handhabung ist
61 + einfach, da sie nur an einem Computer angeschlossen
62 +
63 + werden. Der Schaltungsentwurf hängt vor allem von
den Möglichkeiten der zugehörigen Software ab. Die
pin2 3 4 5 6 7 8 9
eigentliche Programmierung erfolgt wie bei den PAL-
pin1 18 17 16 15 14 13 11 Bausteinen. Nach der Eingabe von Boole’schen
Bild II-39 Auszug aus der Fuse-Map (Beispiel 2) Gleichungen oder von Wertetabellen mit einem
Editor erzeugt ein GAL-Assembler die erforderliche
genüber PAL’s eine programmierbare Ausgangszelle JEDEC-Datei. Die Anschlußbelegung für den Pro-
(OLMC = Output Logic Macro Cell). grammierbetrieb unterscheidet sich vom Arbeitsbe-
Bild II-40 zeigt die innere Struktur dieses Bausteins trieb nach Bild II-42. An den Anschlüssen RAG0 bis
mit seiner Anschlußbelegung. Die programmierbare RAG5 erfolgt die Adressierung der 64 Zeilen des
UND-Matrix ist wie bei den PAL-Bausteinen aufge- Bausteins. Die Daten werden seriell mit dem An-
baut. Für jeden Ausgang ist eine programmierbare schluß CLK dem Dateneingang SDIN zugeführt und
Ausgangszelle vorgesehen. zu Kontrollzwecken (verify) dem Datenausgang
Bild II-41 zeigt eine der OLMC’s im Zusammenhang SDOUT entnommen.
und ihre Programmiermöglichkeiten. Je nach zuge- Bild II-43 zeigt das Prinzip mit der Zuordnung der
führtem Kontrollwort ergibt sich eine der aufgeführ- Adressen. Am Anschluß P, /V wird dem Baustein
ten Ausgangskonfigurationen. mitgeteilt, ob programmiert oder ob Daten ausgelesen
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 583

OLMC als Ausgang OLMC als Eingang

VCC
UND-Matrix

UND-Matrix
™1

=1

XOR(n)

OLMC als Ein-/Ausgang OLMC als Registerausgang


UND-Matrix

UND-Matrix
™1 ™1

=1 =1 1D

C1

Bild II-41
OLMC und ihre
Programmier-
XOR(n) XOR(n) CLK OE
möglichkeiten

Normalbetrieb Programmierbetrieb

GAL16V8 GAL16V8

1 I/CLK VCC 20 1 VIL VCC 20

2 I I/O/Q 19 2 EDIT P/V 19

3 I I/O/Q 18 3 RAG1 RAG0 18

4 I I/O/Q 17 4 RAG2 VIL 17

5 I I/O/Q 16 5 RAG3 VIL 16

6 I I/O/Q 15 6 RAG4 VIL 15

7 I I/O/Q 14 7 RAG5 VIL 14

8 I I/O/Q 13 8 SCLK VIL 13

9 I I/O/Q 12 9 SDIN SDOUT 12


Bild II-42
10 GND I/OE 11 10 GND STR 11 Anschlußbelegung im Arbeits- und
Programmierbetrieb
GAL OLMC

CLK
SDIN Schieberegister SDOUT
63 32 31 0
0

Matrix Matrix

31
32 Elektr. Signatur Elektr. Signatur

33
Reservierter Adreßbereich
59

60 Architektur-Kontrollwort 82 Bits
61 SECURITY CELL
62 RESERVED Bild II-43
63 BULK ERASE Interne Struktur des GAL 16V8
584 Datentechnik

werden sollen. Im Programmierbetrieb muß dem grammierdaten werden dem Baustein über ein Inter-
Anschluß EDIT eine Spannung von 16,5 V zugeführt face von der Druckerschnittstelle des PC zugeführt.
werden. pLSI- und ispLSI-Familie:
8.3.4 pLSI, ispLSI
Type 1016 1024 1032 1048
pLSI- (programmable Large Scale Integration-)Bau- fmax 80 80 80 70
steine und ispLSI (in-system pLSI)-Bausteine der (MHz)
Firma Lattice gehören zu den PLD’s, mit denen auch tpd (ns) 15 15 15 20
komplexere Schaltungen realisiert werden können. Im GLB’s 16 24 32 48
Bild II-44 ist die Struktur dieser Bausteine bei- Register 96 144 192 288
spielhaft dargestellt. Tabelle II-6 gibt eine Übersicht I/O 36 54 72 106
über die Familienmitglieder. Pin/Ge- 44/PLCC 68/PLCC 84/PLCC 120/PQFP
Im GRP (Global Routing Pool) liegen die Verbin- häuse
dungen zu den GLB’s (Generic Logic Blocks) und zu
den Ein- und Ausgängen. Das Prinzip eines GLB
 Beispiel: Schalter ispGDS22
beschreibt Bild II-45. Über 18 Eingänge können Es handelt sich hierbei um programmierbare Schalter (GDS =
20 Produktterme gebildet und den Ausgängen kombi- General Digital Switch) der Firma Lattice Semiconductor. Sie
natorisch über AND, OR oder XOR oder über Regis- ersetzen die bekannten mechanischen DIP-Schalter. Die Be-
ter zugeführt werden. Bei den Registern kann man zeichnung isp (in-system programmable) bedeutet, daß es sich um
einen im System programmierbaren Baustein handelt. Weitere
zwischen D-, T- und JK-Registern wählen. Bausteine dieser Serie sind die IC’s ipsGD18 und ipsGD14. Sie
Zur Programmierung der ispLSI-Bausteine ist kein unterscheiden sich nur in der Zahl der Anschlüsse und damit der
externes Programmiergerät erforderlich. Die Pro- Anzahl der programmierbaren Schalter.

I/O I/O I/O I/O IN

RESET
Output Routing Pool

Generic Logic Block D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0 IN

A0 C7
I/O I/O
A1 C6
Output Routing Pool

Output Routing Pool

A2 C5
I/O I/O
A3 C4

A4 C3
I/O I/O
A5 C2
Global Routing Pool
A6 C1
I/O I/O
A7 C0

SDI/IN B0 B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7
MODE/IN 1 Clock
Output Routing Pool Network

ispEN
I/O I/O I/O I/O

Bild II-44 Baustein 1032

Product
Term Ausgänge zu
von GRP Logic Array OLMC
18 20 Sharing 4 4 GRP, ORP oder I/O
Array

Bild II-45 Prinzip GLB


II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 585

Schaltermatrix
A0 I/O Cell

A1 I/O Cell ispGDS22


1 A0 B0 28
A2 I/O Cell
2 A1 B1 27
A3 I/O Cell 3 A2 B2 26
4 SDIN SDOUT 25
A4 I/O Cell 5 A3 B3 24
6 A4 B4 23
A5 I/O Cell 7 VCC B5 22
8 A5 GND 21
A6 I/O Cell
9 A6 B6 20
A7 I/O Cell 10 A7 B7 19
11 MODE SCLK 18
A8 I/O Cell 12 A8 B8 17
13 A9 B9 16
A9 I/O Cell 14 A10 B10 15
A10 I/O Cell

Bild II-46 Schaltermatrix


und Bausteinanschlüsse
B10 B9 B8 B7 B6 B5 B4 B3 B2 B1 B0 des ipsGDS22

Über eine programmierbare Schaltermatrix (Bild II- und C1 L-Pegel besitzt. Durch C0 = „0“ wird der
46) können jeweils Schalterverbindungen von Ax 3-state-Treiber, der das Signal vom Multiplexer er-
nach Bx hergestellt werden. Hierbei ergeben sind hält, gesperrt.
nach Bild II-47 verschiedene Konfigurationsmöglich- Die Programmierung des Bausteins kann beispiels-
keiten. Der Baustein erlaubt Signallaufzeiten von weise über eine parallele Schnittstelle eines Mikro-
7,5 ns und benötigt einen Strom im Stand-by-Betrieb controllersystems oder über den PC und ein Interface
von 25 mA. direkt erfolgen. Hierbei sind jeweils nur 4 Zuleitungen
In der Funktionstabelle sind die verschiedenen Pro- nötig (Bild II-48). Die Programmierdaten müssen mit
grammiermöglichkeiten aufgeführt. Beispielsweise Hilfe eines Taktes (CLK) seriell am Bausteinanschluß
ist der Schalter S nur geschlossen, wenn C0 H-Pegel SDIN eingelesen werden. Die Betriebsart wird am
Anschluß MODE durchgeführt, und die Kontrolle
erfolgt durch Lesen der Daten am PIN SDOUT.
I/O Macrocell Konfiguration
Bild II-49 beschreibt über das State-Diagramm die
notwendigen Programmierzustände. Die Pegelzu-
S
stände sind für die Signale MODE und SDIN be-
MUX
C1 0 0 schrieben. Um beispielsweise die Identifikations-
C2 1 G nummer des Bausteins lesen zu können, wird der
3
Q

Schalter
Matrix VCC
MC-System ispGDS
C0

Funktionstabelle
SDIN
C2 C1 C0 Q Bemerkung
SCLK
0 0 0 0 (TTL Low)
MODE
0 1 0 1 (TTL High) SDOUT
1 0 0 0 (Aktiv Low) I/O-Port
1 1 0 1 (Aktiv High)
1 0 1 X (Eingangspegel)

Bild II-47 Konfigurationsmöglichkeiten Bild II-48 Anschluß an ein MC-System


586 Datentechnik

State Diagramm

Load Shift Load Execute


ID ID Command Command

HL LX LX LX
Idle State Shift State Execute State
HH HH
(Normal (Load (Execute
Operation) Commands) Command)

HL

nach Datenblatt der Firma Lattice

Bild II-49 State-Diagramm

Baustein mit MODE = „H“ und „SDIN“ = „L“ unter L0121


Zuführung eines Taktes am Anschluß SCLK in den 00000000000000000000000000000000*
Ausgangszustand (Normal Operation) gebracht. An- L0153
schließend wird mit 7 Takten die 8-Bit-Information 0001110000011111100111*
am Anschluß SDOUT ausgegeben. L0175
Die einfache Programmierung dieses Bausteins zeigt 1110011011111100011000
das nachfolgende Programm: Die Schalterfunktion ist L0197
aus der Zuweisung der PIN’s ersichtlich. PIN 20 soll 1111110011111111111111*
aktiv „H“ und PIN 19 aktiv „L“ sein. C1464*

title = ‘Stupid cross connect test’ Für viele Logik-Compiler besteht die Schaltungsbe-
„device = ispgds22 schreibung aus einem Deklarationsteil und einer Be-
„Network schreibung der gewünschten Logik. Im Deklarations-
pin 27 = pin 2 teil wird der gewählte Baustein eingetragen und in
pin 26 = pin 3 einem weiteren Teil erfolgt für die Anschlußbelegung
pin 5 = pin 24 eine gewünschte sinnvolle Namenszuordnung (Defi-
pin 6 = pin 23 nition der Signale). Bei einigen Compilern sind
pin 20 = h Kenntnisse über die Innenschaltung des Bausteins
pin 19 = l (Datenbuch) zur Beschreibung erforderlich, um Ein-
pin 17 = pin 8 und Ausgänge nicht zu vertauschen. Andere Compi-
pin 16 = pin 9 ler geben eine Maske mit der Anschlußbelegung des
pin 15 = pin 10 Bausteins aus. Das nachfolgende Programm dient als
Beispiel.
JEDEC file for ispGDS22, created by GASM v1.0 title = ‘Schalter Test1’
* „
F0* device = ispgds18
QP28*QF219 „Network
L0000 pin 24 = pin 1
11111111110 pin 24 = pin 1
11111111101 pin 24 = pin 1
11111111011 pin 24 = pin 1
11111110111 pin 24 = pin 1
11111101111 pin 24 = pin 1
11011111111 pin 24 = pin 1
1011111111 pin 24 = pin 1
0111111111 pin 24 = pin 1
1111111111
1111111111
1111111111*
II Integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik 587

Nach Aufruf des Assemblers erscheint die nachfol- 9 Gehäuse


gende Meldung:
GASM: ispGDS Assembler Die Hersteller bieten digitale Schaltungen in unter-
copyright © 1992 Lattice Semiconductor, written by schiedlichen Gehäusen an. Bei den Standardbaustei-
Guy Townsend nen verwendet man hauptsächlich das DIL-(Dual-In-
Reading Source File Line-)Gehäuse. Der PIN-Abstand beträgt hierbei 1/10
Fuse Checksum = Inch (2,54 mm). Bei Prozessoren und Controllern
JEDEC file successfully written to disk werden PLCC-(Plastic Leadless Chip Carrier-) Ge-
DOC file successfully written to disk häuse eingesetzt. Das nachfolgende Bild II-50 gibt
Der JEDEC file gibt Aufschluß über die jeweiligen eine Übersicht gängiger Gehäuseformen mit ihren
Verbindungen, die an der „0“ zu erkennen sind. Bezeichnungen.
JEDEC file for ispGDS18, created on 1/4/1994
Created by GASM v1.0

P-LCC44

P-DIP 14 1-40

14

1
Plastic package
(Plastic dual inline package)

40-LEAD TSOP
C-QFP-24
24
1

Ceramic package

1
P-ZIP-20/19 C-PGA 68

68

Plastic zigzag inline package Bild II-50


Ceramic pin grid array Gehäuseformen
588 Datentechnik

III Mikrocomputertechnik

1 Komponenten eines Mikrocomputers 2 Mikroprozessoren


Mikrocomputer (Bild III-1) bestehen aus hochinte- 2.1 Allgemeines
grierten Funktionseinheiten wie der Zentraleinheit
(CPU = Central-Process-Unit), dem eigentlichen Mi- Man unterscheidet nach der Architektur der CPU
kroprozessor, Speichereinheiten, wie ROM (Read CISC-Prozessoren (Complex Instruction Set Compu-
Only Memory = Nur-Lese-Speicher) und RAM (Ran- ter), RISC-Prozessoren (Reduced Instruction Set
dom-Access Memory = Schreib-Lese-Speicher), die Computer) und Signalprozessoren. Das RISC-
das auszuführende Programm in Maschinensprache Konzept unterscheidet sich von der in PC’s (Personal
enthalten sowie Ein- beziehungsweise Ausgabeeinhei- Computer) eingesetzten CISC-CPU, die viele Befehle
ten, die die Verbindung mit peripheren Geräten wie mit komplexen Funktionen und damit mehreren Ma-
Steuer- und Meßeinrichtungen oder Bildschirm, schinenzyklen besitzt, im wesentlichen durch einen
herstellen. gekürzten, einfacheren Befehlssatz und durch eine
schnellere Befehlsabarbeitung, da die meisten Befeh-
le nur einen Maschinenzyklus benötigen. Während
MP RISC- und CISC-Prozessoren nach dem Prinzip der
Rechnerarchitektur arbeiten, wie sie von Von Neu-
mann entwickelt wurde, besitzen digitale Signalpro-
Zentraleinheit zessoren eine Architektur, bei der die Bussysteme für
Daten und Programme getrennt sind. Alle Befehle,
die von der CPU ausgeführt werden können, stellen
den Befehlssatz (Instruction Set) des Prozessors dar.
Der Mikroprozessor kann nur Befehle ausführen, die
in binärer Form vorliegen (Maschinensprache). Der
von den Prozessoren angesprochene mögliche Adreß-
raum ist von der Anzahl seiner Adreßleitungen ab-
Speichereinheit
hängig. Hieraus ergibt sich die mögliche Informa-
tionsmenge (Speicherkapazität), die der Prozessor
verarbeiten kann. Der Adreßbus ist unidirektional
ausgelegt, da die Adressen nur von der CPU aus
übertragen werden, während der Datenbus, über den
der gesamte Datenverkehr abgewickelt wird, bidirek-
tional ausgelegt ist, weil Daten von der CPU und zur
Ein/Ausgabe CPU gelangen müssen. Eine wichtige Kenngröße ist
die Breite des Datenbusses. Man unterscheidet je
nach Datenverarbeitungsbreite 8-Bit-, 16-Bit-, 32-Bit-
und 64-Bit-Prozessoren. Die Leistungsfähigkeit von
Prozessoren wird durch die Zahl möglicher Befehle
pro Sekunde (MIPS = Million Instructions Per Se-
Peripherie cond) bestimmt. Dies hängt wesentlich von der Takt-
frequenz ab, mit der das System arbeitet. Mit dem
Steuerbus bestimmt die CPU, mit welchen Baugrup-
Bild III-1 Mikrocomputersystem pen (z.B. Speicher oder E/A-Bausteine) eine Kom-
munikation stattfinden soll.
Ein- und Ausgabeeinheiten werden auch als Schnitt- 2.2 Architektur
stellen (Interfaces) bezeichnet. CPU, Speicher und
E/A-Einheit ergeben die Hardware des Mikrocompu- Mikroprozessoren besitzen weitgehend gleiche
ters. Untereinander verbunden sind die Hardware- Grundfunktionseinheiten wie Steuerwerk, Rechen-
komponenten durch Leitungen, denen unterschiedli- werk und Speicher- oder Registerwerk. Über ein in-
che Aufgaben zugeordnet sind. Die jeweils parallel ternes Bussystem (Adressen-, Daten- und Steuerbus)
liegenden Leitungen werden auch Bussystem genannt. erhält der Prozessor Zugang zu den Einheiten des
Man unterscheidet daher nach Daten-, Adreß- und Mikrocomputers. Das Steuerwerk holt einen Befehl
Steuerbus. Damit der Mikroprozessor Funktionen von einer externen Speicherstelle zur CPU und deco-
ausführen kann, ist außerdem Software erforder- diert ihn im Befehlsregister. Unter eventueller Einbe-
lich, wie beispielsweise das Betriebs- oder Startpro- ziehung von Rechen- und Registerwerk veranlaßt das
gramm. Steuerwerk dann die Ausführung des Befehls. Der
III Mikrocomputertechnik 589

Befehl
aus dem Speicher
holen

Steuerwerk
Befehls- Befehl
Decodierung Rechenwerk Speicherwerk dekodieren

Befehls-
Ausführung
Befehl
ausführen
Bild III-2 Operationsprinzip

Steuerwerk Rechenwerk

Interner Datenbus
Befehls- Flag- Arbeits-
Register Register Register
Befehls-
Decoder

Akkumulator Stapel-
Steuerung ALU zeiger
Zwischen- Befehls-
Register zähler
Adreßbus
Steuer- und Meldeleitungen

Bild III-3 Blockbild einer CPU

Mikroprozessor arbeitet dabei in zyklischen Zeit- durchgeführt werden können. Das Kennzeichen-,
abläufen. Er liest einen Befehl (Fetch), führt die Ope- Status- oder Flagregister gibt Aufschluß über die Er-
ration durch (Execute) und holt den nächsten Befehl gebnisse der Operationen, beispielsweise ob das
(Von Neumann Architektur und Operationsprinzip) Ergebnis Null (Zero) war oder ob ein Übertrag (Car-
(Bild III-2). ry) aufgetreten ist. Es wird so möglich, in Abhängig-
Die Aufgabe des Steuerwerkes besteht in der Befehls- keit der Zustandsbits Sprünge zu programmieren
annahme durch ein Befehlsregister (Instruction- (siehe auch Abschnitt Maschinensprache). Dem
Register), der anschließenden Decodierung und der Rechenwerk ist ein Speicherwerk angeschlossen. Dort
Steuerung zur Durchführung des Befehls. Bei der befinden sich allgemeine Register (Arbeitsregister),
Decodierung wird die eingehende Bit-Folge in ein in denen vorübergehend Zwischenergebnisse abge-
Mikroprogramm umgewandelt. Ferner muß das speichert werden können. Ein Register besitzt meist
Steuerwerk auf externe Signale reagieren. Beispiels- eine auf ein Datenwort beschränkte Kapazität (8-, 16-
weise muß nach einem RESET der Anfangszustand oder 32-Bit).
der CPU erreicht werden. Bild III-3 zeigt schematisch Register mit bestimmten Aufgaben sind der Befehls-
die wesentlichen Bestandteile eines Prozessors, die zähler (Program-Counter) und der Stapelzeiger
nachfolgend beschrieben und am Beispiel der 8-Bit- (Stackpointer). Der Befehlszähler zeigt immer auf die
Prozessoren 8085 und Z80 konkretisiert werden. nächstfolgende Adresse, die der Prozessor abarbeiten
Das Rechenwerk mit dem Akkumulator und dem soll. Er erhöht sich nach jedem Adressenaufruf auto-
Zwischenregister, in denen sich die Operanden befin- matisch jeweils um 1 und legt damit die Reihenfolge
den, kann arithmetische und logische Operationen mit der Operationen fest. Speicherstelle für Speicherstelle
Hilfe der ALU (Arithmetic-Logic-Unit) durchführen. wird somit nacheinander abgearbeitet (Bild III-4).
Die ALU besteht im Prinzip aus einem Parallelad- Nur bei Sprungbefehlen, Unterprogrammaufrufen
dierwerk und einer logischen Einheit, mit der die oder Unterbrechungsanforderungen wird der Befehls-
Verknüpfungen NICHT, UND, ODER und XOR zähler auf einen neuen Wert gesetzt.
590 Datentechnik

Speicher chungsanforderungen) oder Unterprogrammaufrufen


Adresse Inhalt die Hauptprogrammadresse zu speichern, um nach
0000 Befehl 1 Rückkehr in das Hauptprogramm bei richtiger Adres-
0001 Befehl 2 se mit dem Programm fortfahren zu können (siehe
Befehlszähler 0002 Befehl 3 auch Abschnitt Maschinensprache). Außerdem dient
er zur Datensicherung der Arbeitsregister des Haupt-
0000 programms, wenn einzelne Register im Unterpro-
0001 gramm benötigt werden.
0002
+1
Um die genaue zeitliche Folge der Vorgänge (Tim-
ing) durchführen zu können, benötigt der Prozessor
einen quarzgesteuerten Taktgenerator. Dieser liefert
Bild III-4 Prinzip Befehlszähler Lifo-Prinzip das Bezugssignal für alle Abläufe in einem Mikro-
prozessorsystem und bestimmt damit die Arbeits-
Der Stapelzeiger (siehe auch Abschnitt Maschinen- geschwindigkeit des Mikrocomputers. Bei einigen
sprache) ist ein besonderer Adressenzeiger, der im- Prozessoren ist der Generator integriert, so daß
mer auf die Adresse des Stapelspeichers zeigt, in der nur noch ein externer Quarz angeschlossen werden
die letzte Eingabe erfolgte (Ende des Stack). Als muß.
Stapelspeicher (Stack oder Kellerspeicher) kann jeder
beliebige Teil des Arbeitsspeichers (RAM) verwendet
2.3 Übersicht gängiger Mikroprozessoren
werden. Bei jeder Dateneingabe wird der Stapelzeiger Tabelle III-1 zeigt Beispiele gängiger Mikroprozesso-
decrementiert (erniedrigt), so daß sich der „Stapel“ ren mit möglichem Adreßraum, Daten- und Adreß-
von einer vorgegebenen Adresse zu immer niedrige- busbreite und Taktfrequenz. Die Mikroprozessoren
ren Adressen aufbaut. Die Daten werden in der Rei- einer Familie mit weitergehenden Eigenschaften
henfolge, in der sie eintreffen, auf den Stack gebracht können Maschinenprogramme ihrer Vorgängertypen
und müssen in umgekehrter Reihenfolge zurückge- ausführen, sie sind also aufwärtskompatibel.)
holt werden (Bild III-5). Man bezeichnet ihn daher
auch als LIFO-Speicher (Last In, First Out). 2.4 8-Bit-Mikroprozessoren
Aufgabe des Stack ist es, bei Interrups (Unterbre-
2.4.1 8085-CPU
Last in Bild III-6 zeigt die Pinbelegung (Anschlußbelegung)
First out und den Registerplan, Bild III-7 die Architektur des
Prozessors. Tabelle III-2 gibt die Bedeutung der
Anschlüsse wieder. Der Prozessor 8085 ist mit den
Daten 8-Bit-Arbeitsregistern B, C, D, E, H und L und den
Daten 16-Bit-Registern Stapelspeicher, Befehlszähler und
Adressenzwischenspeicher ausgestattet. Die Arbeits-
Daten register B/C, D/E und H/L stehen für die Daten-
Bild III-5 speicherung und bei der Durchführung von Befehls-
Arbeitsspeicher Lifo-Prinzip operationen zur Verfügung.

Tabelle III-1 Übersicht gängiger Mikroprozessoren

Typ Adreßraum Datenbus Adreßbus Taktfrequenz


Adreß-/Datenbus

6502 64 kByte D0 ... D7 A0 ... A15 4 MHz


Z80 64 kByte D0 ... D7 A0 ... A15 4 MHz
8080 64 kByte AD0 ... AD7 A8 ... A15 4 MHz
8085 64 kByte AD0 ... AD7 A8 ... A15 4 MHz
8086 1 MByte AD0 ... AD15 A16 ... A19 10 MHz
68000 16 MByte D0 ... D15 A0 ... A23 16 MHz
80286 16 MByte D0 ... D15 A0 ... A23 16 MHz
68020 4 GByte D0 ... D31 A0 ... A31 16 MHz
80386 4 GByte D0 ... D31 A0 ... A31 16 MHz
80486 4 GByte D0 ... D31 A0 ... A31 25 MHz

1
) Die Entwicklung führt zu immer schnelleren Prozessoren. Der z.Zt. in PC’s eingesetzte Pentium besitzt eine Busbreite von 64 Bit und arbeitet mit
über 200 MHz (66 MHz extern).
III Mikrocomputertechnik 591

8085
1 12
X1 AD0
13
AD1
14
AD2
15
AD3
2 16
X2 AD4
17
AD5
18
AD6
9 19
RST5 AD7
8 21
RST6 A8
7 22
RST7 A9
23 Akkumulator Flag-Register
A10
10 24
INTR A11
6 25
TRAP A12 B-Register C-Register
36 26
RESIN A13
27
A14 D-Register E-Register
39 28
HOLD A15
35 READY
32 H-Register L-Register
RD
5 31
SID WR
37
CLKO
30 Stapelzeiger
ALE
29
S0
33
S1
34 Befehlszähler
IO/M
38
HLDA
3
RESO
4
SOD Bild III-6
11
INTA
PIN-Belegung und Registerplan der 8085 CPU

SOD SID INTA INTR RST5.5 RST6.5 RST7.5 TRAP


Steuerung für
serielle Unterbrechungssteuerung
Ein- und Ausgabe

Befehls- Akkumulator Zwischen- Flag-


B-Register C-Register
Register Register Register

D-Register E-Register

Decoder H-Register L-Register


ALU
Stapelzeiger

Befehlszähler
X1
X2 Adressen-
CLK zwischenspeicher
Zeit- und Ablaufsteuerung
READY
RESET IN
Adressenpuffer Daten/Adressen-
RESET OUT
HLDA HOLD IO/M SI SOWR RD ALE puffer
A8..A15 AD0..AD7
Adreßbus Adreß/Datenbus
Bild III-7 8085-Prozessor CPU
592 Datentechnik

Tabelle III-2 Bedeutung der Anschlüsse

AD0 ... AD7 Adreß-/Datenbus


A8 ... A15 Adreßbus
/RD Ausgangssignal zum Lesen einer Speicherstelle oder eines Portbausteins
/WR Ausgangssignal zum Schreiben einer Speicherstelle oder eines Portbausteins
ALE Steuersignal zur Adressenzwischenspeicherung des L-Adreßbytes
X1, X2 Quarzanschluß
IO//M E/A-Bausteine und Speicherunterscheidung
S0, S1 Kontrollsignale und Statussignale
Trap Interrupteingänge mit festen Verzweigungsadressen
RST7.5, RST6.5, RST5.5 Interrupteingänge mit festen Verzweigungsadressen
INTR Interrupteingang mit vereinbarter Verzweigungsadresse
/INTA Interruptbestätigung von INTR
SID Serieller Eingang
SOD Serieller Ausgang
HOLD Eingang zur Abkopplung der CPU (Aufruf externer Geräte)
HLDA Bestätigung von HOLD durch die CPU
/RESET IN Rücksetzen (ADR 0000)
RESET OUT Quittung auf RESET IN
READY Wartezustand der CPU

Akkumulator, Zwischenregister und ALU mit Flag- = 16 kByte groß. Da der zeitliche Verlauf der Daten
register und Befehlsregister sind ebenfalls für die und Adressen bei Darstellung jeder Bit-Position un-
Aufnahme von 8 Bit konstruiert. Die Arbeitsregister übersichtlich wird, werden hier Daten- und Adressen-
B/C, D/E und H/L können als Registerpaare (RP) inhalte schematisch in einem Liniendiagramm zusam-
zusammengefaßt werden, um 16 Bit aufnehmen zu mengefaßt. Bild III-10 verdeutlicht dies an einem
können. Beispiel.
Die Funktionen innerhalb des Prozessors werden
durch die Zeit- und Ablaufsteuerung bestimmt. Der 8085
Baustein besitzt hierzu einen internen Generator, der AD0/AD7 D0..D7
nur von einem zusätzlichen Quarz beschaltet werden
muß. Eine Taktgeberschaltung erzeugt die entspre-
chenden Taktsignale. Der Ausgang CLK gibt die
1D A0..A7
halbe Quarzfrequenz aus (Bild III-8).
EN
CPU + ALE C

1 A8..A15 A8..A15
1D
X1
C1

X2 Bild III-9 Adressenzwischenspeicher

Während die Adressen A8 bis A15 konstant bleiben,


werden die Adressen A0 ... A7 und Daten D0 bis D7
CLK OUT
umgeschaltet. Adressen und Dateninhalte werden
immer in hexadezimaler Form angegeben. Die Dar-
Bild III-8 Takterzeugung stellung des Zusammenwirkens aller Signale auf dem
Bussystem bezeichnet man als Bustiming. Bild III-11
Der Adreßbus ist 16 Bit breit. A0 bis A7 (nieder- zeigt die beteiligten Signale während eines Speicher-
wertiges Adreßbyte) wird über den Daten-/Adreßbus schreib- und Lesezugriffs.
AD0 bis AD7 im Zeitmultiplexbetrieb übertragen. In Datenbüchern findet man häufig zusätzlich Pfeile
Mit Hilfe der Steuerleitung ALE (Address Latch im Zeitliniendiagramm, die gegenseitige Abhängig-
Enable) können die Adressen zwischengespeichert keiten kennzeichnen. Sind weder Daten noch Adres-
werden (Bild III-9). sen vorhanden, ist der Bus im Ruhezustand; er ist
Die Anschlüsse A8 bis A15 entsprechen dem höher- hochohmig. Dies ist durch die gestrichelte Linie bei
wertigen Adreßbyte des Adreßbusses. Mit 16 Adreß- den Signalen AD0 ... AD7 im Lesezyklus dargestellt.
leitungen wird der mögliche Adreßraum 216 = 65 536 Beim Lesezyklus gibt die CPU zunächst die 16-Bit-
III Mikrocomputertechnik 593

Adresse Daten Darstellung im Liniendiagramm


0 1
AD0
0 1 A0..A7 D0..D7
AD1
0 0 10 EB
AD2
0 1
AD3
0
AD4 1
0 1
AD5
0 1
AD6
0 1
AD7

A8 1

A9 1 A8..A15

A10 1 EF
A11 1
0
A12

A13 1 Adresse: 10EF


Daten: EB
A14 1

A15 1 Bild III-10


t Darstellung der Daten und Adressen

T1 T2 T3 T1 T2 T3

CLK CLK

A8..A15 A8..A15

IO/M IO/M
A0.A7 D0..D7 A0.A7 D0.D7
AD0..AD7 AD0..AD7

ALE ALE

WR RD

Speicher schreiben Speicher lesen

Bild III-11 Bustiming Daten Adressen


594 Datentechnik

Adresse auf den Adreßbus. Mit dem Taktsignal ALE die CPU mit, ob sie lesen oder schreiben will. Hierbei
wird eine Adressenspeicherung A0 bis A7 ermög- ist eine Verknüpfung mit den Adreßsignalen notwen-
licht, und die Leseaufforderung an /RD geht danach dig, damit ein bestimmter E/A-Baustein adressiert
auf „L“-Pegel. Der Datenbus wird kurz hochohmig oder eine bestimmte Speicherzelle beschrieben oder
und gibt dann dem angewählten Speicherplatz die ausgelesen werden kann. Die Unterscheidung zwi-
Möglichkeit, Daten auf den Datenbus zu bringen. Die schen Speicher und I/O-Baustein wird mit der Steuer-
Daten stabilisieren sich auf dem Bus und werden leitung IO, /M durchgeführt. Bei „L“ an diesem Aus-
gelesen. Mit der ansteigenden Flanke des RD-Signals gang wird lesend oder schreibend auf den Speicher
ist der Vorgang beendet. Beim Schreibzyklus werden und bei „H“ auf einen I/O-Baustein zugegriffen.
die Daten sofort nach dem L-Byte der Adresse von Zur Unterscheidung zwischen Speicher und I/O-
der CPU ausgegeben. Für den Schreib- oder Lese- Baustein kann auch ein Decoder eingesetzt werden.
zyklus sind jeweils drei Taktzyklen erforderlich. Wird der Decoder entsprechend Bild III-12 ange-
Der Steuerbus kann mit seinen Anschlüssen in unter- schlossen, erhält man an den gekennzeichneten Aus-
schiedliche Aufgabenbereiche gegliedert werden. Die gängen das Signal für „Speicher lesen (/MR)“, „Spei-
System-Kontrollsignale steuern die Baugruppen wie cher schreiben (/MW)“, „Ein-Ausgabebaustein lesen
z.B. RD, WR, IO/M, die an das Mikrocomputer- (/IOR)“ und „Ein- und Ausgabebaustein schreiben
system unmittelbar angeschlossen sind. Mit Low am (/IOW)“. Dies läßt sich über die Funktionstabelle
Ausgang /RD oder /WR (Low-aktive Ausgänge) teilt (Tabelle III-3) des 74LS138 leicht nachvollziehen.

8085
X1 AD0
AD1
AD2
AD3
X2 AD4 IO/M RD WR MR MW IOR IOW
AD5
AD6
RST5 AD7 74LS138 0 0 1 0 1 1 1
RST6 A8
RST7 A9 0 1 0 1 0 1 1
A10 DEC
INTR A11 0 1 0 1 1 1 0 1
TRAP A12 0 0 1 1 0 1 1 1 0
RESIN A13
G 1 MR
A14
HOLD A15 3 7 2 MW
READY
RD 3 IOR
SID WR
CLKO + 4 IOW
ALE
S0 5
S1
IO/M 6 Bild III-12 Steuerung der Schreib- und
HLDA &
RESO 7 Lesesignale mit Decoder
SOD
INTA

Tabelle III-3 Funktionstabelle 74LS138

E1 E2 E3 A0 A1 A2 Y0 Y1 Y2 Y3 Y4 Y5 Y6 Y7
1 x x x x x 1 1 1 1 1 1 1 1
x 1 x x x x 1 1 1 1 1 1 1 1
x x 0 x x x 1 1 1 1 1 1 1 1
0 0 1 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1
0 0 1 1 0 0 1 0 1 1 1 1 1 1
0 0 1 0 1 0 1 1 0 1 1 1 1 1
0 0 1 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 1
0 0 1 0 0 1 1 1 1 1 0 1 1 1
0 0 1 1 0 1 1 1 1 1 1 0 1 1
0 0 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 0 1
0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0
III Mikrocomputertechnik 595

Die CPU unterscheidet zwischen folgenden Zeit- Mit RESET IN wird der Programmzähler auf die
abläufen: Operationsholzyklus, Speicherlese- und Adresse 0000 gesetzt, und die Interrupteingänge
-schreibzyklus, E/A-Lese- und Schreibzyklus, In- werden gesperrt. Eine Bestätigung wird an RESET
terruptquittung und Bus-Ruhezustand. Allgemein OUT durchgeführt. Damit können weitere Bausteine
spricht man von Maschinenzyklen, die in unter- zurückgesetzt werden. In Bild III-21 ist eine übliche
schiedlichen Verbindungen einen Befehlszyklus be- RESET-Schaltung mit dargestellt. Beim Einschalten
schreiben. Der Maschinenzyklus selbst besteht wieder wirkt der Kondensator C als Kurzschluß und ermög-
je nach Aufgabe aus einer unterschiedlichen Anzahl licht durch „L“ einen RESET. Die Diode V sorgt für
von Taktzyklen. In Bild III-13 ist der Zusammenhang ein schnelles Entladen des Kondensators, so daß bei
zwischen Takt-, Maschinen- und Befehlszyklus an kurzzeitigem Aus- und Einschalten des Systems
einem Beispiel aufgezeichnet. RESET wieder wirksam wird.

Taktzyklus
Speicher

00111110
Operationscode- Speicher- Befehl
holzyklus lesezyklus 11111111

Maschinenzyklus 1 Maschinenzyklus 2
Daten
Befehlszyklus Operationscode

1. Speicherstelle lesen 2. Speicherstelle lesen


Bild III-13 Takt-, Maschinen- und Befehlszyklus

Der erste Maschinenzyklus ist immer ein Operations- Bei READY „L“ geht die CPU in den Wartezustand,
codeholzyklus. In ihm ist der Operationscode (OP- bis READY wieder „H“ wird. Dieser Anschluß dient
Code), und damit alle Steuerungsvorgänge für den zur Steuerung externer Geräte, die langsamer als die
Prozessor, enthalten. Ob weitere Maschinenzyklen CPU sind. Der READY-Eingang kann auch zur
folgen, hängt von dem entsprechenden Befehl ab. schrittweisen Überprüfung von Programmen genutzt
Obwohl der Operationscodeholzyklus auch vom Prin- werden.
zip her ein Speicherlesezyklus ist, besitzt er im Gegen- Bus-Kontrollsignale ermöglichen einem anderen Pro-
satz hierzu einen Taktzyklus mehr, weil während dieser zessor oder auch Massenspeichern Zugriff auf das
Zeit die Decodierung im Befehlsregister erfolgen muß. CPU-eigene Bussystem (DMA, Direct Memory Ac-
Im aufgeführten Beispiel bekommt der Prozessor mit cess = direkter Speicherzugriff). Das Bussystem wird
dem OP-Code (Maschinenzyklus 1), der aus dem von der CPU abgekoppelt. Hierzu zählen die An-
Speicher geholt und zur Decodierung dem Befehlsregi- schlüsse HOLD und HLDA. Bild III-14 zeigt das
ster zugeführt wird, gesagt, daß er den Inhalt der nach- Prinzip.
folgenden Speicherstelle in den Akkumulator laden Wünscht der MP2 (Mikroprozessor) einen Speicher-
soll. Folglich befördert der nächste Maschinenzyklus zugriff, so gibt er eine Meldung „H“ an den Anschluß
(Maschinenzyklus 2) die Daten zum Akkumulator. HOLD des MP1. Dadurch wird das interne Bus-
Die Prozessor-Kontrollsignale geben Aufschluß über system des Prozessors vom externen Bussystem
bestimmte Zustände des Prozessors oder geben eine getrennt (hochohmig). Der MP2 erhält gleichzeitig
bestimmte Meldung an die CPU. Hierzu gehören eine Quittung über die Leitung HLDA mit „H“, um
die Anschlüsse: S0, S1, RESET IN, RESET OUT, sein internes Bussystem an den externen Bus anzu-
READY. S0 und S1 geben Aufschluß über den Zu- schließen. In der Praxis werden hier DMA-Kontroller
stand der CPU bei der Befehlsbearbeitung (Ta- eingesetzt, die externen Geräten das direkte Arbeiten
belle III-4). mit dem CPU-eigenen Arbeitsspeicher ermöglichen.
Ein Prozessor muß auf äußere Ereignisse (Impulse,
Tabelle III-4 Statussignale Pegel), wie auf die Meldung von Sensoren, Tastern
S0 S1 Funktion oder externer Geräte reagieren können. Bei deren
Ansprache muß ein Programm eine gewünschte
0 0 Bus-Ruhezustand Reaktion auslösen. Eine Möglichkeit besteht darin,
0 1 CPU liest (Speicher, E/A) alle Sensoren und Geräte softwaremäßig nacheinan-
1 0 CPU schreibt (Speicher, E/A) der abzufragen. Man spricht dann von der Polling-
Methode. Dies ist allerdings sehr zeitintensiv. Ef-
1 1 CPU liest Operationscode fektiver ist der Aufruf eines Unterprogramms bei der
596 Datentechnik

Speicher

S0 S1 Funktion
0 0 Bus-Ruhezustand
0 1 CPU liest (Speicher,E/A)
1 0 CPU schreibt (Speicher,E/A
1 1 CPU liest Operationscode

HOLD
1
HLDA
1 Bild III-14 Prinzip DMA
MP1 MP2

Reaktion eines Sensors. Erreichen kann man das Aktivierung aller Eingänge eindeutige Zuordnungen
durch eine Programmunterbrechung (Interrupt). Hier- zu gewährleisten, und der Eingang INTR mit dem
unter versteht man den direkten Zugriff externer Quittungssignal INTA.
Geräte auf die CPU. Wird ein Interrupteingang akti- Da gleichzeitige Anforderungen mehrerer Geräte
viert, bearbeitet der Prozessor noch den gerade be- vermieden werden müssen, ist bei vielen Prozessoren
gonnenen Befehl und verzweigt dann in die Interrupt- ein Prioritätsdecoder oder Interruptcontroller er-
routine, zum Interrupt-Programm, um auf die An- forderlich, weil sie nur einen Interrupteingang besit-
forderung des Interrupts einzugehen. Der 8085 besitzt zen. Bild III-15 zeigt für den 8085 beide Möglichkei-
fünf Interrupteingänge. Zu den Unterbrechungs-Kon- ten auf. DMA
trolleitungen gehören die Unterbrechungseingänge Beim 8085 ist die Priorität hardwaremäßig festgelegt.
(Interrupteingänge) TRAP, RST7.5, RST6.5, RST 5.5 Tabelle III-5 führt die Hardwareeinsprungadressen
mit unterschiedlicher Priorität, um bei gleichzeitiger und die Prioritäten auf.

CPU CPU

RST7.5 RST7.5
RST6.5 RST6.5
RST5.5 Speicher RST5.5 Speicher

INT

E/A 1 E/A 1
Prioritäts-
Decoder

E/A 2 E/A 2

E/A 3 E/A 3

Name Priorität Adresse Eigenschaft Triggerung


TRAP 1 24 nicht maskierbar und H bis Abfrage
RST7.5 2 3C maskierbar H bis Abfrage (Speicherung)
RST6.5 3 34 maskierbar H bis Abfrage
RST5.5 4 2C maskierbar H bis Abfrage
INTR 5

Bild III-15 Interruptmöglichkeiten


III Mikrocomputertechnik 597

Tabelle III-5 Interrupt Akkumulator


Name Prioritätenfolge Einsprungadresse Eigenschaft Triggerung
TRAP 1 24 nicht maskierbar „L“ → „H“
RST7.5 2 3C maskierbar „H“
RST6.5 3 34 maskierbar „H“
RST5.5 4 2C maskierbar „H“

Desweiteren ist der Tabelle zu entnehmen, mit wel- alle gesperrt werden (Ausnahme: TRAP). Das Prinzip
chem Pegel der Interrupteingang angesprochen wer- verdeutlicht Bild III-17 am Beispiel des RST7.5-
den muß (Triggerung) und welche Interrupteingänge Eingangs. Nur wenn durch den Befehl SIM die Mas-
softwaremäßig abgeschaltet werden können. Die ke für RST7.5 gesetzt und durch den Befehl EI die
Eingänge RST6.5, RST5.5 und INTR müssen mit Zulassung der Interrupts ermöglicht wurde, kann bei
Pegeln angesprochen werden. Bis zur Annahme anliegendem Signal an RST7.7 eine Interruptannah-
durch die CPU muß der Pegel bei den genannten me durch die CPU erfolgen, und der Programmzähler
Eingängen anliegen. Der Eingang RST7.5 reagiert auf ruft die Adresse 3C auf.
die ansteigende Flanke und speichert die Anforderung Der Interruptvorgang wird in Bild III-18 erläutert.
in einem Flipflop. Tritt im laufenden Hauptprogramm ein Interrupt auf,
Von der Softwareseite besteht für einige Interrupts wird der gerade begonnene Befehl noch bearbeitet.
die Möglichkeit, diese zu maskieren. Hierunter ver- Der Programmzählerinhalt wird zum Stack gebracht,
steht man, Interrupts zu sperren oder zuzulassen. Die und der Programmzähler zeigt auf die festgelegte
Programmierung läuft über den Inhalt des Akkumula- Einsprungadresse, um das Interrupt-Programm aus-
tors in Verbindung mit dem Befehl SIM (Set Interrupt führen zu können. Das Interrupt-Programm selbst
Mask) ab. Bild III-16 zeigt die vom Hersteller ange- befindet sich im Arbeitsspeicher, da sich zwischen
gebenen Bitpositionen. den Interrupteinsprungadressen – hier steht in der
Mit den Befehlen EI (Enable Interrupt) können alle Regel nur ein Sprungbefehl zum Arbeitsspeicher –
Interrupts zugelassen und mit DI (Disable Interrupt) nur wenige freie Speicherplätze befinden (siehe auch

Akkumulator Akkumulator
Bit 7 6 5 4 3 2 1 0 Bit 7 6 5 4 3 2 1 0

7.5 MSE 7.5 6.5 5.5 7.5 6.5 5.5 IE 7.5 6.5 5.5

Flipflop
rücksetzen "1" Interruptmasken
Freigabe für
Maske setzen "1" Interruptfreigabe
Interruptmasken
"1" Sperren Anstehende Interrupt
"0" Freigabe

Maskierung Lesen

Bild III-16 Interruptmaske setzen und lesen

RST7.5 S
Akkumulator Interrupt-
1D &
Annahme
RESET IN R 0 0 0 0 1 0 1 1
SIM C1 3C
Programmzähler
EI S

DI R
Bild III-17
RST7.5
598 Datentechnik

Hauptprogramm

(Befehlszähler)
--> Stack
Befehl
Weitere Interrupts
Befehl
sperren
Befehl

Interruptadresse
Interrupt-
--> Befehlszähler
Anforderung

Interrupt-
Programm ausführen

Alle Interrupts
wieder zulassen

(Stack) -->
Befehlszähler
Bild III-18
Interruptvorgang

Tabelle III-7). Ein Interrupt-Programm ist wie ein Mit dem Befehl RIM gelangt das Bit am SID-
Unterprogramm zu behandeln. Registerinhalte sind zu Anschluß nach Bit 7 des Akkumulators. Von dort ist
„retten“ und auf den Stack zu bringen. Den Abschluß eine weitere Verarbeitung möglich. Zur Datenaus-
bildet der Befehl RET (Return). (Programmbeispiele gabe wird ebenfalls Bit 7 des Akkumulators benutzt.
siehe Abschnitt Maschinensprache.) Hierzu muß der Ausgang SOD mit dem Befehl SIM
Für die serielle Datenübertragung besitzt der Prozes- freigegeben worden sein (Bild III-19).
sor 8085 einen eigenen Ein- und Ausgang (SID = Um das Zusammenwirken mit Peripheriebausteinen
Seriell In Data, SOD = Seriell Out Data). Hierbei darzustellen, ist in Bild III-20 ein 8085-Minimal-
wird die Information Bit für Bit zeitlich nacheinander system mit einem RAM (256 Bytes), EPROM
übertragen. Die Steuerung erfolgt über ein Programm (2 kByte), Zeitgeber und E/A-Ports abgebildet.
und der serielle Datenfluß über den Akkumulator. Die Speicherkapazität der Bausteine läßt sich aus der
Anzahl der Adreßleitungen ermitteln. Die Auswahl
SID der Bausteine erfolgt mit den Adreßleitungen A11
und A12, so daß ein Speicherplan aufgestellt werden
kann (Bild III-21). Die Portadressen können mit Hilfe
der Beschreibung der Bausteine 8755 und 8156 (siehe
Peripheriebausteine) gefunden werden.
2.4.2 Beispiel Z80 CPU Interrupt
Der Z80 besitzt die 6 Arbeitsregister B, C, D, E, H, L,
die jeweils 8-Bit-Operationen oder als Registerpaare
BC, DE und HL 16-Bit-Operationen ermöglichen,
SOD einen Akkumulator und das Flagregister als Hauptre-
1D gister-Block. Die gleiche Anzahl Register sind als
C1 Zweitregister-Block vorhanden (Bild III-22). Außer
Befehlszähler und Stapelzeiger sind die Spe-
zialregister IX und IY als Indexregister, das I-
Register (Interrupt-Vektor) und R-Register (Refresh-
Speicher), der ein direktes Arbeiten mit dynamischen
1
Speichern ohne zusätzlichen Bausteinaufwand er-
möglicht, vorhanden. Die 16-Bit-Index-Register die-
Bild III-19 Bitposition im Akkumulator für den nen zur Bearbeitung von Tabellen und Datenver-
seriellen Ein- und Ausgang schiebungen im Arbeitsspeicher.
III Mikrocomputertechnik 599

8755

8085
+ RESET
X1 AD0
AD1 CE
AD2
AD3 AD0..AD7
X2 AD4
+ AD5
+ CLK
AD6
RST5 AD7 IOR
RST6 A8
RST7 A9 A8..A10 Port A
A10
INTR A11 PROG/CE
TRAP A12
RESIN A13 IO/M
A14
HOLD A15 READY
READY Port B
RD RD
SID WR
CLKO WR
ALE
S0 ALE
S1
IO/M
HLDA
RESO 8156
SOD
INTA

Port A
RD
WR
ALE Port B
CE
IO/M
Port C
RESET
Bild III-20
Minimalsystem nach Datenbuch
AD0..AD7
der Fa. Siemens

Speicherplan Portadressen

Port A: 19
18FF
8156 Port B: 1A
RAM
1800 Port C: 1B

07FF Port A: 00

ROM 8755
Port B: 01 Bild III-21
0000 Adressen der Bausteine 8156 und 8755

Hauptregister Zweitregister

Akkumulator Flags A′ F′
B C B′ C′
D E D′ E′
H L H′ L′

Interrupt I Refresh R
Indexregister IX
Indexregister IY Spezialregister
Stackpointer SP
Befehlsz„hler PC
Bild III-22
Registerplan der Z80 CPU
600 Datentechnik

2x74LS244
EN
Z80CPU

EN

EN Adreßbus

EN

74LS245
G3
INT 3EN1
3EN2
NMI
1
HALT 2

RFSH
M1
Datenbus
RESET
BUSRQ
BUSAK
WAIT
RD
WR
MREQ
IORQ
Bild III-23 Z80-System

Tabelle III-6 Bedeutung der Anschlüsse CPU


A0 ... A15 Adreßbus
D0 ... D7 Datenbus
/RD Lesen
/WR Schreiben
/RFSH A0 ... A7 führen Refreshadresse (für dynamische Speicher)
/HLT Software-Halt, die CPU wartet auf ein Interruptsignal
/WAIT Wartesignal (CPU beginnt mit Wartezyklen)
/INT Interrupteingang
/NMI Nicht maskierbarer Interrupt (ADR 0066)
/MREQ Speicheranforderung. Bei „L“ an diesem Anschluß steht auf
dem Adreßbus eine Adresse für einen Speicherzugriff an.
/IOREQ E/A-Bausteinanforderung
/BUSRQ Busanforderung externer Geräte. Das interne Bussystem wird in
den hochohmigen Zustand gebracht, damit externe Geräte
Adreß-, Daten- und Steuerbus nutzen können.
/BUSAK Busanforderungsbestätigung. Hiermit wird externen Geräten be-
stätigt, daß Adreß-, Daten- und Steuerbus benutzt werden darf.
/RESET Rücksetzen
/M1 Statusleitung (Maschinenzyklus 1)
III Mikrocomputertechnik 601

Als Taktgenerator wird ein externer Oszillator ein- 2.5 16-Bit-Prozessoren CPU
gesetzt. Bild III-23 zeigt die Z80 CPU und deren
In Personalcomputern ist die 8086-Familie sehr ver-
Anschlußbelegung mit Taktgenerator und Treiber-
breitet (8086, 80286, 80386, 80486).
stufen. Im Gegensatz zur 8085 CPU sind 16 Adreß-
leitungen und 8 Datenleitungen herausgeführt. In 2.5.1 8086/80286
Tabelle III-6 werden die Funktionen der jeweiligen
Anschlüsse des Prozessors beschrieben. Die Prozessoren besitzen einen gemultiplexten Da-
Der Z80 verfügt über den Befehlssatz des 8085 ten-Adreßbus (AD0 ... AD15) und die Adreßleitun-
hinaus über weitere Befehle und zusätzliche Adres- gen A16 ... A19. Damit steht ein Adreßbereich von
sierungsarten wie indizierte und relative Adressierung 1 MByte (220 = 1 048 576) zur Verfügung. Der 8086
(siehe auch Abschnitt Maschinensprache). Der kann in den Betriebsarten MIN- und MAX-Mode
Operationscode ist mit dem Code der 8085 CPU eingesetzt werden. Die Auswahl erfolgt mit dem
identisch. Unterschiede bestehen in der Mnemonik Anschluß MN/MX. Im MIN-Mode werden die Steu-
(Assembler). ersignale für Speicher und E/A-Bausteine vom Pro-
zessor erzeugt, und im MAX-Mode werden komple-
xere Systeme mit einem zusätzlichen Steuerbaustein
Tabelle III-7 Peripheriebausteine für ein Z80-System
zur Systemsteuerung (Buscontroller) betrieben.
Z80-PIO Parallel-E/A-Baustein Bild III-24 zeigt die Pinbelegung beider Prozessoren
und Tabelle III-8 die Bedeutung der Anschlüsse.
Z80 CTC Zähler und Zeitgeberbaustein Tabelle III-9 und III.10 beschreiben Steuerfunktio-
nen.
Z80 DMA Baustein für direkten Speicherzugriff Das Prinzip des Prozessors beschreibt Bild III-25,
Z80 SIO Serieller E/A-Baustein und der Registersatz ist im Bild III-26 wiedergege-
ben.

8086 80286
16 36 34
AD0 15 D0 A0 33
19 38
CLK AD1 14 D1 A1 22
40
AD2 13 D2 A2 28
22 42
21 READY AD3 12 44
D3 A3 27
RESET AD4 11 46
D4 A4 26
AD5 10 48 D5 A5 25
31 AD6 D6 A6
30 HOLD 9 50 24
HLDA AD7 8 37 D7 A7 23
AD8 7 39 D8 A8 22
18 AD9 D9 A9
INTR 6 41 21
AD10 5 D10 A10 20
17 43
NMI AD11 4 D11 A11 19
45
AD12 3 D12 A12 18
23 47
TEST AD13 2 D13 A13 17
49
AD14 39 51 D14 A14 16
33
MN/MX AD15 38 D15 A15 15
AD16 37 A16 14
AD17 36 A17 13
AD18 35 A18 12
AD19 A19 11
26 A20 10
DEN 27 A21 8
DT/R 28 A22 7
31
M/IO CLK A23
63
25 READY 1
64
ALE 24 HOLD BHE 5
57
INTA INTR S0 4
59
34 NMI S1 67
61
BHE 32 PREQM/IO* 66
54
RO 29 BUSC/INTA* 68
53
WR 29 ERROR LOCK 65
RESET HLDA 6 Bild III-24
52
CAP PEACK CPU 8086 und 80286
602 Datentechnik

Tabelle III-8 Bedeutung der Anschlüsse

AD0 ... AD15 Adreß-/Datenbus


RD Read Lesen
WR Write Schreiben
ALE Adress Latch Enable Adreßzwischenspeicherung
INTR Interrupt Request Interruptabfrage
INTA Interrupt Acknowledge Interruptbestätigung
NMI Non Mascable Interrupt Nicht maskierbarer Interrupt
TEST Test Überprüfung des Wartezyklus
RESET Reset Rücksetzen
CLK Clock Takt
MN/MX Min/Max Minimum-/Maximum-Mode
BHE/S7 Bus High Enable/Status Freigabe von L- oder H-Adreßteil
DEN Data Enable Busfreigabe (Datenübertragung)
DT/R Data Transmit/Receive Datenübertragung/-empfang
M/IO Memory/IO Speicher und E/A-Zugriff
HOLD Aufruf externer Geräte
(DMA)
HLDA Bestätigung auf HOLD
(DMA)
LOCK Angabe über Sperrung der
CPU

S0, S1, S2 Statusinformation

Tabelle III-9 Steuerfunktionen Memory Interface

BHE A0 Funktion
0 0 Gesamtes Wort
0 1 Oberes Byte von/zu Adresse
1 0 Unteres Byte von/zu Adresse
1 1 keine Funktion Instruktion 6
Stream 5
4
Tabelle III-10 Statusinformation Byte 3
ES Queue 2
S2 S1 S0 Funktion CS 1
SS
0 0 0 Interruptbestätigung
0 0 1 E/A-Lesen DS Control
0 1 0 E/A-Schreiben IP System
0 1 1 Halt BIU
1 0 0 Codezugriff
1 0 1 Speicher lesen EU
1 1 0 Speicher schreiben
1 1 1 Passiv

die Steuerung der Busschnittstelle. In der Befehls- AH AL


einheit werden die von der Befehlswarteschlange BH BL
(Instruction Queue) gelieferten Befehle decodiert. Bei CH CL
Befehlsausführung kann die Befehlswarteschlange
DH DL Operands
parallel mit dem nachfolgenden Maschinencode
geladen werden. SP
Flags
Damit steuert diese Einheit alle Vorgänge des Sys- BP
tems. Hauptbestandteil der Ausführungseinheit ist die SI
aus 8-Bit-Systemen bekannte ALU.
DI
Die vier Hauptregister der Execution Unit A, B, C
und D sind aus je zwei 8-Bit-Registern (L = Low und Bild III-25 Blockbild der 8086 CPU
III Mikrocomputertechnik 603

Allgemeine Registerkarte Segment Register

AH AL Multiplikation CS Code Segment


Division
DH DL E/A-Befehle DS Data Segment
CH CL — Schiebebefehle SS Stack Segment
BH BL ES Extra Segment
Basis-Register
BP
SI Index-Register F Flags
DI I Befehlszeiger
SP — Stackpointer WSW Status Word
Bild III-26
15 Bit 0 15 Bit 0 Registersatz und Funktion

H = High) zusammengesetzte 16-Bit-Register. Sie 2.5.2 Adressenbildung


dienen zur Aufnahme von arithmetischen und logi-
schen Operanden. Die Breite der übrigen Register In der BIU befinden sich die Segmentregister ES
beträgt 16 Bit. Das SP-Register (Stack Pointer) und (Extra-Segment), CS (Code-Segment), SS (Stack
BP-Register (Base Pointer) können für Stack- und 16- Segment) und DS (Daten-Segment). Ihre Aufgabe ist
Bit-Operationen verwendet werden. SI- und DI- es, den Speicherbereich über Segmente in vier Berei-
Register sind Indexregister (Source Index = Quelle, che bis zu 64 KByte zu verwalten (Real Mode). Die
Destination = Ziel). Anfangsadressen stehen jeweils in den Segmentregi-

Arbeitsspeicher
FFFFF
Segment Offset
31 16 15 0
64kB

gewählter
Operand
64kB

64kB

CS
SS
DS 64kB
ES
00000

0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 Offset

0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Segment

Addierer

0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1
0 2 0 F F
Bild III-27
physikalische Adresse Bildung der physikalischen Adresse
604 Datentechnik

stern. Mit ihrer Hilfe und dem Befehlszeiger IP Adressbus


(Offset) wird die physikalische Adresse (absolute
Adresse) nach Bild III-27 gebildet. Hierbei wird die Datenbus
16-Bit Offsetadresse als L- und die 16-Bit-Segment-
adresse als H-Teil einer fiktiven 20-Bit-Adresse ange-
sehen. Das gewählte Segment gibt die Anfangsadres- A0 1
se des Segments an, und der Offset zeigt auf den A1 D0
A2 D1
gewählten Operanden. Ihre Addition ergibt somit die D2
A3
physikalische 20-Bit-Adresse. A4 D3
0
Ein Mikroprozessorsystem mit 16-Bit-Prozessoren A5 A
1023 D4
besitzt außer den bekannten Speicher- und Ein- und A6 D5
A7 D6
Ausgabeeinheiten spezielle Peripheriebausteine, die D7
A8
jeweils eine besondere Aufgabe übernehmen, wie A9
bespielsweise der Buscontroller (siehe auch Periphe- 10
WE
riebausteine). Bild III-28 zeigt schematisch ein 8086- CS
System. Der Transceiver ist vergleichbar mit dem
Zweirichtungstreiber in 8-Bit-Systemen. Über den Aktivierungsleitung
Schreib-Lese-Leitung
Eingang T wird die Datenrichtung festgelegt, und mit
/OE kann der BUS hochohmig geschaltet werden. Bild III-29 Anschlüsse an einem Speicherbaustein

Clock-Generator BUS-Controller
8086 CPU

RES

Latch Speicher

ADR

Daten

Bild III-28 8086-System Transceiver

3 Halbleiterspeicher 3.2 Kenndaten und Technologie


Wichtige Kenndaten eines Speichers sind die Spei-
3.1 Allgemeines
cherkapazität (Capacity) in Verbindung mit der
Speicher dienen zur Speicherung und Sicherung von Angabe über die Speicherorganisation, die Zugriffs-
Daten und Programmen. Der Speicherbaustein muß zeit (Access Time), die von der Ansprache des Spei-
den Prozessor mit Daten beliefern, und der Prozessor chers vergeht bis zur Verfügbarkeit der Daten und die
muß Daten darin ablegen können. Zur Auswahl eines Leistungsaufnahme im aktiven und Ruhe-Betrieb
bestimmten Speicherplatzes, einer Adresse, werden (Standby). Die Speicherkapazität gibt die Informati-
dem Baustein Adreßleitungen zugeführt. Die Daten onsmenge an, die der Speicher aufnehmen kann. Sie
gelangen über den Datenbus zum und vom Speicher, wird üblicherweise in Kbit, KByte oder MByte ange-
wenn der Prozessor die Schreib-Lese-Leitung akti- geben. Die Kenndaten selbst sind von der Technolo-
viert und die Speicherzelle ausgewählt wurde. Um gie, also dem Herstellungsverfahren des Speichers,
eine Unterscheidung verschiedener Speicher durch- abhängig. Hier unterscheidet man bipolare Speicher,
führen zu können, besitzt der Baustein Aktivierungs- deren Grundelemente der TTL- oder ECL-Techno-
oder Auswahleingänge. Bild III-29 zeigt die An- logie entsprechen, von unipolaren Speichern, deren
schlüsse eines 1 K × 8 Bit-Schreib-Lese-Speichers. Grundelemente in MOS-Technologie gefertigt sind.
III Mikrocomputertechnik 605

Speicher-Technologien

Bipolare Speicher MOS-Speicher

TTL ECL NMOS CMOS


Eigenschaften
Bild III-30
50 ns 15 ns Zugriffszeit 100 ns 150 ns Speichertechnologien und
600 mW 700 mW Verlustleistung 200 nW 20nW Eigenschaften

Bipolare Speicher besitzen zwar eine geringere  Beispiel: Für einen 16-Bit Speicher (siehe Bild III-31) sind
normalerweise 16 Auswahlleitungen erforderlich. Durch den ma-
Zugriffszeit, haben aber eine höhere Leistungsauf-
trixförmigen Aufbau reduzieren sich die Auswahlleitungen auf 8,
nahme sowie eine geringere Integrationsdichte als da 4 Zeilen- und 4 Spaltenleitungen benötig werden. Mit Hilfe
unipolare Speicher, (siehe Bild III-30). jeweils eines 4-aus-1-Decoders können die 4 Leitungen von zwei
Die heutigen großen Speicherkapazitäten werden mit Adressen angesprochen werden. Damit ergeben sich für den 16-
Bit Speicher insgesamt 4 Adreßleitungen.
CMOS-Speichern erreicht. Für den Entwickler spielt Um n-Speicherstellen zu adressieren, benötigt man 2n Adreßlei-
das Preis-Leistungsverhältnis und notwendige zusätz- tungen. Speichertechnologie
liche Steuerbausteine noch eine bedeutende Rolle.  Beispiel: Ein Speicher mit der Organisation 4 K × 8 Bit besitzt
4096 Speicherstellen mit einer Wortbreite von 8 Bit. Damit sind
3.3 Bedeutung der Anschlüsse 12 Adreßleitungen nötig.
Tabelle III-11 faßt die Anschlußbedeutungen, die bei ln Speicherkapazität ln 4096
Adreßleitungen = = = 12 (III.1)
Speichern auftreten, zusammen. ln 2 ln 2

Tabelle III-11 Anschlußbedeutungen

A0 ... An Adreßleitungen; über diese Leitungen wird der Speicherplatz angewählt.


D0 ... Dn Datenleitungen; über diese Leitungen gelangen Daten vom oder zum Speicher.
CE, CE1, CE2, CS Chip Enable, Chip Select; über diese Leitung(en) kann der Speicherbaustein angewählt
werden.
WE, WR Write Enable, Write; diese Leitung wird von der CPU aktiviert, wenn Daten in den
Speicher geschrieben werden sollen.
RD Read; diese Leitung wird von der CPU aktiviert, wenn Daten vom Speicher gelesen
werden sollen.
O0 ... On Output, Datenausgänge
OE Output Enable; mit dieser Leitung werden die Ausgänge eines Speichers freigegeben.
ALE Adress Latch Enable; an diesem Anschluß kann die CPU bei einem gemultiplexten
Adreß-/Datenbus die Adresse zwischenspeichern.
RAS Row Adress Select, Zeilenauswahlleitung
CAS Column Adress Select, Spaltenauswahlleitung
Vpp Programming Voltage; an diesem Anschluß wird die Programmierspannung angelegt.
VCC Betriebsspannungsanschluß
GND Ground, Masseanschluß

3.4 Organisation und Aufbau


Die Speicherzellen in einem Speicherbaustein sind
X-Decodierer

matrixförmig angeordnet, um die Anzahl der Aus- 1 2 3 4


wahlleitungen möglichst gering zu halten. Die An- A0
sprache der Speicherzelle ist nur möglich, wenn 5 6 7 8
jeweils gleichzeitig eine Zeilenleitung und eine
Spaltenleitung, oder auch X- und Y-Leitung, aktiv 9 10 11 12
A1
sind. Durch die Anordnung innerhab der Matrix ist 13 14 15 16
jede Speicherstelle eindeutig bestimmt. Die Auswahl
der Speicherstelle in der Matrix erfolgt über einen
Y-Decodierer
Zeilen- und Spaltendecoder, der jeweils über Adreß-
leitungen angesteuert wird. Die Anzahl der Adreßlei- A2 A3
tungen ist von der Anzahl der Speicherstellen ab-
hängig. Bild III-31 Speichermatrix
606 Datentechnik

3.4.1 Bitorganisierter und wortorganisierter RAM 1k x 1


Speicher D3

Adressbus
RAM 1k x 1
Der bitorganisierte Speicher speichert pro Adresse D2
nur ein Bit. Er ist somit unabhängig von der Daten- RAM 1k x 1
wortbreite. Beim wortorganisierten Speicher steht in D1
jeder Adresse ein Datenwort. Damit sind n-Bitstellen RAM 1k x 1
gemeint, die gleichzeitig von einer Adresse angespro- 0 D0
chen werden. Wortorganisierte Speicher, deren Wort-
WE 0
breite der Datenbreite des Mikroprozessors ent- A
sprechen, werden häufig für Arbeitsspeicher bei 1023
kleineren Mikroprozessor- oder Mikrocontrollersyste- 9
men eingesetzt (z.B. 8-Bit-Systemen).
Ein Speicher mit der Kapazität von 4096 Bit kann als
bitorganisierter Speicher (4 K × 1 Bit) (Bild III-32)
oder als wortorganisierter Speicher (1 K × 4 Bit) CS
(Bild III-33) aufgebaut sein (1 K Bit = 210 Bit). Beim
bitorganisierten Speicher ist jeder Speicherzelle eine Bild III-34 Vom bit- zum wortorganisierten Speicher

RAM 4k x 1
Adesse A0 0
1 D0

2 0
A
4095
D0

A11 11 Bild III-32


WE Prinzip und Schalt-
4096 bild eines bitorgani-
CS
sierten Speichers

Adresse zugeordnet, während der wortorganisierte eingänge WE (Write Enable = Schreibfreigabe) und
Speicher pro Wort eine Adresse besitzt. Legt man die CS (Chip Select = Bausteinauswahl) und ist häufig
Anzahl der Speicherstellen zugrunde, dann besitzen „Low“-aktiv (Bild III-35).
beide dargestellten Speicher die gleiche Speicher- Mit /CS oder /CE wird der einzelne Speicherbaustein
kapazität. ausgewählt. Beschrieben und ausgelesen wird er

RAM 1k x 4
Adresse
A0 0
1 D0
0 D1
2 D3 A D2
D2 1023 D3
D1
D0
A9 9
Bild III-33
Prinzip eines
WE
wortorganisierten
1024
CS Speichers und
4-Bit-Wort Schaltbild
Ist beim bitorganisierten Speicher eine bestimmte durch Pegelumschaltung am WE- oder RD- und
Wortbreite erforderlich, müssen verschiedene Spei- /WR-Eingang.
cher mit der gleichen Adresse angesprochen werden.
Für ein 4-Bit-Datenwort müssen 4 Speicherbausteine 3.4.2 Speicher mit Adressenzwischenspeicher
adressenmäßig parallel geschaltet und mit /CS und Außer Schreib-Leseeingang und Bausteinauswahl
/WE gleichzeitig angesprochen werden (Bild III-34). gibt es Speicher, die einen weiteren Steuereingang
Zur Aus- und Eingabe von Daten ist eine interne ALE (Adress-Latch-Enable) besitzen und damit ein
Steuerschaltung notwendig, die je nach Speicher internes Adressenzwischenregister. Sie können direkt
unterschiedlich sein kann. Sie erfolgt über die Steuer- an den gemultiplexten Daten-Adreßbus eines Mikro-
III Mikrocomputertechnik 607

DO controllers oder Mikroprozessors angeschlossen wer-


den. Speicher und Prozessor sparen so Anschlußlei-
tungen. Die Adressen und Daten werden hier zeitlich
nacheinander auf gleichen Leitungen übertragen. Mit
ALE übergibt der Prozessor seine Adresse einem
CS & Adressenzwischenspeicher im Speicherbaustein und
liefert oder holt anschließend die Daten. Speicher
ohne Adressenzwischenregister können von einem
& Prozessor mit gemultiplextem Daten-Adreßbus nur
WE über ein externes Zwischenregister angesteuert wer-
den. Im Bild III-36 ist ein Speicher mit und ohne
Steuereingang ALE an einem Mikroprozessor ange-
Zeilendecoder

schlossen.

Speichermatrix 3.5 Zeitverhalten Speicher


Damit der Speicher seine Funktion durchführt, muß
der Prozessor über den Steuerbus zeitliche Bedin-
gungen einhalten (Bild III-37). Beispielsweise muß
Spaltendecoder zunächst die gewünschte Adresse auf dem Adreßbus
Adressen anliegen, dann muß der Baustein, der diese Adresse
besitzt, mit dem Auswahlsignal /CS angewählt wer-
den. Desweiteren müssen Daten vom Datenbus ange-
boten werden, um sie danach mit dem Schreibsignal
CS WE Funktion
in den Speicher zu bringen.
Damit die gewünschten Daten den Speicher oder die
0 0 Einschreiben der Daten Daten des Speichers den Prozessor erreichen, müssen
0 1 Auslesen der Daten bestimmte zeitliche Bedingungen eingehalten wer-
1 x Baustein hochohmig den. Zwischen dem Anliegen der Adresse (tWC =
Write Cycle Time) und dem Einschreiben der Daten
Bild III-35 Prinzip der Datensteuerung ist eine Zeitspanne tAS (Adress Setup Time) erforder-

AD0..AD7 Speicher
MP
256 x 8
Adreß-
Latch

ALE

RD/WR
CS

AD0..AD7 D0..D7 Speicher


MP 256 x 8
Adreß-
Latch

A0..A7
ALE
RD/WR
CS

AD-Bus A0..A7 D0..D7

Bild III-36
Speicher mit und ohne
ALE
Adressenzwischenspeicher
608 Datentechnik

tWC

Adress

CS
tAS tWP

WE
tDW tDH

DATA IN DATA VALID

tRC

Adress

tAA

CS
tOH Bild III-37
DATA OUT DATA VALID Zeitverhalten auf den Bus- und
Steuerleitungen

lich, weil sonst die Daten eine falsche Speicherstelle 3.6 Speichertypen
erreichen. Die Zeit, die benötigt wird, um das Ein-
Es werden zwei Hauptgruppen von Speichertypen
schreiben der Daten in den Speicher zu gewährleis-
unterschieden: Schreib-Lesespeicher und Festwert-
ten, ist die Mindestdauer des Schreibimpulses (/WE)
speicher. Während Schreib-Lesespeicher als Arbeits-
und wird tWP (Write Pulse Width) genannt. Zur kor-
speicher dienen, liegen in Festwertspeichern häufig
rekten Datenübertragung müssen die Daten auf dem
benötigte konstante Daten vor, wie beispielsweise
Datenbus stabil sein. Diese Zeit, in der sich die Daten
Tabellen oder Teile eines Betriebssystems (Firm-
auf dem Datenbus (Data Valid = Daten gültig) einge-
ware).
pendelt haben, nennt man tDW (Data Valid Time). Mit
tDH (Data Hold Time) wird die Zeit nach Ablauf des
3.6.1 Festwertspeicher
Schreibimpulses bezeichnet, solange noch Daten und
Adressen anliegen. Beim Lesezyklus tRC (Read Cycle ROM (Read Only Memory = Nur-Lese-Speicher)
Time) stabilisieren sich die Adressen auf dem Bus in sind Speicher, die im Normalbetrieb nicht beschrie-
der Zugriffszeit tAA (Adress Access Time). Anschlie- ben, sondern nur ausgelesen werden. Es sind Fest-
ßend können die Daten gelesen werden. wertspeicher (Nonvolatile Read-Only-Memory = nicht

Festwertspeicher
ROM

Type Programmierung Löschverfahren

Wird vom Hersteller nicht löschbar


ROM mit Hilfe einer
Read only Memory Maske gefertigt
Durch Einsatz von nicht löschbar
PROM Programmiergeräten
Programmable ROM (elektrisch)
Durch Einsatz von Durch UV_Licht
EEPROM
Programmiergeräten nur völlig löschbar
ELectrically PROM (elektrisch)
elektrisch in der Durch elektrische
EEPROM Schaltung Impulse gezielt
Electrically Erasable programmierbar löschbar
PROM
elektrisch in der elektrisch in der
Flash-EPROM Schaltung Schaltung Bild III-38
programmierbar nur völlig löschbar Festwertspeicher
III Mikrocomputertechnik 609

flüchtige Speicher), da sie ihre Information ohne 3.6.1.2 PROM


anliegende Betriebsspannung beibehalten. Daten und
Programme gehen bei Ausfall der Spannungsversor- ROM, die mit Hilfe von Programmiergeräten pro-
gung nicht verloren. Bild III-38 gibt eine Übersicht grammiert werden können, sind PROM (Program-
über Festwertspeicher. mable Read Only Memory) oder fusible PROM
(Sicherungs-PROM). Der Hersteller oder Anwender
3.6.1.1 Masken-ROM kann diese Bausteine nach eigenem Wunsch pro-
grammieren. Aufgebaut sind solche Festwertspeicher
Für Standardanwendungen kann der Hersteller ROM- in Form einer Dioden- oder Transistormatrix
Bausteine mit Hilfe einer Maske fertigen. Man spricht (Bild III-40). Beim Programmiervorgang werden
dann von einem Masken-ROM. Der Inhalt des Spei- durch einen Stromstoß leitende Verbindungen abge-
chers ist nicht mehr veränderbar. Bild III-39 zeigt das schmolzen. Einmal programmierte PROM behalten
Schaltbild eines ROM und die vereinfachte Darstel- ihre Daten und sind nicht mehr löschbar.
lung. Speicher Die Ausgänge D0 ... D4 können in Abhängigkeit der
Adresse die einprogrammierten Daten ausgeben. Die
Leitungen X0 ... X3 nennt man Wortleitungen, die
ROM 1K x 4 ROM 1K x 4 Leitungen Y0 ... Y3 werden Bit-Leitungen genannt.
0 0 (0) A Mit 2 Adreßleitungen lassen sich 4 Wortleitungen an-
(1) A sprechen. Der Eingang CS (Chip Select) dient zur
(2) A Anwahl des Speichers, und mit OE (Output Enable)
(3) A werden die Ausgangstreiber aktiviert.
0 0
A A
1023 1023
3.6.1.3 EPROM

Ein EPROM (Erasable PROM) ist ein programmier-


9 9 barer und löschbarer Festwertspeicher. Der Speicher-
EN EN inhalt kann durch Löschen und erneutes Beschreiben
geändert werden. Beim Abschalten der Betriebsspan-
A nung gehen die Daten nicht verloren. Die Funktion
einer Speicherzelle beruht auf Veränderung der
Leitfähigkeit eines MOS-Transistors mit einem
schwebenden (nicht angeschlossenen) Gate (FAMOS
= Floating Gate Avalanche Injection MOS). Im nicht
programmierten Zustand sperrt der Transistor. Lei-
tend wird der Transistor durch den Programmiervor-
Bild III-39 Schaltbild eines ROM und vereinfachte gang, bei dem dem Gate mit Hilfe des Lawinen-
Darstellung effekts (Avalance-) eine Ladung aufgeprägt wird.

Prinzip Speicherinhalt
+
0 0 1 0 Adresse D3 D2 D1 D0

X0 00 0 0 1 0
Adreß-Decodierer

01 0 1 0 0
X1
A0
10 0 0 0 0
X2
A1
11 1 1 0 0
X3
CS
Y0 Y1 Y2 Y3
Ausgangstreiber

OE
D3 D2 D1 D0 Bild III-40 Speicher mit Diodenmatrix
610 Datentechnik

PIN-Belegung Funktionsbild 00000000 Daten


01234567

Programmier- Kapazität 18K


2716 CE/PGM
8 9 Logik und Ausgabe-
A0 D0 OE Organisation 2K x 8
7
A1 D1
10 Bausteinauswahl Treiber
6 11 Zugriffszeit 350 ns
5 A2 D2 13
4 A3 D3 14
A4 D4 A0 Programmier-
3
A5 D5 15
A1 Y-Decodierer Y-Gatter 25V
2
A6 D6 16
A2
spannung
1 17
A7 D7
23
A8 A3 Verlustleistung
22
A9 A4 aktiv 525 mW
19 Speicher-
A10 A5
18 A6 X-Decodierer Matrix Verlustleistung
CE/PG A7 132 mW
20 OE A8 16384 Bit standby
21
A9
VPP A10 Programmierzeit 100 s

Bild III-41 EPROM

EPROM-Bausteine besitzen auf ihrer Oberseite ein • Standby


Glasfenster, um ein Löschen zu ermöglichen. Dies Im nicht aktiven Zustand (standby) werden interne
geschieht durch Bestrahlung mit UV-Licht mit defi- Stufen des Bausteins abgeschaltet. Dadurch ver-
nierter Wellenlänge und Strahlungsdichte. Die Dauer mindert sich die Verlustleistung. Der Wartezu-
der Bestrahung ist vom Bausteintyp abhängig (ca. stand wird durch eine „1“ am Eingang CE er-
30 Min.). Der Löschvorgang löscht den gesamten reicht. Die Ausgänge sind in dieser Betriebsart
Speicherinhalt. Eine unprogrammierte oder gelöschte hochohmig, unabhängig vom Eingang OE.
Speicherstelle besitzt immer „1“ als Information.
• Löschen
Zur Programmierung werden entsprechende Pro-
Das Löschen geschieht mit ultraviolettem Licht.
grammiergeräte benötigt. Die notwendige Program-
Nach dem Löschen liegt in jeder Speicherzelle die
mierspannung ist vom Bausteintyp abhängig und
Information „1“.
höher als die Betriebsspannung (Tabelle III-12).
Nach dem Programmiervorgang ist das Löschfenster • Programmieren
zuzukleben, um kein Außenlicht eindringen zu las- Die Adresse der Speicherstelle, die programmiert
sen. werden soll, muß anliegen. Mit OE (Output En-

Tabelle III-12 EPROM-Beispiele

Type Kapazität Organisation Zugriffszeit Leistungsaufnahme


Programmierspannung
2716 16 K 2K×8 350 ns 500/125 mW 25 V
2732 32 K 4K×8 250 ns 625/175 mW 21 V
2764 64 K 8K×8 250 ns 500/200 mW 21 V
27C256 256 K 32 K × 8 120 ns 150/0,5 mW 12,5 V
27C512 512 K 64 K × 8 120 ns 150/0,5 mW 12,5 V
27C100 1M 128 K × 8 120 ns 150/0,5 mW 12,5 V
(Nach Datenblatt der Firma INTEL)

Nachteil: Es ist nur möglich, den Gesamtbaustein zu able) werden dann die Ausgangstreiber gesperrt
löschen. Dazu muß er aus der Schaltung herausge- und die Programmierspannung von 25 V angelegt.
nommen werden. Während sich die Daten auf dem Datenbus be-
Beschreibung der Beriebsarten: finden, wird über den Eingang CE/PGM (Chip
Enable) der Programmierimpuls zugeleitet. Die
• Lesezyklus Einhaltung der Adressenreihenfolge ist nicht not-
Nach dem Anlegen einer gültigen Adresse wird wendig. Allerdings müssen gewisse zeitliche Be-
der Baustein mit CE = „0“ aktiviert. Anschließend dingungen wie die Impulslänge am Eingang CE
kann mit OE = „0“ der Dateninhalt der Adresse eingehalten werden.
auf die Datenleitungen geschaltet werden. Danach
wird mit OE = „1“ und CE = „1“ der Datenaus- Bild III-42 zeigt das Impulsdiagramm der Program-
gang hochohmig. mierung mit anschließender Lesekontrolle. Nach der
III Mikrocomputertechnik 611

Programmieren Lesekontrolle

Adressen Adresse N

Daten Daten für ADR n Daten

OE 45 ms
Bild III-42
CE/PGM Programmierzyklus

27512 27128 2754 2732 2716 2716 2732 2754 27128 27512
A15 Vpp Vpp VCC VCC VCC
A12 A12 A12 PGM PGM A14
A7 A7 A7 A7 A7 VCC VCC NC A13 A13
A6 A6 A6 A6 A6 A8 A8 A8 A8 A8
A5 A5 A5 A5 A5 A9 A9 A9 A9 A9
A4 A4 A4 A4 A4 A11 A11 A11 A11 A11
A3 A3 A3 A3 A3 OE OEVpp OE OE OEVpp
A2 A2 A2 A2 A2 A10 A10 A10 A10 A10
A1 A1 A1 A1 A1 CE CE CE CE CE
A0 A0 A0 A0 A0 07 07 07 07 07
00 00 00 00 00 06 06 06 06 06
01 01 01 01 01 05 05 05 05 05
02 02 02 02 02 04 04 04 04 04
GND GND GND GND GND 03 03 03 03 03

Bild III-43 Anschlüsse verschiedener EPROM-Typen

Programmierung eines Datenwortes sollte immer eine 3.6.1.4 EEPROM


Kontrolle der programmierten Bits erfolgen, um
festzustellen, ob die gewünschten Daten im Speicher EEPROM (Electrically Erasable PROM), oft auch als
vorhanden sind (Verify Check). Hierbei darf bei E2PROM bezeichnet, haben eine geringere Speicher-
diesem Baustein die Spannung am Anschluß Vpp = dichte als EPROM’s. Ihr Speicherprinzip beruht, wie
25 V angeschaltet bleiben. bei den EPROM-Typen, auf dem „Floating Gate“
EPROM-Programmiergeräte können, da die Spei- eines MOS-Transistors. EEPROM’s können Wort für
cherbausteine standardisiert sind, sowohl 24polige als Wort elektrisch gelöscht und neu programmiert
auch 28polige EPROMs aufnehmen (Bild III-43). werden. Allerdings ist die Zahl der möglichen Lösch-

CAT28C64B Funktionsbild 64K-Bit EEPROM

A5..A12 Buffer Row


Latches Decoder 8192 x 8Bit

CE
OE Control High Voltage Array
WE
Logic Generator
VCC

DATA Polling 32 Byte Page


Timer
Toggle Bit Register

Buffer
A0..A4 ColumnDecoder I/O-Buffers
Latches

I/O0 I/O7
Nach Datenblatt der Firma CATALYST
Bild III-44 Funktionsbild eines EEPROM
612 Datentechnik

und Programmiervorgänge (ca. 10 000 Programmier- 3.6.1.5 Flash-EPROM


zyklen) begrenzt. War der Datenerhalt vor einiger
Zeit noch mit bis zu 10 Jahren angegeben, so liegen Flash-EPROM (Flash-Memory) verbinden die Eigen-
heutige Angaben bei bis zu 100 Jahren. EEPROM’s schaften eines RAM, EPROM und EEPROM.
verlieren ihre Daten bei Betriebsspannungsausfall Im Gegensatz zur EPROM’s, die nur durch UV-Licht
nicht. Der Vorteil gegenüber EPROM’s liegt darin, gelöscht werden können, sind Flash-EPROM’s elekt-
daß die Daten der einzelnen Speicherstellen gezielt in risch und in der Schaltung löschbar. Der Baustein
der Schaltung verändert werden können, ohne den kann insgesamt oder sektorweise gelöscht werden.
Baustein zu entnehmen. Der schnelle Löschvorgang Alle Bits müssen – abgesehen von neueren Typen –
innerhalb weniger Millisekunden ist ein weiterer vor dem Löschen zuerst auf „0“ gesetzt werden. Die
Vorteil. Ein EEPROM benötigt eine Programmier- gelöschten Speicherstellen besitzen „1“ als Informa-
spannung von 5 V. Dies stimmt allerdings nur für die tion. Bei der Programmierung verhalten sich Flash-
externe Zuführung. Im Inneren des Bausteins befindet EPROM’s wie EEPROM’s. Sie können in der Schal-
sich ein Spannungsgenerator, der die Programmier- tung Byte für Byte beschrieben werden. Allerdings
spannung erheblich erhöht. erlauben diese Bausteine eine höhere Zahl von Pro-
EEPROM’s werden als parallele oder serielle Spei- grammierzyklen (bis zu 100 000 Zyklen). Die Pro-
cher mit verschiedenen Betriebsspannungen wie grammierzeit liegt etwa bei 1/10 der Zeit eines
1,8 V, 2,5 V, 2,7 V und 5 V angeboten. Tabelle III-13 EPROM. Die längste Programmierzeit benötigen
führt einige Typen mit unterschiedlichen Kapazitä- EEPROM’s. Adressen und Daten werden zwischen-
ten auf. Bild III-44 zeigt das Funktionsbild eines gespeichert (Adress Latch, Data Latch). Die ge-
EEPROM. wünschten Betriebsarten wie Löschen und Program-

Tabelle III-13 EEPROM-Beispiele

Type Kapazität Organisation Zugriffszeit


HN58064 64 K 8K × 8 250 ns
HN58C256 256 K 32K × 8 200 ns
HN58C1001 1M 28K × 8 200 ns
(Nach Datenblatt der Firma Hitachi)

I/O

Funktionsbild
Lösch-
Spannungs I/O-Puffer
Schalter

WE Programmier- LATCH
Kommando-
register Spannungs CE,OE-Logik
Schalter
CE
OE
Y-Decoder Speicher-
A0..A15 Latch Matrix
X-Decoder

Verify-
Schalter

TSOP (Standard Pinout) CAT28F512 TSOP (Reverse Pinout)


A11 OE OE A11
A9 A10 A10 A9
A8 CE CE A8
A13 I/O7 I/O7 A13
A14 I/O6 I/O6 A14
NC I/O5 I/O5 NC
WE I/O4 I/O4 WE
VCC I/O3 I/O3 VCC
Vpp Vss Vss Vpp
NC I/O2 I/O2 NC
A15 I/O1 I/O1 A15 Bild III-45
A12 I/O0 I/O0 A12
A7 A0 A0 A7 Pin-Belegung und Funk-
A6 A1 A1 A6 tionsbild eines Flash-
A5 A2 A2 A5
A4 A3 A3 A4 Bausteins
III Mikrocomputertechnik 613

mieren realisiert man über ein Kommandoregister. Im Beim Ausfall der Betriebsspannung sind die Daten
Signature Mode (Hersteller-Kennzeichnung) befindet des Speichers allerdings verloren. Man spricht daher
sich unter der Adresse 000016 der Hersteller-Code auch von flüchtigen Speichern (Volatile RAM). Eine
und unter Adresse 000116 der Baustein-Code. Die Übersicht verschiedener Schreib-Lese-Speicher zeigt
Hersteller geben in der Regel den Lösch- und Pro- Bild III-46.
grammier-Algorithmus in den entsprechenden Daten-
büchern mit an. Flash-EPROM lassen sich kosten- 3.6.2.1 SRAM
günstiger als EEPROM herstellen. Bild III-45 zeigt Statische RAM werden in bipolarer oder MOS-
als Beispiel das Funktionsbild und die Anschlußbele- Technik ausgeführt. Sie arbeiten nach dem Prinzip
gung eines 512 K × 1 Bit-CMOS-Flash-Speichers. einer bistabilen Kippstufe (Bild III-47). SRAM wer-
Mit den beiden TSOP-Gehäusevarianten lassen sich den mit unterschiedlicher Kapazität und Organisation
Platinenlayouts vereinfachen. angeboten (Tabelle III-14). Aus der Tabelle ist zu
erkennen, daß diese Speicher mit ihrer kurzen
3.6.2 Schreib-Lesespeicher
Zugriffszeit recht schnell sind.
Die Daten dieses Speichers können über eine Adresse Bild III-48 zeigt das Funktionsbild eines Schreib-
beliebig oft gelesen oder eingeschrieben werden. Lese-Speichers. Die Auswahl der 4-Bit-Speicher-

Schreib-Lesespeicher
RAM

Type Speicherprinzip

SRAM Flipflop als Speicherzelle


Static RAM

NVRAM Statistische RAM mit Hintergrund EEPROM


Nonvolatile SRAM

DRAM Transistor mit Kapazität


Refresh notwendig
Dynamic RAM

PSRAM SRAM mit internem Refresh


Bild III-46
Pseudo RAM
Schreib-Lesespeicher

Prinzip Funktion

CS RD/WR Bemerkung
a D0
1D 0 0 D0 einschreiben
CS 0 1 Q lesen
& & C1 1 0 hochohmig
1 1 hochohmig
&
RD/WR

Bild III-47 Prinzip einer Speicherzelle

Tabelle III-14 SRAM-Beispiele


Type Kapazität Organisation Zugriffszeit
HM6287P 64 K 64 K × 1 70 ns
HM6264 64 K 8K×8 150 ns
HM6207 256 K 256 K × 1 45 ns
HM6208 256 K 64 K × 4 45 ns
HM62256 256 K 32 K × 8 150 ns
HM621100 1M 1M×1 35 ns
HM628128 1M 128 K × 8 120 ns
HM621664 1M 64 K × 16 25 ns
HM621400 4M 1M×4 35 ns
614 Datentechnik

I/O1

A0 A1 A2 A9 I/O2

RD/WR I/O3
& E/A Schaltung
Spaltendecodierer I/O4
&
CS

A3 Zeilendecodierer Speicher-Matrix
A4
A5
64 Zeilen
A6 Bild III-48
A7 64 Spalten
Funktionsbild eines SRAM-
Bausteins

stelle erfolgt über die Matrix. Bei einer 64 × 64- 3.6.2.2 NVRAM
Speichermatrix wird die Spaltenmatrix in 16 × 4 Spal-
Das NVRAM (Nonvolatile SRAM) ist ein stati-
ten zur Ansteuerung unterteilt. Damit ergeben sich für
sches RAM mit der Fähigkeit, über die Steuerleitung
den Spaltendecoder 4 Adreßleitungen. Die Verbin-
STORE seine Daten in ein spiegelbildgleiches
dung zum Datenbus erfolgt über die Ein- und Ausga-
EEPROM zu kopieren. Damit sind die Daten nicht
beschaltung. Die Steuerung der Bausteinauswahl
mehr flüchtig. Sie bleiben bei Ausfall der Betriebs-
geschieht hier über den Steuereingang /CS. Mit RD,
spannung erhalten. Die EEPROM-Daten können jeder-
/WR kann die Steuerung für Lesen oder Schreiben
zeit über die Steuerleitung RECALL in das SRAM
erfolgen. Datenein- und Datenausgabe erfolgt über
zurückgeholt werden. Bild III-49 zeigt das Funktions-
Tristate-Treiber, über die es möglich ist, den Aus-
bild eines NVRAM, und Bild III-50 erläutert die
gang hochohmig zu schalten.
Steuerung der beiden unterschiedlichen Betriebsarten.
Steuerung

CS
WE Schreib- und
STORE Leseschaltung
RECALL
Zeilendecodierer

Speicher-Matrix Speicher-Matrix
Adressen

STORE

SRAM EEPROM
RECALL

Spaltendecodierer
Bild III-49 Prinzip eines NVRAM

CAT22C10 Betriebsarten
NC VCC
A4 NC CS WE RECALL STORE
A3 A5 Standby 1 x 1 1
A2 I/O3 Speicher lesen 0 1 1 1
A1 I/O2 Speicher schreiben 0 0 1 1
A0 I/O1 EEPROM nach RAM x 1 0 1
CS I/O0 EEPROM nach RAM 1 x 0 1
VSS WE RAM nach EEPROM x 1 1 0 Bild III-50
STORE RECALL RAM nach EEPROM 1 x 1 0 NVRAM und
Betriebsarten
III Mikrocomputertechnik 615

Prinzip PIN-Belegung

Zeilendecodierer
2117

Row-Adreß-
RAS

Latch
Speicher-Matrix VBB VSS
DIN CAS
WE OUT
RAS A6
Adresse
A0 A3
Spaltendecodierer
A2 A4
A1 A5
Column-Adreß- Bild III-51
CAS VDD VCC
Latch Prinzip eines DRAM

3.6.2.3 DRAM Der Speicher 2117 besitzt eine Speicherkapazität von


16 K × 1 Bit. Die Speichermatrix selbst ist in Reihen
Dynamische RAM-Speicherzellen (Dynamic RAM’s) und Spalten angeordnet. Um alle Speicherplätze
bestehen im Prinzip aus einem Transistor und anzusprechen, werden 14 Adreßleitungen benötigt.
einer Kapazität. Dadurch ergeben sich kleine Ver- Damit man dennoch mit einem 14-DIL-Gehäuse
lustleistungen bei großen Integrationsdichten. Der auskommt, werden die Adressen in zwei Gruppen
Transistor ist der Schalter, der die Kapazität auf- aufgeteilt (Zeilenadresse = Row-Adress und Spalten-
lädt oder entlädt, um den Informationszustand „1“ adresse = Column-Adress), die zeitlich nacheinander
oder „0“ zu erhalten. Da sich die Kapazitäten in mit den jeweiligen Steuerleitungen RAS (Row Ad-
kurzer Zeit über Sperrschichten und Dielektrikum dress Strob = Reihenadressenzugriff) und CAS (Co-
entladen, verliert der Speicher seine Information, lumn Adress Strobe = Spaltenadressenzugriff) den
und in bestimmten Zeitabständen muß ein Auf- Baustein ansprechen. Zunächst wird dem Baustein
frischzyklus erfolgen. Beispielsweise kann nach 2 ms über den Adreßbus die Zeilenadresse zugeführt und
der gesamte Speicher aufgefrischt werden (Block- im Latch gespeichert. Anschließend gelangt die Spal-
refresh). Ein zusätzlicher Takt leitet den Zyklus ein. tenadresse zum Column-Latch. Den zeitlichen Zu-
Während dieser Zeit kann die CPU nicht auf den sammenhang eines Lese- und Schreibzyklus beschreibt
Speicher zugreifen. Die Refreshzeiten (refresh = Bild III-52. DRAM-Speicher sind deulich langsamer
auffrischen) der einzelnen Speicher sind un- als SRAM-Speicher, wie aus der nachfolgenden
terschiedlich. Der Betrieb dynamischer RAM’s hat Tabelle III-15 hervorgeht. Überlegen sind sie stati-
eine besondere Adressierung, wie das folgende Bei- schen Speichern allerdings durch eine höhere Integra-
spiel zeigt. tionsdichte und geringerer Verlustleistung.

Lesezyklus

RAS

CAS

Adresse Zeilenadresse Spaltenadresse

Dout Ausgangsdaten

WE

Schreibzyklus

RAS

CAS

Adresse Zeilenadresse Spaltenadresse

Dout Daten
Bild III-52
WE Lese- und Schreibzyklus eines DRAM
616 Datentechnik

Tabelle III-15 DRAM-Beispiele


Type Kapazität Organisation Zugriffszeit
21256 256 K 256 K × 1 150 ns
21464 256 K 64 K × 4 150 ns
21010 1M 1M×1 130 ns
21044 4M 1M×4 130 ns
(Nach Datenblatt der Firma INTEL)

Tabelle III-16 PSRAM-Beispiele


Type Kapazität Organisation Zugriffszeit
HM65256 256 K 32 K × 8 150 ns
HM658128 1M 128 K × 8 120 ns
HM658512 4M 512 K × 8 120 ns
(Nach Datenblatt der Firma Hitachi)

3.6.2.4 PSRAM 3.7 Speichererweiterung


PSRAM (Pseudo SRAM) sind nach außen hin wir- Der Zentralspeicher oder Hauptspeicher eines Mikro-
kende statische RAM-Bausteine mit einer inneren computers besteht aus mehreren Speicherbausteinen
Struktur und notwendigen Hilfsschaltungen eines (RAM, ROM). Die Erweiterung des Speicherraumes
dynamischen RAM. Die Refreshschaltung ist in wird durch Parallelschalten aller Daten- und Adreß-
diesem Baustein integriert. leitungen erreicht. Um das gleichzeitige Ansprechen
mehrerer Bausteine zu verhindern, sind Auswahlbe-
dingungen erforderlich.
Adresse
A0 Speicher 1
4FFF
Speicher 2 Speicher 4
4800
Speicher 3
Adreßbus

2FFF
A10 Speicher 4 Speicher 3
2800
A11 1 CS 1FFF
A12 CS
Speicher 2
1800
A13 CS
2K x 8Bit Bild III-53
07FF
A14 CS Speicher 1 Unvollständige Decodierung
0000
A15 und Speicherplan

Tabelle III-17
Adreßleitung
A15 A14 A13 A12 A11 A10 A9 A8 A7 A6 A5 A4 A3 A2 A1 A0

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1
Speicher 1 0 7 F F
0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1
Speicher 2
0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1
Speicher 3
0 0 0 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1
Speicher 4
0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

Grundbereich

Codierung Speicher 1 bis 4

Deaktivierung des Zentralsspeichers bei Adressen > 1FFF


III Mikrocomputertechnik 617

 Beispiel 1 (siehe Bild III-53): An einem 8-Bit-Prozessor sollen  Beispiel: Ein Zentralspeicher für einen 8-Bit-Prozessor soll mit
4 Speicher mit einer Kapazität von 2 K × 8 Bit angeschlossen seinem 64 K-Speicherraum voll ausgenutzt werden. Als Spei-
werden. Da alle Speicher mit ihren Adreßleitungen A0 bis A10 an cherbausteine stehen 16 K × 8-Bit-Speicher zur Verfügung. Zu
dem Adreßbus liegen, würden alle Speicher bei Ausgabe einer jedem Speicher gehen somit 14 Adreßleitungen (A0 ... A13). Die
Adresse im Bereich bis 07FFH gleichzeitig angesprochen werden. Adreßleitungen A14 und A15 können dann zur Decodierung der
Um dies zu verhindern, wird mit Hilfe der Auswahleingänge CS vier Speicherbausteine herangezogen werden.
jedem Speicher ein bestimmter Speicherbereich zugeordnet. Es Der Zentralspeicher eines PC mit 8086/80286 CPU und seinem
werden dazu die Adreßleitungen benutzt, die nicht zu den Adres- 1 MB-Adreßbereich ist physikalisch in zwei Speicherblöcke
senleitungen gehören, die an den Speichern angeschlossen sind. mit je 512 kB aufgeteilt (Bild III-55). Die Auswahl wird über die
Da bei diesem Verfahren nicht alle Adreßleitungen des Systems Adresse A0 (Bank 0) und die Steuerleitung/BHE (Bank 1)
in Gebrauch sind, können Speicher mit mehreren Adressen ange- vorgenommen. Die Datenleitungen sind so aufgeteilt, daß D0 bis
sprochen werden. Beispielsweise wird mit der ADR 8000H die- D7 Bank 0 und D8 bis D15 Bank 1 verbinden, während
selbe Speicherstelle wie mit der ADR 0000H angesprochen. Man die Adreßleitungen A1 bis A19 an beiden Speicherblöcken anlie-
spricht auch von unvollständiger Decodierung. gen.
Häufig werden Decodierer zur Unterscheidung der Speicher einge- Der Adreßbereich ist in einen RAM- und ROM-Bereich unter-
setzt (Bild III-54). Der Decodierer wird dann von Adreßleitungen, teilt. Dem eigentlichen Arbeitsspeicher sind max. 640 KByte zu-
die nicht an die einzelnen Speicher angeschlossen sind, gesteuert. geordnet und dem Bildschirmspeicher die nachfolgenden
Um eine Mehrfachansprache von Speicherstellen zu vermeiden, 128 Kbyte. Das BIOS (Basic Input/Output Services) liegt mit e-
sollte ein Decodierer gewählt werden, der einen Auswahleingang benfalls 128Kbyte bis zur Adresse FFFFF. Der zwischen Bild-
besitzt. Mit Hilfe einer einfachen Logik können alle Adressen in die schirmspeicher (Video-RAM) und BIOS liegende Bereich ist für
Decodierung mit einbezogen werden. Man spricht dann von voll- ROM-Erweiterungen wie beispielsweise das BIOS des Festplat-
ständiger Decodierung (Tabelle III-17). Die Anfangs- und Endad- tenkontrollers reserviert. Aus diesem Speicherbereich werden
ressen der einzelnen Speicher werden jeweils aufgeführt. Da die ebenfalls 64 KByte als Expansionsspeicher (EMS) verwendet, um
Speicher eine Speicherkapazität von 2 K × 8 Bit besitzen, sind je- über Bank-Switching die Adressierung eines größeren Speicher-
weils 11 Adreßleitungen (A0 ... A10) vorhanden (211 = 2048 = 2 K). bereiches zuzulassen. Prozessoren ab 80286 können mehr als
Zur Unterscheidung der Speicher (Decodierung) werden die zwei 1 MByte adressieren. Der Speicher oberhalb 1 Mbyte wird Ex-
nachfolgenden Adreßleitungen A12 und A13 benutzt. Alle übrigen tendet Memory genannt und kann durch zusätzliche Speicherkar-
Adreßleitungen werden über eine ODER-Verknüpfung zur Deakti- ten realisiert werden (Erweiterungsspeicher). Mit Hilfe initiali-
vierung bzw. Aktivierung des Decoders eingesetzt. Damit sind die sierbarer Steuerprogramme kann dieser Speicherbereich zum
Speicherplätze eindeutig bestimmt und ergeben den in Bild III-54 Speichern von Daten oder zur Verwendung von Programmen ge-
dargestellten Speicherplan. nutzt werden.

A15 A14 A13 A12 A11 A10..A0 Adresse


1FFF
Speicher 1
Speicher 4
Speicher 2 1800
Speicher 3 17FF
Speicher 3
Speicher 4 1000
0FFF
DEC 0 CS Speicher 2
1 CS 2K x 8Bit 0800
2 CS 07FF
Speicher 1 Bild III-54
1 CE 3 CS
0000 Vollständige Decodierung
3.8 Zentralspeicher
Bei der Speicherverwaltung der 80 × 86 unterscheidet man die
Der Zentralspeicher eines Mikroprozessorsystems ist
Betriebsarten Real Mode und Protected Mode. Im Real Mode
sein Hauptspeicher. Soll ein solcher Zentralspeicher wird ein Speicherbereich von 1 MB verwaltet, da nur die Adreß-
für ein Mikroprozessorsystem entworfen werden, leitungen A0 bis A19 verwendet werden. Damit sind in dieser Be-
muß die Größe des gewünschten Speichers bekannt triebsart die Prozessoren mit dem 8086 kompatibel. Im Protected
Mode werden alle Adreßleitungen und damit der Speicherbereich
sein. Anschließend können gängige Speicherbaustei-
oberhalb von 1 MB (Extended Memory = Erweiterungsspeicher)
ne ausgewählt, ein Speicherplan aufgestellt und der ausgenutzt. Der 80286 kann somit einen Speicherbereich von
Adreßdecodierer geplant werden. 16 MB adressieren.

ALE

8086 CPU Latch FFFFF


AD0..AD15 Adreßbus System-ROM
A16..A19
BHE
BHE A0 ROM-Erweiterungen
FFFFF FFFFE C0000
Bildschirmspeicher
A0000 Bild III-55
Blockbild eines
Arbeitsspeicher
3 2 1 MByte-Speichers
1 0
00000
und Speicherorga-
Bank1 Bank 0 nisation
618 Datentechnik

4 Peripheriebausteine 4.2 BUS-Treiber


4.1 Allgemeines Jeder Bausteineingang, der an die CPU angeschlossen
ist, belastet die CPU-Ausgänge. Dabei wird zwischen
Peripheriebausteine sind Schnittstellenbausteine, die statischem und dynamischem Lastverhalten unter-
periphere Geräte wie Monitor, Tastatur, Drucker oder schieden. Beim dynamischen Lastverhalten spielen
Disketten-Laufwerke mit dem Bussystem des Prozes- die parasitären Kapazitäten, also die Eigenkapazität
sors verbinden. Man unterscheidet einfache (nicht- der Bauteile und Kapazitäten, die durch den Schal-
programmierbare) Bausteine, die ihre Funktion durch tungsaufbau bedingt sind, eine große Rolle, weil
die hardwaremäßige Beschaltung in Verbindung mit hierdurch Signale verformt werden. Da auch die
den Ein- und Ausgabebefehlen des Prozessors durch- statische Belastbarkeit der CPU gering ist, dürfen
führen und programmierbare Bausteine, die zunächst nicht beliebig viele Bauelemente an den Prozessor
durch Software initialisiert werden müssen. Bausteine angeschlossen werden. Um ein Fehlverhalten der
mit besonderen Aufgaben sind Treiberstufen, Taktge- CPU auszuschließen, werden BUS-Treiber zur Last-
neratoren, Zeitgeberbausteine (TIMER) und Steuer- erweiterung und Signalformung eingesetzt. Han-
bausteine für den direkten Speicherzugriff (DMA = delsüblich sind Einrichtungs- (unidirektional) und
Direct Memory Access). Zweirichtungstreiber (bidirektional). Ihr Einsatz ist
Die Schnittstelle wird Interface genannt. Sie paßt die abhängig von der Datenflußrichtung. Während Ein-
Signale der Schnittstellenbausteine an die Signale, die richtungstreiber beispielsweise als Adressenbustrei-
der Prozessor liefern oder empfangen kann, an. Damit ber eingesetzt werden, dienen Zweirichtungstreiber
ergibt sich für jeden Baustein eine Bus- und eine zur Datenübertragung. Mit einem Eingang (OE =
Geräte-Schnittstelle. Output Enable) können die Treiber in einen hochoh-
Generell kann die Datenein- und -ausgabe mit dem migen Zustand (Tristate, siehe auch Abschnitt Inte-
Lesen und Beschreiben eines Speicherbausteins ver- grierte Schaltungen) versetzt werden. Der Zweirich-
glichen werden. Hat die Adresse den gleichen Aufbau tungstreiber besitzt neben diesem Freigabeeingang
wie die Speicheradresse, spricht man von „Memory- einen weiteren Eingang zur Umschaltung der Da-
mapped-Adressierung“. Der E-/A-Baustein wird hier- tenflußrichtung (DIR = Direction). Bild III-57 zeigt
bei als Teil des Speichers angesehen. Um Speicher einen Mikroprozessor mit Treiberstufen und erläutert
und E-/A-Baustein zu unterscheiden, schafft man mit über eine Funktionstabelle das Prinzip der Umschal-
Adreßdecodern unterschiedliche Adreßbereiche. Bei tung des Zweirichtungstreibers. Mit dem Eingang OE
einem 16 Bit breiten Adreßbus liegen dann E-/A- = „0“ wird der Baustein aktiviert. Bei DIR = „1“
Baustein und Speicher in einem Adreßbereich von gelangen die Daten von A0 nach B0; bei DIR = „0“
0000 bis FFFF. von B0 nach A0. Eine „1“ am Steuereingang des
Wird die Unterscheidung zu den Speichern mit Sig- Tristatetreibers veranlaßt diesen durchzuschalten,
nalen wie IO/M oder IORQ des Steuerbusses durch- ansonsten ist der Ausgang hochohmig.
geführt, spricht man von „I/O-mapped-Adres-
sierung“. Hierbei wird bei IN-Befehlen oder OUT- 4.3 Einfache E-/A-Bausteine
Befehlen eine 8-Bit-Adresse auf dem Low-Adreßbus für den parallelen Betrieb
übertragen. Unter Ausnutzung aller Adressen er- E-/A-Bausteine nennt man auch Portbausteine, da sie
gibt sich hierbei ein Adreßbereich von 00 bis FF. das „Tor“ zur Außenwelt sind. Sie werden direkt an
Bild III-56 stellt die beiden Adressierungen gegen- den Datenbus angeschlossen und können als Ein-
über. oder Ausgabebaustein funktionieren. Zur Auswahl
der Bausteine ist ein Adreßdecoder nötig, der aus
Memory-mapped I/O-mapped einer simplen Logik aufgebaut sein kann. Bringt man
die Steuersignale WR und RD mit in die Decodie-
Adresse Adresse rung des Adreßdecoders ein, kann die gleiche Adres-
FFFF FFFF se für Ein- und Ausgabeport benutzt werden, weil ein
Zugriff mit RD nur lesend und mit WR nur schrei-
RAM-Bereich bend erfolgt. Mit dem Eingabebefehl gelangen die
Daten vom Eingabeport zum Akkumulator und mit
RAM-Bereich
dem Ausgabebefehl vom Akkumulator zum Aus-
I/O-Bereich gabeport. Der Datenfluß läuft immer über den Akku-
mulator. Da die Eingabedaten für den Portbaustein
0000 0000 nur kurzzeitig anliegen brauchen, um von der CPU
FF angenommen zu werden, lassen sich auch Tristate-
I/O-Bereich
Treiber als Eingabebausteine benutzen. Anwendun-
00
gen für die Eingabe sind von Hand oder durch Ma-
Bild III-56 schinen betätigte Schalter, Taster oder Optokoppler.
Adressierungsarten und Adressenaufteilung Mechanische Taster prellen oft. Der Prozessor er-
III Mikrocomputertechnik 619

Prozessor mit Treiberstufen Zweirichtungstreiber


Zweirichtungstreiber
D0.D7
DIR
& &
OE

A1

2 B1
1

WR 3EN2 zu den anderen


3EN1 Kanälen
G3
Einrichtungstreiber 74LS245
A0..A15
OE G3
DIR 3EN1 (BA)
a 3EN2 (AB)

A1 B1

EN
A2 B2
A3 B3
A4 B4
A5 B5
A6 B6
EN A7 B7
A8 B8

OE DIR Datenrichtung
0 0 B -> A
EN
0 1 A -> B
1 X hochohmig

Z80 CPU EN Bild III-57


Prozessor mit Treiberstufen und Zweirichtungstreiber
Zweirichtungstreiber Eingabeport Decoder

Adreßbus Eingabeport
A7..A0 +
& & EN

D0
IOR D1
& D2
D3
D4
Decoder D5
D6
D7
Datenbus Bild III-58
Einfaches Eingabeport
mit Decoder
620 Datentechnik

Adreßbus
A7..A0
& EN Ausgabeport
& C1
D0
1D
IOW D1
& D2
D3
Decoder D4
D5
D6
D7
Datenbus

D0 D1 D2 D3 D4 D5 D6 D7

1D 1D 1D 1D 1D 1D 1D 1D
C1 C1 C1 C1 C1 C1 C1 C1

LE

OE

D0 D1 D2 D3 D4 D5 D6 D7
Bild III-59 Ausgabeport mit Decodierer und Portbaustein

kennt dann unter Umständen mehrere Impulse. Dies Bild III-59 zeigt die Innenschaltung des Aus-
muß durch Software oder Hardware ausgeschlossen gabebausteins mit dem entsprechenden Adreßdeco-
werden. dierer. Mit dem Befehl „OUT FF“ werden die Daten
Um einen eindeutigen H-Pegel bei geöffneten Schal- des Akkumulator zum Ausgangsport kopiert.
tern zu erhalten, sind jeweils Widerstände gegen
+UCC gelegt (Pull-up-Widerstände). Ihre Werte lie- 4.4 Programmierbare Schnittstellen-
gen üblicherweise zwischen 1 kOhm und 10 kOhm. bausteine
Die Ausgabedaten stehen nur kurzzeitig während des
Ausgabe-Befehls an der Peripherie an. Da die Daten Ein Kennzeichen dieser Bausteine (Bild III-60) sind
bis zur nächsten Ausgabe anstehen sollen, müssen 16 bzw. 24 programmierbare Ein-/Ausgabeleitungen,
sie gespeichert werden. Dies erreicht man mit D-Flip- wobei 8 Leitungen jeweils zusammengefaßt ein Port
flops. Bild III-58 zeigt als Beispiel einen Eingabe- darstellen.
baustein mit Decoder. Mit dem Befehl „IN FF“ ge- Die Funktion dieser Bausteine ist nicht allein hard-
langen die anliegenden Daten zum Akkumulator. waremäßig festgelegt. Über ein Kommando- oder

Interner Datenbus

D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0 Port-Register Port A
Steuerwort-Register

Port A
Port-Register Port B
Funktion Port B
Port C

A0 Adreßdecodierer Port-Register Port C


A1 3 2 1 0

Bild III-60 Prinzip eines programmierbaren Portbausteins


III Mikrocomputertechnik 621

Steuerwortregister kann die gewünschte Funktion A0 A0


und Betriebsart softwaremäßig eingegeben werden. A1 A1
Damit können Ports als Eingabe- oder Ausgabeports 0
COMP 8255
+5V
arbeiten. Desweiteren können Betriebsarten gewählt A2 P
3 P<0
werden, bei denen Portleitungen als Steuer- oder Mel- A3
P=0 & CS
0
deleitungen definiert sind. Die einmal gewählte Funk- Q
P>0
tion bleibt solange erhalten, bis der Inhalt des Steu- 3
erwortregisters überschrieben wird oder eine Rück- <
=
stellung erfolgt. 8255 >
Ports und Steuerwortregister können über Adressen
angesprochen werden. Besitzt ein Baustein ein zu- A4 COMP
0
A5
sätzliches Zustands- oder Statusregister, über das A6 P
P<0
A7 3
Zustände der Ports abgefragt werden, kann seine 0 P=0
Adresse mit der Adresse des Kommandoregisters P>0
Q
übereinstimmen. Die Unterscheidung der beiden 3
<
Register erfolgt dann über die Steuerleitungen /RD +5V =
>
und /WR. Um den Baustein zu initialisieren und die
gewünschte Funktion zu speichern, muß zunächst das Bild III-61 Adreßdecoder für I/O-Bausteine
Steuerwort in das Steuerwortregister gebracht wer-
den. Komplexere Bausteine, wie der 8156, besitzen
zusätzlich einen Zeitgeber und Speicher. Sie benöti- 8255
gen dann mehr als zwei Adreßleitungen.
PA3 PA4
Häufig eingesetzte Bausteine sind der 8255 von PA2 PA5
INTEL und Z80-PIO von ZILOG. Die Adressierung PA1 PA6
dieser Bausteine erfolgt wie bei den Speichern über PA0 PA7
RD WR
einen Auswahleingang /CS (Chip Select). Das Signal CS RESET
für CS kann im einfachsten Fall aus dem Signal IO/M GND D0
bzw. IORQ und einem Adreßsignal gebildet werden. A1 D1
A0 D2
Häufiger findet man Adreßdecoder aus Vergleicher- PC7 D3
stufen. Der Ausgang dieser Stufen wird nur dann „1“, PC6 D4
PC5 D5
wenn die Bitmuster am Eingang A mit denen an PC4 D6
Eingang B übereinstimmen. Mit Hilfe von Jumpern PC0 D7
(Steckbrücken) oder DIL-Schaltern ist dann jede PC1 Vcc
PC2 PB7
Adresse von 00 bis FF wählbar. Bild III-61 stellt ein PC3 PB6
Beispiel für einen Adreßdecoder dar. Die Anschluß- PB0 PB5
PB1 PB4 Bild III-62
belegung des Portbausteins erkennt man im Bild III- PB2 PB3
62. Bild III-63 zeigt das Funktionsbild des 8255. PIN-Belegung des 8255

Funktionsbild

PA0..PA7
Daten Steuerung
Puffer Kanal A
Gruppe A
PC4..PC7
Kanal C
höher-
wertig
RD Steuer-
PC0..PC3
WR Logik Kanal C
A1 nieder-
wertig
A0
CS PB0..PB7
Steuerung
RESET Kanal B
Gruppe B

Bild III-63 Funktionsbild des 8255


622 Datentechnik

Tabelle III-18 Bedeutung der Anschlüsse Der Baustein besitzt 3 TTL-kompatible Ports mit je
8 Leitungen oder Kanälen. Port C kann in 2 Gruppen
Anschlüsse Funktion
zu je 4 Leitungen unterteilt werden. Hierbei gibt es
D0 ... D7 Datenbus allerdings nur die Möglichkeit, die L-Bits, das sind
RESET Rücksetzeingang die Leitungen PC0 bis PC3, und die H-Bits mit den
CS Bausteinauswahl Leitungen PC4 bis PC7 zusammenzufassen. Die
RD Leseeingang Steuerlogik bestimmt mit dem Kommando- oder
WR Schreibeingang Steuerwort, ob ein Port als Eingabe- oder Ausgabe-
A0, A1 Adreßleitungen port arbeitet. Das Format dieses Steuerwortes sehen
PA0 ... PA7 Port A Sie im Bild III-64. Hierbei kommt jeder Bitstelle eine
PB0 ... PB7 Port B bestimmte Bedeutung zu. D1 entscheidet beispiels-
PC0 ... PC7 Port C weise über Ein- oder Ausgabe von Port B, und D4
VCC +5 V Betriebsspannung ordnet die Eigenschaften dem Port A zu.

Beispiele
Kommandowort
D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0
Kanal C (L-Bits) 8255 Port A
1 = Eingabe
0 = Ausgabe 10011011 Port C
Kanal B Port B
1 = Eingabe
0 = Ausgabe
Betriebsart 8255
Port A
0 = Betriebsart 0
1 = Betriebsart 1 10000000 Port C
Kanal C (H-Bits)
Port B
1 = Eingabe
0 = Ausgabe
Kanal A 8255
Port A
1 = Eingabe
0 = Ausgabe 10001001 Port C
Betriebsart
00 = Betriebsart 0 Port B
01 = Betriebsart 1
1x = Betriebsart 2 8255 Port A
Kennzeichenbit H-Bits
1 = aktiv 10010001
Betriebsart L-Bits
Port B

Bild III-64 Format des Steuerwortes und Beispiele

Eingabe Ausgabe

RD WR

Eingang D7..D0

A1,A0 A1,A0

CS CS
D7..D0
Ausgang

Bild III-65 Impulsdiagramm für die Betriebsart 0


III Mikrocomputertechnik 623

Der 8255 unterscheidet die Betriebsarten 0, 1 und 2. werden. Das Port C dient mit je drei Leitungen zur
In der Betriebsart 0 können die Ports jeweils als Ein- Steuerung (Bild III-66). In dieser Betriebsart ist
oder Ausgabe programmiert werden, wobei das Port Handshake-Betrieb möglich (Bild III-67). Diese
C noch in zwei 4-Bit-Leitungsgruppen unterteilt ist. Betriebsart wird verwendet, wenn Geräte, die nicht
Die Eingabedaten gelangen ohne Zwischenspeiche- synchronisiert sind, Daten austauschen sollen. Sobald
rung zum Datenbus, während bei der Ausgabe der die Eingabedaten den Portbaustein erreicht haben,
Daten eine Zwischenspeicherung erfolgt. Die im kann über ein Interrupt der CPU eine Meldung ge-
Bild III-64 aufgeführten Beispiele gelten für diese macht werden. Über eine Interruptroutine werden die
Betriebsart. Das zeitliche Zusammenwirken der Daten eingelesen.Die genaue Funktion verdeutlicht
Signale für die Ein- und Ausgabe gibt Bild III-65 das Prinzip im Bild III-68 in Verbindung mit dem
wieder. Mit einem L-Pegel am Eingang /WR können gleichzeitig dargestellten Impulsdiagramm.
Daten oder Steuerworte in den Baustein geschrieben Input Buffer Full (IBF) ist zunächst „0“. Damit wird
und mit einem L-Pegel am Eingang RD können dem Eingabegerät ein Zugang zu dem Eingabe-
Daten vom Baustein gelesen werden. Während dieser baustein ermöglicht. Der Baustein 8255 zeigt an, daß
Zeit muß die gültige Adresse an A0 und A1 anliegen. er Daten aufnehmen kann. Stellt das Eingabegerät
Angewählt wird der Baustein mit der Bausteinaus- nun Daten zur Verfügung, wird dies dem Baustein
wahlleitung /CS. Ein H-Pegel am Eingang RESET durch STB = „0“ mitgeteilt, und die Daten werden
setzt alle internen Register zurück. übernommen. Gleichzeitig wird IBF = „1“ gesetzt
Bei der Betriebsart 1 (getastete Ein-Ausgabe) kann und dem Eingabegerät signalisiert, daß keine weite-
Port A oder Port B als Eingabe oder Ausgabe benutzt ren Daten übertragen werden. Über INTRB = „1“
wird die Meldung von der Ankunft der Daten an die
8255 CPU übermittelt und kann über eine Interruptroutine
PA0..PA7 von ihr bearbeitet werden. Beim Lesen der Daten
OBF werden INTRB und IBF wieder auf „0“ gesetzt.
ACK Sind die Ausgabedaten vom Ausgabegerät übernom-
INTR men worden, kann dies wiederum über ein Interrupt
PC4 der CPU mitgeteilt werden. Die CPU sendet Daten
PC5 zum Baustein und gibt eine Meldung über OBF = „0“
zum Ausgabegerät, um die Ankunft neuer Daten
PB0..PB7 mitzuteilen. Das Ausgabegerät kann die Daten über-
nehmen und mit ACKA = „0“ bestätigen und an-
STB
schließend über INTRA neue Daten von der CPU
IBF
anfordern. 8255
INTR
Bei der Betriebsart 2 erfolgt der Datenaustausch nur
über einen gemeinsamen Datenbus. Die Adressen
Bild III-66 Steuerleitungen für die getastete Ein- steuern in Verbindung mit /WR und /RD die Auswahl
Ausgabe der Ports oder des Steuerwortregisters.

8085 CPU 8255


Daten Daten
Eingabe
IBF
STB
INTR
RD ACK
OBF Ausgabe
WR
RST 6.5 Daten
RST 5.5 Bild III-67
8255 in der Betriebsart 1

Tabelle III-19 Definition der Steuersignale in der Betriebsart 1 und 2

STB Strobe „0“ ermöglicht es, Daten in den Eingangszwischenspeicher zu laden.


IBF Input Buffer Full „1“ zeigt an, daß Daten geladen wurden.
OBF Output Buffer Full wird „0“, wenn Daten geschrieben wurden
ACK Acknowledge Quittungseingang
INTR Interrupt Unterbrechungsanforderung
624 Datentechnik

1D 1D
1D 1D
1D 1D
1D 1D
1D Daten 1D Daten
1D 1D
1D 1D
1D 1D

WR C1 C1
ACK STB
IBF
S S
OBF
RD INTR
R R
& S & S
INTE
INTR
INTE & R R

Impulsdiagramm für die Betriebsart 1

Eingabe Ausgabe

STB WR
Daten
OBF

IBF INTR

INTR
ACK
RD Ausgang Daten

Bild III-68 Funktionsprinzip der Betriebsart 1

Tabelle III-20 Voraussetzung für die Programmierung des Bausteins


sind Kenntnisse der Registeradressen und der Steuer-
/CS /RD /WR A1 A0 Funktion logik. Tabelle III-20 zeigt die Zusammenarbeit der
Steuersignale und Adressen mit ihrer Auswirkung auf
0 0 0 0 0 Kanal A → Datenbus die Datenrichtung. Zur Verdeutlichung sind die
Adressen der Register zusätzlich extra aufgeführt.
0 0 0 0 1 Kanal B → Datenbus Die Initialisierung erfolgt immer so, daß zunächst das
entsprechende Kommandowort in den Akkumulator
0 0 0 1 0 Kanal C → Datenbus geladen und anschließend der Inhalt des Akkumula-
tors über einen OUT-Befehl mit Angabe der Steuer-
0 1 1 0 0 Datenbus → Kanal A
wortadresse zum Kommandoregister kopiert wird.
0 1 1 0 1 Datenbus → Kanal B Danach können die Ports mit ihren Adressen ange-
sprochen werden. Arbeitsregister für Ein- und Aus-
0 1 1 1 0 Datenbus → Kanal C gabe ist immer der Akkumulator. Das nachfolgende
Programm zeigt beispielhaft eine einfache Byteein-
0 1 1 1 1 Datenbus → Steuerlogik gabe in der Betriebsart 0 (siehe auch Abschnitt Ma-
schinensprache). 8255
1 0 × × hochohmig
 Beispiel: Im Hauptprogramm wird über das C-Register bestimmt,
0 × × 1 1 ungültige Bedingung von welchem Port die Daten geholt werden sollen. Die eingelese-
nen Daten sollen dann zu der Adresse gebracht werden, auf die
0 1 1 × × hochohmig das HL-Register zeigt. Das nachfolgende Listing zeigt eine mög-
liche Lösung:
III Mikrocomputertechnik 625

; Unterprogramm DATIN für 8255 und 8085 CPU


; Byte-Eingabe über ein Port in Abhängikeit des C-Registers
4.5 Zeitgeberbausteine
; Das gewünschte Port wird im Hauptprogramm über das Register C angewählt:
; Ist der Inhalt des Registers C = 00, dann wird Port A gewählt
Zeitgeberbausteine (TIMER) dienen zur Anpassung
; Ist der Inhalt des Registers C = 01, dann wird Port B gewählt zeitbedingter Programmabläufe zwischen dem Pro-
; Ist der Inhalt des Registers C = 02, dann wird Port C gewählt
; Die Eingabedaten werden zu der Adresse gebracht, auf die das HL-Register zeigt
zessor und peripheren Geräten. Sie enthalten meist
; voneinander unabhängige Zähler und können wie ein
;Programmbeginn ist die Adresse 8100 programmierbarer E/A-Baustein über ein Steuerwort-
;
;***************************************************************** register für verschiedene Betriebsarten programmiert
werden. 8085
ORG 8100
ADRPA EQU 00 ;Adresse Port A
ADRPB EQU 01 ;Adresse Port B  Beispiel: Der 8253 besitzt zur Steuerung die Siganaleingänge
ADRPC EQU 02 ;Adresse Port C /WR, /RD und /CS. Als Adreßleitungen sind A0 und A1 zuge-
ADRKR EQU 03 ;Adresse Kommandoregister führt. Der Datenbus D0 bis D7 ist 8 Bit breit. Der Baustein ver-
KW EQU 9B ;Kommandowort fügt über drei voneinander unabhängige Zähler mit jeweils drei
;alle Port auf Eingabe externen Anschlüssen: Signalausgang OUT, Takteingang CLK
8100 F5 DATIN: PUSH PSW ;(AF) zum Stack und Steuereingang GATE (Bild III-69).
8101 C5 PUSH B ;(BC) zum Stack Die Adreßleitungen A0 und A1 sind häufig direkt mit dem
8102 3E 9B MVI A,KW ;8255 initialisieren
Adreßbus des MP-Systems verbunden. Mit ihrer Hilfe erfolgt die
8104 D3 03 OUT ADRKR ;
Auswahl eines der Zähler und die Adressierung des Steuerwort-
8106 79 MOV C,A ;Wahl zum Akkumulator
8107 FE 01 CPI 01 ;(A) – 1, Flag setzen Registers zur Betriebsart-Auswahl (MODE). Angewählt wird der
8109 FA 15 81 JM PORTA ; → Port A Baustein über die Auswahlleitung /CS. Dieser Anschluß wird zur
810C CA 1A 81 JZ PORTB ; → Port B Adressenbildung über einen Adreßdecodierer gesteuert (Bild III-
810F DB 02 IN ADRPC ;Port C Eingabe 70). Tabelle III-21 beschreibt die Datenrichtung in Abhängigkeit
8111 C3 1C 81 JMP RUECK ; von Adreß- und Steuersignalen.
8114 DB 00 PORTA: IN ADRPA ;Port A Eingabe
8116 C3 1C 81 JMP RUECK ; Die einzelnen Zähler sind voreinstellbare Abwärts-
8119 DB 01 PORTB: IN ADRPB ;Port B Eingabe zähler für eine 16-Bit-Wortbreite, die mit dem Signal
811B 77 RUECK: MOVE M,A ;(A) → (@HL)
811C C1 POP B: ;Stack → BC
des CLK-Eingangs getaktet werden. Die Taktfre-
811D F1 POP PSW ;Stack → AF quenz darf max. 2 MHz betragen. Bild III-71 zeigt
811E C9 RET ;zum Hauptprogramm zurück das Prinzip eines der Zähler.

Funktionsbild PIN-Belegung
8253
CLK 0
D7 VCC
Datenbus Puffer Zähler 0 GATE 0 D6 WR
OUT 0 D5 RD
CLK 1 D4 CS
RD
WR Steuer- D3 A1
A0 logik Zähler 1 GATE 1
A1 D2 A0
CS OUT 1 D1 CLK2
CLK 2 D0 OUT2
Steuer-
wort- Zähler 2 GATE 2 CLK0 GATE2
Register OUT0 CLK1
OUT 2
GATE0 GATE1
GND OUT1
Bild III-69 Funktionsbild und Anschlußbelegung des 8253

8085 8253

AD0..AD7 Adreß/Datenbus Daten


OUT
A0 GATE
A1 CLK

Latch Decodierer CS
OUT
GATE
ALE A0..A7 CLK

A8..A15 Adreßbus A9..A15


OUT
IO/M GATE
RD CLK Bild III-70
WR Baustein mit 8085 CPU
626 Datentechnik

Tabelle III-21 Steuerwortes und die Adressen der Zähler an. Mit
Bit 7 und Bit 6 kann einer der Zähler gewählt werden,
/CS /RD /WR A1 A0 Funktion mit Bit 1, 2 und 3 wird die Betriebsart festgelegt. Bit
0 legt den Zählmodus fest und Bit 4 und 5 haben
0 1 0 0 0 Zähler 0 laden
Einfluß auf das L- und H-Byte beim Lesen oder
0 1 0 0 1 Zähler 1 laden Beschreiben des Bausteins. Die Betriebsarten unter-
scheiden sich durch verschiedene Ausgangsim-
0 1 0 1 1 Zähler 2 laden pulse.
In der Betriebsart Mode 0 wird der Zähler über das
0 1 0 1 1 Steuerwort laden
Zählregister mit einem Anfangswert geladen, wäh-
0 0 1 0 0 Zähler 0 lesen rend der Ausgang OUT zu Beginn der Zählung „0“
ist. Mit jedem Takt wird der Zähler decrementiert und
0 0 1 0 1 Zähler 1 lesen gibt bei Erreichen des Wertes Null eine „1“ am Aus-
gang aus. Man spricht bei dieser Betriebsart auch von
0 0 1 1 0 Zähler 2 lesen
Interrupt bei Zählernulldurchgang, weil sich die
0 0 1 1 1 Datenbus hochohmig positive Flanke am OUT-Ausgang zum Auslösen von
Unterbrechungsanforderungen gut eignet. Bild III-73
1 × × × × Baustein nicht zeigt die beteiligten Signale beispielhaft für einen
angesprochen Zähleranfangswert = 4.
Der Ausgangspegel bleibt so lange erhalten, bis der
0 1 1 × × Datenbus hochohmig Zähler neu geladen wird. Der Zählvorgang selbst
Zählregister

8 Bit 8 Bit
Interner Datenbus

Ausgabe-
16 Bit Zähler und Triggerschaltung OUT

CLK
Zwischenregister GATE Bild III-71
Prinzip eines Zählers

Das Zählregister kann über den Datenbus mit einem kann am Anschluß GATE mit „0“ unterbrochen
Wert geladen werden, der bei Zählbeginn in den werden und mit „1“ fortgeführt werden (Bild III-74,
eigentlichen Zähler gelangt. Der Zählerzwischenspei- Bild III-73).
cher enthält den jeweiligen Zählerstand und kann In der Betriebsart Mode 1 kann eine monostabile
softwaremäßig abgefragt werden. Mit Hilfe des Kippstufe nachgebildet werden. Nach dem Laden des
Steuerwortregisters kann die Zählart (dual oder Zählers wird er durch „1“ am Anschluß Gate gestar-
dezimal) und die Betriebsart (Betriebsart 0 bis 5) tet. Der Ausgang wird dann „0“, bis der Zählerstand
festgelegt werden. Bild III-72 gibt das Format des Null erreicht ist.

Zähler Lesen/Laden Betriebsart Zählweise

SC1 SC0 RL1 RL0 M2 M1 M0 BCD

0 = dual
1 = dezimal Adressierung
0 0 0 0
0 0 1 1 Adresse Register
x 1 0 2
Betriebsarten A1 A0
x 1 1 3
1 0 0 4 0 0 Zähler 0
1 0 1 5 0 1 Zähler 1
1 0 Zähler 2
0 0 Zählerinhalt zwischenspeichern 1 1 Steuerwort
0 1 höherwertiges Byte
Zähler 0 0 1 0 niederwertiges Byte
Zähler 0 1 1 1 1. L-Byte, 2. H-Byte
Zähler 1 0
Steuerwort 1 1

Bild III-72 Format des Steuerwortes und Adressen der Register


III Mikrocomputertechnik 627

CLK

WR

4 3 2 1 0
(n = 4) n
OUT
bzw.

WR

GATE
5 4 3 2 1 0

OUT

(m = 5)

Bild III-73 Signalverlauf in der Betriebsart 0

BUS einen 16-Bit-Wert. Der Lesebefehl muß dann zwei-


mal erfolgen. Mit dem ersten Befehl wird das LSB
Trigger- (niederwertiges Byte) und mit dem zweiten das MSB
Schaltung (höherwertiges Byte) eingelesen. Während dieser Zeit
Abwärts- Ausgangs-
CLK Zähler Logik muß aber das CLK-Signal abgeschaltet sein, bei-
& OUT
spielsweise durch den GATE-Anschluß, um einen
gültigen Zählerinhalt zu bekommen.
Eine zweite Möglichkeit besteht darin, den Zählerin-
GATE halt in den Zwischenspeicher zu bringen und zu le-
sen, ohne den eigentlichen Zählvorgang zu unterbre-
Bild III-74 Blockbild eines Zählers
chen. Hierbei wird der entsprechende Zähler über das
Steuerwort mit SC0 und SC1 ausgewählt, und RL0
In der Betriebsart Mode 2 kann ein Zähler als Teiler und RL1 werden auf „0“ gesetzt. Die übrigen Bits sind
oder Generator arbeiten. Nach dem Erreichen des hierbei ohne Bedeutung. Eine einfache Programm-
Nullwertes beginnt sofort ein erneuter Zählvorgang. sequenz zeigt dies beispielhaft für den Zähler 1.
In der Betriebsart Mode 3 arbeitet der TIMER als
Rechteckgenerator.  Beispiel: Lesen des Zählerzustands

In der Betriebsart Mode 4 spricht man auch vom MVI A, 40 ;Zähler 1 und Zählerinhalt zwischenspeichern
OUT 03 ;Steuerwort-Register, Wert zwischenspeichern
softwaregesteuerten Signal, weil der Ausgang beim IN 01 ;(Zähler 1, L-Byte) → Akkumulator
Erreichen des Nullwertes für die Dauer einer Takt- MOV L,A ;(Akkumulator) → L-Register „retten“
periode von „1“ auf „0“ geht. IN 01 ;(Zähler 1, H-Byte) → Akkumulator
In der Betriebsart Mode 5 spricht man von einem MOV H,A ;(Akkumulator) → H-Register „retten“
;Der Zählerstand liegt jetzt im Registerpaar H vor
hardwaregesteuerten Signal, weil der Zähler erst mit
Damit der Zähler seine Tätigkeit aufnimmt, muß er mit einem
der ansteigenden Flanke des GATE-Signals startet.
Zähleranfangswert geladen werden. Hierzu ist es notwendig, das
Wie in der Betriebsart Mode 4 geht der Ausgang entsprechende Steuerwort ins Steuerwort-Register zu schreiben
beim Erreichen des Nullwertes für die Dauer einer und anschließend den gewünschten Zählwert einzubringen. Von
Taktperiode von „1“ auf „0“. Bedeutung ist nur die zuvor festgelegte Reihenfolge durch das
Steuerwort mit RL0 und RL1.
Eine mögliche Anwendung ist die, den TIMER für
Ereigniszählungen einzusetzen. Man versteht darun-
ter, daß der Zähler kontinuierlich bis zum Eintreffen 4.6 Programmierbarer E/A-Baustein
einer Bedingung (eines Ereignisses) zählt. Hierbei ist mit Speicher und Zeitgeber
es notwendig, den Zählerstand abzufragen und in Neben programmierbaren E/A-Bausteinen werden
Abhängigkeit von diesem Wert den Prozessor Ent- solche mit zusätzlichen integrierten Baustufen wie
scheidungen treffen zu lassen. Der Zählerinhalt aller TIMER und/oder Speicher angeboten. Beispiele
drei Zähler kann ausgelesen werden. Es gibt zwei hierfür sind der 8155 und 8755. Der 8755 besitzt ein
Möglichkeiten, den Zählerstand zu erfahren. Einmal internes ROM von 2 K × 8 Bit und ein 8-Bit-Port PA
kann der gewünschte Zähler über A0 und A1 addres- und PB, wobei im Gegensatz zum 8255 die einzelnen
siert werden und mit /RD zur CPU gelangen. Wenn Bitleitungen als Aus- oder Eingang programmiert
RL0 und RL1 auf „1“ gesetzt sind, handelt es sich um werden können.
628 Datentechnik

Blockbild PIN-Belegung
8155

PC3 VCC
Zustands-
PC4 PC2
Register
Tin PC1
RESET PC0
Kommando- PA0..PA7
PC5 PB7
Register
A Port A Tout PB6
IO/M PB5
CE PB4
PB0..PB7 RD PB3
statisches RAM
AD-Bus WR PB2
256 x 8 Bit B Port B ALE PB1
AD0 PB0
AD1 PA7
PC0..PC5
AD2 PA6
ALE Adreß-Latch
C Port C AD3 PA5
IO/M AD4 PA4
RESET AD5 PA3
WR Zeitgeber AD6 PA2
RD AD7 PA1
VSS PA0
Tin
Tout
Bild III-75 Blockbild und Anschlußbelegung des 8155

 Beispiel: 8155/8156 durch das Kommando-Register so programmiert werden, daß an


Der Unterschied zwischen dem 8155 und dem 8156 besteht le- den Anschlüssen Steuersignale für die parallele Ein- und Ausgabe
diglich im Bausteinauswahlanschluß CE. An diesem Eingang mit Quittungsbetrieb zur Verfügung stehen. In der Betriebsart
wird der 8155 mit „0“, der 8156 mit „1“ angesteuert. Der Bau- ALT4 arbeiten dann die beiden anderen Ports im Handshake-
stein besitzt 2 TTL-kompatible Ports (A und B) mit je 8 Leitun- Betrieb, während drei Leitungen von Port C dem Port A und
gen und ein Port C mit 6 Leitungen. Die Speicherkapazität des 3 Leitungen dem Port B zugeordnet sind. Ein Beispiel für den
RAM beträgt 256 × 8 Bit. Ferner ist ein 14-Bit-Zähler integriert. Anschluß peripherer Geräte im Quittungsbetrieb (Handshaking)
Der direkte Anschluß an den AD-Bus der 8085 CPU oder eines zeigt Bild III-76. Die Steuerleitungen können in der Betriebsar-
Mikrocontrollers ist wegen des vorhandenen Adressenregisters tentabelle mit ALT4 verglichen werden. In den Betriebsarten
(Adreß-Latch) möglich (Bild III-75). Die Bedeutung der An- ALT1 und ALT2 arbeiten alle Ports als einfache Ein- und Aus-
schlüsse werden in der Tabelle III-22 erklärt. Alle weiteren tech- gabeports. Für die Adressierung der Ports, des Kommando-
nischen Daten zeigt Bild III-77 (siehe Seite 110). Registers und des Zeitgebers kommt der Baustein mit zwei
Für parallele Ein- und Ausgaben besitzt der Baustein drei Ports: Adreßleitungen nicht mehr aus, daher dienen A0, A1 und A2 zur
Port A und Port B mit 8 und Port C mit 6 Leitungen. Port C kann Adressierung.

Tabelle III-22 Bedeutung der Anschlüsse:


PIN Funktion Anmerkungen
D0 ... D7 Datenbus
AD0, AD7 Adressen-/Datenbus Die Adresse wird mit der abfallenden Flanke des Signals ALE ge-
speichert.
ALE Adress Latch Enable Adressenspeicher-Freigabe
RESET Rücksetzeingang Eingang High-aktiv; ein H-Pegel an diesem Eingang setzt alle Re-
gister zurück und bringt die Ports in die Betriebsart 0 auf Eingabe.
IO, /M E/A-Speicherwahl
CE Baustein-Auswahl Eingang High-aktiv
/RD Lese-Eingang Eingang Low-aktiv
/WR Schreib-Eingang Eingang Low-aktiv
PA0 ... PA7 Port A Bit 0 ... Bit 7
PB0 ... PB7 Port B Bit 0 ... Bit 7
PC0 ... PC5 Port C Bit 0 ... Bit 6
TIMER IN Zeitgebereingang
TIMER OUT Zeitgeberausgang
VCC Betriebsspannung +5 V
GND Masse 0 V
III Mikrocomputertechnik 629

8155
Peripherie-Schnittstelle
Port A Ausgabe-Daten

A INTR (Daten empfangen) Ausgabegerät


A BF (Daten bereit)
(Quittung der empfangenen Daten)
A STB
Port C
B STB
(Lädt den Datenspeicher Port B)
B BF (Puffer voll)
Eingabegerät
B INTR (Puffer zum Lesen bereit)

Port B Eingabe-Daten

RST-Eingang (8085)

Impulsdiagramm für die Eingabe

BF

STROBE
INTR

RD
Bild III-76
Eingabedaten
Baustein im Quittungsbetrieb

Die Programmierung erfolgt über das Kommando-Register. Eine kann hier jeder Kanal als Eingabe- oder Ausgabekanal arbeiten.
einfache Programmsequenz zeigt den Programmiervorgang zur Die Funktion wird durch die entsprechende Adressierung vorge-
Ausgabe über das Port A. nommen. Der Ein- oder Ausgabezustand jeden Kanals bestimmt
das Datenrichtungs-Register (DDR). Die Funktion eines Kanals
beschreibt Bild III-79 siehe Seite 631. 8155
 Beispiel:
MVI A,01 ;Portbaustein initialisieren
;PA = Ausgang
OUT 00 ;Adresse des Kommando-Registers 4.7 Eingabe-Ausgabe-Bausteine
MVI A,FF ;Daten → Akkumulator für den seriellen Betrieb
OUT 01 ;Datenausgabe an Port A
;am Port A liegen jetzt alle Ausgänge auf „1“ 4.7.1 Allgemeines
Neben dem Kommando-Register besitzt der 8155 ein Zustandsre-
gister, wo der Zustand des Zeitgebers und der Zustand der Steuer- Bausteine für den seriellen Betrieb übernehmen die
leitungen abgefragt werden können. Die Adresse ist die des Daten wortweise vom Prozessor und wandeln sie in
Kommando-Registers. Das ist möglich, weil in das Kommando- eine kontinuierliche Folge serieller Informationen
Register nur eingeschrieben werden kann und das Zustands-
Register nur gelesen wird. Der Zeitgeber des Bausteins ist ein 14- um. Des weiteren können Daten seriell empfangen
Bit-Abwärtszähler, der die Impulse am Eingang Tin zählt und werden und für den Prozessor in ein Datenwort
sich nach Ende der Zählung betriebsartenabhängig verhält, d.h. parallel umgewandelt werden. Wesentlicher Be-
am Ausgang TIMER OUT einen Rechteckimpuls ausgibt, wenn standteil sind Parallel-Serienwandler und Serien-
das Ende der Zählung erreicht ist. Die Bedeutung der Bits für den
Zeitgeber sind ebenfalls im Bild dargestellt. Parallelwandler. Bild III-80 zeigt das Prinzip der
seriellen Übertragung mit einem E/A-Baustein. Der
 Beispiel: Der Portbaustein 8755 besitzt als Speicher ein EPROM Aufwand, die Realisierung dieser Wandler mit logi-
(elektrisch programmierbarer und UV-löschbarer Speicher) mit schen Schaltungen vorzunehmen, ist unwirtschaftlich.
einer Speicherkapazität von 2 K × 8 Bit. Zur Bausteinauswahl Man bedient sich daher USART’s (universell asyn-
sind die beiden Anschlüsse /CE1 (low-aktiv) und CE2 (high-
aktiv) anzusprechen. Als Ports besitzt der Baustein das Port A und chron receiver/transmitter = Universeller Asynchron-
das Port B mit jeweils 8 Leitungen oder Kanälen (Bild III-78, Empfänger Sender) oder SIO’s (serial input/output =
siehe Seite 631). Im Gegensatz zu vielen anderen Portbausteinen Serieller E/A-Baustein).
630 Datentechnik

Format des Steuerwortes

TM2 TM1 IEB IEA PC2 PC1 PB PA

0 = Eingang
1 = Ausgang

00 = ALT1
11 = ALT2 Betriebs-
01 = ALT3 arten
10 = ALT4
Unterbrechungfreigabe
1 = freigeben
0 = sperren
Zeitgeber
00 = NOP
01 = STOP
10 = STOP nach TC
11 = START

Betriebsarten Adressierung

ALT1 ALT2 ALT 3 ALT4


A2 A1 A0
PC0 Eingabe Ausgabe A INTR A INTR
0 0 0 Kommando-Register
PC1 Eingabe Ausgabe A BF A BF
0 0 1 Port A
PC2 Eingabe Ausgabe A STB A STB
0 1 0 Port B
PC3 Eingabe Ausgabe Ausgabe B INTR 0 1 1 Port C
PC4 Eingabe Ausgabe Ausgabe B BF 1 0 0 Zähler (L-Byte)
PC5 Eingabe Ausgabe Ausgabe B STB 1 0 1 Zähler

Zeitgeber-Format

M2 M1 T13 T12 T11 T10 T9 T8 T7 T6 T5 T4 T3 T2 T1 T0

Betriebsart Höherwertige Bits Zählwert Niederwertige Bits

Betriebsarten des Zeitgebers


Betriebsarten-Bit (MODE) Impulsdiagramm an Tout

Beginn der Ende der


Funktion
M2 M1 Zählung Zählung

0 0 Ein Rechteckimpuls
Rechteck-
0 1 Generator
Ein Impuls am
1 0 Ende der Z„hlung

1 1 Fortlaufende
Impulse

Bild III-77 Technische Daten des 8155


III Mikrocomputertechnik 631

Blockbild PIN-Belegung
CLK 8755
READY PROG/CE1 VCC
PA0..PA7 CE2 PB7
CLK PB6
AD0..AD7 RESET
A Port A PB5
EPROM VDD PB4
READY PB3
A8..A10 2K x 8 Bit IO/M PB2
PB0..PB7 IOR PB1
CE2 RD PB0
IOW PA7
IO/M B Port B ALE
ALE PA6
Adreß-Latch AD0 PA5
/ RD AD1
/ IOW PA4
AD2 PA3
RESET AD3
/ IOR PA2
AD4 PA1
AD5 PA0
PROG/CE VDD GND VCC AD6 A10
AD7 A9
GND A8
Adressierung

A1 A0

0 0 Kanal A
0 1 Kanal B
1 0 DDR A
1 1 DDR B Bild III-78
E/A-Baustein

D0
1D

C1

PA0
D0 1D

C1
R

&

PA DDR A RESET PA Bild III-79


schreiben schreiben lesen Datenrichtungs-Register mit Datenleitung

CPU
Sendeleitung
Adreßbus
E-/A-Baustein Peripherie
Datenbus Empfangsleitung Bild III-80
Prinzip der seriellen
Steuerbus
Übertragung mit
E/A-Baustein
632 Datentechnik

4.7.2 USART  Beispiel: Der USART 8251 ist ein universeller Synchron/Asyn-
chron-Sender/Empfänger-Baustein und kann durch den Prozessor
für die gebräuchlichen Datenübertragungsverfahren programmiert
Beim Senden gelangen die parallel gelieferten Daten werden. Bild III-82 gibt die Anschlußbelegung wieder und zeigt
vom Prozessor über Zwischenregister (Latch) und das Blockbild des Bausteins. Tabelle III-23 beschreibt die Bedeu-
Parallel-Serienwandler auf die Sendeausgangsleitung. tung der Anschlüsse.
Der Baustein kann im Synchron- oder Asynchronbetrieb einge-
Beim Empfang müssen die seriellen Daten wieder in setzt werden. Die Betriebsarten unterscheiden sich im Aufbau des
parallele Worte rückgeführt werden. Damit der Pro- Übertragungszeichens und der Synchronisation. Beim Synchron-
zessor hinsichtlich des Zeitpunktes, wann Daten von betrieb bestimmt das periphere Gerät die Übertragungsrate. Beim
ihm gesendet bzw. empfangen werden sollen, flexi- Asynchronbetrieb werden die Daten mit vorgegebener Taktfre-
quenz übertragen. Ein interner Frequenzteiler kann mit dem
bler ist, wird ein zusätzliches Sende- und Empfangs- Mode-Wort auf die Teilverhältnisse 1, 16 oder 24 eingestellt wer-
register eingebaut. Der Sender fügt noch zusätzliche den. Mit zugeführtem Sendetakt und programmiertem Teilerver-
Bits in den Datenstrom ein, damit der Prozessor sich hältnis wird die Übertragungsgeschwindigkeit (Baudrate 1 Bd = 1
nicht mit den Besonderheiten der speziellen Über- Bit/Sekunde) bestimmt. Der Baustein läßt Übertragungsgeschwin-
digkeiten bis zu 64 KBaud zu. Jede Übertragung beginnt mit ei-
tragungsverfahren wie beispielsweise Start- und Stop- nem Start-Bit und endet je nach Programmierung mit dem Parity-
bits beschäftigen muß. Ähnlich muß der Empfänger bit und mit bis zu 2 Stop-Bits. Die Wortübertragung beginnt stets
Zeichen, die nicht zum Dateninhalt gehören, entfer- mit D0. Die Länge der zu übertragenden Worte ist zwischen 5
und 8 Bit programmmierbar. Der Sendevorgang über die Leitung
nen. Hierzu dient eine Steuerung des Taktstromes
TxD wird durch den Sendetakt TxC ausgelöst. Steht kein Sende-
(Bild III-81). Die eigentliche Bausteinfunktion wird zeichen an, hat der TxD-Ausgang H-Pegel. Der Baustein 8251
durch die Software festgelegt. empfängt die seriellen Daten über die Leitung RxD. RxD liegt

Parallel-
Sende-
Serien-
Latch Senden
Wandler

Daten- Steuerung
Datenbus Steuerung des Taktstroms
Latch

Serien- Empfangen
Empfangs-
Parallel-
Latch
Wandler
Bild III-81 Prinzip eines USART

Datenbus- Hilfs/Ein- OSR


Puffer Ausgabe DTR
RTS
8251
D2 D1
RESET Sender D3 D0
CLK TxC
RxD VCC
CS Schreib-
GND RxC
C/D Lese-
TxC D4 DTR
WR Steuerung
Sende- CTS D5 RTS
RD
Steuerung TxEMPTY D6 DSR
D7 RESET
TxRDY TxC CLK
WR TxD
CS TxEMPTY
Empfänger RxD C/D CTS
RD SYN/BD
RxRDY TxRDY
RxC
Empfangs- SYNCFT/BO
steuerung

RxRDY

Bild III-82 Blockbild des 8251 und Anschlußbelegung


III Mikrocomputertechnik 633

Tabelle III-23 Bedeutung der Anschlüsse

PIN Funktion
D0 ... D7 Datenbus
RESET Rücksetzen
CLK Systemtakt Clock
CS Bausteinauswahl Chip Select
C/D Kennzeichnung der Daten als Steuer- bzw. Statuswort/Zeichen Control/Data
RD Daten oder Zustand lesen Read
WR Daten oder Steuerinformation scheiben Write
DSR Betriebsbereitschaft Data Set Ready
DTR DE-Einrichtung betriebsbereit Data Terminal Ready
RTS Sender einschalten Request to Send
TxD serielle Sendedaten Transmit Data
TxC Sendetakt Transmitter Clock
CTS Senderfreigabe Clear to Send
TxEMPTY Senderegister leer Transmitter Empty
TxRDY Sender kann Daten annehmen Transmitter Ready
RxD Serielle Empfangsdaten Receive Data
RxC Empfangstakt Receiver Clock
RxREADY Empfänger kann Daten liefern Receiver Ready
VCC Betriebsspannung 5 V
GND Masse 0 V

normalerweise auf H-Pegel. Bei fallender Flanke an diesem Ein- für MODE werden die allgemeinen Betriebseigen-
gang und Startbits erfolgt der Empfangsvorgang. Die Daten ge-
schaften wie Synchron- oder Asynchronbetrieb, Zei-
langen zum Datenbus-Puffer und können vom Prozessor abgeholt
werden. Der Datenempfang wird durch den Anschluß RxRDY mit chenlänge und Paritätsart festgelegt. Mit dem Kom-
einem H-Pegel gemeldet. mandowort wird die Sende- und Empfangssteuerung
Zum Handshaking ist bei Empfangssteuerung der Ausgang beeinflußt. Die Reihenfolge „Betriebsart festlegen“ und
RxRDY zuständig. SYNDET/BD hat unterschiedliche Funktio-
nen, je nach programmierter Betriebsart. Die Anschlüsse DSR,
anschließend „Kommandowort eingeben“ muß ein-
DTR und RTS dienen zur Modemsteuerung. gehalten werden, da beide Codes mit der gleichen
Adresse Anschluß C/D = „1“ übergeben werden. Das
Treten Fehler bei der Übertragung auf, wird dies im Statusregister kann bei C/D = „1“ gelesen werden (Ta-
Statusregister (Tabelle III-24) gekennzeichnet. belle III-25). Dadurch kann der Prozessor den Zustand
des Bausteins zu jeder Zeit abfragen (Bild III-84, 85).
Tabelle III-24 Übertragungsfehler
Tabelle III-25 Register-Adressierung
Parity-Error (Paritätsfehler)
Overrun-Error (Überlauffehler) C/D RD WR
Framing-Error (Sperrschrittfehler)
1 0 1 Statuswort-Register
Break-Detection (Break-Erkennung)
1 1 0 Kommandowort-Register
Die Programmierung erfolgt wie bei den anderen
D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0
E-/A-Bausteinen durch Laden des Kommandoregisters
vom Prozessor über den Datenbus. Mit dem Steuerwort Sende-Parallelregister frei
0 nein
1 ja
Statuswort- Kommandowort- Zeichen im Empfangsregister bereit
0 nein
Register Register 1 ja
Senderegister leer
0
nein
Betriebs- 1
ja
artenwort- Paritätsfehler bei Empfang
Register 0 nein
1 ja
Überlauffehler bei Empfang
0 nein
& & Sender 1 ja
Stopbit nicht erkannt
0 nein
& & 1 ja
Break Zustand
0 nein
Empfänger 1 ja
Pegel an DSR
0 nein
1 ja

Bild III-83 Prinzip der Adressierung Bild III-84 Statuswort


634 Datentechnik

Mode-Wort Kommando-Wort

D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0 D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0

Betriebsart Sender freigeben


0 0 Synchron 0 nein
0 1 Asynchron 1 ja
1 0 Asynchron DTR setzen
1 1 Asynchron 0 H
1 L
Zeichenlänge Empfänger freigeben
0 0 8 Bit 0 nein
0 1 6 Bit 1 ja
1 0 7 Bit BREAK-Zustand (L_Pegel) senden
1 1 8 Bit 0 nein
1 ja
Paritätsbit Fehlerbits rücksetzen
0 0 nein
ohne
1 1 ja
mit
Paritätsart Ausgang RTS setzen
0 0 H
ungerade 1
1 gerade L
Anzahl der Stopbits nächstes Steuerwort ist Mode-Wort
0 nein
0 0 nicht zulässig
1 ja
0 1 1
1 0 Bei Asynchronbetrieb ohne Auswirkung
1.5 0
1 1 2 1

Bild III-85 MODE- und Kommandowort

Bus-Controller

AEN MRDC Speicher lesen


MWTC Speicher Schreiben
MB
IORC E/A-lesen
CMDLY
Taktgenerator IOWC E/A-schreiben
INTA Interrupt-Bestätigung
ALE
82288
MCE
X2 X1 DEN
RES S0 S0 DT/R
S1 S1
READY READY
CLK CLK M/IO

RESET

C
RESET M/IO
OE
CLK Adreß- AB
BHE
Latch
82284 READY A0..A23
S1

S0 CAS A0
INTR INT CS
INTA
Prozessor
WR
80286 RD

D0..D15 SP/EN
Interrupt-
Controller
IR0..IR7
D0..D7
8259

Trans-
DB
Ceiver
DIR

& OE

Bild III-86 Mikroprozessorsystem mit 80286 CPU


III Mikrocomputertechnik 635

4.8 Bausteine mit Sonderfunktionen nur noch mit einem Quarz versehen (Anschluß X1
und X2), der dann die Frequenz bestimmt. Der
Einige Mikroprozessorsysteme besitzen außer den Anschluß F/C (Frequency/Crystal select) dient zur
bekannten Speicher- und Ein- und Ausgabeeinheiten Auswahl der Takterzeugung. Das PCLK-Signal
spezielle Peripheriebausteine, die jeweils eine beson- (Peripheral Clock), das über ein Flipflop (PCLK-
dere Aufgabe übernehmen. Als Beispiel wurde ein Generator) vom CLK-Signal erzeugt wird, ist für die
80286-System gewählt (Bild III-86, bereits auf Seite Synchronisation peripherer Geräte verantwortlich.
634). Außer dem bekannten Adreß-Latch und dem Die Erzeugung des /READY-Signals ist von der
Transceiver, einem Zweirichtungstreiber und dem entsprechenden Steuerung abhängig (/ARDYEN,
Prozessor gehören als weitere Bausteine ein Taktge- /ARDY, /SRDYEN, /SRDY). Das Signal dient zur
nerator, ein Bus-Controller und ein Interrupt- Steuerung langsamerer Peripheriegeräte und fügt
Controller zum System. Wartezustände (Wait States) in einen Schreib- oder
Der Taktgenerator 82284 (Bild III-87) besteht aus Lesezyklus ein. Am /RES (Reset in) kann das Reset-
einem Oszillator (Osz. 9), der für den Systemtakt ver- Signal erzeugt werden.
antwortlich ist, einer Synchronisationseinheit, einer Der Buscontroller 82288 (Bild III-88) decodiert die
RESET-Schaltung und dem PCLK-Generator. Der Statussignale (S0, S1 und M/IO) des Prozessors und
Taktgenerator selbst kann durch einen externen Gene- erzeugt mit dem CLK-Signal die Kommando- und
rator gesteuert werden, oder der interne Oszillator wird Kontrollsignale (Tabelle III-26).

82284

RES RESET
1 1 Synchronisation

X1 MUX
Osz.
X2
CLK
EFI
F/C

ARDYEN
& Synchronisation
ARDY
SRDEN
& Ready-Logik
READY
SRDY
S1
™1 PCLK-Generator PCLK Bild III-87
S0
Taktgenerator 82284

82288

INTA
S0 Control IORC
Status
S1 Output IOWC
Decoder
Logic MRDC
M/IO State MWTC
CLK Machine

DT/R
CEN/AEN Control Control DEN
CENL Input Output ALE
CMDLY Logic Logic MCE
READY

Bild III-88
MB Bus-Controller
636 Datentechnik

Tabelle III-26 Kommando- und Kontrollsignale


Pro- Schnitt-
Takt- Daten-
Kommandosignale Kontrollsignale gramm- stelle
generator speicher
speicher seriell
INTA DT/R
IORC DEN
Schnitt-
IOWC ALE Watchdog stelle
MRDC MCE Timer parallel
MWTC
CPU
Unter-
Interrupt-Controller sollen bei einer Unterbrechungsan- System-
brechungs-
forderung eines externen Gerätes am Prozessor einen steuerung
steuerung Mikrocontroller
Interrupt auslösen. Der Baustein 8259 im Bild III-86
besitzt 8 Eingänge für Interruptquellen (IR0 ... IR7).
Der Prioritätsdecoder hat die Aufgabe, bei gleichzeiti- A/D- D/A Zeit-
Zähler geber
ger Anforderung mehrerer Quellen eine Reihenfolge Wandler Wandler
der Bearbeitungssequenzen festzulegen.

5 Mikrocontroller Bild III-89 Komponenten eines Mikrocontrollers


5.1 Allgemeines Aus der Vielzahl der Einsatzgebiete sind die Schwer-
Mikrocontroller (MC) sind Bauelemente, bei denen auf punkte Datenverarbeitung, Industrieelektronik, Meß-,
einem Chip alle erforderlichen Bausteine eines Mikro- Steuerungs- und Regelungstechnik, Unterhaltungs-
prozessorsystems integriert sind. Hierzu gehören je elektronik und Kraftfahrzeugtechnik zu nennen. Weit-
nach Type der eigentliche Rechenkern mit Multiplika- verbreitet sind 4-Bit- und 8-Bit-Versionen. Mikro-
tions- und Divisionseinheit und Taktoszillator, die Sy- controller verdrängen den klassischen Prozessor aus
stemsteuerung und die Interrupteinheit. Die Kommu- einigen Anwendungsbereichen, weil „Ein-Chip-
nikation mit externen Baugruppen wird über parallele Systeme“ dort wirtschaftlicher zum Einsatz kommen.
und serielle Schnittstellen ermöglicht. Für Meß-, Steue- Einige Anwendungen, wie beispielsweise in der
rungs- und Regelzwecke sind Analog-Digital-Wandler Automobilindustrie, werden erst durch MC’s ermög-
(AD-Wandler), Digital-Analog-Wandler (DA-Wandler) licht. Bei größeren Stückzahlen sind MC’s mit ihrer
und Zähler integriert. Ein Watchdog-Timer („Wach- integrierten Peripherie kostengünstiger als Prozessoren
hund“) kontrolliert den gesamten Arbeitsablauf. MC’s mit externen Peripheriebausteinen. Der Platzbedarf
besitzen eigene Programmspeicher, die als ROM oder verringert sich erheblich, und die Betriebssicherheit
EPROM ausgeführt sein können und als Arbeitsspei- steigt auf Grund der kleineren Anzahl von Fehler-
cher ein internes RAM (siehe auch Abschnitt Halblei- quellen. Die Leistungsfähigkeit der MC’s liegt einmal
terspeicher). Weiter besteht die Möglichkeit, das MC- in der relativ hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit, da
System mit externen Speichern zu erweitern. Bild III- die meisten Befehle mit nur einem Befehlszyklus (z.B.
89 zeigt in einer Übersicht Komponenten eines Mikro- 1 ms) auskommen, der flexiblen Adressierungsarten
controllers. Je nach Verwendungszweck sind bei den und den zahlreichen Bitverarbeitungsmöglichkeiten.
unterschiedlichen Typen nicht alle Funktionsstufen ent- Beispielsweise können logische Befehle mit einzelnen
halten, dafür sind andere Stufen mehrfach vorhanden. Bits durchgeführt oder einzelne Portbits gesetzt oder
Um die Gehäusegröße und damit PIN-Zahl in Abhän- rückgesetzt werden, ohne andere Bits zu beeinflussen
gigkeit der Funktionsaufgaben möglichst gering zu (siehe auch Abschnitt Maschinensprache).
halten, sind viele Anschlüsse für Doppelfunktionen Werden in einem System mehrere Mikrocontroller
vorgesehen. eingesetzt, spricht man von einem Multi-Controller-

Tabelle III-27 Mikrocontroller

Type ROM RAM E/A ADC/E Clock TIMER


kByte Byte 8-Bit-Port 8-Bit (MHz)
8031 – 128 4 – 12 2
8051 14 128 4 – 12, 16 2
8052 18 256 4 – 12, 16, 20 3
80C52 18 256 4 – 12 3
80512 14 128 6+1E 18 12 2
80513 12 256 4 – 12, 16 3
80515 12 256 6+1E 18 12, 16 3
80C517 12 256 7+1,5E 12 12, 16 4
III Mikrocomputertechnik 637

System, bei dem aus Verwaltungsgründen MC’s als 5.2 8-Bit-Mikrocontroller


Master oder Slave arbeiten. Der Master übernimmt
5.2.1 Funktionsbeschreibung des MC 8051
hierbei die Organisation der Datenübertragung. Der
entsprechende Einsatz wird den Bausteinen durch Der MC 8051 besitzt einen Daten- und Programm-
Software mitgeteilt. Die Kommunikation untereinan- speicher. Eine Kommunikation mit peripheren Gerä-
der erfolgt über eine serielle Schnittstelle. ten ist über die serielle Schnittstelle (UART) und über
Tabelle III-27 führt beispielhaft Mikrocontroller der parallele Schnittstellen (Port 0 bis 3) möglich. Um
80x1x-Familie auf, die sich weltweit als Standard auf externe Geräte zu reagieren, sind Interrupteingän-
durchgesetzt hat. Bei den Mikrocontrollern dieser ge vorhanden. Der TIMER ist als Zähler oder Zeitge-
Serie werden zwei Versionen unterschieden. Man ber programmierbar. Hauptbestandteil ist die 8051
spricht von ROM-Versionen, wenn der Anwender CPU, der eigentliche Prozessor (Bild III-90). Bei dem
über das interne ROM verfügen kann und von ROM- Mikrocontroller 8051 können eine Reihe von
losen Versionen, wenn das interne ROM abgeschaltet Anschlußleitungen für unterschiedliche Verwendun-
ist. Der bis dahin interne Bereich ist dann als externer gen genutzt werden. Erkennbar sind die Doppelbele-
Bereich ansprechbar. Weitere Unterschiede liegen in gungen anhand der PIN-Zuordnung, wie in Bild III-
der Anzahl der E/A-Ports und der Anzahl der Zeit- 91 dargestellt. In der Tabelle III-28 ist die Bedeutung
geber. der jeweiligen Anschlüsse aufgeführt.

Daten- T0
Zähler
Speicher T1

Programm- RxD
UART
Speicher TxD

Port
8051
CPU PIO 0..3
Bild III-90
INT0 Vereinfachtes
INT1 Blockbild

8051
P1.0 VCC
XTAL1 AD0 P1.1 P0.0 AD0
AD1
AD2 P1.2 P0.1 AD1
XTAL2 AD3 PORT 0 P1.3 P0.2 AD2
AD4 P1.4 P0.3 AD3
Ad5
AD6 P1.5 P0.4 AD4
AD7 P1.6 P0.5 AD5
EA P1.7 P0.6 AD6
RST RST P0.7 AD7
PSEN RxD P3.0 EA
PORT 1 TxD P3.1 ALE
ALE
INT0 P3.2 PSEN
RxD INT1 P3.3 P2.7 A15
TxD T0 P3.4 P2.6 A14
A8
INT0 A9 T1 P3.5 P2.5 A13
PORT 3 INT1 A10 WR P3.6 P2.4 A12
T0 A11 RD P3.7 P2.3 A11
A12 PORT 2
T1 A13 XAL2 P2.2 A10
WR A14 XAL1 P2.1 A9
RD A15 GND P2.0 A8

nach Datenblatt der Firma Siemens


Bild III-91 Anschlußbelung beim MC 8051
638 Datentechnik

Tabelle III-28 Bedeutung der Anschlüsse 8051

Bezeichnung Funktion
AD0 ... AD7 Adreß-Datenbus
RST Rücksetzen bei H-Pegel
VPD Bei Anschluß Ruhestrom für internes RAM
RxD Serielle Schnittstelle
TxD Serielle Schnittstelle
/INT0 (Interrupt)/Unterbrechungseingang
/INT1 (Interrupt)/Unterbrechungseingang
T0 (Timer 0)/Zähler/Zeitgeber 0
T1 (Timer 1)/Zähler/Zeitgeber 1
/WR (Write)/Schreiben
/RD (Read)/Lesen
XAL2 Quarzanschluß, Externe Taktmöglichkeit
XAL1 Quarzanschluß
/E/A External Access/Externer Programmspeicherzugriff
(bei L-Pegel); bei H-Pegel: 4 K intern, ab 4 K extern
/PSEN Program Store Enable/Externe Programmspeicherfreigabe
ALE Adress Latch Enable/Signal zur Adressenzwischenspeicherung
PX.0 ... PX.7 Port (0, 1, 2, 3) digitale E/A, 8 Bit

P0.0-P0.7 P2.0-P2.7

Port 0 Port 2
Treiber Treiber

ADR RAM Latch Latch ROM

Programm-
B-Register Akkumulator Adreß-
Register

Stapel- Buffer
TMP2 TMP1
zeiger

Programm-
zähler
ALU SRF
und Zähler PC
Incremen-
tierer
PSW

Befehls- DPTR
Register

Latch Latch
Steuerung

Port 1 Port 3
Osz. Treiber Treiber

P1.0-P1.7 P3.0-P3.7 Bild III-92


nach Datenblatt der Firma Intel Funktionsbild
III Mikrocomputertechnik 639

Das Funktionsbild des Bausteins gibt Bild III-92 beim 8051 eine Adresse angesprochen, und die
wieder. Die CPU besteht aus dem Befehlszähler (PC), jeweiligen Registersätze werden durch Umschaltung
dem Befehlsdecoder der ALU (Rechen- und Logik- aktiviert. Wie bei der Standard-CPU sind Stapel-
einheit) und der Steuerlogik. Der Progammzähler zeiger (Stack-Pointer), der hier bei einem RESET auf
steuert den Programmablauf, und der Befehlsdecoder Adresse 07 gesetzt wird, der Programmzähler (PC =
sorgt für die Befehlsausführung (siehe auch Abschnitt Program Counter) und das vom Mikroprozesser
Mikroprozessortechnik). Die ALU des 8051 kann bekannte Kennzeichen oder Flagregister (hier: PSW =
folgende Operationen durchführen: Addition, Sub- Programm Status Word) vorhanden. Die von einem
traktion, Multiplikation, Division, Vergleichen, herkömmlichen 8-Bit-Prozessor abweichenden zu-
Rotieren. Außerdem können die logischen Ope- sätzlichen Baustufen sind im Blockbild III-92 beson-
rationen UND, ODER, Exclusiv ODER und Bitma- ders gekennzeichnet. Der Datenzeiger (DPTR = Data
nipulationen durchgeführt werden. Als Arbeitsregis- Pointer) zeigt auf die als nächstes zu bearbeitende
ter dienen Akkumulator, die Register R0 bis R7 mit Adresse des Datenspeichers.
ihren vier Bänken (siehe auch Bild III-102) und das Zur Steuerung interner Funktionen dienen Spezial-
B-Register. Die Bänke können mit dem Alternativ- Funktions-Register (SFR = Special-Function-Regi-
Registersatz der Z80 CPU verglichen werden und die ster). Im Funktionsbild sind sie mit dem Block SFR
Register R0 bis R1 mit den von den 8-Bit- und Zähler gekennzeichnet. Die genaue Aufteilung
Prozessoren bekannten Registern B, C, D, E, H und dieses Blockes zeigt Bild III-93. Tabelle III-29 erläu-
L. Im Gegensatz zu den genannten Registern wird tert die entsprechenden Kürzel der Registernamen.

Tabelle III-29 Special-Function-Register

Bezeichnung Funktion
P0 Port 0
SP (Stack-Pointer)/Stapelzeiger
DPL (Data-Pointer)/Datenzeiger L-Byte
DPH (Data-Pointer)/Datenzeiger H-Byte
TCON (Timer/Counter) Zeitgeber/Zähler Control
TMOD (Timer/Counter) Zeitgeber/Zähler Betriebsart
TL0 (Timer/Counter) Zeitgeber/Zähler 0 L-Byte
TL1 (Timer/Counter) Zeitgeber/Zähler 1 L-Byte
TH0 (Timer/Counter) Zeitgeber/Zähler 0 H-Byte
TH1 (Timer/Counter) Zeitgeber/Zähler 1 H-Byte
P1 Port 1
SCON (Serial Interface Control) Status/Kontroll-Register
SBUF (Serial Data Buffer)/Serielles Pufferregister
P2 Port 2
IE (Interrupt Enable)/Interruptmaske/-freigabe
P3 Port 3
IP (Interrupt Priority)/Interruptpriorität
PSW Program Status Word
ACC Accumulator B B-Register

SFR und Zähler

Zähler/Zeitgeber-
Steuerung
Port 3
TCON
TMOD
TL0 Serielles Port
Unterbrechungs-
TH0 SCON Steuerung
TL1 SBUF (Senden) IE

TH1 SBUF (Empfang) IP


Bild III-93
Special-Function-Register
interner Bus und Zähler
640 Datentechnik

5.2.2 Ein-/Ausgabeeinheit einbezogen. Hier wird die Bausteinauswahl mit P2.0


durchgeführt. Port 3 kann neben Ein- und Ausgabe
Die 4 E/A-Ports mit einer 8-Bit-Breite arbeiten bidi-
von Daten die im Anschlußplan angegebenen Funkti-
rektional (in beiden Richtungen) und können jeweils
onen durchführen.
einzeln unabhängig voneinander als Eingabe- oder
Ausgabekanal arbeiten. Bild III-94 verdeutlicht dies 5.2.3 RESET-Schaltung
an Hand der Portstruktur eines Kanals. Die Ausgabe-
information („0“ oder „1“) wird mit dem Schreib- Damit die CPU nach dem Einschalten in einen defi-
signal dem D-Flipflop übergeben und steht somit nierten Anfangszustand gebracht wird, ist eine RE-
dem Portausgang zur Verfügung. Der Zustand des SET-Schaltung notwendig (Bild III-96). Die CPU
D-Flipflops kann über Lesen des D-Flipflops (Latch arbeitet dann immer ab Adresse 0000 des Speichers.
lesen) jederzeit abgefragt werden. Soll eine Informa- Der Baustein wird durch einen „H“-Pegel am An-
tion eingelesen werden, wird das D-Flipflop gesperrt. schluß RST zurückgesetzt. Beim Einschalten der
Mit dem Lesesignal (PIN lesen) gelangt das anlie- Betriebsspannung muß der Anschluß mindestens für
gende Bit zum Datenbus. Bei einem RESET wird der die Zeit von 1 ms H-Pegel besitzen. Bei der darge-
Portanschluß auf Eingang geschaltet. stellten Schaltung wirkt der Kondensator bei Anlegen
der Versorgungsspannung wie ein Kurzschluß und
legt zunächst „H“-Pegel an den RESET-Eingang.
Nach Aufladung des Kondensators liegt „L“-Pegel
an. Der MC 80(C)515 benötigt nur einen Kondensa-
1D tor am RESET-Anschluß, weil ein interner Wider-
C1 stand vorhanden ist.
PIN

80(C)515 +5V 8051

+
C
RESET
Latch PIN Latch + RESET
schreiben lesen lesen R

Bild III-94 Portstruktur eines Kanals Bild III-96 RESET-Schaltungen

Port 0, 2 und 3 besitzen Doppelfunktionen. Bei- 5.2.4 Taktgenerator


spielsweise wird das Port 0 zur Adressierung externer Der interne Taktgenerator des MC 8051 braucht nur
Speicher mit verwendet. Port 0 arbeitet dann als noch mit dem Quarz ergänzt zu werden, um seine
Adreß-/Datenbus. Bild III-95 zeigt den Anschluß Funktion ausführen zu können. Die Quarzfrequenz
eines externen Speichers an den Baustein. liegt in einem Bereich bis zu 12 MHz. Der Baustein
kann auch über einen externen Taktgenerator gesteu-
8051 RAM ert werden. Es wird dann XTAL1 auf Masse gelegt
P0.0
256 x 8 Bit und XTAL2 über einen Treiber angeschlossen
XTAL1 P0.1
P0.2 (Bild III-97). Der Taktgenerator erzeugt alle benötig-
XTAL2 P0.3 ten Taktsignale des Systems.
Adreß/Datenbus
P0.4
P0.5 +5V
P0.6 8051 8051
P0.7
+ C1 R
EA P2.0 CS XTAL1 XTAL1

RST ALE ALE XTAL2 1 XTAL2


RD RD C2
WR WR

Bild III-95 Anschluß an einen externen Speicher Bild III-97 Taktgenerator

5.2.5 Stromaufnahme
Da der dargestellte Speicher einen internen Adressen-
zwischenspeicher besitzt (Eingang ALE), ist kein Um die Stromaufnahme zu reduzieren, besitzt die
zusätzlicher Zwischenspeicher erforderlich. Besitzt CMOS-Version, beispielsweise der MC 80C51, zwei
der externe Speicher eine größere Kapazität als Betriebsarten. Im Power-down-Mode wird der interne
0,25 k, wird Port 2 ebenfalls in die Adressierung mit Taktgenerator abgeschaltet und der MC damit in
III Mikrocomputertechnik 641

einen inaktiven Zustand gebracht. Die im internen auch von der Betriebsart „Auto Reload“. Ein gerade
RAM gespeicherten Daten bleiben erhalten. Mit vorhandener Zählerstand läßt sich aus den SFR T1
einem Hardware-Reset kann diese Betriebsart been- bzw. T2 ablesen. Die Zähler/Zeitgeber sind Auf-
det werden. Im Idle-Mode wird der Taktgenerator nur wärtszähler, die ein Überlauf-Kennzeichen erzeugen,
von der CPU getrennt und versorgt alle anderen beispielsweise beim 16-Bit-Zähler von FFFF nach
Komponenten wie Zähler und serielle Schnittstelle 0000. Die Überlaufkennzeichen sind Bestandteil des
weiterhin mit Taktsignalen. Diese Betriebsart kann TCON-Registers (Bit 7: TF1, Bit 5: TF0). Diese
über ein Reset oder aber auch über ein Interrupt Kennzeichen dienen auch als Unterbrechungs-
beendet werden. Die unterschiedliche Stromaufnahme kennzeichen (Timer Interrut Flags) und werden durch
wird in Tabelle III-30 dargestellt. ein Programm abgefragt. Bild III-98 zeigt das Prinzip
eines 13-Bit-Zählers/Zeitgebers in der Betriebsart
Tabelle III-30 (Mode) 0.
Über TR0, INT0(PIN) und Gate wird der Zeitgeber
Active Mode Idle Mode über eine TOR-Schaltung (das UND-Gatter wirkt als
Schalter) aktiviert. Die Frequenz des Zeitgebers ist
Frequenz VCC 4 V 5 V 6 V 4 V 5 V 6 V vom Quarz abhängig. Da jeder Maschinenzyklus den
TIMER incrementiert und jeder Maschinenzyklus aus
0,5 MHz 1,6 2,2 3 0,6 0,9 1,2 12 Taktperioden besteht, erfolgt die im Bild darge-
stellte Teilung durch 12. Im Bild III-99 sind die Bit-
3,5 MHz 4,3 5,7 7,5 1,1 1,6 2,2
anordnung der zuständigen Register und die ver-
8,0 MHz 8,3 11 14 1,8 2,7 3,7 schiedenen Betriebsarten aufgeführt.

12 MHz 12 16 20 2,5 3,7 5


TCON-Register
I (mA)
TF1 TTR1 TF0 TR0 IE1 IT1 IE0 IT0
5.2.6 TIMER TMOD-Register
Der MC 8051 verfügt über 2 interne 16-Bit-Zähler T0
und T1, die als Zähler (Counter) oder Zeitgeber GATE C/T M1 M0 GATE C/T M1 M0
(Timer) programmiert werden können. Man spricht TIMER 1 TIMER 2
von einem Zeitgeber, wenn der interne Takt benutzt
wird. Mit Zähler/Zeitgeber können Ereignisse ge- Betriebsarten
zählt, Zeitintervalle oder Pulszeiten gemessen und
M1 M2 Funktion
Baudraten für die serielle Schnittstelle erzeugt wer-
den. Die jeweilige Arbeitsweise wird in den entspre- 0 0 13-Bit-Zähler/Zeitgeber
0 1 16-Bit-Zähler/Zeitgeber
chenden SFR’s, dem TMOD-Register (Timer Modus)
1 0 8-Bit-Zähler/Zeitgeber
und TCON-Register (Timer Control) festgelegt. 1 1 Timer 0 TL0 ist 8-Bit Zähler
Hiermit kann beispielsweise der Zähler gestartet oder oder Zeitgeber
angehalten werden. Auch können in der Betriebsart 2 TH0 ist 8-Bit Zeitgeber
beide Zähler als 16-Bit-Zähler verwendet werden. In 1 1 Timer 1 Zähler stoppt
der Betriebsart 3 wird der Timer automatisch bei
einem Überlaufen nachgeladen. Man spricht hier Bild III-99 Zähler-Betriebsarten und Register

OSC :12
5 Bits 8 Bits
C/T=0
C/T=1 & TL0 TH0 TF0 Interrupt
T0 PIN
TR0
INT0 PIN
Control
1
Gate

Bild III-98 TIMER in der Betriebsart 0


642 Datentechnik

5.2.7 Unterbrechungssystem einer Interruptanforderung wird das gerade laufende


Programm unterbrochen, und es erfolgt ein Sprung
Dem MC 8051 stehen 5 Interruptquellen (Interrupt = zum Interruptprogramm. Über eine Maske können
Unterbrechung) mit 2 Prioritätsebenen zur Verfü- Interrupts einzeln zugelassen oder gesperrt oder
gung. Nach Bild III-101 sind dies die beiden Eingän- über die Interruptfreigabe alle Quellen freigegeben
ge INT0 und INT1, die beiden Zähler und eine inter- oder alle gesperrt werden. Liegen mehrere Interrup-
ne serielle Schnittstelle. Nur das Interrupt der seriel- tanforderungen gleichzeitig an, gilt die Prioritäten-
len Schnittstelle wird durch Software ausgelöst, alle reihenfolge. Bei gewünschten Interrupts werden die
übrigen sind Hardware-Interrupts. Die Interruptein- entsprechenden Einsprungadressen des internen
gänge INT0 und INT1 können je nach Program- Programmspeichers angewählt (siehe auch Bild
mierung flanken- oder pegelgesteuert sein. Nach III-102).

Unterbrechungssystem

Programmspeicher
INT0 Externe
03
Unterbrechung

Zähler 0 0B

INT1
Externe Einsprungadresse 13
Unterbrechung

Zähler 1 1B

Serielle
23
Schnittstelle

Interrupt- Interrupt-
Maske Freigabe
=0 Sperren EA = 0 Sperren aller Interrups
EX0..ES Freigabe aller gesetzten
=1 Setzen EA = 1
Interrups

EA ES ET1 EX1 ET0 EX0

Externer Interrupt 0
Zähler 0
Externer Interrupt 1
Zähler 1
Serieller Port
Bild III-100 Unterbrechungssystem
III Mikrocomputertechnik 643

5.2.8 Speicher (Bild III-102). Eine Gesamtübersicht verschafft Ta-


belle III-31. Der interne Datenspeicherbereich liegt
Als Speicher sind ein 128 bzw. 256 Byte RAM und von 00 bis FF, wobei sich bis Adresse 1F vier Regis-
4 oder 8 KByte ROM integriert. Der 8052AH-BASIC terbänke mit jeweils acht Registern R0 ... R7 befin-
besitzt zusätzlich intern einen Basicinterpreter mit den. Dieser Speicherbereich ist direkt und indirekt
8 KByte EPROM. Mikrocontroller unterscheiden addressierbar (siehe Abschnit Maschinensprache).
nach Daten- und Programmspeicher (Bild III-101). Der sich anschließende bitadressierbare Bereich
Befehle stehen daher nur im Programmspeicher. Der (jedes Bit ist einzeln ansprechbar) ist direkt nur bis
MC 8051 kann als 8-Bit-Mikrocontroller höchstens Adresse 2F addressierbar. Der weitere Datenspei-
jeweils 64 KByte addressieren. cherbereich ist von einer Anzahl Registern, die teil-
Der MC besitzt als Programmspeicher ein internes weise ebenfalls bitadressierbar sind, belegt. Es sind
4KB ROM. Liegt der /EA-Anschluß auf „1“, wird Register mit speziellen Funktionen, wie der Stack-
von dort aus gelesen. Bei /EA „0“ wird der externe pointer SP mit der Adresse 81. Die entsprechende
Programmspeicher angesprochen. Im internen Pro- Adressenaufteilung von 80 bis 7F sind in der Tabel-
grammspeicher sind Einsprungadressen reserviert, le III-34 zu finden. Der 64 K externe Datenspeicher
wie der internen Speicheraufteilung zu entnehmen ist ist nur indirekt adressierbar.

Programmspeicher Datenspeicher

FFFF FFFF
64K
extern
60K

64K nur indirekt


adressierbar
FF
extern
SFR
1FFF 80
0FFF 4K 7F 128
intern intern
0000 00 0000
Bild III-101 Speicherplan

Interner Programmspeicher Interner Datenspeicher

0FFF B FF
ACC SFR
PSW 80
IP 7F
P3
IE 30
0023 Interrupt S P2 2F
SBUF bitadessierbar
001B Interrupt T1 SCON 20
P1 R7 Bank 3 1F
0013 Interrupt 1 TH1 R0 18
TH0 R7 Bank 2 17
000B Interrupt T0 TL1 R0 10
TL0 R7 Bank 1 0F
0003 Interrupt 0 TMOD R0 08
TCON R7 Bank 0 07
0000 Reset DPH R0 00
DPL
SP
P0
Bild III-102 Speicheraufteilung
644 Datentechnik

Tabelle III-31 Register- und Adressenübersicht


Bit-Adressen Byte-
SFR Bit 7 Bit 6 Bit 5 Bit 4 Bit 3 Bit 2 Bit 1 Bit 0 Adresse
B F7 F6 F5 F4 F3 F2 F1 F0 F0
ACC E7 E6 E5 E4 E3 E2 E1 E0 E0
PSW D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0 D0
IP BF BE BD BC BB BA B9 B8 B8
P3 B7 B6 B5 B4 B3 B2 B1 B0 B0
IE AF AE AD AC AB AA A9 A8 A8
P2 A7 A6 A5 A4 A3 A2 A1 A0 A0
SBUF 99
SCON 9F 9E 9D 9C 9B 9A 99 98 98
P1 97 96 95 94 93 92 91 90 90
TH1 8D
TH0 8C
TL1 8B
TL0 8A
TMOD 89
TCON 8F 8E 8D 8C 8B 8A 89 88 88
DPH 83
DPL 82
SP 81
P0 87 86 85 84 83 82 81 80 80
MSB LSB

5.2.9 Serielle Schnittstelle Serielle Schnittstelle (UART)


Alle Mikrocontroller der 8051-Familie verfügen über
mindestens eine serielle Schnittstelle, mit der im
Asynchron- oder Synchronbetrieb eine serielle Da- SCON
tenübertragung durchgeführt werden kann. Nach Kontroll-/Status- TxD
Bild III-103 besteht die chipinterne Schnittstelle aus register
dem Datenregister SBUF und dem Kontroll- oder
Statusregister SCON. Das Datenregister SBUF besitzt
ein Sende- und Empfangsregister, auf das lesend oder
schreibend zugegriffen wird. Die Eingangsdaten SBUF
gelangen über den Anschluß RxD in ein Schiebere-
Senderegister
gister, wo eine Umwandlung des seriellen Daten-
stroms in eine parallele Information erfolgt. Nach
Ausmaskierung der nicht zur Information gehörenden SBUF
Bits wie Start- und Stopbit gelangen die Daten ins
Empfangsregister. Die Ausgangsdaten gelangen über Empfangsregister
das Senderegister und über das SCON-Register zum
Ausgang TxD. Mit dem Kontroll-/Statusregister
SCON kann die gewünschte Betriebsart (Mode 0, 1,
2, 3) gewählt werden. Weiter enthält es die Steuerbits
für Empfänger- und Senderinterrupt. In der Betriebs-
art 0 werden die Daten über RxD (P3.0) gesendet Schieberegister RxD
oder empfangen, und an TxD (P3.1) wird ein Sende- Takt
takt mit dem Tastverhältnis 1:1 bei einer festen Fre-
quenz von fosz/12 ausgegeben. Bild III-103 Serielle Schnittstelle
III Mikrocomputertechnik 645

Übertragungsrahmen

7 6 5 4 3 2 1 0

SCON SM0 SM1 SM2 REN TB8 RB8 TI Ri

SM0 SM1 MODE Übertragungs-


rate
0 0 0 fosz/12
0 1 1 variabel
1 0 2 fest
1 1 3 variabel

Betriebsart 0

Daten

Betriebsart 1

Startbit Daten Stopbit


Bild III-104
Betriebsart 2,3
Bitzuordnung im SCON-Register
und Betriebsarten

Bild III-104 zeigt die Bedeutung der Bitanordnung im = einfangen) sind Zeitmessungen realisierbar, weil
SCON-Register und die Bitzuordnung zur Einstellung durch ein externes Signal ein Zwischenspeichern des
der einzelnen Betriebsarten. Zählerstandes in ein entsprechendes SFR ausge-
löst wird. Bei der Compare-Funktion (compare =
5.3 16-Bit-Mikrocontroller vergleichen) kann eine Meldung (z.B. Interrupt)
Bild III-105 zeigt die Architektur des MC erfolgen, wenn der Inhalt des laufenden Timers 2 mit
SAB80C515/535 als vereinfachtes Blockbild. Der dem des Compare-Registers übereinstimmt. Mit der
Baustein besitzt außer den 6 Ports (= 48 Kanäle) zur Reload-Funktion wird die Zykluszeit der Timer
digitalen Ein- und Ausgabe einen 8-Bit gemultiplex- variiert. Hiermit läßt sich dann eine PWM (Puls-
ten A/D-Wandler-Eingang. Das 256 Byte interne weitenmodulation) durchführen. Solche Signale kön-
RAM kann extern bis zu 64 KByte erweitert werden nen verwendet werden, um beispielsweise Schritt-
und ist bei Betriebsspannungsausfall über einen oder Gleichstrommotore steuern zu können.
Anschluß ruhestromversorgt. Im Gegensatz zum Die Port-Kanäle können digital oder analog über die
...515 hat der ...535 keinen internen Programmspei- gemultiplexten Eingänge genutzt werden. Der Bau-
cher. Seine Programme müssen in einem externen stein verfügt über eine programmierbare Referenz-
ROM untergebracht werden. Außerdem ist im ...535 spannungsquelle. Der Vorteil in der Programmierbar-
ein Watchdog-Timer integriert. Seine Aufgabe ist es, keit der Referenzspannung liegt einmal in der eventu-
bei Störungen einen Reset auszulösen. Es handelt sich ell gewünschten unterschiedlichen Referenzspannung
hierbei im Prinzip um einen 16-Bit-Zähler, der mit pro Kanal und in der veränderbaren Wandlerauflö-
jedem Maschinenzyklus inkrementiert wird. Bei sung.
Überlauf erfolgt ein interner Reset, und ein Statusbit Der Wandler selbst arbeitet nach dem Prinzip der
wird gesetzt, das durch eine Abfrage die Resetursache sukzessiven Approximation mit einer Wandlungszeit
kennzeichnet. Im Programmablauf wird der Watch- von 15 ms. Bild III-106 zeigt das Blockbild des A/D-
dog-Timer jedesmal vor dem Überlauf zurückgesetzt. Wandlers mit dem SFR DAPR (D/A-Program-
Weitere Besonderheiten dieses Bausteins sind Captu- Register). Im L-Nibble ist die untere Grenze der
re-, Compare- und Reload-Funktionen des Zäh- Referenzspannung und im H-Nibble die obere Grenze
lers/Zeitgebers 2. Bei der Capture-Funktion (capture definiert. Die Wahl des Analogeingangs ist im SFR
646 Datentechnik

Oszillator Baud-
RAM ROM TIMER 0 TIMER 2
raten
Watchdog Generator
256 x 8 8k x 8
CPU USART
TIMER 1
8 Bit

Interner Bus

U A/D P6 P5 P4 P3 P2 P1 P0
Ref.

URef AGND

nach Datenblatt der Firma Siemens

Bild III-105 Blockbild des SAB 80C515/C535

ADCON

BD CLK BSY ADM MX2 MX1 MX0

AN0..AN7
MUX S&H A/D ADDAT

AGND IREF

AREF Interne Referenzspannung


AGND D/A

DAPR

Obere Grenze Untere Grenze


der der
Referenzspannung Referenzspannung

Bild III-106 AD/DA-Wandler


III Mikrocomputertechnik 647

ADCON festgelegt (A/D-Controll-Register), in dem Program Status Word PSW


auch festgelegt ist, ob nur eine oder fortlaufende
Wandlungen stattfinden sollen.
Akkumulator Flag-Register
Registerpaar B
6 Maschinensprache
6.1 Allgemeines B C
Soll ein Mikrocomputer Anweisungen ausführen, Registerpaar D
müssen die dazu erforderlichen Befehle in binärco-
dierter Form im Speicher vorliegen. Jeder in dieser
Form zum Mikroprozessor gebrachte Befehl gelangt D E
zum Befehlsregister, wird dort interpretiert und Registerpaar H
veranlaßt die CPU, die dazugehörende Operation
auszuführen. Da der Mikroprozessor diese Anwei-
sungen direkt in Operationen umsetzen kann, spricht H L
man von Maschinensprache. Der Maschinencode
(Mikrocode, Operationscode), nach denen der Mikro-
Stapelzeiger SP
prozessor seine Operationen durchführt, ist hard-
waremäßig festgelegt und bei den Prozessoren unter-
schiedlich. Befehlszähler PC
Alle Befehle, die der Mikroprozessor ausführen kann,
stellen seinen Befehlssatz (Instructions Set) dar. Er Bild III-107 Registerplan der 8085 CPU
wird in den Datenbüchern der Hersteller ausführlich
beschrieben. Um in Maschinensprache zu program- 6.2 Maschinencode
mieren, muß der Programmierer den Prozessor ken-
nen. Hierbei ist vor allem die Kenntnis des Register- Für alle Befehle eines Mikroprozessors existiert eine
plans und des Befehlssatzes der CPU wesentlich. Als Struktur unterschiedlicher Bits, die eine bestimmte
Beispiel dient der Prozessor 8085. Ein Auszug des Systematik beinhaltet. Daher lassen sich aus dem
Befehlssatzes befindet sich in Tabelle III-31 und Format des Maschinencodes und aus der Kenntnis der
Tabelle III-32. Bild III-107 zeigt den Registerplan der Registertabelle weitere Befehle herleiten. Der Regis-
8085 CPU. tername oder die Registerkennung und der Ope-
Hier sind alle Register zusammengefaßt, auf die man rationscode sind hardwaremäßig festgelegt.
als Programmierer Einfluß üben kann. Die Register  Beispiel: Der Befehl „INR D“ (Increment D) bedeutet, daß sich
Akkumulator bis L-Register sind 8-Bit-Register. Der der Registerinhalt nach Befehlsausführung um 1 erhöht. Der Ope-
Stapelzeiger und der Befehlszähler sind 16-Bit Regis- rationscode lautet 00sss1002 (Bild III-108). Für die Platzhalter sss
kann jetzt die Registerkennung 0102 = D-Register eingefügt wer-
ter. Damit ist die Bit-Zahl gemeint, die das jeweilige den, und man erhält den Maschinencode 000101002.
Register aufnehmen kann. Die Register B, C, D, E  Beispiel: Die Bitfolge 10110sss2 bedeutet, daß der Akkumulator
und H, L können zusammengefaßt werden. Sie ar- mit einem Register eine Oder-Verknüpfung durchführen soll. Mit
beiten dann als Registerpaare B, D und H. Der Name welchem Register dies zu geschehen hat, ist wieder durch die
des Registerpaares gibt an, wo sich jeweils die hö- Platzhalter sss (Quellenregister) symbolisiert. Damit lautet der
Befehl ORA B: 101100002 und ORA C: 101100012.
herwertigen Bits befinden. Akkumulator und Flag- Die Z80 CPU besitzt bei gleichen Befehlen den gleichen Maschi-
Register (Kennzeichen-Register) faßt man unter dem nencode. Die MC’s 8085 und Z80 arbeiten mit Informationsein-
Namen PSW (Progamm Status Word) zusammen. heiten von 8 Bit (1 Byte).

Beispiel

0 0 0 B-Register 0 0 0
Register-Kennung
0 0 1 C-Register 0 0 1
0 1 0 D-Register 0 0 s s s 1 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0
0 1 1 E-Register 0 1 1 INR D
Operationscode
1 0 0 H-Register für den Befehl 1 0 0
INR 1 0 1
1 0 1 L-Register
1 1 1 A-Register 1 1 1

Bild III-108 Registertabelle und Herleitung von Befehlen


648 Datentechnik

6.3 Befehlsaufbau genden Bytes wird dann die Adresse angegeben.


Unterschieden werden dem Aufbau nach 1-Byte-,
Ein Befehl besteht aus einem Operationsteil und
2-Byte- und 3-Byte-Befehle (Bild III-110).
einem Operanden (Bild III-109). Das erste Byte des
Der 1-Byte-Befehl bedeutet, daß vom Akkumulator-
Befehls ist immer der Befehlscode (Operationscode).
inhalt der Inhalt des Registers B subtrahiert wird. Das
Befehl Ergebnis wird wieder zum Akkumulator geschrieben.
Im 2-Byte-Befehl werden die Daten 111111112 zum
Operationsteil Operand Akkumulator gebracht, und im 3-Byte-Befehl gelan-
gen die Daten des Akkumulator zur Speicherstelle
MOV Transport 1000 0010 0000 00002. Bei Angabe der Adresse ist
JMP Sprung wesentlich, daß die Reihenfolge genau eingehalten
ist. Zunächst muß dem Befehlsregister das L-Byte
ADD Addition
(niederwertigsten 8 Bit) und dann das H-Byte
(höherwertigsten 8 Bit) zugeführt werden.
Bild III-109 Aufbau eines Befehls
6.4 Befehlsdarstellung
Hiermit wird dem Prozessor mitgeteilt, welche Ope-
ration ausgeführt werden soll. In weiteren Bytes Heute ist es nicht mehr üblich, in binärcodierter Form
können sich Daten oder Adressen befinden. Soll der zu programmieren. Wenn von Maschinenprogram-
Prozessor Daten vom Akkumulator zu einer Spei- men gesprochen wird, meint man die Assemblerdar-
cherstelle bringen, dann ist dies mit einem Byte nicht stellung der Befehle. Die Mnemoniks (Symbole) der
mehr zu codieren, da die Adresse des Speichers Operationscodes (Assembler) lassen sich mit einiger
schon 16 Bit ausmacht. Folglich wird dem Prozessor Übung leicht merken, da sie sich aus den Befehls-
im ersten Byte mitgeteilt, daß er Daten zu einer funktionen ableiten lassen. Die Darstellung der Daten
Speicherstelle zu kopieren hat; in den beiden fol- und Adressen erfolgt hierbei in hexadezimaler Form.

1-Byte-Befehl 2-Byte-Befehl 3-Byte-Befehl


11111111 ->A (A) -> 1000001000000000
(A) - (B) ->A Daten
H-Byte L-Byte
1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 0
Adresse
Operationscode Operationscode

1 1 1 1 1 1 1 1
0 0 1 1 0 0 1 0
Daten
Operationscode
Bild III-110 Befehlsformate
0 0 0 0 0 0 0 0
L-Byte der Adresse
1 0 0 0 0 0 1 0
H-Byte der Adresse
 Beispiel:

Mnemonik/Assembler Kommentar

MVI A,FF ; Kopiere die Daten 111111112 zum Akkumulator (8085)


LD A,FF ; Kopiere die Daten 111111112 zum Akkumulator (Z80)
STA 8200 ; Kopiere den Inhalt des Akkumulators zur Adresse (8085)
; 1000 0010 0000 00002

Um Schreibarbeit zu sparen und Programme übersichtlich zu hal- 6.5 Befehle


ten, verwendet man bei Kommentaren häufig eine Kurzschreib-
weise. Alles, was in der Klammer steht, bedeutet dann den Inhalt Die Befehle eines Mikroprozessors lassen sich unter
eines Registers oder einer Adresse. Ein Pfeil gibt die Datenrich-
tung an.
dem Gesichtspunkt der Befehlsfunktionen oder nach
Adressierungsarten ordnen.
Beispiel: (A) → B bedeutet: Akkumulatorinhalt nach B
bringen
(8200) → A bedeutet: Inhalt der Adresse 8200 6.5.1 Befehlsfunktionen
zum Akkumulator bringen.
Bei den Datentransport-Befehlen (Kopierbefehlen)
Die Umsetzung der Mnemonik und der Hexform in die Binärform
des Maschinencodes erfolgt mit einem Übersetzerprogramm (As- werden Daten unmittelbar in ein Register eingegeben
sembler). oder Daten werden zwischen den Registern oder
III Mikrocomputertechnik 649

zwischen Speicher und Registern kopiert. Bei den Mit den Schiebe-Befehlen (Rotations-Befehle) kann der Inhalt
vom Akkumulator links oder rechts jeweils um eine Bitstelle ver-
Transportbefehlen wird zwischen verschiedenen
schoben werden. Dadurch gelangt Bitstelle 7 bei Links-Rotation
Adressierungsarten unterschieden. In der Assembler- zur Bitstelle 0 und Bitstelle 0 bei Rechts-Rotation zur Bitstelle 7.
schreibweise ist es üblich, zunächst das Ziel und dann Hierbei wird auch gleichzeitig das Carrybit verändert. Eine wei-
die Quelle anzugeben. MOV A,B bedeutet, daß Daten tere Befehlsart läßt die Rotation nur über das Carrybit zu. Bild III-
112 führt die verschiedenen Befehle auf.
von B nach A transportiert werden sollen (Bild III- Mit Hilfe der logischen Befehle können zwischen dem Akkumula-
111). tor und den Registern oder mit Konstanten logische Verknüpfun-
gen wie UND, ODER und EXKLUSIV-ODER durchgeführt wer-
MOV A,B den. Durch diese Befehle wird das Flag-Register beeinflußt.
Mit den Sprungbefehlen wird der Ablauf eines Programms ge-
ändert. Der Prozessor arbeitet normalerweise Adresse für Adresse
Ziel Quelle nacheinander ab. Es können unbedingte oder bedingte Sprünge
programmiert werden. Ein unbedingter Sprung enthält im Befehl
selbst eine Adresse und wird immer ausgeführt.
B Daten A  Beispiel:
JMP 8200 ;Springe zur Adresse 8200
Bild III-111 Assemblerschreibweise Der bedingte Sprung ist von einer Bedingung abhängig. Hierbei ist
zwischen bejahenden und verneinenden Sprüngen zu unterscheiden.

Mit Hilfe der arithmetischen-Befehle werden Daten  Beispiel:


oder Registerinhalte miteinander addiert, subtrahiert, JNZ Springe, wenn Z nicht „1“ gesetzt ist.
inkrementiert (um 1 erhöht) oder dekrementiert (um 1 JZ Springe, wenn Z „1“ gesetzt ist.
vermindert). Die Bedingung überprüft der Mikroprozessor im
Flagregister (Kennzeichen-Register). In Bild III-113
 Beispiel: Die Inhalte der Speicherstellen A000 (Inhalt = 03H) und
A001 (Inhalt = 11H) werden addiert und das Ergebnis zur Spei-
befindet sich die Anordnung der Bits. Die Bitstellen
cherstelle A002 gebracht. Nach dem Programmablauf befindet (Flags) werden bei bestimmten Operationen wie
sich in der Speicherstelle A002 der Inhalt 14H bzw. 0001 01002. arithmetischen und logischen Befehlen gesetzt.
Programm:

Adresse Operationscode Assembler Kommentar

0000 3A 00 A0 LDA A000 ;(A000) →A

0003 47 MOV B,A ;(A) → B „retten“

0004 3A 01 A0 LDA A001 ;(A001) →A

0007 80 ADD B ;(A) + (B) → A

0008 32 02 A0 STA A002 ;(A) → A002

000B 76 HLT ;Halt

Beispiel
vor der Befehlsausführung nach der Befehlsausführung
Akkumulator
CY D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0
0 1 0 1 1 1 1 1 0 1 0 1 1 1 1 1 0 0

RAL

0 1 0 1 1 1 1 1 0 0 0 1 0 1 1 1 1 1

RAR

0 1 0 1 1 1 1 1 0 1 0 1 1 1 1 1 0 1

RLC

0 1 0 1 1 1 1 1 0 0 0 1 0 1 1 1 1 1

RRC
Bild III-112 Rotationsbefehle
650 Datentechnik

8085 Z80 Bild III-113


S Z AC P CY S Z AC PV N CY Bitanordnung im Flagregister

 Beispiele: Das Carry-Flag wird bei arithmetischen Operation  Beispiel: Abfrage des Zero-Flag
gesetzt oder zurückgesetzt. Flagregister Bei einfachen Zählschleifen wird der Inhalt eines Registers so
(A) = 1010 11112 lange dekrementiert, bis der Registerinhalt Null ist.
(B) = 0110 00002
_________________________ Adresse Operationscode Assembler Bemerkung
(A) + (B) = 1 0000 11112 Cy wird auf „1“ gesetzt
0000 3E FF MVI A,FF ;FF →A
Ist das Ergebnis bestimmter Operationen „0“, dann wird das Zero-
Flag gesetzt. Stack 0002 3D DCR A ;(A) – 1 → A
(A) = 1011 11112
(B) = 1011 11112 0003 C2 02 00 JNZ 0002 ;Null?
_________________________
(A) – (B) = 0000 00002 Z wird auf „1“ gesetzt 0006 76 HLT ;Halt

(A) = 1010 00012


(B) = 0101 11112 Unterprogramm- und Stapelspeicherbefehle: Pro-
_________________________
grammteile oder Programme, die innerhalb eines
(A) + (B) = 1 0000 00002 Z und Cy wird auf „1“ gesetzt
Hauptprogramms häufiger benötigt werden, brauchen
Das Sign-Flag (Vorzeichen) bezieht sich auf das MSB (Most Sig- nur einmal programmiert werden. Solche Programme
nificant Bit = höchstwertigstes Bit) des Akkumulators bei Inter-
pretation des Datenwortes in Zweierkomplementdarstellung. nennt man Unterprogramme. Wie bei Sprungbefehlen
(A) = 0011 11112 S = „0“
gibt es bedingte und unbedingte Unterprogrammbe-
(A) = 1000 11012 S = „1“ fehle. Ein unbedingter Unterprogrammaufruf wird
Das Hilfscarry-Flag wird durch arithmetische und logische Ver- mit dem Befehl CALL erreicht. Der Rücksprung zum
knüpfungen bei Entstehen eines Übertrags von Bit 3 nach Bit 4 Hauptprogramm erfolgt mit dem Befehl RET. Mit
gesetzt. Aufruf des Unterprogramms wird die nachfolgende
Das Parity-Flag gibt eine „1“-Meldung, bei gerader Parität der 1- Hauptprogrammadresse zum Stack gebracht, um
Bit-Stellen im Akkumulator und eine „0“-Meldung bei ungerader
Parität beim Rücksprung aus dem Unterprogramm das
(A) = 1010 11112 P = „1“
Hauptprogramm dort fortsetzen zu können. Oft wer-
(A) = 1010 11012 P = „0“ den im Unterprogramm Register benötigt, die im

Hauptprogramm Unterprogramm

UP
PUSH PSW
1
PUSH
.. B
CALL UP .
POP B
2
3 POP PSW
RET

CALL UP 4
HLT

Adresse Speicher
LAST IN FIRST OUT
Nach dem Befehl 27F8
3
PUSH B Stapelzeiger 27F9 (C) Nach dem Befehl

27FA (B)
2 1
PUSH PSW Stapelzeiger 27FB (F) Stapelzeiger POP B
27FC (A)
1 2
CALL ADR Stapelzeiger 27FD Rücksprung- Stapelzeiger POP PSW
27FE Adresse
3
Stapelzeiger 27FF Stapelzeiger RET

Bild III-114 Stack-Prinzip


III Mikrocomputertechnik 651

Hauptprogramm schon Daten übertragen bekommen nach dem Rücksprung aus der Routine mit dem Pro-
haben und deren Inhalte sich nicht während des gramm fortfahren zu können.
Unterprogrammablaufs ändern dürfen. Zur „Rettung“ Die Anzahl der Interrupteingänge sind bei den Pro-
dieser Daten wird dann ebenfalls der Stapelspeicher zessoren unterschiedlich. Der MC 8085 besitzt die
eingesetzt. fünf Interrupteingänge TRAP, RST 7.5, RST 6.5,
Der Stapelspeicher (Stack) selbst ist Teil des Arbeits- RST 5.5 und INTR. Hierbei wird zwischen maskier-
speichers. Er ist bei Programmierung von Unterpro- baren und nichtmaskierbaren Interrupteingängen
grammen im Hauptprogramm stets zu initialisieren. unterschieden. Mit dem Befehl SIM (Set Interrupt
Hiermit ist gemeint, daß der Stapelzeiger mit einer Mask) und Verwendung des Akkumulatorinhalts
Adresse geladen wird. Dabei kann jeder beliebige können die maskierbaren Interrupts gesperrt oder
Teil des Speichers als Stack verwendet werden. freigegeben werden, wenn allgemein Interrupts mit
Da der Stapelspeicher mit der Adresse des Stackpoin- dem Befehl EI (Enable Interrupt) zugelassen werden.
ter beginnend bei jedem Aufruf je die zwei nieder- Mit DI (Disable Interrupt) kann die Zulassung der
wertigeren Adressen mit Daten füllt, ist es zweck- Interrupts verweigert werden. Aus Bild III-115 wird
mäßig, ihn an die höchste Adresse des Ar- die Wirkung der Befehle sichtbar. Eine Interrupt-
beitsspeichers zu legen. Aus Bild III-114 geht das annahme erfolgt nur, wenn mit SIM die entsprechen-
Prinzip hervor. Hier wird der Stackpointer auf die de Maske gesetzt wurde und mit EI die Freigabe
Adresse 27FF gebracht. Nach Aufruf des Unterpro- erfolgt. Nicht von diesen Befehlen betroffen ist der
gramms mit CALL steht der Stackpointer auf der TRAP-Interrupt (nicht maskierbar). Er wird bei einer
Adresse 27FD. Mit den Befehlen PUSH PSW und Anforderung immer wirksam und besitzt Vorrang vor
PUSH B im Unterprogramm werden die Inhalte der allen anderen Interruptzugriffen.
Register auf den Stack gebracht, sie werden für das
Hauptprogramm „gerettet“. Der Stackpointer zeigt TRAP
auf die Adresse 27F9. Im Unterprogramm kann jetzt + +
mit den Registern A, B und C gearbeitet werden, weil EI
am Ende des Unterprogramms durch POP B und POP SIM DI
PSW der Originalzustand der Register B und A
wieder hergestellt wird. Mit POP B wird beispiels- &
&
weise der Inhalt der Adresse 27F9 zum C-Register RST7.5
+
und der Inhalt der Adresse 27FA zum B-Register
gebracht. Bei der Programmierung ist, wie auch das
Beispiel zeigt, darauf zu achten, daß der zuletzt zum
&
Stack gebrachte Registerinhalt als erstes vom Stack &
RST6.5
zurückgerufen wird (Last In-First Out), weil sonst +
Registerinhalte vertauscht werden.
Ein- und Ausgabe-Befehle: Sollen Daten von einer
E/A-Einheit zur CPU oder von der CPU zur E/A- &
Einheit geleitet werden, wird das mit IN (Eingabe- &
RST5.5
befehl) und OUT (Ausgabebefehl) durchgeführt.
Hierbei muß hinter dem IN- und OUT-Befehl die
jeweilige Adresse der E/A-Einheit (des Ports) ange- &
INTR
geben werden.
Maske
 Beispiel:
IN FF: Die Daten gelangen von der Portadresse FF zum Akku- Bild III-115 Interruptannahme
mulator
OUT FF: Die Daten werden vom Akkumulator zur Portadresse
FF gebracht. Ermöglicht die Interrupt-Maske Zugang verschie-
Bei Einsatz eines programmierbaren Portbausteins ist dieser zu- dener Geräte zur CPU und erfolgen Interruptanfor-
nächst zu initialisieren. derungen gleichzeitig, tritt die vom Hersteller festge-
legte Priorität ein. In Bild III-116 ist die Priorität und
Interrupt-Befehle dienen zur Unterbrechungssteue- die Lage der Hardware-Verzweigungen dargestellt.
rung (siehe auch Abschnitt Mikroprozessortechnik). An der jeweiligen Adresse kann nur eine kleine Rou-
Durch einen Impuls oder einen Pegel an einem Inter- tine geschrieben werden, oder es steht dort ein
rupteingang des Prozessors wird das laufende Pro- Sprungbefehl zum Arbeitsspeicher. Wie ein Unter-
gramm nach Abarbeitung des gerade in Arbeit be- programm wird die Routine mit RET abgeschlossen.
findlichen Befehls unterbrochen. Es erfolgt ein Mit dem Befehl RIM (Read Interrupt Mask) wird der
Sprung zu einer vom Hersteller hardwaremäßig Akkumulator geladen. Damit können die Maske und
festgelegten Adresse, zur Interrupt-Routine. Der Be- tatsächliche Unterbrechungen abgefragt werden, wie
fehlszählerstand wird auf dem Stack gespeichert, um die Anordnung der Bits Bild III-117 zeigt. Der INTR-
652 Datentechnik

Speicher
00 RST 0
08 RST 1
10 RST 2
Priorität 18 RST 3
INTR
20 RST 4
1 TRAP 24
28 RST 5
4 RST5.5 2C
30 RST 6
3 RST6.5 34
38 RST 7
2 RST7.5 3C
40
Bild III-116
Interruptadressen und Priorität

SIM Interrupteingang dient als Vektorinterrupt. Bei seiner


Auslösung zeigt er nach Abfrage INTA (Interrupt
7.5 MS 7.5 6.5 5.5
Acknowledge) des Datenbusses auf eine der 8 Hard-
wareadressen (Bild III-117). Interrupt
6.5.2 Adressierungsarten Adressierung
Flipflop setzen
Maske "1" setzen
"1" Bei den Transportbefehlen lassen sich verschiedene
"1" freigeben "0" rücksetzen Adressierungsarten (Bild III-118) unterscheiden. Die
"0" sperren
implizite Adressierung enthät keine Operanden-
Adresse, wie das beispielsweise bei dem Kopieren
RIM
der Daten von einem zum anderen Register der Fall
7.5 6.5 5.5 IE 7.5 6.5 5.5 ist. Hier ist im Befehl implizit (inbegriffen) die
Funktion gegeben. Man bezeichnet diese Adressie-
rungsart auch als Registeradressierung. Bei der un-
mittelbaren (immediate) Adressierung enthält der
Zustände Maske Befehl die zu verarbeitende Konstante. Hierbei kann
es sich um eine 8-Bit- oder 16-Bit-Konstante handeln.
Bild III-117 Bit-Anordnung für SIM- und RIM- Man spricht von direkter Adressierung, wenn die
Befehl Speicherstelle im Befehl benannt wird. Die 16-

implizite Adressierung
Register Register
Kopiere Daten von Register zu Register

unmittelbare Adressierung Konstante Register


Bringe eine Konstante in ein Register
oder ein Registerpaar Konstante RP

direkte Adressierung Register Speicher


Kopiere Daten von und zu einer
Speicherstelle Register Speicher

indirekte Adressierung Register Speicher


Bringe Daten von einem Register in
die Speicherstelle, auf die ein Registerpaar zeigt . RP

Bringe Daten von der Speicherstelle, die Register Speicher


in einem Registerpaar steht, zum Register

RP

Bild III-118 Übersicht: Adressierungsarten


III Mikrocomputertechnik 653

Befehl Vor dem Befehl Nach der Befehlsausführung

Implizite MOV B, C C C
Adressierung 03 FF
B B
FF FF

Unmittelbare MVI D, FF D D
Adressierung 03 FF

Indirekte MOV A, M A A
Adressierung 03 FF
Speicher Speicher
ADR 8200 FF ADR 8200 FF
RP H RP H
8200 8200

Bild III-119 Beispiele

Bit-Adresse folgt direkt hinter dem Operationscode. 6.6 Befehlszyklus und Befehlszeiten
Bei der indirekten Adressierung wird die Adresse, die
angesprochen werden soll, zuvor in einem Register- 6.6.1 Befehlszyklus
paar abgelegt (siehe Beispiele Bild III-119).
Der MC Z80 kennt außerdem noch die relative und Alle Befehle, die ein Mikroprozessor durchführen
indizierte Adressierung. Bei der relativen Adressie- soll, stehen im Speicher. Das Zusammenwirken von
rung erhält der Sprungbefehl eine durch eine Kon- CPU und Speicher zeigt Bild III-120 an einem 2-
stante festgelegte Distanzadresse, um von einer Byte-Befehl. Beim Einschalten wird der Programm-
absoluten Adresse unabhängig zu sein. Die indizierte zähler immer auf die Adresse (ADR) 0000 gestellt,
Adressierung legt das Indexregister und die Adressen die Steuerung der CPU wird mit RD (Read) aktiviert,
fest. Beispiel: LD A,(IX + 0009) Sprung um (IX) + 9 und der Inhalt der ADR 0000 wird zur CPU gebracht.
Adressen. Dort erfolgt die Decodierung. Der Programmzähler

Adreßbus Programmzähler
auf ADR 0000
Datenbus
CPU Steuerung RD
ADR 0000 lesen
Daten Adresse
(ADR 0000 = 3E)
CPU 3E 0000
über Datenbus
FF 0001 zur CPU
00 0002
CPU decodiert
76 0003 3E
RD Programmzähler
Speicher + 1 = ADR 0001
WR
Steuerung
CPU Steuerung RD
ADR 0001 lesen

(ADR 0001 = FF)


über Datenbus
zum Akkumulator
Programmzähler Bild III-120
+ 1 = ADR 0002 Zusammenwirken von
Speicher und CPU
654 Datentechnik

Befehlszeit
Befehlszyklus
Befehls-
abruf

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Takt-
zyklus
Operations- Operations- Operations- Operations-
Schritt Schritt Schritt Schritt
1 2 3 4
OP-Code lesen Adresse lesen Adresse lesen Akkumulator
L-Byte H-Byte zum Speicher
32 00 82 schreiben

Vor dem Befehl STA 8200 Nach Befehlsausführung


Adresse Seicher Adresse Seicher
Akkumulator Akkumulator
8100 32 8100 32
FF FF
8101 00 8101 00
PC 8102 82 PC 8102 82
8100 8103 8103 8103

8200 03 8200 FF

Bild III-121 Befehlszyklus Befehlszeit

Zeit

Anzahl der Takte

05 -->A
Zeit: MVI A,05 7 Takte
NEXT: DCR A 5 Takte
JNZ NEXT 10 Takte bei Rücksprung
(A) - 1 ->A RET sonst 7 Takte

nein
Null?

ja

RET
Bild III-122 Zählschleife
III Mikrocomputertechnik 655

erhöht sich automatisch um 1 und legt die ADR 0001 6.6.2 Befehlszeiten
auf den Adreßbus. Der Inhalt dieser Adresse wird
von der CPU wieder über den Datenbus gelesen. Mit Die Befehlszeit (Dauer eines Befehls) ist zum einen
der Information 3E erhält die CPU den Befehl, das von der Taktdauer und zum anderen von der Anzahl
nächste Byte zum Akkumulator zu bringen. Diese der Takte pro Befehl abhängig. Hieraus läßt sich die
Befehlsbearbeitung erfordert eine gewisse Zeit. Das Zeit, die ein Programm benötigt, berechnen.
Einlesen und Ausführen eines Befehls bezeichnet
man als Befehlszyklus (instruction cycle). Er wird in  Beispiel: Bei einem Taktzyklus von 0,5 ms ergibt sich mit 7 +
bestimmte Zeiteinheiten mit definierten Vorgängen, (15 ⋅ 5) – 3 = 79 Takte eine Zeitdauer von 39,5 ms für die in
den Operationsschritten (states), aufgeteilt; jeder Bild III-122 (siehe Seite 134) dargestellte Zeitschleife. Soll die
Zeitschleife genau 40 ms dauern, kann ein NOP-Befehl eingefügt
Operationsschritt wiederum in mehreren Taktzyklen. werden.
Der erste Operationszyklus ruft immer einen Befehl
auf und wird daher Befehlsabrufzyklus (Opcode
Fetch) genannt. Weitere Operationszyklen können der 7 Befehlsvorrat
Speicher-Lesevorgang (Memory Read) und der Spei-
cher-Einschreibvorgang (Memory Write) oder Ein- Der Befehlsvorrat eines Prozessors enthält alle Befeh-
/Ausgabeschnittstelle lesen oder schreiben sein. le, die er ausführen kann. Die nachfolgende Tabel-
Die Operationszyklen werden auch als Maschinenzyk- le III-31 gibt einen Auszug aus dem Befehlsvorrat des
len bezeichnet. Bild III-121 führt dies beispielhaft für MC 8085 und die Anzahl der Operationszyklen an.
den Befehl STA 8200 an. Mit diesem Befehl wird der Tabelle III-32 informiert über den Operationscode
Inhalt des Akkumulators zur Adresse 8200 kopiert. einiger Befehle. Assembler Flags

Tabelle III-31 Befehlsvorrat

Assembler Bedeutung Operations- Takt- Flags


zyklen zyklen
Transport-
befehle:
MOV D,S Move Data; Übertrage Daten 1 4 –
MVI K Load Data Immediate Into Register; 2 7 –
Lade Daten unmittelbar in das Register
LDA ADR Load Akku From Memory; 4 13 –
Bringe den Inhalt einer Adresse zum Akku
STA ADR Store Akkumulator From Memory;
Speichere Akkuinhalt direkt zum Speicher
LXI KK Load 16 Bit Into Register Pair;
Lade 16 Bit in ein Registerpaar
Arithmetische
und logische
Befehle:
INR D Increment Register; Inkrementiere Registerinhalt 1 4 Z,S,P,HC
DCR D Decrement Register; Dekrementiere Registerinhalt 1 4 Z,S,P,HC
ADD S Add Register; Addiere Registerinhalt zum Akku- 1 4 Z,S,P,HC
mulator
ADC S Add Register With Carry; Addiere mit Übertrag 1 4 Z,S,P,HC
SUB S Subtract Register; Subtrahiere Registerinhalt vom 1 4 Z,S,P,HC
Akkumulator
CMP Compare Register; Vergleiche Register mit Akkumula- 1 4 Z,S,P,HC
tor (der Akkumulatorinhalt ändert sich hierbei nicht)
ADI K Add Immediate; Addiere direkt zum Akkumulator 2 7 Z,S,P,Cy
656 Datentechnik

Tabelle III-31 (Fortsetzung) Assembler Operationszyklen Flags

Assembler Bedeutung Operations- Takt- Flags


zyklen zyklen
ACI K Add With Carry; Addiere mit Carry zum Akkumulator 2 7 Z,S,P,Cy
SUI K Subtract Immediate; Subtrahiere direkt zum Akkumu- 2 7 Z,S,P,Cy
lator
SBI K Subtract With Borrow; Subtrahiere direkt vom Akku- 2 7 Z,S,P,Cy
mulator mit Borger
CPI K Compare With Immediate Data; Vergleiche direkt 2 7 Z,S,P,Cy
CMA Complement With Akkumulator; Komplementbildung 1 4 -STC
STC Set Carry; Carryflag setzen 1 4 Cy
INX RP Increment; Inkrementiere Registerpaar 1 6 –
DCX RP Decrement; Dekrementiere Registerpaar 1 6 –
ANA S AND Register; UND-Verknüpfung mit Akkumulator 1 4 Z,S,P,Cy
XRA S EXCLUSIV-OR; XOR-Verknüpfung 1 4 Z,S,P,Cy
mit Akkumulator
ORA S ÔR Register; ODER-Verknüpfung mit Akkumulator 1 4 Z,S,P,Cy
ANI K UND-Verknüpfung mit Konstante 2 7 Z,S,P,Cy
XRI K XOR-Verknüpfung mit Konstante 2 7 Z,S,P,Cy
ORI K ODER-Verknüpfung mit Konstante 2 7 Z,S,P,Cy
Rotations-
befehle:
RLC Rotate Akku Left 1 4 Cy
RAL Rotate Akku Left Through Carry 1 4 Cy
RRC Rotate Akku Right 1 4 Cy
RAR Rotate Akku Right Through Carry 1 4 Cy
Sprungbefehle:
JMP ADR JUMP; direkter Sprung 3 10 –
JZ ADR Jump On Zero; Springe, wenn Z-Flag gesetzt 3 10 –
JNZ ADR Jump If Not Zero 3 10 –
JM ADR Jump On Minus; Springe, wenn S-Flag gesetzt 3 10 –
JC ADR Jump On Carry 3 10 –
JPO ADR Jump On Parity Odd; Springe bei ungerader Parität 3 10 –
JPE ADR Jump On Parity Even; Springe bei gerader Parität 3 10 –
Unterpro-
grammaufruf
und Stapel-
speicher:
CALL ADR Unterprogrammaufruf 5 18 –
RET Return, Rücksprung zum Hauptprogramm 3 10 –
III Mikrocomputertechnik 657

Tabelle III-31 (Fortsetzung) Assembler Operationszyklen Flags


Assembler Bedeutung Operations- Takt- Flags
zyklen zyklen
PUSH B BC zum Stack schreiben 3 12 –
PUSH D DE zum Stack schreiben 3 12 –
PUSH H HL zum Stack schreiben 3 12 –
PUSH PSW AF zum Stack schreiben 3 12 –
POP B BC vom Stack holen 3 10 –
POP D DE vom Stack holen 3 10 –
POP H HL vom Stack holen 3 10 –
POP PSW AF vom Stack holen 3 10 –
E/A-Befehle:
IN Eingabe zum Akkumulator 3 10 –
OUT Ausgabe vom Akkumulator 3 10 –
Interrupt-
befehle:
EI Enable Interrupts; Interrupts freigeben 1 4 –
DI Disable Interrupts; Interrupts sperren 1 4 –
SIM Set Interrupt Mask; Interruptmaske setzen 1 4 –
RIM Read Interrupt Mask; Interruptmaske lesen 1 4 –
Sonstige
Befehle:
HLT Halt 1 5 –
NOP No Operation 1 4 –

Tabelle III-32 Befehle und Operationscode (Auswahl)

A B C D E H L M
MOV A, 7F 78 79 7a 7B 7C 7D 7E
MOV B, 47 40 41 42 43 44 45 46
MOV C, 4F 48 49 4A 4B 4C 4D 7E
MOV D; 57 50 51 52 53 54 55 56
MOV E 5F 58 59 5A 5B 5C 5D 5E
MOV H; 67 60 61 62 63 64 65 66
MOV L, 6F 68 69 6A 6B 6C 6D 6E
MOV M, 77 70 71 72 73 74 75
658 Datentechnik

Tabelle III-32 (Fortsetzung)


A B C D E H L M
MVI A,K 3E XX INR A 3C DCR A 3D
MVI B,K 06 XX INR B 04 DCR B 05
MVI C,K 0E XX INR C 0C DCR C 0D
MVI D,K 16 XX INR D 15 DCR D 15
MVI E,K 1E XX INR E 1C DCR E 1D
MVI H,K 26 XX INR H 24 DCR H 25
MVI L,K 2E XX INR L 2C DCR L 2D

STA ADR 32 LDA 3A


XX XX ADR XX XX

JMP ADR C3 CALL CD


XX XX ADR XX XX
JZ ADR CA RET C9
XX XX
JNZ ADR C2
XX XX
JM ADR FA PUSH F5 POP PSW F1
XX XX PSW
PUSH B C5 POP B C1
PUSH D D5 POP D D1
PUSH H E5 POP H E1

8 Hinweise zur Programmierung Marke einen Operanden zu, und mit ORG wird die
Anfangsadresse des Programms festgelegt.
und Progammbeispiele
Größere Programme werden in überschaubare Blöcke  Beispiel 1: Für eine langsame Ausgabeeinheit wird eine Zeit-
zerlegt und in Bibliotheken als Module gespeichert. schleife benötigt. Daher soll ein Unterprogramm mit dem Namen
TIME programmiert werden. Im Hauptprogramm wird die Zeit-
Sie lassen sich dann für andere Programme nutzen. dauer in das Registerpaar BC gebracht.
Beispiele für immer wieder benötigte Module sind
Unterprogamm: TIME
Zählschleifen, Tabellenverarbeitung, Rechenpro- ORG 0100
gramme, Interruptverarbeitung und Ein- und Ausga- TIME PUSH PSW AF zum Stack „retten“
ben. PUSH B BC zum Stack „retten“
LOOP: DCX B Registerpaar BC – 1 → BC
Programme werden mit einem Textverarbeitungspro-
MOV A,B Flagbeeinflussung
gramm (Editor) geschrieben und anschließend as-
ORA C
sembliert. Der Assembler übersetzt die Mnemonik in JNZ LOOP Springe, wenn nicht Null, nach LOOP
den Maschinencode und überprüft das Programm auf POP B vom Stack zurückholen
Syntaxfehler. Weiterhin stellt das Assemblerpro- POP PSW AF vom Stack zurückholen
gramm Hilfen zur Programmierung bereit. Dazu RET Zurück zum Hauptprogramm
gehören z.B. Zuweisungen von Marken (Labels) und Eine Flagbeeinflussung muß hier vorgenommen werden, weil
Anweisungen wie ORG (Origin = Anfang) und EQU beim Inkrementieren eines Registerpaares keine Flags gesetzt
(Equate = gleichsetzen). EQU weist dem Namen der werden, also auch nicht bei Null.
IV Computertechnik 659

matisch die nächste Speicherstelle im Registerpaar. Damit zeigt


Adresse OP-Code Marke Assembler Bemerkung
das HL-Register immer auf die gewünschte Speicherstelle. Nach
0100 F5 PUSH PSW ;(AF) → Stack jedem Löschvorgang wird der Zähler um 1 vermindert und ein
0101 C5 PUSH B ;(BC) → Stack erneuter Löschvorgang durchgeführt, bis der Zähler auf Null
0102 0B LOOP: DCX B ;(BC) – 1 → BC steht.
0103 78 MOV A,B ;(B) → A
Marke Assembler Bemerkung
0104 B1 ORA C ;(C) OR (A) → A
0105 C2 02 01 JNZ LOOP ;(BC) = 0? PUSH PSW ;(AF) → Stack
0108 C1 POP B ;(Stack) → BC PUSH H ;(HL) → Stack
0109 F1 POP PSW ;(Stack) → AF SUB A ;A = 0
010A C9 RET ;zum Haupt- CLEAR: MOV M,A ;1. Stelle löschen
programm INX H ;Zeiger + 1
DCR B ;Zähler – 1
 Beispiel 2: Löschen eines Speicherbereiches JNZ CLEAR ;Ende?
Die Anzahl der zu löschenden Speicherstellen steht im Register POP H ;(Stack) → HL
B (Anzahl) und die erste zu löschende Speicherstelle im HL- POP PSW ;(Stack) → AF
Register (Zeiger). Erhöht sich das HL-Register um 1, steht auto- HLT

IV Computertechnik

1 Komponenten eines Computers setzt. Der angeschlossene Drucker wird für die Text-
oder Grafikausgaben benutzt. Tastatur und Monitor
Ein Computer besteht immer aus der Hard- und der ermöglichen die Kommunikation zwischen Mensch
Software. Die Software läßt sich aufteilen in Pro- und Maschine. Die heute überwiegend grafisch orien-
gramme, die die Zentraleinheit ausführt, und Daten, tierten Anwenderprogramme vereinfachen ihre Be-
mit denen sie arbeitet. Zur Hardware gehört die dienung mit einer Maus.
Zentraleinheit und eine Anzahl peripherer Geräte. Prozeßrechner besitzen eine zusätzliche Prozeßperi-
Von ihrer Leistungsfähigkeit in Verbindung mit dem pherie für digitale und analoge Eingangs- und Aus-
Prozessortyp und der Größe des Arbeitsspeichers gangssignale.
hängt die Leistungsfähigkeit des gesamten Computer-
systems ab. Periphere Geräte können nach ihrer
Aufgabe eingeteilt werden in Ein- und Ausgabegeräte 2 Massenspeicher
wie Tastatur, Monitor, Drucker und Plotter und in Massenspeicher lassen sich nach ihrer Funktion in
periphere Speicher wie Magnetplattenspeicher und Magnetplatten, optische Speichermedien und Halblei-
optische Speicher. Die Anzahl und Art der Periphe- terspeicher einordnen.
riegeräte hängt von der Aufgabe und vom Einsatzge-
biet des Computers ab.
In einem Personalcomputer (PC) (Bild IV-1) ist die 2.1 Magnetplatten
Zentraleinheit mit der Speichereinheit in einem
2.1.1 Diskette und Diskettenlaufwerk
Tisch- oder Towergehäuse untergebracht. Als
Speicher für das Betriebssystem und für An- Die Diskette (Floppy-Disk) ist ein Speichermedium,
wenderprogramme dient eine Festplatte oder ein CD- auf der Daten gespeichert, gelöscht und wieder über-
ROM-Laufwerk. Zur Datensicherung und Datenver- schrieben werden können. Sie besteht aus einer etwa
waltung werden 3,5′- und 5,25′-Laufwerke einge- 2 mm dicken Kunststoffträgerfolie, auf der beidseitig

CD-Rom-Laufwerk
Drucker Monitor
3' Disketten-Laufwerk
5 1/4'Disk-Laufwerk

Mikroprozessor und
Arbeitsspeicher

Tastatur
Mouse
Bild IV-1
Hardwarekomponenten eines Computers
660 Datentechnik

eine magnetisierbare Schicht (z.B. Eisenoxidschicht) Durch die Formatierung wird die Diskette in konzen-
aufgebracht ist. Man unterscheidet Maxi-(8′), Mini- trische Spuren (Traks) und radiale Sektoren aufgeteilt
(5,25′) und Mikro-Disketten (3,5′), wobei die beiden (Bild IV-3). Beispielsweise kann eine Diskettenseite
letzten sich bei PC’s durchgesetzt haben. Die Grö- 80 Spuren mit 18 Sektoren besitzen.
ßenangabe bezieht sich auf den Durchmesser der Auf den Spuren der einzelnen Sektoren befinden sich
Diskettenscheibe, die fest in einer rechteckförmigen nach einem Speichervorgang die entsprechenden
Kunststoffhülle mit ausgekleideten Vliesinnenseiten Daten, die dort in Datenblöcken zusammengefaßt
eingeschlossen ist. Dort ist sie gegen kleinste Ver- werden. Außer dem Datenblock enthält ein Sektor
schmutzungen (Staub, Fingerabdrücke), die zum eine Sektorerkennung, eine Erkennungs- und eine
Datenverlust führen können, geschützt. Da Disketten Datenblocklücke. In der Sektorerkennung befinden
unter dem Einfluß magnetischer Felder ebenfalls ihre sich Sektor- und Spurnummer (Bild IV-4). Liegt in
Daten verlieren, dürfen sie solchen Feldern nicht Spur 0 ein Verzeichnis der Datennamen mit Zuord-
ausgesetzt werden. Einmal beschriebene Disketten nung von Sektoradresse und Spurnummer, kann die
können vor einem erneuten Beschreiben, und damit gewünschte Information schnell ausgelesen werden.
vor einem eventuellen Datenverlust, dadurch ge- Die Speicherkapazität einer Diskette ist von der
schützt werden, daß die Schreibschutzkerbe bei Formatierung abhängig. Beispielsweise ergibt sich
den 5,25′-Disketten mit einem lichtundurchlässigen bei der oben genannten Diskette bei 512 Byte/Sektor
Klebestreifen versehen wird. Die 3,5′-Disketten und zwei Aufzeichnungsseiten eine Kapazität von
besitzen einen Schieber, mit dem man die Schreib- 1440 kByte.
schutzöffnung schließen kann (Bild IV-2). Zur Kennzeichnung des Sektors 0 dient ein Indexloch
Disketten erhalten erst ihre Funktion, wenn sie vom oder ein Erkennungsbyte. Die sich ergebenen Daten-
Rechner durch ein Programm formatiert wurden. blöcke sind fortlaufend nummeriert. Auf jeder Spur
innerhalb eines Sektors kann eine bestimmte Anzahl
Daten, z. B. 256 oder 512 Byte gespeichert werden.
Dies ist jeweils abhängig von der Spurdichte. Je mehr
Spuren sich auf der Diskette befinden, desto mehr
Daten kann sie aufnehmen. Die Spurdichte wird mit
TPI (Tracks Per Inch = Spuren pro Zoll) angegeben
und die Aufzeichnungsdichte in BPI (Bits per Inch).
Beschriftungsfeld-
feld Man spricht auch von FCI (Flux Changes per Inch =
Vlies
Flußwechsel pro Zoll). Da die inneren Spuren einen
geringeren Umfang besitzen, sind sie die Basis für
Schreibschutz
die Anzahl der Daten. Die mittleren Zugriffszeiten
Diskette
bei Disketten betragen 100 bis 200 ms. Die übliche
Bild IV-2 3,5′- Diskette Speicherkapazität beträgt heute 1,44 MByte. Stand-
artlaufwerke verwenden beide Seiten der Diskette
und besitzen daher zwei Schreib- und Leseköpfe
(Kombiköpfe). Ist ein PC mit mehreren Laufwerken
ausgestattet, hat das Erstlaufwerk den Namen A und
das Zweitlaufwerk den Namen B. Der Name C ist in
der Regel der Festplatte vorbehalten. Das Prinzip der
Aufzeichnung und das Lesen von Daten zeigt
Bild IV-5. Beim Speichern der Daten erzeugt ein
Schreibstrom im Schreib- und Lesemagnetkopf ein
Magnetfeld, das im Luftspaltbereich des Kopfes auf
der Diskette eine Magnetisierung bewirkt. Beim
Lesen entsteht in der Kopfwicklung durch magneti-
sche Induktion eine Spannung, die von der Magneti-
Bild IV-3 sierung (Ausrichtung der Molekularmagnete) der
Spur 0 Sektor Diskettenscheibe Diskette abhängt.

Sektorerkennung
Spur Spur Sektor Kopf Erkennungs- Datenfeld Datenblock-
Nr. Nr. Nr. Lücke Lücke
Sektor

Bild IV-4 Spurformat


IV Computertechnik 661

Schreibstrom Lesespannung

Magnetschicht
Trägermaterial
Bewegung

Kombikopf
Schreibstrom

oder

Luftspalt Lesespannung

Magnetschicht Bewegung
Bild IV-5
Diskettenscheibe
Schreib-Lesekopf

Bild IV-6 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Codierung „1,1“ und ein Datenbit „0“ die Codierung
Daten, Schreibstrom und Magnetisierung und zeigt „1,0“. Bei MFM-Verfahren (Modified FM) wird nur
mögliche Codierungsverfahren auf. Beim FM- ein Synchronisationsbit auf die Diskette gebracht,
Verfahren (Frequency Modulation = Frequenzmodu- wenn eine „0“ als Datenbit vorausging. Weil dieses
lationsverfahren) werden den Datenbits Synchronisa- Verfahren weniger Flußwechsel benötigt, erhöht sich
tionsbits zugefügt. Ein Datenbit „1“ erhält hierbei die die mögliche Speicherkapazität.

Prinzip

Daten 1 1 0 0 1 0 1 1

Schreibstrom 1 1 0 0 1 0 1 1

Magnetisierung
Flußwechsel

FM-Verfahren

Takt

Daten 1 1 0 0 1 0 1 1
Synchronisation

Schreibstrom

Magnetisierung

MFM-Verfahren

Takt

Daten 1 1 0 0 1 0 1 1
Synchronisation

Schreibstrom

Magnetisierung
Bild IV-6
Codierungsverfahren
662 Datentechnik

Das Diskettenlaufwerk wird über den Floppy-Disk- einem nachfolgenden Schreibverstärker zugeführt.
Controler von der CPU angesteuert. Der Antriebsmotor Hochfrequente Störspannungen werden vorher über ein
läßt die Diskette 300 mal in der Sekunde rotieren und Filter (Tiefpaß) ausgesiebt. Über eine Differenzierstufe
die Schrittmotorsteuerung bringt die Köpfe in die rich- und nachfolgenden Komparator wird das Lesesignal in
tige Positon auf der Diskette. Ferner erhält der FDC eine gewünschte digitale Form gebracht, um hier je
Signale für die Spur 0- und Schreibschutzerkennung. nach Codierungsverfahren dem FDC die decodierten
Beim Schreibvorgang wandelt der Controler die Daten zur Verfügung zu stellen (Bild IV-8). Dort wird
eingehenden zu speichernden parallelen Daten in der serielle Datenstrom dann wieder in das parallele
einen seriellen Datenstrom um und steuert über einen Format gebracht. Die entsprechenden Signale der
Schreibverstärker den Schreib-Lesemagnetkopf an. einzelnen Blöcke sind mit dargestellt.
Bild IV-7 zeigt das Prinzip eines Diskettenlaufwerks Bild IV-9 zeigt beispielhaft einen Floppy-Disk-
mit Controler. Controler, in dem sich alle notwendigen Funktions-
Beim Lesen von der Diskette wird jeder Flußwechsel einheiten befinden, mit seiner 34poligen Steckerleiste
vom Lesekopf aufgenommen und als Wechselpannung und dem Anschluß an das Bussystem.

Schreib/Lesekopf
Diskette
Adresse
Schrittmotor
Motor

Schreibschutz Spur 0
Floppy-
Daten Disk-

Controller Motorsteuerung

Leseverstärker
Steuerung
Schreibverstärker Bild IV-7
Diskettenlaufwerk mit Controler

Diskette
Schreib/Lesekopf

Daten-
Daten regene- Komparator Differenzierer Verstärker Filter
rierung

Magnetisierung

Lesespannung t

Differenzierer t

Komparator t

Digitalspannung
t Bild IV-8
Daten
Aufbereitung der
1 1 0 0 1 0 1 1
Diskettendaten
IV Computertechnik 663

A0..A15
82077AA
A0 DENSL 2 1
A1 no 4 3
A2 no 6 5
INDEX 8 7
D0..D7 MEA 10 9
OSB 12 11
TC OSA 14 13
DACK MEB 16 15
DRQ DIR 18 17 GND
INT STEP 20 19
WR WDATA 22 21
RD WE 24 23
RESET WAK00 26 25
13 WP 28 27
RDATA 30 29
HDSEL 32 31
CS 34 33
Adreß- DSKCD Bild IV-9
A9..A15
Decoder
Floppy-Disk-Controler
mit Anschlüssen

Der Baustein selbst wird wie ein E/A-Baustein über Die Platten rotieren im Gegensatz zu den Disketten
eine Adresse angesprochen. Vorgänger des 82077AA ständig mit Geschwindigkeiten ab 5200 Umdrehun-
sind die Controler 8272 und NEC765A. gen pro Minute. Da sich bei den hohen Rotations-
geschwindigkeiten zwischen Plattenoberfläche und
2.1.2 Festplatte und Festplattenlaufwerk Kopf ein Luftpolster bildet, können sich Kopf und
Die Funktion der Festplatte beruht wie bei den Dis- Platte nie berühren. Der Kopf „fliegt“ somit über die
ketten auf der Magnetisierung einer Oberfäche. Das Platte. Zum Starten und Landen des Kopfes dient eine
Trägermaterial von Festplatten ist Aluminium, auf nicht zum Speicherbereich gehörende Randzone, die
der eine sehr dünne magnetisierbare Schicht (z.B. sogenannte landing zone. Beim Ausschalten des
Eisenoxid) aufgebracht ist. Um die Speicherkapazität Rechners erfolgt das korrekte Landen („Parken“)
zu erhöhen, sind mehrere Platten übereinander (Bild automatisch. Floppy-Disk-Computer
IV-10) auf einer gemeinsamen Achse angebracht. Die Festplatten sind stoßempfindlich. Ein Berühren der
Platte selbst ist – wie bei den Disketten auch – in kon- Platte durch die Köpfe (Headcrash) führt zu deren
zentrische Spuren und radiale Sektoren aufgeteilt. Zerstörung.

Achse

Platten
mit Magnetschicht

Linearmotor
Motor
Daten Bild IV-10
Schreib/leseköpfe Prinzip des Festplattenlaufwerks

Sektor

Interleave 1
Interleave 2

1 7 13 2 8 14 3 9 15 4 10 16 5 11 17 6 12
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Bild IV-11 Interleave-Faktor


664 Datentechnik

Der Vorteil der Festplatten gegenüber Diskettenlauf- sehr hohen Speicherkapazität (über 500 MByte) und
werken liegt in der Geschwindigkeit (mittlere Zugriffs- den relativ kurzen Zugriffszeiten (unter 1ms). Die
zeit 10 ms) und in der wesentlich höheren Speicher- Datenspur liegt spiralförmig auf der CD vor und wird
kapazität (2 GByte und mehr). Unter Zugriffszeit von innen nach außen gelesen. Die Daten der Stand-
versteht man die Zeit, die der Schreib-Lesekopf benö- art CD sind in Tabelle IV-1 zusammengefaßt.
tigt, um zur gewünschten Spur (Einstellzeit) und dem
gewünschten Sektor (Latenzzeit) zu kommen. Tabelle IV-1 Standart CD
Durch die Formatierung werden Datenspuren in
konzentrischen Kreisen eingerichtet und festgelegt, Durchmesser: 120 mm
wo Sektoren und Zylinder auf der Platte liegen. Je Drehzahl: 200 – 530 min–1
dichter die Spuren nebeneinander verlaufen, desto Abtastrichtung: von innen nach außen
größer ist die mögliche Speicherkapazität. Die genau Abtastgeschwindigkeit: konstant
übereinander liegenden Spuren eines Plattenstapels Spurbreite: 0,6 mm
nennt man Zylinder. Die Zylinder sind jeweils wieder Abstand benachbarter 1 mm
in kleinere Speichereinheiten (Sektoren) aufgeteilt. Spurabschnitte:
Die Anzahl der Sektoren ist auf allen Spuren gleich.
Die größte Datendichte liegt somit auf der innersten CD
Spur. Da auf der äußeren Spur die gleiche Datenin- Lasereinheit
formation liegt, ist die Datendichte hier geringer.
Ausnahmen bilden Platten mit Zone-Bit-Recording, Motor Daten-
wo die inneren Spuren weniger Sektoren als die verarbeitung
äußeren enthalten und somit die Platzverschwendung
auf den äußeren Sektoren entfällt. Der Controler
speichert zusätzlich Kontrolldaten, um die Position
Servo-
der Magnetköpfe zu bestimmen.
Steuerung
Bei den Vorgängertypen war die Geschwindigkeit der
Festplatten größer als der mögliche Rechnerzugriff.
Die Spur eines Sektors konnte nicht bei jeder Umdre- Bild IV-12 Prinzip eines CD-Laufwerkes
hung der Festplatte, sondern erst bei der zweiten oder
dritten Umdrehung gelesen werden. Ein Interleave- Bild IV-12 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines CD-
Faktor paßte die Umdrehungsgeschwindigkeit der Laufwerkes. Die Motordrehzahl ist zwischen der
Festplatte an die Geschwindigkeit des Prozessors Innenabtastung und der Außenabtastung variabel,
bzw. an die Geschwindigkeit an, mit welcher der weil beim Lesen der CD ein konstanter Datenstrom
Controler Daten von oder zur Festplatte übertragen erzeugt werden muß. Gegenüber Single-Speed-Lauf-
kann. Bild IV-11 vergleicht die Sektorenfolge der werken mit Datenübertragungsraten von 150 KByte
Festplatte mit einem Interleave-Faktor 3 und eine mit pro Secunde ist der Faktor heutiger Laufwerke 20 und
dem Interleave-Faktor 1. mehr. Die Servosteuerung sorgt für eine gezielte
Die Festplatte selbst kann in mehrere logische Lauf- Führung der Abtasteinheit (Focus und Spurhaltung)
werke unterteilt (partioniert) werden, die dann vom über die Datenspur.
Betriebssystem jeweils als eigenständige physikali- Die digitalen Informationen auf der CD sind durch
sche Laufwerke behandelt werden. Wechselplatten Vertiefungen auf der spiralförmig angeordneten Spur
sind nicht fest installiert. Sie können problemlos eingeprägt. Die Vertiefungen heißen Pits und die
ausgewechselt und transportiert werden. Stege dazwischen bezeichnet man mit Land. Der
Wechsel zwischen Land und Pit wird beim Lesen der
2.1.3 Magnetbandgeräte
Daten von innen nach außen als „1“ interpretiert
Magnetbandgeräte (Streamer) dienen zur Aufnahme (Bild IV-13). Hierbei wird die Spur durch den gebün-
und Sicherung großer Datenmengen. Die Aufzeich- delten Laserstrahl abgetastet. Trifft der Laserstrahl auf
nung der Daten erfolgt durch die Magnetisierung ein Pit, erfolgt eine Reflektion, die im Idealfall zur
einer dünnen Eisenoxidschicht, die sich auf einer Absorbtion des Lichtes führt. Trifft er auf keine Ver-
Trägefolie befindet. Ein unmittelbarer freier Zugriff tiefung, dann wird der Strahl voll reflektiert.
auf bestimmte Daten ist nicht möglich. Bild IV-14 verdeutlicht das Leseprinzip. Eine Laser-
diode sendet das Laserlicht durch einen halbdurchläs-
2.2 CD-ROM- und CD-Laufwerk sigen Spiegel, einen Strahlteiler und eine Focussier-
Das CD-Laufwerk (CD = Compact Disc) gehört heute linse auf die Reflexionsschicht der CD. Das reflek-
zur Grundausstattung eines PC-Systems. Die CD zählt tierte Licht gelangt über den Strahlteiler auf den
zu den optischen Speichern, bei denen zwischen CD- Lesedetektor. Der Lesedetektor besteht aus Foto-
WROM (Write Once Read Multiple, kann einmal dioden, die aus dem gewonnenen elektrischen Signal
beschrieben werden) und CD-ROM unterschieden die Daten zur Verarbeitung weitergeben und Signale
wird. Ihr Vorteil gegenüber Festplatten liegt in der für die Servosteuerung gewinnen.
IV Computertechnik 665

CD und Digitalsignal Reflektion des Laserlichtes


Reflexionsschicht

Schutzschicht

Land Pit

1001 01 0001 001

Information

Bild IV-13 Signale und Reflexion des Laserlichtes

CD 3 Eingabegeräte
3.1 Tastatur
Focussierlinse Zur Eingabe von Zeichen und Befehlen wird in PC-
Systemen die Tastatur (Keyboard) verwendet. Bei
den Tastenelementen selbst sind unterschiedliche
Strahlteiler
Tastenarten und Anordnungen gebräuchlich. Die
deutsche Tastatur hat die sogenannte QWERTZ-
Lesedetektor Anordnung mit Funktions- und Cursortasten und
Objektiv
Nummernblock. Bei der internationalen Anordnung
sind Z mit Y vertauscht (QWERTY-Anordnung).
Die Tastatur besteht aus einer Tastaturmatrix, einem
Laser Mikrokontroller und einem Puffer-Speicher für die
seriellen Daten, die der Tastaturschnittstelle (Tasta-
Bild IV-14 Leseprinzip tur-Interface) auf dem Motherboard zur Verfügung
gestellt werden. Bild IV-15 zeigt das Blockschaltbild.

Tastaturkomponenten

Tastatur-Puffer
Tastatur- Tastatur-
Matrix Controller
Takt
Reset
3 1
5 4
–5V

2
Tastatur- Serielle Daten
Decoder

Tastatur-Interface

Mikro- Datenbus
zur Tastatur
D0..D7
Controller
Reset RC
Takt A20
Serielle Daten INT
Bild IV-15
Tastaturinterface
Schlüsselschalter und -komponenten
666 Datentechnik

Erzeugung des
Paritätsbit
Taste
Q
W
E
R
Z

7 6 5 4 3 2 1 0
2 2 2 2 2 2 2 2
Bild IV-16
Strobe Daten Prinzip: Tastaturmatrix

Die Funktion der Tastenmatrix ist aus Bild IV-16 4 Ausgabegeräte


ersichtlich. Die Tastatur erzeugt aus einem Tasten-
druck ein Bitmuster (Scan-Code = Zuordnung zur 4.1 Datensichtgeräte
Tastennummer). Tastaturmatrix Datensichtgeräte dienen zur Wiedergabe alphanume-
Der Tastatur-Controler (Beispiel 8048) wertet hierbei rischer und grafischer Informationen.
die Eingabe der Tastatur aus. Unterschieden wird
4.1.1 Monitor
zwischen dem Drücken der Taste („Make“-Codes)
und dem Loslassen der Taste („Break“-Codes). Die Nach Bild IV-17 besteht der Monitor aus einer Bild-
beiden Codes unterscheiden sich nur durch das röhre und aus Schaltungen für die Hochspannungs-
höchstwertigte Bit. Wird eine Taste gedrückt und erzeugung, Strahlstromablenkung (Ablenkeinheit),
nach bestimmter Zeit (z.B. 0,5 s) nicht losgelassen, Synchronisierung und Signalverstärkung (Videover-
sendet der Tastatur-Controler fortlaufend den glei- stärker). Angesteuert wird der Monitor vom Videoin-
chen Tastencode (Autorepeat-Funktion). Mit Hilfe terface (Grafikkarte) mit dem Videosignal und der Syn-
des erzeugten Taktes durch den Mikrocontroler chronisation. Das Videosignal ist das eigentliche Bild-
werden die Daten seriell zum Tastatatur-Interface ge- signal und die Synchronisationssignale dienen dazu,
schrieben. Dort werden die seriellen Daten von einem ein stehendes Bild auf dem Monitor zu erzeugen.
weiteren Mikrocontroler (z.B. 8042) empfangen und Würde der Einsetzpunkt des Bildes nicht immer an
in parallele Daten umgesetzt, die dann der CPU zur derselben Stelle liegen, hat man den Eindruck, das
Verfügung gestellt werden. Die Zuordnung der Scan- Bild würde „durchlaufen“. Die zur Monitoransteue-
Codes zu den ASCII-Werten kann mit Hilfe eines rung notwendigen Daten befinden sich im Bild-
Tastaturtreibers, z.B. KEYBGR.COM, selbst defi- schirmspeicher, der Teil des Arbeitsspeichers ist oder
niert werden. Die Übertragung zur CPU wird durch im Video-RAM auf der Grafikkarte. Die Bildröhre
INT (Interrupt 1) ausgelöst. selbst (Kathodenstrahlröhre) besteht aus einem
Strahlerzeugersystem (Katode) und dem Bildschirm.
3.2 Maus Die von der Kathode austretenden Elektronen tref-
fen durch Hochspannung beschleunigt auf dem
Text- und Grafik-Software verwenden einen Cursor Bildschirm auf und erzeugen hier einen sichtbaren
(z.B. kurze blinkende Linie oder Lichtmarke ver- Punkt, dessen Farbe bei monochromen (einfarbigen)
schiedener Form), um an die Stelle des Bildschirms Bildschirmen von der Leuchtschicht (weiß, grün,
zu zeigen, an der das nachfolgende Zeichen entsteht. bernstein) des Bildschirmes abhängt. Zur Hellig-
Der Cursor kann sowohl mit Hilfe der Cursortasten keitseinstellung dient ein Einsteller, der von außen
als auch mit der Maus bewegt werden. Die Mause- zugänglich ist und den Strahlstrom durch Potential-
Software bewegt den Cursor auf dem Bildschirm änderung zwischen Kathode und Steuergitter (Weh-
genau in die Richtung, in der die Maus bewegt wird. neltzylinder) beeinflußt. Das Steuergitter ist die
Hierbei wird die Maus zu einer wichtigen Eingabe- Elektrode in der Bildröhre, die sich unmittelbar hinter
einheit. Installiert wird sie durch die entsprechenden der Katode befindet. Um ein einwandfrei scharfes
Maustreiber. Auf dem Markt existieren unterschiedli- Bild zu erhalten, muß der Elektronenstrahl gebündelt
che Maustypen, z.B. mit zwei oder drei Tasten. Bei den Bildschirm erreichen. Dies wird durch ein elekt-
beiden ist wesentliches Element die Rollkugel. X- rostatisches Feld erreicht, das wie eine Elektro-
und Y-Richtung und Status der Maustasten wird an nenoptik wirkt. Eine Einstellmöglichkeit bietet der
die serielle Schnittstelle weitergegeben. FOCUS-(Schärfe-) Einsteller.
IV Computertechnik 667

Ablenkeinheit
Bildröhre
Eingangs- Video-
Schaltung Verstärker

Kontrast

Bildhöhe
Bildkipp-Endstufe
und
Bildkipposzillator

Helligkeit

Schärfe
Vertikal- Bildfrequenz
Synchronisation

Horizontal-
Synchronisation
Zeilenoszillator
und
Zeilenendstufe Hochspannungs-
Zeilenfrequenz Erzeugung

Bild IV-17 Blockbild eines Monitors

Da der Elektronenstrahl das Bild zeilenweise erstellt, Zur Darstellung eines flimmerfreien Bildes müssen
wird eine Ablenkschaltung benötigt, die den Elektro- bei der Negativdarstellung (helle Zeichen auf dunk-
nenstrahl durch Magnetfelder entsprechend ablenkt. lem Grund) mindestens 50 Bilder pro Sekunde ge-
Hierzu dienen die Horizontal- und Vertikalablenkspu- schrieben werden. Dies ergibt eine Bildwiederholfre-
lenpaare (Ablenkeinheit). quenz von 50 Hz. Die Positivdarstellung (dunkle
Um eine gleichmäßige Ablenkung von links nach Zeichen auf hellem Grund) erfordert mindestens
rechts zu erhalten, wird den Horizontalablenkspulen 70 Hz. Die meisten Monitore arbeiten heute mit
ein sägezahnförmiger Strom zugeführt. Während des Bildfrequenzen zwischen 60 und 120 Hz. Eine Mög-
Rücklaufs (von rechts nach links) wird der Elektro- lichkeit, Flimmern zu reduzieren, ist das Verschach-
nenstrahl dunkel getastet. Die Anzahl der hori- teln zweier Halbbilder nach dem Zeilensprungverfah-
zontalen Abtastungen pro Sekunde ergibt die Zei- ren (interlaced), wie das bei Fernsehgeräten der Fall
len- oder Horizontalfrequenz, die bei den einzelnen ist. Hierbei werden zunächst die ungeraden und dann
Herstellern unterschiedlich ist (z.B. 30 ... 80 kHz bei die geraden Zeilen geschrieben (Bild IV-19). Der
14′ Monitoren). Die lineare Ablenkung des Elektro- Rücklauf ist immer unsichtbar. Bei 25 Halbbildern in
nenstrahls von oben nach unten bewirken die Verti- der Sekunde wird beispielsweise eine Bildfrequenz
kalablenkspulen. Bild IV-18 zeigt den Zusammen- von 50 Hz vorgetäuscht (Trägheit der Augen).
hang zwischen vertikaler und horizontaler Ab-
lenkung. Die Amplitude der Bildablenkspannung ist 1
für die Bildhöhe verantwortlich. Häufig ist hierfür ein 2
3
4
Einsteller von außen zugänglich. 6
5
7
8

IV Vorlauf
Rücklauf

Bild IV-19 Zeilensprungverfahren


Vertikalablenkung
Der Farbmonitor besitzt eine in-line-Röhre mit drei
t Elektronenerzeugungssystemen jeweils für die
Grundfarben Rot (R), Grün (G) und Blau (B), mit der
Zeilenhinlauf die entsprechenden Farbstreifen angeregt werden
Zeilenrücklauf (Bild IV-20).
Um eine gute Farbwiedergabe zu erhalten, müssen
Bild IV-18 Vertikale und horizontale Ablenkung die Elektronenstrahlen ihre zugeordneten Farbstreifen
668 Datentechnik

Röntgenverordnung existiert, gibt es für elektrostati-


Ablenkeinheit
sche und magnetische Felder nur die allgemeinen
Farbreinheitmagnet Vorschriften VDE 0848. Die heutigen Monitore
Konvergenzmagnete genügen alle der schwedischen MPR-Norm (Statens
mät-och prorad), die jeweils Höchstwerte an der
Bildschirmoberfläche vorschreiben. Sie können als
strahlungsarm eingestuft werden.
Monitor und Grafikarte müssen aufeinander abge-
stimmt sein, da die Karten mit unterschiedlichen
Zeilen- und Bildfrequenzen angeboten werden. Der
Elektronenstrahl Multiscan-Monitor dagegen ist in der Lage, die
Signale aller gängigen Grafikkarten zu verarbeiten,
Fixierungsringe
weil er das Bild automatisch nach den angebotenen
Frequenzen einstellt (Bildfrequenzen 50 ... 90 Hz,
Zeilenfrequenzen 15 ... 45 kHz).
Lochmaske
Das Videointerface (Bild IV-21) überträgt Daten zum
Monitor. Die Grafikkarte besteht im Prinzip aus
R G B einem Zeichengenerator, der alle Zeichen, die auf
Elektronenstrahlsysteme dem Bildschirm dargestellt werden können, enthält,
und aus einem Bildspeicher, in dem der gesamte
Bildschirminhalt abgelegt ist. Der Bildspeicher wird
dann z.B. 60 mal in der Sekunde abgefragt und zur
Anzeige gebracht. In kürzester Zeit haben sich immer
bessere Grafikstandarts herausgebildet. Tabelle IV-2
Lochmaske
gibt einen Überblick über die Entwicklung von
Grafikkarten. EGA-Karten können beispielsweise
maximal 16 aus 64 Farben darstellen, während im
VGA-Standart 256 Farben dargestellt werden kön-
nen. Weitere Unterschiede liegen in der Signal-
BGR übergabe zum Monitor. Während EGA mit digitalen
Farbstreifen Signalen arbeitet, werden bei den heute üblichen
Bild IV-20 Farbbildröhre und Inlineprinzip VGA- oder SVGA-Karten analoge Signale über-
tragen.

durch den gemeinsamen Schnittpunkt der Schlitzmaske


Tabelle IV-2 Grafikkarten (Entwicklung)
treffen (Konvergenz). Mit Hilfe von Dauermagneten,
die um den Röhrenhals angeordnet sind, kann eine
eventuell notwendige Nachjustierung erfolgen. Karte Format/Bildpunkte Anzahl Bild-/
Bei der Trinitron-Farbbildröhre besteht die Gittermas- der Zeilen-
ke aus senkrecht angeordneten Metallstreifen. Zur Sta- Farben frequenz
bilität können zusätzlich zwei Streifen waagerecht ein-
Hercules 768 ⋅ 320 – 50/18430
gezogen sein. Das Elektronenerzeugersystem besteht
aus drei Kathoden. Im Gegensatz zur In-line-Röhre CGA 320 ⋅ 200 4 60/15750
sind alle anderen Elektroden nur einmal vorhanden.
Das Verhältnis von Breite zur Höhe ist bei allen EGA 640 ⋅ 350 16 60/21850
Standartmonitoren 4 : 3. Damit reicht die Bildschirm-
diagonale zur Angabe über die Monitorgröße aus. VGA 640 ⋅ 480 (800 ⋅ 600) 256 70/18750
Die Zahl der vertikal und horizontal ansprechbaren
Bildpunkte (Pixel) gibt die Auflösung an. Eine Anga-
be von 1024 × 768 bedeutet, daß horizontal 1024 und Bei Grafikkarten wird nach zwei grundsätzlichen
vertikal 786 Pixel dargestellt werden. Den Abstand Betriebsarten, dem Text- und dem Grafikmodus,
benachbarter Bildmittelpunkte bezeichnet man als unterschieden. Im Text- oder Alphamodus liegt die
Dot Pitch. Bildinformation zeichenorientiert im ASCII-Code mit
Die vom Videointerface gelieferten Signale (wenige einem zusätzlichen Attributbyte vor. Das Attribut
Volt) müssen noch verstärkt werden, um die Bildröh- bestimmt z.B. die Farbe des ASCII-Zeichens. Aufge-
re aussteuern zu können. Die Amplitude des Signals teilt wird der Bildschirm nach Textzeilen und Text-
ist mit dem Kontrasteinsteller veränderbar. spalten (Bild IV-22), z.B. in 80 Zeichen pro Zeile und
Monitore erzeugen Röntgenstrahlen und elektromag- 25 Zeilen. Hierzu ist eine relativ große Videoband-
netische Felder. Während für Röntgenstrahlen eine breite erforderlich.
IV Computertechnik 669

Videosignal
Zeilen-Synchronisation
Prozessor Video-Controller Monitor
Bild-Synchronisation

Adreßbus
Datenbus
ASCII Matrixcode

Bildschirm-
Zeichen-Generator
speicher
Bild IV-21
Videointerface

1 80 schine und erzeugen ein ausgezeichnetes Schriftbild.


1 Zeilen Nachteile sind die geringe Druckergeschwindigkeit
und die Unfähigkeit, Grafiken zu drucken. Ein weite-
rer Nachteil ist die Notwendigkeit, das Typenrad zu
wechseln, wenn unterschiedliche Schriftarten in
einem Schreiben verwendet werden sollen.
25

Spalten 4.2.2 Matrixdrucker

Bild IV-22 Darstellung im Textmodus Sehr weite Verbreitung haben die Nadel- oder Mat-
rixdrucker gefunden, weil sie relativ preiswert sind.
Die Zeichen werden durch ein Punktraster dargestellt.
4.1.2 LCD-Bildschirm Die Steuerung erfolgt über Nadeln des Druckkopfes.
Neben dem Monitor, der mit einer Bildröhre bestückt Üblich sind 9- bzw. 24-Nadeldrucker. Matrixdrucker
ist, sind LCD-Bildschirme im Einsatz. Sie sind als sind relativ schnell, grafik- und farbfähig. Als Nach-
Flachbildschirme aufgebaut und benötigen weniger teil kann das etwas höhere Arbeitsgeräusch empfun-
Platz. Ein weiterer Vorteil ist der geringere Strom- den werden
verbrauch. Als Nachteile sind Kontrastarmut, vor
allem bei Fremdlichteinwirkung, Temperaturabhän- 4.2.3 Tintenstrahlrucker
gigkeit und Trägheit zu nennen. Durch sehr kleine Düsen wird Tinte auf das Blatt
gebracht. Bei den Vorgängertypen trockneten häufig
4.2 Drucker diese Düsen ein, wenn der Drucker wenig im Ge-
Drucker (Printer) ermöglichen die Ausgabe alphanu- bauch war. Tintenstrahldrucker wurden in letzter Zeit
merischer Zeichen für die Textverarbeitung und sind durch unterschiedliche technische Verfahren wesent-
in der Lage, Diagramme und Zeichnungen zu erstel- lich verbessert. Sie arbeiten sehr leise und sind farb-
len. Im wesentlichen unterscheidet man heute Typen- und grafikfähig.
rad-, Nadel-, Tintenstrahl- und Laserdrucker.
4.2.4 Laserdrucker
4.2.1 Typenraddrucker Videointerface
Das Drucksystem eines Laserdruckers kann mit dem
Typenraddrucker waren die ersten eingesetzten Prinzip eines Fotokopierers verglichen werden. Die
Drucker in Verbindung mit Computersystemen. Sie Druckgeschwindigkeit ist sehr groß und das Druck-
arbeiten nach dem Prinzip der Typenradschreibma- bild hervorragend.
670 Datentechnik

V Programmiertechnik
Aufgabe der Programmiertechnik ist es, Verfahren LD B, (HL) ; Lade das B-Register mit dem 2.
bereitzustellen oder zu entwickeln, mit deren Hilfe Operanden
die Eigenschaften programmierbarer Geräte verändert ADD B ; Addiere den Inhalt des B-Registers
werden können. Voraussetzung dafür ist, daß diese zum Inhalt des A-Registers (das Er-
Geräte über einen Befehlsvorrat sowie über die Frei- gebnis verbleibt im A-Register)
heit verfügen, die Auswahl und die Reihenfolge der INC HL ; erhöhe den Inhalt des HL-Registers
auszuführenden Befehle zu variieren. Die genannten um 1
„Geräte“ beinhalten in der Regel mindestens einen LD (HL), A ; lade die Speicheradresse, auf die
Prozessor oder Controler. das HL-Register zeigt,
Während eine SPS eindeutig programmierbar ist, er- ; mit dem Ergebnis
scheint eine Waschmaschine, obwohl sie einen Con- Aus der Verwendung einer höheren Programmier-
troler enthält, nur auf den ersten Blick programmier- sprache resultiert daher eine bessere Übertragbarkeit
bar: über den Programmwahlschalter wählt der Be- (Portierung) auf andere Rechnersysteme sowie eine
nutzer aus fertigen, von ihm nicht veränderbaren effizientere Programmierung; allerdings steigt der
Abläufen einen aus. Seine „Programmierung“ bezieht Speicherbedarf teilweise drastisch an.
sich auf die Auswahl der berücksichtigten Daten (Art Guter Programmierstil ist nur sehr bedingt von der
der Wäsche, Temperatur ...). Da diese Daten (oder verwendeten Programmiersprache abhängig. Mit der
Parameter) dem Gerät keine grundsätzlich neuen nötigen Disziplin und Sorgfalt läßt sich auch mit
Eigenschaften verleihen, nennt man diese Vorgang Sprachen, die nicht modular angelegt sind, sauber
nicht Programmieren sondern Parametrieren. arbeiten. Es folgt daher eine unvollständige, alphabe-
tisch sortierte Liste einiger Programmiersprachen, um
1 Programmiersprachen die babylonische Vielfalt wenigstens zu benennen.
Aufgrund der enormen Innovationsgeschwindigkeit
Der Begriff Programmiersprache entstammt der können viele der bei einer Sprache genannten Eigen-
Analogie mit der menschlichen Sprache. Hier wie schaften z.Zt. bereits in eine andere Sprache über-
dort gibt es die Vokabeln (Befehle) und die Gramma- nommen worden sein.
tik (Regeln).
Dem Programmierstil der Pionierzeit lag keine „Spra- 1.1 Assembler
che“ in diesem Sinne zugrunde, denn es fehlten die Der Begriff Assembler ist doppeldeutig. Zum einen
„Vokabeln“, die Begriffe, die synonym für bestimmte wird damit die (hier gemeinte) Assemblersprache und
Inhalte (Befehle) standen. So war die Programmie- zum anderen das Programm, das aus einem Quelltext
rung dadurch gekennzeichnet, daß jedes einzelne Bit (siehe Beispiel) die Maschinenbefehle übersetzt,
im Speicher per Hand (Schalter) gesetzt bzw. ge- bezeichnet. Diese Dualität der Bezeichnungen findet
löscht werden mußte. Unter einer höheren Program- sich auch bei anderen Programmiersprachen.
miersprache ist im Folgenden zu verstehen, daß ein „Assembler“ ist eine Programmiersprache, weil der
Befehl in eben dieser Sprache mehrere Maschinenbe- einzelne, vom Zielprozessor verstehbare Befehl durch
fehle zu seiner Umsetzung benötigt. ein sinnvolles Synonym dargestellt wird. Diese Syn-
In PASCAL lautet z.B. die Anweisung zur Addition onyme werden Mnemonics (Mneme: Gedächtnis,
zweier Variablen-Werte : Erinnerung) genannt, da sie die Aktion des betreffen-
U_Gesamt := U_R1 + U_R2 ; den Befehls in kürzester Form beschreiben.
In Z80-Assembler sind für den (prinzipiell) gleichen  Beispiel: LD B,3E; Lade das B-Register mit dem Wert 3E16
Vorgang die folgenden Anweisungen nötig: Hier steht die Abkürzung (Mnemonic) LD für „lade“!
Obwohl die Programmierung in Assembler hohe Anforderungen
Vorplanung der Registerbelegung: an den Programmierer stellt, weil er den Zielprozessor sehr gut
kennen muß, gehört diese Sprache zu den niederen: jeder benutzte
HL = Adresse des 1. Operanden Maschinenbefehl wird durch eine Assembler-Anweisung darge-
stellt. Daher liefert diese Sprache keine Strukturierungshilfen
(HL + 1) = Adresse des 2. Operanden (Wiederhol-Schleifen, Datentypen etc.) mit. Wer diese Sprache
(HL + 3) = Adresse des Ergebnisses beherrscht, wird durch keine Sprachkonventionen reglementiert;
A = Rechenregister man muß allerdings die volle Verantwortung selbst für einfachste
B = Hilfsregister Programmelemente (z.B. Ende einer Zählschleife) tragen. Der
Vorteil dieser Sprache liegt in dem sehr schnellen Ablauf der er-
LD HL, 8000 ; Adresse des 1. Operanden in das zeugten Programme sowie dem geringen Speicherplatzbedarf.
HL-Register
LD A, (HL); Lade das A-Register mit 1.2 ADA
dem 1. Operanden Sowohl für den kommerziellen, den industriellen
INC HL ; erhöhe den Inhalt des HL-Registers und den militärischen Bereich geeignet, ist ADA
um 1 (Augusta Ada Byron, 1816 – 1862) eine universelle
V Programmiertechnik 671

Sprache. Sie wurde mit den Schwerpunkten leichte Mit der größeren Nähe zur Prozessorebene obliegt
Wartung/Prüfung sowie Portierbarkeit entwickelt. dem Programmierer, ähnlich wie bei den Asembler-
Ähnlich PASCAL dokumentiert sie sich weitgehend Sprachen, eine größere Verantwortung bei der Kon-
selbstständig und erlaubt aufgrund des modularen trolle des Programmes. Beispielsweise müssen Typ-
Konzeptes das arbeitsteilige Vorgehen bei großen überprüfungen von Objekten veranlaßt werden,
Softwareprojekten. während diese in PASCAL automatisch durchgeführt
Eine geringe Innovationsgeschwindigkeit dieser werden.
Sprache ist der Preis für ein stabiles, an feste Spezifi- Aus diesen Gründen wird C gern als Programmier-
kationen gebundenes Konzept. sprache für systemnahe Probleme verwendet. Be-
schränken sich die Programmierer auf den Kernig-
1.3 ALGOL han-Ritchie- oder den ANSI-Standard, so ist eine
Die technisch-wissenschaftlich orientierte Sprache leichte Portierung auf die verschiedensten Rechner-
ALGOL (Algorithmic Language) ist seit ca. 1960 systeme möglich.
verfügbar. Sie ist der „Urahn“ der modernen, block-
orientierten und prozeduralen Sprachen (Klammerung
1.6 FORTRAN
durch BEGIN .. END). Hier wird erstmalig zwischen Seit ca. 1955 verfügbar, ist FORTRAN (Formular
der Zuweisung := und dem Vergleich = schon bei Translator) eine der ersten Hochsprachen für den tech-
den verwendeten Operatoren unterschieden. Dazu nisch-wissenschaftlichen Bereich. Ermöglicht wurde
wird die Prozedur als Statement und die Funktion als die (teilweise) Ablösung von den Assemblersprachen
Variable einsetzbar. Die geschriebenen Prozeduren zu diesem Zeitpunkt durch größere, zur Verfügung
und Funktionen können sich selber aufrufen (echte stehende Arbeitsspeicher (4 bis 16 kByte).
Rekursion) und die Bool’sche Algebra wird im Be- Durch die Hochsprachen-Eigenschaften sind die mit
fehlsvorrat berücksichtigt. FORTRAN geschriebenen Programme austauschbar
(portabel). So entstanden rasch große Programm-
1.4 BASIC sammlungen, die dieser Programmiersprache auch
Die leichte Erlernbarkeit stand im Vordergrund, als heute noch ihr Dasein sichern, obwohl es zu dieser
die Sprache BASIC (Beginner’s all pupose symbolic Programmiersprache mittlerweile Alternativen gibt.
instruction code) anfang der sechziger Jahre am
Dartmouth College/USA aus dem Vorbild FORT-
1.7 PASCAL
RAN als „verdünnter Aufguß“ entstand. Da BASIC Die modernen PASCAL-Sprachen lehnen sich alle an
ein Interpreter ist, ergeben sich kurze Testzeiten für das von Niklaus Wirth Anfang der 70iger Jahre in
die Programme. Allerdings werden diese recht lang- Zürich entwickelte PASCAL (Blaise Pascal, 1623 –
sam, wenn das Programm lang ist und viele Erklä- 1662) an.
rungen (REM) sowie umfangreiche Kontrollstruktu- PASCAL, das ebenso wie ALGOL eine blockorien-
ren enthält. tierte, prozedurale Sprache ist, wurde von Wirth
Die Sprache BASIC ist einfach, beansprucht wenig ursprünglich für seine Studenten entwickelt, damit
Speicherplatz und kann auf (fast) jedem Mikropro- diese sich einen sauberen, strukturierten Program-
zessorsystem installiert werden. mierstil erwerben konnten. Hält sich der Programmie-
Da jeder Hersteller „sein“ BASIC weiterentwickelte rer an wenige Regeln, entsteht ein sich selbst doku-
und/oder an sein Mikroprozessorsystem anpaßte, mentierender Quelltext, so daß Wartung und Pflege
entstanden im Laufe der Zeit unzählige, nichtkompatib- der Programme vereinfacht werden. Zudem ermög-
le aber immer leistungsfähigere BASIC-Dialekte. Die licht die Modularisierung sowie die Unterscheidung
modernen BASIC-Versionen sind zu vollwertigen Kon- in lokale und globale Objekte eine Entwicklung
kurrenten der Sprachen C oder PASCAL geworden. großer Projekte in arbeitsteiligen Gruppen.
Der große Bekanntheitsgrad sowie die Leistungs- Diese Eigenschaften, sowie wesentlich verbesserte
fähigkeit haben dazu geführt, daß professionelle PASCAL-Dialekte, tragen dazu bei, daß diese Spra-
Anwenderprogramme (Textverarbeitung, Tabellen- che zunehmend als (semi-) professionelle Program-
kalkulation, Datenbanken) BASIC-Dialekte als Ma- miersprache gilt. Die Verbesserungen der einzelnen
krosprache zur Parametrierung benutzen. Dialekte ohne Normung bzw Standard führt aller-
dings dazu, daß die erzeugten Programme kaum
1.5 C portabel sind.
Die Eigenschaften von C stellen eine Mittlerfunktion 1.8 PL/M
zwischen den Assembler-Sprachen und höheren
Sprachen dar. So besitzt C von Assembler die extrem Für die Mikroprozessoren 8080/85 und 8088/8086
hohe Abarbeitungsgeschwindigkeit mit einem sehr sowie für die Controler-Familie 8051 wurde die
kompakten Code und von den (blockorientierten) Sprache PL/M (Programming Language for Micro-
höheren Sprachen deren Modularität und damit die prozessors) aus der älteren Sprache PL/1 entwickelt.
gute Dokumentation und Wartungsfähigkeit. Diese erlaubt eine strukturierte Programmierung in
672 Datentechnik

Modulen, die separat übersetzt und später gebunden nicht bearbeitet; ebenso erzeugt ein langer Variablen-
werden können. Für zeitkritische Aufgaben können name (oder ein beliebiger Bezeichner) genau den
auch Programmteile in Assembler eingefügt werden. gleichen Verweis auf einen Speicherplatz wie ein
Die Nutzung dieser Sprache setzt allerdings gute kurzer Name, so daß die Übersetzungszeit zwar
Kenntnisse des Zielprozessor-Systems voraus, so daß ansteigt, nicht aber die Laufzeit.
die Anwender im professionellen Bereich zu finden Als weiterer Vorteil verbleibt die gute Selbstdoku-
sind. mentation eines solchen, mit aussagefähigen Vari-
ablennamen geschriebenen Quellprogrammes, das
auch durch die reichliche Verwendung von Leerzei-
2 Grundlagen der Programmierung len und Zeichen zur Verbesserung der Übersicht nicht
Die Aufgabe beim Programmieren besteht darin, eine langsamer ausgeführt wird.
Befehlsfolge (Programm) für ein bestimmtes Prozes- Das so erzeugte, lauffähige Programm kann später
sorsystem in dessen Speicher zu schreiben, so daß es ohne Anwesenheit des Compilers gestartet werden.
vom Prozessor ausgeführt werden kann. Diese Eigenschaft macht die erzeugten Programme
Da der Prozessor nur binäre Befehle verstehen und kommerziell nutzbar, weil das erzeugte Programm
verarbeiten kann, der Mensch wiederum lieber mit (im Gegensatz zum Compiler oder Interpreter) geisti-
einer ihm vertrauten Sprache umgeht, wird das Pro- ges Eigentum des Programmierers ist und somit nicht
gramm möglichst in einer höheren Programmierspra- unter den Urheberrechtsschutz des Compiler-Liefe-
che verfaßt und dann in die maschinenübliche, binäre ranten fällt.
Form übersetzt. Die lästige, syntaktische Strenge der
meisten Programmiersprachen wird nun zu einem 2.3 Editor
Vorteil, weil diese Arbeit des Übersetzens durch
einen Computer mit einem entsprechenden Überset- Der Editor ist ein Programm, das dem Schreiben des
zungsprogramm ausgeführt werden kann. Quellprogrammes dient. Im Grunde ist dazu jedes
Textverarbeitungsprogramm, das den geschriebenen
2.1 Interpreter Text (Quellprogramm oder Quelltext) in unformatier-
Wie der Name ausdrückt, deutet (übersetzt) ein Inter- ter Form abspeichern kann, geeignet. Unformatiert
preter das ihm zur Verfügung stehende Quellpro- bedeutet hier ohne Textmerkmale wie fett, unter-
gramm Anweisung für Anweisung, während das zu strichen oder ähnlichen, z.B. für die Korrespondenz
übersetzende Programm abläuft. Dieses Verfahren wichtigen Eigenschaften.
bedingt, daß sich der Interpreter und das zu über- Der Quelltext muß im reinen ASCII-Format vorlie-
setzende Programm immer gleichzeitig im Speicher gen, damit der Interpreter, Compiler oder Assembler
befinden müssen, wenn das Programm ablaufen soll. ihn verarbeiten können. Gleichzeitig bieten die Edito-
Weiterhin wird jede Anweisung bei jedem Pro- ren großer, kommerzieller Textverarbeitungen viel-
grammdurchlauf erneut gedeutet (übersetzt), wodurch fältige Annehmlichkeiten:
sich zu den Programmablaufzeiten auch noch die – Blockbefehle (suchen, verschieben, kopieren, lö-
Übersetzungszeiten addieren. schen ...)
Der größte Nachteil liegt somit in der großen Ausfüh- – komfortable Dateiverwaltung
rungszeit der damit laufenden Programme. Da auch – Arbeit mit mehreren Dateien gleichzeitig (Fenster-
Leerstellen, lange Bezeichner und (teilweise) erklä- Technik)
rende Kommentare die Laufzeit verlängern, verzich-
ten viele Programmierer auf eine übersichtliche
2.4 Integrierte Entwicklungsumgebung
Programmierung zugunsten der Geschwindigkeit. Die
Folge sind komplizierte, weil optimierte Programme,
Unter einer integrierten Entwicklungsumgebung ver-
die kaum gewartet werden können.
steht man ein Programmpaket, das alle Hilfspro-
Ein Vorteil liegt in der Möglichkeit, relativ kleine
gramme enthält, die zur Programmerstellung ge-
und damit begrenzt leistungsfähige Interpreter einzu-
braucht werden: Editor, Interpreter oder Compiler,
setzen. Diese Interpreter liefern aufgrund ihrer engen
Linker und Debugger. Diese Hilfsprogramme werden
Zweckbestimmung (z. B. Meß-, Steuer- und Regel-
dann je nach geforderter Aktivität menügesteuert
aufgaben) einen beachtlichen Befehlsvorrat und sind
aufgerufen.
so klein, daß sie im Masken-ROM eines Controlers
Häufig gehört auch ein umfassendes Hilfesystem
Platz finden.
dazu, das Syntaxfehler erkennt und Abhilfe vor-
schlägt. Diese Entwicklungsumgebungen, die für die
2.2 Compiler
meisten höheren Programmiersprachen verfügbar
Ein Compiler (Übersetzer) ist ein Programm, das ein sind, beschleunigen die Programmerstellung enorm,
Quellprogramm komplett übersetzt und dann an- weil die Zeit für einen Durchlauf – Quelltext erstellen
schließend bei Bedarf ablaufen läßt. Bei der Überset- und Programm testen – (Turn-Around-Time) dras-
zung werden die Kommentare zwar gelesen, aber tisch verkürzt wird.
V Programmiertechnik 673

2.5 Methoden der Programmentwicklung beschrieben. Dieses Gesamtproblem wird dann hie-
rarchisch immer weiter aufgeteilt in Teilprobleme, bis
Obwohl es theoretisch unendlich viele Wege zum
diese zu lösbaren Aufgaben werden.
Programm gibt, haben sich die Top-Down- und die
Nach Bearbeitung der ersten, globalen Ebene stehen
Bottom-Up-Methoden etabliert, die es erlauben, den
die beiden Teilprobleme exakt beschrieben fest. Je
Weg nach ausgesuchten Kriterien zu optimieren. Eine
nach Umfang sollte auch hier die Problembeschrei-
exakte Problembeschreibung setzen allerdings beide
bung, jetzt für die zweite Ebene, detailliert und
Methoden voraus. Die Bearbeitung sehr großer Soft-
schriftlich erfolgen. Wird die Arbeit an den Teilprob-
ware-Projekte setzt weitergehende Verfahren voraus
lemen verschiedenen Arbeitsgruppen übertragen, sind
(Software-Engineering). Dazu gehört vor allem die
diese Beschreibungen verbindliche Abgrenzungen zu
Planung der zeitlichen Abhängigkeiten verschiedener
den anderen Teilproblemen.
Arbeitsteams (Netzplantechnik).
Auf der niedrigsten Stufe der Hierarchisierung wer-
2.6 Problembeschreibung den sämtliche Aufgaben bearbeitet und die Ergebnis-
se entsprechend zu den höheren Ebenen zurückge-
Der Abnehmer eines Programmes sollte vom Pro- reicht. Bis auf die unvermeidbare Fehlersuche ist das
grammierer (-team) dazu gedrängt werden, eine Programm damit fertig, denn der obige Hierarchisie-
schriftliche Beschreibung der erwarteten Leistungen rungsplan liefert gleichzeitig das Rahmen- oder
des Programmes anzufertigen. Diese Beschreibung Hauptprogramm nebst Dokumentation.
kann oder sollte gemeinsam mit dem Fachmann
(Programmierer) erstellt werden, um überzogene, 2.8 Bottom-Up-Methode
vom System nicht erfüllbare Anforderungen sofort
Auch bei der Bottom-Up-Methode wird das Gesamt-
auszuschließen oder ein anderes Zielsystem einzupla-
problem in einem Pflichtenheft beschrieben. Der
nen. Diese Beschreibung, auch Pflichtenheft genannt,
daran anschließende Lösungsweg beginnt nun aber
sollte u.a. enthalten:
auf der niedrigsten, der Aufgabenebene. Zu dem
– erwartete Ausgangsinformationen des Systems Beispiel in Abbildung würde das bedeuten, je nach
(eventuell grafisch; Farbdarstellung/Monochrom?) Interessenlage oder Vorkenntnissen des Programmie-
– benötigte Eingangsinformationen (Datei-Formate; rers stehen etliche, mögliche Aufgaben zur Bearbei-
Tastatur; Maus; Sensoren ... ) tung an. Er könnte mit einer Sammlung in Frage
– Vorkenntnisse der Benutzergruppe (Online-Hilfe- kommender Formeln der komplexen Rechnung be-
System; Handbuch für Benutzer?) ginnen bzw. bei mangelnden Kenntnissen, sich in
– gemeinsamer Datenzugriff mehrer Benutzer? (Kon- diese einarbeiten. Nachdem alle für notwendig erach-
sistenz des Datenbestandes, Vermeidung unvoll- teten Aufgaben erledigt sind, werden sie in einem
ständiger Transaktionen) übergeordneten Rahmen (-Programm) zusammenge-
Eine große Sorgfalt im frühen Planungsstadium zahlt faßt, bis das Gesamtproblem gelöst ist.
sich durch eine geringe Änderungswahrscheinlichkeit
im Laufe der Arbeit aus. 2.9 Bewertung der Methoden
Die Top-Down-Methode entspricht in ihrer Struktur
2.7 Top-Down-Methode am ehesten der Struktur effizienter, menschlicher
Unter Anwendung der Top-Down-Methode wird das Handlungsweise und verspricht daher ein zielgerich-
Problem zu Beginn global, also in seiner Gesamtheit tetes, von unnötigen Seitenwegen freies Vorgehen.

Ebene 1 Gesamtproblem

Berechnung und Beschreibung


eines
Eines Verstärkers mit Tiefpaß-Eigenschaften

Ebene 2 Teilproblem 1 Teilproblem 2

Berechnung Darstellung

Ebene 3 Aufgabe 1 Aufgabe 2 Aufgabe 3 Aufgabe 4

Bereitstellung Auswahl Konstruktion des Zeichnen


der möglicher Koordinaten- der Graphen
Rechenverfahren Bauelemente Systems

Bild V-1 TOP-DOWN-Methode


674 Datentechnik

Damit wird gleichzeitig eine geringe Fehlerwahr- Variable B augenblicklich den Wert 4 besitzt. Darin
scheinlichkeit sowie eine gute Selbstdokumentation eingeschlossen ist die Erwartung, daß das Programm
erzielt. nicht einfach die Bearbeitung abbricht, falls „B“ den
Die Gefahr dieser Methode liegt darin, „das Rad Wert Null annehmen sollte, sondern den Benutzer
ständig neu“ zu erfinden: auf der letzten, der Aufga- darüber informiert, daß dieser Fall eingetreten ist.
ben-Ebene werden Programmteile (Module) geschrie- Noch besser wäre es, wenn der Benutzer dann unter
ben, die die geforderte Aufgabe möglichst genau Alternativen wählen könnte, wie das Programm damit
erledigen. Das führt zwangsläufig zu einer geringen umgehen soll.
Wiederverwertbarkeit der Module und schließt zu- Ein Instrument zur Fehlererkennung ist der Bleistift-
dem die Verwendung bereits vorhandener, ähnlicher test: alle vorkommenden Variablen werden in einer
Module aus. Tabelle aufgeführt und das Modul mit extremen
Die Bottom-Up-Methode empfiehlt sich ausschließ- Werten für die Eingangswerte „auf dem Papier“
lich für kleinste Programmiervorhaben, denn die gestartet. Alle Änderungen der Variablen werden in
Gefahr, sich in Detaillösungen zu verirren, ist sehr der Tabelle festgehalten und geben so ein Bild über
groß. Zusätzlich besteht die Wahrscheinlichkeit, daß die Zulässigkeit und den Erfolg der einzelnen Befehle
ergänzende Anforderungen einer der höheren Hierar- des Programmes.
chisierungsebenen an die (fertigen) Module von die- Weiterhin existiert bei der Top-Down-Methode
sen dann nicht erfüllt werden können; dies führt bereits ein Rahmenprogramm (Hauptprogramm),
häufig zur völligen Neukonzeption einiger Module. wenn die Module getestet werden sollen. Diesem
Erschwerend kommt die nachträgliche Dokumentation Rahmenprogramm werden die oben genannten ex-
des Vorhabens hinzu. Da diese erst am Ende des dann tremen Eingangswerte für die zu testenden Module
fertigen Programmes erfolgen kann, steht die Doku- übergeben und das Hauptprogramm mit den Modulen
mentation zwangsläufig nicht als Strukturierungshilfe gestartet. Noch nicht fertige Module können in ihrem
während der Arbeit zur Verfügung; strukturelle Ein-und Ausgabeverhalten durch kleine Simulati-
Schwächen des Programmes sind so unvermeidbar. onsmodule ersetzt werden, um das Hauptprogramm
Als „Königsweg“ bietet sich die Top-Down-Methode lauffähig zu machen.
unter Beachtung folgender Bedingungen an: Zeigen sich dabei Unregelmäßigkeiten, bieten die
1) frühzeitig, auf höchstmöglicher Ebene, wird bereits Entwicklungsumgebungen die Möglichkeit, den
geprüft, ob es für die zu lösenden Teilprobleme/ vorliegenen Quelltext des Modules schrittweise
Aufgaben Standard-Lösungen (Module) gibt, bzw. abzuarbeiten und dabei die aktuellen Werte der Vari-
ob es sich lohnt ein vorhandenes anzupassen ablen in einer Tabelle auf dem Bildschirm zu verfol-
2) muß ein Modul vollständig neu geschrieben wer- gen.
den, ist auf gute Wiederverwertbarkeit zu achten; Die Simulation von Programmen ist ein Verfahren,
daraus folgt, daß Module, die nicht wiederver- das bei der Software-Entwicklung für Microprozesso-
wertbar sind, so klein wie möglich sein sollten ren und Controlern angewandt wird. Hier wird das
(Verweis auf Modularisierung/Bibliotheken) Programm ja nicht auf dem Zielsystem (z.B. Contro-
ler), sondern auf einem PC entwickelt. Um die so
2.10 Programm-Test erstellten Programme dennoch auf dem PC testen zu
Hiermit ist die Prüfung eines Programmes auf logi- können, bieten viele derartige Entwicklungsumge-
sche Fehler gemeint, denn die syntaktischen Fehler bungen eine Simulation auf dem Entwicklungsrech-
(Fehler in der Schreibweise, Verletzung von Konven- ner an.
tionen) werden bereits vom Interpreter oder Compiler Ungefähr die Hälfte der vorhandenen Fehler können
erkannt. so vom Programmierer selbst entdeckt und behoben
Fehrlerfreie Programme gibt es nicht! Denn Fehler- werden. Weitere Fehler können durch andere (objek-
freiheit bedeutet nicht nur, daß aus der Anweisung tivere) Mitglieder des Entwicklungsteams gefunden
A := 12 / B das Ergebnis „3“ resultiert, wenn die werden und ca. 10% der Fehler bleiben unerkannt.

VI Datenkommunikation
1 Einführung deren Ziel die Bereitstellung jeder gewünschten
Information in geeignet aufbereiteter, d.h. aussage-
Die derzeit zu beobachtende rasante Entwicklung im kräftiger Form zum richtigen Zeitpunkt am richtigen
Kommunikationsbereich hat ihre Ursache in der Ort ist. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten
Digitalisierung aller Kommunikationsbelange, die ein sind so umfassend, daß sie als prägend für die kom-
Zusammenwachsen von Datenverarbeitung (besser menden Jahrzehnte angesehen werden: Man spricht
Informationsverarbeitung) und Telekommunikation vom Informationszeitalter, an dessen Anfang wir uns
bewirkt. Man spricht von Informationstechnik (IT), befinden.
VI Datenkommunikation 675

Die Digitalisierung der Telekommunikation umfaßt wegen der möglichen neuen Leistungsmerkmale und
die Digitalisierung der Informationsdarstellung, die den daraus resultierenden neuen Kommunikations-
Digitalisierung der Übertragungstechnik und die konzepten und -diensten.
Digitalisierung der Vermittlungstechnik. Ausgangspunkt für die neuen Leistungsmerkmale ist
Neue Konzepte und neue Technologien können sich die Digitalisierung der Informationen. Alle Arten von
aber nur dann gegen bereits etablierte Lösungen Information, nämlich numerische Werte, Texte,
(und im Kommunikationsbereich gab es bereits eine Sprache, Musik und Bilder, werden in einheitlicher
voll ausgebaute und hochentwickelte Analogtechnik) Weise als Bitketten dargestellt.
durchsetzen, wenn sie gravierende Vorteile aufwei- Operationen, die auf binäre Informationen angewen-
sen; geringfügige Vorteile reichen nicht aus, um det werden können, sind z.B. Rechnen, Vermitteln,
einen Verdrängungsprozeß in Gang zu setzen. Senden, Empfangen, Speichern, Suchen und Darstel-
Die Vorteile der Digitaltechnik gegenüber der Ana- len.
logtechnik sind: Für einige dieser Operationen (z.B. Vermitteln,
Generell geringere Störanfälligkeit, größere Sicher- Senden, Empfangen, Speichern und Suchen) ist es
heit gegen unbefugten Zugriff, niedrigere Kosten und unerheblich, welche Art von Information die Bitket-
neue Leistungsmerkmale. ten repräsentieren. Ein bestimmter Kommunikations-
Die geringere Störanfälligkeit im Vergleich zur Ana- dienst (und darauf abgestimmte dienstspezifische
logtechnik resultiert aus der endlichen (meist sehr Endgeräte) sind darauf angewiesen, daß die Bitketten
kleinen) Zahl diskreter Signalzustände, die eine in vorgeschriebener Weise binär verschlüsselte In-
verlustfreie (identisch dem Originalzustand) Regene- formationen einer bestimmten Art enthalten; es ist
rierung auch stark verrauschter Signale gestattet. beispielsweise nicht sinnvoll, ein Fax über ein Tele-
Digitale Informationen können deshalb beliebig oft fon auszugeben. Für den Transport der Bitketten und
in Folge übertragen, regeneriert, aber auch kopiert manche Aspekte des Speicherns und Suchens dage-
werden. gen ist die Kenntnis der Bedeutung dieser Bitketten
Es ist vielleicht weniger bekannt, daß Informationen nicht erforderlich.
in digitaler Form besser gegen unbefugten Zugriff Was sich hier abzeichnet, ist die Diensteintegration
geschützt werden können. Tatsächlich kann die auf der Netzebene: Die logische Konsequenz der
Digitalisierung geradezu als Voraussetzung für eine Digitalisierung ist das ISDN (Integrated Services
wirksame Verschlüsselung angesehen werden. Es ist Digital Network), also ein Netz, das binär verschlüs-
bezeichnend, daß im militärischen Bereich aus die- selte Daten unterschiedlicher Bedeutung für ver-
sem Grunde, lange bevor die Digitaltechnik reif für schiedene Zwecke (Dienste) transportieren kann. Ein
eine allgemeine Einführung war (nämlich im zweiten solches Netz ist bezüglich der darüber abzuwickeln-
Weltkrieg), bereits mit digitalen Signaldarstellungen den Dienste offen: beliebige, auch später neu zu
(auch von Sprache) experimentiert wurde. definierende Dienste können darüber abgewickelt
Die Preisvorteile liegen in der möglichen hohen werden, solange bestimmte Randbedingungen (bei-
Integrationsdichte, die zu kleinen und bei großen spielsweise eine erforderliche Mindestdatenrate) er-
Stückzahlen billig herzustellenden Einheiten hoher füllt sind.
Funktionalität führt. Logisch komplexe Funktionen Digitale Vermittlungseinrichtungen sind heute pro-
können in Digitaltechnik weitaus billiger als in Ana- grammgesteuerte Datenverarbeitungsanlagen mit spe-
logtechnik realisiert werden. Es sind aber nicht nur ziellen, vergleichsweise aufwendigen Ein-/Ausgabe-
die direkten Auswirkungen (geringe Material- und einrichtungen. Kommunikation ist damit ein compu-
Herstellungskosten), sondern auch die indirekten tergesteuerter Vorgang. Gleichzeitig ergeben sich aus
Auswirkungen wie kleine Abmessungen, geringes der Diensteintegration auf der Netzebene und der
Gewicht und niedriger Stromverbrauch, sowie gerin- Tatsache, daß die kommunizierte Information in
ger Wartungsbedarf kostensenkend wirksam. So binärer Darstellung einer direkten Verarbeitung durch
machen z.B. bei digitalen Vermittlungseinrichtungen Computer zugänglich ist, vielfältige Möglichkeiten
Raumbedarf, Gewicht und Stromverbrauch nur einen der Verknüpfung, die den Kern der Informations-
Bruchteil entsprechender analoger Einrichtungen aus, technik bilden.
was zu enormen Einsparungen bei Gebäuden und der
Versorgungsinfrastruktur führt.
Die bisher aufgezählten Vorteile liefern bereits hin- 2 Grundlagen
reichende Argumente für die Einführung der Digital-
2.1 Verkehrsarten
technik.
Wenn die Telekommunikation einen so rasanten Auf- Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von
schwung genommen hat und sich anschickt, in Ver- Netzwerkverkehr: Isochroner Verkehr und asynchro-
bindung mit der Informationsverarbeitung sowohl die ner Verkehr.
kommerzielle wie die private Umwelt prägend zu Isochroner Verkehr ist dadurch gekennzeichnet, daß
verändern, so ist dies nicht wegen der bisher erwähn- zwischen den Informationseinheiten eines Informa-
ten Vorteile der Digitaltechnik geschehen, sondern tionsstroms zeitliche Beziehungen bestehen, die beim
676 Datentechnik

Transport nicht verloren gehen dürfen. Beispiele sind einen physikalischen Übertragungskanal mehrere
Sprache und Video. Kommunikationsverbindungen geführt werden.
Bei asynchronem Verkehr bestehen zwischen den Jeder Teilnehmer hat jederzeit Zugriff zum Netz.
Informationseinheiten eines Informationsstroms keine Jeder Netzteilnehmer kann über einen einzigen Netz-
zeitlichen Beziehungen. Beispiele hierfür sind inter- zugang gleichzeitig mehrere Kommunikationsverbin-
aktiver Terminalverkehr, File Transfer oder transak- dungen zu anderen Netzteilnehmern unterhalten.
tionsorientierte Anwendungen. Nachteile:
Ein universelles Netz muß sowohl isochronen Ver- Keine garantierte Dienstgüte.
kehr wie auch asynchronen Verkehr effizient trans- Zusätzlicher Overhead und Betriebsmittelverbrauch
portieren können. durch die Zerlegung der Originalinformation in
2.2 Vermittlungsprinzipien Pakete und Hinzufügen zusätzlicher Steuerinfor-
mationen, die in jedem Paket enthalten sein und
Es gibt zwei wichtige Vermittlungsprinzipien, die mittransportiert werden müssen (und die Umkehrope-
Leitungsvermittlung (circuit switching) und die ration auf Empfängerseite), durch Bearbeitungsauf-
Paketvermittlung (packet switching). wand in jedem Zwischenknoten für die korrekte
Bei der Leitungsvermittlung wird zwischen den Weiterleitung der Pakete sowie u.U. für die Sicher-
Kommunikationsendpunkten ein Kommunikations- stellung von Sequenz, Eindeutigkeit und Vollständig-
kanal (in den Anfängen der Telekommunikation keit einer Folge von Paketen.
wurde tatsächlich eine Leitung gestöpselt, daher die
Es ist offensichtlich, daß ein leitungsvermittelndes
Bezeichnung) geschaltet, der den Kommunikations-
Netz gut geeignet ist, um isochronen Verkehr zu
partnern exklusiv zur Verfügung steht.
transportieren, aber weniger gut geeignet ist, um
Vorteile: asynchronen Verkehr effizient transportieren zu
Die Verbindung hat eine garantierte Dienstgüte können. Im Gegensatz dazu ist ein paketvermittelndes
bezüglich Datenrate und Verzögerung, die nicht von Netz gut für den Transport asynchroner Information,
äußeren Umständen, wie der augenblicklichen Netz- aber im Prinzip nicht für den Transport isochroner
belastung, abhängt. Information geeignet. Infolgedessen sind die klassi-
Nach dem Verbindungsaufbau steht den Kommu- schen Telekommunikationsnetze, insbesondere das
nikationspartnern eine transparente Ende-zu-Ende- Fernsprechnetz (das ja speziell für die Sprachkom-
Verbindung zur Verfügung. munikation konzipiert wurde) und auch das daraus
Nur beim Verbindungsaufbau entsteht Bearbeitungs- entwickelte ISDN leitungsvermittelnde Netze, wo-
aufwand in Zwischenknoten. hingegen die klassischen Rechner- bzw. Datennetze
Es gibt keine netzseitigen Vorgaben bezüglich der zu (auch das Internet) paketvermittelnde Netze sind.
verwendenden Protokolle.
Nachteile: 2.3 Vermittlungseinrichtungen
Es werden Netzwerkressourcen reserviert, was eine Eine Vermittlungseinrichtung (switch) ist eine Vor-
schlechte Netzauslastung zur Folge hat, wenn die richtung, die über eine Reihe von Eingängen und
Partner die Verbindung nicht permanent auslasten Ausgängen verfügt und in der Lage ist, adreßgesteu-
können. ert dynamisch Verbindungen zwischen beliebigen
Bereits beim Verbindungsaufbau werden Ressourcen Ein- und Ausgängen herzustellen. Funktional kann
reserviert, auch wenn die Verbindung schließlich man sich eine solche Vermittlungseinrichtung als eine
nicht zustande kommt. zweidimensionale Anordnung von Schaltern vorstel-
Bei normaler Netzauslegung ist die Zahl der schalt- len (Bild VI-1). Wie die Abbildung zeigt, können in
baren Verbindungen deutlich kleiner als die Zahl der einem Switch gleichzeitig mehrere Verbindungen
Netzteilnehmer, so daß in Überlastsituationen kein zwischen disjunkten Paaren von Ein- und Ausgängen
Zugriff zum Netz besteht. bestehen. Eine Switching-Anordnung, bei der ein
freier Ausgang jederzeit von jedem Eingang aus
Bei der Paketvermittlung wird die Nutzinformation in
erreichbar ist, wird als blockierungsfrei bezeichnet.
Informationsblöcke (Pakete) fester Maximallänge
Dies ist für eine einfache Schaltmatrix wie in der
zerlegt, die voneinander unabhängig vom Sender zum
Abbildung trivial. Große Vermittlungseinrichtungen
Empfänger transportiert werden und deshalb alle
(mit sehr vielen Ein-/Ausgängen) können aber aus
Informationen enthalten müssen, die den Zwischen-
Aufwandsgründen nicht als einstufige Schaltmatrizen
knoten eine korrekte Weiterleitung ermöglichen (ins-
realisiert werden, da die Zahl der Schaltelemente
besondere die Empfängeradresse).
quadratisch mit der Zahl der Ein-/Ausgänge wächst.
Vorteile: Die Vermittlungstechnik ist ein altes und gut etablier-
Keine Reservierung von Ressourcen. tes Teilgebiet der Nachrichtentechnik, und es gibt
Auch bei unregelmäßiger und insgesamt geringer eine Reihe von systematischen Anordnungen mit dem
Nutzung durch einzelne Teilnehmer ist eine gute Ziel, mäßigen Aufwand mit guten betrieblichen
Auslastung der Verbindungswege möglich, da über Eigenschaften zu verbinden. Nicht alle arbeiten
VI Datenkommunikation 677

Eingänge

E1

E2

EM
Bild VI-1
Funktionsprinzip einer
Vermittlungseinrichtung
Ausgänge A1 A2 A3 A4 A5 AN (Koppelmatrix)

blockierungsfrei. d.h. es kann vorkommen, daß ein Spezifische technische Lösungen werden auch durch
freier Ausgang aufgrund einer internen Blockierung die begrenzte geographische Ausdehnung (typischer-
zeitweilig nicht erreichbar ist. weise deutlich unter 10 km) möglich. Die Ursache
dafür liegt in der physikalisch bedingten endlichen
2.4 Klassifizierung von Netzen Signalausbreitungsgeschwindigkeit (≤ Lichtgeschwin-
Die Klassifizierung von (Daten-)Netzen kann nach digkeit), die bei gegebenem Übertragungsmedium zu
unterschiedlichen Kriterien erfolgen. Eine wichtige Signallaufzeiten führt, die nur von der Entfernung
und auch häufig verwendete Möglichkeit ist die abhängen. Im Extrem – etwa bei Satellitenverbindun-
Unterscheidung nach Vermittlungsprizipien wie im gen – führt dies zu speziellen Vorgaben für einen
vorigen Kapitel beschrieben. Eine andere Klassifika- effizienten Netzbetrieb. Laufzeiteffekte wirken sich
tion basiert auf dem Ausdehnungsbereich. Man um so gravierender aus, je größer die Übertragungs-
unterscheidet lokale Netze (Local Area Network geschwindigkeit ist. Für normale Datenraten in loka-
= LAN) und Weitverkehrsnetze (Wide Area Network len Netzen sind Laufzeiteffekte aber gering. Dies
= WAN). bedeutet, daß Verfahren zur Anwendung kommen
Es sind zwei Besonderheiten, die zur Ausbildung können, deren Funktion (Effizienz) laufzeitabhängig
spezieller lokaler Netze geführt haben, nämlich zum ist. Dies ist z.B. beim Ethernet und beim Token-Ring
einen die begrenzte geographische Ausdehnung, zum der Fall. Koppelmatrix
anderen die Tatsache, daß der Begriff ,lokales Netz‘ Die aufgeführten Besonderheiten haben dazu geführt,
immer auch einschließt, daß es sich um ein privates daß in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre spezielle
Netz handelt, das in seiner technischen Ausprägung lokale Netze (LANs) entworfen wurden, die in den
wie in der Kostenstruktur unabhängig vom Angebot achtziger Jahren weite Verbreitung gefunden haben.
öffentlicher Netzbetreiber ist. Allen gemeinsam war, daß es sich um paketvermit-
Beim Überschreiten der Grundstücksgrenzen ist man telnde ,Shared-Medium-Broadcast-Netze‘ handelte.
in der Regel auf das Angebot eines öffentlichen ,Shared-Medium‘ bedeutet, daß alle Stationen eines
Telekom-Anbieters angewiesen, das sowohl hinsicht- LAN-Segments an ein gemeinsames Übertragungs-
lich der Dienstart wie auch der Dienstgüte (z.B. medium (typischerweise in Bus- oder Ringtopologie)
Datenrate) unter Umständen nicht den wirklichen angeschlossen sind und sich die verfügbare Bandbrei-
Anforderungen entspricht. Darüber hinaus werden die te teilen. Der Betrieb ist so organisiert, daß die von
Dienste öffentlicher Anbieter typischerweise (und einer sendenden Station ausgehende Information alle
auch richtigerweise) nutzungsabhängig tarifiert, d.h. Stationen erreicht (Broadcast) und diejenige Station,
intensive Nutzung verursacht entsprechend hohe die ihre eigene Adresse als Zieladresse im Kopf des
Kosten. Im privaten/lokalen Bereich ist die Kosten- Datenpakets angegeben findet, das vollständige Paket
struktur eine andere: Hier dominieren die Investi- übernimmt. Die unterschiedlichen LANs unterschei-
tionskosten und die Betriebskosten, die nicht oder den sich charakteristisch in der Art und Weise, wie
kaum nutzungsabhängig sind, d.h. wenn ein priva- der Zugriff zum gemeinsam genutzten Medium
tes/lokales Netz erst einmal etabliert ist, können organisiert ist.
durch zurückhaltende Nutzung kaum Kosten gespart
werden. Dies ermöglicht in privaten/lokalen Netzen
2.5 Standardisierung
Betriebsweisen, bei denen ein permanenter Verkehr Standards sind in allen technischen Bereichen von
erzeugt wird (beispielsweise Polling-Verfahren, bei großer Bedeutung, besonders aber im Bereich der
denen eine ausgezeichnete Station nachgeordnete Kommunikation, wo ja per Definition immer mindes-
Stationen im Wechsel permanent fragt, ob sie Daten tens zwei Partner beteiligt sind, die sich ansonsten in
zu übertragen haben). jedem einzelnen Fall über die zu verwendenden
678 Datentechnik

Techniken verständigen müßten, was bei einer Viel- G-Serie: Fernsprechübertragung über drahtgebunde-
zahl möglicher Kommunikationsbeziehungen unmög- ne Verbindungen, Satelliten- und Funkver-
lich wäre. bindungen (auch allgemeine Übertragungs-
Standards können offizielle Standards (im Sinne von und Netzfragen)
Norm) sein, die von den jeweils zuständigen nationa- I-Serie: ISDN (aus Benutzersicht)
len oder internationalen Gremien festgeschrieben Q-Serie: Fernsprech-Zeichengabe, Fernsprechver-
werden. Es können aber auch sogenannte De-facto- mittlung (auch allgemeine Zeichengabe
oder Industriestandards sein. Dabei handelt es sich und digitale Vermittlungseinrichtungen)
um Produkte/Methoden, die sich am Markt durchge- T-Serie: Telematik-Endgeräte (Telefax, Teletex,
setzt haben und dadurch marktbestimmend geworden Bildschirmtext)
sind. Solche Industriestandards sind in sehr schnelle- V-Serie: Datenübertragung über das Fernsprech-
bigen Bereichen, wozu die Datenverarbeitung und die und Telex-Netz
Datenkommunikation gehören, überproportional häu- X-Serie: Datenübertragung über öffentliche Daten-
fig anzutreffen. Im PC-Bereich sind beispielsweise die netze.
Betriebssysteme der Fa. Microsoft marktbestimmend,
im Bereich der Datenkommunikation ist es das Inter- Da die ITU-T-Empfehlungen weltweit bei den Fern-
net, das auf den Internet-Protokollen basiert, die mit meldeverwaltungen zum Einsatz kommen, erlangen
Förderung durch das amerikanische Verteidigungs- sie automatisch große Verbreitung und Bedeutung.
ministerium anfangs überwiegend im akademischen Die faktische Bedeutung ist so groß, daß ISO ITU-
Bereich entwickelt und verbreitet wurden. Empfehlungen berücksichtigen muß, falls diese für
vergleichbare Funktionen vorher festgeschrieben
2.5.1 Standardisierungsgremien wurden, was in der Vergangenheit des öfteren vorge-
kommen ist, da die ITU bei vorhandenem Regelungs-
ISO (International Organization for Standardiza- bedarf bei den Telekomgesellschaften unter Zeitdruck
tion) arbeiten muß.
ISO ist der weltweite Zusammenschluß nationaler
Normierungsgremien (für Deutschland ist das DIN ETSI (European Telecommunications Standards
(Deutsches Institut für Normung) Mitglied), dessen Institute)
Aufgabe die Schaffung internationaler Standards (im ETSI wurde 1988 als unabhängige europäische In-
Sinne von Normen) ist und dessen Festlegungen als stitution ins Leben gerufen. Die Standards (ETS =
einzige die Bezeichnung ,Internationaler Standard‘ European Telecommunications Standards) dienen
(IS) tragen. ISO besitzt eine umfassende Zuständig- dem Ziel, durch einheitliche Vorgaben eine europa-
keit, die alle einer Normierung bedürfenden Bereiche weit ungehinderte Kommunikation sicherzustellen.
einschließt mit Ausnahme der Elektrotechnik, für die Dies ist ein besonderes Anliegen der EU.
die IEC (International Electrotechnical Commission)
zuständig ist. Für Standardisierungen im Kommuni- Das ISO-Referenzmodell für Offene Systeme
kationsbereich, wo sich die Zuständigkeiten von ISO Der Hintergrund für diese Modellbildung ist eine bei
und IEC überschneiden, wurde 1987 ein gemein- der Softwareentwicklung weit verbreitete Vorge-
sames Komitee, das Joint Technical Committee 1 hensweise: Man zerlegt einen komplexen Gesamt-
(JTC 1) gegründet. vorgang in mehrere logisch schlüssige und möglichst
unabhängig behandelbare Teile, die miteinander über
ITU (International Telecommunications Union) wohldefinierte Schnittstellen verbunden sind. Für den
Die ITU ist eine Unterorganisation der UNO und Kommunikationsvorgang ist dies durch das OSI –
hatte 1995 Mitglieder aus 184 Staaten. ITU-T (-T Basic Reference Model geschehen (OSI steht für
steht für Telecommunication Standardization Sector), Open Systems Interconnection). Darin wird der
bis zu einer Neuorganisation 1994 CCITT (Comité Kommunikationsvorgang in sieben Schichten oder
International Télégraphique et Téléphonique), ist für Ebenen (layers) unterteilt. Die in diesem Modell
die weltweite Abstimmung zwischen den öffentlichen gewählte Aufteilung und die Zuordnung funktionaler
Telekom-Anbietern zuständig. Einheiten zu diesen Schichten ist nicht zwingend, wie
Die Standards – hier als Empfehlungen bezeichnet – ähnliche, aber keineswegs deckungsgleiche Struktu-
werden in Study Groups erarbeitet und in einem rierungen in Firmenarchitekturen wie z.B. SNA
vierjährigen Turnus verabschiedet. Die Empfehlun- (IBM) beweisen; sie hat sich aber als sinnvoll und
gen werden – nach Sachgebieten geordnet – in Serien stabil erwiesen und ist seit 1984 als ISO-Standard
herausgegeben; sie bestehen aus einem Buchstaben, (IS 7498) festgeschrieben. Diese Fixierung ist die
der die Serie kennzeichnet, gefolgt von einer durch Voraussetzung für die Erarbeitung von Standards für
einen Punkt abgetrennten Zahl für das Dokument die einzelnen Schichten.
(z.B. X.25). In jeder der sieben Schichten existieren Instanzen
Folgende Serien sind für die Datenkommunikation (entities), die die schichtspezifischen Dienste erbrin-
von Bedeutung: gen. Eine solche Instanz kommuniziert logisch mit
VI Datenkommunikation 679

einer Partnerinstanz (peer-to-peer), also einer Instanz Die Funktionen der sieben Schichten des Referenz-
gleicher Ebene in einem entfernten System. Dies modells (Bild VI-2) werden nachfolgend kurz be-
geschieht durch den Austausch von Protocol Data schrieben.
Units (PDUs). Die Kommunikation zwischen Partner-
Schicht 1 (Bitübertragungsschicht, Physical Layer)
instanzen wird durch Protokolle geregelt. Unter
Die Schicht 1 beschreibt die Übertragungshardware;
einem Protokoll versteht man einen Satz von Rege-
dazu gehören die elektrischen Verbindungen, die
lungen für den Austausch von Informationen, d.h.
elektrische Darstellung der Bits (Leitungscodes), aber
konkret die Beschreibung der PDUs und ihrer Wir-
auch die Spezifikation von Kabeln und Steckern. Das
kungen im entfernten System.
Übertragungsmedium selbst gehört nicht dazu.
Die Anordnung ist streng hierarchisch. Eine Instanz
der Schicht N kann nur das Dienstangebot einer Schicht 2 (Sicherungsschicht, Data Link Layer)
Instanz der direkt darunterliegenden Schicht N – 1 in Durch die Schicht 2 wird der Verkehr zwischen zwei
Anspruch nehmen und ihre eigenen Dienste nur einer direkt benachbarten Stationen (über eine Teilstrecke)
Instanz der direkt darüberliegenden Schicht N + 1 geregelt; Fehlerbehandlung und Flußkontrolle für die
anbieten. Dies geschieht über Dienstzugangspunkte Teilstrecke gehören dazu. Die Information wird in
(Service Access Points, SAPs). Blöcke geeigneter Länge unterteilt, die auf dieser
Der Transport von PDUs erfolgt in der Weise, daß Ebene als Rahmen (frames) bezeichnet werden und
eine Instanz eine von der übergeordneten Instanz mit einem Fehlercode versehen werden, der eine
übernommene PDU um eigene, für die Partnerinstanz Fehlererkennung und -behebung (meist durch Wie-
bestimmte Kontrollinformationen (Protocol Control derholung) ermöglicht.
Information) ergänzt und zur weiteren Bearbeitung an Bei lokalen Netzen ist die Schicht 2 nochmals unter-
die nachfolgende Instanz übergibt. Im entfernten teilt in die Teilschicht 2a (Medium Access Control,
System wertet jede Instanz die für sie bestimmte Kon- MAC), die den Zugriff zum gemeinsamen Übertra-
trollinformation aus (und entfernt sie) und übergibt gungsmedium regelt, und die darüberliegende Teil-
den Rest der PDU an die nächst höhere Instanz. schicht 2b (Logical Link Control, LLC), die die vom
Während die vertikale Kommunikation, d.h. die Medienzugriff unabhängigen Funktionen der Schicht
Kommunikation zwischen in der Hierarchie benach- 2 wahrnimmt.
barten Instanzen im gleichen System (konkret, wie Schicht 3 (Vermittlungsschicht, Network Layer)
SAPs realisiert und angesprochen werden) nicht der Diese Schicht ist zuständig für die Wegwahl (rou-
Standardisierung unterliegt, ist die horizontale Kom- ting), für das Multiplexen mehrerer Verbindungen
munikation zwischen Partnerinstanzen (d.h. die über einzelne Teilstrecken und für Aspekte der
Kommunikationsprotokolle einer Ebene) Gegenstand Fehlerbehandlung und Flußkontrolle zwischen den
der Standardisierung, ebenso wie die Beschreibung Endsystemen einer Verbindung (nicht zwischen den
der Funktionen einer Ebene, d.h. der Leistungen, die Anwenderprozessen). Auf dieser Ebene werden die
der darüberliegenden Ebene angeboten werden. zu übertragenden Datenblöcke als Pakete bezeichnet.

Application Process Anwendungsprozeß

7 APPLICATION peer-to-peer ANWENDUNG 7

6 PRESENTATION peer-to-peer DARSTELLUNG 6


KOMMUNIKATIONS-
5 SESSION peer-to-peer
STEUERUNG
5

4 TRANSPORT peer-to-peer TRANSPORT 4

3 NETWORK NETWORK VERMITTLUNG 3

2 DATA LINK DATA LINK SICHERUNG 2

1 PHYSICAL PHYSICAL BITÜBERTRAGUNG 1

Physical Medium

Bild VI-2 Die Schichten des ISO-Referenzmodells


680 Datentechnik

Schicht 4 (Transportschicht, Transport Layer) Message Handling Austausch und Verwaltung


Die Transportschicht unterstützt die Verbindungen Systems (MHS): von Mitteilungen an Be-
zwischen Prozessen in den Endsystemen; sie beschäf- nutzer anderer Systeme
tigt sich mit den Ende-zu-Ende-Aspekten einer Ver-
Neben diesen Anwendungen, die auch als spezielle
bindung zwischen Prozessen (im Gegensatz zur
Dienstelemente (Special Application Service Ele-
Vermittlungsschicht, die Ende-zu-Ende-Aspekte der
ments, SASE) bezeichnet werden, gibt es auch allge-
physikalischen Verbindung zwischen den Endknoten
meine Dienstelemente (Common Application Service
der Verbindung behandelt). Die Transportschicht
Elements, CASE); diese bezeichnen Grundfunktio-
verbirgt die Charakteristika des Netzes (lokales Netz,
nen, die vielen Anwendungen gemeinsam sind und
Weitverkehrsnetz, gar kein Netz) vor den darüberlie-
deshalb sinnvollerweise nicht speziell für jede einzel-
genden Schichten.
ne Anwendung definiert werden. Dazu gehört das
Der Aufwand, der auf der Transportebene getrieben
Auf- und Abbauen einer Verbindung auf der Anwen-
werden muß, hängt von den geforderten Leistungen
dungsschicht, die Spezifikation der Anforderungen
ab, die über die Leistungen der Vermittlungsschicht
des betreffenden Dienstes an die Darstellungsschicht
hinausgehen.
und die Kommunikationssteuerungsschicht sowie die
Schicht 5 (Kommunikationssteuerungsschicht, Authentifikation der Benutzer eines Dienstes. Ein wei-
Session Layer) terer Komplex betrifft die zuverlässige Ausführung
Die Kommunikationssteuerungsschicht dient vor der Dienste, wodurch z.B. der korrekte Wiederanlauf
allem der Synchronisation der Kommunikation zwi- nach einer Störung sichergestellt werden soll.
schen den involvierten Prozessen. Jede Kommunika- Das Unterteilen des komplexen Kommunikationsvor-
tion kann logisch in die Phasen Verbindungsaufbau, gangs in Teilaspekte (Schichten) ist eine Maßnahme
Datentransfer und Verbindungsabbau gegliedert der Zweckmäßigkeit, die eine präzise Beschreibung
werden. und damit die Standardisierung erleichtert. Ein Be-
Auf- und Abbau einer S-Verbindung (session) sind nutzer interessiert sich jedoch nicht für Schichten und
bestätigte Dienste, nach deren Ablauf die beiden Strukturen, die ohnedies nicht explizit sichtbar sind,
Partner sich in einem gegenseitig genau definierten sondern für Anwendungen in ihrer Gesamtheit. Es ist
Zustand befinden. deshalb wichtig, daß eine Anwendung als Ganzes
Die Funktionalität einer S-Verbindung ist zwischen durch einen vollständigen Satz von Standards für die
den Partnerinstanzen der Kommunikationssteuerungs- einzelnen Ebenen beschrieben und realisiert wird.
schicht aushandelbar in Abhängigkeit von den Erfor-
dernissen der anfordernden Anwendung.
3 Lokale Netze
Schicht 6 (Darstellungsschicht, Presentation Layer)
Aufgabe der Darstellungsschicht ist es, Unterschiede Neben Varianten lokaler Netze, die nur als Prototy-
in der Informationsdarstellung in den kommunizie- pen im akademischen Bereich realisiert worden sind
renden Systemen zu überbrücken. Durch die Funk- und solchen, die als firmenspezifische Entwicklungen
tionen dieser Schicht wird sichergestellt, daß die Marktbedeutung gehabt haben (wie z.B. HYPER-
ausgetauschten Informationen wechselseitig richtig channel der Fa. Network Systems Corp.), sind es vor
interpretiert werden. Ein sehr einfaches Beispiel allem zwei Varianten, die weltweite Verbreitung
ist die gegebenenfalls erforderliche Abbildung un- gefunden haben, nämlich Ethernet (CSMA/CD =
terschiedlicher Zeichencodes (wie ASCII oder EBC- Carrier Sense Multiple Access with Collision Detec-
DIC) aufeinander. tion) und Token-Ring. Beide wurden durch IEEE
(Institute of Electrical and Electronics Engineers)
Schicht 7 (Anwendungsschicht, Application Layer) standardisiert und die Standards später von ISO
Anwendungen im Sinne der Schicht 7 sind nicht übernommen.
benutzerspezifische Anwendungen, die sich der Ethernet wurde vom Forschungslabor der Fa. Xerox
Standardisierung generell oder doch im Rahmen des im Rahmen eines Konzeptes für ein papierloses Büro
Kommunikationsvorgangs entziehen. Es gibt aber entworfen und später von der DIX-Firmengruppe
eine Reihe von grundsätzlichen Anwendungen von (DEC, Intel, Xerox) weiterentwickelt und in die
Kommunikationssystemen, die vielfach benötigt Standardisierung (IEEE 802.3) getragen. Der Token-
werden; die wichtigsten sind: Ring ist von IBM entwickelt und als Standard bei
File Transfer (FT): Austausch von Dateien IEEE (IEEE 802.5) durchgesetzt worden. Insgesamt
Remote Job Entry (RJE): Absetzen von Rechenauf- ist Ethernet das weiter verbreitete LAN, der Token-
trägen in entfernten Sys- Ring hat aber insbesondere in durch IBM-Rechner
temen geprägten Umgebungen Bedeutung gehabt.
Virtual Terminal (VT): Nutzung der interaktiven
Terminal-Dienste eines
3.1 Ethernet (CSMA/CD)
entfernten Rechners vom Beim Ethernet gemäß IEEE-Standard handelt es sich
lokalen System aus um einen Koaxialkabel-Bus, an den die Teilnehmer-
VI Datenkommunikation 681

Higher Teil- LLC - Logical Link Control


Endgerät
Layers neh- MAC - Medium Access Control
mer- PLS - Physical Signaling
Data Link LLC Ethernet MAU - Medium Attachment Unit
Layer sta-
MAC Controller tion AUI - Attachment Unit Interface
PLS

Transceiver
Physical
Cable
Layer
AUI
Transceiver Bild VI-3
MAU Tap
Komponenten eines
Trunk Ethernet-Anschlusses

stationen angeschlossen werden. Durch Repeater Station sendebereit


können mehrere Kabelsegmente zu einem größeren
Netz zusammengeschlossen werden. Die Maximal-
länge eines Kabelsegments beträgt 500 m, und es Kanal abhören
können maximal 100 Stationen daran angeschlossen
werden; die Übertragungsgeschwindigkeit beträgt nein
Kanal frei?
10 Mbps (Megabit/sec).
Die Komponenten eines Teilnehmeranschlusses sind
Transceiver, Transceiver-Kabel und Ethernet Cont- Daten senden Warten gemäß
roller (Bild VI-3). Kanal abhören Backoff-Strategie
Der Transceiver (Medium Attachment Unit = MAU)
besteht aus dem eigentlichen Transceiver (trans-
nein
mitter/receiver), einer Sende-/Empfangseinheit, und Kollision?
einem als Tap bezeichneten Konnektor, durch den
der physische Anschluß an das Kabel hergestellt
wird. JAM-Signal senden Ende
Das Transceiver-Kabel verbindet den am Bus (trunk)
montierten Transceiver und den zur Teilnehmersta-
tion gehörenden Ethernet Controller. Das Transcei- Bild VI-4 Das CSMA/CD-Verfahren Ethernet
ver-Kabel ist dünner und flexibler als das Bus-Kabel
und erlaubt das Aufstellen von Teilnehmerstationen Während des Sendens hört sie weiterhin das Medium
in bis zu 50 m Abstand vom Bus. Dem Ethernet ab. Wenn eine Kollision eintritt (dies kann gesche-
Controller steht durch diesen Aufbau netzseitig eine hen, wenn zwei Stationen quasi gleichzeitig (d.h. in
Schnittstelle (AUI = Attachment Unit Interface ge- einem zeitlichen Abstand, der kleiner ist als die
nannt) zur Verfügung, die von den spezifischen Signallaufzeit zwischen den Stationen) zu senden
Eigenschaften des Übertragungsmediums und der beginnen), dann bricht sie die Übertragung ab und
Übertragungstechnik unabhängig ist, so daß ohne sendet ein sogenanntes JAM-Signal aus, durch das
Auswirkungen auf den Ethernet Controller andere sichergestellt werden soll, daß alle Stationen am Bus
Medien und Übertragungsverfahren zum Einsatz registrieren, daß eine Kollision aufgetreten ist.
kommen können. Nach einer durch die Backoff-Strategie festgelegten
Der Ethernet Controller realisiert die MAC- und Wartezeit wird ein erneuter Übertragungsversuch
LLC-Funktionen. Zur Netzseite enthält der Controller gestartet. Durch die Backoff-Strategie muß sicherge-
noch die als PLS (Physical Signaling) bezeichnete stellt werden, daß bei der Wiederholung eine erneute
Unterschicht, deren Aufgabe die Signalaufbereitung Kollision unwahrscheinlich ist. Das im Standard
ist. festgeschriebene Backoff-Verfahren wird als Trun-
Das Medienzugriffsverfahren CSMA/CD gehört zu cated Binary Exponential Backoff bezeichnet und
den Random-Access-Verfahren, bei denen eine Sta- besagt, daß eine zufällige Anzahl von Zeiteinheiten
tion im Prinzip jederzeit Zugriff zum Medium hat. gewartet wird, deren Mittelwert exponentiell mit der
Das Verfahren funktioniert wie folgt: Zahl der erlittenen Kollisionen (für den gleichen
Eine sendewillige Station hört zunächst das Medium Datenblock) steigt.
ab. Wenn das Medium frei ist, beginnt sie mit der Die vorgenannte Zeiteinheit, Slot Time genannt, spielt
Übertragung, ansonsten wartet sie, bis das Medium eine wichtige Rolle und manifestiert die Laufzeitab-
frei wird. hängigkeit des CSMA/CD-Verfahrens:
682 Datentechnik

Damit eine sendende Station eine auftretende Kolli- und deutet an, daß die Übertragungsgeschwindigkeit
sion sicher erkennen kann, darf die Übertragung nicht von 100 Mbps auf relativ einfachen (Fernsprech-)Ka-
beendet sein, bevor das JAM-Signal die Station errei- beln, wie sie für 10Base-T erforderlich sind, realisiert
chen kann, d.h. die Dauer einer Übertragung muß min- wird. Die Bezeichnung ,AnyLAN‘ weist darauf hin,
destens das Doppelte der Signallaufzeit zwischen den daß diese Variante von den möglichen Netzstrukturen
an der Kollision beteiligten Stationen betragen. Dies und von den unterstützten Frame-Formaten her als
muß auch für die Stationen maximaler Entfernung Aufstiegspfad sowohl für Ethernet- wie auch für
gelten, so daß dieser Wert (die Slot Time) bei gegebe- Token-Ring-Installationen geeignet ist (allerdings
ner Spezifikation der Kabel und des maximalen Netz- nicht gleichzeitig, d.h. es können in einem Netz ent-
ausbaus eine Konstante ist; der durch den Standard weder Ethernet-Frames oder Token-Ring-Frames
festgelegte Wert beträgt 51,2 ms. Bei einer Übertra- transportiert werden).
gungsgeschwindigkeit von 10 Mbps ergibt sich daraus Da man sich bei IEEE nicht auf einen der beiden
eine Mindestlänge von 512 Bits (= 64 Bytes) für einen Vorschläge einigen konnte, wurden 1995 beide stan-
zu übertragenden Datenblock (ethernet frame). dardisiert (ein Armutszeugnis für ein Stan-
Aufgrund dieser Gegebenheiten besteht beim Ether- dardisierungsgremium!). Die (technisch überlegene)
net ein kritischer Zusammenhang zwischen den Variante 100Base-VG konnte sich am Markt aber
Netzparametern Netzausdehnung, Blockgröße und nicht durchsetzten.
Übertragungsgeschwindigkeit, so daß – wenn z.B. die 1998/1999 wurde in einem weiteren Entwicklungs-
Übertragungsgeschwindigkeit erhöht wird – entweder schritt Gigabit-Ethernet in mehreren Varianten (Be-
die minimale Blockgröße um den gleichen Faktor zeichnung: 1000Base-xx) standardisiert. 2002 wurden
erhöht oder die maximale Netzausdehnung um den dann als bisher letzte Entwicklungsstufe erste Stan-
gleichen Faktor verkleinert werden muß. dards für ein 10-Gbps-Ethernet (10GBase-xx) in
Eine weitere negative Eigenschaft des CSMA-CD- mehreren Varianten für unterschiedliche Entfer-
Verfahrens ist die Instabilität. Diese bewirkt, daß bei nungen und LWL-Typen verabschiedet. Während für
hoher Last (hervorgerufen durch viele Übertragungs- Gigabit-Ethernet noch eine Shared-Medium-Variante
anforderungen, allg. vom Typ Poisson) die Zahl der entwickelt wurde, die größere strukturelle Ergänzun-
Kollisionen steigt und damit der Durchsatz abnimmt, gen erforderte, um die im Standard für Gebäudever-
so daß in der Konsequenz die Nutzdatenrate eines kabelung geforderte Entfernung von 100 m überbrü-
Ethernets nur etwa 40 – 50% der Nenndatenrate von cken zu können, wird es eine solche für 10G-Ethernet
10 Mbps beträgt. nicht mehr geben. Generell geht die Entwicklung zum
Seit der Festlegung des ursprünglichen Standards hat Ethernet-Switching (auch als Vollduplex-Variante
es eine Reihe von Fortschreibungen gegeben. Dies bezeichnet), bei dem im zentralen Punkt des Verkabe-
betrifft zunächst die Anpassung an eine andere Infra- lungssterns ein Switch die Ethernet-Frames vermit-
struktur. Entsprechend dem allgemeinen Trend (in- telt. Hierbei wirken sich die Nachteile des Ethernet-
zwischen ein internationaler Standard für die Gebäu- Zugriffsverfahrens nicht aus, weil es kein gemeinsam
deverkabelung) hin zur Sterntopologie, basierend auf genutztes Medium mehr gibt und deshalb überhaupt
Kupferdoppeladern (twisted pair) oder Glasfasern kein spezielles Zugriffsverfahren benötigt wird.
(optical fiber), wurden neue Varianten spezifiziert, Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Switching
die die Kurzbezeichnungen 10Base-T (10 steht für im allgemeinen und Ethernet-Switching im besonde-
10 Mbps Übertragungsgeschwindigkeit, Base für ren ist die Existenz einer Sternverkabelung, wie sie der
Basisbandtechnik und T für Twisted Pair) und Standard für die Gebäudeverkabelung vorschreibt.
10Base-F (F für Fiber) tragen.
Neuere Entwicklungen, die unter der Bezeichnung 3.2 Token-Ring
,Fast Ethernet‘ laufen, haben die Erhöhung der Über- Wie alle Ringe kann der Token-Ring als eine ge-
tragungsgeschwindigkeit auf 100 Mbps zum Inhalt. schlossene Kette von gerichteten Punkt-zu-Punkt-
Hiervon gibt es – völlig überflüssigerweise – gleich Verbindungen betrachtet werden; die Stationen sind
zwei Varianten. Die eine basiert auf dem CSMA/CD- über einen Datenweg verbunden, der in Basisband-
Verfahren (weshalb sie auch unter der Bezeichnung technik unidirektional betrieben wird. Jede Station
IEEE 802.3 läuft) und trägt die Bezeichnung empfängt die auf dem Ring befindliche Information,
100Base-TX bzw. 100Base-FX für Twisted Pair bzw. interpretiert die Kontrollinformation, regeneriert die
Fiber. Nach den oben dargelegten Zusammenhängen Signale und leitet sie zur nächsten Station weiter. Die
ist mit der Erhöhung der Übertragungsgeschwindig- Auslegung der Netzstationen als aktive Elemente hat
keit um den Faktor 10 eine Verkleinerung der Netz- den Vorteil, daß sowohl hinsichtlich der Zahl der
ausdehnung um den gleichen Faktor (auf etwas über angeschlossenen Stationen wie auch der geographi-
200 m) verbunden. schen Ausdehnung große Netze aufgebaut werden
Die zweite Variante (IEEE 802.12) basiert auf einem können; sie hat den Nachteil, daß – wenn nicht andere
neuen, als Demand Priority bezeichneten Zugriffsver- Vorkehrungen getroffen werden – der Ausfall einer
fahren. Die Kurzbezeichnung ist 100Base-VG oder einzigen Station die Funktionsunfähigkeit des gesam-
auch 100VG-AnyLAN. ,VG‘ steht für Voice Grade ten Rings zur Folge hat.
VI Datenkommunikation 683

Empfänger Sender

Bild VI-5
Datenfluß im Token-Ring

Ringleitungsverteiler

Adapter Adapter Adapter


Bild VI-6
Stern-Ring-Verbindung über
Endgerät Endgerät Endgerät Ringleitungsverteiler
(schematische Darst.)

Der Token (die Sendeberechtigung) kreist im Nor- Der Token-Ring ist ein Ring, der auf einer physikali-
malfall im Ring. Eine sendewillige Station muß schen Sterntopologie realisiert wird, indem benach-
warten, bis sie den Token (free token) erhält; dessen barte Ringstationen über eine zentrale Einheit, den
Status wandelt sie in ,besetzt‘ (busy token) und über- Ringleitungsverteiler, miteinander verbunden werden.
trägt den anstehenden Datenblock. Die adressierte Eine Token-Ring-Installation besteht aus ringförmig
Station übernimmt die Daten, leitet sie aber gleichzei- verbundenen Ringleitungsverteilern, an die die Teil-
tig weiter durch den Ring (Bild VI-5). Es ist die nehmerstationen, bestehend aus Token-Ring-Adapter
Aufgabe der sendenden Station, den Informations- plus Endgerät (typischerweise ein Rechner) über
rahmen wieder vom Ring zu entfernen, wenn dieser Anschlußkabel (drop cable, lobe) angeschlossen sind
den Ring umrundet hat. Anschließend generiert die (Bild VI-6). An einen Token-Ring können maximal
Absenderstation einen neuen (freien) Token und 200 Stationen angeschlossen werden; die Übertra-
sendet ihn zur Nachbarstation. gungsgeschwindigkeit beträgt 4 Mbps oder 16 Mbps
Da es im Token-Ring eine natürliche Reihenfolge der (aber nicht gemischt). Die zulässige Entfernung
Stationen gibt, brauchen die Stationen, wenn sie zwischen einer Station und dem Ringleitungsverteiler
einen Informationsrahmen senden oder weiterleiten, ist abhängig von der Datenrate und der Kabelqualität;
die Nachbarstation nicht explizit zu adressieren. sie beträgt aber mindestens die im Verkabelungsstan-
Dadurch ist die minimale Länge eines Rahmens sehr dard geforderten 100 m. Die Verbindung der Teil-
kurz; dies trifft insbesondere zu für den Token Frame nehmerstationen über ein zentrales Element hat den
(das ist der Rahmen, der im Ring kreist, wenn keine Vorteil, daß bei Ausfall einer Station oder Unterbre-
Nutzinformation zu übertragen ist); seine Länge chung der Verbindungsleitung dieser Anschluß im
beträgt gemäß Token-Ring-Standard 24 Bits. Ringleitungsverteiler kurzgeschlossen werden kann,
Die Laufzeitabhängigkeit des Token-Verfahrens re- so daß die Kommunikation zwischen den verbleiben-
sultiert daraus, daß eine sendewillige Station in jedem den Stationen ungestört stattfinden kann. Die Über-
Falle – also auch, wenn keine andere Station sendet brückung an zentraler Stelle hat überdies den Vorteil,
oder senden will – warten muß, bis sie in Besitz des daß selbst bei Ausfall mehrerer benachbarter Statio-
Token gelangt, was um so länger dauert, je größer der nen die Entfernung zwischen den verbleibenden Ring-
Ring ist. Nach der Übertragung eines Datenblocks stationen praktisch unverändert bleibt, was andernfalls
muß sie den Token wieder freigeben und warten bis übertragungstechnische Probleme bereiten könnte.
der Token den Ring umrundet hat und wieder zu ihr Es gibt keine Weiterentwicklung des Token-Ring-
gelangt, bevor sie einen weiteren Datenblock übertra- Standards und damit keine Zukunft für den Token-
gen darf. Ring.
684 Datentechnik

FDDI (Fiber Distributed Data Interface, ISO 9314) im ISDN auch zwischen Endteilnehmer und Ortsver-
ist im Grunde genommen ein an die höhere Übertra- mittlungsstelle. Der unabhängige Signalisierungska-
gungsgeschwindigkeit (100 Mbps) und die größere nal erlaubt Leistungsmerkmale, die im Fernsprech-
Ringausdehnung (max. 200 km) angepaßte Variante netz nicht möglich sind, etwa die Anzeige eines
des Token-Rings. FDDI war das erste der sogenann- weiteren Verbindungswunsches (mit Anzeige der
ten High-speed-LANs, das standardisiert wurde. Rufnummer des rufenden Teilnehmers) während
Hinsichtlich der Zukunftsperspektiven gilt die gleiche einer bestehenden Verbindung.
Aussage wie für den Token-Ring: FDDI hat keine Die leitungsvermittelten Nutzkanäle im ISDN (als B
Chance gegen die modernen Ethernet-Varianten. (Basis)-Kanäle bezeichnet) sind – abgesehen davon,
daß ihre Datenrate aufgrund der Erfordernisse PCM-
3.3 ISDN
Analoge Endst. Dig. OVSt Digitale Fernvermittlungsstellen Dig. OVSt Analoge Endst.

A D A A

A A D A

NT DIVO DIVF DIVF DIVO NT


D D
S0 S0

NT NT
D D
S0 S0
Digitale Endstellen Digitale Endstellen
Zentraler Signalisierungskanal

Bild VI-7 Prinzipdarstellung des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes

Das ISDN (Integrated Services Digital Network) codierter Sprache (8 kHz Sampling Rate, 8-Bit-
entsteht aus dem digitalen Fernsprechnetz. Die Digi- Auflösung) 64 kbps beträgt – nicht dienstspezifisch.
talisierung des Fernsprechnetzes (in Deutschland Für den Teilnehmeranschluß sind zwei Kanalstruktu-
Ende 1997 abgeschlossen) beinhaltet die Digitalisie- ren spezifiziert:
rung der Vermittlungseinrichtungen und der Verbin-
B + B + D16 Basisanschluß (Basic Access, BA)
dungen zwischen diesen. Beim Teilnehmer gibt es
keine Veränderung, d.h. die Endgeräte (Fernsprech- 30 × B + D64 Primärmultiplexanschluß
apparate, Faxgeräte) bleiben analog, so daß auch die (Primary Rate Access, PRA)
Teilnehmeranschlußleitung weiter in analoger Tech-
nik betrieben werden muß. Dazu ist an der digitalen D16 beziehungsweise D64 bezeichnen einen paketver-
Ortsvermittlungsstelle (DIVO) eine Digital-/Analog- mittelten 16- bzw. 64-kbps-Signalisierungskanal.
wandlung erforderlich. Beim ISDN wird auch der Beim Basisanschluß stehen dem Teilnehmer somit
Teilnehmeranschluß (Endgerät + Leitung) digitali- zwei unabhängig vermittelbare 64-kbps-Basiskanäle
siert, so daß durchgehende digitale Verbindungen von und ein 16-kbps-Signalisierungskanal, also eine
Teilnehmer zu Teilnehmer möglich sind. Das ISDN Nettobitrate von 144 kbps, zur Verfügung. Beim
ist vollständig durch ITU-T standardisiert, und die Primärmultiplexanschluß (geeignet für größere Unter-
Empfehlungen werden, die Bedeutung des ISDN nehmen) steht eine Nettobitrate von 1,984 Mbps zur
unterstreichend, in einer eigenen Serie, der I-Serie, Verfügung. Es können auch mehrere Basiskanäle
herausgegeben. zwischen den gleichen Endstellen vermittelt werden
Neu im digitalen Fernsprechnetz und notwendige und so Verbindungen höherer Leistung (N × 64 kbps,
Voraussetzung vieler fortschrittlicher Funktionen im N > 1) realisiert werden.
ISDN ist der zentrale Signalisierungskanal, über den Die D-Kanäle dienen vorrangig der Signalisierung,
unabhängig von den Nutzkanälen Kontrollnachrich- können aber auch für niederratige paketorientierte
ten zwischen den Vermittlungseinrichtungen ausge- Datenübertragungen genutzt werden.
tauscht werden. Im Gegensatz zu den Nutzkanälen, Die physikalischen Schnittstellen eines Basisan-
die leitungsvermittelt sind, ist der Signalisierungska- schlusses sind in Bild VI-8 dargestellt.
nal als Verbindung zwischen DV-Anlagen (was die Von besonderer Bedeutung ist der Netzabschluß NT
Vermittlungseinrichtungen de facto sind) paketver- (Network Termination), der die Schnittstelle zwi-
mittelt. Einen unabhängigen Signalisierungskanal schen Teilnehmer und Telekom bildet und dem
(Outband-Signalisierung) gibt es mit dem D-Kanal Teilnehmer die bus-fähige S0-Schnittstelle zur Verfü-
VI Datenkommunikation 685

R S0 U V

TE 1 NT LT ET

ISDN-DIVO
TE 2 TA

ET - Exchange Termination (Vermittlungsabschluß)


LT - Line Termination (Leitungsabschluß)
NT - Network Termination (Netzabschluß)
TA - Terminal Adapter (Endgeräteanpassung)
TE 1 - Terminal Equipment Type 1 (ISDN-fähiges Endgerät)
TE 2 - Terminal Equipment Type 2 (herkömmliches Endgerät)
U - Leitungsschnittstelle der Teilnehmeranschlußleitung
S0 - Teilnehmer schnittstelle zum Anschluß ISDN-fähiger Endgeräte

Bild VI-8 Physikalische Schnittstellen des ISDN-Basisanschlusses

gung stellt. Der S0-Bus kann 200 m lang sein, und bis (B-ISDN) von Anfang an geplant gewesen. Das
zu acht unterschiedliche Endgeräte können daran Breitband-ISDN ist eine Weiterentwicklung des
angeschlossen werden. Der Netzabschluß NT besitzt heutigen (Schmalband-)ISDN, d.h. grundsätzliche
keine Vermittlungsfunktion, d.h., wenn zwischen konzeptionelle Unterschiede gibt es nicht, insbeson-
zwei Fernsprechapparaten an einem S0-Bus eine Ver- dere nicht, was den Stationsaufbau und die Prinzipien
bindung hergestellt wird, so geschieht dies (gebüh- des Teilnehmerzugangs und der Signalisierung an-
renpflichtig!) über die Ortsvermittlungsstelle. geht. Als Netztechnik des B-ISDN wurde ATM
S0-fähige digitale Endgeräte können direkt ange- (Asynchronous Transfer Mode) durch ITU-T festge-
schlossen werden. Wenn Geräte mit anderen Schnitt- schrieben.
stellen (etwa herkömmliche analoge Fernsprechappa- Ein ATM-Netz ist universell einsetzbar, da es sowohl
rate) angeschlossen werden sollen, so kann dies über isochronen als auch asynchronen Verkehr tragen
einen Terminal Adapter (TA) geschehen, der netzsei- kann und eine dynamische Zuordnung von Band-
tig über eine S0-Schnittstelle verfügt und benutzersei- breiten gestattet. Insbesondere diese letzte Eigen-
tig (R-Bezugspunkt) die für das anzuschließende schaft war für die Entscheidung zugunsten von ATM
Gerät erforderliche Schnittstelle besitzt. Der TA muß bedeutsam, da sich die Mitglieder der Standardisie-
gegebenenfalls eine Datenratenanpassung vornehmen rungsgremien gleich zu Anfang nicht auf die Festle-
und – was aufwendig sein kann – die jeweiligen gung einer Kanalstruktur und der Bandbreiten (was
Signalisierungen aufeinander abbilden. für ein leitungsvermittelndes Netz unabdingbar
Das heute angebotene ISDN ist das sogenannte EU- ist) für das Breitband-ISDN einigen konnten. Dies
RO-ISDN. Im Gegensatz zu den ersten ISDN- war nicht die Folge eines mangelnden Einigungs-
Realisierungen (auch der Deutschen Telekom), die willens, sondern unterstreicht die objektive Unmög-
auf den noch unvollständigen ITU-T-Standards von lichkeit, eine derartige Festlegung (und damit Fest-
1984 aufbauten, basiert das EURO-ISDN auf den schreibung auf Dauer) in sachgerechter Weise treffen
ITU-T-Empfehlungen von 1988. Beim EURO-ISDN zu können, da niemand in der Lage ist, eine ernstzu-
haben sich die europäischen Telekom-Verwaltungen nehmende Prognose zu stellen, welche Datenraten
auf ein einheitliches (Mindest-)Angebot an Diensten für welche Dienste in 15 oder 20 Jahren benötigt
und Leistungsmerkmalen verpflichtet, die somit grenz- werden.
überschreitend europaweit genutzt werden können. Zunächst einige charakterisierende Merkmale des
ATM-Verfahrens in Stichworten:
3.4 Breitband-ISDN (ATM-Technik) ATM ist ein sogenanntes Fast Packet Switching-
Das ISDN ist insofern noch kein wirklich universelles Verfahren, auch als Cell Switching (Zellvermittlung)
Netz als es durch die Beschränkung auf 64 kbps bzw. bezeichnet. Hierbei wird der Informationsstrom in
geringe Vielfache davon als Trägersystem für breit- kleine Pakete fester Länge und Struktur (Zellen) von
bandige Kommunikationsdienste nicht geeignet ist. 53 Bytes (5 Bytes Header (Zellkopf) und 48 Bytes
Bei ITU wie auch bei der Deutschen Telekom und Payload (Nutzinformation)) unterteilt.
anderen Fernmeldeverwaltungen ist deshalb die ATM basiert somit auf Vermittlungstechnik, und die
Weiterentwicklung des ISDN zum Breitband-ISDN Basistopologie eines ATM-Netzes ist der Stern.
686 Datentechnik

Die Zellen sind für alle Kommunikationsdienste einem UNI kann sich auch ein (privates) ATM-Netz,
gleich, d.h. beliebige Verkehrsströme werden voll- bestehend aus privaten ATM-Vermittlungseinrich-
kommen transparent übertragen. tungen mit daran angeschlossenen Endeinrichtungen
Die einfache Zellstruktur erlaubt eine hardware-gesteu- (CPE = Customer Premises Equipment), verbergen.
erte Zellvermittlung, was bei den hohen Geschwin-
digkeiten in ATM-Netzen auch notwendig ist.
Die ATM-Spezifikationen beziehen sich auf die
Schichten 1 und 2 des OSI-Referenzmodells. Die Über- P
l
tragungstechnik selbst ist nicht Bestandteil der ATM- L a
a n
Spezifikation durch ITU-T, d.h. ATM kann auf jedem y e
e
ausreichend fehlerfreien Übertragungsweg betrieben r M
Higher Higher a
werden. Im öffentlichen Bereich ist dies vor allem M n
Layers Layers a a
die synchrone Übertragungshierarchie SDH (Syn- n g
a e
chronous Digital Hierarchy) mit den Übertragungs- ATM Adaption Layer (AAL) g m
e e
geschwindigkeiten 155,52 Mbps und 622,08 Mbps. m n
e t
Im Teilnehmerzugangsbereich werden auch niedri- n
ATM Layer t
gere Geschwindigkeiten angeboten (ab 2 Mbps).
Wenn die ATM-Technik ihren Ursprung auch im
öffentlichen Bereich hat (als Vermittlungs- und Physical Layer (PL)
Multiplextechnik des Breitband-ISDN), so ist sie
doch auch in privaten und lokalen Netzen einsetzbar, Bild VI-10 Protokoll-Referenzmodell des
so daß sich erstmals die Perspektive einer einheit- Breitband-ISDN
lichen Technik für alle Bereiche abzeichnet.
Für den Einsatz im lokalen Bereich sind weitere
Übertragungssysteme und -geschwindigkeiten defi- Das Protokoll-Referenzmodell des Breitband-ISDN
niert, teilweise von ITU-T, zum größeren Teil vom (Bild VI-10) zeigt die bei ITU-T übliche (und vom
ATM-Forum (eine Vereinigung der wichtigsten OSI-Referenzmodell abweichende) Zweiteilung in
Computer- und Telekommunikationsfirmen sowie eine User Plane und eine Control Plane, wobei die in
von Netzbetreibern mit dem Ziel, die Standardisie- der Control Plane verwendeten Protokolle Erweite-
rung und Verbreitung von ATM voranzutreiben). Im rungen der für das Schmalband-ISDN spezifizierten
lokalen Bereich sind 155-Mbps-Anschlüsse verbrei- Protokolle sind.
tet, und es zeichnet sich ab, daß 622 Mbps im Back- Die ATM-Spezifikation umfaßt drei Schichten. Kern
bone-Bereich genutzt werden wird. ist die mittlere Schicht (ATM Layer), die für das
Grundsätzlich hat ein ATM-Netz die in Bild VI-9 Vermitteln und Multiplexen von ATM-Zellen, d.h.
gezeigte Struktur. für den Transport der Zellen durch das Netz, zustän-

NNI - Network Node Interface


UNI - User Network Interface
ATM ATM
UNI NNI UNI
ATM ATM
Switch Switch

ATM
NNI Switch NNI

UNI
NNI

Customer Premises Equipment Bild VI-9


(CPE) Struktur eines ATM-Netzes

Die ATM-Vermittlungseinrichtungen (Switches) bil- dig ist. Der darüber angesiedelten AAL-Schicht
den ein vermaschtes Netz; sie kommunizieren über (ATM Adaption Layer) obliegt die Anpassung an
eine Network Node Interface (NNI) genannte Schnitt- die höheren Schichten (Anpassung der verschie-
stelle miteinander. Über die UNI-Schnittstelle (User denartigen Informationsströme an die Gegebenhei-
Network Interface) können ATM-fähige Endgeräte an ten des ATM-Netzes), während die darunterliegende
die Vermittlungen angeschlossen werden. Hinter PL-Schicht (Physical Layer) die Anpassung an das
VI Datenkommunikation 687

eigentliche Übertragungssystem übernimmt, das daten (Payload) gibt es auf der ATM-Ebene keinen
selbst nicht Bestandteil der ATM-Spezifikation ist. Fehlerschutz; für diese Daten ist der Fehlerschutz
Neben der Benutzerebene, die für den Transport der dienstabhängig auf den höheren Schichten zu organi-
Nutzdaten zuständig ist, sind noch die Steuerebene sieren.
(Control Plane) und die Managementebene (Manage- ATM arbeitet verbindungsorientiert, d.h. zwischen
ment Plane) definiert. Alle Ebenen benutzen für die den Kommunikationspartnern muß eine virtuelle
Durchführung ihrer Funktionen das darunterliegende Verbindung (VCC = Virtual Channel Connection)
ATM-Netz. aufgebaut werden, bevor Daten ausgetauscht werden
Die Steuerebene ist für Aufbau und Abbau von Ver- können.
bindungen sowie deren Überwachung während ihres Eine virtuelle Verbindung ist nicht nur durch ihre
Bestehens zuständig. Da ATM verbindungsorientiert Endpunkte (Sender- und Empfängeradresse) charak-
arbeitet, muß durch einen Signalisierungsvorgang auf terisiert, sondern auch durch Eigenschaften und
der Steuerebene zunächst eine Verbindung aufgebaut Leistungsmerkmale, die als Dienstgüte (Quality of
werden, bevor Benutzerdaten fließen können. Service, QoS) bezeichnet und beim Verbindungsauf-
Die Managementebene umfaßt zwei Funktionen: Ebe- bau zwischen dem Teilnehmer und dem Netz ausge-
nenmanagement (Plane Management) und Schich- handelt werden und deren Einhaltung durch das Netz
tenmanagement (Layer Management). garantiert wird. ATM-Zelle Network Interface
Physical Layer ATM Adaption Layer (AAL)
Die Aufgabe der physikalischen Schicht ist es, ATM-
Zellen an die Gegebenheiten des Übertragungssy- Packet CBR VBR
stems anzupassen und zu übertragen. Die Dienste, die
die physikalische Schicht der darüberliegenden
ATM-Schicht bietet, nämlich den Transport gültiger
Zellen und die Bereitstellung von Timing-Information
(wird unter Umständen von Diensten höherer Schich-
ten benötigt), sind unabhängig vom Übertragungs-
system, d.h. die Eigenschaften des Übertragungs-
systems bleiben der ATM-Schicht verborgen, die
ausschließlich auf der Basis von ATM-Zellen arbei-
tet.
ATM-Layer
Die ATM-Schicht erbringt die Kernfunktionen eines
ATM-Netzes: das Vermitteln und Multiplexen von
AAL
Zellen. Dies geschieht auf der Basis der im Zellkopf
enthaltenen Informationen (Bild VI-11). Auf zwei der
Felder soll hier kurz eingegangen werden:
Virtual Channel Identifier (VCI), Virtual Path Identi-
fier (VPI) ATM-
Z ellen
Die in Vermittlungseinrichtungen (Switches) für das
Vermitteln von ATM-Zellen benötigte Information ist
in den VCI- und VPI-Feldern enthalten. Die VCI-
und VPI-Werte sind keine Adressen, sondern Ken-
nungen (Labels), die für das Routing benutzt werden
und nur innerhalb des ATM-Netzes von Bedeutung Bild VI-12 Funktionsprinzip der AAL-Schicht
sind.
Die Aufgaben der Anpassungsschicht sind die dienst-
Header Error Control (HEC) gerechte Aufbereitung der Nutzinformation sowie die
Schützt nur die Header-Information. Einbit-Fehler Zerlegung in Zellen auf Senderseite, die Extraktion
können korrigiert werden, Mehrbit-Fehler werden der Nutzinformation und deren (zeitgerechte) Weiter-
erkannt, fehlerhafte Zellen verworfen. Für die Nutz- gabe auf Empfängerseite und die Bereitstellung

5 Octets 48 Octets

Header Payload

Bild VI-11
GFC VPI VCI PT CLP HEC Struktur der ATM-Zelle am User
4 8 16 3 1 8 Bits Network Interface
688 Datentechnik

und Auswertung der erforderlichen Steuer- und mit maximaler Rate. Wenn in der Folge Überlast-
Management-Funktionen. probleme in Netzknoten auftreten, werden die Zellen
Die AAL-Schicht regelt den Netzzugang. Die Festle- solcher UBR-Verbindungen verworfen. Diese Vor-
gung von Dienstgüteparametern und deren Überwa- gehensweise funktioniert nur unter der Prämisse, dass
chung sowie Flußkontrollfunktionen sind Aufgaben aufgrund der Gesamtkonstellation Überlastsituationen
des Netzzugangs. in Netzknoten seltene Ereignisse sind.
Es ist die AAL-Schicht, die einem ATM-Netz die
Flexibilität verleiht, die unterschiedlichsten Dienste ABR (Available Bitrate) für asynchronen Verkehr
zu transportieren. variabler Bitrate.
Die AAL-Schicht stellt folgende Verbindungsklassen
zur Verfügung: Im Grundsatz hat ABR die gleiche Zielsetzung wie
UBR, nämlich die für isochronen Verkehr nicht
CBR (Constant Bitrate) für isochronen Verkehr benötigte Bandbreite für asynchronen Verkehr zu
fester Bitrate. Dieser ist optimal geeignet für Anwen- nutzen. Dies geschieht hierbei jedoch nicht im freien
dungen, die einen permanenten Informationsstrom Spiel der Kräfte, wobei jeder Teilnehmer maximalen
fester Rate erzeugen. Dazu zählen klassische Audio- Durchsatz anstrebt und die Begrenzung durch Über-
oder Videoanwendungen. lastreaktionen des Netzes realisiert wird, sondern
Für eine CBR-Verbindung ist die maximale Bitrate durch Hinzufügen eines Flusskontrollmechanismus
(peak cell rate) frei wählbar. (flow control, congestion control). Dies ist ein Regel-
kreis, über den die Zugangsrate beim Sender so
Realtime VBR (Variable Bitrate) für isochronen gesteuert werden soll, dass weder der Empfänger
Verkehr variabler Bitrate. Solcher Verkehr entsteht noch Zwischenknoten (das Netz) überlastet werden,
bei der Anwendung von Kompressionsalgorithmen also Zellverluste vermieden werden.
auf Video- und Audiosignale. Diese Klasse ist ohne Im öffentlichen Bereich ist die ATM-Technik im
Vorbild, da bisher kein Netz in der Lage war, solchen Breitband-ISDN etabliert, das in Deutschland von der
Verkehr adäquat (effizient) zu übertragen. Deutschen Telekom nach einer Pilotphase seit 1997
als regulärer Dienst angeboten wird. Für den priva-
UBR (Unspecified Bitrate) für asynchronen Verkehr ten/lokalen Bereich ist die Technik ebenfalls verfüg-
variabler Bitrate. Hierüber kann asynchroner (paket- bar, konkurriert hier aber mit den modernen Ether-
orientierter) Verkehr ohne Service-Garantien übertra- net-Varianten, die funktional unterlegen, dafür aber
gen werden. UBR-Verkehr soll die durch die vorher deutlich billiger sind. Aus diesem Grunde kommt die
beschriebenen Verbindungsklassen (CBR und Real- ATM-Technik hier zur Zeit überwiegend im Back-
time-VBR) nicht belegte Bandbreite im freien Spiel bone-Bereich und bei Anwendungen mit besonders
der Kräfte nutzen. Dabei baut ein Sender eine UBR- hohen Anforderungen an die Isochronität (z.B. Multi-
Verbindung ohne QoS-Angaben auf und sendet dann media) zum Einsatz.

Literatur
Bandwidth cell loss
1 [1] Conrads, D.: Telekommunikation. 5., überarbei-
tete und erweiterte Auflage, Vieweg, 2004.
ABR [2] Kanbach, A., Körber, A.: ISDN. Die Technik.
Schnittstellen, Protokolle, Dienste, Endsysteme.
3., neubarbeitete und stark erweiterte Auflage.
Hüthig, 1998.
VBR [3] Kauffels, F.-J.: Lokale Netze. 2 Bde., mitp,
2003.
CBR [4] Siegmund, G.: ATM – Die Technik. 4., völlig
neu bearbeitete Auflage, Hüthig, 2003.
Time [5] Siegmund, G.: Technik der Netze. 5., völlig neu
bearbeitete und erweiterte Auflage, Hüthig,
Bild VI-13 ATM-Verbindungsklassen 2002.
689

Automatisierungstechnik

1 Einführung de Wirkungsablauf findet in einem geschlossenen


Kreis, dem Regelkreis, statt. Programmierbare Auto-
Automatisierung: Reale Aufgaben der Automatisie- matisierungsgeräte können die Aufgaben des Steu-
rungstechnik sind im Allgemeinen sehr komplex. Als erns und Regelns ausführen, denn beide Funktionen
umfassender Ausdruck für Steuerungs-, Regelungs- beruhen auf Programmen unter Verwendung dessel-
und Visualisierungs-Vorgänge hat sich der Begriff ben Operationsvorrates.
der Automatisierung durchgesetzt. Er beinhaltet, dass
Automatisierungsgeräte selbsttätig Programme befol-
gen und dabei Entscheidungen auf Grund vorgegebe- 2 Automatisierungsgeräte
ner Führungsgrößen und rückgeführter Prozessgrößen
aus der Anlage sowie erforderlicher Daten aus inter- Die derzeit am weitesten verbreitete Hardware-
nen Speichern des Systems treffen, um daraus not- Plattform der Steuerungstechnik ist die Speicherpro-
wendige Ausgangsgrößen für den Betriebsprozess zu grammierbare Steuerung SPS, wie sie in Bild 1
bilden. abgebildet ist, dort jedoch ohne den heute schon
Steuerung: Steuern oder Steuerung wird als Ablauf üblichen Anschluss an ein Feldbussystem zur Vernet-
in einem System definiert, bei dem eine oder mehrere zung mit anderen Steuerungskomponenten.
Eingangsgrößen andere Größen als Ausgangsgrößen Eine Speicherprogrammierbare Steuerung hat die
aufgrund der dem System eigentümlichen Gesetzmä- Struktur eines Rechners, deren Funktion als Pro-
ßigkeiten beeinflussen. Kennzeichen für das Steuern gramm gespeichert ist. Sie besteht im einfachsten Fall
ist der offene Wirkungsablauf über der Steuerstrecke. aus einer Stromversorgung PS, einem Steuerungspro-
Eine Steuerung liegt also vor, wenn Eingangsgrößen zessor CPU, einigen zentralen digitalen Eingabe- und
nach einer festgelegten Gesetzmäßigkeit Ausgangs- Ausgabebaugruppen sowie einem internen Bussys-
größen beeinflussen. Die Auswirkung einer nicht tem. Bei Bedarf können auch Baugruppen zur Ana-
vorhersehbaren Störgröße wird nicht ausgeglichen. logwertverarbeitung oder für besondere Funktionen
Regelung: Immer dann, wenn Störgrößenänderungen wie Regler, schnelle Zähler und Positionierungen
das System nicht hinnehmbar beeinflussen können, hinzukommen. Die Peripheriebaugruppen und die
werden Regelungen erforderlich. Die Regelgröße Programmiersprachen sind auf die Belange der Steue-
(Aufgabengröße) muss sich messtechnisch erfassen rungstechnik ausgerichtet. Speicherprogrammierbare
lassen, denn eine Regelung ist ein Vorgang, bei dem Steuerungen gibt es als modulare und kompakte
die Regelgröße fortlaufend erfasst, mit der Führungs- Systeme für unterschiedliche Anforderungsniveaus.
größe verglichen und abhängig vom Ergebnis dieses Ein typisches Merkmal von SPS-Steuerungen ist die
Vergleichs im Sinne einer Angleichung an die Füh- zyklische Programmbearbeitung, wie in Bild 2 ange-
rungsgröße beeinflusst wird. Der sich dabei ergeben- deutet.

Strom- Zentraleinheit Signalbaugruppen (SM)


versorgung SF (CPU)
(PS)
DC5V 16DE 16DA 16DE 16DA 2 AE 2 AA
FRCE E 0.0 A 4.0 EW 8 AW 12 PEW PAW
DC24V RUN
320 336
STOP
PUSH .. .. 322 338
EIN
AUS E 0.7 A 4.7
RUN
STOP
MRES
230 V~ E 1.0 A 5.0

.. PG/PC- .. ..
24 V= .. Anschluss
E 1.7 A 5.7

Bild 1 Aufbau einer Speicherprogrammierbaren Steuerung ohne Feldbusanschluss


DE = Digitale Eingänge, DA = Digitale Ausgänge, AE = Analoge Eingänge, AA = Analoge Ausgänge
690 Automatisierungstechnik

Eingänge Zentralbaugruppe (CPU) Ausgänge


Signalzustände
der Eingänge E
Steuerwerk und Taktsystem übernehmen
E0.0 A4.0
Speicher

Zyklische Bearbeitung
Programm
abarbeiten

Anpassung
Anpassung

Akku Zeiten
1. Anweisung
2. Anweisung
Merker Zähler

Letzte Anweisung
E.0.7 Prozess- Prozess-
A4.7
abbild abbild
Eingänge Ausgänge Signalzustände
der Ausgänge A
ausgeben
Schnittstelle zu PG/PC

Bild 2 SPS-Struktur und zyklische Programmbearbeitung

In der Praxis werden nicht mehr ausschließlich SPS- Die Grundzüge dieser SPS-Norm werden in den fol-
basierte Automatisierungssysteme eingesetzt, sondern genden Abschnitten dargelegt und bilden die Voraus-
vernetzte Steuerungssysteme bestehend aus SPSen setzungen dafür, mit einem der SPS-Norm entspre-
und PCs mit unterschiedlichen Aufgaben, wobei die chenden Programmiersystem richtig umgehen zu
SPS mehr prozessnah und der PC mehr übergeordnet können.
und datenverarbeitend genutzt wird. Soll die Steue-
rungsfunktionalität nicht mehr von einer modernen
SPS, sondern von einem PC ausgeführt werden, so 3.1 Programmorganisationskonzept
gibt es diese Lösung als Industrie-PC mit eingebauter Es ist ein hierarchisch gegliedertes System von so
SPS-Karte und zusätzlicher Feldbus-Schnittstelle. In genannten Programmorganisationseinheiten (POE)
Sonderfällen kommt auch eine sog. Soft-SPS-Lösung eingeführt worden, bestehend aus einem Hauptpro-
in Frage, bei der in einem PC die Funktion einer SPS grammtyp (Schlüsselwort: PROGRAM) mit Zugriffs-
softwaremäßig nachgebildet und Steuerungsaufgaben möglichkeit auf SPS-Eingänge/-Ausgänge und zwei
„nebenher“ miterledigt werden. Für die Programmer- Unterprogrammtypen davon einen Typ mit Gedächt-
stellung macht es keinen Unterschied, ob die Hard- nisfunktion (Schlüsselwort: FUNCTION_BLOCK)
ware-Plattform ein PC oder eine SPS ist. und einen Typ ohne Gedächtnisfunktion (Schlüssel-
wort: FUNCTION). Durch dieses Programmorganisa-
tionskonzept in Verbindung mit dem Datentyp- und
3 Grundzüge der SPS-Norm
Variablenkonzept zur Entwicklung strukturierter Pro-
IEC 61131-3 gramme wird die Wiederverwendbarkeit von Bau-
Auch wenn das Programmieren von Steuerungen und steinen bei späteren Anwendungen ermöglicht. Da-
Regelungen noch immer ein sehr individueller Pro- durch ist die neue Anwendungsprogrammierung sehr
zess ist, muss seit Jahren der Standard der SPS- viel anspruchsvoller als die herkömmliche SPS-
Programmier-Norm IEC 61131-3 zu Grunde gelegt Programmierung geworden.
werden, der eine rationellere Programmerstellung und Ein Steuerungsprogramm (Anwenderprogramm) ist
größere Herstellerunabhängigkeit zum Ziel hat. Den eine in Programm-Organisations-Einheiten (POE) ge-
Anwendungsprogrammierern müssen wirksame Mit- gliederte Einheit. Anstelle der unhandlichen Be-
tel an die Hand gegeben werden, um wiederverwend- zeichnung Programmorganisationseinheit wird ver-
bare und damit kostensparende Programme entwi- einfacht auch nur von Bausteinen gesprochen.
ckeln zu können. Die Norm IEC 61131-3 bzw. DIN
EN 61131-3 richtet sich daher in erster Linie an SPS-
Hersteller. Für Anwendungsprogrammierer ist die Programm-Organisationseinheiten
SPS-Norm eher ein Dokument im Hintergrund, denn
sie sind für ihre Arbeit auf ein reales IEC 61131-3
kompatibles Programmier- und SPS-System angewie- Programm Funktionsbaustein Funktion
sen. (P) (FB) (FC)
Automatisierungstechnik 691

Jeder Baustein besteht aus einem Programm: Dieser POE-Typ bildet die oberste
• Deklarationsteil für die Definition aller lokal ver- Hierarchieebene der Programmorganisationseinhei-
wendeten Variablen und einem ten. Die SPS-Norm sieht vor, dass Programme (P) in
• Rumpf für die Anweisungen (Befehle) des aus- Ressourcen (SPS-Systeme) auch instanziiert werden
führbaren Programms. können. Einige SPS-Systeme verwenden den Bau-
steintyp Programm (P) als alleiniges Hauptprogramm
Funktion: Dieser POE-Typ ist geeignet, wenn ein zur Organisation des Anwenderprogramms, dass
Funktionsergebnis ausschließlich aus den Eingangs- aus Funktionen (FC) und Funktionsbausteinen (FB)
variablen des Bausteins zu ermitteln ist und unter besteht. Der Programminhalt eines solchen (Haupt)-
dem Funktionsnamen des Bausteins zur Verfügung Programms besteht dann nur aus Aufrufen der Funk-
gestellt werden soll. Der Aufruf einer Funktion mit tionen und Funktionsbausteine und um deren Ein-
denselben Werten der Eingangsvariablen liefert des- gangs-/Ausgangs-Variablen mit realen SPS-Ein-/Aus-
halb immer denselben Ausgangswert zurück. Die gängen zu verbinden.
SPS-Norm enthält einen Katalog von Standardfunk-
tionen, die in SPS-Systemen zur Verfügung stehen
sollten. Falls eine spezielle Funktion benötigt wird, 3.2 Deklaration von FB-
kann diese vom Anwender selbst erzeugt werden, und FC-Bausteinen
dabei muss jedoch beachtet werden, dass keine inter-
nen Zustandsvariablen deklarierbar sind, da der Anwenderprogramme bestehen immer auch aus sog.
Bausteintyp Funktion dafür keine Speicherfähigkeit abgeleiteten Funktionen (FC) und/oder Funktionsbau-
(Gedächtnis) besitzt. Eine Funktion stellt das Funk- steinen (FB), die erst durch Deklaration und Pro-
tionsergebnis unter dem deklarierten Funktionsnamen grammierung erzeugt werden müssen. Dabei sind
zur Verfügung, sodass keine Ausgangsvariable dekla- Vorschriften zu beachten. Die Deklaration bezieht
riert werden muss. Es ist jedoch zulässig, Funktionen sich auf die Festlegung des Bausteintyps und auf die
mit mehreren Ausgangsvariablen zu bilden. Funktio- Bildung der Außenschnittstelle mit ihren Eingangs-
nen können innerhalb eines Programmzyklus mehr- und Ausgangsvariablen (-parametern) sowie der
fach aufgerufen werden, um mit unterschiedlichen außen nicht erkennbaren bausteininternen Zustands-
Werten der Eingangsvariablen entsprechende Funk- variablen bei Funktionsbausteinen. Die Programmie-
tionsergebnisse zu ermitteln. rung bezieht sich auf den Bausteinrumpf, der die
Funktionsbaustein: Dieser POE-Typ ist geeignet, Steuerungslogik enthalten muss. Deklaration und
wenn aus den Werten von Eingangs- und Ausgangs- Programmierung kann in Textform oder in Grafik
variablen sowie bausteininterner Zustandsvariablen erfolgen.
neue Ergebnisse für eine oder mehrere Ausgangsvari- • Deklaration einer Funktion
ablen ermittelt werden sollen. Alle Werte der Aus- mit dem Funktionsnamen FC 1
gangs- und Zustandsvariablen bleiben von einer
Bearbeitung des Funktionsbausteins bis zur folgenden Bei der Deklaration in Textform sind folgende Ele-
erhalten. Das bedeutet, dass es bei einer erneuten mente zu verwenden:
Bearbeitung des Funktionsbausteins mit den gleichen – das einleitende Schlüsselwort FUNCTION ge-
Werten der Eingangsvariablen zu anderen Ausgangs- folgt vom Funktionsnamen, einem Doppelpunkt
ergebnissen kommen kann. Anschaulich spricht man und dem Datentyp des Funktionswertes,
hier von einem Bausteintyp mit Gedächtnis. Um die – das Konstrukt VAR_INPUT...END VAR, mit
Fähigkeiten eines Funktionsbausteins in einem Pro- dem die Namen und Datentypen der Eingangsva-
gramm auch mehrfach nutzen zu können, ist die sog. riablen der Funktion festlegt werden,
Instanziierung der Funktionsbausteine erforderlich, – das Konstrukt VAR_OUT...END VAR für die
worunter man das Erzeugen einer Kopie (Instanz) des Namen und Datentypen von Ausgangsvariablen,
Bausteines versteht. Jede Instanz muss mit einem – das Konstrukt VAR_IN_OUT...END VAR, das
eigenen Namen versehen werden. Unter dem Instanz- die Namen und Datentypen von Durchgangsvari-
namen werden die jeweils letztgültigen Variablen- ablen der Funktion festlegt,
werte auf entsprechenden Speicherplätzen verwaltet, – falls erforderlich das Konstrukt VAR...END
während das Bausteinprogramm im Original verbleibt VAR, mit dem die Namen und Datentypen von
und dort den Instanzen bei deren Ausführung zur internen temporären Hilfsvariablen festlegt wer-
Verfügung steht. Die SPS-Norm schlägt viele Stan- den können, deren Daten jedoch bei Beendigung
dardfunktionsbausteine vor, die in SPS-Systemen der Funktion verloren gehen,
verfügbar sein sollten. Spezielle Funktionsbausteine – einem Funktionsrumpf mit dem auszuführenden
können vom Anwender selbst erzeugt werden. Auch Programm,
sie unterliegen bei ihrer Anwendung der Instanzen- – das abschließende Schlüsselwort END_FUNC-
bildung. TION.
692 Automatisierungstechnik

 Beispiel 1: Deklaration einer Funktion FC

Allgemein Ausführung in Textform Ausführung in Grafik


FUNCTION FC1 : BOOL ; FUNCTION FC1 : BOOL ; FUNCTION FC1 : BOOL ;
(*Außenschnittstelle*) (*Außenschnittstelle*) (*Außenschnittstelle*)
VAR_INPUT VAR_INPUT
Bezeichner1 : Datentyp ; Start : BOOL ; FC 1
BOOL BOOL
Bezeichner2 : Datentyp ; Ventil : BOOL ; Start
END_VAR END_VAR BOOL
Ventil
(*Funktionsrumpf*) (*Funktionsrumpf*)
Programm (*Funktionsrumpf*)
END_FUNCTION AND
Start FC1 AND
Ventil Start FC1
Ventil
END_FUNCTION
END_FUNCTION

• Deklaration eines Funktionsbausteins – das Konstrukt VAR_IN_OUT...END VAR, das


mit dem Namen FB 1: die Namen und Datentypen von Durchgangsvari-
Die Deklaration eines Anwender-Funktionsbausteins ablen des Funktionsbausteins festlegt, deren Werte
in Textform erfolgt in ähnlicher Weise wie bei der innerhalb des Bausteins durch das Programm ver-
Anwender-Funktion, dabei sind folgende Elemente zu ändert werden dürfen,
verwenden: – das Konstrukt VAR...END VAR, das die Namen
und Datentypen der bausteininternen Zustands-
– das einleitende Schlüsselwort FUNCTION_ variablen des Funktionsbausteins festlegt. Dieses
BLOCK gefolgt vom Funktionsbausteinnamen Konstrukt wird auch verwendet, um im Funk-
ohne einen Datentyp, tionsbaustein eine Instanz eines Standardfunk-
– das Konstrukt VAR_INPUT...END VAR, mit tionsbausteins zu erzeugen,
dem die Namen und Datentypen der Eingangsva- – einen Funktionsbausteinrumpf mit dem auszufüh-
riablen des Funktionsbausteins festlegt werden, renden Programm,
– das Konstrukt VAR_OUTPUT...END VAR, mit – das abschließende Schlüsselwort END_FUNC-
dem die Namen und Datentypen der Ausgangsva- TION_BLOCK.
riablen des Funktionsbausteins deklariert werden
(mehrere Ausgangsvariablen sind zulässig),

 Beispiel 2: Deklaration eines Funktionsbausteins FB

Allgemein Ausführung in Textform Ausführung in Grafik


FUNCTION_BLOCK FB 1 FUNCTION_BLOCK FB 1 FU NCTION_BLOCK FB 1
(*Außenschnittstelle*) (*Außenschnittstelle*) (*Außenschnittstelle*)
VAR_INPUT VAR
Bezeichner_1 : Datentyp ; Start : BOOL ; FB 1
BOOL BOOL
Bezeichner_2 : Datentyp ; Reset : BOOL ; Start Ausg
END_VAR END_VAR BOOL
Reset
VAR_OUTPUT VAR_OUTPUT
Bezeichner_3 : Datentyp ; Ausg : BOOL ;
END_VAR END_VAR
VAR VAR
Bezeichner_4 : Datentyp ; SRO_1 : RS ;
END_VAR END_VAR
(*Funktionsbausteinrumpf*) (*Funktionsbausteinrumpf*) (*Funktionsbausteinrumpf*)
SRO_1 SRO_1
Programm RS RS
Start S Q1 Ausg Start S Q1 Ausg
END_FUNCTION_BLOCK Reset R1 Reset R1
END_FUNCTION_BLOCK END_FUNCTION_BLOCK

3.3 Variablen wendung realer SPS-Eingänge/Ausgänge oder Mer-


ker enthalten. Erst auf der Ebene der Programme (P)
In Funktionen (FC) und Funktionsbausteinen (FB)
sollte die Zuordnung der SPS-Eingänge/Ausgänge/
sollte nur mit symbolischen Variablen programmiert
Zähler/Zeitglieder zu den direkten (realen) Eingangs-
werden, um damit bibliotheksfähige Programme zu
und Ausgangsvariablen erfolgen.
erhalten, die keine Festlegungen bezüglich der Ver-
Automatisierungstechnik 693

Eine Variable ist ein mit einem Namen (Bezeichner) bekannt. Eine Ausnahme von dieser Regel bilden
versehener Speicherplatz, der im Anwenderpro- symbolisch adressierte Globalvariablen, die in allen
gramm als Platzhalter für Daten fungiert, die sich zur Bausteinen der SPS bekannt sind aber nur sparsam
Laufzeit des Programms ändern können. Diese Va- verwendet werden sollten. Bei der Deklaration von
riablen können symbolisch oder direkt adressiert Variablen in Textform sind die in Tabelle 2 angege-
sein. benen Schlüsselwörter zu verwenden. Bei grafischer
Unter Daten sollen hier Informationen aus techni- Deklaration führt das Programmiersystem die An-
schen Anlagen verstanden werden, wie z.B. Messda- wendung dieser Regeln im Hintergrund aus.
ten über Temperaturen, Füllstände, Durchflussmen- Multielement-Variablen enthalten mehrere Daten-
gen, die verarbeitet und gespeichert werden müssen. elemente die in Feldern (Arrays) oder Strukturen
Die Variablen sind die Mittel, um die Daten zu erfas- zusammengefasst sind
sen. Dabei wird für die Variablen ein bestimmter
Datentyp festgelegt. Dieser Datentyp hängt direkt • Feld (Array):
zusammen mit den auf ihn zulässigen Operationen. Ein Feld ist eine Sammlung von Datenelementen des
Einzelelement-Variablen enthalten einzelne Daten- gleichen Datentyps, die durch in eckigen Klammern
elemente mit einfachem Datentyp, die in der Tabel- [ ] angegebene Feldindizes angesprochen werden. Als
le 1 auszugsweise dargestellt und bei der Deklaration Datentyp für Indizes sind z.B. INT, WORD, BYTE,
der Variablen zu berücksichtigen sind. BOOL zulässig. Es gibt eindimensionale und mehr-
Die Deklaration symbolischer Variablen erfolgt im dimensionale Felder.
dafür vorgesehenen Deklarationsteil der Bausteine  Beispiel 3: Eindimensionales Feld
unter einem Namen (Bezeichner) durch Verwendung
(*Deklaration*)
von Schlüsselwörtern wie VAR, VAR_INPUT, VAR
VAR_OUTPUT, VAR_IN_OUT und Angabe eines Tabelle : ARRAY [0...3] OF BYTE :=
Datentyps wie bei der Deklaration der Bausteine FC 16#00, 16#0F, 16#80, 16#FF
und FB bereits gezeigt. Der Speicherort wird durch END_VAR
VAR_OUTPUT
das Betriebssystem automatisch festgelegt. Der Gül- Wert : BYTE ;
tigkeitsbereich einer symbolischen Variablen ist lokal END_VAR
auf den Baustein beschränkt, in dem sie deklariert (*Abfrage*)
wurde, d.h. die Variable ist nur in diesem Baustein Wert := Tabelle [2]

Tabelle 1 Elementare Datentypen


Schlüsselwort Datentyp Größe Schreibweise und Wertebereiche
Bit-Datentypen
BOOL Boolesche Variablen 1 Bit FALSE, TRUE
BYTE Bit-Folge und 8 Bit 16# 0...FF
8 Bit-Hex-Zahlen
WORD Bit-Folge und 16 Bit 16# 0000...FFFF
16 Bit-Hex-Zahlen
DWORD Bit-Folge und 32 Bit 16# 0000_0000...FFFF_FFFF
32 Bit-Hex-Zahlen
CHAR ASCII-Zeichen 8Bit ‘A’
Arithmetiktypen
INT Ganze Zahlen 16 Bit –32768 bis +32767
(Festpunktzahlen)
DINT Ganze Zahlen 32 Bit L# –2147483648 bis +2147483647
(Festpunktzahlen)
REAL Reelle Zahlen 32 Bit Dezimalzahl mit Punkt: 341.7 oder
(Gleitpunktzahlen) Exponentialdarstellung: 3.417 E+02
Zeittypen
TIME Zeitdauer 32 Bit TIME# –24d20h31m bis +24d20h31m
(IEC-Format)
TIME OF DAY Uhrzeit 32 Bit TIME_OF_DAY#23:59:59,9
(Tageszeit)
DATE Datum 16 Bit DATE#1990-01-01
Hinweis: Es existiert kein besonderer Datentyp für BCD-Zahlen (Binär Codierte Dezimalzahlen), diese sind
eine Teilmenge der Hexadezimalzahlen, für die es die Datentypen BYTE, WORD und DWORD gibt.
694 Automatisierungstechnik

Tabelle 2 Schlüsselwörter zur Deklaration von Variablen

Schlüsselwort Bezeichnung und Gebrauch der Variablen


VAR_INPUT ... END_VAR Eingangsvariable: Von außerhalb kommend, nicht innerhalb des
Bausteins änderbar.
VAR_OUTPUT ... END_VAR Ausgangsvariable: Nach außen lieferbar.
VAR_IN_OUT … END_VAR Durchgangsvariable: Von außen kommend, innerhalb des Bausteins
änderbar, nach außen lieferbar.
VAR ... END_VAR Zustandsvariable: Gebrauch nur innerhalb des Bausteines
VAR_GLOBAL ... END_VAR Globalvariable: Globaler Geltungsbereich in SPS
VAR RETAIN Zustandsvariable gepuffert (Remanenzverhalten).
CONSTANT „Konstante Variable“, nicht veränderbar.
AT Zuweisung eines direkten Speicherortes.

• Struktur: Datenelements verwendet, also ein SPS-Eingang/


Eine Struktur ist eine Sammlung von Datenelementen Ausgang oder auch Merker. Zur Unterscheidung der
unterschiedlicher Datentypen. Die Datenelemente direkten Variablen von ihrem Speicherort wird ein
sind in einer Hierarchie geordnet, z.B. Produkt, vorgesetztes Prozentzeichen (%) gefolgt von einem
Version, Seriennummer, Datum. Präfix zur Kennzeichnung des Speicherortes und ein
Präfix für die Speichergröße verwendet, wie in der
Direkte Variablen Tabelle 3 angegeben.
In der obersten Hierarchieebene der Programmorga-
 Beispiel 4: Deklaration einer direkten Variablen
nisationseinheiten steht der Bausteintyp Programm
(P). In diesem Baustein müssen nicht nur die zum Allgemein Ausführung in Textform
Anwenderprogramm gehörenden Funktionsbausteine VAR VAR
(FB) und Funktionen (FC) aufgerufen, sondern auch AT %Operand : Datentyp ; AT %IX4.7 : BOOL ;
die Verbindungen zu den SPS-Eingängen/Ausgängen END_VAR END_VAR
hergestellt werden. Nach den Vorschriften der Norm
IEC 61131-3 sind diese Adressen dem Programm (P) In einer zweiten Variante können zur Erzielung einer
jedoch nicht automatisch bekannt, d.h. sie müssen besseren Programmlesbarkeit Variablennamen einge-
erst durch Deklaration bekannt gemacht werden, dazu führt werden, die jedoch im Unterschied zu den
dienen die sog. direkten Variablen. richtigen symbolischen Variablen direkt mit dem
Bei der direkten Adressierung von Variablen wird als physikalischen Speicherort (SPS-Eingang/Ausgang,
Variablenname der physikalische Speicherort des Merker) verbunden sind (Beispiel 5).

Tabelle 3 Präfix für Speicherort und Größe der Operanden

Präfix Bedeutung Beispiele für direkte Variablen


I Speicherort Eingang Einzel-Eingänge %IX0.7... %IX0.0
Q Speicherort Ausgang Einzel-Ausgänge %QX0.7..%QX0.0
M Speicherort Merker Eingangsbyte %IB0 = %IX0.7...%IX0.0
Ausgangsbyte %QB0 = %QX0.7...%QX0.0
X (Einzel)-Bit-Größe Eingangswort %IW0 = %IB0+%IB1
B Byte-(8 Bit) Größe Ausgangswort %QW0 = %QB0+%QB1
W Wort-(16 Bit) Größe Eingangsdoppelwort %ID0 = %IW0+%IW1
D Doppelwort-(32 Bit)

 Beispiel 5: Deklaration einer direkten Variablen mit symbolischen Namen

Allgemein Beispiel
VAR VAR
Bezeichner AT %Operand : Datentyp ; Endschalter AT %IX4.7 : BOOL ;
END_VAR END_VAR
Automatisierungstechnik 695

Anm.: Direkte Variablen sollten nicht in den Bau- Der Programmierer kann auswählen, ob er das Bau-
steintypen FB und FC verwendet werden, weil diese steinprogramm in einer grafischen Sprache oder in
Programmteile dadurch hardwarespezifische Festle- einer Textsprache programmieren will.
gungen enthalten würden wie beispielsweise, an – Für die grafischen Sprachen stehen in Standard-
welchen SPS-Eingang ein bestimmter Sensor ange- bibliotheken grafische Symbole für Standardfunk-
schlossen wird. Das aber widerspricht der Forderung tionen (FC) und Standardfunktionsbausteine (FB)
nach einer bibliotheksfähigen Gestaltung von FB- zur Verfügung. Diese Bausteinsymbole müssen in
und FC-Bausteinen. das Anwenderprogramm je nach Bedarf eingefügt
Globale Variablen werden, um die bezeichneten Aktionen dort aus-
führen zu lassen.
Globale Variablen sind solche, die durch eine ent- – Die Textsprachen benutzen anstelle von Standard-
sprechende Deklaration in allen Bausteintypen inner- bausteinen sog. Standardoperatoren, die der Pro-
halb einer SPS bekannt gemacht wurden, also einen grammiersprache implizit bekannt sind. Ein Ope-
globalen Geltungsbereich haben. Der Deklarationsort rator ist ein textliches Symbol, das eine Aktion
ist der Baustein Programm (P). darstellt, die an einem Operanden, d.h. einer sym-
Globale Variablen werden verwendet, um auf einfa- bolischen oder direkten Variable, ausgeführt wird.
che Art einen bausteinübergreifenden Datenaustausch
zu erreichen. Das kann jedoch unerwünschte Neben- Bei der Textsprache AWL stehen die einzelnen
wirkungen haben und die Verwendbarkeit eines Anweisungen in Listenform untereinander. Jede
Bausteins einschränken. Eine bessere Lösung besteht Anweisung besteht aus einem Operator, der ggf. mit
in der Deklaration von Übergabevariablen im Bau- einem Modifizierer ergänzt wird {N für eine Nega-
stein Programm (P), um die entsprechenden Eingänge tion, C für eine Bedingung, ( für Klammer auf, ) für
und Ausgänge der dort aufgerufenen Bausteine mit- Klammer zu}, gefolgt von einem oder mehreren
einander zu verbinden. durch Kommas getrennten Operanden. Eine Anwei-
sung kann auch durch eine Sprungmarke gekenn-
 Beispiel 6: Deklaration einer Globalvariablen zeichnet sein. Die Verarbeitung der Anweisungen
PROGRAM PRG erfolgt in einem Ergebnisregister, dieses enthält das
(*Deklaration*) sog. Aktuelle Ergebnis (AE), das auf folgende Weise
VAR_GLOBAL für das Beispiel in Bild 3 ermittelt wird:
Bezeichner : Datentyp ;
END_VAR LD E0 Lade den Wert des 1. Operanden (E0) in
(*Programmrumpf*) das Ergebnisregister
Programm ANDN E1 Verknüpfe das Aktuelle Ergebnis mit
END_PROGRAM
dem negierten Wert des 2. Operanden
(E1)
3.4 Programmiersprachen ST A4 Speichere das veränderte Aktuelle Er-
Zur Erstellung der Steuerungsprogramme mit Hilfe gebnis im Zieloperanden (A4)
einer Programmiersoftware stehen gemäß DIN EN Die Tabelle 4 zeigt die Standardoperatoren der
61131-3 fünf Programmiersprachen zur Verfügung Anweisungsliste (AWL) mit kurzen Erläuterungen,
stehen: Zwei textuelle Fachsprachen (AWL, ST) und auf die nicht mehr weiter eingegangen wird. Die
zwei grafische Fachsprachen (KOP, FBS) sowie die den Standardoperatoren entsprechenden Standardbau-
übergeordnete Ablaufsprache (AS) mit grafischen steine werden weiter unten jedoch noch näher darge-
und textuellen Elementen. stellt.

Programmiersprachen

Textsprachen Grafische Sprachen


Ablaufsprache
AS

Anweisungsliste Strukturierter Text Funktionsbaustein- Kontaktplan


AWL ST sprache FBS KOP

LD E0 AND S0 S1 A4
ANDN E1 A4 := S0 AND NOT S1 S0 A4
ST A4
((
S1

Bild 3 Übersicht zu genormten SPS-Programmiersprachen


696 Automatisierungstechnik

Tabelle 4 Operatoren der Anweisungsliste (AWL)

Operator Modifizierer Operand/Typ Bedeutung


LD (Load) N Variable/Bool Setzt das aktuelle Ergebnis (AE) dem Operanden gleich.
Speichert das aktuelle Ergebnis (boolesche 1 oder 0)
ST (Store) N auf die Operandenadresse.
S (Set) Setzt booleschen Operator auf 1
R (Reset) Setzt booleschen Operator auf 0 zurück
AND N, ( Boolesches UND
OR N, ( Boolesches ODER
XOR N, ( Boolesches Exklusiv-ODER
) Bearbeitet die eingeklammerte Operation
CAL (Call) C, N Instanzname Aufruf eines Funktionsbausteins
JMP C, N Marke Sprung zur Marke
GT ( Vergleich auf größer als, >
GE ( Vergleich auf größer gleich, >=
EQ ( Vergleich auf ist gleich, =
NE ( Vergleich auf ungleich, <>
LE ( Vergleich auf kleiner gleich,<=
LT ( Vergleich auf kleiner als, <
ADD ( Addition
SUB ( Subtraktion
MUL ( Multiplikation
DIV ( Division

4 Programmstrukturen aufgabe enthält. Die Programmorganisationseinheit


Programm (P) enthält die Aufruf-Anweisungen, nach
Unter einer Programmstruktur versteht man den Auf- deren Reihenfolge die einzelnen Bausteine bearbeitet
bau eines Anwenderprogramms aus Codebausteinen. werden. Gegenüber dem linearen Programm besteht
Es können drei Strukturen unterschieden werden. der Vorteil in den besser überschaubaren kleinen Ein-
heiten. Bild 5 lässt die Gliederungsstruktur und den
4.1 Lineares Programm Aufruf der beiden Funktionen mit der erforder-
lichen Parameterübergabe erkennen.
Das gesamte Programm befindet sich in dem zyklisch
bearbeiteten Programm (P). Die CPU arbeitet die Programm (P)
Anweisungen der Reihe nach ab und beginnt dann
wieder von vorne, wie in Bild 4 gezeigt.
LD Var1
Programm (P) FC 10 Var2, Var3 FC 10

LD Var1
FC 20 Var2, Var3 FC 20
Programm-
Zyklisch bearbeitung

Bild 5 Das Steuerungsprogramm besteht aus zwei


unterschiedlichen Programmteilen
Bild 4 Lineares Programm 4.3 Parametrierbares Programm
Ein Unterprogramm ist parametrierbar, wenn es seine
4.2 Gegliedertes Programm Eingangs- und Ausgangsvariablen dem Hauptpro-
Das Programm ist in mehrere Bausteine aufgeteilt, gramm bei jedem Aufruf erneut zur Verfügung stellt
wobei jeder Baustein nur das Programm einer Teil- und sein Programm für jeden Aufruf erneut ausführt,
Automatisierungstechnik 697

Programm (P) anliegende Signale erkennen, d.h. die unterschiedli-


FB 10 che Wirkung von Öffner- und Schließerkontakten in
Anlagen muss bei der Programmerstellung bedacht
CAL Instanz1
werden.
Var1= Instanz1
Offene (unbeschaltete) Steuerungseingänge erzeugen
Var2=
Signalzustand „0“.
CAL Instanz2
Var1= Instanz2 5.2 Digitale Signale
Var2= Ein digitales Signal ist eine mehrstellige Bitkette, die
durch Codierung eine festgelegte Bedeutung erhält,
z.B. als Zahlenwert. Ein typischer Digitalsignal-
Bild 6 Das Steuerungsprogramm besteht aus zwei Geber ist ein Zifferneinsteller. Um z.B. die Zahlen 0
Instanzen eines Programmteils bis 9 darstellen zu können, sind vier Binärstellen
erforderlich.
um so aufrufspezifische Ergebnisse zu erzielen. Im
Bild 6 ist die Parametrierbarkeit am Beispiel eines Dezimalzahl Dualzahl
Funktionsbausteins (FB) dargestellt. Grundsätzlich ist 8 4 2 1 Wert
dies auch bei Funktion (FC) möglich, jedoch mit der
Einschränkung der nicht gegebenen Gedächtnisfähig- 0 0 0 0 0
keit dieses Bausteintyps. 1 0 0 0 1
2 0 0 1 0
5 Eingabe- und Ausgabesignale 3 0 0 1 1
4 0 1 0 0
In den technischen Prozessen treten physikalische 5 0 1 0 1
Größen wie Temperaturen, Drucke, Durchflüsse etc. 6 0 1 1 0
auf. Automatisierungsgeräte können in der Regel nur 7 0 1 1 1
elektrische Signale erkennen und ausgeben. Wo er- 8 1 0 0 0
forderlich, muss also eine Signalumwandlung erfol- 9 1 0 0 1
gen. Man unterscheidet verschiedene Signalarten.
1 Binärstelle = 1 Bit
5.1 Binäre Signale 1 Byte = 8 Bit
1 Wort = 2 Byte = 16 Bit
Ein binäres Signal ist ein 1 Bit-Signal, das nur einen 1 Doppelwort = 32 Bit
von zwei möglichen Signalzuständen annehmen
kann. Ein typischer Binärsignal-Geber ist ein Schal- 5.3 Analoge Signale
ter.
Ein Signal heißt binär, wenn es nur zweier Werte Für ein analoges Signal ist charakteristisch, dass der
fähig ist: (TRUE = 1, FALSE = 0). Die SPS-Her- Signalparameter (z.B. die Spannung) innerhalb be-
stimmter Grenzen jeden beliebigen Wert annehmen
steller haben für ihre Steuerungskomponenten ein
kann. Automatisierungsgeräte können intern keine
Toleranzschema festgelegt, das den Wertebereich
konkreter Spannungen den binären Signalzuständen analogen Signale verarbeiten. So genannte Analog-
zuordnet, die von den Geräten verarbeitet werden. baugruppen nehmen eine Signalumsetzung vor und
wandeln ein analoges Signal in ein digitales Signal
Die Automatisierungsgeräte können nicht den Schalt-
um bzw. auch umgekehrt.
zustand von angeschlossenen Schaltern, sondern nur

u 6 Eingabe-/Ausgabebaugruppen
30 V Die im Bild 1 angedeuteten Eingabe- und Ausgabe-
baugruppen der SPS werden üblicherweise als zentra-
Signalzustand “TRUE (1)” le digitale Eingabe- und Ausgabebaugruppen be-
zeichnet im Gegensatz zu den dezentralen Baugrup-
pen (Slaves), die über ein Feldbussystem angeschlos-
15 V sen sind. Die digitalen Eingabe- und Ausgabebau-
gruppen umfassen meistens 1 Byte = 8 Bit; 2 Byte =
5V 16 Bit; 4 Byte = 32 Bit Eingänge bzw. Ausgänge. Im
Signalzustand “FALSE (0)” Steuerungsprogramm können Bits, Bytes, Worte oder
0
t Doppelworte abgefragt oder angesteuert werden. Bei
Analogbaugruppen sind entsprechend die Anzahl der
Bild 7 Signalzustände und Spannungspegel Eingänge bzw. Ausgänge angegeben.
698 Automatisierungstechnik

10 V 255 Spannung z.B. ± 10 V


Strom z.B. 4 bis 20 mA
Signal

Widerstand z.B. 0 ... 300 Ohm

Auflösung
Thermoelement z.B. Typ E, N, K mit

8 Bit
Kennlinien – Linearisie-
rung
Widerstandsthermometer z.B. Pt 100-Standard mit
4V 51 Kennlinien-Linearisierung
Die Baugruppen verfügen über eine parametrierbare
Auflösung von z.B. 9 bis 15 Bit + Vorzeichen, unter-
schiedliche Messbereiche (einstellbar durch Messbe-
reichsmodule und Software) sowie Alarmfähigkeit
0 0
(Diagnose und Grenzwertalarme an die CPU).
Zeit
Analogausgabebaugruppen wandeln digitale Signale
aus der SPS in analoge Signale für den Prozess um
Umsetzer Register
und sind für den Anschluss analoger Aktoren geeig-
Analog 0 MSB net. Als Ausgangsbereiche werden angeboten:
0
Spannungsausgang z.B. ±10 V
1 Stromausgang z.B. 0 bis 20 mA
1 Die Baugruppen haben eine Auflösung von 12 bis
0 15 Bit. Es sind unterschiedliche Messbereiche je
0 Kanal einstellbar.
1
Digital
1 LSB 7 Verknüpfungssteuerungen
SPS-Programme werden mit einem IEC 61131-3
Bild 8 Ein Spannungswert wird in eine Zahl umge- orientierten Projektierungssystem (z.B. CoDeSys) als
setzt (vereinfacht) Projekte angelegt, in Bausteine programmiert und
unter einem Dateinamen abgespeichert.
Als Verknüpfungssteuerungen bezeichnet man solche
Digitaleingabebaugruppen gibt es für DC 24 V und Programme, die Ausgangssignale überwiegend unter
AC 120/230 V mit Potenzialtrennung über Opto- Verwendung einfacher Logikbeziehungen, Speicher-
koppler sowie Anzeige des aktuellen Signalzustandes funktionen, Zeitglieder, Zähler u.a. in zyklischer
durch Leuchtdioden. Aufgrund von Filtermaßnahmen Bearbeitungsweise erzeugen. Damit stellen Verknüp-
gegen Störsignale liegt die Frequenzobergrenze für fungssteuerungen den größten Teil der SPS-Pro-
Eingangssignale bei etwa 50 Hz. Die Digitaleingabe- gramme dar. Neben den Verknüpfungssteuerungen
baugruppen formen die Pegel der externen digitalen gibt es noch die Programmart der Ablaufsteuerun-
Signale aus dem Prozess in den internen Signalpegel gen.
des SPS-Systems um. Die Baugruppen sind z.B. ge-
eignet für den Anschluss von Schaltern und 2-Draht-
Näherungsschaltern (BERO). 7.1 Logische Grundverknüpfungen
Digitalausgabebaugruppen gibt es für Lastspannungen in verschiedenen Darstellungen
DC 24 V oder AC 120/230 V bei spezifizierter Strom- Nachfolgend wird eine Auswahl wichtiger Program-
belastbarkeit und Potenzialtrennung mittels Opto- mierfunktionen zur Realisierung von Verknüpfungs-
koppler. Die Schaltfrequenz der Ausgänge wird nach steuerungen gezeigt. In Bild 9 werden die logischen
ohmscher Last, induktiver Last und Lampenlast unter- Grundverknüpfungen UND, ODER, NEGATION
schieden und liegt im Bereich bis 100 Hz. Die Digital- gezeigt. Die in diesen Beispielen vorkommenden
ausgabebaugruppen formen den internen Signalpegel Eingangs-/Ausgangsbezeichnungen wie E1, E2, A4
des SPS-Systems in die externen, für den Prozess oder auch S1 usw. sind als kurze Namen von dekla-
benötigten Signalpegel um. Die Baugruppen sind z.B. rierter Variablen mit zutreffenden Datentyp in ent-
geeignet für den Anschluss von Magnetventilen, sprechenden Bausteinen zu betrachten und nicht zu
Schützen, Kleinmotoren, Lampen und Motorstartern. verwechseln mit bekannten SPS-Operanden.
Analogeingabebaugruppen wandeln analoge Signale
aus dem Prozess in digitale Signale für die interne 7.2 Zusammengesetzte
Verarbeitung innerhalb der SPS um. Es können
logische Grundverknüpfungen
Spannungs- und Stromgeber, Thermoelemente, Wi-
derstände und Widerstandsthermometer angeschlos- Zu den logischen Grundverknüpfungen zählen auch
sen werden: die beiden häufig vorkommenden Strukturen UND-
Automatisierungstechnik 699

Funktion Zeitdiagramm FBS KOP AWL


UND E1 & E1 E2 A4
E1
A4 = E1 ∧ E2 ( ) LD E1
A4 = E 1 & E 2 E2 A4 AND E2
E2
A4 = E1 E2 ST A4
A4

ODER E1 E1 >= 1
E1
A4 = E1 ∨ E2 A4 LD E1
E2 A4 OR E2
E2
E2 ( ) ST A4
A4

NICHT E1 E1 A4 LDN E1
E1 1 A4
A4 = E1 ( ) ST A4
A4
Ausgangs- E1 E2 A4 LD E1
E1 E1 &
NEGATION ( ) AND E2
A4 = E1 ∧ E2 E2 A4 STN A4
E2

A4

Bild 9 Logischen Grundverknüpfungen nach IEC 61131-3

vor-ODER sowie ODER-vor-UND, die in Bild 10 in Disjunktive Normalform für die UND-vor-ODER-
grafischer Form (FBS) und Textform (AWL) darge- Struktur und Konjunktive Normalform für die
stellt sind. Die zugehörigen Schaltfunktionen heißen ODER-vor-UND-Struktur.

UND-vor-ODER-Verknüpfung E1 & LD E1
1) Allgemeiner Fall AND E2
siehe nachfolgend bei DNF E2 ANDN E3
A = E1 E2 E3 ∨ E1 E2 ∨ E3 E3 >= 1 OR(
AND E1
ANDN E2
E1 &
)
E2 OR E3
ST A4
E3 A4
2) Spezieller Fall: LD E1
Antivalenz (Exclusiv-ODER) XOR E2
E1 & >= 1 ST A5
A = E1 E2
E2

E1 &
E2 A5

ODER-vor-UND-Verknüpfung E1 >= 1
LD E1
A = (E1 ∨ E2) ∧ (E1 ∨ E2) ∧ E3 OR E2
E2 & AND(
ORN E1
E1 >= 1 ORN E2
)
E2
AND E3
ST A4
E3 A4

Bild 10 Zusammengesetzten logischen Grundverknüpfungen nach IEC 61131-3


700 Automatisierungstechnik

7.3 Schließer- und Öffnerkontakte, 7.4 Speicherfunktionen


Drahtbruchsicherheit,
Viele Steuerungsaufgabe erfordern die Verwendung
Erdschlussgefahr
von Speicherfunktionen. Eine Speicherfunktion liegt
Befehlsgeber können auf einer Schließer- oder Öffner- dann vor, wenn ein kurzzeitig auftretender Signalzu-
Funktion beruhen, d.h. bei Betätigung ein 1-Signal stand über den Programmzyklus hinaus festgehalten,
oder ein 0-Signal an den Steuerungseingang liefern. d.h. gespeichert und erst zu einem späteren Zeitpunkt
Ein Startbefehl für eine Steuerung ist mit einem wieder gelöscht werden muss. Die Ausführung einer
1-Signal, ein Haltbefehl mit einem 0-Signal auszu- Speicherfunktion umfasst das Setzen und Rücksetzen
führen. Bei Gleichzeitigkeit muss der Haltbefehl des Speichers. Für die Speicherfunktionen stehen
Vorrang haben. bistabile Standardfunktionsbausteine zur Verfügung,
Das Einschalten einer Steuerung durch einen Schlie- aus denen sich Instanzen zur Verwendung im An-
ßerkontakt (Arbeitsstromprinzip) und das Ausschalten wenderprogramm bilden lassen. Zu unterscheiden
mit einem Öffnerkontakt (Ruhestromprinzip) macht die sind zwei Speicherbausteintypen, die unterschiedlich
Steuerung drahtbruchsicher. Bei Auftreten eines auf gleichzeitiges Eintreffen von Setz- und Rücksetz-
Drahtbruchs erfolgt kein unbeabsichtigtes Einschalten signalen reagieren.
der Steuerung, jedoch wird eine eingeschaltete Steue-
rung abgeschaltet. Die Erdschlussgefahr erfordert ge-
erdete Steuerkreise oder Isolationsüberwachung.
Speichern mit vorrangigem Rücksetzen

Funktionsplan Anweisungsliste
1 3 +
24 V Speicher LD E1
2 4
ST Speicher.S
RS LDN E0
0 1 2 3 4 5 6 7 M E1 S Q1 A4 ST Speicher.R1
Eingänge
CAL Speicher
E0 R1 LD Speicher.Q1
SPS
Ausgänge ST A4
0 1 2 3 4 5 6 7 24V
Zeitdiagramm
1 oder 2 3 oder 4 E1
bleibt ohne bleibt ohne
Auswirkung Auswirkung
E0
1 und 2 3 und 4
bewirken verhindern A4
ungewolltes gewolltes
Einschalten Ausschalten
Bild 11 Auswirkungen von Erdschlüssen im nicht
geerdeten Steuerkreis
Speichern mit vorrangigem Setzen

Funktionsplan Anweisungsliste
1 3 + Speicher LD E1
24 V
2 4 ST Speicher.S1
SR LDN E0
E1 S1 Q1 A4 ST Speicher.R
0 1 2 3 4 5 6 7 M CAL Speicher
Eingänge E0 R LD Speicher.Q1
SPS ST A4
Ausgänge
0 1 2 3 4 5 6 7 24V Zeitdiagramm
E1
Erdschlüsse lösen
Kurzschlüsse aus,
die zurAbschaltung E0
derAnlage führen.
Bild 12 Auswirkung von Erdschlüssen im geerdeten A4
Steuerkreis
Automatisierungstechnik 701

 Gegenseitiges Verriegeln Verriegeln über den Setzeingang


Zwei Arten von Verriegelungen lassen sich unter- Sp1
scheiden, Bei dem gegenseitigen Verriegeln dürfen
RS
die Speicher nicht gleichzeitig gesetzt sein, z.B. für
Motor-Rechtslauf und Linkslauf. Für die Ausführung E1 S Q1 A4
von Speicherverriegelungen gibt es zwei Varianten.
E2 R1
Verriegeln über die Rücksetzeingänge
Sp1 Sp2
RS E3 & RS
E1 S Q1 A4 A4 S Q1 A5

E2 R1 E4 R1

Sp2
7.5 Flankenauswertung
RS
Die Flankenauswertung eines Signals ist dann erfor-
E3 S Q1 A5 derlich, wenn aus einem Signalwechsel von FALSE
nach TRUE oder umgekehrt ein kurzer Impuls der
E4 >= 1 R1
Zeitdauer von einer Programmzykluszeit herzuleiten
A4 ist, unabhängig von der Betätigungsdauer des Signal-
gebers. Das ist z.B. wichtig, wenn bei einer Sicher-
Verriegeln über die Setzeingänge heitsschaltung überprüft werden muss, ob ein Taster
Sp1 wirklich betätigt wurde oder nur dauerhaft durch
RS
Manipulation niedergehalten wird.
E1 & Im Bild 13 werden Beispiele gezeigt, wie die Impuls-
A5 S Q1 A4 gewinnung unter Verwendung von Standardfunk-
tionsbausteinen für Flankenerkennung gelöst werden
E2 R1
kann. P-Flanke und N-Flanke sind die Namen der
Instanzen der Funktionsbausteine. Der Zykluszeit-
Sp2
impuls steht als Impulsoperand IO zur Verfügung.
E4 & RS
A4 S Q1 A5 7.6 Darstellung und Eigenschaften
E3 R1 elektropneumatischer Stellglieder
Elektropneumatische Stellglieder können mit Aus-
 Reihenfolgeverriegelung gangssignalen einer SPS angesteuert werden. Ihre
Bei einer Reihenfolgenverriegelung darf ein Speicher Hilfsenergie ist Druckluft, mit der pneumatische
nur gesetzt werden, wenn zuvor ein oder mehrere an- Zylinder betätigt werden. Bild 14 zeigt drei häufig
dere Speicher gesetzt sind. Ein Beispiel sind hinterei- verwendete elektropneumatische Stellgliedtypen.
nander geschaltete Förderbänder. Auch bei der Reihen- 3/2-Wegeventil: Elektromagnetisches Ventil mit
folgeverriegelung gibt es zwei Ausführungsvarianten. Rückstellfeder hat nur einen elektrischen Steuerein-
Verriegeln über den Rücksetzeingang gang Y1 und kann durch ein Stellsignal aus der
Schaltstellung b in die Schaltstellung a geschaltet
Sp1 werden. Nach Beendigung des Stellsignals erfolgt
RS eine federmechanische Rückstellung des Ventils,
dessen Vorteil die definierte Schaltstellung im unbe-
E1 S Q1 A4
tätigten Zustand ist.
E2 R1 5/2-Wegeventil: Elektromagnetische Impulsventile
haben zwei elektrische Steuereingänge Y1 und Y2,
Sp2 sie können durch kurze Ansteuerimpulse aus einer
Schaltstellung in die andere umgeschaltet werden.
RS Die Ventile übernehmen die RS-Speicherfunktion der
E3 S Q1 A5 Steuerung. Nachteil des Speicherverhaltens ist die
nicht definierte Schaltstellung im unbetätigten Zu-
E4 >= 1 R1 stand, daher erfolgt meistens eine Ansteuerung von
A4 Y1 und Y2 mit inversen Signalen.
702 Automatisierungstechnik

FUP AWL Zeitdiagramm


Positive (steigende) Flanke 0 → 1 LD S1 S1
P_Flanke ST P_Flanke.CLK
CAL P_Flanke P_Flanke
R_TRIG LD P_Flanke.Q
ST IO IO
S1 CLK Q IO
Zyklen 1 2 3 .. n n+1
Negative (fallende) Flanke 1 → 0 LD S1 S1
N_Flanke ST F_Flanke.CLK
CAL F_Flanke F_Flanke
F_TRIG LD F_Flanke.Q
ST IO IO
S1 CLK Q IO
Zyklen 1 2 3 .. n n+1
P_Flanke Speicher LD E1 Der Impulsoperanden IO kann
ST P_Flanke.CLK entfallen, wenn die Flankenaus-
R_TRIG RS CAL P_Flanke wertung nur an einer Stelle des
E1 CLK Q S LD P_Flanke.Q Programms benötigt wird, im
ST Speicher.S Beispiel zum Setzen des RS-
E0 R1 Q A4 LDN E0 Speichers.
ST Speicher.R1

Bild 13 Flankenauswertung nach IEC 61131-3

5/3-Wegeventil: Bei elektromagnetischen Impulsventi- unter sinngemäßer Anwendung der nachfolgenden


len mit Federzentrierung geht das Ventil im unbetätig- Umsetzungsregeln ersetzt werden.
ten Zustand in die Mittelstellung. Daher kann neben 1. Der Hauptstromkreis wird unverändert außerhalb
der Vorwärts- und Rückwärtsbewegung des Zylinder- der SPS beibehalten.
kolbens auch eine Halteposition veranlasst werden. 2. Hauptschütze werden von den SPS-Ausgängen
Funktionsdiagramme zeigen den Bewegungsverlauf angesteuert und werden als OUT- oder IN-OUT-
von Zylindern. In der Ordinate wird der zurückgeleg- Variable deklariert. Der Schaltzustand des Haupt-
te Weg und in der Abszisse werden Schritte oder schützes wird somit außerhalb des Bausteins in
Zeiten aufgetragen. Zusätzlich können die Zustände einem SPS-Ausgang gespeichert. Wird ein Kon-
von Magnetspulen der Ventile dargestellt werden. takt K1 des Hauptschützes K1 am Bausteinein-
gang abgefragt, ist K1 als Durchgangsvariable
7.7 Regeln für das Umsetzen
(IN_OUT) zu deklarieren.
von Schützschaltungen 3. Hilfsschütze werden durch temporäre oder stati-
in SPS-Programme sche Variablen innerhalb des Bausteins ersetzt.
Eine gegebene Schützsteuerung, die z.B. zur Ansteu- Wenn Hilfsschütze interne Speicherfunktionen
erung von Elektromotoren oder Elektropneumatik ausüben, muss für jedes Hilfsschütz eine statische
eingesetzt wurde, kann durch eine SPS-Steuerung Speichervariable (VAR) deklariert werden.

Einfachwirkender Zylinder Doppeltwirkender Zylinder Doppeltwirkender Zylinder


mit Ansteuerung durch ein mit Ansteuerung durch ein mit Ansteuerung durch ein
3/2-Wegeventil 5/2-Wegeventil 5/3-Wegeventil

a b
1Y1 2Y1 2Y2
3Y1 3Y2

Bild 14 Beispiele elektropneumatischer Stellglieder


Automatisierungstechnik 703

 Beispiel 7: Umsetzung einer Schützschaltung in ein SPS-Programm

Hauptstromkreis Steuerstromkreis Ersatz-Funktionsplan


bleibt erhalten wird ersetzt
F2 &
L1 F3
L2 L1 S1 >= 1 S0
L3
PE K1 K1
Aufruf FC 10 im Programm (P)
F1 F2 Die Signalspeicherung für das Hauptschütz K1 erfolgt
im SPS-Ausgang A 4.0, daher genügt der Bausteintyp
Funktion. Die direkten Variablen müssen in Baustein
(P) deklariert werden.

FC 10
K1
S0 EN

%IX 0.2 F2

%IX 0.0 S0

F2 %IX 0.1 S1
S1 K1
1) %QX4.0 K1 ENO

M
M1
3~ K1 1)K1 ist als Durchgangsvariable (IN_OUT) deklariert.
Auf die SPS-Ausgangsadresse %QX4.0 kann lesend
N und schreibend zugegriffen werden.

4. Parallelschaltungen von Schützkontakten werden dardfunktionsbausteine für die Zeitbildung aufge-


durch ODER-Verknüpfungen und Reihenschal- führt, die in Bild 15 gezeigt werden.
tungen durch UND-Verknüpfungen der Variablen
ersetzt.
5. Öffner von Schützkontakten werden negiert und 7.9 Zählerfunktionen
Schließer bejaht abgefragt. Zählerfunktionen werden in Steuerungsaufgaben
6. Öffner- und Schließerkontakte von Signalgebern benötigt, um bestimmte Mengen oder Positionen
wie Taster und Schalter werden im Programm be- durch Aufzählen von Impulsen zu erfassen, Frequen-
jaht abgefragt und als Eingabevariablen deklariert, zen zu ermitteln oder die Funktion von Steuerwerken
wenn derselbe Kontakttyp beibehalten wird. zu übernehmen.
7. Die bejahte Abfrage von Signalgebern in Regel 6 Grundsätzlich lassen sich Zähler in Automatisierungs-
gilt nicht bei Verwendung der Speicherfunktion systemen auf drei verschiedene Arten realisieren.
anstelle der Selbsthaltung.
8. Die Umsetzungsregeln 1 bis 6 verändern nicht die • Zähler werden als Funktionsbausteine oder Funk-
vorgegebene Steuerungsstruktur, wenn die Schüt- tionen im Steuerungsprogramm aufgerufen und
ze keine Zeitverzögerungen oder Wischerkontakte parametriert. Diese Zähler können je Zykluszeit
enthalten. Einschalt- und Ausschaltverzögerungen nur einen Vorwärts- und einen Rückwärtszählim-
müssen mit Zeitgliedern und Wischerkontakten puls verarbeiten. Die Verarbeitung von externen
mit Flankenauswertung nachgebildet werden. Im- Zählimpulsen ist von der Zykluszeit und der
pulse von Wischerkontakten beim Einschalten Schaltfrequenz der Signaleingänge abhängig. In-
(Ausschalten) entsprechen steigenden (fallenden) nerhalb dieses Kapitels wird ausschließlich diese
Flanken. Zählerart verwendet.
• Zähler werden durch eine Variable vom Datentyp
Integer oder Doppelinteger realisiert. Das Auf- bzw.
7.8 Zeitfunktionen Abwärtszählen erfolgt bei diesen Zählern mit Addi-
Die Zeitbildung ist eine Grundfunktion der Steue- tions- bzw. Subtraktionsbefehlen. Diese Zähler
rungstechnik. Es können zeitliche Abläufe, wie War- können je Zykluszeit mehrere interne Vorwärts-
te- und Überwachungszeiten, Zeitmessungen oder bzw. Rückwärtszählimpulse verarbeiten. Die Ver-
Taktimpulse programmiert werden. In der Norm DIN arbeitung von externen Zählimpulsen ist jedoch
EN 61131-3 sind neben einer Echtzeituhr drei Stan- wieder von der Zykluszeit abhängig.
704 Automatisierungstechnik

Name Funktion Zeitdiagramm


Grafische Darstellung
TP Erzeugen eines Impulses 1
IN
0
TP t
1
BOOL IN Q BOOL Q PT PT PT
0
TIME PT ET TIME t
ET
PT

TON Einschaltverzögerung 1
IN
0
TON t
1
BOOL IN Q BOOL Q PT PT
0
TIME PT ET TIME t
ET
PT

TOF Ausschaltverzögerung 1
IN
0
TOF t
1
BOOL IN Q BOOL Q PT PT
0
TIME PT ET TIME t
ET
PT

t
Operandenbedeutung:
IN = Startbedingung; PT = Zeitvorgabe; Q = Status der Zeit; ET = Aktueller Zeitwert
Bild 15 Zeitglieder nach IEC 61131-3

• Zähler sind auf einer speziellen Baugruppe unter- In der Norm DIN EN 61131-3 sind für die drei Zähler
gebracht oder sind als „Schnelle Zähler“ mit sepa- die grafische Darstellung und die Arbeitsweise der
raten Signaleingängen Teil des Betriebssystems Standardfunktionsbausteine festgelegt wie in Bild 16
der Zentralbaugruppe CPU. Mit diesen Zählern ist abgebildet.
es möglich, externe Zählimpulse zu erfassen, die
schneller als die Zykluszeit sind. Innerhalb des 7.10 Vergleichsfunktionen
Steuerungsprogramms können Zählerstände mit
Mit Vergleichsfunktionen werden die Werte zweier
Übergabevariablen abgerufen werden.
digitaler Operanden des gleichen Datentyps vergli-
Bei der Realisierung von Zählern unterscheidet man chen. Das sind in den meisten Fällen Variablen mit
Vorwärts- bzw. Aufwärts-Zähler, Rückwärts- bzw. Datentypen für Zahlenwerte wie REAL (Dezimalzah-
Abwärts-Zähler und Vor-Rückwärts- bzw Auf- len mit Komma), INT (Ganzzahlen mit Vorzeichen)
Abwärts-Zähler. Der Zählerstand ergibt sich aus der und WORD (vorzeichenlose Zahlen).
Anzahl der positiven Signalflanken an den Eingängen Zur Durchführung von Vergleichen stehen Standard-
für Vorwärts- und Rückwärtszählen. funktionen (FC) zur Verfügung, die beliebig oft mit
Automatisierungstechnik 705

Name Grafische Darstellung Arbeitsweise in ST-Sprache


Aufwärts-Zähler CTU IF R THEN CV := 0;
ELSIF CU AND (CV < Pvmax)
BOOL CU Q BOOL Then CV := CV+1;
BOOL R END_IF;
Q := (CV >= PV)
INT PV CV INT

Abwärts-Zähler CTD IF LD THEN CV := PV;


ELSIF CD AND (CV < Pvmin)
BOOL CD Q BOOL Then CV := CV-1;
BOOL LD END_IF;
Q := (CV <= 0)
INT PV CV INT

Auf-Abwärts-Zähler CTUD IF R THEN CV := 0;


ELSIF LD THEN CV := PV;
BOOL CU QU BOOL ELSIF CU AND (CV < Pvmax)
BOOL CD QD BOOL THEN CV := CV+1;
ELSIF CD AND (CV < Pvmin)
BOOL R
THEN CV := CV-1;
BOOL LD END_IF;
INT PV CV INT QU := (CV >= PV)
QD := (CV <= 0)
Bedeutung der Eingänge und Ausgänge: CU = Vorwärtszähleingang steigende Flanke; CD = Rückwärtszählein-
gang steigende Flanke; R = Rücksetzeingang; LD = Ladeeingang; PV = Ladewert; QU = Status Zählerstand
(CV größer gleich Ladewert); QD = Status Zählerstand (CV kleiner gleich 0); CV = Zählerstand.
Hinweis: Die numerischen Werte der Grenzvariablen Pvmax und Pvmin sind implementierungsabhängig. Mög-
liche Werte sind Pvmax = 32767 und Pvmin = –32768.
Bild 16 Zählfunktionen nach IEC 61131-3

verschiedenen Eingangsparametern aufgerufen werden Die Eingangsvariable „Wert“ vom Datentyp Integer
können. Das Vergleichsergebnis steht als binärer wird mit der Integerkonstanten „20“ auf „größer als“
Signalzustand im aktuellen Ergebnis (AE) zur Ver- verglichen, siehe Bild 17. Am Ausgang des Verglei-
fügung, und zwar mit TRUE, wenn der Vergleich chers ist das Sprungsymbol durch eine Signallinie mit
zutrifft und mit FALSE, wenn er nicht zutrifft. Die Doppelpfeil am Ende angegeben. Der Sprung ist
Tabelle 5 zeigt die Vergleichsmöglichkeiten für den bedingt, weil er vom Ausgang des Vergleichs abhän-
einfachsten Fall von zwei Vergleichseingängen IN1 gig ist. Ist die Vergleichsbedingung erfüllt, wird das
und IN2. Programm an der Stelle von Marke1 fortgeführt. Ist
die Vergleichsbedingung nicht erfüllt, läuft das Pro-
Tabelle 5 Vergleichsfunktionen gramm linear weiter. Im Vergleichsbaustein ist der
Name der Vergleichsfunktion angegeben (GT).
Name Symbol Beschreibung
7.11 MOVE-Funktion
GT > IN1 größer IN2
Die MOVE-Funktion zählt zu den arithmetischen
GE >= IN1 größer gleich IN2
Standardfunktionen. Sie hat genau einen Eingang und
EQ = IN1 gleich IN2
einen Ausgang und bewirkt das „Durchreichen“ von
LE <= IN1 kleiner gleich IN2
Daten der Eingangsvariablen an die Ausgangsvariab-
LT < IN1 kleiner IN2
le in Abhängigkeit von einem booleschen Freigabe-
NE <> IN1 ungleich IN2
signal EN, dabei darf der Datentyp auf der Ausgangs-
und Eingangsseite sogar verschieden sein. Die Nut-
 Beispie 8: Vergleich auf „größer“ zung der MOVE-Funktion zur Datentypumwandlung
hat enge Grenzen. Sinnvoll ist z.B. die Umwandlung
GT von BYTE in WORD. Mit der Datentypangabe ANY
INT BOOL in Bild 18 ist kein neuer Datentyp gemeint. ANY ist
Wert IN1 >> Marke1
INT Sprung- der ranghöchste der sog. allgemeinen Datentypen der
20 IN1 symbol Bild 17 SPS-Norm, die sich nur an Hersteller wendet und
706 Automatisierungstechnik

mitteilt, dass jeder nachgeordnete Datentyp verwen- 8.2 Aufruf von Funktionsbausteinen
det werden darf. Die Ausgestaltung der MOVE- in FBS
Funktion ist herstellerabhängig.
Am einfachsten gestalten sich Bausteinaufrufe und
die damit verbundenen Werteübergaben in grafischer
MOVE Bild 18 Programmiersprache, z.B. FBS. Die Einbindung eines
BOOL ANY MOVE-Funktion
EN OUT Funktionsbausteins (FB) in ein Programm (P) ge-
ANY BOOL mit Ausführungs- schieht in der logischen Reihenfolge: Deklarieren
IN ENO steuerung EN/ENO einer Instanz des Funktionsbausteins, Einfügen des
Bausteinsymbols aus der Bausteinbibliothek und
Zuordnung des Instanznamens, Anbindung der In-
7.12 EN /ENO-Mechanismus stanz-Eingänge/Ausgänge an Variablen des aufrufen-
den Bausteins, z.B. auch an direkte Variablen, welche
EN steht für Enable IN (boolescher Freigabe-Ein- die Verbindung zu den realen SPS-Eingängen/Aus-
gang) und ENO für Enable OUT (boolescher Frei- gängen halten.
gabeausgang). Die SPS-Norm sieht vor, dass Funk- Instanzen werden deklariert wie Variablen durch
tionen (FC) in den Programmiersprachen FBS und Angabe eines Namens und eines Typs. Als Typ wird
KOP über diese Möglichkeit der Ausführungssteue- der Name des Funktionsbausteins verwendet.
rung verfügen müssen. Der Freigabe-Eingang EN
kann mit einer Logikverknüpfung beschaltet sein  Beispiel 9: Programm P ruft Funktionsbaustein FB auf
(z.B. UND-Glied, Vergleicher). Der boolesche Aus-
PROGRAM PRG
gang ENO kann zur Ansteuerung nachfolgender (*Deklaration*)
Funktionen benutzt werden, weil er anzeigt, ob die VAR_INPUT
Bausteinfunktion ordnungsgemäß ausgeführt wurde Wert1 AT %IX0.0 : BOOL ;
oder nicht. Wert2 AT %IX1.0 : BOOL ;
Wert3 AT %IX1.7 : BOOL ;
Die Variablen EN/ENO müssen nicht benutzt wer- END_VAR
den, wenn die Ausführung der Funktion in jedem Fall VAR
erfolgen soll. Instanz1 : FB 10 ;
Ist bei Funktionsaufruf EN = 0, wird die Funktion END_VAR
VAR_OUTPUT
nicht ausgeführt und ENO = 0 ausgegeben. Wert4 AT %QX4.0 : BOOL ;
Ist bei Funktionsaufruf EN = 1, wird die Funktion END_VAR
ausgeführt und der Ausgang meldet mit ENO = 1 die (*Bausteinrumpf*)
Fehlerfreiheit der Ausführung oder mit ENO = 0 Instanz1
einen Ausführungsfehler.
FB 10
(*Deklarationsteil*)

Wert1 E0 A4 Wert4
8 Aufruf und Wertübergaben zwischen
Wert2 E1
Bausteinen nach IEC 61131-3
Wert3 E2
8.1 Aufrufhierarchie der Bausteine P, FB (*Bausteinrumpf*)
und FC Programmteil
(unsichtbar)
• Das Anwenderprogramm einer SPS hat einen
hierarchischen Aufbau: END_PROGRAM

An oberster Stelle steht ein Baustein des Typs Pro-


gramm (P), dessen Deklaration und Gebrauch iden- 8.3 Aufruf von Funktionsbausteinen
tisch ist mit denen der bereits beschriebenen Funk-
in AWL
tionsbausteine, jedoch mit den begrenzenden Schlüs-
selwörtern PROGRAM ... END_PROGRAM. In Gleicher Deklarationsteil wie in der Grafiksprache
diesem Baustein können Instanzen von Funktions- FBS. Etwas schwieriger gestaltet sich der Baustein-
bausteine (FB) sowie Funktionen (FC) aufgerufen aufruf und die damit verbundenen Werteübergaben in
werden. Textsprache, z.B. AWL. Es stehen mehrere Methoden
An mittlerer Stelle stehen die Bausteine des Typs zur Verfügung, deren einfachste ist die mit der forma-
Funktionsbaustein (FB). Innerhalb eines Funktions- len Argumentenliste, die auch vom Hersteller fest
bausteins können Instanzen anderer Funktionsbau- vorgegeben sein kann. Bei dieser Methode muss ein
steine oder auch Funktionen (FC) aufgerufen werden Funktionsbaustein mit dem Befehl CAL (unbedingt)
An unterster Stelle stehen die Bausteine vom Typ oder CALC (bedingt) aufgerufen werden, gefolgt
Funktionen (FC). Innerhalb einer Funktion können vom Instanznamen und der offenen Klammer. Darun-
andere Funktionen (FC) aufgerufen werden. ter erscheint die auszufüllende Liste mit den Parame-
Automatisierungstechnik 707

tern des aufgerufenen Instanzbausteins, die mit der Beim „nichtformalen Aufruf“ muss zuerst der erste
geschlossenen Klammer beendet wird. Eingangsparameter in das Ergebnisregister geladen
werden. Dann kommt die Anweisung mit dem Namen
 Beispiel 10: Programm P ruft Funktionsbaustein FB auf der Funktion als Operator, gefolgt von den restlichen
PROGRAM PRG Eingangsparametern in richtiger Reihenfolge und
(*Deklaration*) durch Kommas getrennt im Operandenteil. Mit dem
VAR_INPUT Abschluss dieser Anweisung berechnet die Funktion
Wert1 AT %IX0.0 : BOOL ;
Wert2 AT %IX1.0 : BOOL ; das Ergebnis und stellt es in das Ergebnisregister. In
Wert3 AT %IX1.7 : BOOL ; der letzten Anweisung wird das Aktuelle Ergebnis
END_VAR (AE) des Ergebnisregisters in der Zielvariablen ge-
VAR speichert.
Instanz1 : FB 10 ;
END_VAR
VAR_OUTPUT  Beispiel 12: Nichtformaler Aufruf einer Funktion
Wert4 AT %QX4.0 : BOOL ;
PROGRAM PRG
END_VAR
(*Deklaration*)
(*Bausteinrumpf*)
VAR_INPUT
CAL Instanz1 (
Wert1 AT %IX0.0 : BOOL ;
E0 := Wert1,
Wert2 AT %IX1.0 : BOOL ;
E1 := Wert2,
Wert3 AT %IX1.7 : BOOL ;
E2 := Wer3,
END_VAR
A4 => Wert4 );
VAR_OUTPUT
END_PROGRAM
Wert4 AT %QX4.0 : BOOL ;
END_VAR
8.4 Aufruf von Funktionen in AWL (*Bausteinrumpf*)
LD Wert1
Gegenüber dem Aufruf von Funktionsbausteinen FC 10 Wert 2, Wert 3
ST Wert4
entfällt die Instanzbildung. Der Aufruf in der Grafik-
END_PROGRAM
sprache FBS ist sonst der gleiche wie bei Funktions-
bausteinen. Unterschiede bestehen beim Aufruf in der
Textsprache AWL, da nicht der Operator CAL ver-
wendet werden darf. Der Funktionsname ist als Ope- 9 Ablaufsteuerung
rator in der Anweisung anzugeben. Es sind zwei
Aufrufmethoden zu unterscheiden. Steuerungsprogramme, die einen schrittweisen Pro-
Beim „formalen Aufruf“ wird als erste Anweisung zessablauf nach den Vorgaben von Ablauf-Funktions-
einfach der Name der aufzurufenden Funktion ge- plänen ausführen, werden Ablaufsteuerungen ge-
schrieben, gefolgt von der offenen Klammer. Danach nannt.
wird je Anweisungszeile ein Eingangsparameter
übergeben, wie bei der obigen formalen Argumenten-
9.1 Ablauf-Funktionsplan
liste, jedoch nur für die Funktionseingänge. Dann
folgt die geschlossene Klammer, mit der die Funktion Der Ablauf-Funktionsplan ist eine eigenständige
bearbeitet und das Ergebnis im Ergebnisregister Planart zur prozessorientierten Darstellung von Steu-
gespeichert wird. Die letzte Anweisung speichert das erungsaufgaben. Eine verbale Aufgabenstellung soll
Aktuelle Ergebnis (AE) des Ergebnisregisters in der aus Gründen der Klarheit und Vollständigkeit durch
Zielvariablen. eine grafische Darstellung ersetzt werden, die bei der
Planung, Inbetriebnahme und Störungssuche hilfreich
 Beispiel 11: Formaler Funktionsaufruf einer Funktion sein soll. Ein richtig entworfener Ablauf-Funktions-
PROGRAM PRG plan muss bereits die Lösung einer entsprechenden
(*Deklaration*) Steuerungsaufgabe darstellen.
VAR_INPUT Geeignete Steuerungsaufgaben sind solche, bei denen
Wert1 AT %IX0.0 : BOOL ;
Wert2 AT %IX1.0 : BOOL ;
unterscheidbare Aktionen in einer ereignis- oder zeit-
Wert3 AT %IX1.7 : BOOL ; gesteuerten Reihen- oder auch Parallelfolge ablaufen
END_VAR und die auf Wiederholung gerichtet sind. Anschau-
VAR_OUTPUT liche Beispiele dafür sind Produktionsanlagen.
Wert4 AT %QX4.0 : BOOL ;
END_VAR
Der Ablauf-Funktionsplan stellt nur die grafischen
(*Bausteinrumpf*) Elemente für eine Ablaufbeschreibung zur Verfü-
FC 10 ( gung. Die Entwurfsmethode besteht darin, dass Steu-
E0 := Wert1, erungszustände eingeführt und mit Aktionen ver-
E1 := Wert2,
E2 := Wert3,
knüpft sowie Übergangsstellen zur Berücksichtung
); von Steuersignalen vorgesehen werden.
ST Wert4 Die Darstellung von Ablauf-Funktionsplänen kann
END_PROGRAM auf zwei verschiedenen Normen beruhen:
708 Automatisierungstechnik

• DIN EN 60848 GRAFCET, Spezifikationssprache als einziger Schritt aktiv sein. Die Schritte sind durch
für Funktionspläne der Ablaufsteuerung. (Nach- gerichtete Verbindungen in Form von vertikalen
folger der DIN 40719-6). Diese Norm definiert Linien miteinander verbunden. Die Eigenschaft eines
eine grafische Entwurfssprache für die funktionale Schrittes, aktiv oder inaktiv sein zu können, setzt ein
Beschreibung des Verhaltens des Ablaufteils eines Speicherverhalten im Steuerungsprogramm voraus.
Steuerungssystems. Die Entwurfssprache wird Jedem Schritt ist normalerweise eine Aktion zuge-
„GRAFCET“ genannt. ordnet, die in einem Aktionsblock angegeben und mit
• DIN EN 61131, Speicherprogrammierbare Steue- dem Schritt verknüpft werden kann. Die Aktion ist
rungen, Teil 3: Programmiersprachen, hierin Ele- nicht Bestandteil des Schrittes. Die Ablaufkette
mente der Ablaufsprache (AS). Der Zweck der besteht aus einer Folge von Schritten und Transitio-
Ablaufsprache ist die Darstellung von Ablauf- nen, die einfach oder verzweigt sein kann.
funktionen in SPS-Programm-Organisationsein-
heiten des Typs Funktionsbaustein oder Pro- Einfache Ablaufkette:
gramm. Dazu gibt die Norm zwei Darstellungs- Der Wechsel von Schritt und Transition wird als
varianten für ihre Elemente an, eine ausführlich Folge wiederholt. Es wird eine Kettenschleife gebil-
behandelte grafische Variante und eine textuelle det, um wieder zum Anfang zurückzukehren. Die
Variante. zurückführende Wirkungslinie kann durch eine Pfeil-
DIN EN 60848 und DIN EN 61131-3 haben jeweils darstellungen mit Angabe von Schrittnummern er-
ihren eigenen spezifischen Anwendungsbereich. setzt werden.
Während die Entwurfssprache GRAFCET für die
Beschreibung des Verhaltens unabhängig von einer
speziellen Realisierung (elektronisch, elektromecha-
nisch, pneumatisch oder gemischt) ist, legt IEC S_1
61131-3 die Beschreibungsmittel der Ablaufsprache
AS zwecks Programmrealisierung fest. Bei der Dar- %IX1.0 &
stellung der Aktionsblöcke wird auf die Unterschiede %IX1.1 TRAN12
eingegangen.

9.2 Grafische Darstellung S_2 Aktion


von Ablaufsteuerungsfunktionen %IX2.0 &
Zur Darstellung von Ablaufstrukturen werden Ab- %IX2.1 TRAN23
lauf-Funktionspläne verwendet, die auch als SFC
(Sequential Function Chart) bezeichnet werden.
S_3 Aktion
Darstellung von Schritten und Transitionen
&
Jeder mögliche Zustand einer Steuerung wird im %IX3.0
Ablauf-Funktionsplan durch einen Schritt dargestellt. TRAN31
Ein Schritt ist entweder aktiv oder inaktiv und stellt
einen Zustand der Steuerung dar. Ein Schritt muss
Bild 20 Einfache (lineare) Ablaufkette
grafisch durch einen Block dargestellt werden, der
einen Schrittnamen in Form eines Bezeichners ent-
Verzweigte Ablaufkette:
hält, siehe Bild 19.
Eine Sonderstellung nimmt der Anfangsschritt ein, Man unterscheidet je nach Art der Verzweigung
der durch eine doppelte Umrahmung gekennzeichnet zwischen der Alternativ-Verzweigung und der Simul-
ist. Der Anfangsschritt muss beim Start des Ablaufs tan-Verzweigung.

Anfangsschritt
S_1
(Initialschritt)

Transition gerichtete Verbindungen


(Übergang) (Wirkungslinien)

Schritt
(Zustand) S_2
Bild 19
Aktion Darstellung von Ablaufschritten
Automatisierungstechnik 709

• Alternativ-Verzweigung (1- aus n-Verzweigung, onsbedingung von TRAN_12 den booleschen Wert
ODER-Verzweigung); es erfolgt die Auswahl und FALSE hat, wird der Schritt S_7 aktiviert und Schritt
Bearbeitung nur eines Kettenstranges aus mehre- 1 deaktiviert. Damit kann es in dieser Phase des
ren Kettensträngen. Am Verzweigungsanfang darf Ablaufs nicht mehr zu einer Aktivierung der Schritte
zur gleichen Zeit nur eine Transitionsbedingung S_2 und S_5 kommen. Der Übergang von Schritt S_8
wahr sein (Verriegelung) oder es muss eine Priori- zu Schritt S_4 erfolgt erst, wenn die Transitionsbe-
tät vorgegeben werden, indem der Strang mit der dingung von TRAN_84 den booleschen Wert TRUE
niedersten Nummer die höchste Priorität hat. Zu- annimmt. Schritt S_8 wird dann von S_4 zurückge-
sätzlich wird mit einem Stern ( ) angegeben, dass setzt.
die Transitionen von links nach rechts bearbeitet Für den Fall, dass der Anfangsschritt S_1 aktiv ist
werden. Jedes Strang-Ende muss eine eigene und die Transitionsbedingungen von TRAN_12 und
Transitionsbedingungen zum Verlassen des Ket- TRAN_17 den booleschen Wert TRUE haben, wird
tenstranges aufweisen. Anfang und Ende von Al- wegen der festgelegten Priorität die Simultan-
ternativ-Verzweigungen werden durch waagerech- Verzweigung bearbeitet. Es werden die Schritte S_2
te Einfachlinien dargestellt. und S_5 aktiviert und der Vorgängerschritt S_1
• Simultan-Verzweigung (Parallelbearbeitung meh- deaktiviert. Der Schritt S_4 wird erst erreicht, wenn
rerer Kettenstränge, UND-Verzweigung); es er- die Vorgängerschritte S_3 und S_6 aktiv sind und die
folgt die gleichzeitige Aktivierung der Anfangs- Transitionsbedingung von TRAN_34 den booleschen
schritte mehrerer Kettenstränge, die dann aber un- Wert TRUE annimmt. Die Schritte S_3 und S_6
abhängig voneinander bearbeitet werden. Alle werden dann von S_4 zurückgesetzt.
Kettenstränge unterliegen auf der Anfangsseite
nur einer vorgelagerten gemeinsamen Transitions- Schleifen und Sprünge
bedingung. Bei der Zusammenführung der Ketten- Ein Sprung führt unter Steuerung durch eine Transi-
stränge (Endeseite) darf nur eine gemeinsame tionsbedingung von einem Schritt zu einem entfern-
Transitionsbedingung vorhanden sein. Anfang und ten anderen Schritt, wobei der durch den Sprung
Ende von Simultan-Verzweigungen werden durch gebildete Zweig keine Schritte enthält.
waagerechte Doppellinien dargestellt. Eine Schleife kann die Folge eines Sprunges sein,
indem unter Steuerung durch eine Transitionsbedin-
TRAN41 Alternativ-Verzweigung gung auf einen Vorgängerschritt zurückgesprungen
(Anfang) wird. Dabei muss verhindert werden, dass sich das
S_1 Simultan-Verzweigung Programm in einer Endlosschleife verfängt.
(Anfang)
Stern Schleife
Priorität 1 2
TRAN12 TRAN17
S_1

S_2 S_5 S_7


TRAN12 TRAN14
Sprung Endlos-
TRAN23 TRAN56 TRAN78 schleife
S_2 S_4

S_3 S_6 S_8


TRAN23 TRAN45

TRAN34 TRAN84
S_3 S_5

S_4
Simultan-Verzweigung
TRAN31 TRAN54 TRAN52
(Ende)
TRAN41 Alternativ-Verzweigung
S_1 (Ende) Bild 22 Sprung und Schleife

Bild 21 Verzweigte Ablaufkette Aktionen, Aktionsblock


Mit einem Schritt ist in der Regel eine Aktion ver-
Wenn zum Beispiel der Anfangsschritt S_1 aktiv ist bunden. Ein Schritt ohne zugehörige Aktion übt eine
und die Transitionsbedingung von TRAN_17 den Warte-Funktion aus bis die nachfolgende Transi-
booleschen Wert TRUE liefert während die Transiti- tionsbedingung erfüllt ist. Da der Ablauf-Funktions-
710 Automatisierungstechnik

plan beschreiben soll, was in der gesteuerten Anlage Im einfachsten Fall wird in Feld “b” der Name einer
zu geschehen hat, wird in der Norm der Begriff booleschen Variablen und in Feld “a” ein zutreffen-
Aktion anstelle von Befehl verwendet. des Bestimmungszeichen eingetragen.
Der Aktionsblock ist ein grafisches Element zur
Darstellung von Aktionen. Der Aktionsblock ist nicht
Teil eines Schrittes und damit auch nicht Teil der D Heizung Ein
S_2 t #10s
Ablaufkette. Der Aktionsblock kann mit einem
Schritt verknüpft oder als grafisches Element in einer
Kontaktplan- bzw. Funktionsplandarstellung verwen-
Die Aktion wird ausgeführt, wenn der zugehörige
det werden. Nachfolgend wird jedoch die Verknüp-
Schritt gesetzt ist und eine Aktionssteuerung die
fung von Schritt und Aktionsblock bevorzugt.
Freigabe erteilt. Die Aktionssteuerung sorgt für die
In vollständiger Darstellung besteht der Aktionsblock
richtige Umsetzung der im Feld “a” eingetragenen
aus vier Teilflächen, die nicht alle genutzt werden
Bestimmungszeichen. Im Beispiel lautet die Aktion
müssen:
„Heizung EIN“ und es ist das Bestimmungszeichen D
zusammen mit einer Zeitangabe im Feld “a” einge-
tragen. Ergebnis: Die Heizung wird verzögert einge-
S_2 “a” “b” “c” schaltet.
“d” Es ist zulässig, mehrere Aktionen mit einem Schritt
zu verbinden. Dies wird grafisch dargestellt durch
• Feld “a”: Bestimmungszeichen aneinander gereihte Aktionsblöcke.
• Feld “b”: Aktionsname
• Feld “c”: Anzeigevariable
• Feld “d”: Beschreibung der Aktion in AWL; ST; L Pumpe Ein
S_3 t # 20s
KOP, FBS
N Zylinder_vor Pos_1
Pos_1

N-Befehl (nichtgespeichert) 1
Schritt 2
0
S_2 N Motor Ein
1
Motor
0

S-Befehl (Setzen, gespeichert)


1
S_3 S Motor Ein Schritt 3
0
1
Motor
R-Befehl (Rücksetzen) 0
1
S_5 R Motor Aus Schritt 5
0

1 Ist Schritt 6 kürzer als T#20s, verkürzt


L-Befehl (zeitbegrenzt) Schritt 6 sich auch die Einschaltzeit der Pumpe.
0
S_6 L 20s
Zeitg1:Pumpe Ein
t # 20s 1
Pumpe
0

D-Befehl (zeitverzögert) 1
Schritt 8
0
S_8 D 10s
Zeitg2:Heizung Ein
t #10s
1
Heizung
0

Bild 23 Bestimmungszeichen N, S, R, L und D für Aktionen nach IEC 61131-3


Automatisierungstechnik 711

Tabelle 6 Symbole für Aktionen nach GRAFCET

Speichernde Aktion
Aktion wird bei Aktivierung des Schrittes gespeichert.
S_6 Aktion A:=1 Beispiel: Setze den Wert der booleschen Variablen A auf TRUE

Zeitverzögerte Aktion
3s/S_7 Die verzögerte Aktion ist eine kontinuierlich wirkende Aktion, bei der die
S_7 Aktion B Zuweisungsbedingung erst nach 3s erfüllt ist.
Beispiel: Ausgang B nimmt den Wert TRUE an, nachdem drei Sekunden seit
der Aktivierung von Schritt S_7 vergangen sind.
Zeitbegrenzte Aktion
3s/S_8 Die begrenzte Aktion ist eine kontinuierlich wirkende Aktion, bei der die
S_8 Aktion C Zuweisungsbedingung während der Dauer von 3s erfüllt ist.
Beispiel: Ausgang C erhält den Wert TRUE für drei Sekunden nach Aktivie-
rung von Schritt S_8.
Bedingte Aktion
S3 Die Zuweisungsbedingung S3 beeinflusst die kontinuierlich wirkende Aktion.
S_9 Aktion V Beispiel: Ausgang V erhält den Wert TRUE, wenn in Schritt 9 Bedingung S3
erfüllt ist.
Als boolesche Gleichung: V = S_9 & S3

Im Aktionsfeld “c” kann eine boolesche Anzeige- Bedienfeld


Variable eingetragen werden, die durch die Aktion
gesetzt werden kann, um die Erledigung oder einen
Signale
Fehlerfall (z.B. Zeitüberschreitung) anzuzeigen oder
als Weiterschaltbedingung verwendbar ist.
Betriebsartenteil
Bestimmungszeichen für Aktionen (IEC 61131-3)
Die Verknüpfung einer Aktion mit einem Schritt Signale Betriebsartensignale
der Anlage Schrittnummer B0 B1 B2 B3
erfolgt formal durch ein sog. Bestimmungszeichen.
Für jedes Bestimmungszeichen (N, S, R, L, D u.a.)
muss in der Ablaufsteuerung eine Programmteil mit Ablaufkette
einer entsprechenden Ansteuerlogik für die im Feld Verriegelg.
Zeiten, Schrittnummer
“b” angegebene boolesche Ausgangsvariable vorhan-
Zähler
den sein. Im Bild 23 ist für einzelne Bestimmungs-
Aktionsausgabe
zeichen die Art der Ansteuerlogik mit Liniendia-
grammen beschrieben.
Die DIN EN 60848 unterteilt den Aktionsblock nicht. Signale an Stellgeräte
Die Art der Aktionsausgabe wird dort durch Symbole
am Aktionsblock festgelegt, siehe Tabelle 6. Bild 24 Struktur einer Ablaufsteuerung
Welche der Darstellungen verwendet wird, bestim-
men in der Praxis die Vorteile für den jeweiligen Betriebsartensignale
Anwendungszweck. Ablaufsteuerungen werden mit
Betriebsartensignale sind die vom Betriebsartenpro-
speziellen Software-Tools der Automatisierungsfir-
gramm erzeugten Steuersignale für das Weiterschal-
men entwickelt, die viel Detailarbeit übernehmen.
ten und Rücksetzen der Ablaufkette sowie für die
Freigabe von Aktionen.
9.3 Betriebsartenteil und Bedienfeld
Ablaufsteuerungen in der Praxis bestehen aus Ablauf- • Rücksetzen RESET (B0)
ketten und verfügen über einen übergeordneten Be- RESET wirkt durch die Übergabevariable B0 auf
triebsartenteil für die Inbetriebnahme, Anlagenbetrieb einen Eingangsparameter RUECKSETZ des Ablauf-
und Störungsbeseitigung. Ablaufsteuerungen bestehen kettenbausteins und versetzt die Schrittkette in die
im Prinzip immer aus folgenden Komponenten: Grundstellung oder wirkt über den RESET-Eingang
712 Automatisierungstechnik

Steuerung A4 Betriebsarten Automatik

AUS EIN A5

E0 E1 Beenden
E2 E4
0 Autom. Betr.

Hand / Einzelschritt
Schrittanzeige
Weiter_oB
A0 E5
0
Weiter_mB
A1 Start / Quittierung
A2 Aktion_Freigabe
E3
A3 E6

Bild 25 Beispiel eines Bedienfeldes für Ablaufsteuerung

des Aktionsbausteins und setzt dort Speicher, Zeit- Taster E0: Steuerung: AUS
glieder und Zähler zurück. Taster E1: Steuerung: EIN
Hinweis: Statt der beiden Taster kann
• Freigabe der Kette mit Bedingungen auch ein EIN-AUS-Schalter bzw. ein
FREI_K_mB (B1) Schlüsselschalter verwendet werden.
FREI_K_mB wirkt durch die Übergabevariable B1 Schalter E2: Betriebsart
auf einen Eingangsparameter WEITER_mB im Wahl der Betriebsart: E2 = 1 für Auto-
Ablaufkettenbaustein. Nur wenn B1 = 1 ist, wird bei matik, E2 = 0 für Handbetrieb.
erfüllten Weiterschaltbedingungen der nächste Schritt Während eines Bearbeitungsprozesses
gesetzt. Das B1-Signal kann ein Impuls bei Hand- kann zwischen Automatik und Hand-
Einzelschrittbetrieb oder ein Dauersignal bei Auto- betrieb umgeschaltet werden.
matikbetrieb sein. Taster E3: Start/Einzelschritt
Bei E2 = 1 (Automatik) werden durch
• Freigabe der Kette ohne Bedingungen Betätigung von E3 der Automatikbetrieb
FREI_K_oB (B2) für das Weiterschalten der Ablaufkette
mit Bedingungen sowie die Freigabe der
FREI_K_oB wirkt durch die Übergabevariable B2
Aktionen eingeschaltet und somit der
auf einen Eingangsparameter WEITER_oB im Ab-
automatische Ablauf der Kette gestartet.
laufkettenbaustein. Nur wenn B2 = 1 ist, wird im
Bei E2 = 0 (Hand-/Einzelschrittbetrieb)
Hand-Einzelschrittbetrieb der nächste Schrittspeicher
erfolgt bei Betätigung von E3 eine Ein-
gesetzt, ohne dass die Weiterschaltbedingung erfüllt
zelschritt-Weiterschaltung der Schritt-
sein muss. Das B2-Signal muss immer ein Impulssig-
kette.
nal mit der Länge von einer Zykluszeit sein.
Bei ausgeschalteter Steuerung kann
• Freigabe Aktion FR_AKTION (B3) durch Betätigen der Start/Quittierungs-
Taste ein RESET zum Rücksetzen der
FR_AKTION wirkt durch die Übergabevariable B3 Schrittkette und der gespeicherten Akti-
auf einen Eingangsparameter FREIGABE des Ak- onen ausgelöst werden, wenn sich die
tionsbausteins und kann dort einen Aktionsausgang Anlage in der Grundstellung befindet.
freischalten bzw. sperren. Taster E4: Beenden Automatikbetrieb
Vorwahl zum Beenden der Betriebsart
Funktionen eines Bedienfeldes Automatik bei Erreichen der Grundstel-
Eingriffe in Steuerungen sollen von einem Bedienfeld lung der Ablaufkette (vollständig been-
aus erfolgen, dessen Bedienoberfläche auf die Erfor- deter Bearbeitungsprozess).
dernisse von Ablaufsteuerungen mit Betriebsartenteil Schalter E5: Weiterschaltbedingung für Hand-/
abgestimmt ist. Einzelschrittbetrieb
Die Kenntnisnahme der Einzelfunktionen der Be- Bei E2 = 0 (Hand-/Einzelschrittbetrieb)
fehlsgeber und Anzeigen des beispielhaften Bedien- muss die Art der Ablaufketten-Weiter-
feldes verdeutlicht die Komplexität und Praxisnähe schaltung festgelegt werden. Zur Aus-
von Ablaufsteuerungen. wahl stehen E5 = 1 (Weiterschalten
Automatisierungstechnik 713

ohne Bedingungen) und E5 = 0 (Weiter- lich zur Verfügung stehen und Fernparametrierungen
schalten mit Bedingungen). intelligenter Sensoren möglich sind.
Taster E6: Aktions-Freigabe Je nach Anwendungsbereich werden in der Automati-
In der Betriebsart Handbetrieb wird sierungstechnik unterschiedliche Bussysteme einge-
durch Taster E6 die Aktion des aktiven setzt, deren wichtigste Merkmale ihre sog. Echtzeitfä-
Schrittes solange ausgeführt, wie E6 be- higkeit und Störsicherheit sind. Echtzeit bedeutet, dass
tätigt ist. die neuen Daten immer „rechtzeitig“ eintreffen. Zu
spät eintreffende Daten können sonst zu gefährlichen
Anlagenzuständen führen. Verwendet werden nur noch
10 Kommunikation standardisierte, offene Bussysteme. Standardisiert be-
in Automatisierungssystemen deutet international genormt in der IEC 61158 und
Offenheit gewährt den Zugang zu Spezifikationen und
Die Automatisierungstechnik befindet sich im
Technologien, damit sich neue Anbieter mit eigenen
Umbruch. Durch Anwendung moderner Kommuni-
Produkten am System beteiligen können. Für die
kationstechnik erhofft man sich entscheidende Ver-
Nutzer ergibt sich so der Vorteil einer größeren Unab-
besserungen bei Effizienz und Flexibilität der
hängigkeit von Herstellern bei der Auswahl der zu
Automatisierungsprozesse. Der Begriff der Automa-
vernetzenden Anlagenkomponenten.
tisierungstechnik umfasst heute mehr als nur das
Im prozessnahen Bereich der Anlage, der Feldebene,
Automatisieren im Sinne von Steuern, Regeln und
findet man überwiegend sogenannte Feldbussysteme
Visualisieren, eingeschlossen ist auch das Kommuni-
mit Master-Slave-Kommunikation vor. Die Slaves
zieren.
sind die Buskomponenten, über die alle Eingangs-
Zwischen den Anlagenkomponenten eines Automati-
und Ausgangssignale der Anlage erfasst bzw. ausge-
sierungssystems müssen in der Regel Informationen
geben werden. Die Master-Station ist ein Kommuni-
ausgetauscht werden. Das sind im einfachsten Fall
kationsprozessor, der für die zyklische Bedienung der
Signale von Sensoren und Aktoren, die zum überge-
zugeordneten Slave-Stationen sorgt, indem er die
ordneten Automatisierungsgerät gelangen müssen
Daten von Eingängen der Slaves abholt bzw. an
oder von dort herkommen. In anderen Fällen handelt
Ausgänge von Slaves ausliefert. Bekannte Master-
es sich um Messwerte, Statusmeldungen und Diagno-
Slave-Systeme für den Feldbereich sind der AS-i-Bus
seinformationen, die schon kompliziertere Daten
(Aktor-Sensor-Interface), der PROFIBUS-DP (Pro-
darstellen. Realität ist auch, dass Auftragsdaten der
cess Field BUS-Dezentrale Peripherie), der INTER-
Produktion zwischen Büro und Fertigungsanlage
BUS-S und andere Systeme. In der Feldebene zählen
übertragen werden müssen. Es liegen also umfangrei-
Bussysteme seit vielen Jahren zum Stand der Tech-
che Kommunikationsbeziehungen in der Automatisie-
nik. In komplexeren Anlagen mit mehrerer SPSen
rungstechnik vor, zu deren Bewältigung moderne
kann jedoch auch ein Datenaustausch zwischen
Kommunikationssysteme verwendet werden.
Steuerungsstationen (SPSen) erforderlich sein. Das
erfordert bereits die höherwertige Master-Master-
10.1 Bussysteme Kommunikation, die aber auch noch dem Produkti-
Die klassische Informationsübertragung von Prozess- onsbereich der Fabrik zuzurechnen ist. Muss ein noch
signalen mittels analoger Spannungs- oder Stromwer- weitergehender Datenaustausch unter Einbeziehung
te passt nicht zur digitalen Datenverarbeitung in den von Bürobereichen, z.B. der Fertigungssteuerung,
Automatisierungsgeräten. Es ist deshalb naheliegend, verwirklicht werden, so wird eine zweite Netzinfra-
auch die Informationsübertragung auf eine digitale struktur neben dem vorhandenen Feldbussystem
Grundlage zu stellen. Um gleichzeitig den Verkabe- erforderlich. Hierfür bietet sich dann das im Bürobe-
lungsaufwand so gering wie möglich zu halten, über- reich bereits etablierte Ethernet-TCP/IP-Netz an.
trägt man Daten über Bussysteme in Form serieller Schon lange wurde gefordert, das TCP/IP-Netz in die
Zweidrahtverbindungen, an die alle Teilnehmer Fertigungsebene zu verlängern bei gleichzeitiger
angeschlossen sind. Für den Informationsaustausch Erfüllung der Echtzeitbedingung. Ein Beispiel hierfür
werden Telegramme mit entsprechenden Sende- und ist PROFINET als neues Kommunikationssystem.
Empfangsadressen sowie den Nutzdaten gebildet. Ein Bild 26 gibt eine Übersicht zu Bussystemen in der
solches digitales Kommunikationssystem ist leichter industriellen Kommunikation.
erweiterbar durch Anschluss weiterer Teilnehmersta-
tionen und Änderungen erfordern zum großen Teil 10.2 PROFINET – Offener Industrial
nur softwaremäßige Eingriffe. Digitale Kommunika- Ethernet Standard
tionssysteme vereinfachen nicht nur den sonst erfor-
derlichen Verdrahtungsaufwand radikal, sondern PROFINET bietet sich als ein offenes und durchgän-
bringen für den Anlagenbetreiber auch noch einen giges Konzept für Automatisierungslösungen auf
Zusatznutzen, indem außer den eigentlichen Mess- Ethernetbasis an, im Bereich von Einzelmaschinen
werten nützliche Anlageninformationen wie z.B. bis hin zu modular aufgebauten Anlagen mit verteil-
Fehlermeldungen ohne großen Mehraufwand zusätz- ter Steuerungsintelligenz und gewährleistet dabei
714 Automatisierungstechnik

Produktionssteuerung und Wirtschaftlichkeit

Bussysteme: Kommunikations-
Verfügbarkeit und Qualität protokolle:
Aufträge Unternehmes- Ethernet- HTTP
IT-
Instandhaltung ERP TCP/IP OPC
leitebene Kommunikation

Anlagenvisualisierung (S)RT
Betriebsleit- Daten- PROFINET
Programmierung IRT
ebene MES Kommunikation auf Switched
Diagnose UDP/IP
Fast Ethernet TCP/IP

SPS Steuerungs-- Feld- PROFIBUS DP, PA


Aktoren, Sensoren Control
ebene Kommunikation AS-Interface
Bedienen/Beobachten Fertigung-, Prozess-, Gebäude- EIB
Automatisierung

Produktion

Bild 26 Industrielle Kommunikation


ERP = Enterprise Ressource Planning, MES = Manufacturing Execution Systems

1
2
GSD
GSDML
L

7
5

Bild 27 Bussystem PROFINET IO


Ziffer PROFINET IO PROFIBUS DP Bemerkung
1 IO-System DP-Mastersystem Alle Geräte (IO-Controller, IO-Devices) und
Kommunikationsverbindungen
2 IO-Controller DP-Master Gerät, über das angeschlossene Feldgeräte
angesprochen werden
3 IO-Device DP-Slave Dezentrale Feldgeräte z.T. mit eigener CPU
4 Industrial Ethernet Profibus Netzwerkinfrastruktur mit Switches (im
Bild 27 nicht dargestellt)
5 IO-Supervisor PG/PC Programmieren, Inbetriebnahme/Diagnose
DP-Master Klasse 2
6 HMI = Human HMI Gerät zum Bedienen und Beobachten mit
Machine Interface Zugriff auch auf IO-Devices über Ethernet!
7 GSD GSD Gerätebeschreibungsdatei für die
(XML-Datei) (ASCII-Datei) IO-Devices und DP-Slaves
Automatisierungstechnik 715

durch Einbinden von PROFIBUS DP einen Investi- PROFINET-Kommunikationskanäle


tionsschutz. Die PROFINET-Kommunikation findet über Indus-
Das Grundkonzept besteht aus trial Ethernet statt. Dabei werden die folgenden
• PROFINET IO (dezentrale Feldgeräte) und Übertragungsarten unterstützt:
• PROFINET CBA (verteilte Automatisierung) 1. Zyklische Übertragung von zeitkritischen Daten
(Nutzdaten)
und schließt folgenden Leistungsumfang ein:
2. Azyklische Übertragung von Engineering-Daten
• Industrial Ethernet-Netzwerke mit aktiven Netz- und zeitunkritische Parametrierungs-, Konfigurie-
komponenten (Switches, Router) rungs- und Diagnose-Daten.
• Integration bestehender Feldbussysteme (PROFI- Für die genannten Übertragungsarten werden unter-
BUS DP, INTERBUS,...) schiedliche Transportprotokolle verwendet, die man
• Kommunikationskanäle für anforderungsabhängi- sich vereinfacht als Transportkanäle unterschiedlicher
ge Übertragungsleistung Leistungsstufen vorstellen kann. Bild 28 gibt eine
• Herstellerübergreifendes Engineeringkonzept (Pro- Übersicht:
jektierung, Programmierung)
• Einsatz von IT-Technologien (Netzwerkadminist- • TCP/UDP-IP-Kanal (Standard-Transportproto-
ration, Webserver, E-Mail, OPC) koll der IT-Welt) für die Übertragung zeitunkrit-
• Sicherheitsgerichtete Kommunikation scher PROFINET-Daten. Dieser Transportkanal
steht auch zur generellen Anbindung der Automa-
tisierungssysteme an die übergeordneten Ethernet-
PROFINET IO Netze wie den Firmen-eigenen Intranets und dem
öffentlichen Internet zur Verfügung.
PROFINET IO ist die Kurzbezeichnung für das • SRT-Kanal (Soft Real Time) für zeitkritische
Steuerungskonzept „Dezentrale Feldgeräte“, dass mit PROFINET-Daten. Hierbei handelt es sich um ein
einem Industrial Ethernet Netzwerk ein zentrales spezielles Transportprotokoll von PROFINET, um
Steuerungsgerät (IO-Controller) mit dem dezentralen die im Feldbusbereich geforderte Echtzeitkommu-
Feldgerätebereich (IO-Devices) verbindet und somit nikation zu ermöglichen. Werden Aktualisierungs-
eine Ähnlichkeit mit dem weitverbreiteten Feldbus- zeiten von ca. 10 ms bei zyklischer Datenübertra-
system PROFIBUS-DP besitzt. Die Nutzdaten der gung gefordert, wird von „weicher“ Echtzeitbe-
Feldgeräte werden auch wieder zyklisch in Echtzeit dingung gesprochen. Das SRT-Transportprotokoll
in das Prozessabbild des IO-Controllers übertragen wird als Software auf Basis vorhandner Control-
oder in umgekehrter Richtung an die IO-Devices ler realisiert.
ausgegeben. Das verwendete Kommunikationsmodell • IRT-Kanal (Isochrone Real Time) für ganz beson-
heißt Provider-Consumer-Verfahren und nicht mehr ders anspruchsvolle Anforderungen an die Übertra-
Master-Slave-Verfahren, obwohl der Datenverkehr gung von PROFINET-Daten wie beispielsweise für
mit den Feldgeräten in beiden Systemen nach dem Antriebssteuerungen. Hier sind „harte“ Echtzeitbe-
gleichen Prinzip abläuft. PROFIBUS regelt den dingungen einzuhalten, d.h. Aktualisierungszeiten
Buszugriff über die Token-Weitergabe, von der die von ca. 1 ms bei einer garantierten Taktgenauigkeit
DP-Slaves ausgeschlossen sind. Im Ethernet-Sys- bis auf 1 μs. Die IRT-Kommunikation ist zeit-
tem ist das nicht möglich, weil alle Teilnehmer am schlitzgesteuert und setzt eine entsprechende Kon-
Netz beim Buszugriff gleichberechtigt sind. Der figurierung mit IRT-fähigen Geräten einschließlich
Provider sendet seine Daten ohne Aufforderung des der Switches voraus. IRT-fähige Switches schalten
Kommunikationspartners. Den IO-Devices wird die Verbindungen zeitsynchronisiert (nicht adress-
deshalb beim System-Hochlauf mitgeteilt, dass sie gesteuert) bereits vor dem Eintreffen der Ethernet-
mit einem Buszyklus von z.B. 10 ms mit aktuel- Telegramme durch. Die Realisierung des IRT-
len Daten versorgt werden. Die Eigenschaften der Transportprotokolls erfolgt auf Hardware-Basis
IO-Devices werden durch deren GSD-Datei (Gen- durch einen ASIC. PROFINET nutzt auch das Prin-
eral Station Description auf XML-Basis) beschrie- zip der „Telegramm-Priorisierung“, um die Über-
ben, wie dieses auch von PROFIBUS DP her bekannt tragung der Daten durch das Ethernet-Netzwerk zu
ist. verbessern. Vordringlichere Telegramme sollen die
Die Steuerungsintelligenz in Form eines Anwender- weniger eiligen Telegramme überholen können.
programms befindet sich bei PROFINET IO oftmals Netzwerkkomponenten wie Switches können den
nur im IO-Controller, kann aber auch teilweise in Datenfluss priorisierter Telegramme steuern, dazu
intelligenten IO-Devices (Feldgeräte mit eigener verwenden sie Zwischenspeicher.
CPU) untergebracht sein, auch wieder vergleichbar
mit dem PROFIBUS DP-System.
10.3 OPC-Technologie
Das Bild 27 zeigt zusammen mit der anschließenden
Gegenüberstellung der Grundbegriffe die Ähnlichkeit Die OPC-Technologie (OLE for Process Control)
beider Systeme auf. bildet eine Datenbrücke zwischen einer Applikation,
716 Automatisierungstechnik

IT-Applikationen PROFINET-Anwendungen 1 TCP/IP-Kanal


HTTP Parametrieren und Konfigurieren
FTP Standard Echtzeit Lesen von Diagnosedaten
SNMP Kanal Kanal Aushandeln des Nutzdatenkanals
DHCP
OPC 1 2 3

2 SRT-Kanal
TCP/UDP
Zyklische Nutzdatenübertragung
Ereignisgesteuerte Meldungen
undAlarme
IP

SRT IRT 3 IRT-Kanal


Ethernet Taktsynchrone
Nutzdatenübertragung

Bild 28 Kommunikationskanäle bei PROFINET

die Prozessdaten übergeordnet zu verarbeiten hat und 11 Steuerungssicherheit


einer Steuerungs-Hardware, die als gerätespezifischer
Datenlieferant angesehen werden kann. OPC ist ein Jede Maschinensteuerung ist mit einem Fehlerrisiko
Client-Server-System. behaftet, dass sich durch besondere Maßnahmen bei
Ein OPC-Server ist eine Software-Komponente, die der Entwicklung, Fertigung, Inbetriebnahme und
der Hersteller einer SPS-Hardware für diese zur Bedienung verringern aber nicht völlig ausschließen
Verfügung stellt, damit von übergeordneten Anwen- lässt. Fehlerursachen sind technisches oder menschli-
derprogrammen (z.B. MS Excel) aus auf die spezifi- ches Versagen.
sche Hardware zugegriffen werden kann. Für den Sicherheitsrelevante Maßnahmen sind nicht allein
OPC-Server, der auf einem PC läuft, muss eine unter- unter dem Aspekt der technischen Funktion (Wie
lagerte Kommunikationsverbindung zur Hardware funktioniert die Sicherheitsmaßnahme?) sondern be-
des Herstellers eingerichtet werden, z.B. PROFIBUS sonders auch unter rechtlichen Gesichtspunkten
oder Industrial Ethernet-TCP/IP. (Welche Sicherheitsvorschriften gelten?) zu sehen.
Im Anwenderprogramm muss ein OPC-Client ange- Hinter allem aber steht eine soziale Verantwortung
legt und konfiguriert werden, um auf einen OPC- des Geräteherstellers und Betreibers, der sich bewusst
Server und somit auf die Prozessdaten beispielsweise sein sollte, dass der Werker an einer Maschine davon
einer SPS lokal oder entfernt zugreifen zu können. ausgeht, dass diese sicher ist.
Die Entwicklung eines OPC-Client-Programms kann
beispielsweise mit Excel-VBA oder durch Einbin-
dung eines fertigen ActiveX-Elements gelöst werden.

Sicherheits- Typ
grundnormen A-Normen
Gestaltungsleitsätze,
Grundbegriffe für Maschinen
Typ
Sicherheits-
B-Normen
gruppennormen
B1-Normen B2-Normen
Allgemeine Bezug auf spezielle
Sicherheitsaspekte Sicherheitseinrichtungen
Bild 29:
Fach- Typ C-Normen Hierarchie des
normen europäischen
Spezifische Sicherheitsmerkmale
einzelner Maschinengattungen
Normenwerkes für
Sicherheit von
Maschinen
Automatisierungstechnik 717

11.1 Europäische Richtlinien • Safety Integrity Level in IEC 61508: SIL 1 bis
und Sicherheitsnormen SIL 4 (Höchststufe)
• Kategorien in der DIN EN 954-1: KAT 1 bis
Drei für die Steuerungstechnik wichtige EG-Richt- KAT 4 (Höchststufe)
linien seien hier besonders erwähnt:
• Niederspannungsrichtlinie 73/23/EWG: Schutz Startfunktion
vor Gefahren durch elektrischen Strom bei • Start-Funktionen müssen durch Erregen des ent-
Niederspannungsgeräten im Spannungsbereich sprechenden Kreises erfolgen.
50 ... 1000 VAC, 75 ... 1500 VDC, CE-Kenn-
zeichnungspflicht seit 1997. Stoppfunktionen
• Maschinenrichtlinie 89/392/EG, letzte Fassung • Stopp-Funktionen müssen durch Entregen des
98/37 EG: Grundlegende Anforderungen an die entsprechenden Kreises erfolgen und haben Vor-
Sicherheit der Maschinen zum Schutz der Ge- rang vor zugeordneten Start-Funktionen. Das
sundheit des Betreibers. Inzwischen gilt diese Rücksetzen der Stopp-Funktion darf keinen Ge-
Richtlinie auch für Sicherheitsbauteile, CE- fahr bringenden Zustand einleiten. Bei den Stopp-
Kennzeichnungspflicht seit 1995. Funktionen werden die Kategorien 0, 1 und 2 un-
• EMV-Richtlinie 89/336/EWG (Elektromagneti- terschieden.
sche Verträglichkeit): Zwei grundlegende Anfor-
Anforderungen der Stopp-Kategorien:
derungen an die Geräte sind die sehr allgemein
gehaltenen Grenzen für Störaussendung und Stör- 1. Kategorie 0 ist ein Stillsetzen durch sofortiges
festigkeit bei Einstrahlung, CE-Kennzeichnungs- Abschalten der Energiezufuhr zu den Antrieben,
pflicht seit 1996. d.h. ein ungesteuertes Stillsetzen, z.B. durch Be-
tätigung des Motor Leistungsschalters und aller
Die europäischen Normen zur Sicherheit von Ma-
Bremsen (mechanischer Stillsetzeinrichtungen).
schinen weisen eine dreigeteilte hierarchische Struk-
tur auf:
• Typ A-Normen: Enthalten Gestaltungsleitsätze, Stopp-
die für alle Maschinen gültig sind. Befehl
• Typ B-Normen: Sind Sicherheits-Gruppennormen, EIN
die auf unterschiedliche Maschinengruppen an-
wendbar sind, wie z.B. DIN EN 60204-1: Elektri-
sche Ausrüstung von Maschinen. B2-Normen be- AUS M
t
handeln spezielle Sicherheitseinrichtungen, wie 3~
z.B. DIN EN 418: NOT-AUS-Einrichtungen. Bild 30 Stopp-Kategorie 0
• Typ C-Normen: Sind Sicherheits-Fachnormen und
beschreiben konkrete Anforderungen an einzelne 2. Kategorie 1 ist ein gesteuertes Stillsetzen, bei
Maschinenarten. dem die Energiezufuhr zu den Maschinenantrie-
Für Normen von Typ C gilt das „Vermutungsprin- ben beibehalten wird, um das gesteuerte Stillset-
zip“, d.h. bei Einhaltung dieser Normen darf vermutet zen ausführen zu können. Die Energiezufuhr wird
werden, dass die Anforderungen der betreffenden erst dann unterbrochen, wenn der Stillstand er-
EG-Richtlinien erfüllt sind. reicht ist, z.B. Gegenstrombremsung von Dreh-
strommotoren.
11.2 Sicherheitsbegriff
Der Begriff Sicherheit eines Steuerungssystems ist
auf die möglichen Folgen von auftretenden Fehlern Stopp- Still-
bezogen, die Personen und Sachen betreffen. Davon Befehl stand
zu unterscheiden ist der Begriff der Verfügbarkeit n=0
eines technischen Systems, die zwischen 0 und 100 % EIN
Antreiben Bremsen
liegen kann, unabhängig von der Bedeutung der Stillsetzen
möglichen Folgen eines Ausfalls.
AUS
Um funktionale Sicherheit einer Maschine zu errei-
chen, ist es erforderlich, dass die sicherheitsbezoge- t
nen Teile der Schutz- und Steuereinrichtungen kor-
M
rekt funktionieren und sich im Fehlerfall so verhalten, 3~
dass die Maschine in einem sicheren Zustand bleibt
oder dorthin gebracht wird. Bild 31 Stopp-Kategorie 1
Das Maß für die erreichte funktionale Sicherheit wird
in den Normen mit unterschiedlichen Wertigkeitsstu- 3. Kategorie 2 ist ein gesteuertes Stillsetzen, bei
fen ausgedrückt, und zwar mit: dem die Energiezufuhr zu den Maschinen-
718 Automatisierungstechnik

Tabelle 7 Beschreibung der Anforderungen für Sicherheitskategorien

Kategorie Kurzfassung der Anforderungen Systemverhalten Maßnahmen


B • Sicherheitsbezogene Teile von Steue- Das Auftreten eines Feh- z.B. 1-kanaliger Sicher-
rungen nach dem Stand der Technik. lers kann zum Verlust heitskreis, Erdung des
• Bauteile müssen den zu erwartenden der Sicherheitsfunktion Steuerstromkreises
Einflüssen standhalten. führen.
1 • Anforderungen von „B“ müssen erfüllt Das Auftreten eines Feh- zusätzlich z.B.:
sein. lers kann zum Verlust zwangsöffnende und
• Einsatz bewährter Bauteile und Si- der Sicherheitsfunktion zwangsgeführte Kon-
cherheitsprinzipien. führen, aber höhere Zu- takte
verlässigkeit als in Kate-
gorie B.
2 • Anforderungen von „B“ müssen erfüllt Das Auftreten eines Feh- zusätzlich z.B.:
sein. Einsatz bewährter Bauteile und lers kann zum Verlust Funktions-/Anlauftes-
Sicherheitsprinzipien. der Sicherheitsfunktion tung
• Testung der Sicherheitsfunktion in zwischen den Prüfungs-
angemessenen Zeitabständen durch abständen führen. Der
die Steuerung. Verlust der Sicherheits-
funktion wird durch die
Prüfung erkannt.
3 • Anforderungen von „B“ sind zu erfül- Wenn der einzelne Feh- zusätzlich z.B.:
len, Einsatz bewährter Bauteile und ler auftritt, bleibt die Si- 2-kanalige Ausführung
Sicherheitsprinzipien. cherheitsfunktion immer von Sicherheitskreisen
• Einfehler-Sicherheit: Ein einzelner erhalten. Einige aber
Fehler führt nicht zum Verlust der nicht alle Fehler werden
Sicherheitsfunktion. erkannt. Eine Anhäufung
• Der einzelne Fehler wird erkannt mit unerkannter Fehler kann
der Einschränkung „wann immer und zum Verlust der Sicher-
in angemessener Weise durchführbar“. heitsfunktion führen.
4 • Anforderungen von „B“ sind zu erfül- Wenn Fehler auftreten, zusätzlich z.B.:
len, Anwendung bewährter Prinzipien. bleibt die Sicherheits- Selbstüberwachung der
• 1-Fehlersicherheit ist gewährleistet. funktion immer erhalten. Sicherheitskreise,
• Erkennung des einzelnen Fehlers vor Die Fehler werden recht- Querschlusserkennung
oder bei nächster Anforderung an die zeitig erkannt, um einen
Sicherheitsfunktion (Selbstüberwa- Verlust der Sicherheits-
chung). funktion zu verhindern.
• Falls die Erkennung des einzelnen
Fehlers nicht möglich ist, darf eine
Anhäufung von Fehlern nicht zum
Verlust der Sicherheitsfunktion füh-
ren.

antrieben erhalten bleibt, z.B. Anhalten durch Handlungen im Notfall (NOT_AUS)


Vorgabe von Sollwert „0“.
Der neue Begriff Handlungen im Notfall ist Teil eines
Stopp- Stopp neuen Sicherheitskonzepts und steht für eine diffe-
EIN Befehl Energie renzierte Betrachtung der Handlungen, die im Notfall
auszuführen sind. Im informativen Anhang der Norm
Sollwert auf
Null setzen DIN EN 60204-1 wird das noch in der Beratung
Bewegung befindliche Konzept erläutert. Eine Handlung im
M
AUS Notfall schließt einzeln oder in Kombination ein:
t
1. Stillsetzen im Notfall (Risiko durch einen Pro-
G zessablauf oder eine Bewegung)
Bild 32 Stopp-Kategorie 2 2. Ingangsetzen im Notfall!
Automatisierungstechnik 719

3. Ausschalten im Notfall (Risiko durch elektrische eine enge Ausschnittsbetrachtung einer umfassenden
Gefährdung) Wissenschaft, die sich mit der gezielten Beeinflus-
4. Einschalten im Notfall! sung dynamischer Prozesse während des Prozessab-
Die Norm macht nur Aussagen über Stillsetzen im laufs beschäftigt und dafür mathematische Methoden
Notfall sowie Ausschalten im Notfall und bestimmt, zur Systembeschreibung und -untersuchung entwi-
dass beide durch eine einzige menschliche Handlung ckelt hat. Es geht hier nicht um die mathematische
auszulösen sind. Behandlung von Regelkreisen, sondern im Kern nur
Es besteht eine enge Anbindung der Notfallsignale an darum, für eine bestimmte Regelungsaufgabe einen
die Stoppkategorien: geeigneten Reglertyp auszuwählen und den Einfluss
seiner Regelparameter auf das Verhalten im Regel-
• Stillsetzen im Notfall muss entweder als Stopp der kreis kennenzulernen.
Kategorie 0 oder 1 wirken und über die Risikoana-
lyse bestimmt werden.
Für das Stillsetzen im Notfall der Kategorie 0 dür- 12.1 Unterschied zwischen Steuern und
fen nur festverdrahtete, elektromechanische Be- Regeln, regelungstechnische Größen
triebsmittel verwendet werden. Zusätzlich darf die
Kennzeichen einer reinen Steuerung ist der sog.
Funktion nicht von einer elektronischen Schaltlo-
offene Wirkungsablauf, d.h. die Eingangssignale ent-
gik (Hardware oder Software) oder von der Über-
halten keine Rückmeldungen über ihre aktuelle Aus-
tragung von Befehlen über ein Kommunikations-
wirkung auf den Prozess. Dieser Fall ist z.B. bei einer
netzwerk oder eine Datenverbindung abhängen.
einfachen Drehzahlsteuerung eines Motors gegeben,
Bei der Stopp-Funktion der Kategorie 1 für die
wie in Bild 33 dargestellt. Mit dem einstellbaren
Stillsetz-Funktion im Notfall muss die endgültige
Widerstand kann die Motordrehzahl gesteuert wer-
Abschaltung der Energie der Maschinen-An-
den. Eine unterschiedlich schwere Last tritt als Stör-
triebselemente sichergestellt sein und muss durch
größe auf und beeinflusst die tatsächliche Motordreh-
Verwendung von elektromechanischen Betriebs-
zahl. Eine solche Wirkungsstruktur bezeichnet man
mitteln erfolgen.
als Steuerung, im Sinne von Vorwärtssteuerung.
Anmerkung der Norm: Die Norm weist in ihrem
deutschen Vorwort daraufhin, dass in Fällen, in
+U
denen andere Normen andere technische Lösun-
gen zulassen als in DIN EN 60204-1 festgelegt ist,
diese anderen technischen Lösungen zur Anwen-
dung gelangen dürfen! Damit ist auch klargestellt,
dass elektronische Betriebsmittel doch für NOT-
AUS-Einrichtungen unabhängig von der Stopp- Auf w Y
Kategorie eingesetzt werden dürfen, wenn diese x
Ab
unter Anwendung der Normen DIN EN 954-1 M
(Risikoanalyse) und/oder IEC 61508 die gleiche
Sicherheit erfüllen, wie nach DIN EN 60204-1 ge-
fordert.
• Ausschalten im Notfall sollte vorgesehen werden, -U z
wo ein Schutz gegen direktes Berühren aktiver
Bild 33 Drehzahl-Steuerung
Stromkreisteile (z.B. Schaltgeräte in elektrischen
Betriebsräumen) nur durch Abstand oder Hinder-
nisse erreicht wird oder wo es die Möglichkeit Um die Darstellung unabhängig von einer bestimm-
einer anderen Gefährdung durch elektrische Ener- ten Anwendung zu machen, führt man allgemein-
gie gibt. gültige Symbole und steuerungstechnische Größen
Ein Ausschalten im Notfall wird durch Abschalten ein, wie Bild 34 zeigt, die man sich für den jewei-
der Maschine von der Versorgung erreicht mit der ligen Anwendungsfall anschaulich übersetzen muss,
Folge eines ungesteuerten Stillsetzens (Stopp-0- z.B.:
Kategorie) der Maschine. Ist das nicht zulässig,
w = Führungsgröße ⇒ die Ausgangsspannung des
kann es notwendig sein, einen anderen Schutz z.B.
Potenziometers (Sollwertvor-
gegen direktes Berühren vorzusehen, sodass ein
gabe)
Ausschalten im Notfall nicht notwendig ist.
y = Stellgröße ⇒ die Motorspannung;
x = Steuergröße ⇒ die Drehzahl, bei der man
12 Regelungstechnische Grundbegriffe einen gewünschten Sollwert
der Automatisierungstechnik und einen tatsächlichen Ist-
wert zu unterscheiden hat;
Die folgenden Kapitel über regelungstechnische z = Störgröße ⇒ die unterschiedlichen Las-
Grundbegriffe, Regelstrecken und Regler sind nur ten.
720 Automatisierungstechnik

w y x eine hinreichend häufige Abtastung des Messwertes.


Steuer- Steuerstrecke Die Angleichung der Regelgröße an die Führungs-
einrichtung (Prozess) größe wird durch das ablaufende Regelungspro-
gramm erreicht.
z Die SPS als Regler führt dabei einen Vergleich zwi-
schen Führungsgröße w und Regelgröße x (genauer:
Bild 34 Struktur einer Steuerung
Rückführgröße r) durch und ermittelt dabei die Re-
geldifferenz e. Aus der Regeldifferenz wird über die
Im Gegensatz zum Typ der Vorwärtssteuerung hat
Reglerfunktion das Reglerausgangssignal yR ermit-
eine Regelung einen Informationsrückfluss, sodass
telt. Dieses ist eine leistungsarme Signalgröße, die
ein geschlossener Wirkungsablauf entsteht, den man
einem Stellgerät zugeführt wird, das den passenden
als Regelkreis bezeichnet. Beim Motor in Bild 35
Anschluss an die Regelstrecke herstellt. Das Stellge-
wird die tatsächliche Drehzahl zu einem Regler
rät besteht oft aus einem Stellantrieb und einem
zurückgeführt. Hat sich die Drehzahl durch eine
Stellglied. Der Stellantrieb bildet aus dem Regleraus-
stärkere Belastung verringert, kann dies erkannt und
gangssignal yR die Stellgröße y und betätigt das
nachgeregelt werden. Steuerungen mit Rückführung
Stellglied, welches den Massen- oder Energiestrom
werden als Regelungen bezeichnet.
für die geregelte Anlage dosiert. Die Regelstrecke ist
+U derjenige Teil des Regelkreises, in dem die Regelgrö-
ße geregelt wird. Sie beginnt am Stellort, also dort,
wo die Stellgröße y in den Massen- oder Energie-
strom eingreift und endet am Messort, wo sich der
Regler Regelstrecke Messfühler zur Erfassung der Regelgröße x befindet.
Auf
w y Der Stellantrieb wird zur Regeleinrichtung gezählt,
y x weil er ein eigenes Zeitverhalten besitzt und damit
R
Ab das Gesamtzeitverhalten der Regeleinrichtung beein-
r M flusst. Das Stellglied dagegen wird zur Regelstrecke
Rückführung gerechnet, weil es sich um deren Ventile, Schieber,
Klappen oder elektronische Schalter (Transistoren,
z Thyristoren) handelt. Der Messfühler gehört ebenfalls
-U zur Regelstrecke, denn er arbeitet nicht trägheitslos
Bild 35 Drehzahlregelung und beeinflusst damit das Zeitverhalten der Regel-
strecke. Bild 36 zeigt die Struktur einer Regelung in
Regeln ist ein Vorgang, bei dem eine Größe, die man ausführlicher Darstellung. Gebräuchlich sind aber
die Regelgröße nennt, fortlaufend erfasst und mit auch vereinfachte Darstellungen, wenn sie ihren
einer anderen Größe, die man als Führungsgröße Zweck erfüllen.
bezeichnet, fortlaufend verglichen wird. Abhängig In den Lösungen von Automatisierungsaufgaben
vom Ergebnis des Vergleichs muss das Regelungs- kommen Steuerungen und Regelungen zusammen
programm eine Ausgangsgröße bilden, welche die vor. Geregelt werden muss immer dann, wenn Grö-
Regelgröße im Sinne einer Angleichung an die Füh- ßen auf genaue Werte geführt oder gegen den Ein-
rungsgröße beeinflusst. Der sich dabei ergebende fluss veränderlicher Störgrößen z konstant gehalten
Wirkungsablauf findet in einem geschlossenen Kreis, werden müssen. So ist z.B. eine Ablaufsteuerung vom
dem Regelkreis, statt. Prinzip her eine Steuerung. Wenn aber während der
Das Erfassen der Regelgröße erfolgt durch Messen Zeitdauer eines Schrittes z.B. die Temperatur eines
ihres aktuellen Wertes (Istwert). Die fortlaufende Mischgutes bei unterschiedlichen Füllmengen im
Erfassung bedeutet für eine SPS als Regler soviel wie Behälter konstant gehalten werden muss, kann dies

z
Vergleicher Stellort Messort
y y
w + e = w-x R Stell- x
Regelfunktion Stellantrieb glied Strecke

x Regler Stellgerät
(r)
Mess- Mess-
umformer fühler
Regeleinrichtung Regelstrecke

Bild 36 Ausführlich dargestellte Struktur eines Regelkreises


Automatisierungstechnik 721

nur mit einer unterlagerten Regelung erreicht werden. piellen Aufbau eines digitalen Reglers, der auch für
Die SPS kann eine Vielzahl zeitgleich ablaufender die SPS zutrifft.
Vorgänge steuern und regeln.
Takt TA
12.2 Regler-Technologien
In späteren Abschnitten werden Reglertypen nur noch w# + e# y#
Regel- D
im Sinne von ausführbaren Regelfunktionen, also - algorithmus A y
recht abstrakt, beschrieben. Die technologische Aus- x#
führung von Reglern dagegen unterliegt der techni-
schen Entwicklung. A
Die ersten Regler waren schaltende Regler, die rein D x
elektromechanische realisiert wurden und deren Bild 38 Vereinfacht dargestellter Aufbau eines
bekanntester Vertreter der noch heute verwendete Digitalreglers. Mit # gekennzeichnete
Bimetallkontaktregler ist, wie er in einfachen Geräte, Größen sind die zu Regelungssignalen
z.B. Toastern, vorkommt. proportionalen Zahlenwerte
Es wurden dann Regler für anspruchsvollere Regel-
funktionen benötigt, um sowohl analoge Eingangs-
signale verarbeiten als auch analoge Ausgangssignale Der digitale Regler führt eine taktgesteuerte Abtastre-
ausgeben zu können. Analoge Signale sind solche, gelung aus, weil er neue Eingangswerte erst entgegen-
die innerhalb bestimmter Grenzen wie z.B. ±10 V nehmen kann, wenn er einen Berechnungszyklus
jeden beliebigen Wert annehmen können. Diese sog. abgeschlossen hat, für den er eine gewisse Rechenzeit
Analogregler bestehen technologisch betrachtet aus benötigt. Das hat zur Folge, dass neue Eingangsgrößen
einem Verstärker und benötigen eine Energiequelle. nur zu diskreten Zeitpunkten eingelesen und die Stell-
Verstärken ist dabei ein Vorgang, bei dem mit mög- größe nur zur diskreten Zeitpunkten ausgegeben wer-
lichst kleinem Energieaufwand am Verstärkereingang den können. Im Regelungsprogramm, dass in gleichen
eine möglichst kräftige Energieabgabe der Energie- Zeitabständen bearbeitet werden muss, wird aus dem
quelle an den Verstärkerausgang signalgesteuert Momentanwert der digitalisierten Regelgröße x# und
erfolgt. Als Verstärker für analoge Regler kommen einer Führungsgröße w# die Regeldifferenz e# berech-
elektronische aber auch pneumatische und hydrauli- net und daraus nach programmierten Funktionen die
sche Elemente in Frage. Bei den elektronischen Stellgröße y# gebildet. Die genau einzuhaltenden Zeit-
Operationsverstärkern werden die typischen Regler- abstände werden als Abtastzeit TA bezeichnet.
funktionen, die man mit den Kennbuchstaben P für Da auch der Analog-Digital-Umsetzer zur Umwand-
proportional, I für integral und D für differenzial lung eines Momentanwertes der Regelgröße eine
bezeichnet, durch spezielle Beschaltungsmaßnahmen gewisse Zeit benötigt, muss dieser Wert für den
erreicht, die den Anwender jedoch nicht interessieren Wandlungszeitraum mit einem Halteglied konstant
müssen. Den Schlusspunkt dieser Entwicklung bildet gehalten werden, um Umwandlungsfehler zu vermei-
der Universalregler in der Ausführung als analoger den. Bei der Digitalisierung der Regelgröße x im
PID-Regler, der alle Funktionen ausführen kann, wie Analog-Digital-Umsetzer kann je nach seiner Stellen-
in Bild 37 schematisch dargestellt. zahl nur eine bestimmte Unterscheidungsfähigkeit für
Signalwerte erreicht werden. Bei einer Stellenzahl
von 8 Bit stehen nur 28 = 256 mögliche Zahlenwerte
1 zur Verfügung, sodass sich bei einem Analogsignal-
bereich von 0 bis 10 V nur Spannungsstufen von ca.
w yR
+ e + + 40 mV unterscheiden lassen.
P
Kp I Auf Grund der wert- und zeitdiskreten Signalverar-
- + beitung der digitalen Regler ergeben sich Grenzen
x hinsichtlich der Verarbeitung höherer Signalfrequen-
D zen. Dafür können digitale Regler aber nicht nur die
PID-Regelfunktion nachbilden, sondern ermöglichen
Bild 37 PID-Regelfunktion
auch die Realisierung neuartiger Reglertypen.
Mit der Verfügbarkeit von preiswerten Mikrocontrol-
lern lassen sich heute sog. digitale Regler mit ent-
sprechender Software für den Regelalgorithmus 13 Regelstrecken
sowie AD- und DA-Umsetzern für die Signalum-
13.1 Bespiele für Regelstrecken
wandlungen realisieren. Die Signale außerhalb des
digitalen Reglers können nach wie vor analog sein, Das nachfolgend beschriebene Ordnungsschema soll
im Innern des Reglers werden nur digitale (zahlen- helfen, um sich besser in der unübersehbaren Vielfalt
mäßige) Signale verarbeitet. Bild 38 zeigt den prinzi- möglicher Regelstrecken zurecht zu finden.
722 Automatisierungstechnik

Erstes Ordnungskriterium: Regelstrecken mit und Drittes Ordnungskriterium: Regelstrecken mit und
ohne Ausgleich ohne Totzeit.

Regelstrecken Regelstrecken

mit Ausgleich ohne Ausgleich ohne Totzeit mit Totzeit

Als Beispiel für eine Regelstrecke mit Ausgleich sei Ein bekanntes Beispiel für eine Regelstrecke mit
die Temperaturregelung einer Heizungsanlage ge- Totzeit ist das Förderband. Durch eine Schieberöff-
nannt. Bei Veränderung der Mischventilstellung nung (Stellgrößenänderung Δy) gelang mehr Förder-
erreicht die Raumtemperatur auf verändertem Niveau gut auf das Band. Die höhere Ausschüttmenge (Re-
wieder einen stabilen Wert. gelgrößenänderung Δx) wirkt sich am Ende des
Ausgleich bedeutet, dass die Regelgröße x der Strecke Förderbandes jedoch nicht sofort aus, sondern erst
nach einer sprungartigen Änderung der Stellgröße y nach einer Totzeit, die von der Geschwindigkeit und
innerhalb einer abzuwartenden Übergangszeit wieder der Länge des Bandes abhängt.
einen stabilen Zustand, den sog. Beharrungszustand In der Praxis vorkommende Regelstrecken weisen
erreicht. zumeist Kombinationen von Eigenschaften auf. Die
Regelstrecken mit Ausgleich und konstantem Über- Kriterien Ausgleich, Verzögerung und Totzeit treten
tragungsbeiwert KPS haben einen proportionalen dann gemeinsam auf. Die nachfolgende Tabelle 8
Charakter und werden deshalb auch P-Strecken ge- zeigt Beispiele für Regelstrecken mit den genannten
nannt. Ordnungskriterien. Die definierten Streckenparameter
Bei einer Regelstrecke ohne Ausgleich würde die und typischen Sprungantworten werden im Anschluss
Regelgröße x nach einer sprungartigen Änderung der erläutert.
Stellgröße y keinen neuen Beharrungszustand finden.
Dies ist z.B. der Fall bei einem Behälter mit dem 13.2 Beschreibungsmittel zur Darstellung
Füllstand als Regelgröße x, wenn die Ablaufmenge von Regelstreckeneigenschaften
in m3/h durch eine Pumpe konstant gehalten wird.
Jede Änderung der Zulaufmenge in m3/h führt dann Für die Auswahl eines geeigneten Reglers muss das
entweder zum Überlaufen oder Leerlaufen des Be- Verhalten der Regelstrecke bekannt sein. Man versucht
hälters. das Verhalten der Regelstrecken durch die Angabe von
Regelstrecken ohne Ausgleich haben einen integra- Kennlinien und Zeitfunktionen zu beschreiben, um
len Charakter und werden daher als I-Strecken daraus die Regelstreckenparameter abzuleiten.
bezeichnet.
Kennlinien von Strecken mit
Zweites Ordnungskriterium: Regelstrecken mit und ohne Verzögerung. Ausgleich,
Übertragungsbeiwert KPS
Regelstrecken Die Kennlinie einer Regelstre-
cke ist die grafische Darstel-
lung des Zusammenhangs
zwischen Stellgröße y und
Regelgröße x. Eine Kennlinie
ohne Verzögerung mit einer Verzögerung mit n Verzögerungen ist somit ein Diagramm, bei
(0. Ordnung) (1. Ordnung) (n. Ordnung) dem die Abhängigkeit einer
physikalischen Größe von
einer anderen physikalischen
Größe (nicht der Zeit) darge-
Verzögerung bedeutet, dass die Regelgröße x einer stellt ist. Auf der senkrechten Achse können z.B. die
sprungartigen Änderung der Stellgröße y nicht sprung- Raumtemperatur und auf der waagrechten Achse die
haft folgen kann, sondern erst nach einer bestimmten Stellung des Mischventils aufgetragen sein: T = f (α).
Zeit einen neuen stabilen Wert erreicht. Verzögerungen Der Übertragungsbeiwert Ks der Regelstrecke ist
treten bei technischen Prozessen immer auf, wenn durch den Quotienten der Änderung der Regelgröße x
Energie zu- oder abgeführt oder Massen beschleunigt und der Änderung der Stellgröße y bestimmt. Im
oder abgebremst werden müssen. Signalflussplan entspricht dies dem Verhältnis der
Automatisierungstechnik 723

Ausgangsgröße bezogen auf die Eingangsgröße. Ist diese statische Kennlinie eine Gerade aus dem
Damit kann bei bekanntem Übertragungsbeiwert der Achsenursprung, spricht man von einer P-Regel-
Regelstrecke bei einer Änderung der Stellgröße Δy strecke mit konstantem Übertragungsbeiwert KPS
die zu erwartende Änderung der Regelgröße Δx (Index P für proportional, Index S für Strecke). Zur
bestimmt werden. Die Zeit für die Änderung spielt Berechnung von KPS darf man deshalb auch den
dabei insofern keine Rolle, weil die zu jeder Stellgrö- ganzen Regelbereich einsetzen:
ßenänderung sich ergebende Regelgrößenänderung
ΔX h
abgewartet werden muss (Erreichen des Beharrungs- K PS = mit
zustandes). Man spricht deshalb auch von der sta- ΔYh
tischen Kennlinie der Regelstrecke. Xh = Stellwirkung (Regelbereich der Strecke)
Die Kennlinie zeigt den Zusammenhang zwischen Yh = Stellbereich des Reglers
Regelgröße x und Stellgröße y innerhalb des Laufbe-
reichs beider Größen bei konstantem Störgrößenein- Häufig haben Regelstrecken jedoch nichtlinearer
fluss. Zu jedem Stellgrößenwert y ist der zugehörige Kennlinien, d.h. sie sind gekrümmt, sodass der Über-
Regelgrößenwert x im Beharrungszustand aufgetra- tragungsbeiwert KPS keine Konstante ist. Das möchte
gen, siehe Bild 39. man vermeiden, weil solche Strecken viel schwieriger

Tabelle 8 Regelstrecken
Art der Strecke Sprungantwort Strecken- Signalflussplan-
Beispiel parameter darstellung
P-Strecke x KPS

y x x
Druck und Durchfluss in Flüssig- y x
keitsrohrnetzen t

PT1-Strecke x KPS,
Ts
TS
x=n e-Funktion
y M
y x
Drehzahl t

PT2-Strecke KPS,
x Tg Tu,
Tg
y x
x
y Ks Tu Tg
Tu t
Ofentemperatur
P-Strecke mit Totzeit KPS
x Tt Tt

y y x
Ks Tt
x
t
Fördermenge
I-Strecke KIS
x

y
x Δx = Kis Δ y Δt y x
Kis
t
Füllstand
724 Automatisierungstechnik

P-Regelstrecke mit linearer Kennlinie aber immer mehr verzögert und erst nach längerer
Zeit den neuen Beharrungszustand erreicht. In der
x
Tabelle 8 ist als Beispiel für eine PT1-Strecke die
Drehzahländerung eines Motors angegeben. Der
Regelgröße

Motor hat auch ohne angeflanschte Arbeitsmaschine


x
x K PS = = konstant eine eigene Schwungmasse, die sich einer sofortigen
y
Drehzahländerung widersetzt. Abstrakt ausgedrückt:
y Die PT1-Strecke ist eine Strecke mit Ausgleich und
einen Energiespeicher, der die Verzögerung bewirkt.
Stellgröße y Die PT1-Strecke ist durch die Streckenparameter KPS
(Übertragungsbeiwert) und TS (Verzögerungskons-
tante) gekennzeichnet. Die Verzögerungskonstante
P-Regelstrecke mit nichtlinearer Kennlinie lässt sich durch Anlegen einer Tangente an die
x Sprungantwort ermitteln.
x
y 3. Regelstrecke mit Ausgleich 2. Ordnung:
Regelgröße

x PT2-Strecke
K PS = = konstant
x y Kennzeichen einer PT2-Strecke ist ein anfänglich
y langsamer Anstieg der Regelgröße x, der sich dann
aber beschleunigt und danach wieder verzögert bis
Stellgröße y der neue Beharrungszustand erreicht wird. Als Bei-
spiel für eine PT2-Strecke wird in Tabelle 8 eine
Bild 39 Kennlinien von Regelstrecken mit Ausgleich
Heizung angegeben. Es sind zwei Speicher vorhan-
den. Wird der Heißwasserdurchfluss sprungartig
zu regeln sind. Abhilfe kann durch eine umgekehrt erhöht, muss sich erst der Heizkörper auf die neue
nichtlineare Kennlinie des Stellgliedes geschaffen Temperatur einstellen und dann erst wird mit dem
werden. Dieser mögliche „Trick“ zeigt auch, warum Aufheizen der Raumluft begonnen.
das Stellglied zur Regelstrecke gehört. Die Streckenparameter aus der Sprungantwort der
PT2-Strecke sind KPS (Übertragungsbeiwert) und die
Zeitverhalten von Regelstrecken mit Ausgleich durch die eingetragene Wendetangente gebildeten
Zeitkonstanten Tu (Verzugszeit) und Tg (Ausgleichs-
Ausgangspunkt der Betrachtung sei eine Regelstrecke zeit).
mit Ausgleich und linearer Kennlinie. Damit ist die Das Ordnungszahlschema lässt sich entsprechend der
Regelstrecke noch nicht eindeutig beschrieben, denn Anzahl der in einer Regelstrecke vorkommenden
es fehlt noch die Kenntnis über das Zeitverhalten der Speicher noch weiter erhöhen.
Strecke. Die zusätzliche Fragestellung lautet: Wie
reagiert die Regelgröße x der Strecke auf eine plötzli-
4. Regelstrecke mit Ausgleich und Totzeit: PTt
che Änderung der Stellgröße um Δy dargestellt im
zeitlichen Verlauf? Kennzeichen eines Totzeitverhaltens ist, dass sich die
Regelgröße x zwar in gleicher Weise sprunghaft
1. Regelstrecke mit Ausgleich 0. Ordnung: P-Strecke ändert wie die Stellgröße, jedoch erst um die Totzeit
Kennzeichen einer P-Strecke ist die proportionale Tt zeitverzögert. In der Tabelle 8 ist als Beispiel ein
Reaktion der Regelgröße x auf die Änderung der Förderband angegeben, bei dem eine gewisse Zeit
Stellgröße y. Wird die Stellgröße sprungartig verän- vergeht, bis eine veränderte Schüttmenge am Ende
dert, reagiert die Regelgröße ebenfalls sprungartig. In des Förderbandes ankommt.
der Tabelle 8 ist als Beispiel für eine P-Strecke ein Die Streckenparameter der PTt-Strecke sind KPS
Durchfluss in einer Rohrleitung angegeben. Wird (Übertragungsbeiwert) und Tt (Totzeit).
durch stärkeres Öffnen eines Ventils am Anfang der
Rohrleitung der Durchfluss erhöht, ist dies auch am 5. Regelstrecke ohne Ausgleich 0. Ordnung: I-Strecke
Ende der Rohrleitung sofort in gleicher Weise der Bei den I-Strecken bildet sich die Regelgröße x durch
Fall, da die Flüssigkeit nicht komprimierbar ist. Aufsummieren einer Stellgrößenänderung Δy über
Die P-Strecke ist allein durch den Streckenparameter fortlaufende Zeitabschnitte Δt. Kennzeichen einer
KPS (Übertragungsbeiwert) gekennzeichnet. I-Strecke ist der zeitproportionale Anstieg oder Rück-
gang der Regelgröße, verbunden mit Überlauf oder
2. Regelstrecke mit Ausgleich 1. Ordnung: Leerlauf, wenn nicht genau Abfluss gleich Zu-
PT1-Strecke fluss ist. Als Beispiel für eine I-Strecke ist in der
Kennzeichen einer PT1-Strecke ist ein anfänglich Tabelle 8 ein offener Behälter mit freiem Zulauf
schneller Anstieg der Regelgröße x, der sich dann angegeben.
Automatisierungstechnik 725

1. Aufzeichnung der Übertragungsfunktion, Der Ablauf des Experimentes gliedert sich in folgen-
Eintrag der Wendetangente, de Schritte:
Bestimmung der Verzugszeit Tu,
Ausgleichszeit T und 1. Das Stellglied wird zum Zeitpunkt t0 um den Wert
Änderung der Regelgröße Δ x ∆y verstellt. Da es sich um eine Strecke mit Aus-
gleich handeln soll, wird die Regelgröße x einen
x um ∆x verschobenen Beharrungszustand ein-
nehmen. Die Antwort der Regelgröße x wird mit
einem y-t-Schreiber aufgezeichnet und liegt dann
Δx

als Liniendiagramm vor. An den Kurvenverlauf


nte
n ge der Sprungantwort wird die Wendetangente ein-
d eta gezeichnet und aus den Achsenabschnitte die Ver-
en zugszeit Tu und die Ausgleichszeit Tg bestimmt.
W
t
2. Daraus kann eine Ersatzfunktion, bestehend aus
Tu Tg
einem Totzeitglied mit der Totzeit Tt und einem
PT1-Glied mit der Verzögerungszeit TS gebildet
werden.
2. Ersatzfunktion mit Tu als Totzeit und Tg 3. Die Übertragungsbeiwerte beider Glieder können
als Verzögerungszeit Ts eines als ein Übertragungsbeiwert KPS in einem P-Glied
PT1-Gliedes bilden.
zusammengefasst werden. Da es sich im einfachs-
ten Fall um eine Regelstrecke mit Ausgleich und
x linearer Kennlinie handeln soll, lässt sich der
Übertragungsbeiwert aus
37%
Δx
K PS =
Δx

Δy
63%
berechnen. Das nebenstehende Bild 40 zeigt das
Vorgehen anschaulich.
Tu TS = Tg t
Erfahrungen haben ergeben, dass das Verhältnis von
Verzugszeit Tu zu Ausgleichszeit Tg Auskunft über
3. Die Regelstrecke kann näherungsweise
die Regelbarkeit der Strecke ergeben:
durch ein P-Glied, ein Totzeitglied und
ein PT1-Glied mit deren Strecken-
parametern Kps, Tt, Tu ,Tg beschrieben gut noch schlecht
werden. regelbar regelbar regelbar

Tu 1 Tu 1 Tu 1
y
< = >
x Tg 10 Tg 5 Tg 3

x
K PS = T t = Tu TS = Tg
y
Bild 40 Bestimmung der Regelparameter einer 14 Regler
unbekannten Regelstrecke
Aufgabe der Regler ist es, bei Abweichung der Re-
gelgröße x von der Führungsgröße w die Regleraus-
gangsgröße yR so zu verändern, dass die Regelgröße x
in möglichst kurzer Zeit optimal an die Führungsgrö-
Bestimmung der Regelstreckenparameter ße w angeglichen wird. Ursache für die Abweichung
Damit ein zur Regelstrecke passender Regler gefun- kann eine aufgetretene Störgröße z oder die verän-
den und günstig dimensioniert werden kann, müssen derte Führungsgröße w sein.
zuerst einmal die Streckenparameter der Regelstrecke In traditioneller Einteilung der Regler unterscheidet
bekannt sein. Dazu muss ein Signalflussplan mit dem man
zugehörigen Übertragungsbeiwert KPS und den Zeit- • stetige und unstetige Regler
konstanten ermittelt werden, der die zunächst noch
unbekannte Regelstrecke möglichst gut beschreibt. oder
Das kann auf experimentelle Art durch Aufnahme der • schaltende Regler (Zweipunkt-, Dreipunktregler),
Sprungantwort auf einen Stellgrößen- oder Störgrö- • analoge Regler und
ßensprung geschehen. • digitale Regler.
726 Automatisierungstechnik

Aus Gründen der Umfangsbeschränkung soll hier auf Das Zahlenbeispiel zeigt, dass bei einem P-Regler die
die Darstellung der schaltungs- und gerätetechnischen Eingangsgröße x und Ausgangsgröße yR einander
Ausführungen von Reglern verzichtet werden. Es starr zugeordnet sind, solange sie sich im Proportio-
werden nur die typischen Eigenschaften bekannter nalbereich befinden. Wird in Folge einer Störeinwir-
Reglertypen anhand ihrer Regelfunktion und durch kung z auf die Regelstrecke eine Änderung der Regler-
ihre sog. Sprungantworten beschrieben, siehe Über- ausgangssgröße ΔyR erforderlich, dann ist dies nur bei
sicht in Bild 42. Danach wird übergeleitet zum PID- einer gleichzeitigen Änderung der Regelgröße Δx
Regelalgorithmus für den digitalen Abtastregler, der möglich. Der P-Regler kann also eine Störung nicht
als Softwareregler in einer SPS realisiert werden völlig ausregeln. Der neue Beharrungszustand ist ein
kann. anderer Punkt auf der yR-x-Kennlinie des P-Reglers,
in deren fallenden Verlauf die Umkehrung des Wir-
kungssinns der Regelung zum Ausdruck kommt.
14.1 P-Regler, P-Regelfunktion Die Änderung der Regelgröße Δx bei einer erforderli-
Der P-Regler ist ein proportional wirkender Regler, chen gleich großen Änderung der Reglerausgangs-
der in seinem Arbeitsbereich, den man als Proportio- größe ΔyR lässt sich verringern, wenn der Proportio-
nalbereich bezeichnet, durch die Regelfunktion nalbereich XP verkleinert wird, indem man KP vergrö-
ßert. Dieser Verbesserung des P-Reglers sind aber
yR = K PR ⋅ e mit KPR = Proportionalbeiwert Grenzen gesetzt, weil der Regelkreis instabil wird.
Der P-Regler mit einem großen KP-Wert reagiert
beschrieben ist. Eine sprunghafte Änderung der Re- überempfindlich auf kleinste Regelgrößenänderungen
geldifferenz e am Eingang führt ohne Zeitverzöge- mit zu starken Ausschlägen bei der Stellgröße, die
rung zu einer proportionalen sprunghaften Änderung dann in extremer Weise ständig zwischen yR = 0 und
der Reglerausgangsgröße yR am Ausgang, solange yR = Yh umschaltet.
sich die Regeldifferenz e innerhalb des Proportional-
bereichs bewegt.
Setzt man die Regeldifferenz e = w – x in den Regel- Yh
w + e=w-x
funktion ein, so erhält man: KPR yR
-
yR = K PR ⋅ (w − x )
x
Diese Beziehung lässt erkennen, dass der P-Regler
nicht das leisten kann, was von Reglern allgemein
yR
erwartet wird, nämlich die genaue Heranführung der
Regelgröße x an die Führungsgröße w. Bei x = w wird
die Reglerausgangsgröße yR = 0 und damit erhält die Yh
Regelstrecke kein Stellsignal y, um die Regelgröße x
bilden zu können: Eine Heizung, der kein Wärmeträ-
ger zugeführt wird, kann keinen Temperaturwert
bilden.
Andererseits kennzeichnet den P-Regler eine direkte XP
Zuordnung von Regelgröße x zu Stellgröße yR bei fest 0 x
eingestelltem Proportionalbeiwert KPR und vorgege- 0 w
bener Führungsgröße w, solange sich die Regelgröße
x noch innerhalb des Proportionalbereich XP befindet. Zahlenbeispiel:
Der Proportionalbereich XP lässt sich aus dem Stell- w = 3,75 V, K PR = 4, Y h = 10 V
bereich Yh und dem Proportionalbeiwert KPR berech-
nen: x e yR
Yh 1,25 V 2,5 V 10 V
XP = 1,75 V 2,0 V 8V
K PR
2,25 V 1,5 V 6V
X -Bereich

Die feste Zuordnung von x und yR kann anschaulich 2,50 V 1,25 V 5V


2,75 V 1,0 V 4V
als statische Kennlinie des P-Reglers dargestellt 3,25 V 0,5 V 2V
P

werden, deren Achsenabschnitte sich aus 3,75 V 0,0 V 0V


yR = K PR ⋅ (w − x )
berechnen lassen: Yh 10 V
XP = = = 2,5 V
Für yR = 0 ⇒x= w K PR 4
Für yR = Yh = XP · KPR ⇒ x = w – XP Bild 41 Kennlinie des P-Reglers
Automatisierungstechnik 727

Der P-Regler als einfachster kontinuierlicher Regler 14.3 PI-Regler, PI-Regelfunktion


mit sehr schnellem Reglereingriff kann überall dort
Die Eigenschaften von P-Reglern und I-Reglern er-
gut verwendet werden, wo die Strecke einen kleinen
gänzen sich gut, weil P-Regler dynamisch besser sind
Regler-Proportionalbereich erlaubt. Das ist der Fall,
als I-Regler und I-Regler statisch besser sind als
wenn entweder nur geringe Störgrößen z auftreten
P-Regler. Also ist es naheliegend, die beiden Regel-
oder das Verhältnis der Streckenzeitkonstanten Tg/Tu
verhalten zum PI-Regler zu kombinieren.
groß ist und geringe bleibende Regeldifferenzen Δx
Die Regelfunktion des PI-Reglers ergibt sich aus der
hinnehmbar sind.
Addition der P-Regelfunktion und I-Regelfunktion:

yR = K PR ⋅ e + K IR ⋅ ∫ e ⋅ dt
14.2 I-Regler, I-Regelfunktion
Der I-Regler ist ein integral wirkender Regler, der die Die Regelfunktion lässt erkennen, dass die Änderung
Reglerausgangsgröße yR in vielen kleinen Stellschrit- der Reglerausgangsgröße yR zum einen proportional
ten solange ändert, bis eine aufgetretene Regeldiffe- zur Regeldifferenz e und zum anderen proportional
renz e = w – x vollständig beseitigt ist. Dabei ist die zum Produkt aus Regeldifferenz und Zeit ist. Der
Änderungsgeschwindigkeit der Stellgröße direkt pro- erste Anteil sorgt für den schnellen und stabilen
portional zur noch vorhandenen Regeldifferenz e und Reglereingriff und der zweite Anteil für die Beseiti-
einem Übertragungsbeiwert KIR: gung der bleibenden Regeldifferenz.
Eine bekanntere Darstellungsform der PI-Regel-
d yR funktion ersetzt den Integrierbeiwert KIR durch einen
= K IR ⋅ e
dt Quotienten

In der Arbeitsweise gleicht der I-Regler einem Boten, K PR


K IR =
dessen Laufgeschwindigkeit von der Dringlichkeit Tn
des Auftrags abhängig ist, wenn man die Regeldiffe-
renz e als Dringlichkeitsmaß deutet. Solange noch mit dem Vorteil, den Proportionalbeiwert KPR aus-
eine Regeldifferenz besteht, ist der I-Regler damit klammern zu können, sodass die PI-Regelfunktion
beschäftigt, sie zu beseitigen. nun in der Form
Summiert man die unendlich vielen kleinen Stell-
⎛ 1 ⎞
schritte zur erzeugten Reglerausgangsgröße yR, so yR = K PR ⋅ ⎜ e + ⋅ ∫ e ⋅ dt ⎟
erhält man die I-Regelfunktion: ⎝ Tn ⎠

yR = K IR ⋅ ∫ e ⋅ dt entsteht. Die darin neu erscheinende Größe Tn wird


Nachstellzeit genannt. Ausdrücken möchte man, dass
mit KIR = Integrierbeiwert (Übertragungsbeiwert) der PI-Regler im Prinzip ein I-Regler ist, dessen
In der Regelfunktion ist KIR als Integrierbeiwert nicht Wirkungsbeginn aber um die Nachstellzeit Tn vorver-
ganz leicht verständlich zu deuten KIR beinhaltet eine legt erscheint, also schneller eingreift. Tatsächlich
Zeit TI, die man als Integrierzeit bezeichnet, und die beruht der schnellere Eingriff aber auf dem P-Anteil.
angibt, wie lange es dauert, bis der I-Regler den vol- KPR und Tn sind die Regelparameter (Einstellgrößen)
len Stellbereich Yh durchlaufen hat, wenn als Ein- mit denen der PI-Regler an die Regelstrecke optimal
gangsgröße die Regelgröße x um den vollen Bereich angepasst werden kann. Beide Parameter können
Xh geändert wird: einzeln oder gleichzeitig verstellt werden:
Lässt man zunächst KPR konstant und verändert nur
Yh Tn, bleibt der P-Anteil in der Reglerausgangsgröße
K IR =
TI ⋅ X h gleich hoch, es lässt sich aber die Stellgeschwindig-
keit beeinflussen. Vergrößert man Tn, verringert sich
Die beiden Bereiche Yh und Xh sind konstruktiv die Stellgeschwindigkeit bei der Reglerausgangsgrö-
festliegende Werte, sodass als Einstellparameter des ße yR. Wird die Nachstellzeit Tn soweit vergrößert,
I-Reglers die Integrierzeit TI in Frage kommt. Je dass sie gegen unendlich geht, erhält man das Verhal-
kleiner die Integrierzeit TI gewählt wird, umso ten eines P-Reglers. Umgekehrt erhöht sich die Stell-
schneller ändert sich die Reglerausgangsgröße yR in geschwindigkeit, wenn man die Nachstellzeit verrin-
Abhängigkeit von der Regeldifferenz e. gert. Dieses darf nicht zu weit getrieben werden, weil
I-Regler arbeiten langsamer als P-Regler, lassen dafür es die Schwingneigung und Instabilität des PI-Reglers
aber keine bleibende Regeldifferenz bestehen. I-Reg- erhöht.
ler sind ungeeignet für Regelstrecken mit großen Was geschieht, wenn die Nachstellzeit Tn fest einge-
Zeitkonstanten oder bei Strecken ohne Ausgleich. Für stellt bleibt und die Proportionalverstärkung KPR
Regelstrecken, die nur durch eine Totzeit charakteri- verändert wird? Durch die Änderung von KPR ändern
siert sind, ist der I-Regler von allen Reglertypen der sich beide Anteile der Reglerausgangsgröße im glei-
am besten geeignete. chen Verhältnis. Bei einer Vergrößerung von KPR
728 Automatisierungstechnik

e Einheitssprung

e
t

Symbol Signalflussplan Sprungantworten Bemerkung

P-Regler Vorteil:
w y Günstiges
R
+ e Zeitverhalten
w
P y K PR K PR . e
x R - yR Nachteil:
t
x Lastabhängige
Yh bleibende
XP = P-Bereich Regeldifferenz
K PR

I-Regler T I = Integrierzeit Vorteil:


Keine bleibende
w y Regeldifferenz
R
w + e
I y K IR yR K IR . e .Δ t Nachteil:
x R - Ungünstiges
t Zeitverhalten
x Δ t
Yh
K IR =
T I .X h

PI-Regler K PR = Propotional-
verstärkung Vorteile:
w y Günstiges
K PR R Zeitverhalten,
w + e +
PI y yR K PR . e Keine bleibende
x R - + t Regeldifferenz
x K IR
Tn

Tn = Nachstellzeit

Vorteile:
PID-Regler Schnelleres
Ausregeln einer
K PR
D-Anteil Regeldifferenz
w
y gegenüber dem
e R PI-Regler
w +
K IR
+
PID y yR I-Anteil
x R - + K PR . e Keine bleibende
+
t Regeldifferenz
x P-Anteil
K DR Tn Geeigent für
(Idealisierte Sprungantwort) schwierige
Regelstrecken

Bild 42 Signalflusspläne und Sprungantworten der wichtigsten Reglertypen


Automatisierungstechnik 729

erhöht sich der P-Anteil an der Gesamtverstellung Tu und Tg verhalten, wenn die Auswirkung einer
und die Stellgeschwindigkeit. aufgetretenen Störgröße z auf die Regelgröße x aus-
Der PI-Regler ist für den Einsatz in allen Streckenty- geregelt werden soll.
pen gut geeignet.
x

14.4 PID-Regler, PID-Regelfunktion


ohne Regler
Der PID-Regler ist ein PI-Regler mit einem zusätz-
lichen D-Anteil (D = Differenzial). Die Vorstellung
von der Wirkung eines D-Anteils in einem Regler I-Regler
entspricht einem kurz geschlagenen Konterschlag
gegen eine sehr starke Änderung der Regelgröße x,
die sich infolge einer Störgröße z einstellen würde. PI-Regler
P-Regler
Der D-Anteil bewirkt eine sehr kräftige aber nur kurz
wirkende Veränderung der Reglerausgangsgröße, die
sich aus t
PID-Regler
de Bild 43 Unterschiedliches Ausregeln einer Störung
ΔyR = K DR ⋅ mit KDR = Differenzierbeiwert
dt bei verschiedenen Reglertypen an einer
Regelstrecke mit Ausgleich
berechnet und dabei der zeitlichen Änderung der
Regeldifferenz e proportional ist. In der Regelungs- 14.6 PID-Reglerbaustein
technik wird die Eigenschaft eines Reglers, auf eine für digitale Abtastregelung
sich abzeichnende Entwicklung bereits im Voraus zu
reagieren, als Vorhalt bezeichnet. Im Voraus bedeu- Eine Faustformel besagt, dass digitale Abtastregler
tet, der Regler beobachtet die Veränderung der Re- gute Regelergebnisse liefern, wenn die größte Stre-
geldifferenz bereits im aller ersten Ansatz bei ihrer cken-Zeitkonstante TS etwa 10 mal größer als die
Entstehung. Abtastzeit TA sein kann. Der Abtastzeitwert be-
Die PID-Regelfunktion bildet sich aus der PI-Regel- stimmt sich aus der Programmbearbeitungszeit des
funktion erweitert mit dem Vorhaltglied: Rechners einschließlich der Wandlungszeit des A/D-
Umsetzers. Ein gut zu erreichender Abtastzeitwert bei
⎛ 1 de ⎞ einer SPS liegt bei 100 ms. Systembedingt kann sich
yR = K PR ⋅ ⎜ e + ⋅ ∫ e ⋅ dt + Tv ⋅ ⎟ bei Abtastreglern das Reglerausgangssignal yR nur
⎝ Tn dt ⎠
wertdiskret, also bestenfalls feinstufig, und zeitdis-
Die Vorhaltzeit Tv ist vergleichbar der Nachstellzeit kret, nämlich im Takt der Abtastzeit TA, ändern, wie
Tn eine eingesparte Zeit. Damit ist der PID-Regler im Bild 44 zeigt.
Prinzip ein PI-Regler, dessen Wirkungsbeginn um die
x
Vorhaltzeit Tv vorverlegt erscheint, allerdings kann TS
dies nicht in der Sprungantwort dargestellt werden.
w
Der Vorteil des PID-Reglers gegenüber dem PI-
Regler ist die etwas schnellere Beseitigung einer
aufgetretenen Regeldifferenz.
Weil der PID-Regler alle bisher besprochenen Regel-
parameter, nämlich die Proportionalverstärkung KPR
für den P-Anteil, die Integrierzeit TI bzw. die Nach-
stellzeit Tn für den I-Anteil und die Vorhaltzeit Tv für
den D-Anteil enthält, wird er auch als Universalregler t
bezeichnet. Der PID-Regler ist wegen der Vielzahl
TA
der möglichen Einstellkombinationen zur Anpassung
an alle Regelstreckentypen geeignet, aber etwas y
R
schwierig in der Handhabung.

14.5 Vergleich der


verschiedenen Reglertypen
Als Abschluss der Betrachtung verschiedener Regler-
typen soll in Bild 43 vergleichend gezeigt werden, t
wie sich die Regler bei optimaler Einstellung an einer Bild 44 Istwertabtastung und Regelspannungs-
Regelstrecke mit Ausgleich und den Kenngrößen KPS, ausgabe
730 Automatisierungstechnik

Zusätzlich muss die PID-Regelfunktion an die arith- ⎛ T e(k ) − e(k − 1) ⎞


metischen Möglichkeiten eines digitalen Rechners yR (k ) = K PR ⋅ ⎜ e(k ) + A ⋅ eSUM(k) + Tv ⎟
angepasst werden. Die originale PID-Regelfunktion ⎝ T n TA ⎠
muss ersetzt werden durch einen wirkungsähnlichen PID-Stellungsalgorithmus
PID-Regelalgorithmus, bei dem das Integral des
I-Anteils durch eine Summe und das Differenzial des Digitale Abtastregler steuern häufig auch sog. I-Stell-
D-Anteils durch einen Differenzenquotienten ersetzt glieder an. Das sind motorische Stellantriebe, die erst
wird. Die differenziell kleine Zeitspanne dt in der durch ihren Vorschub die Stellgröße y bilden. Da
Regelfunktion wird durch die Abtastzeit TA ersetzt. solchen I-Stellgliedern nicht der Stellgrößenwert,
Eine SPS als Softwareregler verfügt dann mit ihren sondern nur die Stellengrößenänderung zu geführt
Additions-, Subtraktions, Multiplikations- und Divi- werden darf, gibt es auch noch einen zweiten PID-
sions-Befehlen über die notwendigen Rechenopera- Algorithmus, der nur die Änderung der Regleraus-
tionen zur Durchführung des PID-Regelprogramms, gangsgröße ΔyR pro Abtastzeit TA berechnet und als
der die Stellgröße yR für jeden Abtastzeitpunkt k neu Geschwindigkeitsalgorithmus bezeichnet wird. Dieses
berechnet: Signal kann zur Bildung von entsprechend langen
oder kurzen Schritt-Stellsignalen für die sog. Schritt-
yR (k ) = regler verwendet werden.
⎛ 1 k e(k ) − e(k − 1) ⎞
K PR ⋅ ⎜ e(k ) + ⋅ ∑ e(i ) ⋅ TA + Tv ⋅ ⎟ ⎛ TA ⎞
⎝ Tn i=1 TA ⎠ ⎜ e(k ) − e(k − 1) + T ⋅ e(k ) ⎟
Δy = K PR ⋅ ⎜ n ⎟
⎜ Tv ⎟
Die in der Formel noch vorhandene fortlaufende ⎜ + T ( e(k ) − 2e(k − 1) + e(k − 2) ) ⎟
Summenbildung kann mit einem rekursiven Algo- ⎝ A ⎠
rithmus ausgeführt werden, sodass eine Speicherung PID-Geschwindigkeitsalgorithmus
aller Regeldifferenzen e nicht erforderlich ist. Es
ergibt sich eine Formel zur Berechnung der Regler- Nachfolgend wird die Umsetzung des beschriebenen
ausgangsgröße yR(k) zu den bestimmten Zeitpunkten Stellungsalgorithmus in ein universelles PID-Regler-
k und bezeichnet sie als Stellungsalgorithmus. Die programm gezeigt, dessen P-Anteil, I-Anteil bzw.
analoge Wertausgabe dieser Reglerausgangsgröße am D-Anteil einzeln zu und abschaltbar sind, um quasi-
Abtastreglerausgang der SPS, also nach der Digital- kontinuierliche P-, PI- oder PID-Regelfunktionen
Analog-Umsetzung, muss auf ein P-Stellglied geführt ausführen zu lassen. Bild 45 zeigt zunächst das Funk-
werden, das die richtige Stellgröße y an die Regel- tionsschema des zu realisierenden PID-Reglerbau-
strecke abgibt: steins.

P_SEL Legende:
w = Sollwert
TRUE
x = Istwert
0.0 e = Regeldifferenz
FALSE KPR = Proportional-
verstärkung
w K PR TA Tn
TA = Abtastzeit
I_SEL Tn = Nachstellzeit
I 100.0 Tv = Vorhaltzeit
+ e +
x TRUE
+ y y = Stellgröße
P_SEL = P-Anteil
- 0.0
x FALSE + I_SEL = I-Anteil
0.0
D_SEL = D-Anteil
TA Tv

D_SEL
D
TRUE

0.0
FALSE

Bild 45 Funktionsschema eines PID-Reglerbausteins für Stellungsalgorithmus


Automatisierungstechnik 731

Da die PID-Reglerfunktion über Speichereigenschaf- kung KP und die Zeitwerte TN, TV und TA sind
ten verfügt, wird das Programm mit einem Funk- ebenfalls als Gleitpunktzahlen anzugeben. Bei den
tionsbaustein realisiert. Über den Eingangsparameter Zeitwerten TN, TV und TA entspricht dabei der
EIN kann die Regelfunktion ein- oder ausgeschaltet Zahlenwert einem Zeitwert in Sekunden.
werden. Im ausgeschalteten Zustand werden alle Mit den binären Eingangsparametern P_SEL, I_SEL
gespeicherten Werte zurückgesetzt. Weitere Ein- und D_SEL können die einzelnen Anteile mit einem
gangsparameter des Funktionsbausteins sind die „1“-Signal zugeschaltet und mit einem „0“-Signal
Führungsgröße w (SW), die Regelgröße x (IW) sowie abgeschaltet werden.
die Einstellwerte Proportionalbeiwert KPR (KP), Die Ausgangsgröße STG des PID-Reglerbausteins ist
Nachstellzeit Tn (TN), Vorhaltzeit Tv (TV) und die die kontinuierliche Stellgröße yR in einem Gleit-
Abtastzeit TA (TA). punktzahlenbereich von 0.0 ... 100.0.
Es wird angenommen, dass die Führungsgröße w und Der PID-Reglerbaustein muss entsprechend der ge-
die Regelgröße x als Gleitpunktzahlen im Bereich wählten Abtastzeit TA in gleichen zeitlichen Abstän-
von 0.0 bis 100.0 vorliegen. Die Proportionalverstär- den zur Bearbeitung aufgerufen werden.

Struktogramm des PID-Reglerbausteins mit Stellungsalgorithmus:

EIN = FALSE Lokale stationäre Variablen des Funk-


JA NEIN tionsbausteins:

STG:= 0
EK1 = Regeldifferenz des vorhergehenden
STG:= 0
ESUM:=0 EK:= KP (SW - IW) Abtastzeitpunktes mit dem Proportional-
EK1:=0 ESUM:= ESUM + EK beiwert KP multipliziert.
STGI:= (ESUM TA)/TN ESUM = Summe aller Regeldifferenzen,
STGD:= TV ( EK - EK1)/TA die mit dem Proportionalbeiwert KP
EK1:= EK
multipliziert sind.
P_SEL = TRUE
Lokale temporäre Variablen des Funk-
STG:= STG + EK tionsbausteins:
I_SEL = TRUE EK = Regeldifferenz mit dem Proportio-
nalbeiwert KP multipliziert. Der Wert
entspricht dem P-Anteil.
STG:= STG + STGI
STGI = Berechneter I-Anteil der Stell-
D_SEL = TRUE größe STG.
STGD = Berechneter D-Anteil der Stell-
STG:= STG + STGD größe STG.
STG < 0.0
JA NEIN
STG:= 0.0 STG < 100.0
JA NEIN
STG:= 100.0

14.7 SPS als kontinuierlicher ausgabebaugruppe verfügen. Programmmäßig ist


PID-Abtastregler nicht nur der Regelalgorithmus, sondern auch das
Einlesen der analogen Regelgröße x und die Ausgabe
Der in 14.6 beschriebene PID-Reglerbaustein für den der analogen Stellgröße y auszuführen, d.h. die An-
Stellungsalgorithmus ist noch kein gebrauchsfertiger bindung der SPS an den Messaufnehmer und das
digitaler SPS-Regler. Bild 46 zeigt in vereinfachter Stellglied der realen oder simulierten Regelstrecke zu
Form, was noch alles benötigt wird. Die SPS muss realisieren. Praktisch umsetzen lässt sich eine solche
neben der CPU-Baugruppe selbstverständlich auch SPS-Reglerlösung nur mit fertigen Programmierbau-
über eine Analogeingabebaugruppe und eine Analog- steinen aus der SPS-Bibliothek.
732 Automatisierungstechnik

Takt

Zahlenformat-
umwandlung
Sollwert PID-Stellungs-
algorithmus Analogwert
0 0 0 0 BCD ausgeben
EIN
w REAL SW
IW STG
KP REAL
TN Stell-
TV AA größe
Regel- TA
größe AE y
P_SEL
x REAL I_SEL
D_SEL
Analogwert
einlesen

Bild 46 SPS-Regelstruktur (vereinfacht)

14.8 Digitaler Schrittregler position innerhalb des Stellbereichs erreichbar ist,


mit PI-Verhalten wenn auch in kleinen Schritten. Werden keine Impul-
se ausgegeben, bleibt die Stellgröße unverändert. Mit
In der klassischen Analogregeltechnik wurde dieser den beiden binär wirkenden Impulsausgängen können
Reglertyp mit einem Dreipunktregler und verzögerter die erforderlichen drei Schaltzustände „Rechtslauf“,
Rückführung über dem Schaltverstärker realisiert, „Linkslauf“ und „Aus“ für den Stellantrieb realisiert
weshalb er dort auch als Dreipunkt-Schrittregler be- werden.
zeichnet wurde. Die digitale Nachbildung dieses Auf eine sprungförmige Änderung der Regeldifferenz
Reglertyps beruht nicht mehr auf dem Dreipunktreg- e reagiert der PI-Schrittregler sofort mit einem „lan-
ler, sondern auf dem PID-Geschwindigkeitsalgorith- gen“ Schritt. Das Stellsignal y1 gibt dazu einen langen
mus mit einer nachgesetzten Impulsausgabe zur Impuls aus, der durch den P-Anteil des Regelalgo-
Ansteuerung eines motorischen Stellantriebs, der rithmus verursacht wird. Die darauffolgenden kürze-
einen Schieber oder ein Ventil mit einer Folge von ren Impulse werden durch den I-Anteil des Regel-
Stellschritten öffnet oder schließt. Die so gebildete algorithmus gebildet, siehe Bild 47. Der PI-Schritt-
Stellgröße ist quasi-kontinuierlich, da jede Stellglied- regler wirkt solange, bis keine Regeldifferenz mehr
besteht.

e 14.9 Zweipunktregler,
x<w x=w Zweipunkt-Regelfunktion
x<w t Bei der Zweipunkt-Regelfunktion wird ein binäres
Stellgrößensignal mit den Zuständen „EIN“ und
„AUS“ erzeugt. Bei „EIN“ erfolgt 100 % Leistungs-
y1,y2 zufuhr für die Regelstrecke und bei „AUS“ dagegen
y1 0 %.
y2 Die Kennlinie des Zweipunktreglers zeigt die Posi-
t
tion der beiden Schaltpunkte auf der Regelgrößen-
achse x, deren Mittenlage durch die eingestellte
y Führungsgröße w festgelegt ist. Die Zuschaltung der
YI Leistungszufuhr erfolgt, wenn die Regelgröße x den
unteren Grenzwert unterschreitet. Die Leistungszu-
yP = KPR e fuhr wird abgeschaltet, sobald die Regelgröße x den
oberen Grenzwert überschreitet.
Es ist charakteristisch für Zweipunktregler, dass es
Tn Tn t
für die Regelgröße x keinen Beharrungszustand gibt,
Bild 47 Impulsverhalten eines PI-Schrittreglers dem sie zustreben kann. Die Stellgröße schaltet
Automatisierungstechnik 733

x
AUS
x2
x1

EIN

t
y

EIN Bild 48
Zweipunkt-Regelfunktion mit Verlauf
der Regelgröße
AUS
t

ständig um und die Regelgröße verändert sich fort- noch zulässigem Überschwingen abgeschlossen wird.
während im Rahmen einer noch zulässigen Schwan- Diese Forderungen lassen sich nicht alle erfüllen, da
kungsbreite, die durch die Differenz der beiden einzelne Bedingungen sich auch widersprechen.
Schaltpunkte x2 und x1 festgelegt ist. Diese sog. Dämpft man beispielsweise die Überschwingweite,
Schalthysterese trägt zur Beruhigung des Regelvor- vergrößert sich die Ausregelzeit. Es ist daher nur
gangs bei. Den Einfluss einer Störgröße z korrigiert möglich für eine vorliegende Regelungsaufgabe die
der Zweipunktregler durch Änderung seines EIN- günstigsten Reglereinstellungen im Sinne eines
AUS-Schaltverhältnisses. Kompromisses zu finden.
Grafisch lässt sich der Zweipunkt-Regelungsvorgang Beurteilungsmaßstäbe für die Regelgüte sind die An-
anschaulich darstellen, wie Bild 48 zeigt. und Ausregelzeit sowie die Überschwingweite, wie in
Bild 49 dargestellt.

14.10 Regelgüte 1. Die Anregelzeit Tan ist die Zeit, die bis zum erst-
maligen Erreichen des Sollwertes der Regelgröße
Ein Regler hat die Aufgabe, die Regelgröße x mög- vergeht.
lichst genau auf den durch die Führungsgröße w 2. Die Ausregelzeit Taus ist die Zeit, die vergeht bis
vorgegebenen Sollwert zu bringen und auch dort die Regelgröße x endgültig in den Toleranzbereich
gegen den Einfluss einer Störgröße z zu halten. Au- einmündet und darin verbleibt.
ßerdem wird gefordert, dass der Regelungsvorgang in 3. Die Überschwingweite xü wird in Prozent des
möglichst kurzer Zeit und nur unter vorübergehenden Sollwertes der Regelgröße x festgelegt.

x Literaturverzeichnis
+ 5%
xü DIN EN 61131-3, Speicherprogrammierbare Steue-
w rungen, Teil 3: Programmiersprachen, Dezember
-5% 2003, Beuth Verlag Berlin
DIN 19226 Teil 4, Leittechnik; Regelungstechnik und
Steuerungstechnik; Begriffe für Regelungs- und
Steuerungssysteme, Februar 1994, Beuth Verlag
Berlin
T an t Lepers, H.: SPS-Programmierung nach IEC 61131-3,
Franzis Verlag Poing, 2005
Taus
Mann, H., Schiffelgen, H., Froriep, R.: Einführung in
die Regelungstechnik, Hanser Verlag München,
Bild 49 Kriterien zur Regelgüte 8. Auflage 1997
734 Automatisierungstechnik

Reuter, M., Zacher, S.: Regelungstechnik für Inge- Wellenreuther, G., Zastrow, D.: Automatisieren mit
nieure, Vieweg Verlag, 11. Auflage 2004 SPS, Theorie und Praxis, Verlag Vieweg Wiesba-
Seitz, M.: Speicherprogrammierbare Steuerungen, den, 3. Auflage 2005
Fachbuchverlag Leipzig, 2003 Wellenreuther, G., Zastrow, D.: Automatisieren mit
SPS, Übersichten und Übungsaufgaben, Verlag
Vieweg Wiesbaden, 3. Auflage 2007
735

Meßtechnik
I Grundlagen und Grundbegriffe der Meßtechnik

1 Begriffe Kalibrieren: Ermitteln des gültigen Zusammenhanges


zwischen dem Meßwert oder dem Wert des Aus-
Es ist eine wesentliche Aufgabe der Meßtechnik, gangssignals und dem konventionell richtigen Wert
technische Vorgänge quantitativ zu erfassen und der Meßgröße.
anhand der gemessenen Größen Funktionsabläufe zu Justieren: Einstellen oder Abgleichen eines Meßgerä-
steuern. Als Beispiel sei ein Kraftwerk zur Energie- tes mit dem Ziel, die Anzeige des Meßgerätes mög-
erzeugung genannt, bei dem nur über die Messung lichst nahe an den richtigen Wert der Meßgröße
von Temperaturen, Leistungen, Drücken und anderen anzugleichen.
Größen Aussagen über den momentanen Zustand
möglich sind und bei Abweichungen vom Sollwert Eichen: Von einer Eichbehörde nach den gesetzlichen
geeignete Eingriffe in das System erfolgen können. Vorschriften und Anforderungen vorzunehmende
Damit eine eindeutige Kommunikation möglich wird, Prüfung und Stempelung von Meßgeräten.
sind die in der Meßtechnik verwendeten Begriffe, Beispiele: Elektrizitätszähler, Waagen, Zapfsäulen.
Meßverfahren und Maßeinheiten in entsprechenden Meßumformer: Meßgerät, das ein analoges Eingangs-
Normen oder Vorschriften festgelegt: signal in ein eindeutig damit zusammenhängendes
DIN 1301 Einheiten; DIN 1304 Allgemeine Formel- analoges Ausgangssignal umformt.
zeichen; DIN 1313 Physikalische Größen und Glei- Beispiel: Temperaturmessung; eine Temperaturände-
chungen; DIN 1319 Grundbegriffe der Meßtechnik, rung wird in eine Widerstandsänderung umgeformt.
VDI/VDE 2600 Metrologie (Meßtechnik) Meßwandler: Am Ein- und Ausgang tritt die gleiche
Einige häufig verwendete Begriffe aus der Meßtechnik physikalische Größe auf; es wird keine Hilfsenergie
sind im folgenden auszugsweise und zum Teil gekürzt benötigt.
nach DIN 1319 oder VDI/VDE 2600 wiedergegeben: Beispiele: Spannungswandler, Stromwandler.
Meßumsetzer: Die Signalstruktur von Ein- und Aus-
Messen ist der experimentelle Vorgang, durch den ein
gang ist entweder unterschiedlich (analog-digital oder
spezieller Wert einer physikalischen Größe als Viel-
digital-analog) oder nur digital.
faches einer Einheit oder eines Bezugswerts ermittelt
wird. Analoge Meßverfahren: Der Meßgröße wird ein
Signal zugeordnet, das mindestens im Idealfall eine
Meßwert: Gemessener spezieller Wert einer Meß- eindeutig umkehrbare Abbildung der Meßgröße ist
größe. (häufig Skalenanzeige).
Meßergebnis ist ein aus mehreren Meßwerten einer Digitale Meßverfahren: Der Meßgröße wird ein
physikalischen Größe oder aus Meßwerten für ver- Signal zugeordnet, das eine mit fest gegebenen
schiedene Größen nach einer festgelegten Beziehung Schritten quantisierte Abbildung der Meßgröße ist
ermittelter Wert oder Werteverlauf. (häufig Ziffernanzeige).
Meßprinzip: Charakteristische physikalische Erschei-
nung, die bei der Messung benutzt wird. 2 Einheiten
Beispiele: Temperaturmessung; Änderung des elekt-
rischen Widerstandes eines metallischen Leiters Messen heißt „Vergleichen“. Die zu messende Größe
durch Temperaturänderung. wird damit als Vielfaches einer Einheit dargestellt. Hat
eine Messung eine Spannung von 5 V ergeben (Grö-
Meßverfahren: Spezielle Art der Anwendung eines ßenwert), so heißt das, daß die gemessene Spannung
Meßprinzips. das Fünffache der Einheit der Spannung 1 Volt beträgt.
Beispiel: Abgleich einer Instrumentenanzeige auf
Null. Wird z.B. bei Brückenschaltungen als Nullab- Größenwert = Zahlenwert ⋅ Einheit
gleichverfahren bezeichnet. Wird in Gleichungen grundsätzlich das Produkt aus
Zahlenwert und Einheit eingesetzt, spricht man von
Meßgerät: Liefert oder verkörpert Meßwerte.
Größengleichungen. Sie gelten unabhängig von der
Meßbereich: Bereich von Werten des Eingangssig- Wahl der Einheiten und sind bevorzugt gegenüber
nals eines Meßgerätes, der entsprechend der Kennli- Zahlenwertgleichungen anzuwenden, bei denen man
nie dieses Meßgerätes eindeutig und innerhalb vorge- die Einheiten vereinbart und nur noch Zahlenwerte in
gebener Fehlergrenzen durch Werte des Ausgangs- die Gleichungen einsetzt.
signals abgebildet wird. Für die in der Physik verwendeten Einheiten hat man
Empfindlichkeit: Verhältnis einer Änderung der Aus- die folgenden sieben SI-Basiseinheiten (Système
gangsgröße zu der sie verursachenden Eingangsgröße. International d’Unités) nach Tabelle I-1 eingeführt:
736 Meßtechnik

Tabelle I-1 SI-Basiseinheiten als „richtig“ angenommener oder vereinbarter Wert


für die Messung zugrunde gelegt, der konventionell
Basisgröße Basiseinheit richtige Wert. Sofern dies möglich ist, kann man ihn
Name Einheiten- in der Praxis dadurch erhalten, daß man die zu mes-
zeichen sende Größe mit einem Meßgerät mit sehr viel kleine-
rer Abweichung (1/10 oder kleiner, d.h. Präzisions-
Länge Meter m meßgerät) mißt.
Masse Kilogramm kg Die absolute Meßabweichung F ist der Unterschied
Zeit Sekunde s zwischen dem erhaltenen Meßwert xa und dem kon-
elektrische Stromstärke Ampere A ventionell richtigen Wert xr:
thermodynamische Kelvin K
 absolute Meßabweichung F = xa – xr (I.1)
Temperatur
Lichtstärke Candela cd Die relative Meßabweichung f ergibt sich zu:
Stoffmenge Mol mol  relative Meßabweichung

Aus diesen Basiseinheiten werden weitere SI-Ein- F xa − xr


f = = (I.2)
heiten abgeleitet, von denen einige in Tabelle I-2 xr xr
aufgeführt sind.

Tabelle I-2 Abgeleitete SI-Einheiten (Auswahl)

Abgeleitete Größe Name Zeichen Zusammenhang zu


anderen SI-Einheiten
Kraft Newton N 1 N = 1 kg ⋅ m/s2
Energie Joule J 1J=1N⋅m
Leistung Watt W 1 W = 1 J/s
Elektrische Spannung Volt V 1 V = 1 W/A
Elektrischer Widerstand Ohm Ω 1 Ω = 1 V/A
Elektrische Kapazität Farad F 1 F = 1 A ⋅ s/V
Induktivität Henry H 1 H = 1 V ⋅ s/A
Magnetischer Fluß Weber Wb 1 Wb = 1 V ⋅ s

Die Darstellung, die Bewahrung und die Weitergabe  relative Meßabweichung in %


der SI-Basiseinheiten und wichtiger abgeleiteter F xa − xr
SI-Einheiten werden wegen des beträchtlichen appa- f = = ⋅100% (I.3)
rativen Aufwandes national von Staatsinstituten
xr xr
wahrgenommen; in der Bundesrepublik von der Die Ursachen für die Meßabweichungen lassen sich
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braun- nach der Art ihrer Entstehung einteilen.
schweig.
3.1 Systematische Abweichungen
3 Meßabweichung, Meßfehler Sie entstehen beispielsweise durch das Meßinstru-
ment selbst, das den Meßkreis beeinflußt (Spannungs-
Eine Meßabweichung ist der Unterschied zwischen fall am Strommesser) und sind in der Regel nach
dem erhaltenen und dem wahren Wert, oder, wenn Betrag und Vorzeichen bekannt und somit korrigier-
der wahre Wert nicht bekannt ist, einem als richtig bar. Diese Abweichungen machen, wenn sie nicht
geltenden Wert, dem konventionell richtigen Wert. korrigiert werden, ein Meßergebnis unrichtig.
Der früher durchgehend gebrauchte Begriff Fehler Bekannte systematische Abweichungen Aa werden
sollte der Beschreibung von Meßgeräten vorbehalten durch die Korrektion K erfaßt. Man erhält damit den
bleiben, die festgestellte systematische Abweichun- berichtigten Meßwert xr:
gen aufweisen (DIN 1319).
 Korrektion K = –Aa
Das Ziel eines Meßvorganges ist es, den Wert der
Meßgröße so genau wie möglich zu bestimmen. Bei  berichtigter Meßwert xr = xa + K (I.4)
einem Meßvorgang wird aber im allgemeinen nicht
der gesuchte „wahre“ Wert gemessen, sondern ein
Wert, der von diesem abweicht. Soll eine Aussage
3.2 Zufällige Abweichungen
über diese Abweichung gemacht werden, muß der Sie entstehen durch Einflüsse, die dem Zufall unter-
wahre Wert bekannt sein. Da dieser wahre Wert in liegen, wie zum Beispiel Rauschen, Störungen, Ab-
der Regel aber nicht gefunden werden kann, wird ein nutzung und Bauteiländerungen. Sie sind prinzipiell
I Grundlagen und Grundbegriffe der Meßtechnik 737

nicht bekannt und können deshalb auch nicht korri- Erwartungswert m über, von dem man annimmt, daß
giert werden. Diese Abweichungen machen ein Meß- er den konventionell richtigen Wert mit großer Wahr-
ergebnis unsicher. scheinlichkeit repräsentiert.
Häufig kann man für die zufälligen Abweichungen n
x in
die Abweichungsgrenzen G angeben, innerhalb derer  Erwartungswert m = lim ∑ (1.7b)
n →∞ i =1 n
der Meßwert x „mit großer Wahrscheinlichkeit“ liegt:
n Anzahl der Messungen; xin die einzelnen Meßwerte
 Meßwert mit Abweichungsgrenzen xr ± G (I.5) Der arithmetische Mittelwert kommt dem konventio-
Das bedeutet, daß der Meßwert x im Bereich nell richtigen Wert meist schon sehr nahe, da in der
xr – G ≤ x ≤ xr + G liegt. Praxis die Abweichungen der Einzelmessungen so-
Beispiel I.1 zeigt die unterschiedlichen Arten der wohl positives als auch negatives Vorzeichen haben
Darstellung von Abweichungsgrenzen. und sich damit teilweise aufheben. Trotzdem darf
man nicht annehmen, daß der arithmetische Mittel-
 Beispiel I.1: 5 V ± 0,2 V; 16,2 (1 ± 0,02) A; (1 ± 10%) kW. Die
Abweichungsgrenzen werden hier, den Erfahrungen aus der
wert gleich dem wahren Wert ist.
Praxis entsprechend, symmetrisch zum konventionell richtigen
Wert angegeben.  Beispiel I.3: Eine wiederholt durchgeführte Spannungsmessung
liefert die Einzelwerte: 5,0 V; 5,1 V; 4,9 V; 5,2 V; 5,0 V; 5,1 V.
Mit der maximal auftretenden Abweichung läßt sich Der nach Gleichung (I.7a) berechnete arithmetische Mittelwert
auch die maximale relative Meßabweichung (Glei- ergibt 5,05 V. Eine zweite Meßreihe ergibt die Einzelwerte:
5,0 V; 5,3 V; 4,8 V; 5,2 V; 5,2 V; 4,8 V. Der arithmetische Mit-
chung I.2) berechnen (der Begriff „maximal“ entfällt telwert ist wiederum 5,05 V.
meist):
 (Maximale) relative Meßabweichung 3.4 Standardabweichung
x ± G − x r ±G Die Erfahrung zeigt, daß trotz des zahlenmäßig glei-
f = r = (I.6)
xr xr chen arithmetischen Mittelwertes der Meßreihen aus
Die (maximale) relative Meßabweichung wird in der Beispiel I.3 dem Mittelwert der ersten Meßreihe eher
Meßtechnik bevorzugt angegeben. der konventionell richtige Wert zugeordnet werden
kann als dem zweiten, weil bei ihr die Einzelmessun-
 Beispiel I.2: Zwei unterschiedliche Spannungen werden gemes- gen weniger voneinander abweichen. Deshalb wird
sen: U1 = 8 V ± 0,1 V; U2 = 80 V ± 0,1 V. Die Abweichungsgren-
zen sind für beide Messungen gleich. Erst die (maximale) relative
die (empirische) Standardabweichung s (meist nur
Meßabweichung zeigt, daß die Messung von U2 genauer ist als kurz als Standardabweichung bezeichnet) als Beurtei-
die von U1: lungskriterium für eine Meßreihe gebildet, die die
f1 = ± 0,1 V/8 V = ±0,0125 = ±1,25%; Differenzen zwischen den Einzelmessungen und dem
f2 = ± 0,1 V/80 V = ±0,00125 = ±0,125%. arithmetischen Mittelwert erfaßt und diese Dif-
Zur Festlegung der Abweichungsgrenzen G werden ferenzen vor der Summation quadriert, damit sie sich
praktische Erfahrungen, umfangreiche Messungen bei entgegengesetztem Vorzeichen nicht teilweise
gleicher oder ähnlicher Art und die Statistik herange- aufheben:
zogen. Überhaupt spielt die Statistik bei der Angabe  Standardabweichung
von Abweichungen eine entscheidende Rolle. Da
1 n
∑( xi − x )
2
man den „wahren“ Wert niemals messen kann, läßt s=+ (I.8a)
sich von einem Meßwert nur angeben, mit welcher n − 1 i =1
Wahrscheinlichkeit er innerhalb eines bestimmten Das Quadrat der Standardabweichung wird mit Vari-
Wertebereiches liegt. Dazu werden die zwei Begriffe anz bezeichnet:
arithmetischer Mittelwert und (empirische) Standard-  Varianz s2 oder auch s2 (I.8b)
abweichung verwendet.
Der Ausdruck (n – 1) im Nenner anstatt n weist
3.3 Arithmetischer Mittelwert, darauf hin, daß die Bildung der Standardabweichung
Erwartungswert erst für mehr als einen Meßwert sinnvoll ist.
Der Einfluß von zufälligen Abweichungen auf das  Beispiel I.4: Die Standardabweichung s errechnet sich nach
Meßergebnis läßt sich in der Regel dadurch verrin- Gleichung (I.8a) für die erste Meßreihe von Beispiel I.3 zu
s1 = 0,105 V; für die zweite Meßreihe ergibt sich s2 = 0,217 V.
gern, daß zunächst die Messung häufig wiederholt
wird, eventuell sogar mit unterschiedlichen Meßgerä-
ten, und anschließend aus den n Einzelmessungen xi Je größer die Standardabweichung s ist, desto mehr
der arithmetische Mittelwert gebildet wird: „streuen“ die Meßwerte, und um so weniger wird
man vom arithmetischen Mittelwert auf den konven-
1 n
 arithmetischer Mittelwert x = ⋅ ∑ xi (I.7a) tionell richtigen Wert schließen können.
n i =1 Die Behandlung von Meßabweichungen oder Meß-
n Anzahl der Messungen; xi die einzelnen Meßwerte fehlern geschieht nach Gesetzen der Wahrscheinlich-
Läßt man die Zahl der Messungen gegen unendlich keitstheorie. Danach werden Meßwerte als Werte
gehen, geht der arithmetische Mittelwert x in den aufgefaßt, die mit einer bestimmten Wahrscheinlich-
738 Meßtechnik

keit in einem gegebenen Wertebereich auftreten Die Gesamtspannung aus diesen zwei Meßwerten ergibt sich zu:
(12 + 16) V + DF = 28 V ± (0,2 + 0,1) V = 28 V ± 0,3 V.
(Kapitel 7 unten). Einzelheiten dazu sind z.B. in
Die relative Meßabweichung beträgt: [(28 ± 0,3) V) – 28 V]/28 V
DIN 1319 aufgeführt. = ± 0,011 = ± 1,1%.

 Beispiel I.6: Die Differenz zweier Ströme soll aus den zwei
4 Abweichungsfortpflanzung, gemessenen Strömen I1 = 290 mA ± 5 mA und I2 = 265 mA
Fehlerfortpflanzung ± 5 mA berechnet werden.
Mit den Zuordnungen entsprechend Beispiel I.5 und Glei-
Werden mehrere unterschiedliche abweichungsbehaf- chung (I.11) erhält man: x ↔ I1; y ↔ I2. ⇒ F = f (I1, I2) = I1 – I2;
tete Größen gemessen (z.B. Spannung U und Strom Dx = DI1 = ±5 mA; Dy = DI2 = ±5 mA.
I), um daraus eine weitere Größe rechnerisch zu ∂( I 1 − I 2 ) ∂( I 1 − I 2 )
ΔF = ⋅ ΔI 1 + ⋅ ΔI 2 = 1 ⋅ ΔI 1 + 1 ⋅ Δ I 2
bestimmen (z.B. den Widerstand R), gehen die Me- ∂I 1 ∂I 2
ßabweichungen der Einzelgrößen in die rechnerisch Daraus folgt:
bestimmte Größe in der nachfolgend dargestellten
I1 – I2 = (290 – 265) mA ± (5 + 5) mA = 25 mA ± 10 mA.
Weise ein. Gegeben ist F = f (x, y, z, ...). Darin steht F
für den Gesamtfehler (z.B. von R), der durch die Die relative Meßabweichung beträgt f = ± 10 mA/25 mA
= ± 0,4 = ± 40%. Das Vorzeichen der Meßabweichungen wurde
Einzelfehler der Größen x, y, z, ... (z.B. entsprechend der Anmerkung zu Gleichung (I.11) eingesetzt.
U, I) bestimmt wird. Die Einzelfehler erhält man Die Meßabweichung wird um so größer, je geringer die Differenz
durch partielles Differenzieren: der Einzel-Meßwerte ist.
Nach Beispiel I.6 soll die rechnerische Differenzbildung vermie-
∂F ∂f ( x , y , z , ... ) ∂F ∂f ( x , y , z , ... ) den werden, wenn sich zwei abweichungsbehaftete Meßwerte nur
= ; = ;
∂x ∂x ∂y ∂y wenig voneinander unterscheiden.

∂F ∂f ( x , y , z , ... )  Beispiel I.7: Spannung und Strom an einem Widerstand werden


= ; ... (I.9) gemessen: U = 100 V ± 0,5 V; I = 2,0 A ± 20 mA. Zu bestimmen
∂z ∂z sind die relativen Abweichungen für die Leistung an R und für
Bei den Abweichungen bzw. Fehlern handelt es sich den Widerstand R, wenn beide rechnerisch bestimmt werden. Die
systematischen Fehler durch die Innenwiderstände der Me-
um endliche Differenzen, so daß aus Gleichung (I.9) ßinstrumente werden vernachlässigt.
folgt: Wie in den Beispielen I.5 und I.6 ausführlich gezeigt, ergibt sich
∂f ( x , y , z ,... ) für P folgende Formel:
ΔFx = ⋅ Δx ;
∂x ∂( U ⋅ I ) ∂( U ⋅ I )
ΔF = ⋅ ΔU + ⋅ Δ I = I ⋅ ΔU + U ⋅ ΔI
∂U ∂I
∂f ( x , y , z ,... )
ΔFy = ⋅ Δy ; Daraus folgt die Leistung:
∂y
P = U · I ± (I · DU + U · DI)
∂f ( x , y , z , ... ) = 100 V · 2 A ± (2 A · 0,5 V + 100 V · 20 mA)
ΔFz = ⋅ Δz ; ... (I.10)
∂z = 200 W ± (1 W + 2 W)
= 200 W ± 3 W
Der Gesamtfehler DF berechnet sich aus der Summe
Die relative Meßabweichung errechnet sich zu ±3 W/200 W
der Einzelfehler:
= ± 1,5%. Für den Widerstand gilt:
∂f ( x , y , z , ... ) ∂f ( x , y , z , ... ) ∂ ( UII ) ∂ ( UII )
ΔF = ⋅ Δx + ΔF = ⋅ ΔU + ⋅ ΔI = ΔUII − ( UII 2 ) ⋅ ΔI . (I.12)
∂x ∂y ∂U ∂I
(I.11)
∂f ( x , y , z , ... )
× Δy + ⋅ Δz + ... R = 100 V/2 A ± ((0,5 V/2 A) + (100 V/4 A2) · 20 mA)
∂z = 50 Ω ± 0,75 Ω.
Dieser Ausdruck wird in der Mathematik als totales Die relative Meßabweichung beträgt ± 0,75 Ω/50 Ω = ± 1,5%.
Differential bezeichnet. Das bei der mathematischen Berechnung in Formel (I.12) auftre-
tende Minuszeichen wird mit den Vorzeichen der Einzelmeßab-
Für Dx, Dy, Dz, ... werden die zugeordneten Abwei- weichungen so verknüpft, daß sich wieder die größtmögliche Ge-
chungsgrenzen ± Gx, ± Gy, ± Gz, ... eingesetzt. Wichtig samtmeßabweichung ergibt.
ist, daß die Vorzeichen der einzelnen Abweichungs-
 Beispiel I.8: Aus zwei parallel geschalteten Widerständen soll
grenzen (Dx, Dy, Dz, ...) so gewählt werden, daß sich der Gesamtwiderstand Rp bestimmt werden.
die größtmögliche Gesamtabweichungsgrenze (DF) er- Gegeben: R1 = 1000 Ω ± 10 Ω; R2 = 200 Ω ± 2 Ω
gibt. Die tatsächlich auftretende Gesamtabweichungs-
⎛ R R ⎞ ⎛ R R ⎞
grenze kann damit niemals größer werden als die ∂⎜ 1 2 ⎟ ∂⎜ 1 2 ⎟
⎝ R1 + R 2 ⎠ ⎝ R1 + R 2 ⎠
berechnete. ΔF = ⋅ ΔR 1 + ⋅ ΔR 2
∂R1 ∂R 2
 Beispiel I.5: An einem Spannungsteiler werden die zwei Teil-
R 22 R12
spannungen U1 = 12 V ± 0,2 V und U2 = 16 V ± 0,1 V gemes- = ⋅ ΔR 1 + ⋅ ΔR 2
sen. Daraus sollen die Gesamtspannung und der Gesamt- ( R1 + R 2 ) 2 ( R1 + R 2 ) 2
fehler bestimmt werden. Bezogen auf Gleichung (I.11) gilt:
x ↔ U1; y ↔ U2. ⇒ F = f (U1, U2) = U1 + U2; Dx = DU1 = ± 0,2 V; 4 ⋅ 10 4 ⋅ 10 + 10 6 ⋅ 2
ΔF = Ω = 1,67 Ω
Dy = DU2 = ± 0,1 V. Mit Gleichung (I.11) folgt: (1,44 ⋅ 10 6 )
∂( U 1 + U 2 ) ∂( U 1 + U 2 ) Damit ergibt sich: Rp = 167 Ω ± 1,67 Ω. Der relative Fehler be-
ΔF = ⋅ ΔU 1 + ⋅ ΔU 2 = 1 ⋅ ΔU 1 + 1 ⋅ Δ U 2
∂U 1 ∂U 2 trägt ± 1,67 Ω/167 Ω = ± 1%.
I Grundlagen und Grundbegriffe der Meßtechnik 739

5 Fehlerangaben von Meßgeräten 6 Arithmetischer Mittelwert


Bei Meßgeräten wird in der Regel die Fehlergrenze
und Effektivwert von Wechselgrößen
angegeben. Sie ist der maximal zugelassene prozen- Der Effektivwert einer periodischen Wechselspan-
tuale Fehler, der häufig auf den Meßbereichsendwert nung (eines periodischen Wechselstromes) gibt die
bezogen wird (DIN 43780). Sie gilt außerdem nur bei gleiche Leistung ab wie eine gleichgroße Gleichspan-
Einhaltung gewisser Referenzbedingungen (z.B. nung (Gleichstrom). Deshalb soll auch in der Regel
Referenzfrequenz 45 Hz bis 65 Hz ± 5 Hz). der Effektivwert gemessen werden. Er berechnet sich
nach der Formel:
5.1 Analog anzeigende Meßgeräte  Effektivwert einer Wechselspannung u(t):

Bei analog (direkt wirkenden) anzeigenden Meß- T


1
∫ { u ( t )} d t
2
geräten sind Genauigkeitsklassen nach DIN 43780 U= (I.14a)
T0
festgelegt. Die dort angegebenen Klassenzeichen sind
gleich dem Betrag der Fehlergrenzen in Prozent.  Effektivwert eines Wechselstromes i(t):
Dabei ist der absolute Fehler auf einen Bezugswert T
1
∫ { i ( t )} d t
2
bezogen, in der Regel auf den Meßbereichsendwert. I= (I.14b)
Wird dagegen ein Meßwert abgelesen, so ist dieser T0
Meßwert der Bezugswert. Da der Bezugswert aber Der arithmetische Mittelwert oder Gleichanteil einer
stets kleiner oder höchstens gleich dem Meßbereichs- periodischen Wechselspannung oder eines periodi-
endwert ist, wird der Fehler um so größer, je kleiner schen Wechselstromes ergibt sich aus:
der gemessene Wert ist. Deshalb gilt:  Arithmetischer Mittelwert einer Wechselspannung
Meßwerte möglichst im oberen Drittel der Skala u(t):
ablesen! T
1
Folgende Genauigkeitsklassen sind nach DIN 43780 u=
T0
∫ {u ( t )} dt (I.15a)
festgelegt:
0,05; 0,1; 0,2; 0,5; 1; 2,5; 5.  Arithmetischer Mittelwert eines Wechselstromes
i(t):
 Beispiel I.9: Ein Meßgerät gehört der Klasse 1 an und hat den
T
Meßbereichsendwert 100 V. Dann ist die Fehlergrenze ± 1% vom 1
Meßbereichsendwert 100 V, also ± 1 V. Diese Fehlergrenze gilt i=
T0
∫ { i ( t )} dt (I.15b)
für jeden angezeigten Meßwert. Beträgt der Meßwert 20 V, so ist
der relative Fehler f = [(20 ± 1) V − 20 V]/20 V = ± 5%. In der Meßtechnik hat er eine gewisse Bedeutung,
weil Drehspulmeßinstrumente diesen Wert anzeigen.
5.2 Digital anzeigende Meßgeräte
Durch die Elektronik im Instrument setzt sich der 7 Häufigkeitsverteilung,
Gesamtfehler aus mehreren Anteilen zusammen. In Vertrauensbereich
der Praxis findet man häufig die folgende Fehleran-
gabe für den maximal auftretenden (absoluten) Fehler Trägt man die einzelnen Meßwerte einer gemessenen
Fmax, der hier an einem Beispiel gezeigt werden soll: Größe, der zufällige Fehler überlagert sind, in Form
einer Häufigkeitsverteilung (Histogramm) auf, erhält
absoluter Fehler man in der Regel einen charakteristischen Verlauf,
Fmax = ± (0,1% v.A. + 0,1% v.E. + 1 LSB) (I.13) der sich für eine gegen unendlich gehende Anzahl
v.A. von der Anzeige, also abgelesener Wert (of reading); v.E. vom von Meßwerten der Normal- oder Gauß-Verteilung
Endwert, Anzeigebereichsendwert (of range); LSB Bit mit der gering- („Gaußsche Glockenkurve“) annähert. Sie ist wie
sten Wertigkeit, in der Regel die Stelle ganz rechts, Quantisierungs- folgt definiert:
fehler (least significant bit)
 Normalverteilung
 Beispiel I.10: Angezeigter Meßwert: U = 7,50 V; Skalenendwert: ( x−x ) 2

Usk = 9,99 V; 3stellige Anzeige. Absoluter Fehler Fmax (mit den 1
Angaben aus Gleichung (I.13)):
p( x ) = ⋅e 2σ 2 (I.16)
2π ⋅ σ 2
Fmax = ± (0,001 ⋅ 7,50 V + 0,001 ⋅ 9,99 V + 0,01 V) = ± 0,0275 V
x siehe Gleichung (I.7a), s2 siehe Gleichung (I.8b)
Relativer Anzeigefehler:
fmax = ±0,0275 V/7,50 V = ± 0,003 67 = ± 0,367%
Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Meßwerte für
x = x mit zunehmender Wahrscheinlichkeit dem kon-
Der Bezugswert für den relativen Anzeigefehler ist
ventionell richtigen Wert entsprechen, je mehr sich
auch hier der angezeigte Meßwert; der Fehler steigt
die gemessene Verteilung der Normalverteilung an-
mit kleiner werdendem Anzeigewert. Deshalb gilt
nähert.
auch hier:
Meßwerte möglichst im oberen Drittel der Anzeige Obwohl der Mittelwert x nicht zwangsläufig gleich
ablesen! dem wahren Wert ist, kann man ein Intervall um x
740 Meßtechnik

Tabelle I-3 Werte für t und t / n für verschiedene Werte des Vertrauensniveaus (1 – a)

Anzahl n der (1 – a) = 68,26% (1 – a) = 95% (1 – a) = 99,5%


Einzelmessungen

t t/ n t t/ n t t/ n

112 1,84 1,30 12,71 8,98 127,32 90,03


115 1,15 0,51 12,78 1,24 115,60 12,50
110 1,06 0,34 12,26 0,71 113,69 11,17
130 1,02 0,19 12,05 0,37 113,04 10,56
100 1,00 0,10 11,98 0,20 112,87 10,29

Tabelle I-4 Zu Beispiel I.11

Messung Nr. Spannung Ui (xi − x ) ( xi − x )2 t für t / n für


in V in V in V (1 – a) = 95% (1 – a) = 95%
1 100,2 – 0,4 0,16 aus Tabelle I-3 aus Tabelle I-3
2 100,4 – 0,6 0,36
3 199,3 – 0,5 0,25
4 199,0 – 0,8 0,64
5 100,1 – 0,3 0,09
x = 99,8 V S=0 S = 1,50 2,78 1,24
s = 0,612 V

herum angeben, in dem der wahre Wert mit einer vor- 0,759 V. Das Meßergebnis für die Spannung lautet:
99,8 V ± 0,759 V.
gegebenen Wahrscheinlichkeit (1 – a) liegt. Die
Grenzen dieses Intervalls heißen Vertrauensgrenzen.
Das Intervall ist der Vertrauensbereich, der sich aus
dem Vertrauensniveau (1 – a) (Angabe in %, siehe 8 Bearbeitung und Auswertung
Tabelle I-3) ergibt. von Meßwerten
t
 Obere Vertrauensgrenze x + ⋅s (I.17a) Die Bearbeitung und Auswertung von Meßwerten ist
n in der Regel rechenintensiv und wurde deshalb erst
t durch den Einsatz von Rechnern in größerem
 Untere Vertrauensgrenze x − ⋅s (I.17b)
n Umfang möglich. In diesem Zusammenhang haben
x siehe Gleichung (I.7a), n Anzahl der Messungen, s Standardabwei- Begriffe wie
chung (Gleichung (I.8a)), t / n siehe Tabelle I-3  Chi-Quadrat-Test,
Tabelle I-3 zeigt Auszüge für t und t / n nach  Quantile, Median,
DIN 1319 Teil 3.  Regression,
 Splines und
 Beispiel I.11: Eine Spannung wird fünfmal gemessen. Zu
bestimmen sind die Vertrauensgrenzen für ein Vertrauensniveau
 Klassierung
von 95%. Das Meßergebnis ist anzugeben. Meßwerte siehe Ta- an Bedeutung gewonnen. Sie werden im Kapitel XI,
belle I-4.
Daraus ergibt sich die obere Vertrauensgrenze zu:
PC-gestützte Meßverfahren und Meßsignalanalyse,
99,8 V + 1,24 ⋅ 0,612 V = 99,8 V + 0,759 V; die untere zu 99,8 V – dargestellt.
Meßtechnik 741

II Analog anzeigende Meßgeräte

1 Grundlagen ten“. Durch eine Rückstellfeder (Spiralfeder), die


gleichzeitig als Stromzuführung dient, wird eine
Die analog anzeigenden Meßgeräte sind zum großen Gegenkraft erzeugt. Der Zeiger kommt zum Still-
Teil von den digital anzeigenden abgelöst worden, stand, wenn das elektrische Moment und das mecha-
weil letztere i.a. einen kleineren Meßfehler und einen nische Moment der Feder im Gleichgewicht sind. Die
geringeren Eigenverbrauch besitzen und häufig Skalenteilung ist linear, da das elektrische Moment
Funktionen wie automatische Meßbereichswahl, linear vom Strom I und das mechanische Moment
Speicherung von Meßdaten und eine Schnittstelle zur linear vom Drehwinkel a abhängt. Die Ausschlag-
Meßdatenerfassung und -verarbeitung bieten. Die richtung hängt von der Stromrichtung ab (Gleichung
Analogmeßgeräte sollen hier deshalb nur auszugs- II.2). Die für einen Zeigerausschlag erforderliche
weise und kurz behandelt werden. Leistung (Eigenverbrauch) ist sehr gering. So benö-
Die Wirkungsweise der im folgenden vorgestellten tigt das Meßwerk des Meßinstrumentes „UM“ (AEG)
Meßgeräte beruht auf der Kraftwirkung auf einen für Vollausschlag einen Strom von 10 mA bei einer
stromdurchflossenen elektrischen Leiter im Magnet- Spannung von 60 mV. Das entspricht einer Leistung
feld:
   von 0,6 mW.
Kraft F = Q ⋅ (v × B) bzw. F = Q ⋅ v ⋅ B Das Meßwerk zeigt den arithmetischen Mittelwert
     (Gleichanteil) des fließenden Stromes an. Bei der
für v ⊥ B; F ⊥ B, v (II.1) Messung von Wechselströmen führt das bei den
häufig vorkommenden sinusförmigen Stromverläu-
F Kraft in N, Q Ladung der den Leiter durchfließenden Elektronen in
A ⋅ s, v Geschwindigkeit der Elektronen in m/s, B magnetische Fluß- fen zu der Anzeige Null (Voraussetzung: Frequenz
dichte in V ⋅ s/m2 f Ⰷ 1 Hz, d.h., das Instrument kann wegen seiner
Es wird vorausgesetzt, daß v und B senkrecht zuein- Trägheit dem Momentanwert des Stroms nicht mehr
ander auftreten. F steht senkrecht auf v und B, die folgen). Damit das Meßwerk überhaupt einen Aus-
schlag zeigt, wird der Strom durch das Instrument
Richtung ergibt sich aus der „Rechten-Hand-Regel“.
(nicht der zu messende Laststrom) durch einen Ein-
Benutzt man die zwei Beziehungen Q = I · t und
weg- oder Zweiweggleicher so in der Form geändert,
v = I/t für den Stromfluß in einem elektrischen Leiter daß der arithmetische Mittelwert nicht mehr Null ist.
und setzt beides in Gleichung (II.1) ein, folgt daraus Bei Wechselströmen soll in der Regel der Effek-
eine Darstellung für die Kraft, die auch unter dem tivwert des Stromes gemessen werden, der im all-
Namen Lorentz-Kraft bekannt ist: gemeinen nicht mit dem arithmetischen Mittelwert
Lorentz-Kraft F = B · I · l (II.2) übereinstimmt. Damit die Anzeige des Stromes
l Spulenlänge, I Leiter- bzw. Spulenstrom in A, B magnetische wenigstens für sinusförmigen Stromverlauf richtig ist,
Flußdichte in V ⋅ s/m2 wird die Skala des Instrumentes entsprechend korri-
Auch hier gilt für die Richtungsbeziehung der Größen giert. Für sinusförmigen Stromverlauf ist der Effek-
B, I und F die „Rechte-Hand-Regel“. Die magneti- tivwert I = iˆ / 2 , der arithmetische Mittelwert bei
sche Flußdichte B kann durch einen Dauermagneten Einweggleichrichtung i = iˆ / π bzw. bei Zweiweg-
ew
(Drehspulmeßwerk), durch die stromdurchflossene
Spule selbst (Dreheisenmeßwerk) oder durch eine gleichrichtung izw = 2 ⋅ iˆ / π . Also wird die Skalen-
zweite Spule (Prinzip des Elektromagneten wie beim beschriftung mit dem Wert I / i multipliziert. Dieser
Elektrodynamischen Meßwerk) zur Verfügung ge- Wert heißt Kurvenformfaktor oder kurz Formfaktor
stellt werden. und beträgt für Sinusform bei Einweggleichrichtung
Im folgenden werden nur die Meßwerke, also die den p/1,41 = 2,22 bzw. bei Zweiweggleichrichtung
Ausschlag direkt erzeugenden Elemente, betrachtet. p/(2 ⋅ 1,41) = 1,11. Bei nicht sinusförmigem Strom-
Gehäuse, Anschlußklemmen, Bereichsumschalter, verlauf ist das Verhältnis von Effektivwert zu arith-
Vor- und Nebenwiderstände zur Meßbereichserweite- metischem Mittelwert nicht mehr gleich dem in die
rung und andere Bauteile, die das Meßwerk zum Skala eingearbeiteten Wert und damit der vom In-
Meßgerät ergänzen, bleiben unberücksichtigt. strument angezeigte Wert falsch!
Die Messung von Gleich- und Wechselspannungen
2 Drehspul-Meßwerk geschieht über das Ohmsche Gesetz. Eine angelegte
Den prinzipiellen Aufbau zeigt Bild II-1a. Eine Spannung verursacht bei bekanntem Meßwerkwi-
drehbar gelagerte Spule befindet sich im Feld eines derstand einen ihr proportionalen Strom.
Dauermagneten. Abhängig von der Richtung des Eine vor allem in der Präzisionsmeßtechnik ver-
durchfließenden Stromes dreht sie sich gemäß der wendete Sonderbauform ist das Galvanometer. Die
Lorentz-Kraft nach Gleichung (II.2) rechts oder links Drehspule ist an einem dünnen Metallfaden mit
herum. Die Länge l ist die Spulenlänge „nach hin- rechteckigem Querschnitt befestigt, der einseitig fest
742 Meßtechnik

1 Bild II-1
a) Drehspulmeßwerk (H & B)
b) Spiegelgalvanometer

N 1
S 2
7
3
N S

6 4
5

5 4
6 3 2
7

1 Permanentmagnet 1 Spannband
2 Weicheisenkern 2 Spiegel
3 Polschuhe 3 Dauermagnet
4 Drehspule 4 Spule mit Rahmen
5 Spiralfeder und Stromzuführung 6,
5, 67 Stromzuführung
6 Nullpunkteinstellung 6, 75 Spannfeder
7 Äquilibrierarm
a) b)

eingespannt ist und am anderen Ende durch eine quadrierten Momentanwerte, so daß der in Gleichung
Feder gespannt wird, Bild II-1b. Damit tritt so gut (I.14b) unter der Wurzel stehende Ausdruck gebildet
wie keine Lagerreibung auf. Die Spule befindet sich und damit das Quadrat des Effektivwertes angezeigt
auch hier im Feld eines Dauermagneten. Fließt ein wird. Durch eine entsprechende Formgebung der
Strom durch sie hindurch, dreht sie sich und tordiert Bleche kann man erreichen, daß sich eine nähe-
(verdrillt) den Metallfaden. Dadurch entsteht die rungsweise lineare Skalenteilung für die Ablesung
Rückstellkraft. An dem Metallfaden ist ein Spiegel des Effektivwertes ergibt.
angebracht (Spiegelgalvanometer), der sich mitdreht
und dessen Drehwinkel proportional zum Spulen- Bild II-2
strom ist. Über einen Lichtstrahl und Umlenkspiegel Dreheisenmeßwerk
können so kleinste Ströme im nA-Bereich durch Skala (H & B)
kleinste Winkelauslenkungen des Spiegels in großen
Entfernungen (1 m bis 10 m) als bequem ablesbare
Lichtmarkenauslenkungen gemessen werden. Zeiger
Daten des Spiegelgalvanometers BSGe (Ruhstrat): Spiralfeder
Ein Strom von 40 nA ergibt auf einer Skala in 25 cm
Entfernung vom Spiegel eine Lichtstrahlauslenkung Festeisen
von 1 mm.
Nullsteller Dreheissen

3 Dreheisen-Meßwerk
Rundspule
Beim Dreheisen-Meßwerk befinden sich nach Bild Dämpferflügel
II-2 ein festes und ein drehbar gelagertes
Metallblech im Feld einer vom Meßstrom durchflos- Theoretisch zeigt das Instrument den Effektivwert des
senen Spule. Die beiden Bleche werden magnetisiert Wechselstromes unabhängig von der Kurvenform an.
und stoßen sich um so mehr ab, je größer der Strom In der Praxis dagegen wird der Meßfehler bei der
ist. Die Kraft F ist proportional zu I2 (Prinzip „Elek- Messung von sinusförmigen Strömen mit Frequenzen
tromagnet“: F ∼ B2 ∼ I2). Damit ist die Ausschlagrich- oberhalb etwa (400 ... 1000) Hz durch die Indukti-
tung des Zeigers nicht mehr von der Stromrichtung vität der Spule und das Verhalten des Eisens mit
abhängig. Bei der Messung von Wechselströmen steigender Frequenz größer. Deshalb ist bereits das
bildet das Instrument bei Frequenzen des Stromes Messen nichtsinusförmiger Ströme mit Frequenzen
Ⰷ1 Hz wegen seiner Trägheit den Mittelwert aller weit unterhalb (400 ... 1000) Hz mit erhöhten Meß-
II Analog anzeigende Meßgeräte 743

fehlern behaftet, weil die Oberschwingungsanteile Bild II-3


oberhalb (400 ... 1000) Hz zunehmend unberücksich- Elektrodynamisches
tigt bleiben und damit der gemessene Stromverlauf Meßwerk (H & B)
vom tatsächlichen Stromverlauf abweicht (Fourier-
zerlegung des nichtsinusförmigen Stromverlaufes).
Da das magnetische Feld durch eine Spule und nicht
durch einen Dauermagneten erzeugt wird und vor-
wiegend in Luft verläuft, ist die Flußdichte und damit S1
die Kraft für die Zeigerauslenkung relativ klein.
Daraus folgt, daß die für Vollausschlag erforderliche
Leistung größer ist als bei Drehspulmeßwerken.
Daten eines Dreheisen-Meßwerkes (A-V-Multizet): S2
Strom für Vollausschlag 60 mA; Innenwiderstand
100 Ω. Daraus errechnet sich die Leistung für Voll-
ausschlag zu (60 mA)2 · (100 Ω) = 360 mW.

4 Elektrodynamisches Meßwerk
P = U · I · cos j. Schickt man den Strom des Ver-
Nach Bild II-3 besteht das elektrodynamische Meß- brauchers durch die feststehende Spule (größerer
werk aus einer feststehenden, vom Strom I1 durch- Querschnitt, I1 im Bereich 1 ... 10 A) und macht den
flossenen Spule S1, die die Flußdichte B1 erzeugt, und Strom I2 proportional zur angelegten Spannung am
einer zweiten, drehbar gelagerten Spule S2, die vom Verbraucher, so zeigt das elektrodynamische Meß-
Strom I2 durchflossen wird. Es gilt: B1 = k1 · I1; werk die Wirkleistung des Verbrauchers an. Das
F = k2 · B1 · I2 (mit Gleichung II.2); F = k1 · k2 · I1 · I2 Meßwerk muß aus den zugeführten Größen U und I
bzw. F = k3 · I1 · U2 mit U2 = k4 · I2 (ki Konstante). das Moment für den Zeigerausschlag bilden. Damit
Die Kraft oder das Moment des Zeigers ist proportio- wird der cos j automatisch berücksichtigt.
nal dem Produkt zweier Ströme, oder, wenn man Die feststehende Spule bildet den Strompfad, die
einen der beiden Ströme proportional zu einer Span- bewegliche den Spannungspfad. Die Ausschlagrich-
nung macht, dem Produkt aus Spannung und Strom. tung des Zeigers hängt von dem Anschluß der beiden
Darin liegt die große Bedeutung dieses Meßwerkes. Pfade zueinander ab; beim Ausschlag des Zeigers in
Es wird hauptsächlich zur Leistungsmessung einge- die falsche Richtung (an den Anschlag links) müssen
setzt. die zwei Anschlüsse eines der beiden Pfade ver-
Die Wirkleistung P eines Verbrauchers berechnet tauscht werden. Auch aus diesem Grund kennzeich-
sich bei sinusförmigen Spannungen und Strömen aus nen die Hersteller je einen Anschluß beider Pfade mit

Tabelle II-1 Beschriftungen auf Meßinstrumenten (Auszug aus DIN 43780)


Elektrodynamisches Meßwerk Wechselstrominstrument

Eisengeschlossenes, elektrodynamisches Gleich- und Wechselstrominstrument


Meßwerk Drehstrominstrument mit einem Meßwerk
Elektrodynamisches Quotientenmeßwerk
Drehstrominstrument mit zwei Meßwerken
Eisengeschlossenes, elektrodynamisches
Quotientenmeßwerk Drehstrominstrument mit drei Meßwerken
Induktions-Meßwerk Senkrechte Gebrauchslage
Bimetall-Meßwerk Waagrechte Gebrauchslage
Elektrostatisches Meßwerk
Schräge Gebrauchslage mit
Vibrations-Meßwerk Angabe des Neigungswinkels
Thermoumformer allgemein Zeigernullstellvorrichtung
Drehspul-Meßwerk mit Prüfspannungszeichen:
Thermoumformer die Ziffer im Stern bedeutet die Prüfspannung in kV
(Stern ohne Ziffer 500 V Prüfspannung)
Isolierter Thermoumformer
Achtung
Gleichrichter (Gebrauchsanweisung beachten)
Drehspul-Meßwerk Instrument entspricht bezüglich
mit Gleichrichter Prüfspannung nicht den Regeln
744 Meßtechnik

einem Stern oder einem Pfeil. Weitere Einzelheiten 5 Symbole und Instrumenten-
hierzu sind bei der Leistungsmessung aufgeführt.
Die Messung der Wirkleistung bei nichtsinusförmi-
beschriftungen
gem Spannungs- und Stromverlauf ist nur bedingt In Tabelle II-1 ist ein Auszug aus DIN 43780 der auf
möglich. Hier gelten ähnliche Einschränkungen wie Instrumenten aufgedruckten Symbole und Beschrif-
beim Dreheisenmeßwerk. tungen enthalten. Besonders wird auf das Symbol
Viele Hersteller haben für den Spannungspfad u.a. „Dreieck mit innenliegendem Ausrufungszeichen“
die Meßbereiche 120 V, 240 V und 480 V vorgese- hingewiesen. Es bedeutet, daß in der Betriebsanlei-
hen; für den Strompfad die Meßbereiche 5 A, 1 A. tung wichtige Hinweise zum Betrieb des Meßgeräts
Für eine Meßbereichserweiterung mit Spannungs- enthalten sind!
und Stromwandler sind in der Regel die Meßbereiche So kann ein Meßgerät zwar einen Meßbereich 5000 V
100 V und 5 A erforderlich. Weitere Einzelheiten haben, aber die Prüfspannung zwischen den An-
hierzu folgen im Kapitel VI.7.4 „Meßbereichserwei- schlußklemmen und dem Gehäuse ist geringer.
terung bei der Leistungsmessung“.

III Oszilloskop
Das Oszilloskop wird eingesetzt, um den zeitlichen 1.1 Oszilloskopröhre
Verlauf von Spannungen sichtbar zu machen. In der
Den Aufbau zeigt Bild III-2. Die von der Kathode
Standardausführung können periodische Signale mit
emittierten Elektronen werden durch das positive
einem Frequenzbereich von einigen Hz bis in den
Potential der Anode von ungefähr (1 ... 4) kV be-
MHz-Bereich verarbeitet werden.
schleunigt, im Wehnelt-Zylinder gebündelt und beim
Darüber hinaus gibt es Sonderausführungen für fol-
Durchlaufen des elektrischen Feldes der X- und
gende Darstellungen:
Y-Ablenkplatten abgelenkt. Anschließend werden sie
− Periodische Signale mit Frequenzen bis zu einigen durch eine Nachbeschleunigungsanode in Schirmnähe
GHz (Sampling-Oszilloskope). mit einer Spannung von bis zu 20 kV weiter be-
− Periodische Signale mit Frequenzen unterhalb schleunigt. Beim Auftreffen auf den Schirm wird eine
einiger Hz (Speicheroszilloskope). spezielle Leuchtschicht durch die kinetische Energie
− Einmalige Signalverläufe (Speicheroszilloskope). der Elektronen zum Leuchten angeregt. Die Zahl der
− Mehrere Signalverläufe gleichzeitig in zeitlich pro Zeiteinheit auf den Schirm auftreffenden Elektro-
korrekter Zuordnung zueinander (Mehrkanal-Os- nen läßt sich durch die Spannung am Steuergitter
zilloskope). über das Potentiometer INTENSITY (Helligkeit)
Zwar stellt das Oszilloskop nur Spannungsverläufe einstellen. Die Bündelung des Elektronenstrahles
dar, aber Stromverläufe lassen sich über einen be- wird durch die Spannung am Wehnelt-Zylinder
kannten ohmschen Widerstand in Spannungsverläufe über das Potentiometer mit der Aufschrift FOCUS
überführen, ohne daß sich der zeitliche Verlauf än- (Schärfe) verändert.
dert. Die Ablenkung der Elektronen in y-Richtung (in
x-Richtung entsprechend) läßt sich wie folgt berech-
nen: Beim Passieren der Anode ist ihre kinetische
1 Aufbau eines Standard-Oszilloskopes Energie gleich der aufgenommenen elektrischen
Das Prinzipschaltbild eines Standard-Einkanal-Oszil- Enegie m ⋅ v z2 / 2 = e ⋅ UAK . Für die Elektronenge-
loskopes wird in Bild III-1 gezeigt. Es gliedert sich in schwindigkeit vz ergibt sich daraus:
die vier Funktionseinheiten: Y-Ablenkung (Vertikal-
ablenkung), X-Ablenkung (Horizontalablenkung), 2 ⋅ e ⋅ U AK
Oszilloskopröhre und Netzteil. Die im folgenden  Elektronengeschwindigkeit v z =
m
verwendeten Bezeichnungen und Größen sind aus der
m Masse eines Elektrons, m = 9,1 ⋅ 10 kg; vz Geschwindigkeit der
–31

Praxis entnommen. Sie werden meist in englischer Elektronen an der Anode und damit an den Ablenkplatten in
Sprache angegeben und sind bei den meisten Oszil- z-Richtung in m/s; UAK Spannung zwischen Anode und Kathode in V;
–19
loskopen in dieser Form zu finden. e Ladung eines Elektrons, e = 1,6 · 10 A · s.
III Oszilloskop 745

DC Abschwächer Y-POS Y-Verstärker


AC
K
V
Y-Eingang Div
GND
WF A
Steuerung NA
Zeit- Sägezahn-
DC INT Trigger ablenkung generator X-Verstärker
AC Y-t
EXT
LINE s/DIV
X-Y
Triggereingang

DC
AC
V Kathode
X-Eingang Div Stromversorgung K
GND Wehneltzylinder W
Netz Oszilloskop- Fokussierung F
röhre Anode
Nachbeschleunigung A
NA

Bild III-1 Prinzipschaltbild eines Standard-Einkanal-Oszilloskopes

Die Auslenkung yp in y-Richtung nach Durchlaufen


der Platten berechnet sich gemäß yp = ay · t2/2 (a Be- 1
schleunigung) mit Fy = m · ay = e · Ey und daraus
ay = e · Ey /m sowie t = l/vz zu:
2 3 4 5 6
Ey ⋅ l 2 –1000V 7
8
 Auslenkung y p = (III.1)
4 ⋅ U AK INTEN- FOCUS
9
(5...20)kV
UAK Spannung zwischen Anode und Kathode in V; Ey Feldstärke SITY 1 Heizung
zwischen den Ablenkplatten in V/m; l Länge der Ablenkplatten in m, 2 Kathode
siehe Bild III-2. 3 Wehneltzylinder
Für die Verweildauer t der Elektronen zwischen 4 Fokussierelektrode
den Platten wurde l/vz eingesetzt. Die Auslenkung 5 Anode
6 X-Ablenkplatten
ys = yp(L + l/2)/(l/2) auf dem Schirm ergibt sich nach 7 Y-Ablenkplatten
dem Strahlensatz, siehe Bild III-2. Man kann mathe- 8 Nachbeschleunigungsanode
matisch zeigen, daß die untere Seite des Dreiecks 9 Fluoreszenzschicht
genau L + l/2 lang ist. Setzt man für yp den Aus-
druck aus Gleichung (III.1) ein und setzt weiterhin
L + l/2 = Lg, so folgt ys = (Ey /Lg)/(2 · UAK). Uy
Setzt man schließlich Ey = Uy /d und teilt beide Seiten Anode
durch Uy, erhält man die Ablenkempfindlichkeit der y yS
Oszilloskopröhre: Kathode yP
ys Lg ⋅ l z d
 Ablenkempfindlichkeit =
U y 2 ⋅ U AK ⋅ d l L
m cm UAK l/2
in bzw. anschaulicher in (III.2) Lg
V V
Bild III-2 Prinzip der Oszilloskopröhre
Lg, l, d in m, siehe Bild III-2; UAK Spannung zwischen Anode und
Kathode in V
Für eine große Ablenkempfindlichkeit ist demnach 1.2 Y-Ablenkung
eine große Röhrenlänge Lg, eine große Ablenkplatten-
länge l, eine große Feldstärke Uy /d zwischen den Die darzustellende Wechselspannung gelangt zu-
Ablenkplatten und eine kleine Beschleunigungs- nächst über eine umschaltbare Eingangskopplung,
spannung UAK (kleine Elektronengeschwindigkeit meist mit AC/DC/GND bezeichnet, auf einen Span-
und damit längere Kraftwirkung auf die Elektronen in nungsteiler, der die Amplitude des Eingangssignals
y-Richtung) erforderlich. an den nachfolgenden Verstärker anpaßt und die Zu-
746 Meßtechnik

ordnung zwischen der Amplitude der Eingangsspan-  Y-t-Betriebsart: In dieser Betriebsart wird die an
nung (in Volt) und der auf dem Schirm der Oszil- den Y-Eingang angeschlossene Spannung in Ab-
loskopröhre dargestellten Amplitude (in cm) festlegt. hängigkeit von der Zeit dargestellt. Dazu ist eine
Dieser Y-Ablenkkoeffizient wird in V/cm oder in Zeitbasiseinheit erforderlich, die eine sägezahn-
V/DIV (division, Teilstrich) angegeben; er läßt sich förmige Spannung erzeugt. Diese Spannung lenkt
häufig in den Stufungen 1-2-5 von 10 mV/DIV bis den Strahl in horizontaler Richtung vom linken bis
50 V/DIV fest einstellen. Über ein Potentiometer zum rechten Bildrand mit gleichbleibender Ge-
kann er im Bereich zweier benachbarter Stufen ver- schwindigkeit ab und bildet damit die Zeitachse
ändert werden. Allerdings läßt sich diese Verände- des darzustellenden Signals. Die Frequenz des Sä-
rung nicht an der Stellung des Potentiometers ab- gezahnes kann in einer 1-2-5-Stufung eingestellt
lesen, es ist lediglich die Aufschrift VAR (variabel, werden und wird als X-Ablenkkoeffizient im Be-
also nicht kalibriert) angebracht. Deshalb hat das reich ns/DIV bis s/DIV angegeben. Auch hier gibt
Potentiometer entweder einen Schalter, oder eine der es die Möglichkeit, den X-Ablenkkoeffizienten
beiden Endstellungen ist mit CAL (kalibriert) ge- stufenlos über ein Potentiometer zu verändern.
kennzeichnet und bedeutet, daß der am Stufenschalter Die Beschriftung ist, wie beim Y-Ablenkko-
angegebene Ablenkkoeffizient nur in dieser Schalter- effizienten, VAR, mit besonderer Stellung CAL.
oder Potentiometerstellung gilt. Über ein weiteres Damit dem Auge bei Signalfrequenzen oberhalb
Potentiometer mit der Aufschrift Y-POS (Y-Position) etwa 25 Hz ein stehendes Bild erscheint, müssen
kann dem darzustellenden Eingangssignal eine Gleich- die Signalverläufe von der Oszilloskopröhre immer
spannung einstellbarer Amplitude hinzuaddiert wer- wieder genau übereinander geschrieben werden.
den und damit das Bild auf dem Schirm nach oben Dazu dient die Triggereinheit, die den Zeitpunkt
oder unten verschoben werden. Die Ausgangsspan- des Schreibeinsatzes am linken Bildschirmrand in
nung des Y-Verstärkers wird den Y-Ablenkplatten Abhängigkeit vom Momentanwert des Signals
der Oszilloskopröhre zugeführt. festlegt. Zunächst wird mit einem Schalter, der oft
In der Schalterstellung AC der Eingangskopplung mit TRIGGER bezeichnet wird und die drei
wird in Reihe zum Eingangssignal ein Kondensator Stellungen INT/EXT/LINE hat, festgelegt, ob das
geschaltet, der den Gleichanteil unterdrückt. Diese Triggersignal intern gebildet werden soll (Stellung
Betriebsart wird angewendet, wenn einer Spannung mit INT), extern über eine an die Eingangsbuchse
großem Gleichanteil (z.B. 25 V) eine Wechselspan- TRIG EXT angeschlossene Spannung (Stellung
nung mit kleiner Amplitude (z.B. 20 mV) überlagert ist EXT) oder mit der 50-Hz-Netzfrequenz (Stellung
und nur die Wechselspannung dargestellt werden soll LINE, Bedeutung vor allem für die Energietechnik)
(Beispiel: „Brummspannung“ bei einer Spannungssta- erfolgen soll. Weiterhin kann über einen Schalter
bilisierungsschaltung). Für die Schalterstellung DC mit der Bezeichnung SLOPE (Flanke) und den
wird dieser Kondensator überbrückt, d.h., das Ein- Stellungen POS/NEG oder +/– bestimmt werden,
gangssignal wird amplitudengetreu auf dem Schirm ob zur Triggerung die positive oder negative Flanke
dargestellt. Die Stellung GND trennt das Eingangssig- des Signals benutzt werden soll. Mit dem Potentio-
nal ab und legt den internen Eingang auf die Spannung meter LEVEL wird eingestellt, bei welchem Span-
0 V. Damit läßt sich bestimmen, welche Strahl- nungswert des Signals die Ablenkung des Strahles
lage der Spannung 0 V entspricht. Das ist erforderlich, in X-Richtung beginnen soll, sofern über einen wei-
weil diese Lage durch Verändern der Stellung des teren Schalter mit der Bezeichnung MODE (Be-
POS-Potentiometers beliebig gewählt werden kann. triebsart) und den Stellungen AUTO/NORM die
Betriebsart NORM eingestellt wurde. In der Stel-
1.3 X-Ablenkung lung AUTO wird der Trigger-Spannungswert intern
fest auf meist 0 V eingestellt, das Potentiometer
Bei der X-Ablenkung unterscheidet man zwei Be- LEVEL ist dann wirkungslos.
triebsarten: X-Y- und Y-t-Betriebsart. Dem Signal des X-Verstärkers kann mit dem Poten-
 X-Y-Betriebsart: Die Funktionseinheit vom Ein- tiometer X-POS eine Gleichspannung einstellbarer
gang bis zu den Ablenkplatten ist im Prinzip die Amplitude überlagert werden. Damit wird das Bild
gleiche wie beim Y-Verstärker. Da diese Betriebs- auf dem Schirm in X-Richtung verschoben.
art aber nur wenig angewendet wird, hat man sie
meist als „Sparversion“ ausgelegt. So ist die um-
schaltbare Eingangskopplung häufig nicht vor-
1.4 Netzteil
handen; der umschaltbare X-Ablenkkoeffizient ist Das Netzteil stellt die Betriebsspannungen für die
entweder fest vorgegeben (z.B. 1 V/DIV) oder nur elektronischen Verstärker oder Funktionseinheiten
in wenigen Stufen einstellbar. Diese Betriebsart und die Oszilloskopröhre zur Verfügung. Letztere
dient dazu, die Spannung in Y-Richtung in Ab- benötigt spezielle Spannungen für die Heizung, den
hängigkeit von der Spannung in X-Richtung zu Wehnelt-Zylinder (ca. 300 V), die Anodenspannung
zeigen. Auf diese Weise können z.B. Kennlinien (1 kV ... 2 kV) und die Leuchtschirmspannung (Nach-
von Dioden und Transistoren dargestellt werden. beschleunigungsspannung, 2 kV bis 20 kV).
III Oszilloskop 747

2 Oszilloskope das Signal von CHANNEL 2. Je nach Triggerung


mit speziellen Eigenschaften kann hier die zeitliche Zuordnung beider Signale
verlorengehen, da in der Regel nur auf einen
Im Zuge des technischen Fortschrittes wurde die oben Kanal getriggert werden kann und der Strahl nach
beschriebene Standardausführung des Oszilloskopes Abbildung des ersten Signals sofort mit der Ab-
den Forderungen der Anwender entsprechend erweitert. bildung des zweiten ohne erneute Triggerung
beginnt. Ist die Signalfrequenz größer als etwa
2.1 Zwei- oder Mehrkanal-Oszilloskope 50 Hz, erscheint dem Auge ein stehendes Bild
Mehrkanal-Oszilloskope können mehrere verschiede- beider Signale.
ne Signalverläufe gleichzeitig auf dem Schirm abbil-  b) Betriebsart CHOPPED oder kurz CHOP (zer-
den. Bei den Zweikanal-Oszilloskopen kann das auf hackt):
zwei unterschiedliche Arten geschehen: Während der Strahl des Oszilloskopes über den
 1. Es sind zwei identische Y-Ablenk-Einheiten Schirm läuft, wird dem Endverstärker abwech-
vorhanden, CHANNEL 1 und CHANNEL 2 (Ka- selnd das Signal des einen und dann des anderen
nal 1, 2). Jeder Kanal ist mit den Bedienelementen Kanals zugeführt. Die Umschaltung erfolgt mit
nach Kapitel III.1.2 ausgestattet, und die Oszil- Frequenzen im Bereich von etwa 500 kHz bis
loskopröhre besitzt zwei Paare Y-Ablenkplatten. 10 MHz. Geschieht die Umschaltung zwischen
Die Triggerung der X-Ablenkung erhält einen zu- beiden Kanälen nicht immer an der gleichen Stelle
sätzlichen Wahlschalter, mit dem CHANNEL 1 des Schirmes, sondern ist statistisch verteilt, er-
oder CHANNEL 2 zur Triggerung ausgewählt scheinen beide Signale als stehendes, zusammen-
werden kann. Beide Elektronenstrahlen laufen hängendes Bild. Die zeitliche Zuordnung zwi-
nach der Triggerung streng parallel über den schen beiden Signalen ist in dieser Betriebsart au-
Schirm. Damit bleibt die zeitliche Zuordnung tomatisch erfüllt.
(Phasenbeziehung) zwischen beiden Signalen ge- Die X-Ablenkung erhält dann einen weiteren Um-
wahrt. Diese Ausführung wird manchmal auch als schalter mit den Stellungen ALT/CHOPPED. Mit dem
„echtes Zweistrahl-Oszilloskop“ bezeichnet. für jeden Kanal vorhandenen Einstellknopf Y-POS
 2. Die Oszilloskopröhre enthält nur ein Paar können bei Mehrkanal-Oszilloskopen die einzelnen
Y-Ablenkplatten (Bild III-3). Die Y-Ablenk-Ver- Signalverläufe so in vertikaler Richtung verschoben
stärker beider Kanäle sind zunächst getrennt und werden, daß sie sich nicht überlappen.
identisch und besitzen jeder die in Kapitel III.1.2 Die Ausführung mit der ALT/CHOPPED-Betriebsart
genannten Bedienelemente. Der Gesamtverstärker ist billiger als diejenige mit einer Zweikanal-Oszillos-
ist in zwei Vorverstärker (für jeden Kanal einen) kopröhre und hat sich durchgesetzt, zumal das Prinzip
und einen Endverstärker aufgeteilt. Dem Endver- auf mehr als zwei Kanäle erweiterbar ist. Diese
stärker werden die Signale beider Kanäle über Mehrkanal-Oszilloskope werden mit zwei, drei oder
einen Umschalter zugeführt. Um beide Signalver- vier Kanälen, in Spezialausführungen auch acht oder
läufe darstellen zu können, kann man zwischen mehr, gefertigt.
zwei Betriebsarten wählen:

Y-Eingang
2.2 Speicheroszilloskope
Bild III-3
CHANNEL 1 Zweikanaloszilloskop Bei dieser Ausführung wird bei den neuen Geräten
AC fast ausschließlich die digitale Signalspeicherung
V Endver-
DC angewendet. Das an den Eingang der Y-Ablenkung
GND Div
stärker angeschlossene Signal wird einem Analog-Digital-
Eingangs- Vorver- Umsetzer zugeführt, in einen digital kodierten Wert
kopplung Teiler stärker umgesetzt und in einem Speicher abgelegt. Gleichzei-
AC tig wird der Amplituden- und der Zeitmaßstab mit
V
DC abgespeichert. Anschließend kann das Signal ausge-
GND Div
Y-Ablenk- lesen und auf dem Schirm dargestellt werden. Häufig
Y-Eingang platten geschieht die Speicherung eines Signalverlaufes mit
CHANNEL 2 8-Bit-Worten und 512 oder 1024 Abtastwerten pro
Steuerung für Bildschirm. Dies setzt bei Signalfrequenzen von
ALT/CHOPPED 1 MHz oder mehr sehr schnelle Analog-Digital-
Umsetzer voraus.
 a) Betriebsart ALTERNATE oder kurz ALT Dieses Verfahren hat folgende Vorteile:
(alternierend): − Auch Vorgänge mit Frequenzen unterhalb etwa
Zunächst wird das Signal von CHANNEL 1 voll- 20 Hz können als stehendes Bild wiedergegeben
ständig auf dem Schirm abgebildet. Der Strahl werden, da die Frequenz der Darstellung des
läuft zum linken Schirmrand zurück und schreibt Bildes auf dem Schirm mit der Frequenz des
748 Meßtechnik

gespeicherten Bildes in keinem Zusammenhang eingestellt und CHANNEL 2 invertiert. Dann bildet
steht. Der korrekte abgespeicherte Zeitmaßstab das Oszilloskop intern
wird deshalb eingeblendet. u1 + (– u2) = uR (III.3)
− Einmalige Vorgänge werden abgespeichert und an-
schließend periodisch mit einer Frequenz > 25 Hz und stellt damit die Spannung am Widerstand R dar.
auf dem Schirm wiedergegeben.
− Speicheroszilloskope sind mit integriertem Schrei- 2.4 Sampling-Oszilloskope
ber erhältlich, so daß sich Vorgänge beliebiger
Frequenz, periodisch oder einmalig, zu Dokumen- Sampling-Oszilloskope werden dort eingesetzt, wo
tationszwecken aufzeichnen lassen. Mit Vielfarb- die Darstellung des Signals nicht mehr in Echtzeit
schreibern können bei Mehrkanal-Oszilloskopen erfolgen kann, also bei Signalfrequenzen oberhalb
mehrere Kanäle gleichzeitig, voneinander einfach etwa 350 MHz. Das Prinzip ist in Bild III-5 gezeigt.
unterscheidbar, aufgeschrieben werden. Das Signal wird abgetastet, und zwar mit Abtast-
impulsen, deren Dauer tp möglichst klein und deren
zeitlicher Abstand ta nur wenig größer (Dt) als
2.3 Oszilloskope mit Differenzverstärker- die Periodendauer ts des darzustellenden Signals ist
Eingang (ta = ts + Dt). Die Momentanwerte der Spannungen
Beim Einsatz von Mehrkanal-Oszilloskopen haben gelangen auf ein Abtast-Halte-Glied, an dem ein
alle Eingangsspannungen das Gehäuse des Oszillo- formtreues Abbild des Originalsignals mit geringerer
skopes als gemeinsames Bezugspotential. Ein Oszil- Frequenz steht und das dann auf dem Schirm ange-
loskop mit Differenzverstärker-Eingang besitzt beim zeigt wird.
Y-Ablenkverstärker zwei Kanäle, CHANNEL 1 und
CHANNEL 2, und ähnelt damit einem Zweikanal- 2 3 7 periodisches
4
Oszilloskop. Ein weiterer Wahlschalter hat die Stel- 1 5 6 Meßsignal
lungen SINGLE/ADD. In der ersten Stellung werden tS tp Abtastimpulse
beide Kanäle unabhängig voneinander benutzt (Zwei-
kanal-Oszilloskop), in der zweiten Stellung wird die Schirmbild
Summe beider Eingangssignale dargestellt. Zusätz-
lich hat der zweite Kanal noch einen Umschalter tS+Δt
realer Verlauf
NORM/INV. In der Stellung INV wird das Signal idealer Verlauf
von CHANNEL 2 invertiert und in Stellung ADD
vom Signal des CHANNELS 1 abgezogen. Damit Bild III-5 Prinzip des Sampling-Oszilloskopes
lassen sich auch Signalverläufe darstellen, die keinen
gemeinsamen Bezugspunkt, also eine gemeinsame In der Praxis kann der zeitliche Abstand zweier
Gleichtaktspannung, haben. Wichtig bei Messungen Abtastimpulse auch so gewählt werden, daß die
mit Differenzverstärker-Eingang ist die vom Her- Periodendauer ts zwischen zwei Abtastzeitpunk-
steller angegebene maximal zulässige Gleichtakt- ten mehrmals vergangen ist: ta = n · ts + Dt mit
spannung (COMMON-MODE-VOLTAGE). n = 1, 2, 3, ... Diese Betriebsart erfordert eine weniger
kurze Abtastdauer tp, dafür dauert ein Bildaufbau
Bild III-4 entsprechend länger.
Anwendung eines
Differenzverstärkers 2.5 Zusatzeinrichtungen bei Oszilloskopen
 Kalibrier-Spannungsquelle: An einer zusätzlichen
Anschlußbuchse mit der Bezeichnung CAL OUT
L R kann in der Regel ein Rechtecksignal mit kalib-
uR Y1 rierter Amplitude, Tastgrad und Periodendauer
G entnommen werden. Häufig handelt es sich um ein
u1 u2 Y1 + Y2
C Y2 Y2 INVERT. symmetrisch zur Nullinie gelegenes Rechtecksig-
nal mit der Amplitude ± 1 V, einem Tastgrad 1 : 2
Oszilloskop und der Frequenz 1 kHz. Damit kann, wenigstens
teilweise, die Funktionstüchtigkeit des Y- und
In Bild III-4 soll die Spannung am Widerstand R X-Verstärkers kontrolliert werden. Daneben dient
oszilloskopiert werden, wobei die Spannungsquelle dieses Signal auch zur Kalibrierung von Tast-
und das Oszilloskop ein gemeinsames Bezugspotenti- köpfen.
al (Masse, Gehäuse) haben, das nicht am Widerstand  Tastköpfe: Der Eingang eines Oszilloskopes stellt
liegt. Die beiden Anschlüsse des Widerstandes wer- für die ihn speisende Quelle eine Last von etwa
den mit den Eingängen CHANNEL 1 und CHAN- 1 MΩ (Re) parallel zu etwa 50 pF (Ce) dar
NEL 2 verbunden, die Betriebsweise wird auf ADD (Bild III-6a). Aus Gründen der Störunterdrückung
III Oszilloskop 749

werden die darzustellenden Signale dem Oszil- Re wird mit 1 MΩ und Ri mit 50 Ω angenommen;
loskopeingang über abgeschirmte Kabel, meist damit ist der Summand Ri /Re im Nenner vernach-
Koaxialkabel mit einem Wellenwiderstand von lässigbar. Die Grenzfrequenz fg ergibt sich, wenn
(50 ... 75) Ω, zugeführt. Diese haben eine Kapa- Imaginär- und Realteil im Nenner von Gleichung
zität von etwa (50 ... 100) pF pro Meter (CL/m). (III.4) gleich sind: 1 = wg · C · Ri und daraus
Selbst wenn man die Induktivität und die ohm- fg = 1/(2 · p · C · Ri) mit C = CL + Ce (III.5)
schen Widerstände des Kabels vernachlässigt, bil-
den Leitungskapazität CL und Eingangskapazität  Beispiel III.1: Ein Koaxialkabel von 2 m Länge und einer Kapa-
zität von 50 pF/m (CL = 2 m ⋅ 50 pF/m = 100 pF), eine Oszillo-
Ce mit dem Innenwiderstand Ri der Signalquelle skop-Eingangskapazität von 50 pF und ein Signalquellen-
einen Tiefpaß. Innenwiderstand von 50 Ω führen zu einer Grenzfrequenz nach
Gleichung (III.5) von etwa 21,2 MHz. Nimmt man an, daß bei
Das Verhältnis der Spannungen U e / U s berechnet sich nichtsinusförmigen Signalen mindestens noch die 10. Harmoni-
für sinusförmige Spannungen mit C = Ce + CL zu: sche gemäß Fourierzerlegung erfaßt werden muß, werden Signale
mit Frequenzen oberhalb etwa 2,2 MHz bereits mehr oder weni-
1 ger verfälscht dargestellt.
⋅ Re
jω C
Um diese Probleme zu umgehen, hat man die Tast-
1
+ Re köpfe entwickelt, deren interner Aufbau in Bild III-6b
Ue jω C 1
= = dargestellt ist. Der Kondensator CTK ist von außen
Us 1 1 einstellbar und liegt parallel zu RTK . RTK mit CTK und
⋅ Re + Re
jω C jω C C = CL + Ce mit Re bilden einen Spannungsteiler.
+ Ri 1 + Ri ⋅
1 Re Damit ist das Spannungsverhältnis:
+ Re
jω C jω C 1
⋅ Re
1 1 jwC
= =
1 + Re jω C Ri 1
1 + Ri ⋅ 1 + + Ri ⋅ jω C + Re
Re Re Ue jwC
=
Ue 1 U1 1 1
≈ (III.4) ⋅ Re R TK ⋅
Us 1 + Ri ⋅ jwC jwC jwC TK
+
1 1
+ R e R TK +
jwC jwC TK
1
G
Ri = (III.6)
Us U1 Ue 1 + jwR e C
u (t ) CL Re Ce 1+
1 + jwR TK C TK

Meßobjekt Koaxial- Eingang Dieses Verhältnis wird frequenzunabhängig, wenn


a) kabel Oszilloskop gilt:
RTK · CTK = Re · C (III.7)
RTK
Damit wird die Signalform eines beliebigen Eingangs-
Ri signals nicht verändert, denn gemäß Fourierzerlegung
Us G Ue
u (t ) CTK CL Ce dieses Signals werden alle vorkommenden Frequenz-
U1 Re
anteile um den gleichen Faktor herabgesetzt.
Da C in der Regel größer als 100 pF ist und CTK als
Meßobjekt Tastkopf Koaxial- Eingang einstellbare Kapazität maximal etwa 30 pF gemacht
b) kabel Oszilloskop werden kann, wird RTK größer als Re gewählt. Es
werden Tastköpfe mit Teilerverhältnissen 10 : 1 und
100 : 1 angeboten.
 Hinweise:
Korrekterweise müßte für die Teiler der Wert
1 : 10 oder 1 : 100 angegeben werden, es wird aber
c) CTK zu klein CTK zu groß
der Kehrwert genommen.
Bild III-6 Tastkopf Der am Oszilloskop eingestellte Y-Ablenkkoeffi-
a) Oszilloskop mit Signalquelle zient ist durch die Teilung mit dem Tastkopf nicht
und Kabel mehr gültig. Einige Oszilloskope erkennen den An-
b) zusätzlich mit Tastkopf schluß eines Tastkopfes und geben eine entspre-
c) dargestelltes Signal bei chende Mitteilung aus oder blenden den korrigier-
Tastkopfabgleich ten Wert in die Anzeige oder den Schirm ein.
750 Meßtechnik

Beim Einsatz von Tastköpfen erhöht sich der Ein- kann, schließt man an den Eingang des Tastkopfes
gangswiderstand auf den Wert Re + RTK, während die oben beschriebene Kalibrier-Spannungsquelle an
sich die Kapazität durch die Reihenschaltung von CTK und gleicht mit dem einstellbaren Kondensator das
und (CL + Ce) verringert (CTK < CL, Ce). Bild auf dem Oszilloskopschirm auf ein Rechteck ab.
Damit die Bedingung aus Gleichung (III.7) für unter- Ist die Bedingung nach Gleichung (III.7) nicht erfüllt,
schiedliche Werte Re und Ce von Oszilloskop-Ein- ergeben sich Signalverläufe, wie sie in Bild III-6c
gängen mit dem jeweiligen Tastkopf erfüllt werden dargestellt sind.

IV Schreibende Meßgeräte
Beim Oszilloskop sind die beiden Betriebsarten X-Y- tentiometer entweder einen Schalter oder eine der
Betrieb und Y-t-Betrieb erläutert worden. Will man beiden Endstellungen ist mit CAL (kalibriert) ge-
die dort auf dem Oszilloskopschirm dargestellten kennzeichnet und bedeutet, daß nur in dieser
funktionalen Abhängigkeiten zu Dokumentations- Schalter- oder Potentiometerstellung der am Stu-
zwecken aufschreiben, benutzt man Schreibende fenschalter angegebene Ablenkkoeffizient gilt.
Meßgeräte (Schreiber). Sie haben mit dem Aufbau Über ein weiteres Potentiometer mit der Auf-
eines Oszilloskopes einiges gemeinsam, deshalb schrift Y-POS (Y-Position) kann dem darzustel-
werden auch die entsprechenden Beschreibungen aus lenden Eingangssignal eine Gleichspannung ein-
Kapitel III.1 und das zugeordnete Bild III-1 verwen- stellbarer Amplitude hinzuaddiert und damit
det. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, daß das Bild auf dem Papier seitlich verschoben wer-
die zu messende Spannung keine Elektronen auf ihrer den. Die Ausgangsspannung des Y-Verstärkers
Flugbahn ablenkt, sondern einen Schreibstift propor- bewirkt eine proportionale Auslenkung des
tional auslenkt, der eine Schreibspur auf Papier hin- Schreibstiftes.
terläßt.  t-Ablenkung: Die an den Y-Eingang angeschlos-
sene Spannung soll in Abhängigkeit von der Zeit
dargestellt werden. Dazu ist eine Zeitbasiseinheit
1 Y-t-Schreiber erforderlich, die über einen Elektromotor für einen
gleichmäßigen Papiervorschub sorgt. Die Ge-
 Y-Ablenkung: Die darzustellende Wechselspannung
schwindigkeit dieses Vorschubes kann wiederum
gelangt zunächst über eine umschaltbare Ein-
eingestellt werden in einer 1-2-5-Stufung und wird
gangskopplung, meist mit AC/DC/GND bezeich-
als X-Ablenkkoeffizient in ms/cm bis s/cm angege-
net, auf einen Spannungsteiler, der die Amplitude
ben. Auch hier gibt es die Möglichkeit, den
des Eingangssignals an den nachfolgenden Ver-
X-Ablenkkoeffizienten stufenlos über ein Poten-
stärker anpaßt und die Zuordnung zwischen der
tiometer zu verändern. Die Beschriftung ist VAR,
Amplitude der Eingangsspannung (in Volt) und
mit besonderer Stellung CAL.
der auf dem Papier dargestellten Amplitude (in cm)
festlegt (Bild III-1). Dieser Y-Ablenkkoeffizient Das Papier befindet sich häufig auf Rollen mit Län-
wird in V/cm angegeben; er läßt sich häufig in den gen Lp zwischen 20 m und 100 m (in X- bzw.
Stufungen 1-2-5 von 10 mV/DIV bis 50 V/DIV t-Achsrichtung) und Breiten zwischen 20 cm und
fest einstellen. Über ein Potentiometer kann er im 30 cm (in Y-Achsrichtung). Die maximale Aufzeich-
Bereich zweier benachbarter Stufen verändert nungszeit tmax ist gegeben durch die Papierlänge und
werden. Allerdings läßt sich diese Veränderung den gewählten Ablenkkoeffizienten (tmax = Lp · (X-
nicht an der Stellung des Potentiometers ablesen, Ablenkkoeffizient)). Infolge der Massenträgheit der
es ist lediglich die Aufschrift VAR (variabel, also Schreibeinrichtung liegt die Grenzfrequenz relativ
nicht kalibriert) angebracht. Deshalb hat das Po- niedrig bei etwa 10 Hz.
V Digital anzeigende Meßgeräte 751

2 X-Y-Schreiber  Kompensationsverfahren: Der Schreibstift kann


durch eine Schlittenführung über einen Elektro-
Der Papiervorschub wird abgeschaltet und der motor und einen Seilzug in Y-Richtung über das
Schreibstift in X-Richtung über eine an einen zweiten Papier geführt werden. An der Schlittenführung ist
Verstärker anzuschließende Spannung ausgelenkt. in voller Papierbreite eine Potentiometerbahn be-
Dieser zweite Verstärker ist meist gleich aufgebaut festigt. Am Schreibstift sitzt der Schleifer dieses
wie der Y-Verstärker. Macht man die Spannung am Potentiometers, so daß der abgegriffene Span-
X-Verstärker proportional zu einem Strom, lassen nungswert der Stellung des Schreibstiftes propor-
sich, wie beim Oszilloskop, beispielsweise Kenn- tional ist. Das Ausgangssignal des Y-Verstärkers
linien von Dioden, Transistoren und spannungsab- und der am Potentiometer abgegriffene Span-
hängigen Widerständen aufschreiben. nungswert werden einem Differenzverstärker zu-
geführt. Ist die Differenz nicht Null, wird der
Schreibstift über den Elektromotor entsprechend
3 Auslenkung des Schreibstiftes verstellt, bis die Differenz zu Null geworden ist.
Dann hat der Schreibstift seine Sollstellung er-
Die Umsetzung der Ausgangsspannung des Y-Ver- reicht.
stärkers allgemein und des X-Verstärkers in der X-Y- Der Vorteil dieses Verfahrens gegenüber dem der
Betriebsart in eine Schreibstiftauslenkung erfolgt im direkten Auslenkung liegt zum einen in einer höheren
wesentlichen auf zwei Arten: Grenzfrequenz, da das Erreichen der Sollstellung des
 Direkte Auslenkung: Das Prinzip läßt sich an Schreibstiftes mit relativ großer Leistung über den
einem Drehspulmeßwerk zeigen (Bild II-1, Kapi- Elektromotor erfolgen kann. Zum anderen ist es mit
tel II.2). Die Verstärker-Ausgangsspannung wird einem kleineren Fehler behaftet, weil kleine Abwei-
an die Drehspule angeschlossen, verursacht einen chungen von der Sollstellung, z.B. durch Reibung des
proportionalen Strom und damit eine proportio- Stiftes auf dem Papier, vom Kompensationsverfahren
nale Zeigerauslenkung. An der Spitze des Zeigers erkannt und korrigiert werden; bei der direkten Aus-
ist der Schreibstift befestigt, der auf dem darunter lenkung fehlt diese Rückmeldung.
vorbeilaufenden Papier den Momentanwert der Die Auslenkung des Schreibstiftes zusätzlich in
Spannung markiert. Diese Art der Auslenkung X-Richtung nach dem Kompensationsverfahren ist
läßt sich technisch nur für die Y-t-Betriebsart an- ohne weiteres möglich, so daß dieses Verfahren für
wenden. X-Y-Schreiber eingesetzt wird.

V Digital anzeigende Meßgeräte


Die im Kapitel II behandelten analog anzeigenden 1 Digitalvoltmeter
Meßgeräte werden zunehmend durch digital anzei-
gende Geräte ergänzt oder ersetzt. In der Tabelle V-1 Digital anzeigende Meßgeräte haben in der Regel
sind einige Vorteile beider Verfahren einander ge- einen Analog-Digital-Umsetzer für Gleichspannun-
genübergestellt. gen eingebaut. Für diese Umsetzer werden, je nach

Tabelle V-1 Vorteile von analog und digital anzeigenden Meßgeräten

Analog anzeigende Meßgeräte Digital anzeigende Meßgeräte


Meist keine Hilfsenergie (Batterie) erforderlich Geringer Meßfehler, vor allem bei Gleichspannungs-
Tendenzen/Änderungen leicht erkennbar messung (< 10–3)
(einfacher Abgleich auf Extremwert) Hoher Instrumenten-Innenwiderstand bei Spannungs-
Erfassen mehrerer Meßwerte gleichzeitig messung (10 MΩ bis 100 GΩ)
(Flugzeugkanzel) Einfache Meßwert-Speicherung und -Weiterverarbeitung
Mehrere Messungen (10 bis 1000) pro Sekunde möglich

Um die Vorteile beider Verfahren zu kombinieren, meßtechnischer Anforderung, unterschiedliche Ver-


werden digital anzeigende Meßgeräte mit einer zu- fahren verwendet. So sind diejenigen nach dem
sätzlichen Balkenanzeige mit bis zu 100 Einzelele- Prinzip des Mehrrampenverfahrens besonders für die
menten gefertigt. Auf diese Weise wird eine quasi- Präzisionsmeßtechnik geeignet, da sie mit maximalen
analoge Anzeige nachgebildet. relativen Meßfehlern im Bereich ± 10–3 bis ± 10–6
752 Meßtechnik

behaftet sind. Allerdings benötigen sie für einen Meß- sind die erreichten Fehler meist >⏐± 10–3⏐, da der
zyklus Zeiten zwischen 0,1 s (Fehler ca. ± 10–3) und Spannungswert innerhalb dieser kurzen Zeit-
10 s (Fehler ca. ± 10–6). Für Fehler ≥⏐± 10–5⏐werden räume nur mit 8 bit kodiert dargestellt werden
diese Umsetzer als Integrierte Bausteine gefertigt und kann. Das ist auch der Grund dafür, warum
haben häufig einen Eingangs-Spannungsbereich von Digitalvoltmeter in den Gleichspannungsmeß-
0 bis ± 200 mV oder 0 bis ± 2 V. Maximale Fehler bereichen kleinere Fehler aufweisen als in den
und Stellenzahl der Anzeige werden in der Regel Wechselspannungsmeßbereichen.
einander angepaßt, so daß die Anzeige dann den Die Meßbereiche Integrierter Digitalvoltmeterbausteine
Wertebereich von 0 bis ± 1999 (Fehler ca. ± 10–3), können zur Messung größerer Spannungen durch
0 bis ± 19 999 (Fehler ca. ± 10–4) oder 0 bis ± 199 999 ohmsche Widerstandsteiler (Bild VI-1) erweitert
(Fehler ca. ± 10–5) erfaßt. Im ersten Fall spricht man werden. Der Eingangswiderstand dieser Digitalvolt-
von einer 3½-stelligen Anzeige, und entsprechend für meterbausteine liegt in der Größenordnung 100 MΩ
die anderen Fälle von 4½- oder 5½-stelliger Anzeige. bis 1 GΩ; beim Einsatz von Widerstandsteilern
In die Anzeige muß ein Komma eingefügt werden, zur Meßbereichserweiterung wird der resultierende
wenn der angezeigte Zahlenwert der Spannung in Eingangswiderstand des Digitalvoltmeters durch den
Volt entsprechen soll. Daneben gibt es auch Digital- Widerstand dieses Teilers bestimmt. Er liegt für
voltmeterbausteine mit 3¾-, 4¾- oder 5¾-stelliger Gleich- und Wechselspannungen häufig bei 10 MΩ.
Anzeige mit einem Wertebereich von 0 bis ± 3999,
0 bis ± 39 999 oder 0 bis ± 399 999.
Zur Messung von Wechselspannungen werden zwei 2 Digitalmultimeter
Verfahren eingesetzt: In Anlehnung an die analogen Multimeter wird auch
a) Die zu messende Spannung wird gleichgerichtet bei Digitalvoltmetern durch Zusatzeinrichtungen die
und dann deren Scheitelwert gemessen. An- Messung von Strömen und Widerständen möglich
schließend wird dieser Wert durch 1,41 geteilt und damit das Instrument zum Digitalmultimeter er-
und angezeigt. Da aber nur für sinusförmigen weitert.
Spannungsverlauf der Faktor 1,41 zwischen  Messung von Widerständen: In das Instrument
Effektivwert und Scheitelwert besteht, ist die wird eine Konstantstromquelle eingebaut, deren
Messung von Wechselspannungen auf diesen Strom den unbekannten Widerstand durchfließt.
Signalverlauf beschränkt. Man findet dieses Ver- Die an dem Widerstand entstehende Spannung ist
fahren häufig bei den Digitalvoltmetern mit 3½- dem Strom proportional und wird gemessen. Der
oder 3¾-stelliger Anzeige, seltener bei denen mit Strom der Stromquelle und der Meßbereichsend-
4½- oder 4¾-stelliger Anzeige. wert für den jeweiligen Widerstandsmeßbereich
b) Der Effektivwert wird tatsächlich gemessen. Das werden so gewählt, daß sich beispielsweise ein
geschieht wiederum nach zwei Verfahren: Spannungswert von 200 mV ergibt: Im 200-Ω-
b1) Der analoge Spannungsverlauf wird quadriert, Meßbereich wird ein Strom für die Stromquelle
dann über eine Periode integriert, auf diese Pe- von 1 mA eingestellt; im Meßbereich 2 kΩ ent-
riode bezogen, aus dem so erhaltenen Wert die sprechend 0,1 mA. Bei einigen Meßgeräten kann
Wurzel gezogen und dann angezeigt. Damit wird der Strom um den Faktor 10 höher gewählt wer-
die mathematische Darstellung des Effektivwer- den (Bezeichnung „HIGH“ im Gegensatz zu
tes schaltungstechnisch realisiert: „LOW“), so daß sich eine maximale Spannung
T von 2 V ergibt. Das ist vorteilhaft, wenn der
1
∫ {u ( t )} d t
2
Effektivwert U = (V.1) Widerstand von Dioden oder Transistoren in
T0 Durchlaßrichtung gemessen werden soll, da dann
b2) Der analoge Spannungsverlauf wird pro Periode auch die Schwellspannung von Siliziumhalbleitern
100mal oder mehr abgetastet und über einen überschritten wird.
Analog-Digital-Umsetzer in Digitalwerte umge- Die Meßbereiche sind meist dekadisch gestuft und
setzt. Diese digital kodierten Spannungswerte reichen von 200 Ω bis 20 MΩ. Der Fehler des Meß-
werden dann, um Gleichung (V.1) zu erfüllen, gerätes bei Widerstandsmessungen liegt deutlich
quadriert, die Werte einer Periode summiert, höher als bei Gleichspannungsmessungen, da die
durch die Anzahl der Werte geteilt, aus dem so Stromquelle mit einem entsprechend höheren Fehler
erhaltenen Wert die Wurzel gezogen und ange- behaftet ist.
zeigt. Da hier Umsetzer mit einer Umsetzzeit Bei der Messung von Widerständen < 10 Ω gehen
verwendet werden müssen, die sich aus der Pe- sowohl die Zuleitungswiderstände zum Meßinstru-
riodendauer der Wechselspannung, geteilt durch ment als auch die Art des Anschlusses am zu mes-
die Zahl der Abtastwerte pro Periode, ergibt, senden Widerstand in das Meßergebnis ein. Um
kommen nur Umsetzer nach dem Flash-Ver- dieses Problem zu umgehen, bieten Digitalmultimeter
fahren in Frage. Diese haben Umsetzzeiten im für Widerstands-Präzisionsmessungen die Vierpol-
Bereich von wenigen Mikrosekunden, allerdings messung an. Dazu muß der Widerstand Potentialan-
V Digital anzeigende Meßgeräte 753

schlüsse haben, an denen die Spannung über dem  Frequenzmessung: Für die Frequenzmessung wird
Widerstand unabhängig von der Art des Anschlusses der für die Analog-Digital-Umsetzung erforder-
und der Länge der Meßleitungen gemessen wird. Der liche interne Taktgeber, meist ein Quarzoszillator,
Strom wird in die Stromanschlüsse eingespeist. Damit zur Bereitstellung der Torzeit des Zählers herange-
ist die Länge der Zuleitungen ohne Bedeutung. Besitzt zogen. Der Zähler selbst ist wegen des Mehrram-
der Widerstand keine Potentialanschlüsse, kann man penverfahrens bei der Analog-Digital-Umsetzung
versuchen, sie durch Anklemmen oder Anlöten zweier ebenfalls schon im Baustein vorhanden. Als Meß-
zusätzlicher Anschlüsse nachzubilden. bereiche stehen häufig 20 kHz und 200 kHz zur
 Messung von Strömen: Sie wird auf eine Span- Verfügung; der Fehler liegt bei ca. ± 1%.
nungsmessung zurückgeführt, indem der zu mes-  Kapazitätsmessung: Zur Messung der Kapazität
sende Strom I einen in das Instrument eingebauten eines Kondensators wird die für die Widerstands-
bekannten Widerstand R0 durchfließt. Damit ist messung erforderliche Stromquelle benutzt. Bei
die gemessene Spannung U dem Strom I proporti- Konstantstromladung eines Kondensators C mit
onal (U = I · R0). Die Meßbereiche sind in der Re- dem Strom I0 über eine festgelegte Zeit Dt ergibt
gel mit dem Faktor 100 gestuft und ergeben sich sich eine Spannungszunahme DU am Kondensa-
damit zu 2 mA, 200 mA und 20 A. Die Wider- tor. Den Zusammenhang zwischen diesen Größen
stände haben die Werte 100 Ω, 1 Ω und 0,01 Ω, erhält man über die dem Kondensator zugeführte
damit sich beim Meßbereichsendwert eine Span- Ladung Q (Q = C · DU = I0 · Dt). Daraus folgt für
nung von 200 mV einstellt. Der 20 A-Meßbereich C: C = I0 · Dt/DU. Die Meßbereiche sind häufig
ist in der Regel über getrennte Buchsen erreichbar zu 2 nF, 200 nF und 2 mF gewählt. Der Fehler
und über eine Feinsicherung abgesichert. Da Siche- liegt in der Größenordnung (± 1 ... ± 5)%.
rungen in den anderen niedrigeren Strommeß-  Stromverstärkung: Für die Messung der Stromver-
bereichen nicht vorgesehen sind, besteht die Ge- stärkung h21 von Transistoren wird in die Basis
fahr einer Überlastung der Widerstände durch zu des Transistors ein Strom aus der für Wider-
hohe Ströme, was entweder zu ihrer Zerstörung standsmessungen erforderlichen Stromquelle ein-
oder aber zur Änderung ihres Wertes und damit gespeist und der Kollektorstrom gemessen. Wählt
zur Erhöhung des Meßfehlers führen kann. man den Strom der Stromquelle zu 0,01 mA und
Es können sowohl Gleich- als auch Wechselströme wird der Kollektorstrom zu 1,53 mA gemessen,
gemessen werden. Da die Strommessung auf eine muß nur das Komma in der Anzeige unterdrückt
Spannungsmessung zurückgeführt wird, gelten bei werden, damit die Stromverstärkung 153 ange-
der Messung von Wechselströmen die im Kapitel zeigt wird.
„Messung von Wechselspannungen“ aufgeführten Ver- Für die hier angesprochenen Messungen von Kapazi-
fahren und Probleme hier gleichermaßen. Der Meß- täten, Frequenzen und Stromverstärkungen gilt, daß
fehler ist bei Gleichstrommessungen um ein bis zwei der Fehler meist im Bereich von ± 1% bis ± 5% liegt,
Größenordnungen größer als bei Gleichspannungs- und zwar relativ unabhängig von der Anzahl der
messungen, weil die Widerstände einen entsprechend Stellen des Digitalmultimeters.
höheren Fehler aufweisen, der sich durch Überlastung
noch vergrößern kann. Bei der Wechselstrommessung
kommen noch zusätzlich die bereits bei der Messung 4 Messung von Temperaturen
von Wechselspannungen gegenüber Gleichspannun-
gen vorhandenen höheren Meßfehler hinzu. Manchmal ist einem Digitalmultimeter eine Tempera-
turmeßeinrichtung in Form eines Widerstandsthermo-
3 Messung von Kapazitäten, meters mit Platin-Widerstandselement (Nennwert
meist 1000 Ω) beigefügt. Zur Messung der Tempera-
Frequenzen und Stromverstärkungen tur wird entweder die bereits mehrfach erwähnte
Viele Digitalmultimeter sind noch zusätzlich mit Stromquelle oder eine Brückenschaltung eingesetzt.
einer oder mehreren der folgenden Meßmöglichkeiten Einzelheiten dazu im Kapitel VII-1.6, „Thermische
ausgestattet. Aufnehmer“.
754 Meßtechnik

VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen


Schalterstellung Meßbereich
1 Messung von Gleichspannungen 1 400V
2 40V
Die Messung von Gleichspannungen kann mit analog 3 4V
oder digital anzeigenden Meßgeräten erfolgen. 4 0,4V
9,0MΩ 5 0,04V
1.1 Analog anzeigende 5
Spannungsmeßgeräte 900kΩ 4 Digitalvoltmeter
Je nach maximal zulässigem Fehler werden entweder 3
90kΩ
Dreheisen-Meßinstrumente der Klassen 1, 2,5 und 5 2
Meßbereich:
oder Drehspul-Meßinstrumente der Klassen 0,2, 0,5 1 R1 40mV
9kΩ
und 1, für Präzisionsmessungen der Klassen 0,05 und Uein
0,1 eingesetzt (Definition des Begriffs „Klasse“ in C1 Re>100MΩ
1kΩ
Kapitel I.5). Die Meßinstrumente sind entweder für
nur einen Meßbereich ausgelegt oder verfügen durch
den Einbau einer Meßbereichserweiterung über meh- Schutzbeschaltung
rere Meßbereiche. Die am häufigsten anzutreffenden gegen Überspannung
Stufungen bei mehreren Meßbereichen sind 1-3-10- R1 ca. 100kΩ bis 1MΩ
30 ... und 2-5-20-50 ... C1 ca. 10nF bis 100nF
Bei der Spannungsmessung wird das Meßinstrument Bild VI-1 Typischer Eingangsspannungsteiler eines
von einem der Spannung proportionalen Strom durch- Digitalvoltmeters
flossen, der wiederum den proportionalen Zeigeraus-
schlag bewirkt. Dieser Strom wird dem Meßkreis 1.3 Meßabweichung
entnommen und verändert den Wert der zu messen-
den Spannung. Um die Belastung durch das Meß-
durch den Innenwiderstand
instrument erfassen zu können, wird häufig dessen des Spannungsmessers
Kennwiderstand rK in Ω/V angegeben. Er muß Ist der Innenwiderstand des Spannungsmessers (analog
mit dem Meßbereichsendwert multipliziert werden, oder digital anzeigend) nicht unendlich groß, wird die
um den Widerstand des Instrumentes (Innenwider- zu messende Spannung durch das Meßinstrument ver-
stand) zu erhalten. Bei Drehspulmeßinstrumenten ändert. In der Schaltung Bild VI-2 soll die Spannung
liegt der Kennwiderstand im Bereich von 20 kΩ/V über dem Widerstand R2 gemessen werden. Das In-
bis 200 kΩ/V, bei Dreheisenmeßinstrumenten da- strument hat den Innenwiderstand Ri. Ohne angeschlos-
gegen nur bei etwa 200 Ω/V (siehe auch Beispiel senes Meßinstrument beträgt die Spannung U2 an R2:
VI.1).
U2 = U0 · R2/(R1 + R2)
1.2 Digital anzeigende mit angeschlossenem Meßinstrument:
Spannungsmeßgeräte U'2 = U0 · (R2 冩 Ri)/(R1 + (R2 冩 Ri))
Digital anzeigende Spannungsmesser (Digitalvoltme- R1
ter) besitzen in der Regel mehrere Meßbereiche, die
dekadisch gestuft sind: 0,2 V, 2 V, 20 V, 200 V und V
U0 R2 U2 U′2 Bild VI-2
1000 V oder 0,4 V, 4 V, 40 V, 400 V und 1000 V. Ri Meßabweichung
Als höchster Meßbereich wird 1000 V gewählt, weil bei der Span-
es sich bei Spannungen größer 1000 V um Hoch- Meßinstrument nungsmessung
spannung handelt und damit besondere Isolations-
maßnahmen erforderlich werden. Die gemessene Spannung ist damit kleiner als der
Der Innenwiderstand ist unabhängig vom gewählten tatsächliche Wert ohne Instrument. Die daraus resul-
Meßbereich und wird vom Eingangsspannungsteiler tierende systematische Meßabweichung läßt sich
zur Meßbereichserweiterung gebildet (Bild VI-1). Er berechnen, indem U2 und U'2 in die Formel für den
liegt häufig bei 10 MΩ, bei Präzisionsmeßgeräten ist relativen Fehler eingesetzt werden:
er ausnahmsweise im kleinsten Meßbereich durch U 2′
Abtrennen des Eingangsspannungsteilers erheblich f = ( x a − x r ) / x r = ( U 2′ − U 2 ) / U 2 = −1
U2
größer, z.B. 10 GΩ. Der Eingangswiderstand des
Ri ⋅ R 2
Analog-Digital-Umsetzers ist ≥ 10 GΩ und beeinflußt U0 ⋅
damit nicht das Teilerverhältnis des Widerstandstei- Ri + R2 R1 + R2
= ⋅ −1
lers beim Umschalten des Meßbereiches. Der Meß- R i ⋅ R2 U 0 ⋅ R2
+ R1
fehler liegt bei ≤⏐± 5 · 10–3⏐. Ri + R2
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 755

Nach Gleichungsumformung folgt daraus: Der Fehler des Verfahrens hängt davon ab, wie genau
die Spannung UN, deren Innenwiderstand RiN und die
Systematische Meßabweichung
Widerstände RK und RN bekannt sind und wie emp-
1 findlich der Nullindikator ist. Mit Präzisionskompen-
f =− (VI.1)
Ri satoren lassen sich Spannungen mit einem Fehler
1+ f <⏐±10–4⏐ messen.
Ri R2
Allerdings verliert dieses Meßverfahren an Bedeu-
Die durch das Meßinstrument verursachte Meßab- tung, weil Präzisions-Digitalvoltmeter im 0,2-V- und
weichung wird um so kleiner, je größer dessen In- 2-V-Meßbereich Fehler in der gleichen Größenord-
nenwiderstand Ri im Verhältnis zur Parallelschaltung nung aufweisen und häufig Innenwiderstände im
der Widerstände Ri und R2 ist. Deshalb gilt allge- Bereich 1 GΩ bis 10 GΩ besitzen. Damit kann die
mein: Meßabweichung nach Gleichung VI.1 meist vernach-
Der Innenwiderstand von Spannungsmessern sollte lässigt werden.
so groß wie möglich sein!

 Beispiel VI.1: Ein analog anzeigendes Meßinstrument mit dem 2 Messung von Gleichströmen
Kennwiderstand rK = 100 kΩ/V hat im Meßbereich 0,3 V einen
Innenwiderstand von 100 kΩ/V ⋅ 0,3 V = 30 kΩ; im Meßbereich
300 V einen Innenwiderstand von 100 kΩ/V ⋅ 300 V = 30 MΩ. 2.1 Analog anzeigende Strommeßgeräte
Ein Digitalvoltmeter hat den meßbereichsunabhängigen Innen-
widerstand 10 MΩ. Dann ist der Innenwiderstand des analog an-
Drehspulmeßwerke benötigen einen Strom von etwa
zeigenden Meßgerätes in den Meßbereichen > 100 V größer als 10 mA bis 100 mA für Vollausschlag. Der Innen-
der des Digitalvoltmeters. widerstand liegt bei 1 kΩ bis 10 kΩ, so daß sich im
kleinsten Strommeßbereich ein Spannungsfall über
dem Meßwerk von 10 mV bis 100 mV ergibt. Für
1.4 Spannungsmessung größere Ströme wird dem Meßwerk ein entsprechend
mit dem Kompensator kleinerer Widerstand parallelgeschaltet (Prinzip
Die Meßabweichung durch den endlichen Innen- Stromteiler). Strommesser mit mehreren Strommeß-
widerstand des Spannungsmessers läßt sich vermeiden, bereichen sind häufig Bestandteil eines Multimeters,
wenn der für die Messung notwendige Strom von das zusätzlich noch Spannungs- und Widerstands-
einer Hilfsenergiequelle geliefert wird. In Bild VI-3 messungen erlaubt. Dann wird die Stufung der Meß-
ist das Prinzip gezeigt. Die Spannung UN ist bekannt, bereiche entsprechend der von den Spannungsmeßbe-
sie wird z.B. von einem Normalelement geliefert. reichen gewählt: 100 mA, 300 mA, 1 mA, 3 mA ... bis
Ihr Innenwiderstand RiN ist ebenfalls bekannt. Der 1 A, seltener auch bis 10 A. Der Innenwiderstand
Widerstandsteiler ist ein Präzisionsteiler mit dem oder der Spannungsfall wird für jeden Meßbereich
Gesamtwiderstand RN und dem einstellbaren Teil- angegeben und ist auf der Unterseite des Instrumentes
widerstand RK. Er wird häufig als einstellbarer Stufen- ablesbar.
widerstand mit mehreren Dekaden ausgeführt. Die zu Für das Meßinstrument UNIGOR A 43 beträgt der
messende Spannung ist Ux, der Innenwiderstand ist Spannungsfall unabhängig vom Strommeßbereich
Ri. Zur Messung wird der Abgriff am Widerstand RN ungefähr 100 mV. Der Fehler der Strommessung ist
solange verändert, bis der Nullindikator den Strom durch die Klasse des Instrumentes gegeben und
Null anzeigt. Dann gilt: entspricht dem Fehler bei der Spannungsmessung.
Ux = Ua = UK = UN · RK/(RiN + RN) (VI.2)
2.2 Digital anzeigende Strommeßgeräte
Mit diesem Verfahren ist es möglich, auch die Leer-
Der zu messende Strom durchfließt einen bekannten
laufspannung von Spannungsquellen mit sehr großem
Widerstand und verursacht an ihm einen Spannungs-
Innenwiderstand zu messen. Für die zu messende
fall. Besitzt der Widerstand dekadische Werte (1 Ω,
Spannung gilt: Ux < UN.
10 Ω, 100 Ω ...), ist der Zahlenwert der gemessenen
Spannung durch entsprechendes Setzen eines Kom-
RiN mas in der Anzeige als Stromwert in mA, mA oder A
ablesbar. Meist wird eine Stufung in Anlehnung an
Ri die Spannungsmeßbereiche, aber mit dem Multiplika-
UN RN tor 100, verwendet (200 mA, 20 mA, 2 A). Der Fehler
Rk U U der Strommessung ist mit f ≥⏐±10–2⏐deutlich höher
k a Ux
als bei der Spannungsmessung.
Für ein 4½-stelliges Digitalmultimeter beträgt der
Spannungsfall beim Maximalstrom unabhängig vom
Nullindikator Meßobjekt Meßbereich typisch 200 mV, der Fehler liegt bei
± (0,4% of reading + 3 LSB), siehe dazu auch Kapi-
Bild VI-3 Prinzip des Kompensators tel V.
756 Meßtechnik

2.3 Meßabweichung 3.2 Strommessung


durch den Innenwiderstand Hier wird zum Instrument ein Widerstand Rp parallel
des Strommessers geschaltet (Bild VI-5b), sofern ein größerer Strom als
In Bild VI-4 soll der Strom durch den Widerstand R1 dem Meßbereich entsprechend gemessen werden soll.
gemessen werden. Strommessung RiI ist der Innenwiderstand des Strommessers in
einem Meßbereich (Wahl siehe unten), der zu mes-
R1 I′ sende Strom ist Ix. Ist II der am Strommesser abge-
A Bild VI-4 lesene Strom, folgt mit dem Stromteiler:
U0 I Meßabweichung Ix R iI
Ri bei der =
II R iI R p
Strommessung
In der Praxis wird man für Rp einen Stufenwiderstand
Ohne Strommesser ergibt sich der Strom durch den mit mehreren Dekaden wählen, den kleinsten Wert
Widerstand R1 zu: I = U0/R1, mit Strommesser da- einstellen und diesen solange erhöhen, bis sich ein
gegen zu I ⬘ = U0/(R1 + Ri). Eingesetzt in die Fehler- Ausschlag oder eine Anzeige im oberen Drittel des
formel folgt daraus: Meßbereichs ergibt. Achtung: Für den Dekaden-
widerstand muß eine Ausführung mit nichtunter-
f = ( x a − x r ) / x r = ( I ′− I ) / I brechendem Schalter verwendet werden, da der
U0 U Strommesser sonst im Umschaltmoment durch den
− 0 fehlenden Parallelwiderstand überlastet wird!
R + R1 R1 1
= i =− (VI.3)
U0 R Rv RiI II
1+ 1
R1 Ri A
UX UU
V IX
Die Meßabweichung durch den endlichen Innen-
widerstand des Strommessers ist um so kleiner, je RiU
kleiner er im Verhältnis zum Widerstand R1 ist. Rp
Der Innenwiderstand von Strommessern sollte mög- a) b)
lichst klein sein!
Bild VI-5 Meßbereichserweiterung
a) Spannungsmessung
3 Meßbereichserweiterung b) Strommessung

3.1 Spannungsmessung
4 Messung von Wechselspannungen
Soll mit einem analog oder digital anzeigenden Span-
nungsmesser, dessen Innenwiderstand in einem Meß- 4.1 Analog anzeigende
bereich (Wahl des Meßbereichs siehe unten) mit RiU Wechselspannungsmeßgeräte
gegeben ist, eine höhere Spannung Ux gemessen Zur Messung von Wechselspannungen werden Meß-
werden, schaltet man einen Widerstand Rv in Reihe geräte mit Dreheisenmeßwerk, Drehspulmeßwerk und
zu dem Spannungsmesser (Bild VI-5a). Dieser Span- Thermoumformermeßwerk eingesetzt.
nungsteiler liefert die Beziehung:
4.1.1 Spannungsmesser mit Dreheisenmeßwerk
Ux/UU = (RiU + Rv)/RiU
Die den Zeigerausschlag verursachende Kraft läßt
Darin ist UU die am Instrument abgelesene Spannung.
sich durch die Lorentzkraft darstellen (F = B · I · I).
Da man Ux im allgemeinen nicht kennt, sind Rv und
Die Flußdichte B wird ebenfalls durch den Strom I
der Meßbereich des Spannungsmessers so einzu-
erzeugt, so daß F = k1 · I 2 = k2 · U2 gesetzt werden
stellen, daß sich ein Ausschlag oder eine Anzeige
kann. Durch die mechanische Trägheit des Zeigers
möglichst im oberen Drittel des Meßbereichs ergibt,
wird daraus der Mittelwert der Spannung bei Frequen-
da dann der Fehler klein ist. In der Praxis wird
zen >>1 Hz gebildet. Berücksichtigt man die Wurzel-
man für Rv einen Stufenwiderstand mit mehreren
beziehung beim Aufbringen der Skalenteilung, wird
Dekaden wählen, den höchsten Wert einstellen und
theoretisch der Effektivwert U angezeigt:
dann den Widerstand stufenweise verringern, bis der
genannte Ausschlag erreicht ist. Achtung: Für den 1
T

∫ {u ( t )} d t
2
Dekadenwiderstand muß eine Ausführung mit un-  Effektivwert U = (VI.4)
terbrechendem Schalter verwendet werden, da der T0
Spannungsmesser sonst im Umschaltmoment durch In der Praxis gilt das aber nur für sinusförmige Span-
den kurzgeschlossenen Reihenwiderstand überlastet nungen mit Frequenzen bis etwa (400 ... 1000) Hz.
wird! Oberhalb dieser Frequenzen nimmt der Zeigeraus-
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 757

schlag ab. Ein Grund dafür ist die mit steigender meßbar. Ein Nachteil ist, daß der Strom durch den
Frequenz zunehmende Impedanz (jwL) der Spule. Bei Widerstandsdraht einige mA betragen muß, um
nichtsinusförmigen Spannungen wird der Signal- Drahttemperaturen oberhalb 100 ºC und damit ausrei-
verlauf nach Fourier zerlegt. Dabei muß die höchste chend große Spannungen am Thermoelement zu
noch zu berücksichtigende Signalfrequenz, das ist in bewirken. Damit der Meßkreis nicht unzulässig hoch
der Regel die 10. bis 20. Harmonische, an der oberen belastet wird, hat man elektronische Lösungen gefun-
Grenze des genannten Frequenzbereiches liegen. Auf den, die den Strom durch den Widerstandsdraht einer
diese Weise können bereits nichtsinusförmig verlau- Hilfsspannungsquelle entnehmen, die durch die zu
fende Spannungen mit einer Frequenz von 50 Hz mit messende Spannung gesteuert wird.
einem erhöhten Meßfehler durch Verfälschung der
Kurvenform behaftet sein. 4.2 Digital anzeigende
Wechselspannungsmeßgeräte
4.1.2 Spannungsmesser mit Drehspulmeßwerk
Zur Messung des Effektivwertes einer Spannung
Das Drehspulmeßwerk zeigt den arithmetischen werden unterschiedliche Meßverfahren eingesetzt.
Mittelwert der Wechselspannung an. In der Praxis
interessiert aber der Effektivwert, weil er für die 1. Verfahren: Vor allem bei Digitalmultimetern der
Leistung maßgebend ist. Da aber arithmetischer unteren Preisklasse wird bei der Spannungsmessung
Mittelwert und Effektivwert zahlenmäßig nicht über- der Scheitelwert gemessen, durch 1,41 geteilt und
einstimmen und der Umrechnungsfaktor zwischen angezeigt. Diese Umrechnung zwischen Scheitel- und
beiden von der Kurvenform abhängt, ist dieses In- Effektivwert gilt aber nicht allgemein für beliebige
strument nicht zur Messung von Wechselspannungen Spannungsverläufe, so daß der Effektivwert nur bei
geeignet. Es besitzt jedoch besondere Vorteile, näm- sinusförmigem Spannungsverlauf richtig angezeigt
lich geringen Eigenverbrauch und lineare Skalentei- wird. Die Scheitelwertmessung ist wegen des hohen
lung. Deshalb hat man, allerdings nur für sinusför- Eingangswiderstandes des Analog-Digital-Umsetzers
mige Spannungen, die Skala so beschriftet, daß der einfach möglich. Verglichen mit der Gleichspan-
korrekte Wert abgelesen wird. Da der arithmetische nungsmessung ist der Eingangswiderstand gleich, der
Mittelwert eines sinusförmigen Signals Null ist, wird Fehler ist um den Faktor 5 bis 10 größer.
der Spannungsverlauf mit einem Einweg- oder einem 2. Verfahren: Der Effektivwert wird tatsächlich ge-
Brückengleichrichter so verändert, daß der arithme- messen; deshalb spricht man auch von einer „echten“
tische Mittelwert ungleich Null ist und damit ein Effektivwertmessung. Verwendet werden elektro-
Ausschlag erfolgt. Der Kurvenformfaktor oder kurz nische Schaltkreise, die nach Gleichung VI.4 den
Formfaktor ist das Verhältnis von Effektivwert zu analogen Spannungswert am Eingang zunächst quad-
arithmetischem Mittelwert bei Einweg- bzw. Brücken- rieren, diesen dann integrieren und anschließend die
gleichrichtung. Er beträgt bei sinusförmigem Verlauf Wurzel ziehen. Der Fehler dieses Verfahrens ist
und Einweggleichrichtung 2,22 und bei Brücken- >⏐± 10–3⏐, weil die erforderlichen mathematischen
gleichrichtung 1,11. Mit diesen Faktoren werden die Operationen u.a. durch Logarithmieren und Potenzie-
Werte auf der Skala multipliziert. Es sind Spannun- ren verwirklicht werden.
gen mit Frequenzen bis zu einigen 10 kHz meßbar. Vor allem bei Geräten der Präzisionsmeßtechnik wird
Meßinstrumente mit Drehspulmeßwerk und Gleich- die zu messende Spannung pro Periode 100mal oder
richter zeigen nur bei sinusförmigen Wechselspan- mehr abgetastet und in Digitalwerte umgesetzt. An-
nungen den Effektivwert richtig an! schließend werden diese digital kodierten Werte den
erforderlichen Rechenoperationen nach Gleichung
4.1.3 Spannungsmesser VI.4 zur Bildung des Effektivwertes unterzogen. Der
mit Thermoumformermeßwerk so bestimmte Effektivwert ist mit einem kleineren
Bei diesem Meßwerk durchfließt ein der Spannung Fehler behaftet als beim rein analogen Verfahren,
proportionaler Strom einen sehr dünnen (einige mm) erfordert aber einigen Aufwand. Es ist ein Analog-
Widerstandsdraht. Der Draht erwärmt sich; seine Digital-Umsetzer mit 8 bis 12 bit und einer Umsetz-
Temperaturdifferenz zur Umgebungstemperatur ist zeit erforderlich, die nur ein Bruchteil der Perioden-
dem Effektivwert des Stromes proportional. Die dauer der zu messenden Spannung ist (Umsetzzeit =
Temperatur wird mit einem Thermoelement gemes- Periodendauer/Abtastwerte pro Periode).
sen (Kapitel VII.1.6). Bei Meßgeräten mit „Echt-Effektivwertmessung“ gibt
Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, daß der es Ausführungen, die zwar den Effektivwert tatsäch-
Frequenzbereich für sinusförmige Spannungen von lich messen, an das zu messende Signal aber die
etwa 0,2 Hz bis 65 MHz reicht, bei Sonderausführun- Bedingung knüpfen, daß der arithmetische Mittelwert
gen bis 300 MHz. Die untere Frequenzgrenze ist Null ist. Das liegt daran, daß im Eingangskreis des
dadurch gegeben, daß die Temperatur des Wider- Meßgerätes ein Kondensator in Reihe zu den Meß-
standsdrahtes unterhalb 0,2 Hz dem Momentanwert anschlüssen angeordnet ist. Dadurch vereinfacht
des Stromes folgt. Gleichspannungen sind wieder sich zwar der elektronische Aufwand innerhalb des
758 Meßtechnik

Meßgerätes, schränkt aber seinen Einsatz wesentlich 6.1 Gleichstrom-Meßbrücken


ein. Nicht immer weist die Betriebsanleitung eindeu- zur Widerstandsmessung
tig auf diese Tatsache hin.
Eine wichtige Kenngröße bei der Messung von Eine Meßbrücke besteht nach Bild VI-6a aus vier
Wechselspannungen und -strömen ist der Crestfaktor Impedanzen oder Widerständen Z1 oder R1 bis Z4 oder
als Verhältnis von Scheitelwert zu Effektivwert. Er R4 und wird von einer Spannungsquelle mit der
darf einen bestimmten Wert nicht überschreiten und Spannung usp gespeist. Zur Messung von Widerstän-
liegt in der Größenordnung 4 bis 10. Bei einem den kann usp sowohl eine Gleich- als auch eine Wech-
Crestfaktor von 4 kann demnach eine rechteckför- selspannung sein, zur Impedanzmessung wird in der
mige Spannung mit einem Tastgrad 5 nur noch mit Regel eine sinusförmige Spannung verwendet. Man
erhöhtem Fehler gemessen werden. spricht dann von Gleich- oder Wechselstrommeß-
brücken.

5 Messung von Wechselströmen


Z1 ud0 Z3 R1 Ud0 R3
5.1 Analog anzeigende usp Usp
Wechselstrommeßgeräte Z2 Z4 U2 R2 R4 U4
Hier werden die gleichen Meßwerke verwendet wie a) b)
bei der Wechselspannungsmessung. Da bei ihnen der
Ausschlag stromproportional ist, können die Aus- Bild VI-6 Meßbrücke
sagen über die Wechselspannungsmessung entspre- a) allgemein
chend übernommen werden. b) Wheatstone-Meßbrücke für
Strommesser mit Dreheisenmeßwerk: Theoretisch ohmsche Widerstände
wird der Effektivwert unabhängig von der Kurven-
form angezeigt, in der Praxis dagegen wird der Zei- 6.1.1 Grundlagen
gerausschlag bei Frequenzen oberhalb 400 Hz bis Mit der Gleichstrom-Meßbrücke lassen sich nur
1000 Hz geringer. Die Innenwiderstände sind gleich ohmsche Widerstände messen. Eventuell vorhandene
denen bei der Gleichstrommessung. induktive Anteile ergeben den Wert Null, kapazitive
Strommesser mit Drehspulmeßwerk: Die Anzeige ist Anteile den Wert unendlich.
ebenfalls nur für sinusförmige Ströme richtig, die Die Spannung Ud0 in der Brückendiagonalen
Frequenzgrenze für sinusförmige Ströme liegt auch (Bild VI-6b) ergibt sich zu:
bei einigen 10 kHz. Die Innenwiderstände entspre-
chen denen bei der Gleichstrommessung, sofern die Ud0 = U2 – U4 (VI.5)
Instrumente einen elektronischen Präzisionsgleich- R1 und R2 sowie R3 und R4 bilden einen Spannungs-
richter eingebaut haben. teiler. Der Strom in der Brückendiagonalen ist Null
Strommesser mit Thermoumformermeßwerk: Die (Index „0“ für Ud0), und es werden folgende Teil-
Innenwiderstände entsprechen denen bei der Gleich- spannungen abgegriffen:
strommessung, der Frequenzbereich reicht von 0,2 Hz
bis ca. 65 MHz oder 300 MHz. R2 R4
U 2 = U sp ⋅ ; U 4 = U sp ⋅ (VI.6)
R1 + R2 R3 + R 4
5.2 Digital anzeigende
Wechselstrommeßgeräte Für Ud0 folgt daraus:

Die Wechselstrommessung wird, wie bei der Gleich- ⎛ R2 R4 ⎞


U d 0 = U sp ⋅ ⎜ − ⎟
strommessung, auf eine Spannungsmessung zurück- ⎝ R1 + R 2 R3 + R4 ⎠
geführt. Deshalb sind die Innenwiderstände in beiden R 2 R 3 + R 2 R 4 − R1 R 4 − R 2 R 4
Fällen gleich. Entsprechend gilt analog zur Wechsel- = U sp ⋅
spannungsmessung: ( R1 + R 2 ) ( R 3 + R 4 )
Der Fehler ist größer als bei der Wechselspannungs- R2 R3 − R1 R4
messung, weil der Fehler des Strommeßwiderstandes Ud 0 = U sp ⋅ (VI.7)
in das Meßergebnis eingeht.
( 1 + R2 ) ( R3 + R 4 )
R

Für die Anwendung der Brückenschaltung zur


6 Widerstands- und Impedanzmessung Widerstandsmessung gibt es zwei Verfahren: 1.
Abgleichverfahren: Die Spannung Ud0 wird durch
Für die Widerstands- und Impedanzmessung werden Abgleich zu Null gemacht. 2. Ausschlagverfahren:
hauptsächlich die Brückenschaltung, der Vergleich Die Spannung Ud0 ist ein Maß für die Abweichung
mit einem bekannten Widerstand und die kombinierte eines zu messenden Widerstandes von einem Soll-
Messung aus Strom und Spannung eingesetzt. wert.
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 759

6.1.2 Wheatstone-Meßbrücke Die dann verwendete Thomson-Meßbrücke ist nach


im Abgleichverfahren Bild VI-8 aufgebaut. Rx ist der zu messende Wider-
stand, RN ein bekannter Widerstand. R1 bis R4 sind im
Der unbekannte Widerstand ist R1. Mindestens einer
Vergleich zu Rx hochohmig. Für die Parallelschaltung
der Widerstände R2 bis R4 wird solange verändert, bis
aus den Zuleitungswiderständen Rzu und (R1 + R2)
Ud0 Null ist. Dann gilt nach Gleichung (VI.7):
wird Rp eingeführt:
R3
R1 = R 2 (VI.8) ( R1 + R 2 ) ⋅ R zu
R4 Rp = (VI.11)
R1 + R 2 + R zu
Die Brücke ist abgeglichen. In der Praxis ist R2 stetig
Damit erhält man für die Brückendiagonalspannung
veränderbar, während das Verhältnis R3/R4 in deka-
Ud0:
dischen Stufen eingestellt werden kann und damit der
Meßbereich für den zu messenden Widerstand ge- R3
wählt wird. Die Meßunsicherheit dieser Meßbrücken U d 0 = U 3 − U x − U 1 = I ( Rx + R p + RN ) ⋅
R3 + R4
ist <⏐±10–3⏐. Sie läßt sich auf <⏐±10–4⏐ verringern,
R1
wenn auch für den Widerstand R2 Stufenwiderstände − I ⋅ Rx − I ⋅ R p ⋅
eingesetzt werden, die mehrere Dekaden überstrei- R1 + R2
chen und deren kleinste Stufung bei 1 Ω oder 0,1 Ω ⎛ R x ⋅ R3 R p ⋅ R3 R ⋅R ⎞
(VI.12)
liegt. Es können Widerstände im Bereich von etwa ⎜ + + N 3⎟
10 Ω bis 10 MΩ gemessen werden. ⎜ R3 + R4  R3 + R4 R3 + R4 ⎟
 
Bei der Schleifdraht-Meßbrücke nach Bild VI-7 wer- ⎜ ⎟
=I ⎜
A
Ud 0 ⎟
den die Widerstände R1 und R2 durch einen homo- ⎜ − R − R p ⋅ R1 ⎟
genen Widerstandsdraht mit konstantem Querschnitt ⎜ x
R1 + R2 ⎟
gebildet. Damit sind die Widerstände den jeweiligen ⎜   ⎟
⎝ B ⎠
Drahtlängen l proportional.
Die Thomson-Brücke ist für Ud0 = 0 abgeglichen.
r ⋅ l1 r⋅ l2
R1 = ; R2 = (VI.9) Diese Bedingung wird unabhängig von Rp und damit
A A von Rzu, wenn sich die beiden oben gekennzeichneten
r spezifischer elektrischer Widerstand in Ω · m, l Drahtlänge in m, Summanden A und B aufheben:
A Drahtquerschnittsfläche in m2
R3 R1
Daraus folgt die Abgleichbedingung: = (VI.13)
R3 + R4 R1 + R 2
R1 l
Rx = R4 = R4 ⋅ 1 (VI.10) Das läßt sich z.B. durch eine entsprechende mechani-
R2 l2 sche Kopplung der Widerstände R1 und R3 sowie R2
und R4 erreichen.
Der Schleifdraht wird häufig entweder als ausge-
streckter Draht von 1 m Länge oder als Schleifdraht- I
wendel auf einem walzenförmigen Körper ausge-
führt.

Usp
Rx Ux
R4 Rx R1 R3
U1 U3
Ud0
Rzu

Usp R2 R4
R2 R1 RN

Bild VI-7 Bild VI-8


Schleifdraht- Thomson-
l2 l1 Meßbrücke Meßbrücke

6.1.3 Thomson-Meßbrücke im Abgleichverfahren Setzt man die Abgleichbedingung aus Gleichung


(VI.13) in Gleichung (VI.12) ein, so folgt durch
Die Messung von Widerständen kleiner 10 Ω erfor- Auflösen des Ausdruckes nach dem unbekannten
dert die Anwendung von Potentialanschlüssen, um Widerstand Rx:
den Einfluß von Übergangswiderständen an den An-
R3
schlußklemmen zu verringern, da diese in der Grö- Rx = RN (VI.14)
ßenordnung der zu messenden Widerstände liegen. R4
760 Meßtechnik

Es können Widerstände bis herab zu etwa 10–5 Ω stand, bei dem die Temperatur über den Wider-
gemessen werden. standswert erfaßt wird. In der Praxis ergibt sich
häufig die Forderung, daß eine Widerstandsänderung
6.1.4 Wheatstone-Meßbrücke gegenüber einem Arbeitspunkt (Sollwert) gemessen
im Ausschlagverfahren werden soll. Für diesen Fall wird die Brücke so
Bei der Meßbrücke im Ausschlagverfahren wird die ausgelegt, daß die vier Widerstände im Arbeitspunkt
Spannung Ud0 gemessen. Dann läßt sich der Wider- gleich sind, die Brücke also abgeglichen ist (tempera-
stand R1 nach Gleichung (VI.7) bestimmen, wenn R2 turabhängiger Widerstand bei 0 ºC). Die Abweichun-
bis R4 bekannt sind. Im Gegensatz zum Abgleichver- gen des Widerstandes vom Arbeitspunkt (Sollwert)
fahren ist jetzt aber der Widerstand R1 veränderlich. werden dann zweckmäßigerweise mit DR bezeich-
Als Beispiel dient ein temperaturabhängiger Wider- net.

Tabelle VI-1 Viertel-, Halb- und Vollbrücken mit +DR oder ± DR

Brückenanordnung exakt Näherung

R +ΔR R ΔR ΔR
Usp Ud0 = –Usp 4R + 2ΔR ≈ –Usp 4R
R Ud0 R

ΔR ΔR
Ud0 = Usp
4 R + 2Δ R ≈ Usp 4R
+ΔR

+ΔR ΔR ΔR
Ud0 = –Usp 2R + ΔR ≈ –Usp 2R
+ΔR

+ΔR ΔR
Ud0 = –Usp
2R
−ΔR

+ΔR −ΔR 2R · ΔR ΔR
Ud0 = –Usp ≈ –Usp 2R
4R2 – (ΔR)2

+ΔR ΔR(2R – ΔR) ΔR


Ud0 = –Usp ≈ –Usp 2R
4R2 – (ΔR)2
−ΔR

+ΔR −ΔR ΔR
Ud0 = –Usp R
−ΔR +ΔR
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 761

Setzt man in Gleichung (VI.7) R2 = R3 = R4 = R und R iE = ( R R ) + ( R R ) = R (VI.18)


R1 = R + DR ein, so folgt für Ud0:
Wird jetzt ein Widerstand Rd in die Brückendiagonale
⎛ R 2 − ( R + DR ) ⋅ R ⎞ zwischen die Anschlüsse A und B eingefügt, berech-
U d 0 = U sp ⋅ ⎜ ⎟
⎝ ( R + DR + R ) ⋅ 2 R ⎠ nen sich der Strom Id in Rd und die Spannung Ud zu:
Ud 0
− DR ⋅ R + R 2 − R 2 Id = ; U d = I d ⋅ Rd (VI.19)
= U sp ⋅ (VI.15) RiE + Rd
( 2 R + DR ) ⋅ 2 ⋅ R
RiE A Id
− DR
U d 0 = U sp ⋅ R1 Ud R3
( 4 R + 2 ⋅ DR ) Usp
Id
Ud0 Ud Rd
DR ist mit Vorzeichen einzusetzen! Das bedeutet, daß A Rd B
R2 R4
bei einer Widerstandsabnahme von R1, d. h. R1 – DR,
die Spannung Ud0 positiv ist (Bild VI-6b). B
Zwischen der Spannung Ud0 und der Widerstands- Bild VI-9 Brückenersatzschaltung mit Widerstand
änderung DR besteht kein linearer Zusammenhang. Je in der Brückendiagonalen
nach Anwendungsfall und zulässiger Meßabweichung a) Schaltbild
kann unter Umständen mit einem linearen Zusam- b) Ersatzschaltbild
menhang gerechnet werden:
Diese Art der Berechnung ist dann von Vorteil, wenn
− DR
U d 0 ≈ U sp für DR << R (VI.16) bei der Messung im Ausschlagverfahren in der
4R Brückendiagonalen empfindliche Strommesser, z.B.
Die beschriebene Brücke wird auch als Viertelbrücke Galvanometer, eingesetzt werden.
bezeichnet, weil nur ein Widerstand veränderlich ist.
In der Praxis werden Brückenschaltungen häufig so
6.2 Wechselstrom-Meßbrücken zur
eingesetzt, daß zwei oder vier Widerstände veränder- Widerstands- und Impedanzmessung
lich sind und Widerstandsänderungen mit positivem Wechselstrommeßbrücken dienen dazu, entweder
und negativem Vorzeichen gleichzeitig auftreten. Für ohmsche Widerstände oder Impedanzen zu messen.
diese Halb- oder Vollbrücken sind die Änderungen in Die die Brücke speisende Spannung hat zweck-
positiver und negativer Richtung in der Regel gleich mäßigerweise sinusförmigen Verlauf.
groß (⏐– DR ⏐= ⏐+ DR⏐). In Tabelle VI-1 sind die
verschiedenen Brückenanordnungen zusammenge- 6.2.1 Messung von ohmschen Widerständen
stellt. Ist der Zusammenhang zwischen Ud0 und DR Die Brückenschaltung kann sowohl im Abgleich- als
nichtlinear, kann er häufig durch eine lineare Abhän- auch im Ausschlagverfahren eingesetzt werden. Es
gigkeit angenähert werden. wird vorausgesetzt, daß die Widerstände keinen
Blindanteil enthalten. Dann können die Gleichungen
6.1.5 Wheatstone-Meßbrücke (VI.5) bis (VI.8) und (VI.14) mit dem Zusatz über-
im Ausschlagverfahren mit Widerstand
nommen werden, daß alle Spannungen sinusförmigen
in der Brückendiagonalen
Verlauf haben, also auch Ud0. Besonders bei der
Bei der Berechnung der Spannung Ud0 wurde der Verwendung der Brückenschaltung im Ausschlagver-
Strom in der Brückendiagonalen bisher zu Null fahren liegen die auszuwertenden Spannungen in der
angenommen. Ist dagegen ein Widerstand Rd vorhan- Brückendiagonalen häufig im Bereich mV... mV und
den (Bild VI-9a), empfiehlt sich zur Berechnung der sind aufgrund von Störspannungen, die in der gesam-
Spannung in der Brückendiagonalen das Verfahren ten Meßeinrichtung auftreten, schwierig zu messen.
mit Ersatzspannungsquelle und Ersatzinnenwider- Ist dagegen ud0 sinusförmig mit der Frequenz f0, wird
stand, bezogen auf die Anschlußpunkte A und B eine Meßeinrichtung verwendet, die nur Signale der
(Bild VI-9b). Die Ersatzspannung UE ist die Leerlauf- Frequenz f0 auswertet und damit die Wirksamkeit von
spannung und damit die Spannung Ud0, die für einen Störspannungen und Rauschen auf einen sehr be-
unendlich großen Widerstand Rd berechnet worden grenzten Frequenzbereich um f0 herum einschränkt.
ist (Gleichung VI.15). Der Ersatzinnenwiderstand Driftvorgänge beispielsweise durch Temperaturände-
RiE ergibt sich, wenn die Spannungsquelle „kurzge- rungen oder Alterung besitzen Frequenzen im Be-
schlossen“ und der Gesamtwiderstand zwischen A reich unterhalb 1 Hz und treten damit nicht mehr
und B bestimmt wird. Er läßt sich direkt ablesen. störend in Erscheinung. Die Frequenz f0 wird in der
R iE = ( R1 R 2 ) + ( R 3 R 4 ) (VI.17) Regel zu 420 Hz, 5 kHz oder 10 kHz gewählt. Die
Frequenz von 420 Hz wird eingesetzt, damit man
Für den Fall, daß alle 4 Widerstände gleich groß sind etwa in der Mitte zwischen der 7. und 8. Oberschwin-
(R) und daß eventuelle Widerstandsänderungen ± DR gung der Netzfrequenz von 50 Hz liegt (Fourier-
unberücksichtigt bleiben, was wegen der kleinen zerlegung z.B. von nichtsinusförmigen Verbraucher-
Werte zulässig ist, folgt für RiE: strömen am 50-Hz-Netz).
762 Meßtechnik

6.2.2 Messung von Impedanzen (VI.23) einsetzen. Dazu wird der Ausdruck der Paral-
lelschaltung konjugiert komplex erweitert und in die
Mit der Wechselstrommeßbrücke lassen sich Impe- Summe aus Real- und Imaginärteil zerlegt:
danzen messen, die aus einer Induktivität L oder einer
1
Kapazität C mit oder ohne ohmschen Anteil R beste- Rp ⋅
hen. Dabei kann R parallel oder in Reihe zu L oder C jwC p Rp R p ( 1 − jwR p C p )
Z= = =
angeordnet sein. Die Spannung Ud0 in der Brücken- 1 R p jwC p + 1 R p2 w 2 C p2 + 1
diagonalen ist nur dann Null, wenn sie nach Betrag Rp +
jwC p
und Phase Null ist. Damit muß sowohl ein Betrags-
als auch ein Phasenabgleich durchgeführt werden. Rp R p2 wC p
Meßbrücken dieser Art besitzen also immer zwei Z= −j
R p2 w 2 C p2 + 1 R p2 w 2 C p2 + 1
Abgleichelemente, die wechselseitig solange einzu-
1 ⎡ Rp w C p ⎤
2 2
stellen sind, bis die Spannung Ud0 Null ist. Da zwei Rp
Abgleichbedingungen vorhanden sind, können auch = + ⋅⎢ 2 2 2 ⎥
R p2 w 2 C p2 + 1 jw ⎢⎣ R p w C p + 1 ⎥⎦
zwei unbekannte Größen für die zu messende Impe- 
1
danz bestimmt werden.
Cr
Angewendet wird dieses Verfahren zur Bestimmung
der Elemente von realen Induktivitäten und Kapazi- Rp R p2 w 2 C p2 + 1
⇒ Rr = ; Cr =
täten. Das Ersatzschaltbild einer realen Induktivität R p2 w 2 C p2 + 1 R p2 w 2 C p
besteht aus der Reihenschaltung der Induktivität mit
einem ohmschen Widerstand, der im wesentlichen (VI.24)
durch den Widerstand der Wicklung verursacht wird. Die Abgleichbedingungen können auch in der Expo-
Ein realer Kondensator wird durch den Kondensator nentialform dargestellt werden.
mit einem parallelgeschalteten Widerstand dargestellt, (VI.25)
Z = R + jX = Z ⋅ e jj = Z ⋅ e jj ⇒
wobei der Widerstand den Isolationswiderstand erfaßt.
Neben diesen anschaulichen Ersatzschaltbildern wer- Z1 · Z4 = Z2 · Z3 und j1 + j4 = j2 + j3 (VI.26)
den noch zwei weitere, weniger anschauliche, ver- Die Anwendungen von Meßbrücken zur Wider-
wendet: In Reihe zu C wird ein Widerstand Rr bzw. stands- und Impedanzmessung werden in den Kapi-
parallel zu L ein Widerstand Rp geschaltet. Beide teln VII.1 und VII.2 gezeigt.
Darstellungsarten lassen sich ineinander umrechnen.
Für den Abgleichfall gilt prinzipiell die gleiche Ab- 6.3 Vergleich mit bekanntem Widerstand
leitung wie bei der Gleichstrom-Meßbrücke mit dem – Spannungsvergleich
Unterschied, daß an die Stelle der Widerstände teil-
Das vor allem in der Präzisionsmeßtechnik angewen-
weise oder insgesamt Impedanzen treten. Zur Be-
dete Verfahren ist in Bild VI-10 dargestellt. Ein be-
rechnung setzt man für die Impedanzen die Summe
kannter Widerstand RN und der unbekannte Wider-
aus einem Wirk- und einem Blindanteil ein:
stand Rx sind in Reihe geschaltet und werden vom
Z 1 = R1 + jX 1 ; Z 2 = R2 + jX 2 ; gleichen Strom durchflossen. Dann ergeben sich die
(VI.20) folgenden Beziehungen:
Z 3 = R3 + jX 3 ; Z 4 = R4 + jX 4
U N = I · RN ; Ux = I · Rx
Die Abgleichbedingung lautet: ineinander eingesetzt folgt:
Z 1 ⋅ Z 4 = Z 2 ⋅ Z 3 ⇒ ( R1 + jX 1 ) ⋅ ( R4 + jX 4 ) Rx = RN x
U
(VI.27)
= ( R2 + jX 2 ) ⋅ ( R3 + jX 3 ) (VI.21) UN
I
R1 ⋅ R 4 − X 1 ⋅ X 4 + j ( R1 ⋅ X 4 + R 4 ⋅ X 1 )
= R2 ⋅ R3 − X 2 ⋅ X 3 + j ( R3 ⋅ X 2 + R2 ⋅ X 3 ) (VI.22)
RN UN
Real- und Imaginärteil müssen jeweils Null sein.
Realteil = 0: R1 · R4 – X1 · X4 = R2 · R3 – X2 · X3
U . . V Bild VI-10
Widerstands-
Imaginärteil = 0: R1 · X4 + R4 · X1 Rx Ux messung durch
= R3 · X2 + R2 · X3 (VI.23) Spannungsvergleich
Damit können beispielsweise Realteil R1 und Imagi-
närteil X1 von Z1 aus den bekannten Größen R2 bis R4 Voraussetzung bei dieser Ableitung ist, daß der
und X2 bis X4 bestimmt werden. Innenwiderstand des Spannungsmessers groß gegen-
Ist der reale Kondensator als Parallelschaltung aus Rp über den Widerständen RN und Rx ist. Kann er nicht
und 1/jwCp gegeben, läßt sie sich in eine äquivalente vernachlässigt werden, ist die hierdurch verursachte
Reihenschaltung aus Rr (Realteil) und Cr (Imaginär- Meßabweichung um so kleiner, je mehr die zwei
teil) umrechnen und in die Gleichungen (VI.20) bis Widerstände in ihrem Wert übereinstimmen.
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 763

6.4 Messung von Strom und Spannung unbekannte Widerstand Rx im Verhältnis zum Innen-
widerstand Ri des Strommessers ist. Deshalb ist
Werden an einem unbekannten Widerstand Strom
dieses Verfahren bevorzugt zur Messung großer
und Spannung gleichzeitig gemessen, kann der Wider-
Widerstände einsetzbar.
standswert mit dem Ohmschen Gesetz berechnet wer-
den. Bild VI-11 zeigt das Verfahren. Zur Erfassung 6.5 Widerstandsmessung
von U und I sind zwei Meßschaltungen möglich. mit analogen Multimetern
In der spannungsrichtigen Schaltung (Bild VI-11a)
wird die am Widerstand anliegende Spannung U Analoge Multimeter bieten die Möglichkeit, den Wert
richtig gemessen, der Strommesser erfaßt zusätzlich von Widerständen wenigstens überschlägig zu mes-
den Strom DI durch den Spannungsmesser mit dem sen. Dazu werden zwei Verfahren benutzt.
Innenwiderstand RU. Die hierdurch verursachte syste- Spannungsvergleich oder Parallelverfahren: Zu-
matische relative Meßabweichung berechnet sich wie nächst wird, siehe Bild VI-12, bei Leerlauf an den
folgt: Meßklemmen A und B (Rx → ∞) mit dem Potentio-
Angezeigter (gemessener) Wert xa = Rx 储 RU; richtiger meter Rv Vollausschlag am Meßinstrument einge-
Wert xr = Rx; eingesetzt folgt: stellt. RU ist der Innenwiderstand des Meßinstrumen-
R x RU R x ⋅ RU 1 R − R x − RU tes, Usp wird von einer eingebauten Batterie geliefert.
f = −1= ⋅ −1= U Dann gilt für U0:
Rx R x + RU Rx R x + RU
RU
systematische relative Meßabweichung U 0 = U sp ⋅ (VI.30)
RU + R v
1
f = (VI.28)
R Wird der unbekannte Widerstand Rx angeschlossen,
1+ U ergibt sich für die Spannung Ux:
Rx
RU R x
Ri Ri I U x = U sp ⋅ (VI.31)
A A RU R x + R v
ΔI
ΔU Löst man die Gleichung (VI.31) nach Rx auf und setzt
U0 V U U0 V
Rx Rx für Usp den entsprechend umgeformten Ausdruck aus
RU RU Gleichung (VI.30) ein, so folgt
Ux
a) b)
RU ⋅ R v U0
Bild VI-11 Widerstandsbestimmung durch Rx = ⋅ (VI.32)
RU + R v U
Strom- und Spannungsmessung 1− x
U0
a) spannungsrichtige Schaltung
b) stromrichtige Schaltung Mit den Abkürzungen b = Ux /U0 und RU 储 Rv = RiU
ergibt sich die Gleichung (VI.33)
Die Meßabweichung ist als systematische Meßabwei- b
R x = R iU ⋅ (VI.33)
chung korrigierbar und um so kleiner, je größer der 1− b
Innenwiderstand RU des Meßgerätes im Verhältnis zu
A
dem zu messenden Widerstand Rx ist. Damit eignet
sich dieses Verfahren besonders zum Messen kleiner Rv
Usp V U0 Ux
Widerstände. Rx
In der stromrichtigen Schaltung (Bild VI-11b) wird RU
der Strom richtig gemessen, der Spannungsmesser B
mißt zusätzlich den Spannungsfall DU am Innen- Meßschaltung
widerstand Ri des Strommessers. Die relative syste-
matische Meßabweichung berechnet sich zu:
Angezeigter (gemessener) Wert xa = Ri + Rx; richtiger Skala
Wert xr = Rx. Ω
Setzt man diese Ausdrücke in die Formel für die Bild VI-12 Widerstandsmessung nach dem Prinzip
relative Meßabweichung ein, folgt: des Spannungsvergleiches
relative Meßabweichung
Ri + R x R In Bild VI-12 ist auch der daraus folgende Skalenver-
f = −1= i (VI.29) lauf dargestellt. Für Ux = U0 (Vollausschlag) geht
Rx Rx
Rx → ∞; für Ux = 0 ist Rx = 0. Eine überschlägige
Die Meßabweichung ist als systematische Meßabwei- Messung von Rx ist im Bereich 0,1 · RiU < Rx
chung korrigierbar und um so kleiner, je größer der < 10 · RiU möglich.
764 Meßtechnik

Durch entsprechende Wahl von Rv und RiU (z.B. 7 Leistungsmessung


Vorwiderstände) lassen sich mehrere „Meßbereiche“
einstellen. Nach dem Abtrennen des zu messenden Neben der Wirkleistung P sind vor allem in der
Widerstandes ist das Instrument auszuschalten, weil Energietechnik noch die Blindleistung Q und die
sonst ein ständiger Strom durch das Instrument fließt Scheinleistung S von Bedeutung. Zwischen ihnen
und die Lebensdauer der Batterie herabsetzt. besteht die Beziehung
Stromvergleich oder Reihenverfahren: Bei diesem S2 = P2 + Q2 (VI.38)
Verfahren (Bild VI-13) wird der Strommesser bei
Meßbeginn und bei Kurzschluß zwischen den Meß- 7.1 Wirkleistungsmessung
klemmen A und B durch Verändern des Widerstandes
Die Wirkleistung P ist für beliebige Spannungs- und
Rv auf Vollausschlag eingestellt. Dann ergibt sich für
Stromverläufe definiert über
I0: T
1
u (t ) ◊ i (t ) d t
T Ú0
U sp  Wirkleistung P = (VI.39)
I0 = (VI.34)
Rv + R I
Für den Fall, daß Spannung und Strom sinusförmigen
RI ist der Innenwiderstand des Strommessers und Usp Verlauf haben, ergibt sich
die Spannung einer eingebauten Batterie. Mit dem
 P = U · I · cos j (VI.40)
unbekannen Widerstand Rx zwischen den Anschlüs-
sen A und B fließt dann der Strom U, I Effektivwerte von Spannung und Strom in V bzw. A, cos j
Phasenwinkel zwischen U und I
U sp
Ix = (VI.35) Ein positiver Winkel bedeutet, daß die Spannung dem
Rv + R I + R x Strom voreilt. Damit besitzen ideale Induktivitäten
einen Phasenwinkel j = +90º, ideale Kapazitäten
Gleichung (VI.35) wird nach Rx aufgelöst, und mit
j = –90º.
Gleichung (VI.34) folgt:
Die Leistungsmessung erfolgt entweder analog mit
I einem elektrodynamischen Meßwerk oder durch
1− x
I0 Auswertung der Beziehung nach Gleichung (VI.39)
R x = ( Rv + R I ) (VI.36)
Ix durch elektronische Baugruppen. Die Klemmen-
bezeichnungen sind DIN 43807 entnommen und in
I0
Bild VI-14 eingetragen. Die vom Strom durchflos-
Mit den Abkürzungen Ix /I0 = b und (Rv + RI) = RiI sene Spule wird im Schaltzeichen als waagerechter,
ergibt sich: durchgehender, dicker Leiter eingezeichnet und als
Strompfad bezeichnet, der senkrechte dünnere Strich
1− b
R x = R iI (VI.37) entspricht der Spannungsspule und heißt Spannungs-
b pfad.
Der sich daraus ergebende Skalenverlauf ist ebenfalls
in Bild VI-13 dargestellt. 7.1.1 Wirkleistungsmessung bei Wechselstrom
Strom und Spannung werden nach Bild VI-14 gleich-
RI A Ix
zeitig gemessen, so daß sich, wie bei der Wider-
A
Rv standsmessung im Kapitel VI.6.4, Bild VI-11, zwei
Usp I0 Rx mögliche Schaltungen ergeben: Stromrichtige Schal-
tung (Bild VI-14a) und spannungsrichtige Schal-
tung (Bild VI-14b). Die durch die Meßschaltung
B
Meßschaltung entstehenden systematischen Meßabweichungen nach
Gleichung (VI.28) und (VI.29) sind auch hier gültig.
Die Lastimpedanzen ZL sind in der Regel vergleichs-
Skala weise klein, so daß man nach Kapitel VI.6.4 die
spannungsrichtige Schaltung verwenden sollte. In der
Ω
Praxis dagegen wird vorwiegend die stromrichtige
Bild VI-13 Widerstandsmessung nach dem Prinzip Schaltung eingesetzt, weil je ein Spannungs- und ein
des Stromvergleiches Strompfadanschluß am Leistungsmesser gekenn-
zeichnet sind (Stern, Pfeil, ...) und die Vereinbarung
Der unbekannte Widerstand Rx läßt sich überschlägig gilt, daß die gekennzeichneten Anschlüsse zu verbin-
im Bereich 0,1 · RiI < Rx < 10 · RiI messen. Nach Ab- den und an einen der Außenleiter L1, L2 oder L3
trennen des zu messenden Widerstandes ist der Strom anzuschließen sind. Diese Regelung ist erforderlich,
durch das Instrument Null, so daß die Lebensdauer um bei der Aron-Schaltung eine Aussage über das
der Batterie nicht dadurch verkürzt wird, daß das Vorzeichen der gemessenen Leistung zu bekommen
Instrument nicht ausgeschaltet wurde. (Kapitel VI.7.1.4).
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 765

 Beispiel VI.2: Ein Leistungsmesser mit den Meßbereichen 100 V des Spannungspfades an den Sternpunkt angeschlos-
und 5 A wird im Spannungspfad mit 50 V und im Strompfad mit
sen. Andernfalls wird eine Meßschaltung nach
10 A betrieben. Damit wird der Strompfad überlastet, obwohl der
Leistungsmesser gerade Vollausschlag zeigt. Bild VI-15 eingesetzt. Die zwei externen Widerstände
RU sind gleich dem Widerstand des Spannungspfades
Um die Überlastung eines Leistungsmessers ohne und bilden einen künstlichen Sternpunkt (Bild VI-15).
eingebauten Überlastschutz erkennen zu können, wird Der Null- oder Neutralleiter kann entfallen.
die vollständige Meßschaltung nach Bild VI-14c Auch hier wird in kritischen Fällen die vollständige
eingesetzt. Dazu schaltet man einen Strommesser in Meßschaltung eingesetzt, wobei die Kontrollinstru-
Reihe zum Strompfad und einen Spannungsmesser mente grundsätzlich so eingeschaltet werden, daß ein
parallel zum Spannungspfad. Diese Kontrollinstru- Strommesser in Reihe zu jedem Strompfad eines
mente können die Klasse 2,5 oder 5 besitzen, da sie Leistungsmessers und ein Spannungsmesser parallel zu
nur zum Erkennen der ungefähren Größe von Span- jedem Spannungspfad in die Schaltung eingefügt wird.
nung und Strom dienen und gegebenenfalls eine Da in der Regel die gesamte Wirkleistung Pges gemes-
Überlastung anzeigen. Da die Netzspannung relativ sen werden soll, muß der vom Leistungsmesser gemes-
konstant ist, wird oft auf den zusätzlichen Span- sene Wert P1 mit 3 multipliziert werden. Es gibt
nungsmesser verzichtet. Leistungsmesser mit elektro- Leistungsmesser, die diese Multiplikation intern vor-
dynamischem Meßwerk besitzen in der Regel keinen nehmen und damit die Gesamtwirkleistung anzeigen.
Überlastschutz, so daß hier häufig die vollständige
7.1.4 Beliebig belastetes Dreileiter-
Meßschaltung zum Einsatz kommt. Wird die Leis-
Drehstromsystem
tung auf elektronischem Wege gemessen, erübrigt
sich der Einsatz der Kontrollinstrumente dann, wenn Hier wird vorwiegend das Zwei-Leistungsmesser-Ver-
diese Geräte eine eingebaute Überlasterkennung be- fahren nach Aron eingesetzt. Die in Bild VI-16 darge-
sitzen. stellte Anordnung der zwei Leistungsmesser in der
Hinweis: Die Begriffe „spannungsrichtig“ und Meßschaltung kann man anhand der Momentanwerte
„stromrichtig“ beziehen sich durchgehend auf die von Strom und Spannung ableiten. Die Last ist im Stern
Verbraucherseite. geschaltet, der Index „*“ kennzeichnet den Sternpunkt.

1 2 3 5 1 2 3 5 1 2 3 5

L1 L1 L1 A Bild VI-14
V Leistungsmesserschaltungen
N N N a) stromrichtig
b) spannungsrichtig
a) b) c) c) vollständige Meßschaltung

7.1.2 Wirkleistungsmessung P1 Bild VI-15


in Drehstromsystemen Leistungsmesserschaltung
Drehstromsystem ist die übliche Bezeichnung für ein bei symmetrischer Last
dreiphasiges Wechselstromsystem. Die drei Spannun-
gen haben untereinander einen Phasenwinkel von 120º RU
bzw. 240º. Hier ist zu unterscheiden, ob das Dreh-
stromsystem symmetrisch belastet ist (gleiche Impe-
1 2 3 5
danz der drei im Stern und/oder im Dreieck geschalte-
ten Verbraucher), oder aber unsymmetrisch belastet ist
L1
(die drei an die Außenleiter angeschlossenen Lastim-
pedanzen sind nicht gleich). Bei symmetrischer Last L2
kann der Null- oder Neutralleiter entfallen! L3 Pges = 3 · P1
2 x RU
7.1.3 Symmetrisch belastetes Drehstromsystem
Ist die Last im Stern geschaltet und der Sternpunkt künstlicher Sternpunkt
zugänglich, wird der nicht gekennzeichnete Anschluß
766 Meßtechnik

P1 P2 Bild VI-16
I1 Zwei-Leistungsmesser-Verfahren
nach Aron
fL a) Anordnung der Leistungsmesser
U1N U12
U31 U b) Zeigerdiagramm für den
3N
Sonderfall der symmetrischen
U2N Last in Sternschaltung
1 2 3 5 1 2 3 5 fL U23
* * * * I3
L1
L2 fL Winkel der Last
L3
Pges = P1 + P2
a) b)

p = u1* · i1 + u2* · i2 + u3* · i3 Hinweis: U32 hat die entgegengesetzte Zeigerrichtung


i1 + i2 + i3 = 0 ⇒ i2 = – i1 – i3 von U23.
p = i1 · (u1* – u2*) + i3 · (u3* – u2*) ; (VI.41) Anhand des Lastfalles „Symmetrische Last“ wird auf
u1* – u2* = u12 ; u3* – u2* = u32 einige Besonderheiten bei der Leistungsmessung
p = i1 · u12 + i3 · u32 nach Aron hingewiesen:
Aus Gleichung (VI.41) folgt, daß kein Null- oder 1. Nach Gleichung (VI.42b) hat ein Leistungsmesser
Neutralleiter angeschlossen sein darf, weil sonst die einen negativen Ausschlag bei jL > 60º oder
verwendete Beziehung i1 + i2 + i3 = 0 nicht mehr gilt. jL < – 60º. Bei Zeigerinstrumenten muß dann der
Der Übergang von den Momentanwerten zu den Spannungspfad umgepolt werden. Eine Umpolung
Effektivwerten wird z.B. beim elektrodynamischen des Strompfades ist möglich, aber ungünstig, da
Meßwerk durch die Trägheit des mechanischen Ströme im Ampere-Bereich geschaltet werden
Systems, bestehend aus Drehspule mit Zeiger, be- müssen und die Unterbrechung von induktiven
wirkt. Verbrauchern wegen möglicher Spannungsüber-
Ausgedrückt durch U, I und cos j ergibt sich die höhungen problematisch sein kann. Viele Leis-
gesamte umgesetzte Wirkleistung Pges für den allge- tungsmesser besitzen deshalb einen entsprechen-
meinen Lastfall zu: den Umschalter im Spannungspfad. Die so
abgelesene Leistung ist bei der Berechnung der
Pges = U12 · I1 · cos j1 + U32 · I3 · cos j3 (VI.42a) Gesamtwirkleistung negativ einzusetzen.
Formelgrößen siehe Text 2. Auch der Ausschlag Null ist bei einem Leis-
tungsmesser möglich, wenn gilt: jL = 60º oder
Darin ist j1 der Winkel zwischen U12 und I1 und ent- jL = – 60º.
sprechend j3 der zwischen U32 und I3. Die Aus- 3. Beim Anschluß von idealen Blindwiderständen
schläge der zwei Leistungsmesser sind vorzeichen- sind die Anzeigen der zwei Leistungsmesser nicht
richtig zu addieren, da auch negative Ausschläge Null, da sie nicht den Winkel der Last mit + 90º
möglich sind (siehe unten). In der Praxis ist der oder – 90º erhalten, sondern einen um + 30º oder
Fall der unsymmetrischen Last in Sternschaltung – 30º veränderten Winkel. Allerdings sind die
kritisch, da die Höhe der Spannungen an den Last- Ausschläge der zwei Leistungsmesser entgegen-
impedanzen vom Wert der einzelnen Lastimpedanzen gesetzt gleich groß, so daß sich als Gesamtwirk-
abhängt. leistung nach vorzeichenrichtiger Addition der
In Bild VI-16 ist das Zeigerdiagramm für symmetri- korrekte Wert Null ergibt.
sche Last in Sternschaltung dargestellt. Die Phasen-
winkel der drei Lastimpedanzen sind gleich. Be- 7.1.5 Beliebig belastetes Vierleiter-
zeichnet man sie mit jL und zerlegt die zwei Winkel Drehstromsystem
aus Gleichung (VI.42a) in die Summe oder Differenz
Die Leistungsmessung geschieht durch drei Leis-
aus dem Phasenwinkel jL der Last und dem Winkel
tungsmesser, die nach Bild VI-17 angeschlossen
von 30o (zwischen Leiterstrom und Mittelpunktspan-
werden. Dabei kann die Last aus einer beliebigen
nung), so erhält man
Kombination von Verbrauchern bestehen (Verbrau-
Pges = U12 · I1 · cos (jL + 30º) + U32 · I3 cher im Dreieck und/oder im Stern geschaltet
und/oder Wechselstromverbraucher). Die gesamte
× cos (jL – 30º);
umgesetzte Wirkleistung Pges ergibt sich aus der
symmetrische Last (VI.42b)
Summe der drei von den Leistungsmessern angezeig-
jL Winkel der Last ten Einzelwirkleistungen: Pges = P1 + P2 + P3.
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 767

P1 P2 P3 Bild VI-17
Leistungsmesserschaltung
im beliebig belasteten Vierleitersystem

1 2 3 5 1 2 3 5 1 2 3 5

L1
L2
L3
N
Pges = P1 + P2 + P3

7.2 Blindleistungsmessung tungsmesser erhält aber die Spannung U23 und den
Strom I1, die den Winkel 90º zueinander haben. Er
Für sinusförmigen Spannungs- und Stromverlauf be-
zeigt damit die Blindleistung für diesen Fall korrekt
rechnet sich die Blindleistung Q zu
zu Null an. Andere Phasenwinkel der Last werden für
 Blindleistung Q = U · I · sin jL (VI.43) die Blindleistungsmessung ebenfalls richtig erfaßt.
jL Winkel der Last; U, I Effektivwerte von Spannung und Strom in V Wegen der symmetrischen Last kann der Nulleiter
bzw. A entfallen.
In größeren Firmen muß die meist durch Motoren verur- Die gesamte Blindleistung erhält man mit folgender
sachte induktive Blindleistung kompensiert werden, weil Beziehung:
die zugehörigen Ströme das Netz zusätzlich belasten.
Q ges = 3 ⋅ Q1 ; symmetrische Last (VI.44)
7.2.1 Blindleistungsmessung bei Wechselstrom Q1 vom Leistungsmesser angezeigte Blindleistung in Var; Qges
Sie wird in der Praxis selten angewendet. Bei den gesamte Blindleistung in Var
analog anzeigenden Blindleistungsmessern wird ein Da die Spannung am Spannungspfad um den Faktor
Phasenschieber eingebaut, der im Spannungspfad U 23 / U 1N = 3 zu groß ist, muß zur Berechnung der
eine Phasenverschiebung von 90º erzeugt (sin j =
cos (90º – j)). Bei den digital anzeigenden Leistungs- gesamten Blindleistung Qges zunächst durch 3 ge-
messern wird der Phasenwinkel elektronisch gemes- teilt und anschließend die gemessene Blindleistung
sen und die Blindleistung nach Gleichung (VI.43) Q1 mit 3 multipliziert werden. Das ergibt den Faktor
rechnerisch ermittelt. 3/ 3 = 3 in Gleichung (VI.44).
7.2.2 Blindleistungsmessung in symmetrisch 7.2.3 Blindleistungsmessung in beliebig belasteten
belasteten Dreileiter-Drehstromsystemen Vierleiter-Drehstromsystemen
Q1
Die Meßschaltung nach Bild VI-19 entspricht der
Aron-Schaltung bei der Wirkleistungsmessung. Die
Gesamt-Blindleistung wird unabhängig von der Art
der angeschlossenen Last richtig gemessen, wenn
folgende Grundsätze beachtet werden:
1. Die angezeigten Blindleistungen Q1 und Q2 der
1 2 3 5 I1 zwei Leistungsmesser sind vorzeichenrichtig zu
addieren und anschließend mit dem Faktor 3 zu
L1 multiplizieren.
U23
L2 2. Beim Anschluß der zwei Leistungsmesser ist auf
L3 Qges = 3 · Q1 richtige Polung zu achten (Bild VI-19).

Bild VI-18 Blindleistungsmessung im symmetrisch Der Faktor 3 entsteht auf die gleiche Weise wie im
belasteten Dreileiter-Drehstromsystem; symmetrisch belasteten Drehstromsystem, jetzt aber
Zeigerbild für ohmsche Last über den zu groß gemessenen Strom.
Q ges = 3 ⋅ ( Q1 + Q 2 ) , beliebige Last (VI.45)
Im Zeigerbild sind Spannung und Strom für einen
ohmschen Verbraucher RL eingetragen (Bild VI-18). Q1, Q2 von den Leistungsmessern angezeigte Blindleistung in Var;
Damit ist der Phasenwinkel der Last Null. Der Leis- Qges gesamte Blindleistung in Var
768 Meßtechnik

Q1 Q2 kreis bewirken. Bild VI-20 zeigt eine Leistungsmes-


serschaltung mit Spannungs- und Stromwandler.
Eine Kenngröße für den Spannungswandler ist die
Nennübersetzung kNU.
 Nennübersetzung des Spannungswandlers
U Np
k NU = (VI.47)
1 2 3 5 1 2 3 5 U Ns
UNp primärseitige Nennspannung in V; UNs sekundärseitige Nenn-
L1 spannung in V
L2 Die sekundärseitige Nennspannung ist in der Regel
L3 zu 100 V festgelegt, wenn die primärseitige Nenn-
N spannung anliegt.
Qges = 3(Q1 + Q2)  Nennübersetzung des Stromwandlers
Bild VI-19 Blindleistungsmessung im beliebig I Np
k NI = (VI.48)
belasteten Drehstromsystem I Ns
INp primärseitiger Nennstrom in A; INs sekundärseitiger Nennstrom
7.3 Scheinleistungsmessung in A
Der sekundärseitige Nennstrom beträgt in der Regel
Die Scheinleistung S ist das Produkt aus Spannung
5 A bei primärseitigem Nennstrom.
und Strom für jL = 0º:
Bei der Leistungsmessung mit Spannungs- und
 Scheinleistung S = U · I (VI.46)
Stromwandlern ergibt sich die Beziehung zwischen
Sie wird gemessen, indem entweder U und I getrennt der mit dem Leistungsmesser gemessenen Leistung
gemessen und dann multipliziert werden, oder aber P1 und der tatsächlich in der Lastimpedanz Z umge-
Spannungs- und Strompfad erhalten je einen Gleich- setzten Wirkleistung PZ aus
richter mit anschließender Glättung im Spannungs-
PZ = kNU · kNI · P1 (VI.49)
pfad. Dann werden beide Größen multipliziert, ent-
PZ Wirkleistung in der Impedanz Z in W; kNU, kNI siehe Gleichungen
weder analog im elektrodynamischen Meßwerk oder (VI.47, 48); P1 vom Leistungsmesser angezeigte Wirkleistung in W
analog oder digital auf elektronischem Wege im
digital anzeigenden Leistungsmesser. Wichtig beim Einsatz von Stromwandlern ist, daß sie
niemals sekundärseitig im Leerlauf betrieben werden
7.4 Meßbereichserweiterung dürfen, weil sonst sehr hohe lebensgefährliche Span-
bei der Leistungsmessung nungen anliegen. Pro Spannungswandler können
sekundärseitig mindestens drei Instrumente (Span-
Für die Meßbereichserweiterung von Spannungs- und
nungspfade, Spannungsmesser) parallelgeschaltet wer-
Strompfad sind grundsätzlich die im Kapitel VI.3
den; pro Stromwandler ebenfalls mindestens drei
aufgeführten Maßnahmen mit Vor- und Parallel-
(Strompfade, Strommesser) in Reihe. Beide Wandler
widerstand möglich. Allerdings wird der Einsatz von
sind sekundärseitig zu erden, damit bei Fehlern im
P1
Wandler (Verbindung zwischen Primär- und Sekun-
Bild VI-20
därwicklung) sekundärseitig keine unzulässig hohen
Leistungsmesser-
Spannungen auftreten.
schaltung mit
Spannungs- und
Stromwandler 7.5 Leistungsfaktormessung
Der Leistungsfaktor cos j ist bei sinusförmigen Span-
nungen und Strömen gleich dem Kosinus des Winkels
1 2 3 5 j zwischen U und I. Er wird entweder rechnerisch
über zwei der drei gemessenen Größen P, Q und S
über die Beziehungen j = arctan (Q/P) oder j =
k l
L1 U u
arccos (P/S) bestimmt, oder er wird mit einem entspre-
K L chend konstruierten cos-j-Meßgerät mit Kreuzspul-
meßwerk gemessen. Digital anzeigende Leistungs-
V v messer setzen häufig das rechnerische Verfahren ein.
L2

Spannungs- und Stromwandlern bevorzugt, weil diese


8 Messung der Arbeit
neben einer günstigeren Leistungsbilanz (keine Ver-
luste an Vor- und Nebenwiderständen) eine galva- Die elektrische Arbeit W berechnet sich bei konstan-
nische Trennung zwischen Leistungskreis und Meß- ter Leistung P zu:
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 769

SP1 Schnitt A–B


i1 ( t ) o2

J1 o1(t)
o1 o1

SP2
J2
iw iw
i 2 ( t)

o2(t) N BM

A B

o1(t) o1(t) AS Aluminiumscheibe


J1 AS SP1 Stromspule
SP2 Spannungsspule
BM Bremsmagnet
J1 Joch Stromspule
Zählwerk J2 Joch Spannungsspule Bild VI-21
Prinzip eines Induktionszählers
für Wechselstrom

 Arbeit W = P · t für P = const (VI.50a) Der dargestellte Induktionszähler ist für die Messung
W elektrische Arbeit in Ws bzw. kWh, P Leistung in W bzw. kW, in Wechselstromkreisen ausgelegt, kann aber auf die
t Zeit in s bzw. h Erfassung der Arbeit in Drehstromsystemen dadurch
Ändert sich die Leistung mit der Zeit, müssen die erweitert werden, daß die Spulenanordnung dreimal
Momentanwerte addiert und auf die Zeit bezogen (für jeden Außenleiter getrennt) angebracht wird.
werden. Mathematisch ausgedrückt heißt das, daß Damit sind dann drei Spannungs- und drei Stromspu-
über die Momentanwerte p(t) der Leistung integriert len vorhanden. Der Anschluß geschieht, wie bei der
werden muß: Leistungsmessung in Wechselstromkreisen oder Dreh-
T stromsystemen, nach Bild VI-14 oder Bild VI-17.
 Arbeit W = ∫ p ( t ) d t (VI.50b) Intern ist der Elektrizitätszähler für die stromrichtige
0 Meßschaltung verdrahtet.
Momentanwert der Leistung zeitabhängig Die Proportionalitätskonstante zwischen der Anzahl
der Umdrehungen der Aluminiumscheibe und der
W elektrische Arbeit in Ws bzw. kWh, p(t) Momentanwert der
Arbeit heißt Zählerkonstante und wird auf dem Typen-
Leistung in W bzw. kW (zeitabhängig), T Dauer der Erfassung in s
bzw. h schild des Zählers in Umdrehungen/kWh angegeben.
Die Messung der elektrischen Arbeit geschieht in
jedem Haushalt zum Zweck der Gebührenerfassung 9 Messung von L, C,
mit einem Elektrizitätszähler, der nach dem Prinzip Gütefaktor und Verlustfaktor
des Induktionszählers nach Bild VI-21 aufgebaut ist.
Der von der Stromspule SP1 hervorgerufene sinus- Industriell gefertigte Induktivitäten und Kapazitäten
förmige magnetische Fluß F1 und der von der Span- sind keine idealen Bauelemente in dem Sinne, daß sie
nungsspule SP2 verursachte magnetische Fluß F2 einen Phasenwinkel von genau + 90º oder – 90º zwi-
bewirken ein resultierendes Drehmoment für die schen U und I besitzen. Vielmehr treten Verluste auf,
Aluminiumscheibe, das dem Momentanwert der die in einem einfachen Ersatzschaltbild durch ohm-
Wirkleistung proportional ist. Der Bremsmagnet BM sche Widerstände dargestellt werden (Bild VI-22). In
erzeugt in der Scheibe Wirbelströme, die ein Ge- Reihe zu der als ideal angenommenen Induktivität L
gendrehmoment proportional zur Drehzahl bewirken. liegt der Wirkwiderstand RL, der im wesentlichen
Sind beide Drehmomente im Gleichgewichtszustand, den Wicklungswiderstand der Spule erfaßt. Es wird
ist der Momentanwert der Drehzahl der Scheibe dem vorausgesetzt, daß die Spule keinen Eisenkern besitzt,
Momentanwert der Wirkleistung proportional. Über weil dann durch die nichtlineare Beziehung zwischen
ein Zählwerk werden die Momentanwerte addiert und der magnetischen Feldstärke H des Eisens und der
damit die vom Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen Flußdichte B die Induktivität L vom Strom abhängt.
(EVU) gelieferte Arbeit gemessen. Sie wird aus prak- Parallel zum Kondensator C liegt der Widerstand RC,
tischen Erwägungen nicht in Wattsekunden, sondern der den Isolationswiderstand darstellt. Damit ergeben
in Kilowattstunden angegeben. sich die Zeigerdiagramme in Bild VI-22.
770 Meßtechnik

U L = I ⋅ R L2 + ( wL ) = I ⋅ Z L
L 2
C
I RL L I Ic C 1
UC = I ⋅ = I ⋅ ZC (VI.52)
IRc Rc 2
⎛ 1 ⎞
⎟ + ( wC )
URL UL 2

U U ⎝ RC ⎠

Reihenersatzschaltung Parallelersatzschaltung Die gemessenen Impedanzen stimmen mit denen von


Spule bzw. Kondensator um so mehr überein, je klei-
im im ner RL und je größer RC ist. Da bei Kondensatoren
häufig RC >> 1/(w · C) ist, ergeben sich dann relativ
U I genaue Werte für C. Bei Induktivitäten sind in vielen
d d Fällen Überschlagsmessungen für L möglich.
UL Ic
9.2 Messung von ZL, ZC,
f f
Gütefaktor und Verlustfaktor
URL I re IRc U re
Die verwendeten Meßverfahren messen in der Regel
L und RL bzw. C und RC. Daraus wird Q oder tan d
Komplexer Komplexer entweder manuell errechnet oder durch ein in das
Widerstand: Leitwert: Meßgerät eingebautes Rechenprogramm bestimmt.
ZL = RL + jωL YC = (1/RC) + jωC
Grundlage für die Meßverfahren ist die Brücken-
Verlustwinkel: Verlustwinkel: schaltung, die nach Kapitel VI.6.2.2 und Gleichung
d ≠ π – | f| d ≠ π – |f| (VI.23) die Möglichkeit bietet, zwei Größen einer
2 2
Verlustfaktor: Verlustfaktor: Impedanz zu messen:
P P
tand = tand = Realteil = 0: R1 · R4 – X1 · X4 = R2 · R3 – X2 · X3
|Q| |Q|
Imaginärteil = 0: R1 · X4 + R4 · X1
Bild VI-22 Ersatzschaltbild und Zeigerdiagramm
= R3 · X2 + R2 · X3 (VI.53)
realer Spulen und Kondensatoren
In Bild VI-23 sind drei Brückenanordnungen darge-
stellt. Allgemein gilt, daß die zu messende Größe mit
Eine reale Spule kommt der idealen Spule um so dem Index „x“ versehen ist und an der Stelle von Z1
näher, je kleiner RL im Verhältnis zur Impedanz angeordnet wurde. Die jeweils zwei Abgleichele-
XL = w · L ist. Für dieses Verhältnis gilt (w · L)/RL = mente sind wechselseitig solange zu verstellen, bis
tan ϕ. Damit könnte man durch die Angabe von ϕ die Spannung in der Brückendiagonalen Null ist.
oder tan ϕ die Eigenschaft einer Spule charakterisie- Dann lassen sich mit den Gleichungen (VI.53) die
ren mit der Tendenz, daß eine reale Spule der idealen zwei unbekannten Elemente bestimmen.
umso näher kommt, je mehr sich ϕ dem Wert 90º Bei der Kapazitätsmeßbrücke ist das Reihenersatz-
oder tan ϕ dem Wert ∞ nähert. Aus praktischen Er- schaltbild für den Kondensator angegeben, das sich
wägungen heraus hat man nicht den Winkel ϕ, son- aber in das anschaulichere Parallelersatzschaltbild um-
dern den Ergänzungswinkel zu 90º, d, gewählt. tan d rechnen läßt. Dieses Ersatzschaltbild hat den Vorteil,
wird als Verlustfaktor bezeichnet, der Kehrwert daß die folgende einfache Zuordnung der Elemente
1/tan d als Gütefaktor Q. Für reales L und C ergibt von Gleichung (VI.53) nach den Elementen des
sich Bildes VI.23a gilt:
 Gütefaktor einer Spule Q = 1/tan d = w · L/RL R1 → Rx ; X1 → – 1/(w · Cx ); R2 → R2 ;
 Gütefaktor eines Kondensators X2 → – 1/(w · C2 ); R3 → R3 ; R4 → R4 ;
Q = 1/tan d = w · C · RC (VI.51) X3 = X4 = 0
Zur Messung der Induktivität oder der Kapazität gibt
 Beispiel VI.3: Umrechnung eines Reihen-Ersatzschaltbildes in
es zwei prinzipiell unterschiedliche Meßverfahren.
ein Parallel-Ersatzschaltbild.

9.1 Messung von ⏐ZL⏐oder ⏐ZC⏐ 1 R ⋅ w⋅ Cr − j


Z = Rr − j = r
wCr wCr
Dieses Meßverfahren wird hauptsächlich in Vielfach-
1 wCr wC ( R ⋅ w⋅ Cr + j )
Meßinstrumenten oder L- und C-Meßgeräten der = = r r
Z Rr ⋅ w⋅ Cr − j ( Rr ⋅ w⋅ Cr ) 2 +1
unteren Preisklasse eingesetzt. In den zu messenden
Kondensator oder in die Spule wird ein sinusförmiger Rr ⋅ w2 ⋅ Cr2 wCr 1
= +j = + jwCp
Strom bekannter Frequenz (z.B. 1 kHz) eingespeist. ( Rr ⋅ w⋅ Cr ) 2 +1 ( Rr ⋅ w⋅ Cr ) 2 +1 Rp
Die sich einstellende Spannung wird gemessen und ( R ⋅ w⋅ Cr ) 2 +1 Cr
⇒ Rp = r ; Cp =
ist dem Betrag der Impedanz proportional. Rr ⋅ w2 ⋅ Cr2 ( Rr ⋅ w⋅ Cr ) 2 +1
VI Meßverfahren zur Messung elektrischer Größen 771

Rx Rx Rx
R3 R3 CN
Lx Cx
Usp Cx Usp Usp
R2
R4 R2 R4 C4 R3 R4 C4
C2

R4 R R3
Cx = C2 · ; R = R2 · 3 Lx = R2·R3·C4 ; Rx = R2· Dim.: R4 = 1000
π Ω tand = R4ωC4
R3 x R4 R4
R C
Cx = CN · 4 ; Rx = R3 · 4
R3 CN
a) b) 5 C4
tand = 10 ·
F
1
mit ω = 2 · π · 50 s
Bild VI-23 Beispiele für L- und C-Meßbrücken
a) Kapazitätsmeßbrücke
b) Induktivitätsmeßbrücke nach Maxwell-Wien
c) Schering-Meßbrücke

Die Schering-Meßbrücke dient zum Messen von 10.1 Magnetischer Fluß


Hochspannungskondensatoren für die Energietechnik.
Zeitlich veränderlicher Fluß: Handelt es sich um
Damit ist die Frequenz zu 50 Hz festgelegt, die Brü-
einen sinusförmig veränderlichen Fluß, der in seiner
ckenspeisespannung kann mehrere kV betragen.
Gesamtheit durch eine bestimmte Fläche hindurchtritt
Durch die angegebene Dimensionierung von R4 läßt
(kein Streufluß), legt man um diese Fläche eine Spule
sich der Verlustfaktor direkt messen. Dieser darf bei
mit N Windungen. In der Spule wird dann eine Span-
Hochspannungskondensatoren bestimmte Werte nicht
nung u(t) induziert:
überschreiten, da sie sich sonst zu stark erwärmen
und damit selbst zerstören. d F( t )
u(t ) = − N ⋅ (VI.54)
Moderne Meßgeräte verwenden intern häufig die dt
Brückenschaltungen zur Bestimmung von Real- und
Mit F(t) = Fm · sin wt und d(F(t))/dt = w · Fm · cos wt
Imaginärteil des zu messenden Bauelementes. Der
folgt für die Beziehung der Scheitelwerte um und Fm
Nullabgleich geschieht vollautomatisch. Güte- und
Verlustfaktor werden berechnet, das Ersatzschaltbild um = –N · w · Fm (VI.55)
des Kondensators oder der Spule kann sowohl in Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß an Form und
der Paralleldarstellung (Cp und RCp oder Lp und RLp Größe der Fläche, durch die der Gesamtfluß hin-
parallel) als auch in der Reihendarstellung (Cr und durchtritt, keine Bedingungen gestellt werden, da die
RCr oder Lr und RLr in Reihe) auf einem LCD- Spule nur diese Fläche voll umfassen muß.
Bildschirm dargestellt werden. Die einzelnen Größen
einschließlich Meßfrequenz und Meßstrom (wichtig Zeitlich konstanter Fluß: Ist der zu messende magne-
für Spulen mit Eisenkern) werden ebenfalls zahlen- tische Fluß zeitlich konstant, kann man den Strom,
mäßig eingeblendet. der den Fluß verursacht, ein- oder ausschalten. Durch
Ein anderes Verfahren speist einen konstanten sinus- diese Flußänderung wird eine Spannung in der be-
förmigen Wechselstrom vorgegebener Frequenz in das nutzten Spule induziert. Der Momentanwert der indu-
zu messende Bauelement ein. Zwei Spannungsmesser zierten Spannung hängt natürlich von dem zeitlichen
mit phasenempfindlichem Gleichrichter messen die Verlauf des Schaltvorgangs und damit vom zeitlichen
Spannung über dem Bauelement und filtern jeweils die Verlauf des Flusses F(t) ab. Integriert man aber die
Inphase-Komponente der Spannung mit dem Strom Momentanwerte der Spannung mit einem elektroni-
(entspricht dem Wirkanteil) und die ±90º-Komponente schen Integrierer, so ist der erhaltene Spannungswert
(entspricht dem induktiven oder kapazitiven Blindan- uges dem Gesamtfluß Fges proportional.
teil) heraus. Daraus lassen sich dann die zu messenden Eine weitere Möglichkeit zur Flußmessung unab-
Größen berechnen und anzeigen. hängig vom zeitlichen Verlauf ist mit der bei der
Messung der magnetischen Flußdichte B beschriebe-
nen Hall-Sonde möglich. Diese mißt zwar die magne-
10 Messung magnetischer Größen tische Flußdichte B, wenn aber B auf der Fläche A
Die am häufigsten gemessenen magnetischen Größen konstant ist, erhält man F durch Multiplikation mit
sind der magnetischer Fluß F in Weber (1 Wb = der Fläche A (F = B · A). Ist B nicht konstant auf A,
1 Vs), die magnetische Flußdichte B in Tesla (1 T = teilt man die Fläche in kleine Teilflächen auf, mißt
1 Vs/m2 = 1 Wb/m2), die magnetische Feldstärke H in die jeweilige Flußdichte B und summiert die erhalte-
A/m und die Permeabilität (m = m0 · mr = B/H). nen Werte zum Gesamtfluß auf.
772 Meßtechnik

10.2 Magnetische Flußdichte 10.3 Magnetische Feldstärke


Die magnetische Flußdichte B wird zunehmend mit In Materialien, in denen die Permeabilitätszahl mr
der Hallsonde gemessen (Bild VI-24). Der Strom I konstant ist (mr ⫽ f(i)), wird die magnetische Feld-
durchfließt ein Plättchen der Dicke d, wobei d klein stärke dadurch bestimmt, daß man die magnetische
ist gegenüber der Länge und der Breite. Das Plättchen Flußdichte B mit einem der oben genannten Verfah-
wird senkrecht in der eingezeichneten Weise von ren mißt und über die Beziehung B = m0 · mr · H die
einem Magnetfeld mit der Flußdichte B durchsetzt. Feldstärke errechnet.
Dann kann nach Bild VI-24 eine Spannung, die In ferromagnetischen Materialien ändert sich die Per-
sogenannte Hallspannung, abgegriffen werden. Sie meabilitätszahl mr mit der Flußdichte B. Zur Messung
entsteht durch die Lorentzkraft, die auf die in einem nutzt man aus, daß in parallelen magnetischen Kreisen
Magnetfeld bewegten Elektronen eine Kraft ausübt die magnetische Spannung gleich groß ist. Der eine
und eine Ladungstrennung bewirkt. Kreis ist der Kreis mit dem ferromagnetischen Materi-
Hallspannung UH = (kH · I · B)/d (VI.56) al, der andere parallele Kreis ein Luftkreis. Wird in
UH Hallspannung in V; kH Hallkonstante in m3/As; I Strom in A; beiden Kreisen ein homogenes Feld erzeugt, bestimmt
B magnetische Flußdichte in Vs/m2; d Plattendicke in m man die Feldstärke im Luftkreis und hat damit gleich-
Die Hallkonstante kH ist besonders groß bei den zeitig den Wert für den anderen Kreis. Die Feldstärke
technologisch gut beherrschten Materialien Indium- im Luftkreis wird über die induzierte Spannung gemes-
antimonid und Galliumarsenid. Sie liegt in der Grö- sen, indem von den Formeln (VI.55) und F = B · A
ßenordnung (102 ... 103) cm3/A · s. = m · H · A Gebrauch gemacht wird.

UH/V

Schaltsymbol 1,0
UH = f(B)

d UH Bild VI-24
I –1,0 1,0 B/T Hallsonde
a) Schaltsymbol
B –1,0
b) Aufbau
c) Kennlinie RHY 10
RHY 10 (Siemens)

Die Hallsonde vom Typ RHY 10 (Siemens) hat einen 10.4 Permeabilität
Gehäusedurchmesser von 2,5 mm. Der Nennstrom ist
100 mA. Bei einer Flußdichte von 1 T ergibt sich eine Die magnetischen Eigenschaften ferromagnetischer
Leerlauf-Hallspannung von etwa 100 mV. Der In- Werkstoffe werden häufig durch die Magnetisie-
nenwiderstand der Hallspannungsquelle und der rungskurven B = f(H) beschrieben. Ändert man die
Stromeinspeisungsseite betragen jeweils etwa 2 Ω. Feldstärke periodisch zwischen einem positiven und
Häufig wird die Leerlauf-Empfindlichkeit angegeben: einem gleich großen negativen Wert, bekommt man
Ausgangsspannungsänderung zu Stromänderung × die Hystereseschleife nach Bild VI-25.
Flußdichteänderung in der Einheit V/AT. Damit Im Teil a) ist die Meßschaltung zu deren Aufnahme
können unterschiedliche Hallsonden miteinander dargestellt. Die magnetische Feldstärke H(t) ist dem
verglichen werden. Für die Sonde RHY 10 ergibt sich Strom i1(t) = Im · sin wt in der Primärspule proportio-
ein Wert von 0,1 V/(0,1 A × 1 T) = 1 V/AT. Das Vor- nal. Dieser Strom wird als proportionaler Spannungs-
zeichen der Hallspannung hängt von der Richtung des fall u1(t) = i1(t) · R1 dem X-Verstärker eines Oszil-
Magnetfeldes ab. loskops zugeführt. Damit ist u1(t) = k · H(t). Die
Weiterhin lassen sich zur Messung magnetisch steuer- Flußdichte B(t) wird über F(t) ermittelt. Für die in
bare Widerstände (Feldplatten) verwenden. Werden der Sekundärspule induzierte Spannung u2(t) gilt
sie von einem Magnetfeld durchsetzt, nimmt ihr nach Gleichung (VI.54): u2(t) = – N · dF(t)/dt. Für
Widerstand R mit zunehmender Flußdichte B zu. Die F(t) = Fm · sin wt ergibt sich u2(t) = – N · w · Fm
Abhängigkeit ist nichtlinear. × cos wt = –N · w · Bm · A · cos wt.
Die Feldplatte FP 30 N 60 E (Siemens) hat die äuße- Zwischen B(t) und H(t) besteht aber noch eine Pha-
ren Maße 3,2 mm × 1,2 mm. Der Widerstand beträgt senverschiebung von 90º. Deshalb wird die Spannung
bei B = 0 etwa 50 Ω; bei B = 0,3 T ist er auf u2(t) zunächst über einen Tiefpaß aus R2 und C ge-
den Wert 1,4 · 50 Ω angestiegen, bei B = 1 T auf schickt und anschließend dem Y-Verstärker des
5 · 50 Ω. Durch eine Wechsel-Vormagnetisierung Oszilloskops zugeführt. Dieser Tiefpaß wirkt dann
lassen sich Flußdichten im mT-Bereich messen. Der als Integrierer mit einer Phasenverschiebung von
Widerstand ist ein reiner Wirkwiderstand, der nicht nahezu – 90º, wenn seine Grenzfrequenz wesentlich
von der Richtung des Magnetfeldes abhängt. geringer ist als die Frequenz der den Transformator
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 773

R2 Bild VI-25
Messung der Hystereseschleife
U u2(t) a) Meßschaltung
R1 C b) Hystereseschleife

i1(t) u1(t)

N Neukurve Br N
Br magn. Remanenz
(Restmagnetismus) H
Hc Koerzitivfeldstärke Hc

speisenden Spannung. Mit R2 = 1 MΩ und C = 1 mF werden. Der dargestellten Hystereseschleife läßt


ergibt sich eine Grenzfrequenz von etwa 1 Hz, und sich die flußdichteabhängige Permeabilität gemäß
damit ist diese Bedingung bei einer Transformator- B = m · H entnehmen. Die von der Hystereseschleife
speisung mit 50 Hz erfüllt. eingeschlossene Fläche ist der für die Wirbelströme
Über die Messung der Scheitelwerte von B und H aufzubringenden Arbeit proportional. Weiterhin las-
nach einem der oben beschriebenen Verfahren kann sen sich die Koerzitivfeldstärke Hc und die Rema-
auf der X- und Y-Achse eine Skalierung angebracht nenzflußdichte Br ablesen.

VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen


Tabelle VII-1 Vor- und Nachteile des elektrischen Messens nichtelektrischer Größen

Vorteile Nachteile
Hohe Meßgenauigkeit Meist Hilfsenergie erforderlich
Große Empfindlichkeit Manchmal höherer Preis
Meist geringe Rückwirkung auf den Meßkreis
Gute Anpassungsmöglichkeit an die Meßgröße
Einfache Meßwertübertragung über 2-Draht-Leitung oder drahtlos
Einfache Speicherung, Registrierung und Weiterverarbeitung
Grenzfrequenz der Meßeinrichtung wesentlich höher als die der zu
messenden Größe
Große Ausgangsleistung durch elektrische Verstärker

Die elektrische Messung nichtelektrischer Größen VII-1 sind einige Vor- und Nachteile der elektrischen
gewinnt zunehmend an Bedeutung, da einerseits sehr Messung nichtelektrischer Größen gegenüber der
leistungsfähige Meßverfahren entwickelt worden sind nichtelektrischen Messung dargestellt.
und andererseits die Meßdatenverarbeitung auf elek- In Bild VII-1 ist eine Meßeinrichtung zur Messung
trischem Wege in Rechnern geschieht und damit die nichtelektrischer Größen mit den verwendeten spe-
Umsetzung der nichtelektrischen Größen in elek- ziellen Bezeichnungen dargestellt. Ein Teil der Be-
trische Größen zwingend notwendig ist. In Tabelle griffe wurde schon im Kapitel I.1 erläutert.
774 Meßtechnik

Hilfsenergie Bild VII-1


Prinzip einer Meßkette

Meßglieder
Meßobjekt Auswerter
Sensor Umformer Umformer Ausgeber
Δu ΔR ΔU1 ΔU2 g
Meßgröße Widerstands- Brücken- Spannungs- Spannungs- Meßwert
Temperatur thermometer schaltung verstärker messer

Δu ΔR ΔU1 ΔU2
ck1 = ck2 = ck3 = ck4 = g
ΔR ΔU1 ΔU2
Δu
ck = ck1 · ck2 · ck3 · ck4 =
g

 Meßkette: Die gesamte Meßeinrichtung wird als größe. Das Verhalten der gesamten Meßeinrich-
Meßkette bezeichnet. Sie beginnt bei dem Meß- tung ergibt sich dann durch Multiplikation der
objekt, dessen nichtelektrische Größe, hier am einzelnen Meßgliedkoeffizienten zum Meßketten-
Beispiel der Temperaturmessung dargestellt, ge- koeffizienten ck (siehe Beispiel VII.1).
messen werden soll. Die Meßgröße Temperatur
 Beispiel VII.1: Temperaturmessung mit Widerstandsthermome-
wird von einem Sensor oder Meßaufnehmer er- ter; Bild VII-1 und Kapitel VII.1.1. R(J) = R0 · (1 + a · DJ) =
faßt, der das erste von mehreren Meßgliedern ist. R0 + R0 · a · DJ; R(J) – R0 = DR = R0 · a · DJ. Daraus ergibt sich
Der Sensor kann entweder aktiv oder passiv sein. der Meßgliedkoeffizient ck1 mit a = 4 · 10–3/ºC und R0 = 100 Ω zu:
Ein aktiver Sensor setzt die thermische Energie in ck1 = DJ/DR = 1/(R0 · a) = 2,5 ºC/Ω.
Wird DR in einer Viertelbrücke gemessen, so gilt für ck2 mit
elektrische Energie um. So steht beim Thermoele- DU1 ≈ Usp · DR/(4 · R) (Näherungslösung, siehe Tabelle VI-1; im
ment eine reale Spannungsquelle mit temperaturab- folgenden als exakte Beziehung verwendet): ck2 = DR/DU1 =
hängiger Leerlaufspannung und Innenwiderstand 4 · R/Usp = 40 Ω/V = 40 mΩ/mV (mit Usp = 10 V).
zur Verfügung, der ein Strom entnommen werden Ein eventuell erforderlicher Spannungsverstärker mit der Aus-
gangsspannung DU2 ist gekennzeichnet durch ck3 = DU1/DU2 =
kann. Beim passiven Sensor wird eine elektrische 1 mV/1000 mV („Verstärkung“ 1/ck3 = 1000).
Größe durch die nichtelektrische Größe beeinflußt Abweichend von Bild VII-1 wird der Zusammenhang zwischen
(in ihrem Wert geändert), wie das bei den tempera- DU2 des Verstärkers und dem Strom DIi eines Zeigerinstrumentes
turabhängigen Widerständen, beispielsweise Wi- über ck4 zugeordnet: ck4 = DU2/DIi = 1 mV/10 mA („Innenwider-
stand“ ck4 = 100 Ω). Schließlich werden Strom und Ausschlag Dg
derstandsthermometern, NTC- und PTC-Wider- über ck5 erfaßt: ck5 = 10 mA/1 Skt.
ständen, der Fall ist. Der sich ändernde Wider- Den Zusammenhang zwischen der Temperatur und den Skalentei-
standswert kann nicht direkt ausgewertet werden, len erhält man durch Multiplikation der 5 Meßgliedkoeffizienten
sondern muß erst über einen Spannungsteiler oder zum Meßkettenkoeffizienten ck:
einen eingeprägten konstanten Strom in eine aus- ck = ck1 · ck2 · ck3 · ck4 · ck5
ck = (2,5ºC/Ω) · (40 mΩ/mV) · (1 mV/1000 mV) · (1 mV/10 mA)
wertbare Spannungsänderung umgesetzt werden. ck = · (10 mA/1 Skt
Das geschieht in einem weiteren Meßglied. ck = 10–4 ºC/Skt
Manche Meßeinrichtungen erfordern drei oder mehr In Bild VII-1 wird DU2 auf einen Spannungsmesser gegeben.
Meßglieder, wie z.B. die Kraftmessung mit Deh- Dann gilt ck4 = DU2/g, ck = DJ/g.
nungsmeßstreifen (Kapitel VII.2.1). Die zu messende Hinweise:
Kraft wird zunächst in eine Längenänderung, dann in 1. Die Meßgliedkoeffizienten werden in der Regel auch dann mit
Einheiten angegeben, wenn sie dimensionslos sind, siehe ck3.
eine Widerstandsänderung, diese in eine Spannungs- 2. Teile oder Vielfache der Einheiten sind beliebig wählbar, soll-
änderung und schließlich in einen Zeigerausschlag um- ten sich aber an der Praxis orientieren:
gesetzt. Ziel der Meßtechnik ist es, bei aktiven Senso- ck4 = 1 mV/10 mA = 1 V/10 mA = 100 V/1 A. Hier entspricht
ren die nichtelektrische Energie direkt, also ohne Zwi- die Angabe 1 mV/10 mA am ehesten den in der Schaltung auf-
tretenden Größen.
schenschalten weiterer Energieformen, in elektrische 3. Die Bedeutung (Definition) eines Meßglied- oder Meßketten-
Energie umzusetzen. Bei passiven Sensoren versucht koeffizienten läßt sich in der Regel an seinen Einheiten able-
man, die Zahl der Meßglieder so klein wie möglich zu sen.
halten. Am Ende der Meßkette steht der Ausgeber, der 4. Auch wenn „Skt.“ (Skalenteile) keine Einheit ist, wurde sie
hier zum besseren Verständnis verwendet.
das Signal zur Anzeige und/oder zur Auswertung oder
Weiterverarbeitung (Rechner) bereitstellt.
 Meßglied-, Meßkettenkoeffizient: Die Eigenschaf-
1 Meßaufnehmer
ten der einzelnen Meßglieder werden durch den Zunächst werden die physikalischen Prinzipien eini-
Meßgliedkoeffizienten cki erfaßt, der definiert ist ger wichtiger Aufnehmer aus meßtechnischer Sicht
als das Verhältnis von Eingangsgröße zu Ausgangs- dargestellt.
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 775

1.1 Ohmsche Aufnehmer Besonders zuverlässig sind Drahtpotentiometer nach


Bild VII-2b. Allerdings können die über den Schleifer
Es werden Widerstände betrachtet, die im hier vor- abgegriffenen Widerstandswerte nur stufig eingestellt
kommenden Frequenzbereich weder eine kapazitive werden. Die meßtechnische Erfassung des Wider-
noch eine induktive Komponente besitzen. Der elekt- standswertes geschieht entweder über einen Span-
rische Widerstand R berechnet sich zu nungsteiler (Bild VII-2c), eine Stromquelle (Bild
l r⋅ l VII-2d) oder in einer Brückenschaltung (Kapitel
R= = (VII.1) VI.6.1, Tabelle VI-1 und Gleichung VI.16). Hat das
g⋅ A A
Spannungsmeßgerät (Bilder VII-2c, d) einen entspre-
l Länge des Leiters in m, A Querschnittsfläche des Leiters in m2, chend hohen Eingangswiderstand (I ≈ 0), besteht eine
g elektrische Leitfähigkeit in 1/(Ω · m), r spezifischer elektrischer
Widerstand in Ω · m lineare Beziehung zwischen Widerstandswert und
zugeordneter Spannung. Damit kann man mit diesen
Um den Wert des Widerstandes zu ändern, gibt es Potentiometern Längen und Drehwinkel erfassen.
mehrere Möglichkeiten:
 Beispiel VII.2: Ein Draht-Potentiometer mit R = 1000 Ω besteht
1. Ändern der Länge l: Über einen Schleifkontakt aus N = 1000 Windungen. Dann kann der über den Schleifer ab-
wird nur ein Teil des Gesamtwiderstandes R erfaßt. gegriffene Widerstand in Stufen von 1000 Ω/N = 1 Ω eingestellt
Das Prinzip ist vom Potentiometer her bekannt, wobei werden. Dabei wird angenommen, daß der Schleifer ideal von
Windung zu Windung übergreift. Man beachte, daß der relative
das Verändern der Schleiferstellung entweder durch
Fehler durch diese Stufigkeit dann besonders groß ist, wenn
eine Drehbewegung (Drehpotentiometer mit Teilwi- kleine Widerstandswerte abgegriffen werden und ein Wider-
derstand Ra, Bild VII-2a) oder eine Linearbewegung standswert genau in der Mitte zwischen zwei abgreifbaren Werten
(Linearpotentiometer, „Flachbahnpotentiometer“ mit eingestellt werden soll. Die maximal mögliche Abweichung zwi-
schen Ist- und Sollwert beträgt ± 0,5 R/N, hier also ± 0,5 Ω, unab-
Teilwiderstand Rx, Bild VII-2a, b) erfolgen kann. Im hängig vom abgegriffenen Widerstandswert. Der maximal mögli-
einfachen Fall besteht der Widerstand aus einer che relative Fehler nimmt also mit abnehmendem abgegriffenen
Kohleschicht oder aus leitfähigem Kunststoff. Über Widerstandswert zu. So ergibt sich bei einem einzustellenden Wi-
einen Schleifkontakt aus Metall wird der Teilwider- derstandswert von 20,5 Ω ein relativer Fehler von ± 0,5 Ω/
20,5 Ω ≈ ± 2,4%. Deshalb werden manchmal Potentiometer mit
stand abgegriffen. einem Drehwinkel von 270º eingesetzt, wobei für die eigentliche
Messung nur der Bereich von 180º bis 270º ausgenutzt wird. Da-
R R durch bleibt der Fehler durch die Stufigkeit in vorgegebenen
Ra
Rx Grenzen.

1 2 a 2. Ändern von g oder r: Die elektrische Leitfähigkeit


1 bzw. der spezifische Widerstand kann durch Tempe-
x ratureinwirkung (Widerstandsthermometer, NTC-,
l PTC-Widerstände), Lichteinwirkung (Fotowider-
2
a) 1 Schleifer stände), mechanische Dehnung oder Stauchung (Deh-
2 Widerstandsmaterial nungsmeßstreifen) und Magnetfeldeinwirkung (ma-
auf Träger gnetfeldabhängige Widerstände) geändert werden
R (Tabelle VII-2).
Rx 3. Ändern der Fläche A: Hier ist im wesentlichen der
1 Schleifer bereits im vorigen Kapitel genannte und im Kapitel
1 2 Wicklung aus
VII.2.1 näher beschriebene Dehnungsmeßstreifen zu
3 Widerstandsdraht
3 Träger nennen. Die relative Dehnung Dl/l eines elektrischen
b) 2
Leiters hat auch eine relative Flächenänderung zur
Folge, die über die Querkontraktionszahl im „K-Fak-
I=0 I=0 tor“ erfaßt ist.
U1 R I1 R
Rv Rv 1.2 Kapazitive Aufnehmer
U2 U2
Die Kapazität eines Plattenkondensators berechnet
Rv sich unter Vernachlässigung der Randeffekte nach der
U2 = U1 U2 = I1· Rv Formel
R
U2 ~ Rv ~ x bzw. a U2 ~ Rv ~ x bzw. a C = e0 · er · A/d (VII.2)
c) d) er Dielektrizitätszahl; A Plattenfläche in m2; d Plattenabstand in m

Bild VII-2 Potentiometer Hierin können er, A und d verändert werden. Aus
a) Schichtpotentiometer der sich dann ändernden Kapazität kann bei bekann-
b) Drahtpotentiometer tem rechnerischem Zusammenhang die zu messende
c) Auswerteschaltung mit Größe bestimmt werden. Dies sind in der Regel: 1.
Spannungsquelle Längen oder Abstände, erfaßt über d, 2. Drehwinkel,
d) Auswerteschaltung mit Stromquelle gemessen über A nach dem Prinzip des Drehkonden-
776 Meßtechnik

Tabelle VII-2 Messung elektrischer und nichtelektrischer Größen durch Widerstandsänderungen

Einflußgröße Widerstandsänderung
Temperatur T R(T) Widerstand bei der Temperatur T
R0 Widerstand bei der Temperatur T0, häufig 0 ºC
Abhängigkeit des Widerstandes von der Temperatur:
1. R(T) = R0(1 + A(T – T0) + B( T – T0)2), gilt allgemein für metallische Leiter,
z.B. Cu, Pt, Ni.
Näherung: R(T) ≈ R0(1 + A(T – T0)), für A wird hier auch a verwendet.
A (bzw. a), B Materialkonstanten; A im Bereich + ( 3 ... 6 ) ⋅ 10–3 K–1, B im Bereich
(– 1 ... + 10) ⋅ 10–6 K–2; Silizium-Temperatursensoren A ≈ 7,7 ⋅ 10–3 K–1,
B ≈ 19 ⋅ 10–6 K–2; R0 im Bereich (1 ... 10) kΩ.
2. R(T) = R0 exp (B(1/T – 1/T0 )), gilt für spezielle Materialien, hier NTC-Widerstand,
B Materialkonstante in der Größenordnung 3000 K bis 4000 K.
3. R(T) = RN exp (a(T – TN)), gilt für spezielle Materialien, hier PTC-Widerstand,
näherungsweise in einem begrenzten, technisch ausgenutzten Temperaturbereich
Tmax ≥ T ≥ TN gültig; Typenspektrum für TN im Bereich von ca. – 20 ºC bis 350 ºC
und für RN im Bereich von ca. 1 Ω bis 100 kΩ;
a Materialkonstante im Bereich (0,1 ... 0,7) K–1 oder meist angegeben in der Form
(10 ... 70)%/K.
Licht, hier R(E) = R0(E/E0)–g; Fotowiderstand
Beleuchtungsstärke E R(E) Widerstand bei der Beleuchtungsstärke E; R0 Widerstand bei der Beleuchtungs-
stärke E0; g Materialkonstante im Bereich 0,5 ... 1,2.
Kraft, hier DR/R = K ⋅ Dl/l;
mechanische relative K Materialkonstante, mit „K-Faktor“ bezeichnet; bei Dehnungsmeßstreifen (DMS)
Dehnung Dl/l eines gilt: K ≈ 2. DR/R relative Widerstandsänderung des DMS; Dl/l relative Längen-
elektrischen Leiters änderung von DMS und Werkstück, auf den der DMS aufgeklebt ist.
Magnetfeld, RB = R0(1 + k · B2);
hier magnetische RB Widerstand bei der Flußdichte B; R0 Widerstand bei der Flußdichte 0; k Material-
Flußdichte B konstante, angegeben wird meist RB /R0, liegt bei B = 1 T im Bereich 5 bis 15; R0 im
Bereich ca. 10 Ω bis 1 kΩ.

falls an dieser Kapazität bei Speisung aus einer sinus-


C C3 förmigen Wechselstromquelle bekannter Frequenz
Usp oder durch Einfügen in eine Wechselstrommeß-
I
Ud0 brücke. Die entsprechenden Formeln sind in
G U C2 C4 Bild VII-3 eingetragen. Zur Berechnung der Span-
C
nung Ud0 in der Brückendiagonalen wird Gleichung
(VI.7) verwendet, wobei für die Widerstände R1 bis
C – C2
U=I· 1 Ud0 = Usp R4 die Wechselstromwiderstände Z1 = 1/jwC1 bis
jωc 2(C + C2)
Z4 = 1/jwC4 der als ideal angenommenen Kondensa-
mit C3 = C4
U=I· d toren eingesetzt werden. C3 und C4 sind hier gleich
jωe0erA
e0 · er · A groß gewählt worden; sie können auch unterschied-
– C2 liche Werte aufweisen und damit dem Meßaufbau
C: Plattenkondensator d
Ud0 = Usp e · e · A angepaßt werden. Der mathematische Zusammen-
2 (
0
d
r
(
+ C2 hang zwischen der Kapazität C und der zu messenden
Größe wird in die Skala analog anzeigender Meßge-
C: Plattenkondensator räte eingearbeitet oder bei digital anzeigenden Meß-
Bild VII-3 Meßschaltungen für kapazitive geräten softwaremäßig berücksichtigt.
Aufnehmer

sators, und 3. Füllstände in Behältern, erfaßt über das


1.3 Induktive Aufnehmer
von Luft verschiedene er des eingefüllten Mediums. Die Induktivität L einer Spule nach Bild VII-4a mit
Gemessen wird zunächst die Kapazität C nach der Länge l, der Querschnittsfläche A = r2 · p, der
Bild VII-3 entweder durch Erfassen des Spannungs- Windungszahl N und einem Material innerhalb der
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 777

Spule mit der Permeabilität m = m0 · mr berechnet sich Licht ist der vom Auge wahrnehmbare Teil der Strah-
für r << l näherungsweise aus lung. Da die von einer Lichtquelle ausgesendete
L ≈ N2m0 mr · A/l (VII.3) Strahlung meist aus einem Gemisch verschiedener
Frequenzen und damit Farben besteht, muß der opti-
N Windungszahl; mr Permeabilitätszahl; A Spulenquerschnittsfläche in
m2; l Spulenlänge in m sche Aufnehmer auf diesen Frequenzbereich abge-
stimmt werden; er muß dort seine größte spektrale
Im Gegensatz zu den kapazitiven Aufnehmern kann
Empfindlichkeit aufweisen.
in der Praxis nur die Permeabilitätszahl mr geändert
Zu den wichtigen optischen Aufnehmern zählen: Foto-
werden, indem ein Material mit mr ⫽ 1 mehr oder
widerstand (wurde bereits bei den ohmschen Aufneh-
weniger tief in die Spule eingetaucht wird. Die Mög-
mern behandelt), Fotodiode und Fotovervielfacher.
lichkeit, die Induktivität durch Abgreifen von Teil-
windungen über Schleifkontakte zu ändern, wird
1.4.1 Fotodiode
kaum angewendet, da hierfür die Potentiometergeber
besser geeignet sind. Die Meßverfahren zur Messung Sie kann entweder aktiv oder passiv betrieben werden
der Induktivität L nach Bild VII-4b entsprechen (Bild VII-5). Die typische Kennlinie ist im Teil a
denen der kapazitiven Aufnehmer. Die Ableitung dargestellt. Zum Kennlinienfeld im IV. Quadranten
von Ud0 geschieht auf die gleiche Weise wie zu gehört die Schaltung b, in der die Fotodiode als
Bild VII-3b beschrieben. Es gilt L3 = L4. Induktive aktives Element geschaltet ist. Der von ihr gelieferte
Aufnehmer werden bevorzugt zur Messung von Strom ist der Beleuchtungsstärke E proportional.
Längen bzw. Abständen eingesetzt. Durch Einfügen eines Widerstandes R kann eine
proportionale Spannung UL ⵑ E abgegriffen werden.
A m0 · mr Nähert sich allerdings die Spannung über der Foto-
diode ihrer Schwellspannung, wirkt dies wie eine
r
parallel liegende Diode und ergibt die nach rechts
steil ansteigenden Kennlinienabschnitte. Im III. Qua-
l dranten wird die Fotodiode mit der Schaltung nach
a) Bild VII-5c in Sperrichtung und damit passiv betrie-
ben. Der Sperrstrom steigt mit steigender Beleuch-
L L3 tungsstärke E, wobei der Zusammenhang zwischen
Usp Sperrstrom und Beleuchtungsstärke linear ist. Über
I einen Widerstand R kann eine entsprechende Span-
Ud0
G L U L2 L4 nung UR erzeugt werden.
Beide Betriebsarten sind zur Messung der Beleuch-
tungsstärke E geeignet, wobei der passive Betrieb zwar
L2 – L
eine Hilfsspannungsquelle erfordert, aber durch die in
U = I · jωL Ud0 = Usp Sperrichtung vorgespannte Diode eine kleine Sperr-
2(L2 + L)
m0 mr A N 2 schichtkapazität und damit eine hohe Grenzfrequenz
mit L3 = L4
U = I · jω für Wechselgrößen von 10 ... 100 MHz erreicht wird.
l
N2m0mr A In der aktiven Betriebsart erhält man nur wenige kHz.
L2 –
l
≈ Usp 2 1.4.2 Fotovervielfacher
m 0m r A
b) 2 L2 + (
N
l
( Die Wirkungsweise besteht darin, daß Lichtquanten
Spulen ideal aus einer fotoempfindlichen Kathode Elektronen (ent-
sprechend einem Strom iK) auslösen, die auf ihrem
Bild VII-4 Induktive Aufnehmer
Weg zu einer ersten Anode beschleunigt werden, und
a) Zur Berechnung der Induktivität
zwar so, daß jedes Elektron beim Auftreffen mehrere
b) Meßschaltungen
Elektronen (Vervielfachungsfaktor n) auslöst. Diese
Elektronen werden wiederum auf ihrem Weg zu einer
1.4 Optische Aufnehmer zweiten Anode beschleunigt, wo sich die Verviel-
Einheiten für die lichttechnischen Größen sind das fachung wiederholt. Insgesamt sind bis zu k = 10
Lumen (lm) und das Lux (lx). Anoden vorhanden, so daß der Anodenstrom an der
Ein Lumen ist die Einheit des Lichtstromes Φ, der die letzten Anode i = iK · nk beträgt. Fotovervielfacher sind
gesamte von einer Lichtquelle abgegebene Strah- so empfindlich, daß sich bei einem Verstärkungsfaktor
lungsleistung darstellt. Ein Lux ist die Einheit der nk = 108 einzelne Lichtquanten nachweisen lassen.
Beleuchtungsstärke E unter Berücksichtigung der Die für die Meßtechnik wichtigen Eigenschaften der
beleuchteten Fläche. drei aufgeführten Aufnehmer sind in Tabelle VII-3
zusammengestellt. Der Temperatureinfluß wurde nur
Beleuchtungsstärke E = Lichtstrom F/Fläche A; grob klassifiziert angegeben, da er von der jeweiligen
1 lx = 1 lm/m2 (VII.4) Beleuchtungsstärke abhängt.
778 Meßtechnik

UAK
IAK IAK
uA
60
II 40 I IR
20 IL UR
–5 –4 –3 –2 –1 0 0,1 0,2 0,3 0,5 V R
+
UAK R UL –
E = 600 lx –20

1200 lx –40
Bild VII-5
1800 lx –60
b) c) Fotodiode
III IV R = 10kΩ a) Kennlinie
R = 10kΩ
b) aktive
Betriebsart
BPW 20
c) passive
a) Betriebsart

Tabelle VII-3 Eigenschaften von optischen Aufnehmern

Aufnehmer Fotowiderstand Fotodiode aktiv Fotodiode passiv Fotovervielfacher


2 3 8
Grenzfrequenz in Hz 10 10 10 102
Stromempfindlichkeit in 102 10–1 10–1 105
mA/lx
Material CdS Si Si Sb, Cs
max. spektrale 0,65 0,85 0,85 0,4
Empfindlichkeit bei der
Wellenlänge l in mm
Temperatureinfluß groß mittel mittel sehr klein
auf die Meßgröße

1.5 Ladungsliefernde Aufnehmer Widerstand Ri des Piezomaterials ausgleichen. Das


elektrische Ersatzschaltbild zeigt Bild VII-6b.
Bei bestimmten Kristallen (z.B. Quarz oder Barium-
titanat) oder organischen Polymeren (z.B. Polyvinyl- F
idendifluorid PVDF) treten zwei Effekte auf.
1. Piezoelektrischer Effekt: Durch mechanische Ver- ++++ u u
formung tritt an den gegenüberliegenden Seiten eines –––– i Cp
Ri
Plättchens eine Ladungsverschiebung und damit eine
Polarisation auf (Bild VII-6a). Da der elektrische
F
Widerstand der Materialien sehr hoch ist
(r > 1013 Ω · cm), hat eine Ladungsänderung DQ eine a) b)
Spannungsänderung DU gemäß DQ = C · DU zur
Folge, wobei man diese Spannung über entsprechend Bild VII-6 Piezoaufnehmer
angebrachte Elektroden abgreifen kann. Damit ist die a) Aufbau
Spannung eine Funktion der Verformung oder der die b) Ersatzschaltbild
Verformung bewirkenden Größe, z.B. einer Kraft. Die
 Beispiel VII.3: Ein Piezomaterial hat folgende Daten:
Ladungsänderung ist der Kraftänderung proportional. kp = 10–11 A · s/N, Fläche A = 10 cm2, Dicke d = 1 mm,
DQ = kp · DF ⇒ DF = Cp · DU/kp ; r = 1014 Ω · cm, er = 5, F = 10 N
Daraus lassen sich folgende Größen berechnen:
kp ≈ (2 ... 250) · 10–12 A · s/N (VII.5) Innenwiderstand Ri = r · d/A = (1014 · 0,1/10) Ω · cm · cm/cm2
= 1012 Ω
Darin ist kp die piezoelektrische Konstante. Die durch Kapazität Cp = e0 · er · A/d = (8,85 · 10–12 · 5 · 10–3/10–3) F = 44 pF
eine konstante Krafteinwirkung entstandene Span- Ladung Q = kp · F = 10–11 · 10 A · s = 10–10 A · s
nung steht allerdings nicht beliebig lange zur Ver- Spannung U = 10–10 A · s/44 pF = 2,27 V
fügung, da sich die Ladungen über den endlichen Entladezeitkonstante t = Ri · Cp = 1012 · 44 · 10–12 s = 44 s
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 779

Soll die Entladezeitkonstante durch ein angeschlosse- Bild VII-7a nicht der Wirklichkeit. Vielmehr muß die
nes Spannungsmeßgerät nicht wesentlich verringert entstehende Spannung gemessen oder anderweitig
werden, ist der Innenwiderstand des Spannungsmeß- ausgewertet werden. Dazu wird an die zwei freien
gerätes größer als Ri zu wählen. Häufig wird die zu Enden nach Bild VII-7b ein Meßgerät angeschlossen,
messende Spannung zunächst einem elektronischen von dem angenommen werden soll, daß es einen
Meßverstärker mit entsprechend hohem Eingangswider- durchgehenden elektrischen Kreis aus einem Material
stand zugeführt und erst anschließend gemessen. besitzt (Beispiel: Drehspulmeßwerk mit Cu-Zulei-
2. Pyroelektrischer Effekt: Bei den genannten Mate- tungen, Cu-Anschlußklemmen, internen Cu-Leitern,
rialien wird eine Polarisation auch durch Tempera- Cu-Drehspule). Dann entsteht an jeder Verbindungs-
turänderungen hervorgerufen. Der formelmäßige stelle zweier unterschiedlicher Materialien eine
Zusammenhang lautet: Thermospannung, deren Wert nach Gleichung (VII.7)
eingesetzt wird. Die drei Teilspannungen werden zur
DQ = kq · A · DT (VII.6) Gesamt-Leerlaufspannung Uth0 addiert (Strom durch
kq pyroelektrische Konstante in As/(m2 K); A Fläche in m2; DT Tem- das Meßgerät zu Null angenommen).
peraturänderung in K
Uth0 = U1 + U2 + U3 = kCA · T1 + kAB · T2 + kBC · T3;
Dieser Effekt wird häufig bei den Bewegungsmeldern
eingesetzt. Eine sich nähernde Person bewirkt durch mit Gleichung (VII.8) folgt daraus
ihre Körperwärme eine Änderung der Umgebungs- Uth0 = (kCPt – kAPt) T1 + (kAPt – kBPt) T2
temperatur, die von dem pyroelektrischen Aufnehmer Uth0 = + (kBPt – kCPt) T3
erfaßt wird.
und nach einer Umformung und entsprechender Zu-
 Beispiel VII.4: Eine 50 mm dicke Scheibe liefert mit kq =
sammenfassung
2 · 10–4 As/(m2 K), er = 50 und DT = 1 K: Uth0 = kCPt(T1 – T3) + kAPt(T2 – T1) + kBPt(T3 – T2).
DU = DQ/C = kq · A · DT/(e0 · er · A/d) = kq · DT · d/(e0 · er)
DU = 2 · 10–4 · 1 · 50 · 10–6/(8,85 · 10–12 · 50) V = 20 V Sorgt man dafür, daß die beiden zum Meßgerät füh-
renden Verbindungsstellen die gleiche Temperatur
Das Ersatzschaltbild ist gleich dem des Piezoaufneh- besitzen, also T1 = T3 und wählt die für die Praxis
mers in Bild VII-6b. anschaulichen Bezeichnungen T1 = T3 = TV als Tem-
peratur der Vergleichsstelle und T2 = TM als Tempera-
1.6 Thermische Aufnehmer tur der Meßstelle, dann vereinfacht sich die Formel
zu:
Zu den wichtigsten thermischen Aufnehmern gehören
temperaturabhängige Widerstände (Ohmsche Auf- Uth0 = kAPt(TM – TV) + kBPt(TV – TM)
nehmer), pyroelektrische Aufnehmer (Ladungslie- Schließlich wird unter Verwendung von Gleichung
fernde Aufnehmer) und Thermoelemente. (VII.8) daraus:
1.6.1 Thermoelemente Uth0 = (kAPt – kBPt) · (TM – TV)
Uth0 = kAB · (TM – TV) (VII.9)
Verbindet man zwei elektrisch leitende, unterschied-
liche Materialien nach Bild VII-7a punktförmig mit- Die Spannung Uth0 ist der Temperaturdifferenz
einander und hat diese Verbindungsstelle die Tem- TM – TV proportional. Um die Temperatur TM messen
peratur TM, so entsteht dort eine Thermospannung zu können, muß die Temperatur TV bekannt sein. In
(Seebeck-Effekt). der Praxis wird die Temperatur TV der Vergleichsstel-
Thermospannung Uth = kAB · TM (VII.7) le durch z.B. „Eiswasser“ mit 0 ºC (genau + 0,01 ºC)
kAB Thermoempfindlichkeit der Materialien A und B in V/K oder
hergestellt und die zwei Verbindungsstellen in dieses
mV/100 K; TM Temperatur der Verbindungsstelle Eis-Wasser-Gemisch eingetaucht.
In Bild VII-7c sind zwei gängige Ausführungsformen
Sie ist der Temperatur der Verbindungsstelle propor-
von Thermoelementen zum Messen auch in Flüssig-
tional. Die Konstante kAB ist die Thermoempfindlich-
keiten dargestellt. Um die Vergleichsstelle aus dem
keit und wird in der Regel in mV/100 K angegeben.
Anschlußkopf an einen geeigneteren Ort zu verlegen,
Die Indizierung gibt die Richtung der Spannung,
werden Ausgleichsleitungen nach Bild VII-7d ver-
bezogen auf die Materialien A und B, an. Ist kAB
wendet, die aus dem gleichen Material wie das
positiv, hat Material A das positivere Potential ge-
eigentliche Thermoelement bestehen, aber billiger
genüber Material B. In der Praxis bezieht man zur
und flexibel sind. Damit entstehen im Anschlußkopf
Angabe der Thermoempfindlichkeit die einzelnen
keine Thermospannungen.
Materialien (x) auf das Bezugsmaterial Platin (Pt) und
Der in der Meßschaltung nach Bild VII-7e fließende
gibt dann kxPt an. Zur Bestimmung von kAB bildet man
Strom berechnet sich aus I = Uth0/(Ri + RI), worin Ri
die Differenz:
der Innenwiderstand des Thermoelementes und RI der
kAB = kAPt – kBPt (VII.8) des Meßinstrumentes ist. Der Innenwiderstand des
In der Praxis treten Thermospannungen grundsätzlich Thermoelementes ergibt sich durch den ohmschen
bei Temperaturdifferenzen auf. Insofern entspricht Widerstand der Thermoelementanordnung.
780 Meßtechnik

TM Anschlußkopf Bild VII-7


Material Material Thermoelemente
A B a) theoretisches Prinzip
b) praktisches Modell
Uth Anschlußklemme c) Ausführungsformen
a) Anschlußsockel d) Ausgleichsleitung
Haltering e) Meßschaltung
T2 Halterohr

Material U2 Material Anschlagflansch


A B
U1 U3
keramisches

Nennlänge
T1 T3
Schutzrohr
Material Material
V Meßeinsatz
C C
Uth0
b) c)

Anschlußkopf Meßstelle
TV
Material Material A
A
TM Material C TV
I
Material Material B
B TV TM V
Ausgleichsleitung
d) e) TV

Tabelle VII-4 Thermoempfindlichkeit geeigneter  Beispiel VII.5: Ein Thermoelement aus der Materialkombination
Eisen-Konstantan liefert bei einer zu messenden Temperatur
Thermoelement-Materialien
TM = 800 ºC und einer Temperatur der Vergleichsstelle von
TV = 0 ºC eine Thermo-Leerlaufspannung von Uth0 = (kFe Konst)
Material x kxPt in mV/100 K × (TM – TV) ≈ 5,2 · (800 – 0) K · mV/100 K = 41,6 mV.

Konstantan – 3,47 ... – 3,04 Da die entstehenden Thermospannungen relativ klein


sind, ist Silizium ein bevorzugtes Thermoelementmate-
Nickel – 1,9 ... – 1,3
rial. Allerdings gibt es bei der Fertigung zur Zeit noch
Platin – 0,0 technologische Probleme, die den Einsatz erschweren.
Tabelle VII-5 enthält häufig verwendete Material-
Kupfer + 0,75 kombinationen und deren Eigenschaften.

Eisen + 1,9 1.7 Chemische Aufnehmer


Nickel-Chrom + 2,2 Chemische Aufnehmer werden zunehmend für Mes-
sungen im Zusammenhang mit Prozeßsteuerungen
Silizium + 42 ... + 50 und der Umweltmeßtechnik eingesetzt. Hier sollen
einige wenige vorgestellt werden: pH-Wert-Meßein-
In Tabelle VII-4 sind die Thermoempfindlichkeiten richtung mit Glaselektrode, Aufnehmer zur Messung
einiger Materialien gegenüber Platin eingetragen. der Sauerstoffkonzentration und Aufnehmer zur
Zwar sind theoretisch alle elektrischen Leiter un- Messung von Gaskonzentrationen allgemein.
tereinander zu Thermoelementen zu kombinieren,
1.7.1 pH-Wert-Meßeinrichtung mit Glaselektrode
aber nur wenige Paarungen erfüllen die in der Praxis
gestellten Forderungen: Die Verbindungsstelle muß Der pH-Wert ist der mit –1 multiplizierte dekadische
schweißbar, die Schweißstelle muß über lange Logarithmus der Konzentration von H+-Ionen. Eine
Zeit chemisch und mechanisch stabil und die Lösung mit dem pH-Wert 7 ist neutral (z.B. Trink-
Thermoempfindlichkeit sollte so groß wie möglich wasser), ein pH-Wert < 7 kennzeichnet saure, ein pH-
sein. Wert > 7 alkalische Flüssigkeiten.
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 781

Tabelle VII-5 Eigenschaften häufig verwendeter Thermoelemente

Materialkombination A-B Typ maximal meßbare Temperatur in ºC kAB in mV/100 K


Eisen-Konstantan J ca. 1800 ca. 5,2
Kupfer-Konstantan T ca. 1400 ca. 4,2
Nickelchrom-Nickel K ca. 1300 ca. 3,7
Platinrhodium-Platin, R, S, B ca. 1700 ... 1800 ca. 0,6 ... 1,1
verschiedene Legierungen
möglich

Den Aufbau einer Meßsonde zeigt Bild VII-8. Die 1.7.2 Aufnehmer zur Messung
Glaselektrode G ist mit einer Flüssigkeit vorgegebe- der Sauerstoffkonzentration
ner Wasserstoffionenkonzentration pH0 gefüllt und
Erhitzt man Keramik aus Zirkonoxid (ZrO2) und
nach unten hin so dünn, daß eine gewisse Leitfähig-
Yttriumoxid (Y2O3) auf mindestens 350 ºC, leitet sie
keit (Widerstand 107 ... 1010 Ω) zur Flüssigkeit mit
Sauerstoffionen. Nach Bild VII-9a bringt man an den
der gesuchten Konzentration pHx besteht. Die Be-
gegenüberliegenden Seiten poröse Platinelektroden
zugselektrode B ist mit einer speziellen Salzlösung
an. Stehen die zwei Elektroden unter dem Einfluß
gefüllt und steht über das poröse Glasgefäß in relativ
unterschiedlicher Sauerstoff-Partialdrücke p1 und p2,
guter elektrischer Verbindung mit der Meßflüssigkeit.
so entsteht eine Spannung
Für die sich einstellende Spannung UpH ist folgender
Zusammenhang gefunden worden: UpH = 2 · 10–4 U 0 = 0 , 05 ⋅ T ⋅ lg ( p 2 / p 1 ) ⋅
mV
in mV (VII.11)
× T · (pH0 – pHx) V/K. Mit T = 273 K, entsprechend K
0 ºC, folgt daraus T Keramiktemperatur in K; p1, p2 Partialdrücke in Pa oder bar
UpH0 = 0,0546 · (pH0 – pHx) in V (VII.10) Bei T = 800 K und p2 = 10 · p1 ergibt sich ein Wert
Unterscheiden sich beide pH-Werte um 1 (pH0 > von U0 = 40 mV.
pHx), beträgt die Spannung 54,6 mV. Da der Innen- Eine Sonderausführung ist die aus der Automobil-
widerstand dieser Spannungsquelle im Bereich technik bekannte Lambda-Sonde (Bild VII-9b). Erhält
107 ... 1010 Ω liegt, muß das Meßgerät zur Span- der Motor genau soviel Sauerstoff, wie zur vollstän-
nungsmessung einen wesentlich höheren Eingangs- digen Verbrennung des Kraftstoffes erforderlich ist,
widerstand aufweisen. Deshalb setzt man häufig spe- so ist l = 1; bei l < 1 fehlt Sauerstoff, und man
zielle Meßverstärker mit entsprechend hohen Ein- spricht von „fettem Gemisch“, bei l > 1 ist zu viel
gangswiderständen ein. Sauerstoff und damit ein „mageres Gemisch“ vorhan-
den. Durch Verwendung des Platin-Katalysators hat
U man erreicht, daß sich die Spannung an der Sonde im
Bereich 0,9 ≤ l ≤ 1,1 sehr stark ändert, nämlich von
G B ca. 1 V auf 40 mV (Leerlaufkennlinie Bild VII-9b:
p*1 ist der Partialdruck des thermodynamischen
Gleichgewichtes).

M 1.8 Aufnehmer zur Messung


von Gaskonzentrationen allgemein
G Glasmeßelektrode enthält Bild VII-10 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines
Flüssigkeit mit pH0 Bild VII-8 Aufnehmers der Firma Figaro. Durch den Heizdraht
B Bezugselektrode Messung des wird die Oberfläche soweit erhitzt, daß die im Innern
M Meßflüssigkeit mit pHx pH-Wertes mit befindlichen Gase entweder oxidieren oder reduzie-
U Meßspannung Glaselektroden ren und eine Elektronenverarmung oder Anreiche-
rung bewirken. Damit ändert sich die Leitfähigkeit
Die Glaselektrode hat nur eine begrenzte Lebensdau- zwischen den Elektroden, und der Widerstand ist ein
er und muß jeweils nach einigen Jahren ausgetauscht Maß für die Gaskonzentration. Prinzipiell reagieren
werden. Deshalb hat man nach weiteren Meßmög- diese Aufnehmer auf Konzentrationsänderungen so-
lichkeiten gesucht. Zur Zeit sind pH-Wert-Aufnehmer wohl von reduzierenden Gasen wie H2, CO, CH4,
mit Feldeffekttransistor in der Entwicklung, die zwar Kohlenwasserstoffen und Alkoholen als auch von
eine höhere Lebensdauer, aber nicht die Zuverlässig- oxidierenden Gasen wie N2 und O2, so daß eine
keit der Glaselektrodenausführung haben. Widerstandsänderung nicht einem bestimmten Gas
782 Meßtechnik

p1 p2 Abgas
Pt-Elek- 1000 1,9·10–27
troden p1* in bar
O1 O2
mV
U0 U0
600
Pt Pt Luft
ZrO2
400
Y2O3 ZrO2
keram. Schutzschicht 200
T>350°C u0
0
0,6 0,8 1,0 1,2 1,4
l
p1* siehe Text

a) b)
Bild VII-9 Aufnehmer zur Messung der Sauerstoffkonzentration
a) Prinzip
b) Lambda-Sonde: Aufbau und Leerlaufspannung

Luft

Elektrode 10
R
R0 Methan

Heizdraht

1
Elektrode
Kohlenmonoxid
gesintertes Isobutan
Keramikrohr SnO2

Wasserstoff
0,1
Ethanol
500 1000 2000 5000 10000
Konzentration [ppm]
a) b)

Bild VII-10 Gassensor (Fa. Figaro)


a) Aufbau
b) Kennlinie

zugeordnet werden kann. Ändert allerdings nur ein 2 Meßverfahren


Gas seine Konzentration, während die der anderen
vorhandenen Gase konstant bleibt, läßt sich die Gas- Ergänzend zu den im Kapitel „Meßaufnehmer“ be-
konzentration messen. Nach diesem Verfahren wer- schriebenen Meßverfahren sollen hier einige weitere
den z.B. Räume mit Gasheizanlagen auf ausströmen- vorgestellt werden, wobei es sich um eine kleine
des Erdgas (CH4) überwacht. Auswahl unter einer Vielzahl von eingesetzten Ver-
Durch die erforderliche Heizleistung von einigen fahren handelt. Dabei wird das der Messung zugrunde
Watt sind diese Aufnehmer nicht für Batteriebetrieb liegende Verfahren etwas ausführlicher gezeigt, um
geeignet. Wurde die Heizung unterbrochen, stellt sich damit das Verständnis für hier nicht aufgeführte
erst nach einer Betriebszeit von einigen Tagen der Verfahren zu erleichtern.
stabile Arbeitspunkt wieder ein. Eventuell ist sogar
eine Neukalibrierung erforderlich.
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 783

2.1 Kraftmessung DMS in der Halbbrücke werden „untereinander“


mit Dehnungsmeßstreifen (DMS) angeordnet. Da sich deren Widerstände – gleiche
Temperatur vorausgesetzt – gleichsinnig mit der
Die Messung von Kräften geschieht in der Mehrzahl Temperatur ändern, wird die Spannung in der Brü-
der Anwendungen mit Dehnungsmeßstreifen, weil ckendiagonalen von Temperaturänderungen unab-
dieses Verfahren sehr genau und technisch ausgereift hängig. Natürlich muß man dafür sorgen, daß ein
ist. Das Prinzip beruht darauf, daß ein Meßkörper DMS gedehnt, der andere gestaucht wird, da sich
(z.B. ein Stab) durch die Einwirkung einer Kraft (Zug andernfalls auch die Nutzsignale aufheben würden.
oder Druck) eine Längenänderung erfährt. Auf diesen Durch die gegensinnigen Widerstandsänderungen der
Meßkörper ist ein elektrischer Leiter aufgeklebt, der DMS erhält man bei der Halbbrücke weiterhin ein
den Längenänderungen zwangsweise folgen muß. größeres Ausgangssignal gegenüber dem Einsatz von
Dadurch wird der Leiter länger und dünner oder nur einem DMS. Sind außerdem die Widerstandsän-
kürzer und dicker und ändert seinen elektrischen derungen bei Dehnung und Stauchung gleich groß
Widerstand. Der mathematische Zusammenhang (+ DR und – DR), ergibt sich ein linearer Zusammen-
zwischen der Widerstandsänderung und der Kraft läßt hang zwischen der Widerstandsänderung und der
sich für verschiedene Meßkörper ableiten, das Ergeb- Spannung Ud0 in der Brückendiagonalen. Man wird
nis wird im folgenden angegeben. deshalb die Halbbrücke der Viertelbrücke vorziehen.
Dehnungsmeßstreifen (DMS) werden nach Bild Kann man Dehnung und Stauchung nicht gleichzeitig
VII-11d entweder als Drahtgitter-DMS oder als mit zwei DMS erfassen, wählt man trotzdem zwei
Folien-DMS mit aufgedampftem Meßdraht in den DMS, von denen einer die Dehnung oder Stauchung
Vorzugswerten 120 Ω, 350 Ω und 600 Ω hergestellt. erfaßt, der andere als „Dummy“ in innigem Wärme-
Bestimmte Anwendungen erfordern einen geeigneten kontakt zum messenden DMS steht, aber nicht aufge-
DMS-Aufbau; so dient beispielsweise die DMS- klebt wird. Er besorgt dann lediglich die Temperatur-
Rosette zum Messen von mehrachsigen mechani- kompensation.
schen Spannungsverteilungen. Der Zusammenhang Bei der Verwendung von vier DMS in einer Voll-
zwischen der relativen Längenänderung Dl/l des brücke gelten die gleichen Aussagen wie bei der
Meßkörpers und damit des DMS und der relativen Halbbrücke mit dem Zusatz, daß die Spannung in der
Widerstandsänderung DR/R ist gegeben durch Brückendiagonalen nochmals größer ist, maximal
DR/R = K · Dl/l = K · e mit e = Dl/l (VII.12) doppelt so groß, wenn + DR und – DR gegeben sind.
Formelzeichen siehe Text Die Anordnung der DMS ist in der Brückenschaltung
K steht für K-Faktor. Sein Wert ist materialabhängig. so zu wählen, daß sich die zwei gestauchten diagonal
Für metallische Leiter gilt K ≈ 2. Die maximale rela- gegenüberliegen, ebenso die zwei gedehnten.
tive Dehnung emax beträgt für Metalle ≈10–3, damit Als Meßkörper (Bild VII-11a, b, c) werden in der
man im elastischen Bereich bleibt. Daraus folgt die Regel ein einseitig fest eingespannter Stab, ein in
maximale relative Widerstandsänderung zu 2 ⋅ 10–3. Längsrichtung mit einer Kraft beaufschlagter Zylin-
Um derart kleine Widerstandsänderungen messen zu der, auch Kraftmeßdose genannt, und ein tordierter
können, werden DMS in Brückenschaltungen einge- Stab zur Messung des Drehmomentes verwendet. In
setzt. Gleichung (VII.12) gilt auch für den Fall, daß Tabelle VII-6 sind die für diese Meßkörper mög-
der Meßkörper gestaucht wird. Dann sind DR/R und e lichen Anordnungen für DMS und die sich daraus
negativ einzusetzen, Bild VII-11b, c. ergebenden Spannungen Ud0 aufgeführt. Dazu wurde
Ein Problem beim Einsatz von Dehnungsmeßstreifen in Gleichung (VI.7) für die Widerstände jeweils
ist die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Wider- Ri ± DRi, i = 1 ... 4, eingesetzt. Häufig sind die Wider-
standes. Bei einer Temperaturänderung von 1 ºC stände Ri gleich groß, d.h. R1 = R2 = R3 = R4 = R, weil
errechnet sich die relative Widerstandsänderung von die Brückenschaltung dann die größte Empfind-
Kupfer mit a = 4 · 10–3/K zu: lichkeit besitzt und damit maximales Ud0 liefert. In
Tabelle VII-6 ist diese Dimensionierung zugrunde
R = R0(1 + a · DT) = R0 + R0 · a · DT gelegt. Für die genannten Meßkörper gelten die fol-
⇒ (R – R0)/R0 = DR/R0 = a · DT = (4 · 10–3/K) · 1 K genden Beziehungen:
⇒ (R – R0)/R0 = 4 · 10–3
1. Einseitig fest eingespannter Stab: Die Dehnung ist
Damit bewirkt eine Temperaturänderung von 1/2 ºC abhängig vom Ort des Aufklebens, die Abhängig-
die gleiche Widerstandsänderung wie die maximal keit ist in Gleichung (VII.13) gegeben und in Bild
zulässige Dehnung emax. Um dennoch mit DMS VII-11a erläutert.
sinnvoll messen zu können, wird folgerndermaßen
6⋅ x ⋅ F
verfahren: so = mit su = –so ; s = e · E (VII.13)
Erstens wählt man als Material für die DMS Konstan- b⋅h2
tan mit a < ⏐10–5 K–1⏐, und zweitens verwendet man so Spannung auf der Oberseite und su Spannung auf der Unterseite
in der Brückenschaltung zwei oder vier DMS. Beim des Balkens in N/m2; F Kraft in N; b Balkenbreite in m; h Balkenhöhe
in m; x Aufklebeort der DMS, vom freien Balkenende aus gemessen;
Einsatz von zwei DMS spricht man von einer Halb- e = Dl/l relative Dehnung oder Stauchung; E Elastizitätsmodul in
brücke, bei vier DMS von einer Vollbrücke. Die zwei N/m2
784 Meßtechnik

F Für a), b), c) gilt: Bild VII-11


DMS mit e0 K ≈ 2, materialabhängig Anordnung von
μ = 0,3 Dehnungsmeßstreifen
1,4 DMS gedehnt a) einseitig eingespannter Stab
1 h 2 DMS gestaucht b) Kraftmeßdose
4 c) Torsionsstab
b
x d) Technische Ausführungen

a)
e0 = –eu = 6·x·F 2 = Δl
E·b·h l ( ( = K1 · ΔR
0 R
e1 e2 Mt
F

1 2
d
45°
e1 1 2 e2
Mt
DMS
DMS

Fläche A

–e2 = F = Δl = 1 · −ΔR e1 = Mt
16(1+m) Δl
= = 1 ·
ΔR
A·E l K R E·π·d3 l K R
e1 = – m · e2 e2 = – e1
b) c)

Abdeckung
Abdeckung Verankerung

Träger Träger Meßgitter Verstärkung Anschlüsse


Meßgitter Anschlüsse

Verankerung
aktive Meßgitterlänge aktive Meßgitterlänge

DMS mit Drahtmeßgitter DMS mit Folienmeßgitter

d)

DMS-Rosette

su = – so gilt nur für den Fall, daß die DMS oben und man zwei DMS aufkleben, die in der Brückenschal-
unten genau untereinander aufgeklebt sind. tung diagonal angeordnet werden müssen. Diese
Ein Sonderfall ergibt sich, wenn der Balken nur von Anordnung ist weder temperaturkompensiert noch
oben oder nur von unten zugänglich ist. Dann kann liefert sie eine lineare Abhängigkeit zwischen Ud0
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 785

und DR/R. Einziger Vorteil: Die Spannung Ud0 ist s F


doppelt so groß wie beim Einsatz nur eines DMS. Bei e= = (VII.14a)
E A⋅E
der Vollbrücke müssen die zwei DMS oben genau E Elastizitätsmodul in N/m ; A Fläche des Zylinders in m2; F Kraft
2

nebeneinander angeordnet werden, und die zwei in N


DMS unten müssen sich genau unter den zwei oberen Darin ist A die Querschnittsfläche des Voll- oder
befinden, damit gleiche Dehnungen oder Stauchun- Hohlzylinders. In der Regel werden Hohlzylinder
gen erfolgen und die berechnete Abhängigkeit gültig verwendet, da sie gegenüber Vollzylindern bei gleicher
ist. Querschnittsfläche eine größere Stabilität aufweisen.
2. Kraftmeßdose: Bei Dehnung (+ e) oder Stauchung 3. Tordierter Stab: Die relative Widerstandsänderung
(– e) eines Zylinders in Längsrichtung findet gleich- DR/R hängt mit dem Torsionsmoment Mt wie folgt
zeitig eine Umfangsabnahme (– DU/U) oder -zu- zusammen:
nahme (+ DU/U) in Querrichtung statt. Beide haben 16 ⋅ (1 + m )
ΔR
entgegengesetztes Vorzeichen und sind über die = K ⋅ Mt ⋅ (VII.14b)
Querkontraktionszahl m = 0,3 miteinander verknüpft: R E⋅p⋅d 3
DU/U = – 0,3 · e. Kraftmeßdosen werden als Voll- K K-Faktor (K ≈ 2); m Querkontraktionszahl (m = 0,3); E Elastizitäts-
brücke aufgebaut und sind damit temperaturkompen- modul in N/m2; d Torsionsstabdurchmesser in m; M t Torsionsmoment
in Nm
siert. Die Abhängigkeit zwischen DR/R und Ud0 ist
wegen m ⫽ 1 nichtlinear. Bei der gezeigten Anordnung von 4 DMS sind deren
Der Zusammenhang zwischen e und der Kraft F er- Dehnung und Stauchung entgegengesetzt gleich groß,
gibt sich mit dem Hookschen Gesetz und der Bezie- so daß sich ein linearer Zusammenhang zwischen
hung „Spannung gleich Kraft pro Fläche“ zu DR/R und Ud0 ergibt.
Tabelle VII-6 Meßkörper mit Dehnungsmeßstreifen

einseitig eingespannter Stab

F
R + ΔR 1 3
1 R ΔR
Usp Ud0 = –Usp
Ud0 2R
R − ΔR 2 4 R
2

F
R + ΔR 1 3 R − ΔR
1,4 ΔR
Usp Ud0 = –Usp
Ud0 R
R − ΔR 2 4 R + ΔR
2,3

R + ΔR 1 3
1,4 R ΔR
Usp Ud0 = –Usp 2R + ΔR
R 2Ud04 R + ΔR

F
Kraftmeßdose
1 2 4 3
R + m·ΔR 1 3 R − ΔR ΔR(1+m)
Usp Ud0 = –Usp
Ud0 2R + ΔR(m–1)
R − ΔR 2 4 R + m·ΔR
Mantelabwicklung

Torsion Mt
3 R + ΔR 1 3 R − ΔR
1 2 ΔR
Usp Ud0 = –Usp
Ud0 R
4 R − ΔR 2 4 R + ΔR
786 Meßtechnik

Da die Spannung in der Brückendiagonalen bei allen risch leitenden Flüssigkeit mit einer Kunststoff-Iso-
drei aufgeführten Meßkörpern maximal einige mV lierschicht versehen sind. Von Vorteil ist, daß die
beträgt, verwendet man häufig zur Speisung der Meßeinrichtung nicht in den Füllraum hineinragt und
Brücke eine sinusförmige Wechselspannung mit damit nicht beschädigt werden kann und auch den
420 Hz oder 10 kHz. Dann kann zur Messung der Füllvorgang nicht behindert. Ist die Oberfläche durch
Brückendiagonalspannung ein selektiver Wechsel- eine Kunststoffschicht abgedeckt, können auch agres-
spannungsverstärker mit phasenempfindlichem sive Medien eingefüllt werden. Bei körnigem Schütt-
Gleichrichter eingesetzt werden, so daß Meßfehler gut ist die obere Füllhöhe nicht eindeutig festgelegt,
durch Störeinflüsse verringert werden. kann aber meist durch Erfahrungswerte oder durch
Glätten der Oberfläche ausreichend genau erfaßt
2.2 Füllstandsmessung und Messung werden.
der Foliendicke 2. Foliendicke: Man kann zeigen, daß die Kapazität
der Anordnung nicht davon abhängt, wo sich die
Das Prinzip beruht darauf, daß das Dielektrikum Luft
Folie innerhalb der Kondensatorplatten befindet. Die
eines Plattenkondensators durch einen Stoff mit er > 1
Dicke d der Folie wird über die Kapazität der Kon-
verdrängt wird. Damit ändert sich die Kapazität der
densatoranordnung gemessen und bei einer Abwei-
Gesamtanordnung. Bild VII-12 zeigt zwei Modelle.
chung vom Sollwert entsprechend eingestellt, wenn
Das erste dient zur Messung der Füllstandshöhe, das
sie sich auf dem Weg von der Spritzdüse zu der Auf-
zweite zur Messung der Foliendicke von Kunst-
wickelrolle befindet. Dabei darf die Folie nicht be-
stoffolien.
rührt werden, da sie noch heiß ist und sich im Zu-
In der Praxis hat sich bewährt, die relative Änderung
stand der Vernetzung befindet.
der Kapazität DC/C0 in Abhängigkeit von der gesuch-
ten Füllstandshöhe h oder Foliendicke d anzugeben. 2.3 Drehzahlmessung
Dabei ist C0 die Kapazität für h = 0 oder d = 0. Die Die Drehzahl wird in min–1 angegeben, die Drehfre-
angegebenen Formeln sind entsprechend dargestellt. quenz in s–1. Zur Messung der Drehzahl kann im
1. Füllstandsmessung: Es wird ein rechteckförmiger einfachsten Fall ein Impuls pro Umdrehung erzeugt
Behälter verwendet, bei dem zwei gegenüberliegende und die Zahl der Impulse für genau eine Minute
Seiten mit Folie beklebt oder bedampft sind und bei erfaßt werden. Dieses Verfahren ist nur sinnvoll,
einem elektrisch leitenden Schüttgut oder einer elekt- wenn sich die Drehzahl innerhalb der Meßzeit 1 min

Kondensatorplatten Bild VII-12


Kapazitive Verfahren
zur Messung von
a) Füllstand
Fläche A
b) Foliendicke
er = 1
er = 1 d D

H er > 1

h er > 1
l

b
e0·H·l e0·A
C0 = C(h = 0) = C0 = C(d = 0) =
b D
ΔC = C(h > 0) – C0 ΔC = C(d > 0) – C0
= e0er·h·l + e0(H – h)·l – e0·H·l = e0·A · (er – 1)·d
b b b D d(1 – er) + erD
= e0·l ·h (er – 1) (C(d>0): Reihenschaltung zweier
b Kondensatoren)
ΔC = h (e – 1) ΔC = (er – 1)·d
r
C0 H C0 d(1 – er) + erD

a) b)
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 787

nicht ändert. Außerdem muß eine Minute gewartet Es stehen Meßeinrichtungen mit einem maximalen p
werden, bis das Meßergebnis zur Verfügung steht. In von etwa 5000 zur Verfügung (Bild VII-13c).
der Praxis werden deshalb pro Umdrehung mehrere
 Beispiel VII.6: Eine Drehzahl wird mit einem Geber mit p = 120
Impulse erzeugt. Dann gilt folgender Zusammenhang
gemessen. Wählt man p · t = 1 min, dann verringert sich die Meß-
zwischen der Zahl der Impulse und der Drehzahl: zeit auf (1/120) min = 0,5 s, und die Zahl N der Impulse entspricht
der Drehzahl in min–1. Auf diese Weise ist auch das Erfassen der
Impulszahl N = n · p · t (VII.15)
Drehzahlerhöhung von Motoren vom Einschaltmoment bis zum
N gezählte Impulse; n Drehzahl in min–1; p Zahl der Impulse pro Erreichen der Nenndrehzahl möglich. Beträgt die Meßzeit ande-
Umdrehung; t Meßzeit in min rerseits 1 min, erhält man bei einer (konstanten) Drehzahl von
3000 min–1 eine Anzeige N = 3000 · 120 = 360 000. Hier wird
Darin ist N die Zahl der in der Zeit t in einem elektro- man zweckmäßigerweise p = 100 wählen und erhält dann
nischen Zähler gezählten Impulse, n die gesuchte N = 300 000. Bei entsprechender Kommasetzung ergibt sich die
Drehzahl n = 3000,00 min–1.
Drehzahl in min–1, p die Zahl der Impulse pro Um-
drehung und t die Zeit in min, während der die Im- In Bild VII-13 sind einige digitale Verfahren zur
pulse gezählt werden. Man wird zweckmäßigerweise Drehzahlmessung dargestellt. Bild VII-13a zeigt eine
p · t so wählen, daß sich als Einheit 1 min ergibt, Anwendung des Induktionsgesetzes. Nähert sich der
denn dann entspricht die Zahl N der Drehzahl n. Setzt Magnet der Spule, nimmt der magnetische Fluß zu,
man voraus, daß der Fehler der Meßeinrichtung ver- beim Entfernen ab. Durch diese Flußänderungen wird
nachlässigbar klein ist, was in der Regel auch zutrifft, eine Spannung in der Spule induziert, die aber mit
dann ergeben sich für p > 1 folgende Vorteile: sinkender Drehzahl kleiner wird. Bei diesem Verfah-
ren hat der Einsatz mehrerer Magnete auf der Welle
1. Die Drehzahl als Zahl N steht in weniger als
noch den zusätzlichen Vorteil, daß die durch einen
1 Minute zur Verfügung und ermöglicht das Er-
Magneten entstehende Unwucht bei mehreren Mag-
fassen von Drehzahländerungen.
neten verringert werden kann.
2. Bei unveränderter Meßzeit steht die Drehzahl als
Eine Weiterentwicklung zeigt Bild VII-13b (nach
Zahl N mit einer höheren Stellenzahl und damit
Unterlagen der Fa. Vakuumschmelze). Durch den
höherer Genauigkeit zur Verfügung. Vorausset-
Einsatz magnetfeldabhängiger Schalter hängt die
zung ist, daß sich die Drehzahl während der Meß-
Signalhöhe nicht mehr von der Drehzahl ab. Das ent-
zeit nicht ändert.
sprechend geformte Rad muß an oder auf der Welle
angebracht werden.
M M S Der Vorteil der Verfahren nach Bild VII-13a und b
liegt darin, daß sie sehr betriebssicher sind. Das gilt
W u auch für das im Bild VII-13c dargestellte optische
Verfahren. Als Lichtsender werden Leuchtdioden
(LED) verwendet, und die Lichtempfänger sind Foto-
M Magnete
W Welle dioden. Auf der Welle werden industriell gefertigte
S Spule mit Eisenkernen Kunststoffscheiben mit Kreissegmenten angebracht,
bei denen sich lichtdurchlässige und lichtundurchläs-
a) SM sige Segmente abwechseln. Die Anzahl der auf einer
SE RM Scheibe angeordneten Segmente kann bis zu maximal
SM Schaltmagnet
RM Rücksetzmagnet 10 000 (5000 lichtdurchlässige und 5000 lichtun-
SE Sensorelement durchlässige) betragen.
b) Die analogen Verfahren zur Drehzahlmessung, die
u.a. nach dem Prinzip des Wechselstromgenerators
Licht-
empfänger aufgebaut sind („Dynamoprinzip“), verlieren an Be-
Lichtquelle Segmentscheibe deutung, weil die Auswertung bzw. Anzeige auf digi-
talem Wege geschieht und der mechanische Ver-
schleiß der Digitalverfahren geringer ist.
2.4 Durchflußmessung
Bei den in Bild VII-14 gezeigten Durchflußmessern
Prinzip einer
Segmentscheibe ist der Momentanwert der Drehzahl der Flügel- oder
c)
Turbinenräder dem Momentanwert der Menge des
durchfließenden Mediums und damit seiner Ge-
Bild VII-13 Digitale Verfahren schwindigkeit proportional. Zur Bestimmung des
zur Drehzahlmessung gesamten in einer gegebenen Zeit durchgeflossenen
a) Spannungsinduktion Mediums müssen die Momentanwerte der Drehzahl
b) Fe-Blendenrad addiert werden, d.h., es muß die Gesamtzahl der
(nach Unterlagen Fa. VAC) Umdrehungen erfaßt werden. Deshalb ist die Durch-
c) optische Verfahren flußmessung verbunden mit einer Drehzahlmessung,
788 Meßtechnik

wobei die erforderliche Summenbildung häufig über keit n und der Fläche A aus V = v · A = v · d 2 · p/4.
ein mechanisches Zählwerk geschieht („Wasserzähler“ Dann folgt für das pro Zeiteinheit durchströmende
im Haushalt). Beim Flügelradzähler werden die Flügel Volumen V ´:
tangential angeströmt, beim Woltmann-Zähler axial. V ´ = (d 2 · p/4) · (U/(B · d)) = (d · p/4) · (U/B) (VII.16)
Bei den Durchflußmessern nach dem Verdrängungs-
d Rohrdurchmesser in m, U gemessene Spannung an den Elektroden
prinzip, wie sie bei den Gasmengenzählern im Haus- in V, B magnetische Flußdichte in Vs/m2
halt angewendet werden, rollen zwei Ovalräder aufein-
 Beispiel VII.7: Ein Dauermagnet erzeugt eine Flußdichte von
ander und zur Meßkammer hin ab und schließen ein
B = 0,1 Vs/m2; der Rohrdurchmesser beträgt d = 5 cm. Bei einer
bestimmtes Volumen des Mediums ein (Ovalradzähler Strömungsgeschwindigkeit des Mediums von n = 0,1 m/s ergibt
Bild VII-14c). Wird die Zahl der Umdrehungen erfaßt, sich eine Spannung von U = 10–1 (Vs/m2) · 5 · 10–2 m · 10–1 (m/s)
ist auch das insgesamt durchgeströmte Volumen des = 5 · 10–4 V = 500 mV. Für V ´ folgt daraus V ´ = (5 · 10–2 m · p/4)
× (5 · 10–4 V/(10–1 Vs/m2)) = 1,96 · 10–4 m3/s.
Mediums bekannt. Die Drehung der Ovalräder wird
durch den Druck des anströmenden Mediums auf das Die entstehenden Spannungen liegen im mV- oder
untere Rad im Bild VII-14c links bewirkt. mV-Bereich. Der Innenwiderstand dieser Spannungs-

a) b)

Bild VII-14
Durchflußmessung (nach Unterlagen
Fa. Siemens (a, b) und Fa. Orlicek (c))
a) Flügelradzähler
b) Woltmanzähler
c) c) Ovalradzähler

Beim Prinzip der magnetischen Induktion nutzt man quelle ist sehr groß (Megaohm-Bereich). Deshalb
die Kraftwirkung auf bewegte elektrische Ladungen sind geeignete Maßnahmen zur Störunterdrückung
Q im Magnetfeld aus (Bild VII-15). Sie ist durch erforderlich.
Fm = Q · v · B gegeben, wobei B und v senkrecht auf-
einander stehen. Dann ist Fm wiederum senkrecht zu Bei der Ultraschall-Durchflußmessung nach Bild VII-
B und v. Die magnetische Flußdichte B wird durch 16 erzeugen zwei Ultraschallsender (S1, S2) kurze
einen von außen angebrachten Magneten erzeugt. Die Ultraschallimpulse, die auf die zugeordneten Empfän-
erforderlichen elektrischen Ladungen Q stehen bei ger (E1, E2) gerichtet sind und von diesen empfangen
Flüssigkeiten durch die meist vorhandene Dissozia- werden. c ist die Geschwindigkeit, mit der sich der
tion in Form von Ionen zur Verfügung. In die Wand Ultraschall in dem im Rohr befindlichen Medium
des Rohres werden an zwei gegenüberliegenden Stel- ausbreitet, wenn dieses ruht. Strömt das Medium mit
len elektrische Kontakte in das elektrisch nichtlei- der Geschwindigkeit v durch das Rohr, breiten sich die
tende Rohr eingebracht, an denen die Spannung Schallwellen vom Sender S1 langsamer als mit c aus.
abgegriffen wird. Die elektrische Kraft ist durch Der genaue Wert ergibt sich aus c1 = c – v · cos a.
Fe = Q · E = Q · U/d gegeben. Es gilt Fm = Fe und Entsprechend folgt für die Geschwindigkeit der von
damit v = U/(B · d). Der Durchfluß, also das pro S2 ausgesendeten Schallimpulse c2 = c + v · cos a.
Zeiteinheit durchströmende Volumen V ′ in m3/s Mit der Entfernung L der zwei Sender und Empfänger
errechnet sich bei gegebener Strömungsgeschwindig- voneinander folgt für die Laufzeiten
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 789

B Bild VII-15 wird. Für die Frequenzen f1 und f2 der Sender S1 und
Durchflußmessung S2 folgt
nach dem Prinzip
1 c − v ⋅ cosα
der magnetischen f1 = = ;
v Induktion t1 L
(VII.20)
Fm 1 c + v ⋅ cosα
f2 = = ;
t2 L
d
Aus der Differenz dieser zwei Frequenzen
2 ⋅ v ⋅ cosα
f2 − f1 = (VII.21)
L
I ergibt sich für die Strömungsgeschwindigkeit v un-
abhängig von der Schallgeschwindigkeit c
U L
v= ( f2 − f1 ) (VII.22)
2 ⋅ cosα

v 2.5 Zeit- und Frequenzmessung


B Die Messung der Zeit und der Frequenz geschieht auf
digitalem Wege, wobei die Meßeinrichtung die Mes-
sung von Zeit und Frequenz ermöglicht. Das Prinzip
ist in Bild VII-17 dargestellt.
Ein Normalfrequenzgenerator stellt die Zeiteinheit in
L L Form einer Sekunde oder dekadischer Teile oder
t1 = ; t2 = (VII.17)
c − v ⋅ cos α c + v ⋅ cos α Vielfache davon dar. Das periodische Signal mit der
Die Laufzeitdifferenz berechnet sich zu zu messenden Frequenz fx wird zunächst einer Ein-
gangsschaltung zugeführt, die den Spannungswert an
v ⋅ cosα die Erfordernisse der nachfolgenden Torschaltung an-
t1 − t2 = 2 ⋅ L (VII.18)
c 2 − v 2 ⋅ cos2 α paßt. Sie enthält einen Abschwächer für große Signal-
amplituden, einen Verstärker für kleine Signalam-
E2 S1 plituden und eine Signalformerstufe. Letztere wandelt
das Eingangssignal in ein rechteckförmiges Signal
mit gleicher Frequenz um. Weiterhin können fre-
c + v · cosa quenzselektive Filter zugeschaltet werden, die uner-
c – v · cosa wünschte Störfrequenzanteile ausfiltern. Außerdem
V
kann häufig ein Gleichanteil im Meßsignal durch
einen Kondensator unterdrückt werden (entsprechend
a L den Schalterstellungen AC oder DC beim Oszil-
loskop). Die Torschaltung besteht aus einem UND-
S2 E1 Glied und läßt das Signal mit der Frequenz fx für die
von der Zeiteinheit vorgegebene Zeit passieren. Die
Impulse werden vom Zähler gezählt. Nach Schließen
Bild VII-16 Ultraschall-Durchflußmessung des Tores wird der Zählerstand in die Anzeige über-
nommen und sichtbar gemacht. Wählt man als Tor-
In Flüssigkeiten kann der Term v2 · cos2 a in Glei- zeit nicht eine Sekunde, sondern dekadische Teile
chung (VII.18) vernachlässigt werden, so daß sich als oder Vielfache davon, muß in der Anzeige lediglich
Näherungslösung ergibt das Komma entsprechend gesetzt werden. Je kürzer
die Torzeit gewählt wird, desto schneller steht das
v ⋅ cosα c 2 ( t1 − t2 ) Meßergebnis zur Verfügung, allerdings mit vermin-
t1 − t2 ≈ 2 ⋅ L ⇒v≈ (VII.19) derter Stellenzahl, da in der vorgegebenen Zeit weni-
c 2
2 ⋅ L ⋅ cosα
ger Zählimpulse in den Zähler gelangen. Für genaue
Das Meßergebnis hängt allerdings noch von der Messungen wird man deshalb Torzeiten von z.B. 10 s
Schallausbreitungsgeschwindigkeit c ab. Um diese wählen.
Abhängigkeit auszuschalten, hat man z.B. die An- Die Steuerung hat innerhalb eines Meßzyklus haupt-
steuerung der Ultraschallsender so gewählt, daß ein sächlich folgende Aufgaben: Setzen des Zählerstan-
Schallimpuls, von S1 ausgesendet und von E1 emp- des auf Null; Öffnen der Torschaltung für die einge-
fangen, sofort wieder von S2 ausgesendet wird, von stellte Zeit (...; 0,1 s; 1 s; 10 s; ...); Speichern des
E2 empfangen und unverzögert von S1 ausgegeben aktuellen Zählerstandes für die Anzeige in einem
790 Meßtechnik

Eingangs- Zeit Bild VII-17


Meßsignal Zeit- und Frequenzmessung
schaltung X1 Start- X2 X4
& Zähler Anzeige a) Prinzip
fx (Verstärker, Stop
tx Filter ...) Frequenz b) Ablaufdiagramm
X3

Steuer-
Frequenz Zeit
ung
Start Stop
X1
Frequenz- Normal-
a) teiler frequenz-
0,1Hz generator X2
1Hz
10Hz 10MHz

b) X3

X4

Anzeigespeicher; Ansteuerung der Anzeigen im meist oszillators möglichst hoch ist, damit der Zähler auch
verwendeten Multiplexverfahren; Ansteuerung eines bei kleinen Periodendauern im ms-Bereich noch aus-
weiteren Zählers zur Bereitstellung der Torzeit. reichend Impulse zählen kann und so eine möglichst
Die Torzeit wird dadurch gewonnen, daß ein Quarz- hohe Auflösung des Meßwertes möglich ist.
oszillator auf einer relativ hohen Frequenz von Da man hohe Frequenzen und große Periodendauern
1 MHz oder 10 MHz schwingt. Diese Oszillatoren sind mit hoher Stellenzahl und bei entsprechender Zähler-
sehr frequenzstabil, wenn man die beiden wesent- konstruktion auch mit hoher Genauigkeit messen
lichen Einflußgrößen „Temperatur“ und „Alterung“ kann, sollte man von dem zu messenden Signal
so weit wie möglich ausschaltet. Die Temperatur- zunächst die Größenordnung der Frequenz bestim-
abhängigkeit der Frequenz von ≤⏐±10–5 K–1⏐ kann men und bei Frequenzen < 10 kHz die Periodendauer
durch Wahl einer optimalen Schnittebene für den und bei Periodendauern < 100 ms die Frequenz mes-
Quarz und durch Einbau in einen Thermostaten weiter sen. Die gesuchte Größe wird über die Beziehung
verringert werden. Zur Herabsetzung der Frequenz- f = 1/T berechnet. Komfortable Zähler wenden dieses
änderung infolge Alterung von ≤⏐±10–5 a–1⏐werden Verfahren bereits automatisch an.
die Quarze dadurch künstlich gealtert, daß man sie
etlichen Temperaturzyklen aussetzt. Zahl, Tempe- 2.6 Weg- und Winkelmessung
raturendwerte und Dauer dieser Zyklen sind Erfah- Mit den im Kapitel VII.1 vorgestellten ohmschen,
rungswerte; sie liegen bei etwa 20 Zyklen von kapazitiven und induktiven Aufnehmern können auch
Zimmertemperatur bis 80 ºC über eine Dauer von Wege (Abstände) und Drehwinkel gemessen wer-
mehreren Stunden. den.
Die Frequenz des Quarzoszillators wird über einen In Bild VII-18 ist das jeweilige Meßprinzip gezeigt.
Zähler aus mehreren Zähldekaden geteilt, wobei z.B. Wenn möglich, werden Differentialausführungen ver-
eine Frequenz von 1 Hz einer Periodendauer von 1 s wendet, da die Kennlinie einer angestrebten linearen
entspricht und diese dann zur Öffnung der Torschal- Abhängigkeit nahe kommt.
tung verwendet wird. Andere Toröffnungszeiten Für die resistiven Wegaufnehmer stehen Ausführun-
werden durch Zu- oder Abschalten einzelner Zählde- gen von einigen mm bis zu einem Meter zur Verfü-
kaden erreicht. gung. Die Winkelaufnehmer werden auch für Winkel
Die Messung von Zeiten oder Periodendauern ge- bis zu 360º gefertigt. Bei den induktiven Wegauf-
schieht dadurch, daß das Eingangssignal mit der zu nehmern läßt sich erkennen, daß die Kennlinie der
messenden Periodendauer tx mit der ersten positiven Differential-Ausführung bereichsweise nahezu linear
Flanke die Torschaltung öffnet und mit der folgenden ist und außerdem positive und negative Wege vom
wieder schließt. Während das Tor geöffnet ist, zählt Bezugspunkt aus meßbar sind. Bei den kapazitiven
der Zähler die Impulse des Quarzoszillators. Damit ist Aufnehmern wird die Kapazität sowohl durch eine
sein Zählerstand der Periodendauer tx proportional. Es wegproportionale Abstandsänderung als auch durch
ist deshalb wichtig, daß die Frequenz des Quarz- eine wegproportionale Flächenänderung variiert. Ver-
VII Meßverfahren zur Messung nichtelektrischer Größen 791

wendet man einen Differentialkondensator und mißt Für die Wechselstrom-Meßbrücken werden Frequen-
die Kapazitätsänderung in einer Wechselstrom-Brü- zen im kHz-Bereich verwendet, um den Einfluß
ckenschaltung, erhält man einen linearen Zusammen- von Oberschwingungen der 50-Hz-Energieversor-
hang zwischen Weg- und Kapazitätsänderung. Auch gung klein zu halten. Außerdem lassen sich Filter-
die induktiven Differentialausführungen werden zum schaltungen zur Messung der Spannung in der Brü-
Messen in Brückenschaltungen eingefügt. ckendiagonalen mit kleineren Bauelementewerten
realisieren.
R R Bei den kodierten Weg- und Winkelaufnehmern ist
Ra
Rx jeder Weglänge oder jedem Drehwinkel ein eindeutig
kodiertes digitales Signal zugeordnet (Bild VII-19).
1 2 a Diese Signale haben den Vorteil, daß sie auch in einer
1
gestörten Umgebung eine weitgehend sichere Meß-
x
l signalübertragung gestatten. Außerdem steht das
2 Signal in einer für die Weiterverarbeitung in einem
1 Schleifer Rechner geeigneten Form zur Verfügung. Auch der
2 Widerstandsmaterial Meßaufbau ist relativ störunanfällig. Für die Kodie-
auf Träger
rung der Scheiben wird häufig nicht der Binärcode
Rx R Rα R verwendet, der eine eindeutig zugeordnete Stellen-
wertigkeit aufweist, sondern der Gray-Code, bei dem
sich zwei benachbarte Codewörter nur in einer Stelle
0 0 unterscheiden. Da die einzelnen Kodierungen bei
l x 270° a Weg- oder Winkeländerungen nacheinander über-
a) strichen werden, sind Übertragungsfehler einfach
erkennbar. Allerdings benötigt das Auswertegerät
einen Codewandler.
Fläche A Fläche A
1 C0 Inkrementale Wegaufnehmer verwenden nach Bild
3 Usp VII-20a eine Leiste aus Glas oder Kunststoff (1), auf
e
d d Ud0 der in Querrichtung abwechselnd lichtdurchlässige
C0 und lichtundurchlässige Segmente aufgebracht wur-
2
den. Dieser Streifen wird an dem Gegenstand befes-
C tigt, dessen Weg gemessen werden soll. Das von
1,2 ortsfeste Platten
3 bewegliche Platte einer Lichtquelle ausgesendete Licht wird bei Be-
wegung des Gegenstandes um eine Rasterlänge Dr
Ud0 = – Usp x
C∞ d durch die ortsfeste Leiste (2) einmal unterbrochen.
d Zählt man die Zahl der Hell-Dunkel-Wechsel oder
b) der Dunkel-Hell-Wechsel und erhält den Wert n, so
ist der zurückgelegte Weg n · Dr.
0 L Soll auch die Richtung des Weges von einem Be-
x
Ud0 zugspunkt aus erfaßt werden, bringt man nach
Bild VII-20b auf dem ortsfesten Streifen (2) zwei
Hell-Dunkel-Segmente an, die einen Abstand von
mr ® 1 L∞ 0 x Dr + Dr/4 zueinander haben. Trifft das Maximum
L∞ = L(x → ∞) von u1 mit einer ansteigenden Spannung u2 zusam-
= L(m = m0) men, bewegt sich der Gegenstand nach rechts, bei
einer Linksbewegung trifft das Maximum von u1 mit
einer abfallenden Spannung u2 zusammen.
Ud0
R0 Zur Festlegung des Bezugswertes für den Weg (x = 0)
x
Ud0 muß der Gegenstand in eine vorgesehene Position
Usp
0 gebracht und der Zähler auf Null gesetzt werden. Auf
0 x die Streifen lassen sich Raster mit einem Abstand von
R0
minimal einigen mm aufbringen. Damit sind auch
Wegmessungen bis zu dieser Größenordnung herab
möglich.
c)

Bild VII-18 Weg- und Winkelmessung: Prinzip und 2.7 Beschleunigungsmessung


Kennlinie von Die Messung nutzt den Zusammenhang zwischen der
a) ohmschen Kraft F und der Beschleunigung a (F = a · m) aus. In
b) kapazitiven Bild VII-21a ist ein gedämpftes Feder-Masse-System
c) induktiven Aufnehmern dargestellt. Wird das Gehäuse beschleunigt, ändert
792 Meßtechnik

x=0 Bild VII-19


0
1 Kodierte Weg- und
2 Winkelaufnehmer
3

31 max
4

10 x
16 x 5
31 max 26 6
x 7
31 max
x=0 8

31 max
xmax
9

20 x
10000 11010 10
11
Wegaufnehmer, binär koordiniert
12
13
001011 14
15
a = 11
63 · 360° 16
17
18
a=0 19
20
000000 Wegaufnehmer 21
111111 Gray-kodiert 22
a = 360° 23
24
25
26
45 27
101101 a = 63 · 360° 28
29
Winkelaufnehmer, binär koordiniert
30
xmax 31

die Masse wegen ihrer Trägheit ihre Lage innerhalb Eigenfrequenz w 02 = c / m dieses schwingungsfähigen
des Gehäuses. Die zugeordnete Differentialgleichung
Systems ist sehr groß.
lautet:
2. Kleine Masse, weiche Feder und große Dämpfung
d2yM dy M (m und c klein, w groß):
m⋅ + w⋅ + c⋅ yM
dt 2 dt Dann folgt in erster Näherung
d 2 yG w dy M d 2 yG
= −m = −m⋅a (VII.23) ⋅ ≈− (VII.25)
dt 2 m dt dt 2
F

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