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Marco Leone

Theoretische
Elektrotechnik
Elektromagnetische Feldtheorie
für Ingenieure
Theoretische Elektrotechnik
Marco Leone

Theoretische Elektrotechnik
Elektromagnetische Feldtheorie
für Ingenieure
Marco Leone
Lehrstuhl Theoretische Elektrotechnik
Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
Magdeburg, Deutschland

ISBN 978-3-658-18316-5 ISBN 978-3-658-18317-2 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2

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Vorwort

Das Fach Theoretische Elektrotechnik ist fester Bestandteil der Grundlagenausbildung im


Studiengang Elektro- und Informationstechnik sowie benachbarter Studienrichtungen. Es
behandelt die Theorie des elektromagnetischen Feldes (elektromagnetische Feldtheorie),
die als Elektrodynamik eine Grunddisziplin der Klassischen Theoretischen Physik ist. Ihren
Abschluss fand sie bereits gegen Ende des 19. Jahrhundert durch die Arbeiten des
schottischen Physikers James Clerk Maxwell und gilt als Musterbeispiel für eine voll-
ständige, in sich geschlossene, widerspruchsfreie physikalische Theorie, die im Wesent-
lichen auf vier Vektor-Differenzialgleichungen (Maxwell-Gleichungen) beruht. Diese
beschreiben die raumzeitliche Erzeugung und Ausbreitung elektrischer und magnetischer
Felder und die damit einhergehende Verteilung von Ladungen und Ladungsstr€omungen
unter verschiedenen Randbedingungen. Damit bietet die Theoretische Elektrotechnik das
physikalisch-mathematische Fundament für viele weiterführende Spezialisierungen, wie
Hochfrequenztechnik, Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), Energietechnik, Medi-
zintechnik, usw.
Viele Phänomene und Problemstellungen in Natur und Technik lassen sich nur anhand
des elektromagnetischen Feldes hinreichend erklären bzw. l€osen. Dabei ist die analytische
Berechnung auf relativ einfache kanonische Geometrien beschränkt. Längst ist die nume-
rische Simulation für komplexe, realitätsnahe Anordnungen mit Hilfe von Computerpro-
grammen in Forschung und Entwicklung Standard. Daraus folgt nicht, wie man irrtümlich
meinen k€ onnte, dass die theoretische Ausbildung überflüssig wird. Im Gegenteil, solide
Kenntnisse der elektromagnetischen Feldtheorie sind in vielen Tätigkeitsbereichen des
Elektroingenieurs zunehmend unverzichtbar.
Das vorliegende Buch ist im Wesentlichen aus einer Vorlesung entstanden, die ich seit
2007 an der OvG-Universität Magdeburg im 4. Fachsemester halte. Aufgrund des relativ
hohen Abstraktionsgrades und der relativ anspruchsvollen mathematischen Hilfsmittel
stellt sie viele Studentinnen und Studenten vor große Herausforderungen. Das meist in
den ersten Grundlagenveranstaltungen erlangte physikalische Verständnis, in Form elek-
trischer Netzwerke ist als eine Näherung des elektromagnetischen Feldes zu verstehen.

V
VI Vorwort

Vertraute Netzwerkgr€oßen wie Strom, Spannung, Widerstand, Kapazität erweisen sich als
integrale Parameter des elektromagnetischen Feldes.
Der Aufbau dieses Buches folgt der sog. axiomatischen Methode, bei der, ausgehend
von den Maxwell-Gleichungen, Vereinfachungen für unterschiedliche Problemklassen
abgeleitet werden, für die die spezifische L€osungsmethodik systematisiert werden kann.
Hierzu zählen im Wesentlichen Elektrostatik, station€ares Str€omungsfeld, Magnetostatik,
Elektromagnetische Quasistatik (langsam veränderliche Felder), Diffusionsfelder in Lei-
tern, sowie freie und leitungsgeführte Elektromagnetische Wellenfelder. Jedem dieser
Gebiete ist in der aufgeführten Reihenfolge ein eigenes Kapitel dieses Buches gewidmet
(Kap. 2.–7.). Ausgenommen ist das quasistatische elektromagnetische Feld, aus dem die
Theorie der elektrischen Netzwerke resultiert. Sie sind den entsprechenden Lehrbüchern
der Grundlagen der Elektrotechnik vorbehalten. Im 1. Kapitel werden grundlegende
Begriffe und Gr€oßen der Elektromagnetischen Feldtheorie eingeführt und die fundamen-
talen Gleichungen und Zusammenhänge vorgestellt. Das 2. Kapitel, das die Elektrostati-
schen Felder behandelt, nimmt einen relativ breiten Raum ein, da dort die drei, auch für die
nachfolgenden Kapitel wichtigsten L€osungsmethoden – Spiegelung, Separation und Kon-
forme Abbildung – eingeführt werden. Das 3. Kapitel beinhaltet das stationäre
Str€
omungsfeld, das sich unter dem Einfluss eines elektrostatischen Feldes in einem leit-
fähigen Medium ausbildet. Eine elektrische Str€omung ist wiederum die Ursache des
magnetostatischen Feldes, das Inhalt des 4. Kapitels ist. Im 5. Kapitel werden zeit-
abhängige Felder innerhalb von Leitern untersucht. Bei diesem für die Praxis äußerst
wichtigen Spezialfall unterliegen alle Feldgr€oßen einem charakteristischen Diffusions-
vorgang, allgemeiner bekannt unter den Stichworten Wirbelstr€ ome oder Skineffekt. Das
6. und 7. Kapitel bieten schließlich eine Einführung in das umfangreiche Gebiet der
Elektromagnetischen Wellenfelder. Hierbei wird auf ihre Erzeugung und Ausbreitung im
freien Raum und entlang von Leitungen im Einzelnen eingegangen. Für Letztere werden
hauptsächlich die für die Praxis wichtigen TEM-Wellenleiter behandelt, auch bekannt als
Leitungstheorie. Die wichtigsten mathematischen Formeln und Zusammenhänge, die in
diesem Buch ben€otigt werden, wie Vektoralgebra, krummlinige orthogonale, Koordina-
tensysteme, Vektoranalysis, sind in kompakter, übersichtlicher Form im Anhang A zum
Nachschlagen zusammengestellt. Hierbei werden die für die mathematische Beschreibung
notwendigen Weg, -Fl€achen und Volumenintegrale und die vektoranalytischen Operato-
ren Gradient, Divergenz und Rotation auf m€oglichst anschauliche Weise erklärt, um so
dem Studierenden die Scheu vor diesen vermeintlich abstrakten Begriffen und Konzepten
zu nehmen.
Für das Erlernen des Stoffes werden elektrotechnische Grundlagenkenntnisse, so wie sie
in den ersten drei Semestern eines Bachelorstudienganges vermittelt werden, vorausge-
setzt. Neben dem gründlichen Studium der theoretischen Zusammenhänge ist das selbst-
ständige L€ osen von Rechenbeispielen für das erfolgreiche Absolvieren dieses Faches
absolut unerlässlich. Deshalb ist zusätzlich zu den durchgerechneten Rechenbeispielen
im Text auch eine Reihe von weiteren Übungsbeispielen am Ende jedes Kapitels aufge-
führt, die auch zur Klausurvorbereitung dienen k€ onnen. Zur Kontrolle sind die L€osungen
Vorwort VII

im Anhang B angegeben. Weitere Übungsbeispiele findet man in vielen anderen Lehr-


büchern, für die eine Auswahl im Literaturverzeichnis aufgeführt ist. Hier sind z. T. auch
weiterführende Werke zu finden, die über den Inhalt des vorliegenden Buches hinausgehen.
Abschließend m€ochte ich aus den Erfahrungen meiner eigenen Studienzeit und in der
Lehre überhaupt nicht verhehlen, wieviel Mühe und Fleiß dieses Fach abverlangt. Dafür
sind das erworbene theoretische Wissen und die Methodik angesichts der technologisch
rasant sich weiterentwickelnden Berufswelt von langfristigem Wert. Und, man sollte das
beim intensiven Studium und auch später bei der praktischen Arbeit hin und wieder
auftretende Erfolgserlebnis, sowie einen gewissen intellektuellen Genuss nicht allzu gering
schätzen. M€ oge dieses Buch einen Beitrag dazu leisten.
Zu allerletzt m€ochte ich es nicht versäumen, mich bei meinen Mitarbeitern für die
tatkräftige Unterstützung zu bedanken, insbesondere bei Hrn. M. Sc. S. Südekum für die
Erstellung der Diagramme, das Durchrechnen der Aufgaben und die kritische Durchsicht
des Textes.

Magdeburg Marco Leone


Sommer 2017
Inhaltsverzeichnis

1 Elektromagnetische Feldtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 Nahwirkungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Ladungs- und Stromdichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.3 Die Maxwell-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.3.1 Ladungserhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.3.2 Die Maxwell-Gleichungen in Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.4 Die Materialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.5 Randbedingungen des elektromagnetischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . 18
1.6 Energieerhaltungssatz (Poyntingscher Satz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1.7 Zeitharmonische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1.7.1 Komplexe Maxwell-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
1.7.2 Komplexer Poyntingscher Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
1.8.1 Elektrostatische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
1.8.2 Stationäres Str€omungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
1.8.3 Magnetostatische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
1.8.4 Quasistatische (langsam veränderliche) Felder . . . . . . . . . . . . . 34
1.8.5 Diffusionsfelder (Skineffekt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
1.8.6 Elektromagnetische Wellenfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
1.9 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
2 Elektrostatische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2.1 Feldgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2.2 Das elektrische Potentialfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
2.2.1 Feld- und Potentiallinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
2.2.2 Leiter im elektrostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
2.3 Die Potentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.3.1 Der Eindeutigkeitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
2.3.2 Das Randwertproblem der Elektrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.3.3 Die Greensche Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

IX
X Inhaltsverzeichnis

2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62


2.4.1 Die Greensche Funktion des Freiraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
2.4.2 Coulomb-Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
2.4.3 Punktf€ormige Ladungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
2.4.4 Linienf€ormige Ladungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2.4.5 Flächenladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
2.4.6 Räumliche Ladungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
2.5 Die Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
2.6 Materie im elektrostatistischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
2.7 Methoden zur L€osung von Randwertproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
2.7.1 Die Spiegelungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
2.7.2 Separation der Laplace-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
2.7.3 Konforme Abbildung für ebene Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
2.8 Energie im elektrostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
2.9 Teilkapazitäten im Mehrleitersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
2.10 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
3 Das stationäre Str€omungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
3.1 Feldgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
3.2 Der elektrische Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
3.3 Berechnung von Str€omungsfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
3.3.1 Punktf€ormige Str€omungsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
3.3.2 Anwendung des Spiegelungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
3.4 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
4 Magnetostatische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
4.1 Feldgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
4.2 Die Potentialgleichungen des magnetostatischen Feldes . . . . . . . . . . . 170
4.2.1 Das magnetische Skalarpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
4.2.2 Das magnetische Vektorpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
4.3 Das Feld von Str€omen im Freiraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
4.3.1 Str€ome in dünnen Drähten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
4.3.2 Flächenstr€ome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
4.3.3 Volumenstr€ome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
4.4 Energie im magnetostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
4.5 Die Induktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
4.5.1 Die äußere Induktivität eines Stromkreises . . . . . . . . . . . . . . . 201
4.5.2 Die innere Induktivität eines Stromkreises . . . . . . . . . . . . . . . . 202
4.5.3 Die Gegeninduktivität zwischen Stromkreisen . . . . . . . . . . . . . 209
4.5.4 Partielle Induktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Inhaltsverzeichnis XI

4.6 Materie im magnetostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218


4.6.1 Permanentmagnete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
4.6.2 Magnetische Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
4.7 Randwertprobleme der Magnetostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
4.7.1 Spiegelung an ebener Grenzfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
4.7.2 Separation in Zylinderkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
4.8 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
5 Diffusionsfelder in Leitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
5.1 Die elektromagnetischen Diffusionsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
5.2 Zeitharmonische Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
5.3 Felddiffusion in einen leitfähigen Halbraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
5.3.1 L€osung der Diffusionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
5.3.2 Verlustleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
5.4 Felddiffusion im Zylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
5.4.1 Berechnung der Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
5.4.2 Komplexe Impedanz der Zylinderspule . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
5.5 Wechselstromimpedanz von Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
5.5.1 Kreiszylindrischer Leitungsquerschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
5.5.2 Quadratischer Leitungsquerschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
5.6 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
6 Elektromagnetische Wellenfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
6.1 Die Feldwellengleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
6.1.1 Die ebene Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
6.1.2 Harmonische Zeitabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
6.2 Die elektrodynamischen Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
6.2.1 Potential-Wellengleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
6.2.2 Retardierte Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
6.2.3 Harmonische Zeitabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
6.3 Der Hertzsche Dipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
6.3.1 Nahfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
6.3.2 Fernfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
6.3.3 Strahlungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
6.3.4 Strahlungswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
6.4 Der magnetische Dipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
6.4.1 Nah- und Fernfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
6.4.2 Strahlungsleistung und Strahlungswiderstand . . . . . . . . . . . . . 308
6.5 Feldwellenimpedanz des elektrischen und magnetischen Dipols . . . . . . 309
6.6 Spiegelungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
XII Inhaltsverzeichnis

6.7 Linearantennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311


6.7.1 Stromverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312
6.7.2 Fernfeld des symmetrischen Dipols . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
6.7.3 Der Monopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
6.8 Ausbreitung ebener Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
6.8.1 Spezialfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
6.8.2 Beliebige Ausbreitungsrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
6.9 Reflexion und Brechung ebener Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
6.9.1 Reflexion und Transmissionsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
6.9.2 Totaltransmission und Totalreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
6.10 Mehrfachreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
6.11 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
7 Wellen auf Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
7.1 Leitungsgeführte Wellentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
7.1.1 Die Parallelplattenleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351
7.1.2 TEM-Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360
7.2 TEM-Wellen auf Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
7.2.1 Die Feldgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
7.2.2 Die Leitungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
7.2.3 Strom- und Spannungswellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
7.3 Instationäre Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376
7.3.1 Einschaltvorgang in einer unbegrenzten Leitung . . . . . . . . . . . 377
7.3.2 Reflexion und Brechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378
7.3.3 Mehrfachreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
7.3.4 Verlustbehaftete Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
7.4 Stationäre Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392
7.4.1 Der komplexe Reflexionsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393
7.4.2 Stehwellenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395
7.4.3 Die Leitung als Vierpol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400
7.4.4 Impedanztransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
7.5 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409
A. Mathematische Grundlagen und Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
osungen zu den Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
B. L€
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487
Elektromagnetische Feldtheorie
1

Zusammenfassung
Das elektromagnetische Feld wird im Rahmen der Klassischen Elektrodynamik von den
vier Maxwellschen Feldgleichungen beschrieben. Zusammen mit den drei Materialglei-
chungen bilden Sie ein vollständiges System, das durch Spezifikation entsprechender
Randbedingungen für das jeweilige Problem zu l€osen ist. Die große Mannigfaltigkeit
der L€osungen lässt sich in eine Reihe von Fällen unterteilen, die in den nachfolgenden
Kap. 2–7 im Einzelnen behandelt werden. In diesem Kapitel werden die grundlegenden
physikalischen Gesetze und Definitionen eingeführt sowie einige grundlegende feldtheo-
retische Zusammenhänge und Erhaltungssätze abgeleitet. Die Verbindung zwischen Feld-
theorie und der einfacheren Beschreibung durch elektrische Netzwerke wird hergestellt.

1.1 Nahwirkungstheorie

Elektromagnetische Erscheinungen beruhen auf der Wechselwirkung zwischen elektri-


schen Ladungen, die korpuskularer Natur sind und in zwei Formen (positiv und negativ)
vorkommen.
Elementarladung : e ¼ 1,602  1019 C ðCoulombÞ

1C ¼ 1As

Vermittler zwischen den Ladungen ist das elektromagnetische Feld. Es besteht aus den
beiden Vektoren
V
E : Elektrische Feldst a€rke ½E ¼
m

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 1


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2_1
2 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Vs Wb ðWeberÞ
B : Magnetische Flussdichte ½B ¼ ¼ ¼ T ðTeslaÞ:
m2 m2

Nur im speziellen Fall ruhender Ladungen (Elektrostatik) existiert kein magnetisches


Feld. In allen anderen Fällen sind beide Felder untrennbar miteinander verbunden und
bilden eine eigenständige physikalische Entit€at.
Eine Zustandsänderung (Ort, Geschwindigkeit) einer Ladungsanordnung ruft eine
Änderung des elektromagnetischen Feldes hervor, die sich mit der Lichtgeschwindigkeit
c im Raum ausbreitet. Die Wirkung auf eine andere Ladung Q, ausgedrückt durch die
elektromagnetische Kraft
 
F ¼ Q E þ vQ  B , ð1:1Þ

besteht aus einem elektrischen und einem magnetischen Anteil:


 
V Ws
Fel ¼ Q E Elektrische ðCoulombÞ-Kraft As ¼ ¼N , ð1:2Þ
m m
 
m Vs Ws
Fmagn ¼ Q vQ  B Magnetische ðLorentzÞ-Kraft As ¼ ¼ N : ð1:3Þ
s m2 m

Hierbei bezeichnet vQ die Geschwindigkeit von Q, die im gleichen Bezugssystem


(„Laborsystem“) wie das der Felder E und B definiert ist. Während die elektrische Kraft
(1.2) entlang des elektrischen Feldes E wirkt, steht die durch das Kreuzprodukt definierte
magnetische Kraft (1.3) senkrecht auf der magnetischen Flussdichte B und der Bewe-
gungsrichtung, gegeben durch vQ (Abb. 1.1).
Das elektromagnetische Feld als Träger der Wechselwirkung zwischen Ladungen stellt
das für jede physikalische Theorie notwendige Kausalit€atsprinzip sicher, wie dies in
Abb. 1.2 für zwei Ladungssysteme im Abstand d vereinfacht dargestellt ist. Die im
System 1 durch eine äußere Einwirkung hervorgerufene Zustandsänderung der Ladung
geht mit einer Änderung des elektromagnetischen Feldes (ΔE, ΔB) einher, die nach der
charakteristischen Zeitdauer τ ¼ d/c, im System 2 durch die Kraft (1.1) wirksam wird. Die
dadurch bewirkte Zustandsänderung der Ladung im System 2 ruft seinerseits eine elektro-
magnetische Feldänderung hervor, die nach der gleichen Zeit τ auf das primäre System
zurückwirkt, das seinerseits wieder auf das sekundäre wirkt, usw. Dieser Vorgang wieder-
holt sich solange bis der statische bzw. stationäre Zustand in beiden Systemen erreicht ist.
Bei den beiden Systemen kann es sich auch um ein und das gleiche System handeln,
also um die (innere) Rückwirkung des Systems auf sich selbst.
1.2 Ladungs- und Stromdichten 3

Abb. 1.1 Elektromagnetische Fmagn


Kraft auf eine Ladung Q
B

Q vQ

E
Fel

ΔE
System 1 System 2

c ΔB F
vQ

Abb. 1.2 Prinzip der elektromagnetischen Wechselwirkung zwischen zwei Systemen

1.2 Ladungs- und Stromdichten

Die üblicherweise in der Natur vorkommenden Ladungsmengen sind so groß und in ihrer
Ausdehnung so klein, das von einer Betrachtung der einzelnen Elementarladungen abge-
sehen werden kann. Bei der makroskopischen Betrachtung wird die diskrete Natur der
Ladung vernachlässigt und eine kontinuierliche Verteilung angenommen.

Räumliche Verteilung
Ausgehend von der in einem Volumenelement dV enthaltenen Ladung dQ ¼ qdV
(Abb. 1.3a) definiert man die Ladungsdichte:
 
dQ As C
q¼ ¼ Raumladungsdichte: ð1:4Þ
dV m3 m3
4 1 Elektromagnetische Feldtheorie

a b c
V ql (s)
ds
q(r) dA dl v
qA(r)
ds
v dA
A v
I

Abb. 1.3 Kontinuierliche Ladungsverteilungen. (a) In einem Volumen, (b) auf einer Fläche und
(c) entlang einer Linie

Bewegt sich die Ladung mit der Geschwindigkeit v, so ergibt die pro Zeit- (dt) und
Flächeneinheit dA durchtretende Ladung dQ die Stromdichte

dQ dI
J¼ ev ¼ ev , ð1:5Þ
dt dA dA

wobei der Quotient dQ/dt den Strom I durch den Querschnitt A und ev den Einheitsvektor in
Stromrichtung v bezeichnet.
Der in der Zeit dt durch den Querschnitt dA durchtretende Rauminhalt ist dV ¼ dA v dt.
Einsetzen in (1.5) ergibt mit (1.4):
 
A
J ¼ qv Elektrische Stromdichte: ð1:6Þ
m2

Flächenhafte Verteilung
Häufig ist die Ladung auf einer gegenüber den übrigen Abmessungen sehr dünnen Schicht
auf einer Oberfläche A verteilt, so dass man die Ausdehnung in der dritten Dimension
vernachlässigen kann (Abb. 1.3b). Ausgehend von der in einem Flächenelement dA
enthaltenen Ladung dQ ¼ qA dA definiert man die Ladungsdichte:
 
dQ As C
qA ¼ ¼ Fl a€chenladungsdichte: ð1:7Þ
dA m2 m2

Bewegt sich die Ladung mit der Geschwindigkeit v, so ergibt die pro Zeiteinheit und
Längenelement ds durchtretende Ladung dQ die Flächenstromdichte

dQ dI
JA ¼ ev ¼ ev : ð1:8Þ
dt ds ds
1.2 Ladungs- und Stromdichten 5

Der in der Zeit dt durch den Längenabschnitt ds durchtretende Flächeninhalt ist


dA ¼ ds v dt. Einsetzen in (1.8) ergibt mit (1.7):
 
A
JA ¼ qA v Elektrische Fl a€chenstromdichte: ð1:9Þ
m2

Linienhafte Verteilung
In vielen Fällen ist Ladung innerhalb eines gegenüber allen anderen Dimensionen sehr
dünnen Bereich konzentriert (Abb. 1.3c), wie z. B. in dünnen Drähten, sodass man die
Querschnittsabmessungen vernachlässigen kann. Ausgehend von der in einem Linienele-
ment ds enthaltenen Ladung dQ ¼ ql ds definiert man die Ladungsdichte:
 
dQ As C
ql ¼ ¼ Linienladungsdichte: ð1:10Þ
ds m m

Bewegt sich die Ladung mit der Geschwindigkeit v, so ergibt die in Punkt pro Zeitein-
heit durchtretende Ladung dQ den Strom

dQ
I¼ : ð1:11Þ
dt

Der in der Zeit dt in einem Punkt durchtretende Längenabschnitt ist ds ¼ v dt. Einsetzen
in (1.11) ergibt mit (1.10):

I ¼ ql v ðAÞ Elektrischer Strom: ð1:12Þ

Punkthafte Verteilung
In manchen Fällen ist eine Ladungsmenge Q auf einem gegenüber allen anderen Dimen-
sionen sehr kleinen Volumen ΔV um den Punkt r0 verteilt (Abb. 1.4), sodass man die
Ausdehnung von ΔV vernachlässigen kann. Bei dieser Idealisierung denkt man sich die
Ladung Q einzig im Punkt r0 konzentriert und spricht von einer Punktladung.
Oft ist es methodisch sehr hilfreich und elegant auch für die Punktladung eine räumliche
Verteilungsfunktion q(r) zu verwenden, die in diesem Fall lautet:

8
Q
ΔQ < !1 r ¼ r0
qð r Þ ¼ lim ¼ ΔV
ΔV !0 ΔV :
0 sonst:
6 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Abb. 1.4 Punktladung Q


ΔV → 0
Q

r0

Eine mathematisch sehr bequeme M€oglichkeit eine solche singuläre Verteilungsfunk-


tion zu formulieren bietet die Dirac-Funktion

1 r¼0
δð r Þ ≔ ð1:13Þ
0 sonst,

mit der Normierung:


ZZZ
δðrÞ d V ¼ 1 Normierungsbedingung: ð1:14Þ
V

Damit lässt sich für die im Punkt r0 befindliche Punktladung Q die Raumladungsdichte
kompakt definieren:

qðrÞ ¼ Q δðr  r0 Þ: ð1:15Þ

Gemäß der Normierung (1.14) ergibt die Integration von (1.15) über den gesamten
Raum die Ladung Q:
ZZZ ZZZ
qðrÞ dV ¼ Q δðr  r0 Þ dV ¼ Q:
V V

Eine weitere wichtige Eigenschaft der Dirac-Funktion ist die sogenannte Aus-
blendeigenschaft. Gegeben sei im Punkt r0 eine stetige Funktion f(r). Dann gilt für das
Integral unter Ausnutzung der Normierung (1.14):
ZZZ
f ðrÞ δðr  r0 Þ dV ¼ f ðr0 Þ: ð1:16Þ
V

Anschaulich gesprochen werden aufgrund des einzig im Punkt r0 von Null verschiede-
nen Funktionswertes von δ(r  r0) nur der Funktionswert f(r0) „herausgefiltert “ und alle
anderen ausgeblendet.
1.2 Ladungs- und Stromdichten 7

ga(x)

1/2

1/3

–3/2 –1 –1/2 1/2 1 3/2 x

Abb. 1.5 Veranschaulichung der Dirac-Funktion in einer Dimension

Die Dirac-Funktion geh€ort streng genommen zu einer allgemeineren Klasse von Funk-
tionen, den sogenannten Distributionen. Sie kann anschaulich als Grenzfunktion einer
Funktionen-Folge aufgefasst werden, deren Breite in alle Raumrichtungen um den Punkt
r0 bei konstantem Integralwert Eins gemäß (1.14) gegen Null geht, sodass der Funktions-
wert in r0 gegen Unendlich strebt (1.13).
Am einfachsten lässt sich die Dirac-Funktion in einer Dimension über die Koordinate
x veranschaulichen (Abb. 1.5). Als Beispiel werde eine symmetrisch um den Ursprung
angeordnete Rechteckfunktion der Breite a betrachtet. Entsprechend der Normierungs-
bedingung (1.14) beträgt die Amplitude 1/a:

1=a  a=2  x  þ a=2
ga ð x Þ ¼
0 sonst

Die als Grenzfunktion definierte Dirac-Funktion resultiert dann aus

δðxÞ ¼ lim ga ðxÞ


a!0

und erfüllt die Normierungsbedingung (1.14):

Zþ1 Zþ1
 
δðxÞ dx ¼ lim ga ðxÞ dx ¼ 1 Fl€
ache :
a!0
1 1

Dementsprechend ist die Einheit der Dirac-Funktion in einer Dimension

1
½ δð x Þ  ¼
½x
8 1 Elektromagnetische Feldtheorie

der Kehrwert der Einheit des Argumenten x, wie z. B. die 1/Zeit- oder 1/Längeneinheit.
Die Dirac-Funktion im dreidimensionalen Raum lässt sich als Produkt der eindimen-
sionalen Verteilungen in den drei Raumrichtungen, z. B. x, y, z auffassen:

δðrÞ ¼ δðxÞ δðyÞ δðzÞ:

Dementsprechend ergibt sich die Einheit im dreidimensionalen Fall aus dem Kehrwert
des Produktes der drei Raumdimensionen, d. h.:

1
½δðrÞ ¼ ,
½x ½y ½z

z. B. 1/m3, in Übereinstimmung mit der Definition der Raumladungsdichte in Gl. (1.15).

1.3 Die Maxwell-Gleichungen

Das elektromagnetische Feld in ruhenden Medien wird durch vier Grundgesetze voll-
ständig bestimmt, den Maxwellschen Gleichungen. In integraler Form lauten sie für das
Vakuum
I ZZ
∂B
E  ds ¼   dA ðInduktionsgesetzÞ ð1:17Þ
∂t
∂A A

I ZZ  
1 ∂E
B  ds ¼ J þ ε0  dA ðDurchflutungsgesetzÞ ð1:18Þ
μ0 ∂t
∂A A

ZZ ZZZ
ε0  E  dA ¼ q dV ðGaußsches GesetzÞ ð1:19Þ
∂V V

ZZ
 B  dA ¼ 0 ðQuellenfreiheit des magn: FeldesÞ ð1:20Þ
∂V

mit den beiden Naturkonstanten des Vakuums

As  
ε0  8, 854  1012 Dielektrizit a€tskonstante ð1:21Þ
Vm
1.3 Die Maxwell-Gleichungen 9

Vs  
μ0 ¼ 4π  107 Permeabilit a€tskonstante ð1:22Þ
Am

Aus der Dielektrizitäts- und Permeabilitätskonstante (1.21) und (1.22) ergibt sich die
Lichtgeschwindigkeit des Vakuums:
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
c0 ¼ 1= ε0 μ0 ðVakuum  Lichtgeschwindigkeit Þ ð1:23Þ

mit dem Wert c0  2,9979108 m/s.


Zur L€
osung konkreter Fragestellungen ist die integrale (globale) Form der Maxwell-
Gleichungen selten geeignet. Nur in Fällen hoher Symmetrie k€onnen die Integrale direkt
ausgewertet werden. Im Allgemeinen verwendet man die differentielle (lokale) Form.
Anwendung des Stokesschen Integralsatzes (A.80) ergibt für die beiden Wirbelglei-
chungen (1.17) und (1.18)
I ZZ ZZ
∂B
E  ds ¼ rot E  dA ¼   dA
∂t
∂A A A

I ZZ ZZ  
∂E
B  ds ¼ rot B  dA ¼ μ0 J þ ε0  dA
∂t
∂A A A

aufgrund der Gleichheit der Flächenintegrale, unabhängig von der Form von A:

∂B
rot E ¼  ð1:24Þ
∂t
 
∂E
rot B ¼ μ0 J þ ε0 : ð1:25Þ
∂t

Für die beiden Quellengleichungen (1.19) und (1.20) ergibt die Anwendung des
Gaußschen Integralsatzes (A.81)
ZZ ZZZ ZZZ
1
 E  dA ¼ div E dV ¼ q dV
ε0
∂V V V

ZZ ZZZ
 B  dA ¼ div B dV ¼ 0
∂V V
10 1 Elektromagnetische Feldtheorie

aufgrund der Gleichheit der Volumenintegrale, unabhängig vom Volumen V:

div E ¼ q=ε0 ð1:26Þ

div B ¼ 0: ð1:27Þ

Die Gl. (1.24)–(1.27) sind die vier Maxwell-Gleichungen des Vakuums in differentiel-
ler Form. Gemäß dem Hauptsatz der Vektoranalysis (Abschn. A.6) ist damit das elektro-
magnetische Feld durch die Festlegung der Wirbel (rot) und der Quellen (div) eindeutig
bestimmt. Charakteristisch ist die gegenseitige Kopplung des elektrischen und magneti-
schen Feldes bei Zeitabhängigkeit (∂B/∂t, ε0∂E/∂t).

1.3.1 Ladungserhaltung

Die Ladung Q ist eine so genannte Erhaltungsgr€oße, d.h. sie bleibt in allen Bezugssyste-
men konstant und kann weder erzeugt noch vernichtet werden. Daraus folgt:

" Die insgesamt aus einem Volumen V ausstro €mende Ladung/Zeit (Strom I ) ist
gleich der negativen zeitlichen Änderungsrate der Gesamtladung Q im Volu-
men (Abb. 1.6).

Mathematisch ausgedrückt lautet die Ladungserhaltung:


ZZ
dQ
 J  dA ¼  ðLadungserhaltungsgesetzÞ: ð1:28Þ
dt
∂V

Gl. (1.28) lässt sich aus den Maxwell-Gleichungen ableiten. Bildet man die Divergenz
auf beiden Seiten von Gl. (1.25)
 
∂E
rot B ¼ μ0 J þ ε0
∂t

wird aufgrund der Identität div rot B ¼ 0 (A.75) die linke Seite Null und man erhält:
 
∂E ∂
0 ¼ div J þ ε0 div ¼ div J þ ε0 div Ε:
∂t ∂t

Einsetzen der Maxwell-Gleichung (1.26)

div E ¼ q=ε0
1.3 Die Maxwell-Gleichungen 11

Abb. 1.6 Zum Q(t) J(r,t)


Ladungserhaltungsgesetz

dA
q(r,t)
V
∂V

ergibt schließlich den Ladungserhaltungssatz in differentieller (lokaler) Form:

∂q  
div J ¼  Kontinuit a€tsgleichung : ð1:29Þ
∂t

Die Entsprechung von (1.29) zur integralen Form des Ladungserhaltungsgesetzes (1.28)
erhält man durch Integration über das Volumen V und Anwendung des Gaußschen Integral-
satzes:
ZZZ ZZ ZZZ
∂ dQ
div J dV ¼  J  dA ¼  q dV ¼  :
∂t dt
V ∂V V

1.3.2 Die Maxwell-Gleichungen in Materie

Atome tragen positive und negative Ladungen, auf die ein äußeres elektromagnetisches
Feld Einfluss ausübt (Polarisation). Makroskopisch werden dadurch Ladungs- bzw. Strom-
dichten hervorgerufen, die im Gegensatz zu den frei beweglichen Ladungen an die Materie
gebunden sind. Der Einfluss von Materie auf das elektromagnetische Feld wird also durch
gebundene Ladungs (qg)- und Stromdichten (Jg) berücksichtigt. Um sie in die Maxwell-
Gleichungen des Vakuums einzubeziehen, wird in Analogie zu (1.26) bzw. (1.25) ein
Vektor für die elektrische Polarisation (P) und ein Magnetisierungsvektor (M) eingeführt:

qg ¼  divP ðgebundene LadungsdichteÞ ð1:30Þ

Jg ¼ rotM ðgebundene StromdichteÞ: ð1:31Þ

Die gebundene Stromdichte Jg entspricht im klassischen Verständnis des Aufbau der


Atome den um den Kern kreisenden Elektronen.
12 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Bei zeitabhängigen Feldern entsteht durch die o€rtliche Verschiebung der gebundenen
Ladung zusätzlich noch eine Polarisationsstromdichte Jp. Einsetzen der gebundenen
Ladungsdichte (1.30) in die Kontinuitätsgleichung (1.29) ergibt:

∂qg ∂P
div Jp ¼  ¼ div :
∂t ∂t

Durch Zusammenfassen der beiden Divergenzen folgt:

∂P
Jp ¼ ðPolarisationsstromdichteÞ: ð1:32Þ
∂t

Die gebundene Ladung qg (1.30) kann wie folgt in die differentielle Form des
Gaußschen Gesetzes im Vakuum (1.26) einbezogen werden:

divE ¼ ðq þ qg Þ=ε0 ¼ ðq  divPÞ=ε0 :

Zusammenfassen der beiden Divergenzen ergibt:

divðε0 E þ PÞ ¼ q:

Unter Einführung des zusätzlichen elektrischen Vektors


 
D ¼ ε0 E þ P elektrische Erregung=Flussdichte A s=m2 ð1:33Þ

erhält man das Gaußsche Gesetz in Materie:

divD ¼ q: ð1:34Þ

Der Vorteil dieser Formulierung des Gaußschen Gesetzes liegt darin, dass es sich wie
die entsprechende Gl. (1.26) im Vakuum einzig auf die freien Ladungen q bezieht. Die
Wirkung der gebundenen Ladung wird durch den Vektor D berücksichtigt.
Die zusätzlichen gebundenen Str€ome Jg (1.31) und Jp (1.32) k€onnen wie folgt in die
differentielle Form des Durchflutungsgesetz im Vakuum (1.25) einbezogen werden:
   
∂E ∂P ∂E
rotB ¼ μ0 J þ Jg þ Jp þ ε0 ¼ μ0 J þ rotM þ þ ε0 :
∂t ∂t ∂t

Mit (1.33) erhält man:


 
∂D
rotB ¼ μ0 J þ rotM þ :
∂t
1.3 Die Maxwell-Gleichungen 13

Zusammenfassen der beiden Rotationen ergibt:


 
B ∂D
rot M ¼Jþ :
μ0 ∂t

Unter Einführung des zusätzlichen magnetischen Vektors

B
H¼ M magnetische Erregung=Feldst a€rke ðA=mÞ ð1:35Þ
μ0

erhält man das Durchflutungsgesetz für Materie in der Form

∂D
rotH ¼ J þ : ð1:36Þ
∂t

Wie die entsprechende Gl. (1.25) für das Vakuum bezieht sich (1.36) einzig auf die
freien Str€
ome J. Die Wirkung der gebundenen Str€ome wird durch den Vektor
H berücksichtigt.
Die beiden modifizierten Gl. (1.34) und (1.36) zusammen mit den in Materie unver-
ändert geltenden Gleichungen (1.24) und (1.27) ergeben die allgemeingültige Form des
Systems der Maxwell- Gleichungen (Differenzialform) in Materie:

∂B
rot E ¼  ðIÞ div D ¼ q ðIIIÞ
∂t ð1:37Þ
∂D
rot H ¼ J þ ðIIÞ div B ¼ 0 ðIVÞ:
∂t

" Die vier Maxwell-Gleichungen in der Form (1.37) werden in diesem Buch
durchgehend mit den ro€mischen Ziffern (I)–(IV) bezeichnet.

Wie man sich leicht überzeugen kann, geht die Kontinuitätsgleichung (1.29) (Ladungs-
erhaltung) analog zu Abschn. 1.3.1 durch die Anwendung der Divergenz auf (II) und
Einsetzen von (III) identisch hervor.
Die zu (1.37) entsprechende Integralform erhält man durch Anwendung des Stokes-
schen (A.80)- und Gaußschen Satzes (A.81) auf (I) und (II), bzw. auf (III) und (IV):
I ZZ

E  ds ¼  B  dA Induktionsgesetz ðIÞ ð1:38Þ
∂t
∂A A

I ZZ  
∂D
H  ds ¼ Jþ  dA Durchflutungsgesetz ðIIÞ ð1:39Þ
∂t
∂A A
14 1 Elektromagnetische Feldtheorie

J + ∂D/∂t D
∂B/∂t B

q
E H

rot E = –∂B/∂t rot H = J + ∂D/∂t div D = q div B = 0

Abb. 1.7 Veranschaulichung der vier Maxwell-Gleichungen in Materie

ZZ ZZZ
 D  dA ¼ q dV Gaußsches Gesetz ðIIIÞ ð1:40Þ
∂V V

ZZ
 B  dA ¼ 0 Quellenfreiheit des magn:Feldes ðIVÞ ð1:41Þ
∂V

Die physikalische Interpretation der Maxwell-Gleichungen (I)-(IV) ist in Abb. 1.7


veranschaulicht. Gemäß dem Induktionsgesetz (I) erzeugt ein zeitabhängiges Magnetfeld
(B) ein elektrisches Wirbelfeld (E). In Symmetrie dazu wird das Magnetfeld (H) zusätzlich
zu Str€omen (J) auch von einem zeitabhängigen elektrischen Feld (D) induziert (II).
Ladungen (q) sind Ursache für ein elektrisches Quellenfeld (III), während das Magnetfeld
(B) entsprechend (IV) keine Quellen hat.

" Das elektrische Feld besitzt im Allgemeinen sowohl einen Wirbel- als auch
einen Quellenanteil. Dagegen ist das Magnetfeld ein reines Wirbelfeld.

1.4 Die Materialgleichungen

Insgesamt stellen die vier Maxwell-Gleichungen (1.37) 8 (2  vektoriell, 2  skalar) ska-


lare Gleichungen dar. Da Gl. (IV) in (I) aufgrund der Identität div rot E ¼ 0 (A.75) implizit
enthalten ist, sind es sogar nur 7 unabhängige Gleichungen für die insgesamt 16 Unbe-
kannten (E, D, H, B, J, q). Die fehlenden 9 Gleichungen werden durch die drei Material-
gleichungen bereitgestellt, die eine Beziehung zwischen J und E, D und E, sowie B und
H herstellen.

Leitfähigkeit
Wird ein elektrisches Feld an einem Medium angelegt, so stellt sich abhängig von der
Anzahl und der Beweglichkeit von freien Ladungen aufgrund der elektrischen Kraft (1.2)
eine Stromdichte ein:
1.4 Die Materialgleichungen 15

J ¼ κE Ohmsches Gesetzðlokal Þ: ð1:42Þ

Der Proportionalitätsfaktor κ zwischen J und E ist die spezifische elektrische Leit-


f€
ahigkeit mit der Einheit

A S 1
½ κ ¼ ¼ ¼ ðS : Siemens; Ω : OhmÞ:
Vm m Ωm

Elektrische Polarisierung
Die Wirkung eines elektrischen Feldes auf die gebundene Ladung in Materie hat durch ihre
Verschiebung eine Polarisierung auf atomarer Ebene zur Folge, die makroskopisch durch
den Polarisationsvektor P (1.30) beschrieben wird. Für isotrope Medien (E || P) gilt die
Proportionalität
 
P ¼ χe ε 0 E χe : elektrische Suszeptibilit a€t ð1:43Þ

Der Proportionalitätsfaktor χe gibt an, wie stark das betreffende Material unter dem
Einfluss eines elektrischen Feldes im Material polarisiert wird. Einsetzen von (1.43) in
(1.33) ergibt

D ¼ ε0 E þ P ¼ ε0 ð1 þ χe ÞE ¼ ε0 εr E, ð1:44Þ

mit der relativen Dielektrizit€atskonstante des Materials

ε r ¼ 1 þ χe :

Fasst man ε ¼ ε0 εr zur absoluten Dielektrizit€atskonstante zusammen, so erhält man den


Zusammenhang zwischen D und E:

D ¼ ε E: ð1:45Þ

Die Materialkonstanten k€onnen auch nichtlinear (von der Feldstärke abhängig),


inhomogen (ortsabhängig) bzw. anisotrop (richtungsabhängig) sein, z. B.:
0 1
ε11 ε12 ε13
D ¼ ε ðE; rÞ  E mit ε ¼ @ ε21 ε22 ε23 A ðDyade; Tensor 2:StufeÞ:
ε31 ε32 ε33
16 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Magnetisierung
Analog zu den elektrischen Eigenschaften definiert man für isotrope Medien (B || H):
 
M ¼ χm H χm : magnetische Suszeptibilit€
at : ð1:46Þ

Einsetzen von (1.46) in (1.35) ergibt

B ¼ μ0 ðH þ MÞ ¼ μ0 ð1 þ χm ÞH ¼ μ0 μr H, ð1:47Þ

mit der relativen Permeabilit€atskonstante des Mediums

μr ¼ 1 þ χm :

Fasst man μ ¼ μ0 μr zur absoluten Permeabilit€atskonstante zusammen, so erhält man


den Zusammenhang zwischen B und H:

B ¼ μ H: ð1:48Þ

Bezüglich ihrer magnetischen Eigenschaften unterscheidet man hauptsächlich drei


Arten von Stoffen:

diamagnetisch χm  0 ) μr  1

paramagnetisch χm 0 ) μr 1

ferromagnetisch χm 1 ) μr 1:

Letztere sind die technisch wichtigen Werkstoffe. Jedoch weisen solche ferromagneti-
schen Materialien wie Eisen, Kobalt, Nickel und Legierungen daraus eine mehr oder
weniger ausgeprägte Nichtlinearität auf. Zudem hängt χm auch von der „Vorgeschichte“
ab (Hysterese). Abb. 1.8 zeigt den typischen Verlauf der B-H-Kennlinie. Der gestrichelte
Verlauf ist die sog. Neukurve bei Abwesenheit einer bereits erfolgten Magnetisierung des
Materials. Diese manifestiert sich durch die Remanenzflussdichte Br, die nach Abschalten
des angelegten H-Feldes „gespeichert“ bleibt und erst durch Anlegen eines negativen
Feldstärkewerts Hc (Koerzitivfeldstärke) neutralisiert wird.

Beispiel 1.1: Relaxationszeit eines Mediums


Betrachtet werde ein homogenes Medium mit elektrischer Leitfähigkeit κ und Per-
mittivität ε. Einsetzen der Materialgleichungen J ¼ κ E und D ¼ ε E in die Kontinui-
tätsgleichung (1.29)

∂q
div J ¼ 
∂t
1.4 Die Materialgleichungen 17

Abb. 1.8 Hysteresekurve bei B


ferromagnetischen Materialien
Br
Neukurve
–Hc
H

ergibt für die linke Seite unter Anwendung von (III):

κ κ
div J ¼ κ div E ¼ div D ¼ q:
ε ε

Aus der Kontinuitätsgleichung resultiert also eine gew€ohnliche Differenzialglei-


chung 1. Ordnung für die zeitabhängige Ladungsdichte q(t) in einem beliebigen Punkt:

∂q κ
þ q ¼ 0:
∂t ε

Wie man sich durch Einsetzen leicht überzeugen kann, lautet die L€osung für eine zur
Zeit t ¼ 0 vorhandene Ladungsdichte q0:

qðt Þ ¼ q0 et=τR

mit der charakteristischen Zeitkonstanten

τR ¼ ε=κ ðRelaxationszeit Þ ð1:49Þ

des Mediums. Eine an einem Ort zum Zeitpunkt t ¼ 0 vorhandene Ladungsdichte q0


klingt also exponentiell ab. Die Zeitkonstante τR bestimmt wie schnell sich in dem
betreffenden Medium eine Ladungsansammlung durch die gegenseitigen Abstoßungs-
kräfte abbaut. Ist das Volumen begrenzt, verteilt sich die Ladung auf der Oberfläche bis
der statische Gleichgewichtszustand erreicht ist. In diesem Zustand ist der K€orper
aufgrund J ¼ κ E ¼ 0 feldfrei (E ¼ 0).
18 1 Elektromagnetische Feldtheorie

+
+

+ + +
q(t) ++
+ J = qv
+
+
+

Beispielsweise beträgt die Relaxationszeit für die drei folgenden Medien:

Teflon : τR  30min ¼ 1800 s,

dest:Wasser : τR  106 s,

Kupfer : τR  2, 5  1014 s:

Bemerkenswerterweise baut sich selbst in einem ausgesprochenen Nichtleiter wie


Teflon die Ladung in einem überschaubaren Zeitraum ab. Dagegen erfolgt der Vorgang
in einem Leiter wie Kupfer quasi instantan.

1.5 Randbedingungen des elektromagnetischen Feldes

Zur Berechnung des elektromagnetischen Feldes in einem Raumgebiet, das von anderen
Medien begrenzt wird, ist die Kenntnis des Verhaltens der Feldkomponenten an den
Mediengrenzen erforderlich. Dabei wird die in atomaren Dimensionen kontinuierliche
Änderung der Medieneigenschaften makroskopisch als abrupter Übergang idealisiert.
Nach Abschn. A.2 lässt sich in Bezug auf eine Oberfläche jeder Vektor in seine
Tangential- und Normalkomponente zerlegen, sodass die beiden Komponenten auf der
Trennfläche zwischen zwei unterschiedlichen Medien getrennt behandelt werden k€onnen.

Tangentialkomponenten
Zur Auswertung der ersten beiden integralen Maxwell-Gleichungen (1.38) und (1.39) wird
ein Flächenelement ΔA ¼ Δs Δh, senkrecht auf der Grenzfläche zwischen Medium 1 und
2 betrachtet (Abb. 1.9). Für genügend kleines Δs und Δh ! 0 erhält man für (1.38):
I ZZ

lim E  ds ¼ ðE1  E2 Þ  Δs ¼  lim B  dA ¼ 0:
Δh!0 ∂t Δh!0
∂ðΔAÞ ΔA
1.5 Randbedingungen des elektromagnetischen Feldes 19

Abb. 1.9 Zur Berechnung der


Stetigkeitsbedingung für die Δs
Tangentialkomponenten von 2 en
E und H JA

Δh

1 ΔA

Daraus folgt, dass die Tangentialkomponenten des elektrischen Feldes an einer Medi-
engrenze stetig sind, d. h.:

E t, 1 ¼ Et, 2 : ð1:50Þ

Durch Verwendung des Normalenvektors en, der von Medium 1 nach Medium 2 zeigt,
erhält man die allgemeine Form:

en  ðE2  E1 Þ ¼ 0: ð1:51Þ

Ebenfalls für genügend kleines Δs und Δh ! 0 erhält man für (1.39):


I ZZ  
∂D
lim H  ds ¼ ðH1  H2 Þ  Δs ¼ lim Jþ  dA ¼ J A Δs
Δh!0 Δh!0 ∂t
∂ðΔAÞ ΔA

Hierbei ist eine etwaig vorhandene Flächenstromdichte JA berücksichtigt. Daraus folgt,


dass die Tangentialkomponente von H an einer Mediengrenze um den Betrag der
Flächenstromdichte JA springt, ansonsten ist sie stetig, d. h.:

H t, 1  H t, 2 ¼ J A , ð1:52Þ

oder in allgemeiner Form:

en  ð H 2  H 1 Þ ¼ J A : ð1:53Þ

Durch Einsetzen der Materialgleichung (1.45) bzw. (1.48) ergeben sich auch die
Stetigkeitsbedingungen für die Tangentialkomponenten für D und B.
20 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Normalkomponenten
Zur Auswertung der beiden anderen integralen Maxwell-Gleichungen (1.40) und (1.41) wird
ein Volumenelement ΔV ¼ ΔA Δh, senkrecht auf der Grenzfläche zwischen Medium 1 und
2 betrachtet (Abb. 1.10). Für ein genügend kleines ΔA und Δh ! 0 erhält man für (1.40):
ZZ ZZZ
lim  D  dA ¼ ðD2  D1 Þ  en ΔA ¼ q dV ¼ qA ΔA:
Δh!0
∂ðΔV Þ ΔV

Hierbei ist eine etwaig vorhandene Flächenladungsdichte qA berücksichtigt. Daraus


folgt, dass die Normalkomponente von D an einer Mediengrenze um den Betrag der
Flächenladungsdichte qA springt, ansonsten ist sie stetig, d.h.:

Dn, 2  Dn, 1 ¼ qA , ð1:54Þ

oder in allgemeiner Form:

en  ðD2  D1 Þ ¼ qA : ð1:55Þ

Ebenfalls für ein genügend kleines ΔA und Δh ! 0 erhält man für (1.41):
ZZ
lim  B  dA ¼ ðB2  B1 Þ  en ΔA ¼ 0 :
Δh!0
∂ðΔVÞ

Daraus folgt, dass die Normalkomponente von B an einer Mediengrenze stetig ist, d. h.:

Bn, 1 ¼ Bn, 2 , ð1:56Þ

oder in allgemeiner Form:

en  ðB2  B1 Þ ¼ 0: ð1:57Þ

Durch Einsetzen der Materialgleichungen (1.45) bzw. (1.48) ergeben sich auch die
Stetigkeitsbedingungen für die Normalkomponenten für H und E.

Ideale elektrische Leiter


Die in der Elektrotechnik als Leiter klassifizierten Materialien wie z. B. Kupfer haben eine
solch hohe spezifische Leitfähigkeit κ, dass die Relaxationszeit τ ¼ ε/κ (1.49) gegenüber
allen technisch relevanten, zeitabhängigen Vorgängen vernachlässigbar klein ist (siehe
1.5 Randbedingungen des elektromagnetischen Feldes 21

Abb. 1.10 Zur Berechnung der


Stetigkeitsbedingung für die dA
2 en ΔA
Normalkomponenten qA
von D und B

ΔV Δh
1
dA

Beispiel 1.1). Das heißt, die Ladung innerhalb des Leiters befindet sich in jedem Zeitpunkt
nahezu im Gleichgewichtszustand. Deshalb kann für das Verhalten der Felder an einer
Grenzfläche zu einem Leiter in sehr guter Näherung der Grenzfall κ ! 1 betrachtet
werden. Daraus folgt für die elektrischen Feldvektoren aus (1.42):

J ¼ κE ¼ 0 ) E, D ¼ 0 ðε 6¼ 1Þ:

Für das magnetische Feld resultiert aus (I) und (1.48)

rotE ¼ ∂B=∂t ¼ 0 ) B, H ¼ const:, ðμ 6¼ 1Þ:

Außer im statischen Fall, ist also auch das magnetische Feld in einem idealen
Leiter Null.
Im zeitabhängigen Fall erhalten wir für die Tangential- und Normalkomponenten
(1.51)–(1.57) auf der Oberfläche eines idealen Leiters (Medium 1) die folgenden Bezie-
hungen:

en  E2 ¼ 0 ðEt ¼ 0Þ ð1:58Þ

en  H2 ¼ JA ðH t ¼ J A Þ ð1:59Þ

en  D2 ¼ qA ðDn ¼ qA Þ ð1:60Þ

en  B2 ¼ 0 ðBn ¼ 0Þ: ð1:61Þ

" Innerhalb eines ideal leitfähigen Mediums sind alle elektromagnetischen


Feldkomponenten Null, außer im statischen Fall, in dem ein magnetisches Feld
vorhanden sein kann. Die elektrischen Feldlinien stehen senkrecht auf der
Leiteroberfläche und die magnetischen Feldlinien verlaufen parallel zur Leiter-
oberfläche.
22 1 Elektromagnetische Feldtheorie

1.6 Energieerhaltungssatz (Poyntingscher Satz)

Aus den Maxwell-Gleichungen lässt sich die allgemeine Beziehung für die Energiebilanz
im elektromagnetischen Feld ableiten. Ausgangspunkt ist die elektromagnetische Kraft
F (1.1) auf eine Ladung Q, die sich mit der Geschwindigkeit v im Feld bewegt. Die an der
Ladung verrichtete Leistung (Arbeit/Zeit), die z. B. in einem Medium in Joulesche Wärme
umgewandelt wird, beträgt:

PJ ¼ F  v ¼ Q E  v:

Hierbei fehlt der in (1.1) enthaltene magnetische Anteil, die Lorentz-Kraft Fmagn, da sie
senkrecht auf v steht und damit keine Leistung an der Ladung verrichtet (v  (v  B) ¼ 0).
Für eine beliebige Ladungsdichte q ¼ dQ/dV definieren wir die auf das Volumen bezogene
Verlustleistungsdichte pJ und erhalten mit (1.6) für J:

dPJ
pJ ¼ ¼ q E  v ¼ E  J:
dV

Diesen Ausdruck arbeiten wir in die Maxwell-Gleichungen ein, indem wir (II)

∂D
∇H¼Jþ
∂t

auf beiden Seiten mit E multiplizieren:

∂D
E  J ¼ E  ð∇  H Þ  E  :
∂t

Der Term E  (∇  H) lässt sich durch die Formel (A.69)

∇  ðE  HÞ ¼ H  ð∇  EÞ  E  ð∇  HÞ

ersetzen und wir erhalten:

∂D
E  J ¼ H  ð∇  EÞ  ∇  ðE  HÞ  E  :
∂t

Einsetzen von (I) für ∇  E ergibt schließlich:

∂D ∂B
div ðE  HÞ ¼ E  J  E  H Poyntingscher Satz: ð1:62Þ
∂t ∂t
1.6 Energieerhaltungssatz (Poyntingscher Satz) 23

Wie die im Str€omungsfeld umgesetzte Verlustleistung/Volumen


 
V A W
pJ ¼ E  J 2
¼ 3 Verlustleistungsdichte ð1:63Þ
mm m

handelt es sich bei den anderen Gliedern des Poyntingschen Satzes (1.62) ebenfalls um
volumenbezogene Leistungen. Die beiden Ausdrücke

∂D V As 1 W
pE ¼ E  ½ pE  ¼ ¼ :
∂t m m2 s m3

∂B A Vs 1 W
pM ¼ H  ½ pM  ¼ ¼
∂t m m2 s m3

erweisen sich als die pro Volumen vom elektrischen bzw. magnetischen Feld aufgenom-
mene Leistung. Da die Leistung aus der Zeitableitung der Energie hervorgeht, ergeben die
zeitlichen Integrale dieser beiden Ausdrücke

Zt Zt
0 ∂D 0
wE ¼ pE dt ¼ E dt
∂t 0
0 0

Zt Zt
0 ∂B 0
wM ¼ pM dt ¼ H dt ,
∂t 0
0 0

die im elektrischen bzw. magnetischen Feld gespeicherte Energie-Volumendichte wE bzw.


wM. Daraus resultiert jeweils die allgemeingültige Beziehung:

ZD  
Ws
wE ¼ E  dD Energiedichte des elektrischen Feldes ð1:64Þ
m3
0

ZB  
Ws
wM ¼ H  dB Energiedichte des magnetischen Feldes: ð1:65Þ
m3
0

Für das Kreuzprodukt auf der linken Seite des Poyntingschen Satzes (1.62) führen wir
den Vektor S ein:
 
VA W
S¼EH ¼ Poynting  Vektor: ð1:66Þ
m m m2
24 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Der Poynting-Vektor stellt die Leistungsflussdichte (Leistung/Fl€ache) des elektroma-


gnetischen Feldes dar.
Mit den eingeführten Gr€oßen k€onnen wir den Poyntingsche Satz in eine aus-
sagekräftigere Form bringen:

∂ Energieerhaltung
div S ¼ pJ  ðwE þ wM Þ ð1:67Þ
∂t in differentieller Form ðlokal Þ:

Für ein gegebenes Volumen V liefert die Integration über V auf beiden Seiten von (1.67)
und Anwendung des Gaußschen Integralsatzes (A.81):
ZZ ZZZ ZZZ

 S  dA ¼  pJ dV  ðwE þ wM Þ dV :
∂t
∂V V V

Die Volumenintegrale über die Dichten pJ, wE und wM ergeben die im gesamten
Volumen umgesetzte Joulesche Verlustleistung PJ, sowie die im Volumen gespeicherte
elektrische und magnetischen Feldenergie WE bzw. WM. Wir erhalten somit als Energiebi-
lanz für ein gegebenes Volumen:
ZZ
∂ Energieerhaltung
 S  dA ¼ PJ  ðW E þ W M Þ ð1:68Þ
∂t in integraler Form ðglobal Þ:
∂V

In der elektromagnetischen Energiebilanz stehen also den zeitlichen Änderungen der


innerhalb des Volumens im elektrischen und magnetischen Feld gespeicherten Energie
zwei irreversible Leistungsumsätze gegenüber. Dies ist die im Volumen umgesetzte
Jouleschen Wärme sowie die aus dem Volumen ausstr€omende (ausgestrahlte) elektroma-
gnetische Leistung (Abb. 1.11).
Der Poyntingsche Satz beschreibt eine Reihe unterschiedlicher Vorgänge. Beispiels-
weise kann eine in V umgesetzte Verlustleistung
ZZ

PJ ¼  ðW E þ W M Þ   S  dA
∂t
∂V

aus einer Abnahme der gespeicherten elektrischen/magnetischen Feldenergie WM bzw. WE


und einer Einstrahlung elektromagnetischer Energie (SdA < 0) von außen gedeckt
werden. Beispielsweise entspricht eine Abnahme von WE dem Entladevorgang eines
Kondensators über ein leitfähiges Material, indem die Verlustleistung PJ umgesetzt wird.
1.6 Energieerhaltungssatz (Poyntingscher Satz) 25

Abb. 1.11 Zum n


Energieerhaltungssatz im
elektromagnetischen Feld (Satz S(t)
von Poynting) WM (t )
PJ (t)
WE (t )

V
∂V

Auch der umgekehrte Prozess ist m€oglich. Die durch eine Energiequelle (Generator,
negative Verlustleistung –PJ) erzeugte Leistung kann eine Erh€ohung der gespeicherten
elektrischen/magnetischen Feldenergie WE bzw. WM bewirken, sowie die Ausstrahlung
elektromagnetischer Energie aus dem Volumen speisen. Letzteres entspricht beispielsweise
dem Prinzip eines Funksenders, der elektromagnetische Wellen in den Raum ausstrahlt.

Isotrope, lineare und homogene Medien


In diesem Fall k€onnen die Energieumsätze jeweils mit nur einem der beiden Vektoren
definiert werden. Durch Einsetzen des Ohmschen Gesetzes (1.42) in (1.63) erhalten wir für
die Verlustleistungsdichte:

J2
pJ ¼ κ E 2 ¼ : ð1:69Þ
κ

Für die beiden Feldenergiedichten (1.64) und (1.65) erhalten wir durch Einsetzen der
entsprechenden Materialgleichung (1.45) bzw. (1.46):

1 ε E 2 D2
wE ¼ D  E ¼ ¼ ð1:70Þ
2 2 2ε

1 μ H 2 B2
wM ¼ H  B ¼ ¼ : ð1:71Þ
2 2 2μ

Ausgedrückt durch E und H lautet der elektromagnetische Energieerhaltungssatz:


ZZ ZZZ 
1 ∂ 2 
 ðE  HÞ  dA ¼  κ E2 þ ε E þ μ H 2 dV : ð1:72Þ
2 ∂t
∂V V
26 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Beispiel 1.2: Energieübertragung in einem einfachen Gleichstromkreis


Der elektromagnetische Energieerhaltungssatz präzisiert mit dem Leistungsfluss-
(Poynting)Vektor S wie der Vorgang der elektrischen Energieübertragung durch Lei-
tungen physikalisch tatsächlich zu verstehen ist. Als Beispiel werde eine einfache
Anordnung betrachtet, bestehend aus einer Gleichspannungsquelle U und einem Ver-
braucher mit dem elektrischen Widerstand R. Beide sind über eine Leitung, bestehend
aus einem Hin- und Rückleiter für den Strom I, miteinander verbunden.

I
P+PJ P
U R

Im Allgemeinen ist die Leitung nicht ideal leitend, sodass die von der Spannungs-
quelle abgegebene Leistung die Summe aus der im Verbraucher umgesetzten Leistung
P und der in der Leitung verbrauchten Leistung PJ ist.
Im Folgenden soll der Leistungstransport von der Spannungsquelle zum Verbraucher
entlang der Leitung untersucht werden. Die Leitung sei vereinfacht durch zwei parallele
Platten mit einer gewissen Dicke ausgeführt.

w
Ei = 0 κ→∞ κ
I I
y SJ Ei ≠ 0
H en H S
S z P
d x E
E en
I SJ I

Verlustlose Leitung (PJ ¼ 0)


Für ein Volumenelement ΔV, das beide Leiter einbezieht, entfallen im Poyntingschen
Satz (1.68) aufgrund des stationären Zustandes der Anordnung (Gleichstromkreis) und
der Abwesenheit von Verlusten (κ ! 1) die Zeitableitung und die Verlustleistung PJ.
Wir erhalten somit:
ZZ
 S  dA ¼ 0:
∂ðΔV Þ

Innerhalb der ideal leitenden Platten ist das elektrische Feld gemäß dem Ohmschen
Gesetz (1.42) Ei ¼ J/κ ¼ 0, sodass dort und auf der Leiteroberfläche gilt:
S ¼ Ei  H ¼ 0. Das heißt, in den Leitern findet weder ein Energieumsatz noch ein
Energietransport statt.
1.6 Energieerhaltungssatz (Poyntingscher Satz) 27

Zwischen den Platten resultiert dagegen der Poynting-Vektor S ¼ E  H 6¼ 0. Das


heißt, die aus einem Volumenelement entlang der Leitung hineinfließende elektroma-
gnetische Leistung ist gleich der austretenden Leistung. Mit der gewählten Polung der
Spannungsquelle und der daraus resultierenden Stromrichtung zeigt S von der Quelle
zum Verbraucher in z-Richtung. Dieses Ergebnis lässt sich folgendermaßen inter-
pretieren:

" Der Leistungstransport in einer Leitung findet zwischen den Leitern statt, d. h.
die beiden Leiter dienen nur zur Führung der Energie.

Die folgende Modellrechnung soll dies auch quantitativ bestätigen. Um die Rechnung
einfach zu halten, werden für die Felder der Parallelplattenleitung mit Breite w und
Abstand d die asymptotischen L€osungen für ein großes Verhältnis w/d verwendet:

U I
E’ ex , H ’ ey ; f€
ur w d:
d w

Damit ergibt sich für den Poynting-Vektor zwischen den Platten:

UI  UI
S¼EH¼ ex  ey ¼ ez :
dw dw

Die durch die Fläche A zwischen den Platten in z-Richtung str€omende elektroma-
gnetische Leistung ergibt sich durch Integration über die Kantenlängen d und w mit dem
Flächenelement dA ¼ dAz ¼ dxdy ez (A.14) zu
ZZ ZZ
UI
P¼ S  dAz ¼ dxd y ¼ U I,
dw
A d w

in Übereinstimmung mit der Formel für die elektrische Leistung in Gleichstrom-Netzwerken.

Verlustbehaftete Leitung (PJ 6¼ 0)


In diesem Fall ist das elektrische Feld innerhalb der ideal leitenden Platten gemäß dem
Ohmschen Gesetz (1.42) Ei ¼ J/κ 6¼ 0. Auf der Leiteroberfläche zwischen den Platten
ergibt sich damit die zusätzliche Komponente des Poynting-Vektors SJ ¼ Ei  H, die in
den Leiter hinein zeigt. Zwischen den Platten findet gleichzeitig der Energietransport
zum Verbraucher (SP) statt. Dieses Ergebnis lässt sich folgendermaßen interpretieren:

" Ein Teil der von der Leitung geführten Energie „versickert“ in den Leitern (SJ),
wo sie in Joulesche Verlustleistung (PJ) umgesetzt wird.
28 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Mit der folgenden Modellrechnung soll die insgesamt über die Leitungslänge
l umgesetzte Verlustleistung PJ in den Leitern bestimmt werden. Ausgehend vom
Spannungsabfall ΔU über beide Leiter beträgt die Feldstärke innerhalb eines Leiters:

ΔU =2
Ei ¼ :
l

Die in beide Leiter einfließende Verlustleistung ergibt sich damit zu


ZZ ZZ
PJ ¼ 2  ðEi  HÞðen Þ d A ¼ 2 E i H dy dz
∂V ZZ l w
ΔU =2 I
¼2 dy d z ¼ ΔU I,
‘ w
‘ w

ebenfalls in Übereinstimmung mit der Berechnung des Gleichstromnetzwerkes.

1.7 Zeitharmonische Felder

In vielen Fällen ist die zeitliche Änderung der betrachteten Vorgänge cosinus- bzw.
ormig mit der Kreisfrequenz ω. In einem linearen System weisen dann alle
sinusf€
Feldgr€
oßen f(r,t) eine solche harmonische Zeitabhängigkeit auf, wobei sowohl die
Amplitude/Richtung f^ðrÞ als auch die Phase φ(r) ortsabhängig sein kann. Wie in der
Wechselstromrechnung gehen wir in solchen Fällen zweckmäßigerweise über zur komple-
xen Rechnung, indem wir die auf der reellen Achse oszillierende Feldgr€oße als rotierenden
Zeiger mit Hilfe der Exponentialfunktion in die komplexe Ebene erweitern, d. h.:

fðr; t Þ ¼ f^ðrÞ cos ðωt þ φðrÞÞ ! fðr; t Þ ¼ f^ðrÞ ejðωtþφðrÞÞ :

Fassen wir die Vektoramplitude und die Phase zur komplexen Amplitude zusammen

f^ðrÞ ejφðrÞ ≔ fðrÞ,

so erhalten wir die zeitabhängige, komplexe Feldgr€oße:

fðr; t Þ ¼ fðrÞ ejωt :

Der tatsächliche Zeitverlauf kann durch Realteilbildung gewonnen werden:


n o
fðr; t Þ ¼ Re fðr; t Þ ¼ f^ðrÞ Re ejðωtþφðrÞÞ ¼ f^ðrÞ cos ðωt þ φðrÞÞ:
1.7 Zeitharmonische Felder 29

Der Vorteil der komplexen Rechnung liegt darin, dass zeitliche Ableitungen bzw.
Integrationen in einfache arithmetische Operationen übergehen:

∂fðr; t Þ
¼ jω fðr; t Þ ¼ jω fðrÞ ejωt :
∂t

Die Extraktion des Realteils ergibt:


 n o n o
∂fðr; t Þ
¼ ω Re fðrÞ ejðωtþ 2 Þ ¼ ω f^ðrÞ Re ejðω tþ 2 þφðrÞÞ
π= π=
Re
∂t
∂fðr; t Þ
¼ ω f^ðrÞ sin ðω t þ φðrÞÞ ¼ :
∂t

Entsprechend gilt für die zeitliche Integration

Zt
1 1
fðr; t 0 Þd t 0 ¼ fðr; t Þ ¼ fðrÞ ejωt :
jω jω
0

1.7.1 Komplexe Maxwell-Gleichungen

Aufgrund der Linearität der Maxwell-Gleichungen, d. h. sämtliche Differentialquotienten


sind distributiv, werden sie von den Realteilen der komplexen Feldgr€oßen unabhängig von
der Anwesenheit der imaginären Anteile erfüllt. Der Faktor ejωt tritt stets auf beiden Seiten
der Gleichungen auf und kann deshalb weggelassen werden. Es treten also nur räumliche
Ableitungen auf, was die L€osung erheblich vereinfacht. Wir erhalten so die Maxwell-
Gleichungen (I–IV) in komplexer Form:
  
rot E ¼ jωB I div D ¼ q III
   
rot H ¼ J þ jωD II div B ¼ 0 IV

mit den Materialgleichungen:

B ¼ μH J ¼ κE D ¼ εE

und den Randbedingungen:


   
en  H2  H1 ¼ JA en  E2  E1 ¼ 0
   
en  B2  B1 ¼ 0 en  D2  D1 ¼ q :
A
30 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Die komplexe Kontinuit€atsgleichung ergibt sich direkt durch Ersetzen der Zeitableitung
in (1.29) durch jω bzw. durch Bildung der Divergenz von (II) und Kombination mit (III) zu:

divJ ¼ jω q: ð1:73Þ

1.7.2 Komplexer Poyntingscher Satz

Im Gegensatz zum allgemeinen zeitabhängigen Poynting-Satz (1.62), in dem alle Gr€oßen


Momentanwerte darstellen, interessiert bei harmonischer Zeitabhängigkeit der zeitliche
Mittelwert. Ausgedrückt durch die komplexen Feldgr€oßen ist der Mittelwert des Produktes
aus den Momentanwerten für E und H:

1
Eðt Þ  Hðt Þ ¼ Re E  H∗ ,
2

wobei der Stern im Hochindex den konjugiert komplexen Wert symbolisiert. Führen wir
nun in Analogie zur Scheinleistung bei der Wechselstromrechnung den komplexer
Poynting-Vektor

1
S ¼ E  H∗ ð1:74Þ
2

ein, so gibt sein Real- und Imaginärteil die zeitlich gemittelte Wirk- bzw.
Blindleistungsflussdichte an:

1
S¼ E  H∗ ¼ Re S þ j Im S :
2 |fflfflffl{zfflfflffl} |fflfflffl{zfflfflffl}
mittlere mittlere
Wirkleistungs- Blindleistungs-
flussdichte flussdichte

Zur Aufstellung des Poynting-Satzes in komplexer Form gehen wir analog zu Abschn. 1.6
vor und wandeln die Divergenz von S mit Hilfe von Gl. (A.69) wie folgt um:
     
∇  E  H∗ ¼ H∗  ∇  E  E  ∇  H∗

Einsetzen der komplexen Maxwell-Gleichungen (I) und (II)


1.7 Zeitharmonische Felder 31

∇  E ¼ jω B
 ∗
∇  H∗ ¼ ∇  H ¼ J∗  jω D∗

ergibt mit (1.74) den komplexen Poynting-Satz:


 
1 ∗ 1 ∗ 1 ∗
div S ¼  E  J þ j2 ω ED  H B : ð1:75Þ
2 4 4

Die integrale Form erhalten wir durch Anwendung des Gaußschen Integralsatzes
(A.81):
ZZ ZZZ ZZZ  
1 ∗ 1 ∗ 1 ∗
 S  dA ¼  E  J dV þ j2ω E  D  H  B dV : ð1:76Þ
2 4 4
∂V V V

Mit der mittleren Verlustleistungsdichte

1
pJ ðt Þ ¼ Eðt Þ  Jðt Þ ¼ E  J∗ : ð1:77Þ
2

und der mittleren elektrischen bzw. magnetischen Feldenergiedichte

1 1
wE ðt Þ ¼ Eðt Þ  Dðt Þ ¼ E  D∗ ð1:78Þ
2 4

1 1
wM ðt Þ ¼ Hðt Þ  Bðt Þ ¼ H  B∗ ð1:79Þ
2 4

k€
onnen wir den komplexen Poynting-Satz (1.76) wie folgt umschreiben:
ZZ ZZZ ZZZ
 
 S  dA ¼  pJ dV þ j2 ω wE  wM dV :
∂V V V

Hierbei geben Real- und Imaginärteil auf beiden Seiten der Gleichung jeweils die Bilanz
für die mittlere Wirk- bzw. Blindleistung in einem System innerhalb des Volumens V an:
8 9
<ZZ = ZZ ZZZ
Re  S  dA ¼  Re S  dA ¼  pJ dV
: ;
∂V ∂V V
32 1 Elektromagnetische Feldtheorie

8 9
<ZZ = ZZ ZZZ
 
Im  S  dA ¼  Im S  dA ¼ 2ω w M dV :
E  w
: ;
∂V ∂V V

In linearen Medien gilt mit den komplexen Materialgleichungen:

1 κ  2
pJ ¼ E  J∗ ¼ E ð1:80Þ
2 2

1 ε  2
E ¼ E  D∗ ¼ E
w ð1:81Þ
4 4

1 μ  2
M ¼ H ∗  B ¼  H  :
w ð1:82Þ
4 4

Dadurch vereinfacht sich der integrale Poynting-Satz (1.76) zu:


ZZ ZZZ ZZZ 
κ  2  2  2 
 S  dA ¼  E dV þ j ω 1 ε E  μH dV :
2 2
∂V V V

1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder

Nicht jedes elektromagnetische Problem bedarf einer L€osung der vollständigen


Maxwellschen Gleichungen. Man unterscheidet im Wesentlichen die folgenden praktisch
wichtigen Fälle mit steigender Komplexität:
Statische elektrische Felder (Kap. 2)
Stationäres Str€
omungsfeld (Kap. 3)
Statische magnetische Felder (Kap. 4)
Quasistatische (langsam veränderliche) Felder
Diffusionsfelder (Skineffekt) (Kap. 5)
Elektromagnetische Wellenfelder (Kap. 6)
Wellen auf Leitungen (Kap. 7)
Diese Fälle werden in den nachfolgenden Kapitel im Einzelnen behandelt. Ausgenommen
sind die quasistatischen Felder, da sie im Wesentlichen Gegenstand der elektrischen
Netzwerke sind.
1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder 33

1.8.1 Elektrostatische Felder

Ist in einem System die Ladungsverteilung q zeitlich konstant und das Medium nichtleitend
(κ ¼ 0), so ist auch kein Stromfluss vorhanden und damit auch kein Magnetfeld. Damit
entfallen die folgenden Gr€oßen in den Maxwell-Gleichungen (I)–(IV):

∂D
¼ 0 und J, H, B ¼ 0:
∂t

Das elektrostatische Feld ist durch die beiden verbleibenden Feldgleichungen des
elektrischen Feldes und der zugeh€origen Materialgleichung (1.45) vollständig beschrieben:

rot E ¼ 0

div D ¼ q

D ¼ ε E:

1.8.2 Stationäres Strömungsfeld

Liegt in einem leitfähigen Medium (κ 6¼ 0) ein elektrostatisches Feld E vor, so treibt dieser
nach dem Ohmschen Gesetz (1.42)

J ¼ κE

ein stationäres Str€omungsfeld J an. Aufgrund der fehlenden Zeitabhängigkeit aller


Feldgr€
oßen ergibt sich für J nach der Kontinuitätsgleichung (1.29)

divJ ¼ 0:

In einem homogenen Medium, wenn κ,ε 6¼ f(r) lauten die Feldgleichungen:

rotE ¼ 0
divD ¼ 0

D ¼ εE

J ¼ κ E:
34 1 Elektromagnetische Feldtheorie

1.8.3 Magnetostatische Felder

Ein stationäres Str€omungsfeld J ruft ein statisches magnetisches Feld hervor. Die Zeit-
ableitungen in den Maxwell-Gleichungen sind weiter zu vernachlässigen:

∂D ∂B
, ¼ 0:
∂t ∂t

Zusammen mit der magnetischen Materialgleichung (1.48) erhalten wir das Gleichungs-
system:

rot H ¼ J

div B ¼ 0

B ¼ μ H:

Das statische Magnetfeld ist über J ¼ κE mit dem elektrostatischen Feld verkoppelt, das
unabhängig vom Magnetfeld bestimmt werden kann.

1.8.4 Quasistatische (langsam veränderliche) Felder

Es werde ein System mit charakteristischer Ausdehnung Δl betrachtet, in dem sich


Ladungs- und Stromdichten befinden, mit den dazugeh€origen elektromagnetischen Feldern
(Abb. 1.12). Wie in Abschn. 1.1 allgemein dargestellt, liegt die Zeit, die eine Wechselwir-
kung zwischen Ladungen und Str€omen ben€otigt, in der Gr€oßenordnung der Laufzeit
τ ¼ Δl/c. Hierbei bezeichnet c die Lichtgeschwindigkeit des Mediums. Sind die Vorgänge
in einem System zeitabhängig aber relativ langsam gegenüber der Laufzeit τ, so erfolgen
alle Wechselwirkungen zwischen Ladungen und Str€omen quasi instantan. Das heißt, es
stellen sich näherungsweise statische Feld- und Quellenverteilungen ein, die quasi
trägheitslos dem zeitlich veränderlichen Vorgang folgen. Alle Quellen und Felder im
System sind zwar zeitabhängig aber ihre r€aumliche Verteilung ist n€aherungsweise statische
(quasistatisch).
Ausgehend von einer charakteristische Zeitkonstante Δt des zeitabhängigen Vorganges
in einem System lautet also die allgemeine Bedingung für den quasistatischen Fall:

Δl c Δt ðelektrisch kleines SystemÞ: ð1:83Þ

Häufig sind die zeitabhängigen Vorgänge harmonisch (sinusf€ormig) mit der Perioden-
dauer T bzw. der Frequenz f ¼ 1/T. In diesem Fall breiten sich die relativen Feldänderungen
im Raum periodisch (wellenf€ormig) aus mit der Wellenlänge λ ¼ c/f. Setzt man die
Periodendauer T ¼ Δt in (1.83) ein, erhält man
1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder 35

Abb. 1.12 Zeitabhängige


Quellen und Felder in einem H(t)
System mit charakteristischer
q(t) E(t)
Ausdehnung Δl und –
+ –
Lichtgeschwindigkeit c + –
+
J(t)
c
Δl

Δl c T ¼ c=f ¼ λ

Δl λ ðelektrisch kleines SystemÞ: ð1:84Þ

" Ein System wird als elektrisch klein bezeichnet, wenn innerhalb der Zeitkon-
stante Dt eines zeitabhängigen Vorganges der Lichtweg viel gro €ßer ist als die
charakteristischen Abmessungen Dl des Systems, bzw. die Wellenlänge Dl << l.
Abhängig davon welches der beiden Felder vorherrschend ist, unterscheiden
wir zwischen einem quasi-elektrostatischen und einem quasi-magnetostatischen
Feld, d. h. je nachdem welches der beiden statischen Felder sich exakt für den
Grenzfall Dt ! 1 bzw. f ! 0 einstellt.

Quasi-Elektrostatische Felder
Ausgehend von den elektrostatischen Feldgleichungen

rot E ¼ 0

div D ¼ q
D ¼ ε E,

in denen alle Gr€oßen zeitabhängig sind, wird auch ein magnetisches Feld gemäß (II)
induziert. Die entsprechenden Feldgleichungen hierfür lauten:

∂D
rot H ¼ þJ
∂t
div B ¼ 0
B ¼ μH

J ¼ κ E:
36 1 Elektromagnetische Feldtheorie

a b
I
.
E I
H . .B .
E .

Abb. 1.13 (a) Quasi-Elektrostatisches Feld in einem Kondensator (b) Quasi-Magnetostatisches


Feld in einer Spule

Ein solches quasi-elektrostatisches Feld liegt beispielsweise innerhalb eines Platten-


kondensators vor, das von einem zeitabhängigen Strom I gespeist wird (Abb. 1.13a). Das
gestrichelt skizzierte Magnetfeld, das vom zeitabhängigen E-Feld induziert wird, ist unter
der Bedingung (1.83) vernachlässigbar.

Beispiel 1.3: Feldenergie im Plattenkondensator


Im quasi-elektrostatischen Feld eines Plattenkondensators soll das Verhältnis zwischen
elektrischer und magnetischer Feldenergie anhand einer Modellrechnung für eine kreis-
runde Geometrie mit Radius a bestimmt werden. Dazu werden sämtlich Randeffekte
vernachlässigt und für das zeitabhängige elektrische Feld E(r,t) zwischen den Platten
eine homogene Verteilung wie im statischen Fall angenommen.

I(t)

H(t)
E(t) ε,μ

2a

Die zeitabhängige elektrische Energiedichte ergibt sich nach (1.70) zu:

ε
wE ðt Þ ¼ E2 ðt Þ:
2
1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder 37

Das induzierte magnetische Feld lässt sich aufgrund der Zylindersymmetrie direkt
durch Auswertung der Maxwell-Gleichung II in Integralform (1.39) entlang eines
Kreises mit Radius ρ bestimmen:
I ZZ
∂D ∂E
H  ds ¼ 2π ρ H ¼  dA ¼ π ρ2 ε :
∂t ∂t
∂AðρÞ AðρÞ

Das in ϕ-Richtung resultierende Magnetfeld hängt vom Radialabstand ρ ab:

ε ρ ∂E
H¼ :
2 ∂t

Die entsprechende magnetische Energiedichte (1.71) ergibt sich zu:

 2
μ 2 μ ε2 2 ∂E
wM ðt Þ ¼ H ðt Þ ¼ ρ :
2 8 ∂t

Betrachtet man einen harmonischen Vorgang mit Kreisfrequenz ω ¼ 2 π f und


^ d. h.:
elektrischer Feldamplitude E,

Eðt Þ ¼ E^ cos ðωtÞ,

so lauten die zeitlichen Mittelwerte von wE und wM über eine Periode T ¼ 1/f mit

ZT ZT
1 1 1
sin ðωtÞ d t ¼
2
cos 2 ðωtÞ d t ¼
T T 2
0 0

ε
wE ðt Þ ¼ E^2
4

μ ε2 2 2 ^ 2
wM ðt Þ ¼ ρω E :
16

Damit ergibt sich für das Verhältnis zwischen den beiden zeitlich gemittelten Ener-
giedichten mit der Definition für die Lichtgeschwindigkeit (1.23) des Mediums und der
Wellenlänge λ ¼ c/f

 2 ρ2
wM ðt Þ f
¼ μεπ f ρ ¼ π ρ ¼ π2
2 2 2
:2
wE ðt Þ c λ
38 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Daraus folgt mit ρ  a λ für eine elektrisch kleine Anordnung:

w M ðt Þ a2
 π2 1:
w E ðt Þ λ

Ist also die Frequenz genügend klein so ist die magnetische Energie gegenüber der
elektrischen Energie vernachlässigbar und der Plattenkondensator verhält sich an seinen
Anschlüssen entsprechend dem statischen Kapazitätswert C.

Quasi-Magnetostatische Felder
Ausgehend von den magnetostatischen Feldgleichungen

rot H ¼ J

div B ¼ 0
B ¼ μ H,

in denen alle Gr€oßen zeitabhängig sind, wird auch ein elektrisches Feld gemäß (I)
induziert. Die entsprechenden Feldgleichungen hierfür lauten:

∂B
rot E ¼ 
∂t
div D ¼ 0
D ¼ ε E:

Das Fehlen von Ladungen resultiert aus der Identität (A.75)

div rot H ¼ div J ¼ 0,

die in Kombination mit der Kontinuitätsgleichung (1.29)

dq
div J ¼  ¼0
dt

eine konstante Ladungsdichte ergibt, die zu Null gesetzt werden kann. Das Str€omungsfeld
ist also zu jedem Zeitpunkt quasi-station€ar, im Sinne dass es zwar zeitabhängig ist, aber an
jedem Ort die gleiche relative Änderung erfährt.
Ein solches quasi-magnetostatisches Feld liegt beispielsweise innerhalb einer Zylinder-
spule vor, die von einem zeitabhängigen Strom I durchflossen wird (Abb. 1.13b). Das
gestrichelt skizzierte elektrische Feld, das vom zeitabhängigen B-Feld induziert wird
(1.38), ist unter der Bedingung (1.83) vernachlässigbar (Vgl. Übungsaufgabe UE-1.6).
1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder 39

Im Rahmen der Quasi-Magnetostatik liegen dem Induktionsgesetz (I) grundlegende


technische Anwendungen zugrunde, wie z. B. dem elektrischen Generator. Gemäß der
Integralform (1.38)
I ZZ

E  ds ¼  B  dA ð1:85Þ
∂t
∂A A

treibt das induzierte elektrische Wirbelfeld E in einer darin befindlichen Leiterschleife mit
der Fläche A einen Stromfluss. Jede Ladung Q in der Schleife durchläuft dabei die
Energiedifferenz
I
ΔW ¼ Q E  ds:
∂A

Normiert auf die Ladung entspricht diese Energiedifferenz der Induktionsspannung


I
U ind ¼ E  ds,
∂A

die an den Schleifenanschlüssen als Quellenspannung meßbar ist. Dabei ist nach (I) einzig
die zeitliche Änderung des magnetischen Flusses durch A
ZZ
Φ¼ B  dA,
A

gemäß der Definition eines Vektorflusses (A.39) für die Induktionsspannung maßgeblich:

∂Φ
U ind ¼  : ð1:86Þ
∂t

Die Richtungen von E und Φ sind im Rechtsschraubensinn miteinander verknüpft


(Abb. 1.14).
Gl. (1.86) ist so zu verstehen, dass das Magnetfeld nicht notwendigerweise zeitlich
veränderlich sein muss. Stattdessen kann es auch konstant sein, aber die Form oder die
Lage von A ändert sich mit der Zeit. Auch eine Bewegung durch ein ortsabhängiges
statisches Magnetfeld bewirkt einen entsprechenden zeitveränderlichen magnetischen
Fluss Φ(t) durch die Schleifenfläche A (Bewegungsinduktion). Darüber hinaus lässt sich
die Induktionsspannung Uind durch Reihenschaltung mehrerer Leiterschleifen vervielfa-
chen, z. B. mit einer Drahtspule mit N-Windungen, d. h.:
40 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Abb. 1.14 Induktionsspannung Φ(t)


Uind in einer Leiterschleife mit
der Fläche A E

Uind A

∂A

Abb. 1.15 Zur Lenzschen


Regel
dB0 /dt

Iind
Bg


U ind ¼ N :
dt

Schließt man einen Verbraucher an eine solche Leiterschleife an, so nimmt dieser eine
elektrische Leistung auf, die gemäß Energieerhaltungsprinzip aus dem magnetischen Feld
gespeist werden muss. Dies ist auch als Lenzsche Regel bekannt, wonach der durch den
geschlossenen Stromkreis resultierende Induktionsstrom Iind in der Schleife seinerseits ein
Magnetfeld Bg erzeugt, das dem Primärfeld B0 entgegenwirkt (Abb. 1.15). Andernfalls
würde ohne äußere Energiezufuhr ein beliebig großer Strom bzw. Leistungsumsatz im
Verbraucher entstehen (Prinzip des Perpetuum mobile).

Beispiel 1.4: Energieerzeugung mit Wechselspannungsgenerator


Als einfache Modellrechnung für einen Wechselspannungsgenerator wird eine rechteckige
Leiterschleife mit den Seitenlängen b und a betrachtet, die mit der konstanten Winkelge-
schwindigkeit ω in einem statischen Magnetfeld B um die Symmetrieachse rotiert.

a
B
Fmagn Iind
B dA
ω b
Uind ωt

A
1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder 41

Mit dem zeitabhängigen Drehwinkel ωt von der in gestrichelt gezeichneten Bezugs-


position bei t ¼ 0, resultiert für den zeitabhängigen Fluss durch die ebene
Schleifenfläche A:
ZZ
Φðt Þ ¼ B  dA ¼ B A cos ðω t Þ:
A

Damit ergibt sich als Induktionsspannung


U ind ðt Þ ¼  ¼ B A ω sin ðω t Þ
dt

eine zur Winkelgeschwindigkeit proportionale Wechselspannung mit der Kreisfre-


quenz ω.
Bei Anschluss eines Verbrauchers R fließt nach dem Ohmschen Gesetz der Induk-
tionsstrom

U ind ðt Þ
I ind ðt Þ ¼
R

durch die Leiterschleife, die als ideal leitend angenommen wird. Entsprechend der
Lenzschen Regel muss es eine zur Drehrichtung entgegengesetzte Rückwirkung geben.
Wie in skizziert, resultiert aus der Ladungsbewegung mit Geschwindigkeit v in Strom-
richtung für jedes Wegelement ds, das die differentielle Ladung dQ ¼ ql ds enthält, die
differentielle magnetischen Kraft (1.3):

dFmagn ¼ ql d s v  B:

Daraus ergibt sich auf den beiden Seiten mit der Länge a ein Kräftepaar das ein zur
Drehrichtung entgegengesetztes Drehmoment

dT ¼ ql ds v B b sin ω t

erzeugt. Die auf den anderen beiden Seiten (Länge b) resultierende Kräfte sind rein
translatorisch, entgegengesetzt und heben sich auf. Mit

d Q ds
ql d s v ¼ ¼ I ind d s
dt
42 1 Elektromagnetische Feldtheorie

erhalten wir für das Brems-Drehmoment (A ¼ a b):

U i ðt Þ
T ðt Þ ¼ A B sin ðω t Þ:
R

Um die Drehbewegung aufrecht zu erhalten, ist die mechanische Drehleistung

Pmech ðt Þ ¼ T ðt Þ ω

z. B. durch eine thermodynamische Maschine aufzubringen. Einsetzen von T ergibt:

U i ðt Þ U 2 ðt Þ
Pmech ðt Þ ¼ A B ω sin ðω t Þ ¼ i ¼ Pel ðt Þ:
R R

Die erforderliche mechanische Leistung entspricht also genau der vom Verbraucher
aufgenommenen elektrischen Leistung Pel, in Übereinstimmung mit dem Energieerhal-
tungsprinzip. Genau genommen fehlt in dieser Bilanz noch die Berücksichtigung der
Feldenergie, die im magnetischen Feld des Induktionsstrom auf- und abgebaut wird.
Vorausgesetzt das ω bzw. die Schleifenfläche A nicht zu groß ist, kann dieser Effekt
näherungsweise vernachlässigt werden.

Hochfrequenz-Ersatzschaltbilder
Wie am Beispiel des Plattenkondensators gezeigt, tritt in elektrischen Bauelementen mit
zunehmender Frequenz die Wirkung der sekundären Felder in Erscheinung. Dies gilt auch
für die Verluste. Das Verhalten des Bauelementes weicht dann zunehmend von seiner
idealen Funktion ab. Abb. 1.16 zeigt am Beispiel des Kondensators, des Widerstands und
der Induktivität wie die entsprechenden nominellen Schaltzeichen C, R und L um die
sekundären Elemente zu erweitern sind, um das elektrische Verhalten an den
Bauelementanschlüssen richtig zu beschreiben. Beim Kondensator (Abb. 1.16a) ist dies
eine in Reihe geschaltete Induktivität, die die zusätzliche magnetische Energie zwischen
den Platten erfasst. Beim Widerstand (Abb. 1.16b) ist es sowohl eine Induktivität für das
vom Str€ omungsfeld erzeugte Magnetfeld als auch eine Kapazität für das elektrische Feld
zwischen den Anschlüssen. Bei der Induktivität (Abb. 1.16c) ist es eine zwischen den
einzelnen Windungen vorhandene Kapazität, zusammengefasst durch eine effektive Ge-
samtkapazität. Die ohmschen Verluste sind in den beiden Ersatzschaltbilder für die Ka-
pazität und Induktivität durch entsprechende Widerstandselemente berücksichtigt.
Die in Abb. 1.16 dargestellten Ersatzschaltbilder verlieren bei einer weiteren Erh€ohung
der Betriebsfrequenz ihre Gültigkeit, sodass eine genaue Beschreibung des Bauelementes
die L€
osung der vollständigen Maxwell-Gleichungen erfordern würde.
1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder 43

Abb. 1.16 Hochfrequenz- a b c


Ersatzschaltbilder
(a) Kondensator (b) Widerstand
und (c) Induktivität (Spule)

R L
C

Elektrisches Netzwerk
Ein elektrisches Netzwerk, wie in Abb. 1.17 dargestellt, mit konzentrierten Elementen wie
z. B. Spannungsquellen (U0), Widerstände (R), Kondensatoren (C) und Induktivitäten (L )
ist vollständig durch die Kirchhoffschen Gleichungen für alle Maschenspannungen Ui und
Zweigstr€ ome Ii beschrieben. Dies gilt auch im zeitabhängigen Fall, solange das Netzwerk
in seinen Abmessungen elektrisch klein ist, d. h. Δl << c Δt bzw. Δl << λ. Ist die
Induktionswirkung des Magnetfeldes in einer Masche wie auch elektrische Felder zwi-
schen Zweigen, die einen Potenzialunterschied aufweisen, nicht zu vernachlässigen, so
kann ihre Wirkung entsprechend in zusätzliche konzentrierten Induktivitäten bzw.
Kapazitäten im Netzwerk berücksichtigt werden. Ohmsche Verluste in den Verbindungen
zwischen den Schaltelementen k€onnen durch zusätzliche konzentrierte Widerstände ersetzt
werden, so dass die Verbindungen ideal leitend angesetzt werden k€onnen (Etan ¼ 0)
Unter diesen Annahmen folgen die Kirchhoffschen Gleichungen unmittelbar aus den
Maxwell-Gleichungen. So folgt aus der Integralform (I) für einen Maschenumlauf um die
Fläche A (Abb. 1.17):

I X
E  ds ¼ i
Ui ¼ 0 ðMaschensatzÞ: ð1:87Þ
∂A

Abb. 1.17 Elektrisches Etan = 0 L


Netzwerk mit konzentrierten V
Ii
Schaltelementen R,L,C und
Spannungsquelle U0
B=0 R
U0 Ui
A

Δl
44 1 Elektromagnetische Feldtheorie

Für ein Volumen V, das einen Knoten umschließt (Abb. 1.17) erhält man aus der
Integralform (II) mit ∂D/∂t ¼ 0 und ∂V ! 0 für die geschlossene Oberfläche direkt

ZZ X
 J  dA ¼ I
i i
¼0 ðKnotensatzÞ: ð1:88Þ
∂V

Ist die Struktur nicht mehr elektrisch klein, so treten Wellenphänomene auf und die
Netzwerkbeschreibung versagt mit zunehmender Frequenz. Eine exakte L€osung wäre
dann nur aus den vollständigen Maxwell-Gleichungen zu erhalten, was ungleich
aufwändiger ist.

1.8.5 Diffusionsfelder (Skineffekt)

Innerhalb von Leitern kann aufgrund der hohen Leitfähigkeit κ bei nahezu allen techni-
schen Anwendungen und Frequenzen die Verschiebungsstromdichte in (II) gegenüber der
Leitungsstromdichte vernachlässigt werden, d. h.:
 
∂D
  jJj:
 ∂t 

Die so reduzierten Maxwell-Gleichungen in einem Leiter lauten:

! ∂B
rot H ¼ J  rot E ¼ 
J¼κ E ∂t
div B ¼ 0 div D ¼ 0

D ¼ εE J ¼ κE B ¼ μ H:

Wie bei den quasi-magnetostatischen Feldern kann die elektrische Ladungsdichte


q vernachlässigt werden, sodass sich ein quasistationäres Str€omungsfeld einstellt. Jedoch
besitzt dieses eine charakteristische räumliche Inhomogenität, die daraus resultiert, dass
das induzierte E-Feld über die Leitfähigkeit des Mediums κ aufgrund des Ohmschen
Gesetzes J ¼ κ E (1.42) auf J und damit auf das Magnetfeld unmittelbar zurückwirkt
(Abb. 1.18).
In einem solchen Diffusionsfeld sind auch alle anderen Feldgr€oßen inhomogen verteilt,
mit einer Konzentration im Randbereich (Strom-und Feldverdr€angung, Skineffekt). Da es
1.8 Einteilung Elektromagnetischer Felder 45

Abb. 1.18 Inhomogenes


Elektromagnetisches E, J
Diffusionsfeld im Leiter mit den
induzierten Feldern (E, J)ind
(schematisch)
(E, J)ind

B
κ≠0

sich beim elektrischen Feld um ein reines Wirbelfeld handelt, werden die resultierenden
Str€
ome auch als Wirbelstr€ome bezeichnet.

1.8.6 Elektromagnetische Wellenfelder

Ist die Bedingung für langsam veränderliche Felder nicht mehr erfüllt, so sind keine
Vereinfachungen bezüglich der Zeitabhängigkeit mehr m€oglich und es ist die L€osung des
vollständigen Systems der Maxwell-Gleichungen erforderlich:

∂B ∂D
rot E ¼  rot H ¼ J þ
∂t ∂t
div D ¼ q div B ¼ 0

D ¼ εE J ¼ κE B ¼ μ H:

Elektrisches und magnetisches Feld sind wechselseitig miteinander verkoppelt über

∂B ∂D
 bzw: ðþJÞ,
∂t ∂t

d.h. sie induzieren sich fortlaufend gegenseitig (Abb. 1.19). Das resultierende elektro-
magnetische Feld in Abhängigkeit von Raum und Zeit zeigt sich in diesem Fall in seiner
allgemeinsten Form als Wellenfeld, das sich mit Lichtgeschwindigkeit c (1.23) des Medi-
ums ausbreitet.
46 1 Elektromagnetische Feldtheorie

J E
c

B B

Abb. 1.19 Erzeugung eines elektromagnetischen Wellenfeldes und Ausbreitung im Raum durch
gegenseitigen Induktionsvorgang von E und B (schematisch)

1.9 Übungsaufgaben

UE-1.1 Bewegung eines geladenen Teilchens im homogenen Magnetfeld


Ein Teilchen mit der Masse m und Ladung Q taucht in ein homogenes Magnetfeld B mit der
Anfangsgeschwindigkeit v0 ein (siehe Skizze). Berechnen Sie den Radius r der Kreisbahn,
die sich aufgrund des Kräftegleichgewichts zwischen der magnetischen Kraft Fmagn und
der Zentrifugalkraft Fz ¼ m v0/r einstellt.

Fmagn v0

r +
Fz
Q v0 B
+

UE-1.2 Punkthafte Ladungsdichten


In der x-y-Ebene befinden sich vier Ladungen Q1  Q4 an den Positionen r1  r4 (siehe
Skizze). Formulieren Sie die Ladungsdichte q(r) mithilfe der Dirac-Funktion δ(r). Berech-
nen Sie durch Integration über q(r) die Gesamtladung Qges im gesamten Raum für die
beiden Fälle:

Q1 ¼ Q2 ¼ Q3 ¼ Q4 ¼ Q

Q1 ¼ Q2 ¼ Q3 ¼ Q4 ¼ Q:
1.9 Übungsaufgaben 47

y
2 Q1

Q2 1
−1 1
x
−2 2
−1 Q4

Q3 −2

UE-1.3 Strom entlang einer Bandleitung – Kontinuitätsgleichung


Gegeben ist eine Bandleitung der Länge l, Breite b und Plattenabstand h. Zwischen den
ideal leitfähigen Platten (κL ! 1) befindet sich ein Widerstandsmaterial mit der spezifi-
schen Leitfähigkeit κ. An den Leitungsanschlüssen (x ¼ 0) ist eine Spannungsquelle
U0 ¼ const. angeschlossen (siehe Skizze). Gehen sie für die folgende Modellrechnung
von einem homogenen Feld zwischen den Platten aus, d. h. Randeffekte sind zu ver-
nachlässigen.

κL→ ∞
I h
Ix(x) Ix (x+Δx)

U0
Iz κ b

Δx
0
x
y l
z

a) Stellen Sie die Strombilanz zwischen dem ortsabhängigen Leitungsstrom Ix(x) in den
Platten und dem abfließenden Strom Iz für ein finites Leitungsstück Δx auf. Gehen Sie
dabei allgemein von der Kontinuitätsgleichung aus.
b) Leiten Sie aus der Strombilanz durch Grenzübergang Δx ! 0 die für den Leitungsstrom
Ix(x) maßgebliche Differenzialgleichung her und bestimmen Sie die L€osung unter
Berücksichtigung der gegebenen Randbedingungen am Anfang und am Ende der
Leitung (x ¼ 0, l ).
c) Welche Stromverteilung Ix(x) ergibt sich, wenn am Ende der Leitung ein ohmscher
Widerstand R angeschlossen wird?
48 1 Elektromagnetische Feldtheorie

UE-1.4 Randbedingungen des elektromagnetischen Feldes – Brechungsgesetz


Leiten Sie das „Brechungsgesetz“ tan α1/tan α2 für die elektrischen und die magnetischen
Feldlinien E bzw. H an einem Medienübergang mit unterschiedlicher Permittivität ε1,2
bzw. Permeabilität μ1,2 ab (siehe Abbildung), unter der Annahme dass die Grenzfläche frei
von Oberflächenladungen bzw. Str€omen sei. Welchem Grenzwert streben jeweils die
beiden Winkel α1 und α2 für ε2 >> ε1 bzw. μ2 >> μ1 zu?

E2 H2
Et,2 Ht,2

En,1 α2 Hn,1 α2
α1 En,2 α1 Hn,2
Et,1 Ht,1
E1 H1

ε1 ε2 μ1 μ2

UE-1.5 Aufladung eines Kondensators – Energieerhaltungssatz


Gegeben ist ein kreisrunder Plattenkondensator mit dem Radius a und dem Plattenabstand
d. Dieser wird über eine Zeitspanne t0 durch eine Spannungsrampe U(t) von Null auf den
Endwert U0 aufgeladen (siehe Skizze).

I(t) U(t)
ρ
U0
U(t) H(t)
E(t) ε,μ d

ez 0 t0 t

2a

a) Berechnen Sie das elektrische Feld E(t) und das magnetische Feld H(t) innerhalb des
Kondensators in Abhängigkeit der Plattenspannung U(t) nach Betrag und Richtung und
unter Vernachlässigung der Randeffekte. Betrachten Sie dabei die Zeiträume 0  t  t0
und t > t0 getrennt. Gehen Sie von quasistatischen Verhältnissen aus und nutzen Sie die
Resultate aus Beispiel 1.3.
1.9 Übungsaufgaben 49

b) Bestimmen Sie die elektrische und magnetische Feldenergie WE(t) und WM(t) im
Plattenkondensator.
c) Ermitteln Sie den resultierenden Poynting-Vektor S(t) entlang des Plattenrandes (ρ ¼ a).
In welche Richtung zeigt er und wie groß ist insgesamt die Leistung P(t), die in den
Kondensator fließt?
d) Verifizieren Sie den Poynting-Satz unter Verwendung der Ergebnisse aus den Aufga-
benteilen b) und c).

UE-1.6 Quasi-Magnetostatisches Feld einer Zylinderspule


Innerhalb des quasi-magnetostatischen Feldes einer Zylinderspule mit dem Radius a (siehe
Skizze) soll das Verhältnis zwischen elektrischer und magnetischer Feldenergie bestimmt
werden. Vernachlässigen Sie für diese Modellrechnung sämtliche Randeffekte und nehmen
Sie für das zeitabhängige Magnetfeld H(r,t) innerhalb der Spule eine homogene Verteilung
wie im statischen Fall an.
Hinweis: Gehen Sie analog zu Beispiel 1.3 „Feldenergie im Plattenkondensator“ vor.

ε,μ
I
H

E ρ

2a

a) Berechnen Sie ausgehend von H(t) das induzierte elektrische Feld E(r,t).
b) Bestimmen Sie die Energiedichten des elektrischen Feldes wE(t) und des magnetischen
Feldes wM(t).
c) Ausgehend von einer harmonischen Schwingung mit der Kreisfrequenz ω und der
Amplitude H0 soll das Verhältnis der zeitlich gemittelten Energiedichten bestimmt
werden. Welche Schlussfolgerung kann bezüglich zur elektrischen Gr€oße a/λ der
Zylinderspule gezogen werden?

UE-1.7 Quasi-Magnetostatische Felder – Induktion


Auf einem feststehenden Metallrahmen der Breite d ist ein beweglicher Metallstab in
leitender Verbindung angeordnet, der mit der konstanten Geschwindigkeit v in x-Richtung
gleitet (siehe Skizze). Der gesamte Aufbau sei ideal leitend und wird von einem ortsab-
hängigen Magnetfeld B(x) ¼ K x senkrecht durchsetzt (K ¼ const.). Der Stab befindet sich
zum Zeitpunkt t ¼ 0 bei x ¼ 0.
50 1 Elektromagnetische Feldtheorie

B(x)
Ui(t) v d

x
0 xi (t)

a) Berechnen Sie die an den Rahmenanschlüssen induzierte Spannung Ui (t).


b) An den Rahmenanschlüssen sei ein Verbraucher mit Widerstand R angeschlossen. Wie
groß ist der im Verbraucher während des Bewegungsvorganges fließende Strom I(t)?
Welche elektrische Leistung Pel (t) wird im Verbraucher umgesetzt?
c) Berechnen Sie die an dem beweglichen Stab angreifenden Kraft F(t) nach Betrag und
Richtung.
d) Weisen Sie die Gültigkeit des Energieerhaltungssatzes anhand der Leistungsbilanz
Pmech ¼ Pel explizit nach, wenn Pmech ¼ Fv die zur Aufrechterhaltung der Bewegung
notwendige mechanische Leistung ist.
Elektrostatische Felder
2

Zusammenfassung
Das statische elektrische Feld ruhender Ladungen stellt die elementarste Feldform dar. Es
folgt aus einer skalaren Potentialfunktion, die L€osung einer partiellen DGL 2. Ordnung – der
Poisson bzw. Laplace-Gleichung ist. Die Bestimmung der Potentialfunktion unter bestimm-
ten Randbedingungen des Feldes an den Grenzen des Gebietes indem die L€osung gesucht
ist, stellt eine Randwertaufgabe dar. Die drei analytischen L€osungsmethoden, die dafür im
folgenden Anwendung finden, sind die Spiegelungsmethode, der Separationsansatz nach
Bernoulli und die konforme Abbildung. Die Integration der Potentialfunktion über die
ladungserfüllten Bereiche ergibt die im elektrostatischen Feld gespeicherte Energie. Der
mit der Feldenergie verknüpfte Begriff der Kapazität wird von der einfachen Anordnung mit
zwei Elektroden auf ein System mit beliebiger Elektrodenanzahl erweitert.

2.1 Feldgleichungen

In einem System, in dem alle Ladungen ruhen, sodass auch kein Stromfluss und demzu-
folge auch kein magnetisches Feld vorliegt, reduzieren sich die Maxwell-Gleichungen
(Abschn. 1.8.1) zu
I
rot E ¼ 0 bzw: E  ds ¼ 0 ðI0 Þ

ZZ ZZZ
div D ¼ q bzw:  D  dA ¼ q dV : ðIIIÞ
∂V V

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 51


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2_2
52 2 Elektrostatische Felder

Hierbei geht die Integralform von (I0 ) und (III) durch den Stokesschen (A.80) bzw. dem
Gaußschen Integralsatz (A.81) hervor.
Für die vollständige Beschreibung wird die Materialgleichung

D ¼ ε E, ð2:1Þ

sowie die beiden Randbedingungen an Mediengrenzen ben€otigt (Abschn. 1.5):

en  ðE2  E1 Þ ¼ 0, d:h: Et, 1 ¼ Et, 2 ð2:2Þ

en  ð D 2  D 1 Þ ¼ qA , d:h: Dn, 2  Dn, 1 ¼ qA : ð2:3Þ

Hierbei zeigt der Normalenvektor von Medium 1 nach Medium 2.


Nur in wenigen sehr einfachen Fällen mit hoher Symmetrie ist eine L€osung der
Feldgleichungen (I0 ) und (III) in integraler Form direkt m€oglich. Im Allgemeinen sind
für die elektrischen Feldvektoren E bzw. D drei ortsabhängige skalare Funktionen zu
bestimmen. Einfacher ist es, zunächst eine Potentialfunktion (Skalarfeld) zu bestimmen,
aus der anschließend das elektrische Vektorfeld berechnet werden kann.

2.2 Das elektrische Potentialfeld

Aus der Wirbelfreiheit des elektrostatischen Feldes (I0 )

rot E ¼ 0

folgt aufgrund der Identität (A.74)

rot grad φ  0

unmittelbar, dass die elektrische Feldstärke aus dem Gradienten (A.43) einer skalaren
Funktion, dem Potential φ, bestimmt werden kann:

E ¼  gradϕ Elektrisches Skalarpotential φ ð2:4Þ

Das negative Vorzeichen ist Konvention. Demzufolge zeigt der Vektor E in Richtung
abnehmendem Potential.
Die Potentialfunktion φ hat eine fundamentale physikalische Bedeutung. Dazu betrach-
ten wir eine Ladung Q nach Durchlaufen eines Weges zwischen den Punkten A und B in
einem elektrischen Feld E. Aufgrund der auf sie wirkenden elektrischen Kraft (1.2) wird ihr
die Energie
2.2 Das elektrische Potentialfeld 53

ZrB ZrB ZrB


W AB ¼ Fel  ds ¼ Q E  ds ¼ Q grad φ  ds
rA rA rA

zugeführt. Ersetzen wir das Wegintegral über den Gradienten nach (A.78) durch die
Differenz der Potentialwerte am Anfangs- und Endpunkt, ergibt sich

W AB ¼ Q ½φðrA Þ  φðrB Þ ¼ Q U AB :

Hierbei bezeichnet man die Potentialdifferenz UAB zwischen den Punkten A und B als
elektrische Spannung zwischen den beiden Punkten:

ZrB
U AB ¼ E  ds ¼ φðrA Þ  φðrB Þ, ð2:5Þ
rA

mit der Einheit

½W  kg  m2
½U  ¼ ½φ ¼ ¼ ¼ V ðVoltÞ:
½Q  A  s3

" Die Spannung UAB zwischen den Punkten A und B gibt die auf die Ladung
bezogene Energiedifferenz WAB an. Sie ist gemäß (2.5) unabhängig von der Wahl
des Integrationsweges zwischen den beiden Punkten und nur von der Differenz
der Potentialwerte bestimmt.

Ein Vektorfeld mit dieser Eigenschaft bezeichnet man als konservatives Feld. Ein weiteres
Beispiel hierfür ist das Gravitationsfeld, in dem die potentielle Energiedifferenz zwischen
zwei Punkten allein von der Lage (H€ohe) abhängt und nicht von der Form des Weges.
Aufgrund der räumlichen Differentiationen im Gradienten (2.4) ist E gegenüber einer
frei wählbaren additiven Konstante C in der Potentialfunktion φ invariant, d.h.

gradðφðrÞ þ C Þ ¼ gradðφðrÞÞ:

Entsprechend der frei wählbaren Konstante C ist der Potentialwert φ(r) in einem Punkt r
nicht absolut, sondern immer auf einen Referenzwert φ(r0) bezogen, dem ein Bezugspunkt
r0 zugeordnet ist. Aus (2.5) folgt mit r ¼ rB und r0 ¼ rA:

Zr
φðrÞ ¼  E  ds þ φðr0 Þ ð2:6Þ
r0
54 2 Elektrostatische Felder

Gl. (2.6) stellt gewissermaßen die Umkehroperation zu (2.4) dar. Zweckmäßigerweise


wählt man für r0 einen Punkt im Unendlichen oder auf der Erdoberfläche und ordnet
diesem den Wert Null zu. Die Potentialfunktion φ(r) gibt also die potentielle Energie einer
Einheitsladung im Punkt r gegen€uber dem Bezugspunkt r0 an.

2.2.1 Feld- und Potentiallinien

Flächen im dreidimensionalen Raum (3D) bzw. Linien im zweidimensionalen Raum (2D),


auf denen ein einheitlicher Potentialwert φ ¼ const. besteht, heißen Äquipotentialflächen
bzw. -linien. Betrachtet man den differentiellen Potentialunterschied im Abstand ds zu
einem Bezugspunkt r0:

dφ ¼ φðr0 þ dsÞ  φðr0 Þ ¼ E  ds ¼ jEj d s cos ∡ðE; dsÞ,

so folgt daraus, dass E in Richtung des gr€oßten Potentialgefälles zeigt (Abb. 2.1a). Das
heißt, die E-Feldlinien stehen senkrecht auf den Äquipotentiallinien φ ¼ const.
(Abb. 2.1b).

" Die elektrischen Feldlinien und die Äquipotentiallinien stehen in jedem Punkt
senkrecht aufeinander. Sie bilden ein orthogonales Netz.

2.2.2 Leiter im elektrostatischen Feld

In einem elektrostatischen Feld sind alle Ausgleichsvorgänge in einem Leiter auch bei
endlicher Leitfähigkeit abgeklungen (τR 6¼ 0, siehe Beispiel 1.1), d.h. es liegen die gleichen
Verhältnisse vor wie für einen idealen Leiter im zeitabhängigen Fall. Daraus folgt, dass die
Oberfläche eines leitfähigen K€orpers im elektrostatischen Feld immer eine
Äquipotentialfläche darstellt, da auf ihr nach (2.6) wegen Etan ¼ 0 (1.58) kein Poten-
tialunterschied zwischen zwei Punkten bestehen kann. Dies gilt auch für das Innere des
Leiters, das feldfrei ist. Gemäß der Randbedingung (1.60)

En
Dn ¼ ¼ qA ð2:7Þ
ε

ist die Flächenladung direkt proportional zur Feldstärke auf der Leiteroberfläche (Abb. 2.2).
2.3 Die Potentialgleichung 55

a b E
E

ds
ϕ(r0 +ds)
ϕ(r0)
ϕ3
ϕ2
ϕ1

Abb. 2.1 (a) Infinitesimale Potentialdifferenz zwischen zwei Punkten. (b) E-Feldlinien und
Äquipotentiallinien

Abb. 2.2 Leiter im


elektrostatischen Feld E
+ +
ε +
+
qA +
+ E=0
+

ϕ = const.

" €rper hat im elektrostatischen Feld ein einheitliches Potential.


Ein leitender Ko
Seine Oberfläche stellt eine Äquipotentialfläche dar, von der die elektrischen
Feldlinien senkrecht entspringen bzw. dort münden.

2.3 Die Potentialgleichung

Das elektrostatische Feld muss den beiden Feldgleichungen (I0 ) und (III) genügen:

rot E ¼ 0 ðI0 Þ

div D ¼ q: ðIIIÞ

Über E ¼ grad φ ist die erste Feldgleichung (I0 ) erfüllt. Einsetzen in die zweite
Feldgleichung (III) ergibt durch Einsetzen mit (2.1):

div D ¼ divðε EÞ ¼ divðε grad φÞ ¼ q:


56 2 Elektrostatische Felder

Die zweifache Vektoroperation lässt sich mit Hilfe der Regel (A.66)

divðε AÞ ¼ gradðεÞ  A þ ε div A

mit A ¼ gradφ überführen in die Form (Δ  div grad):

ε Δφ þ gradðεÞ  grad φ ¼ q:

Unter der Einschränkung eines homogenen Mediums (grad ε ¼ 0) erhalten wir:

q
Δφ ¼  Poisson-Gleichung: ð2:8Þ
ε

In einem raumladungsfreien Gebiet (q ¼ 0) gilt speziell

Δφ ¼ 0 Laplace-Gleichung: ð2:9Þ

Wir haben somit für das elektrostatische Feld ein zu den Feldgleichungen (I0 ) und (III)
äquivalentes Gleichungssystem bestehend aus (2.8) und (2.4). Damit wird die L€osung der
Feldgleichungen (vektorielles Gleichungssystem) auf die wesentlich einfachere L€osung
der Poisson- bzw. der Laplace-Gleichung für die skalare Potentialfunktion zurückgeführt.
Die nachträgliche Gradientenbildung (2.4) stellt kein besonderes Problem dar.

2.3.1 Der Eindeutigkeitssatz

Die L€
osung der Poisson-Gleichung ist ohne weitere Festlegungen nicht eindeutig definiert,
da zu einer partikulären L€osung φp

q
ΔφP ¼ 
ε

eine L€
osung der Laplace-Gleichung (homogene L€osung)

ΔφH ¼ 0

dazu addiert werden kann und sie zusammen die Poisson-Gleichung ebenfalls erfüllen:

q
ΔðφH þ φP Þ ¼ ΔφH þ ΔφP ¼ ΔφP ¼  :
ε

Die homogene L€osung geh€ort zur Klasse der harmonischen Funktionen. Die Anzahl
unterschiedlicher homogener L€osungen ist beliebig.
2.3 Die Potentialgleichung 57

Zur Beantwortung der Frage, unter welchen Bedingungen nur eine einzig m€ogliche
L€
osung der Poisson-Gleichung existiert, gehen wir zunächst von zwei m€oglichen
osungen φ1 und φ2 der Poisson-Gleichung aus:
L€

q
Δφ1 ¼ 
ε
q
Δφ2 ¼  :
ε

Daraus folgt, dass die beiden L€osungen φ1 und φ2 sich um die homogene L€osung

Δðφ1  φ2 Þ ¼ 0

der Laplace-Gleichung unterscheiden. Wenden wir nun den 1. Greenschen Integralsatz (A.82)
ZZZ ZZ
ðΦ ΔΨ þ grad Φ  grad ΨÞ dV ¼  Φ grad Ψ  dA
V ∂V

für zwei Skalarfelder Φ und Ψ an, mit der Wahl Φ ¼ Ψ ¼ φ1  φ2, so dass
ΔΨ ¼ Δ(φ1  φ2) ¼ 0 ergibt, erhalten wir:
ZZZ ZZ
2
½grad ðφ1  φ2 Þ dV ¼  ðφ1  φ2 Þ grad ðφ1  φ2 Þ  dA:
V ∂V

Mit der Definition (A.44) der Normalableitung ∂φ/∂n bezogen auf die Randfläche ∂V des
Integrationsgebietes V schreiben wir den Gradienten im rechten Integral um:
 
∂φ1 ∂φ2
grad ðφ1  φ2 Þ  dA ¼ en  grad ðφ1  φ2 Þ dA ¼  dA
∂n ∂n

und erhalten schließlich folgende Beziehung für die beiden L€osungen φ1 und φ2:
ZZZ ZZ  
2 ∂φ1 ∂φ2
½grad ðφ1  φ2 Þ dV ¼  ðφ1  φ2 Þ  d A: ð2:10Þ
∂n ∂n
V ∂V

Daraus lassen sich die drei folgenden Bedingungen für das Potential auf dem Rand ∂V
ableiten, die eine eindeutige L€osung sicherstellen:

a) Das Potential φ ist durch eine Funktion f vorgegeben:

φj∂V ¼ f ðrÞ; r 2 ∂V Dirichletsche Randbedingung: ð2:11Þ


58 2 Elektrostatische Felder

b) Die Normalableitung des Potentials ∂φ/∂n ist durch die Funktion g vorgegeben:


∂φ
¼ gðrÞ; r 2 ∂V Neumannsche Randbedingung: ð2:12Þ
∂n ∂V

c) Auf unterschiedlichen Teilen des Randes ist entweder φ oder ∂φ/∂n vorgegeben:

∂φ
φj∂V ¼ f ðrÞ _ ¼ gðrÞ; r 2 ∂V gemischte Randbedingung: ð2:13Þ
∂n ∂V

In allen drei Fällen verschwindet das rechte Oberflächenintegral (2.10). Da im linken


Volumenintegral das Quadrat des Gradienten nur positiv oder Null sein kann, kann das
Integral nur verschwinden wenn grad (φ1  φ2) ¼ 0 ist, d.h. wenn φ1 und φ2 entweder
identisch sind oder sich h€ochstens um eine additive Konstante C unterscheiden. Bei der
gemischten Randbedingung (2.13) darf immer nur eine der beiden Alternativen auf Teilen
der Berandung vorgegeben werden. Andernfalls wäre das Problem überbestimmt.

" €sung ist nur bei Vorgabe von Randbedingun-


Die Bestimmung einer Potentiallo
gen nach Dirichlet, Neumann oder einer Kombination aus beiden mo €glich. Ein
so gestelltes Problem bezeichnet man als Randwertaufgabe (RWA).

2.3.2 Das Randwertproblem der Elektrostatik

Die häufigste Randwertaufgabe (RWA) ist vom Dirichletschen Typ, d.h. das Potenzial ist
auf einer Berandung vorgegeben (Abb. 2.3):

q
Δφ ¼ 
ε Dirichletsche RWA: ð2:14Þ
φj∂V ¼ f ðrÞ; r 2 ∂V

Die Neumannsche RWA mit der Vorgabe



∂φ Dn
 ¼ en  grad φ ¼  E n ¼ 
∂n ∂V ε
2.3 Die Potentialgleichung 59

Abb. 2.3 Allgemeine


Dirichletsche Randwertaufgabe en
für das elektrostatische Feld ε
ρ(r)
V
∂V

entspricht gemäß der Grenzbedingung Dn,2  Dn,1 ¼ qA (1.55) mit Dn,2 ¼ 0 (Außenraum
feldfrei):

∂φ Dn, 1 q
¼  ¼ A:
∂n ∂V ε ε

einer Vorgabe der Oberflächenladung qA, die in praktischen Fällen selten bekannt ist.

Beispiel 2.1: Faradayscher Käfig


Als einfaches Beispiel für eine RWA Dirichletschen Typs ist das Feld in einem raum-
ladungsfreien Volumen gesucht, innerhalb einer leitenden Berandung, die sich auf
einem beliebigen Potenzial φ0 befindet. Es ist also die L€osung der Laplace-Gleichung
gesucht:

Δφ ¼ 0
φj∂V ¼ φ0 ¼ const:

ϕ0 = const.

E=0 V
∂V

Als L€
osung setzen wir versuchsweise einfach an:

φðrÞ ¼ φ0 ¼ const:
60 2 Elektrostatische Felder

Wie man sich leicht überzeugen kann, erfüllt diese L€osung sowohl die Laplace-
Gleichung als auch die Randbedingung, so dass diese L€osung nach dem Einde-
utigkeitssatz (Abschn. 2.3.1) die einzig m€ogliche ist.
Für das elektrische Feld erhalten wir mit (2.4)

E ¼  grad φ0 ¼ 0:

Der ganze Innenraum V ist also feldfrei, unabhängig davon auf welchem Potential die
Leiterhülle sich befindet bzw. welches Feld außerhalb der Hülle vorliegt. Da dieses
Ergebnis v€ollig unabhängig von der Form der leitenden Hülle ist, gilt allgemein:

" Der Hohlraum innerhalb einer leitenden Hülle ist feldfrei (Faradayscher Käfig).

Dieses Ergebnis gilt auch näherungsweise auch für nicht perfekt geschlossene Hüllen,
also für metallische Gehäuse mit nicht allzu großen Öffnungen.

2.3.3 Die Greensche Funktion

Für ein gegebenes Randwertproblem ist die L€osung für eine Punktladung (1.15) von
grundlegender Bedeutung. Mit dieser als Greensche Funktion bezeichneten L€osung lässt
sich jede andere L€osung mit beliebiger Ladungsverteilung q(r) durch Superposition
gewinnen.
Ausgehend von der L€osung der Poisson-Gleichung für eine Punktladung am Ort r0 und
Aufpunkt r:

0 0
0 qðr Þ Q δðr  r Þ
Δφðr, r Þ ¼  ¼ ð2:15Þ
ε ε

definieren wir die Greensche Funktion G(r ,r0 ) als die auf Q/ε normierte L€osung, d.h. sie
erfüllt die Gleichung

0 0
ΔGðr, r Þ ¼  δðr  r Þ: ð2:16Þ

Anwendung des 2.ten Greenschen Integralsatzes (A.83)


ZZZ ZZ
½φ1 Δφ2  φ2 Δφ1  dV ¼  ½φ1 grad φ2  φ2 grad φ1  dA
V ∂V
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 61

mit der Wahl


0 0
φ1 ¼ Gðr; r Þ und φ2 ¼ φðr Þ

∂φ
ergibt mit grad φ  dA ¼ en  grad φ dA ¼ dA:
∂n
ZZZ h ZZ  i 0 
0 0 0 0 ∂φ
0 0 ∂Gðr; r Þ
0 0
Gðr; r ÞΔφðr Þ  φðr ÞΔGðr; r Þ dV ¼  Gðr; r Þ 0  φðr Þ 0 dA :
∂n ∂n
V ∂V

Einsetzen der Poisson-Gleichungen (2.8) für eine beliebige Ladungsverteilung und für
G ergibt nach Anwendung der Ausblendeigenschaft der δ-Funktion (1.16):

ZZZ ZZ  0 
1 0 0 0 0 ∂φ 0 ∂Gðr; r Þ 0
φð r Þ ¼ Gðr; r Þ qðr Þ dV þ  Gðr; r Þ 0  φðr Þ dA : ð2:17Þ
ε ∂n ∂n0
V ∂V

Wählen wir nun für die Greensche Funktion die homogene Randbedingung, d.h.
G(r,r0 ) ¼ 0; r0 2 ∂V, so entfällt das erste Glied im Oberflächenintegral und wir erhalten
die allgemeine L€osung der Dirichletschen RWA für eine beliebige Potentialvorgabe auf
dem Rand:

ZZZ ZZ  0 
1 0 0 0 ∂Gðr; r Þ
0 0
φð r Þ ¼ Gðr; r Þ qðr Þ dV   φðr Þ 0 dA : ð2:18Þ
ε ∂n
V ∂V

Ganz in Übereinstimmung mit den Ausführungen in Abschn. 2.3.1 setzt sich die L€osung
für φ aus einer Partikulärl€osung φP (Volumenintegral), die auf dem Rand Null ist, und
der homogenen L€osung φH (Hüllenintegral) zur Erfüllung der Randbedingung vom
Dirichletschen Typ φ|∂V ¼ f(r) 6¼ 0 zusammen. Entsprechend dem Superpositionsprinzip
beinhaltet das Volumenintegral mit der Greenschen Funktion als sog. Kern die Beiträge
aller Ladungsanteile.
Für eine gegebene Randgeometrie ist somit ist die L€osung der elektrostatischen RWA
für jede beliebige Ladungskonfiguration auf die Bestimmung der entsprechenden
Greenschen Funktion G(r,r0 ) zurückgeführt.

2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum

Für den Fall, dass die Berandung ∂V ausreichend weit entfernt von sämtlichen feld-
erzeugenden Ladungen im Gebiet V liegt, k€onnen wir ∂V ins Unendliche legen und haben
die RWA (2.14) mit der Randbedingung
62 2 Elektrostatische Felder

φj∂V ¼ φðjrj ! 1Þ ¼ 0

zu l€
osen.
In diesem Fall verschwindet der Beitrag des Oberflächenintegrals in (2.18) und wir
erhalten als allgemeine L€osung für eine beliebige Ladungsverteilung q(r) mit der
Greenschen Funktion des Freiraums G0(r,r0 )
ZZZ
1 0 0 0
φðrÞ ¼ G0 ðr; r Þ qðr Þ dV : ð2:19Þ
ε
V

2.4.1 Die Greensche Funktion des Freiraums


0
Zur Bestimmung von G0(r, r ) ist die Poisson-Gleichung

0 0
ΔG0 ðr; r Þ ¼ δðr  r Þ ð2:20Þ

mit der Randbedingung G0(r!1) zu l€osen. Zu diesem Zweck legen wir den Quellpunkt r0
in den Koordinatenursprung und integrieren (2.20) auf beiden Seiten über ein Volumen V.
Für die linke Seite erhalten wir mit dem Gaußschen Integralsatzes (A.81):
ZZZ ZZZ ZZ
ΔG0 dV ¼ divðgrad G0 Þ dV ¼  grad G0  dA:
V V ∂V

Mit der Normierungsbedingung (1.14) für die Dirac-Funktion erhalten wir aus der
Integration der rechten Seite von (2.20) zunächst:
ZZ
 grad G0  dA ¼ 1:
∂V

Aufgrund einer fehlenden Vorzugsrichtung muss G0(r) kugelsymmetrisch sein, d.h.


G0(r) ¼ G0(r). Wählen wir für ∂Veine Kugeloberfläche um den Ursprung, so erhalten wir mit

∂G0 ∂G0
grad G0  dA ¼ dA ¼ dAr
∂n ∂r
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 63

und dem entsprechenden Oberflächenelement dAr ¼ r2 sin θ d θ d ϕ (A.35)

Z2π Zπ  
∂G0 2
r sin θ dϕ d θ ¼ 1
∂r
ϕ¼0 θ¼0

und nach Ausführung der beiden Integrale

∂G0 1
¼ :
∂r 4 π r2

Die Integration über r liefert schließlich

Z   Z
∂G0 1 1 1
G 0 ðr Þ ¼ dr ¼  dr ¼ þ C:
∂r 4π r 2 4π r

Die Konstante C muss wegen der Randbedingung G0(r!1) ¼ 0 verschwinden, sodass

1
G 0 ðr Þ ¼
4π r

bzw. in allgemeiner Form für einen beliebigen Quellpunkt r0 :

0 1
G0 ðr; r Þ ¼ Greensche Funktion des Freiraumes: ð2:21Þ
4π jr  r0 j

2.4.2 Coulomb-Integral

Einsetzen der Greenschen Funktion (2.21) in (2.19) ergibt die allgemeine L€osung des
Potentials einer Ladungsverteilung im freien Raum:

ZZZ 0
1 qðr Þ 0
φðrÞ ¼ 0 dV Coulomb-Integral ðPotentialÞ: ð2:22Þ
4π ε jr  r j
V
64 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.4 Coulomb-Integral dE


für E, das von einer q(r')
Ladungsverteilung q in einem V r – r'
Gebiet V erzeugt wird dV '

r
r'

Die elektrische Feldstärke lässt sich aus der L€osung (2.22) durch den Gradienten gemäß
(2.4) bestimmen. Es ist alternativ auch m€oglich den Gradienten direkt in (2.22) einzuar-
beiten, um eine explizite Integrall€osung zu erhalten:
ZZZ  
1 1 0 0
E ¼ grad φ ¼  grad qðr Þ dV
4πε j r  r0 j
V

Der Gradient des reziproken Abstandes lässt sich beispielsweise in kartesischen Koor-
dinaten direkt bestimmen, wobei die Differentiationen auf die ungestrichenen Aufpunkt-
Koordinaten auszuführen sind:

0
1 rr
grad ¼ :
j r  r0 j 0 3
jr  r j

Damit erhalten wir die Integrall€osung für die elektrische Feldstärke:

ZZZ 0
1 0 rr 0
EðrÞ ¼ qðr Þ dV Coulomb-Integral: ð2:23Þ
4π ε jr  r j0 3
V

Abb. 2.4 veranschaulicht das Coulomb-Integral (2.23) für ein Volumenelement dV, das im
Abstand r  r0 einen vektoriellen Beitrag dE im Aufpunkt liefert, der parallel zum Ab-
standsvektor (r  r0 ) ist. Gegenüber dem skalaren Coulomb-Integral (2.22) für das Potential
ist die Berechnung von (2.23) i.A. wesentlich aufwendiger, da jeweils ein Integral für die drei
Komponenten von E zu l€osen ist und der Integrand eine kompliziertere Funktion darstellt.

2.4.3 Punktförmige Ladungsverteilung

Das elementare Feld einer einzigen Punktladung am Ort rQ ergibt sich mit Hilfe der Dirac-
Funktion (Abschn. 1.2) durch Einsetzen der Ladungsverteilung (1.15) q(r) ¼ Q δ(r  rQ)
in (2.22):
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 65

ZZZ 0 ZZZ 0 
1 qðr Þ 0 Q δ r  rQ 0 Q
φð r Þ ¼ 0 dV ¼ dV ¼  ,
4 π ε r  r Q 
0
4πε jr  r j 4πε jr  r j
V V

bzw. mit dem Radialabstand r von der Ladung im Koordinatenursprung (rQ ¼ 0):

Q
φð r Þ ¼ Potential der Punktladung: ð2:24Þ
4πεr

Daraus resultiert für das elektrische Feld aus dem Gradienten:

Q 1 Q r  rQ
EðrÞ ¼ grad φðrÞ ¼  grad   ¼
   ,
4π ε r  rQ 4π ε r  rQ 3

bzw. mit rQ ¼ 0:

Q
EðrÞ ¼ er Feld der Punktladung: ð2:25Þ
4 π ε r2

Abb. 2.5 veranschaulicht das Elementarfeld der Punktladung. Wie der Vergleich von
(2.25) und (2.24) zeigt, nimmt E mit dem Quadrat der Entfernung r und damit schnel-
ler ab als das Potential, das umgekehrt proportional zum Abstand ist. Die stärkere
Abstandsabhängigkeit von E gegenüber φ gilt generell für jede räumlich begrenzte
Ladungsverteilung.
Solche einfachen Felder mit hoher Symmetrie ergeben sich auch direkt durch Auswer-
tung des integralen Gaußschen Gesetzes (III). Bei Annahme eines kugelsymmetrischen
Feldes, das nur vom Abstand r abhängen kann, d.h. D ¼ ε Er(r) er liefert die Integration
über eine beliebige Kugeloberfläche Ak mit der eingeschlossenen Ladung Q im Zentrum
das Ergebnis (2.25):
ZZ ZZ
 D  dA ¼ ε Er ðrÞ  dAr ¼ ε E r ðrÞ 4 π r2 ¼ Q:
AK AK

Das Feld mehrerer Punktladungen


Für eine beliebige Anordnung von Punktladungen Qi (i ¼ 1. . .N ) an den Orten ri (Abb. 2.6)
setzen wir für die Ladungsverteilung die Summe der einzelnen Diracschen Verteilungen an:

X
N
qð r Þ ¼ Qi δðr  ri Þ:
i¼1
66 2 Elektrostatische Felder

a b
ϕ(r)
E(r)
ϕ(r)

~ 1/r
Äqui-
potential
flächen
r

Abb. 2.5 Das elektrische Feld einer Punktladung. (a) Feld- und Äquipotentiallinien (b) Potentialprofil

Abb. 2.6 Zur Berechnung des Q1 Qi


Feldes einer beliebigen r – r1
Anordnung von Punktladungen ϕ(r)
r1 ri
r QN

rN

Einsetzen von q(r) in das Coulomb-Integral (2.22) und Vertauschen von Integration und
Summation ergibt

1 X N
Qi
φð r Þ ¼ ð2:26Þ
4πε i¼1 jr  ri j

und entsprechend mit dem Coulomb-Integral (2.23) für das elektrische Feld:

1 X N
r  ri
EðrÞ ¼ Qi
4πε i¼1 j r  ri j 3

Beispiel 2.2: Der elektrische Dipol


Eine einfache aber grundlegende Ladungsanordnung ist der Dipol, bestehend aus zwei
entgegengesetzten Punktladungen Q gleicher Gr€oße im Abstand d. Das Potential der
Anordnung ergibt sich durch Addition der Einzelpotentiale (2.24) beider Ladungen im
Abstand r+ bzw. r vom Aufpunkt:
 
Q 1 1
φ¼  :
4πε rþ r
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 67

ϕ (r, θ)

z +
r
+Q
r
-
θ r
d

–Q

Aus der Symmetrie der Anordnung in Bezug auf die z-Achse, lässt sich dieser
Ausdruck auch in Kugelkoordinaten in Abhängigkeit von r und θ ausdrücken. Anwen-
dung des Cosinussatzes für r+ und r ergibt:

 2 !1=2
 2
1=2 d d
r ¼ r þ ðd=2Þ ∓ d r cos θ
2
¼ r 1þ ∓ cos θ :
2r r

Häufig wird der Dipol als unendlich kleine Anordnung betrachtet, d.h. d r. Unter
dieser Annahme kann der Ausdruck für die beiden Abstände r+ und r genähert werden:

 1=2
 d
r r 1 ∓ cos θ :
r

Für den Kehrwert erhalten wir mit (1 + x)α 1 + α x, |x| 1:


 
1 1 d
1  cos θ :
r r 2r

Daraus resultiert für das Potential

Q d cos θ
φðr; θÞ :
4 π ε r2

Als Punktdipol bezeichnet man den Grenzfall

d ! 0 und p ¼ Q d ¼ const: ðDipolmoment Þ:

Ordnen wir dem Dipolmoment p noch die Richtung von Q nach +Q zu, so lässt
sich der Ausdruck Q d cosθ als Skalarprodukt per schreiben und wir erhalten die
koordinatenunabhängige L€osung
68 2 Elektrostatische Felder

p  er
φð r Þ ¼ Elektrischer Dipol: ð2:27Þ
4πε r2

Charakteristisch für den Dipol ist die quadratische Abstandsabhängigkeit, die im


Vergleich zur Punktladung (Monopol) mit φ ~ 1/r stärker ausfällt. Dies erklärt sich
durch die kompensierende Wirkung der beiden entgegengesetzten Ladungen, die bei
θ ¼ 90 exakt φ ¼ 0 ergibt.
Zur Berechnung der elektrische Feldstärke gehen wir von Kugelkoordinaten aus.
Anwendung der Gradientenformel (A.47) ergibt mit dφ/dϕ ¼ 0:

 
∂φ 1 ∂φ
E ¼ grad φ ¼  er þ eθ :
∂r r ∂θ

Mit den Ableitungen

∂φ 2p cos θ ∂φ p sin θ
¼ ; ¼
∂r 4πε r3 ∂θ 4πε r2

erhalten wir die L€osung:

p
E¼ ð2 cos θ er þ sin θ eθ Þ: ð2:28Þ
4π ε r3

Die Feld- und Äquipotentiallinien des elektrischen Dipols sind im folgenden Bild in
der r-θ-Ebene skizziert. Im oberen Halbraum haben die Potentiallinien ein positives
Vorzeichen, während sie in der unteren Raumhälfte negativ sind.

ϕ = const.

p E
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 69

2.4.4 Linienförmige Ladungsverteilung

Eine weitere elementare Ladungsanordnung ist die Linienladung mit konstanter Belegung
ql ¼ const. Aufgrund der Zylindersymmetrie wird für die Berechnung des Feldes φ ¼ φ(ρ, z)
die Linienladung mit der Länge 2a entlang der z-Achse eines Zylinder-Koordinatensystems
gelegt (Abb. 2.7).
Für die eindimensionale Ladungsverteilung erhalten wir für das Coulomb-Integral
(2.22) mit q dV ¼ ql dz0

Z Zþa 0
1 ql 0 q dz
φðρ; zÞ ¼ dz ¼ l qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ,
4π ε j r  r0 j 4πε
a ρ2 þ ð z  z 0 Þ 2

mit der L€
osung:
2qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 3
2
6 ð z  aÞ þ ρ  ð z  aÞ 7
2
q
φðρ; zÞ ¼ l ln 4qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 5: ð2:29Þ
4π ε
ð z þ a Þ 2 þ ρ2  ð z þ a Þ

Wir wollen nun das Verhalten dieses Feldes für Aufpunkte in sehr großer und sehr
kleiner Entfernung ermitteln. Zur Vereinfachung setzen wir in beiden Fällen z ¼ 0.

Sehr kurze Linienladung


Für große Entfernungen bzw. sehr kurze Linienladungen, d.h. für a/ρ ! 0, schreiben wir
die exakte L€
osung (2.29) zunächst als Funktion von a/ρ um und erhalten durch Vernach-
lässigung von (a/ρ)2 gegenüber 1 im Zähler und Nenner die Näherung:

Abb. 2.7 Linienladung z


ϕ(ρ,z)

+a r–r'
z –z'
dz' ρ

ql
x
−a
70 2 Elektrostatische Felder

2 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 3
2  
q 6 a=ρ þ ða=ρÞ þ 1 7 ql 1 þ a=ρ
φðρÞ ¼ l ln 4 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi5 ln :
4π ε 4π ε 1  a=ρ
a=ρ þ ða=ρÞ2 þ 1

Mit der Näherung des Logarithmus für kleine Argumente


 
1þx
ln 2x; f €ur jxj 1 ð2:30Þ
1x

erhalten wir schließlich als asymptotische L€osung des Potentials für große Abstände:

2 a ql Ql
φð ρ Þ ’ ¼ :
4π ε ρ 4π ε ρ

Dies ist das Feld der Punktladung, entsprechend der anschaulichen Vorstellung, dass die
Linienladung in großer Entfernung zu einem Punkt mit der Gesamtladung Ql ¼ 2aql
zusammenschrumpft.

Sehr lange Linienladung


Für den umgekehrten Fall der unendlich langen Linienladung bzw. für sehr kurze
Abstände, d.h. für ρ/a ! 0, schreiben wir die exakte L€osung (2.29) als Funktion von ρ/a um:
2 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 3
ql 6 1 þ 1 þ ðρ=aÞ2 7
φðρÞ ¼ ln 4 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi5:
4π ε
1 þ 1 þ ðρ=aÞ2

Durch Näherung der Wurzel jeweils entsprechend

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1þx 1 þ x=2; f €ur x!0 ð2:31Þ

und Vernachlässigung des Terms (ρ/a)2 im Zähler erhalten wir schließlich als asymptoti-
sche L€
osung des Potentials der unendlich langen Linienladung:

 
ql 2a
φ ð ρÞ ’ ln ! 1; f €ur a=ρ ! 1:
2π ε ρ

Die Divergenz des Potentials rührt daher, dass die Ladungsverteilung sich bis ins
Unendliche erstreckt. Dies gilt f€ur jede Art von Ladungsverteilung, die nicht in einem
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 71

endlichen Gebiet V beschränkt ist, was gemäß Abschn. 2.4.2 dem Coulomb-Integral (2.22)
zugrundeliegt. In diesem Fall ist nur der Potenzialunterschied zu einem Bezugsabstand ρ0
im Endlichen sinnvoll, d.h.:
    
ql 2a 2a
φ ð ρ Þ  φ ð ρ0 Þ ¼ ln  ln :
2π ε ρ ρ0

Da das Potential nur bis auf eine frei wählbare Konstante bestimmt ist (Abschn. 2.2),
ordnen wir dem Referenzpunkt den Wert φ(ρ0) ¼ 0 zu und erhalten für die unendliche
Linienladung:
 
ql ρ
φ ð ρÞ ¼  ln Logarithmisches Potential: ð2:32Þ
2π ε ρ0

Das elektrische Feld ergibt sich durch Berechnung des Gradienten nach Formeln (A.46),
wobei die Ableitungen nach ϕ und z Null sind:

∂φ
E ¼ grad φðρÞ ¼  eρ
∂ρ

ql
E ρ ð ρÞ ¼ Feld der Linienladung: ð2:33Þ
2π ε ρ

Auch für diese einfache zylindersymmetrische Ladungsanordnung lässt sich das Feld
direkt aus dem Gaußschen Gesetz (III) bestimmen. Ausgehend von einem radial gerichte-
ten Feld, d.h. D ¼ ε Eρ(ρ) eρ, liefert die Integration über eine Zylinderfläche AZ der H€ohe
h mit der Ladung ql auf der Zylinderachse nur über die Mantelfläche AM einen Beitrag und
es resultiert in Übereinstimmung mit (2.33):
ZZ I
 D  dA ¼ ε Eρ ðρÞ dAρ ¼ ε E ρ ðρÞ 2 π ρ h ¼ ql h:
AZ AM

Feld mehrerer Linienladungen


Für eine Anordnung aus mehreren zueinander parallelen Linienladungen (Abb. 2.8) erhält
man das Gesamtfeld aus der Superposition der Einzelfelder, zweckmäßigerweise ausge-
drückt durch das Potential (2.32), d.h.:

 
1 X N
ρ
φð r Þ ¼  ql, i ln i ,
2π ε i¼1 ρ0
72 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.8 Zur Berechnung des ql,1


Feldes mehrerer Linienladungen
ρ1
ϕ(r) ρi
ql,i
ρN
ql,N

wobei wir wegen der beliebigen Konstante in der Potentialfunktion frei in der Wahl des
individuellen Referenzabstandes ρ0 sind.

Beispiel 2.3: Der Liniendipol


Eine grundlegende Linienladung-Anordnung ist der Liniendipol, bestehend aus zwei
entgegengesetzten Linienladungen ql gleicher Gr€oße im Abstand 2a.

ϕ=0

+ql −ql
a a

ρ1 ρ2

ϕ(r)

Das Potential der Anordnung ergibt sich durch Addition der beiden Einzelpotentiale
nach Gl. (2.32) im Abstand ρ1 bzw. ρ2 vom Aufpunkt:
      
ql ρ1 ρ2 ql ρ
φð r Þ ¼  ln  ln ¼ ln 1 :
2πε ρ0 ρ0 2πε ρ2

Durch die Wahl des gleichen Bezugsabstandes ρ0 ist das Potential auf der Symme-
trieebene Null. Dort gilt in jedem Punkt ρ1 ¼ ρ2.
Für jede andere Äquipotentiallinie mit Potentialwert φ muss gelten:

ρ1
¼ e2 π ε φ=ql ¼ const:
ρ2

Linien auf denen jeder Punkt dieser Bedingung genügt sind in der Geometrie bekannt
als Appoloniuskreise mit Radius
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
R
¼ ðx0 =aÞ2  1 :
a
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 73

Die Kreismittelpunkte x0 liegen zusammen mit den beiden Ursprungspunkten für ρ1


und ρ2 auf einer Linie und berechnen sich nach der Formel

x0 1 þ ðρ1 =ρ2 Þ2
¼ :
a 1  ðρ1 =ρ2 Þ2

y
ϕ = const.

ρ1 ρ2 R

–a a x0 x

Die als Symmetrielinie resultierende Äquipotentiallinie für φ ¼ 0 ergibt sich aus


diesen Formeln mit ρ1/ρ2 ¼ 1 als Kreis mit unendlichem Radius und Mittelpunkt
x0 ! 1. Im Folgenden ist das Feldlinienbild des elektrischen Liniendipols skizziert.

ϕ=0

ϕ>0 E ϕ<0

+ −

Zur Berechnung der asymptotischen L€osung für das Feld des Liniendipols in großer
Entfernung (ρ >> d ¼ 2a) schreiben wir die beiden Abstände ρ1 und ρ2 in der exakten
L€
osung
 
q ρ
φðrÞ ¼  l ln 1 ð2:34Þ
2π ε ρ2
74 2 Elektrostatische Felder

mit Hilfe des Cosinussatzes in Abhängigkeit der Zylinderkoordinaten ρ und ϕ:

ρ21, 2 ¼ ðd=2Þ2 þ ρ2  d ρ cos ðπ=2  ϕÞ:

Den um π/2 verschobenen Cosinus k€onnen wir durch den Sinus ersetzen und erhalten
als Näherung für d ρ:
 
d
ρ21, 2 ρ2  d ρ sin ϕ ¼ ρ2 1  sin ϕ :
ρ

Einsetzen in den Logarithmus ergibt mit der Näherungsformel (2.30) die asympto-
tische L€osung:

ql d
φðρ; ϕÞ ’  sin ϕ: ð2:35Þ
2π ε ρ

x ϕ(ρ,φ)

ρ1
ρ ρ2
φ
y
+ql d −ql
pl

Analog zum elektrischen Dipol (Beispiel 2.2) definieren wir das Liniendipolmoment
|pl| ¼ ql d, das von ql nach +ql zeigt, und erhalten mit sinϕ ¼ cos(∠ pl, eρ) und dem
senkrechten Abstand ρ die koordinatenunabhängige, asymptotische Fernfeldl€osung des
Liniendipols:

pl  e ρ
φ¼ :
2π ε ρ

Aus dem Gradienten von (2.35) in Zylinderkoordinaten (A.46) ergibt sich mit
∂φ/∂z ¼ 0 für die Feldstärke

pl  
E¼ sin ϕ eρ  cos ϕ eϕ ,
2περ 2
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 75

bzw. der von ϕ unabhängige Betrag

pl
jEj ¼ :
2 π ε ρ2

pl

2.4.5 Flächenladungen

Eine Fläche mit konstanter Ladungsbelegung qA stellt eine weitere elementare La-
dungsanordnung dar. Wir betrachten dazu eine kreisrunde Fläche A mit Radius a und
beschränken uns für den beabsichtigten Zweck bei der Berechnung des Feldes auf die
z-Achse (Abb. 2.9).
Das Coulomb-Integral (2.22) für das Potential im Punkt P lautet in diesem Fall mit
q dV ¼ qA dA und dem Flächenelement dAz ¼ ρ dϕ dρ (A.28) in Zylinderkoordinaten

ZZ Z2 π Za
1 qA q ρ
φð z Þ ¼ dA ¼ A pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dϕ dρ,
4πε A R 4πε ρ þ z2
2
ϕ¼0 ρ¼0

mit dem Ergebnis:

qA pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
φð z Þ ¼ a2 þ z2  jzj :

Wie man sich leicht durch Anwendung der Näherungsformel (2.31) überzeugen kann,
erhält man aus diesem Ergebnis für a/z ! 0 die L€osung der Punktladung mit Q ¼ qA π a2.
76 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.9 Zur Berechnung des z


Feldes von Flächenladungen

P
qA
R

a
ρ dAz
A

Abb. 2.10 Homogenes Feld Ez


der unbegrenzten Flächenladung ϕ3
ϕ2
qA ϕ1

ϕ1
ϕ2
ϕ3

Für den Fall a/z ! 1, also für die unendliche Ebene, divergiert das Potential und man
muss wie bei der Linienladung den Referenzpunkt z0 für φ(z0) ¼ 0 ins Endliche legen, d.h.:

qA
φð z Þ ¼  ð jzj  jz0 jÞ: ð2:36Þ

Die Äquipotentialflächen sind also zueinander parallel und in regelmäßigen Abständen


angeordnet. Für das elektrische Feld resultiert mit (A.45)

∂φ q
E ¼ grad φ ¼  ¼  A ez ; f u€r z >
< 0, ð2:37Þ
∂z 2ε

also ein vom Abstand unabhängiges, z-gerichtetes Feld. Ein solches Feld bezeichnen wir
als homogenes Feld (Abb. 2.10).
Auch für diesen symmetrischen Grenzfall lässt sich das Feld direkt aus dem Gaußschen
Gesetz (III) bestimmen. In jedem Punkt entlang der z-Achse heben sich für jedes symmetrisch
dazu ausgewählte Flächenelemente-Paar die horizontalen Komponenten des Feldes auf. Die
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 77

Integration über einen zur Ebene senkrechten und zu z ¼ 0 symmetrisch angeordneten


Zylinder liefert nur auf den beiden Grundflächen ΔA einen Beitrag gleicher Gr€oße, sodass:
ZZ
 D  dA ¼ 2 ε E z ΔA ¼ ΔA qA :
AZ

2.4.6 Räumliche Ladungsverteilung

Als Beispiel für das Feld einer räumlichen Ladungsverteilung soll ein Kugelvolumen
V mit Radius a betrachtet werden (Abb. 2.11). Um die Rechnung überschaubar zu halten,
beschränken wir uns auf eine um den Koordinatenursprung kugelsymmetrische Vertei-
lung:

qð r Þ r a
qð r Þ ¼
0 r>a

Aus der kugelsymmetrischen Ladungsverteilung folgt ein ebenso symmetrisches Feld,


sodass wir zur L€
osung des Coulomb-Integrals (2.22):

ZZZ 0
1 qðr Þ 0
φð r Þ ¼ dV
4π ε j r  r0 j
V

Abb. 2.11 Zur Berechnung des z


Feldes einer
kugelsymmetrischen
Raumladungsverteilung
ϕ(r)

r r – r'

q(r) θ
r' x

a
V
78 2 Elektrostatische Felder

den Aufpunkt im radialen Abstand r vom Ursprung auf eine Koordinatenachse, z. B. die
z-Achse legen k€onnen. Mit

  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
r  r0  ¼ r2 þ r02  2 r r0 cos θ ðCosinussatzÞ

und dem Volumenelement in Kugelkoordinaten (A.36)

0
d V ¼ r02 sin θ dr d θ d ϕ

stellen wir das Volumenintegral auf:

Za Zπ Z2π 0
1 qðr Þ r02 sin θ 0
φð r Þ ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
0
d ϕ d θ dr :
4πε r þ r  2 r r cos θ
2 02
0 0 0

Nach Ausführung der Integration nach ϕ und θ erhalten wir:

Za h i 0
1  0
qðr Þ r ðr þ r Þ  r  r  dr :
0 0 0
φð r Þ ¼
2εr
0

Mit der Fallunterscheidung

 0 2r
0
r
0
r
ðr þ r Þ  r  r  ¼
0
0
2r r >r

lautet das Ergebnis:


8 r
> Z Za
>
> 1 qðr0 Þ r02 d r0 þ 0 0 0
>
> qðr Þ r dr r a
>
<r
1
φðrÞ ¼ 0
Za
r
ð2:38Þ
ε>>1
>
> 0
02 0

> r qðr Þ r d r
>
:
r a:
0

Anwendung des Gradienten in Kugelkoordinaten (A.47)

∂φ
E ¼ grad φðrÞ ¼  er ,
∂r
2.4 Das Feld von Ladungen im Freiraum 79

mit der Formel

Zx
d 0 0 d
f ðx Þ dx ¼ ½FðxÞ  FðcÞ ¼ f ðxÞ
dx dx
c

liefert für das Feld die L€osung:


8 r
> Z
>
> qðr0 Þ r02 dr0
>
> r a
>
1 <0
E r ðr Þ ¼ 2 Z a ð2:39Þ
εr >
>
>
> 0
02 0

> qðr Þ r dr
>
:
r a:
0

Dieses Ergebnis erhalten wir aufgrund der Kugelsymmetrie wie bei der Punktladung
(Abschn. 2.4.3) auch durch direkte Auswertung des Gaußschen Gesetzes (III) über eine
Kugeloberfläche mit Radius r.
Das Feld der kugelsymmetrischen Ladungsverteilung lässt sich auch in eine anschau-
liche Form umschreiben. Berechnen wir die in einer Kugel mit Radius r insgesamt
enthaltene Ladungsmenge

ZZZ Zr
0 0 0
QðrÞ ¼ qðr Þ dV ¼ 4 π qðr Þ r02 d r ,
V K ðr Þ 0

so erhalten wir

QðrÞ
E r ðrÞ ¼ :
4 πε r2

Dies entspricht dem einfachen Feld einer im Ursprung befindlichen Punktladung und
das Potential führt durch Integration gemäß (2.6)

Zr
0 0
φð r Þ ¼  Er ðr Þdr :
1

auf die L€
osung des Coulomb-Integrals (2.38).
80 2 Elektrostatische Felder

Beispiel 2.4: Homogene Kugelladung


Für den Spezialfall einer konstante Raumladung:

q0 r a
qð r Þ ¼
0 r>a

ergibt die Berechnung der Integrale (2.38) und (2.39) folgenden Potential- und Feld-
verlauf:
8  
>
> 1 2 r2 (
q < a  r a q r r a
φðrÞ ¼ 0 23 3 und Er ðrÞ ¼ 0 a3
ε>
> a 3ε r a:
: r a r2
3r

ϕ(r) Er(r)

q0a2/2ε

q0a/3ε
q0a2/3ε ~ 1/r 2
~ 1/r

r r
a a

2.5 Die Kapazität

Betrachtet wird eine als Kondensator bezeichnete Anordnung aus zwei voneinander
isolierten Elektroden zwischen denen eine Spannung

ZP
U¼ E  ds ð2:40Þ

und damit ein elektrisches Feld E besteht, das von einer äußeren Quelle erzeugt wird.
Hierbei bezeichnen P+ und P jeweils einen beliebigen Punkt auf der positiven Elektrode
bzw. negativen Elektrode (Abb. 2.12). Sämtliche Feldlinien die von den Flächenladungen
(2.7) von der positiven Elektrode entspringen münden auf der negativen Elektrode, sodass
nach dem Gaußschen Gesetz (III)
2.5 Die Kapazität 81

Abb. 2.12 Zur Definition der A+


Kapazität zwischen zwei
Elektroden
E
P+ P–
dA
–Q
+Q
ε

ZZ
 εE  dA ¼  Q ð2:41Þ

A

die innerhalb einer Hülle A um die positive bzw. negative Elektrode eingeschlossene
Ladung Q gleich groß und entgegengesetzt sein muss.
Für eine feste Elektrodengeometrie innerhalb eines gegebenen Mediums ändert sich
nach Gl. (2.40) das Feld E bei unterschiedlicher Spannung U nur dem Betrage nach, so
dass nach Gl. (2.41) die Ladung Q direkt proportional zu U ist. Die Propor-
tionalitätskonstante ist die Kapazität des Kondensators

Q As
C ¼ ; ½C  ¼ ¼ F ðFaradÞ: ð2:42Þ
U V

Nach dieser Definition ist die Kenntnis der Ladungverteilung oder des Feldes zur
Berechnung der Kapazität erforderlich. Damit ist Q oder U bekannt und die jeweils andere
Gr€oße ergibt sich nach (2.40) bzw. (2.41).
Die im Kondensator gespeicherte Feldenergie WE ergibt sich nach (1.70) in Kombina-
tion mit (2.4) durch Integration über das gesamte felderfüllte Volumen V:
ZZZ ZZZ
ε ε
WE ¼ E2 dV ¼ ðgrad φÞ2 dV : ð2:43Þ
2 2
V V

Hierbei wird ohne Einschränkung der Allgemeinheit von einem homogenen Medium
ausgegangen. Das rechte Integral k€onnen wir mit Hilfe des 1. Greenschen Satzes (A.82)
wie folgt umschreiben:
ZZZ ZZ ZZZ
ðgrad φÞ2 dV ¼  ðφ grad φÞ  dA  φ Δφ d V :
V ∂V V
82 2 Elektrostatische Felder

Das Volumenintegral auf der rechten Seite ist Null, aufgrund der Gültigkeit der Laplace-
Gleichung (2.9) im ladungsfreien Raum zwischen den Elektroden. Das Hüllenintegral über
den Rand ∂V des felderfüllten Raumes V umfasst die beiden Elektrodenoberflächen A und
eine im Unendlichen befindliche Hülle, die die Anordnung umschließt. Während über letztere
das Feld für eine Anordnung mit endlicher Ausdehnung verschwindet, ergibt die Integration
über die beiden Elektrodenflächen mit (2.4) und φ ¼ U bzw. 0 (dA zeigt in die Elektrode)
ZZ ZZ
 ðφ grad φÞ  d A ¼ U  E  d A:
∂V ∂V

Einsetzen in (2.43) ergibt mit (2.41) schließlich als Ergebnis für die gespeicherte
Energie:

1 1 Q2 1
WE ¼ QU ¼ ¼ C U 2: ð2:44Þ
2 2C 2

Die zweite und dritte Formel erhalten wir mit der Definition (2.42) für C. Umgekehrt
resultieren daraus zwei alternative, auf die Energie bezogene Definitionen für die Kapazität:

1 Q2 2WE
C ¼ ¼ : ð2:45Þ
2WE U2

Die Ladung und Energie bleibt nach Entfernen der äußeren Quelle im Kondensator
gespeichert. Durch galvanische (leitende) Verbindung kann die Ladung in Form des Entla-
destroms bzw. die Energie in einem angeschlossenen Verbraucher zurückgewonnen werden.

" Ein aus zwei Elektroden bestehender Kondensator ist ein Speicher für Ladung
€ße ist die Kapazität C, die durch die
und elektrischer Energie. Seine Kenngro
Elektrodengeometrie und dem dazwischenliegenden Medium bestimmt ist.

Beispiel 2.5: Der Plattenkondensator


Ein Plattenkondensator besteht aus zwei ebenen, beliebig geformten, leitenden Flächen
der Gr€oße A, die sich im Abstand d gegenüberstehen und durch einen Isolator mit
Dielektrizitätskonstante ε getrennt sind.

+Q
d
ε A

–Q E
2.5 Die Kapazität 83

Unter der Voraussetzung, dass d sehr viel kleiner als die Plattenabmessungen ist, das
Feld E zwischen den Platten durch Überlagerung des Homogenfeldes (2.37) einer
positiven und einer negativen Flächenladungen mit unbegrenzter Ausdehnug nähern.
Hierbei wird die Abweichung vom Homogenfeld in der Nähe der Plattenränder ver-
nachlässigt. Mit der resultierenden Spannung zwischen den Platten
Z
U¼ E  ds ¼ E d
d

und der Ladung gemäß dem Gaußschen Gesetz (III)


ZZ
Q ¼ ε  E  dA ¼ ε E A
A

erhalten wir durch Einsetzen in die Definition (2.42) die Kapazität des Platt-
enkondensators:

A
C ’ ε ; f u€r d ! 0: ð2:46Þ
d

Wie aus diesem Ergebnis unmittelbar ersichtlich ist, ben€otigt man für hohe Ka-
pazitätswerte m€oglichst große Elektrodenflächen (A) und Isoliermaterialien mit hohem εr.
Die Kapazität lässt sich alternativ über die Energiedefinition (2.45) berechnen. Die
gespeicherte Feldenergie im Volumen V zwischen den Platten ergibt sich durch Einset-
zen des Ausdrucks (2.40) für E in (2.43) zu

ZZZ  
ε ε U 2
WE ¼ E 2 dV ’ A d:
2 2 d
V

Einsetzen in (2.45) liefert das Ergebnis (2.46).


Beim realen Plattenkondensator tritt ein Streufeld an den Plattenrändern auf, sodass
der tatsächliche Wert von C aufgrund des zusätzlichen elektrischen Flusses bzw. der
Feldenergie außerhalb der Platten h€oher ist. Demzufolge ist die Näherung (2.46) umso
genauer, je kleiner das Verhältnis von Plattenabstand zu Plattenabmessungen ist.

Beispiel 2.6: Zylinderkondensator


Für eine aus zwei koaxialen Zylinderelektroden bestehende Leitung (Koaxialleitung)
mit Innenradius ρi und Außenradius ρa soll die längenbezogene Kapazität, d.h. die
Kapazität / Länge bestimmt werden.
84 2 Elektrostatische Felder

2ρi
ρa A
ε

Bei dieser zylindersymmetrischen Anordnung mit homogenem Medium kann das


elektrische Feld nur radial gerichtet sein. Es lässt sich direkt aus dem Gaußschen Gesetz
(III) bestimmen, wobei die Integration in Längsrichtung bei dieser längenbezogenen
Rechnung entfällt. Integration um einen Kreis mit Radius ρi ρ ρa ergibt für die
eingeschlossene Ladung pro Länge

I
0
Q ¼ε E  eρ ds ¼ ε E ρ 2 π ρ:

Aus der elektrischen Feldstärke

0
Q
Eρ ¼
2π ρ ε

resultiert für die Spannung zwischen den Elektroden

Zρa 0 Zρa 0  
Q 1 Q ρ
U ¼ Eρ dρ ¼ dρ ¼ ln a :
2π ε ρ 2π ε ρi
ρi ρi

Einsetzen in (2.42) ergibt schließlich für die Kapazität/Länge (Kapazitätsbelag)

0 2π ε
C ¼ :
ln ðρa =ρi Þ

2.6 Materie im elektrostatistischen Feld

Im Gegensatz zu elektrischen Leitern besitzen ideale Dielektrika keine freien Ladungen.


Alle Ladungen sind in den Atomen bzw. Molekülen gebunden. Unter der Einwirkung eines
äußeren elektrischen Feldes wird das Dielektrikum polarisiert. Es gibt drei Arten der
Polarisation:
2.6 Materie im elektrostatistischen Feld 85

Elektronenpolarisation:
Innerhalb eines Atoms verschieben sich die positiven und negativen Ladungsschwerpunkte
aufgrund der auf sie wirkenden elektrischen Kraft. Es entsteht ein Dipolmoment, sodass
das Atom als elektrischer Dipol wirksam wird (Abschn. 2.4.3).
Ionenpolarisation:
Innerhalb eines Moleküls werden positive Ionen gegenüber negativen Ionen verschoben,
was ebenfalls zur Ausbildung eines Dipols führt.
Orientierungspolarisation:
Die Moleküle tragen ein permanentes elektrisches Dipolmoment. Ohne äußeres Feld sind sie
statistisch regellos orientiert, sodass das Medium im Ganzen elektrisch neutral ist. Bei
Anlegen eines äußeren Feldes richten sie sich zum Feld aus. Der Effekt tritt bei sog. polaren
Medien auf, wie z. B. bei Wasser. Es gibt auch feste Stoffe, sogenannte Elektrete, die mit
einer permanenten Polarisation versehen werden k€onnen und technische Anwendung finden.

Das Verhalten dielektrischer Materie im elektrostatischen Feld soll durch ein einfaches
makroskopisches Modell beschrieben werden, indem jedes Atom bzw. Molekül ein von
außen induziertes bzw. permanentes Dipolmoment p trägt. Zur Berechnung des Feldes
gehen wir zunächst vom Potential eines Punktdipols (2.27) im freien Raum aus, das sich
am Ort r0 befindet:
 0
p rr
φðrÞ ¼ :
4π ε0 jr  r0 j3

Dieses Potential enthält die Permittivität des Vakuums (ε0), d.h. das Medium wird durch
die Dipole ersetzt.
Um zu einer Kontinuumsbetrachtung überzugehen, definieren wir eine Volumen-
Dipoldichte
P
pi
i dp As
P ¼ lim ¼ , ½P  ¼ 2 :
ΔV !0 ΔV dV m

die mit dem in Abschn. 1.4 bezeichneten Polarisationsvektor (1.43) identisch ist. Ohne
Einwirkung eines äußeren elektrischen Feldes ist P ¼ 0. Bei einem Elektret mit perma-
nenter Polarisation liegt ein fester Wert für P vor.
Bei gegebener Dipolmomentendichte P enthält ein Volumenelement dV0 im Punkt r0 das
differentielle Dipolmoment dp ¼ P dV0, das den differentiellen Potentialbeitrag

0  0
Pðr Þ  r  r 0
dφðrÞ ¼ dV ð2:47Þ
4π ε0 jr  r0 j3

im Aufpunt r erzeugt (Abb. 2.13).


86 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.13 Zur Berechnung des


Feldes eines polarisierten dϕ(r)
Mediums r – r' P
dV'

r r' A
V

Bevor der differentielle Potentialausdruck (2.47) über das ganze polarisierte Volumen
V integriert wird, nehmen wir mit

0  
rr 0 1
¼∇
0
jr  r j
3 jr  r0 j

und der Identität (A.66)


∇  (ψA) ¼ A  ∇ψ + ψ∇  A (Nabla wirkt auf Strich-Koordinaten)
folgende Umformung vor:

0    
rr 01 0 P 1 0
P ¼ P∇ 0 ¼∇  0  0 ∇  P: ð2:48Þ
j r  r0 j
3 jr  r j jr  r j jr  r j

Die Integration von (2.48) über das Volumen V liefert nach Anwendung des Gaußschen
Satzes (A.81) für den ersten Divergenzausdruck das Potentialfeld des polarisierten Volu-
mens:

ZZ 0 ZZZ
1 P  dA 1 ∇  P 0 0
φðrÞ ¼  þ dV ∇ P ¼ ∇P :
4π ε0 j r  r0 j 4π ε0 jr  r0 j
A V

Vergleichen wir dieses Ergebnis mit dem Potentialfeld (2.22) von Raum- und
Flächenladungen q bzw. qA im freien Raum
ZZ ZZZ
1 qA 0 1 q 0
φð r Þ ¼  0 dA þ 0 dV ,
4π ε0 jr  r j 4π ε0 jr  r j
A V
2.6 Materie im elektrostatistischen Feld 87

so k€
onnen wir daraus folgende Entsprechungen ableiten:

div P ¼ qgeb ,

dA
P  dA ¼ qA, geb dA bzw: P  ¼ P  en ¼ Pn ¼ qA, geb :
dA

Das vom polarisierten Medium erzeugte Feld entspricht also einer äquivalenten Vertei-
lung von gebundenen Raum- und Oberflächenladungen qgeb bzw. qA,geb.
Für den Spezialfall eines homogen polarisierten Mediums ist
PðrÞ ¼ const: ) qgeb ¼  div P ¼ 0

Wie in Abb. 2.14 skizziert, sind in diesem Fall die gebundenen Ladungen im Inneren
des Volumens überall in gleicher Weise gegeneinander verschoben, sodass sie sich zu Null
kompensieren. An den Oberflächen resultiert eine unkompensierte Flächenladung qA,geb.
Zur weiteren Veranschaulichung soll das Einbringen eines dielektrischen Materials in
das Homogenfeld eines geladenen Plattenkondensators untersucht werden (Abb. 2.15).
Das Feld ohne Dielektrikum (Abb. 2.15a) sei E0. Nach Einbringen des Dielektrikums
(Abb. 2.15b) bleibt D aufgrund des senkrecht zur Oberfläche gerichteten Feldes nach
Gl. (2.3) unverändert (Dn,1 ¼ Dn,2). Mit dem elektrischen Feld E und dem Polarisa-
tionsvektor P im Dielektrikum erhalten wir somit aus Gl. (1.44):

ε0 E 0 ¼ ε0 E þ P:

Mit Gl. (1.43) resultiert daraus

E 0 ¼ E þ P=ε0 ¼ E þ χe E ¼ E ð1 þ χe Þ ¼ εr E,

bzw.

E 1
¼ :
E0 εr

Hierbei bezeichnet die dimensionslose Zahl χe die elektrische Suszeptibilität, die die
Polarisierbarkeit des Materials charakterisiert. Das elektrische Feld im Dielektrikum wird
also um den Faktor 1/εr = 1/(1+ χe) durch die gebundenen Oberflächenladungen reduziert.
Durch die daraus resultierende Verringerung der Spannung erh€oht sich nach Gl. (2.42) die
Kapazität der Anordnung um den Faktor εr, wenn das Dielektrikum den Raum zwischen
den Platten voll ausfüllt.
88 2 Elektrostatische Felder

dA +qA,geb
+ + + + + + + + +
− − − − −
+ P + + + +
− − − − −
+ = qgeb = 0
+ + + + +
− − − − −
+ + + +
+
− − − − − − − − −
−qA,geb
dA

Abb. 2.14 Veranschaulichung eines homogen polarisierten Mediums

Abb. 2.15 Verhalten eines a + b +


ε0 − −
Dielektrikums in einem P
homogenen Feld + − + − + −
(Plattenkondensator). (a) Ohne E0
+ − + −
(b) mit Dielektrikum
+ − + − + −
+ − + −
D = ε0E0 D = ε0E + P

2.7 Methoden zur Lösung von Randwertproblemen

Wie in Abschn. 2.3.1 dargestellt, setzt sich die L€osung des Randwertproblems mit
Dirichletschen Randbedingungen (Abb. 2.16):

qðrÞ
ΔφðrÞ ¼  r2V
ε ð2:49Þ
φj∂V ¼ f ðrÞ r 2 ∂V

aus einer partikulären L€osung φP und der homogenen L€osung φH zusammen:


φ ¼ φP þ φH :

Die partikuläre L€osung φP erfüllt zwar die Poisson-Gleichung aber nicht notwendiger-
weise die geforderte Randbedingung (2.49):

q
ΔφP ¼ 
ε
φP j∂V beliebig:
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 89

Abb. 2.16 Allgemeines


Dirichletsches
Randwertproblem ε
ϕ(r)
q(r)

V
ϕ|∂V

Als Partikulärl€osung kann beispielsweise das Feld der Ladung im Freiraum gewählt
werden.
Die homogene L€osung φH erfüllt die Laplace-Gleichung und hat als Randbedingung
genau die Differenz zwischen den geforderten Randwerten (2.49) und den Werten der
Partikulärl€
osung auf dem Rand, d.h.:

ΔφH ¼ 0
φH j∂V ¼ φj∂V  φP j∂V :

Die homogene L€osung φH dient somit zur Anpassung der Randbedingungen des
Randwertproblems (2.49).
Für den speziellen Fall das keine Raumladungen im Rechengebiet V vorhanden sind,
d.h. q ¼ 0, ist einzig die L€osung φ ¼ φH der Laplace-Gleichung mit den gegebenen
Randwerten zu bestimmen:

ΔφðrÞ ¼ 0
φj∂V ¼ f ðrÞ; r 2 ∂V :

In diesem Fall befinden sich die felderzeugenden Ladungen außerhalb des Rechengebietes
V bzw. auf dem Rand.
In den folgenden Abschnitten werden drei spezielle Methoden zur L€osung von elektro-
statischen Randwertaufgaben vorgestellt, die Spiegelungsmethode (Abschn. 2.7.1), die
Separation der Laplace-Gleichung (Abschn. 2.7.2) und die konforme Abbildung für
2D-Probleme (Abschn. 2.7.3). Alle drei Methoden finden auch in der Magnetostatik Anwen-
dung (Kap. 3). Darüber hinaus kann die Spiegelungsmethode und die Separationsmethode
auch zur L€osung von zeitabhängigen Feldern verwendet werden.
Im Falle einer Randwertaufgabe in einer Dimension (1D) kann die L€osung der Poisson-
bzw. Laplace-Gleichung, wie im folgenden Beispiel gezeigt, direkt durch Integration
berechnet werden.

Beispiel 2.7: Flächenladung zwischen geerdeten Platten


Gegeben sei eine Flächenladung qA, die parallel zwischen zwei Wänden an der Stelle
x ¼ x0 angeordnet ist. Die beiden Wände seien „geerdet“, d.h. sie haben das Potential
90 2 Elektrostatische Felder

φ ¼ 0. Der Abstand zwischen den Wänden sei d. Die Anordnung sei in y- und
z-Richtung unbegrenzt, d.h.

∂φ ∂φ
¼ ¼ 0:
∂z ∂y

ϕ=0 ϕ=0

qA

0 x0 d x

Das gesuchte Potential φ(r) ¼ φ(x) zwischen den Wänden hängt damit nur von der
x-Koordinate ab. Das zu l€osende Randwertproblem lautet dementsprechend:
8
< ∂2 φ q δð x  x 0 Þ
¼ A
: ∂x ε
2
φj∂V ¼ 0 ; x ¼ 0, d

Als partikuläre L€osung wählen wir das Potentialfeld (2.36) der geladenen Ebene im
Freiraum:

φP ¼ E 0 jx  x0 j,

mit dem homogenen elektrischen Feld (2.37):

qA
E0 ¼ :

Damit ist die Poisson-Gl. erfüllt, aber nicht die Randbedingung φ ¼ 0 auf den
Wänden. Um diese zu erfüllen, ben€otigen wir noch die homogene L€osung φH mit den
beiden zu bestimmenden Konstanten C1 und C2:

φH ð x Þ ¼ C 1 x þ C 2 :
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 91

Diesen linearen L€osungsausdruck erhält man durch zweimalige Integration der


Laplace-Gleichung ∂2φ/∂x2 ¼ 0.
osung des Potentialfeldes als Summe von φH und φP ergibt sich also insgesamt
Die L€
zu:

φ ¼ φH þ φP ¼ C 1 x þ C 2  E0 jx  x0 j:

Die beiden Konstanten C1 und C2 k€onnen aus den Randwerten bei x ¼0,d direkt
bestimmt werden:

φð x ¼ 0 Þ ¼ 0 ) C 2 ¼ E 0 x 0

x0
φð x ¼ d Þ ¼ 0 ¼ C 1 d þ E 0 x 0  E 0 j d  x 0 j ) C 1 ¼ E 0 1  2
d

Damit lautet die L€osung für das Potential:


h x0 i
φ ð xÞ ¼ E 0 12 x þ x0  jx  x0 j :
d

Und aus dem Gradienten in x-Richtung die elektrische Feldstärke:

dφ h x0 i
E x ð xÞ ¼  ¼  E0 1  2 ∓ 1 ; f u€r x >
< x0 :
dx d
92 2 Elektrostatische Felder

2.7.1 Die Spiegelungsmethode

Die Spiegelungsmethode ist ein anschauliches und effektives L€osungsverfahren für Rand-
wertprobleme mit einfacher Geometrie. Ausgehend von der allgemeinen L€osung des
Randwertproblems mit homogener Randbedingung

q
Δφ ¼ ΔðφP þ φH Þ ¼ 
ε
φj∂V ¼ ðφP þ φH Þj∂V ¼0

wird für die partikuläre und die homogene L€osung folgende Wahl getroffen:

φP: Feld der Ladung ohne Berandung (Freiraum).


φH: Feld von fiktiven Ladungen (Spiegelladungen) außerhalb von V, zur Anpassung der
Randbedingungen, d.h. φH|∂V ¼ (φ  φP)|∂V ¼  φP|∂V.

Bei der Anwendung der Spiegelungsmethode wird zunächst die L€osung für eine Punktla-
dung gesucht. Die so aufgestellte Greensche Funktion kann dann mittels Gl. (2.18) zur
Berechnung des Feldes einer beliebigen Ladungsverteilung verwendet werden.
Abb. 2.17 zeigt einige Beispielgeometrien, die mit dem Spiegelungsprinzip l€osbar sind.
Während für a) und b) eine einzige Spiegelquelle ausreicht, sind in c) 3 Spiegelquellen
erforderlich. In den Fällen d) und e) ist für die exakte Erfüllung der Randbedingung sogar
eine unendliche Anzahl von Spiegelquellen notwendig, die mit zunehmender Ordnung
vom L€ osungsgebiet V entfernt liegen. Die L€osung liegt in diesen Fällen in Form einer
unendlichen Reihe vor. Die Methode wird im Folgenden für die beiden ersten Geometrien,
der Ebene und der Kugel im Einzelnen vorgestellt.

Ladung vor einer leitenden Ebene


Im linken Halbraum (L€osungsgebiet V ) befinde sich eine Punktladung Q im Abstand h vor
einer leitenden Wand, auf der das Potential Null ist (Abb. 2.18). Wie durch die gestrichelten
Abstandslinien angedeutet, wird diese Randbedingung in jedem Punkt auf der Wand durch
eine entgegengesetzte Spiegelladung Q im gleichen Abstand hinter der Wand, also
außerhalb von V, exakt erfüllt.

a b c d e

Abb. 2.17 Beispiele für Spiegelungsgeometrien. (a) Ebene (b) Kugel/Zylinder (c) Rechter Winkel
(d) Parallelplatten (e) Hohlzylinder
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 93

Abb. 2.18 Spiegelanordnung ϕ=0


für eine Punktladung vor einer
geerdeten Wand
V ∂V
en
Q –Q
h h

r – r'

r – r''
ϕ(r)
ε

osung des Potentials für eine Punktladung am Ort r0 2 V setzt sich aus den beiden
Die L€
Einzelpotentialen (2.24) zusammen:

Q
φP ð r Þ ¼
4πεjr  r0 j

Q
φH ð r Þ ¼ :
4πεjr  r00 j

Die Spiegelladung Q ist im Spiegelpunkt r00 ¼ r0 + 2h en hinter der Wand (r00 2


= V)
angeordnet. Das auf Q/ε normierte Potential ergibt die Greensche Funktion:
 
0 1 1 1
Gðr; r Þ ¼  :
4π j r  r0 j j r  r0  2h en j

Abb. 2.19 zeigt das resultierende Feldlinienbild der Punktladung vor der leitenden
Wand. Darauf befindet sich die wahre, kontinuierlich verteilte Flächenladung, die durch
die Anziehungskräfte der Punktladung influenziert wird. Der rechte Teilraum ist feldfrei,
d.h. die durch die gestrichelten Feldlinien skizzierte Fortsetzung des Feldes zur Bildladung
ist fiktiv.
Wir wollen nun mit der L€osung des Potentials die influenzierte Flächenladungs-
dichte qA auf der Wand berechnen. Nach (2.7) und (A.44) ist qA wie folgt mit der
94 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.19 Feld der


Punktladung vor geerdeter Wand E

ϕ = const.

+Q –Q

Normalableitung des Potentials auf der Wandoberfläche verknüpft (Normalenrichtung


hier in die Wand):

∂φ
qA ¼ D1, n ¼ ε E n j∂V ¼ ε  :
∂n ∂V

Für die Berechnung der Normalableitung setzen wir die beiden Ladungen auf die
z-Achse eines Zylinderkoordinatensystems (Abb. 2.20). Mit den Vektoren

r ¼ ρ eρ þ z ez
0
r ¼ h ez
en ¼  ez

erhalten wir für das Potential:


0 1
Q B 1 1 C
φðρ; zÞ ¼ @qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiA:
4πε 2 2
ρ þ ðz  hÞ
2 ρ þ ðz þ hÞ
2

Daraus ergibt sich mit der Normalableitung auf der Wand (z ¼ 0)


 
∂φ ∂φ Q h
¼  ¼
∂n ∂V ∂z z¼0 2πε ρ2 þ h2 3=2
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 95

Abb. 2.20 Zur Berechnung der z


influenzierten Ladung auf
der Wand

h r – r' ϕ (ρ,z)
ε

1
en qA

–h

die gesuchte Oberflächenladungsdichte:

Q 1
qA ¼  :
2π h2 3=2
1 þ ðρ=hÞ2

Abb. 2.21 zeigt den Verlauf von qA, normiert auf den Maximalwert qA,0 unterhalb der
Ladung (ρ ¼ 0) wo der gr€oßte Teil der Ladung auf der Wand konzentriert ist. Bereits bei
einem Radialabstand von 2h ist qA/qA,0 < 9 %.
Die vollständige Integration von qA über die Wandoberfläche ergibt für die gesamte
influenzierte Ladung

ZZ Z1 Z2π " #1
Qh ρ dρ dϕ 1
Qinfl ¼ qA dA ¼   3=2 ¼ Q h pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffi ¼ Q,
2π ρ2 þ h 2 ρ2 þ h 2 0
A1 0 0

in Übereinstimmung mit der Tatsache, dass alle elektrischen Feldlinien von Q auf der Wand
münden.

Ladung vor einer leitenden Kugeloberfläche


Gesucht ist das Feld einer Punktladung im Abstand zQ >R vom Zentrum einer
Kugeloberfläche mit Radius R, auf der die Randbedingung φ ¼ 0 gegeben ist (Abb. 2.22).
Die dazu erforderliche Spiegelladung darf in diesem Fall nur innerhalb der Kugel ange-
ordnet werden, da das L€osungsgebiet V der vollständige Raum außerhalb der Kugel ist.
96 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.21 Normierter Verlauf


der influenzierten Ladungsdichte
auf der Wand

Für die gesuchte Spiegelladung QS machen wir den Ansatz

QS ¼ α Q,

mit einem noch zu bestimmenden Koeffizienten α. Aus Gründen der Rotationssymmetrie


um die z-Achse, d.h. φ 6¼ f(ϕ), muss die Position der Spiegelladung auf einer Linie mit der
reellen Ladung Q sein, also auf der z-Achse, an der Stelle zS R.
Für einen Aufpunkt r außerhalb der Kugel erhalten wir aus der Superposition der beiden
Einzelfelder mit den Abständen rQ und rS von Q bzw. QS:
 
Q 1 α
φ ¼ φ P þ φH ¼ þ :
4πε rQ rS

Hieraus ergibt sich mit der Randbedingung φ(r ¼ R) ¼ 0 für den Koeffizienten α
unmittelbar

rS 
α ¼  
rQ r¼R

In Kugelkoordinaten lassen sich die beiden Abstände rQ und rS mit Hilfe des
Cosinussatzes wie folgt ausdrücken:

r2Q ¼ r2 þ z2Q  2 r zQ cos θ


r2S ¼ r2 þ z2S  2 r zS cos θ:

Einsetzen ergibt

rffiffiffiffiffiffiffi sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

zS R2 =zS þ zS  2R cos θ !
α ¼ const: f u€r alle θ:
zQ R2 =zQ þ zQ  2R cos θ ¼
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 97

Abb. 2.22 Zur Berechnung des ϕ(r)


Feldes einer Punktladung vor
ϕ=0
einer geerdeten Kugeloberfläche
r rQ
rS
Qs ε Q
θ
zS zQ z
R
∂V V

Der zweite Wurzelausdruck ergibt für alle θ den konstanten Wert Eins wenn R2 ¼ zS zQ.
Damit erhalten wir für α und zS das sog. Gesetz der reziproken Radien:

R2 R
zS ¼ ; α ¼  : ð2:50Þ
zQ zQ

Mit den koordinatenunabhängigen Entsprechungen

0
zQ ! r
2 0
zS ! R =r 0 
rQ ! r  r 
 
rS !  r  ðR=r0 Þ2 r0 

erhalten wir als Greensche Funktion:

0
!
0 1 1 R=r
Gðr; r Þ ¼    :
4π j r  r0 j  r  ðR=r0 Þ2 r0 

Abb. 2.23 zeigt die Feld- und Potentiallinien der Punktladung vor der geerdeten Kugel,
wobei auch hier die fortgesetzten Feldlinien innerhalb der Kugel (außerhalb V ) fiktiv sind,
da dieser Raum feldfrei ist.
Wir wollen wie bei der Ebene die auf der Kugeloberfläche influenzierte Ladung Qinfl
berechnen. In diesem Fall ergibt die direkte Auswertung des Gaußschen Gesetzes (III) über
die Kugeloberfläche ∂V und der darin eingeschlossenen Ladung
ZZ
R
Qinfl ¼  D  dA ¼ QS ¼  Q:
rQ
∂V
98 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.23 Feld der ϕ = const.


Punktladung vor der geerdeten
Kugel ϕ=0 E

Qs Q

zS zQ z

Es handelt sich wie bei der geerdeten Wand um eine negative Ladung, jedoch vom
Betrag den durch den Faktor R/rQ < 1 bestimmten Anteil. Das heißt, nur ein Teil der
Feldlinien mündet auf der Kugel, während die übrigen, z.T. durch die Anwesenheit der
Kugel beeinflusst, in den freien Raum austreten (Abb. 2.23).
Die influenzierte Ladung soll zusätzlich durch Integration der Ladungsdichte qA über
die gesamte Kugeloberfläche explizit berechnet werden. Nach (2.7) ist qA mit der Normal-
ableitung des Potentials, bzw. der Greenschen Funktion auf der Kugeloberfläche wie folgt
verknüpft:

0 
∂φ Q ∂Gðr; r Þ
qA ¼ Dn ¼  ε ¼ ε :
∂n ε ∂r r¼R

Ausgedrückt in Kugelkoordinaten erhalten wir für die Normalableitung von G(r,r0 ):

0 
∂Gðr; r Þ 1 r02  R2
 ¼  2  :
∂r r¼R 4 π R R þ r02  2R r0 cos θ 3=2

Auch in diesem Fall hat die Ladungsdichte naturgemäß direkt unterhalb der Ladung
(θ ¼ 0) den h€
ochsten Wert:

Q 1  ðr0 =RÞ2
qA, max ¼ :
4 π R2 3=2
1 þ ðr0 =RÞ2  2 r0 =R
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 99

Die Integration über die gesamte Kugeloberfläche

Z2 π Zπ 0 
∂Gðr; r Þ
Qinfl ¼  Q R2 sin θ d θd ϕ
∂r r¼R
ϕ¼0 θ¼0

Zπ 0 
∂Gðr; r Þ
¼ 2 π Q R 2
sin θ dθ
∂r r¼R
θ¼0

führt über die Substitution cos θ ¼ ξ auf das Integral

Z1
dξ 0 
02
3=2 ¼ 2=r r  R ,
2

1
R2 þ r02  2 R r0 ξ

und wir erhalten als Ergebnis genau die Spiegelladung (r0 ¼ zQ):

QR
Qinfl ¼  ¼ αQ:
zQ

Im Folgenden soll das Verhalten der Spiegelladung für große und kleine relative
Abstände der Ladung von der Kugel untersucht werden.
Im Grenzfall großer Abstände (zQ ! 1) erhalten wir:

R
QS ¼  Q ! 0
zQ

zS ¼ R2 =zQ ! 0:

Mit zunehmendem Abstand der Ladung rückt die Spiegelladung also ins Zentrum der
Kugel und ihr Betrag geht gegen Null.
Für den Grenzfall kleiner Abstände d ¼ (zQ  R) ! 0 zwischen Ladung und Kugel-
oberfläche erhalten wir für den Abstand der Spiegelladung zur Kugelinnenwand
(Abb. 2.24)
 
R2 1
d S ¼ R  zS ¼ R  ¼ R 1 :
zQ 1 þ d=R

Mit

1
’ 1  x, f €ur x ¼ d=R 1
1þx
100 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.24 Verhalten der ϕ=0


Spiegelladung bei sehr kurzen
Abständen der Ladung von der
Kugel

Qs dS d Q
zS R zQ z

∂V V

ergibt sich die asymptotische Näherung

d S ’ d:

Für den Wert der Spiegelladung resultiert:

R R
QS ¼  Q ¼  Q  Q:
zQ Rþd

Für sehr kleine Abstände erhalten wir somit näherungsweise das Spiegelmodell für die
ebene Wand, was anschaulich damit erklärt werden kann, das in diesem Fall die
Krümmung der Kugelwand nur wenig in Erscheinung tritt.
Abschließend wollen wir noch den allgemeineren Fall behandeln, dass die Kugel sich
auf einem beliebigen Potential φ0 6¼ 0 gegenüber einem unendlich weit entfernten Bezugs-
punkt befindet. Hierfür k€onnen wir auf die allgemeine Greensche Integrall€osung (2.18)
zurückgreifen:

ZZZ ZZ  0 
1 0 0 0 ∂Gðr; r Þ 0
φð r Þ ¼ Gðr; r Þ qðr Þ dV   φ0 dA :
ε ∂n0
V ∂V

Während das Hüllenintegral bei der geerdeten Kugel entfällt, dient es nun zur Be-
rücksichtigung der Aufladung der Kugel.
Bezogen auf Kugelkoordinaten mit (Flächennormale zeigt in die Kugel hinein)

0  0 
∂Gðr; r Þ ∂Gðr; r Þ
¼
∂n0 ∂V ∂r0 r0 ¼R
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 101

und durch Ausnutzung der Symmetrie der Greenschen Funktion, d.h.:

0 
 0 
∂Gðr; r Þ ∂G r ; r  1 r 2  R2
¼  ¼  
∂r0 r0 ¼R ∂r0  0 4 π R r2 þ R2  2 r R cos θ 3=2
r ¼R

erhalten wir für das Hüllenintegral:

ZZ  0  Z2 π Zπ 0 
∂Gðr; r Þ 0 ∂Gðr; r Þ
 φ0 dA ¼  φ R2 sin θ dθdϕ
∂n0 0
∂r0 r0 ¼R
∂V ϕ¼0 θ¼0

Z1
φ R  dξ φ0 R
¼ 0 r2  R2  3=2 ¼  :
2 r2þ R  2rRξ
2 r
1
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
2=rðr2 R2 Þ

Damit lautet die L€osung für eine Ladungsverteilung in der Nähe einer geladenen Kugel:
ZZZ
1 0 0 0 R
φð r Þ ¼ qðr Þ Gðr; r Þ dV þ φ0 :
ε r
V

Der zusätzliche homogene L€osungsanteil entspricht einer Punktladung Q0 im Kugel-


zentrum (Abb. 2.25). Der Vergleich mit dem Feld der Punktladung

R Q0
φ0 ¼
r 4π ε r

liefert als Betrag dieser zusätzlichen Hilfsladung:

Q0 ¼ 4π ε R φ0 :

Bei genügend großem Abstand bzw. Abwesenheit der Ladung Q verschwindet auch die
Spiegelladung QS und es verbleibt das kugelsymmetrische Feld der geladenen Kugel. Diese
hat gegenüber einer unendlich fernen Gegenelektrode die Potentialdifferenz U0 ¼ φ0,
woraus als Kapazität der Kugel resultiert:

QKugel
C Kugel ¼ ¼ 4π ε R:
U0
102 2 Elektrostatische Felder

ϕ(r)
ϕ = ϕ0
r rQ
rS
Q0 Qs Q
θ
zS zQ z
R
U0

Abb. 2.25 Spiegelmodell der geladenen Kugel mit zusätzlicher Hilfsladung Q0

Ladung vor dielektrischem Halbraum


Die Punktladung Q befindet sich im Halbraum 1 mit der Permittivität ε1, im Abstand h von
der Grenzebene zu Halbraum 2 mit der Permittivität ε2 (Abb. 2.26).
Im Gegensatz zur leitenden Wand erzeugt die Ladung in diesem Fall ein elektrisches
Feld in beiden Halbräumen. Aus diesem Grund ist jeweils ein separater Ansatz für die
ben€otigte Spiegelungsanordnung erforderlich. Wie in Abb. 2.27a dargestellt, wird für das
Feld im Raum 1 eine ähnliche Anordnung wie bei der leitenden Wand angesetzt, jedoch mit
einem zu bestimmenden Koeffizienten α für die Spiegelladung αQ. Für Raumteil 2 wird
eine Ladung βQ mit unbekanntem Koeffizienten β am Ort der Ladung Q in Raumteil 1
angeordnet (Abb. 2.27b).
Damit erhalten wir für das Potentialfeld in den beiden Räumen jeweils:
 
Q 1 α
φ1 ðrÞ ¼ þ
4πε1 r1 r2

βQ 1
φ2 ðrÞ ¼ :
4π ε2 r3

Hierbei ist r1, r2 jeweils der Abstand zwischen Q bzw. αQ und dem Aufpunkt r 2 V1,
während r3 den Abstand zwischen βQ und dem Aufpunkt r 2 V2 bezeichnet (Abb. 2.27). Ist
dieser L€
osungsansatz der Richtige, so muss es m€oglich sein, die beiden noch unbekannten
Koeffizienten α und β aus den Stetigkeitsbedingungen an der Grenzfläche zu bestimmen.
Hierfür kann man die Stetigkeit des Potentials

(1) : φ1 ðrÞj∂V 1, 2 ¼ φ2 ðrÞj∂V 1, 2

sowie die Stetigkeit der Normalkomponente von D, d.h. Dn,1 ¼ Dn,2 (2.3) nutzen:
 
∂φ1  ∂φ2 
(2) : ε1 ∂n  ¼ ε2 ∂n  :
∂V 1, 2 ∂V 1, 2
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 103

Abb. 2.26 Punktladung vor


dielektrischem Halbraum
ε1 ε2

h
Q

a b
ε1 ε2
Q αQ βQ
h h h
r1
r2 r3 V2
ϕ1(r)
V1 ϕ2(r)
∂V1,2 ∂V1,2

Abb. 2.27 (a) Spiegel-Ersatzanordnung für Raumteil 1. (b) Für Raumteil 2

Einsetzen in die beiden Potentialansätze ergibt zunächst:


   
1 1 α  β 1 
(1) : þ ¼
ε1 r1 r2 ∂V 1, 2 ε2 r3 ∂V 1, 2
   
∂ 1 α  ∂ β 
(2) : þ ¼ .
∂n r1 r2 ∂V 1, 2 ∂n r3 ∂V 1, 2

Wie in Abb. 2.27 durch die gestrichelten Vektoren angedeutet, gilt für jeden Punkt auf
der Grenzfläche ∂V1,2

r1 ¼ r2 ¼ r3

und
     
∂ 1  ∂ 1  ∂ 1 
¼ ¼  :
∂n r1 ∂V 1, 2 ∂n r3 ∂V 1, 2 ∂n r2 ∂V 1, 2
104 2 Elektrostatische Felder

Die Aufl€
osung des resultierenden Gleichungssystems

(1) : ε2(1 + α) ¼ ε1 β
(2) : β ¼ 1  α
ergibt schließlich für die beiden Koeffizienten:

ε1  ε2 2ε2
α¼ ; β ¼ : ð2:51Þ
ε1 þ ε2 ε1 þ ε2

Das Feld in den beiden Teilräumen soll nun im Folgenden für verschiedene Fälle
diskutiert werden. Zunächst erhält man für den trivialen Fall eines einheitlichen Mediums
(ε1 ¼ ε2) α ¼ 0 und β ¼ 1, d.h. das Verschwinden der Spiegelladung für Raum 1 und die
gleiche Ladung Q für Raumteil 2.
Für ε2 > ε1 erhalten wir aus (2.51) α < 0 und β > 1. Wie das resultierenden Feldbild für
die elektrischen Flussdichte D in Abb. 2.28a zeigt, werden die Feldlinien im Medium 1 zum
Lot hin gebrochen, in Übereinstimmung mit der Stetigkeitsbedingung (2.2), aus der für die
Tangentialkomponente für D folgt

D t , 1 ε1
¼ , ð2:52Þ
D t , 2 ε2

während Dn,1 ¼ Dn,2 (2.3) ist.


Für ε2 ! 1 erreichen die beiden Koeffizienten die Grenzwerte α ! 1 und β ! 2. Wie
in Abb. 2.28b) zu sehen ist, stehen in diesem Fall die Feldlinien in Raum 1 senkrecht auf
der Grenzfläche. Dies ist identisch mit dem Feld vor der leitenden Wand (Abb. 2.19), das
ebenfalls eine gleich große, negative Spiegelladung besitzt. Sämtliche Feldlinien münden
in den gebundenen Oberflächenladungen auf der Grenzfläche. Dadurch wird das elek-
trische Feld E2 In Raum 2 Null, was auch direkt aus dem Feld der Hilfsladung βQ ¼ 2Q
folgt:

2Q
jE2 j ¼ ! 0; f u€r ε2 ! 1:
4π ε2 r23

Wie in Abb. 2.28b dargestellt, gilt dies nicht für die elektrische Flussdichte D, die als
Quellen nur freie Ladungen hat. Die D-Linien verstärken sich sogar gegenüber dem
homogenen Medium um den doppelten Betrag:

2Q
jD2 j ¼ jε2 E2 j ¼ :
4π r23
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 105

a b

ε1 Q ε2 ε1 Q ε2

Abb. 2.28 Feldlinien der elektrischen Flussdichte D. (a) ε2 > ε1 und (b) ε2 >> ε1

Abb. 2.29 Feldlinien der


elektrischen Flussdichte D für
ε2 < ε1

ε1 Q ε2

Im umgekehrten Fall ε2 < ε1 erhalten wir aus Gl. (2.51) α > 0 und β < 1. Die
Tangentialkomponenten von D sind nach Gl. (2.52) in Raum 1 nun gegenüber Raum 2
gr€
oßer, d.h. die Feldlinien werden in Raum 1 vom Lot weg gebrochen (Abb. 2.29). Im
Grenzfall ε1 ! 1 erreichen die beiden Koeffizienten die Grenzwerte α ! 1 und β ! 0.
Das Feld in Raum 1 entspricht also dem Feld zwei gleich großer Ladungen. Die Normal-
komponenten auf der Grenzfläche heben sich deshalb exakt auf. Es dringt somit kein Feld
in Raum 2 ein, so dass dieser gemäß βQ ¼ 0 feldfrei ist.

2.7.2 Separation der Laplace-Gleichung

Der sog. Produktansatz nach Bernoulli ist eine systematische Methode zur L€osung von
Randwertproblemen mit partiellen Differentialgleichungen. Voraussetzung dafür ist, dass
die Randflächen mit den Koordinatenflächen eines orthogonalen Koordinatensystems
106 2 Elektrostatische Felder

zusammenfallen. Für den allgemeinen 3-dim. Fall erhält man mit den Koordinaten (x1,x2,x3)
die m€
oglichen L€
osungen der Laplace-Gleichung

Δφðx1 ; x2 ; x3 Þ ¼ 0

in Form eines Produktes

φðx1 ; x2 ; x3 Þ ¼ f 1 ðx1 Þf 2 ðx2 Þf 3 ðx3 Þ,

wobei die jeweils nur von einer Koordinate abhängigen Funktionen fi(xi) aus der L€osung
einer 1-dim. gew€ohnlichen Differentialgleichung (DGL) 2-ter Ordnung resultieren.
Im Folgenden wird die Separation der Laplace-Gleichung jeweils an einem Beispiel in
kartesischen, zylindrischen und Kugelkoordinaten demonstriert.

Separation in kartesischen Koordinaten


Für die Laplace-Gleichung
!
2 2 2
∂ ∂ ∂
Δφ ¼ þ 2 þ 2 φ¼0
∂x2 ∂y ∂z

erhalten wir durch Einsetzen des Produktansatzes

φ ¼ XðxÞYðyÞZðzÞ

mit den drei Funktionen X,Y und Z nach Division durch das Produkt XYZ (triviale L€osung
φ ¼ 0 ausgeschlossen) zunächst die Gleichung

2 2 2
1 ∂ X 1 ∂ Y 1∂ Z
þ þ ¼ 0:
X ∂x2 Y ∂y2 Z ∂z2

Die drei Summenglieder sind jeweils nur von einer der drei Variablen abhängig, sodass
sie zur Erfüllung der Gleichung konstant sein müssen, d.h.:

2 2 2
1 ∂ X 1 ∂ Y 1∂ Z
¼ k 2x ; ¼ k 2y ; ¼ k 2z
X ∂x2 Y ∂y2 Z ∂z2

mit den Separationskonstanten (Eigenwerten) kx, ky, kz, die die Eigenwertgleichung

k 2x þ k 2y þ k 2z ¼ 0
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 107

erfüllen. Zwei der drei Eigenwerte k€onnen demnach unabhängig voneinander gewählt
werden, wobei mindestens ein Term ki2 negativ sein muss, d.h. ki ist imaginär, z.B.
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
kz ¼  j k 2x þ k 2y ¼  jγ und k 2x , k 2y > 0:

Wir erhalten somit die drei gew€ohnlichen DGLn 2-ter Ordnung:

2 2 2
∂ X ∂ Y ∂ Z
þ k 2x X ¼ 0; þ k 2y Y ¼ 0; þ k 2z Z ¼ 0,
∂x2 ∂y2 ∂z2

die als L€osungen einfache trigonometrische/hyperbolische bzw. lineare Funktionen für


ki ¼ 0 mit jeweils zwei unbekannten Konstanten haben. Die Wahl hängt von der Problem-
stellung ab. Für das Beispiel mit unabhängigen kx,ky (reell) und imaginärem kz erhalten wir
die folgenden L€ osungen:

A cos ðk x xÞ þ B sin ðk x xÞ k x 6¼ 0
X¼ ð2:53Þ
A0 þ B0 x kx ¼ 0
   
C cos k y y þ D sin k y y ky ¼
6 0
Y¼ ð2:54Þ
C 0 þ D0 y ky ¼ 0

E coshðγ zÞ þ Fsinhðγ zÞ γ ¼
6 0
Z¼ ð2:55Þ
E0 þ F 0 z γ ¼ 0:

Da jede Produktkombination

φk x , k y ¼ X k x Y k y Z k x , k y

und jede Linearkombination aus diesen eine m€ogliche L€osung der Laplace-Gleichung
darstellt, ist die allgemeine L€osung die Summe über alle m€oglichen L€osungen:

X
φ¼ X kx Y ky Z kx , ky :
kx , ky

Die Konstanten A bis F und die Eigenwerte kx und ky werden durch die gegebenen
Randbedingungen auf den Koordinatenflächen bestimmt.
108 2 Elektrostatische Felder

Beispiel 2.8: Potential innerhalb eines rechteckigen Hohlraums


Gesucht ist das Potentialfeld innerhalb eines Quaders mit den Abmessungen a,b und c.
Alle Seitenwände bis auf die Fläche z ¼ c, auf der eine beliebige Potentialvorgabe
φ(x,y,z ¼ c) ¼ f(x,y) gegeben ist, seien geerdet (φ ¼ 0).

a x
ϕ=0

c
z ϕ = f(x,y)

Bestimmung der Konstanten für die Funktion X:

φ ¼ 0 f u€r x ¼ 0, a ) A ¼ A0 ¼ B0 ¼ 0
) B sin ðk x aÞ ¼ 0
) k x a ¼ mπ; m ¼ 1, 2, 3, . . . :

Damit erhalten wir für die L€osungen in x-Richtung die unendliche Reihe

Xm ¼ Bm sin ðk x, m xÞ

mit den Eigenwerten


k x, m ¼ :
a

In analoger Weise erhalten wir für die Funktion Y:

  nπ
Yn ¼ Dn sin k y, n y ; k y, n ¼ ðn ¼ 1; 2; 3; . . .Þ:
b

Bestimmung der Konstanten für die Funktion Z:


qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
γmn ¼ k 2x, m þ k 2y, n 6¼ 0 ) E0 ¼ F 0 ¼ 0
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 109

φ ¼ 0 f u€r z ¼ 0 ) E ¼ 0

Zmn ¼ F mn sinhðγmn zÞ:

Nach Zusammenfassen der Konstanten Gmn ¼ Bm Dn Fmn k€onnen wir die L€osung
zunächst als unendliche Summe über alle m€oglichen L€osungen aufstellen:

1 X
X 1
x y
φðx; y; zÞ ¼ Gmn sin m π sin n π sinhðγmn zÞ:
n¼1 m¼1
a b

Die unbekannten Konstanten Gmn sind noch gemäß der verbliebenen Randbedingung

f ðx; yÞ ¼ φðx; y; z ¼ cÞ

zu bestimmen. Entsprechend der L€osung von φ in Form einer unendlichen Doppel-


summe über Sinusfunktionen stellt dies die Bestimmung der Fourier-Koeffizienten einer
2-dim. Fourier-Reihe der Funktion f(x,y) dar. Dazu nutzen wir die Orthogona-
litätsrelationen

Za
x x a
sin m π sin p π dx ¼ δmp
a a 2
0
Zb ð2:56Þ
y y b
sin n π sin q π dy ¼ δnq
b b 2
0

mit dem Kronecker-Symbol:

1 f u€r m ¼ n
δmn ¼
0 f u€r m ¼
6 n:

Multiplikation mit sin( pπx/a), sin(qπy/b) auf beiden Seiten von

X
1 X
1
x y
f ðx; yÞ ¼ Gmn sin m π sin n π sinhðγmn cÞ
n¼1 m¼1
a b

und Integration über 0 x a bzw. 0 y b ergibt mit p,q ¼ 1,2,3. . .

Zb Za
x y ab
f ðx; yÞ sin p π sin q π dx dy ¼ Gpq sinh γpq c
a b 4
0 0
110 2 Elektrostatische Felder

und damit die Berechnungsvorschrift für die Konstanten Gmn:

Rb Ra    
4 f ðx; yÞ sin m πax sin n πby d x d y
Gmn ¼ 0 0  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi :
a b sinh c ðm π=aÞ2 þ ðn π=bÞ2

Für den einfachsten Fall einer konstanten Potentialbelegung, d.h. für

f ðx; yÞ ¼ φ0 ¼ const:

ergibt die L€osung des Doppelintegrals

Zb Za
x y 1  ð1Þm 1  ð1Þn
φ0 sin m π sin n π d x dy ¼ φ0 a b,
a b mπ nπ
0 0

sodass nur die Konstanten mit ungeradzahligen m,n ungleich Null sind:

16 φ0
Gmn ¼  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ffi f u€r m, n ¼ 1, 3, 5 . . .
2 2
m n π sinh c ðm π=aÞ þ ðn π=bÞ
2

Im folgenden Bild ist das Feld in der Ebene y ¼ b/2 innerhalb des rechteckigen
Hohlraums dargestellt.
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 111

Separation in Zylinderkoordinaten
Mit dem Laplace-Operator in Zylinderkoordinaten (A.72) erhalten wir für die Laplace-
Gleichung

  2 2
1 ∂ ∂φ 1 ∂ φ ∂ φ
Δφ ¼ ρ þ 2 þ ¼0
ρ ∂ρ ∂ρ ρ ∂ϕ2 ∂z2

durch Einsetzen des Produktansatzes

φ ¼ RðρÞ ΦðϕÞZðzÞ

schrittweise die beiden gew€ohnlichen DGLn:

d2 Z
 k 2z Z ¼ 0
dz2

d2 Φ
þ k 2ϕ Φ ¼ 0
d ϕ2

Mit den L€
osungen:

Acoshðk z zÞ þ Bsinhðk z zÞ f u€r k z 6¼ 0



A0 þ B0 z f u€r k z ¼ 0

   
C cos k ϕ ϕ þ D sin k ϕ ϕ f u€r k ϕ 6¼ 0
Φ¼
C 0 þ D0 ϕ f u€r k ϕ ¼ 0

Unter der Einschränkung das die Funktion Φ 2π-periodisch ist, d.h.

k ϕ ¼ m ¼ 0, 1, 2, 3, . . .

resultiert für die L€osung in ρ-Richtung die Besselsche DGL:


 
d2 R 1 dR m2
þ þ 1  2 R ¼ 0; mit ζ ¼ k z ρ:
d ζ2 ζ dζ ζ
112 2 Elektrostatische Felder

Abb. 2.30 (a) Besselfunktion (b) Neumannfunktion

Die L€
osung

R ¼ E Jm ðk z ρÞ þ F Nm ðk z ρÞ:

besteht aus den beiden Zylinderfunktionen m-ter Ordnung, die Besselfunktion Jm und
die Neumannfunktion Nm. Die Graphen dieser beiden Funktionen der Ordnung m ¼ 0,1,2
sind in Abb. 2.30 dargestellt.
Alternativ k€
onnen für die L€osung in z-Richtung statt der hyperbolischen die harmoni-
schen Funktionen angesetzt werden, d.h.

A cos ðk z zÞ þ B sin ðk z zÞ f u€r k z 6¼ 0



A0 þ B0 z f u€r k z ¼ 0

und für die L€osung in ρ-Richtung resultiert

R ¼ E Im ðk z ρÞ þ FKm ðk z ρÞ

mit den modifizierten Zylinderfunktionen m-ter Ordnung (Abb. 2.31):


Im(ζ) ¼ jmJm(jζ) mod. Besselfunktion 1. Art

Km ðζÞ ¼ π2 jmþ1 ðJm ðjζÞ þ jNm ðjζÞÞ mod: Besselfunktion 2: Art:

Beispiel 2.9: Potential innerhalb eines runden Hohlzylinders


Analog zum rechteckigen Hohlraum soll das Potential in einem kreisrunden, geerdeten
Hohlzylinder mit Radius a und H€ohe h bestimmt werden, wobei auf der Deckfläche
z ¼ h eine zylindersymmetrische Potentialverteilung

φ ¼ f ð ρÞ

vorgegeben sein soll.


2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 113

Abb. 2.31 Modifizierte Besselfunktionen. (a) 1. Art (b) 2. Art

ϕ = f(ρ)

ϕ=0
h
z
Für die z-Abhängigkeit der L€osung werden zweckmäßigerweise die hyperbolischen
Funktionen gewählt, sodass für die radiale Abhängigkeit die Besselfunktionen anzuset-
zen sind. Für die Konstanten der Funktion R ergibt sich anhand der Randbedingungen:

φ endlich f u€r ρ ¼ 0 ) F ¼ 0

φ ¼ 0 f u€r ρ ¼ a ) Jm ðk z aÞ ¼ 0
η
) k z ¼ k z, mn ¼ mn :
a

Hierbei bezeichnet ηmn die n-te Nullstelle von Jm, mit n ¼ 1,2,3. . . . Somit ergibt sich
für die R-Funktion:
ρ
Rmn ¼ E mn Jm ηmn :
a
114 2 Elektrostatische Felder

Bestimmung der Konstanten der Funktion Φ:

φ 6¼ f ðϕÞ ) k ϕ ¼ m ¼ 0 ) k z, mn ¼ k z, 0n
) D0 ¼ 0

Φ ¼ C0

Bestimmung der Konstanten für die Funktion Z:

k z ¼ k z, 0n 6¼ 0 ) A0 ¼ B0 ¼ 0

φ ¼ 0 f u€r z¼0 )A¼0

z
Z0n ¼ B0n sinh η0n
a

Nach Zusammenfassen der Konstanten Gn ¼ E0n C0 B0n k€onnen wir als L€osung
zunächst die allgemeine Linearkombination aufstellen:

X
1
z ρ
φðρ; zÞ ¼ Gn sinh η0n J0 η0n :
n¼1
a a

Die Konstanten Gn müssen noch gemäß der verbleibenden Randbedingung

f ðρÞ ¼ φðρ; z ¼ hÞ

bestimmt werden. Entsprechend der L€osung von φ in Form einer unendlichen


Summe über Besselfunktionen stellt dies die Bestimmung der Koeffizienten einer
Fourier-Bessel-Reihe dar. Dazu nutzen wir die Orthogonalitätsrelationen für Bessel-
funktionen:

Z1
1h 0 i2 ρ
x Jm ηmp x Jm ηmq x d x ¼ Jm ηmp δpq ; x¼ :
2 a
0

Multiplikation von

X
1  
h ρ
f ðρÞ ¼ Gn sinh η0n J0 η0n
n¼1
a a
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 115

auf beiden Seiten mit x J0(η0p x) und Integration über über 0 x 1 ergibt mit
J0 0 ¼ J1 für p ¼ 1,2,3. . .

Z1  
h 1h 0 i2
f ðxaÞ x J0 η0p x dx ¼ Gp sinh η0p J0 η0p
a 2
0

und damit die Berechnungsvorschrift für die Konstanten Gn:

R1
2 f ðx aÞ x J0 ðη0n xÞ d x
Gn ¼
0
  :
sinh η0n ha J21 ðη0n Þ

Für den einfachsten Fall einer konstanten Potentialbelegung

f ðρÞ ¼ φ0 ¼ const:

resultieren aus der L€osung des Integrals

Z1 1
x  1
x J0 ðη0n xÞ dx ¼ J1 ðη0n xÞ ¼ J1 ðη0n Þ
η0n 0 η 0n
0

die Konstanten:


Gn ¼  0h :
η0n sinh η0n a J1 ðη0n Þ

Das resultierende Feldbild auf einer ρ-z-Ebene ähnelt qualitativ dem Ergebnis für den
rechteckigen Zylinder (Beispiel 2.8.).

Separation in Kugelkoordinaten
Mit dem Laplace-Operator (A.73) in Kugelkoordinaten erhält man für die Laplace-Gleichung

    2
1 ∂ 2 ∂φ 1 ∂ ∂φ 1 ∂ φ
Δφ ¼ r þ sin θ þ ¼ 0
r2 ∂r ∂r r2 sin θ ∂θ ∂θ r2 sin 2 θ ∂ϕ2
116 2 Elektrostatische Felder

durch Einsetzen des Produktansatzes

φ ¼ RðrÞ Θ ðθÞ Φ ðϕÞ

zunächst für die Funktion Φ die DGL

d2 Φ
þ m2 Φ ¼ 0
dϕ2

mit der trigonometrischen bzw. linearen L€osung

A cos ðm ϕÞ þ B sin ðm ϕÞ f u€r m 6¼ 0


Φ¼
A0 þ B0 ϕ f u€r m¼0

Unter der Einschränkung, dass die Funktion Φ 2π-periodisch ist, d.h.

m ¼ 0, 1, 2, 3, . . . ,

resultiert für die R-Funktion die DGL


 
d dR
r2  nðn þ 1ÞR ¼ 0 n ¼ 0, 1, 2, 3, . . .
dr dr

mit der L€
osung

R ¼ C rn þ D rðnþ1Þ :

Für die Θ-Funktion ergibt sich die sog. verallgemeinerte Legendre DGL:
   
1 d dΘ m2
sin θ þ nð n þ 1Þ  Θ ¼ 0:
sin θ dθ dθ sin 2 θ

Die L€
osung

Θ ¼ KPnm ðxÞ þ LQnm ðxÞ; x ¼ cos θ

mit den Koeffizienten K und L besteht aus den sog. zugeordneten Kugelfunktionen

Pnm : erster Art  


Qnm : zweiter Art singul€a r bei x ¼  1 bzw:bei θ ¼ 0; π

der m-ten Ordnung und n-ten Grades.


2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 117

Für den Spezialfall zylindersymmetrischer L€osungen, d.h. für m ¼ 0, lauten die ersten
Kugelfunktion erster Art Pn ðxÞ≔P0n ðxÞ

P0 ¼ 1
P1 ¼ x
1 
P2 ¼ 3x2  1
2
usw:

Für die Fourier-Entwicklung nach Kugelfunktionen der ersten Art

X
1
f ð xÞ ¼ an Pnm ðxÞ ;  1 x þ1
n¼1

lautet die Orthogonalitätsrelation für zwei Funktionen gleicher Ordnung m und unter-
schiedlichem Grad p und q:

Zþ1
2 ðp þ mÞ!
Ppm ðxÞ Pqm ðxÞ d x ¼ δpq :
ð2p þ 1Þðp  mÞ
1

Beispiel 2.10: Dielektrische Kugel im homogenen elektrischen Feld


Ein Kugelvolumen mit Radius a und Permittivität εi befinde sich in einem unbegrenzten
Medium mit der Permittivität εa. Gesucht ist das resultierende Feld innerhalb und
außerhalb der Kugel, das sich aus dem Primärfeld E0 und dem Sekundärfeld der
polarisierten Kugel zusammensetzt.

z
ϕ(r)
εa
r
εi θ

E0 = E0 ez
118 2 Elektrostatische Felder

Aufgrund der vorhandenen Zylindersymmetrie bzgl. der z-Achse k€onnen

m ¼ 0, B0 ¼ 0

gesetzt werden. Für das Potential gibt es keinen physikalischen Grund für eine
Singularität innerhalb 0 θ π, sodass die Kugelfunktion zweiter Art aus der L€osung
ausgeschlossen werden kann, d.h.:

L ¼ 0:

Damit verbleibt als L€osungsansatz zunächst

X
1  
1
φ¼ A0 K n Pn ð cos θÞ C n r þ Dn nþ1 :
n

n¼0
r

Das vorliegende Zweiraum-Problem erfordert einen getrennten Ansatz für Innen-


und Außenraum der Kugel. Nach Elimination weiterer Konstanten in den beiden
L€
osungsansätzen werden die verbleibenden Konstanten mit Hilfe der Stetigkeitsbedin-
gungen auf der Kugeloberfläche (Gebietsgrenze) bestimmt.
osungsansatz f€ur das Potential φi im Innenraum:
L€

φi regular f u€r r ! 0 ) Dn ¼ 0:

Die Summe aller m€oglichen L€osungen für das Potential mit unbekannten Konstanten
Gi,n ¼ A0 Cn Kn lautet somit

X
1
φi ¼ Gi, n rn Pn ð cos θÞ:
n¼0

osungsansatz f€ur das Potential φa im Außenraum:


L€
Mit zunehmendem Abstand r von der polarisierten Kugel muss die L€osung gegen das
vorgegebene Homogenfeld tendieren, d.h.:

Zr
lim φa ¼ φ0 ¼  E0  ds ¼ E 0 r cos θ
r!1
0

Daraus folgt für das Produkt der Konstanten

E 0 ; n¼1
A0 C n K n ¼
0 ; n 6¼ 1
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 119

Herausziehen des Terms E0 r P1(cosθ) aus der Summe und Zusammenfassen der
Konstanten

A0 Dn K n ¼ Ga, n

ergibt mit P1(cosθ) ¼ cosθ

X
1
1
φa ¼ E0 r cos θ þ Ga, n Pn ð cos θÞ:
n¼0
rnþ1

Die Konstanten Gi,n und Ga,n werden aus den Stetigkeitsbedingungen an der Medi-
engrenze r ¼ a bestimmt:

(1) φi ðr ¼ a; θÞ ¼ φa ðr ¼ a; θÞ
X X 1
Gi, n an Pn ¼ E0 a cos θ þ Ga, n nþ1 Pn
a
n
  n
∂φi  ∂φa 
(2) εi ∂r  ¼ εa ∂r 
r¼a r¼a
X X 1
εi Gi, n n an1 Pn ¼ εa ðn þ 1ÞGa, n nþ2 Pn  εa E 0 cos θ:
n n
a

Für n 6¼ 1 liefert der Koeffizientenvergleich in den beiden Gleichungen unter


Ausschluss des Terms mit cosθ ¼ P1(cosθ)

1
ð1Þ : Gi, n an ¼ Ga, n
anþ1
1
ð2Þ : εi n Gi, n an1 ¼ εa ðn þ 1Þ Ga, n nþ2 :
a

Dieses Gleichungssystems hat nur die triviale L€osung Gi, n ¼ Ga, n ¼ 0.


Für n ¼ 1 erhalten wir

1
ð1Þ : Gi, 1 a ¼ Ga, 1  E0 a
a2
1
ð2Þ : εi Gi, 1 ¼ 2 εa Ga, 1 3  εa E0
a

mit der L€
osung:

3 εa
Gi, 1 ¼ E0
εi þ 2εa
εi  εa
Ga, 1 ¼ E 0 a3 :
εi þ 2εa
120 2 Elektrostatische Felder

Innerhalb der Kugel erhalten wir somit für das Potential

3 εa 3 εa
φi ¼ E 0 r cos θ ¼ E0 z:
ε i þ 2 εa εi þ 2 εa

Daraus resultiert für das elektrische Feld

∂φi 3 εa
Ei ¼  ez ¼ E0 ,
∂z εi þ 2εa

also ein homogenes Feld im Kugelinneren, das parallel zum Primärfeld ist.
Außerhalb der Kugel ergibt sich für das Potential

εi  εa 3 cos θ
φa ¼ E0 z þ E 0 a :
εi þ 2εa r2

Der zweite Term ist das Sekundärfeld der polarisierten Kugel mit den gebundenen
Ladungen auf seiner Oberfläche. Wie der Vergleich mit (2.27) zeigt, hat es die gleiche
räumliche Abhängigkeit eines im Zentrum der Kugel angeordneten elektrischen Punkt-
dipols mit dem Dipolmoment

εi  εa
p ¼ 4π E0 a3 ,
εi =εa þ 2

das mit dem Feld (2.28) das Gesamtfeld im Außenraum ergibt:

p
Ea ¼ E0 þ ð2 cos θ er þ sin θ eθ Þ:
4π εa r3

Im Folgenden sollen die Ergebnisse diskutiert werden. Für das auf E0 bzw. auf die
elektrische Flussdichte D0 bezogene Betragsverhältnis des Feldes im Innenraum der
Kugel erhalten wir:

Ei 3 Di εi E i 3 εi =εa
¼ , ¼ ¼ :
E0 εi =εa þ 2 D0 εa E 0 εi =εa þ 2

Im trivialen Fall eines homogenen Mediums (εi ¼ εa) ist

Ei ¼ E0 , Di ¼ D0 :
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 121

Für eine h€ohere Permittivität der Kugel gegenüber dem Außenraum, d.h. für εi > εa
resultiert

Ei < E0 , Di > D0

und als Grenzwerte für εi >> εa

Ei ! 0 Di ! 3D0 :

In diesem Fall erreicht das Dipolmoment den Grenzwert p ! 4πE0 a3εa. Auf der
Kugel strebt das Feld damit gegen

Ea ðr ¼ a; θÞ ! 3 E 0 cos θ er :

Es steht damit überall senkrecht auf der Kugeloberfläche, d.h. wie auf einer Metall-
oberfläche.
Für den umgekehrten Fall einer kleineren Permittivität der Kugel gegenüber dem
Außenraum, d.h. für εi < εa erhalten wir

Ei > E0 , Di < D0

und als Grenzwerte für εi << εa

E i ! 1, 5 E 0 Di ! 0:

In den folgenden Bildern sind die D-Feldlinien für verschiedene εi/εa-Verhältnisse


dargestellt.
Die Erh€ ohung des E-Feldes um das 1,5-fache in einem Dielektrika mit hoher
Permittivität ist von praktischer Bedeutung und zwar hinsichtlich eines Auftreten von
Durchschlägen in Lufteinschlüssen bei Überschreitung der Durchschlagsfeldstärke
(2,5 kV/mm).
Das Dipolmoment erreicht in diesem Fall den Grenzwert p ! 2πE0 a3. Auf der
Kugeloberfläche strebt damit das Feld gegen

E0
Ea ðr ¼ a; θÞ ! sin θ eθ :
2

Wie im Feldlinienbild für εi ¼ 0,1εa erkennbar, verläuft das Feld in diesem Fall
nahezu tangential zur Kugeloberfläche.
122 2 Elektrostatische Felder

εi = 2εa εi = 10εa

εi = 0,5εa εi = 0,1εa

2.7.3 Konforme Abbildung für ebene Felder

Oftmals ist das elektrostatische Randwertproblem nur in 2 Dimensionen, also in einer


Ebene gegeben, bzw. lässt sich als ebenes Problem approximieren. Eine sehr effiziente und
elegante Methode zur L€osung der Laplace-Gleichung bei zweidimensionalen Rand-
wertproblemen bietet die konforme Abbildung mit Hilfe einer geeigneten komplexen
Funktion. Dabei wird das gesuchte inhomogene Feld mit krummer Berandung (z-Ebene)
mittels einer passenden Abbildungsfunktion w ¼ f(z) in ein einfacher zu l€osendes Problem
in die w-Ebene abgebildet, z. B. in das homogene Feld eines Plattenkondensators. Hierbei
bezeichnet z ¼ x + jy einen Punkt in der komplexen z-Ebene und w ¼ u + jv den
entsprechenden Abbildungspunkt in der komplexen w-Ebene (Abb. 2.32).
Es gibt eine Reihe von Funktionen, mit denen sich viele Geometrien behandeln lassen.
Voraussetzung ist, dass die Abbildungsfunktion f(z) regulär (holomorph, analytisch) ist,
d.h. das sie innerhalb eines Gebietes der komplexen Ebene in jedem Punkt eindeutig
differenzierbar ist:

f ðz þ ΔzÞ  f ðzÞ df ðzÞ 0


lim ¼ ¼ f ðzÞ:
Δz!0 Δz dz
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 123

z-Ebene w-Ebene
jy
jv
z = x + jy
w = f(z) w = u + jv

z = f -1(w) v1

ϕ2 v2 u

ϕ1
x

Abb. 2.32 Konforme Abbildung zwischen der Original (z)-Ebene und der Bild (w)-Ebene

Hierbei ist der komplexe Wert der Ableitung f0 (z) unabhängig von der Differen-
tiationrichtung Δz ¼ (Δx + jΔy) ! 0. Wie direkt durch die beiden zueinander senkrechten
Ableitungen in x- und jy-Richtung ersichtlich,

∂f ∂ðu þ jvÞ ∂u ∂v
¼ ¼ þj
∂x ∂x ∂x ∂x
∂f ∂ðu þ jvÞ ∂v ∂u
¼ j ¼  j
∂jy ∂y ∂y ∂y
erfüllen solche Funktion die sog. Cauchy-Riemannsche DGLn:

∂u ∂v
¼
∂x ∂y
∂u ∂v
¼ :
∂y ∂x

Differenzieren nach x bzw. y und ineinander einsetzen:


2 2 2 2
∂ u ∂ v ∂ u ∂ v
¼ ¼
∂x2 ∂x∂y ∂y2 ∂y∂x
2 2 2 2
∂ u ∂ v ∂ u ∂ v
¼ ¼ 2
∂y∂x ∂y2 ∂x∂y ∂x

ergibt aufgrund der Unabhängigkeit der Reihenfolge der partiellen Differentiationen

2 2 2 2
∂ v ∂ v ∂ u ∂ u
¼ bzw: ¼
∂x∂y ∂y∂x ∂x∂y ∂y∂x
124 2 Elektrostatische Felder

jeweils eine Laplace-Gleichung für die Funktionen u(x,y) und v(x,y):


2 2
∂ u ∂ u
þ ¼0
∂x2 ∂y2
2 2
∂ v ∂ v
þ ¼ 0:
∂x2 ∂y2

Dies erlaubt die Einführung eines komplexen Potentials

wðzÞ ¼ uðx; yÞ þ jvðx; yÞ:

Die Funktionen u,v werden als orthogonale Potentiale bezeichnet, da die Linien u ¼ const.
und v ¼ const. zueinander senkrecht stehen. Sie bilden ein orthogonales Netz und erlauben
somit je nach Zuordnung (Äquipotential- oder Feldlinien) die L€osung dualer Rand-
wertaufgaben:

u/v-System v/u-System
uðx; yÞ ¼ const: ≙ Äquipotentiallinien uðx; yÞ ¼ const: ≙ Feldlinien
vðx; yÞ ¼ const: ≙ Feldlinien vðx; yÞ ¼ const: ≙ Äquipotentiallinien

Bei der L€
osung zugeordneter Potentialprobleme ist zunächst eine geeignete Abbildungs-
funktion auszuwählen, die das Homogenfeld (Plattenkondensator) mit den Linien v ¼ const.
bzw. u ¼ const. auf die gegebene krummlinige Geometrie in der z-Ebene abbildet.
Danach erfolgt die Festlegung etwaiger Konstanten in der Funktion und nach Zuord-
nung der Randwerte die Bestimmung des Maßstabsfaktors M:

u/v-System v/u-System
φ1 ! u1 φ1 ! v1
φ2 ! u2 φ2 ! v2
M u ¼ φu11 φ
u2 [V]
2
M v ¼ φv11 φ
v2 [V]
2

Aus der komplexen Potentialfunktion lässt sich die elektrische Feldstärke durch Diffe-
rentiation bestimmen. Aufgrund der speziellen analytischen Eigenschaften ergeben sich
eine Reihe von alternativen Berechnungsformeln.

Elektrische Feldstärke (u/v-System):


In Analogie zum Gradienten in kartesischen Koordinaten erhalten wir für die komplexe
Feldstärke
 
∂u ∂u
E ¼ M u þj
∂x ∂y

mit

E x ¼ ℜfEg, Ey ¼ ℑfE g:
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 125

Alternativ ergibt sich beispielsweise mit der zweiten Cauchy-Riemannschen DGL:

∂u ∂v
¼
∂y ∂x
   ∗
∂u ∂v ∂w
E ¼ M u j ¼ M u
∂x ∂x ∂x

oder allgemein, aufgrund der Unabhängigkeit von der Differentiationsrichtung

 ∗
dw
E ¼ M u :
dz

Hierbei bezeichnet a* die konjugiert komplexe Operation.


Für den Fall, das die Umkehrfunktion z ¼ f(w) gegeben ist, erhalten wir durch
Umkehrung des Differentialquotienten:

M u
E ¼  * :
dz
dw

Alternativ ergibt sich hierfür mit der ersten Cauchy-Riemannschen DGL:

dz ∂z
¼
dw ∂u

M u M u
E ¼  ∗ ¼ ∗ ,
∂z ∂x ∂y
∂u ∂u
þ j ∂u

bzw. für den Betrag:

jM u j
jE j ¼ rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi :
∂x2 ∂y
2
∂u
þ ∂u

Elektrische Feldstärke (v/u-System):


In analoger Weise erhalten wir die Formeln:
 
∂v ∂v
E ¼ M v þj ,
∂x ∂y

bzw.
126 2 Elektrostatische Felder

 ∗  ∗
∂v ∂u ∂w
E ¼ M v þj ¼ jM v
∂x ∂x ∂x
 
dw ∗
E ¼  jM v :
dz

Oder wenn die Umkehrfunktion z ¼ f(w) gegeben ist:

jM v
E ¼  ∗
∂z
∂w

jM v j
jE j ¼ rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi :
∂x2 2
∂v
þ ∂y ∂v

Eine weitere Eigenschaft konformer Abbildungen ist die sog. Energieinvarianz, d.h. die
Gleichheit der Feldenergie innerhalb eines Gebietes der z-Ebene und seiner Abbildung in
der w-Ebene. Mit der längenbezogenen Energie WE0 folgt die Gleichheit der längen-
bezogene Kapazität C0 zwischen zwei Äquipotentiallinien (Elektroden) in der z- und der
w-Ebene:

1 0 2 1
W 0E ¼ C U ¼ C 0w U 2 ) C 0z ¼ C 0w :
2 z 2

Ausgehend von einer Abbildung in ein Homogenfeld in der w-Ebene (Abb. 2.33), lässt
sich die längenbezogene Kapazität in Analogie zur Formel des Plattenkondensators

0
}
Plattenbreite}
C ¼ε
} Plattenabstand }

in einfacher Weise in den beiden Systemen berechnen:

u/v-System v/u-System
   
0  1 0  1
C ¼ εuv22 v
u1  C ¼ εuv22 u
v1 :

Beispiel 2.11: Abbildung: z = w2


Es soll die einfache analytische Funktion z ¼ w2 untersucht werden, d.h.:
 
x þ jy ¼ ðu þ jvÞ2 ¼ u2  v2 þ j2 u v :
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 127

a b
jv jv
v1

v1

u1 u2 u u1 u2 u

v2
v2

Abb. 2.33 Kapazitätsberechnung in der w-Ebene. (a) u/v-System (b) v/u-System

Die Trennung von Real- und Imaginärteil ergibt

x ¼ u2  v 2
y ¼ 2 u v:

Für die Äquipotentiallinien erhalten wir somit im u/v-System (Linien u ¼ const.)


pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
y ¼ 2 u u2  x

und im v/u-System (Linien v ¼ const.)


pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
y ¼ 2v v2 þ x:

Es handelt sich also um eine nach links bzw. rechts ge€offnete konfokale
Ellipsenschar. Mit kleiner werdendem Parameter u bzw. v schließen sich die Parabeln
und entarten bei u ¼ 0 bzw. v ¼ 0 zu einer Halbgeraden, in Form der negativen bzw.
positiven x-Achse.

jy jv
u2 v2

u1 v1 v2
v1
u=0 v=0
x u
–v1
–u1 –v1
–v2
–u2 –v2 –u2 –u1 u1 u2
128 2 Elektrostatische Felder

Als Anwendungsbeispiel für die Abbildung z ¼ c w2 einschließlich einer reellen


Konstante c soll die Feldstärke zwischen zwei in positive x-Richtung ge€offnete,
parabelf€
ormigen Elektroden berechnet werden. Die Spannung zwischen den Elektro-
den sei

φ1  φ 2 ¼ U :

Mit der gegebenen geometrischen Konstante c seien die beiden ellipsenf€ormigen


Elektroden den Linien

v1 ¼ 1
v2 ¼ 2

zugeordnet. Die Rechnung erfolgt also im v/u-System, mit dem Maßstabsfaktor

φ1  φ 2 U
Mv ¼ ¼ ¼ U :
v1  v 2 12

jy v2
u2
u1 v1

u=0
x

–u1
–v1
–u2

–v2
Mit der gegebenen Umkehrfunktion z ¼ f(w) berechnet sich die komplexe Feldstärke
gemäß

jM v jM v jM v


E ¼  * ¼ ¼
dz
dw
2cw *
2cðu þ jvÞ *
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 129

nach komplexer Erweiterung lassen sich Real- und Imaginärteil trennen und wir
erhalten für die x- und y-Komponente von E:

v u
Ex ¼ M v ; Ey ¼ M v ,
2 c ð u2 þ v 2 Þ 2 c ð u2 þ v 2 Þ

bzw. für den Betrag

qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi jM v j
jE j ¼ E 2x þ E2y ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi :
2 c u2 þ v 2

Die maximale Feldstärke resultiert hieraus für das Minimum der Wurzel, d.h. für die
Minimalwerte von u und v, bei u ¼ 0 und v ¼ v1 ¼ 1. Es handelt sich um die Feldlinien
entlang der x-Achse, zwischen den beiden Scheitelpunkten, wo der Elektrodenabstand
am geringsten ist. Der maximale Feldstärkewert tritt dabei auf der kleineren Elektrode
auf, wo die Kr€ummung der Elektrode am gr€oßten ist. Durch Einsetzen ergibt sich dafür
der Wert

U
Emax ¼ :
2c

Die Zunahme des elektrischen Feldes auf einer Elektrode mit kleinerem Krüm-
mungsradius gilt ganz allgemein. Aus diesem Grund wird beispielsweise in der Hoch-
spannungstechnik stets darauf geachtet, dass die Kanten von spannungstragenden
Bauteilen m€ oglichst gut abgerundet sind, um eine unzulässige Feldstärkeüberh€ohung,
d.h. einen Funkendurchschlag an diesen Stellen zu vermeiden.
Theoretisch wächst die Feldstärke mit zunehmender Elektrodenkrümmung unbe-
grenzt an und wird unendlich, wenn der Krümmungsradius gegen Null geht. Dies
ergibt sich unmittelbar aus unserem Ergebnis, wenn wir die Elektrode 1 durch v1 ¼ 0
zu einem unendlich dünnen Blech entarten lassen. Der Betrag der Feldstärke auf der
Elektrode

Mv
jE j ¼ ! 1 f u€r u ¼ 0
2cu

wird nun an der Kante des Bleches unendlich, und zwar mit
pffiffiffi
x ¼ u2  v 2 ) u¼ x
130 2 Elektrostatische Felder

umgekehrt proportional zur Wurzel des Abstandes von der Kante. Es handelt sich um
die sog. Kantensingularität, die allgemein in der Nähe jeder Elektrodenkante vorliegt.

jy
v2

v1 = 0
u=0 x

Beispiel 2.12: Abbildung z = c ew


Die Abbildungsfunktion

x þ jy ¼ ceðuþjvÞ ¼ ceu ð cos v þ j sin vÞ

hat als Real- und Imaginärteil

x ¼ c eu cos v
y ¼ c eu sin v:

Daraus resultiert die folgende Kreisgleichung:


 
x2 þ y2 ¼ ðc eu Þ2 cos 2 v þ sin 2 v ¼ ðc eu Þ2 :

Somit haben wir für eine u/v- bzw. v/u-Zuordnung:

u ¼ const.: Kreislinien (v ¼ 0. . .2π) mit Radius r ¼ c eu


Feld zweier konzentrischer Zylinder
v ¼ const.: Halbgeraden mit Steigung y/x ¼ tanv
Feld zweier keilf€ormig geneigter Elektroden
2.7 €sung von Randwertproblemen
Methoden zur Lo 131

jy
jv
v2 v1
v = 2π

v=π
c x
v2
u = –1 v1
u=0
u = +1 –1 0 +1 u

Als Anwendungsbeispiel soll ein Zylinderkondensator mit den Radien r1 < r2


betrachtet werden. Bezogen auf die u/v-Zuordnung ist der Maßstabsfaktor bei einer
Spannung U0 zwischen den Elektroden

φ1  φ2 U0
Mu ¼ ¼ :
u1  u2 u1  u2

Mit

r
r ¼ c eu ) u ¼ ln
c

resultiert für die beiden Elektrodenradien

r1 r2
u1 ¼ ln , u2 ¼ ln
c c

und damit für den Maßstabsfaktor

U0
Mu ¼ :
ln ðr1 =r2 Þ
132 2 Elektrostatische Felder

jy

ε
r1
U0
r2 x

Den Betrag der elektrische Feldstärke erhalten wir, z. B. über

jM u j U0 1 U0 1
jE j ¼ rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ ¼ ; ðr2 > r1 Þ,
∂x2 ∂y
2 ln ð r =r
2 1 Þ c e u ln ð r =r Þ
2 1 r
∂u
þ ∂u

mit dem maximalen Wert

U0
Emax ¼ ,
r1 ln ðr2 =r1 Þ

entsprechend dem Punkt auf der Elektrode mit der gr€oßten Krümmung.
Für die längenbezogene Kapazität ergibt sich (Vgl. Beispiel 2.6):

0 jv2  v1 j 2π
C ¼ε ¼ε :
ju2  u1 j ln ðr2 =r1 Þ

2.8 Energie im elektrostatischen Feld

Die im elektrischen Feld gespeicherte Energie ist allgemein durch Integration der Energie-
dichte wE (1.70) über das gegebene Volumen V gegeben. Beispielsweise erhält man für ein
isotropes und lineares Medium
ZZZ ZZZ
ε
WE ¼ wE dV ¼ E 2 dV :
2
V V
2.8 Energie im elektrostatischen Feld 133

Für das elektrostatische Feld lässt sich auch ein alternatives Energieintegral aufstellen.
Mit

E ¼ grad φ

ergibt sich
ZZZ
ε
WE ¼ ðgrad φÞ2 dV :
2
V

Anwendung des 1. Greenschen Integralsatzes (A.82) ergibt mit der Wahl φ1 ¼ φ1 ¼ φ


ZZZ ZZ ZZZ
2
ðgrad φÞ dV ¼  φ grad φ  dA  φ Δφ dV :
V ∂V V

Bei der der Integration über den gesamten Raum mit Ladungen im Endlichen nimmt das
Potential φ mindesten mit 1/r und demzufolge der Gradient von φ mindestens mit 1/r2 ab,
sodass mit dA ~ r2 das Oberflächeintegral auf der rechten Seite verschwindet. Durch
Einsetzen der Poisson-Gleichung
q
Δφ ¼ 
ε

erhalten wir
ZZZ ZZZ
1
ðgrad φÞ2 dV ¼ φ q dV
ε
V V

und damit für die elektrostatische Feldenergie die Formel


ZZZ
1
WE ¼ q φ dV : ð2:57Þ
2
V

Diese Formel hat gegenüber dem allgemeinen Integral über den unbegrenzten Raum
u. a. den Vorteil, dass nur über die Gebiete zu integrieren ist, in den q 6¼ 0 ist.

Beispiel 2.13: Energie einer Punktladungsanordnung


Für eine gegebene statische Anordnung von Punktladungen mit beliebiger Stärke Qi und
Ort ri erhalten wir durch Einsetzen der singulären Ladungsdichteverteilung
134 2 Elektrostatische Felder

X
qð r Þ ¼ Qi δðr  ri Þ
i

in das elektrostatische Energieintegral (2.57) durch Vertauschen der Reihenfolge von


Summation und Integration mit der Ausblendeigenschaft (1.16) der Dirac-Funktion
ZZZ X
1 1 X
WE ¼ Qi δðr  ri Þ φðrÞdV ¼ Qi φðri Þ:
2 i
2 i
V

Gemäß den Ausführungen in Abschn. 2.2 entspricht das Produkt Qi φ(ri) der poten-
ziellen Energie der Ladung Qi im Feld aller Ladungen. Allerdings enthält das Potential
φ(ri) jeweils auch den eigenen, singulären Anteil der Punktladung Qi an der Stelle ri.
Dieser Anteil entspricht der im eigenen Feld der Ladung gespeicherten Energie. An
dieser Stelle tritt das Modell der Punktladung in Erscheinung, das es in der Realität nicht
gibt. Tatsächlich kann einem geladenen Elementarteilchen, wie z. B. dem Elektron, eine
solche Energie zugeordnet werden, die aufgrund seiner Ausdehnung einen endlichen
Wert besitzt. Die „Selbstenergien“ k€onnen wir in diesem Zusammenhang außer Betracht
lassen, da sie für die Herstellung der Ladungskonfiguration weder aufgebracht noch
verfügbar sind. Beispielsweise ist sie bei gleichnamigen Ladungen aufgrund der Ab-
stoßungskräfte für die Realisierung der Anordnung von außen aufzubringen, bzw. wird
beim umgekehrten Vorgang frei.
Setzten wir für φ(ri) die Summe (2.26) über alle Einzelpotentiale der Ladungen
Qk (k 6¼ i) ein, d.h.:

1 X Qk
φðri Þ ¼ ,
4 π ε k6¼i j ri  rk j

so erhalten wir als L€osung für die im Feld der Punktladungen gespeicherte Energie

1 X X Qi Qk
WE ¼ :
8 π ε i k6¼i j ri  rk j

Der in der L€osung enthaltene Faktor 1/2 rührt daher, dass bei der Summation über
alle Ladungen jeder Beitrag doppelt gezählt wird, d.h.

Qi Qk Qk Qi
¼ :
j ri  rk j j rk  ri j
2.8 Energie im elektrostatischen Feld 135

Beispiel 2.14: Energie in einer Elektrodenanordnung


Betrachtet wird eine feste Anordnung von N leitfähigen K€orpern (Elektroden), die sich
jeweils auf dem Potential φi befinden und die Ladung Qi tragen. Zur Berechnung der
Energie WE, die in der gesamten Anordnung gespeichert ist, k€onnen wir vom Volumen-
tintegral (2.57) zu einem Integral über die Flächenladungsdichten qA,i auf den Lei-
teroberlächen übergehen (Abschn. 2.3) und erhalten mit φ ¼ φi auf der Oberfläche des
Leiters i:
ZZZ ZZ ZZ
1 1 1X
WE ¼ q φ dV ¼ qA φ dA ¼ φi  qA, i d A: ð2:58Þ
2 2 2 i
V ∂V Ai

Hierbei ergeben die einzelnen Flächenintegrale


ZZ
 qA, i dA ¼ Qi
Ai

die auf der i-ten Elektrode befindliche Ladung Qi. Wir erhalten formal das gleiche
Ergebnis wie für die Energie der Punktladungsanordnung:

1X
WE ¼ φi Q i : ð2:59Þ
2 i

In diesem Fall ist auch die im Feld der Elektrodenladung Qi gespeicherte Energie
enthalten. Sie ist für das Aufbringen der Ladung auf der Elektrode notwendig bzw. ist
umgekehrt verfügbar. Im Unterschied zu den Punktladungen befinden sich die einzelnen
Ladungsverteilungen qA,i auf dem vorgegebenen Elektrodenpotential φi, so dass die
„Eigenenergien“ endlich sind.

WE
ϕ1 QN
Q1 ϕN

Qi
ϕi qA,i
136 2 Elektrostatische Felder

2.9 Teilkapazitäten im Mehrleitersystem

Die in Abschn. 2.5 eingeführte Kapazität für eine Anordnung aus zwei Elektroden lässt
sich über die Energie auf ein Mehrleitersystem erweitern. Dieser besteht aus N + l Leitern,
wobei einer davon als Bezugsleiter dient (Abb. 2.34).
Gemäß Superpositionsprinzip sind die Potentiale φi auf den einzelnen Leitern linear von
den Ladungen Qk auf den Leitern abhängig. Durch Einführung der Potentialkoeffizienten
αik, die jeweils den Beitrag von Qk zum Potential φi angeben, lässt sich das folgende lineare
Gleichungssystem aufstellen:
0 1 2 3 0 1
φ1 α11 : : : α1N Q1
B : C 6 : : : 7 B C
B C 6 7 B : C
ð φÞ ¼ B C 6
B : C¼6 : : : 7 
7 B
B : C ¼ ½αðQÞ:
C ð2:60Þ
@ : A 4 : : : 5 @ : A
φN αN1 : : : αNN QN

Die Potentialkoeffizienten sind von der Geometrie und der Permittivität ε des Mediums
zwischen den Leitern abhängig. Die Koeffizientenmatrix [α] ist symmetrisch, d.h. es gilt
Reziprozität (αik ¼ αki 0). Für den Beweis gehen wir von der Energie im System nach
Gl. (2.58) und (2.59) aus:

1X X ZZ
WE ¼ φi Qi ¼  qA, i φi dAi :
2 i i
Ai

Einsetzen der Summe aller Einzelpotentiale

X 1 ZZ qA, k
φi ¼  d Ak
k
4πε jri  rk j
Ak

ergibt für die Summenterme jeweils die Beziehung


ZZ ZZ ZZ
1 X qA, i qA, k
φi Qi ¼  qA, i φi dAi ¼   dAk dAi ,
4πε k j ri  rk j
Ai Ai Ak

bzw. für das Potential auf Leiter i


ZZ ZZ
1 1 X qA, i qA, k X
φi ¼   d Ak d Ai ¼ αik Qk :
4 π ε Qi k jri  rk j k
Ai Ak
2.9 Teilkapazitäten im Mehrleitersystem 137

Abb. 2.34 Mehrleitersystem


mit Bezugsleiter
ϕ1 N
1
ε ϕN

i
0 ϕi

ϕ0 = 0

Hieraus folgt unmittelbar für die Potentialkoeffizienten


ZZ ZZ
1 1 qA, i qA, k
αik ¼   d Ak d Ai
4 π ε Qi Qk jri  rk j
Ai Ak

die Vertauschbarkeit i und k, d.h. αik ¼ αki 0.


Die Inversion des Gleichungssystems (2.60) liefert umgekehrt die Leiterladungen in
Abhängigkeit von den Leiterpotentialen:
0 1 2 3 0 1
Q1 c11 : : : clN φ1
B : C 6 : : : 7 B C
B C 6 7 B : C
ðQÞ ¼ ½α1 ðφÞ ¼ B C 6
B : C¼6 : : : 7B : C
7 B
C ¼ ½cðφÞ: ð2:61Þ
@ : A 4 : : : 5 @ : A
Qn cN1 : : : cNN φN

Hierbei sind die Matrixelemente der invertierten Potentialkoeffizientenmatrix

Aik
cik ¼ ðAik : Adjunkte=Unterdeterminante zum Element αik Þ
det½α

die sog. Kapazitäts- oder Influenzkoeffizienten mit der Einheit As/V ¼ Farad (F). Sie
sind ebenfalls durch die Geometrie und dem Medium bestimmt und geben den La-
dungsbeitrag des Leiters i mit Potential φi zu Leiter k. Auch für sie gilt Reziprozität:

>0 f u€r i¼k


cik ¼ cki ¼
<0 f u€r i 6¼ k

wobei alle Nebendiagonalelemente negativ sind.


Für die Energie im Mehrleitersystem gelten die beiden folgenden Beziehungen mit den
Potential- bzw. Kapazitätskoeffizienten. Ausgehend von (2.59) erhalten wir
138 2 Elektrostatische Felder

X
N
1X N X N
mit φi ¼ αik Qk ) W E ¼ αik Qi Qk
k¼1
2 i¼1 k¼1

X
N
1X N X N
bzw:Qi ¼ cik φk ) W E ¼ cik φi φk :
k¼1
2 i¼1 k¼1

Um die influenzierte Ladung Qi von Leiter k in Abhängigkeit der Spannung Uik ¼ φi φk
zwischen den beiden Leitern ausdrücken zu k€onnen, formen wir schließlich das Glei-
chungssystem (2.61) durch Herausziehen des Eigenbeitrags und einer Nullergänzung
entsprechend um:

X
N X
N
Qi ¼ cik φk ¼ cik φk þ cii φi
k¼1 k¼1
ðk6¼iÞ

X
N X
N X
N X
N X
N
¼ cik φk  cik φi þ cii φi þ cik φi ¼ φi cik  cik ðφi  φk Þ:
k¼1 k¼1 k¼1 k¼1 k¼1
ðk6¼iÞ ðk6¼iÞ ðk6¼iÞ ðk6¼iÞ

Mit

φi  φ k f u€r i 6¼ k ðSpannung zwischen den Leitern i und k Þ


U ik ¼
φi f u€r i¼k ðSpannung zwischen Leiter i und Bezugsleiter 0Þ

und den Teilkapazitäten


8
< X
>  
N
cik f u€r i¼k Eigenkapazit a€ t des Leiters i zum Bezugsleiter
C ik ¼
>
: k¼1  
 cik f u€r i 6¼ k Gegenkapazit a€ t zwischen Leiter i und Leiter k

Auch für die Gegenkapazitäten gilt Reziprozität (Cik ¼ Cki.).


Die Ladung auf einem Leiter setzt also sich aus Teilladungen zusammen, die jeweils
proportional zu den Teilspannungen und Teilkapazitäten zwischen den Leitern sind.
Mit dem Konzept der Teilkapazitäten wird das in Abb. 2.34 dargestellte Mehr-
leitersystem in ein kapazitives Ersatzschaltbild überführt (Abb. 2.35). Zur Bestimmung
der dafür notwendigen Potentialkoeffizienten αik bzw. cik müssen Methoden der Feldbe-
rechnung angewendet werden. Sind alle Teilkapazitäten Cik für die gegebene Geometrie
bekannt, k€onnen sämtliche Spannungen und Str€ome durch einfache Netzwerkberechnung
bestimmt werden.
2.9 Teilkapazitäten im Mehrleitersystem 139

Abb. 2.35 Kapazitives


Ersatzschaltbild des
C1N
Mehrleitersystems (Abb. 2.34) N
1
C1i
C11 CiN

0 i
Cii

Beispiel 2.15: Zweileiteranordnung über Masseebene


Für eine parallel zu einer Massefläche angeordnete Doppelleitung sollen alle Teil-
kapazitäten berechnet werden. Die Leiter mit den Radien r1, r2 verlaufen in der H€ohe
h1 bzw. h2 zur Massefläche im Abstand a. Die Leitungslänge sei unbestimmt, sodass
eine längenbezogene Rechnung durchzuführen ist.

r1
C'12 = C'21
1 r2

2
h1
C'11 h2
C'22
0
a

Für die Berechnung der Potentialkoeffizienten αik (i,k ¼ 1,2) bietet sich die Spie-
gelungsmethode aus Abschn. 2.7.1 an. Dabei wird unter der Voraussetzung, dass
r1,r2 << h1,h2,a von einer D€unndrahtnäherung ausgegangen, bei der die Ladung auf
der Leiteroberfläche als Linienladungsdichte ql auf der Drahtachse approximiert wird.

ql,1 r1
r12 r2
ql,2
h1 h2
h2
h1 r'12
−ql,2
−ql,1
140 2 Elektrostatische Felder

Für das Potential von Leitung 1 erhalten wir durch Addition des direkten Beitrags im
Abstand r1 und des Spiegelbeitrags im Abstand 2h1 (r0: beliebiger Referenzabstand):
     
ql , 1 r1 ql , 1 2 h1 ql , 1 2 h1
φ1 jql, 2 ¼0 ¼ ln þ ln ¼ ln :
2πε r0 2πε r0 2πε r1

Daraus resultiert der Potentialkoeffizient


  
φ1  1 2 h1
α11 ¼ ¼ ln :
ql , 1  q 2πε r1
l, 2 ¼0

Analog ergibt sich für Leiter 2


 
1 2h2
α22 ¼ ln
2πε r2

und zwischen Leiter 1 und Leiter 2 (Reziprozität)

  0  sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
φ2  1 r12 1 a2 þ ðh1 þ h2 Þ2
α12 ¼ α21 ¼ ¼ ln ¼ ln :
ql , 1  q 2πε r12 2πε a2 þ ðh1  h2 Þ2
l, 2 ¼0

Durch Inversion der Matrix [α] erhalten wir die Kapazitätskoeffizienten c0 ik (längen-
bezogen):

h 0i  
1 α22 α12
c ¼ ½α1 ¼ mit det½α ¼ α11 α22  α212
det½α α12 α11

und daraus schließlich die Teilkapazitäten

h 0 i  c0 þ c 0 c012
  
1 α22  α12 α12
C ¼ 11 0 12 ¼ :
c12 c22 þ c012
0
α11 α22  α212 α12 α11  α12

Mit dem vollständigen kapazitiven Ersatzschaltbild lässt sich beispielsweise die Be-
triebskapazität C0 B zwischen den Leitern bestimmen. Aus der Reihen- u. Parallelschaltung
ergibt sich

C 011 C 022
C 0B ¼ C 012 þ :
C 011 þ C 022

Eine weitere Anwendung ist die Bestimmung der kapazitiven Signalkopplung


(„Übersprechen“) zwischen den beiden Leitungen. Beispielsweise sei Leitung 1 eine
Hochspannungsleitung mit der Wechselspannungs-Amplitude U1 und Leitung 2 eine
Signalleitung, auf die ein Teil der Wechselspannung von Leitung 1 mit der Amplitude
2.10 Übungsaufgaben 141

U2 überkoppelt. Im Rahmen der Quasi-Elektrostatik (Abschn. 1.8.4) resultiert aus dem


Ersatzschaltbild ein kapazitiver Spannungsteiler mit Übertragungsverhältnis

U2 C0 C0 1 1
¼ 0 12 220 0 ¼ :
U1 C 12 þ C 22 C 22 1 þ C 022 =C 012

Aus diesem Ergebnis geht hervor, das zur Minimierung der unerwünschten
Überkopplung ein m€oglichst großer Leiterabstand (Verringerung von C0 12) im Verhält-
nis zum Masseabstand von Leiter 2 (Erh€ohung von C0 22) zu wählen ist.

2.10 Übungsaufgaben

UE-2.1 Coulomb-Kraft – Diskrete Ladungsverteilung


Eine beliebige Anzahl von N Punktladungen der Stärke Q1 ist gemäß der unten dargestell-
ten Skizze auf dem Umfang eines Kreises mit dem Radius r gleichmäßig verteilt. Auf der
Flächennormale über dem Mittelpunkt der vom Kreis aufgespannten Fläche befindet sich
eine Punktladung der Stärke Q2 in der H€ohe z ¼ h.

y Q1 Q1
y
r α
h Q2
x z 2r
Q2

Draufsicht Seitenansicht

a) Berechnen Sie die elektrische Feldstärke E der N Ladungen Q1, die bei der Ladung Q2
vorherrscht. Gegen welches Ergebnis strebt die L€osung für E im Falle, dass h >> r bzw.
h << r gilt? Interpretieren Sie die Ergebnisse.
b) Berechnen Sie allgemein die Kraft F, die auf die Ladung Q2 im Abstand h wirkt. Welche
Kraft resultiert für die Grenzfälle h >> r und h << r?
c) Bestimmen Sie aus der elektrischen Feldstärke E die Potentialverteilung φ(z), die die
N Ladungen auf dem Ring entlang der Flächennormalen erzeugen. Das Bezugspotential
soll auf der Kreisoberfläche liegen, d.h. φ(z ¼ 0) ¼ 0.
142 2 Elektrostatische Felder

Z
z 1
Hinweis : qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dz ¼  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi þ C
ðz2 þ r 2 Þ 3 z þ r2
2

UE-2.2 Potentialberechnung – Kontinuierliche Ladungsverteilung


Eine in der Ebene z ¼ 0 liegende Kreisscheibe mit dem Radius a sei mit einer
Flächenladungsdichte qA(r) ¼ K/r (K ¼ const.) belegt.

z
qA (r) y

x
a

a) Skizzieren Sie die Ladungsdichteverteilung in Abhängigkeit vom Ort r.


b) Berechnen Sie die Gesamtladung Q der Scheibe.
c) Berechnen Sie das Potential φ auf der z-Achse.
d) Berechnen Sie das elektrische Feld E entlang der z-Achse. Gegen welchem Ergebnis
strebt die L€
osung für große Abstände z a?
Z
1 r
Hinweis : pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dr ¼ arsinh þC
z þr
2 2 z

UE-2.3 Kraft auf Ladungen


Gegeben sei ein gerader Streifen der Breite b und vernachlässigbarer Dicke, der mit einer
homogenen Flächenladungsdichte qA (C/m2) belegt ist und parallel zu einer Linienladung
qL (C/m) angeordnet ist (siehe Skizze).

qA ε qL
x
0 b d

a) Geben Sie formelmäßig die differentielle Feldstärke dE am Ort x ¼ d, die ein an der
Stelle x0 liegendes Linienladungselement qA dx0 erzeugt, als Funktion von x0 an.
b) Berechnen Sie die längenbezogene Kraft F0, die insgesamt auf die Linienladung an der
Stelle x ¼ d wirkt.
2.10 Übungsaufgaben 143

c) Verifizieren Sie explizit durch umgekehrte Berechnung der längenbezogenen Kraft


auf den ladungsbelegten Streifen (qA) das allgemeine physikalische Prinzip
„actio¼reactio“.
d) Welches Ergebnis erhalten Sie für die auf den Streifen wirkende Kraft bei sehr großen
Abständen (d >> b)? Interpretieren Sie das Ergebnis.
Hinweise:
Z
1 1
d x ¼ ln jax þ cj
ax þ c a

ln ð1  ξÞ ξ, f u€r ξ 1

UE-2.4 Kapazitätsberechnung – Geschichtete Koaxialleitung


Gegeben sei eine Anordnung aus zwei Zylinderelektroden mit den Radien ρ1 und ρ3.
Zwischen den Elektroden befindet sich ein geschichtetes Medium. Medium I (ρ < ρ2) habe
die Permittivität ε1 ¼ εr1ε0 und für Medium II (ρ > ρ2) sei ε2 ¼ εr2 ε0. Die
Zylinderelektroden haben die Länge l und zwischen ihnen liegt die Gesamtspannung
U0 an.

ε2
ε1
ρ2
ρ1
ρ3
I
II
U0 l

a) Geben Sie die eindimensionale Laplace-Gleichung an. Welche allgemeine L€osung


resultiert jeweils in den Raumbereichen I und II?
b) Bestimmen Sie die Konstanten mit Hilfe der Rand- und Stetigkeitsbedingungen an den
Mediengrenzen.
c) Berechnen Sie das elektrische Feld in den Raumbereichen I und II. Welche Kapazität
C besitzt die gesamte Anordnung?
d) Verifizieren Sie die Kapazität aus c) mit Hilfe des Gaußschen Gesetzes. Gehen Sie
hierbei von aus, dass sich auf der inneren Elektrode die Ladung Q befindet.
144 2 Elektrostatische Felder

UE-2.5 Halbleiter – p-n-Übergang


Gegeben ist eine Raumladungsverteilung q(x) (siehe Skizze). Die Ausdehnung in y- und
z-Richtung seien als groß gegenüber den Abmessungen in x-Richtung anzusehen, so dass
das Problem eindimensional behandelt werden kann.
Berechnen Sie das Potential φ(x) und die elektrische Feldstärke E(x) in den Bereichen
1  4, falls die Permittivität des betrachteten Gebietes ε0 ist und für die Raumladungen die
Bedingung q1/q2 ¼ b/a gilt. Nutzen Sie die Stetigkeitsbedingungen an den Bereichsgren-
zen zur Bestimmung der Konstanten. Skizzieren Sie die resultierenden Funktionsverläufe
für φ(x) und E(x).

q(x)

1 2 3 4
+q1

-b a x

−q2

UE-2.6 Schutzwirkung eines Erdseils – Spiegelung an leitender Ebene


Das über Hochspannungsleitungen angebrachte Erdseil wird an den Masten geerdet und
schirmt den darunter befindlichen Raum gegen das elektrische Luftfeld ab. Ein Erdseil mit
dem Radius R0 sei in der H€ohe h über dem Erdboden gespannt. Durch eine Gewitterwolke
mit positiver Ladung wird über der Erde das konstante Vertikalfeld E0 erzeugt. Es gelte
h >> R0.

+ + Gewitterwolke + +

E0
ql

y
h
x
Erde
2.10 Übungsaufgaben 145

a) Berechnen Sie das Potentialfeld in der Umgebung des Erdseils durch Überlagerung des
Primärfeldes φ0 der Gewitterwolke und des Sekundärfeldes φl der Linienladung auf
dem Erdungsseil. Setzen Sie zweckmäßigerweise den Nullpunkt für das Gesamt-
potential auf die Drahtoberfläche. Die Erdoberfläche soll der Einfachheit halber als
leitende Ebene angenommen werden.
b) Wie lautet der resultierende Potential- und Feldstärkeverlauf senkrecht unter dem
Erdungsseil (d.h. x ¼ 0)?
c) Wie groß ist das Schutzverhältnis η ¼ |Eges / E0| unter dem Erdseil unmittelbar über dem
Erdboden (x ¼ y ¼ 0) und in einer H€ohe h0 ¼ 0,9 h? Es sei R0¼ 5 mm, h ¼ 10 m und
E0 ¼ 1 kV/cm.

UE-2.7 Spiegelung am dielektrischen Halbraum


Gegeben ist eine unsymmetrische parallele Zweidrahtleitung mit Leiterradius r0, welche
teilweise in ein Dielektrikum mit εr > 1 eingebettet ist (siehe Skizze). Zur Vereinfachung
soll von einer Dünndrahtnäherung ausgegangen werden (r0 << d1,2).

ε0 εr > 1

ql –ql
d1 d2
2r0 2r0

a) Stellen Sie jeweils die äquivalente Spiegel-Ersatzanordnung zur Berechnung des Poten-
tials im linken und rechten Raumbereich auf und berechnen Sie die längsbezogene
Kapazität C0 der Zweidrahtleitung in Abhängigkeit der gegebenen Geometrie- und
Materialparameter.
b) Welches Ergebnis erhalten sie jeweils für εr ¼ 1 und εr ! 1? Interpretieren Sie die
Ergebnisse.

UE-2.8 Spiegelung am leitenden Zylinder


Gegeben ist eine Linienladung ql im Abstand rq vom Mittelpunkt eines leitenden Zylinders
mit dem Radius R.
146 2 Elektrostatische Felder

ε
R
ql
rq x

ϕ = const.

a) Bestimmen Sie die Spiegelanordnung zur Erfüllung der Randbedingung φ ¼ const. auf
der Zylinderoberfläche.
b) Stellen Sie die L€osung für das Potential φ(x,y) außerhalb des Zylinders auf, bezogen auf
den Wert φ ¼ 0 auf dem Zylinder.
c) Berechnen Sie aus dem Potential die Feldstärke E(x,y) außerhalb des Zylinders.
d) Welche Näherung erhält man für das Spiegelmodell bei sehr kleinem relativem Abstand
Δr/R << 1 zwischen Linienladung und Zylinderwand? Interpretieren Sie das Ergebnis.

UE-2.9 Mehrfachspiegelung am Winkel


Innerhalb eines 90 Winkels, welcher von zwei Ebenen A, B gebildet wird, befindet sich
eine Punkladung Q.

y Q
r0
α x B

a) Stellen Sie die Spiegel-Ersatzanordnung auf, welche die Randbedingung φ ¼ 0 auf den
Ebenen A und B erfüllt.
b) Berechnen daraus die Potential- und Feldverteilung innerhalb des Winkels.
c) Berechnen Sie für α ¼ 45 das Potential im Fernfeld der Anordnung (r >> r0) für
Aufpunkte in der x-y-Ebene. Nutzen Sie dazu die folgende Näherung:
2.10 Übungsaufgaben 147

 0  0 2  0 2 !
1 1 r 1 r 3 r
0 1 þ cos γ  þ cos 2 γ
jr  r j r r 2 r 2 r

Hierbei beschreibt γ den Winkel zwischen dem Aufpunktsvektor r und dem Ortsvektor
r0 einer Punktladung.

UE-2.10 Separation der Laplace-Gleichung in Zylinderkoordinaten


Gegeben ist eine koaxiale zylindrische Anordnung mit H€ohe h und Außenradius b (siehe
Zeichnung). Auf der inneren Elektrode mit dem Radius a ist das Potential durch den
Verlauf φ0(z) ¼ U0 sin(2πz/h) vorgegeben. Auf den restlichen Berandungen ist das
Potential Null.
Berechnen Sie durch Separation der Laplace-Gleichung das Potential φ(ρ,z) in dem von
den Elektroden umschlossenen Raum.

z
ϕ0(z)
h

ϕ=0

a b ρ

UE-2.11 Separation der Laplace-Gleichung in kartesischen Koordinaten


Gegeben ist ein unendlich langes, rechteckiges Metallrohr mit der Breite b und H€ohe a. Auf
der oberen Mantelfläche (x ¼ 0. . ..a, y ¼ b) befindet sich die Oberflächenladung

x
qA ðxÞ ¼ q0 sin π :
a

Für das Potential φ auf den restlichen drei Flächen gilt φ ¼ 0.


148 2 Elektrostatische Felder

y
qA(x)
b + + + + + + + + +

ϕ=0

0 a x

a) Geben Sie die allgemeine L€osung der zweidimensionalen Laplace-Gleichung an.


b) Reduzieren Sie die allgemeine L€osung gemäß der gegebenen Randbedingung φ ¼ 0 an
den drei Seitenwänden.
c) Bestimmen Sie die verbleibende Konstante durch die vorgegebene Ladungsverteilung
auf der oberen Seitenwand und schreiben Sie die vollständige L€osung für die
Potentialverteilung an.
d) Bestimmen Sie die längenbezogene Kapazität C0 . Nutzen Sie dabei die Beziehung
zwischen der längenbezogenen Ladung auf der oberen Seitenwand und der längen-
bezogenen elektrische Feldenergie im Rohr.

UE-2.12 Konforme Abbildung – Leiter u €ber Ebene


Ein Leiter mit Radius r0 ist im Abstand h über einer leitenden Ebene angeordnet. Die
folgenden Berechnungen sollen mit der Abbildungsfunktion

z ¼ c cot w

erfolgen. Dabei ist z ¼ x + jy und w ¼ u + jv.

h 2r0

κ→∞

a) Entscheiden sie ob ein u/v- oder ein v/u-System verwendet werden muss.
b) Legen Sie die Parameter v1, v2 so fest, dass der Definitionsbereich in der x + jy Ebene die
gegebene Struktur nachbildet und berechnen Sie den Parameter c > 0.
c) Berechnen Sie die längenbezogene Kapazität C0 der Anordnung. Ermitteln Sie die
Kapazität C0 für r0 << h (Dünndrahtnäherung) mit Hilfe der Spiegelungsmethode
und vergleichen Sie die Ergebnisse.
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Tipp : arcosh x ¼ ln x þ x2  1
2.10 Übungsaufgaben 149

d) Ermitteln Sie das Maximum der elektrischen Feldstärke für x ¼ 0 und 0 < y < h  r.

Hilfsmittel:

jy
jv
v = −v1
v1

−π 2 π/2 u x

−v1

sin 2u c2
x¼c v ¼ const: : x2 þ ðy þ c coth2vÞ2 ¼
cosh2v  cos 2u sinh2 2v

sinh2v c2
y¼c u ¼ const: : ðx  c cot 2uÞ2 þ y2 ¼
cosh2v  cos 2u sin 2 2u

UE-2.13 Konforme Abbildung – Elliptisches Koaxialkabel


Gegeben ist ein Kabel mit elliptischem Querschnitt. Zwischen dem Innen- und dem
Außenleiter, die als konfokale Ellipsen mit den Brennpunkten c ausgeführt sind, befindet
sich ein Füllmaterial mit der relativen Dielektrizitätskonstanten εr. Die Halbachsen der
beiden Ellipsen sind a1, b1 bzw. a2, b2 (siehe Skizze). Zwischen den beiden Leitern ist die
Spannung U ¼ φ1  φ2 angelegt.

jy
b2
ϕ2
ϕ1 b1
εr
x
-a2 -c ca
-a1 1 a2
-b1

-b2

Die konforme Abbildung

z ¼ x þ j y ¼ c sin ðwÞ ¼ c sin ðu þ jvÞ,

beschreibt für die gegebene Geometrie den Zusammenhang zwischen der Originalebene
(z-Ebene) und der Bildebene (w-Ebene)
150 2 Elektrostatische Felder

jy u>0
u = const. u = 0 jv

u = -π/2 u = π/2

x
u
−π π
v = const.
u<0 u = ±π

a) Berechnen Sie allgemein die Gleichungen für konstante Werte von u und v. Welche
Potentialzuordnung (u/v oder v/u-System) kommt für die vorliegende Geometrie in
Frage?
b) Bestimmen Sie den entsprechenden Maßstabsfaktor M mit Hilfe der beiden ausge-
wählten Punkte (x ¼ a1, y ¼ 0) und (x ¼ a2, y ¼ 0).
c) Bestimmen Sie die Konstante c mit Hilfe der beiden ausgewählten Punkte
P1 ¼ (x ¼ a1, y ¼ 0) und P2 ¼ (x ¼ 0, y ¼ b1).
Tipp : cosh2(ξ)  sinh2(ξ) ¼ 1
d) Bestimmen Sie aus der Umkehr-Abbildung w(z) die Funktion der komplexen Feldstärke
E(z) zwischen den beiden Leitern. Welchen Betrag hat die Feldstärke am Punkt P1?

Hinweis : ∂z arcsinðzÞ ¼ pffiffiffiffiffiffiffi
1 ffi
1z 2

e) Berechnen Sie die Kapazität pro Längeneinheit C0 der Anordnung.

UE-2.14 Zweileiteranordnung u €ber einer leitenden Ebene


Gegeben ist eine Zweileiteranordnung mit gleichen Radien r0 und Linienladungsdichten
ql über einer elektrisch leitenden Ebene (siehe Skizze).

+ql
r
2r0

h1 −ql
ε = ε0
h2
θ
κ→∞ x
2.10 Übungsaufgaben 151

a) Skizzieren Sie die Ersatzanordnung, die dieselben Verhältnisse für das elektrische
Skalarpotential φ(x, y > 0) wiedergibt.
b) Berechnen Sie die längenbezogenen Potentialkoeffizienten αij der Leiteranordnung.
c) Berechnen Sie ausgehend von den Ergebnissen aus b) die längenbezogenen Teil-
kapazitäten C0 ij.
d) Zeichnen Sie das Kapazitäts-Ersatzschaltbild für die Leiteranordnung.
e) Wie lautet die L€osung für φ(r,θ) im Fernfeld (r >> h1  h2) ohne die leitende Ebene?
Geben Sie damit eine entsprechende L€osung bei Anwesenheit der Ebene an.
Das stationäre Strömungsfeld
3

Zusammenfassung
Wirkt ein elektrostatisches Feld auf ein leitfähiges Medium, so ruft es aufgrund der auf
die Ladungsträger wirkenden Coulombkraft ein stationäres Str€omungsfeld hervor. In
jedem Punkt ist die elektrische Stromdichte über die spezifische Leitfähigkeit des
Mediums proportional zur elektrischen Feldstärke verknüpft. Die Berechnung von
Str€
omungsfeldern führt deshalb auf die L€osung des entsprechenden elektrostatischen
Randwertproblems. Maßgeblich für die in einem Leiter mit gegebener Geometrie
umgesetzte Verlustleistung ist der elektrische Widerstand. Er ist durch Integration über
die Stromdichte bzw. die elektrische Feldstärke definiert.

3.1 Feldgleichungen

In einem leitfähigen Medium (κ 6¼ 0) hat ein statisches elektrisches Feld E gemäß dem
ohmschen Gesetz (1.42)

J ¼ κE ð3:1Þ

ein zeitlich konstantes (station€ares) Str€omungsfeld zur Folge. Sämtliche Zeitableitungen


sind weiterhin Null. Es gelten die elektrostatischen Feldgleichungen (I0 ) und (III).
Das Vektorfeld der elektrischen Stromdichte J unterliegt seinerseits entsprechenden
Feldgleichungen und Randbedingungen. Aus der Kontinuitätsgleichung (1.29) folgt
unmittelbar die Divergenzfreiheit von J. Dies entspricht der Str€omung einer inkompressi-
blen Flüssigkeit. Mit (I0 ) und (3.1) gelten somit für das Str€omungsfeld die beiden Feld-
gleichungen:

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 153


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2_3
154 3 €mungsfeld
Das stationäre Stro

rot ðJ=κÞ ¼ 0
div J ¼ 0:

Entsprechend Abschn. 1.5 erhalten wir für die Tangential- und Normalkomponenten an
der Grenze zwischen zwei Medien mit unterschiedlicher spezifischer Leitfähigkeit κ1 bzw.
κ2 die Randbedingungen
 
J2 J1 J t , 2 κ2
en   ¼ 0, bzw: ¼ ð3:2Þ
κ2 κ1 J t , 1 κ1

en  ðJ2  J1 Þ ¼ 0, bzw: J n, 1 ¼ J n, 2 : ð3:3Þ

Hierbei zeigt der Normalenvektor von Medium 1 nach Medium 2.


Nach Gl. (3.3) gilt für den Stromfluss durch eine Grenzfläche zwischen zwei unter-
schiedlichen Medien

en  J2 ¼ en  J1 ¼ J n

Daraus folgt aus der Randbedingung für die Normalkomponente der elektrischen
Flussdichte D (1.55)
   
ε2 ε1 ε2 ε1
en  ðD2  D1 Þ ¼ en  J2  J1 ¼ Jn  ¼ qA :
κ2 κ1 κ2 κ1

" Ein Stromfluss durch die Grenzfläche zweier unterschiedlicher Medien erzeugt
eine Flächenladung qA an der Grenzfläche.

Beim Übergang zwischen zwei Medien mit unterschiedlicher Leitfähigkeit folgt aus (3.2)
und (3.3), dass die Str€omungslinien im Medium mit der h€oheren Leitfähigkeit vom Lot
weg gebrochen werden bzw. im schlechteren Leiter zum Lot hin gebrochen werden. Ist der

a J2 b
κ2 κ2 = 0 J2 = 0

J1
κ1 > 0 J1
κ1 >> κ2

Abb. 3.1 Elektrische Str€omungslinien an Mediengrenze (a) Übergang zu schlechterem Leiter


(b) Leiter gegenüber Isolator
3.2 Der elektrische Widerstand 155

Unterschied der beiden Leitfähigkeiten ausreichend groß, so tritt J nahezu senkrecht aus
der Oberfläche (Abb. 3.1a). Beim Übergang zu einem Isolator ist Jn,1 ¼ Jn,2¼ 0, d. h. die
Stromdichte im Leiter verläuft parallel zur Oberfläche (Abb. 3.1b).

3.2 Der elektrische Widerstand

Betrachtet wird eine als Widerstand bezeichnete Anordnung aus einem leitfähigen
Medium, an das zwei ideal leitfähige Elektroden angeschlossen sind. Eine an den beiden
Elektroden angelegte Spannung

ZP ZP
J
U¼ E  ds ¼  ds ð3:4Þ
κ
þ þ
P P

geht mit einem elektrischen Feld E bzw. einem Str€omungsfeld J in dem leitenden Medium
einher. Hierbei bezeichnen P+ und P jeweils einen beliebigen Punkt auf der positiven
Elektrode bzw. negativen Elektrode (Abb. 2.12). Sämtliche Str€omungslinien die von der
positiven Elektrode entspringen, münden auf der negativen Elektrode, sodass der gesamte
elektrische Strom
ZZ
I ¼   J  dA ð3:5Þ

A

der aus einer Hülle A um die positive bzw. negative Elektrode fließt gleich groß und
entgegengesetzt sein muss (Abb. 2.12, 3.2).
Für eine feste Elektrodengeometrie innerhalb eines gegebenen Mediums ändert sich
nach Gl. (2.40) die Stromdichte J bei unterschiedlicher Spannung U nur dem Betrage nach,
so dass nach Gl. (2.41) der Strom I direkt proportional zu U ist. Die Proportionali-
tätskonstante ist der elektrische Widerstand

U V
R ¼ ; ½R ¼ ¼ Ω ðOhmÞ ð3:6Þ
I A

bzw. der elektrische Leitwert der Anordnung:

1 1
G ¼ ; ½G  ¼ ¼ S ðSiemensÞ: ð3:7Þ
R Ω

Nach dieser Definition ist die Kenntnis der Feld- oder Stromdichteverteilung im gesam-
ten Medium zur Berechnung der Widerstandes R mit (2.40) bzw. (2.41) erforderlich.
156 3 €mungsfeld
Das stationäre Stro

Abb. 3.2 Zur Definition des –


elektrischen Widerstandes eines + A
leitfähigen Mediums zwischen A E,J
zwei Elektroden P+ P–
dA

κ I
I
U

Die im Widerstand umgesetzte Joulesche Leistung PJ ergibt sich durch Integration der
Verlustleistungsdichte (1.70) über das gesamte leitende Medium mit dem Volumen V:
ZZZ ZZZ
PJ ¼ κ E2 dV ¼ κ ðgradφÞ2 d V : ð3:8Þ
V V

Hierbei wird ohne Einschränkung der Allgemeinheit von einem homogenen Medium
ausgegangen. Das rechte Integral k€onnen wir mit Hilfe des 1. Greenschen Satzes (A.82)
wie folgt umschreiben:
ZZZ ZZ ZZZ
ðgradφÞ2 d V ¼  ðφgradφÞ  dA  φ Δφ dV :
V ∂V V

Das Volumenintegral auf der rechten Seite ist Null, aufgrund der Gültigkeit der Laplace-
Gl. (2.9) im ladungsfreien Raum zwischen den Elektroden. Das Hüllenintegral über den
Rand ∂V des felderfüllten Raumes V umfasst die beiden Elektrodenoberflächen A und
eine im Unendlichen befindliche Hülle, die die Anordnung umschließt. Während über
letztere das Feld für eine Anordnung mit endlicher Ausdehnung verschwindet, ergibt die
Integration über die beiden Elektrodenflächen mit φ ¼ U bzw. 0
ZZ ZZ
U
 ðφgradφÞ  d A ¼  J  d A:
κ
∂V Aþ

Einsetzen in (3.8) ergibt mit (3.5) schließlich als Ergebnis für die Leistung im Wider-
stand:
3.2 Der elektrische Widerstand 157

U2
PJ ¼ U I ¼ ¼ I 2 R: ð3:9Þ
R

Die zweite und dritte Formel erhalten wir mit der Definition (3.6) für R. Umgekehrt
resultieren daraus zwei alternative, auf die Leistung bezogene Definitionen für den Wider-
stand:

U 2 PJ
R¼ ¼ 2: ð3:10Þ
PJ I

" Der Widerstand R einer aus zwei Elektroden bestehenden Anordnung wird von
der spezifischen Leitfähigkeit k des dazwischenliegenden Mediums und der
Geometrie bestimmt.

Für ein homogenes Medium besteht zwischen R und der Kapazität C einer Anordnung eine
einfache Beziehung. Einsetzen der beiden Definitionen (3.6) und (3.5) ergibt mit (2.41) und
(2.42) für das Produkt
RR
Q ε A E  d A
R C ¼ ¼ RR ,
I κ A E  d A

ε
RC ¼ , ð3:11Þ
κ

also genau die nach Gl. (1.49) definierte Relaxationszeit τR des Mediums.

Beispiel 3.1: Widerstand eines homogenen, gleichförmigen Zylinders


Betrachtet wird ein gleichf€ormiger Zylinder mit beliebigem Querschnitt A und homo-
genem Medium (κ ¼ const.), an dem zwei ideal leitende Elektroden angebracht sind.

A
J, E
κ
I
0 l x
U

Mit dem längs des Zylinders gerichteten homogenen Str€omungsfeld

I
J ¼ J x ex ¼ ex
A

resultiert nach (3.4) für die Spannung über dem Zylinder mit der Länge l mit ds ¼ dx ex
158 3 €mungsfeld
Das stationäre Stro

Zl
Jx Il
U¼ dx ¼
κ κA
0

und für den Widerstand gemäß (3.6)

l
R¼ : ð3:12Þ
κA

Beispiel 3.2: Zylindrischer Widerstand


Zu berechnen ist der Widerstand zwischen der inneren und äußeren Elektrode eines
Koaxialkabels der Länge l, das mit einem Material mit der spez. Leitfähigkeit κ gefüllt
ist. Die Elektroden mit den Radien ρi und ρa seien als ideal leitfähig angenommen, d. h.
das elektrische Feld steht senkrecht auf ihnen.

κ
2ρi
ρa

Aus der Zylindersymmetrie des Problems ergibt sich für die Stromdichte ein radial-
symmetrisches Feld, d. h. der Gesamtstrom I verteilt sich gleichmäßig auf einer koaxia-
len Zylinderfläche A(ρ) mit ρi ρ  ρa:

I I
Jρ ¼ ¼ :
AðρÞ 2 π ρ l

Damit folgt für die Spannung zwischen den Elektroden (3.4)

Zρa
1 I
U¼ J ρd ρ ¼ ln ðρa =ρi Þ
κ 2π κ l
ρi

und für den Widerstand (3.6)

U 1
R¼ ¼ ln ðρa =ρi Þ ,
I 2π κ l
3.3 €mungsfeldern
Berechnung von Stro 159

bzw. für den längenbezogenen Leitwert (Leitwertbelag) mit (3.7):

G0 ¼ 2π κ=lnðρa =ρi Þ:

Die Berechnung von R über die Leistung PJ nach (3.10) führt durch Integration über
das leitende Volumen mit

ZZZ Zl Z2 π Zρa  2
J2 1 I I2
PJ ¼ dV ¼ ρ dρ dϕ dz ¼ ln ðρa =ρi Þ
V κ κ 2πρl 2π κ l
z¼0 ϕ¼0 ρ¼ρi

zum gleichen Resultat.


Alternativ ergibt sich durch Kenntnis der Kapazität (Abschn. 2.4)

2π ε l

ln ðρa =ρi Þ

mit der Beziehung (3.11) zwischen Widerstand und Kapazität direkt das Resultat für R.

3.3 Berechnung von Strömungsfeldern

In abschnittsweise homogenen Medien ist zunächst die Laplace-Gleichung

Δφ ¼ 0

für das elektrostatische Potential zu l€osen, mit den Randbedingungen:

Typ Dirichlet : φ ¼ const: auf Leiteroberfl€ache


(
∂φ Jn
Typ von Neumann : ¼  an Stromtoren
∂n κ
0 sonst

∂φ
Gemischt : φ ¼ const: _ auf Berandung:
∂n

An Medienübergängen sind entsprechend der Stetigkeit des Potentials und Gl. (3.3) die
folgenden Grenzbedingungen zu erfüllen:
160 3 €mungsfeld
Das stationäre Stro

φ2 ¼ φ1
∂φ1 ∂φ ð3:13Þ
κ1 ¼ κ2 2 :
∂n ∂n

Das stationäre Str€omungsfeld ist mit den Methoden für das elektrostatische Feld zu
berechnen, wie Spiegelungsverfahren, Separationsansatz und Konforme Abbildung.
Wegen der v€olligen Analogie zwischen den Grenzbedingungen für die elektrische
Flussdichte D und der Stromdichte J lässt sich durch die Substitution

D ! J und ε ! κ ð3:14Þ

aus der L€
osung eines elektrostatischen Randwertproblems direkt die L€osung des entspre-
chenden Str€
omungsproblems bestimmen.

Beispiel 3.3: Leitfähige Kugel im homogenen Strömungsfeld


Ein unbegrenztes Medium mit der Leitfähigkeit κa werde von einem homogenem
Str€
omungsfeld J0 durchstr€omt. Zu berechnen ist das resultierende Str€omungsfeld in
Anwesenheit eines Kugelvolumens mit Radius a und spez. Leitfähigkeit κi.

z
κa
ϕ(r)
r
κi
θ

J0 = κa E0 ez

Das zu l€
osende Randwertproblem lautet

Δφ ¼ 0,

mit den Grenzbedingungen (3.13) auf der Kugeloberfläche (r ¼ a):


3.3 €mungsfeldern
Berechnung von Stro 161

φi ¼ φa

∂φi ∂φ
κi ¼ κa a
∂r ∂r

und der Randbedingung

lim J ¼ J0 :
r!1

Der Vergleich beispielsweise mit dem Ergebnis

3 εi
Di ¼ D0
εi þ 2 εa

für die elektrische Flussdichte innerhalb einer dielektrischen Kugel des entsprechenden
elektrostatischen Beispiels (2.10) ergibt durch die Substitution (3.14) für das Verhältnis
zwischen der homogenen Stromdichte im Kugelinneren und J0 die L€osung

Ji 3 κi =κa
¼ :
J 0 κi =κa þ 2

Nachfolgend ist das resultierende Str€omungsfeld im gesamten Gebiet jeweils für ein
kleines und ein großes Leitfähigkeitsverhältnis κi/κa.

κ i/κa = 0,1 κ i/κa = 10

3.3.1 Punktförmige Strömungsquellen

Analog zu Ladungen k€onnen Str€omungsquellen aus elementaren Punktquellen zusammen-


gesetzt werden. Wie in Abb. 3.3 dargestellt, kann eine solche Quelle durch die Spitze eines
162 3 €mungsfeld
Das stationäre Stro

dünnen Drahtes realisiert werden, der den Strom I führt und vom umgebenden, leitfähigen
Medium isoliert ist.
Die Punktquelle kann als Grenzfall eines unendlich dünnen Drahtes verstanden werden,
sodass sich ein kugelsymmetrisches Str€omungsfeld im Falle eines homogenen Mediums
ergibt. Die Integration der Stromdichte auf einer Kugeloberfläche mit Radius r ergibt
ZZ
I ¼  J  dA ¼ 4π r2 J r
A

bzw.

I
J¼ er : ð3:15Þ
4π r2

Mit (3.1) resultiert das elektrische Feld

Jr I
Er ¼ ¼
κ 4π κ r2

und nach (2.6) das elektrische Potentialfeld

Zr
I
φð r Þ ¼  E r dr ¼ :
4π κ r
1

Analog lässt sich auch eine Linienstromquelle mit einem längenbezogenen Strom I0
definieren. Bezogen auf Zylinderkoordinaten erhalten wir das radialsymmetrische
Str€
omungsfeld

Abb. 3.3 Stationäre J


Punktstr€omungsquelle
κ

A
3.3 €mungsfeldern
Berechnung von Stro 163

0
I
J¼ eρ : ð3:16Þ
2π ρ

Auch die Definition einer ebenen Flächenstromquelle ist m€oglich. Mit dem auf die
Fläche bezogenen Gesamtstrom I00 ergibt sich für die senkrecht aus der Fläche austretenden
Str€
omungslinien direkt

00
J ¼ I en : ð3:17Þ

3.3.2 Anwendung des Spiegelungsprinzips

Als Beispiel für die Anwendung der Spiegelungsmethode bei stationären Str€omungs-
feldern wird eine Punktquelle I im Abstand h vor einer ebenen Grenzfläche zwischen zwei
Halbräumen mit unterschiedlicher spezifischer Leitfähigkeit κ1 und κ2 betrachtet
(Abb. 3.4).
Angesichts des resultierenden Str€omungsfeldes in beiden Teilräumen setzen wir in
Analogie zur Punktladung vor einem dielektrischen Halbraum (Abschn. 2.7.1) jeweils eine
geeignete Hilfsquellenanordnung für Raum 1 und Raum 2 an (Abb. 3.5).
Für das elektrische Potentialfeld in beiden Räumen setzten wir jeweils entsprechend an:
 
I 1 α
φ1 ð r Þ ¼ þ
4π κ1 r1 r2

βI 1
φ2 ð r Þ ¼ :
4π κ2 r3

Die noch unbekannten Koeffizienten α und β ergeben sich aus den Grenzbedingungen
(3.13) für das Potential

Abb. 3.4 Punktstromquelle


I vor einem ebenen κ1 κ2
Medienübergang

I h

∂V1,2
164 3 €mungsfeld
Das stationäre Stro

a b
κ1 κ2
I h h αI βI h

r1 r3
r2
ϕ1 ∂V1,2 ∂V1,2 ϕ2

Abb. 3.5 Spiegel-Ersatzanordnung für (a) Raum 1 (b) für Raum 2

ð1Þ : φ1 ðrÞj∂V 1, 2 ¼ φ2 ðrÞj∂V 1, 2


 
 
ð2Þ : κ1 ∂φ
∂n 
1
¼ κ2 ∂φ
∂n 
2
:
∂V 1, 2 ∂V 1, 2

In v€
olliger Analogie zur Spiegelung der Punktladung in Abschn. 2.7.1 bzw. direkt durch
die Ersetzungsregel (3.14) resultiert die L€osung

κ1  κ2 2 κ2
α¼ ; β¼ : ð3:18Þ
κ1 þ κ2 κ1 þ κ2

Abb. 3.6 zeigt jeweils das resultierende Str€omungsfeld für den Spezialfall, dass der
leitende Raum 1 einem unendlich guten Leiter oder einem Isolator gegenübersteht. Im
ersten Fall (Abb. 3.6a) mit κ2 ! 1 ergibt sich für die beiden Koeffizienten (3.18) α ¼ 1,
β ¼ 2. Die Überlagerung der beiden entgegengesetzt gleich großen Str€omungsfelder von
realer und Spiegelquelle führt in Raum 1 zum Verschwinden der Tangentialkomponenten
auf der Grenzfläche, während in Raum 2 das Str€omungsfeld dem einer doppelt so großen
Quelle in Raum 1 entspricht. Die Str€omungslinien treten also in diesem Fall senkrecht in
den perfekten Leiter ein und werden darin vom Lot weg gebrochen.
Im zweiten Fall (Abb. 3.6b) mit κ2 ¼ 0 resultiert aus (3.18) α ¼ +1, β ¼ 0. Die
Superposition der beiden gleichgroßen Str€omungsfelder führt in diesem Fall zu einer Aus-
l€oschung der Nomalkomponenten auf der Grenzfläche, d.h. die Stromlinien in Medium 1
fließen an der Grenzfläche entlang. In Medium 2 ist die Stromdichte Null.

3.4 Übungsaufgaben

UE-3.1 Widerstandsberechnungen in zylindrischen Geometrien


3.4 Übungsaufgaben 165

a b

κ1 I
κ2 → κ1 I κ2 = 0

Abb. 3.6 Str€omungslinien einer Punktquelle vor Mediengrenze. (a) Zu einem unendlich guten
Leiter und (b) zu einem Isolator

Gegeben sei ein in der Mitte aufgeschnittener Hohlzylinder der H€ohe h, mit Innenradius ri,
Außenradius ra und Leitfähigkeit κ. Berechnen Sie mittels ohmschen Gesetzes den elek-
trischen Widerstand der Anordnung für die beiden Betriebsarten:

a) azimutale Durchstr€omung
b) radiale Durchstr€omung

azimutale Strömung radiale Strömung


z z

Seitenansicht
h h

ra ra
ri ri r
i

Draufsicht J ra ra
J
y y
x x
ri ri

c) Bestimmen Sie für beide Speisefälle den elektrischen Widerstand alternativ durch
Integration über differentielle Widerstands- und Leitwertelemente.
Hinweis: Ist das Str€omungsfeld entweder über die Querschnittsfläche A oder entlang der
Länge l homogen, kann der Gesamtwiderstand mit dem differentiellen Widerstands- bzw.
Leitwertelement berechnet werden:
166 3 €mungsfeld
Das stationäre Stro

dr κ dA
dR ¼ bzw: dG ¼ :
κ AðrÞ l ðr Þ

UE-3.2 Widerstandsberechnung in einer Messanordnung


Eine Füllstands-Messanordnung für einen Inhalt mit der spezifischen Leitfähigkeit κ
bestehe aus zwei ideal leitfähigen, koaxialen Zylindern mit Innen- und Außenradius ri
bzw. ra (obere Skizze).

a) Berechnen Sie den Widerstand R einer Scheibe der Dicke h, (untere Skizze) mit der
Methode der differentiellen Widerstände (siehe UE-3.1). Wie groß ist der Messstrom I
(h) wenn eine Spannungsquelle U an die Anordnung angeschlossen wird?
b) Verifizieren Sie Ihr Ergebnis für R(h) durch Berechnung der Verlustleistung P(h) in der
Füllung. Setzen Sie dazu zunächst die L€osung für die ortsabhängige Stromdichte J(r)
bei vorgegebenem Strom I.
c) Berechnen Sie den Widerstand R(h) bei einer Füllung mit ortsabhängiger spezifischer
Leitfähigkeit κ(z) ¼ κ0 eKz (mit Konstante K ) über die Methode der differentiellen
Leitwerte dG, unter Verwendung des Ergebnisses aus Aufgabenteil a).

U
z
I(h)

κ
κ→
0
ri κ=0
ra

h
κ

UE-3.3 Spiegelung von Str€omungsquellen


Ein Draht mit dem Radius r0, aus dem der längenbezogene Strom I0 fließt, befindet sich in
einem leitfähigen Halbraum mit Leitfähigkeit κ im Abstand h vor einer ideal leitfähigen
Ebene (κG ! 1). Hierbei wird im Sinne einer Dünndrahtnäherung angenommen, dass für
r0 << h der Strom aus der Drahtachse fließt.
3.4 Übungsaufgaben 167

a) Stellen Sie die Spiegel-Ersatzanordnung auf, welche die Randbedingung auf der Ebene
erfüllt.
b) Berechnen Sie den Leitwertbelag G0 der Anordnung.
c) Bestimmen Sie alternativ den Leitwertbelag G0 aus dem Kapazitätsbelag C0 der Anord-
nung (siehe Aufgabe UE-2.12).

I'
κ

h 2r0

UE-3.4 Elektrisches Str€omungsfeld um Lufteinschluss


Das Str€
omungsfeld und die Verlustleistungsdichte in der Nähe von Lufteinschlüssen in
einem Leiter soll untersucht werden. Dazu wird als Modell ein kugelf€ormiges Volumen mit
Radius a aus einem Medium mit spezifischer Leitfähigkeit κ herausgeschnitten. Ohne den
Lufteinschluss, bzw. weit entfernt davon, ist die homogene Stromdichte J0 ¼ J0 ez vorge-
geben.

J0 z J0
r
θ
a

a) Bestimmen Sie zunächst die L€osung für das elektrische Feld außerhalb und innerhalb
der Kugel über die Separation der Laplace-Gleichung in Kugelkoordinaten.
Hinweis: Analogiebetrachtung zu Beispiel 3.3
b) An welchem Ort tritt die maximale Verlustleistungsdichte auf, und wie groß ist sie im
Verhältnis zum ungest€orten Medium?
Magnetostatische Felder
4

Zusammenfassung
Ein zeitlich konstantes (stationäres) Str€omungsfeld erzeugt ein statisches Magnetfeld. Im
Unterschied zum elektrostatischen Feld folgt es sowohl aus einer skalaren als auch einer
vektoriellen Potentialfunktion durch räumliche Ableitung, wobei das magnetische
Skalarpotential gegenüber dem Vektorpotential auf einfach zusammenhängende Gebiete
beschränkt ist. Beide sind L€osung einer skalaren bzw. vektoriellen Poisson bzw. Laplace-
Gleichung. Für das resultierende Randwertproblem k€onnen daher auch die entsprechen-
den L€osungsmethoden wie in der Elektrostatik verwendet werden. Die Integration des
Vektorpotentials über die stromführenden Bereiche ergibt die im magnetostatischen Feld
gespeicherte Energie. Der mit der Feldenergie verknüpfte Begriff der Induktivität eines
Stromkreises wird auf ein System mit mehreren Kreisen erweitert und in Analogie zu den
Teilkapazitäten der Elektrostatik in ein System mit partiellen Induktivitäten zerlegt.

4.1 Feldgleichungen

Sämtliche Zeitableitungen sind weiterhin Null. Die Maxwell-Gleichungen zerfallen in zwei


Gleichungsgruppen, der elektrostatischen (I0 , III) und der Gleichungen für das magne-
tostatische Feld
I ZZ
rot H ¼ J bzw: H  ds ¼ J  d A, ðII0 Þ
∂A A

ZZ
div B ¼ 0 bzw:  B  d A ¼ 0: ðIVÞ
∂V

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 169


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2_4
170 4 Magnetostatische Felder

Hierbei geht die Integralform von (II0 ) und (IV) durch den Stokesschen (A.80) bzw. den
Gaußschen Integralsatz (A.81) hervor. Gl. (II0 ) wird als Ampèresches Durchflutungsgesetz
bezeichnet.
Für die vollständige Beschreibung wird die Materialgleichung

B ¼ μH ð4:1Þ

sowie die beiden Randbedingungen an Mediengrenzen ben€otigt (Abschn. 1.5):

en  ðH2  H1 Þ ¼ JA bzw: H t,1  H t, 2 ¼ J A ð4:2Þ

en  ðB2  B1 Þ ¼ 0 bzw: Bn,1 ¼ Bn, 2 : ð4:3Þ

Hierbei zeigt der Normalenvektor von Medium 1 nach Medium 2.


Nur in wenigen sehr einfachen Fällen mit hoher Symmetrie ist eine L€osung der beiden
Feldgleichungen (II0 ) und (IV) in integraler Form direkt m€oglich. Im Allgemeinen sind für
die magnetischen Feldvektoren H bzw. B drei ortsabhängige skalare Funktionen zu
bestimmen. Diese werden im allgemeinen Fall aus einer skalaren bzw. vektoriellen Poten-
tialfunktion bestimmt.

4.2 Die Potentialgleichungen des magnetostatischen Feldes

Im Unterschied zur Elektrostatik k€onnen für das statische Magnetfeld zwei Arten von
Potentialen definiert werden:

• Skalarpotential φm, gültig nur im stromfreien Gebiet


• Vektorpotential A, ohne Einschränkung gültig.

4.2.1 Das magnetische Skalarpotential

Ausgehend vom Ampèreschen Durchflutungsgesetz (II0 )

rot H ¼ J

gilt außerhalb stromf€uhrender Bereiche (J ¼ 0):

rot H ¼ 0:
4.2 Die Potentialgleichungen des magnetostatischen Feldes 171

In Analogie zur Elektrostatik lässt sich aufgrund der Identität rot grad φ  0 (A.74) das
H-Feld als Gradientenfeld eines skalaren magnetischen Potentials φm darstellen:

H ¼  grad φm : ð4:4Þ

Das Minuszeichen ist dabei Konvention. Die Umkehroperation

Zr
φm ðrÞ ¼  H  ds þ φm ðr0 Þ ð4:5Þ
r0

mit einem frei wählbaren Bezugspotential φm(r0) in einem beliebigen Punkt r0 ist aller-
dings nicht eindeutig, sondern aufgrund des Durchflutungsgesetzes (II0 ) nur um ein ganz-
zahliges Vielfaches des vom Integrationsweg umfassten Stromes bestimmt. Daraus folgt:

" Das magnetische Skalarpotential jm ist auf einfach zusammenhängende


Gebiete beschränkt, d. h. der Integrationsweg darf bestimmte „Schnitte“ nicht
überschreiten.

Abb. 4.1 veranschaulicht die Einführung von Schnitten an zwei Beispielen. Der Verlauf der
Schnitte ist dabei beliebig, solange die stromführenden Bereiche nicht mehr als einmal
umfahren werden k€onnen.
Durch Einsetzen des magnetischen Gradientenfeldes (4.4) in (IV) erhalten wir für ein
homogenes, isotropes und lineares Medium, d. h. μ 6¼ f(H,r), mit

div B ¼ div ðμ HÞ ¼  div ðμ grad φm Þ ¼ 0

a b
Schnitt Schnitt

ϕm ϕm

Abb. 4.1 Beispiele (2D) für einfach zusammenhängende Gebiete (a) mit einem stromführenden
Bereich (b) mit zwei stromführenden Bereichen
172 4 Magnetostatische Felder

die Laplace-Gleichung für das magnetostatische Skalarpotential:

Δφm ¼ 0: ð4:6Þ

Die entsprechenden Bedingungen an einer Grenzflächen ∂V1,2 zwischen zwei Medien


resultieren aus der Stetigkeit des Potentials und der Normalkomponente von
B ¼ μ grad φm:
 
φm, 1 ∂V ¼ φm, 2 ∂V , ð4:7Þ
1, 2 1, 2

 
∂φm, 2  ∂φm, 1 
μ2 ¼ μ : ð4:8Þ
∂n ∂V 1, 2 1
∂n ∂V 1, 2

Damit stehen zur L€osung magnetostatischer Randwertprobleme in stromfreien Gebieten


in v€
olliger Analogie zur Elektrostatik die gleichen Methoden zur Verfügung, wie die
Spiegelungsmethode, die Separation der Laplace-Gleichung und die konforme Abbildung
(Abschn. 2.7).

4.2.2 Das magnetische Vektorpotential

Die uneingeschränkte Gültigkeit der IV. Maxwell-Gleichung

div B ¼ 0

erlaubt mit der Identität div rot A ¼ 0 (A.75) die Einführung eines Vektorpotentials:

Vs
B ¼ rot A ½A ¼ : ð4:9Þ
m

Einsetzen von (4.9) in (II0 ) ergibt für homogene, isotrope und lineare Medien, d.h.
μ 6¼ f(H,r) mit der Regel (A.76)

rot rot A ¼ grad div A  ΔA

zunächst die Gleichung

grad div A  ΔA ¼ μ J:
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 173

Über die Divergenz von A kann frei verfügt werden, da nach (4.9) nur die Rotation für
das Magnetfeld maßgeblich ist. Mit der speziellen Wahl

div A ¼ 0 ðCoulomb  Eichung Þ ð4:10Þ

erhalten wir eine Poisson-Gleichung (vektoriell) für das Vektorpotential:

ΔA ¼  μ J: ð4:11Þ

Zur L€osung entsprechender magnetostatischer Randwertprobleme sind die Bedingungen


an der Grenzfläche zweier Medien zu bestimmen. Analog zu den Tangentialkomponenten
des elektrischen bzw. magnetischen Feldes in Abschn. 1.5 erhalten wir für ein senkrecht
zur Grenzfläche errichtetes Flächenelement ΔF ¼ h ds (Abb. 1.9) für ein genügend
kleines Δs und h ! 0
ZZ I
lim B  dF ¼ lim A  ds
h!0 h!0
ΔF ∂ðΔF Þ

0 ¼ ðA1  A2 Þ  Δs:

Daraus folgt, dass die Tangentialkomponente des Vektorpotentials stetig ist:

en  ðA2  A1 Þ ¼ 0 ðAt, 1 ¼ At, 2 Þ: ð4:12Þ

Aufgrund der Divergenzfreiheit von A (4.10) erhalten wir in Analogie zur Normalkom-
ponente von B (Abschn. 1.5, Abb. 1.10) die Stetigkeit der Normalkomponente des
Vektorpotentials:

en  ð A 2  A 1 Þ ¼ 0 ðAn, 1 ¼ An, 2 Þ: ð4:13Þ

4.3 Das Feld von Strömen im Freiraum

Die Berechnung des magnetischen Feldes von beliebigen Stromverteilungen im freien


Raum ist über das Vektorpotential ohne Einschränkung m€oglich. Dazu betrachten wir die
L€
osung der vektoriellen Poisson-Gleichung (4.11) der Einfachheit halber in kartesischen
Koordinaten. In diesem Fall erfüllt jede der drei Komponenten die skalare Poisson-
Gleichung

ΔAi ¼  μ J i , mit i ¼ x, y, z:
174 4 Magnetostatische Felder

In v€
olliger Analogie zur Poisson-Gleichung (2.14) für das elektrische Potential erhalten
wir die L€osung für Ai in Form des Coulomb-Integrals (2.19) über die Komponente Ji der
Stromdichte in einem Volumen V:
ZZZ
A i ðrÞ ¼ μ G0 ðr; r0 Þ J i ðr0 Þ dV ði ¼ x; y; zÞ,
V

mit der Greenschen Funktion des Freiraumes (2.21)

1
G0 ðr; r0 Þ ¼ :
4πjr  r0 j

Die Zusammenfassung der drei skalaren Integrall€osungen für Ai ergibt die allgemeine
L€
osung des Vektorpotentials einer beliebigen Stromverteilung im Freiraum:
ZZZ
μ Jðr0 Þ
AðrÞ ¼ dV Coulomb  Integral ðvektoriell Þ: ð4:14Þ
4π j r  r0 j
V

" Das Vektorpotential im Freiraum entspricht der mit dem reziproken Abstand
gewichteten Vektorsumme (Integral) der Stromdichte.

Das magnetische Feld lässt sich aus der L€osung (4.14) durch die Rotation nach der
Definition (4.9) bestimmen. Für einfache Stromverteilungen kann aber auch direkt eine
Integrall€
osung verwendet werden. Einarbeitung der Rotation in Gl. (4.14)
ZZZ  
μ Jðr0 Þ
B ¼ rot A ¼ rot dV
4π jr  r0 j
V

und Umformung des Integranden nach der Regel (A.67) für rot(φ a), mit den Entspre-
chungen

φ ¼ 1=j r  r0 j
a ¼ Jð r 0 Þ

ergibt
   
Jðr0 Þ 1 1
rot 0
¼ grad 0
 Jðr0 Þ þ rot Jðr0 Þ:
jr  r j jr  r j j r  r0 j
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 175

Da die Ableitungen der Rotation auf die Aufpunktkoordinaten bezogen sind, ist der
zweite Summand auf der rechten Seite Null und wir erhalten mit

1 r  r0 eR
grad ¼  ¼  2 ðR ¼ jr  r0 jÞ
jr  r j
0
jr  r0 j3 R

die integrale L€
osung für das magnetische Feld im freien Raum:
ZZZ
μ Jðr0 Þ  eR
B ¼ dV Gesetz von Biot  Savart: ð4:15Þ
4π R2
V

4.3.1 Ströme in dünnen Drähten

In vielen Fällen ist die Stromdichte J in relativ dünnen Drähten lokalisiert, sodass die
dreidimensionale Integration in (4.14) bzw. (4.15) auf eine einfaches Integral entlang des
Drahtes mit der Länge l reduziert werden kann. Für ein Volumenelement dV mit infinite-
simaler Länge ds und Querschnitt A k€onnen wir das Produkt J dV im Integranden von
Gl. (4.14) wie folgt umformen (Abb. 4.2):

J d V ¼ J A d s ¼ I ds:

Hierbei zeigt ds in Richtung des Stromes I. Einsetzen in (4.14) und (4.15) ergibt die
entsprechende L€osung für das Vektorpotential bzw. für B nach Biot-Savart:

a b
dB
I
ds dA eR
J R
ds’ ds’

Abb. 4.2 Zur Berechnung des Magnetfeldes von Drahtstr€ omen (a) Infinitesimaler Längenabschnitt
ds in Richtung des Stromes I (b) Biot-Savartsches Gesetz für einen beliebigen Stromkreis
176 4 Magnetostatische Felder

Z
μI ds0
AðrÞ ¼ ð4:16Þ
4π R
l

Z
μI ds0  eR
B ðrÞ ¼ Gesetz von Biot  Savart: ð4:17Þ
4π R2
l

Das Feld eines Linienstroms


Ist eine beliebig komplizierte Leiteranordnung in geradlinige Abschnitte unterteilbar, so lässt
sich das Feld durch Superposition aller Teilbeiträge bestimmen. Für einen z-gerichteten
Abschnitt mit der Länge l und dem Strom I (Abb. 4.3) ist das ebenfalls z-gerichtete
Vektorpotential Az nach Gl. (4.16) zu berechnen:

Z Z
þl=2
μI d z0 μI d z0
Az ¼ ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi :
4π R 4π
l
l=2 ρ2 þ ðz  z0 Þ2

Das Integral ist identisch mit dem Integral des elektrischen Potentials einer
Linienladung in Abschn. 2.4.4, sodass wir für Az einen zur L€osung (2.29) analogen
Ausdruck erhalten:
2qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 3
2
6 ðz  l=2Þ þ ρ  ðz  l=2Þ7
2
μI
Az ðρ; zÞ ¼ ln 4qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 5: ð4:18Þ

ðz þ l=2Þ2 þ ρ2  ðz þ l=2Þ

Entsprechend (2.32) ergibt sich für den unendlich langen Linienstrom (l ! 1) das auf
den Referenzabstand ρ0 bezogene logarithmische Potential
 
μI ρ
Az ðρÞ ¼  ln : Unendlicher Linienstrom ð4:19Þ
2π ρ0

Zur Bestimmung des magnetischen Feldes des endlich langen Linienstroms ist gemäß
(4.9) die Rotation von A in Zylinderkoordinaten zu berechnen, d. h.:

∂Az
B ¼ rotA ¼  eϕ :
∂ρ

Nach Ausführung der Ableitung auf (4.18) resultiert für das ϕ-gerichtete Magnetfeld
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 177

Abb. 4.3 Zur Berechnung des


Feldes eines Linienstroms Az(ρ, z)
z

+l/2 γ2

I dz' R

γ1 ρ

–l/2

2 3
μI 6 z þ l=2 z  l=2 7
Bϕ ðρ; zÞ ¼ 4 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 5: ð4:20Þ
4π ρ
ðz þ l=2Þ2 þ ρ2 ðz  l=2Þ2 þ ρ2

Diese L€osung lässt sich mit den trigonometrischen Beziehungen für die beiden Winkel
γ1 und γ2 (siehe Abb. 4.3)

z  l=2
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼  cos γ1, 2
ðz  l=2Þ2 þ ρ2

in die folgende alternative Form bringen:

μI
Bϕ ¼ ð cos γ1 þ cos γ2 Þ: ð4:21Þ
4π ρ

Die Magnetfeldlinien verlaufen also in konzentrischen Kreisen um den Strom, im


Rechtsschraubensinn bezogen auf die Stromrichtung. Wie in Abb. 4.4 veranschaulicht,
ist die Stärke umgekehrt proportional zum Radialabstand ρ, wobei sie auf seiner Achse
jenseits des Linienstroms abnimmt und dort Null ist (γ1,2 ¼ 0,π).
Für den Grenzfall l ! 1 resultiert aus (4.20) bzw. aus (4.21) für γ1,2 ! 0 die einzig von
ρ abhängige L€ osung für den unendlich langen Linienstrom:

μI
Bϕ ¼ : Unendlicher Linienstrom ð4:22Þ
2π ρ
178 4 Magnetostatische Felder

Abb. 4.4 Magnetfeldes eines


Linienstroms endlicher Länge l

l I
B

Dieses Ergebnis folgt auch direkt aus dem Ampèreschen Durchflutungsgesetz (II0 ),
ausgehend von einem ϕ-gerichteten Magnetfeld, das aufgrund der Zylindersymmetrie
einzig von ρ abhängen kann:
I ZZ
H  d s ¼ 2π ρ H ϕ ðρÞ ¼ J  d A ¼ I:
∂AðρÞ A

Umstellen nach Hϕ und Multiplikation mit μ ergibt Gl. (4.22).

Linienstrom entlang eines Polygonzugs


Der Ausdruck (4.21) eignet sich sehr gut für die Berechnung des Magnetfeldes eines
abschnittsweise geradlinigen Stromverlaufs (Abb. 4.5). Liegt der Polygonzug in einer

Abb. 4.5 Zur Berechnung des


Magnetfeldes eines B
abschnittsweise geradlinigen
Stromverlaufs I γ1,2
ρ2
γ2,1

γ2,2

γ3,1
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 179

Ebene, so stehen alle Feldbeiträge Bi der einzelnen Linienstromabschnitte mit Index


i senkrecht zu dieser Ebene und k€onnen skalar addiert werden, d. h.:

X μ I X cos γi, 1 þ cos γi, 2


B ¼ Bi ¼ : ð4:23Þ
4π i ρi

Entsprechend Abb. 4.3 ist die Indizierung 1,2 jeweils in Richtung des Stroms vorzu-
nehmen.
Für den allgemeinen Fall wenn der Polygonzug beliebig im Raum verläuft, sind die
einzelnen Beiträge vektoriell zu addieren.

Beispiel 4.1: Feld in der Nähe eines rechtwinkligen Leitungsknickes


Gegeben sei ein in y-Richtung fließender Linienstrom I, der bei x ¼ 0, y ¼ 0
rechtwinklig in x-Richtung abknickt. Zu berechnen ist das Magnetfeld in der Ebene
z ¼ 0, in Abhängigkeit der Polarkoordinaten r und ϕ.

I Bz
r
γ1,2
y
γ2,1 φ
x ¥

Das z-gerichtete Magnetfeld setzt sich zusammen aus den beiden Beiträgen der
beiden Halbgeraden in y- bzw. x-Richtung. Entsprechend Gl. (4.23) setzten wir an:
 
μI cos γ1, 1 þ cos γ1, 2 cos γ2, 1 þ cos γ2, 2
Bz ¼ þ :
4π ρ1 ρ2

Die beiden Winkel γ1,1 und γ2,2 an den im Unendlich liegenden Enden der beiden
Halbgeraden ist Null, d. h.

cos γ1, 1 ¼ cos γ2, 2 ¼ 1:

Die beiden anderen Winkel k€onnen wie folgt in Polarkoordinaten ausgedrückt


werden:

cos γ1, 2 ¼ cos ðπ=2  ϕÞ ¼ sin ϕ


cos γ2, 1 ¼ cos ϕ:
180 4 Magnetostatische Felder

Für die beiden Radialabstände ergibt sich

ρ1 ¼ r sin γ1, 2 ¼ r sin ðπ=2  ϕÞ ¼ r cos ϕ


ρ2 ¼ r sin ϕ :

Einsetzen in Gl. (4.23) ergibt als L€osung


 
μ I 1 þ sin ϕ cos ϕ þ 1 μ I 1 þ sin ϕ þ cos ϕ
Bz ðr; ϕÞ ¼ þ ¼ :
4π r cos ϕ r sin ϕ 4π r sin ϕ cos ϕ

Für ϕ ¼ π/4 entlang der Winkelhalbierenden erhält man beispielsweise:

 π pffiffiffi
μ I 1 þ 2= 2 μI
Bz r; ¼ 0, 384 :
4 4π r 1=2 r

Das Feld mehrerer unendlicher langer Linienstr€ome


Für eine Anordnung aus mehreren zueinander parallelen Linienstr€omen Ii unendlicher
Länge (Abb. 4.6) erhält man das Vektorpotential aus der Superposition der Einzelpotentiale
nach Gl. (4.19), entsprechend der Einzelabstände ρi zum Aufpunkt:

 
μ X N
ρ
Az ¼  I i ln i , ð4:24Þ
2π i¼1 ρ0

wobei wir wegen der beliebigen Konstante in der Potentialfunktion frei in der Wahl des
individuellen Referenzabstandes ρ0 sind (Abb. 4.6).
Das Magnetfeld der parallelen Lininestrom-Anordnung erhalten wir nach (4.9) aus der
Rotation des Vektorpotentials (4.24) oder aber auch direkt durch Summation der einzelnen
x- und y-Komponenten der Einzelfelder nach Gl. (4.22), jeweils ausgedrückt durch den
lokalen Polarwinkel ϕi (siehe Abb. 4.6):

μ Ii μ Ii
Bi, x ¼  sin ϕi ; Bi, y ¼ cos ϕi ,
2π ρi 2π ρi

bzw.

μ X N
Ii 
B ¼  sin ϕi ex þ cos ϕi ey : ð4:25Þ
2π i¼1 ρi
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 181

Abb. 4.6 Zur Berechnung des y


Feldes mehrerer Linienstr€ome
Az
ρN
φN ρ1 φ1
IN ρ2
φ2 I1
I2

Alternativ lässt sich das 2D-Problem auch sehr elegant mit den Mitteln der konformen
Abbildung behandeln. Als Anwendungsbeispiel für das magnetische Skalarpotential φm
liefert die Abbildung

z ¼ c ew ; c 2 ℝ

das zum elektrischen Feld der Linienladung (Abschn. 2.4.4) duale komplexe Potential des
Linienstroms:
z z
 
w ¼ u þ jv ¼ ln ¼ ln   þ jϕ, ð4:26Þ
c c

mit
y
ϕ ¼ arctan : ð4:27Þ
x

Entsprechend einer v/u-Zuordnung stellen die Linien v ¼ const. im Bereich


v ¼ ϕ ¼ 0. . .2π die Potentiallinien dar, während die Feldlinien durch u ¼ const. beschrie-
ben werden (Vgl. Beispiel 2.12). Mit den Randwerten

v 1 ¼ ϕ1 ¼ 0 : φm, 1 ¼ 0 I
v2 ¼ ϕ2 ¼ 2π : φm, 2 ¼  H  ds ¼  I

erhalten wir für den Maßstabsfaktor (Abschn. 2.7.3)

φm , 1  φm , 2 I
Mv ¼ ¼  :
v1  v2 2π
182 4 Magnetostatische Felder

Damit ergibt sich für die komplexe Feldstärke mit z ¼ ρ ejϕ

jM v jI jI jv jI
H ¼  ∗ ¼ ∗
¼ e ¼ ð cos ϕ þ j sin ϕÞ
dz 2π z 2π ρ 2π ρ
dw

bzw. für den Betrag

I
jH j ¼ ,
2π ρ

in Übereinstimmung mit dem Ergebnis (4.22) aus dem Vektorpotential.


Für das Feld mehrerer Linienstr€ome in den Punkten zi in der komplexen x-jy-Ebene
ergibt sich aus der Superposition der Einzelfelder

j XN
Ii
H ðzÞ ¼
2π i¼1 ðz  zi Þ∗

mit den jeweiligen Abständen zwischen Aufpunkt und Linienstrom (siehe Abb. 4.6)

ðz  zi Þ∗ ¼ ρi ej ϕi

die in Bezug auf die entsprechenden x- und y-Koordinaten identische L€osung (4.25):

j XN
I i jϕi 1 XN
Ii
H ¼ e ¼ ð sin ϕi þ j cos ϕi Þ:
2π i¼1 ρi 2π i¼1 ri

Beispiel 4.2: Der magnetische Liniendipol


Zwei im Abstand d parallel und entgegengesetzte Linienstr€ome I1 ¼ I2 stellen eine
elementare Anordnung der Magnetostatik dar. Für eine Anordnung unendlicher Länge
erhält man das Feld in der Querschnittsebene beispielsweise mit Hilfe des magnetischen
Skalarpotentials φm in der komplexen x-y-Ebene durch Überlagerung der beiden
winkelabhängigen Einzelpotentiale (4.27) zu

I I
φm ¼  ð ϕ1  ϕ 2 Þ ¼ ðϕ  ϕ1 Þ: ð4:28Þ
2π 2π 2
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 183

ϕm(z)
jy

ρ1
ρ ρ2

I1 φ1 φ I2 φ2
x
z1 z2
d
Die Äquipotentiallinien des Liniendipols, auf denen φm einen konstanten Wert hat,
erfüllen demnach die Bedingung ϕ2  ϕ1 ¼ const. In der betrachteten Anordnung sind
dies Kreise, die durch die beiden sog. Spurpunkte z1,2 gehen.
Ausgehend von den Feldlinien des Einzelstromes aus (4.26) ergibt sich für den
Liniendipol durch Superposition

z  z  z  z   
 1  2 z  z1 
u ¼ u1 þ u2 ¼ ln    ln  
 ¼ ln  :
c c z  z2 

Mit

d
z1, 2 ¼ ∓ :
2

erhalten wir nach Umformung für die Feldlinien die Kreisgleichung

2
d ð1 þ F Þ d2 F
xþ þ y2 ¼ ,
2ð 1  F Þ ð1  F Þ2

in der sowohl der Radius als auch der auf der x-Achse befindliche Mittelpunkt durch
F ¼ e2u bestimmt wird. Es handelt sich hierbei um Apoloniuskreise. Das Feldlinienbild
ist damit also dual zu den Feld- und Äquipotentiallinien des elektrischen Liniendipols
(Beispiel 2.3).
184 4 Magnetostatische Felder

ϕm = const.

Zur Bestimmung des Fernfeldes, d. h. der asymptotischen Näherung für r/d ! 1, ist
eine entsprechende Näherungsrechnung für das magnetische Potential (4.28) für
ϕ1 ϕ2 durchzuführen. Der Einfachheit halber wollen wir mit Bezug zu Gl. (4.24)
vom z-gerichteten Vektorpotential
 
μI ρ
Az ¼ ln 1
2π ρ2

ausgehen, das die gleiche logarithmische Abstandsabhängigkeit wie das Potential des
elektrischen Liniendipols (2.34) aufweist. Anwendung des asymptotischen Ergebnisses
(2.35) ergibt für das Fernfeld des magnetischen Liniendipols

μ I d cos ϕ
Az ’ :
2π ρ

Durch Einführung des magnetischen Linien-Dipolmoments

jml j ¼ I d,

dessen Richtung im Rechtsschraubensinn zur Umlaufrichtung des Hin- und Rück-


stromes definiert ist, erhalten wir die allgemeinere L€osung

μ m l  eρ
A ¼ :
2π ρ
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 185

ml
ρ eρ
ml H
I φ

Aus der der Rotation von A ¼ Az(ρ,ϕ)ez erhalten wir gemäß (4.9) für das magnetische
Feld

μ jml j 
B’ sin ϕ eρ  cos ϕ eϕ : ð4:29Þ
2 π ρ2

bzw. den winkelunabhängigen Betrag

μ jml j
jBj ’ :
2 π ρ2

Das Feld eines Ringstroms


Als Modell für einen geschlossenen Stromkreis werde ein Linienstrom I entlang eines
Kreisringes mit Radius a betrachtet. Nach Gl. (4.16) setzten wir für das Vektorpotential im
Aufpunkt r das Integral über den kreisf€ormigen Strompfad an:
I
μI ds0
A ðrÞ ¼ :
4π j r  r0 j

Aufgrund der Zylindersymmetrie ist das Feld von ϕ unabhängig, sodass wir für die
Berechnung der Einfachheit halber einen Punkt in der x-z-Ebene wählen (Abb. 4.7).
Mit

r ¼ ρ ex þ z ez
r0 ¼ a cos ϕ ex þ sin ϕ ey

resultiert für den Abstand zwischen Quell- und Aufpunkt


qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
j r  r0 j ¼ ðρ  a cos ϕÞ2 þ ða sin ϕÞ2 þ z2 ¼ ρ2 þ z2 þ a2  2 ρ a cos ϕ :

Mit dem Wegelement in ϕ-Richtung, zerlegt in seine x- und y-Komponenten


186 4 Magnetostatische Felder

Abb. 4.7 Zur Berechnung des z


Feldes eines Ringstroms
dAφ

r
I r–r'
θ
a −φ ρ x
r'
ds'


ds ¼ adϕ  sin ϕ ex þ cos ϕ ey

erhalten wir für das Vektorpotential

Z2 π
μI a  sin ϕ ex þ cos ϕ ey
A ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dϕ:
4π ρ2 þ z2 þ a2  2 ρ a cos ϕ
0

Da der Integrand für die x-Komponente eine ungerade Funktion in ϕ ist, ergibt ihre
Integration Null. Mit ey ¼ eϕ ist somit das Vektorpotential wie der Strom einzig ϕ-gerichtet:

Z2 π
μI a cos ϕ
Aϕ ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dϕ: ð4:30Þ
4π ρ þ z þ a2  2 ρ a cos ϕ
2 2
0

Integrale dieser Form treten bei Berechnungen über kreis- oder ellipsenf€ormige Gebiete
auf. Dafür hat man standardisierte L€osungsfunktionen eingeführt, die sog. vollst€andigen
elliptischen Integrale erster bzw. zweiter Art F und E (Abb. 4.8):

π  Zπ=2
1
F ;k ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi dβ
2 1  k 2 sin 2 β
0

π  Zπ=2qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
E ;k ¼ 1  k 2 sin 2 β dβ:
2
0
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 187

Abb. 4.8 Vollständige 2.5


elliptische Integrale erster
(F) und zweiter Art (E)

2
F(π/2,k)

1.5
π/2 E(π/2,k)

1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
2
k

Durch Einführung der Variablen

πϕ
β¼
2

4aρ
k2 ¼ ð4:31Þ
z2 þ ð ρ þ aÞ 2

lässt sich nach entsprechender Umformung von (4.30) die L€osung des Vektorpotentials mit
Hilfe der Funktionen E und F wie folgt ausdrücken:

qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi" 2
! !#
μI 2 k π π
Aϕ ðρ; zÞ ¼ z 2 þ ð ρ þ aÞ 1 F ;k  E ;k : ð4:32Þ
2πρ 2 2 2

Das Magnetfeld ergibt sich aus (4.32) durch die Rotation in Zylinderkoordinaten:

 ∂Aϕ 1 ∂ ρ Aϕ
B ¼ rot Aðρ; zÞeϕ ¼  eρ þ ez : ð4:33Þ
∂z ρ ∂ρ

Das Feld in der Ebene senkrecht zur Schleifenfläche entspricht qualitativ dem Feld-
linienbild des magnetischen Liniendipols (Beispiel 2.3). Wie aus Gl. (4.32) durch Ableiten
und Nullsetzten von z direkt das Verschwinden der ρ-Komponente hervorgeht, ist das
Magnetfeld in der Schleifenebene senkrecht dazu gerichtet. Für (4.33) erhält man nur für
Fälle wenn k2 << 1 ist eine einfache analytische L€osung.
Ausgehend von der Näherung für F und E durch die ersten Glieder ihrer Potenzreihen-
entwicklung
188 4 Magnetostatische Felder

"  2 2 #
π  π k2 k
F ;k 1þ2 þ9 þ :...
2 2 8 8
"  2 2 #
π  π k2 k
E ;k 12 3  :...
2 2 8 8

erhalten wir durch Einsetzen in (4.32) nach Zwischenrechnung

qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 4
μI k
Aϕ ðρ; zÞ z 2 þ ð ρ þ aÞ 2 :
4ρ 16

Mit (4.31) lautet schließlich die Näherung für das Vektorpotential explizit

μ I a2 ρ
Aϕ  3=2 f u€r k 2 1: ð4:34Þ
4 2
z2 þ ð ρ þ aÞ

Diese Näherung ist beispielsweise für das Feld in der Nähe der z-Achse zutreffend.
Direkt auf der z-Achse (ρ ¼ 0) ist k2 ¼ 0 und wir erhalten mit E ¼ F ¼ π/2 aus (4.33) mit
∂Aϕ/∂z ¼ 0 die exakte L€osung

μ I a2
Bz ¼ : ð4:35Þ
2ð z2 þ a2 Þ3=2

Abb. 4.9 zeigt den aus (4.32) und (4.33) berechneten Feldverlauf innerhalb der
Schleifenebene, bezogen auf den Feldwert im Mittelpunkt (4.35)

μI
Bz, 0 ¼ :
2a

Die Kurven enden dabei jeweils am inneren Rand eines in der Realität vorhandenen
Drahtes mit Radius r0. Der Verlauf zeigt, dass das Feld über einen relativ großen Bereich
um die Ringachse relativ homogen ist und erst nahe des stromführenden Drahtes stark
ansteigt.
Eine weiterer wichtiger Fall, für den die Näherung (4.34) für k2 ! 0 zutrifft, ist das sog.
Fernfeld, wenn der Aufpunktabstand im Verhältnis zu Schleifenradius a sehr groß ist (Vgl.
(4.31)):
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
z 2 þ ρ2 a ) k2 1:

In diesem Fall reduziert sich (4.34) zu


4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 189

15
r0 /a = 1/40

10 r0
Bz(ρ)
a r0 /a = 1/20
Bz,0
5
r0 /a = 1/10

1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1

Abb. 4.9 Relatives Feldprofil in der Ebene eines Kreisstromes mit Drahtradius r0

μ I a2 ρ
Aϕ ðρ; ϕÞ :
4 ð z2 þ ρ2 Þ3=2

Analog zum elektrischen Dipol führen wir das magnetische Dipolmoment

m ¼ I π a2 ,

als Produkt aus Strom und Schleifenfläche ein und erhalten nach Umschreiben in
Kugelkoordinaten (siehe Abb. 4.7) mit

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ρ
r ¼ z 2 þ ρ2 , sin θ ¼
r

als asymptotische L€osung des Vektorpotentials für r/a ! 1

μ m sin θ
Aϕ ðr; θÞ ’ : ð4:36Þ
4 π r2

Nach Ausführung der Rotation auf (4.36) in Kugelkoordinaten


 
 μm 1 ∂ ∂ 1
B ¼ rot Aϕ eϕ ¼ sin 2
θ e r  sin 2
θ eθ
4π r sin θ r2 ∂θ ∂r r

ergibt sich für das magnetische Fernfeld die L€osung


190 4 Magnetostatische Felder

a z b

r
I m r
r – r'
θ
F
y I
r'
x ds'
Abb. 4.10 (a) Zur Berechnung des Fernfeldes eine beliebig geformten, ebenen Stromschleife mit
Fläche F (b) Darstellung durch magnetisches Dipolmoment m

μm
B ’ ð2 cos θ er þ sin θ eθ Þ Magnetischer Dipol: ð4:37Þ
4π r3

Wie der Vergleich mit Gl. (2.28) zeigt, geht dieses Ergebnis in das Feld des elektrischen
Dipols über wenn wir m durch p ersetzen und μ durch 1/ε. Entsprechend ist die durch den
gleichen Klammerausdruck gegebene Feldcharakteristik mit der des elektrischen Dipols
identisch (Beispiel 2.2).
Wie im folgenden Abschnitt gezeigt wird, ist das Fernfeld (4.36) bzw. (4.37) allgemein-
gültig, unabhängig von der Form der vom Strom umflossenen Fläche.

Der magnetische Dipol


Gesucht ist das Feld in großer Entfernung einer beliebig geformten, ebenen Schleife mit
Fläche F und Strom I (Abb. 4.10).
Zur Berechnung des Vektorpotentials
I
μI ds0
A ðrÞ ¼ ð4:38Þ
4π jr  r0 j
∂F

drücken wir zunächst den Betrag des Abstandvektors zwischen Quell- und Aufpunkt mit
Hilfe des Cosinussatzes aus (rr0 ¼ r r0 cos ∠ r,r0 ) und erhalten als Näherung für große
Abstände (r >> r0 )
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 
jr  r0 j ¼ r2 þ r02  2 r  r0 ’ r 1  r  r0 =r2 : ð4:39Þ

Für den Kehrwert resultiert mit (1 + δ)a 1 + a δ für δ << 1 die Näherung

1 1 1 1 r  r0
’ ’ þ : ð4:40Þ
j r  r0 j r ð1  r  r0 =r2 Þ r r3
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 191

Einsetzen liefert als Fernfeld-Näherung für das Vektorpotential zunächst


2 3
I I
μI 4 1 0 1 0 05
AðrÞ ds þ 3 ðr  r Þds f u€r r r0 :
4π r r
∂F ∂F

Das erste Integral in der Klammer ist Null. Das Zweite schreiben wir explizit in
kartesischen Koordinaten um:

I I

ðr  r0 Þds0 ¼ ðx x0 þ y y0 Þ dx0 ex þ dy0 ey :
∂F ∂F

Hierbei ist
I I
0 0
x dx ¼ y0 d y0 ¼ 0
∂F ∂F

und
I I
0 0
x dy ¼  y0 dx0 ¼ F
∂F ∂F

Daraus folgt

I

ðr  r0 Þds0 ¼ F x ey  y ex ¼ F ez  r: ð4:41Þ
∂F

Einführung des vektoriellen magnetischen Dipolmoments

m ¼ I F ez ½m ¼ A  m2 , ð4:42Þ

das als Betrag das Produkt aus Strom und Fläche hat, senkrecht auf der Schleifenfläche
steht und bezogen auf die Stromrichtung im Rechtsschraubensinn gerichtet ist, ergibt für
das Vektorpotential die allgemeine L€osung

μ m  er
AðrÞ ¼ Magnetischer Dipol: ð4:43Þ
4π r2
192 4 Magnetostatische Felder

Das Feld des magnetischen Dipols ist also unabhängig von der Form der Fläche F. Für die
kreisrunde Schleife folgt nach Ausschreiben des Kreuzproduktes in Kugelkoordinaten die
Übereinstimmung mit der L€osung (4.36). Demzufolge ist der Ausdruck (4.37) für das Mag-
netfeld allgemeingültig, bezogen auf eine beliebig geformte Schleifenfläche in der x-y-Ebene.

4.3.2 Flächenströme

Bei Verteilungen von Flächenstromdichte JA ist die Integration für das Vektorpotential
(4.14) bzw. für das Magnetfeld (4.15) im Allgemeinen über die beiden entsprechenden
Flächendimensionen auszuführen. Im Folgenden werden einige elementare Felder einfa-
cher Flächenstr€
ome untersucht.

Strombelegte Ebene
In Analogie zur Flächenladung (Abschn. 2.4.5) untersuchen wir das Feld einer konstanten,
z-gerichteten Flächenstromdichte JA auf der Ebene y ¼ 0 (Abb. 4.11a). Aufgrund der
einheitlichen Stromrichtung ist das Vektorpotential Az( y) ebenfalls z-gerichtet und hängt
h€ochstens vom Abstand senkrecht zur Ebene in y-Richtung ab.
Für einen Abschnitt dx setzen wir das logarithmische Potential (4.19) eines unendlich
langen Linienstroms an, womit sich die Integration über z erübrigt:
 
μ J A dx ρ
d Az ¼  ln :
2π ρ0

Hierbei bezeichnet ρ0 den frei wählbaren Bezugsabstand, den wir der Einfachheit halber
in einem Punkt y0 auf der y-Achse legen. Einsetzen der x-und y-Koordinaten liefert als
Ergebnis der Integration über x ¼ 1 . . . +1

Zþ1  2 
μJA x þ y2 μJA
Az ¼  ln 2 dx ¼  ðjyj  jy0 jÞ:
4π x þ y20 2
1

Anwendung der Rotation (A.59) ergibt:

∂Az μJA
B¼ ex ¼ ∓ ex f u€r y > 0:
∂y 2 <

Es handelt sich also um ein homogenes, senkrecht zum Strom gerichtete Magnetfeld
(Abb. 4.11b). Entsprechend der Randbedingung (1.53)

en  ðH2  H1 Þ ¼ ðH 1, x  H 2, x Þ ez ¼ JA ,
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 193

a y
b
Az(y)
ρ
ρ0 y0 B
JA x JA x
dx

Abb. 4.11 (a) Zur Berechnung des Feldes einer strombelegten Ebene (b) Homogenes Feld des
Flächenstroms

mit en ¼ ey und H1,2 ¼ JA/2, ändert sich das H-Feld beim Durchgang durch die Ebene
genau um den Wert JA.

Axial durchstr€omte Zylinderoberfläche


Für den in Abb. 4.12a dargestellten, z-gerichteten Flächenstrom JA auf einer Zylin-
deroberfläche mit Radius a ist das Vektorpotential ebenfalls z-gerichtet und h€ochstens
von der radialen Koordinate ρ abhängig, d.h.:

A ¼ Az ðρÞez :

Demzufolge sind die magnetischen Feldlinien (A.60)

∂Az
B ¼ rot A ¼ eϕ
∂ρ

konzentrisch um die Zylinderachse angeordnet. Aufgrund der Zylindersymmetrie ist die


Berechnung von A nicht notwendig. Außerhalb des Zylinders kann das Magnetfeld direkt
durch Auswertung des Ampèreschen Durchflutungsgesetzes (II0 ) bestimmt werden, wobei
sich die Oberflächenintegration über die Volumenstromdichte J auf die Integration von JA
entlang des Zylinderumfangs reduziert:

I Z2 π
H ϕ ð ρÞ ρ d ϕ ¼ JA a d ϕ ; ρ > a:
∂AðρÞ 0
194 4 Magnetostatische Felder

a b
Hφ JA
a a
ρ ρ
z JA z
Hz

Abb. 4.12 Homogene Strombelegung auf Zylinderoberfläche (a) axial (b) azimutal

Da sowohl Hϕ als auch JA unabhängig von ϕ sind, ist die L€osung beider Integrale trivial,
d.h.

H ϕ 2 π ρ ¼ J A 2 π a,

und wir erhalten für das Magnetfeld außerhalb des Zylinders die L€osung

a
Hϕ ¼ JA ; ρ > a:
ρ

Wegen der 1/ρ-Abhängigkeit entspricht die L€osung dem Feld eines auf der z-Achse
angeordneten, äquivalenten Linienstroms I. Durch Gleichsetzen mit (4.22) erhalten wir
hierfür

JA a I
¼ ) I ¼ J A 2 π a,
ρ 2πρ

also den gesamten, kontinuierlich verteilten Strom auf dem Zylindermantel.


Innerhalb des Zylinders k€onnen wir mit Hilfe der allgemeinen Randbedingung (1.53)

e n  ð H 2  H 1 Þ ¼ JA

mit en ¼ eρ, JA ¼ ez schlussfolgern:

H 2, ϕ  H 1, ϕ ¼ J A ) H 1, ϕ ¼ 0:

Der Innenraum eines auf der Oberfl€ache axial durchstr€omten Zylinders unendlicher
L€
ange ist feldfrei.

Azimutal umstr€omte Zylinderoberfläche


Eine in Umfangsrichtung ϕ konstante Oberflächenstromdichte JA auf einem Zylindermantel
mit Radius a kann als eine Aneinanderreihung unendlicher vieler infinitesimaler Ringstr€ome
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 195

der Stärke JA dz behandelt werden (Abb. 4.12b). Entsprechend der L€osung (4.32) hat das
Vektorpotential nur eine ϕ-Komponente, unabhängig von ϕ. Zudem ist es wegen der
unbegrenzten Ausdehnung in z-Richtung auch unabhängig von z, d. h.

A ¼ A ϕ ð ρÞ e ϕ :

Daraus resultiert mit (A.60)



1 ∂ ρ Aϕ
B ¼ rot A ¼ ez
ρ ∂ρ

ein z-gerichtetes Magnetfeld H ¼ Hz ez.


Anwendung des Ampèreschen Durchflutungsgesetzes (II0 )
I
H ds ¼ J A Δz
∂AðΔzÞ

für einen Umlauf, der den Strom JA Δz einschließt (Abb. 4.13), liefert

H 1, z  H 2, z ¼ J A , ð4:44Þ

und zwar unabhängig von 0 ρ1 < a und ρ2 > a. Daraus folgt, dass das Feld innerhalb und
außerhalb des Zylinders jeweils einen konstanten Wert haben muss.
Innerhalb des Zylinders k€onnen wir das Feld auf der Zylinderachse (ρ ¼ 0) mit Hilfe der
exakten L€
osung (4.36) des Ringstroms berechnen. Für einen infinitesimalen Abschnitt dz
im Abstand z zu einem beliebigen Aufpunkt setzen wir den differentiellen Beitrag

J A d z a2
dH 1, z ¼ :
2ð z2 þ a2 Þ3=2

an und erhalten durch Integration



Zþ1  þ1
2 
JA a dz JA 
H 1, z ¼ ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ J A, ð4:45Þ
2 ð z2 þ a2 Þ3=2 2
1 2 1 þ ða=zÞ  1

also ein homogenes Feld der Stärke JA. Aus (4.44) folgt unmittelbar H2,z ¼ 0, d. h. der
Außenraum eines auf der Oberfl€ache azimutal umstr€omten Zylinders unendlicher L€ange ist
feldfrei.
196 4 Magnetostatische Felder

Abb. 4.13 Zur Berechnung des a


Feldes einer azimutal
umstr€omten Zylinderoberfläche
H1,z JA H2,z

ρ1 Δz
ρ2

4.3.3 Volumenströme

Bei Verteilungen von Volumenstromdichten J ist die Integration für das Vektorpotential
(4.14) bzw. für das Magnetfeld (4.15) im Allgemeinen über das durchstr€omte Volumen
auszuführen. Im Folgenden werden die drei einfachen Anordnungen des vorangegangenen
Abschnitts erneut untersucht, wobei der Strom nun durch ein definiertes Volumen fließen
soll. Somit ist die Konfiguration mit einem Oberflächenstrom als Grenzfall eines unendlich
dünnen durchstr€omten Bereichs anzusehen.

Durchstr€ omte Platte


Gegeben ist eine mit der Stromdichte J homogen in z-Richtung durchstr€omte Platte der
Dicke d. Die Ausdehnung in den anderen beiden Dimensionen sei unbegrenzt (Abb. 4.14a).
Der Strom durch die Platte kann als eine unendliche Schichtung von Flächenstr€omen
angesehen werden, sodass das Feld wie bei der strombelegten Ebene nur eine x-Kompo-
nente hat und einzig von y abhängig ist, d.h.

H ¼ H x ð yÞ ex :

Die Bestimmung der Feldstärke erfolgt in diesem Fall am einfachsten durch direkte
Auswertung des Ampèreschen Durchflutungsgesetztes (II0 ) entlang eines rechteckigen
Pfades der Breite Δx, der die Fläche A senkrecht zur Stromrichtung umschließt
(Abb. 4.14a):
I ZZ
HðyÞ ds ¼ J dA:
∂AðyÞ AðyÞ

Für einen Umlauf, der die Plattendicke d vollständig einschließt resultiert daraus (Index
1,2 für y > 0 bzw. y < 0)
4.3 €men im Freiraum
Das Feld von Stro 197

a y b y
H1,x

d/2
d J x Hx
–d/2
Δx

H2,x

Abb. 4.14 Homogen durchstr€omte Platte (a) Anwendung des Durchflutungsgesetzes (b) Feldprofil

H 2, x  H 1, x ¼ J d:

Wegen der Symmetrie gilt H2,x ¼ H1,x und wir erhalten für das Feld außerhalb der
Platte

Jd
Hx ¼ ∓ f u€r j yj d=2: ð4:46Þ
2

Für den Bereich innerhalb der Platte lassen wir den Pfadabschnitt unterhalb der Platte
unverändert und variieren die H€ohe y des oberen Abschnitts innerhalb d/2 y 0. Der
Umlauf gemäß Durchflutungsgesetz ergibt nun mit festem H2,x und der nur zum Teil
umschlossenen Plattendicke

Jd
 H 1, x ¼ J ðd=2 þ yÞ:
2

Durch Ausnutzung der Symmetrie erhalten wir für das Feld innerhalb der gesamten
Platte die L€
osung

Hx ¼  J y f u€r j yj d=2: ð4:47Þ

Abb. 4.14b zeigt den Feldstärkeverlauf über die gesamte y-Achse. Wie zu erkennen ist
entspricht eine Oberflächenstrombelegung demnach dem Grenzfall d ! 0 und J ! 1, mit
einer Unstetigkeit bei y ¼ 0.

Durchstr€ omter Hohlzylinder


Betrachtet wird ein Hohlzylinder mit Innen- und Außenradius a bzw. b > a. Innerhalb der
Zylinderwand fließe entweder ein axialer oder ein azimutaler Strom mit der Volumendichte
Jz bzw. Jϕ (Abb. 4.15).
198 4 Magnetostatische Felder

Abb. 4.15 Zur Berechnung des


Feldes eines axial bzw. azimutal
durchstr€omten Hohlzylinder

b
a
Jf
z
Jz

Für den axial durchstr€omten Hohlzylinder müssen wir im Unterschied zu einer Ober-
flächenstrombelegung drei Bereiche unterscheiden, wobei der Innenraum (ρ a) weiterhin
feldfrei ist. Eine entsprechende Auswertung des Durchflutungssatzes (II0 ) über einen Kreis
mit Radius ρ um die z-Achse ergibt
8
I ZZ <0 ; ρ a
H ð ρÞ d s ¼ J d A ¼ J z π ρ 2  a2 ; a ρ b
: 2
∂AðρÞ AðρÞ
b  a2 ; ρ b:

Mit Bezug zu einem axialen Oberflächenstrom hat die Feldstärke auch in diesem Fall
nur eine von ϕ und z unabhängige ϕ-Komponente und wir erhalten mit 2 π ρ Hϕ für das
Ringintegral über H die L€osung
8
; ρ
Jz < 2
0 a
Hϕ ¼ ρ  a2 ; a ρ b ð4:48Þ
2ρ : 2
b  a2 ; ρ b :

Außerhalb des Zylinders (ρ b) ist das Feld mit dem eines auf der Achse fließenden
Linienstroms I ¼ Jz π (b2  a2), der dem Gesamtstrom in der Zylinderwand entspricht,
identisch. Wie der skizzierte Verlauf in Abb. 4.16a zeigt, entspricht eine axiale Ober-
flächenstrombelegung dem Grenzfall a ! b (Jz ! 1), mit einer Unstetigkeit bei ρ ¼ a. Für
den Fall eines vollständig durchflossenen, massiven Zylinder (a ¼ 0) ist das Feld auf der
Achse Null und steigt linear mit ρ an (siehe gestrichelten Verlauf).
Der azimutal durchflossene Zylinder kann als eine Schichtung unendlich vieler Ober-
flächenstrom-Belegungen innerhalb a ρ b angesehen werden, sodass das Feld im
Zylinder einen konstanten, z-gerichteten Wert H1,z hat und außerhalb des Zylinders H2,z ¼ 0
gilt. Die Auswertung des Durchflutungsgesetzes (II0 ) entsprechend (4.44) liefert für einen
Umlauf, der den gesamten Wandstrom Jϕ Δz(b  a) einschließt (Abb. 4.13)

H 1, z ¼ J ϕ ðb  aÞ þ H 2, z ¼ J ϕ ðb  aÞ:
4.4 Energie im magnetostatischen Feld 199

a b
Hφ Hz
a=0

a=0
ρ ρ
a b a b
Abb. 4.16 Feldprofil eines homogen durchstr€omten Hohlzylinders (a) axial (b) azimutal

Lassen wir den Pfadabschnitt innerhalb der Zylinderwand unverändert während der
Umlauf den Teilstrom Jϕ Δz(ρ  a) einschließt, so erhalten wir für H2,z innerhalb der
Zylinderwand (a ρ b)

H 2, z ¼ H 1, z  J ϕ ðρ  aÞ:

Insgesamt lautet also die L€osung in den drei Raumbereichen


8
< ð b  aÞ ; ρ a
H z ¼ J ϕ ðb  ρ Þ ; a ρ b
:
0 ; ρ b:

Wie aus dem skizzierten Verlauf in Abb. 4.16b erkennbar ist, entspricht der Grenzfall
a ! b (Jϕ ! 1) einer azimutalen Oberflächenstrombelegung mit einer Unstetigkeit bei
ρ ¼ a. Für den Fall eines vollständig durchflossenen Zylinders (a ¼ 0) sinkt das Feld vom
H€ochstwert Jϕ b auf der Achse linear bis zum Rand auf den Wert Null (siehe gestrichelten
Verlauf).

4.4 Energie im magnetostatischen Feld

Die im magnetischen Feld gespeicherte Energie ist allgemein durch Integration der Ener-
giedichte wM (1.65) über das gegebene Volumen V gegeben. Für ein isotropes und lineares
Medium erhält man mit (1.71)
ZZZ ZZZ
1
WM ¼ wM dV ¼ H  B dV : ð4:49Þ
2
V V
200 4 Magnetostatische Felder

Für das magnetostatische Feld lässt sich auch ein alternatives Energieintegral
aufstellen. Mit

B ¼ rot A

und der Regel (A.69) ergibt sich zunächst


ZZZ ZZZ
1 1
WM ¼ divðA  HÞ d V þ A  rot H d V :
2 2
V V

Anwendung des Gaußschen Integralsatzes (A.81) auf das erste Integral und Einsetzen
der differentiellen Form von (II0 ) ergibt
ZZ ZZZ
1 1
WM ¼  ðA  HÞ  dA þ A  J dV :
2 2
∂V V

Bei der Integration über den gesamten Raum mit Str€omen im Endlichen nimmt das
Vektorpotential A mindestens mit 1/r und H mindestens mit 1/r2 ab, sodass mit dA ~ r2 das
Oberflächeintegral verschwindet und wir erhalten damit für die magnetostatische Feld-
energie die Formel
ZZZ
1
WM ¼ J  A dV : ð4:50Þ
2
V

Diese Formel hat gegenüber dem allgemeineren Integral (4.49) den Vorteil, dass nur
über die Gebiete zu integrieren ist, in den J 6¼ 0 ist.

4.5 Die Induktivität

Analog zur Kapazität einer Elektrodenanordnung (Abschn. 2.5), die mit der Feldenergie
und dem Vektorfluss verknüpft ist, wird einem Stromkreis eine Induktivität L zugeordnet.
Man unterscheidet dabei zwischen der Eigeninduktivit€at eines Stromkreises und der
Gegeninduktivit€ at zwischen zwei Stromkreisen. Die Eigeninduktivität wird noch unterteilt
in die €
außere Induktivit€at, verbunden mit dem Feld außerhalb des Stromkreises, und der
inneren Induktivit€at, die mit auf das Feld innerhalb des stromführenden Leiters bezogen ist.
Schließlich lässt sich die äußere Eigen- und Gegeninduktivität in Teilinduktivitäten -auch
partielle Induktivit€aten genannt- für einzelne Stromabschnitte zerlegen.
4.5 Die Induktivität 201

4.5.1 Die äußere Induktivität eines Stromkreises

Betrachtet werde ein Stromkreis beliebiger Form, in dem der Strom I fließt (Abb. 4.17). Wir
gehen von einer D€unndrahtanordnung aus, d.h. dass der Querschnitt des stromführenden
Drahtes Fi << F wesentlich kleiner ist als die umschlossenen Fläche F.
Das Integral (4.50), das über den Volumenstrom im Draht anzuwenden ist, erfasst die
gesamte Feldenergie im System. Um die mit dem Feld außerhalb des Drahtes verknüpfte
äußere Induktivität zu bestimmen, ersetzen wir J durch eine auf den Drahtumfang bezo-
gene Oberflächenstromdichte JA. Nach Abschn. 4.3.2 ist damit der Innenraum des Drahtes
feldfrei und wir erhalten für (4.50) mit

J dV ¼ JA dA ¼ I ds,

lediglich eine Integration entlang der Drahtoberfläche. Hierbei ist dA als Produkt aus
Drahtumfang und Längenelement ds zur verstehen, auf das die Richtung des Stromes
übergeht. Die Wahl des Integrationspfades ist dabei aufgrund des konstanten
Vektorpotentials auf der Drahtoberfläche beliebig. Wir wählen hierfür zweckmäßigerweise
den mit l bezeichneten Rand der vom Stromkreis umschlossenen Fläche F (Abb. 4.17):
I
I
WM A  d s: ð4:51Þ
2
l¼∂F

Das Ringintegral über A erweist sich durch Umformung mit Hilfe des Stokesschen
Integralsatzes (A.80)
I ZZ ZZ
A  ds ¼ rot A  dF ¼ B  dF ¼ Φ
∂F F F

als der magnetische Fluss Φ durch die vom Stromkreis umschlossene Fläche F.

Abb. 4.17 Zur Berechnung der ds'


äußeren Induktivität eines l'
Stromkreises
Φ
l
F ds

Fi
I
202 4 Magnetostatische Felder

Führen wir nun die äußere Induktivität des Stromkreises ein, als das Verhältnis zwischen
Φ und I
ZZ I
Φ 1 1
L¼ ¼ B  dF ¼ A  ds ½L ¼ V s=A ¼ Henry ðHÞ, ð4:52Þ
I I I
F ∂F

so erhalten wir für die Feldenergie außerhalb des Drahtes die Formel

1
W M ¼ I 2 L, ð4:53Þ
2

die auch umgekehrt zur alternativen Bestimmung von L aus der Feldenergie (4.49) im
felderfüllten Volumen V verwendet werden kann:
ZZZ
2WM 1
L¼ 2
¼ 2 H  B dV : ð4:54Þ
I I V

Gl. (4.52) kann auch explizit angegeben werden, indem wir gemäß Dünndrahtnäherung
für die Berechnung des Vektorpotentials den Volumenstrom im Draht als Linienstrom auf
der Drahtachse l0 ansetzen, sodass wir im freien Raum mit (4.16)
I
μI ds0
A¼ ð4:55Þ
4π j r  r0 j
0
l

die Neumannsche Formel für die äußere Induktivität eines Stromkreises erhalten:
I I
μ ds ds0
L¼ : ð4:56Þ
4π j r  r0 j
l 0
l

4.5.2 Die innere Induktivität eines Stromkreises

Die auf die magnetische Energie WM,i innerhalb des Drahtes bezogene innere Induktivität
ist mit Bezug zu (4.53) gegeben durch
ZZZ
2 W M,i 1
Li ¼ ¼ 2 H  BdV: ð4:57Þ
I2 I Vi
4.5 Die Induktivität 203

Hierbei ist die Energiedichte über das gesamte Drahtvolumen Vi zu integrieren. Eine
Bestimmung von Li über die Flussdefinition (4.52) ist nicht sinnvoll, da die vom magne-
tischen Fluss durchsetzte Fläche nicht eindeutig definiert ist.
Insgesamt ergibt sich die gesamte Induktivität des Stromkreises als Summe über die
äußere und innere Induktivität, d. h.

Lges ¼ L þ Li :

In vielen praktischen Fällen überwiegt die äußere Induktivität gegenüber der inneren,
sodass letztere in erster Näherung vernachlässigt werden kann.

Beispiel 4.3: Die Induktivität eines Kreisrings


Für einen Drahtring mit Radius a und Drahtradius r0 soll die äußere und die innere
Induktivität berechnet werden. Anwendung der Definition (4.52) ergibt mit dem
ϕ-gerichteten Vektorpotential (4.32) Aϕ(ρ,z) entlang des inneren Umfangs mit ϕ ¼ a  r0
und z ¼ 0

1
L ¼ 2 π ða  r0 Þ Aϕ ða  r0 ; 0Þ:
I

z
2r0
I

Einsetzen von (4.32) liefert als exaktes Ergebnis zunächst


"  ! !#
k2 π π
L ¼ μ ð2a  r0 Þ 1 F ;k  E ;k :
2 2 2

Im Rahmen der Dünndrahtnäherung r0/a << 1 gilt für den Parameter k (4.31)

4aρ 4 a ða  r 0 Þ 1  r0 =a
k2 ¼ ¼ ¼  !
r 0 2
1,
z2 þ ðρ þ aÞ2 ð2a  r0 Þ2 1
2a
womit folgende Näherungen zulässig sind:

1  k 2 =2 ! 1=2
!   !
π 4 π
F ; k ’ ln pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi und E ; k ’ 1:
2 1  k2 2
204 4 Magnetostatische Felder

Einsetzen in die exakte L€osung für L ergibt mit

1 1  r0 =2a
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1  k2 r0 =2a

die Näherung
 
8a
L μ a ln  4  2 μ a½ ln ð8 a=r0 Þ  2  f u€r 8 a=r0 4:
r0

Zur Bestimmung der inneren Induktivität gemäß (4.57) ist mit

B ¼ μH

das Volumenintegral über das Drahtvolumen Vi


ZZZ
μ
Li ¼ 2 H 2 dV
I
Vi

bzw. für eine l€angenbezogene innere Induktivit€at Li0 das Integral


ZZ
0 μ
Li ¼ 2 H 2d A
I
Ai

über den Drahtquerschnitt Ai zu berechnen. Mit der ϕ-gerichteten Feldstärke aus (4.48)
mit a ¼ 0, b ¼ r0 und Jz ¼ I/(π r02)

I
Hϕ ¼ ρ
2 π r0 2

ergibt die Integration

Z2 π Zr0
0 μ
Li ¼ ρ3 dρ dϕ
4 π2 r 0 4
ϕ¼0 ρ¼0

das vom Leiterradius unabhängige Ergebnis

μ
L0i ¼ : ð4:58Þ

4.5 Die Induktivität 205

Beispielsweise resultiert für einen Kupferdraht (μ μ0) der Wert Li 0,5 nH/cm.
Für die Gesamtinduktivität des Ringes erhalten wir mit

Li ¼ 2 π a L0i ¼ μ a=4

7
Lges ¼ L þ Li μ a ln ð8 a=r0 Þ  L:
4

Der Anteil von Li an Lges beträgt dabei beispielsweise schon für a/r0 ¼ 10 etwa 10 %
und für a/r0 ¼ 100 ca. 5 %.

Beispiel 4.4: Die Induktivität der Bandleitung


Eine Bandleitung besteht aus zwei rechteckigen Leitern der Breite w, die im Abstand
h parallel zueinander angeordnet und von einem Medium mit der Permeabilität μ
getrennt sind.

I
d

h H
m

Unter der Voraussetzung, dass h sehr viel kleiner ist als die Leiterbreite w, lässt sich
das Feld H zwischen den Leitern in guter Näherung durch Überlagerung des
Homogenfeldes zweier gegensätzlich durchstr€omter Platten unbegrenzter Ausdehnung
(Abschn. 4.3.2) approximieren. Hierbei kann die Abweichung in der Nähe der Plat-
tenränder umso mehr vernachlässigt werden, umso kleiner das Verhältnis h/w ist.
Die äußere Induktivität der Bandleitung berechnet sich gemäß (4.52) durch Integra-
tion des magnetischen Flusses zwischen den Leitern. In diesem Fall soll die auf die
Leitungslänge bezogene Induktivität L0 bestimmt werden, sodass die Integration in
Leitungsrichtung entfällt. Wir erhalten mit dem homogenen Feld H die einfache L€osung
Z
1 1
L0 ¼ Bds ¼ μ H h:
I h I

Für H ergibt sich durch Addition der beiden homogenen Einzelfelder (4.46) gleichen
Betrags und Richtung mit J ¼ I/(w d)

Jd I
H ¼ 2 ¼ :
2 w
206 4 Magnetostatische Felder

Einsetzen ergibt als L€osung für die äußere, längenbezogene Induktivität

h
L0 ¼ μ :
w

Die Bestimmung der inneren Induktivität der Bandleitung führt gemäß (4.57) auf die
Berechnung der Feldenergie innerhalb des Leitervolumens. Für die längenbezogen,
innere Induktivität Li0 ist die Integration lediglich über den Leiterquerschnitt Ai ¼ d w
auszuführen und mit dem Faktor Zwei zu multiplizieren, d. h.:

ZZ Z
þd=2
0 μ 2μw
Li ¼ 2 2 Hi dA ¼
2
H i 2 ðyÞ dy:
I Ai I2
d=2

Beispielsweise innerhalb des oberen Leiters ergibt sich das Feld Hi durch
Überlagerung des eigenen ortsabhängigen Feldes (4.47) und des homogenen Feldes
(4.46) des unteren Leiters zu

I
H i ¼  J y þ J d=2 ¼ ðd=2  yÞ:
dw

Hierbei beziehen wir uns auf das in Abb. 4.14a dargestellte Koordinatensystem mit
Ursprung in Plattenmitte. Einsetzen und Ausführen der Integration liefert als L€osung für
die innere längenbezogen Induktivität der Bandleitung die L€osung

2 d
Li 0 ¼ μ :
3 w

Die gesamte längenbezogene Induktivität der Bandleitung ergibt sich durch Addition
der inneren und äußeren Induktivität zu

μ h
L0ges ¼ L0 þ Li 0 ¼ ðh þ 2d=3Þ μ f u€r d h:
w w

Auch in diesem Fall dominiert bei relativ dünnen Leitern die äußere Induktivität
gegenüber der inneren.

Beispiel 4.5: Die Induktivität einer Drahtspule (Solenoid)


Auf einem runden Kernmaterial mit Radius a und Permeabilität μ ist ein Draht aufge-
wickelt, indem der Strom I fließt. Vorausgesetzt dass der Spulendraht relativ dünn,
4.5 Die Induktivität 207

gleichmäßig und dicht aufgewickelt ist, entspricht das Feld in der Spule in guter
Näherung dem Innenfeld eines von einer Oberflächenstromdichte JA azimutal
umstr€omten Zylinders gleichen Radius (Abschn. 4.3.2). Bezeichnen wir N0 ¼ ΔN/Δl
als die Anzahl der Drahtwindungen pro Länge entlang der Spule, so beträgt das axial
gerichtete, homogene Feld innerhalb der Spule entsprechend Gl. (4.45)

H ¼ J A ¼ N 0 I:

ΔN I

a
μ
H
l
Gemäß (4.52) erhalten wir für die längenbezogene (äußere) Induktivität der Spule
das einfache Ergebnis
ZZ
0 01 1
B  d F ¼ N 0 μ N 0 I π a2 ¼ μ ð N 0 Þ π a2
2
L ¼ N
I I
F

Hierbei ist die Formel (4.52) mit N0 zu multiplizieren, da der Fluss N-mal pro Länge
den gesamten Stromkreis durchsetzt.
Ausgehend von der Definition (4.54) ist in diesem Fall die alternative Berechnung
von L0 über die Feldenergie ebenfalls einfach:
ZZ ZZ
1 1
L0 ¼ H 2 d F ¼ μ ð N 0 Þ π a2 :
2
H  BdF ¼
I2 I2
F F

Mit (4.58) beträgt die längenbezogene innere Induktivität der Spule

μ N 0 μ0 a
L0i ¼ N 0 2π a ¼ ,
8π 4

wobei für die Permeabilität der üblicherweise verwendeten Leitermaterialien μ μ0


gesetzt werden kann. Für die Gesamtinduktivität der Spule erhalten wir somit
208 4 Magnetostatische Felder

L0ges ¼ L0 þ Li 0 ¼ μ0 N 0 að1=4 þ μr N 0 π aÞ L0 :

Bei einer dichten Bewicklung ist N0 a >> 1, sodass bereits bei einer kernlosen Spule
(μr 1) die innere Induktivität in erster Näherung vernachlässigt werden kann.
Für eine reale Spule mit endlicher Länge l >> a und Windungszahl N erhalten wir
durch Vernachlässigung der Feldänderung an den Spulenenden mit N0 ¼ N/l die
Näherung

μ π a2 N 2
L L0 l ¼ : ð4:59Þ
l

Beispiel 4.6: Die Induktivität einer Ringspule (Toroid)


Ein Toroid mit der Windungszahl N entspricht einer zu einem Ring geschlossenen
Zylinderspule mit Innen- und Außenradius ρi bzw. ρa. Das magnetische Feld Hϕ
innerhalb des Ringkernes mit Querschnitt h (ρa  ρi) verläuft demnach in konzentri-
schen Kreisen. Ein Umlauf nach dem Ampèreschen Durchflutungsgesetz (II0 ) mit
Radius ρ innerhalb des Kerns schließt den N-fachen Drahtstrom I ein:

I Z2 π
H  ds ¼ H ϕ ρ dϕ ¼ 2 π ρ H ϕ ¼ N I:
0

Daraus resultiert für das Magnetfeld

IN
H ϕ ð ρÞ ¼ ; ρa ρ ρi :
2π ρ

ρ
h µ
ρi
ρa

I
4.5 Die Induktivität 209

Berechnen wir die Induktivität über die Energie (4.54), so erhalten wir durch
Integration über das Ringkern-Volumen

Zh Z2π Zρa  
μ μh ρ
L¼ 2 H 2 ðρÞ ρ dρ dϕ dz ¼ N 2 ln a : ð4:60Þ
I 2π ρi
0 0 ρi

Als Abschätzung der inneren Induktivität Li des Drahtes multiplizieren wir (4.58) mit
dem N-fachen des Kernumfangs 2(h + ρa  ρi) und erhalten für das Verhältnis zur
äußeren Induktivität

Li ðρa  ρi Þ=h þ 1
1,
L 2N μr ln ðρa =ρi Þ

wobei übliches Drahtmaterial mit μ μ0 angenommen wird. Selbst bei einem un-
magnetischen Ringkern (μr ¼ 1) und nicht allzu hoher Windungszahl N ist also auch bei
der Ringspule die innere Induktivität des Drahtes vernachlässigbar.

4.5.3 Die Gegeninduktivität zwischen Stromkreisen

Betrachtet wird ein System aus N beliebig im Raum angeordneten Stromkreisen, die
jeweils die Fläche Fi (i ¼ 1 . . . N ) einschließen und vom Strom Ii durchflossen werden
(Abb. 4.18). Ausgehend von Gl. (4.51) ergibt sich die gesamte magnetische Feldenergie
WM außerhalb der stromführenden Drahtleiter als Summe über die Integration des
Vektorpotentials A entlang aller umschlossenen Flächen ∂Fi:

I
1X N
WM ¼ Ii A  ds: ð4:61Þ
2 i¼1
l i ¼∂F i

Hierbei bezeichnet A das von allen Stromkreisen (k ¼ 1 . . . N ) produzierte Vektor-


potential

X I
N
μ X N
ds0
A¼ Ak ¼ Ik ,
k¼1
4 π k¼1 j r  r0 j
lk

wobei gemäß Dünndrahtnäherung (4.55) über die Drahtachse lk zu integrieren ist. Einset-
zen in (4.61) ergibt durch Einführung der Induktionskoeffizienten
210 4 Magnetostatische Felder

Abb. 4.18 System aus


N Stromkreisen (schematisch) F1
FN

I1
IN
Fi Ii

I I I
1 μ ds0 ds
Lik ¼ Ak  ds ¼ ð4:62Þ
Ik li 4 π j r  r0 j
li lk

für die Feldenergie im System

1X N X N
WM ¼ I i I k Lik : ð4:63Þ
2 i¼1 k¼1

Die Induktionskoeffizienten (4.62) stellen als Verallgemeinerung der Neumannschen


Formel (4.56) im Falle das i ¼ k ist, die Eigeninduktivit€at des einzelnen Stromkreises und
für i 6¼ k die Gegeninduktivit€at zwischen Stromkreis i und k dar. Für die
Induktionskoeffizienten gilt Reziprozit€at, d.h. Lik ¼ Lki, wie aus der Invarianz von
Gl. (4.62) gegenüber der Vertauschung von i und k direkt hervorgeht. Die beiden Integra-
tionen in Gl. (4.62) sind auf die Stromrichtung in den beiden Kreisen bezogen, sodass Lik
ein positives oder ein negatives Vorzeichen haben kann.
Aus (4.63) lassen sich umgekehrt aus der Feldenergie im System durch

2
∂ WM
Lik ¼
∂I i ∂I k

die Induktionskoeffizienten bestimmen. Auch die alternative Berechnung über die entspre-
chenden magnetischen Teilflüsse durch die einzelnen Stromkreise ist m€oglich. Die Erwei-
terung von (4.61)

I N I
1X N
1X N X
WM ¼ Ii A  ds ¼ Ii Ak  ds
2 i¼1 2 i¼1 k¼1
∂F i ∂F i

führt mit (4.52)


I
Ak  ds ¼ Φik
∂F i
4.5 Die Induktivität 211

als den magnetischen Fluss durch Stromkreis i, hervorgerufen durch den Strom im Kreis k,
durch Definition der Induktionskoeffizienten

Φik
Lik ¼ ð4:64Þ
Ik

auf das Ergebnis (4.63).


Der gesamte magnetische Fluss durch den i-ten Stromkreis setzt sich aus der Summe
aller Teilflüsse zusammen, d. h.

X
N X
N
Φi ¼ Φik ¼ I k Lik :
k¼1 k¼1

Dies lässt sich durch Einführung der Induktivit€atsmatrix [L]


2 3
L11 L12    L1N
6 L21 L22    L2N 7
½L ¼ 6
4 ⋮
7
⋮ ⋱ ⋮5
LN 1 LN 2    LNN

als lineares Gleichungssystem

ð Φ Þ ¼ ½ L ð I Þ

zusammenfassen, wobei die Induktivitätsmatrix [L] aufgrund der Reziprozität Lik ¼ Lki
symmetrisch ist.
Daraus folgt als alternative Berechnungsm€oglichkeit für die Induktionskoeffizienten
über den Fluss

∂Φi Φi 
Lik ¼ bzw: Lik ¼ :
∂I k I k I i6¼k ¼ 0

Beispiel 4.7: Gegeninduktivität koaxialer Kreisringe


Gegeben sind zwei sich parallel im Abstand h gegenüberstehende ringf€ormige Strom-
kreise mit den Radien a und b. Für die Gegeninduktivität M ¼ L12 ¼ L21 (Reziprozität)
wählen wir entsprechend Gl. (4.62) den Ansatz
I
1
M¼ A1  ds,
I1 l2
212 4 Magnetostatische Felder

bei dem das Vektorpotential A1 des Stromes I1 im Stromkreis „1“ entlang der von
Stromkreis „2“ umschlossenen Flächen zu integrieren ist.

z h

r
1

Für das Vektorpotential eines ringf€ormigen Stromes k€onnen wir das exakte Ergebnis
(4.32) verwenden, wobei wir uns der Einfachheit auf die Näherung (4.34)

μ I a2 ρ
Aϕ ðρ; zÞ  3=2
4
z 2 þ ð ρ þ aÞ 2

für

4 ρ=a
k2 ¼ 1
ðz=aÞ2 þ ð ρ=a þ 1 Þ2

beschränken wollen. Beispielsweise liegt der Fehler für einen vertikalen Abstand z > 3a
und einen radialen Abstand ρ < a/3 (k2 < 0,12) unterhalb 10%. Ausführung der
Integration liefert für die Gegeninduktivität für den Fall b << a das Näherungsergebnis

I
1 2πb μπ a2 b 2
M¼ A1  ds ¼ Aϕ ðb; hÞ h i3=2
I1 I1 2
s2
h2 þ ða þ bÞ2
μπ a2 b2
 3=2
:
2 h 2 þ a2

Zum gleichen Ergebnis gelangen wir über die Flussdefinition (4.64), wenn wir für die
magnetische Flussdichte den Wert (4.35)
4.5 Die Induktivität 213

μ I a2
Bz ¼
2ð z2 þ a2 Þ3=2

auf der Ringachse verwenden. Integration über die Fläche von Stromkreis „2“ mit
Radius b liefert

ZZ
Φ21 1 μπ a2 b2
M¼ ¼ B1  dF B1, z F 2 ¼  3=2
:
I1 I1 2 h2 þ a2
F2

Beispiel 4.8: Gegeninduktivität paralleler Doppelleitungen


Wir betrachten eine häufig anzutreffende Leitungsanordnung, bestehend aus zwei
parallelen Dopelleitungen, die jeweils aus einem Hin- und Rückleiter a und b bzw.
c und d bestehen.

a b
I1

Für die Bestimmung der l€angenbezogenen Gegeninduktivität M0 zwischen den


beiden Doppelleitungen entfällt in (4.62) die Integration des Vektorpotentials entlang
der Leiter und wir erhalten beispielsweise mit dem z-gerichteten Vektorpotential A1 des
Stromes I1 in den Leitern a und b entlang der Leiter c und d

1
M0 ¼ ðA1, c  A1, d Þ:
I1

Einsetzen des logarithmischen Vektorpotentials (4.19) des unendlichen langen Lini-


enstromes für die jeweils gegensinnigen Beiträge von I1 in den Leitern a und b im
Abstand ρac und ρbc bzw. ρad und ρbd ergibt
214 4 Magnetostatische Felder

       
0 μ ρac ρbc ρad ρ
M ¼  ln  ln  ln þ ln bd ,
2π ρ0 ρ0 ρ0 ρ0

bzw.
 
μ ρ ρ
M0 ¼ ln bc ad :
2π ρac ρbd

Eine alternative Berechnung der Gegeninduktivität über die Flussdefinition (4.64)


wäre aufgrund der notwendigen Integration über den Leitungsquerschnitt wesentlich
aufwendiger.

4.5.4 Partielle Induktivitäten

Der Induktivitätskoeffizient zwischen zwei Stromkreisen bzw. eines Stromkreises lässt sich
in Analogie zu den Teilkapazitäten zwischen Teilen einer Leiteranordnung in Teil- oder
sog. partielle Induktivitätskoeffizienten zerlegen. Dies soll am Beispiel von drahtf€ormigen
Strukturen hergeleitet werden. Ausgangspunkt dafür ist die Neumannsche Formel (4.62)
I I
μ ds ds0
Lik ¼ ð4:65Þ
4π j r  r0 j
li lk

für die Gegeninduktivität zwischen zwei Stromkreisen i und k (Abb. 4.19) bzw. der
Eigeninduktivität eines Stromkreises (i ¼ k).
Wie in Abb. 4.19 dargestellt, lassen sich die beiden Stromkreise in eine beliebige
Anzahl Segmente der Länge Δlm (m ¼ 1 . . . M ) bzw. Δln (n ¼ 1 . . . N ) zerlegen. Damit
gehen in (4.65) die beiden Integrationen entlang der geschlossenen Stromkreispfade li und
lk jeweils über in die Summe der Teilintegrale über die Segmente, d. h.:

I N Z
X
. . . d s0 ! . . . ds0
lk n¼1 Δl n
I M Z
X
. . . ds ! . . . d s:
li m¼1 Δl m
4.5 Die Induktivität 215

Abb. 4.19 Segmentierung


zweier Stromkreise zur
Berechnung der
Teilinduktivitäten zwischen den Δlm Δln
Segmenten
i k

Abb. 4.20 Zur partiellen a b


Induktivität eines dünnen a a
Drahtabschnittes (a) bzw.
zwischen zwei parallelen
Abschnitten gleicher Länge (b)
Δl Δl

Daraus folgt

N Z Z
μ X M X
ds0 ds M X
X N
Lik ¼ ¼ Lp, mn , ð4:66Þ
4 π m¼1 n¼1 Δlm Δln j r  r0 j m¼1 n¼1

mit den partiellen Induktivitäten jeweils zwischen dem m-ten und n-ten Segment
Z Z
μ ds0 ds
Lp, mn ¼ 0
: ð4:67Þ
4π Δl m Δl n j r  r j

Wie hieraus direkt durch Vertauschung der Integrationsreihefolge ersichtlich ist, gilt
auch für die partiellen Induktivitäten Reziprozität, d. h. Lp,mn ¼ Lp,nm.
Mit Hilfe der Teilinduktivitäten lässt sich nach (4.66) die Induktivität von beliebigen
Leitergeometrien durch geeignete Segmentierung, z.B. mit geradlinigen Abschnitten,
systematisch berechnen. Beispielsweise erhält man aus (4.67) für einen Drahtabschnitt
der Länge Δl und Radius a, bzw. für zwei parallele Abschnitte der gleichen Länge im
Abstand d im Rahmen einer Dünndrahtnäherung, d.h. a << Δl,d (Abb. 4.20)
Z Z
μ dz dz0 a ; m¼n
Lp, mn ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ; ρmn ¼ :
4π Δl m Δl n d ; m 6¼ n
ρ2mn þ ðz  z0 Þ2
216 4 Magnetostatische Felder

Die L€
osung des Integrals ergibt
0 0 ffi1
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ffi1
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 2 ρ 2
μ Δl Δl ρ
Lp, mn ¼ Δl @ln @ þ þ 1 A þ mn  mn
þ 1A : ð4:68Þ
2π ρmn ρmn Δl Δl

Für die partielle Eigeninduktivität lässt sich dieser Ausdruck mit a << Δl noch
zusätzlich vereinfachen zu
   
μ 2Δl
Lp, nn Δl ln 1 : ð4:69Þ
2π a

Beispiel 4.9: Eigeninduktivität einer rechteckigen Leiterschleife


Gegeben sei eine rechteckige Leiterschleife mit Drahtradius a und den Abmessungen
h und b. Gesucht ist die äußere Induktivität L der Schleife.

Lp,13
h 3
1
Lp,24
4

b
Nach (4.66) setzt sich die Eigeninduktivität des Stromkreises aus den partiellen
Eigen- und Gegeninduktivitäten Lp,mn der vier Drahtabschnitte 1–4 wie folgt zusam-
men:

N X
X N
L ¼ Lii ¼ Lp, mn :
m¼1 n¼1

Da der Strom in den horizontalen und vertikalen Abschnitten senkrecht zueinander


gerichtet ist, sind die entsprechenden partiellen Gegeninduktivitäten Null, d. h.

Lp, 12 ¼ Lp, 23 ¼ Lp, 34 ¼ Lp, 41 ¼ 0:


4.5 Die Induktivität 217

Zudem gilt wegen der gleichen Länge

Lp, 11 ¼ Lp, 33
Lp, 22 ¼ Lp, 44 :

Schließlich erhalten wir durch Ausnutzung der Reziprozität, d. h.

Lp, 13 ¼ Lp, 31
Lp, 24 ¼ Lp, 42

insgesamt für die Summe



L ¼ 2 Lp, 11 þ Lp, 22  Lp, 13  Lp, 24 :

Das negative Vorzeichen für die beiden partiellen Gegeninduktivitäten rührt daher,
das die Stromrichtung in den beiden Segmenten jeweils entgegengesetzt zueinander ist.
Für eine quadratische Schleife (h ¼ b) reduziert sich die Summe für L aufgrund
Lp,11 ¼ Lp,22 und Lp,13 ¼ Lp,24 auf

L ¼ 4 Lp, 11  Lp, 13 :

Einsetzen der Gl. (4.68) und (4.69) ergibt mit

μh   pffiffiffi  pffiffiffi
Lp, 13 ¼ ln 1 þ 2 þ 1  2

μh
Lp, 11 ðln ð2h=aÞ  1Þ

den expliziten Ausdruck

2μh
L ðln ð2h=aÞ  0; 533Þ:
π

Für eine sehr schmale Leiterschleife (Doppelleitung), d. h. für b >> h ergibt sich für
die obige Summe mit Lp,11 << Lp,22 und Lp,13 << Lp,24 die Näherung

L 2 Lp, 22  Lp, 24 :
218 4 Magnetostatische Felder

Einsetzen der Gl. (4.68) und (4.69) ergibt mit

μb μb
Lp, 22 ðln ð2b=aÞ  1Þ ln ð2b=aÞ
2π 2π
  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
μb μb
Lp, 24 ¼ ln b=h þ ðb=hÞ þ 1 þ h=b  ðh=bÞ2 þ 1
2
ln ð2b=hÞ
2π 2π

insgesamt den expliziten Ausdruck

μb
L¼ ln ðh=aÞ,

bzw. die auf die Länge bezogene Induktivität der Doppelleitung

μ
L0 ln ðh=aÞ:

4.6 Materie im magnetostatischen Feld

Die in den Atomen in Bewegung befindlichen Elektronen stellen im Rahmen einer


physikalisch-klassischen Betrachtung gebundene Kreisstr€ome dar, mit entsprechendem
magnetischen Dipolmoment m (4.42). Dies ist eigentlich ein sehr einfaches Modell, da
die Vorgänge im Atom eine abstraktere, quantenmechanische Beschreibung erfordern. Für
ein grundsätzliches Verständnis des Verhaltens von Materie im magnetischen Feld ist eine
solch einfache Modellvorstellung jedoch ausreichend.
Ohne äußeres Magnetfeld sind normalerweise alle Dipolmomente statistisch gleichverteilt
und die Materie ist magnetisch neutral. Durch Anlegen eines äußeren Magnetfeldes werden
die Dipolmomente in Abhängigkeit der Feldstärke ausgerichtet (Magnetisierung). Es resul-
tiert ein sekundäres Magnetfeld, das sich mit dem äußeren Feld zum Gesamtfeld überlagert.
Prinzipiell unterscheidet man 3 unterschiedliche Arten der Magnetisierung (Abschn. 1.3.2):

Diamagnetismus:
Atomare Dipolmomente entstehen erst durch Anlegen eines äußeren Feldes. Die dadurch
im Medium hervorgerufene magnetische Erregung (Magnetisierung) M ist entgegengesetzt
zur äußeren Erregung H, jedoch betragsmäßig sehr viel kleiner, sodass μr geringfügig
kleiner als Eins ist. Beispiele hierfür sind Wasser, Kupfer, Wismut.
Paramagnetismus:
Atomare Dipolmomente sind permanent vorhanden und werden durch ein äußeres Feld
ausgerichtet. Allerdings wird die Ausrichtung bereits bei Raumtemperatur durch Wär-
mebewegung stark gest€ort. M ist parallel zur äußeren Erregung H, jedoch betragsmäßig
4.6 Materie im magnetostatischen Feld 219

sehr viel kleiner, sodass μr geringfügig gr€oßer als Eins ist. Beispiele hierfür sind Luft,
Aluminium, Palladium.
Ferromagnetismus:
Dieser Effekt hat die gr€oßte technische Bedeutung aufgrund μr >> 1 (. . .105). Tritt nur bei
Metallen wie z. B. Eisen, Kobalt, Nickel und deren Legierungen auf. Die atomaren
Dipolmomente sind auf den Elektronenspin zurückzuführen. Die Magnetisierung findet
innerhalb von sog. Weißsche Bezirken mit einer Ausdehnung von 0,01. . .1 mm einheitlich
statt.

Das Verhalten von Materie im magnetostatischen Feld soll durch ein einfaches makrosko-
pisches Modell beschrieben werden, indem jedem Atom bzw. Molekül einem von außen
induziertes bzw. permanentes Dipolmoment m zugeordnet wird. Zur Berechnung des
Feldes gehen wir zunächst vom Vektorpotential eines Punktdipols (4.43) im freien Raum
aus, der sich am Ort r0 befindet:

μ 0 m  ðr  r0 Þ
AðrÞ ¼ :
4 π jr  r0 j3

Dieses Potential enthält die Permeabilität des Vakuums (μ0), d.h. das Medium wird
durch die Dipole ersetzt. Um zu einer Kontinuumsbetrachtung überzugehen, definieren wir
eine Volumen-Dipoldichte
P
mi
i dm A
M ¼ lim ¼ ½M  ¼ ,
ΔV !0 ΔV dV m

die mit dem in Abschn. 1.4 bezeichneten Magnetisierungsvektor (1.46) identisch ist. Ohne
Einwirkung eines äußeren magnetischen Feldes bzw. Vorhandensein einer permanenten
Magnetisierung ist M ¼ 0.
Bei gegebener Dipolmomentendichte M enthält ein Volumenelement dV0 im Punkt r0
das differentielle Dipolmoment dm ¼ M dV0, das den differentiellen Potentialbeitrag

μ0 M  ðr  r0 Þ 0
d AðrÞ ¼ dV ð4:70Þ
4 π j r  r0 j 3

im Aufpunkt r erzeugt (Abb. 4.21).


Bevor der differentielle Potentialausdruck (4.70) über das ganze magnetisierte Volumen
V integriert wird, nehmen wir mit
 
r  r0 1
¼ ∇0
jr  r0 j3 jr  r0 j
220 4 Magnetostatische Felder

Abb. 4.21 Zur Berechnung des


dA(r)
Feldes eines magnetisierten r – r' M
Mediums
dV'
r r' A
V

und der Identität (A.67)

∇  ðφ aÞ ¼ φ∇  a  a  ∇φ

folgende Umformung für das Kreuzprodukt in (4.70) vor (Nabla-Operator wirkt auf
gestrichene Koordinaten):
   
ðr  r0 Þ 1 0 ∇0  M 0 M
M ¼ M∇ ¼ ∇  : ð4:71Þ
jr  r0 j3 j r  r0 j j r  r0 j j r  r0 j

Die Integration von (4.71) über das Volumen V liefert nach Anwendung einer Variante
des Gaußschen Satzes für den zweiten Rotationsausdruck
ZZZ ZZ
rot a dV ¼   a  d A
V ∂V

das Potentialfeld des magnetisierten Volumens:


ZZZ ZZ
μ ∇0  M 0 μ0 M  en 0
A ðrÞ ¼ 0 dV þ  dA :
4π j r  r0 j 4π jr  r0 j
V ∂V

Vergleichen wir dieses Ergebnis mit dem Potentialfeld (4.14) von Volumen- und
Flächenstromdichten J bzw. JA im freien Raum
ZZZ ZZ
μ0 J 0 μ0 JA
A ðrÞ ¼ 0
dV þ  d A0 ,
4π jr  r j 4π j r  r0 j
V A
4.6 Materie im magnetostatischen Feld 221

Abb. 4.22 Äquivalente


B
gebundene Flächenstromdichte Jgeb
auf einem homogen
magnetisierten K€orper

µ0
JA,geb

so folgt daraus, dass das vom magnetisierten Medium erzeugte Sekundärfeld einer
äquivalenten Verteilung von gebundenen Volumen- und Flächenstromdichten

Jgeb ¼ rot M

JA, geb ¼ M  en

im leeren Raum entspricht. Für den Spezialfall eines homogen magnetisierten Mediums ist

M ¼ const ) Jgeb ¼ rot M ¼ 0:

Wie in Abb. 4.22 skizziert, kompensieren sich in diesem Fall die volumeninternen
Str€
ome zu Null, während an der Oberfläche der Materie die äquivalente gebundene
Oberflächenstromdichte JA,geb resultiert.

4.6.1 Permanentmagnete

Bei bestimmten Materialien verbleibt auch nach Abschalten eines äußeren Magnetfeldes
eine permanente Magnetisierung, die eine sog. remanente Flussdichte erzeugt (siehe
Abschn. 1.4). Für einen solchen Permanentmagneten wird aus (II0 )

rot H ¼ 0,

d. h. das H-Feld eines Permanentmagneten ist wirbelfrei und lässt sich durch den Gradi-
enten eines skalaren, magnetischen Potentials φm (4.4) darstellen:

H ¼  grad φm : ð4:72Þ
222 4 Magnetostatische Felder

Mit (1.35)

B ¼ μ 0 ð H þ MÞ ð4:73Þ

und der Divergenzfreiheit von B (IV) folgt

div H ¼  div M,

d. h. die Quellen von H sind die Senken von M und umgekehrt. Einsetzen in (4.72) ergibt
schließlich die Poisson-Gleichung für das magnetische Skalarpotential:

Δφm ¼ div M: ð4:74Þ

Der Vergleich mit der Poisson-Gleichung des elektrostatische Feldes (2.8) liefert die
analoge Beziehung für die fiktive magnetische Raumladungsdichte

qm ¼  div M: ð4:75Þ

Dies erlaubt die alternative Berechnung von Feldern magnetisierter Materie, in v€ollig
analoger Weise wie bei elektrostatischen Feldern über das Coulomb-Integral (2.22)
ZZZ ZZ
1 qm 1 qA , m
φ m ðrÞ ¼ dV þ  d A,
4π jr  r0 j 4π j r  r0 j
V ∂V

einschließlich einer etwaig resultierenden fiktiven, magnetischen Flächenladungsdichte

qA, m ¼ M  en ¼ M n ,

die durch die Normalkomponente von M auf der K€orperoberfläche gegeben ist.
Abb. 4.23 zeigt das resultierende magnetische Ersatzladungsmodell für einen homogen
magnetisierten Zylinder. In diesem Fall ist die äquivalente Volumenladungsdichte qm im
Inneren des Zylinders, aufgrund der Divergenzfreiheit von M gemäß (4.75) Null und es
verbleibt eine äquivalente Flächenladung qA,m auf der Ober- und Unterseite des Zylinders.
Diese erzeugt im freien Raum gemäß (4.72) das in Abb. 4.23 skizzierte Quellenfeld für H.
Für das B-Feld ergibt sich nach (4.73) innerhalb des Zylinders ein v€ollig anderes Feldbild,
bei dem die Feldlinien insgesamt geschlossen sind, ganz in Übereinstimmung mit der
allgemeingültigen Divergenzfreiheit von B gemäß (IV).
4.6 Materie im magnetostatischen Feld 223

+++++ +++++

̽̽̽̽̽ ̽̽̽̽̽
M H B

Abb. 4.23 Magnetische Ersatzladungsmodell und Felder eines homogen magnetisierter Zylinders

4.6.2 Magnetische Kreise

Einige typisiche Anordnungen und Baulemente der Elektrotechnik wie z. B. Elektroma-


gnete, Drosseln, Übertrager, etc. bestehen aus einem hochpermeablen Kernmaterial, auf
dem eine oder mehrere Spulen aufgewickelt sind (Abb. 4.24a). Eine solche Anordnung
bildet in Analogie zum elektrischen Stromkreis einen sog. magnetischen Kreis, der mit den
Mitteln der Netzwerkberechnung behandelt werden kann. Folgende Annahmen liegen dem
zugrunde:

• Hochpermeables Kernmaterial (μr >> 1), d. h. nach Gl. (2.2)


Bt, Kern/Bt,Luft ¼ μr 1 ) Bt, Luft Bt, Kern.
Hieraus folgt, dass nahezu der gesamte magnetische Fluss innerhalb des Kerns
konzentriert ist.
• Homogenes Feld innerhalb jeden Kernabschnittes, unter Vernachlässigung von Feld-
verzerrungen in Ecken und Verzweigungen.

Unter den beiden Voraussetzungen lässt sich die Anordnung in ein €aquivalentes magneti-
sches Ersatzschaltbild überführen (Abb. 4.24b), das einer einfachen Netzwerkberechnung
zugänglich ist. Hierfür kann in Analogie zu den beiden Kirchhoffschen Sätzen des elek-
trischen Kreises ein Maschen- und Knotensatz aufgestellt werden.
Entsprechend dem Ampèreschen Durchflutungssatz (II0 ) in integraler Form gilt für
einen geschlossenen Umlauf in einer magnetischen ‘Masche’
I X Z
H  ds ¼ Hi  ds ¼ I N :
i li
224 4 Magnetostatische Felder

a li b
Vm,i
Φ

Φ Ai mr,i Rm,i
I
N
Θ=NI

Abb. 4.24 (a) Magnetischer Kreis (b) Entsprechendes magnetisches Ersatzschaltbild

Hierbei verläuft die Integration entlang des in Abb. 4.24a gestrichelt gezeichneten
mittleren Pfades und li bezeichnet die Länge eines Maschenabschnitts. Das Produkt I N
berücksichtigt die Anwesenheit einer felderzeugenden Spule mit N Windungen, durch die
der elektrische Strom I fließt. Durch Einführung einer magnetischen Spannung entlang des
Abschnittes li
Z
V m, i ¼ Hi  ds
li

und einer magnetischen Quellenspannung (Durchflutung)

Θ ¼ IN

erhalten wir
X
V m, i ¼ Θ Maschengleichung des magnetischen Kreises:
i

Hierbei kann Θ bei Fehlen einer Durchflutung in der betreffenden Masche Null sein. Bei
mehr als einer stromdurchflossenen Spule ist Θ die Summe der Einzeldurchflutungen,
wobei Wicklungssinn und Stromrichtung durch das entsprechende Vorzeichen zu be-
rücksichtigen sind.
Bei einer Verzweigung des magnetischen Flusses (Abb. 4.25) mit entsprechenden
Kernquerschnitten Ai erhalten wir mit (IV) in integraler Form
4.6 Materie im magnetostatischen Feld 225

Abb. 4.25 Magnetische


Flussverzweigung A1 A2 Φ
2
Φ1
A3

ZZ X ZZ
 B  dA ¼ Bi  dA ¼ 0
i
Ai

und den Einzelflüssen


ZZ
Bi  dA ¼ Φi
Ai

die zur Kirchhoffschen Knotengleichung analoge Beziehung


X
Φi ¼ 0 Knotengleichung des magnetischen Kreises:
i

Die Analogie zum elektrischen Kreis wird durch ein ‚Ohmsches Gesetz‘ ver-
vollständigt. Aus dem Quotienten aus Gesamtdurchflutung Θ und Fluss Φ innerhalb eines
Maschenumlaufs

Θ X V m, i X
¼ ¼ Rm, i
Φ i
Φ i

definieren wir den ‚magnetischen Widerstand‘ eines Kernabschnitts:

V m, i
Rm, i ¼ :
Φ

Wir erhalten somit die zum Ohmschen Gesetz analoge Beziehung

0
V m ¼ Φ Rm Ohmsches Gesetz0 des magnetischen Kreises: ð4:76Þ
226 4 Magnetostatische Felder

Zusammenfassend ist die Entsprechung der elektrischen und magnetischen Netzwerk-


gr€
oßen wie folgt:

elektr. Netzwerk magn. Netzwerk


Spez. Leitfähigkeit κ μ
Widerstand R Rm
Spannung U Vm
Strom / Fluss I Φ
Ohmsches Gesetz U¼RI Vm ¼ Rm Φ.

Darüberhinaus erlaubt der magnetische Widerstand eines Kernmaterials, auf dem eine
Spule mit N-Windungen aufgebracht ist, eine zu Gl. (4.52) und (4.54) alternative Bestim-
mung der Spuleninduktivität. Mit


L ¼
I

und dem magnetischen ‚Ohmschen-Gesetz‘ (4.76)

Θ NI
Φ ¼ ¼
Rm Rm

resultiert

N2
L ¼ : ð4:77Þ
Rm

Beispiel 4.10: Magnetischer Widerstand eines gleichförmigen, homogenen Zylinders


Für einen gleichf€ormigen Zylinder mit beliebiger Querschnittsform und homogenem
Material (μr ¼ const.) ist H konstant über die Zylinderlänge l und B konstant über die
Querschnittsfläche A.

Vm

Φ
m
A
l
4.6 Materie im magnetostatischen Feld 227

Für den magnetischen Widerstand erhalten wir mit


Z
H  ds
Vm Hl
Rm ¼ ¼ Z Zl ¼
Φ μH A
B  dA
A

einen zum elektrischen Widerstand (3.12) analogen Ausdruck

l 1 μA
Rm ¼ bzw: Λ ¼ ¼ ðmagn: LeitwertÞ: ð4:78Þ
μA Rm l

Für die Induktivität einer auf dem Zylinder aufgewickelten Drahtspule mit N-Win-
dungen erhalten wir durch Einsetzen von (4.78) in (4.77)

N 2μ A
L ¼ ,
l

in Übereinstimmung mit der Gl. (4.59) für die Spule mit kreisrundem Querschnitt
A ¼ πa2 und Radius a.

Beispiel 4.11: Induktivität einer Ringkernspule mit Luftspalt


Auf einem hochpermeablen Kern mit Innen- und Außenradius ri und ra und einem
Luftspalt der Länge d ist eine Drahtspule mit N-Windungen aufgebracht.

RmK
Φ

I ra
ri d
RmL
N A Θ = NI
Φ
μr >> 1
Zur Berechnung der Induktivität kann das dargestellte magnetische Ersatzschaltbild
verwendet werden. Hierbei ist der magnetischen Widerstände RmK des Kerns mit der
mittleren Länge

r þ r 
a i
lK 2π  d
2
228 4 Magnetostatische Felder

und der magnetische Widerstands des Luftspaltes RmL mit der Länge d in Serie geschal-
tet. Unter Verwendung der Gl. (4.78) erhalten wir für die beiden magnetischen Wider-
stände

lK d
RmK ¼ , RmL ¼ :
μr μ0 A μ0 A

Mit der Beziehung (4.77) für die Induktivität eines magnetischen Kreises ergibt sich

N2 N2
L¼ ¼ ,
Rm RmK þ RmL

und nach Einsetzten von RmK und RmL die L€osung:

N 2 μ0 μr A
L¼ :
l K þ d μr

Die Luftspaltlänge d bietet somit eine M€oglichkeit den genauen Wert von
L feinzujustieren. Zudem kann der Luftspalt zur Linearisierung der B-H-Kennlinien
(siehe Abschn. 1.4) des Kernmaterials dienen. Mit RmK << RmL wird der magnetische
Spannungsabfall VmK ¼ lK HK bzw. die magnetische Feldstärke im Kern HK reduziert
und damit der Arbeitspunkt in der B-H-Kennlinie unterhalb der Kernsättigung gelegt.
Für d ¼ 0 geht das Ergebnis für L erst mit kleiner werdender Kerndicke Δr ¼ ra  ri
in die L€ osung (4.60) des geschlossenen Rings asymptotisch über. Dies ist in der
Näherung durch den mittleren Pfad für den Fluss im magnetischen Kreis begründet.
Bei relativ kleiner Kerndicke Δr liefert die Näherung des Logarithmus in (4.60)
   
ra Δr Δr
ln ¼ ln 1 þ f u€r Δr ri ,
ri ri ri

woraus die Übereinstimmung mit der L€osung aus dem magnetischen Kreis hervorgeht:

N 2 μr μ0 h Δr N 2 μr μ0 A
L’ ’ :
2π ri lK

4.7 Randwertprobleme der Magnetostatik

Das magnetostatische Feld beruht auf der gleichen Laplace- bzw. Poissongleichung (4.6)
und (4.11) wie in der Elektrostatik. Sie k€onnen deshalb mit den in Kap. 2 vorgestellten
Methoden in analoger Weise gel€ost werden. Im Folgenden soll die Anwendung der
4.7 Randwertprobleme der Magnetostatik 229

Spiegelungsmethode und des Produktansatzes nach Bernoulli jeweils an einem Beispiel


gezeigt werden.

4.7.1 Spiegelung an ebener Grenzfläche

Ein Linienstrom der Stärke I sei parallel zur Grenzfläche zwischen zwei Halbräumen mit
unterschiedliche Permittivität μ1, μ2 angeordnet (Abb. 4.26).
Ausgehend vom Vektorpotential (4.19) eines y-gerichteten Linienstroms I im Abstand ρ
und Wahl des Bezugsabstands ρ0 ¼ h, d.h.

μ I ρ 
Ay ¼  ln
2π h

machen wir jeweils einen getrennten Spiegelansatz für Raum 1 (Abb. 4.27a) mit unbe-
kannten Spiegelkoeffizienten α und einen entsprechenden Ansatz für Raum 2 mit
Spiegelkoeffizienten β (Abb. 4.27b)
Aus der Superposition der Potentiale des realen Stroms I und des Spiegelstroms αI
erhalten wir für das Vektorpotential in Raum 1
   
μ I ρ1 ρ
Ay,1 ¼ 1 ln þ α ln 2
2π h h

und mit dem Hilfsstrom βI für Raum 2


 
μ2 I ρ
Ay, 2 ¼  β ln 3 :
2π h

Die Bestimmung der Koeffizienten α und β erfolgt aus den Stetigkeitsbedingungen an


der Grenzfläche. Dies ist zum einen die Stetigkeit des Vektorpotentials (4.12)

Abb. 4.26 Linienstrom vor


Grenzfläche zwischen zwei µ1 µ2
magnetisch unterschiedlichen
Halbräumen
I
h

x
z y
230 4 Magnetostatische Felder

a b
m1 m2
I αI βI
h h h
ρ1
ρ2 ρ3 V2
Ay,1
V1 Ay,2
∂V1,2 ∂V1,2

Abb. 4.27 (a) Spiegel-Ersatzanordnung für Raumteil 1. (b) Für Raumteil 2


 
(1) : Ay, 1 ∂V ¼ Ay, 2 ∂V 1, 2
1, 2

und zum anderen die Stetigkeit der Tangentialkomponente der magnetischen Erregung (4.2)

H x, 1 ¼ H x, 2

bei Abwesenheit von Flächenstr€omen. Mit

1 1  1 ∂Ay 1 ∂Ay
Hx ¼ Bx ¼ rotx Ay ey ¼  ¼ 
μ μ μ ∂z μ ∂n

folgt für die zweite Stetigkeitsbedingung


 
1 ∂Ay, 1  1 ∂Ay, 2 
(2) : ¼ :
μ1 ∂n ∂V 1, 2 μ2 ∂n ∂V 1, 2

Einsetzen der beiden Potentialansätze für Raum 1 und 2 liefert zunächst


h ρ  ρ i ρ 

(1) : μ1 ln 1 þ α ln 2 ¼ μ2 β ln 3 
h h ∂V 1, 2 h ∂V 1, 2
∂ h  ρ1  ρ  i ∂ ρ3 

(2) : ln þ α ln 2  ¼ β ln :
∂n h h ∂V 1, 2 ∂n h ∂V 1, 2

Wie in Abb. 4.27 durch die gestrichelten Vektoren angedeutet, gilt für jeden Punkt auf der
Grenzfläche ∂V1,2

ρ1 ¼ ρ2 ¼ ρ 3
4.7 Randwertprobleme der Magnetostatik 231

und
  
∂  ∂  ∂ 
ln ðρ1 Þ ¼ ln ðρ3 Þ ¼ ln ðρ2 Þ :
∂n ∂V 1, 2 ∂n ∂V 1, 2 ∂n ∂V 1, 2

Die Aufl€
osung des resultierenden Gleichungssystems

μ1 ð1 þ αÞ ¼ μ2 β

β ¼ 1α

ergibt schließlich für die beiden Koeffizienten:

μ2  μ1 2 μ1
α ¼ ; β¼ : ð4:79Þ
μ1 þ μ2 μ1 þ μ2

Das Feld in den beiden Teilräumen soll nun im Folgenden für verschiedene Fälle
diskutiert werden. Zunächst erhält man für den trivialen Fall eines einheitlichen Mediums
(μ1 ¼ μ2) α ¼ 0 und β ¼ 1, d. h. das Verschwinden des Spiegelstroms für Raum 1 und den
Strom I für Raumteil 2.
Für μ2 > μ1 resultiert aus (4.79) α > 0 und β < 1. Die Feldlinien im Medium 1 werden
zum Lot hin gebrochen, in Übereinstimmung mit der Stetigkeitsbedingung (4.2), aus der für
die Tangentialkomponente von B folgt

Bt, 1 μ1
¼ , ð4:80Þ
Bt, 2 μ2

während Bn,1 ¼ Bn,2 (4.3) ist. Für μ2 ! 1 erreichen die beiden Koeffizienten die
Grenzwerte α ! 1 und β ! 0. Wie in Abb. 4.28a) zu sehen ist, stehen in diesem Fall die
Feldlinien in Raum 1 senkrecht auf der Grenzfläche. Letztere entspricht der Symmetrie-
ebene im Feld zweier gleich großer, paralleler Str€ome. Die magnetische Erregung H2 in
Raum 2 verschwindet gemäß des Feldes eines Linienstroms (4.22)

βI
jH2 j ¼ ! 0; f u€r μ2 ! 1:
2π ρ3

Dies gilt nicht für die magnetische Flussdichte B, dessen Feldlinien stets in sich geschlos-
sen sind. Das B-Feld erh€oht sich sogar gegenüber einem homogenen Medium mit den
Eigenschaften von Raum 1 und erreicht mit μ2 β ! 2μ1 den doppelten Betrag:

μ1 I
jB2 j ¼ jμ2 H2 j ’ ; f u€r μ2 ! 1:
πρ
232 4 Magnetostatische Felder

a b

×
×
m1
m1
m2 m2

Abb. 4.28 Feldlinien der magnetischen Erregung H. (a) μ2 >> μ1 und (b) μ2 << μ1

Im umgekehrten Fall μ2 < μ1 erhalten wir aus Gl. (4.79) α < 0 und β > 1. Die
Tangentialkomponenten von B sind nach Gl. (4.80) in Raum 1 nun gegenüber Raum 2
gr€oßer, d. h. die Feldlinien werden in Raum 1 vom Lot weg gebrochen (Abb. 4.28b). Im
Grenzfall μ1 ! 1 erreichen die beiden Koeffizienten die Grenzwerte α ! 1 und β ! 2.
Das Feld in Raum 1 entspricht also dem Feld zwei gleich großer, entgegengesetzter
Linienstr€ome (siehe Beispiel 4.2), sodass die Normalkomponente auf der Grenzfläche Null
ist. In Raum 2 erreicht das H-Feld gegenüber einem homogenen Medium den doppelten
Betrag, während das B-Feld wegen B2 ¼ μ2 H2 sehr viel kleiner wird als in Raum 1, in
Übereinstimmung mit (4.80) für die Tangentialkomponente von B.

4.7.2 Separation in Zylinderkoordinaten

Betrachtet werde ein in z-Richtung unbegrenzter Zylinder mit Radius a und Permeabilität
μi innerhalb eines homogenen Mediums mit der Permeabilität μa (Abb. 4.29). Der gesamte
Raum sei mit der magnetischen Erregung H0 beaufschlagt.
Aufgrund der Abwesenheit von Str€omen lässt sich das Problem uneingeschränkt mit
dem magnetischen Skalarpotential φm beschreiben. Die zu l€osende Laplace-Gleichung
(4.6) in Zylinderkoordinaten reduziert sich aufgrund der Unabhängigkeit des Feldes von
der z-Koordinate zu

  2
1 ∂ ∂φ 1 ∂ φm
Δφm ¼ ρ m þ 2 ¼ 0:
ρ ∂ρ ∂ρ ρ ∂ϕ2

Dementsprechend erhält man für das resultierende 2D-Problem mit dem Produktansatz

φm ¼ RðρÞ ΦðϕÞ

durch Einsetzen schrittweise die beiden gew€ohnlichen Differentialgleichungen in ρ und ϕ


4.7 Randwertprobleme der Magnetostatik 233

Abb. 4.29 Zylindersymmetris- ϕm(ρ,φ)


ches Randwertproblem
µa ρ

µi
φ
H0
a x

d2 R 1 dR p2
þ  R ¼ 0
dρ2 ρ dρ ρ2

d2 Φ
þ p2 Φ ¼ 0
dϕ2

mit der Separationskonstante p. Hieraus folgen die L€osungsfunktionen mit unbekannten


Koeffizienten:

A ρp þ B ρp f u€r p 6¼ 0
R ¼
A0 þ B0 ln ðρÞ f u€r p ¼ 0

C sin ðp ϕÞ þ D cos ðp ϕÞ f u€r p 6¼ 0


Φ ¼
C 0 þ D0 ϕ f u€r p ¼ 0:

Aufgrund der Symmetrie der Anordnung, d.h. Φ(ϕ) ¼ Φ(ϕ), k€onnen die beiden
Terme mit den Konstanten C und D0 ausgeschlossen werden. Wegen der erforderlichen
2π-Periodizität sind für die Separationskonstante nur ganzzahlige Werte m€oglich, d.h.
p ¼ 0,1,2,... .
Aus dem Produkt der Funktionen R und Φ und durch Zusammenfassen der Konstante,
d.h. Ap Dp ! Ap, A0 C0 ! A, Bp Dp ! Bp, B0 C0 ! B, erhalten wir schließlich durch
Summation über alle m€oglichen Produktl€osungen zunächst die allgemeine L€osung für das
Potential

1 
X 
Bp
φm ¼ Ap ρ þ p
p
cos ðp ϕÞ þ B ln ρ þ A: ð4:81Þ
p¼1
ρ
234 4 Magnetostatische Felder

Die fehlenden Konstanten sind über einen getrennten Ansatz in den beiden Teilräumen
und Anpassung der Randbedingungen auf dem Zylinderumfang zu bestimmen.
L€
osungsansatz f€ur den Innenraum:
Innerhalb des Zylinders entfallen in der allgemeinen L€osung (4.81) wegen der Regularität
bei ρ ¼ 0 die Terme mit Bp und B, d. h.:

X
1
φm , i ¼ Ap ρp cos ðp ϕÞ þ Ai :
p¼1

L€osungsansatz f€
ur den Außenraum:
Für große Entfernungen vom Zylinder muss die allgemeine L€osung (4.81) in das lineare
Potential des Homogenfeldes übergehen, d. h. beispielsweise ausgehend vom Koordina-
tenursprung


lim φm, a ¼  H0  ds ¼  H 0 ρ cos ϕ:
ρ!1
0

Daraus folgt Aa ¼ 0, B ¼ 0, A1 ¼ H0 und Ap ¼ 0 für p > 1. Somit erhalten wir für das
Potential im Innenraum

X
1
Bp
φm, a ¼ cos ðp ϕÞ  H 0 ρ cos ϕ:
p¼1
ρp

Bestimmung der Konstanten:


Die noch verbliebenen Konstanten in den beiden L€osungsansätzen für den Innen- und
Außenraum k€ onnen über die Stetigkeit des Potentials und der Normalkomponenten von
B (4.3) bestimmt werden:

(1) : φm, a(a, ϕ) ¼ φm, i(a, ϕ)


 
∂φ  ∂φ 
(2) : μa ∂ρm, a  ¼ μi ∂ρm, i  :
ρ¼a ρ¼a

Einsetzen der Ausdrücke für φm,i und φm,a ergibt mit Ap>1 ¼ 0

X
1
Bp
(1) : cos ðp ϕÞ  H 0 a cos ϕ ¼ A1 a cos ðϕÞ þ Ai
p¼1
ap
X1
Bp p
(2) : μa pþ1
cos ðp ϕÞ  μa H 0 cos ϕ ¼ μi A1 cos ðϕÞ:
p¼1
a
4.7 Randwertprobleme der Magnetostatik 235

Aus dem Koeffizientenvergleich folgt unmittelbar Ai ¼ 0 und Bp ¼ 0 für p > 1. Es


verbleibt somit das einfache Gleichungssystem für A1 und B1:

B1
(1) :  H 0 a ¼ A1 a
a
 
B1
(2) : μa 2 þ H 0 ¼ μi A1
a

woraus für die beiden Konstanten resultiert:

2 μa μi  μa
A1 ¼ H0 ; B1 ¼ H 0 a2 :
μi þ μa μi þ μa

Damit erhalten wir schließlich für das Potential im Zylinder die L€osung

2μa
φm, i ðρ; ϕÞ ¼  H 0 ρ cos ϕ
μi þ μa

und mit (4.4) und (A.46) daraus das Feld

2μa  2μa
Hi ¼  gradφm, i ¼ H 0 cos ϕ eρ  sin ϕ eϕ ¼ H 0 ex :
μi þ μa μi þ μa

Im Zylinder ergibt also die Überlagerung des Primärfeldes mit dem Feld der
Polarisationsladungen ein homogenes Magnetfeld in Richtung H0.
Außerhalb des Zylinders lautet die Potentiall€osung

μi  μa a2
φm , a ¼ H0 cos ϕ  ρ H 0 cos ϕ:
μi þ μa ρ

Der erste Term beschreibt hierbei das Sekundärfeld des polarisierten Zylinders, das mit
zunehmender Entfernung ρ vom Zylinder gegenüber dem Primärfeld im zweiten Term
verschwindet. Für die magnetische Erregung erhalten wir

H 0 a2 μi  μa 
Ha ¼  gradφm, a ¼ cos ϕ eρ þ sin ϕ eϕ þ H0 :
ρ2 μi þ μa

Wie der Vergleich mit Beispiel 4.2 zeigt, entspricht das Sekundärfeld einem im Koor-
dinatenursprung angeordneten, x-gerichteten Liniendipol. Hierfür ist in der L€osung (4.29)
der Winkel ϕ um π/2 zu verschieben. Für das resultierende Linien-Dipolmoment ml
ergibt der Vergleich
236 4 Magnetostatische Felder

μi  μa
ml ¼  2 π H 0 a2 :
μi þ μa

Diskussion
Das Verhältnis des Feldes innerhalb des Zylinders zum Primärfeld ist durch die einfache
Beziehung gegeben:

Hi 2 Bi 2
¼ bzw: ¼ :
H0 1 þ μi =μa B0 1 þ μa =μi

Für den trivialen Fall μi ¼ μa folgt die Gleichheit zwischen Innen- und Außenfeld. Für
den Fall eines hochpermeablen Zylinders (μi >> μa) geht das Verhältnis asymptotisch
gegen
 
Hi μ Bi μa
’ 2 a bzw: ’ 2 1 ; f u€r μi μa ,
H0 μi B0 μi

und strebt gegen den Grenzwert

Hi Bi
¼ 0 bzw: ¼ 2 ; f u€r μi ! 1:
H0 B0

Abb. 4.30 zeigt am Beispiel eines in Luft befindlichen Zylinders mit μr ¼ 10 das
Feldbild für die magnetische Flussdichte B. Für einen magnetischen Werkstoff wie Eisen
(μr ¼ 103) beträgt die Erregung Hi nur noch etwa 0,2 % der Primärfeldstärke, während die
Flussdichte Bi nahezu den Grenzwert 2 B0 beträgt.

Abb. 4.30 B-Feldlinien für


einen permeablen Zylinder
(μr ¼ 10) in Luft
4.8 Übungsaufgaben 237

4.8 Übungsaufgaben

UE-4.1 Durchflutungssatz
Gegeben ist eine Anordnung aus zwei konzentrischen, von den Str€omen I1 und I2 gegen-
sinnig durchflossenen Metallrohren (siehe Skizze). Berechnen Sie jeweils mit Hilfe des
Ampèreschen Durchflutungsgesetzes (II0 ) die magnetische Feldstärke in den 5 Raumberei-
chen.

I2
I1
r1
r2

r4 r3

UE-4.2 Gesetz von Biot-Savart – Feld einer quadratischen Leiterschleife


Gegeben ist eine quadratische Leiterschleife mit der Kantenlänge 2a. Berechnen Sie mit
Hilfe des Gesetzes von Biot-Savart die magnetische Feldstärke im Mittelpunkt M der
Leiterschleife.
Tipp: Berechnen Sie zunächst das Feld eines einzelnen Linienstroms der Länge 2a und
bestimmen Sie die Gesamtl€osung durch Überlagerung.

2a M
z
y
x

2a
238 4 Magnetostatische Felder

UE-4.3 Helmholtz- und Maxwell-Spule


Zwei kreisf€
ormige Leiterschleifen mit Radius R sind parallel zueinander und symmetrisch
zur z-Achse im Abstand R angeordnet. Berechnen Sie das magnetische Feld entlang der
z-Achse für die beiden Fälle

a) I1 ¼ I2 ¼ I (Helmholtz-Spule)
b) I1 ¼ I2 ¼ I (Maxwell-Spule).
Bestimmen Sie jeweils den Feldwert und die Ableitung nach z an der Stelle z ¼ 0.

R
x

R R
z
y

I1 I2

UE-4.4 Magnetfeld eines Bandleiters


Berechnen Sie die magnetische Feldstärke H eines gleichmäßig vom Strom I in z-Richtung
durchflossenen Bandleiters der Breite 2b. Die Dicke des Bandleiters sei vernachlässigbar
und die Länge werde als unendlich angenommen (2D-Problem).

JA
–b b x

a) Berechnen Sie über den Ansatz der komplexen Feldstärke durch Integration über die
Breite 2b (Ii ! JA dx) die Komponenten Hx(r) und Hy(r).
b) Welcher Feldstärkeverlauf ergibt sich entlang der x-Achse? Skizzieren Sie den Feld-
stärkeverlauf auf der x-Achse und die magnetischen Feldlinien in der Querschnitts-
ebene.
c) Leiten Sie aus dem Ergebnis in a) die L€osung für Hx(r) und Hy(r) im Grenzfall
b ! 1 ab.
4.8 Übungsaufgaben 239

d) Gegen welchen Funktionsverlauf strebt Hx(r)|x¼0 für y >> b? Welcher einfachen


Anordnung entspricht dieser Feldstärkeverlauf hinsichtlich des Gesamtstromes?
Hinweis: arctanðζ Þ ¼ ζ f u€r ζ ! 0:

UE-4.5 Induktivität der Paralleldrahtleitung


Gegeben sei eine Paralleldrahtanordnung mit kreiszylindrischen Leitern in Luft. Die
Geometrie der Anordnung ist durch den Leiterradius r0 und den Leiterabstand
d definiert. Die Stromdichte sei homogen über den Querschnitt des Leiters mit der
Permeabilität μ verteilt.

r0 I µ0
r I
µ
2 r0
d

a) Bestimmen Sie die längenbezogene, äußere Induktivität L0 der Paralleldrahtleitung,


wenn beide Leiter von einem gleich großen, gegensinnigen Strom I durchflossen
werden. Welche Näherung gilt für d >> r0?
b) Wie groß ist die längenbezogene, innere Induktivität Li0 für die gegebene Geometrie?

UE-4.6 Eigen- und Gegeninduktivität einer quadratischen Leiterschleifenanordnung


Zwei gleich große quadratische Leiterschleifen mit Seitenlänge 2a und Drahtradius r0 << a
seien übereinander im Abstand h >> a koaxial angeordnet (siehe Skizze). Berechnen Sie
die Eigeninduktivität Lii einer Leiterschleife und die Gegeninduktivität Lij zwischen beiden
Leiterschleifen mit Hilfe der Partiellen Induktivitäten (Abschn. 4.5.4).

a
a

2r0
240 4 Magnetostatische Felder

UE-4.7 Magnetischer Kreis


Ein hochpermeabler Kern mit Luftspalt trägt zwei Wicklungen mit N1 und N2 Windungen,
die von den Str€
omen I1 und I2 durchflossen werden. Für die folgenden Berechnungen soll
davon ausgegangen werden, dass Streueffekte vernachlässigt werden k€onnen, d.h. der
magnetische ist nur im Kern bzw. im Luftspalt konzentriert.

I1

A2
μ0 I2
μ
a δ a
A

a a

a) Berechnen Sie die magnetische Flussdichte B im Luftspalt in Abhängigkeit der gege-


benen geometrischen Parameter (siehe Skizze) und der Str€ome I1 und I2.
b) Welche Bedingung müssen die Str€ome I1 und I2 erfüllen damit der Fluss durch den
Luftspalt verschwindet?
c) Wie groß ist die Eigeninduktivität der Spule 1?
d) Berechnen Sie die Gegeninduktivität zwischen den beiden Spulen 1 und 2?

UE-4.8 Spiegelung an permeabler Wand


Gegeben ist eine Paralleldrahtleitung mit Drahtabstand d und Drahtradius a in Luft, die
über einem permeablem Halbraum (μ ¼ μ0μr) im Abstand h parallel angeordnet ist. Die
beiden Drähte werden gegensinnig vom Strom I durchflossen (siehe Skizze).

y
2a 2a
h
I I
μ0

z x
−d/2 d/2 μ0μr
4.8 Übungsaufgaben 241

a) Zeichnen Sie die Spiegelersatzanordnung für die Berechnung des Magnetfeldes im


oberen Raumteil (y > 0) und geben sie die Berechnungsvorschrift für die Spiegelquellen
in Abhängigkeit von μr an.
b) Stellen Sie mit Hilfe der Spiegelersatzanordnung die L€osung für das Vektorpotential
A(x,y) im oberen Halbraum (y > 0) in Abhängigkeit von μr auf. Leiten Sie daraus eine
Näherungsl€ osung für große Abstände von der Anordnung ab, ausgedrückt in Zylinder-
koordinaten ρ >> d, h und ϕ. Der Drahtstrom soll hierbei durch Linienstr€ome darge-
stellt werden.
Verwenden Sie dazu die Beziehung:
 
1þx
ln 2x, f u€r x 1:
1x

c) Berechnen Sie aus b) das magnetische Fernfeld H(ρ,ϕ) und interpretieren Sie das
Ergebnis.
d) Berechnen Sie über die allgemeine L€osung des Vektorpotentials aus Aufgabenteil b) die
äußere, längenbezogene Induktivität L0 der Paralleldrahtleitung für μr ! 1, in Ab-
hängigkeit aller Geometrieparameter (h >> a, d >> a).

UE-4.9 Spiegelung an ideal leitendem Winkel


Ein dünner Draht mit Radius a führt den Strom I und verläuft in z-Richtung parallel zu
einer rechtwinkligen, ideal leitenden Wand (siehe Skizze). Der Abstand des Drahtes zu den
beiden Wänden sei gleich h. Die Länge der Anordnung in z-Richtung, wie auch die Länge
der Wände in x- und y-Richtung werden als unendlich angenommen. Der gesamte
Drahtstrom fließt über die Wand zurück zur Quelle.

μ
(ρ, γ)
2a
h I ρ
γ
z x
h

a) Stellen Sie für das Vektorpotential A die Randbedingung auf der Wandoberfläche auf,
wenn dort die Normalkomponente der magnetischen Flussdichte B überall gleich Null
242 4 Magnetostatische Felder

sein muss. Konstruieren Sie die zur Erfüllung dieser Randbedingung in Frage kom-
mende Spiegelersatzanordnung.
b) Wie lautet die L€osung für das Vektorpotential an einem beliebigem Punkt (x,y) vor der
rechtwinkligen Wand?
c) Bestimmen Sie die asymptotische Näherung für das Vektorpotential bei großen Entfer-
nungen vom Linienstrom in Abhängigkeit von ρ und dem Winkel γ zur 45 -Geraden.

Hinweis: Gehen Sie von einer Parallelstrahlapproximation für alle Abstände aus und
nutzen Sie folgende Beziehungen:

ln ð1  δÞ δ, f u€r δ 1
sin2 x  cos2 x ¼  cos(2x).

d) Bestimmen Sie aus der L€osung von c) das Fernfeld der magnetischen Flussdichte
B(ρ,ϕ) in Polarkoordinaten. Skizzieren Sie das Fernfeld.

UE-4.10 Separation in kartesischen Koordinaten


Gegeben ist eine Nut, definiert durch x ¼ 0. . .a und y ¼ 0, in einem hochpermeablen Raum
(μr ! 1). Der Bereich 0 < y < b sei in y-Richtung gemäß
πx
M ¼ M 0 sin ey
a

magnetisiert. Es ist das magnetische Feld H(x,y) in den beiden Teilräumen zu bestimmen.

mr
2
b
M 1
x
a

a) Setzen Sie für das magnetische Skalarpotential φm die allgemeine L€osung der Laplace-
Gleichung gemäß Separationsansatz in x- und y-Richtung auf.
b) Reduzieren Sie getrennt für Raumteil 1 und 2 die allgemeine L€osung φm1 bzw. φm2
gemäß der Randbedingung φm ¼ 0 an den Wänden bzw. für y ! 1.
4.8 Übungsaufgaben 243

c) Bestimmen Sie die verbliebenen Konstanten aufgrund der Randbedingung an der Trenn-
fläche bei y ¼ b. Verwenden Sie hierfür u. a. die Beziehungen Bn1 ¼ Bn2, B ¼ μH und
H ¼ grad φm.
d) Berechnen Sie die Feldstärkeverteilung H(x,y) in den beiden Teilräumen.

UE-4.11 Separation in Kugelkoordinaten


Ein kugelf€ormiges Volumen mit Radius a und Permeabilitätskonstante μi sei in einem
homogenen, unbegrenzten Medium mit μa eingebettet, in dem in Abwesenheit der Kugel
die homogene magnetische Erregung H0 ¼ H0 ez vorgegeben ist. Es soll das Magnetfeld
innerhalb und außerhalb der Kugel durch L€osung der Laplace-Gleichung für das magne-
tische Skalarpotential φm bestimmt werden.

z
ϕm(r)
ma
r
mi θ

H0

a) Stellen Sie die an das Problem angepasste allgemeine L€osung des magnetischen Poten-
tials φm auf. Geben Sie für die Bereiche innerhalb und außerhalb der Kugel die
resultierenden Teill€osungen φm,i und φm,a mit unbekannten Koeffizienten an.
b) Bestimmen Sie die Koeffizienten aus geeigneten Stetigkeitsbedingungen an der Medi-
engrenze r ¼ a und geben Sie die beiden Potentiall€osungen an.
c) Berechnen Sie die magnetische Erregung Hi und Ha im Innen- und Außenraum der
Kugel. Welche Art von Feld liegt im Innenraum vor? Durch welche äquivalente
Quellanordnung ist das Sekundärfeld der Kugel im Außenraum darstellbar? Bestimmen
Sie dafür die Quellenstärke.
d) Berechnen Sie für einen kugelf€ormigen Lufteinschluss in einem hochpermeablen
Medium die Betragsverhältnisse von magnetischer Erregung Hi/H0 und der magneti-
schen Flussdichte Bi/B0.
e) An welchen Orten dicht außerhalb des Lufteinschlusses ist die relative Erregung Ha/H0
maximal bzw. minimal? Geben Sie die beiden Werte an.
Diffusionsfelder in Leitern
5

Zusammenfassung
Innerhalb von leitfähigen Medien treten bei zeitabhängigen Vorgängen Effekte auf, die
auch in anderen Bereichen der Physik als Diffusionsvorgang bezeichnet werden. Es
betrifft die räumliche und zeitliche Entwicklung des elektromagnetischen Feldes ein-
schließlich der Stromdichte. Im Folgenden wollen wir uns auf zeitlich harmonische
Vorgänge beschränken und insbesondere untersuchen, wie die elektrotechnischen
Gr€
oßen Widerstand, Induktivität und Verlustleistung eines Leiters von seiner Geometrie
und Material sowie der Betriebsfrequenz abhängen.

5.1 Die elektromagnetischen Diffusionsgleichungen

Betrachtet man das elektromagnetische Feld in Leitern, so ist wegen der relativ hohen
spezifischen Leitfähigkeit κ die Verschiebungsstromdichte in der II-ten Maxwell-Glei-
chung

∂D
rot H ¼ J þ ðIIÞ
∂t

gegenüber der Leitungsstromdichte vernachlässigbar, d. h.:


 
∂D
   jJj: ð5:1Þ
 ∂t 

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 245


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2_5
246 5 Diffusionsfelder in Leitern

Mit den Materialgleichungen

D ¼ εE ð5:2Þ

J ¼ κE ð5:3Þ

folgt daraus
 
 1 ∂E κ 1
 
E ∂t   ε ¼ τ : ð5:4Þ
R

Hierbei bezeichnet τR die in Abschn. 1.4 definierte Relaxationszeit des Mediums (1.49).
Voraussetzung für die Gültigkeit von Gl. (5.1) ist also, dass die relative Änderung des
Feldes innerhalb der Relaxationszeit sehr klein ist, was angesichts der Gr€oßenordnung von
τR im Bereich von 1014 s in üblichen Leitern (siehe Beispiel 1.1) bei nahezu allen
technischen Vorgängen gegeben ist.
Mit (5.1) reduziert sich die II-te Maxwell-Gleichung dementsprechend zu

rot H ¼ J, ðII0 Þ

also dem Ampèreschen Durchflutungsgesetz der Magnetostatik, wobei die Gr€oßen darin
zeitabhängig sind. Daraus folgt mit der Identität (A.75) unmittelbar für die Stromdichte

div J ¼ 0

und aus der III. Maxwell-Gleichung für die Ladungsdichte innerhalb eines homogenen
Mediums

ε
div D ¼ divJ ¼ q ¼ 0: ðIII0 Þ
κ

Ladungs- und Stromdichte verhalten sich räumlich wie im stationären Fall, sind jedoch
zeitabhängig, worin die häufig verwendete Bezeichnung als quasistation€ares Feld begrün-
det ist.
Zusammen mit dem Induktionsgesetz (I) und der Quellenfreiheit von B (IV) erhalten wir
insgesamt für das elektromagnetische Feld in Leitern das folgende reduzierte Maxwellsche
Gleichungssystem:

∂B !  0
rot E ¼  ðIÞ  rot H ¼ J II
∂t  0  J¼κ E
divD ¼ 0 III div B ¼ 0 ðIVÞ:
5.1 Die elektromagnetischen Diffusionsgleichungen 247

Zwischen dem elektrischen Feld bzw. dem Strom und dem magnetischen Feld besteht
eine wechselseitige Verkopplung über das ohmsche Gesetz (5.3). Daraus folgt eine für
elektromagnetische Diffusionsvorgänge in Leitern charakteristische inhomogene Strom-
und Feldverteilung zu den Rändern hin, auch bekannt als Stromverdr€angung oder Skinef-
fekt. Das elektrische Feld hat gemäß (III0 ) keinen Quellenanteil, d. h. es handelt sich nach
(I) um ein reines Wirbelfeld, was mit (5.3) ebenso für die Stromdichte zutrifft und die
Bezeichnung Wirbelstrom begründet.
Für ein homogenes Medium lassen sich die reduzierten Maxwell-Gleichungen (I), (II0 ),
(III0 ) und (IV) wie folgt entkoppeln. Anwendung der Rotation auf Gl. (II0 ) führt mit der
Identität (A.76) zunächst auf

1
ðgrad divB  ΔBÞ ¼ κ rot E
μ

Nach Einsetzen von (I) und (IV) erhalten wir für die magnetische Flussdichte die
partielle Differentialgleichung 2. Ordnung

∂B
ΔB  μκ ¼ 0: ð5:5Þ
∂t

In analoger Weise erhält man durch Anwendung der Rotation auf Gl. (I) und der
Materialgleichung

B ¼ μH ð5:6Þ

1 ∂
grad divD  ΔE ¼ μ rot H,
ε ∂t

und nach Einsetzen von Gl. (III0 ), (II0 ) und (5.3)

∂E
ΔE  μκ ¼ 0, ð5:7Þ
∂t

bzw. mit (5.3) für die Stromdichte

∂J
ΔJ  μκ ¼ 0: ð5:8Þ
∂t

Für das Vektorpotential A gilt (4.9)

B ¼ rot A: ð5:9Þ
248 5 Diffusionsfelder in Leitern

Zusammen mit der Coulomb-Eichung (4.10)

div A ¼ 0 ð5:10Þ

und (II0 ) resultiert nach Anwendung der Rotation auf (5.9) die Poisson-Gleichung

ΔA ¼ μ J: ð5:11Þ

Andererseits folgt aus (I) durch Einsetzen von (5.9)


 
∂A ∂A
rot E ¼ rot ) rot E þ ¼ 0:
∂t ∂t

Gemäß der Identität (A.74) kann der Ausdruck E + ∂A/∂t einem Gradientenfeld
gleichgesetzt werden. Da jedoch E gemäß (III0 ) und A wegen der Coulomb-Eichung
(5.10) reine Wirbelfelder sind, folgt für die Beziehung zwischen E und A

∂A
E¼
∂t

Multiplikation mit κ gemäß (5.3) ergibt nach Einsetzten in (5.11) schließlich

∂A
ΔA  μκ ¼ 0: ð5:12Þ
∂t

Wie der Vergleich von (5.5), (5.7), (5.8) und (5.12) zeigt, gehorchen alle Feldgr€oßen
einschließlich der Stromdichte der gleichen partiellen DGL vom parabolischen Typ

∂f
Δf  μκ ¼ 0: ð5:13Þ
∂t

Es handelt sich hierbei um die Diffusionsgleichung (vektoriell). Sie beschreibt auch


andere physikalische Prozesse wie Teilchendiffusion, Wärmeleitung, usw. Aufgrund der
verschiedenen Randbedingungen ergeben sich jedoch für die einzelnen Feldgr€oßen unter-
schiedliche L€osungen.
Bei konkreten Aufgabenstellungen sind die Randbedingungen meistens nur für eine der
Feldgr€
oßen vollständig definiert. Aus der L€osung der entsprechenden Diffusionsgleichung
onnen alle anderen Feldgr€oßen aus einer der Maxwell-Gleichungen (I) bzw. (II0 ) durch
k€
Differentiation in Kombination mit den Materialgleichungen (5.2), (5.3) und (5.6)
bestimmt werden.
5.2 Zeitharmonische Vorgänge 249

5.2 Zeitharmonische Vorgänge

Bei sinus- bzw. cosinusf€ormiger Zeitabhängigkeit mit Kreisfrequenz ω k€onnen die zeit-
abhängigen Gleichungen unter Verwendung komplexer Amplituden (Betrag und Phase)
umgeschrieben werden (siehe Abschn. 1.7). Aufgrund der ejωt-Abhängigkeit aller Gr€oßen
gehen dabei die Zeitableitungen in eine Multiplikation mit dem Faktor jω über. So erhalten
wir für die reduzierten Maxwell-Gleichungen (I), (II0 ), (III0 ) und (IV) die komplexe Form

rot E ¼ jωB I rot H ¼ J ðII0 Þ
 
div D ¼ 0 ðIII0 Þ div B ¼ 0 IV :

Die Diffusionsbedingung (5.1) lautet für harmonische Zeitabhängigkeit:


   
j ω ε E  κE:

Daraus folgt die Frequenzbedingung

1
ω : ð5:14Þ
τR

Entsprechend des oben zitierten sehr kleinen Wertes der Relaxionszeit τR bei Leitern
liegt diese Frequenzgrenze im Bereich von 1014 s1, also jenseits des üblichen technischen
Frequenzbereichs.
Die Diffusionsgleichungen der Gestalt (5.13) gehen im harmonischen Fall über in die
Form

Δf  jω μ κ f ¼ 0,

wobei f stellvertretend für die komplexen Feldamplituden B, E, J und A steht.


Durch Einführung der komplexen Ausbreitungskonstante

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1
γ ¼ α þ jβ ¼ jωμ κ ¼ ð1 þ jÞ ð5:15Þ
δ

und der charakteristischen L€ange (Eindring- bzw. Skintiefe)


sffiffiffiffiffiffiffiffi
2
δ¼ ½ δ ¼ m ð5:16Þ
ωμκ

erhalten wir die Diffusionsgleichungen (5.5), (5.7), (5.8) und (5.12) in der Form
250 5 Diffusionsfelder in Leitern

ΔB  γ2 B ¼ 0 ð5:17Þ

ΔE  γ2 E ¼ 0 ð5:18Þ

ΔJ  γ2 J ¼ 0 ð5:19Þ

ΔA  γ2 A ¼ 0: ð5:20Þ

Der komplexe Poyntingsche Satz (Abschn. 1.7.2) reduziert sich aufgrund der Vernach-
lässigung der Verschiebungsstromdichte zu
ZZ ZZZ ZZZ
1 1
 S  dA ¼  E  J∗ dV  jω H∗  B dV : ð5:21Þ
2 2
∂V V V

Hierbei ist

1
S ¼ E  H∗ : ð5:22Þ
2

der komplexe Poynting-Vektor, der die mittlere Scheinleistungs-Flussdichte durch eine


Oberfläche angibt. Zusammen mit der mittleren Verlustleistungsdichte (1.77)

1
pJ ðt Þ ¼ Eðt Þ  Jðt Þ ¼ E  J∗ ð5:23Þ
2

und der mittleren magnetische Feldenergiedichte (1.79)

1 1
wM ðt Þ ¼ Hðt Þ  Bðt Þ ¼ H∗  B ð5:24Þ
2 4

stellt der Poyntingsche Satz (5.21) die Bilanz zwischen der aus einem Volumen V aus-
oder einstr€omenden Scheinleistung (Wirk- und Blindleistung) und der darin umgesetzten
Verlustleistung und im Mittel gespeicherten magnetischen Feldenergie.

5.3 Felddiffusion in einen leitfähigen Halbraum

Als einfachsten aber grundlegenden Diffusionsvorgang betrachten wir das Eindringen


eines Homogenfeldes mit der Kreisfrequenz ω in einen leitenden Halbraum mit der
spezifischen Leitfähigkeit κ (Abb. 5.1).
5.3 Felddiffusion in einen leitfähigen Halbraum 251

Abb. 5.1 Diffusion eines y


homogenen Feldes in einen
leitenden Halbraum Nichtleiter Leiter
κ, μ

H0 ez

5.3.1 Lösung der Diffusionsgleichung

Ausgehend von einer gegebenen magnetischen Feldstärke H0 ez auf der Leiteroberfläche


hat das gesuchte Feld im Leiter aufgrund der Stetigkeit der Tangentialfeldstärke (1.52) bei
Abwesenheit von Oberflächenstromdichten auch nur eine z-Komponente und hängt von
der senkrecht in den Leiter zeigenden x-Richtung ab:

HðxÞ ¼ H z ðxÞ ez :

Die zu l€
osende Diffusionsgleichung (5.17) reduziert sich, dadurch dass die Ableitungen
nach y und z Null sind, zu der gew€ohnlichen DGL 2. Ordnung

d2 H z
 γ2 H z ¼ 0:
dx2

Wie man sich leicht durch Einsetzen überzeugen kann, hat die allgemeine L€osung die
Form

þγ x γ x
H z ð xÞ ¼ H 1 e þ H2 e : ð5:25Þ

Zur Bestimmung der beiden Konstanten H 1 , H 2 dienen die beiden Randbedingungen

(1) : H z ðx ¼ 0Þ ¼ H 0
(2) : lim H z ðxÞ ¼ 0:
x!1

Aus (2) folgt unmittelbar H 1 ¼ 0 und aus (1) H 2 ¼ H 0 und wir erhalten als L€osung für
das magnetische Feld innerhalb des leitenden Halbraums
252 5 Diffusionsfelder in Leitern

γ x
H z ð xÞ ¼ H 0 e : ð5:26Þ

Aus dem Ampèreschen Durchflutungsgesetz (II0 )

∂H z
rot H ¼  ey ¼ J
∂x

ergibt sich durch Einsetzen von (5.26) und Ausführung der einzig verbleibenden Ableitung
nach x die y-gerichtete Stromdichte:

γ x
J y ð xÞ ¼ γ H 0 e : ð5:27Þ

Über (5.3) folgt daraus unmittelbar für die ebenfalls y-gerichtete elektrische Feldstärke

γ γ x
E y ð xÞ ¼ H0 e : ð5:28Þ
κ

Innerhalb des Leiters stehen die elektrische und magnetische Felstärke senkrecht aufei-
nander und das komplexe Amplitudenverhältnis
rffiffiffiffiffiffiffiffiffi
E y ðxÞ γ ωμ
¼ ¼ ð1 þ jÞ :
H z ð xÞ κ 2κ

ist frequenzabhängig und wird von den Materialkonstanten μ und κ bestimmt, wobei der
Phasenunterschied zwischen den beiden Feldern 45 beträgt. Alle Feldgr€oßen im Leiter
sind mit (5.15) betragsmäßig proportional zu
 γ x 
 e  ¼ eα x ¼ ex=δ ,

klingen also exponentiell mit der charakteristischen Länge (Skin- oder Eindringtiefe) δ in
Abhängigkeit von Frequenz und Materialparameter μ und κ in den Leiter hinein ab
(Abb. 5.2).
Die Skintiefe δ ist also ein Maß für die Stärke des Diffusionsvorganges und ist bei einer
ebenen Leiteroberfläche der Abstand, bei dem alle Feldgr€oßen nur noch 1/e ( 37 %) des
Ausgangswerts am Leiterrand betragen. Abb. 5.3 zeigt den Frequenzverlauf von δ für
Kupfer, Aluminium und Stahl in doppeltlogarithmischer Auftragung. Wie man sieht,
beträgt die Skintiefe bereits bei relativ kleinen Frequenzen der Energietechnik weniger
als einen Millimeter und reduziert sich im Hochfrequenzbereich auf nur wenige Mikro-
meter. Der gesamte Strom wird deshalb nur innerhalb einer sehr dünnen Schicht unterhalb
der Leiteroberfläche geführt, was der Grund ist für die Bezeichnung Skin-(engl. Haut)
5.3 Felddiffusion in einen leitfähigen Halbraum 253

Abb. 5.2 Betragsprofil des y


elektromagnetischen Feldes
innerhalb des leitenden |E0|
Halbraums

|Ey(x)|

|H0| |Hz(x)|
z

Abb. 5.3 Frequenzabhängigkeit der Skintiefe für drei typische Leitermaterialien

effekt. Der Grund für die kürzere Skintiefe bei Stahl trotz der niedrigeren Leitfähigkeit κ im
Vergleich zu den anderen beiden Metallen liegt in der wesentlich h€oheren relativen
Permeabilität μr. Bei Aluminium und Kupfer beträgt sie nahezu Eins.

Beispiel 5.1: Abschirmung von elektromagnetischen Feldern


Aufgrund des raschen Abklingen des elektromagnetischen Feldes innerhalb weniger
Skintiefen k€
onnen bereits relativ dünne Metallbleche oder sogar Folien dazu dienen
einen Raumbereich gegenüber äußeren Feldern abzuschirmen. Als Überschlagsrechnung
(vgl. Beispiel 6.2) für den resultierenden Schirmfaktor sei angenommen, dass die
254 5 Diffusionsfelder in Leitern

Blechdicke d deutlich gr€oßer ist als die Skintiefe δ. Unter dieser Voraussetzung erhalten
wir mit dem Ergebnis (5.28) für den auf das Betragsverhältnis der elektrische
Feldstärken bezogenen Schirmfaktor
 
 E0 

a¼   eþd=δ :
E ðd Þ

Damit liegt der Schirmfaktor bereits bei d/δ ¼ 5 in der Gr€oßenordnung von 100 und
bei einer Verdopplung der Frequenz (Reduzierung von δ um 1/√2) erh€oht sich a um das
zehnfache.

E0 E(d)

5.3.2 Verlustleistung

Die durch die induzierte Stromdichte (5.27)

γ x
J y ð xÞ ¼ J 0 e

innerhalb des leitenden Halbraums umgesetzte Joulesche Leistung berechnet sich durch
Integration über die Verlustleistungsdichte (5.23)

 2
1 J 

pJ ð t Þ ¼ E  J ¼ :
2 2κ

Für ein in x-Richtung unbegrenzten Quader mit den Kantenlängen Δy, Δz (Abb. 5.4a)
erhalten wir für die darin umgesetzte Verlustleistung
5.3 Felddiffusion in einen leitfähigen Halbraum 255

a b
y ΔI

Δz Δz
κ
ΔR
|Jy(x)|
Δy
Δy κ
x
δ
z
Abb. 5.4 (a) Unendlich langer Quader mit induzierter Stromdichte, (b) Homogen durchstr€
omter
Quader mit äquivalenter Leitschichtdicke δ

Z1
Δy Δz  2
ΔP ¼ J ðxÞ dx

0
 2  2
J  Δy Δz Z
1
J  δ Δy Δz
2 x=δ
¼ 0
e dx ¼ 0 :
2κ 4κ
0

Ausgedrückt durch den Gesamtstrom ΔI durch den Quader mit Widerstand ΔR

 2
1  2 J  δ Δy Δz
ΔP ¼ ΔI ΔR ¼ 0 ,
2 4κ

mit

Z1 Z1
γ x J 0 Δz J Δz
ΔI ¼ Δz J y ðxÞ dx ¼ J 0 Δz e dx ¼ ¼ 0 δ
γ ð1 þ j Þ
0 0

ergibt sich für den Widerstand des unendlich langen Quaders

Δy pffiffiffiffi
ΔR ¼ ω: ð5:29Þ
κ δ Δz

Der Widerstand hat die für den Skineffekt charakteristische Frequenzabhängigkeit


proportional zur Wurzel der Frequenz. Das Ergebnis für ΔR lässt sich durch Vergleich
256 5 Diffusionsfelder in Leitern

mit der Formel (3.12) für den homogen durchflossenen Zylinder mit der Länge l ¼ Δy und
dem Querschnitt A ¼ δΔz folgendermaßen interpretieren: ΔR entspricht einem endlichen
Quader der Dicke δ, der vom Gesamtstrom ΔI gleichm€aßig durchflossen wird. Daher
bezeichnet man δ auch als €aquivalente Leitschichtdicke (Abb. 5.4b).

5.4 Felddiffusion im Zylinder

Betrachtet werde ein leitfähiger Zylinder, der einem elektromagnetischen Wechselfeld mit
der Kreisfrequenz ω ausgesetzt ist. Der Zylinder habe den Radius a, die spezifische
Leitfähigkeit κ und Permeabilität μ und sei in z-Richtung unbegrenzt (Abb. 5.5). Auf der
Zylinderoberfläche sei die z-gerichtete, tangentiale magnetische Feldstärke H0 vorgegeben,
die einer azimuthalen Oberflächenstrombelegung JA ¼ H0 entspricht (Vgl. Abschn. 4.3.2).

5.4.1 Berechnung der Felder

Durch die Vorgabe der axialen Tangentialfeldstärke H0 resultiert innerhalb des Zylinders
ein ebenfalls z-gerichtetes Magnetfeld Hz(ρ), das aufgrund der zylindersymmetrischen
Geometrie nur eine Funktion der radialen Koordinate ρ sein kann. Die zu l€osende Diffu-
sionsgleichung (5.17) mit dem Laplace-Operator in Zylinderkoordinaten (A.72) reduziert
sich mit

Abb. 5.5 Unbegrenzter


Zylinder mit vorgegebener
a
magnetischer Feldstärke H0 bzw.
Oberflächenstrombelegung JA in
Umfangsrichtung JA

z
H0

ρ
μ,κ
5.4 Felddiffusion im Zylinder 257

∂H z ∂H z
¼ ¼0
∂ϕ ∂z

zur der gew€


ohnlichen Besselschen Differentialgleichung

d2 H z 1 dHz
þ  γ2 H z ¼ 0: ð5:30Þ
dρ2 ρ dρ

Die allgemeine L€osung mit den unbestimmten Koeffizienten A und B

H z ðρÞ ¼ A J0 j γ ρ þ B N0 j γ ρ

enthält die Besselfunktion J0 und Neumannfunktion N0 jeweils nullter Ordnung (Vgl.


Abschn. 2.7.2). Letztere kann aufgrund der Singularität für ρ ¼ 0 aus der L€osung des
vorliegenden Problems ausgeschlossen werden. Die verbleibende Konstante A kann aus
der Vorgabe

H z ðρ ¼ aÞ ¼ A J0 j γ a ¼ H0

bestimmt werden und wir erhalten als L€osung des magnetischen Feldes

J0 j γ ρ
H z ð ρÞ ¼ H 0 : ð5:31Þ
J0 j γ a

Für die elektrische Feldstärke erhalten wir aus dem Ampèreschen Durchflutungsgesetz
(II0 ) mit

  dH z ðρÞ
rot H ¼ rot H z ðρÞ ez ¼  eϕ

einzig die ϕ-Komponente


258 5 Diffusionsfelder in Leitern

1 d H z ð ρÞ
Eϕ ¼  :
κ dρ

Mit der Ableitung

d
J0 ðxÞ ¼  J1 ðxÞ, ð5:32Þ
dx

resultiert für die elektrische Feldstärke die L€osung

jγ H 0 J1 jγ ρ
Eϕ ¼ , ð5:33Þ
κ J0 jγ a

bzw. für die Stromdichte (5.3)

J1 jγ ρ
J ϕ ¼ jγ H 0 : ð5:34Þ
J0 jγ a

Wie der Vergleich von (5.31), (5.33) und (5.34) zeigt, wird die zylindersymmetrische
Verteilung aller Feldgr€oßen gemäß (5.15) vom komplexen Argumenten in den Besselfunk-
tionen

ρ
jγ ρ ¼ jð1 þ jÞ ,
δ

d. h. vom Verhältnis ρ/δ a/δ bestimmt. Neben der Geometrie (Radius a) ist dieses
Verhältnis nach (5.16) noch vom Material (μ,κ) und der Wurzel der Frequenz abhängig. Für
die Praxis sind häufig die beiden Extremfälle von Interesse, d. h. bei weit reichender
Diffusion (schwacher Skineffekt) und bei kurzer Diffusionslänge (starker Skineffekt). In
diesen beiden Fällen gilt für den Betrag der Argumente der Besselfunktionen

  
  pffiffiffi a  1 ) schwacher Skineffekt
jγ ρ 2
δ 1 ) starker Skineffekt:

Schwacher Skineffekt a/δ << 1


In diesem Fall erhält man aus (5.31) mit
5.4 Felddiffusion im Zylinder 259

J0 j γ ρ
 1 ; f u€r ρ=δ < a=δ  1
J0 jγ a

als Näherungsl€
osung für das Magnetfeld

H z ðρ Þ  H 0 :

Es liegt also ein homogenes Magnetfeld innerhalb des Kerns vor, in Übereinstimmung
mit (4.45) für das magnetostatische Feld eines azimutal umstr€omten Zylinders.

Starker Skineffekt a/δ >> 1


Wenn die Skintiefe relativ kurz ist, erhalten wir mit der asymptotischen Form der Bessel-
funktion bei großen Argumenten

1
J0 ðxÞ  pffiffiffiffiffiffiffiffiffi ej ðxπ=4Þ f u€r jxj 1 ð5:35Þ
2πx

als Näherungsl€
osung für das Magnetfeld
rffiffiffi  
a γðaρÞ  
Hz  H0 e f u€r γ ρ 1: ð5:36Þ
ρ

Dieses Ergebnis lässt sich mit dem Abstand von der Zylinderwand d ¼ aρ wie folgt
umschreiben:
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  
a γ d γ d  
Hz  H0 e  H 0e f u€rγ ða  d Þ 1:
ad

Die Vernachlässigung des Wurzelausdrucks führt also zu einer exponentiellen Ab-


hängigkeit des Betrags
   
H   H eα d : ð5:37Þ
z 0

Es liegen damit ähnliche Verhältnisse wie bei der ebenen Wand (Abschn. 5.3) vor, was
dadurch erklärt werden kann, dass die Skintiefe δ wesentlich kleiner ist als der Zy-
linderradius. Abb. 5.6 zeigt einige Betragsverläufe der magnetischen Feldstärke (5.31)
für verschiedene a/δ-Verhältnisse, normiert auf den Wert am Zylinderrand. Während bei
kleinen a/δ-Verhältnissen (schwacher Skineffekt) ein nahezu homogenes Feld über dem
Drahtquerschnitt vorliegt, nimmt die Feldverdrängung zum Rand hin bei gr€oßeren
a/δ-Verhältnissen zu und nähert sich allmählich dem exponenentiellen Verlauf (5.37) an.
260 5 Diffusionsfelder in Leitern

Abb. 5.6 Betragsverlauf der Hz(ρ)


magnetischen Feldstärke im
Hz(a) a/δ = 0
Zylinder 1
a/δ = 1

a/δ = 2
0.5

a/δ = 4
a/δ = 7
ρ/a
1

5.4.2 Komplexe Impedanz der Zylinderspule

Die Vorgabe der Oberflächenstrombelegung JA ¼ H0 kann näherungsweise durch eine


Drahtspule realisiert werden, in der der Strom I durch jede Windung fließt (Beispiel 4.5),
d. h.

0
H 0 ¼ J A  N I, ð5:38Þ

wobei N0 die Anzahl der Windungen pro Länge bezeichnet. Die im Zylinder induzierte
Stromdichte Jϕ (5.34) verursacht eine Joulesche Verlustleistung gemäß (5.23). Zusätzlich
geht mit dem Magnetfeld (5.31) eine im zeitlichen Mittel gespeicherte magnetische
Feldenergie (5.24) einher, die einer Blindleistung entspricht. Insgesamt muss die Summe
aus Verlust(Wirk)- und Blindleistung, also die Scheinleistung, die im Zylindervolumen
V umgesetzt wird, von der Stromquelle geliefert werden, d.h.:
ZZ
1  2
I Z ¼  S  dA:
2
∂V

Hierbei ist Z die an den Spulenanschlüssen wirksame Impedanz für die Stromquelle und

1
S ¼ E H∗
2

der komplexe Poyntingvektor (5.22), der auf der Zylinderoberfläche (ρ ¼ a) zu inte-


grieren ist. Das Oberflächenelement dA zeigt dabei in den Zylinder, also in eρ-Richtung.
Für eine längenbezogene Rechnung entfällt die Integration des Poynting-Vektors in
5.4 Felddiffusion im Zylinder 261

z-Richtung und wir erhalten mit den Feldkomponenten (5.31) und (5.33) nach Integration
in Umfangsrichtung (ds ¼ a dϕ) für die längenbezogene Impedanz
I 
0 1    2πa 
Z ¼  2 E  H∗ eρ ds ¼   2 E ϕ H ∗
z  :
I  I  ρ¼a

Nach Einsetzen der Feldkomponenten (5.31) und (5.33) resultiert mit (5.38) die L€osung

2πN0 J1 jγa
2
Z0 ¼  jγa : ð5:39Þ
κ J0 jγa

Der hier nicht berücksichtigte Leistungsumsatz im Draht kann einfach zu Z addiert


werden.
Im Folgenden soll die Impedanz (5.39) hinsichtlich ihres asymptotischen Verhaltens
jeweils bei schwachem und starkem Skineffekt untersucht werden.

Schwacher Skineffekt a/δ << 1


In diesem Fall ist das Argument der Besselfunktionen betragsmäßig sehr viel kleiner Eins
und wir erhalten mit den beiden ersten Termen der Taylor-Reihenentwicklung

J 1 ð xÞ x x3
 þ ; j xj  1
J 0 ð xÞ 2 16

als asymptotischen Näherung für die Impedanz


!
πN0
2 ðγ aÞ4
Z0  2
ðγ aÞ  :
κ 8

Mit γ2 ¼ 2j/δ2 und γ4 ¼ 4/δ4 folgt daraus

π a 4 a 2
Z0  N 0 ¼ R0 þ jω L00 ,
2
þ j4 ð5:40Þ
2κ δ δ

also die Summe aus einem längenbezogenen Widerstand R0 und einer positiven Reak-
tanz, die einer längenbezogenen Induktivität L0 0 entspricht. Damit wird der Schein-
leistungsumsatz in Form der Jouleschen Wirk- und magnetischen Blindleistung im
Spulenkern impedanzmäßig erfasst. Einsetzen von (5.16) ergibt für die beiden Im-
pedanzelemente jeweils den expliziten Ausdruck
262 5 Diffusionsfelder in Leitern

μ 2 κ π a4 ω2
R0  N 0
2
8

L00  N 0 μ π a2 :
2

R0 repräsentiert somit die im Spulenkern durch den induzierten Wirbelstrom verursachte


Joulschen Wärmeverluste. Sie nehmen dementsprechend mit der Frequenz zu, und zwar
quadratisch. L0 0 erweist sich als identisch mit der unter magnetostatischen Bedingungen
berechneten Induktivität der Drahtspule (4.59) in Beispiel 4.5. Grund dafür ist die nahezu
homogene Verteilung des Magnetfeldes über dem Spulenquerschnitt.

Starker Skineffekt a/δ >> 1


Unter Verwendung der asymptotischen Form der Besselfunktionen bei großen Argumenten
gilt in (5.39) für das Verhältnis der Besselfunktionen die Näherung

!
J1 jγa 1
j 1
J0 jγa 2γa

und damit für die Impedanz die asymptotische L€osung

2π a 1 a
Z0  N 0 ¼ R0 þ jω L0 :
2
 þj
κ δ 2 δ

Mit (5.16) resultiert damit für die beiden Impedanzelemente

2π a 1 2πa pffiffiffiffi
R0  N 0  N0
2 2
 ω
κ δ 2 κδ

R0 2 2 a 1
L0 ¼  N0 π ¼ N0 μπaδ
2
pffiffiffiffi :
ω ωκ δ ω

Der Ausdruck für R0 entspricht dabei nach Gl. (3.12) einem homogen durchstr€omten
Ring mit Umfang 2πa und effektiver Leitschichtdicke δ. Daraus resultiert die für den
starken Skineffekt charakteristische Zunahme mit √ω. Dagegen fällt L0 mit der Wurzel der
Frequenz ab. Dies kann mit der zunehmenden Feldverdrängung zum Rand hin erklärt
werden, wodurch sich die magnetischen Feldenergie innerhalb des Zylinders verringert.
Abb. 5.7 zeigt den auf den Faktor 2π N0 2/κ normierten Verlauf von R0 sowie L0 /L00 , in
Abhängigkeit von a/δ. Wie zu erkennen ist, gehen die beiden Asymptoten für schwachen
5.4 Felddiffusion im Zylinder 263

Abb. 5.7 Widerstand und Induktivität der Zylinderspule in normierter Auftragung

Skineffekt (a/δ << 1) und starken Skineffekts (a/δ >> 1) jeweils nach einem relativ
kurzen Übergangsbereich um den Abszissenwert a/δ  1. . .2 ineinander über.

Beispiel 5.2: Induktive Erwärmung


Die durch magnetische Wechselfelder in Leitern induzierten Wirbelstr€ome werden in
verschiedenen technischen Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstoffen genutzt.
Sie weisen gegenüber herk€ommlichen Methoden gewisse Vorteile auf, wie das Erwär-
men durch nichtleitende Materialien hindurch, die genaue Steuerbarkeit und ein hoher
Wirkungsgrad bei Materialien mit nicht sehr hoher Leitfähigkeit. So lässt sich durch die
Frequenz die Stromverteilung und damit das Wärmeprofil im Leiter kontrollieren. Bei
relativ hohen Frequenzen (geringe Skintiefe) ist eine oberflächennahe Erwärmung
m€oglich.
Als einfaches Beispiel soll für den hier betrachteten Zylinder ein Grafitstab (κ ¼ 105 S/m,
μr  1) mit Radius a ¼ 12 cm betrachtet werden. Für eine m€oglichst homogene
Aufheizung wird eine niedrige Frequenz von 50 Hz gewählt (δ  23 cm). Für die
Spule nehmen wir N0 ¼200 Windungen/m an und der Effektivwert des Spulenstroms
sei Ieff ¼ |I|/√2 ¼ 100 A. Daraus resultiert mit dem längenbezogenen Verlustwider-
stand (5.40) für die auf 1m-Länge bezogene Wärmeleistung im Zylinder

π a 4
P0  I 2eff R ¼ I 2eff N 0
2
 470 W=m:
2κ δ
264 5 Diffusionsfelder in Leitern

5.5 Wechselstromimpedanz von Leitungen

Drahtleitungen sollen elektromagnetische Energie mit m€oglichst geringen Verlusten


übertragen. Bei Wechselstrombetrieb treten jedoch die Diffusionsvorgänge mit zunehmen-
der Frequenz in Erscheinung. Die Verdrängung des Stromes zum Leiterrand bewirkt eine
drastische Verringerung des effektiven Leiterquerschnittes, und damit eine entsprechende
Erh€ohung des Widerstands. Im Folgenden soll das am Beispiel des kreiszylindrischen und
quadratischen Leiterquerschnitts im Einzelnen untersucht werden.

5.5.1 Kreiszylindrischer Leitungsquerschnitt

Für einen leitfähigen Zylinder unbestimmter Länge mit Radius a, der vom Strom I in
axialer Richtung durchflossen wird (Abb. 5.8) erhalten wir aus der Diffusionsgleichung
(5.19) in Zylinderkoordinaten für die z-gerichtete Stromdichte mit

∂J z ∂J z
¼ ¼0
∂ϕ ∂z

die Besselsche Differentialgleichung

2
∂ Jz 1 ∂J z
þ  γ2 J z ¼ 0:
∂ρ 2 ρ ∂ρ

Abb. 5.8 Leitfähiger I


Kreiszylinder mit vorgegebenem
Strom I a

z
m,κ
ρ
5.5 Wechselstromimpedanz von Leitungen 265

Diese ist mathematisch identisch zur Diffusionsgleichung (5.30) für das z-gerichtete
Magnetfeld in der Zylinderspule, sodass der gleiche L€osungsansatz mit der Bessel- und
Neumannfunktion mit unbestimmten Koeffizienten A und B verwendet werden kann:

J z ¼ A J0 j γ ρ þ B N 0 j γ ρ :

Auch bei diesem Problem kann die Neumann-Funktion wegen

N0 j γ ρ ! 1 f u€r ρ ! 0

aus der L€ osung ausgeschlossen werden, da eine unendliche Stromdichte auf der
Drahtachse physikalisch nicht gegeben ist. Bei diesem Problem ist keinerlei Randwert
explizit vorgegeben, dennoch kann die Konstante A aus der Strombilanz bestimmt werden,
d. h.:

Z2 π Za Za
I ¼ J z ρ dρ dϕ ¼ 2 π A J0 jγ ρ ρ dρ:
0 0 0

Mit

Za " #a
ρ a
J0 jγ ρ ρ dρ ¼ J1 jγ ρ ¼ J1 jγ a
jγ jγ
0 0

k€
onnen wir nach A aufl€osen und wir erhalten als Ergebnis für die Stromdichte

j γ I J0 jγ ρ
J z ð ρÞ ¼ : ð5:41Þ
2 π a J1 jγ a

Über das ohmsche Gesetz (5.3) ist damit auch die elektrische Feldstärke bekannt:

Jz j γ I J0 jγ ρ
E z ð ρÞ ¼ ¼ : ð5:42Þ
κ 2 π κ a J1 jγ a
266 5 Diffusionsfelder in Leitern

Einsetzen in die Maxwell-Gleichung (I) ergibt mit der Rotation in Zylinderkoordinaten


(A.60)

  d E ðρ Þ
rotE ¼ rot E z ðρÞ ez ¼  z eϕ

und der Ableitungsregel (5.32) die ϕ-gerichtete magnetische Feldstärke

I J1 jγ ρ
H ϕ ð ρÞ ¼ : ð5:43Þ
2 π a J 1 ð j γ aÞ

Für die längenbezogene Impedanz des Drahtes ist analog zur Zylinderspule in
Abschn. 5.4.2 der komplexe Poynting-Vektor über den Kreisumfang zu integrieren:
I 
0 1    2πa 
Z ¼  2 E  H∗ eρ ds ¼  2 E z H ∗
ϕ 
I  I  ρ¼a

Nach Einsetzen der Feldkomponenten (5.42) und (5.43) erhalten wir die auf den
Gleichstromwiderstand

1
R00 ¼
π a2 κ

bezogene L€
osung für die Impedanz:

Z0 R0 þ j ω L0i j γ a J0 jγ a
0 ¼ 0 ¼ : ð5:44Þ
R0 R0 2 J1 jγ a

Die Impedanz setzt sich also auch in diesem Fall aus einem ohmschen und einem
induktiven Anteil zusammen. Letzterer entspricht der inneren Induktivität des Drahtes
(siehe Beispiel 4.3). Im Folgenden soll jeweils für den schwachen und den starken
Skineffekts die asymptotische L€osung für die komplexe Impedanz (5.44) und die Strom-
dichte (5.41) im Draht bestimmt werden.

Schwacher Skineffekt a/δ  1


Für die Argumente der Besselfunktionen in (5.41) gilt in diesem Fall
5.5 Wechselstromimpedanz von Leitungen 267

    pffiffiffi
   
 j γ ρ j γ a ¼ 2a=δ  1,

sodass unter Verwendung der Näherung

J0 j γ ρ 2

J1 j γ a jγa

die asymptotische L€osung für die Stromdichte bei schwachem Skineffekt resultiert:

I
Jz  :
π a2

Bei ausreichend niedrigen Frequenzen oder kleinen Leiterradien ist der Strom also
nahezu gleichmäßig über den Querschnitt verteilt.
Für die Impedanz (5.44) ist der Näherungsansatz

J 0 ð xÞ 2 1 x 2
 1 
J 1 ð xÞ x 2 2

einzusetzen und wir erhalten damit als asymptotische L€osung der Impedanz bei schwa-
chem Skineffekt

Z0 R0 þ j ω L0i 1 a 2
0 ¼ 0 1þj :
R0 R0 4 δ

Darin ist also

R0  R00

der längenbezogene Gleichstromwiderstand und für die innere Induktivität Li0 ergibt sich in
Übereinstimmung mit (4.58) der Gleichstromwert

R00 a2 μ
L0i  L0i, 0 ¼ ωμκ ¼ : ð5:45Þ
4ω 2 8π
268 5 Diffusionsfelder in Leitern

Starker Skineffekt a/δ 1


In diesem Fall gilt für die Argumente der Besselfunktionen in (5.41)
    pffiffiffi
   
j γ ρ  j γ a ¼ jxj ¼ 2a=δ 1:

Mit der Näherung (5.35) für J0 und für J1 bei großen Argumenten

j 1 j
J1 ðxÞ  pffiffiffiffiffiffiffiffiffi ej ðxπ=4Þ 1 þ  pffiffiffiffiffiffiffiffiffi ej ðxπ=4Þ
2πx 2jx 2πx

erhalten wir für die Stromdichte die asymptotische L€osung

γ I raffiffiffi γðaρÞ
Jz ¼ e :
2πa ρ

Dieses Ergebnis entspricht der L€osung für Hz (5.36) in der Zylinderspule und lässt sich
ebenso durch Einführung des Randabstandes d ¼ aρ in eine einfach zu interpretierende
Form umschreiben:

γI 1 γ d
Jz  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi e ,
2 π a 1  d=a

Für den Betragsverlauf erhalten wir schließlich


pffiffiffi   pffiffiffi  
 
J   2 I  1 2 I  d=δ
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ed=δ  e ; f u€r d  a: ð5:46Þ
z
2 π a δ 1  d=a 2πaδ

Bei hohen Frequenzen bzw. großen Leiterradien ist der Strom also dicht unterhalb der
Oberfläche konzentriert. Aufgrund der gleichen funktionalen Abhängigkeit wie (5.31)
ergeben sich für die Stromdichte (5.41) die gleichen normierten Betragsverläufe wie in
Abb. 5.6 für verschiedene a/δ-Verhältnisse dargestellt. Die bei kleinen a/δ-Verhältnissen
(schwacher Skineffekt) nahezu homogene Stromdichte über dem Drahtquerschnitt geht mit
ansteigendem a/δ über in den exponentiellen Verlauf (5.46). Auch in diesem Fall des
starken Skineffektes ist die Skintiefe δ gegenüber dem Krümmungsradius so klein, sodass
die Verhältnisse am Zylinderrand lokal denen des leitenden Halbraums ähneln
(Abschn. 5.3).
Hinsichtlich der Impedanz gilt für das Verhältnis der Besselfunktionen in (5.44) bei
großen Argumenten die Näherung
5.5 Wechselstromimpedanz von Leitungen 269

!
J0 jγa 1
 j 1þ :
J1 jγa 2γa

Damit resultiert die asymptotische L€osung für die Impedanz bei starkem Skineffekt:

Z
0 0
R þ j ω Li
0
γa 1 ð1 þ j Þ a 1
0 ¼ 0  þ ¼ þ ,
R0 R0 2 4 2δ 4

mit

a 1 a pffiffiffiffi
R0  R00 þ  R00 ω ð5:47Þ
2δ 4 2δ

R00 a 1
L0i  pffiffiffiffi :
ω 2δ ω

Abb. 5.9 zeigt die normierten Verläufe für R0 und Li0 über a/δ. Wie zu erkennen ist,
gehen die asymptotischen Verläufe für schwachen und starken Skineffekt im Bereich
a/δ  1. . .2 in einander über.
Der Wechselstromwiderstand R0 (5.47) bei starkem Skineffekt lässt sich geometrisch
einfach interpretieren. Einsetzen von (5.16) ergibt hierfür

1
R0  :
2πaδκ

Dies ist näherungsweise der Widerstand eines dünnwandigen Hohlzylinders


(Abb. 5.10a) mit dem Leitungsquerschnitt 2 π a δ (≙ δ  Umfang). Beim starken Skineffekt

Abb. 5.9 Widerstand und


innere Induktivität des
Zylinderdrahtes
270 5 Diffusionsfelder in Leitern

Abb. 5.10 (a) Äquivalenter


a b 2a
Leitungsquerschnitt beim
starken Skineffekt, (b)
Hochfrequenzlitze mit
voneinander isolierten Drähten
a

δ
2aL
2πaδ

entspricht die Skintiefe δ also wie beim leitenden Halbraum (Abschn. 5.3) einer
€aquivalenten Leitschichtdicke, die vom Strom gleichm€aßig durchflossen wird. Auf analoge
Weise lässt sich bei starkem Skineffekt der Wechselstromwiderstand von Drähten mit
anderen Querschnittsformen unter der Voraussetzung, dass δ wesentlich kleiner ist als
der Krümmungsradius, grob abschätzen.
Bei starkem Skineffekt wird also nur ein Bruchteil des Drahtquerschnittes für die
Stromleitung genutzt. Eine weitaus bessere Ausnutzung des Querschnittes bieten soge-
nannte Hochfrequenzlitzen (Abb. 5.10b). Sie bestehen aus einem Bündel dünnerer Drähte
mit Radius aL < δ << a, die voneinander durch eine Lackschicht isoliert sind. In den
einzelnen dünnen Drähten liegt damit der Fall des schwachen Skineffektes vor mit einer
nahezu homogenen Stromverteilung. Dadurch reduziert sich der Leitungswiderstand der
Litze in etwa auf die Gr€oßenordnung des Gleichstromwiderstandes R0 des entsprechenden
massiven Drahtquerschnittes.

5.5.2 Quadratischer Leitungsquerschnitt

Für einen quadratischen Zylinder mit Kantenlänge a, spezifischer Leitfähigkeit κ und


Permeabilität μ, der den Strom I in z-Richtung führt (Abb. 5.11) erhalten wir aus (5.19) mit

∂J z
¼0
∂z

als maßgebliche Diffusionsgleichung für die Stromdichte Jz(x,y) in kartesischen


Koordinaten
5.5 Wechselstromimpedanz von Leitungen 271

Abb. 5.11 Quadratischer y


Zylinder mit Strom I
a/2
I

x
–a/2 κ, m a/2

–a/2

2 2
∂ Jz ∂ Jz
þ  γ2 J z ¼ 0: ð5:48Þ
∂x2 ∂y2

Ausgehend vom allgemeinen Produktansatz für die x- und y-Abhängigkeit

J z ðx; yÞ ¼ XðxÞYðyÞ ¼ FðxÞFðyÞ

sind beide Funktionen X und Y aufgrund der Symmetrie identisch. Einsetzten in (5.48)
ergibt für diese als F bezeichnete Funktion jeweils die Gleichung

2
∂ F γ2
¼ F,
∂x2 2

mit der allgemeinen L€osung

pffiffiffi pffiffiffi
FðxÞ ¼ A cosh γ x= 2 þ B sinh γ x= 2 :

Anstatt der trigonometrischen werden hier die hyperbolischen Funktionen gewählt, weil
keine homogenen Randbedingungen gegeben sind. Dabei scheidet die hyperbolische
Sinusfunktion wegen der notwendigen Symmetrie aus und wir erhalten für die gesuchte
Stromdichte zunächst

pffiffiffi pffiffiffi
J z ðx; yÞ ¼ C cosh γ x= 2 cosh γ y= 2 :

Der zusammengefasste noch unbekannte Koeffizient C ist aufgrund fehlender Rand-


werte über die Strombilanz zu bestimmen:
272 5 Diffusionsfelder in Leitern

Za=2 Za=2 γa
8C
I ¼ J z ðx; yÞ d xdy ¼ sinh2 pffiffiffi :
γ 2
2 2
a=2 a=2

Damit ergibt sich als L€osung für die Stromdichte

pffiffiffi pffiffiffi
I γ2 cosh γ x= 2 cosh γ y= 2
J z ðx; yÞ ¼ γa : ð5:49Þ
8
sinh 2
p ffiffi

2 2

Mit Bezug zu (5.15) hängt die Stromverteilung von der relativen Kantenlänge a/δ ab,
sodass eine systematische Untersuchung des asymptotischen Verhaltens bei kleinen und
großen Argumenten m€oglich ist.

Schwacher Skineffekt a/δ  1


In diesem Fall erhalten wir mit den Näherungen

coshðxÞ  1, sinhðxÞ x; f u€r jxj  1

aus (5.49) die homogene Gleichstromverteilung


I
Jz ’ J0 ¼ 2 :
a

Starker Skineffekt a/δ 1


Bei großen Argumenten gilt für die hyperbolischen Funktionen die Näherung

1
coshðxÞ  sinhðxÞ  ejxj ; f u€r jxj 1:
2

Aus (5.49) resultiert damit als asymptotische L€osung bei starkem Skineffekt

I γ2 γ

p ð jxjþjyja Þ
J z ðx; yÞ ¼ e 2 ,
8

bzw. die auf die Gleichstromdichte J0 bezogene Betragsfunktion


 
J z 
  ¼ 1 a epffi2 δð jxjþjyja Þ :
2 1
J  4 δ
0

Es liegt also auch in diesem Fall ein exponentieller Anstieg der Stromdichte zu den
Rändern vor. Allerdings konzentriert sich der gr€oßte Anteil des Stromes in den Ecken, wo
5.5 Wechselstromimpedanz von Leitungen 273

Abb. 5.12 Betragsverlauf der Stromdichte über quadratischem Querschnitt (a) a/δ ¼ 0,1, (b) a/δ ¼ 3,
(c) a/δ ¼ 10

die Stromdichte sich um bis zu dem Faktor ea/√2δ gegenüber den Seitenmitten erh€oht. In
Abb. 5.12 sind drei exemplarische Betragsverläufe für einen niedrigen, mittleren und
hohen a/δ-Wert dargestellt.
Für die längenbezogene Wechselstromimpedanz des Drahtes ist analog zum runden
Draht (Abschn. 5.5.1) der komplexe Poynting-Vektor über den Umfang des quadratischen
Querschnittes zu integrieren:

I Za=2
1   4  
0
Z ¼  2 ∗
E  H ðen dsÞ ¼   2 Ez H ∗  d x: ð5:50Þ
I  I  x y¼a=2
a=2

Hierbei genügt wegen der Symmetrie die Integration über eine der vier Seiten, z. B. für
y ¼ a/2. Die elektrische Feldstärke Ez ¼ Jz/κ ist über die Stromdichte (5.49) bekannt. Das
Magnetfeld ist über das Induktionsgesetz (I) zu berechnen:

∂ ∂
∇E ¼ E ex  E z ey ¼  jωμH:
∂y z ∂x
274 5 Diffusionsfelder in Leitern

Daraus resultiert für die x-Komponente der magnetischen Feldstärke

pffiffiffi pffiffiffi
j I γ cosh γ x= 2 sinh γ y= 2
3
H x ðx; yÞ ¼ pffiffiffi γa :
ω μ 2 8κ
sinh2 pffiffiffi
2 2

Damit ergibt sich für das Kreuzprodukt in (5.50) mit (5.16)

 2  4 
 pffiffiffi 2
  j I  γ∗ γ δ2 γ a cosh γ x= 2 
Ez H ∗  ¼  pffiffiffi coth pffiffiffi   :
x y¼a=2
2 64 κ 2 2 2  γ a 2

sinh 2pffiffi2ffi 

Zur Ausführung der Integration in (5.50) k€onnen die beiden Betragsquadrate der cosh-
und sinh-Funktion wie folgt zerlegt werden:

 pffiffiffi 2 1h pffiffiffi pffiffiffi i



cosh γ x= 2  ¼ cos 2x=δ þ cosh 2x=δ
  2 
 γ a 2
sinh pffiffiffi  ¼ 1 a
cosh pffiffiffi
a
 cos pffiffiffi :
 2 2  2 2δ 2δ

Mit γ * ¼ (1 – j)/δ und |γ |4 ¼ 4/δ4 folgt daraus für das Kreuzprodukt

 2 pffiffiffi  pffiffiffi 
  I  1þj γa cos 2x=δ þ cosh 2x=δ
Ez H ∗  ¼  pffiffiffi coth pffiffiffi :
x y¼a=2
2 32 κ δ3 2 2 a a
cosh pffiffiffi  cos pffiffiffi
2δ 2δ

Einsetzen in (5.50) und Ausführen der Integration in x-Richtung ergibt die auf den
längenbezogenen Gleichstromwiderstand

1
R00 ¼ ð5:51Þ
κ a2

normierte Wechselstromimpedanz

a a
sin pffiffiffi þ sinh pffiffiffi γa
Z0 1þj a 2
2δ 2δ
0 ¼ coth pffiffiffi : ð5:52Þ
R0 8 δ a a 2 2
cosh pffiffiffi  cos pffiffiffi
2δ 2δ

Schwacher Skineffekt a/δ  1


Eine Taylor-Reihenentwicklung der hyperbolisch/trigonometrischen Ausdrücke um a/δ ¼ 0
und Abbruch nach dem quadratischen Glied liefert für
5.5 Wechselstromimpedanz von Leitungen 275

a a
sin pffiffiffi þ sinh pffiffiffi pffiffiffiδ
2δ 2δ
’ 2 2
a a a
cosh pffiffiffi  cos pffiffiffi
2δ 2δ

und für

γa pffiffiffiδ 1 þ ja
coth pffiffiffi ’ ð1  j Þ 2 þ pffiffiffi :
2 2 a 6 2δ

Eingesetzt in (5.52) erhalten wir als asymptotische Näherung der Impedanz bei schwa-
chem Skineffekt

Z0 j a 2
0 ’ 1þ :
R0 12 δ

Die Impedanz enthält somit den Gleichstromwiderstand R0 0 (5.51) und die innere
Induktivität

R00 a 2 μ
L0i, 0 ’ ¼ :
12 ω δ 24

Es handelt sich also bei der längenbezogenen, inneren Induktivität wie beim Kreiszy-
linder (5.45) auch um einen geometrieunabhängigen Wert, der um den Faktor π/3 nur
geringfügig gr€
oßer ist.

Starker Skineffekt a/δ 1


In diesem Fall ergeben sich folgende Näherungsausdrücke bei großen Argumenten

a a
sin pffiffiffi þ sinh pffiffiffi
2δ 2δ
’ 1,
a a
cosh pffiffiffi  cos pffiffiffi
2δ 2δ

γa
coth pffiffiffi ’ 1:
2 2

Einsetzen in (5.52) ergibt für die Impedanz bei starkem Skineffekt die asymptotische
L€
osung
276 5 Diffusionsfelder in Leitern

Z0 1þj a 2
0 ’ :
R0 8 δ

Für den darin enthaltenen längenbezogenen Widerstand R0 und die innere Induktivität
0
L i resultiert daraus

R00 a 2 1
R0 ’ ¼
8 δ 8 κ δ2

R0 μ
L0i ’ ¼ :
ω 16

Bemerkenswerterweise hängen beide Gr€oßen nicht von der Kantenlänge a ab. Ausge-
hend vom jeweiligen Gleichstromwert R0 0 bzw. L0 i,0 wächst der Widerstand R0 gemäß
(5.16) proportional zur Frequenz monoton an, während die innere Induktivität L0 i einen um
den Faktor 3/2 gr€oßeren Endwert erreicht. Abb. 5.13 zeigt die normierten Verläufe für R0
und Li0 über a/δ. Wie zu erkennen ist, gehen die asymptotischen Verläufe für schwachen
und starken Skineffekt im Bereich a/δ  2. . .3 in einander über.
Insbesondere beim Widerstand R0 greift hier also nicht das einfache Näherungsmodell
für den starken Skineffekt wie z. B. beim Kreiszylinder, basierend auf den äquivalenten
Leitungsquerschnitt (δ  Umfang). Dies liegt an dem eckigen Leiterquerschnitt, bei dem

Abb. 5.13 Widerstand und innere Induktivität des quadratischen Zylinders


5.6 Übungsaufgaben 277

die Voraussetzung, dass der Krümmungsradius groß gegenüber δ sein muss, in den Ecken
nicht gegeben ist.

5.6 Übungsaufgaben

UE-5.1 Wirbelstromverluste in einem Ringkern


Ein Ringkern aus Ferrit mit rundem Querschnitt ist mit einer Spule bewickelt. Durch die
Spule fließt der Strom I mit der Kreisfrequenz ω. Gesucht sind die Wirbelstromverluste im
Kern unter Berücksichtigung folgender vereinfachender Annahmen:

• Streufelder sind vernachlässigbar.


• Für den mittleren Ringkernradius gilt r2 >> r1 (Querschnittsradius). Somit entspricht
das Magnetfeld im Ringkern in guter Näherung dem Feld innerhalb einer unendlich
langen Zylinderspule.

I N 2r1

2r1 r2 ~
=
+ 2 πr2

a) Leiten Sie die L€osung für das Magnetfeld innerhalb des Kernes aus der Diffusionsglei-
chung ab und berechnen Sie die dabei auftretende Konstante.
b) Welche Bedingung gilt für das Verhältnis von r1 zur Skintiefe δ bei schwachem
Skineffekt? Leiten Sie für diesen Fall eine Näherungsl€osung für Hz(ρ) ab.
278 5 Diffusionsfelder in Leitern

x2
Hinweis: J0 ðxÞ  1  f u€r jxj << 1
4

c) Berechnen Sie aus dem Ergebnis von b) die Näherung für die resultierende
Wirbelstromdichte Jϕ und skizzieren Sie den Betragsverlauf.
d) Ermitteln Sie allgemein die Verlustleistung im Kern.

UE-5.2 Stromverdrängung in einem Blech


An einem flachen metallischen Quader mit spez. Leitfähigkeit κ wird über ideal leitende
Kontaktflächen an beiden Enden eine Wechselspannung U mit Kreisfrequenz ω angelegt,
sodass im Quader ein Wechselstrom in z-Richtung fließt. Zu untersuchen sind die Feld- und
Stromverdrängung im Innern des Quaders, wobei Randeffekte der endlichen Seite b >> a
zu vernachlässigen sind.

µ, κ l
U
x
y
z
b

a µ0, κ = 0

a) Geben Sie die für die komplexe Stromdichte J im Quader maßgebliche Differential-
gleichung an, reduziert auf die notwendige Koordinate.
b) Stellen Sie die L€osung für J auf. Bestimmen Sie den Betragsverlauf in x-Richtung für
die beiden Extremfälle des schwachen bzw. des starken Skineffektes. Berechnen Sie
jeweils für x ¼ 0 und x ¼ a/2 das Verhältnis zum Gleichstromwert JDC.
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Hinweis: jcoshðð1 þ jÞxÞj ¼ sinh2 ðxÞ þ cos 2 ðxÞ

c) Berechnen Sie die komplexe Magnetfeldstärke H im Quader mit der entsprechenden


Maxwell-Gleichung.
d) Stellen Sie die L€osung für die komplexe, längenbezogene Wechselstromimpedanz
(Länge l ) Z0 ¼ R0 + jωL0 des Quaders auf und leiten Sie daraus die Näherungsl€osung
für schwachen bzw. starken Skineffekt ab.
5.6 Übungsaufgaben 279

UE-5.3 Wirbelstr€ome in einer leitenden Schicht


Eine leitfähige Schicht mit Permeabilität μ, spezifischer Leitfähigkeit κ und Dicke d trage
einen Strombelag I' mit der Kreisfrequenz ω auf der Oberfläche bei x ¼ d (siehe Skizze).
Die andere Oberfläche bei x ¼ 0 sei mit einem hochpermeablen Material (μ ! 1) belegt.
Die Struktur sei in y- und in z-Richtung unendlich ausgedehnt.

m,κ
I'
m→¥

y
z
x
0 d

a) Geben Sie die in der Schicht (0 < x < d) hervorgerufene Komponente der komplexen
magnetischen Feldstärke H als Funktion der entsprechenden Koordinate an und stellen
Sie dafür die maßgebliche komplexe Diffusionsgleichung auf, einschließlich ihrer
Parameter.
b) Welchen Wert hat die magnetische Feldstärke jeweils auf den beiden Oberflächen bei
x ¼ 0 und x ¼ d?
c) Geben Sie für die Diffusionsgleichung aus a) die allgemeine L€osung für die magneti-
sche Feldstärke an und bestimmen Sie alle Konstanten über die in b) aufgestellten
Randbedingungen. Geben Sie die endgültige L€osung für H innerhalb der Schicht an.
d) Bestimmen Sie für die L€osung der magnetischen Feldstärke aus c) die komplexe
Näherung für den Fall starker Skineffekt.
e) Berechnen Sie mit der komplexen Näherungsl€ osung für H aus d) die komplexe Strom-
dichte J mit Hilfe der entsprechenden Maxwell-Gleichung. Welches Ergebnis erhalten
Sie für die in einem Volumenabschnitt mit den Kantenlängen Δy, Δz und x ¼ 0...d
umgesetzte Verlustleistung ΔP?

€ber leitfähigen Halbraum


UE-5.4 Leitung u
Im Luftraum über einem Halbraum mit der spezifischen Leitfähigkeit κ fließt parallel zur
Grenzfläche der Strom I mit der Kreisfrequenz ω in einem Draht mit dem Radius r0. Der
Abstand des Drahtes zum leitenden Halbraum sei h r0 (siehe Skizze).
280 5 Diffusionsfelder in Leitern

2 r0

h Luft
Htan(x) y x

a) Der Halbraum sei zunächst als ideal leitend angenommen (κ ! 1). Bestimmen Sie aus
der entsprechenden Grundbedingung des elektrischen Feldes den Wert des
Vektorpotentials auf der Oberfläche des Halbraums. Welche Spiegelersatzanordnung
leiten Sie für das Feld im Luftraum daraus ab?
b) Berechnen Sie mit Hilfe der Spiegelersatzanordnung aus a) die tangentiale magnetische
Feldstärke Htan(x) auf der Oberfläche des ideal leitenden Halbraumes. Der Draht kann
als unendlich lang angenommen werden.
c) Wie groß ist die Oberflächenstromdichte JA(x) für κ ! 1? Geben Sie die Richtung von
JA(x) an und skizzieren Sie den Betragsverlauf. Wie groß ist der gesamte Strom, der auf
der leitenden Ebene fließt?
d) Für den Fall einer endlichen spez. Leitfähigkeit κ und stark ausgepr€agtem Skineffekt,
d. h. die Skintiefe δ (effektive Leitschichtdicke) ist sehr klein im Vergleich zu allen
Abmessungen, soll die längenbezogene Verlustleistung PV0 im leitenden Halbraum
näherungsweise berechnet werden. Gehen Sie dabei von der Oberflächenstromdichte
JA(x) für κ ! 1 aus.
e) Berechnen Sie aus PV0 den resultierenden längenbezogenen Widerstand R0 des Halb-
raumes. Wie groß ist R' gegenüber dem längenbezogenen Widerstand des Drahtes R00
mit gleicher Leitfähigkeit κ und r0 >> δ ? Interpretieren Sie das Ergebnis.
Elektromagnetische Wellenfelder
6

Zusammenfassung
Im allgemeinen, zeitabhängigen Fall sind elektrisches und magnetisches Feld untrennbar
miteinander verbunden. Das elektromagnetische Feld ist von seiner Natur her ein Wel-
lenfeld, das sich mit Lichtgeschwindigkeit frei im Raum ausbreitet. Die einfachste und
elementare Wellenform ist die ebene Welle. Quellen des elektromagnetischen Wellen-
feldes sind zeitabhängige Ladungen und Str€ome. Aus deren retardierten elektrodynami-
schen Potentialen resultieren die elektrischen und magnetischen Feldkomponenten. Die
elementaren Strahlungsquellen sind der elektrische und der magnetische Dipol. Elektro-
magnetische Wellen werden an Medienübergängen reflektiert und gebrochen.

6.1 Die Feldwellengleichungen

Werden keinerlei Einschränkungen für das elektromagnetische Feld getroffen, so muss das
vollständige System der Maxwell-Gleichungen gel€ost werden:

∂B
rot E ¼  ðIÞ
∂t

∂D
rot H ¼ J þ ðIIÞ
∂t

div D ¼ q ðIIIÞ

div B ¼ 0 ðIVÞ

Zusammen mit den Materialgleichungen (1.42), (1.45), (1.48)

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 281


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2_6
282 6 Elektromagnetische Wellenfelder

J ¼ κE ð6:1Þ

D ¼ εE ð6:2Þ

B ¼ μH ð6:3Þ

und den Randbedingungen (1.51), (1.53), (1.55), (1.57) auf der Trennfläche zwischen zwei
Medien (en zeigt von Medium 1 nach Medium 2)

en  ðE2  E1 Þ ¼ 0 ð6:4Þ

en  ðH2  H1 Þ ¼ JA ð6:5Þ

en  ð D 2  D 1 Þ ¼ q A ð6:6Þ

en  ðB2  B1 Þ ¼ 0 ð6:7Þ

ist das elektromagnetische Feld innerhalb eines Raumgebietes vollständig bestimmt.


Das vollständige System der Maxwell-Gleichungen (I, II, III, und IV) beinhaltet sämt-
liche Sonderfälle, wie das elektro- und magnetostatische Feld (Kap. 2, 3), sowie das
stationäre und quasistationäre elektromagnetische Feld (Kap. 4, 5). Im allgemeinen Fall
tritt seine wellenf€ormige Natur in Erscheinung, wie dies durch die nachfolgende Entkopp-
lung von (I) und (II) anhand der resultierenden Feldwellengleichung offenkundig wird.
Wir beschränken uns dazu auf ein homogenes, lineares und isotropes Medium
(μ, ε ¼ const.). Die Anwendung der Rotation auf beiden Seiten von (II) ergibt mit der
Identität (A.76) und (6.2) zunächst

∂E
rot rot H ¼ grad div H  ΔH ¼ rot J þ ε rot :
∂t

Mit (6.3) und (IV) ist der Term

1
grad div H ¼ grad div B ¼ 0:
μ

Nach Einsetzen von (I) und (6.3) gemäß

2 2
∂E ∂ ∂ B ∂ H
rot ¼ rot E ¼  2 ¼ μ 2
∂t ∂t ∂t ∂t
6.1 Die Feldwellengleichungen 283

erhalten wir schließlich die folgende partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung für
die magnetische Feldstärke:

2
∂ H
ΔH  μ ε ¼  rot J: ð6:8Þ
∂t 2

Es handelt sich hierbei um eine inhomogene Feldwellengleichung, die in dieser Form


überall in der Physik die wellenf€ormige Ausbreitung der betreffenden Feldgr€oße
beschreibt. Die Bezeichnung „inhomogen“ bezieht sich hierbei auf die rechte Seite der
Gleichung, die die Anregung bzw. die Quelle des Wellenfeldes darstellt. In diesem Fall ist
es die Wirbeldichte des elektrischen Str€omungsfeldes. In einer solchen Wellengleichung
gibt der Faktor μ ε den Kehrwert des Quadrats der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des
Wellenfeldes an. Im elektromagnetischen Feld ist dies die Lichtgeschwindigkeit des betref-
fenden Mediums:

1
c ¼ pffiffiffiffiffiffi : ð6:9Þ
με

In analoger Weise erhalten wir durch Anwendung der Rotation auf (I) mit (6.3)

∂H
rot rot E ¼ grad div E  ΔE ¼  μ rot :
∂t

Einsetzen von (6.2), (III) und (II) ergibt für das elektrische Feld ebenfalls eine inhomo-
gene Feldwellengleichung:

2
∂ E 1 ∂J
ΔE  μ ε ¼ grad q þ μ : ð6:10Þ
∂t 2 ε ∂t

Im Gegensatz zu (6.8) sind die Quellen des elektrischen Feldvektors sowohl räumliche
Ladungsunterschiede als auch zeitabhängige Str€ome. Letzterer Quellenanteil ist Ausdruck
des Induktionsgesetzes (I).
Da Strom- und Ladungsdichte über die Kontinuitätsgleichung (1.29)

∂q
div J ¼  ð6:11Þ
∂t

in fester Beziehung zueinander stehen, k€onnen die Wellengleichungen für E und H nicht
unabhängig voneinander gel€ost werden. Zusammen mit der Tatsache, dass beide Wellen-
gleichungen die gleiche Fortpflanzungsgeschwindigkeit enthalten, spiegelt dies den
284 6 Elektromagnetische Wellenfelder

zugrundeliegenden fundamentalen physikalischen Sachverhalt wieder (siehe auch


Abschn. 1.1):

" Im allgemeinen, zeitabhängigen Fall sind elektrisches und magnetisches Feld


untrennbar miteinander verknüpft. Zusammen stellen sie eine eigenständige
physikalische Entität dar, die wir als elektromagnetisches Feld bezeichnen.

Nur im statischen Fall, in dem sämtliche Zeitableitungen entfallen und sich die beiden
Wellengleichungen für E und H auf die entsprechenden Poisson-Gleichungen reduzieren,
ist eine unabhängige Betrachtung der beiden Felder m€oglich.

Leitfähiges Medium
In einem leitfähigen Medium ist aufgrund des Ohmschen Gesetzes (6.1) auch ohne
unabhängige Stromquellen ein Str€omungsfeld vorhanden. Damit lässt sich der Quellenterm
in (6.8) mit dem Induktionsgesetz (I) wie folgt ersetzen:

∂H
rot J ¼ κ rot E ¼ μ κ : ð6:12Þ
∂t

Entsprechend gilt in (6.10) für den str€omungsmäßigen Quellenterm

∂J ∂E
¼ κ :
∂t ∂t

In Abwesenheit von Ladungen (q ¼ 0) nehmen die beiden Wellengleichungen (6.8) und


(6.10) in diesem Fall folgende Form an:

2
∂H ∂ H
ΔH  μ κ με ¼ 0 ð6:13Þ
∂t ∂t 2
2
∂E ∂ E
ΔE  μ κ με ¼ 0: ð6:14Þ
∂t ∂t 2

Es handelt sich hierbei um die sog. Telegrafengleichungen. Sie beschreiben allgemein


die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen in einem verlustbehafteten Medium.
Ist die Relaxationszeit τR (1.49) des betrachteten Leiters ausreichend klein, d. h.
 
1 ∂E κ 1
   ¼ ð6:15Þ
E
j j ∂t ε τR

ist nach den Ausführungen in Abschn. 5.1 die Ladungsansdichte ohnehin Null. Zum
Anderen kann aufgrund (6.15) jeweils in den Gl. (6.13) und (6.14) der Term mit der
6.1 Die Feldwellengleichungen 285

zweifachen Zeitableitung vernachlässigt werden. In Gl. (6.13) folgt dies nach Einsetzen
von Gl. (6.12). Wir erhalten somit für den Fall eines ausreichend guten Leiters genau die
Diffusionsgleichungen aus Kap. 5:

∂E
ΔE  μ κ ¼ 0
∂t
∂H
ΔH  μ κ ¼ 0:
∂t

Nichtleitendes Medium
Betrachten wir das elektromagnetische Feld in einem nichtleitenden Medium (κ ¼ 0),
innerhalb eines Raumgebietes ohne unabhängige Quellen, so kann die rechte Seite in (6.8)
und (6.10) jeweils zu Null gesetzt werden und wir erhalten die homogenen Feld-
wellengleichungen

2
∂ H
ΔH  μ ε ¼ 0 ð6:16Þ
∂t 2
2
∂ E
ΔE  μ ε ¼ 0: ð6:17Þ
∂t 2

Diese Gleichungen beschreiben die verlustlose Ausbreitung des elektromagnetischen


Feldes in einem homogenen Raumgebiet.

6.1.1 Die ebene Welle

Die einfachste L€osung der homogenen Feldwellengleichungen (6.16) und (6.17), die
zugleich auch die elementare elektromagnetische Wellenform darstellt, ist die homogene
ebene Welle. Sie breitet sich geradlinig im Raum aus, wobei die Feldvektoren eine
einheitliche Richtung haben.
Betrachten wir beispielsweise (6.17) in kartesischen Koordinaten, so enthält sie gemäß
(A.71) jeweils eine skalare Wellengleichung für jede Feldkomponente:

2
∂ Ei
ΔE i  με ¼ 0 ði ¼ x; y; zÞ:
∂t 2

Wählen wir z. B. für die Ausbreitungsrichtung die z-Koordinate und für den E-Vektor
die x-Richtung, so ist die Funktion Ex(z, t) L€osung der Wellengleichung
286 6 Elektromagnetische Wellenfelder

2 2
∂ E x ðz; t Þ ∂ E x ðz; t Þ
με ¼ 0:
∂z2 ∂t 2

Die allgemeine L€osung einer solchen homogenen, skalaren Wellengleichung der Form

2 2
∂ f ðz; t Þ 1 ∂ f ðz; t Þ
 2 ¼ 0 ð6:18Þ
∂z2 v ∂t 2

ist die sog. d’Alembertsche L€osung

f ðz; t Þ ¼ f þ ðt  z=vÞ þ f  ðt þ z=vÞ: ð6:19Þ

Sie beschreibt zwei voneinander unabhängige, in positive und negative z-Richtung mit
der Phasengeschwindigkeit v fortschreitende Wellen. Die beiden Wellenfunktionen f+(u)
und f(u) werden durch die Anfangs- und Randbedingungen bestimmt. Hierbei ist jede
zweifach-stetig differenzierbare (also jede real m€ogliche) Funktion, zulässig. Dies lässt sich
durch Einsetzen in (6.18) direkt zeigen. Beispielsweise erhalten wir für die in positive
Richtung fortschreitende Wellenl€osung (Abb. 6.1) mit u ¼ t  z/v durch zweimalige
Anwendung der Kettenregel der Differentialrechnung

 
1 ∂f þ ðuÞ 1 ∂ f þ ð uÞ
2 2
∂ Ex ∂
¼  ¼
∂z2 ∂z v ∂u v2 ∂u2
∂ f þ ðuÞ
2 2
∂ Ex
¼ ,
∂t 2 ∂u2

womit die Definition der in den Feldwellengleichungen enthaltenen Lichtgeschwindigkeit


(6.9) nachträglich bewiesen ist. Dies gilt ebenso für die in negative Richtung laufende
Welle f(u).
Zur Untersuchung des Verhältnisses zwischen elektrischem und magnetischem Feld in
einer ebenen Welle setzen wir die L€osung von Ex(z,t) in der d’Alembertschen Form (6.19)
in die I-te Maxwell-Gleichungen ein. Für eine in positive z-Richtung laufende Welle ergibt
die linke Seite

∂E x ðz; t Þ 1 ∂E þ
x ð uÞ
rot ðE x ðz; t Þ ex Þ ¼ ey ¼  ey ,
∂z v ∂u

sodass die rechte Seite von (I) ebenfalls nur eine y-Komponente enthält:
6.1 Die Feldwellengleichungen 287

Abb. 6.1 Elektrische Feldstärke einer in positive z-Richtung mit der Geschwindigkeit v fortschrei-
tende ebenen Welle zu zwei Zeitpunkten t1 und t2 ¼ t1 + Δz/v

∂H y ðz; t Þ ∂H þ
y ð uÞ
μ ey ¼  μ ey :
∂t ∂u

Integriert man beide Seiten und schließt dabei eine physikalisch unbegründete zeit-
unabhängige Konstante aus, so erhalten wir mit (6.9)

1 þ
E ð uÞ ¼ μ H þ
y ðuÞ:
v x

Die magnetische Feldkomponente weist also den gleichen raumzeitlichen Verlauf wie
die elektrische Komponente auf. Beide sind über den konstanten Faktor
rffiffiffiffi
Eþ E μ
Z ¼ xþ ¼  x ¼ μ v ¼ Feldwellenwiderstand ð6:20Þ
Hy Hy ε

fest miteinander verknüpft. Hierin spiegelt sich also die Untrennbarkeit beider Felder im
konkreten Fall der ebenen Welle wieder. Das negative Vorzeichen beim Verhältnis der
rücklaufenden Feldkomponenten ist durch die entgegengesetzte Richtung des Magnetfel-
des begründet. Entsprechend der Einheit V/A wird dieser Faktor als Feldwellenwiderstand
des Mediums bezeichnet. Im Vakuum (Luft) beträgt der Feldwellenwiderstand
Z ¼ Z0  376,7 Ω.
Eine weitere Eigenschaft der ebenen Welle ist, dass elektrisches und magnetisches Feld
senkrecht in einer Ebene sowohl aufeinander als auch (transversal) zur Ausbreitungsrich-
tung stehen (Abb. 6.2). Die ebene Welle geh€ort daher zur Klasse der Transversal-Elektro-
magnetischen (TEM)-Wellen.
Der Poynting-Vektor (1.66)

Ex 2
S ¼ E  H ¼ E x H y ez ¼ ez ,
Z

der den elektromagnetischen Leistungsfluss (Leistung/Fläche) angibt, zeigt in Ausbrei-


tungsrichtung. Mit der Ausbreitung der elektromagnetischen Welle geht also ein Energie-
transport im Raum einher (siehe Abschn. 1.6).
Bei harmonsicher Zeitabhängigkeit mit Kreisfrequenz ω ¼ 2πf (Frequenz f ) lautet die
d’Alembertsche L€osung (6.19) einer in z-Richung fortschreitenden ebenen Welle (Abb. 6.3)
288 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Abb. 6.2 Ebene Welle

Hy
Ex

Abb. 6.3 Feldvektoren einer Ex


harmonischen ebenen Welle mit λ
Wellenlänge λ v

Hy

E x , H y  f þ ðt  z=vÞ ¼ cos ½ω ðt  z=vÞ,

mit der zeitliche Periodizität

2π 1
T¼ ¼ ðPeriodendauerÞ
ω f

und der räumlichen Periodizität (Wellenlänge) Δz ¼ λ in Ausbreitungsrichtung gemäß

λ
ω¼2π
v

bzw.

v  
λ ¼ Wellenl a€nge : ð6:21Þ
f
6.1 Die Feldwellengleichungen 289

Für den Poynting-Vektor (1.66) einer harmonischen ebenen Welle erhalten wir

S ¼ E  H ¼ Ex H y ez  cos 2 ½ω ðt  z=vÞez ,

also eine zu jedem Zeitpunkt und in jedem Ort positive Leistungsflussdichte in Ausbrei-
tungsrichtung.

6.1.2 Harmonische Zeitabhängigkeit

Bei zeitlich harmonischen Vorgängen k€onnen die allgemeinen inhomogenen


Feldwellengleichungen (6.8), (6.10) gemäß

2
∂ fðr; t Þ
¼ ω2 fðr; t Þ
∂t 2

für eine orts- und zeitabhängige Feldgr€oße f(r, t) ¼ f(r) ejωt (Abschn. 1.7) in komplexer
Form angeschrieben werden:

ΔH þ k 2 H ¼  rot J
1
ΔE þ k 2 E ¼ grad q þ jωμ J:
ε

Komplexe Wellengleichungen dieser Form werden als inhomogene Helmholtz-Glei-


chungen bezeichnet. Sie enthalten die Wellenzahl

pffiffiffiffiffiffi ω 2π
k ¼ω με ¼ ¼ , ð6:22Þ
c λ

die gemäß (6.9) durch die Fortpflanzungsgeschwindigkeit v ¼ c des Mediums bzw. nach
(6.21) auch über die Wellenlänge λ definiert ist.
Die Feldquellen q und J erfüllen hierbei die Kontinuitätsgleichung (6.11) in komplexer
Form

div J ¼  jω q:

Innerhalb eines Leiters gehen die Telegrafengleichungen (6.13), (6.14) im zeit-


harmonischen Fall über in die homogenen Helmholtz-Gleichungen

ΔH  γ2 H ¼ 0
ð6:23Þ
ΔE  γ2 E ¼ 0
290 6 Elektromagnetische Wellenfelder

mit der komplexen Fortpflanzungskonstante

γ2 ¼ jωμκ  k 2 : ð6:24Þ

Bei sehr guten Leitern, d. h. nach Gl. (5.14) für

1 κ
ω ¼
τR ε

reduziert sich die Fortpflanzungskonstante zu

γ2 ¼ jωμκð1 þ jω τR Þ  jωμκ,

sodass die beiden Helmholtz-Gleichungen (6.23) in die komplexen Diffusionsgleichungen


aus Abschn. 5.2 übergehen.
In einem nichtleitenden Medium (κ ¼ 0) resultieren dagegen homogene Helmholtz-
Gleichungen der Form

ΔH þ k 2 H ¼ 0
ð6:25Þ
ΔE þ k 2 E ¼ 0:

Sie beschreiben die verlustlose Ausbreitung von harmonischen Wellen innerhalb eines
quellenfreien Gebietes.
Für die elementare Harmonische ebene Welle (Abschn. 6.1.1) ergibt sich als L€osung der
entsprechenden komplexen Wellengleichung

ΔE x þ k 2 E x ¼ 0

für die komplexe, x-gerichtete elektrische Feldkomponente:

E x ðzÞ ¼ Eþ ejk z þ E eþjk z :

Diese L€osung entspricht also gemäß der zeitabhängigen d’Alembertschen L€osung


(6.19) zwei gegenläufigen harmonische Schwingungen entlang der z-Achse mit dem
Phasengang kz ¼ 2π z/λ, zuzüglich eines in der komplexen Amplitude E+ bzw. E
enthaltenen konstanten Phasenwinkels. Die Bildung des Realteils ergibt beispielsweise für
eine in +z-Richtung laufende Welle den in Abb. 6.3 skizzierten Amplitudenverlauf zu
einem entsprechenden Zeitpunkt.
6.2 Die elektrodynamischen Potentiale 291

6.2 Die elektrodynamischen Potentiale

Die direkte L€ osung der Feldwellengleichungen (6.8), (6.10) ist nur in wenigen Fällen
m€oglich. Für den allgemeinen Fall mit beliebigen Quelleverteilungen ist wie in der Elektro-
und Magnetostatik ein L€osungsansatz über entsprechende Potentiale zu wählen. Im un-
eingeschränkt zeitabhängigen Fall sind dies ein Vektor- und ein Skalarpotential. Aus diesen
elektrodynamischen Potentialen k€onnen alle interessierenden Feldgr€oßen nachträglich
durch Differentiation bestimmt werden.
Das Vektorpotential A kann direkt aus der Divergenzfreiheit von B (IV) und der Identität
(A.75) definiert werden, d. h.

div B ¼ div rot A 0,

B ¼ rot A: ð6:26Þ

Einsetzen von (6.26) in (I) ergibt wiederum

∂A
rot E ¼ rot ,
∂t

bzw.
 
∂A
rot E þ ¼ 0:
∂t

Aus der Identität (A.74) folgt, das der Ausdruck in der Klammer einem Gradientenfeld
eines Skalarpotentials φ entspricht, d. h.

∂A
Eþ ¼ grad φ,
∂t

sodass für das elektrische Feld gilt:

∂A
E ¼ grad φ  : ð6:27Þ
∂t

Damit ist das elektromagnetische Feld durch Kenntnis der zeitabhängigen Potentiale
A und φ vollständig bestimmt. Wie nachfolgend gezeigt wird, sind die Potentiale ihrerseits
L€
osungen entsprechender inhomogener Wellengleichungen, die für eine gegebene Quellen-
verteilung wesentlich einfacher zu berechnen sind als für die Feldwellengleichungen.
292 6 Elektromagnetische Wellenfelder

6.2.1 Potential-Wellengleichungen

Einsetzen von (6.26) in (II) ergibt mit der Identität (A.76)

∂E
rot rot A ¼ grad div A  ΔA ¼ μ J þ μ ε
∂t

und nach Ersetzen von E durch (6.27) zunächst für das Vektorpotential

2  
∂ A ∂φ
ΔA  μ ε 2 ¼  μ J þ grad div A þ μ ε :
∂t ∂t

Für das Skalarpotential erhalten wir nach Einsetzen von (6.27) in (III)

∂ q
Δφ þ div A ¼  :
∂t ε

Das Vektorpotential A ist einzig durch seine Wirbeldichte gemäß der Rotation (6.26)
definiert, sodass über die Divergenz frei verfügt werden kann. Sie ist für eine vollständige
Festlegung des Vektorfeldes A nach dem Hauptsatz der Vektoranalysis (Abschn. A.6)
ohnehin erforderlich. Durch die Wahl

∂φ
div A ¼ μ ε ðLorenz-Eichung Þ ð6:28Þ
∂t

erhält man für die beiden Potentiale jeweils eine inhomogene Wellengleichung der Form

2
∂ A
ΔA  μ ε ¼ μJ
∂t 2
ð6:29Þ
2
∂ φ q
Δφ  μ ε 2 ¼  :
∂t ε

Der Vorzug dieser Form der Wellengleichungen besteht darin, dass die Quellen J und
q jeweils getrennt den beiden Potentialen zugeordnet sind. Es sei jedoch auch hier
angemerkt, dass sie gemäß Kontinuitätsgleichung (6.11) nicht unabhängig von-
einander sind.

" Alternativ zu dem System der Maxwell-Gleichungen (I, II, III und IV) ist das
elektromagnetische Feld über (6.26) und (6.27) durch Lo€sung der beiden Wel-
lengleichungen (6.29) für A und j ebenfalls vollständig bestimmt.
6.2 Die elektrodynamischen Potentiale 293

6.2.2 Retardierte Potentiale

Die L€osung der Wellengleichung für das Vektor- bzw. Skalarpotential (6.29) setzt sich im
Allgemeinen aus einer partikularen und einer homogenen L€osung zusammen. Eine Parti-
kulärl€
osung, die auch zugleich die L€osung des freien, unbegrenzten Raumes ist, geben wir
hier ohne Beweis an:
ððð
μ Jðr0 ; t  jr  r0 j=cÞ 0
Aðr; t Þ ¼ dV
4π j r  r0 j
ððð
V
ð6:30Þ
1 qðr0 ; t  jr  r0 j=cÞ
φðr; t Þ ¼ dV 0 :
4πε j r  r0 j
V

Hierbei bezeichnet c die Lichtgeschwindigkeit (6.9) des Mediums.


Die retardierten (verz€ogerten) Potentiall€osungen (6.30) sind sehr anschaulich zu verste-
hen. Sie entsprechen jeweils dem Coulomb-Integral (4.14) und (2.22) des magnetosta-
tischen Vektor- bzw. elektrostatischen Skalarpotentials im freien Raum, mit dem entschei-
denden Unterschied, dass €uber die um die Zeitdifferenz |rr0 |/c zur€uckliegenden Werte der
Quellendichte J(r0 ) bzw. q(r0 ) zu integrieren ist (Abb. 6.4). Diese retardierte Zeit resultiert
also aus der Laufzeit der elektromagnetischen Zustandsänderung vom Quellpunkt bis zum
Aufpunkt. Somit stehen die retardierten Potentiale ganz im Einklang mit dem Ka-
usalitätsprinzip und dem physikalischem Axiom, dass jede Wirkung sich mit der endlichen
Lichtgeschwindigkeit durch den Raum fortpflanzt.
Wie direkt ersichtlich ist, gehen die retardierten Potentiale (6.30) im statischen Fall, d. h.
wenn J, q 6¼ f(t), in die Coulomb-Integrale (4.14) und (2.22) über. Sie sind L€osung der
Wellengleichungen (6.29), die bei Wegfall der Zeitableitungen sich zu den entsprechenden
Poisson-Gleichung (4.11) und (2.8) reduzieren.
Aus den retardierten Potentiall€osungen (6.30) folgen auch direkt die quasistatischen
Felder (Abschn. 1.8.4). Innerhalb eines Raumgebietes mit charakteristischer Ausdehnung
Δl, die so klein ist, dass die Zeitverz€ogerung |rr0 |/c Δl/c gegenüber dem zeit-
abhängigen Vorgang vernachlässigbar ist, gehen die retardierten Potentiale (6.30) in die
statische Form über, wobei sie jedoch zeitabhängig sind. Daraus folgen dann über (6.27)
und (6.26) das Quasi-Elektrostatische bzw. das Quasi-Magnetostatische Feld.

6.2.3 Harmonische Zeitabhängigkeit

Bei zeitlich harmonischen Vorgängen gehen wir über zu komplexen Feld- und Poten-
tialamplituden und erhalten gemäß Abschn. 1.7
294 6 Elektromagnetische Wellenfelder

dA(t)

J(r',t*) r – r'

V
dV' r

r'

Abb. 6.4 Berechnung des Vektorpotentials mit Stromdichtewert J im Quellenpunkt r0 zur retardier-
ten Zeit t* ¼ t  |r  r0 |/c, aufgrund der endlichen Lichtgeschwindigkeit c des Mediums

B ¼ rot A
E ¼ grad φ  jω A: ð6:31Þ

Aus der komplexen Form der Lorenz-Eichung (6.28)

div A ¼ jω μ ε φ: ð6:32Þ

resultieren als Entsprechung zu den inhomogenen Wellengleichungen (6.29) die Helm-


holtz-Gleichungen

ΔA þ k 2 A ¼ μ J
q ð6:33Þ
Δφ þ k 2 φ ¼ 
ε

mit der Wellenzahl k (6.22).


Die komplexe Form der retardierten Potentiale (6.30) ergibt sich durch die komplexe
Erweiterung der zeitlich verz€ogerten Quellengr€oßen, z. B. für die Stromdichte wie folgt
(siehe Abschn. 1.7):
     
j r  r0 j j r  r0 j jrr0 j
J r0 ; t  ¼ J^ðr0 Þ cos ω t  þ ϕ ! Jðr0 Þ ejω c ejω t :
c c

Bei der komplexen Form der retardierten Potentiall€osungen wird also über die um
k|r  r0 | phasenverschobenen Quellengr€oßen integriert:
6.3 Der Hertzsche Dipol 295

ððð 0
μ Jðr0 Þ ej k jrr j 0
AðrÞ ¼ dV
4π jr  r0 j
V Komplexe retardierte
ððð qðr0 Þ ej k jrr0 j ð6:34Þ
1 0 Potentiale
φðrÞ ¼ dV :
4πε jr  r0 j
V

Im zeitharmonischen Fall ergibt sich für das Skalarpotential über die Lorenz-Eichung
(6.32) folgender Zusammenhang zum Vektorpotential:

1
φ¼ div A:
jω μ ε

Dies erm€oglicht die Bestimmung des elektromagnetischen Feldes (6.31) einzig aus dem
Vektorpotential und damit aus der Stromdichte J (6.34). Einsetzen in (6.31) ergibt für das
elektrische Feld
 
1
E ¼ jω 1 þ 2 grad div A ð6:35Þ
k

Der Einsparung der Berechnung des Skalarpotentials (6.34) steht also die zweifache
vektoranalytische Operation ‚grad div‘ entgegen, was aber in vielen Fällen trotzdem
rechnerisch von Vorteil sein kann.

6.3 Der Hertzsche Dipol

In Analogie zum elektrostatischen Feld einer Punktladung (Abschn. 2.4.3) bzw. des
magnetostatischen Feldes eines stationären Stromelements (Abschn. 4.3.1) wollen wir
das Elementarfeld eines harmonisch oszillierenden Stromelements bestimmen. Damit lässt
sich das Feld jeder beliebigen Stromverteilung (6.34) als Superposition dieser
Elementarl€osung im Sinne einer Greenschen Funktion verstehen (vgl. Abschn. 2.3.3).
Wir betrachten also ein infinitesimales Stromelement der Länge l, in dem ein Wechsel-
strom mit komplexer Amplitude I und Kreisfrequenz ω fließt (Abb. 6.5). Ausnahmsweise
wollen wir hier von der differentiellen Schreibweise für die Elementlänge l absehen.
Die an den Enden des Stromelementes zu bzw. abfließende Ladung pro Zeit (Abb. 6.5a)
entspricht nach der Definition (1.11) dem Strom im Element, d. h. bei der hier betrachteten
harmonischen Zeitabhängigkeit, in komplexer Schreibweise

I ¼ jω Q:
296 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Er
a z b z

+Q
_
+ r Eθ
l I p θ
Il

–Q
_

Abb. 6.5 (a) Oszillierendes elektrisches Dipolmoment p eines harmonisch zeitabhängigen Strom-
elementes I l (b) zur Berechnung des Elementarfeldes des Hertzschen Dipols

Die beidseitige Multiplikation mit der Elementlänge ergibt demzufolge

I l ¼ jωQ l ¼ jω p: ð6:36Þ

Hierbei bezeichnet p ¼ Ql das in Beispiel 2.2 eingeführte elektrische Dipolmoment


eines aus zwei Punktladung im Abstand l bestehenden elektrischen Dipols. Aus diesem
Grund wird das Produkt I l auch als Dipolmoment des Hertzschen Dipols bezeichnet.

" Der Hertzsche Dipol entspricht einem oszillierenden elektrischen Dipol, der
über das Stromelement periodisch umgeladen wird.

Bei der Berechnung des retardierten Vektorpotentials (6.34) des betrachteten linienf€or-
migen, z-gerichteten Stromelements (Abb. 6.5b) ergibt

J d V ¼ I l ez

nur einen Beitrag im Koordinatenursprung und es resultiert

μ I l ejk r
AðrÞ ¼ ez :
4π r

Zweckmäßigerweise wählen wir Kugelkoordinaten für die Berechnung der elektrischen


und magnetischen Feldkomponenten. Mit der Zerlegung des Einheitsvektors

ez ¼ er cos θ  eθ sin θ

lautet das Vektorpotential in Kugelkoordinaten


6.3 Der Hertzsche Dipol 297

μ I l ejkr
AðrÞ ¼ ðer cos θ  eθ sin θÞ:
4π r

Anwendung von (6.31) ergibt nach Ausführung der Rotation (A.61)

  
1 ∂ r Aθ ∂A
B ¼ rot A ¼  r eϕ
r ∂r ∂θ

einzig eine ϕ-Komponente für das Magnetfeld des Hertzschen Dipols


 
μI l 1 ejk r
B ¼ jk þ sin θ eϕ :
4π r r

mit zwei unterschiedlichen abstandsabhängigen Termen.


Für die Berechnung des elektrischen Feldes bieten sich mehrere M€oglichkeiten an. Zum
einen über (6.31) nach Berechnung des retardierten Skalarpotentials (6.34) des oszillieren-
den elektrischen Dipolmomentes. Eine andere M€ oglichkeit ist die Anwendung der Formel
(6.35), in der A einer zweifachen Differentiation zu unterziehen ist. Alternativ liefert die
Maxwell-Gleichung II außerhalb des Quellenpunktes die Beziehung

1
E ¼ rot B, f u€r r 6¼ 0:
jω με

Mit der von r und θ abhängigen ϕ-Komponente von B reduziert sich die Rotation (A.61)
auf den Ausdruck
8 9
1 < 1 ∂ Bϕ sin θ 1 ∂ r Bϕ =
E ¼ er  eθ :
jωμε :r sin θ ∂θ r ∂r ;

Demgemäß besitzt das elektrische Feld des Hertzschen Dipols eine r- und eine
θ-Komponente. Nach Ausführung aller Differentiationen erhalten wir schließlich die aus
verschiedenen abstandsabhängigen Termen bestehende L€osung:
    
Il jk 1 ejkr jk 1 ejkr
E ¼ 2 þ cos θ er þ k þ þ 2
2
sin θ eθ :
j 4π ω ε r r2 r r r r

Zusammenfassend schreiben wir das elektromagnetische Feld des Hertzschen Dipols


mit den unterschiedlichen abstandsabhängigen Gliedern als Potenzen des mit dem Faktor
2π versehenen elektrischen Abstandes kr ¼ 2πr/λ in der folgenden übersichtlichen Form an:
298 6 Elektromagnetische Wellenfelder

!
Il 2 1 1
Er ¼ k Zcosθ j ejkr
2π ðkrÞ2 ðkrÞ3
!
Il 2 1 1 1
Eθ ¼ k Zsinθ j þ j ejkr ð6:37Þ
4π ðkrÞ ðkrÞ2 ðkrÞ3
!
Il 2 1 1
H ϕ ¼ k sinθ j þ ejkr :
4π ðkrÞ ðkrÞ2

Hierbei bezeichnet Z den Feldwellenwiderstand des Mediums (6.20) und k die Wellen-
zahl (6.22). Abb. 6.6 zeigt eine Skizze des elektromagnetischen Feldes in einer zum Dipol
parallelen Schnittebene zu vier ausgewählten Phasenpunkten ωt. Die um den Dipol kon-
zentrisch verlaufenden magnetischen Feldlinien liegen senkrecht zu dieser Ebene.
Ausgehend von der zeitlichen Proportionalität p ~ cos(ωt) hat die Aufladung des Dipols
zur Bezugsphase ωt ¼ 0 ihr Maximum in positive z-Richtung erreicht. Während der
anschließenden ersten Viertelperiode, in der der Dipol wieder entladen wird, kann das im
Raum bestehende Feld wegen der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit nicht voll-
ständig in den Dipol „zurückfallen“, d.h. im gesamten Raum abgebaut werden. Es tritt
die sog. Feldabl€osung vom Dipol auf, die bei ωt ¼ π/2 abgeschlossen ist. Hierbei schließen
sich die elektrischen Feldlinien und breiten sich zusammen mit den magnetischen Feldli-
nien mit Lichtgeschwindigkeit in den Raum aus. Eine weitere Viertelperiode später (ωt ¼ π)
ist der Dipol vollständig umgeladen und der Vorgang der Feldabl€osung schließt sich daran
an und endet bei ωt ¼ 3π/2. Danach wird der Dipol wieder in die ursprüngliche Richtung
umgeladen und der ganze Vorgang wiederholt sich innerhalb einer solchen Periode T ¼ 2π/ω
fortwährend. Die entsprechenden Felder breiten sich dabei mit abwechselnd umgekehrten
Vorzeichen wellenf€ormig in den Raum aus, wobei ihre Stärke von der Raumrichtung

Abb. 6.6 Elektrische Feldlinien


des Hertzschen Dipols zu vier
verschiedenen Phasen

0 < ωt < π/2


ωt = π/2

π/2 < ωt < π


ωt =3π/2
λ/2
6.3 Der Hertzsche Dipol 299

(Winkel θ) und der Entfernung r vom Dipol abhängt. Der Abstand zweier Punkte gleicher
Phase ist dabei die Wellenlänge λ ¼ cT.
Entsprechend (6.37) drückt sich die Abstandsabhängigkeit des elektromagnetischen
Feldes des Hertzschen Dipols durch das Produkt kr aus und hängt somit vom elektrischen
Abstand r/λ ab. Von praktischer Bedeutung sind dabei zwei Raumzonen, das Nahfeld
(kr << 1) im elektrisch kurzen Abstand und das Fernfeld (kr >> 1) in elektrisch großen
Abständen vom Dipol. In diesen beiden Raumzonen wird das elektromagnetische Feld von
einem grundsätzlich unterschiedlichen Charakter dominiert.

6.3.1 Nahfeld

Für den Fall

r
k r ¼ 2π  1,
λ

d. h. dass der Abstand zum Dipol gegenüber der Wellenlänge λ sehr klein ist, k€onnen die
Feldausdrücke (6.37) vereinfacht werden. Die Exponentialfunktion reduziert sich zu

ejk r  1,

d. h. die Phasenverschiebungen im Raum sind vernachlässigbar und wegen

1 1 1
ðk rÞ3 ðk r Þ2 ðk rÞ

verbleiben in allen Feldausdrücken lediglich die Glieder mit der h€ochsten Potenz von kr.
Wir erhalten somit für das Magnetfeld im Nahfeld des Hertzschen Dipols die asymptoti-
sche L€osung

I l sin θ
Hϕ ’ :
4π r2

Dies entspricht dem Magnetfeld eines stationären Stromelements der Länge l nach der
Formel von Biot-Savart (siehe Abschn. 4.3.1), mit dem Unterschied, dass es mit der
Kreisfrequenz ω oszilliert.
Für das elektrische Feld ergibt sich zunächst als asymptotische Näherung

Il Z
E’ ð2 cos θ er þ sin θ eθ Þ:
4π r3 jk
300 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Mit
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Z μ=ε 1
¼ pffiffiffiffiffiffiffi ¼
jk jω μ ε jω ε

und (6.36) erhalten wir schließlich für das elektrische Nahfeld

p
E’ ð2 cos θ er þ sin θ eθ Þ:
4π ε r3

Wie der Vergleich mit Beispiel 2.2 zeigt, handelt es sich hierbei um das oszillierende
Feld des statischen Dipols mit dem Dipolmoment p.
Das Nahfeld des Hertzschen Dipols entspricht also dem in Abschn. 1.8.4. beschriebenen
Fall eines quasi-elektrostatischen (kapazitiven) Feldes. Dabei spielt das Magnetfeld eine
untergeordnete Rolle, was sich im Verhältnis von elektrischer zu magnetischer Feld-
amplitude widerspiegelt. Wir definieren dazu folgende Feldwellenimpedanz und erhalten:

Eθ Z
ZF ¼ ¼ :
Hϕ jkr

" Das Nahfeld des Hertzschen Dipols ist ein kapazitives, hochohmiges Feld,
indem das elektrische Feld dem magnetischen um 90 nacheilt.

6.3.2 Fernfeld

Für den umgekehrten Fall

r
k r ¼ 2π 1
λ

gilt die Ungleichung

1 1 1
,
ðk r Þ ðk r Þ 2
ðk r Þ3

sodass in (6.37) nur die abstandsabhängigen Glieder mit der niedrigsten Potenz zu
berücksichtigen sind. Dabei ist die radiale Komponente des elektrischen Feldes wegen
|Er| ~ 1/(kr)2 gegenüber der θ-Komponente zu vernachlässigen. Wir erhalten somit für das
Fernfeld des Hertzschen Dipols
6.3 Der Hertzsche Dipol 301

I l ejk r
Eθ ’ jk Z sin θ
4π r
ð6:38Þ
I l ejk r
H ϕ ’ jk sin θ:
4π r

Die Feldwellenimpedanz
rffiffiffi
Eθ μ
ZF ¼ ¼ ¼ Z ð6:39Þ
Hϕ ε

ist in diesem Fall reell und gleich dem Feldwellenwiderstand Z (6.20) der ebenen Welle im
Freiraum.

" Im Fernfeld des Hertzschen Dipols sind elektrisches und magnetisches Feld
zeitlich in Phase und transversal zur Ausbreitungsrichtung (TEM-Feld).

In einem, verglichen mit dem Abstand vom Dipol kleinen Raumbereich, ist die Krümmung
der Wellenfront dabei so gering, dass näherungsweise die Verhältnisse einer ebenen Welle
vorliegen (Abschn. 6.1.1). Da jede beliebige Stromverteilung als Überlagerung von
Hertzschen Dipolen aufgefasst werden kann und die Summe von ebenen Wellenfeldern
wiederum ein ebenes Wellenfeld ergibt, folgt hieraus eine allgemeine Eigenschaft des
Fernfeldes von Strahlungsquellen:

" Das Fernfeld jeder beliebigen Strahlungsquelle entspricht lokal einem ebenen
Wellenfeld.

6.3.3 Strahlungsleistung

Das vom Hertzschen Dipol erzeugte Wellenfeld transportiert eine elektromagnetische


Leistung, die im Raum ausgestrahlt wird. Der komplexe Poynting-Vektor (1.74)

1
S ¼ E  H∗ , ð6:40Þ
2

der den Mittelwert der komplexen Leistungsflussdichte beschreibt, ergibt mit den drei
vorhandenen Feldkomponenten (6.37)

1
S¼ E θ H ϕ ∗ er  E r H ∗
ϕ eθ :
2
302 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Abb. 6.7 Richtdiagramm des z


Hertzschen Dipols
θ
Sre
Il

Einsetzen der Feldkomponenten und Trennen von Real- und Imaginärteil liefert:

S ¼ S re er þ jðS im, r er þ S im, θ eθ Þ:

Der Realteil Sre hat nur eine radiale Komponente und beschreibt somit die vom Dipol in
den Raum ausgestrahlte Wirkleistungsflussdichte, mit dem expliziten Ausdruck

 2
1 I l 
Sre ¼ Re E  H∗ ¼ k 2 Z sin 2 θ er : ð6:41Þ
2 32 π2 r2

Die explizite Rechnung für die Komponenten Sim,r und Sim,θ des Imaginärteils ergibt,
dass diese stärker als 1/r2mit dem Abstand abnehmen. Sie beschreiben die im Nahfeld des
Dipols oszillierende Blindleistung, die für den periodischen Auf- und Abbau des elektro-
magnetischen Nahfeldes ben€otigt wird.
Die Strahlungscharakteristik des Hertzschen Dipols wird durch das Richtdiagramm in
Abb. 6.7 veranschaulicht. Hierbei gibt die Länge des Pfeiles den Betrag von Sre (6.38)
an. Entsprechend der sin2θ-Abhängigkeit liegt die Hauptstrahlrichtung senkrecht zum
Dipol in horizontaler Ebene.
Die gesamte vom Dipol in den Raum ausgestrahlte mittlere Wirkleistung erhalten wir
durch Integration von Sre über eine Kugelfläche A mit Radius r (Abb. 6.8), d. h.:

Abb. 6.8 Zur Berechnung der z


gesamten Strahlungsleistung des
Hertzschen Dipols
S re
dA

θ
r Eθ
Il
6.4 Der magnetische Dipol 303

8 9
ðð < ðð =
1
Pr ¼ Sre  d A ¼ Re E  H∗  d A :
2 : ;
A A

Einsetzen von (6.41) ergibt mit dem radialen Oberflächenelement (A.35)

 2 2 Z π  2 2
I l  k Z I l  k Z
Pr ¼ sin θ dθ ¼
3
: ð6:42Þ
16 π 12 π
0
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
4=3

6.3.4 Strahlungswiderstand

Gemäß dem Energieerhaltungsprinzip muss die vom Dipol abgestrahlte Leistung Pr von einer
Stromquelle geliefert werden, für die der Dipol eine Impedanz mit entsprechendem Realteil
Rr (Strahlungswiderstand) darstellt, in der Pr umgesetzt wird. Aus der Leistungsbilanz

 2
I 
Pr ¼ I 2eff Rr ¼ Rr ,
2

in der Ieff den Effektivwert des Stroms bezeichnet, erhalten wir für Rr nach Einsetzen
von (6.42) den Ausdruck

 2
2 Pr l2 k 2 2π l
Rr ¼  2 ¼ Z ¼ Z :
I  6π 3 λ

Im Vakuum (Luft) ergibt sich mit Z ¼ Z0 ¼ √μ0/ε0  120 π Ω (376,7 Ω) die Formel
Rr ¼ 790 Ω (l/λ)2. Für eine reale Anordnung resultiert daraus wegen der Voraussetzung
l << λ ein sehr kleiner Widerstandswert. Deshalb stellen elektrisch kleine Strahler wenig
effektive Antennenanordnungen dar.

6.4 Der magnetische Dipol

Die zum Hertzschen Dipol duale Anordnung stellt eine infinitesimale Stromschleife dar,
die vom Wechselstrom I mit Kreisfrequenz ω durchflossen wird. Wir betrachten dazu eine
in der x-y-Ebenen gelegenen Schleife beliebiger Form (Abb. 6.9), wobei wir für die
Schleifenfläche F auch in diesem Fall von der infinitesimalen Schreibweise absehen.
304 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Abb. 6.9 Zur Berechnung der z A(r)


_
Felder des magnetischen Dipols
(Fitzgeraldscher Dipol)
m
_ r
_I r – r'
θ

F r'
ds

Zur Berechnung des retardierten Vektorpotentials (6.34)


I 0
μI ej k jrr j 0
AðrÞ ¼ ds
4π j r  r0 j
∂F

kann der Abstandsvektor |r  r0 | wegen der infinitesimalen Schleifenabmessungen, d. h.


0
|r | << |r|, durch (4.39)

j r  r 0 j ’ r  r 0  er

genähert werden. Da zusätzlich auch |r0 | << λ gilt, reduziert sich die Exponentialfunktion
wegen k r0 er kr0 << 1 zu

0
j k r0 er
ej k jrr j ’ ejk r e ’ ejk r ð1 þ j k r0  er Þ:

Der Term in Klammern entspricht dabei der nach dem linearen Glied abgebrochenen
Taylor-Reihenentwicklung der Exponentialfunktion.
Das zu l€
osende Integral des retardierten Vektorpotentials nimmt damit die folgende
asymptotische Form an:
I
μ I jk r 1 þ jk r0  er 0
AðrÞ ’ e ds:
4π j r  r0 j
∂F

Für die beiden Teilintegrale erhalten wir aus den Ergebnissen des statischen magneti-
schen Dipols aus Abschn. 4.3.1 mit der Näherung (4.40)

1 1 r  r0
0
’ þ 3
jrrj r r

und (4.41)
I
ðr  r0 Þds0 ¼ F ez  r
∂F
6.4 Der magnetische Dipol 305

die beiden folgenden asymptotischen Ausdrücke:


I I I
1 1 1 ez  r
0
ds0 ’ 0
ds þ 3 ðr  r0 Þds0 ¼ F ,
jr  r j r r r3
∂F ∂F ∂F

I I I
r 0  er 0 1 1 ez  r
ðr  r0 Þds0 þ ðr  r0 Þ ds0 ’ F
2
ds ’ 2 :
j r  r0 j r r4 r2
∂F ∂F ∂F

Hierbei verschwindet im ersten Ausdruck das erste Teilintegral identisch, während im


zweiten Ausdruck das zweite Teilintegral gegenüber dem ersten vernachlässigbar ist.
Damit resultiert für das retardierte Vektorpotential die asymptotische L€osung

μ mr
A ðrÞ ’ ð1 þ j k rÞejk r :
4π r3

Hierbei bezeichnet

m ¼ I F ez ¼ m ez

das in Abschn. 4.3.1 eingeführte Magnetische Dipolmoment, dessen Richtung im Rechts-


schraubensinn zur Stromrichtung bezogen ist.
Ausgedrückt in Kugelkoordinaten erhalten wir mit

m  er ¼ m sin θ eϕ

ein ϕ-gerichtetes Vektorpotential. Aus (6.31) resultieren damit für das Magnetfeld durch
Anwendung von (A.61) die beiden Komponenten

2 3
1 ∂ Aϕ sin θ 1 ∂ r Aϕ
B ¼ 4 er  eθ 5 ¼ H r er þ H θ eθ :
r sin θ ∂θ r ∂r

Über (II) ergibt sich für die elektrische Feldstärke (r 6¼ 0)

  
1 1 ∂ r Hθ ∂H r
E ¼ rotH ¼  eϕ
jωε jωε r ∂r ∂θ

eine einzige Komponente. Analog zum Hertzschen Dipol schreiben wir die Feldkompo-
nenten des magnetischen Dipols in Potenzen von 1/kr wie folgt an:
306 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Elektrischer Dipol Magnetischer Dipol

E- H
-
Il m
H
- E-

Abb. 6.10 Dualität der Elementarfelder des elektrischen und magnetischen Dipols

!
m 3 1 1
H r ¼ j k cosθ 2
j 3
ejkr
2π ðkrÞ ðkrÞ
!
m 3 1 1 1
H θ ¼ j k sinθ j þ j ejkr
4π ðkrÞ ðkrÞ2 ðkrÞ 3

!
m 3 1 1
Eϕ ¼ j k Zsinθ j þ ejkr ð6:43Þ
4π ðkrÞ ðkrÞ2

Wie der Vergleich mit dem Feld des Hertzschen Dipols (6.37) zeigt, sind elektrische und
magnetische Komponenten vertauscht. Die drei Feldausdrücke gehen dabei über die Regel
9
E!HZ >
=
H ! E=Z Dualit a€tsprinzip
>
;
I l ! jk m

exakt ineinander über. Dieser als Dualitätsprinzip bezeichnete Sachverhalt ist in Abb. 6.10
durch Vergleich der skizzierten Felder illustriert.

6.4.1 Nah- und Fernfeld

Im Nahfeld des magnetischen Dipols, d.h. für

r
k r ¼ 2π  1,
λ

erhalten wir mit ejkr  1 und der Berücksichtigung nur der Terme mit der h€ochsten Potenz
von kr in (6.43) für das elektrische Feld
6.4 Der magnetische Dipol 307

ω μ m sin θ
E ϕ ’ j
4π r2

Für das Magnetfeld erhalten wir aus (6.43) dementsprechend

m
H’ ð2 cos θ er þ sin θ eθ Þ,
4π r3

also das oszillierende Feld des statischen magnetischen Dipols (4.37). Das Nahfeld des
magnetischen Dipols entspricht damit den in Abschn. 1.8.4 beschriebenen Fall des quasi-
magnetostatischen (induktiven) Feldes. Das elektrische Feld ist dabei von untergeordneter
Bedeutung. Für die entsprechend definierte Feldwellenimpedanz resultiert:

E ϕ
ZF ¼ ¼ j k r Z:

" Das Nahfeld des Magnetischen Dipols ist ein induktives, niederohmiges Feld,
indem das elektrische Feld dem magnetischen um 90 voreilt.

Für das Fernfeld, d.h.

r
k r ¼ 2π 1
λ

sind in (6.43) nur die Glieder mit der niedrigsten Potenz von kr zu berücksichtigen, wobei
Hr ~ 1/(kr)2 gegenüber Hθ ~ 1/(kr) vernachlässigbar ist. Wir erhalten somit für das Fernfeld
des magnetischen Dipols

m k 2 ejk r
Hθ   sin θ
4π r
ð6:44Þ
m k 2 ejk r
Eϕ  Z sin θ,
4π r

mit der im Fernfeld resultierenden Feldwellenimpedanz der ebenen Welle im freien Raum
rffiffiffi
Eϕ μ
ZF ¼ ¼ ¼ Z:
H θ ε
308 6 Elektromagnetische Wellenfelder

6.4.2 Strahlungsleistung und Strahlungswiderstand

Mit den drei Feldkomponenten (6.43) resultiert für den komplexen Poynting-Vektor (6.40)

1 1
S ¼ E  H∗ ¼ E ϕ H θ ∗ er þ E ϕ H ∗
r eθ
2 2

eine r- und θ-Komponente. Einsetzen der Feldkomponenten und Trennen von Real- und
Imaginärteil liefert

S ¼ S re er þ jðS im, r er þ S im, θ eθ Þ,

also wie beim elektrischen Dipol eine einzig radial vom Dipol ausgestrahlte Wirkleistung:

 2
1 m 
Sre ¼ Re E  H∗ ¼ k 4 Z sin 2 θer :
2 32 π2 r2

Die Richtcharakteristik ist wegen Sre ~ sin2θ mit der des Hertzschen Dipols (Abb. 6.7)
identisch, bezogen auf die gleiche Richtung der Dipolmomente m und p. Im Gegensatz
zum Realteil Sre fällt der Imaginärteil von S stärker als 1/r2ab und beschreibt die im
Nahfeld des Dipols oszillierende Blindleistung.
Für die gesamte ausgestrahlte mittlere Wirkleistung erhalten wir

ðð  2 4 Z π  2 4
m k Z m  k Z
Pr ¼ Sre  dA ¼ sin θ dθ ¼
3
:
16 π 12 π
A 0
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
4=3

Aus der Leistungsbilanz

 2
I 
Pr ¼ I 2eff Rr ¼ Rr
2

resultiert für den Strahlungswiderstand Rr des magnetischen Dipols der Ausdruck

 2
F 2 k4 Z 8 3 F
Rr ¼ ¼ π Z 2 :
6π 3 λ

Im Vakuum (Luft) ergibt sich mit Z ¼ Z0 ¼ √μ0/ε0  120 π Ω (376,7 Ω) die Formel
Rr ¼ 31,2 kΩ (F/λ2)2. Auch in diesem Fall erweist sich ein elektrisch kleiner Strahler
6.5 Feldwellenimpedanz des elektrischen und magnetischen Dipols 309

aufgrund des sehr kleinen Strahlungswiderstandes (F2 << λ2) als wenig effektive Anten-
nenanordnung.

6.5 Feldwellenimpedanz des elektrischen und magnetischen Dipols

Die Dualität zwischen dem elektrischen und magnetischen Dipol spiegelt sich auch in der
Frequenz- bzw. Ortsabhängigkeit der Feldwellenimpedanz ZF wider. Dazu betrachten wir
jeweils die Beträge im Nah- und Fernfeld in Abhängigkeit von kr. Aus Abschn. 6.3 bzw.
6.4 resultieren hierfür jeweils die folgenden asymptotischen Verläufe:

  8 Z
   Eθ  < ; kr1
elektr: Dipol : Z  ¼   ¼ kr
F H ϕ  :
Z ; kr 1

  (
  Eϕ  Zkr ; kr1
magn: Dipol : Z  ¼   ¼
F H 
θ Z ; kr 1

Wie in Abb. 6.11 für das Vakuum (Luft) dargestellt, nähern sich die beiden Impe-
danzverläufe in der Nahfeldzone mit zunehmendem Abstand bzw. mit steigender Frequenz
einander an und streben nach einem Übergangsbereich für kr>>1 dem Feld-
wellenwiderstand Z ¼ Z0 ¼ √μ0/ε0  377 Ω der ebenen Welle im Freiraum an.

Abb. 6.11 Feldwellenimpedanz des elektrischen und magnetischen Dipols (asymptotische Verläufe
gestrichelt)
310 6 Elektromagnetische Wellenfelder

6.6 Spiegelungsprinzip

Analog zu elektro- und magnetostatischen Feldern (siehe Kap. 2 und 4) kann das Spie-
gelungsverfahren auch im elektrodynamischen Fall zur L€osung von Randwertproblemen
mit einfachen Geometrien angewendet werden. Das Prinzip ist in Abb. 6.12 am Beispiel
eines Hertzschen Dipols dargestellt, der vertikal im Abstand h über eine ideal leitende
Ebene angeordnet ist. Das gesuchte Feld oberhalb der Ebene setzt sich zusammen aus dem
ungest€orten Feld E0 des Dipols im freien Raum und dem Feld Es einer im unteren
Halbraum (außerhalb des L€osungsgebietes) geeignet angeordneten Spiegelquelle passen-
der Stärke zusammen, d. h.

E ¼ E0 þ Es :

Gleiches gilt für das magnetische Feld.


Die Spiegelquelle ist so zu wählen, dass ihr Feld zusammen mit dem Feld der realen
Quelle die Randbedingung Etan ¼ 0 auf der ideal leitenden Oberfläche erfüllt. In diesem
Fall ist dies ein gleich starker und gleichgerichteter Spiegel-Dipol im gleichen Abstand
h unterhalb der Oberfläche (Abb. 6.12). Wie man sich leicht überzeugen kann, heben sich
damit in jedem Punkt auf der Oberfläche die beiden Tangentialkomponenten des elektri-
schen Feldes auf:
 
E tan ¼ E0 þ Es tan ¼ E0, tan þ Es, tan ¼ 0:

Da jede beliebige Stromverteilung sich aus unendlich vielen Hertzschen Dipolen


zusammensetzt, ist das Spiegelungsprinzip darauf anwendbar. Beispiele dafür sind Anten-
nenanordnungen vor leitenden Oberflächen, die als Reflektor dienen. Dabei lässt sich
jede Stromverteilung in Bezug zur Ebene in vertikale und horizontale Komponenten
zerlegen. Für letztere ist zur Erfüllung der Randbedingung Etan ¼ 0 auf der ideal leitenden
Oberfläche eine gleich große, jedoch entgegengesetzte Spiegelquelle zu verwenden

Abb. 6.12 Anwendung des Il


Spiegelungsprinzips für einen
vertikal über einer ideal
leitenden Ebene angeordneten E tan = 0 h
elektrischen Dipol E 0,tan E s,tan

κ→
h
E0 Es
Il
6.7 Linearantennen 311

a b
Il Il
Etan = 0 Htan = 0
κ→ μ→

Abb. 6.13 Spiegelung eines vertikalen und eines horizontalen Stromelementes. (a) über ideal
leitender Ebene (b), über ideal permeabler Ebene

a b
m m
Etan = 0 Htan = 0
κ→ μ→

Abb. 6.14 Spiegelung eines vertikalen und eines horizontalen magnetischen Dipols (Strom-
schleife). (a) über ideal leitender Ebene (b), über ideal permeabler Ebene

(Abb. 6.13a). In analoger Weise erhält man auch für die ideal permeable Ebene (μr ! 1)
über die Randbedingung Htan ¼ 0 entsprechende Spiegelungsregeln (Abb. 6.13b).
Für den magnetischen Dipol (Stromschleife) mit dem Dipolmoment m (Abschn. 6.4)
lassen sich in analoger Weise zum elektrischen Dipol über die Erfüllung der Randbedingung
Etan ¼ 0 auf der ideal leitenden Oberfläche bzw. Htan ¼ 0 auf der ideal permeablen Ebene
entsprechende Spiegelanordnungen aufstellen (Abb. 6.14). Die Dualität der beiden Quellen
tritt dabei aufgrund der jeweils entgegengesetzten Spiegelquellen in Erscheinung (vgl.
Abb. 6.13).

6.7 Linearantennen

Die einfachste Antennenbauform besteht aus zwei geraden Metalldrähten, die über An-
schlüsse von einer Spannungsquelle als Dipol angeregt werden. Alternativ dazu wird bei
der Monopolantenne ein einzelner Draht gegenüber einer gr€oßeren Referenzelektrode
betrieben. Zur Untersuchung des Strahlungsverhaltens einer solchen Linearantenne soll
die folgende Modellrechnung durchgeführt werden. Dabei wird zunächst eine Näh-
erungsl€
osung für die Stromverteilung entlang des Antennendrahtes bestimmt, um an-
schließend durch Integration über alle infinitesimalen Stromelemente das Strahlungsfeld
(Fernfeld) berechnen zu k€onnen.
312 6 Elektromagnetische Wellenfelder

6.7.1 Stromverteilung

Betrachtet werde eine in der Mitte aufgetrennte, symmetrisch gespeiste Dipolantenne mit
der Gesamtlänge l und dem Drahtradius a << l (Abb. 6.15). Die Unterbrechung an der
Speisestelle wird dabei als vernachlässigbar kurz idealisiert.
Im Rahmen einer D€unndrahtn€aherung (a << l,λ) kann angenommen werden, dass die
Stromdichte in dem Antennendraht parallel zum Draht, in z-Richtung fließt und aufgrund
der Zylindersymmetrie zu einem Linienstrom I(z) auf der Drahtachse zusammengefasst
werden kann.
Im Folgenden soll nun aus dem Vektorpotential auf der Drahtoberfläche eine einfache
Differentialgleichung für die gesuchte Stromverteilung I(z) aufgestellt werden. Für das
allgemeine Volumenintegral (6.34) des retardierten Vektorpotentials machen wir somit den
Näherungsansatz
 
J dV 0  J z ðz0 Þ dV 0 ez ¼ I ðz0 Þ d z0 D€ a herung :
u nndrahtn€

Damit ergibt sich für das ebenfalls z-gerichtete Vektorpotential

Z
μ I ðz0 Þ ej k R 0
A z ðzÞ ¼ dz , ð6:45Þ
4π R
l

wobei die Integration über die Gesamtlänge l des Dipols auszuführen ist. Hierbei be-
zeichnet
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
R¼ ðz  z0 Þ2 þ a 2

den Abstand zwischen einem gewählten Aufpunkt auf der Drahtoberfläche an der Stelle
z und dem Quellpunkt an der Stelle z0 (Abb. 6.16).

Abb. 6.15 Symmetrisch 2a z


gespeiste Drahtantenne (Dipol) l

I0

U0 ~ l/2

0
6.7 Linearantennen 313

Abb. 6.16 Zur Berechnung des


Vektorpotentials auf der I(z') dz'
Drahtoberfläche
R a

z' z

Das Integral (6.45) kann nun im Sinne einer Dünndrahtnäherung dahingehend verein-
facht werden, dass nur der Hauptbeitrag für z0  z mit ejkR  1 Berücksichtigung findet.
Daraus folgt näherungsweise
Z
μ I ðz0 Þ 0 μ
Az ðzÞ  dz  I ðzÞ K: ð6:46Þ
4π R 4π
l

Das Vektorpotential auf der Drahtoberfläche ist also näherungsweise proportional zum
lokalen Stromwert, wobei K für einen entsprechenden Geometriefaktor steht.
Über die Formel (6.35) mit der Wellenzahl k (6.22) des den Draht umgebenden
Mediums erhalten wir für die Feldstärke auf der Drahtoberfläche den Ausdruck

 
1 d2
Ez ðzÞ ¼  j ω 1 þ 2 2 Az ðzÞ: ð6:47Þ
k dz

Hierbei entfallen, bezogen auf ein Zylinderkoordinatensystem, in der die z-Achse auf
die Drahtachse gelegt wird, sämtliche Ableitungen in ρ und ϕ-Richtung.
Als weitere Vereinfachung soll für den Draht ideale Leitf€ahigkeit angenommen werden.
Damit gilt für die Tangentialkomponente der elektrischen Feldstärke auf der Draht-
oberfläche, außer im Speisepunkt

Etan ¼ E z ez ¼ 0 f€
ur z 6¼ l=2:

Die Speisung des Dipols mit der Spannungsquelle U0 entspricht einer eingepr€agten
elektrischen Feldst€arke entlang der infinitesimalen Unterbrechung bei z ¼ l/2 und lässt sich
mit Hilfe der Dirac-Funktion formulieren. Einsetzen des Näherungsausdrucks (6.46) für Az
in (6.47) ergibt schließlich die folgende gew€ohnliche DGL 2. Ordnung für die gesuchte
Stromverteilung im Antennendraht:

d2 I 4πε
þ k 2 I ¼ jω U δðz  l=2Þ: ð6:48Þ
dz 2 K 0

Als Randbedingung kann das Verschwinden des Stromes an den beiden Drahtenden,
d.h. I(z ¼ 0, l ) ¼ 0 angesetzt werden.
314 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Die L€
osung von (6.48) soll in Form einer Orthogonalreihenentwicklung erfolgen (siehe
Abschn. 2.7.2) mit der allgemeinen L€osung (2.53), wobei aufgrund des Verschwindens des
Stromes bei z ¼ 0 der Cosinusterm entfällt:

X
1

I ðzÞ ¼ C n sin z :
n¼1
l

Einsetzen in (6.48) liefert nach Anwendung der Orthogonalitätsrelation (2.56) für die
Sinusfunktion (siehe Beispiel 2.8) die Koeffizienten Cn. Wir erhalten somit als L€osung für
die Stromverteilung auf der symmetrisch gespeisten Dipolantenne
  nπ 
X1
sin nπ
8πε 2 sin l z
I ðzÞ ¼ jω U nπ2 : ð6:49Þ
K l 0 n¼1  k2l

Die Reihendarstellung (6.49) der L€osung kann auf einen einfachen geschlossenen
Ausdruck reduziert werden. Hierbei tragen lediglich die ungeradzahligen Summenglieder
(n ¼ 1, 3, 5,. . .) zum Ergebnis bei. Demzufolge ist die resultierende Stromverteilung
symmetrisch bzgl. der Einspeisung bei z ¼ l/2. Für die folgenden Umformungen genügt
deshalb nur die Betrachtung eines Dipolarms, z. B. für z  l/2.
Unter Verwendung der Identität

1
sin ðaÞ sin ðbÞ ¼ ð cos ða  bÞ  cos ða þ bÞÞ ð6:50Þ
2

kann die L€
osung (6.49) wie folgt umgeschrieben werden:

      !
8πε X1
cos nπl z  2l X1
cos nπl z þ 2l
I ðzÞ ¼ jω U nπ2  nπ2 :
K l 0 n¼1  k 2
n¼1  k 2
l l

Auf beide Summen kann der Zusammenhang

X1
cos ðnbÞ 1 π cos ½αðπ  bÞ
¼ 2 , f u€r 0 b 2π
n¼1
n α
2 2 2α 2α sin ðαπÞ

angewendet werden, wobei dies bei b ¼ π/l (z l/2) nur für z  l/2 gilt:

2πε cos ½k ðl  zÞ  kl=2  cos ½k ðl  zÞ þ kl=2


I ðzÞ ¼ jω U0 :
Kk sin ðkl Þ

Durch eine erneute Ausnutzung der Beziehung (6.50) erhalten wir schließlich für den
Antennenstrom auf einem Dipolarm den einfachen Ausdruck
6.7 Linearantennen 315

|I0 | |I0 | |I0 |


|I0 |

l=λ l = λ/2 l = 3λ/4 l = 5 λ/4

Abb. 6.17 Amplitudenverlauf einiger Stromverteilungen mit aufsteigender Antennenlänge bzw.


Frequenz

I0
I ðzÞ ¼ sin ½k ðl  zÞ, ur z  l=2 ,
f€
sin ðkl=2Þ

wobei I0 ¼ I(z¼l/2) den Eingangsstrom bezeichnet. Durch Verschiebung des Koordi-


natenursprungs auf die Einspeisestelle über die Koordinatentransformation z ! z  l/2,
ergibt sich für die Stromverteilung auf dem gesamten Dipol unter Ausnutzung ihrer
Symmetrie schließlich die L€osung in der gesuchten geschlossenen Form:

I ðzÞ ¼ I max sin ½k ðl=2  jzjÞ, ur  l=2


f€ z l=2, ð6:51Þ

mit

I0
I max ¼ :
sin ðkl=2Þ

Die Stromverteilung auf dem Dipol liegt also in Form von sog. stehenden Wellen vor, d. h.
der Strom oszilliert überall auf dem Draht in gleicher Phase aber mit ortsabhängiger
Amplitude. Abb. 6.17 zeigt an vier Beispielen den Amplitudenverlauf des Stromes. Für elek-
trisch sehr kurze Dipole (l << λ) ergibt sich eine nahezu dreiecksf€ormige Stromverteilung.

6.7.2 Fernfeld des symmetrischen Dipols

Zur Berechnung des Fernfeldes k€onnen wir wegen der einzigen Eθ-Komponente statt über
die Integration des retardierten Vektorpotentials (6.34) direkt den entsprechenden Aus-
druck (6.38) des Hertzschen Dipols für ein Stromelement der Länge dz0 in differentieller
Form ansetzen:
316 6 Elektromagnetische Wellenfelder

0
I d z0 ejk jrr j
dE θ ¼ jk Z sin θ: ð6:52Þ
4π j r  r0 j

Für jeden Quellpunkt r0 entlang des Dipols gilt dabei für einen Aufpunkt r im Fernfeld

j r0 j ¼ z0  j r j ¼ r,

bezogen auf den Koordinatenursprung in der Mitte des Dipols (Abb. 6.18). Damit ergibt
sich mit (4.39) für den Differenzabstand der asymptotische Ausdruck

r  r0
j r  r0 j ’ r  ¼ r  z0 cos θ:
r

Diese Näherung entspricht der in Abb. 6.18 skizzierten Parallelstrahl-Approximation


für den Differenzvektor r  r0.
Damit k€onnen die beiden in (6.52) enthaltenen Ausdrücke wie folgt genähert werden:

1 1
0
 ,
jr  r j r

0
j k z0 cos θ
ej k jrr j ’ ejk r e :

Für das elektrische Fernfeld des symmetrischen Dipols ergibt sich somit das Integral

Abb. 6.18 Zur Berechnung des z


Fernfeldes des Dipols
(Parallelstrahl-Approximation)
l /2
r – r'
θ
I dz' r
θ
0

–l /2
6.7 Linearantennen 317

Z
þl=2
jk Z ejk r 0
Eθ ¼ sin θ I ðz0 Þ e jk z cos θ
dz0 :
4π r
l=2

Einsetzen der Stromverteilung (6.51) ergibt unter Verwendung der Stammfunktion


Z
ea x
ea x sin ðb x þ cÞd x ¼ ½ a sin ðb x þ cÞ  b cos ðb x þ cÞ 
a2 þ b2

nach Aufteilung der Integration für die beiden Intervalle l/2. . .0 und 0. . .+l/2 die L€osung

jZ I max ej k r cos ð cos θ kl=2Þ  cos ðkl=2Þ
Eθ ¼ : ð6:53Þ
2π r sin θ

Über die Fernfeldbeziehung (6.39)

H ϕ ¼ E θ =Z ð6:54Þ

ist damit auch das magnetische Feld bestimmt.


Die durch den Ausdruck

 
E ðθÞ  j cos ð cos θ kl=2Þ  cos ðkl=2Þ j
θ
sin θ

gegebene Richtcharakteristik ist in Abb. 6.19 für vier ausgewählte Dipollängen in aufstei-
gender Reihenfolge exemplarisch dargestellt.
Wie in Abb. 6.19 zu erkennen ist, unterscheidet sich die Richtcharakteristik bei kleinen
Dipollängen nicht allzu sehr vom Hertzschen Dipol (vgl. Abb. 6.7), wobei mit zunehmen-
der Dipollänge eine stärkere Bündelung in Hauptstahlrichtung (θ ¼ 90 ) eintritt. Bei
Überschreiten von l ¼ λ treten zusätzliche Maxima in der Richtcharakteristik auf. Diese
sog. Aufzipfelung der Strahlungscharakteristik nimmt mit der Antennenlänge zu und ist
meist unerwünscht, weil die Sendeleistung sich auf verschiedene Richtungen aufteilt und
damit die Effizienz in Hauptstrahlrichtung herabgesetzt wird. Aus diesem Grund ist
hauptsächlich der Halbwellendipol (l ¼ λ/2) von praktischer Bedeutung. In diesem Fall
ist der Eingangsstrom

I 0 ¼ I max sin ðkl=2Þ ¼ I max

und wir erhalten für das Strahlungsfeld des λ/2-Dipols aus (6.53) mit k l ¼ π den Ausdruck
318 6 Elektromagnetische Wellenfelder

l ≤ λ/2 l=λ l ≤ 3λ/2 l ≤ 2λ


43°
z 57°
71°
θ 90°

Abb. 6.19 Richtcharakteristik des symmetrischen Dipols mit aufsteigender Antennenlänge bzw.
Frequenz

 π 
Z I ej k r cos 2 cos θ
Eθ ¼ j 0 : ð6:55Þ
2π r sin θ

Mit (6.54) berechnet sich die vom Dipol ausgestrahlte Leistung durch Integration des
Realteils des komplexen Poynting-Vektors (6.40) über eine geschlossene Hüllfläche:
ðð ðð
1 1  
Pr ¼ Re E  H∗ dA ¼ E ðθÞ2 dA:
θ
2 2Z

Für den Halbwellendipol resultiert daraus für den Strahlungswiderstand nach Einsetzen
von (6.55) durch Integration über eine Fernfeldkugel (Abb. 6.8)


2 Z cos 2 ðπ=2 cos θÞ
Rr ¼  2 Pr ¼ dθ:
I  2π sin θ
0 θ¼0

Das verbliebene Integral ist nicht elementar l€osbar. Sein numerischer Wert beträgt
 1,2186. Für das Vakuum (Luft) mit Z ¼ Z0  376,7 Ω (6.20) ergibt sich für den
Strahlungswiderstand des λ/2-Dipols der Wert

Rr  73, 1 Ω:

Hinsichtlich der Anpassung der Antenne an einen Signalgenerator ist dies ein in der
Praxis recht günstiger Wert, was einen zusätzlichen Vorteil des λ/2-Dipols darstellt. Aus der
Leistungsbilanz

 2
I 
Pel ¼ Pr ¼ 0
Rr
2
6.7 Linearantennen 319

Abb. 6.20 Antennen- I0


Ersatzschaltbild des λ/2-Dipols

~ Rr

mit der vom Generator gelieferten Leistung Pel resultiert das in Abb. 6.20 dargestellte
einfache Antennen-Ersatzschaltbild des λ/2-Dipols.

6.7.3 Der Monopol

Eine andere häufig verwendete Drahtantenne, die nur mit einem Dipolarm auskommt, ist
der Monopol, insbesondere der λ/4-Monopol. Wie in Abb. 6.21 schematisch dargestellt,
wird ein Antennenstab mit der Länge h ¼ λ/4 in kurzem Abstand, vertikal über einer
leitenden Oberfläche angeordnet.
Gemäß Abb. 6.12 ist der an dieser Ebene gespiegelte Strom entlang des Monopols
identisch mit dem Strom eines zweiten Dipolarms (vgl. Abb. 6.17), sodass das Feld im
oberen Halbraum exakt dem des λ/2-Dipols entspricht (Abb. 6.20):

Eθmon ¼ E θdip , θ π=2:

Da aber nur der obere Halbraum felderfüllt ist, wird bei gleichem Eingangsstrom I0 auch
nur die Hälfte der Leistung ausgestrahlt. Wie die folgende Rechnung zeigt, resultiert für
den Strahlungswiderstand dementsprechend ein halb so großer Wert wie beim λ/2-Dipol
(Abb. 6.22).

Abb. 6.21 λ/4-Monopol über


leitender Ebene (Spiegelebene)

h = λ /4

I0

~
320 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Abb. 6.22 Spiegelung des


Stroms beim λ/4-Monopol
r
E
—θ
I θ
—θ

Ausgehend von (6.51) ergibt sich für den λ/4-Monopol die Stromverteilung

I ðzÞ ¼ I max sin ½ k ðh  z Þ  ¼ I 0 sin ½ k ðλ=4  z Þ :

Aufgrund der Gleichheit der Felder ergibt sich für den Strahlungswiderstand

Zπ=2
Z cos 2 ðπ=2 cos θÞ Z
Rrmon ¼ dθ   0, 6093
2π sin θ 2π
θ¼0

das gleiche Integral wie beim λ/2-Dipol, jedoch wegen der Beschränkung des In-
tegrationsbereichs auf θ ¼ 0. . .π/2 mit halbem Betrag, sodass

1 dip
Rrmon ¼ R  36, 5 Ω:
2 r

6.8 Ausbreitung ebener Wellen

Die in Abschn. 6.1.1 beschriebene homogene ebene Welle stellt nicht nur die einfachste
aller Wellenformen dar. Ihre eigentliche Bedeutung liegt vielmehr darin, dass im Fernfeld
jeder beliebigen Strahlungsquelle lokal solche Verhältnisse vorliegen (siehe Abschn. 6.3.2).
Deshalb wollen wir im Folgenden die Ausbreitung von ebenen Wellen in einem beliebigen,
verlustbehafteten Medium näher untersuchen, sowie die Reflexion und Brechung an
Medienübergängen studieren.
Die Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle wird gemäß der Feldwellengleichung
(6.23) für zeitharmonische Vorgänge in einem verlustbehafteten Medium

ΔE  γ2 E ¼ 0
6.8 Ausbreitung ebener Wellen 321

von der komplexen Fortpflanzungskonstante (6.24)

ωε
γ2 ¼ j ω μ κ  k 2 ¼ j ω μ κ 1 þ j
κ

bestimmt. Sie besteht aus einem Real- und Imaginärteil

γ ¼ α þ jβ,

die explizit gegeben sind durch


sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 
1
α ¼ k 1 þ ðκ=ω εÞ  1 2
D€
ampfungskonstante ð6:56Þ
2

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 
1
β ¼ k 1 þ ðκ=ω εÞ þ 1 2
Phasenkonstante , ð6:57Þ
2

mit der Wellenzahl (6.22)

pffiffiffiffiffiffi ω
k ¼ ω με ¼ :
c

Bei einer homogenen ebenen Welle ist die Schwingungsrichtung von E und
H ortsunabhängig. Beide Felder stehen senkrecht zueinander und zur Ausbreitungsrich-
tung (transversale Felder). Betrachten wir beispielsweise eine Wellenausbreitung in z-
Richtung mit den Feldern Ex(z) und Hy(z) (siehe Abb. 6.3). Die Feldwellengleichung
reduziert sich in diesem Fall zur skalaren Form

2
∂ Ex
 γ2 E x ¼ 0,
∂z2

mit der allgemeine L€osung

γ z þγ z
E x ðzÞ ¼ E þ
x e þ E
x e : ð6:58Þ

Die L€
osung besteht aus einer in positive und eine in negative z-Richtung fortschreitende
Welle, auch hin- und r€ucklaufende Welle genannt, mit den Amplituden Ex+, Ex. Analog
erhält man wegen der gleichen Feldwellengleichung (6.23) für das magnetische Feld:

γ z þγ z
H y ðzÞ ¼ H þ
y e þ H
y e : ð6:59Þ
322 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Wie in Abschn. 6.1.1 beschrieben, ist es nicht notwendig die L€osung für Ex(z) (6.58) und
Hy(z) (6.59) separat zu bestimmen. Beide sind über den Feldwellenimpedanz Z des
Mediums fest miteinander verknüpft. Einsetzen von (6.58) in die I-Maxwell-Gleichung
ergibt:

∂E x ðzÞ
ey ¼  j ω μ H y ey :
∂z

Nach Einsetzen von (6.58) und (6.59) und Ausführung der Differentiation resultiert
daraus

γ z þγ z γ z þγ z
γ Eþ
x e þ E
x e ¼  j ω μ Hþ
y e þ H
y e :

Der Koeffizientenvergleich jeweils für die hin- und rücklaufende Welle liefert

Eþ E jωμ
x
þ ¼   ¼
x
¼ Z, ð6:60Þ
Hy Hy γ

mit der allgemeinen komplexen Feldwellenimpedanz

jωμ
Z ¼ : ð6:61Þ
γ

Bei Kenntnis der L€osung für das elektrische Feld ist also auch direkt das magnetische
Feld über die Beziehung (6.60) bekannt:

1 þ γ z þγ z
H y ðzÞ ¼ E e  E
x e : ð6:62Þ
Z x

Um die Zeitabhängigkeit der beiden komplexen L€osungen (6.58) und (6.62) zu erhalten,
bilden wir gemäß Abschn. 1.7 beispielsweise für die hinlaufende Welle nach Multiplikation
mit ejωt den Realteil:
n o  
γ z jωt
E x ðz; t Þ ¼ Re E þ x e e ¼ E þ  α z Re ejðωtþφE βzÞ
x e
 þ  α z ð6:63Þ
E x ðz; t Þ ¼ E e
x cos ðωt þ φ  β zÞ,
E

wobei φE den Phasenwinkel der komplexen elektrischen Feldstärkeamplitude


 þ  jφ
Eþ   E
x ¼ Ex e
6.8 Ausbreitung ebener Wellen 323

bezeichnet. Analog ergibt sich ein entsprechender Ausdruck für das Magnetfeld (6.62) mit
dem Phasenwinkel φH der magnetischen Feldstärkeamplitude
 þ
E 
H y ðz; t Þ ¼  x eα z cos ðωt þ φH  β zÞ:
Z

Die Dämpfungskonstante α (6.56) bestimmt also die durch Verluste verursachte expo-
ampfung der Felder, während die Phasenkonstante β (6.57) die Ausbreitungs-
nentielle D€
geschwindigkeit bzw. die Wellenlänge λ festlegt. Gemäß der innerhalb der Strecke λ
vollständig durchlaufenen Phase

β ðz þ λ Þ  β z ¼ 2 π

ergibt sich für die Wellenlänge, die zu (6.21) alternative Formel:


λ¼ : ð6:64Þ
β

Abb. 6.23 veranschaulicht die Feldverhältnisse für eine gedämpfte homogene ebene
Welle.
Für die Flächen konstanter Phase gilt beispielsweise nach Gl. (6.63)

ωt þ φE  βz ¼ const:

Eine solche Phasenfront bewegt sich mit der sog. Phasengeschwindigkeit v entlang der
Ausbreitungsrichtung z. Durch zeitliche Ableitung erhalten wir

d dz
ðωt þ φE  βzÞ ¼ ω  β ¼ωβv¼0
dt dt

und mit (6.64) und der Frequenz f ¼ ω/2π die Beziehungen

ω
v¼ ¼ λf: ð6:65Þ
β

6.8.1 Spezialfälle

Im Folgenden sollen für drei wichtige Fälle die Kenngr€oßen der ebenen Wellen untersucht
werden.
324 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Abb. 6.23 Ausbreitung einer a x


homogenen ebenen Welle (a) E
Feldvektoren (b)
Amplitudenprofil in einem H
verlustbehafteten Medium
z

λ
b
Ex

Verlustfreies Medium
Bei fehlender Leitfähigkeit (κ ¼ 0) resultiert aus (6.56) und (6.57)

α ¼ 0
pffiffiffiffiffiffi ω
β ¼ k ¼ ω με ¼ ,
c

mit

ω 1
v¼ ¼ pffiffiffiffiffiffi ¼ c:
β με

Der Feldwellenwiderstand (6.61)


rffiffiffi
jωμ jωμ μ
Z¼ ¼ pffiffiffiffiffiffi ¼
γ jω με ε

ist rein reell. Das heißt, die Feldamplituden sind konstant und stehen in einem frequenz-
unabhängigen, proportionalen Verhältnis zueinander.
6.8 Ausbreitung ebener Wellen 325

Medien mit geringen Verlusten


In einem Medium mit κ/ωε << 1, in dem der Leitungsstrom gegenüber dem Verschie-
bungsstrom klein ist, erhalten wir aus (6.56) und (6.57) folgende Näherungen für die
Ausbreitungskonstanten:
rffiffiffi
κ μ
α
2 ε
pffiffiffiffiffiffi ω
βk ¼ ω με ¼ :
c

Die Welle ist schwach gedämpft und breitet sich nahezu mit der Lichtgeschwindigkeit
des Mediums ohne Verluste aus:

ω 1
v ¼  pffiffiffiffiffiffi ¼ c:
β με

Für den Feldwellenwiderstand (6.61) erhalten wir nach Einsetzen von α und β die
Näherung
rffiffiffi rffiffiffi
jωμ μ 1 μ
Z ¼ qffiffi p ffiffiffiffiffiffi ¼ j 1 κ
 , mit κ  ω ε:
κ μ ε þ j ε
ε þ jω με 2ω ε
2

Verluste k€
onnen in einem Medium auch allein oder zum Teil durch elektrische bzw.
magnetische Polarisierungsvorgänge (Abschn. 1.4) verursacht werden. Am häufigsten
handelt es sich um dielektrische Verluste in einem nichtleitfähigen Medium (Isolator).
Sie lassen sich in eine effektive spez. Leitfähigkeit umrechnen, mit der aus (6.56) die
entsprechende Dämpfungskonstante α resultiert.

Gut leitende Medien


Wenn der Leitungsstrom gegenüber dem Verschiebungsstrom überwiegt (κ/ωε >> 1)
erhalten wir aus (6.56) und (6.57) mit Bezug zur Skintiefe δ (5.16) folgendes Resultat:
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ωμκ 1
αβ ¼ ð6:66Þ
2 δ
sffiffiffiffiffiffiffi

v ¼ ω δ:
μκ

Es handelt sich also um die in Kap. 5 behandelten Diffusionsfelder. Die Feldamplituden


sind frequenzabhängig und klingen über die Länge δ auf 1/e-tel exponentiell ab. Die
326 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Wellenlänge verkürzt sich dabei gegenüber dem nichtleitfähigen Fall auf λ ¼ 2πδ. Für die
Feldwellenimpedanz (6.61) ergibt sich
rffiffiffiffiffiffiffi
jωμ ω μ j π=4
Z  qffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ e : ð6:67Þ
ωμκ κ
2 ð1 þ j Þ

Das elektrische Feld eilt dem magnetischen Feld um 45 voraus, wobei das Am-
plitudenverhältnis von der Frequenz abhängig ist.

6.8.2 Beliebige Ausbreitungsrichtung

Im nachfolgenden Abschnitt wird das Auftreffen einer ebenen Welle auf ein Medien-
übergang unter einem beliebigen Einfallswinkel behandelt. Aus diesem Grund ist eine
Verallgemeinerung der L€osungen (6.58) bzw. (6.62) für eine beliebige Ausbreitungsrich-
tung im Raum erforderlich. Dazu führen wir den sog. Wellenvektor

k ¼ k ek

ein, mit dem entsprechenden Einheitsvektor ek (siehe Abb. 6.24). Er steht senkrecht auf den
Phasenfronten, gemäß der Ebenen-Gleichung kr ¼ const.
In einem verlustlosen Medium ist beispielsweise der Ausdruck (6.58) für eine hin-
laufende Welle in Richtung k wie folgt umzuschreiben:

EðrÞ ¼ E ejkr : ð6:68Þ

Die magnetische Feldstärke

1
H ðrÞ ¼ ek  EðrÞ ð6:69Þ
Z

ist dabei so gerichtet, dass der Poynting-Vektor (6.40) in Ausbreitungsrichtung (Richtung


des Energietransports) zeigt:
 
1 ∗ 1 jkr 1 ∗ þjkr
S ¼ EH ¼ Ee  ek  E e :
2 2 Z

Nach Multiplikation und Anwendung der Regel (A.12) für das zweifache Kreuzprodukt
erhalten wir mit Eek ¼ 0 (Transversalfeld) den Ausdruck
6.9 Reflexion und Brechung ebener Wellen 327

Abb. 6.24 Ausbreitung einer y Ebenen


ebenen Welle in Richtung des
Wellenvektors k
konstanter Phase

k
r

 2
E
S ¼ ek : ð6:70Þ
2Z

Der Poynting-Vektor (6.70) gibt die Leistungs-Flussdichte in Ausbreitungsrichtung der


Welle an.

6.9 Reflexion und Brechung ebener Wellen

Betrachtet werde der Einfall einer ebenen Welle aus beliebiger Richtung und mit beliebiger
Polarisation (Schwingungsrichtung des E-Feldvektors) in Medium 1 mit Materialkonstan-
ten ε1,μ1 auf die Trennfläche zu Medium 2 mit den Materialkonstanten ε2,μ2 (Abb. 6.25).
Beide Medien seien verlustlos (κ ¼ 0).
Das in Medium 1 auf die Grenzfläche auftreffende Wellenfeld mit der Amplitude E0,e
und dem Wellenvektor ke kann nach (6.68) wie folgt ausgedrückt werden:

Ee ¼ E0, e ejke r : ð6:71Þ

Der Winkel der Einfallsrichtung zum Lot auf der Grenzfläche wird als Einfallswinkel αe
bezeichnet (Abb. 6.25).
Zusätzlich wird in Medium 1 eine reflektierte Welle mit Feldamplitude E0,r und
Wellenvektor kr angesetzt, die unter dem Winkel αr von der Grenzfläche fortschreitet:

Er ¼ E0, r ejkr r : ð6:72Þ

Für Medium 2 wird eine durchtretende (transmittierte oder gebrochene) Welle mit
Amplitude E0,t, Wellenvektor kt und Winkel αt angesetzt:
328 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Abb. 6.25 Einfall einer ebenen y


Welle auf einen
Medienübergang 1 2
kr
kt

αr αt
αe z
x

ke

Einfallsebene

Et ¼ E0, t ejkt r : ð6:73Þ

Der jeweils zugeh€orige magnetische Feldvektor ist nach (6.69) über den Feld-
wellenwiderstand des Mediums mit dem elektrischen Feldvektor verknüpft.
Auf der Grenzfläche (z ¼ 0) müssen die Tangentialkomponenten von E und H bei
Abwesenheit von Oberflächenstr€omen die Stetigkeitsbedingungen (6.4) und (6.5) erfüllen,
d. h.:
       
Ee þ Er tan
¼ Et tan , He þ Hr tan
¼ Ht tan :

Durch Einsetzen von (6.71), (6.72) und (6.73) in Kombination mit (6.69) lässt sich
zeigen, dass die Stetigkeitsbedingungen für alle Zeiten und für alle Punkte r ¼ r0 ¼ (x,y,0)
auf der Trennfläche nur erfüllt werden k€onnen, wenn die drei Wellen für alle r0 nicht nur
die gleiche Frequenz sondern auch die gleiche Phase haben, d. h.:

ke  r0 ¼ kr  r0 ¼ kt  r0 : ð6:74Þ

Daraus folgt:

1) Die Wellenvektoren ke, kr, kt liegen in der Einfallsebene. Das ist die Ebene x ¼ 0,
senkrecht zur Mediengrenzfläche (Abb. 6.25).
2) Der Einfallswinkel ist gleich dem Reflexionswinkel

αe ¼ αr : ð6:75Þ
6.9 Reflexion und Brechung ebener Wellen 329

Beweis: Da sich einfallende und reflektierte Welle im selben Medium befinden, sind die
Beträge der Wellenvektoren gleich

ke ¼ kr ¼ k1

Einsetzen in die Phasenbedingung (6.74):

π π
k 1 r0 cos  αe ¼ k 1 r0 cos  αr
2 2

) αe ¼ αr ¼ α1

3) Brechungsgesetz von Snellius

αe ¼ αr ¼ α1 , αt ¼ α2 , ke ¼ kr, kt ¼ k2

Einsetzen in die Phasenbedingung (6.74) liefert

π π
k 1 r0 cos  α1 ¼ k 2 r0 cos  α2
2
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} 2
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
sin α1 sin α2

) k 1 sin α1 ¼ k 2 sin α2
pffiffiffiffiffiffi
oder mit k ¼ ω μ ε und reellen Materialkonstanten μ,ε

rffiffiffiffiffiffiffiffiffi
sin α1 k2 μ2 ε2 n2
¼ ¼ ¼ Snelliussches Brechungsgesetz ð6:76Þ
sin α2 k1 μ1 ε1 n1

Mit dem Brechungsindex


rffiffiffiffiffiffiffiffiffi
c0 με pffiffiffiffiffiffiffiffi
n ¼ ¼ ¼ μ r εr : ð6:77Þ
c μ 0 ε0

Das nach W. Snell im 17. Jahrhundert benannte Brechungsgesetz (6.76) auf der Basis
des Brechungsindex war lange vor seiner Zeit für die Lichtbrechung aus optischen Expe-
rimenten bereits bekannt. Die erst im 19. Jahrhundert durchgeführte Vereinheitlichung der
Elektromagnetischen Theorie durch J. C. Maxwell und der Einordnung des Lichtes als
elektromagnetische Welle findet damit durch (6.76) seine perfekte Bestätigung.
330 6 Elektromagnetische Wellenfelder

6.9.1 Reflexion und Transmissionsfaktor

Zur Berechnung der Feldamplituden der reflektierten und der gebrochenen (transmittierten)
Welle wird die einfallende Welle in zwei Anteile zerlegt:

senkrecht polarisierte Welle, d. h. E steht senkrecht zur Einfallsebene (Abb. 6.26a)


parallel polarisierte Welle, d. h. E liegt in der Einfallsebene (Abb. 6.26b).

Durch diese beiden zueinander senkrecht polarisierten Wellen kann jede beliebige Pola-
risierung der einfallenden Welle zusammengesetzt werden. Wir beschränken uns weiterhin
auf verlustlose Medien und definieren den auf die Feldamplitude E0,e der einfallenden
Welle bezogenen Reflexionsfaktor

E 0, r
r ¼ ð6:78Þ
E 0, e

mit der reflektierten Amplitude E0,r und den Transmissionsfaktor

E 0, t
t ¼ ð6:79Þ
E 0, e

mit der Amplitude E0,t der gebrochenen Welle.


Im Folgenden werden Reflexions- und Transmissionsfaktor jeweils für die senkrecht
und die parallel polarisierte Welle über die Stetigkeitsbedingungen an der Mediengrenze
bestimmt.

a y b y
1 2 1 2
kr Er
kr
Er Et
Ht kt Hr kt
Hr
α1 α2 Et α1 α2 Ht
α1 x z α1 x z
He Ee
ke ke

Ee He

Abb. 6.26 Zerlegung einer beliebig polarisierten ebenen Welle in Bezug zur Einfallsebene in eine
(a) senkrecht polarisierte und (b) parallel polarisierte Welle
6.9 Reflexion und Brechung ebener Wellen 331

Senkrechte Polarisation
Für die Tangentialkomponenten der elektrischen Feldstärke auf der Trennfläche gilt (6.4)

ðE0, e þ E 0, r Þ ex ¼ E 0, t ex :

Daraus folgt durch Division mit der einfallenden Feldamplitude E0,e gemäß (6.78),
(6.79)

1 þ rs ¼ t s ð1Þ:

Für die magnetischen Tangentialfeldstärken gilt (6.5)

ðHe þ Hr Þtan ¼ ðHt Þtan :

Unter Verwendung von (6.69) resultiert daraus

1 1
ðE 0, e ek , e  ex þ E 0, r ek , r  ex Þtan ¼ ðE 0, t ek , t  ex Þtan :
Z1 Z2

Mit jeweils dem Feldwellenwiderstand (6.20) von Medium 1 und 2


rffiffiffiffiffiffiffiffi
μ1, 2
Z 1, 2 ¼ :
ε1 , 2

und den Kreuzprodukten

ðek , e  ex Þtan ¼ cos α1 ey , ðek , r  ex Þtan ¼  cos α1 ey , ðek , t  ex Þtan ¼ cos α2 ey :

erhalten wir nach Division mit der einfallenden Feldamplitude E0,e gemäß (6.78), (6.79) als
zweite Bestimmungsgleichung

Z 2 ð1  rs Þ cos α1 ¼ Z 1 t s cos α2 ð2Þ:

Die Aufl€ osung des Gleichungssystems (1) und (2) ergibt schließlich den sog.
Fresnelschen Reflexions- bzw. Transmissionsfaktor der senkrecht polarisierten Welle:

Z 2 cos α1  Z 1 cos α2
rs ¼ ð6:80Þ
Z 2 cos α1 þ Z 1 cos α2
332 6 Elektromagnetische Wellenfelder

2 Z 2 cos α1
ts ¼ ð6:81Þ
Z 2 cos α1 þ Z 1 cos α2

Parallele Polarisation
Der elektrische Feldstärkevektor liegt in der Einfallsebene. Analog zur senkrechten Pola-
risation erhält man aus den Stetigkeitsbedingungen für die elektrischen und magnetischen
Tangentialfeldstärken auf der Grenzfläche die beiden Gleichungen
   
1 þ rp cos α1 ¼ t p cos α2 ð 1Þ Z 2 1  rp ¼ Z 1 t p ð2Þ:

Daraus resultiert der Fresnelsche Reflexions- und Transmissionsfaktor der parallel


polarisierten Welle:

Z 2 cos α2  Z 1 cos α1
rp ¼ ð6:82Þ
Z 2 cos α2 þ Z 1 cos α1

2 Z 2 cos α1
tp ¼ : ð6:83Þ
Z 2 cos α2 þ Z 1 cos α1

6.9.2 Totaltransmission und Totalreflexion

Wie aus (6.80)–(6.83) ersichtlich ist, hängen die reflektierten und transmittierten Feld-
amplituden in komplizierter Weise vom Einfallswinkel α1 ab. Der Transmissionswinkel α2
ist über das Snelliussche Brechungsgesetz (6.76) mit α1 verknüpft. Unter Verwendung der
Brechungsindices n1, n2 der beiden Medien lassen sich die Reflexions- und Transmissi-
onsfaktoren (6.80)–(6.83)wie folgt umschreiben:

n1 cos α1  n2 cos α2 2n1 cos α1


rs ¼ ts ¼
n1 cos α1 þ n2 cos α2 n1 cos α1 þ n2 cos α2
n1 cos α2  n2 cos α1 2n1 cos α1
rp ¼ tp ¼
n1 cos α2 þ n2 cos α1 n1 cos α2 þ n2 cos α1

Einarbeiten des Snelliusschen Brechungsgesetzes (6.76) ergibt schließlich

sinðα2  α1 Þ 2 cos α1 sin α2


rs ¼ ts ¼
sinðα2 þ α1 Þ sinðα2 þ α1 Þ
tanðα2  α1 Þ 2 cos α1 sin α2
rp ¼ tp ¼
tanðα2 þ α1 Þ sinðα1 þ α2 Þcosðα1  α2 Þ
6.9 Reflexion und Brechung ebener Wellen 333

Totaltransmission
Bei der senkrechten Polarisation verschwindet die Reflexion (rs ¼ 0) nur im trivialen Fall
identischer Medien n1 ¼ n2, wenn nach dem Brechungsgesetz α1 ¼ α2 gilt. Im Fall
paralleler Polarisation hingegen wird rp ¼ 0, neben dem trivialen Fall, auch für

α1 þ α2 ¼ π=2,

d.h. wenn durchgehende und reflektierte Welle senkrecht aufeinander stehen. Der
Einfallswinkel α1 genügt in diesem Fall nach dem Brechungsgesetz von Snellius (6.76)
der Beziehung

sin α1 n2
¼ tan α1 ¼
sin ðπ=2  α1 Þ n1

Das heißt, bei einer beliebig polarisierten Welle, die unter dem sog. Brewster-Winkel

n2
tan α1B ¼ Brewster 0scher Winkel ðTotaltransmissionÞ ð6:84Þ
n1

einfällt, wird nur der senkrecht polarisierte Anteil reflektiert. Diese Eigenschaft wird zur
Erzeugung von Licht mit einheitlicher Polarisationsrichtung genutzt.

Totalreflexion
Ein anderes, technisch sehr bedeutungsvolles Phänomen ist die Totalreflexion. Wir betrach-
ten dazu den Durchgang einer Welle von einem „optisch dichteren“ zu einem „optisch
dünneren“ Medium, d. h. für n1 > n2 (ε1 > ε2). Nach dem Brechungsgesetz (6.76)

n1
sin α2 ¼ sin α1
n2

wird in diesem Fall die Welle im Medium 2 vom Lot weg gebrochen (α2 > α1).
Überschreitet der Einfallswinkel α1 einen bestimmten Wert wird sinα2 > 1, was für reelle
Winkel nicht m€oglich ist. Ab diesem sog. Grenzwinkel
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
n2 μ2 ε2
sin α1G ¼ ¼ Grenzwinkel der Totalreflexion ð6:85Þ
n1 μ1 ε1

gibt es keine durchtretende Welle mehr, d. h. die einfallende Welle wird vollst€andig reflek-
tiert. Im Medium 2 findet in diesem Fall zwar keine Wellenausbreitung statt, aber es ist
keineswegs feldfrei. Mit sinα2 > 1 wird der Winkel α2 komplex. Demzufolge ist auch der aus
einer y- und z-Komponente bestehende Wellenvektor der transmittierten Welle im Medium 2
 
kt ¼ k 2 sin α2 ey þ cos α2 ez
334 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Abb. 6.27 Oberflächenwelle y


bei Totalreflexion 1 2

kr

Flächen
konstanter
z Phase
x
ke

Flächen konstanter
Amplitude

ebenfalls komplex. Einsetzen von (6.76) ergibt den vom Einfallswinkel α1 abhängigen
Ausdruck
0 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1
 2
n n
kt ¼ k 2 @ sin α1 ey  j sin α1  1 ez A ¼ β ey  jα ez :
1 1
n2 n2

Das Vorzeichen der Wurzel ist so gewählt, dass das Feld in Medium 2

Et ¼ t E0, e eαz ejβ y

in z-Richtung nicht exponentiell divergiert, sondern abklingt. Eine solche Welle wird als
Oberfl€ achenwelle bezeichnet. Sie pflanzt sich gemäß (6.76) mit der Phasenkonstante
β ¼ k1sinα1 entlang der Grenzfläche fort. Innerhalb von Medium 2 klingen die Feld-
amplituden mit der Dampfungskonstante α senkrecht von der Grenzfläche exponentiell
ab. Es handelt sich bei der Oberflächenwelle somit um eine inhomogene ebene Welle, bei
der die Feldgr€
oßen auf den Phasenfronten nicht konstant sind (Abb. 6.27).
Die Auswertung des komplexen Poynting-Vektors (6.40) für die Oberflächenwelle
ergibt durch Anwendung der Regel (A.12) für das doppelte Kreuzprodukt:
  
1 1 k∗ ∗
S ¼ E  t
 Et
2 t Z2 k2
0 1
1 B ∗  2  ∗ C
 1  2  
¼ @kt Et  E∗ t Et  kt A¼ t E0e  e2αz β ey þ jα ez :
2 k2Z2 |fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl} 2k 2 Z 2
0

Ein Wirkleistungstransport findet damit nur in y-Richtung entlang der Grenzfläche statt.
In z-Richtung (Medium 2) fließt nur Blindleistung.
6.10 Mehrfachreflexion 335

Das Phänomen der Totalreflexion führt dazu, dass eine elektromagnetische Welle unter
der Bedingung (6.85) innerhalb eines gegenüber dem Außenraum optisch dichterem Medium
sozusagen eingeschlossen ist. Eine elektromagnetische Welle kann beispielsweise entlang
einer Platte durch fortwährende Totalreflexion an den zueinander parallelen Wänden geführt
werden. Auf diesem Prinzip beruht die Glasfaser, die als optischer Wellenleiter zur Nach-
richtenübertragung über relativ große Entfernungen mit geringer Dämpfung eingesetzt wird.

Beispiel 6.1: Reflexion an einer Grenzfläche zwischen Luft und Glas


Im Folgenden ist am Beispiel der Materialkombination Glas/Luft jeweils der Verlauf des
Reflexionsfaktors rs und rp für senkrechte bzw. parallele Polarisation in Abhängigkeit
des Einfallswinkels α1 dargestellt.

Beim Auftreffen der Welle aus dem „optisch dichterem“ Medium Glas (n1 ¼ 1,5) auf
die Grenzfläche zu Luft (n2 ¼ 1) ergibt sich für den Grenzwinkel der Totalreflexion
(6.85) der Wert 41,8 . Bei diesem Winkel erreicht der Reflexionsfaktor den Wert Eins.
Unterhalb dieses Winkels nimmt der Reflexionsfaktor bei paralleler Polarisation im
Gegensatz zur senkrechten Polarisation mit zunehmendem Einfallswinkel zunächst ab
und verschwindet gemäß (6.84) beim Brewster-Winkel von ca. 33,7 vollständig. Im
umgekehrten Fall des Auftreffens der Welle von Luft auf Glas tritt der Fall der
Totalreflexion nicht auf. Der Brewster-Winkel liegt bei 56,3 .

6.10 Mehrfachreflexion

In analoger Weise zur Reflexion und Transmission an der Grenze zwischen zwei Halb-
räumen k€ onnen auch Anordnungen mit mehreren Medienübergängen systematisch unter-
sucht werden. Der Einfachheit halber wollen wir uns dazu im Folgenden auf den senk-
rechten Einfall einer ebenen Welle auf eine planparallele Schicht der Dicke d beschränken,
die sich zwischen zwei Halbräumen befindet (Abb. 6.28).
336 6 Elektromagnetische Wellenfelder

1 2 3
+ +
E1 E2

x H1+ k1 H2+ k2 E3+

y z H3+
E2– k3
E1–
k1 k2
H1 – Z1 H2– Z2 Z3

z
0 d

Abb. 6.28 Senkrechter Einfall einer ebenen Welle aus linkem Halbraum (Medium 1) auf eine Platte
der Dicke d (Medium 2) und Austritt in den rechten Halbraum (Medium 3)

Für die drei Medien seien die Materialparameter, ausgedrückt durch die Feldwel-
lenimpedanz Zi und Fortpflanzungskonstante γi ¼ jki ¼ αi + jβi (i ¼ 1. . .3), gegeben sowie
die Wellenamplitude Eþ1 der einfallenden Welle in Raum 1.
Gesucht sei der Reflexionsfaktor

E
R¼ 1

1

an der Grenzfläche zwischen Medium 1 und 2 (z ¼ 0) sowie der Transmissionsfaktor


T¼ 3

1

an der Grenzfläche zwischen Medium 2 und 3 (z ¼ d )


Für die drei Räume setzten wir gemäß (6.58), (6.62) die allgemeine L€osung für die
Feldgr€
oßen mit einer hin- und rücklaufenden Wellen an, wobei im Raum 3 aufgrund der
fehlenden Begrenzung keine rücklaufende (reflektierte) Welle auftreten kann:
   
γ z þγ z 1 γ z þγ z
Raum 1 : E1 ¼ ex Eþ 1e
¯ 1 
þ E1 e ¯ 1
H 1 ¼ ey þ ¯1
E e  E1 e  ¯1
¯ ¯ ¯ ¯ Z1 ¯ 1 ¯
¯
   
γ z þγ z 1 γ z þγ z
þ ¯2  ¯2 þ ¯2  ¯2
Raum 2 : E2¼ ex E 2 e þ E2 e H 2 ¼ ey E e  E2 e
¯ ¯ ¯ ¯ Z2 ¯ 2 ¯
¯

γ z 1 þ γ¯ 3 z
Raum 3 : E3¼ ex E þ
3e
¯3 H 3 ¼ ey E e
¯ ¯ ¯ Z3 ¯ 3
¯

Im Raumteil 2 tritt unbegrenzte Mehrfachreflexion auf, wodurch unendlich viele zeitlich


aufeinanderfolgende Beiträge zu den Feldamplituden entstehen. Sie stellen einzelne Terme
6.10 Mehrfachreflexion 337

einer konvergenten Reihe dar, die die zeitliche Entwicklung des Einschwingvorgangs
beschreibt. Bei dem hier betrachteten harmonisch eingeschwungenen Zustand stellen die
komplexen Feldamplituden E1, E2+, E2 und E3+ jeweils die Summe aller Reflexionen
und Transmissionen dar.
Die Bestimmung der 4 Unbekannten E1, E2+, E2 und E3+ erfolgt durch die
Stetigkeitsbedingung (6.4), (6.5) der elektrischen und magnetischen Tangentialfeldstärke
an den beiden Grenzflächen:

E 1 ð z ¼ 0Þ ¼ E 2 ð z ¼ 0Þ H 1 ð z ¼ 0Þ ¼ H 2 ð z ¼ 0Þ

E2 ðz ¼ d Þ ¼ E3 ðz ¼ d Þ H2 ðz ¼ d Þ ¼ H3 ðz ¼ d Þ

osung des linearen Gleichungssystems (4  4) ergibt für R und T:


Die L€

   2γ d   
Z1 þ Z2 Z2  Z3 þ e 2 Z1  Z2 Z2 þ Z3
R ¼    2γ d   
Z1  Z2 Z2  Z3 þ e 2 Z1 þ Z2 Z2 þ Z3

γ d
4 e 2 Z2 Z3
T ¼   2γ d   :
Z1  Z2 Z2  Z3 þ e 2 Z1 þ Z2 Z2 þ Z3

Durch Verwendung der Fresnelschen Reflexions- und Transmissionsfaktoren des Zwei-


raumproblems für den senkrechten Einfall (6.80), (6.81) an der Grenze zwischen Medium 1
und 2

Z2  Z1 2Z 2
r12 ¼ t 12 ¼
Z2 þ Z1 Z2 þ Z1

bzw. zwischen Medium 2 und 3

Z3  Z2 2Z 3
r23 ¼ t 23 ¼
Z3 þ Z2 Z3 þ Z2

erhalten wir die alternativen L€osungsausdrücke


2γ d
r23 þ r12 e 2
R ¼ 2γ d
r12 r23 þ e 2

γ d
t 12 t 23 e 2
T ¼ 2γ d
:
r12 r23 þ e 2

Im Folgenden wollen wir das Reflexions- und Transmissionsverhalten für das vorliegende
3-Raum-Problem für den Fall verlustloser, unmagnetischer Medien diskutieren, d. h.:
338 6 Elektromagnetische Wellenfelder

2π pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
γ ¼ j βi ¼ j und Z i ¼ μ0 =εi ðreellÞ:
i λi

• d/λ ! 0

¼ e2j β d ! 1
2γd
e

ðZ 1 þ Z 2 ÞðZ 2  Z 3 Þ þ ðZ 1  Z 2 ÞðZ 2 þ Z 3 Þ
R
ðZ 1  Z 2 ÞðZ 2  Z 3 Þ þ ðZ 1 þ Z 2 ÞðZ 2 þ Z 3 Þ

Z1Z2  Z2Z3 Z3  Z1
¼ ¼ ¼ r13 ðreellÞ
Z1Z2 þ Z2Z3 Z3 þ Z1

4 Z2 Z3
T
ðZ 1  Z 2 ÞðZ 2  Z 3 Þ þ ðZ 1 þ Z 2 ÞðZ 2 þ Z 3 Þ

4 Z3 2 Z3
¼ ¼ ¼ t 13 ðreellÞ
2Z 1 þ 2Z 3 Z1 þ Z3

Ohne Raum 2 erhalten wir also genau die Fresnelscher Reflexions- und Trans-
missionskoeffizient zwischen Raum 1 und 3.

• d ¼ λ/4

e2γd ¼ ejπ ¼ 1 bzw: eγ d ¼ ej π=2 ¼ j

r23  r12 2Z 22
R ¼ ¼ 2 1
r12 r23  1 Z 2 þ Z 1 Z 3

jt 12 t 23 Z2Z3
T ¼ ¼ 2j 2
r12 r23  1 Z2 þ Z1Z3

Durch Wahl des geometrischen Mittels für


pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Z2 ¼ Z 1 Z 3 ðBrechungsindex n2 ¼ n1 n3 Þ

erhält man
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
R ¼ 0 und T ¼ j Z 3 =Z 1 :

In diesem Fall verschwindet die Reflexion. Angewendet wird dies beispielsweise in der
Optik, wo Linsen mit λ/4-dicken Schichten vergütet werden, um die Reflexion zu mindern.
6.10 Mehrfachreflexion 339

• d ¼ λ/2

e2γd ¼ ej2π ¼ 1 bzw: eγd ¼ ejπ ¼ 1

r23 þ r12 Z3  Z1
R ¼ ¼ ¼ r13
r12 r23 þ 1 Z 3 þ Z 1

t 12 t 23 2Z 3
T ¼ ¼ ¼ t 13
r12 r23 þ 1 Z1 þ Z3

Für den Fall

Z 1 ¼ Z 3 ) R ¼ 0, T ¼ 1

verschwindet also ebenfalls die Reflexion an der Mediengrenze 12, unabhängig von den
Eigenschaften von Medium 2. Eine Anwendung ist das sogenannte Radom, das als
Wetterschutz für stationäre Antennen oder windschnittige Verkleidung in mobilen Syste-
men eingesetzt wird.
Die beiden Diagramme in Abb. 6.29 zeigen den Betragsverlauf von R und T einer Platte
in Abhängigkeit der Wellenlänge (Frequenz) bzw. Plattendicke d, jeweils für ein gegenüber
Raum 1 und 3 kleines und großes Verhältnis der Brechzahl.
Aus den Verläufen in Abb. 6.29 sieht man für beide Materialkombinationen das
Verschwinden der Reflexion bei Vielfachen d ¼ λ/2, während bei ungeradzahligen Vielfa-
chen von d ¼ λ/4 die Reflexion sein Maximum erreicht. Die Transmission ist an diesen

Abb. 6.29 Betragsverlauf des Reflexions- und Transmissionsfaktors einer Platte in einem beidseitig
unbegrenztem Medium (Z1 ¼ Z3) in Abhängigkeit der relativen Plattendicke d/λ2 (a) Z2/Z1 ¼ 1/2 (b)
Z2/Z1 ¼ 1/10
340 6 Elektromagnetische Wellenfelder

Stellen maximal. Dieses Verhalten ist umso ausgeprägter, je gr€oßer der Unterschied der
beiden Brechzahlen ist (Abb. 6.29b).

Beispiel 6.2: Schirmdämpfung eines Bleches


Die elektromagnetische Abschirmung eines in Luft befindlichen Metallbleches der
Dicke soll über den Ansatz eines 3-Raum-Problems untersucht werden. Wir setzen für
die Feldwellenimpedanz von Medium 1 und 2 an (Abb. 6.28)

Z 1 ¼ Z 3 ¼ Z 0 ðLuftÞ:

Für das gut leitende Medium des Bleches (Raum 2) erhalten wir mit (6.66) und (6.67)
rffiffiffiffiffiffiffi
ω μ j π=4
Z2 ¼ e ,
κ

ð1 þ j Þ
γ ¼ α2 þ jβ2 
2 δ

mit der Skintiefe δ. Der Transmissionsfaktor zwischen Medium 1 und 3

γ d
4 e 2 Z2 Z0
T ¼   2γ d   
Z0  Z2 Z2  Z0 þ e 2 Z0 þ Z2 Z2 þ Z0

reduziert sich mit

   
Z   Z 0 ðguter LeiterÞ und eγ2 d  ¼ ed=δs 1
2

zu

γ d
4e 2 Z2 Z0 Z 2 γ d
T 2γ d
4 e 2 :
Z 20 þ e 2 Z 20 Z0

Für die gesuchte Schirmdämpfung des Bleches resultiert daraus


 
1 1 Z 0  d=δs
aW ¼   ¼  e :
T 4 Z2

Der exponentielle Term entspricht hierbei der Näherungsl€osung aus Beispiel 5.1
6.11 Übungsaufgaben 341

aS ¼ ed=δs ,

bei dem lediglich die Wirbelstromverluste (Skineffekt) betrachtet werden. Der Vor-
faktor |Z0/4Z2| berücksichtigt also den zusätzlichen durch die Reflexion an der Medien-
grenze 12 verursachten Beitrag zur Schirmdämpfung (Reflexionsd€ampfung).
Als Zahlenbeispiel soll eine dünne Kupferfolie mit folgenden Parametern betrachtet
werden:

d ¼ 0, 1 mm, μ ¼ μ0 , κ ¼ 5, 7  107 S=m


rffiffiffiffiffiffiffi
  ωμ
Z0  377 Ω ðLuftÞ, Z 2  ¼ ¼ 2, 63 mΩ,
κ

f ¼ 50 MHz:
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2
) δs ¼ ¼ 9, 43  106 m
ωμκ

) aS ¼ ed=δs  4  104 ≙92 dB ð¼ 20  logaS Þ


 
1 Z 0  d=δs
) aW ¼   e ¼ 3, 6  104  aS ≙ 91 dB þ 92 dB ¼ 183 dB
4 Z2

Dieser Wert ist trotz der relativ dünnen Metallfolie und der niedrigen Frequenz
bereits extrem hoch und nimmt mit steigender Frequenz sogar noch weiter zu. Die
zusätzliche Reflexionsdämpfung liegt dabei in der gleichen Gr€oßenordnung wie die
Dämpfung aS, die allein durch den Skineffekt zustande kommt. Eine noch dünnere Folie
mit d ¼ 0,01 mm hätte bei der gleichen Frequenz immer noch die sehr hohe
Schirmdämpfung von ca. 100 dB.

6.11 Übungsaufgaben

UE-6.1 Reflexion an Grenzflächen – Ebener Einfall


Eine in Luft (Raumteil 1) in z-Richtung fortschreitende ebene Welle mit der elektrischen
Feldstärke E0ex trifft senkrecht auf die Grenzfläche zu Raumteil 2 (μ0, ε, κ) auf.
342 6 Elektromagnetische Wellenfelder

1 2

μ0, ε0, κ = 0 μ0, ε, κ

E
–0 x

z
y

a) Wie groß ist die magnetische Feldstärke H0 im Raum 1.


b) Berechnen Sie den Reflexions- und Transmissionsfaktor r bzw. t an der Mediengrenze
und bestimmen Sie damit die Feldstärken Er, Hr und Et, Ht für die reflektierte bzw. die
durchtretende Welle.
c) Stellen Sie die L€osung für die räumliche Verteilung Ex(z) in den beiden Halbräumen auf.
Der Bezugspunkt soll dabei an der Mediengrenze z ¼ 0 liegen.
d) Stellen Sie die Betragsverläufe |E(z)| in beiden Teilräumen auf und berechnen diese
jeweils für die beiden folgenden Fälle für Raum 2:
1) ideales Dielektrikum: κ ¼ 0
2) sehr guter Leiter: κ >> 1.
Welches Wellenlängenverhältnis λ2/λ1 ergibt sich in den beiden Fällen 1) bzw. 2)? Skiz-
zieren Sie die Betragsverläufe jeweils in beiden Räumen.

  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Hinweis : 1 þ a ejx  ¼ 1 þ a2 þ 2 a cos x

e) Stellen Sie die Ausdrücke für die komplexe Leistungsflussdichte der einfallenden, der
reflektierten und die der transmittierten Welle (Sh, Sr, St) auf. Verifizieren Sie für ein
ideales Dielektrikum in Raum 2 den Energieerhaltungssatz, d. h. Re{Sh+Sr} ¼ Re{St}.
Wie groß ist Re{St}/Re{Sh} für den Fall eines Leiters in Raum 2? Interpretieren Sie das
Ergebnis.

UE-6.2 Reflexion ebener Wellen – Totalreflexion


Eine ebene Welle mit der mittleren Wirkleistungsflussdichte Se trifft mit senkrechter
Polarisation unter dem Winkel α1 auf eine Grenzfläche (Dielektrikum/Luft).
6.11 Übungsaufgaben 343

a) Berechnen Sie die elektrische Feldstärke Ee der einfallenden Welle.


b) Wie groß muss der Einfallswinkel α1 mindestens sein, damit die Welle an der Grenz-
fläche vollständig reflektiert wird (α1 ¼ α1G, Grenzwinkel der Totalreflexion)? Welchen
Wert hat der Winkel α2 der durchtretenden Welle in diesem Fall?
c) Stellen Sie die räumliche Verteilung des elektrischen Feldes Ey(x,z) jeweils für Raum 1
und 2 für beliebige Einfallswinkel auf. Berechnen Sie den Betrag des Reflexions- und
Transmissionsfaktors für α1 > α1G und ermitteln Sie für diesen Fall den Betragsverlauf
des elektrischen Feldes in Raum 2. Interpretieren Sie die Ergebnisse.
d) Welche Richtung hat die Leistungsflussdichte S (Real- u. Imaginärteil) jeweils in beiden
Teilräumen für α1 > α1G?

UE-6.3 Magnetischer Dipol u €ber leitender Ebene


Eine Leiterschleife mit Radius a sei im Abstand h über einen ideal leitenden Halbraum
waagerecht angeordnet (siehe Skizze) und führe einen Wechselstrom mit Amplitude I und
Frequenz f. Das umgebende Medium im oberen Halbraum (z  0) sei Luft (μ0, ε0). Der
Radius a sei so klein, so dass die Leiterschleife als magnetischer Dipol behandelt werden
kann.
344 6 Elektromagnetische Wellenfelder

a) Geben Sie die Komponenten des elektromagnetischen Fernfeldes an, die die Leiter-
schleife im freien Raum (ohne leitenden Halbraum) im Abstand r erzeugt und bestim-
men Sie alle notwendigen Gr€oßen anhand der gegebenen Parameter.
b) Skizzieren Sie die Spiegelersatzanordnung zur Berechnung des elektromagnetischen
Fernfeldes im oberen Luftraum (z  0) in Anwesenheit des leitenden Halbraums und
geben Sie Richtung und Gr€oße der Spiegelquelle an.
c) Stellen Sie mit Hilfe der Spiegelersatzanordnung die L€osung für das elektrische Fern-
feld im Abstand r vom Koordinatenursprung (z ¼ 0) auf („Parallelstrahl-Approxima-
tion“). Wie berechnet sich daraus die magnetische Fernfeldkomponente?
d) Leiten Sie für den Betrag der elektrischen Fernfeldkomponente eine Näherung für
h/λ << 1 ab und skizzieren Sie die Abhängigkeit vom Winkel θ in Form der vertikalen
Strahlungscharakteristik senkrecht zur leitenden Oberfläche. Bei welchem Winkel θ ist
die Feldstärke maximal?

1
Hinweise : sin x  x f€
ur jxj  1 und sin x cos x ¼ sin ð2xÞ
2

UE-6.4 Antenne vor Reflektorwand


Eine M€ oglichkeit, die Richtwirkung von Sendeantennen zu erh€ohen, ist die Verwendung von
Reflektoren. Als einfaches Beispiel soll ein kurzer Dipol der Stärke Ih im Abstand d vor einer
ideal leitenden Wand betrachtet werden. Der Dipol sei parallel zur Ebene ausgerichtet.

a) Stellen Sie die Spiegelersatzanordnung auf und bestimmen Sie daraus die L€osung für
den Betrag des Fernfeldes |E(r,θ,ϕ)|.
b) Leiten Sie aus der allgemeinen L€osung für das Fernfeld eine Näherung für einen
elektrisch kurzen Abstand d und für den Spezialfall d ¼ λ/4 her und skizzieren Sie
die horizontalen Strahlungscharakteristiken |E(r,θ ¼ π/2,ϕ)|.
6.11 Übungsaufgaben 345

c) Wie groß ist die Feldstärke und die gemittelte Wirkleistungsdichte Sre für d << λ in
Hauptstrahlrichtung im Verhältnis zu dem Wert ohne reflektierende Wand, in Ab-
hängigkeit von d/λ?
d) Berechnen Sie ebenfalls für d << λ den Strahlungswiderstand Rr in Abhängigkeit von
d/λ, im Verhältnis zum Dipol ohne Reflektorwand.

UE-6.5 Strahlungsb€ undelung


Zur Bündelung von Strahlungsfeldern k€onnen Antennengruppen (Arrays) verwendet wer-
den. Die einfachste Form eines solchen Gruppenstrahlers ist ein Dipolpaar. Als Beispiel
seien zwei baugleiche kurze Dipole im Abstand 2d betrachtet, die durch entsprechende
Speisung mit dem Dipolmoment I1h bzw. I2h bei gleicher Frequenz betrieben werden.

a) Stellen Sie die L€osung E(r,θ¼π/2,ϕ) im Fernfeld des Strahlers auf.


b) Welchen Betragsverlauf |E(r,θ,ϕ)| erhält man für 2d ¼ λ/2 bei Gleichtakt (I1 ¼ I2) und
Gegentakt (I1 ¼ I2). Skizzieren Sie die horizontale Richtcharakteristik |E(r,θ ¼ π/2,ϕ)|
für die beiden Fälle. Um welchen Faktor erh€oht sich die mittlere reale Leistungs-
flussdichte Sre jeweils in Hauptstrahlrichtung gegenüber dem Einfachdipol (Rund-
strahler) bei gleichem Dipolmoment?

UE-6.6 Linearantennen
Ein dünner zylindrischer Dipol mit elektrisch kurzer Länge l << λ werde symmetrisch
durch den Strom I0 betrieben.

a) Wie ist der Strom entlang des Dipols näherungsweise verteilt? Skizzieren Sie |I(z)|.
b) Berechnen Sie die L€osung für das Fernfeld E(r,θ,ϕ). Interpretieren Sie das Ergebnis im
Vergleich zur L€osung des Hertzschen Dipols.
c) Wie groß ist der resultierende Strahlungswiderstand?

Häufig werden auch Monopole, die senkrecht über einer leitenden Ebene angeordnet sind,
als Sendeantennen verwendet.
346 6 Elektromagnetische Wellenfelder

d) Berechnen Sie das Fernfeld E(r,θ,ϕ) unter Verwendung der Spiegelersatzanordnung


und skizzieren Sie die vertikale Richtcharakteristik |E(r,θ,ϕ ¼ const.)|.
e) Wie groß ist der Strahlungswiderstand des Monopols (Rr,M) im Verhältnis zu dem des
Dipols (Rr,D)?

UE-6.7 Mehrfachreflexion
Eine ebene Welle mit elektrischer Feldamplitude Ei und Phasenkonstante β1 im Raumbe-
reich 1 mit dem Wellenwiderstand Z1 fällt senkrecht auf eine ideal leitende Wand, die mit
einer dielektrischen Schicht der Dicke d, aus einem Material mit dem Wellenwiderstand Z2
und der Phasenkonstante β2 versehen ist. Beide Medien sollen als verlustfrei angenommen
werden. Zu bestimmen ist die Reflexion an der Mediengrenze bei x ¼ 0 in Abhängigkeit
von Z1, Z2, β1, β2. Gehen sie dazu wie folgt vor:
6.11 Übungsaufgaben 347

a) Stellen sie die allgemeine L€osung für die elektrischen und magnetischen Feldstärken
E1(x), E2(x) und H1(x), H2(x) auf.
b) Stellen Sie aus den Grenz- bzw. Stetigkeitsbedingungen für die Felder an den Grenz-
flächen bei x ¼ 0 und x ¼ d die ben€otigte Anzahl Gleichungen zur L€osung aller
unbekannten Feldamplituden auf.
c) Bestimmen Sie durch Aufl€osen des Gleichungssystems aus b) die elektrische Feld-
stärkenamplitude Er bzw. den Reflexionsfaktor r ¼ Er / Ei. Prüfen Sie ihr Ergebnis
anhand der beiden Fälle d ! 0 und Medium 2 ideal leitend.
Wellen auf Leitungen
7

Zusammenfassung
Elektromagnetische Wellen k€onnen sich nicht nur frei im Raum ausbreiten, sondern
auch entlang von Leitungen geführt werden. Es gibt viele unterschiedliche Bauformen
von Leitungen, auf denen sich bestimmte Wellentypen ausbreiten. Eines der praktisch
wichtigsten Leitungstypen für die Energie- und Nachrichtenübertragung ist der TEM
(Transversal Elektromagnetische)-Wellenleiter, wie z. B. die Zweidrahtleitung oder das
Koaxialkabel. Im Gegensatz zu anderen Leitungstypen haben TEM-Leitungen keine
untere Grenzfrequenz und k€onnen direkt mit elektrischen Schaltungen verbunden wer-
den. Ihre Geometrie und das Material muss hinsichtlich Verluste und Frequenzband-
breite an die jeweilige Anwendung angepasst werden.

7.1 Leitungsgeführte Wellentypen

Abb. 7.1 zeigt eine Klassifikation der unterschiedlichen Wellentypen auf Leitungen. Sie
werden grob in TEM-Wellen und h€ohere Wellenmoden unterschieden. In beiden Fällen
sind sowohl geschlossene als auch offene Bauformen m€oglich. Während beim ersterem das
elektromagnetische Feld innerhalb der Leitung eingeschlossen ist, greifen beim letzterem
die Felder quer zur Leitung in den Raum aus. Im Folgenden wird der Schwerpunkt auf die
TEM-Wellenleiter gelegt. Neben ihrer praktischen Bedeutung k€onnen viele wichtige
Eigenschaften, die bei allen leitungsgeführten Wellen auftreten, daran studiert werden.
Für die eingehende Behandlung anderer Wellenleiter sei auf die einschlägige Literatur der
Hochfrequenz- und Mikrowellentechnik verwiesen.

TEM-Wellen
Abb. 7.2 zeigt am Beispiel der Paralleldrahtleitung und des Koaxialkabels die typische
Feldkonfiguration eines TEM-Wellenleiters. Elektrische und magnetische Feldlinien stehen

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 349


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2_7
350 7 Wellen auf Leitungen

Leitungsgeführte Wellen

TEM-Wellen Höhere Wellenmoden (offen/geschlossen)


(offen/ geschlossen)
TE TM Hybrid (TE/TM)

Abb. 7.1 Klassifikation von leitungsgeführten Wellen

a b

E
H

Abb. 7.2 TEM-Leitungen (a) Paralleldrahtleitung (b) Koaxialkabel

in jedem Punkt senkrecht zueinander und zur Ausbreitungsrichtung längs der Leitung. Es
handelt sich also um eine ebene Welle (Abschn. 6.1.1), die im Allgemeinen inhomogen ist.
Wie wir im Folgenden sehen werden, ist der nutzbare Frequenzbereich (Bandbreite) einer
TEM-Leitung f ¼ 0 . . . fmax auf eine obere Frequenz fmax1/d begrenzt, wobei d die
charakteristische Querschnittsabmessung der Leitung bezeichnet. Bei Überschreiten die-
ser Frequenzgrenze breiten sich zusätzlich zur TEM-Welle weitere Wellentypen (h€ohere
Moden) aus. Der Betrieb in diesem Frequenzbereich ist unerwünscht, da aufgrund der
unterschiedlichen Ausbreitungseigenschaften der einzelnen Wellenmoden und der relativ
hohen Verluste entsprechende Signalverzerrungen entstehen. Bei offenen Leitungen
(Abb. 7.2a) nimmt zudem mit steigender Frequenz die elektromagnetische Abstrahlung
in den Raum zu. Weitere Beispiele für TEM-Wellenleiter sind die Streifenleitung bzw.
Mikrostreifenleitung, die innerhalb gedruckter elektronischer Schaltungen im Hochfre-
quenzbereich weit verbreitete Anwendung finden.

H€ohere Wellenmoden
Die h€
oheren Wellentypen teilen sich in TE (transversal elektrisch) und TM (transversal
magnetisch) ein. Bei TE-Wellen besitzt das Magnetfeld auch Komponenten in Ausbrei-
tungsrichtung, während umgekehrt bei TM-Wellen elektrische Feldkomponenten in Lei-
tungsrichtung existieren. Auch Kombinationen von TE- und TM-Wellen, sog. hybride
Moden sind m€ oglich. Ein Beispiel für eine Leitung mit h€oheren Wellenmoden ist der
Rechteckhohlleiter (Abb. 2.12), wobei auch Rundhohlleiter zum Einsatz kommen. Ein
solcher Hohlleiter besteht aus einem Metallrohr, in dem das Wellenfeld eingeschlossen ist
und sich längs des Rohres ausbreitet. Mit steigender Frequenz nimmt die Anzahl der
ausbreitungsfähigen TE- bzw. TM-Moden zu, wobei jeder einzelne Mode zu tiefen
7.1 Leitungsgeführte Wellentypen 351

Abb. 7.3 Rechteckhohlleiter


mit dem Feld des TE10-Mode
niedrigster Ordnungszahl
(Grundwelle)

E
H
x x x x x
x x x x x
x x x x x Draufsicht
x x x x x
x x x x x

Frequenzen hin durch die sog. cut-off-Frequenz fg begrenzt ist. Sie verhält sich umgekehrt
proportional zu den Kantenabmessungen des Hohlleiters. Für die Signalübertragung ist der
Betrieb mit nur einem Mode erwünscht, wodurch die Frequenzbandbreite zur unteren
Grenzfrequenz des nächsth€oheren Modes begrenzt ist. Der Wellenmode mit der niedrigsten
Ordnungszahl ist der TE10-Mode, der auch als Grundwelle bezeichnet wird (Abb. 7.3). Ein
weiterer wichtiger Wellenleiter mit h€oheren Wellenmoden ist die Glasfaser, auch Licht-
wellenleiter genannt. Sie besteht aus einem dielektrischen Draht (Glas) mit relativ dünnem
Querschnitt von einigen Mikrometern und ist für Frequenzen im Bereich von Infrarot und
sichtbarem Licht ausgelegt.

7.1.1 Die Parallelplattenleitung

Die Ausbreitung unterschiedlicher Wellentypen soll anhand einer Modellrechnung für eine
Parallelplattenleitung im Einzelnen untersucht werden (Abb. 7.4). Um die Berechnungen
übersichtlich zu halten, seien die beiden im Abstand d parallel angeordneten Platten als
ideal leitfähig angenommen und das Medium zwischen den Platten sei ein idealer Isolator
(κ ¼ 0) mit homogenen Materialeigenschaften.
Wir wollen für eine harmonische Zeitabhängigkeit mit der Kreisfrequenz ω die Wellen-
ausbreitung des elektromagnetischen Feldes in positive z-Richtung untersuchen, in der die
Platten unbegrenzt sein sollen. Für alle Feldkomponenten gilt dementsprechend

γ z
Ei , H i  e ; i ¼ x, y, z,

wobei γ eine noch zu bestimmende Fortpflanzungskonstante bezeichnet. Die Platten seien


außer in z- auch in y-Richtung unbegrenzt, und wir wollen die L€osungen auffinden, für die
352 7 Wellen auf Leitungen

Abb. 7.4 Parallelplattenleitung


mit ideal leitenden Wänden ε,μ

x
d
y
κ→¥

die Felder in dieser Richtung konstant sind (d/dy ¼ 0). Dementsprechend besteht für die
gesuchten Felder, beispielsweise für das elektrische Feld, die funktionale Abhängigkeit

γ z
Eðx; zÞ ¼ E ðxÞ e : ð7:1Þ

Damit reduzieren sich die Helmholtz-Gleichungen (6.25) nach Ausführung der Diffe-
rentiation in z-Richtung mit ∂/∂y ¼ 0 zu

2
∂ E
þ k2 E ¼ 0
∂x2
ð7:2Þ
2
∂ H
þ k 2 H ¼ 0,
∂x2

mit

k 2 ¼ γ2 þ ω2 με: ð7:3Þ

Bevor wir an die L€osung von (7.2) gehen, wollen wir ihre Struktur untersuchen.
Einsetzen von (7.1) in die komplexen Maxwell-Gleichungen (I) und (II) liefert

γ E y ¼ jωμ H x
∂Ez
γ Ex  ¼ jωμ H y ðI0 Þ
∂x
∂E y
¼ jωμ H z
∂x
7.1 Leitungsgeführte Wellentypen 353

γH y ¼ jωεE x
∂H z
γH x  ¼ jωεEy ðII0 Þ
∂x
∂H y
¼ jωεE z
∂x

Die Aufl€
osung nach den Transversalkomponenten in x,y-Richtung ergibt:

γ ∂H z γ ∂Ez
Hx ¼  Ex ¼ 
k 2 ∂x k 2 ∂x
jω μ ∂H z jω ε ∂E z
Ey ¼ Hy ¼  :
k 2 ∂x k 2 ∂x

Damit k€
onnen sämtliche Wellentypen wie folgt in zwei Gruppen unterteilt werden:

TE-Wellen TM-Wellen
E x, E z , H y ¼ 0 Ey, Hx, Hz ¼ 0
Ey, Hx, Hz 6¼ 0 Ex , Ez, Hy 6¼ 0

Diese Einteilung in TE- und TM-Wellen, bei der jeweils nur das magnetische bzw. das
elektrische Feld eine Komponente in Ausbreitungsrichtung aufweist, gilt allgemein für jede
Wellenleitergeometrie.

TE-Wellen
Für die einzig vorhandene Ey-Komponente reduziert sich die Wellengleichung (7.2) zu

2
∂ Ey
þ k 2 Ey ¼ 0,
∂x2

mit der allgemeinen L€osung (2.53)


  γz
Ey ¼ C 1 sin ðk xÞ þ C 2 cos ðk xÞ e :

Aufgrund der Randbedingung




Ey ¼ 0 
x¼0, d

auf den ideal leitenden Platten entfällt dementsprechend die Cosinusfunktion (C2 ¼ 0) und
mit der Sinusfunktion kann die Randbedingung bei x ¼ d nur für Vielfache von π erfüllt
werden, d. h.
354 7 Wellen auf Leitungen


k ¼ km ¼ ; m ¼ 1, 2, 3, . . . :
d

Damit erhalten wir als L€osungen des elektrischen Feldes für die TEm-Wellenmoden

γ z
E y ¼ E0 sin ðk m xÞ e ,

wobei wegen m 6¼ 0 der TE0-Mode nicht existiert (alle Feldkomponenten sind Null).
Einsetzen von Ey in (I0 ) ergibt für die Komponenten des Magnetfeldes die L€osung

jγ γ z
Hx ¼ E0 sin ðk m xÞ e
ωμ
j km γ z
Hz ¼ E cos ðk m xÞ e :
ωμ 0

Die Amplitudenverläufe der elektrischen und magnetischen Feldkomponenten sind in


Abb. 7.5 für die ersten drei Wellenmoden skizziert.
Aus (7.3)

k m 2 ¼ γ2 þ ω2 με

folgt für die Fortpflanzungskonstante jedes einzelnen Wellenmodes

Ey, Hx Hz

TE1

d x d x

Ey, Hx Hz
TE2

d x d x

Ey, Hx Hz

TE3
d
d x x

Abb. 7.5 Amplitudenverlauf der Feldkomponenten der ersten drei TEm-Moden


7.1 Leitungsgeführte Wellentypen 355

1,0

x/d 0,5
0
π/2 π 3π/2 2π
βz

Abb. 7.6 Magnetische Feldlinien des TE1-Modes (β ¼ Im{γ})

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
m π2 ffi
γ ¼  ω με: 2 ð7:4Þ
m d

Entsprechend (7.1) ist die Voraussetzung für die Wellenausbreitung des m-ten Wellen-
modes, dass γ imaginär ist, d.h. ω2με > (mπ/d )2. Unterhalb dieser Grenze ist γ reell, d.h.
die Felder klingen exponentiell in Leitungsrichtung ab. Daraus folgt für die unteren
Grenzfrequenzen der TEm-Wellen

1 mπ
ωgTE
, m ¼ pffiffiffiffiffiffi ; m ¼ 1, 2, 3, . . . :
εμ d

Die Phasenkonstante β ¼ Im{γ} jedes einzelnen Wellenmodes ist nach Gl. (7.4) unter-
schiedlich. Sie steigt mit zunehmender Frequenz und nähert sich jeweils für ω2με >> (mπ/d)2
dem Wert des freien Raumes. Die Wellenlänge in z-Richtung verhält sich gemäß λ ¼ 2π/β
umgekehrt dazu. Abb. 7.6 zeigt die H-Feldlinien des TE1-Modes. Die elektrischen
Feldlinien (Ey) stehen senkrecht zur Zeichenebene (x-z-Ebene).

TM-Wellen
Für die einzig vorhandene Hy-Komponente reduziert sich die Wellengleichung (7.2) zu

2
∂ Hy
þ k 2 H y ¼ 0:
∂x2

Das Verschwinden der elektrischen Tangentialkomponente auf den Platten, in diesem


Fall Ez, kann über (II0 ) wie folgt auf Hy übertragen werden:

 1 ∂H y
E z x¼0, d ¼ ¼ 0:
j ω ε ∂x
356 7 Wellen auf Leitungen

Angewandt auf die aus Sinus- und Kosinusfunktion bestehende allgemeine L€osung
resultiert daraus

∂H y   γ z
¼ D1 cos ðk xÞ  D2 sin ðk xÞ e ¼ 0 , f u€r x ¼ 0, d:
∂x

Somit erhalten wir als L€osung für das Magnetfeld

γ z
H y ¼ H 0 cos ðk n xÞ e

mit


k ¼ kn ¼ , n ¼ 0, 1, 2, 3, . . . :,
d

Einsetzen von Hy in (II0 ) ergibt als L€osung für die beiden elektrischen Feldkomponenten
der TM-Wellen

γ γ z
Ex ¼ H 0 cos ðk n xÞ e
jω ε
j kn γ z
Ez ¼ H sin ðk n xÞ e :
ωε 0

Analog zu den TE-Wellen resultiert aus


rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 n π 2 ffi
γ ¼  ω με 2
n d

für die unteren Grenzfrequenzen der TM-Wellen

1 nπ
ωgTM
, n ¼ pffiffiffiffiffiffi ; n ¼ 0, 1, 2, . . . :
εμ d

Bis auf die Ordnungszahl Null sind sie identisch zu den Grenzfrequenzen der
TE-Wellen. Dies gilt nicht allgemein für andere Wellenleiter. Abb. 7.6 und 7.7 zeigt die
E-Feldlinien des TM1-Modes. Die magnetischen Feldlinien (Hy) stehen senkrecht zur
Zeichenebene (x-z-Ebene).
Betrachten wir nun den TM0-Mode, so erhalten wir mit n ¼ 0 aus dem allgemeinen
Ergebnis für die Fortpflanzungskonstante und für die Feldkomponenten jeweils folgende
Ausdrücke:
7.1 Leitungsgeführte Wellentypen 357

1,0

x/d 0,5

0
π/2 π 3π/2 2π
βz
Abb. 7.7 Elektrische Feldlinien des TM1-Modes (β ¼ Im(γ))

pffiffiffiffiffiffi
γ ¼ jω μ ε
0
γ z
Hy ¼ H0 e
rffiffiffi
μ γ z
Ex ¼ H e
ε 0
E y , Ez , H x , H z ¼ 0:

Es handelt sich also hierbei wie in Abb. 7.8 skizziert um eine TEM- bzw. ebene Welle,
die in diesem Fall homogen ist, mit dem Feldwellenwiderstand
rffiffiffi
Ex μ
Z¼ ¼
Hy ε

und der Phasenkonstante des freien Raumes

Abb. 7.8 TEM (TM0)-Mode


d
der Parallelplattenleitung

Ex

Hy
358 7 Wellen auf Leitungen

pffiffiffiffiffiffi
β ¼ Imf γ g ¼ ω μ ε:

Der TEM-Mode hat als untere Grenzfrequenz Null und breitet sich als einzige Wellen-
form bis zur unteren Grenzfrequenz des TE1 bzw. TM1-Mode aus. Für eine reine
TEM-Wellenausbreitung gilt also die Bedingung

, TM 1 π c
ω < ωTE ¼ pffiffiffiffiffiffi ¼ π :
g, 1
εμ d d

Ausgedrückt durch die Freiraum-Wellenlänge λ ¼ c/f erhalten wir

λ
d< ðTEM-BedingungÞ:
2

Innerhalb der Transversalebene entspricht das Feld der TEM-Welle dem elektrostati-
schen Feld im Plattenkondensator (Beispiel 2.5) bzw. dem magnetostatischen Feld zwi-
schen zwei entgegengesetzt, vom gleichen Strom durchflossene Platten (Beispiel 4.4). Die
Bedingung für die TEM-Welle ist also das Vorhandensein zweier voneinander getrennte
Elektroden. Aus diesem Grund k€onnen sich in einem Hohlleiter (Abb. 7.3) keine
TEM-Wellen ausbreiten.

Signal€
ubertragungsverhalten
Insgesamt ist das Übertragungsverhalten der Parallelplattenleitung charakterisiert durch die
Fortpflanzungskonstanten
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
m π 2 ffi
γTE, TM ¼ d  ω 2 με, m ¼ 1, 2, 3, . . .
m

einschließlich des TEM-Modes

pffiffiffiffiffiffi
γ TM ¼ γTEM ¼ jω μ ε:
0

Aufgetragen über der Frequenz ergibt sich das in Abb. 7.9 dargestellte Dis-
persionsdiagramm. Im Gegensatz zum TEM-Mode haben die h€oheren Moden eine nicht-
lineare Frequenzabhängigkeit. Kennzeichen dieses als Dispersion bezeichneten Verhaltens
ist die gemäß

ω
β¼
v
7.1 Leitungsgeführte Wellentypen 359

β = Im{ }

TEM TE3
(TM0) TM3
TE2
TE1 TM2
TM1
__
π/d 2π/d 3π/d w√mε

Abb. 7.9 Dispersionsdiagramm der verlustlosen Parallelplattenleitung

frequenzabh€ angige Phasengeschwindigkeit v(ω). Ein dispersives Übertragungsverhalten


ist für die Signalübertragung unerwünscht, da die einzelnen harmonischen Anteile sich mit
unterschiedlicher Phasengeschwindigkeit fortpflanzen und dadurch eine Verzerrung der
Signalform mit zunehmender Leitungslänge eintritt. Demgegenüber bietet die TEM-Welle
mit konstanter Phasengeschwindigkeit ein verzerrungsfreies Signalübertragungsverhalten.
In einer realen TEM-Leitung ist die Dispersion verursacht durch Verluste nicht gänzlich zu
vermeiden.
Ist die Frequenzbandbreite Δω eines Signals nicht zu groß, lässt sich der Frequenzgang
von β(ω) um die Mittenfrequenz ω0 linearisieren (Abb. 7.10). Die Geschwindigkeit mit der
sich das Signal als Gesamtheit seiner harmonischen Kompononenten (Wellengruppe)
ausbreitet wird als Gruppengeschwindigkeit vG bezeichnet und ergibt sich aus dem Kehr-
wert der Steigung:

Abb. 7.10 Zur Definition der β(ω)


Gruppengeschwindigkeit vG

β0

Δω
ω
ω0
360 7 Wellen auf Leitungen

1 ∂ω
vG ¼ ¼ Gruppengeschwindigkeit:
ð∂β=∂ωÞ ∂β

Die Umkehrfunktion ω(β) des betreffendens Mediums wird auch Dispersionsrelation


genannt.
Die Gruppengeschwindigkeit vG gibt also die Signal-Ausbreitungsgeschwindigkeit an.
Allgemein gilt vG < v in Übereinstimmung mit der speziellen Relativitätstheorie, da kein
Signal sich schneller als mit der Lichtgeschwindigkeit v ¼ c des Mediums ausbreiten kann.

7.1.2 TEM-Leitungen

Eine der wichtigsten TEM-Leitungsgeometrien ist die Koaxialleitung mit Innen- und
Außenradius ri bzw. ra (Abb. 7.11).
Die L€
osung der Wellengleichung in Zylinderkoordinaten führt auf Bessel- und Neu-
mannfunktionen. Unter Auslassung der Rechnung wollen wir hier nur die untere Frequenz-
grenze des ersten h€oheren TE1-Modes angeben:

πðri þ ra Þ < λ ðTEM-Bedingung der KoaxialleitungÞ:

Offensichtlich handelt es sich hierbei um den mittleren Umfang 2π(ri+ra)/2, der kleiner
als die Freiraumwellenlänge λ sein muss.
Die Bedingung für den reinen TEM-Betrieb sowohl bei der Parallelplattenleitung als
auch bei der Koaxialleitung ist also, dass die maßgebliche charakteristische Quer-
schnittsabmessung unterhalb einer bestimmten Grenze in der Gr€oßenordnung der Frei-
raumwellenlänge λ liegt. Der Wert hängt von der jeweiligen Querschnittsform ab und kann
bei geschlossenem Wellenleiter exakt angegeben werden (wegen der unbegrenzten Abmes-
sungen ist die Parallelplattenleitung als geschlossen zu betrachten).
Für den allgemeinen Fall – insbesondere bei offenen Leitungen – kann eine solche
TEM-Frequenzgrenze nicht exakt angegeben werden, da mit steigender Frequenz bereits
vor Einsetzen des ersten h€oheren Wellenmodes Feldkomponenten in Leitungsrichtung
entstehen. Diese sind insbesondere auf die durch die elektromagnetische Abstrahlung
verursachten Verluste zurückzuführen. Man spricht hierbei von Quasi-TEM-Wellen-
feldern. Weitere Ursachen dafür k€onnen Leitungsverluste oder auch inhomogene Materi-
alverteilungen zwischen den Leitern sein, wie dies bei der Mikrostreifenleitung der Fall ist.
Die Feldverhältnisse in einer offenen Leitung sollen am Beispiel einer verlustlosen
Paralleldrahtleitung mit dem Drahtabstand d etwas genauer untersucht werden (Abb. 7.12).
Bei Gleichspannung- bzw. Gleichstrombetrieb mit dem Hin- und Rückstrom I liegt
zwischen den Leitern ein reines TEM-Feld vor, das aus einer jeweils statischen elektrischen
und magnetischen Komponente besteht.
7.1 Leitungsgeführte Wellentypen 361

Abb. 7.11 Koaxialleitung

m,ε
ri
ra

Abb. 7.12 TEM-Feld der


Paralleldrahtleitung H
E
I I
y

z x

Bei zeitabh€angigem Betrieb sind Ladungs- und Stromdichten in den Leitern und damit
auch die Felder nicht mehr konstant. Dies gilt nicht nur zeitlich, sondern aufgrund des
Kausalitätsprinzips auch €ortlich entlang der Leitung. Wie in Abb. 7.13 skizziert, geht mit
der elektromagnetischen Strahlung von der Leitung eine transversale Komponente des
Poynting-Vektors ST einher, die nicht wie Sz für den eigentlichen Leistungstransport in
Leitungsrichtung zeigt (Vgl. Beispiel 1.2). Für das Bestehen von ST muss deshalb min-
destens eine der beiden Feldkomponenten, in unserem Beispiel die elektrische Feldstärke,
eine Longitudinalkomponente (Ez) aufweisen.
Das elektromagnetische Feld in der Leitung ergibt sich aus den retardierten Potentialen,
in der für zeitharmonische Vorgänge komplexen Form (6.34). Betrachten wir dazu bei-
spielsweise das komplexe Skalarpotential φ(z), bei der die Integration über die orts-
abhängige, komplexe Linienladungsdichte ql(r0 ) entlang der beiden Leiter durchzuführen
ist (Abb. 7.14). Hierbei stehen sich entgegengesetzte, gleich große Str€ome wie auch
Ladungsdichten ql(z0 ) auf den beiden Leitern gegenüber. Fassen wir bei der Integration
das Wegelement dz0 für den unteren und oberen Leiter paarweise zusammen, so resultiert
für das Potential beispielsweise auf dem unteren Leiter an der Stelle z
362 7 Wellen auf Leitungen

Abb. 7.13 Komponenten des ST


Poyntingvektors in einer offenen Ez
Leitung
I HT

HT Sz
d
ET

I HT Ez
ST

I(z')
+ + ql(z')
d
|r – r'| ql(z')
– –
I(z')
z z'

Abb. 7.14 Zur Berechnung des Feldes innerhalb einer TEM-Leitung mit charakteristischer Quer-
abmessung d

0 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1
Z j k ðzz0 Þ2 þd j k jzz0 j
1 B e e C 0
φð z Þ ¼ q ðz0 Þ@qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi  0j A
dz :
4πε l 2 jz  z
ðz  z0 Þ þ d

Aus dem Integranden ist ersichtlich, dass sich die Wirkungen der beiden gegen-
sätzlichen Ladungsdichten für |z  z0 | >> d zunehmend aufheben. Daraus folgt, dass das
Feld in der Leitung allein durch die Ladungen in einem Raumbereich der Gr€oßenordnung
d bestimmt wird. Für den Fall dass der Leiterabstand d elektrisch kurz ist, d. h. für


kd ¼ d1
λ

ist die Retardierung vernachl€assigbar, sodass das Feld zwar zeitabhängig ist, aber in seiner
räumlichen Verteilung näherungsweise dem statischen Fall und damit einem TEM-Feld
entspricht (Abb. 7.12).
7.2 TEM-Wellen auf Leitungen 363

" Sind die charakteristischen Querschnittsabmessungen einer Leitung d << l,


besteht auch im zeitabhängigen Fall in sehr guter Näherung ein TEM-Feld.

Als Zahlenbeispiel betrachten wir eine Paralleldrahtleitung in Luft bei einer Signalfrequenz
f ¼ 300 MHz. Die Wellenlänge λ ¼ c/f beträgt somit 1 m. Bei einem Drahtabstand von
1 mm ist das Verhältnis d/λ ¼ 103, sodass nahezu reine TEM-Verhältnisse vorliegen.
Würden wir jedoch eine solche Frequenz beispielsweise über eine Mittelspannungs-
Freileitung für die Energieversorgung mit einem Leiterabstand in der Gr€oßenordnung
von einem Meter übertragen wollen, so wäre aufgrund von d/λ ¼ 1 kaum mehr von einer
TEM-Wellenausbreitung auszugehen. Dagegen liegen bei der für solche Leitungen
üblichen Frequenz von 50 Hz (λ ¼ 6000 km) wiederum perfekte TEM-Bedingungen vor.
Für praktische Auslegungen kann folgende Grenze zugrunde gelegt werden:

< λ λ
d  ... TEM-Bedingung ðpraktische GrenzeÞ:
40 10

7.2 TEM-Wellen auf Leitungen

Wir wollen die für die Ausbreitung von TEM-Wellen auf Leitungen maßgeblichen Glei-
chungen und ihre allgemeine L€osung untersuchen. Dabei sollen für den allgemeinen Fall
auch Verluste einbezogen werden. Das sind zum einen ohmsche Verluste in den Leitern und
zum anderen Ableitverluste in einem homogenen Medium zwischen den Leitern. Letztere
k€
onnen durch die Leitfähigkeit des Mediums entstehen, sind aber in der Regel bei
Verwendung ausreichend guter Isolatoren auf Polarisationsverluste zurückzuführen, die
bei zeitabhängigen Feldern entstehen.

7.2.1 Die Feldgleichungen

Bei einem Leiter mit einem nicht verschwindenden ohmschen Widerstand entsteht durch
den Strom I in Leitungsrichtung ein entsprechender Spannungsabfall auf der Leiterober-
fläche

∂U
¼ Ez 6¼ 0,
∂z

und damit eine Längskomponente des elektrischen Feldern Ez, sodass keine exakten
TEM-Verhältnisse vorliegen k€onnen (Abb. 7.15).
364 7 Wellen auf Leitungen

Abb. 7.15 Elektrische


Längsfeldstärke bei x I Ez
verlustbehafteten Leitern ET
y z E HT
I

Ausgehend von einem runden Leiter mit Radius a und längenbezogenem Widerstand R0
ergibt sich unter Zugrundelegung des starken Skineffektes mit der Skintiefe δ < a
(Abschn. 5.5.1)

I
Ez ¼ R0 I  :
κ 2π a δ

Das Transversalfeld ET auf der Leiteroberfläche k€onnen wir mit dem Magnetfeld eines
Linienstroms (4.22) und über den Feldwellenwiderstand (7.17) wie folgt abschätzen:

I
ET  Z F H T  Z :
2πa

Damit resultiert für das Verhältnis zwischen Längs- und Transversalkomponente des
elektrischen Feldes

Ez 1
 :
ET κ δ Z

Betrachten wir beispielsweise einen Kupferleiter (κ ¼ 5,6107 S/m) in Luft innerhalb


des Frequenzbereichs f ¼ 1 MHz . . . 1 GHz. Nach (5.16) liegt die Skintiefe im Bereich
δ  66 μm . . . 2,1 μm und wir erhalten mit Z  377 Ω für das Feldstärkeverhältnis
Ez/ET  0,7  106 . . . 23  106.
Die zusätzliche elektrische Längskomponente Ez ist also für übliche Leiter ausreichend
klein, sodass in sehr guter Näherung von einem TEM-Feld ausgegangen werden kann. Wir
wollen sie jedoch zur Erfassung der Leitungsverluste berücksichtigen und setzen
E ¼ ET + Ezez in die I.te-Maxwell-Gleichung ein und erhalten unter der Annahme eines
rein transversalen magnetischen Feldes BT zunächst

∂BT
∇  ET þ ∇  ðE z ez Þ ¼  : ð7:5Þ
∂t

Die Aufspaltung des Nabla-Operators in seinen transversalen und longitudinalen Anteil,


d. h.
7.2 TEM-Wellen auf Leitungen 365

∂ ∂ ∂
∇ ¼ ∇ T þ ez ; mit ∇ T ¼ ex þ ey ð7:6Þ
∂z ∂x ∂y

ergibt für die beiden Terme auf der linken Seite von (7.5)


∇  ET ¼ ∇T  ET þ ez  ET
∂z


∇  ð E z ez Þ ¼ ∇ T  ð E z ez Þ þ E z ez  ez :
∂z

Die transversale Rotation eines transversalen Vektors aT ergibt allgemein einen Vektor
in z-Richtung:

 ∂ay ∂ax
∇T  a T ¼ ∇ T  a x e x þ a y e y ¼  ez : ð7:7Þ
∂x ∂y

Daraus folgt

∇T  ET ¼ 0, ð7:8Þ

da die rechte Seite von (7.5) nur transversale Komponenten enthält. Mit ez  ez ¼ 0 ergibt
sich damit für (7.5)

∂ ∂BT
ez  ET þ ∇T  ðE z ez Þ ¼  : ð7:9Þ
∂z ∂t

Die Bildung des Kreuzproduktes mit ez auf beiden Seiten der Gleichung ergibt durch
Anwendung der Regel (A.12) für den ersten Term auf der linken Seite, allgemein ausge-
drückt für einen transversalen Vektor aT

ez  ðez  aT Þ ¼ ez ðez  aT Þ  aT ðez  ez Þ ¼ aT ð7:10Þ

und für den zweiten Term auf der linken Seite

ez  ∇T  ðE z ez Þ ¼ ∇T ðez  Ez ez Þ  Ez ez ðez  ∇T Þ:
366 7 Wellen auf Leitungen

Mit ez∇T ¼ 0 erhalten wir schließlich für die I-te Maxwell-Gleichung die Form

∂ET ∂
∇T E z þ ¼ ez  BT : ð7:11Þ
∂z ∂t

Die II-te Maxwell-Gleichung lautet mit der aufgespaltenen Form (7.6) des Nabla-
Operators

∂HT ∂ET
∇T  HT þ ez  ¼ κ ET þ ε :
∂z ∂t

Wegen des rein transversalen Vektors auf der rechten Seite (Ez << ET) gilt auch für das
Magnetfeld

∇T  HT ¼ 0: ð7:12Þ

Ausführung des Kreuzproduktes mit ez auf beiden Seiten ergibt unter Anwendung von
(7.10) für die II-te Maxwell-Gleichung die Form

∂HT ∂
 ¼ κ ðez  ΕT Þ þ ε ðez  ΕT Þ: ð7:13Þ
∂z ∂t

Nach (7.8) und (7.12) ist die Flächenrotation der Felder in der Querschnittsebene Null,
d. h.

∇T  ET ¼ 0 , ET ¼  ∇T ϕ
ð7:14Þ
∇ T  H T ¼ 0 , H T ¼  ∇T ϕ m :

Die Transversalfelder sind also in jeder Querschnittsebene der Leitung wirbelfrei und
resultieren gemäß der Identität (A.74) aus einem elektrischen bzw. magnetischen
Skalarpotential ϕ bzw. ϕm. Die Kombination mit den Divergenzen (III) und (IV) ergibt
in der Transversalebene jeweils eine Laplace-Gleichung für die Potentiale:

ΔT ϕ ¼ 0 ∂
2

2

ΔT ϕm ¼ 0 mit ΔT ¼ þ 2
∂x 2 ∂y

" In jeder Querschnittsebene entspricht die o€rtliche Verteilung der zeit-


abhängigen TEM-Felder dem statischen Fall.

Betrachten wir nun die Ausbreitung der TEM-Felder in einer verlustlosen Leitung. Mit
Ez ¼ 0 und κ ¼ 0 reduzieren sich die beiden Maxwell-Gleichungen (7.11) und (7.13) zu
7.2 TEM-Wellen auf Leitungen 367

∂ET ∂
¼ μ ð ez  H T Þ
∂z ∂t
∂HT ∂
¼  ε ðez  ET Þ:
∂z ∂t

Die Entkopplung dieser beiden Gleichungen durch erneutes Ableiten nach z und inei-
nander Einsetzen liefert schließlich

2 2
∂ ET ∂ ET
 με ¼0
∂z 2 ∂t 2
ð7:15Þ
2 2
∂ HT ∂ HT
 με ¼ 0:
∂z2 ∂t 2

Wir erhalten somit die Wellengleichung für eine ebene Welle aus Abschn. 6.1.1. Sie
gelten für eine beliebige inhomogene ebene Welle, bei der die Feldvektoren zwar in der
Querschnittsebene ortsabhängig sein k€onnen, aber entlang der Leitung in ihrer Schwin-
gungsrichtung unveränderlich sind (Abb. 7.12). Insofern stellt das TEM-Feld in der
Parallelplattenleitung (Abb. 7.8) den Spezialfall einer homogenen ebenen Welle dar.
Die allgemeine L€osung der Wellengleichung hat demzufolge die d’Alembertsche Form
(6.19)

ET ðz; t Þ ¼ Eþ 
T ðt  z=vÞ þ ET ðt þ z=vÞ
ð7:16Þ
HT ðz; t Þ ¼ Hþ 
T ðt  z=vÞ þ HT ðt þ z=vÞ

bestehend aus einer hin- und rücklaufenden Welle, die sich jeweils mit der Phasenge-
schwindigkeit (6.9)

1
v ¼ pffiffiffiffiffiffi
με

entlang der Leitung bewegen.


Aus der obigen verlustlosen TEM-Form der Maxwell-Gleichung (7.9)

∂ ∂BT
ez  ET ¼ 
∂z ∂t

erhalten wir beispielsweise für eine in positive z-Richtung fortschreitende Welle durch
Einsetzen des d’Alembertschen Terms mit u ¼ t  z/v für die linke Seite
368 7 Wellen auf Leitungen

∂Eþ ∂EþT ∂u 1 ∂
ez  T
¼ ez  ¼ ez  E þ
∂z ∂u ∂z v ∂u T

und für die rechte Seite

∂Hþ ∂HþT ∂u ∂
μ T
¼ μ ¼  μ Hþ
T:
∂t ∂u ∂t ∂u

Daraus folgt durch Gleichsetzen


rffiffiffi
μ þ
ez  Eþ ¼vμ Hþ ¼ H :
T T
ε T

In Übereinstimmung mit den in Abschn. 6.1.1 beschriebenen Eigenschaften von ebenen


Wellen im freien Raum, sind auch die durch eine Leitung geführten TEM-Felder fest über
die Feldwellenwiderstand
rffiffiffiffiffi  þ    
μ E E
Z¼ ¼  Tþ  ¼  T  ð7:17Þ
ε HT HT

miteinander verknüpft, unabhängig von der Leitungsgeometrie. Gleiches gilt entsprechend


für die Felder der rücklaufenden Welle.

7.2.2 Die Leitungsgleichungen

Wir wollen nun aus den beiden Maxwell-Gleichungen (7.11) und (7.13) die maßgeblichen
Gleichungen für den Strom und die Spannung entlang der Leitung durch Integration
bestimmen.

1.te Leitungsgleichung
Integration der I-ten Maxwell-Gleichung (7.11)

∂ET ∂
∇T E z þ ¼ ez  BT
∂z ∂t

auf beide Seiten entlang eines beliebigen Pfades von Leiter 1 nach Leiter 2 innerhalb der
Querschnittsebene (Abb. 7.16a) ergibt für den ersten Term auf der linken Seite mit der
Regel (A.78)
7.2 TEM-Wellen auf Leitungen 369

b
a ∂A1
1
I B A1
e z × es ds

y ds es × e z
E
z x I 2

Abb. 7.16 Zur Ableitung der Leitungsgleichungen durch Integration in der Querschnittsebene

Z2
∇T E z  ds ¼ E z, 2  Ez, 1 :
1

Die beiden Feldstärken entsprechen den längenbezogenen Spannungsabfällen im Lei-


ter 1 und 2. Durch Zusammenfassen des Widerstandsbelags R0 ¼ R0 1 + R0 2 beider Leiter
erhalten wir

E z, 1  E z, 2 ¼ I R1 0  ðI Þ R2 0 ¼ I ðR1 0 þ R2 0 Þ ¼ I R0 :

Die Integration des zweiten Terms in (7.11) ergibt aufgrund der Wirbelfreiheit von ET
(7.14) und der Regel (A.78) die Spannung zwischen den Leitern:

Z2 Z2
ET  ds ¼ ∇T ϕ  ds ¼ ðϕ1  ϕ2 Þ ¼ U :
1 1

Zur Integration des rechten Terms in (7.11) führen wir zunächst eine zyklische Vertau-
schung durch (A.11) und erhalten nach Umkehrung des Kreuzproduktes mit ds ¼ ds es

Z2 Z2
ðez  BT Þ  ds ¼  BT  ðez  es Þd s ¼ Φ0m ¼ I L0 :
1 1

Hierbei steht der Vektor ez  es senkrecht auf dem Integrationspfad, durch den der
gesamte, auf die Länge bezogene magnetische Fluss Φ0 m hindurchtritt. Nach (4.52) steht
dieser mit dem Induktivit€atsbelag L0 der Leitung und dem Strom I gemäß L0 ¼ Φ0 m/I in
Beziehung. Einsetzen der drei Integrale in (7.11) ergibt schließlich
370 7 Wellen auf Leitungen

∂U ∂I
¼ I R0  L0 1te Leitungsgleichung: ð7:18Þ
∂z ∂t

2.te Leitungsgleichung
Die Integration der II-ten Maxwell-Gleichung (7.13)

∂HT ∂
 ¼ κ ðez  ΕT Þ þ ε ðez  ΕT Þ
∂z ∂t

entlang eines geschlossenen Pfades in der Querschnittsebene, z. B. um Leiter 1 (Abb. 7.16b)


ergibt für den ersten Term bei Fehlen eines z-gerichteten Verschiebungsstromes (Dz ¼ εEz ¼ 0)
gemäß dem Ampèreschen Durchflutungsgesetz (II0 , Kap. 4)
I
HT  d s ¼ I:
∂A1

Die Integration des zweiten Terms in (7.13) ergibt nach zyklischer Vertauschung (A.11)
mit ds ¼ ds es
I I I
κ ðez  ΕT Þ  ds ¼ κ ΕT  ðes  ez Þ ds ¼ JT  ðes  ez Þ ds:
∂A1 ∂A1 ∂A1

Der Vektor ez  es steht senkrecht auf dem Integrationspfad, sodass das Integral den
längenbezogenen Ableitstrom von Leiter 1 nach 2 ergibt. Ausgedrückt durch den Quer-
leitwertbelag G0 zwischen den Leitern erhalten wir nach dem Ohmschen Gesetz (3.7)
I
JT  ðes  ez Þ ds ¼ U G0 :
∂A1

In analoger Weise liefert die Integration des dritten Terms in (7.13)


I I
0 0
ε ðez  ΕT Þ  ds ¼ DT  ðes  ez Þ ds ¼ Q ¼ U C
∂A1 ∂A1

gemäß Gausschem Gesetz (III) die längenbezogene Ladung Q0 auf dem Leiter, ausgedrückt
durch den Kapazit€atsbelag C0 ¼ Q0 /U (2.42).
7.2 TEM-Wellen auf Leitungen 371

Einsetzen der drei Integrall€osungen in (7.13) ergibt schließlich


∂I ∂U
¼ U G0  C 0 2te Leitungsgleichung: ð7:19Þ
∂z ∂t

Für homogene Medien erhalten wir den zu (3.11) identischen, längenbezogenen Zusam-
menhang
H
0
1
U ε
ðez  ΕT Þ  ds
C ∂A1 ε
0 ¼ 1
H ¼ :
G Uκ ðez  ΕT Þ  ds κ
∂A1

Differentielles Ersatzschaltbild
Die aus den Maxwell-Gleichungen abgeleiteten Leitungsgleichungen (7.18) und (7.19)
beschreiben bei Kenntnis aller prim€aren Leitungsparameter R0 , L0 , G0 , C0 das dynamische
Verhalten einer Leitung vollständig. Die netzwerkmäßige Interpretation der Leitungs-
gleichungen ergibt sich, indem wir beide Gleichungen mit dem differentiellen Längen-
abschnitt dz multiplizieren. Wir erhalten für die Spannungsänderung über dz

∂I
dU ¼ IR0 dz  L0 dz
∂t

und für die Stromänderung über dz

∂U
dI ¼ U G0 dz  C 0 dz :
∂t

Nach dem Maschen- und Knotensatz der Kirchhoffschen Regeln (1.87), (1.88) resultiert
daraus das in Abb. 7.17 dargestellte Ersatzschaltbild für einen infinitesimalen Leitungsab-
schnitt dz.

I I + dI
R’dz L’dz
U U + dU
G’dz C’dz

dz

Abb. 7.17 Differentielles Ersatzschaltbild der verlustbehafteten Leitung


372 7 Wellen auf Leitungen

Entsprechend Abb. 7.17 kann eine Leitung als eine Hintereinanderschaltung unendlich
vieler solcher Ersatzschaltbilder verstanden werden. Tatsächlich lässt sich für einen aus-
reichend kurzen Leitungsabschnitt der Länge Δs ein solches Ersatzschaltbild als Nähe-
rungsmodell ansetzen (siehe Abschn. 7.4.3) bzw. mehrere Elemente kaskadieren.

7.2.3 Strom- und Spannungswellen

Beide Leitungsgleichungen (7.18) und (7.19) enthalten jeweils Strom und Spannung. Um
sie zu entkoppeln, differenzieren wir sie jeweils nach z und erhalten nach ineinander
einsetzten

2 2
∂ U ∂U ∂ U
¼ R0 G0 U þ ðR0 C 0 þ L0 G0 Þ þ L0 C 0 2
∂z2 ∂t ∂t
Telegrafengleichungen: ð7:20Þ
2 2
∂ I ∂I ∂ I
¼ R0 G0 I þ ðR0 C 0 þ L0 G0 Þ þ L0 C 0 2
∂z 2 ∂t ∂t

Diese als Telegrafengleichungen bezeichneten partiellen Differentialgleichungen 2. Ord-


nung stellen eine allgemeinere Form der einfachen Wellengleichungen (7.15) dar. Ihre
zeitabhängige L€ osung ist nicht in der einfachen d’Alembertschen Form (7.16) darstellbar
und man muss im Allgemeinen auf numerischen Methoden ausweichen. In Analogie zu
den Netzwerken k€onnen wir jedoch für zeitharmonische (stationäre) Vorgänge mit der
Kreisfrequenz ω auf die komplexe Form übergehen, bei der die Zeitableitungen gemäß

2
∂U ∂ U
! jωU , ! ω2 U
∂t ∂t 2

eliminiert werden k€onnen. Damit erhalten wir für die komplexe Amplitude von Spannung
bzw. Strom die folgenden komplexen Wellengleichungen

2
∂ U
 γ2 U ¼ 0
∂z2 komplexe Wellengleichung der ð7:21Þ
2
∂ I verlustbehafteten Leitung
 γ2 I ¼ 0
∂z2

Hierbei ist
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
γ ¼ α þ jβ ¼ ðR0 þ jωL0 ÞðG0 þ jωC 0 Þ ð7:22Þ
7.2 TEM-Wellen auf Leitungen 373

die komplexe Wellenzahl (Fortpflanzungskonstante) der Leitung mit


α: D€
ampfungskonstante
β: Phasenkonstante.
Der Vorteil der komplexen Wellengleichung (7.21) ist, dass ihre L€osung die station€are
d’Alembertsche Form

U ðzÞ Uþ γz U þγz


¼ e þ e
I ðzÞ Iþ I
Uþ U
¼ eαz ejβz þ eþαz eþjβz ð7:23Þ
Iþ I

einer ged€
ampften hin- und r€ucklaufenden Welle besitzt, wie sich durch Einsetzen in (7.21)
direkt zeigen lässt. Betrachten wir dazu beispielsweise eine in positive z-Richtung fort-
schreitende Welle (Abb. 7.18)
n o
jωt γ z
U ðz; t Þ ¼ Re U þ e ¼ U^ þ eα z cos ðωt  βz þ φÞ:

Die in Fortpflanzungsrichtung abklingende Amplitude wird durch die Einhüllende


(Enveloppe) ~ eαz bestimmt, während die Phasengeschwindigkeit v bzw. die Wellenlänge
λ ¼ 2π/β durch die Phasenkonstante β festgelegt wird.
Dadurch dass die Strom- und Spannungswellen integrale Gr€oßen der Wellenfelder sind
und diese wiederum fest über den Feldwellenwiderstand des Mediums (7.17) verknüpft
sind, muss es auch zwischen den Strom- und Spannungsamplituden der hin- und
rücklaufende Welle eine entsprechende Beziehung geben. Einsetzen der allgemeinen
L€osung (7.23) für Strom und Spannung in die 1te Leitungsgleichung (7.18) ergibt nach
Ausführung der z-Differentiation

U(z,t)
~ e–αz

z
v Δt

Abb. 7.18 Gedämpfte harmonische Welle zu zwei Zeitpunkten mit der Differenz Δt
374 7 Wellen auf Leitungen

   
γz þγz γz þγz
 γ Uþ e  U e ¼ ðR0 þ jωL0 Þ I þ e þ I  e :

Dem Koeffizientenvergleich der beiden unabhängigen Wellenausdrücke entnehmen wir


direkt
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Uþ U  R0 þ jωL0 R0 þ jωL0
¼  ¼ ¼ :
Iþ I γ G0 þ jωC 0

Die Strom- und Spannungsamplituden der hin- und rücklaufenden Welle stehen also
über den komplexen (Leitungs-)Wellenwiderstand
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
R0 þ jωL0 R0 þ jωL0
Zw ¼ ¼ ð7:24Þ
γ G0 þ jωC 0

in einem festen Verhältnis zueinander. Es genügt somit nach (7.23) nur die L€osung der
Spannungs- oder Stromamplituden, z. B.

γz þγz
U ðzÞ ¼ U þ e þ U e
U þ γz U  þγz
I ðzÞ ¼ e  e :
Zw Zw

Aufgrund der geometrieabhängigen Leitungsparameter hängt der Leitungswellen-


widerstand im Gegensatz zum Feldwellenwiderstand (7.17) nicht nur vom Medium,
sondern auch von der Leitergeometrie ab.

" Das dynamische Verhalten einer Leitung ist vollständig bestimmt durch die
primären Leitungskonstanten R0 , L0 , G0 , C0 oder durch die sekundären komple-
xen Leitungskonstanten Zw, g.

Sind die Verluste einer Leitung vernachlässigbar klein, so vereinfachen sich die Tele-
grafengleichungen mit R0 ¼ G0 ¼ 0 zu den einfachen Wellengleichungen

2 2
∂ U ∂ U
¼ L0 C 0 2
∂z2 ∂t
ð7:25Þ
2 2
∂ I ∂ I
¼ L0 C 0 2 :
∂z2 ∂t

Über das Produkt L0 C0 ¼ 1/v2 ist die Phasengeschwindigkeit der Strom- und Span-
nungswellen definiert. Da sie aus den Feldern der verlustlosen Wellengleichung (7.15)
hervorgehen, die sich mit der Lichtgeschwindigkeit des Mediums ausbreiten, kürzt sich
offensichtlich die Geometrieabhängigkeit im Produkt L0 C0 heraus und es gilt
7.2 TEM-Wellen auf Leitungen 375

1 1
v ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ pffiffiffiffiffiffi : ð7:26Þ
LC 0 0 με

Der Leitungswellenwiderstand (7.24) ist im verlustlosen Fall reell:


rffiffiffiffiffi
L0
Zw ¼ : ð7:27Þ
C0

Bei Kenntnis der rein materialabhängigen Phasengeschwindigkeit v (7.26) genügt zur


Berechnung des Leitungswellenwiderstandes Zw somit nur die Bestimmung eines der
beiden Leitungsbeläge L0 oder C0 , d. h:

1
Z w ¼ L0 v ¼ :
v C0

Die zeitabhängige L€osung von (7.25) kann entsprechend (7.16) in der d’Alembertschen
Form mit unged€ampften hin- und r€ucklaufenden Wellen angesetzt werden:

U ðz; t Þ ¼ U þ ðt  z=vÞ þ U  ðt þ z=vÞ


Uþ U
I ðz; t Þ ¼ ðt  z=vÞ  ðt þ z=vÞ:
Zw Zw

Für den stationären (zeitharmonischen) Fall gehen die komplexen Wellengleichungen


(7.21) über in die sog. Helmholtz-Gleichungen:

2
∂ U
þ β2 U ¼ 0
∂z2
ð7:28Þ
2
∂ I
þ β2 I ¼ 0,
∂z2

mit der Phasenkonstante der verlustlosen Leitung

ω pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
β¼ ¼ ω L0 C 0 : ð7:29Þ
v

Die stationäre L€osung (7.23) reduziert sich entsprechend zu

U ðzÞ ¼ U þ ejβ z þ U  eþjβ z


U þ jβ z U  þjβ z ð7:30Þ
I ðzÞ ¼ e  e :
Zw Zw
376 7 Wellen auf Leitungen

Beispiel 7.1: Leitungswellenwiderstand der Parallelplattenleitung


Betrachtet wird eine ideal leitfähige Parallelplattenleitung nach Abb. 7.8 mit Plattenab-
stand d und einer Plattenbreite w. Unter der Voraussetzung d << w seien Randeffekte
vernachlässigt, d. h. es wird ein homogenes Feld zwischen den Platten angenommen. In
diesem Fall erhält man beispielsweise für den Kapazitätsbelag C0 nach der Gl. (2.46) des
idealen Plattenkondensators
w
C0 ¼ ε :
d

Daraus folgt
pffiffiffiffiffiffi rffiffiffi
1 με μd d
Zw ¼ ¼ ¼ ¼Z :
v C0 C0 εw w

Für den Induktivitätsbelag erhalten wir umgekehrt


Zw d
L0 ¼ ¼μ :
v w

7.3 Instationäre Vorgänge

In vielen praktischen Fällen ist der Zeitverlauf von Spannung und Strom während eines
Schaltvorgangs über eine Leitung zu ermitteln. Analog zu den Netzwerken mit Energie-
speichern geht die Leitung erst nach einer ausreichend langen Zeit in den stationären
(eingeschwungenen) Zustand über.
Die wesentlichen Erscheinungen bei instationären Vorgängen k€onnen an der verlustlo-
sen (dispersionsfreien) Leitung am einfachsten studiert werden. Nach Abschn. 7.2.3 ist in
diesem Fall die Wellengleichung zugrunde zu legen, z. B. für die Spannung

2 2
∂ U ðz; t Þ 1 ∂ U ðz; t Þ
 2 ¼0 ð7:31Þ
∂z2 v ∂t 2

mit der Phasengeschwindigkeit der Leitung

1
v ¼ pffiffiffiffiffi : ð7:32Þ
με

Die allgemeine L€osung nach d’Alembert

U ðz; t Þ ¼ U þ ðt  z=vÞ þ U  ðt þ z=vÞ


1 ð7:33Þ
I ðz; t Þ ¼ ½U þ ðt  z=vÞ  U  ðt þ z=vÞ
Zw
7.3 Instationäre Vorgänge 377

kann über den Leitungswellenwiderstand


rffiffiffiffiffi
L0
Zw ¼ ð7:34Þ
C0

auf die Bestimmung nur einer der beiden Zustandsgr€oßen Spannung bzw. Strom reduziert
werden.
Die Gestalt der hin- und rücklaufenden Wellen wird von den Anfangsbedingungen
(t ¼ 0) und den Randbedingungen an den beiden Leitungsenden (z ¼ 0, l) bestimmt. Es
liegt also eine sog. Anfangs- Randwertaufgabe vor, beispielsweise mit den Anfangsbedin-
gungen

∂U ðz; t ¼ 0Þ
U ðz; t ¼ 0Þ, bzw: I ðz; t ¼ 0Þ
∂t

und den Randbedingungen

U ðz ¼ 0; t Þ, U ðz ¼ l; t Þ:

7.3.1 Einschaltvorgang in einer unbegrenzten Leitung

Als einfachstes aber grundlegendes Beispiel eines instationären Vorgangs wollen wir das
Einschalten einer Gleichspannungsquelle U0 mit Innenwiderstand R0 zum Zeitpunkt t ¼ 0
betrachten (Abb. 7.19). Die Leitung sei bis zum diesem Zeitpunkt strom- und spannungs-
los, d. h. es gelten die Anfangsbedingungen

t=0
R0

U0 v, Zw

U+
t>0 I+ v
v
z
v⋅t

Abb. 7.19. Einfacher Einschaltvorgang in einer unendlich langen Leitung


378 7 Wellen auf Leitungen

U ðz; 0Þ ¼ I ðz; 0Þ ¼ 0:

Hinsichtlich der Randbedingungen k€onnen wir aufgrund der unbegrenzten Länge der
Leitung eine in negative z-Richtung laufende Welle ausschließen, d. h. U ¼ 0 und setzen
für den Leitungsanfang bei z ¼ 0 an:

U ðz ¼ 0; t Þ ¼ U þ ðt Þ ¼ U 0 σðt Þ  I þ ðt Þ R0
U þ ðt Þ
¼ U 0 σðt Þ  R0 :
Zw

Hierbei machen wir Gebrauch von der Einheits-Sprungfunktion (Heaviside-Funktion)

0; t < 0
σðt Þ ¼ ð7:35Þ
1; t 0:

Die Aufl€
osung nach der hinlaufenden Spannungswelle am Leitungsanfang ergibt

U0
U þ ðt Þ ¼ σðt Þ, ð7:36Þ
1 þ R0 =Z w

entsprechend einem Spannungsteiler, bestehend aus dem Innenwiderstand der Spannungs-


quelle R0 und dem Leitungs-Wellenwiderstand Zw. Wie in Abb. 7.20 dargestellt, wird die
Leitung „aus Sicht der Quelle“ somit durch den Widerstand Zw repräsentiert.
Für jeden anderen Punkt z > 0 auf der Leitung k€onnen wir das Argument t gemäß der
0
d Alembertschen Form (7.33) verschieben und erhalten für Spannung und Strom entlang
der Leitung jeweils die L€osung

U0
U ðz; t Þ ¼ σðt  z=vÞ
1 þ R0 =Z w
U þ ðz; t Þ U0
I ðz; t Þ ¼ ¼ σðt  z=vÞ:
Zw Zw þ R

Wie in Abb. 7.19 skizziert, pflanzt sich eine Spannungs- und Stromwelle mit der
Phasengeschwindigkeit v entlang der Leitung fort. Dementsprechend sind die Wellenfronten

Abb. 7.20 Ersatzschaltbild für t=0


den Einschaltvorgang an einer R0
unbegrenzten Leitung

U0 U+ Zw
7.3 Instationäre Vorgänge 379

zum Zeitpunkt t > 0 an der Stelle z ¼ vt in der Leitung angelangt. Jenseits von diesem Punkt
ist die Leitung zu diesem Zeitpunkt noch strom- und spannungslos.

7.3.2 Reflexion und Brechung

Wir wollen nun das Auftreffen einer Wellenfront an einem Leitungsende betrachten, das
mit einer Lastimpedanz ZL abgeschlossen ist (Abb. 7.21). Für die auftreffende Welle,
wie z. B. die im vorangehenden Abschnitt beschriebene hinlaufende Welle mit der Spannung
U+ und dem Strom I+ gilt auf der Leitung gemäß der Definition des Leitungs-Wellenwi-
derstands

¼ Z w:

An den Anschlüssen am Leitungsende gilt jedoch für das Verhältnis zwischen Spannung
und Strom nach dem ohmschen Gesetz

U
¼ ZL:
I

Im allgemeinen Fall ZL 6¼ Zw entsteht deshalb eine r€ucklaufende (reflektierte) Welle


(U,I), sodass die Abschlussbedingung
U Uþ þ U
ZL ¼ ¼ þ
I I þ I

erfüllt werden kann. Drücken wir nach (7.33) die Stromwellen durch die entsprechenden
Spannungswellen aus, erhalten wir den Zusammenhang

Uþ þ U 1 þ U  =U þ
ZL ¼ ¼ Z :
Uþ U 1  U  =U þ
w

Zw Zw

+
I I– I

+ –
U U U
ZL
+ –
I I
Abb. 7.21 Reflexion an einem Leitungsabschluss
380 7 Wellen auf Leitungen

Das Verhältnis aus rücklaufender zu hinlaufender Spannung charakterisiert das Re-


flexionsverhalten eines Leitungsabschlusses. Wir definieren dazu den Reflexionsfaktor

U

und erhalten nach Einsetzen dafür die Berechnungsformel

Z L =Z w  1 Z L  Z w
r¼ ¼ : ð7:37Þ
Z L =Z w þ 1 Z L þ Z w

Die folgenden drei wichtigen Grenzfälle k€onnen daran abgelesen werden:

ZL ¼ Zw ) r ¼ 0 ðAnpassungÞ

ZL ! 1 ) r ¼ 1 ðLeerlauf Þ

Z L ¼ 0 ) r ¼ 1 ðKurzschlussÞ:

Im Fall der Anpassung (r ¼ 0) entsteht keine reflektierte Welle. Die von der hin-
laufenden Welle transportierte Leistung wird vollständig in der Abschlussimpedanz ZL
absorbiert. Bei Leerlauf und Kurzschluss ist der Reflexionsfaktor betragsmäßig eins, d. h.
es handelt sich um eine Totalreflexion, bei der die Welle vollständig reflektiert wird. Bei
Leerlauf verdoppelt sich die Spannung U am Leitungsende auf 2U+ aufgrund des gleichen
Vorzeichens von U. Der Strom I hebt sich wegen der Richtungsumkehr bei der
rücklaufenden Welle (Abb. 7.21) dabei vollständig auf. Dagegen führt bei Kurzschluss
die Umkehrung der Polarität von U zu der am Leitungsende erzwungenen Ausl€oschung
der Spannung, wogegen der Strom sich auf 2I+ verdoppelt.
Abb. 7.22 verdeutlicht allgemein den Vorgang der Reflexion zu drei verschiedenen
Zeitpunkten am Beispiel einer rechteckigen Welle U+. Zum Zeitpunkt t2 > t1, während die
hinlaufende Welle noch nicht vollständig am Leitungsende angekommen ist, überlagert
sich diese mit der reflektierten Spannung U zu U. Die reflektierte Welle läuft zu einem
entsprechend gewählten Zeitpunkt t3 > t2 in Richtung Generator zurück und am Leitungs-
ende ist die Spannung wie vor Eintreffen der Welle wieder Null.
Trifft eine Welle U1+ in einer Leitung mit den Parametern Zw,1, v1 auf eine Stoßstelle
z ¼ z0 zu einer zweiten Leitung mit unterschiedlichen Parametern Zw,2, v2, so treten die
gleichen Phänomene Reflexion und Brechung auf wie für eine Freiraumwelle, die auf die
Grenzfläche zu einem anderen Medium trifft (Abschn. 6.9). Betrachten wir wie in Abb. 7.23
skizziert, einen rechteckigen Wellenzug, der auf eine solche Stoßstelle trifft, so entstehen
wegen des Wellenwiderstandssprungs eine reflektierte Welle (U1), die in Leitung 1 mit v1
zurückläuft und eine durchgehende (transmittierte) Welle U2+, die in Leitung 2 mit v2 in
positive z-Richtung fortschreitet.
7.3 Instationäre Vorgänge 381

Abb. 7.22 Reflexion eines


Impulses an einem Leitungsende t1 U+

U
t2 > t1 U+
U–

t3 > t2
U–

Abb. 7.23 Reflexion und


Transmission einer Welle am
Übergang zwischen zwei
unterschiedlichen Leitungen
Zw,1 , v1 Zw,2 , v2

U1+
v1

z0 z

U1+
v1 v2
v1
U1– z

U2+
v1 U1– v2

Wir setzen für Leitung 1 (z z0) die d’Alembertsche L€osung (7.33) mit hin- und
rücklaufender Welle für Spannung und Strom an:

U 1 ðz; t Þ ¼ U þ 
1 ðt  z=v1 Þ þ U 1 ðt þ z=v1 Þ
382 7 Wellen auf Leitungen

1  þ 
I 1 ðz; t Þ ¼ U ðt  z=v1 Þ  U 
1 ðt þ z=v1 Þ :
Z w, 1 1

In Leitung 2 (z z0) gibt es nur die hinlaufende Welle

U 2 ðz; t Þ ¼ U þ
2 ðt  z=v2 Þ

1
I 2 ðz; t Þ ¼ U þ ðt  z=v2 Þ:
Z w, 2 2

Die beiden unbekannten Wellenamplituden U1, U2+ k€onnen aus der Randbedingung

U 1 ðz0 ; t Þ ¼ U 2 ðz0 ; t Þ
I 1 ðz0 ; t Þ ¼ I 2 ðz0 ; t Þ

für Spannung und Strom an der Stoßstelle z ¼ z0 bestimmt werden:

Uþ  þ
1 ðt  z0 =v1 Þ þ U 1 ðt þ z0 =v1 Þ ¼ U 2 ðt  z0 =v2 Þ

Z w, 1 þ
Uþ 
1 ðt  z0 =v1 Þ  U 1 ðt þ z0 =v1 Þ ¼ U ðt  z0 =v2 Þ:
Z w, 2 2

Beziehen wir die Wellenamplituden auf die in Leitung 1 auftreffende Welle, so erhalten
wir durch Division beider Gleichungen mit U1+ den Reflexionsfaktor

U Z w, 2  Z w, 1
r¼ þ ¼
1
U1 Z w, 2 þ Z w, 1

und den Transmissionsfaktor

Uþ 2Z w, 2
t¼ 2
¼ ,

1 Z w, 2 þ Z w, 1

wobei zwischen beiden Gr€oßen die Beziehung resultiert

1 þ r ¼ t:
7.3 Instationäre Vorgänge 383

Beispiel 7.2: Einschaltvorgang mit induktiver Last


Eine Induktivität L wird über eine Leitung der Länge l und einen idealen Schalter zum
Zeitpunkt t ¼ 0 mit einer Gleichspannungsquelle U0 mit Innenwiderstand R0 verbunden.
Die Spannung Ue und der Strom Ie am Leitungsende seien bis zu diesem Zeitpunkt Null.
Dieser Zustand ändert sich erst bei Eintreffen der hinlaufende Welle mit der Spannungs-
amplitude (7.36)

U0
Uþ ¼
1 þ R0 =Z w

nach der Laufzeit τ ¼ l/v.

t=0
R0 Ie(t)

U0 L Ue(t)

U+
t>0 I+ v
z
0 l
Der Zeitverlauf von Spannung und Strom am Leitungsende resultiert dann aus der
Überlagerung von hinlaufender und reflektierter Welle, d. h.

U e ðt Þ ¼ U þ ðt  l=vÞ þ U  ðt þ l=vÞ
1 þ
I e ðt Þ ¼ ½U ðt  l=vÞ  U  ðt þ l=vÞ :
Zw

Addition beider Gleichungen ergibt

U e ðt Þ þ Z w I e ðt Þ ¼ 2 U þ ðt  l=vÞ:

Diesen Zusammenhang k€onnen wir als Maschengleichung am Leitungsende inter-


pretieren, bei der die Leitung als Spannungsquelle mit der Amplitude 2U+ und Innen-
widerstand Zw repräsentiert wird. Das daraus resultierende Wellen-Ersatzschaltbild gilt
im Allgemeinen nur innerhalb des Zeitraums τ t < 3τ, da die reflektierte Welle nach
der Laufzeit τ beim Generator angelangt ist und für den Fall, dass sie dort reflektiert
wird, eine zweite hinlaufende Welle nach einer weiteren Laufzeit τ am Leitungsende
ankommt.
384 7 Wellen auf Leitungen

t=τ
Zw Ie(t)
+
2U
L Ue(t)

Zur Bestimmung des orts- und zeitabhängigen Spannungs- und Stromverlaufs


stellen wir zunächst die aus dem Wellen-Ersatzschaltbild resultierende Maschen-
gleichung auf:

dIe
L þ Zw I e ¼ 2 U þ:
dt

Die L€
osung dieser gew€ohnlichen Differentialgleichung 1. Ordnung ergibt mit der
Anfangsbedingung Ie(t ¼ τ) ¼ 0 als L€osung für den Strom am Leitungsende

2Uþ  
1  e L ðtτÞ ;
Zw
I e ðt Þ ¼ τ t 3τ,
Zw

bzw. für die Spannung

U e ðt Þ ¼ 2 U þ  Z w I e ðt Þ ¼ 2 U þ e L ðtτÞ ;
Zw
τ t 3τ:

Im Folgenden sind die beiden Zeitverläufe am Leitungsende dargestellt, die aus der
Überlagerung von hin- und rücklaufender Welle resultieren. Dementsprechend erhalten
wir den zeit- und ortsabhängigen Verlauf von Spannung und Strom vor Eintreffen der
reflektierten Welle am Generator (τ t < 2τ) durch die Verschiebung t ! t + (z  l)/v.

2U + 2U +
Ue(t)
2U + v 2U +
+
Zw U Zw
Ie(t)
I+
v
τ t l z
7.3 Instationäre Vorgänge 385

7.3.3 Mehrfachreflexion

Bei einem Einschaltvorgang findet im Allgemeinen eine Reflexion an beiden Enden der
Leitung statt (Abb. 7.24). Für die zur Last ZL hinlaufende Welle ist der Reflexionsfaktor

ZL  Zw
rL ¼
ZL þ Zw

wirksam, während am Generator mit der Innenimpedanz ZG der Reflexionsfaktor

ZG  Zw
rG ¼
ZG þ Zw

für die rücklaufende Welle vorliegt. Für den Fall der lastseitigen Anpassung
(ZL ¼ Zw ) rL ¼ 0) wird die hinlaufende Welle vollständig in ZL absorbiert und es entsteht
keine Reflexion. Der Einschaltvorgang ist somit nach der Laufzeit τ der Leitung abge-
schlossen. Bei der generatorseitigen Anpassung (ZG ¼ Zw ) rG ¼ 0, rL 6¼ 0) wird die an
der Last reflektierte Welle erst am Generator vollständig absorbiert. Auf der Leitung gibt es
eine hin- und eine rücklaufende Welle. Der Einschaltvorgang erstreckt sich somit auf den
Zeitraum von 2τ. Im allgemeinen Fall (ZG, ZL 6¼ Zw ) rG, rL 6¼ 0) tritt Mehrfachreflexion
auf, d. h. eine einmal erzeugte hinlaufende Welle wird fortwährend an beiden Leitungsen-
den hin- und her reflektiert, wobei die Amplitude bei jeder Reflexion um den Faktor
|rG,L| < 1 reduziert wird. Die Länge des Einschwingvorgangs wird somit von den Refle-
xionsfaktoren maßgeblich bestimmt. Für t ! 1 konvergieren Strom und Spannung auf der
Leitung gegen die stationären Werte (eingeschwungener Zustand). Für den Fall einer
beidseitigen Totalreflexion |rG,L| ¼ 1, würde der Reflexionsvorgang theoretisch unbegrenzt
ablaufen. In der Realität sorgen auch noch so kleine Verluste in der Leitung dafür, dass die
Mehrfachreflexion abklingt. Auch sind Abschlüsse mit einem Reflexionsfaktor von exakt
eins in der Praxis nicht realisierbar.
Abb. 7.24 verdeutlicht anhand eines Laufzeit-Diagramms die zeitliche Entwicklung der
Spannung an beiden Leitungsenden bei Mehrfachreflexion. Ausgehend von der ersten
hinlaufenden Welle (7.36) ab t ¼ 0

Zw

0 ðt Þ ¼ U G ðt Þ
Zw þ ZG

kommt diese nach der Leitungslaufzeit τ ¼ l/v am Leitungsende an, wo der reflektierte
Anteil rL U0+ in Richtung Generator zurückläuft. Am Leitungsende stellt sich die Sum-
menspannung (1 + rL)U0+ (t  τ) ein. Nach 2τ gelangt die erste Reflexion am Leitungs-
anfang an und es ergibt sich dort der zu U0+ zusätzliche Spannungsbeitrag aus der ersten
386 7 Wellen auf Leitungen

ZG
Ua(t) rG rL ZL Ue(t)
UG Zw , v

rG3 rL3 U0+


(1 + rG) rG2 rL3 U0+(t – 6τ) 6τ
rG2 rL3 U0+
5τ (1 + rL) rG2 rL2U0+(t – 5τ)
rG2 rL2 U0 +

2 +
(1 + rG) rG rL U0 (t – 4τ) 4τ
rG rL2 U0+
3τ (1 + rL) rG rL U0+(t – 3τ)
rG rL U0+
(1 + rG) rL U0+(t – 2τ) 2τ
rL U0+
1τ (1 + rL)U0+(t – τ)
U0+
+
U0 (t) 0 z
0 l

Abb. 7.24 Beidseitige Reflexion einer Leitung mit Laufzeit τ ¼ l/v mit Laufzeit-Diagramm

und zweiten Reflexion. Das aus dem Diagramm ersichtliche Bildungsgesetz ergibt die
folgenden unendlichen Summenl€osungen am Ende und am Anfang der Leitung:

X
1
U e ðt Þ ¼ ð1 þ r L Þ ðr G r L Þn U þ
0 ½t  ð2n þ 1Þ τ ð7:38Þ
n¼0

X
1
U a ðt Þ ¼ U þ
0 ðt Þ þ r L ð1 þ r G Þ ðr G r L Þn U þ
0 ½ t  2ð n þ 1Þ τ : ð7:39Þ
n¼0

Für den Fall dass das Produkt rG rL ¼ 0 ist, vereinbaren wir (rG rL)0 ¼ 1.
7.3 Instationäre Vorgänge 387

Beispiel 7.3: Einschaltvorgang bei Mehrfachreflexion


Wir betrachten das Einschalten einer Einheits-Spannungsquelle UG(t) ¼ 1V σ(t) zum
Zeitpunkt t ¼ 0 gemäß der Sprungfunktion (7.35). Die Beschaltung der Leitung gemäß
Abb. 7.24 sei RG ¼ RL ¼ 3Zw. Nach (7.37) ergeben sich an beiden Leitungsenden die
Reflexionsfaktoren rG ¼ rL ¼ 1/2. Für die hinlaufende Primärwelle ergibt sich (7.36)

Zw 1

0 ¼ UG ¼ U G:
Zw þ ZG 4

Eingesetzt in (7.38) ergibt sich für die Sprungantwort am Leitungsende die Reihe

3 X1
1 n
U e ðt Þ ¼ V σ ½t  ð2n þ 1Þτ
8 n¼0 4

3V 1 1 1
¼ σðt  τÞ þ σðt  3τÞ þ σðt  5τÞ þ σðt  7τÞ þ . . .
8 4 16 64

mit dem nachfolgend skizzierten Zeitverlauf.


Ue(t)/V

0.5
0.469 0.492 0.498
0.375

0 1 2 3 4 5 6 7 t/τ

Aus der Reihendarstellung der Sprungantwort Ue(t) lässt sich der Wert im einge-
schwungenen Zustand für t ! 1 wie folgt ermitteln:

3V X1
1 n
3V 4 1
lim U e ðt Þ ¼ ¼ ¼ V:
t!1 8 n¼0 4 8 3 2

Hierbei wurde von der geometrischen Reihe Gebrauch gemacht:

X
1
1
qn ¼ ; f€
ur jqj < 1:
n¼0
1q

Der resultierende Grenzwert von 1/2V entspricht somit genau dem Wert, der sich für
einen Gleichstromkreis mit dem aus RG und RL gebildeten Spannungsteiler mit RG ¼ RL
ergibt.
388 7 Wellen auf Leitungen

Beispiel 7.4: Impulsübertragung bei Mehrfachreflexion


Das Impuls-Übertragungsverhalten einer Leitungsverbindung nach Abb. 7.24 soll
anhand der Reihendarstellung (7.38) für das Leitungsende bei reflexionsbehafteter
Beschaltung (rG, rL 6¼ 0) untersucht werden. Wir betrachten dabei einen Rechteckimpuls
mit der Zeitdauer T. Für den Fall, dass die Impulsdauer T kürzer als die Laufzeit τ der
Leitung ist, ergibt sich die nachfolgend skizzierte Impulsantwort am Leitungsende.
Hierbei treten nach der um τ verz€ogerten Ankunft des Impulses weitere Impulse im
Abstand von 2τ auf. Deren Abklingen wird von den Reflexionsfaktoren rG, rL bestimmt.
Im Idealfall rL ¼ 0 (Anpassung) besteht die Impulsantwort einzig aus dem um τ
verz€
ogerten Impuls.

Ue(t)
T<τ
UG

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 t/t
Für den Fall einer gegenüber der Leitungs-Laufzeit τ langen Impulsdauer T ergibt
sich bei reflexiver Beschaltung ein v€ollig anderes Verhalten. Das nachfolgende Dia-
gramm zeigt dies am Beispiel T ¼ 3τ. Es tritt dabei eine Überlagerung aufeinanderfol-
gender Reflexionen auf, sodass ein langer, zusammenhängender Zeitverlauf mit
überlagerten Oszillationen entsteht.

Ue(t)
UG T = 3τ

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 t/t
7.3 Instationäre Vorgänge 389

7.3.4 Verlustbehaftete Leitungen

Die Berechnung transienter Vorgänge unter Berücksichtigung von Verlusten in der Leitung
bedarf der L€osung der Telegrafengleichungen (3.1). Im Allgemeinen ist dies nur mit
numerischen Methoden m€oglich. Beschränken wir uns auf lineare Leitungsabschlüsse,
er€
offnet uns die Laplace-Transformation die M€oglichkeit einer analytischen Behandlung
über die einfache stationäre L€osung (7.23) der komplexen Wellengleichung (7.21). Wir
betrachten dazu die mit den komplexen Impedanzen ZG und ZL beschaltete Leitung als
Zweitor (Abb. 7.25) und definieren die von der komplexen Frequenz s ¼ σ + jω abhängige
Übertragungsfunktion

U e ðsÞ 
G ðsÞ ¼ :
U G ðsÞZ , ZL
G

Hierbei bezeichnen UG(s) und Ue(s) die in die komplexe Frequenzebene (Bildebene)
transformierten Zeitfunktionen, gemäß der Laplace-Transformation

Z1
F ðs Þ ¼ Lf f ð t Þ g ¼ f ðt Þ es t dt:
t¼0

Die Systemantwort Ue(t) beispielsweise am Leitungsende erhält man für eine beliebige
Transformierte UG(s) der Generator-Spannung UG(t) über die Laplace-R€ucktransformation

Z
σþj1
1
  1
f ðt Þ ¼ L F ðsÞ ¼ F ðsÞ es t ds
2 πj
σj1

zu
   
U e ðt Þ ¼ L1 U e ðsÞ ¼ L1 GðsÞ U G ðsÞ :

ZG

Ua Zw , γ Ue ZL
UG
l

Abb. 7.25 Transiente Berechnung für eine beschaltete Leitung mittels Laplace-Transformation
390 7 Wellen auf Leitungen

Beispiel 7.5: Einschaltvorgang einer reflexionsfreien Leitung


Wir betrachten der Einfachheit halber eine beidseitig angepasste Leitung mit
ZG ¼ ZL ¼ Zw, sodass von der allgemeinen stationären L€osung (7.23) nur die hin-
laufende Welle zu berücksichtigen ist. Nach (7.36) ist U+ ¼ UG/2 und wir erhalten als
Übertragungsfunktion

U e 1 γðsÞ l
G ðsÞ ¼ ¼ e :
UG 2

Mit der Laplace-Transformierten UG(s) ¼ 1/s des Einheits-Spannungssprungs


UG(t) ¼ 1V σ(t) ergibt sich am Leitungsende die Sprungantwort
( )
1
  1 1 eγðsÞ l
U e ðt Þ ¼ L GðsÞ U G ðsÞ ¼ L :
2 s

Wir wollen von kleinen Verlusten ausgehen (R0 << ωL0 ) und vernachlässigen den
Leitwertbelag, d. h. G0  0. Die Fortpflanzungskonstante (7.22) reduziert sich zu

qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi R0
0 0 0 0 0 0
γðsÞ ¼ ðR þ sL ÞðG þ sC Þ ¼ s L C 1 þ 0 :
sL

Für die aus längenbezogenem Widerstand R0 und innerer Induktivität bestehende


Impedanz Z0 der Leiter nehmen wir starken Skineffekt an, gemäß Abschn. 5.5.1 ausge-
drückt durch
pffiffiffiffiffi
Z0  K j ω,

0
mit einemffi geometrieabhängigen Faktor K. Nach Einsetzen für R und Näherung gemäß
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ x  1 þ x=2 f u€ r jxj << 1 erhalten wir schließlich für die Fortpflanzungs-
kontante den Ausdruck

pffiffiffiffiffiffiffiffiffi K qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffipffiffi
γðsÞ  s L0 C 0 þ C 0 =L0 s:
2

Die gesuchte Sprungantwort ist somit durch folgende Laplace-Rücktransformierte


gegeben:

1 1 K lpffiffiffiffiffiffiffiffi
0

0 pffi
pffiffiffiffiffiffiffi
0 0 1  
U e ðt Þ ¼ L1 e 2 C =L s es L C l ¼ L1 F ðsÞ es τ ,
2 s 2
7.3 Instationäre Vorgänge 391

mit der Laufzeit


pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
τ ¼ l L0 C 0 ¼ l=v

und der Funktion

1 K lpffiffiffiffiffiffiffiffi
0

0 pffi
F ðsÞ ¼ e 2 C =L s :
s

Die Anwendung des Verschiebungssatzes der Laplace-Rücktransformation

L1 f F ðsÞes τ g ¼ f ðt  τÞ

ergibt mit der Korrespondenz



1 apffis a
L1 e ¼ erfc pffi
s 2 t

schließlich die gesuchte zeitabhängige L€osung für die Sprungantwort:


pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi!
1V K l C 0 =L0
U e ðt Þ ¼ erfc pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ; t τ:
2 4 tτ

Hierbei bezeichnet „erfc“ die komplementäre Fehlerfunktion. Im Folgenden ist der


Verlauf der Sprungantwort für drei verschiedene Leitungslängen l1 < l2 < l3 skizziert.
Sie sind um die entsprechenden Leitungslaufzeit τ auf der Zeitachse verschoben. Die
Zeitkonstante T0 ¼ K2l2C0 /L0 bestimmt wie schnell die Sprungantwort ansteigt. Nach
der Zeit t ¼ τ + T0 erreicht sie entsprechend erfc(1/4)  0,72 etwa 72% des Endwerts.
Wie in den skizzierten Sprungantworten angedeutet, nimmt die Anstiegsgeschwindig-
keit T0 ~ l2 überproportional mit der Leitungslänge l zu. Die Verläufe streben für t ! 1
gegen den eingeschwungenen Gleichsstromwert Ue ¼ 1/2 V.

Ue(t)/V

Ua(t)
1/2
72%

l1 l2 > l1 l3 > l2
T0
t
τ1 τ2 τ3
392 7 Wellen auf Leitungen

7.4 Stationäre Vorgänge

Wie bei elektrischen Netzwerken ist auch für Leitungen oft eine stationäre Analyse, d. h. im
eingeschwungenen Zustand, bei harmonischer Anregung zweckmäßig. Wir verwenden
dazu komplexe Amplituden, z. B. für die Spannung U ¼ Û ejϕ, die die reelle Amplitude
Û und einen konstanten Phasenwinkel ϕ beinhaltet, entsprechend dem mit der Kreisfre-
quenz ω oszillierenden reellen Zeitverlauf

n o  
U ðt Þ ¼ U^ cos ðωt þ ϕÞ ¼ Re U^ ejðωtþϕÞ ¼ Re U ejωt :

Die €
ortliche Verteilung der komplexen Spannungs- bzw. Stromamplitude ist L€osung der
komplexen Wellengleichung (7.21) in der allgemeinen stationären d’Alembertschen Form
(7.30)

γz þγz
U ðzÞ ¼ U þ e þ U e
γz þγz
ð7:40Þ
Z w I ðzÞ ¼ U þ e  U e :

Darin enthalten sind die komplexen Amplituden U+ bzw. U der hin- und rücklau-
fenden Welle, die komplexe Fortpflanzungskonstante (7.22)

qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
γ ¼ α þ jβ ¼ ðR0 þ jωL0 Þ ðG0 þ jωC 0 Þ ð7:41Þ

und die komplexe Leitungswellenimpedanz (7.24)

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Uþ U R0 þ jωL0
Zw ¼ þ ¼   ¼ : ð7:42Þ
I I G0 þ jωC 0

Die allgemeine L€osung (7.40) stellt also die Überlagerung von zwei gegenläufigen
stationären Wellen

  
U  ðz; t Þ ¼ Re U  e∓γz ejωt ¼ U^  cos ωt∓βz þ ϕ e∓α z ,

dar, die jeweils in Ausbreitungsrichtung z mit der Dämpfungskonstante α exponentiell


abklingen (Abb. 7.26). Die komplexen Amplituden ergeben sich durch die Anregung,
beispielsweise durch eine Spannungsquelle UG und den beiden Abschlussimpedanzen
ZG, ZL.
7.4 Stationäre Vorgänge 393

ZG Ia Ie

Ua Zw , γ Ue ZL
UG

~ e–α z
U+(z,t)
~ e+α z
U–(z,t)
z
0 l

λ = 2π/β

Abb. 7.26 Gedämpfte hin- und rücklaufende Welle auf einer verlustbehafteten Leitung im stati-
onären Zustand bei harmonischer Anregung

7.4.1 Der komplexe Reflexionsfaktor

Für das Verhältnis zwischen Spannung und Strom entlang der Leitung erhalten wir durch
Einsetzen von (7.40)
h i
γz U  þ2γz
U ðzÞ Uþ e 1 þ Uþ e
¼ Zw h i:
I ðzÞ γz U  þ2γz
Uþ e 1 þe U

Wir definieren den ortsabhängigen, komplexen Reflexionsfaktor

U  þ2γz
r ðzÞ ¼ e

und erhalten

U ðzÞ 1 þ rðzÞ
¼ Zw
I ðzÞ 1  rðzÞ
394 7 Wellen auf Leitungen

Bezogen auf den Reflexionsfaktor am Leitungsende (7.37)

U  þ2γ l Z L  Z w
rðl Þ ¼ e ¼ ð7:43Þ
Uþ ZL þ Zw

erhalten wir schließlich durch Umformung

þ2γ l
U  þ2γz U  e þ2γz U  þ2γ l 2γ ðlzÞ
r ðzÞ ¼ þ e ¼ þ þ2γ l e ¼ þe e
U U e U ð7:44Þ
2γ ðlzÞ
r ðzÞ ¼ r ðl Þ e :

Beispiel 7.6: Reaktiver Abschluss


Wir betrachten die Reflexion an einer rein imaginären Lastimpedanz

Z L ¼ j X ðωÞ,

und beschränken uns hier auf eine rein reelle Leitungswellenimpedanz Zw ¼ Zw, oder
zumindest auf den Fall kleiner Leitungsverluste. Für den Betrag des Reflexionsfaktors
am Leitungsende resultiert
pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
  Z w2 þ X 2
 rðl Þ  ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ 1:
Z w2 þ X 2

An einer rein reaktiven Last tritt also bei reellem Leitungswellenwiderstand Totalre-
flexion ein, im Einklang mit der Tatsache, dass keine Wirkleistung von der Last
aufgenommen wird. Im allgemeinen Fall das die Lastimpedanz einen Realteil besitzt,
d. h. ZL ¼ RL + jXL, mit RL > 0 folgt durch Einsetzten in (7.43) |r(l)| < 1.
Für den Phasenwinkel des Reflexionsfaktors bei rein reaktivem Abschluss erhalten
wir aus

arg r ¼ arg ðjX  Z w Þ  arg ðjX þ Z w Þ
|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}
2=3 Quadr: f€ur X > < 0
¼ arctan ðX =Z w Þ þ π  arctanðX =Z w Þ ¼ 2arctanðZ w =X Þ:
|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}
>
4=1 Quadr:f€
ur X < 0

Der komplexe Reflexionsfaktor mit Betrag eins ist also gegeben durch

r ¼ ejψ ; ψ ¼ 2arctanðZ w =X Þ: ð7:45Þ


7.4 Stationäre Vorgänge 395

Für einen induktiven bzw. kapazitiven Abschluss

1
X ¼ ω L bzw: X ¼ 
ωC

im Falle einer Kapazität C bzw. Induktivität L bewegt sich die Phasenverschiebung der
vollständig reflektierten Welle im Bereich

π . . . 0 ðωL ¼ 0 . . . 1Þ
ψ¼ : ð7:46Þ
0 . . .  π ðωC ¼ 0 . . . 1Þ

7.4.2 Stehwellenverhältnis

Die allgemeine L€osung (7.40) für die Spannungs- und Stromverteilung k€onnen wir unter
Zuhilfenahme des komplexen Reflexionsfaktors (7.44) wie folgt umschreiben:
h i
γ z þγ z 2γ ðlzÞ γ z
U ðzÞ ¼ U þ e þ U e ¼ U þ 1 þ r ðl Þ e e
h i ð7:47Þ
2γ ðlzÞ γ z
Z w I ðzÞ ¼ U þ 1  r ðl Þ e e :

Die Maxima und Minima der Spannungsverteilung entlang der Leitung sind dement-
sprechend gegeben durch

     
U ðzÞ max   1   rðl Þ  e2α ðlzÞ eα z : ð7:48Þ
min

Für die Maxima erhalten wir daraus die Phasenbedingung



arg rðl Þ  2 β ðl  zÞ ¼ n 2 π; n ¼ 0, 1, 2, 3 . . .

Umgestellt nach dem Abstand zwischen zwei Maxima ergibt sich



arg rðl Þ π ψ λ
ðl  zÞmax ¼ n ¼ n :
2β β 2β 2

Für die Minima lautet die Phasenbedingung



arg rðl Þ  2 β ðl  zÞ ¼ ð2n þ 1Þ π; n ¼ 0, 1, 2, 3 . . .
396 7 Wellen auf Leitungen

woraus sich für den Abstand zwischen zwei Minima ergibt:

ψ λ λ
ðl  zÞmin ¼ n  :
2β 2 4

Maxima und Minima folgen also im Abstand einer halben Wellenlänge und sind um λ/4
zueinander versetzt. Da der Vorzeichenwechsel in (7.48) mit der Strom- und Spannungs-
verteilung (7.40) korrespondiert, folgt zusätzlich noch dass die Spannung um λ/4 gegenüber
dem Strom verschoben ist. Dies soll am Beispiel einer kurzgeschlossenen Leitung, d.h.
r(l) ¼ 1, gezeigt werden. Für den Betrag der Spannungsverteilung (7.47) erhalten wir
   
U ðzÞ   1  e2jβ ðlzÞ e2α ðlzÞ eα z :

Wir erkennen an diesem Ausdruck dass die Amplitude zum Leitungsende insgesamt
abnimmt, während die Schwankung zwischen Maxima und Minima zunimmt (Abb. 7.27).
Gemäß (7.48) hängt die H€ohe der Maxima und Minima entlang der Leitung vom
Reflexionsfaktor r(l) am Leitungsende ab. Als Maß für die Impedanzanpassung einer
Leitung wird deshalb das Stehwellenverh€altnis (Standing-wave ratio, SWR) definiert:
 
U 
s ¼  max :
U min

Mit
 γ z
U ðzÞ ¼ U þ 1 þ rðzÞ e

und

     
 U  max ¼  U þ  1   rðzÞ  eα z
min

folgt für das ortsabhängige Stehwellenverhältnis


   
 U  1 þ  r ðzÞ 
sðzÞ ¼  max ¼  :
U min  1   rðzÞ 

Mit (7.44) folgt daraus dass die Welligkeit zum Generator hin sinkt (Vgl. Abb. 7.27).
Im Falle einer idealen Anpassung, d. h. r(l) ¼ 0 ist s ¼ 1, d. h. es liegt ein glatter
Betragsverlauf vor ohne Maxima und Minima, da nur eine hinlaufende, gedämpfte Welle
auf der Leitung existiert.
7.4 Stationäre Vorgänge 397

Abb. 7.27 Betragsverlauf von


Spannung und Strom entlang
einer am Ende
kurzgeschlossenen Leitung

Bei Totalreflexion, d. h. |r(l)| ¼ 1, wird das Stehwellenverhältnis

1 þ e2α ðlzÞ
sðzÞ ¼
1  e2α ðlzÞ

maximal und divergiert für z ¼ l.


Im Falle einer verlustlosen Leitung (α ¼ 0) vereinfacht sich die Formel für das
Stehwellenverhältnis zu
 
1 þ  r ðl Þ 
sðzÞ ¼   ¼ const: ð7:49Þ
1   r ðl Þ 

Die Schwankung zwischen Maxima und Minima ist also über die gesamte Leitung
gleich. Dies erm€
oglicht im Prinzip entsprechend der Umstellung

 
 r ðl Þ  ¼ 1 þ s
1s

die experimentelle Ermittlung eines unbekannten Reflexionsfaktors |r(l )| dem Betrage nach
durch Ausmessung der Maxima und Minima auf der Leitung. Diese Methode ist auf die
zusätzliche Bestimmung des Phasenwinkels von r(l) erweiterbar.

Beispiel 7.7: Leerlaufende/kurzgeschlossene Leitung


Wir wollen die Spannungs- und Stromverteilung auf einer verlustlosen Leitung für den
Fall r(l ) ¼ 1 (Leerlauf/Kurzschluss) untersuchen. Für das Stehwellenverhältnis (7.49)
resultiert s ! 1. Aus (7.47) erhalten wir mit γ ¼ jβ
398 7 Wellen auf Leitungen

 
U ðzÞ  1  e2jβ ðlzÞ ejβ z ; f€
ur rðl Þ ¼ 1
h i
I ðzÞ  1  e2jβ ðlzÞ ejβ z ; f€
ur rðl Þ ¼ 1:

Die Betragsverläufe sind also proportional zu


     
 
 1  e2jβ ðlzÞ ejβ z  ¼  ejβ ðlzÞ  eþjβ ðlzÞ  ejβ ðlzÞ ,

d. h.

  j cos ðβ ðl  zÞÞ j   j sin ðβ ðl  zÞÞ j


 U ðzÞ   bzw:  I ðzÞ   ; f€
ur rðl Þ ¼ 1:
j sin ðβ ðl  zÞÞ j j cos ðβ ðl  zÞÞ j

|U| |I| |I| |U|

z z
Leerlauf r(l) = 1 Kurzschluss r(l) = –1

Beispiel 7.8: Beliebiger reeller Abschluss


Ausgehend von einer verlustlosen Leitung ist der Reflexionsfaktor (7.43) ebenfalls reell
und variiert innerhalb des Bereichs

rðl Þ ¼ 1 . . . þ 1, f€
ur Z L ¼ 0 . . . 1:

Der Betragsverlauf der Spannungsverteilung (7.47) folgt dem Ausdruck


   
 U ðzÞ    1 þ rðl Þ e2jβ ðlzÞ :

Der Betragsverlauf des Stromes ist entsprechend um λ/4 versetzt.


7.4 Stationäre Vorgänge 399

Beispiel 7.9: Kapazitiver Abschluss


Entsprechend dem Reflexionsfaktor (7.43) ist der Betragsverlauf der Spannungsvertei-
lung (7.47) auf einer verlustlosen Leitung bei einer Kapazität C am Leitungsende
gegeben durch
      
 U ðzÞ    1 þ ejψ e2jβ ðlzÞ  ¼  eþjψ=2 ejβ ðlzÞ  ej ½ψ=2β ðlzÞ þ eþj ½ψ=2β ðlzÞ :

Der erste Betragsausdruck ist Eins und es resultiert


 
 U ðzÞ   j cos ½ ψ=2  β ðl  zÞ j:

Die Phasenverschieben ψ/2 (7.45) lässt sich als zusätzlicher Leitungsabschnitt inter-
pretieren, mit der äquivalenten Länge

ψ=2
Δl ¼ ,
β

d.h.
 
 U ðzÞ   j cos ½ β ðl  Δl  zÞ j:
400 7 Wellen auf Leitungen

ωC = 0 ωC > 0

z
Δl

Δl

Mit (7.46) erstreckt sich Δl insgesamt über den Bereich

arctanðω C Z w Þ λ
Δl ¼  λ ¼ 0...  ur ω C ¼ 0 . . . 1:
f€
2π 4

7.4.3 Die Leitung als Vierpol

Eine Leitung stellt ein lineares, passives und zeitinvariantes Zweitor-System dar, für das
eine feste Beziehung zwischen den Spannungen (Ua, Ue) und den Str€omen (Ia, Ie) an den
Anschlüssen am Anfang und Ende aufgestellt werden kann (Abb. 7.28).
Gemäß der allgemeinen L€osung (7.40) ist die Spannung und der Strom am Leitungs-
anfang (z ¼ 0)

Ua ¼ Uþ þ U

Zw I a ¼ U þ  U 

und am Leitungsende (z ¼ l)

γ l þγ l
Ue ¼ Uþ e þ U e
γ l þγ l
Zw I e ¼ U þ e  U e :
7.4 Stationäre Vorgänge 401

Abb. 7.28 Betrachtung einer Ia Ie


Leitung als Zweitor (Vierpol)
Ua Zw , γl Ue

Ia Ie
Ua [A] Ue

osung der Beziehungen für das Leitungsende nach U+, U ergibt


Aufl€

U e þ Z w I e þγ l
Uþ ¼ e
2
U e  Z w I e γ l
U ¼ e :
2

Durch Einsetzen in die Beziehungen für den Leitungsanfang erhalten wir schließlich für
die Spannung

þγ l γ l þγ l γ l
e þe e e  
Ua ¼ Ue þ Zw I e ¼ U e cosh γ l þ Z w I e sinh γ l
2 2

und analog für den Strom


 
I a ¼ U e =Z w sinh γ l þ I e cosh γ l :

Wir erhalten somit die gesuchten Beziehungen zwischen den Gr€oßen am Ende der
Leitung zu den Gr€oßen am Leitungsanfang, die sich in der kompakten Vektor-Matrix-
Form zusammenfassen lassen:
  !
Ua cosh γ l Z w sinh γ l Ue   Ue
¼   ¼ A : ð7:50Þ
Ia sinh γ l =Z w cosh γ l Ie Ie

Hierin bezeichnet [A] die sog. Kettenmatrix des Zweitors. Sie erlaubt beispielsweise die
Beschreibung einer Hintereinanderschaltung mehrerer Leitung durch einfache Multiplika-
tion der einzelnen Kettenmatrizen.
402 7 Wellen auf Leitungen

Ersatzschaltbild-Darstellung
Die Vierpolbeschreibung der Leitung erm€oglicht auch die Aufstellung eines Ersatzschalt-
bildes mit frequenzabhängigen Impedanzen, beispielsweise durch die sog. symmetrische
PI- oder T-Schaltung (Abb. 7.29).
Aus den Vierpolgleichungen der PI-Schaltung mit den Impedanzen Zπ und Yπ
(Abb. 7.29a)

Zπ Y π
Ua ¼ Ue 1 þ þ I e Zπ
2
Zπ Y π Zπ Y π
Ia ¼ Ue Yπ 1 þ þ Ie 1 þ
4 2

erhalten wir durch Koeffizientenvergleich mit (7.50) und Anwendung der Formel

coshðxÞ  1
¼ tanhðx=2Þ
sinhðxÞ

 2 
Z π ¼ Z w sinh γ l ; Yπ ¼ tanh γ l=2 : ð7:51Þ
Zw

Für die T-Schaltung mit den Impedanzen ZT und YT (Abb. 7.29b) liefert der Koef-
fizientenvergleich der entsprechenden Vierpolgleichungen

ZT Y T ZT Y T
Ua ¼ Ue 1 þ þ I e ZT 1 þ
2 4
ZT Y T
Ia ¼ Ie 1 þ þ Y T U e:
2

a b
Zπ ZΤ /2 ZΤ /2

Yπ /2 Yπ /2 YΤ

Abb. 7.29 Alternative Ersatzschaltbild-Darstellung einer Leitung durch (a) PI-Schaltung und (b)
T-Schaltung
7.4 Stationäre Vorgänge 403

mit (7.50) die Ersatzschaltbildelemente

1  
YT ¼ sinh γ l ; Z T ¼ 2 Z w tanh γ l=2 : ð7:52Þ
Zw

Näherungen f€ ur kurze Leitungen


In vielen praktischen Fällen ist eine Leitung elektrisch – also im Verhältnis zur
Wellenlenlänge- kurz, d. h. βl ¼ 2πl/λ  1. Beispielsweise ist dies für energietechnische
Übertragungsleitungen ( f ¼ 50 Hz) mit einer Wellenlänge λ ¼ 6000 km in Luft (6.21)
bereits schon bei relativ großen Leitungslängen l < 1000 km der Fall, während bei
Frequenzen der Informationstechnik, beispielsweise 100 MHz und h€oher (λ < 3m in Luft)
elektrisch kurze Leitungslängen erst im cm-Bereich vorliegen.
Unter der Voraussetzung kleiner Verluste, d. h. α  β, gilt bei elektrisch kurzen
Leitungslängen für das Argument in (7.51) und (7.52)
 
 
 γ l   β l  1,

sodass die folgenden Näherungen für die hyperbolischen Funktionen zulässig sind:

 1  3
sinh γ l  γ l þ γl
6
 1 1  3
tanh γ l=2  γ l  γl :
2 24

Damit erhalten wir für die PI-Schaltung aus (7.51) und Einsetzen von (7.24) die
Ersatzschaltbild-Elemente (Abb. 7.30a)

1 2
Zπ  Zw γ l 1þ γl  Z w γl ¼ R0 l þ jωL0 l
6
γl 1 γl
¼ G0 l þ jωC 0 l:
2
Yπ  1 γl 
Zw 12 Zw

Analog, folgt aus (7.52) für die Elemente der T-Schaltung (Abb. 7.30b)

1 1 2
ZT  2 Zw γ l  γl  Z w γ l ¼ R0 l þ jω L0 l
2 24
γl 1 γl
¼ G0 l þ jωC 0 l:
2
YT  1 γl 
Zw 6 Zw
404 7 Wellen auf Leitungen

a b
R'l L'l R'l/2 L'l/2 R'l/2 L'l/2

G'l/2 Gl/2 G'l C'l


C'l/2 C'l/2

Abb. 7.30 Alternative Ersatzschaltbild-Darstellung einer elektrisch kurzen Leitung durch


(a) PI-Schaltung und (b) T-Schaltung

7.4.4 Impedanztransformation

Eine häufige Fragestellung bei der Auslegung von Leitungsverbindungen, wie z. B. für den
Anschluss einer Lastimpedanz ZL an einem Generator, ist die Bestimmung der für den
Generator resultierenden Impedanz Za am Eingang der Leitung (Abb. 7.31).
Gegeben ist also ZL ¼ Ue/Ie und gesucht ist die Eingangsimpedanz Za ¼ Ua/Ia. Aus der
Kettenmatrix-Darstellung (7.50) erhalten wir direkt durch Einsetzen und Division
 
Ua Z L cosh γ l þ Z w sinh γ l
Za ¼ ¼ Zw   ,
Ia Z L sinh γ l þ Z w cosh γ l

bzw. mit tanh(x) ¼ sinh(x)/cosh(x) den Ausdruck



Z L þ Z w tanh γ l
Za ¼ Zw  Impedanztransformation: ð7:53Þ
Z w þ Z L tanh γ l

Die Leitung transformiert also die Lastimpedanz ZL am Leitungsende auf die Impedanz
Za am Leitungsanfang in Abhängigkeit der Leitungsparameter Zw, γ und der Leitungslänge
l. Folgende einfache Spezialfälle k€onnen der allgemeinen L€osung (7.53) unmittelbar
entnommen werden:

• Sehr kurze Leitung:


Für |γl| ! 0 geht auch tanh(γl) ! 0 und aus (7.53) resultiert Za ¼ ZL. Ist die Leitung also
ausreichend kurz ist ihre Wirkung trivialerweise vernachlässigbar.
• Anpassung:
Einsetzen von ZL ¼ Zw liefert Za ¼ ZL. Bei angepasstem Leitungsabschluss gibt es nur
die vom Generator zur Last hinlaufende Welle. Der Generator ‚sieht‘ sozusagen nur die
Wellenimpedanz der Leitung, die in diesem Fall mit der Lastimpedanz identisch ist.
7.4 Stationäre Vorgänge 405

Abb. 7.31 Eingangsimpedanz Ia Ie


einer beschalteten Leitung Za
Ua Zw , γl Ue
ZL

• Sehr lange verlustbehaftete Leitung:


Für αl >> 1 ergibt sich für tanh(γl)  1, sodass aus (7.53) Za  Zw resultiert. Dies ist
damit zu erklären, dass die am Leitungsende reflektierte Welle nach Durchgang der
Leitung am Leitungsanfang aufgrund der starken Dämpfung vernachlässigbar klein ist.

Für die verlustlose Leitung mit α ¼ 0 wird in (7.53) tanh(γl) ¼ jtan(βl) und wir erhalten mit
Zw ¼ Zw (reell)

Z L þ j Z w tan ðβ ‘Þ
Za ¼ Zw ð7:54Þ
Z w þ j Z L tan ðβ ‘Þ

Folgende einfache Spezialfälle k€onnen der allgemeinen L€osung (7.54) im verlustlosen Fall
unmittelbar entnommen werden:

• λ/4- Leitung:
Bei einer Leitungslänge l ¼ λ/4 ist das Argument in (7.54) βl ¼ π/2, so dass tan(βl) ! 1
und wir erhalten für die Eingangsimpedanz

Z a ¼ Z w 2 =Z L ðλ=4-TransformatorÞ:

Insbesondere wird in diesem Fall Kurzschluss am Leitungsende in einen Leerlauf


transformiert und umgekehrt.
• λ/2- Leitung:
In diesem Fall ist βl ¼ π, so dass tan(βl) ¼ 0 und wir erhalten für die Eingangsimpedanz
(7.54)

Z a ¼ Z L:

In diesem Fall beträgt die gesamte Phasendrehung durch die Leitung 2π entsprechend
der zweimal durchlaufenen Leitungsstrecke von hin- und rücklaufender Welle.
406 7 Wellen auf Leitungen

• Kurzschluss und Leerlauf:


Mit ZL ¼ 0 bzw. ZL ! 1 resultiert aus (7.54)

j Z w tan ðβ l Þ ; ZL ¼ 0
Za ¼
j Z w cot ðβ l Þ ; ZL ! 1

Durch Variation der Leitungslänge l k€onnen bei fester Frequenz beliebige induktive
oder kapazitive Blindwiderstände eingestellt werden (Abb. 7.32)

Beispiel 7.10: Leitungsresonator


Wie in Abb. 7.32 zu sehen ist, entspricht das Frequenzverhalten der kurzgeschlossenen/
leerlaufenden Leitung bei fester Länge l in der Umgebung von Vielfachen von βl ¼ π/2
abwechselnd einem Parallel- bzw. Serienschwingkreises. Dieses Verhalten wird für den
Aufbau von Leitungsresonatoren für hohe Frequenzen genutzt, bei denen herk€ommliche
Schwingkreisschaltungen aufgrund der parasitären Eigenschaften von diskreten Bau-
elementen nicht mehr realisierbar sind. Als Beispiel soll eine kurzgeschlossene λ/4-
Leitung dienen, die sich in der Umgebung von βl ¼ π/2 wie ein Parallelschwingkreis
verhält (Abb. 7.32a). Wir wollen durch Vergleich des Verlaufs der Eingangsimpedanz
mit einem diskreten Parallelschwingkreis um diesen Punkt die entsprechenden konzen-
trierten Parameter L, C und R bestimmen (Abb. 7.33).
Aus (7.53) ergibt sich für die Eingangsimpedanz im Kurzschlussfall (ZL ¼ 0)

Z a ¼ Z w tanh γ l :

Mit den Formeln

tanh ðxÞ þ tanh ðyÞ


tanh ðx þ yÞ ¼
1 þ tanh ðxÞ tanh ðyÞ
tanh ðj xÞ ¼ j tan ðxÞ

erhalten wir

tanh ðα l Þ þ j tan ðβ l Þ
Za ¼ Zw :
1 þ j tan ðβ l Þtanh ðα l Þ

Unter der Annahme geringer Verluste, d. h. αl << 1 k€onnen folgende Näherungen


durchgeführt werden:

tanhðα l Þ  α l, Z w  Z w :
7.4 Stationäre Vorgänge 407

a b
Im{Za} Im{Za}
induktiv

βl βl
0 π 2π 0 π 2π

kapazitiv

Abb. 7.32 Eingangsimpedanz der verlustlosen Leitung (a) Kurzschluss (b) Leerlauf

a b
λ/4

Za Za L C R

Abb. 7.33 (a) λ/4-Leitungsresonator (b) äquivalenter Parallelschwingkreis

Des Weiteren ist im Bereich der Resonanz βl  π/2, sodass tan(βl ) >> 1 ist. Damit
vereinfacht sich der Ausdruck der Eingangsimpedanz zu

j tan ðβ l Þ 1
Za  Zw ¼ ,
1 þ j α l tan ðβ l Þ j cot ðβ ‘Þ þ α l

bzw. die Eingangsadmittanz

1
Ya  ðj cot ðβ l Þ þ α l Þ:
Zw

Mit

cot ðβ l Þ  ðβ l  π=2Þ; f€


ur β l  π=2

und
408 7 Wellen auf Leitungen

ω Δω þ ω0 ω0
βl ¼ l¼ l ; mit Δω ¼ ðω  ω0 Þ und l ¼ π=2
v v v

erhalten wir schließlich für die Eingangsadmittanz in der Nähe der Kreisresonanz-
frequenz ω0 den Näherungsausdruck

l
Ya  ½ j ðω  ω0 Þ=v þ α ; f€
u r ω  ω0 : ð7:55Þ
Zw

Für den diskreten Parallel-Schwingkreis (Abb. 7.33b) mit der Resonanzfrequenz


pffiffiffiffiffiffiffi
ω0 ¼ 1= L C lautet die Eingangsadmittanz

1 1 ω ω0 1
Y a ¼ j ωC  þ ¼ jω0 C  þ :
ωL R ω0 ω R

Für den Klammerausdruck führen wir folgende Taylor-Entwicklung bei ω ¼ ω0


durch

ω ω0 ω ω0 d ω ω0 ω  ω0
   þ  ð ω  ω0 Þ ¼ 2
ω0 ω ω0 ω ω¼ω0 d ω ω0 ω ω¼ω0 ω0

und erhalten als Näherungsausdruck für die Eingangsadmittanz des diskreten Schwing-
kreises

Y a  j ðω  ω0 Þ 2 C þ 1=R; f€
u r ω  ω0 : ð7:56Þ

Der Vergleich von (7.55) und (7.56) liefert die folgenden Korrespondenzen zwischen
den Leitungs- und Schwingkreisparametern:

rffiffiffiffiffi
l C0 l 4 l2 8L0 l Zw L0 1
C¼ ¼ ; L¼ ¼ ; R¼ ¼ :
2 Zw v 2 C π2 v 2 π2 αl C0 α l

Für die Güte des Leitungsresonators resultiert damit

ω0
Q ¼ ω0 C R ¼ :
2αv

Als Zahlenbeispiel erhalten wir mit f0 ¼ ω0/2π ¼ 1000 MHz, v ¼ 2108 m/s und
α ¼ 0,115 (1 dB/m) für die Güte Q ¼ 137. Dies ist ein recht hoher Wert, der mit
diskreten Bauelementen nicht einfach zu realisieren ist.
7.5 Übungsaufgaben 409

7.5 Übungsaufgaben

UE-7.1 Berechnung des Leitungswellenwiderstands


Berechnen Sie für die Koaxialleitung mit Innen- und Außenradius ρi bzw. ρa den komple-
xen Leitungswellenwiderstand Zw. Hierbei sind ohmsche Verluste zu vernachlässigen. Für
das homogene Medium zwischen den Leitern mit der Permeabilität μ0 und der statischen
Permittivität ε sollen dielektrische Verluste angenommen werden, ausgedrückt durch den
dielektrischen Verlustwinkel tanδ ¼ G0 /ωC0 << 1. Bestimmen Sie die Näherung für
tanδ << 1 und den Ausdruck für den verlustlosen Fall?

ρa

ρi
μ,ε

UE-7.2 Schaltvorgang auf einer Leitung im Gleichstrombetrieb


Entlang einer den Gleichstrom I0 und die Spannung U0 führenden Leitung werde an der
Stelle z ¼ 0 der Widerstand R zum Zeitpunkt t ¼ 0 zugeschaltet. Es sollen Strom und
Spannungsverlauf entlang der Leitung während des Zeitraums untersucht werden, bevor
die durch den Schaltvorgang verursachten Änderungen beide Leitungsenden erreichen.

I0 I– I+ I0

t=0

U0 U– IR U+ U0
R

0 z

a) Bestimmen Sie aus der Stetigkeitsbedingung für die Spannung und den Knotensatz an
der Stelle z ¼ 0 die hin- und rücklaufenden Spannungsamplituden U+ und U.
b) Stellen Sie jeweils die zeit- und ortsabhängige L€osung für Spannung und Strom für
z > 0 und z < 0 auf und skizzieren die Verläufe zu einem Zeitpunkt t > 0.
410 7 Wellen auf Leitungen

c) Welcher Spannungs- und Stromverlauf auf der Leitung ergibt sich für den Kurz-
schlussfall, d. h. für R ¼ 0? Wie groß ist der Kurzschlussstrom IR und wovon hängt er
innerhalb des betrachteten Zeitraums ab?

UE-7.3 Einschaltvorgang bei generatorseitiger Anpassung


In manchen Fällen ist eine ausreichende Anpassung der Last RL an den Leitungs-
wellenwiderstand Zw nicht m€oglich. Für eine m€oglichst reflexionsarme Signalübertragung
kann dann zumindest eine generatorseitige Anpassung (RG ¼ Zw) gewählt werden. Zeigen
Sie dies für eine verlustlose Leitung anhand der Spannungsantworten am Anfang und Ende
einer Leitung Ua(t) bzw. Ue(t) für einen Einheitssprung UG(t) ¼ Ûσ(t) und skizzieren Sie
die Ergebnisse für RL > Zw.

Zw
UG(t)
Ua(t) Zw , v RL Ue(t)

UE-7.4 Impulsantwort einer verlustbehafteten Leitung


Für die in Beispiel 7.5 beschriebene verlustbehaftete, reflexionsfrei abgeschlossene Lei-
tung soll die Übertragung sehr kurzer Impulse untersucht werden. Unter Verwendung der
Dirac-Funktion soll die Anregung mit dem Spannungsimpuls UG(t) ¼ 1Vsδ(t) erfolgen. Es
werden kleine Leitungsverluste (R0 << ωL0 , G0 ¼ 0) bei ausgeprägtem Skineffekt ange-
nommen, so dass für Fortpflanzungskonstante die folgende Näherung gilt:

pffiffiffiffiffiffiffiffiffi K qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pffiffi


γðsÞ  s L0 C 0 þ C 0 =L0 s ðK : geometr:KonstanteÞ:
2

Hinweis:

 pffi  a a2
Lf δðt Þ g ¼ 1, L1 ea s ¼ pffiffiffiffiffiffiffi e4 t
2 π t3

a) Stellen Sie die Impulsantwort Ue(s) im Laplace-Bereich auf und bestimmen Sie daraus
die zeitabhängige Antwort Ue(t).
b) Skizzieren Sie die Spannungsimpulsantwort Ue(t) für drei verschiedene Leitungslängen
l1 < l2 < l3.
c) Bestimmen Sie die Anstiegszeit Δt ¼ (t  τ) > 0, bei der die Impulsantwort ihr
Maximum erreicht. Wie ändert sich Δt mit der Leitungslänge l?
7.5 Übungsaufgaben 411

UE-7.5 Induktiver Leitungsabschluss


Analog zu Beispiel 7.9 soll der Betragsverlauf der Spannung auf einer stationär betriebe-
nen, verlustlosen Leitung bei Abschluss mit einer Induktivität L untersucht werden.

a) Geben Sie den komplexen Reflexionsfaktor r für ωL ¼ 0. . .1 nach Betrag und


Phase an.
b) Stellen Sie den Betragsausdruck für die Spannungsverteilung auf der Leitung auf.
Welche äquivalente, zusätzliche Leitungslänge Δl resultiert für ωL ¼ 0. . .1?
c) Skizzieren Sie den Betragsverlauf der Spannung auf der Leitung für ωL ¼ 0 und ωL > 0.

UE-7.6 Leerlaufender Leitungsresonator


Analog zu Beispiel 7.10 soll eine leerlaufende λ/4-Leitung mit geringen Verlusten (αl << 1)
untersucht werden, die sich in der Umgebung von βl ¼ π/2 wie ein Serienschwingkreis
verhält (Abb. 7.32b).

λ/4 L C

Za Za R

a) Bestimmen Sie die exakte L€osung für die Eingangsimpedanz Za der Leitung und leiten
Sie daraus die Näherung für schwache Verluste und βl  π/2 ab.
Hinweis: tanh(αl )  αl und Zw ¼ Zw (reell).
b) Formen Sie die Näherung für Za aus a) um in einen von der Frequenzdifferenz (ω  ω0)
abhängigen Ausdruck.
Hinweis: cot(βl)  (βl  π/2); für βl  π/2.
c) Stellen Sie die exakte Impedanzfunktion eines verlustbehafteten Schwingkreises auf
und leiten Sie daraus die Näherung in der Umgebung der Resonanzfrequenz ω0 ab.
d) Bestimmen Sie durch Vergleich der Näherungsausdrücke für die Eingangsimpedanz aus
b) und c) die konzentrierten Parameter L, C und R und die Güte des äquivalenten
Serienschwingkreises.
A. Mathematische Grundlagen und Formeln

In diesem Anhang sind die wichtigsten mathematischen Zusammenhänge und Formeln


zusammengestellt, die in diesem Buch ben€otigt werden. Auf eine ausführliche Darstellung
wird bewusst verzichtet und auf Standardwerke der Ingenieurmathematik verwiesen.
Einige ausgewählte Lehrbücher sind im Inhaltsverzeichnis angegeben.

A.1 Skalar- und Vektorfeld

Ein Feld bezeichnet einen Raumbereich, in dem jedem Punkt (Ort)


• die Stärke (Skalarfeld)
• die Stärke und die Richtung (Vektorfeld)
einer physikalischen Gr€oße zugeordnet ist.

Skalarfeld
Die Funktion φ(r) ordnet jedem Punkt r einen skalaren Wert zu, wie z. B. Temperatur,
Druck, elektrisches, Potential usw.
Zur Veranschaulichung von Skalarfeldern dienen Niveaulinien (2D) bzw. Niveaufl€achen
(3D), auf denen das Feld einen konstanten Wert φ0, φ1, φ2 hat (Abb. A.1). Im elektrischen
Feld werden diese auch als Äquipotentiallinien bzw. -fl€achen bezeichnet.
Wählt man eine konstante Differenz zwischen den Niveaulinien/ -flächen, d. h. (φ1  φ0) ¼
(φ2  φ1) ¼ . . ., so veranschaulicht der Abstand zwischen ihnen die Stärke der Änderung des
Feldes.

Vektorfeld
Die Vektorfunktion E(r) ordnet jedem Ort r einen Vektor zu (3 ortsabhängige skalare
Funktionen), wie z. B. Kraft, Str€omungsgeschwindigkeit, elektrische Feldstärke, usw.
Ausgeschrieben in kartesischen Koordinaten (x, y, z):

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 413


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2
414 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.1 Veranschaulichung


von Skalarfeldern durch ϕ2
Niveauflächen ϕ1
ϕ0

Abb. A.2 Veranschaulichung


von Vektorfeldern durch
Feldlinien E(r)

E ð r Þ ¼ E x ð r Þ ex þ E y ð r Þ ey þ E z ð r Þ ez :

Zur Veranschaulichung von Vektorfeldern dienen Feldlinien. Das sind Linien, die in
jedem Punkt tangential zum Feldvektor verlaufen (Abb. A.2). Zeichnet man die Feldlinien
so, das zwischen ihnen jeweils der gleiche Vektorfluss durchtritt (siehe Abschn. A.4.2), so
veranschaulicht die Feldliniendichte die Stärke des Vektors.

A.2 Vektoralgebra

Zerlegung des Vektors A(r) in seine kartesischen Komponenten (Abb. A.3):


0 1
Ax
A ¼ @ Ay A ¼ Ax ex þ Ay ey þ Az ez : ðA:1Þ
Az

Betrag eines Vektors:


qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
jA j ¼ A ¼ A2x þ A2y þ A2z : ðA:2Þ
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 415

Abb. A.3 Kartesische z


Komponenten eines Vektors A
y Azez
A
x r
Ay.ey
Axex

Einheitsvektoren:
 
jex j ¼ ey  ¼ jez j ¼ 1: ðA:3Þ

Einheitsvektor in Richtung des Vektors A:

A
eA ¼ bzw: A ¼ A eA : ðA:4Þ
jA j

Produkt mit Skalar λ:

λ A ¼ λ A eA ðVektorÞ: ðA:5Þ

Skalarprodukt
Das Skalar- oder auch innere Produkt zweier Vektoren A und B ist das Produkt der beiden
zueinander parallelen Komponenten Abb. A.4). Das Ergebnis ist ein Skalar.

A  B ¼ A B cos ð∡A; BÞ ¼ A B cos α: ðA:6Þ

In Komponentenform:
0 1 0 1
Ax Bx
@ Ay A  @ By A ¼ Ax Bx þ Ay By þ Az Bz : ðA:7Þ
Az Bz

Abb. A.4 Skalarprodukt B

α
A
B .cosα
416 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.5 Vektorprodukt A ×B


en
B

a
A

Das Skalarprodukt ist kommutativ, d. h:


A  B ¼ B  A.
Spezialfälle:

A  B ¼ AB , AkB ðparallelÞ
AB ¼ 0 , A⊥B ðorthogonalÞ:

Kreuzprodukt (Vektorprodukt)
Das Kreuz- oder auch äußere Produkt zweier Vektoren A und B ergibt als Betrag das
Produkt der beiden zueinander senkrechten Komponenten, d.h. die von den beiden Vekto-
ren aufgespannte Fläche. Das Ergebnis ist ein Vektor, der senkrecht auf der Fläche steht.
Die Richtung (Normalen-Einheitsvektor en) ergibt sich durch Drehung von A nach B im
Rechtsschraubensinn (Abb. A.5):

A  B ¼ A B sin α en. (A.8)

In Komponentenform (Determinantenregel):
0 1 0 1  
Ax Bx  ex ey ez 
  
@ Ay A  @ By A ¼  Ax Ay Az  ¼ Ay Bz  Az By ex þ ðAz Bx  Ax Bz Þ ey
 ðA:9Þ
Az Bz  Bx By Bz   
þ Ax By  Ay Bx ez :

Das Vektorprodukt ist nicht kommutativ, d. h.:

A  B 6¼ BA ¼  A  B:

Spezialfälle:

A  B ¼ A B en , A⊥B
AB ¼ 0 , A k B:
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 417

Spatprodukt
Das Produkt
 
 Ax Ay Az 
 
A  ðB  CÞ ¼  Bx By Bz  ¼ V
 ðA:10Þ
 Cx Cy Cz 

ergibt das Volumen V des durch die Vektoren A, B und C definierten Parallelepiped
(Abb. A.6).

Zyklische Vertauschung
A  ðB  CÞ ¼ C  ðA  BÞ ¼ B  ðC  AÞ: ðA:11Þ

Doppeltes Vektorprodukt
A  ðB  CÞ ¼ B  ðA  CÞ  C  ðA  BÞ: ðA:12Þ

Normal- und Tangentialkomponente eines Vektors zu einer Fläche


Zerlegung eines Vektors A auf einer Fläche S mit Normalen-Einheitsvektor en ⊥ S
(Abb. A.7):

Abb. A.6 Spatprodukt

A
C V
B

Abb. A.7 Zerlegung von A in


Normal- und S
Tangentialkomponente zur An A At
Fläche S
en

en×A
418 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Normalkomponente: An ¼ (en  A) en
Tangentialkomponente: At ¼ (en  A)  en ¼ A(en  en)  en(en  A) ¼ A  An, unter
Verwendung von Gl. (A.12).
A ¼ An + At

A.3 Koordinatensysteme

Vektoroperationen gelten allgemein im Raum ohne Angaben eines speziellen Bezugssys-


tems. Bei der L€ osung einer konkreten Aufgabenstellung ben€otigt man ein Koordinaten-
system, wie z. B. das kartesische Koordinatensystem.
In einem orthogonalen krummlinigen Koordinatensystem (Abb. A.8) mit den Koordinaten
u1,u2,u3 ist ein Punkt P eindeutig durch
das Zahlentripel (u1,u2,u3), bzw.
den Schnittpunkt der 3 Flächen u1 ¼ const., u2 ¼ const., u3 ¼ const. bestimmt.

Einheitsvektoren (Basisvektoren):
 ei (i ¼ 1, 2, 3),
1 f u€ r i¼j
mit e i  ej ¼
0 f u€ r i 6¼ j
e1  e2 ¼ e3
und e3  e1 ¼ e2 (orthogonales, rechtsdrehendes Koordinatensystem).
e2  e3 ¼ e1

Komponenten des Vektors A:

A ¼ A1 e1 þ A2 e2 þ A3 e3 :

Addition/Subtraktion:

A  B ¼ ðA1  B1 Þ e1 þ ðA2  B2 Þ e2 þ ðA3  B3 Þ e3 :

Abb. A.8. Orthogonales, u3


krummliniges
Koordinatensystem mit den u3 = const.
Koordinatenflächen ui ¼ const. e3

e1 e2
P
u1= const.
u1 u1
u3 = const.
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 419

Multiplikation mit Skalar λ:

λ  A ¼ λ A1 e1 þ λ A2 e2 þ λ A3 e3 :

Skalarprodukt:

A  B ¼ A1 B1 þ A2 B2 þ A3 B3 :

Vektorprodukt:
 
 e1 e2 e3 

A  B ¼  A1 A2 A3  ¼ ðA2 B3  A3 B2 Þ e1 þ ðA3 B1  A1 B3 Þ e2
 B1 B2 B3 
þ ðA1 B2  A2 B1 Þ e3 :

Ein Problem, das gewisse räumliche Symmetrien aufwirft, lässt sich einfach durch ein
entsprechendes Koordinatensystem ausdrücken, z.B. durch Zylinder- oder Kugelko-
ordinaten bei Zylinder- bzw. Kugelsymmetrien. Eine Behandlung mit kartesischen Koor-
dinaten ist zwar immer m€oglich, führt aber in den meisten Fällen zu unn€otig komplizierten
Ausdrücken.

A.3.1 Kartesisches Koordinatensystem (Abb. A.9)

Basisvektoren: ex, ey, ez.


Ortsvektor: r ¼ xp ex + yp ey + zp ez.
Differentielles Wegelement:

dr ¼ dx ex þ dy ey þ dz ez : ðA:13Þ

Vektorielles (gerichtetes) Flächenelement auf den Koordinatenflächen in Richtung der


Flächennormalen (Abb. A.10):

dAx ¼ dydz ex
dAy ¼ dxdz ey ðA:14Þ
dAz ¼ dxdy ez :

Differentielles Volumenelement:

dV ¼ dxdy dz: ðA:15Þ


420 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

a) z b) z y = const.
x = const.

ez
P (xp, yp, zp)
ex
r z = const. P ey
zp
y
y
xp
x yp x

Abb. A.9 Punkt P im kartesischen Koordinatensystem (a) Koordinatendarstellung, (b)


Koordinatenflächen x, y, z ¼ const.

Abb. A.10 Differentielle Weg- z


und Flächenelemente und
dAz
Volumenelement

dz
dAy
dAx
dx
dy
r

A.3.2 Krummlinige orthogonale Koordinatensysteme

Unter den krummlinigen Koordinatensystemen zeichnen sich die sog. orthogonalen Sys-
teme dadurch aus, dass in jedem Punkt die Koordinatenlinien senkrecht aufeinander stehen,
wie z. B. bei Zylinder- und Kugelkoordinaten.
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 421

Zur Bestimmung der differentiellen Längen- und Flächenelemente, sowie des Volumen-
elements werden die Transformationsformeln zwischen den Koordinaten u1, u2, u3 und den
kartesischen Koordinaten x, y, z ben€otigt, d. h.:

x ¼ xðu1 ; u2 u3 Þ, y ¼ yðu1 ; u2 u3 Þ, z ¼ zðu1 ; u2 u3 Þ:

Das differentielle Wegelement dsi in Richtung ui (i ¼ 1, 2, 3) erhält man aus dem totalen
Differenzial des Ortsvektors:

∂xðu1 ; u2 ; u3 Þ ∂yðu1 ; u2 ; u3 Þ ∂zðu1 ; u2 ; u3 Þ


dsi ¼ dui ex þ dui ey þ dui ez ,
∂ui ∂ui ∂ui

bzw. in skalarer Form:


 
 ∂r 

dsi ¼   dui ¼ hi dui , ðA:16Þ
∂ui 

mit dem Metrikfaktor (metrischer Koeffizient, Lamé-Koeffizient) in Koordinatenrichtung i:


   
 ∂r   ∂x ∂y ∂z 

hi ¼   ¼   ex þ ey þ ez
∂ui  ∂ui ∂ui ∂ui 
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 2  2  2 ffi
∂x ∂y ∂z
¼ þ þ : ðA:17Þ
∂ui ∂ui ∂ui

Für das kartesische Koordinatensystem (A.3.1) ergibt sich speziell

h1 ¼ h2 ¼ h3 ¼ 1: ðA:18Þ

Für die drei Basisvektoren erhält man damit:

∂r=∂ui 1 ∂r
ei ¼ ¼ : ðA:19Þ
j∂r=∂ui j hi ∂ui

Dementsprechend ergibt sich für das differentielle Wegelement:

ds ¼ h1 du1 e1 þ h2 du2 e2 þ h3 du3 e3 : ðA:20Þ


422 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.11 Differentielle Weg- u3


und Flächenelemente und
Volumenelement in einem dA3
krummlinigen, orthogonalen
Koordinatensystem ds2
ds3
dA2 u2
r
dA1 ds1

u1

Die differentiellen Flächenelemente dAi erhält man durch Multiplikation der beiden
Wegelemente dsj, dsk mit dem dazu senkrechten Einheitsvektor in i-Richtung (i,j,k ¼
1,2,3):

dA1 ¼ h2 h3 du2 du3 e1


dA2 ¼ h3 h1 du3 du1 e2 ðA:21Þ
dA3 ¼ h1 h2 du1 du2 e3

Das Produkt der drei Längenelemente ergibt das differentielle Volumenelement


(Abb. A.11):

dV ¼ h1 h2 h3 du1 du2 du3 : ðA:22Þ

A.3.3 Zylinderkoordinatensystem

Transformation (Abb. A.12):

x ¼ xðρ; ϕ; zÞ ¼ ρ cos ϕ
y ¼ yðρ; ϕ; zÞ ¼ ρ sin ϕ ðA:23Þ
z ¼ zðρ; ϕ; zÞ ¼ z:
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 423

a z b z

r = const.

P (rp, fp, zp) z = const.


r ez ef
zp
er

fp y y
rp
x x f = const.

Abb. A.12 Punkt P im Zylinderkoordinatensystem (a) Koordinatendarstellung, (b) Koordinaten-


flächen ρ, ϕ, z ¼ const.

Metrische Koeffizienten (A.17):


rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2 2 2
∂x ∂y ∂z
h1 ¼ hρ ¼ ∂ρ
þ ∂ρ
þ ∂ρ
¼ ð cos ϕÞ2 þ ð sin ϕÞ2 þ ð0Þ2
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 2  2  2ffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
∂x ∂y ∂z
h2 ¼ h ϕ ¼ þ þ ¼ ðρ sin ϕÞ2 þ ðρ cos ϕÞ2 þ ð0Þ2
∂ϕ ∂ϕ ∂ϕ
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 2  2  2ffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
∂x ∂y ∂z
h3 ¼ hz ¼ þ þ ¼ ð 0Þ 2 þ ð 0Þ 2 þ ð 1Þ 2
∂z ∂z ∂z

hρ ¼ 1, hϕ ¼ ρ, hz ¼ 1: ðA:24Þ

Basisvektoren (A.19):

1 ∂r
e 1 ¼ eρ ¼
hρ ∂ρ

1 ∂r
e 2 ¼ eϕ ¼
hϕ ∂ϕ

1 ∂r
e 3 ¼ ez ¼ :
hz ∂z

eρ ¼ cos ϕ ex þ sin ϕ ey
eϕ ¼  sin ϕ ex þ cos ϕ ey ðA:25Þ
ez ¼ ez :
424 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.13 Differentielle Weg- z


und Flächenelemente und
Volumenelement im dAz
dAφ
Zylinderkoordinatensystem
ρdφ
dAρ
dz

r dρ

Ortsvektor (Abb. A.12):

r ¼ ρ eρ þ z ez : ðA:26Þ

Differentielles Wegelement (A.20) mit (A.24):

ds ¼ dρ eρ þ ρ dϕ eϕ þ dz ez : ðA:27Þ

Differentielle Flächenelemente (A.21):

dAρ ¼ ρ dϕ dz eρ
dAϕ ¼ dρ dz eϕ ðA:28Þ
dAz ¼ ρ dρ dϕ ez :

Differentielles Volumenelement (A.22) mit (A.24) (Abb. A.13):

dV ¼ ρ dρ dϕ dz: ðA:29Þ

A.3.4 Kugelkoordinatensystem

Transformation (Abb. A.14):

x ¼ xðr; θ; ϕÞ ¼ r sin θ cos ϕ


y ¼ yðr; θ; ϕÞ ¼ r sin θ sin ϕ ðA:30Þ
z ¼ zðr; θ; ϕÞ ¼ r cos θ:
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 425

a z b z
q = const.

P (rp, qp, fp)


rp er ef
qp
eq

fp y y

x x
r = const.
f = const.

Abb. A.14 Punkt P im Kugelkoordinatensystem (a) Koordinatendarstellung, (b) Koordinaten-


flächen ρ, ϕ, z ¼ const.

Metrische Koeffizienten (A.17):


s
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2  2  2 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
∂x ∂y ∂z
h1 ¼ hr ¼ þ þ ¼ ð sin θ cos ϕÞ2 þ ð sin θ sin ϕÞ2 þ ð cos θÞ2
∂r ∂r ∂r
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 2  2  2 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
∂x ∂y ∂z
h2 ¼ hθ ¼ þ þ ¼ ðr cos θ cos ϕÞ2 þ ðr cos θ sin ϕÞ2 þ ðr sin θÞ2
∂θ ∂θ ∂θ
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
 2  2  2 qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
∂x ∂y ∂z
h3 ¼ hϕ ¼ þ þ ¼ ðr sin θ sin ϕÞ2 þ ðr sin θ cos ϕÞ2 þ 02
∂ϕ ∂ϕ ∂ϕ

hr ¼ 1, hθ ¼ r, hϕ ¼ r sin θ: ðA:31Þ

Basisvektoren (A.19):

1 ∂r
e1 ¼ er ¼
hr ∂r

1 ∂r
e2 ¼ eθ ¼
hθ ∂θ

1 ∂r
e3 ¼ eϕ ¼
hϕ ∂ϕ
426 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.15 Differentielle Weg- z


und Flächenelemente und
Volumenelement im Kugel- r sinqdf dAr
Koordinatensystem
dAf
dr

r r dq dAq

y
dr

er ¼ sin θ cos ϕ ex þ sin θ sin ϕ ey þ cos θ ez


eθ ¼ cos θ cos ϕ ex þ cos θ sin ϕ ey  sin θ ez ðA:32Þ
eϕ ¼  sin ϕ ex þ cos ϕ ey :

Ortsvektor (Abb. A.14):

r ¼ r er : ðA:33Þ

Differentielles Wegelement (A.20) mit (A.31):

ds ¼ dr er þ r dθ eθ þ r sin θ dϕ eϕ : ðA:34Þ

Differentielle Flächenelemente (A.21) mit (A.31):

dAr ¼ r2 sin θ dθ dϕ er
dAθ ¼ r sin θ dr dϕ eθ ðA:35Þ
dAϕ ¼ r dr dθ eϕ :

Differentielles Volumenelement (A.22) mit (A.31) (Abb. A.15):

dV ¼ r2 sin θ dr dθ dϕ: ðA:36Þ

A.3.5 Koordinatentransformation

Gegeben seien zwei Koordinatensysteme L und M mit den Basen

e1L , e2L , e3L (System L) und e1M , e2M , e3M (System M).

Ein Vektor A im Raum hat in den beiden Koordinatensystemen L und M unterschied-


liche Komponenten, die mit AL und AM bezeichnet werden sollen.
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 427

Die i-te Komponente von AL (System L) aus den Komponenten von AM (Systems M)
erhält man durch Skalarmultiplikation mit dem entsprechenden Einheitsvektor eiL, d. h.:

AiL ¼ AM  eiL ¼ A1M e1M  eiL þ A2M e2M  eiL þ A3M e3M  eiL :

In Matrixschreibweise:
h i h i
AL ¼ eiL  ejM  AM ¼ T M!L
ij  AM ; i, j ¼ 1, 2, 3:

h i
Mit der Transformationsmatrix: T M!L
ij (Transformation von M nach L).

Beispiel A.1: Kartesische Koordinaten → Zylinderkoordinaten


       
Aρ ¼ Ax ex þ Ay ey þ Az ez  eρ ¼ Ax ex  eρ þ Ay ey  eρ þ Az ez  eρ

mit: ex  eρ ¼ cos ϕ, ey  eρ ¼ sin ϕ, ez  eρ ¼ 0.


       
Aϕ ¼ Ax ex þ Ay ey þ Az ez  eϕ ¼ Ax ex  eϕ þ Ay ey  eϕ þ Az ez  eϕ

mit: (ex  eϕ) ¼  sin ϕ, (ey  eϕ) ¼ cos ϕ, (ez  eϕ) ¼ 0.


   
Az ¼ Ax ex þ Ay ey þ Az ez  ez ¼ Ax ðex  ez Þ þ Ay ey  ez þ Az ðez  ez Þ

mit: (ex  ez) ¼ 0, (ey  ez) ¼ 0, (ez  ez) ¼ 1


0 1 0 1 0 1
Aρ cos ϕ sin ϕ 0 Ax
) @ Aϕ A ¼ @  sin ϕ cos ϕ 0 A  @ Ay A.
Az 0 0 1 Az
Transformation der Einheitsvektoren:
0 1 0 1
Ax 1 eρ ¼ cos ϕ ex þ sin ϕ ey
Einsetzen: @ Ay A ¼ @ 1 A ergibt eϕ ¼  sin ϕ ex þ cos ϕ ey
Az 1 e z ¼ ez :

A.4 Vektoranalysis

A.4.1 Linienintegral

Integration der tangentialen Komponente Aes des ortsabhängigen Vektors A(r) entlang
eines Weges s im Raum ergibt ein Skalar φ:
428 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.16 Integration des A(ri) P2


Vektors A entlang des Weges s
es,i

Ds
s ri
P1

Z Z
φ¼ A  ds ¼ A  es ds: ðA:37Þ
s s

Das Integral kann als Grenzwert der unendlichen Summe über die infinitesimalen
Wegelemente Δs ! 0 aufgefasst werden (Abb. A.16), d. h.:
R P
A  es ds ¼ lim Aðri Þ  es, i Δs.
s Δs!0 i!1

Ist der Integrationspfad s geschlossen (P1 ¼ P2), so bezeichnet man das Integral auch als
Ringintegral oder Zirkulation und verwendet das Symbol
I
φ ¼ A  ds: ðA:38Þ
s

Betrachtet man als Vektorfeld beispielsweise das homogene Kraftfeld Fg der Gravitation
in Erdbodennähe, das auf eine Einheitsmasse wirkt (Abb. A.17), so ergibt das
Linienintegral (A.37) die potenzielle Energie des K€orpers (Kraft  Weg) zwischen P1
und P2. Dementsprechend hat das Linienintegral den maximalen Wert φmax, wenn in jedem
Punkt entlang s Fg || es, bzw. φ ¼ 0, wenn überall Fg ⊥ es.
Bei einer konkreten Berechnung des Linienintegrals (A.37) entlang eines beliebigen
Pfades s im Raum muss dieser im Allgemeinen in Parameterform vorliegen:

s ¼ frðuÞj u1  u  u2 g:

Das differentielle Wegelement ds ergibt sich aus dem totalen Differenzial über r(u) zu
 
∂r
ds ¼ du:
∂u

Die explizite Form des Wegintegrals lautet damit:

Zu2 
∂r
φ ¼ AðrðuÞÞ  d u:
∂u
u1
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 429

Abb. A.17 Linienintegral φ a P1 b


entlang Weg s. (a) φ ¼ φmax
(b) φ ¼ 0 P1 s P2
s

Fg P2 Fg

Verläuft der Integrationsweg s parallel zu einer Koordinatenrichtung ui, so erhält man


entsprechend (A.16) bzw. (A.20) mit dsi ¼ hi dui ei:

Zu2
φ ¼ A  e i hi d ui :
u1

Beispiel A.2: Wegintegral entlang eines Kreisbogens


In einem homogenen Feld A ¼ A ex soll das Wegintegral
Z
φ ¼ A  ds
s

entlang eines Kreisbogens s mit dem Radius ρ, definiert durch den Anfangs- und
Endwinkel ϕ1 und ϕ2 (Zylinderkoordinaten), berechnet werden.
Wegelement in ϕ-Richtung entlang Kreisring (A.27):

ds ¼ ρ dϕ eϕ :

Durch Einsetzen erhält man mit ex  eϕ ¼  sin ϕ

Z Zϕ2
φ¼ A  ds ¼  Aρ sin ϕ dϕ ¼ A ρ ð cos ϕ2  cos ϕ1 Þ:
s ϕ1

Für den geschlossenen Ring (ϕ1 ¼ ϕ2) folgt unmittelbar:


I
φ¼ A  ds ¼ 0:
s

Diese gilt allgemein für die Klasse der konservativen Felder, zu den das homogene
Feld zählt.
430 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

A.4.2 Oberflächenintegral (Vektorfluss)

Integration des ortsabhängigen Vektors B(r) über eine Fläche A im Raum, d. h. die in jedem
Punkt zu A normale Komponente Ben ergibt den sog. Vektorfluss Ψ:
ZZ ZZ
Ψ ¼ B  dA ¼ B  en dA: ðA:39Þ
A A

Das Integral kann als Grenzwert der unendlichen Summe über die infinitesimalen
Oberflächenelemente ΔA ! 0 aufgefasst werden (Abb. A.18), d. h.:
ZZ X
B  en dA ¼ lim Bðri Þ  en, i ΔA:
ΔA!0
i!1
A

Ist die Integrationsfläche A geschlossen, so bezeichnet man das Integral auch als
H€
ullenintegral und verwendet das Symbol
ðð
Ψ ¼  B  dA: ðA:40Þ
A

Zur Veranschaulichung des Flussintegrals (A.39) dient beispielsweise das Geschwin-


digkeitsfeld v(r) einer Wasserstr€omung. Das Flussintegral (A.39) über v ist in diesem Fall
der pro Zeiteinheit durch die Fläche hindurchtretende Rauminhalt. Dementsprechend hat
der Fluss den maximalen Wert Ψmax, wenn in jedem Punkt auf der Fläche v || en, bzw.
Ψ ¼ 0, wenn überall v ⊥ en (Abb. A.19).
Bei einer konkreten Berechnung des Oberflächenintegrals (A.39) auf einer beliebigen
Fläche A im Raum muss diese im Allgemeinen in Parameterform vorliegen:

Abb. A.18 Integration des


Vektors B über eine Oberfläche A B(ri)
en,i

DAi

ri
A
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 431

Abb. A.19 Vektorfluss ψ durch a) b)


Fläche A (a) ψ ¼ ψmax (b) ψ ¼ 0
dA

dA A

A
v v

 
 u  u  u2
A¼ rðu; vÞ 1 :
v1  v  v2

Das vektorielle Flächenelement dA ergibt sich aus dem Kreuzprodukt (A.8) der beiden
Wegelemente, die durch das entsprechende totale Differenzial über den parametrisierten
Ortsvektor r(u,v) gegeben sind:
 
∂r ∂r
dA ¼  d u d v:
∂u ∂v

Die explizite Form des Wegintegrals lautet damit:

Zv2 Zu2  
∂r ∂r
Ψ ¼ Bðrðu; vÞÞ  d u d v:
∂u ∂v
v1 u1

Ist die Integrationsfläche Teil einer Koordinatenfl€ache ui ¼ const., so erhält man


entsprechend (A.16) bzw. (A.21) mit dAi ¼ hj hk duj duk ei:

Zuk, 2 Zuj , 2
Ψ ¼ Bðrðui ; uk ÞÞ hj hk duj duk ei :
uk , 1 uj , 1

Beispiel A.3: Vektorfluss durch Zylindermantelfläche


In einem homogenen Feld B ¼ B ei soll das Flächenintegral
ZZ
Ψ¼ B  dA
A

über einen Teil der Zylindermantelfläche mit Radius ρ und z ¼ 0. . .h, definiert durch den
Anfangs- und Endwinkel ϕ1 und ϕ2 (Zylinderkoordinaten), berechnet werden.
432 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Flächenelement in ρ-Richtung auf dem Zylinder (A.28):

dAρ ¼ ρ dϕ dz  eρ :

Durch Einsetzen erhält man mit ex  eρ ¼ cos ϕ

ZZ Zh Zϕ2
Ψ¼ B  dA ¼ B ρ cos ϕ dϕ dz ¼ B ρ h ð sin ϕ2  sin ϕ1 Þ:
A z¼0 ϕ1

Für den vollständigen Zylindermantel (ϕ1 ¼ ϕ2) folgt unmittelbar:


ZZ
Ψ¼ B  dA ¼ 0:
A

Der durch den Zylindermantel eintretende Fluss ist gleich dem austretenden Fluss.
Dies gilt allgemein für jede geschlossene Hülle in sog. quellenfreien Feldern, zu den das
homogene Feld zählt.

A.4.3 Volumenintegral

Integration der ortsabhängigen skalaren Dichtefunktion q(r) innerhalb eines Volumens


V ergibt die Gesamtmenge Q:
ððð X
Q ¼ ρ dV ¼ lim qðri Þ ΔV i : ðA:41Þ
ΔV !0
i!1
V

Das Integral kann als Grenzwert der unendlichen Summe über die infinitesimalen
Volumenelemente ΔV ! 0 aufgefasst werden (Abb. A.20).
Das Skalarfeld q(r) ist häufig eine Dichtefunktion, wie z. B. der Ladung. Das Volu-
menintegral ergibt dann die im Volumen V insgesamt befindliche Ladung Q.
Bei einer konkreten Berechnung des Integrals (A.41) über ein beliebiges Volumen
V muss dieser im Allgemeinen in Parameterform (u,v,w) vorliegen. Das Volumenelement
dV ergibt sich dann durch das Spatprodukt (A.10) der drei durch die entsprechenden totalen
Differentiale gegebenen Wegelemente (Betrag der Funktional- bzw. Jacobi Determinante):
 
 ∂ðx; y; zÞ 

dV ¼   du dvd w:
∂ðu; v; wÞ
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 433

Abb. A.20 Integration der


Quelldichte q über ein Volumen V
q(r)

DVi
ri V

Die explizite Form des Volumenintegrals lautet damit:

Zw2 Zv2 Zu2  


 ∂ðx; y; zÞ 
Q ¼ 
qðu; v; wÞ   du dvd w:
∂ðu; v; wÞ
w1 v1 u1

Fallen die Begrenzungen des Integrationsvolumens V mit den Koordinatenfl€achen


ui ¼ const. zusammen, so erhält man entsprechend (A.16) bzw. (A.21) mit
dV ¼ hi hj hk dui duj duk:

Zuk, 2 Zuj, 2 Zui, 2


Q ¼ qðu1 ; u2 ; u3 Þ hi hj hk dui duj duk :
uk , 1 u j, 1 ui, 1

Beispiel A.4: Integration über Kugelvolumen


Für eine homogene Ladungsdichte-Funktion q ¼ q0 (θ  π/2) und q ¼ q0 (θ > π/2)
soll das Volumenintegral
ððð
Q ¼ q dV
V

über einen Teil eines Kugelvolumens mit Radius R, θ ¼ θ1. . .θ2 und ϕ ¼ 0. . .2π
berechnet werden.
Volumenelement in Kugelkoordinaten (A.35):

dV ¼ r2 sin θ dr dθ dϕ:

Einsetzen ergibt beispielsweise für die obere Halbkugel (θ1 ¼ 0, θ2 ¼ π/2):

Zθ2
2 π R3 2 π R3 2 π R3
Q¼ q0 sin θ d θ ¼ q0 ð cos 0  cos π=2Þ ¼ q0
3 3 3
θ1
434 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

und für die ganze Kugel (θ1 ¼ 0, θ2 ¼ π) mit q ¼  q0


0 1
Zπ=2 Zπ
2πR B 3
C 2πR
3
2 π R3
Q¼ q0 @ sin θ dθ  sin θ d θA ¼ q0  q0 ð cos π=2  cos πÞ ¼ 0:
3 3 3
0 π=2

In diesem Fall ist die Summe aus den beiden gleich großen aber entgegengesetzten
Ladungen in der oberen und unteren Halbkugel gleich Null.

A.4.4 Skalare Differentiation von Vektoren

Differentiation eines Vektors A nach einer Variablen x:

∂A ∂Ax ∂Ay ∂Az


¼ ex þ ey þ ez :
∂x ∂x ∂x ∂x

Bei einem Skalar- oder Vektorprodukt zweier Vektoren A und B wendet man die
Produktregel der Differenzialrechnung an, d. h.:

∂ðA  BÞ ∂A ∂B
¼ BþA ,
∂x ∂x ∂x

bzw.

∂ðA  BÞ ∂A ∂B
¼ BþA :
∂x ∂x ∂x

A.4.5 Der Gradient

Für ein Skalarfeld in einem beliebigen Koordinatensystem

φðrÞ ¼ φðu1 ; u2 ; u3 Þ

beträgt die infinitesimale Änderung dφ bei Verschiebung um ein Wegelement


ds ¼ ds1e1 + ds2e2 + ds3e3:
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 435

∂φ ∂φ ∂φ
dφ ¼ ds1 þ ds2 þ ds3 :
∂s1 ∂s2 ∂s3

Mit dsi ¼ hi dui (A.16) resultiert

1 ∂φ 1 ∂φ 1 ∂φ
dφ ¼ ds1 þ ds2 þ ds3 :
h1 ∂u1 h2 ∂u2 h3 ∂u3

Das Wegelement ds lässt sich durch das Skalarprodukt


 
1 ∂φ 1 ∂φ 1 ∂φ
dφ ¼ e1 þ e2 þ e3  ds ≔ grad φ  ds ðA:42Þ
h1 ∂u1 h2 ∂u2 h3 ∂u3

von den Ableitungen trennen und definiert den vollständigen vektoriellen Differen-
tialausdruck als Gradient von φ:

1 ∂φ 1 ∂φ 1 ∂φ
grad φ ≔ e1 þ e2 þ e3 Gradient von φðVektorÞ: ðA:43Þ
h1 ∂u1 h2 ∂u2 h3 ∂u3

Demzufolge erhält man die maximale Änderung von dφ bei ds || grad φ. Der Gradient
steht deshalb stets senkrecht auf den Niveaulinien φ ¼ const. und gibt die Richtung und den
Wert der st€arksten Änderungsrate von φ an (Abb. A.21).
Für die Änderungsrate von φ in jede andere Richtung, gegeben durch den Einheitsvek-
tor en erhält man

∂φ
en  grad φ  ðRichtungsableitung Þ: ðA:44Þ
∂n

Zur Veranschaulichung des Gradienten dient beispielsweise ein Temperaturfeld T(r)


oder auch die relative H€ohe über Meeresspiegel h(r). In jedem Punkt erhält man durch
grad T bzw. grad h Richtung und Betrag der stärksten Temperatur- bzw. H€ohenzunahme.

Abb. A.21 Der Gradient von φ


grad j
.
ds

j = const.
436 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Im elektrischen Potentialfeld φ(r) mit der Einheit Volt ergibt  grad φ ≕ E die elek-
trische Feldstärke E (Volt/Meter), d.h. Richtung und Betrag des stärksten Potenzialgef€alles.
Der Gradient erzeugt also allgemein aus einem Skalarfeld φ das Vektorfeld E.

!
grad
Skalarfeld φðrÞ Vektorfeld EðrÞ

Durch Einsetzen der entsprechenden Metrikfaktoren (A.18), (A.24), (A.31) in (A.43)


erhält man die expliziten Formeln für das kartesische, zylindrische und sphärische Koor-
dinatensystem:
Kartesische Koordinaten (h1 ¼ h2 ¼ h3 ¼ 1):

∂φ ∂φ ∂φ
grad φ ¼ ex þ ey þ ez ðA:45Þ
∂x ∂y ∂z

Zylinderkoordinaten (h1 ¼ h3 ¼ 1, h2 ¼ ρ):

∂φ 1 ∂φ ∂φ
grad φ ¼ eρ þ eϕ þ ez ðA:46Þ
∂ρ ρ ∂ϕ ∂z

Kugelkoordinaten (h1 ¼ 1, h2 ¼ r, h3 ¼ r  sin θ):

∂φ 1 ∂φ 1 ∂φ
grad φ ¼ er þ eθ þ eϕ ðA:47Þ
∂r r ∂θ r  sin θ ∂ϕ

A.4.6 Die Divergenz

Ein wichtiges Merkmal für ein Vektorfeld ist das Vorhandensein von Quellen bzw. Senken,
d.h. Orte aus denen Feldlinien entspringen bzw. in denen sie enden.
Zur Quantifizierung der innerhalb eines Gebietes ΔV enthaltenen Quellenmenge oder
-stärke ΔQ dient das Hüllenintegral (A.40) des Vektors D über die Oberfläche (mathema-
tisch der Rand ∂) von ΔV:
ðð
ΔQ ¼  D  dA: ðA:48Þ
∂ðΔV Þ

Hierbei ist gemäß dem Vorzeichenwechsel des Skalarproduktes DdA bei Einstr€omen
der Feldlinien in ΔV hinein auch eine Senke (negative Quelle) erfasst. Gl. (A.48) entspricht
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 437

genau dem Gaußschen Gesetz (1.40), in dem Q für die Ladung und D für die elektrische
Flussdichte steht.
Ähnlich wie für die Masse oder die Ladung lässt sich durch Division von (A.48) durch
ΔV und Grenzübergang ΔV ! 0 eine räumliche Quellendichte
ðð
ΔQ 1
q ¼ lim ¼ lim  D  dA
ΔV !0 ΔV ΔV !0 ΔV
∂ðΔV Þ

definieren und nennt diese Operation die Divergenz des Vektorfeldes D:


ðð
1
divD ≔ lim  D  dA Divergenz ðSkalarÞ: ðA:49Þ
ΔV !0 ΔV
∂ðΔV Þ

Wie in Abb. A.22a veranschaulicht, ist die Divergenz in einem quellenfreien Gebiet
Null, wie z. B. in einem homogenen Feld. Der insgesamt in das Volumen ΔV einstr€omende
(negative) Vektorfluss ist gleich der Menge des ausstr€omenden Flusses (positiv). Dagegen
resultiert für ein Gebiet, in dem sich Quellen befinden, d. h. aus dem zusätzliche Feldlinien
entspringen bzw. Feldlinien münden, eine nicht verschwindende Divergenz (Abb. A.22b).
Der insgesamt in das Volumen ΔV einstr€omende Vektorfluss ist in diesem Fall ungleich
dem ausstr€ omenden.
Die Anwendung der Divergenzoperation auf ein Vektorfeld D erzeugt also ein Ska-
larfeld q.

div
Vektorfeld DðrÞ ! Skalarfeld qðrÞ

Für die konkrete Berechnung der Divergenz nach der Definition (A.49) in einem
krummlinigen, orthogonalen Koordinatensystem wird zunächst jeweils der Nettofluss aus
einem Volumenelement ΔV entlang der drei zueinander senkrechten Koordinatenrich-
tungen berechnet.

a b D
D

DV DV
divD = 0 divD ¹ 0

Abb. A.22 Die Divergenz von D. (a) In einem quellen(divergenz)freien Feld (b) in einem quell-
behafteten Feld
438 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.23 Zur Berechnung des u3


Nettoflusses ΔΨ1 entlang der
Koordinate u1
u2

-DA1
DA1

u1
u1+Du1 u1

Für den Nettofluss ΔΨ1 entlang der Koordinate u1 setzt man unter Berücksichtigung der
entgegengesetzten Richtung der beiden gegenüberliegenden Flächenelemente ΔA1
(Abb. A.23) an:

ΔΨ1 ¼ Dðu1 þ Δu1 ; u2 ; u3 Þ  ΔA1  Dðu1 ; u2 ; u3 Þ  ΔA1 :

Für das Skalarprodukt DdA an dem vom Bezugspunkt (u1, u2, u3) um Δu1 verschobe-
nen Ort setzt man eine Taylorreihe bis zum linearen Term an, d.h.:

∂ðD  ΔA1 Þ
Dðu1 þ Δu1 ; u2 ; u3 Þ  ΔA1 ¼ Dðu1 ; u2 ; u3 Þ  ΔA1 þ Δu1 :
∂u1

Mit dem Flächenelement (A.21)

ΔA1 ¼ h2 h3 Δu2 Δu3 e1

erhält man für den Nettofluss in Richtung u1:

∂ðD  ΔA1 Þ ∂
ΔΨ1 ¼ Δu1 ¼ ðh2 h3 D1 Þ Δu1 Δu2 Δu3 :
∂u1 ∂u1

Analog erhält man für die anderen beiden Komponenten in Richtung u2 und u3:


ΔΨ2 ¼ ðh1 h3 D2 ÞΔu1 Δu2 Δu3
∂u2


ΔΨ3 ¼ ðh2 h1 D3 Þ Δu1 Δu2 Δu3 :
∂u3

Aus der Summe der drei zueinander orthogonalen Teilflüsse ΔΨi und Grenzübergang
ΔV ! 0, d. h.
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 439

ðð X3
1 1
div D ¼ lim  D  dA ¼ lim ΔΨi ,
ΔV !0 ΔV ΔV !0 h1 h2 h3 Δu1 Δu2 Δu3
i¼1
∂ðΔV Þ

erhält man schließlich die Berechnungsformel für die nach (A.49) definierte Divergenz in
einem krummlinigen, orthogonalen Koordinatensystem:

1 ∂ ∂ ∂
div D ¼ ð h2 h3 D 1 Þ þ ðh1 h3 D2 Þ þ ðh2 h1 D3 Þ : ðA:50Þ
h1 h2 h3 ∂u1 ∂u2 ∂u3

Für das kartesische, zylindrische und sphärische Koordinatensystem erhält man durch
Einsetzen der entsprechenden Metrikfaktoren (A.18), (A.24), (A.31) in (A.50) die expliziten
Formeln:
Kartesische Koordinaten (h1 ¼ h2 ¼ h3 ¼ 1):

∂Dx ∂Dy ∂Dz


div D ¼ þ þ ðA:51Þ
∂x ∂y ∂z

Zylinderkoordinaten (h1 ¼ h3 ¼ 1, h2 ¼ ρ):


 
1 ∂ ρ Dρ 1 ∂Dϕ ∂Dz
div D ¼ þ þ ðA:52Þ
ρ ∂ρ ρ ∂ϕ ∂z

Kugelkoordinaten (h1 ¼ 1, h2 ¼ r, h3 ¼ r  sin θ):

1 ∂ðr2 Dr Þ 1 ∂ð sin θ Dθ Þ 1 ∂Dϕ


div D ¼ þ þ ðA:53Þ
r2 ∂r r sin θ ∂θ r sin θ ∂ϕ

A.4.7 Die Rotation

Ein weiteres wichtiges Merkmal eines Vektorfeldes ist das Vorhandensein von Wirbeln,
d. h. Orte in denen Feldlinien enthalten sind, die in sich geschlossen sind (Wirbelfeld).
Zur Quantifizierung der in einem Vektorfeld H, innerhalb eines beliebig orientierten,
ebenen Flächenelements ΔA enthaltenen Wirbelstärke ΔW dient das Zirkulationsintegral
(A.38) entlang des Umfanges ∂(ΔA):
I
ΔW ¼ en H  ds: ðA:54Þ
∂ðΔAÞ
440 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.24 Zirkulation ΔW zur DW


Fläche ΔA
DA

en

ds
s

Die Richtung von ΔW steht senkrecht auf ΔA und ist im Rechtsschraubensinn zur
Integrationsrichtung orientiert (Abb. A.24).
Gl. (A.54) entspricht genau dem Ampereschen Durchflutungsgesetz (II0 , Kap. 4), in
dem H für die magnetische Feldstärke und W für den durch ΔA fließenden Strom nach
Betrag und Richtung steht. Die in einem Punkt auf die Fläche bezogene Wirbelstärke
(Wirbeldichte) in en-Richtung erhält man aus (A.54) und Grenzübergang ΔA ! 0:
I
ΔW 1
w ¼ lim ¼ lim en H  d s: ðA:55Þ
ΔA!0 ΔA ΔA!0 ΔA
∂ðΔAÞ

Im Falle des Ampere’schen Durchflutungsgesetzes entspricht w der Stromdichte J in die


gewählte en-Richtung.
Die in einem Punkt insgesamt vorhandene Wirbeldichte erhält man durch vektorielle
Addition von drei zueinander senkrechten Wirbeldichten, jeweils entsprechend Gl. (A.55)
mit en ¼ ei (i ¼ 1,2,3), und nennt diese Operation die Rotation von H:

X
3 I
1
rot H ¼ ei lim H  ds Rotation ðVektorÞ: ðA:56Þ
ΔAi !0 ΔAi
i¼1
∂ðΔAi Þ

Wie in Abb. A.25a) veranschaulicht, ist die Rotation in einem wirbelfreien Feld Null,
wie z.B. in einem homogenen Feld. Die beiden horizontalen Beiträge der Zirkulation
(A.54) heben sich aufgrund des Richtungswechsels von ds auf, während die beiden
vertikalen Beiträge jeweils Null sind. Dagegen sind die beiden Horizontalbeiträge in dem
wirbelbehafteten Feld in Abb. A.25b) unterschiedlich groß. Die Überlagerung aller einzel-
nen Wirbel führt zu einer Verstärkung bzw. Schwächung des Feldes in vertikaler Richtung.
Die Anwendung der Rotation auf ein Vektorfeld H erzeugt also ein Vektorfeld w.

rot
Vektorfeld HðrÞ ! Vektorfeld wðrÞ
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 441

a b
H H

rot H = 0 rot H ¹ 0

Abb. A.25 Die Komponente der Rotation von H senkrecht zur Zeichenebene. (a) In einem wirbel-
freien Feld (b) in einem wirbelbehafteten Feld

Für die konkrete Berechnung der Rotation nach der Definition (A.56) in einem krumm-
linigen, orthogonalen Koordinatensystem wird jeweils die Wirbeldichte der drei zueinan-
der senkrechten Koordinatenrichtungen berechnet und vektoriell addiert.
Beispielsweise erhält man für das Umlaufintegral in der u1-Ebene (Abb. A.26):
I
∂ðH 2 h2 Þ
H  ds H 2 h2 Δu2  H 2 h2 þ Δu3 Δu2 þ
∂u3
∂ðΔA1 Þ
∂ ð H 3 h3 Þ
 H 3 h3 Δu3 þ H 3 h3 þ Δu2 Δu3 :
∂u2

Hierbei wird für das Produkt H2 h2 bzw. H3 h3 an dem vom Bezugspunkt (u1, u2, u3) um
Δu2 bzw. Δu3 verschobenen Ort eine Taylorreihe bis zum linearen Term angesetzt. Vier
Glieder heben sich auf und es verbleibt
I
∂ðH 3 h3 Þ ∂ðH 2 h2 Þ
H  ds Δu2 Δu3  Δu3 Δu2 :
∂u2 ∂u3
∂ðΔA1 Þ

Nach Division durch das Flächenelement ΔA1 ¼ h2 h3 Δu2 Δu3 und Grenzübergang
erhält man für die Komponenten der Rotation in u1-Richtung:
I
1 1 ∂ðH 3 h3 Þ ∂ð H 2 h 2 Þ
lim H  ds ¼ lim Δu2 Δu3  Δu2 Δu3
ΔA1 !0 ΔA1 Δu2 , Δu3 !0 h2 h3 Δu2 Δu3 ∂u2 ∂u3
∂ðΔA1 Þ

 
1 ∂ðH 3 h3 Þ ∂ðH 2 h2 Þ
¼  :
h2 h3 ∂u2 ∂u3

Die analoge Berechnung der Komponenten in e2- und e3-Richtung ergibt insgesamt:
442 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.26 Zur Berechnung des u3


Wirbeldichte in Richtung der
Koordinate u1
h2Du2
u3+Du3
DA1

e1
h3Du3
u3
u2

u1 u2+Du2
u2

1 ∂ðH 3 h3 Þ ∂ðH 2 h2 Þ 1 ∂ðH 1 h1 Þ ∂ðH 3 h3 Þ


rot H ¼  e1 þ  e2
h2 h3 ∂u2 ∂u3 h1 h3 ∂u3 ∂u1
ðA:57Þ
1 ∂ðH 2 h2 Þ ∂ðH 1 h1 Þ
þ  e3
h1 h2 ∂u1 ∂u2
oder in Determinantenform:
 
 h1 e 1 h2 e 2 h3 e 3 
 
 
1  ∂ ∂ ∂ 
rot H ¼ 
h1 h2 h3  ∂u1 : ðA:58Þ
∂u2 ∂u3 
 
 h H h2 H 2 h H 
1 1 3 3

Für das kartesische, zylindrische und sphärische Koordinatensystem erhält man durch
Einsetzen der entsprechenden Metrikfaktoren (A.18), (A.24), (A.31) in (A.57) die expliziten
Formeln:
Kartesische Koordinaten(h1 ¼ h2 ¼ h3 ¼ 1):
     
∂H z ∂H y ∂H x ∂H z ∂H y ∂H x
rot H ¼  ex þ  ey þ  ez ðA:59Þ
∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y

Zylinderkoordinaten(h1 ¼ h3 ¼ 1, h2 ¼ ρ):

       
1 ∂H z ∂H ϕ ∂H ρ ∂H z 1 ∂ ρHϕ ∂H ρ
rot H ¼  eρ þ  eϕ þ  ez ðA:60Þ
ρ ∂ϕ ∂z ∂z ∂ρ ρ ∂ρ ∂ϕ

Kugelkoordinaten (h1 ¼ 1, h2 ¼ r, h3 ¼ r sin θ):


A. Mathematische Grundlagen und Formeln 443

        
1 ∂ H ϕ sin θ ∂H θ 1 ∂H r 1 ∂ r Hϕ
rot H ¼  er þ  eθ
r sin θ ∂θ ∂ϕ r sin θ ∂ϕ r ∂r
  ðA:61Þ
1 ∂ðr H θ Þ ∂H r
þ  eϕ
r ∂r ∂θ

A.4.8 Der Nabla-Operator

Die Vektoroperationen grad, div und rot k€onnen formal als Anwendung des Nabla-
Operators ∇ auf ein Skalarfeld φ oder ein Vektorfeld A angesehen werden:

grad φ ¼ ∇φ
divA ¼ ∇  A
rot A ¼ ∇  A

Am einfachsten geht dies in kartesischen Koordinaten, mit

∂ ∂ ∂
∇¼ ex þ ey þ ez
∂x ∂y ∂z

∂φ ∂φ ∂φ
grad φ ¼ ∇φ ¼ ex þ ey þ ez
∂x ∂y ∂z

∂Ax ∂Ay ∂Az


div A ¼ ∇  A ¼ þ þ
∂x ∂y ∂z
 
 ex ey ez 
 
 
 ∂ ∂ ∂ 
rot A ¼ ∇  A ¼  ¼
 ∂x ∂y ∂z 
 
 Ax Ay A 
z
     
∂Az ∂Ay ∂Ax ∂Az ∂Ay ∂Ax
 ex þ  ey þ  ez
∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y

Komplizierte Rechenoperationen der Vektoranalysis k€onnen mit dem Nabla-Operator


durchgeführt werden (Nabla-Kalkül). ∇ ist ein linearer Operator, es gelten das Distribu-
tivgesetz und die Produktregel. Neben der differenzierenden Funktion ist ∇ auch ein
Vektor.
444 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Anwendung auf die Summe zweier Felder


gradðφ1 þ φ2 Þ ¼ ∇ðφ1 þ φ2 Þ ¼ ∇φ1 þ ∇φ2 ðA:62Þ

div ðA þ BÞ ¼ ∇  ðA þ BÞ ¼ ∇  A þ ∇  B ðA:63Þ

rot ðA þ BÞ ¼ ∇  ðA þ BÞ ¼ ∇  A þ ∇  B ðA:64Þ

Anwendung auf einfache Produkte


grad ðφ1 φ2 Þ ¼ ∇ðφ1 φ2 Þ ¼ φ2 ∇φ1 þ φ1 ∇φ2 ¼ φ2 grad φ1 þ φ1 grad φ2 ðA:65Þ

div ðφ AÞ ¼ ∇  ðφ AÞ ¼ A  ∇φ þ φ∇  A ¼ A  grad φ þ φ div A ðA:66Þ

rot ðφ AÞ ¼ ∇  ðφ AÞ ¼ ∇φ  A þ φ∇  A ¼ grad φ  A þ φ rot A ðA:67Þ

Anwendung auf Skalar und Vektorprodukt


^
Die Kennzeichnung A gibt an, auf welche der beiden Vektoren der ∇-Operator gemäß
Produktregel anzuwenden ist.

^   ^
grad ðA  BÞ ¼ ∇ A  B þ ∇ A  B

¼ B  ð∇  AÞ þ ðB  ∇ÞA þ A  ð∇  BÞ þ ðA  ∇ÞB

gradðA  BÞ ¼ B  rotA þ ðB  gradÞA þ A  rotB þ ðA  gradÞB ðA:68Þ

^   ^
Hierbei wurde für den Ausdruck ∇ A  B bzw. ∇ A  B die Rechenregel (A.12) für
das doppelte Kreuzprodukt a  (b  c) ¼ b  (a  c)  c  (a  b)angewendet, d. h.:

^ 
B  ð∇  AÞ ¼ ∇ A  B  ðB  ∇ÞA
 ^
A  ð∇  BÞ ¼ ∇ A  B  ðA  ∇ÞB

^   ^  ^  ^
div ðA  BÞ ¼ ∇  A  B þ ∇  A  B ¼ B  ∇  A  A  ∇  B

div ðA  BÞ ¼ B  rotA  A  rot B ðA:69Þ


A. Mathematische Grundlagen und Formeln 445

Hierbei wurde die zyklische Vertauschung (A.11) a  (b  c) ¼ c  (a  b) ¼ b  (c  a)


angewendet.

^   ^
rot ðA  BÞ ¼ ∇  A  B þ ∇  A  B
¼ ðB  ∇ÞA  Bð∇  AÞ þ Að∇  BÞ  ðA  ∇ÞB

rot ðA  BÞ ¼ ðB  gradÞA  B div A þ A div B  ðA  gradÞB ðA:70Þ

Hierbei wurde die Rechenregel (A.12) für das doppelte Vektorprodukt angewendet.

A.4.9 Zweifache Vektoroperatoren


Laplace-Operator

Δφ ¼ ∇  ð∇φÞ
     
1 ∂ h2 h3 ∂φ ∂ h1 h3 ∂φ ∂ h1 h2 ∂φ
¼ þ þ
h1 h2 h3 ∂u1 h1 ∂u1 ∂u2 h2 ∂u2 ∂u3 h3 ∂u3

Für das kartesische, zylindrische und sphärische Koordinatensystem erhält man durch
Einsetzen der entsprechenden Metrikfaktoren (A.18), (A.24), (A.31) in (A.57) die expliziten
Formeln:
Kartesische Koordinaten (h1 ¼ h2 ¼ h3 ¼ 1):

2 2 2
∂ φ ∂ φ ∂ φ
Δφ ¼ þ þ ðA:71Þ
∂x2 ∂y2 ∂z2

Zylinderkoordinaten(h1 ¼ h3 ¼ 1, h2 ¼ ρ):

  2 2
1 ∂ ∂φ 1 ∂ φ ∂ φ
Δφ ¼ ρ þ 2 þ ðA:72Þ
ρ ∂ρ ∂ρ ρ ∂ϕ2 ∂z2

Kugelkoordinaten (h1 ¼ 1, h2 ¼ r, h3 ¼ r sin θ):

    2
1 ∂ 2 ∂φ 1 ∂ ∂φ 1 ∂ φ
Δφ ¼ r þ sin θ þ ðA:73Þ
r2 ∂r ∂r r2 sin θ ∂θ ∂θ r2 sin 2 θ ∂ϕ2
446 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Rotation eines Gradientenfeldes


Die Kombination von (A.58) mit (A.43) ergibt allgemein
 
 h1 e 1 h2 e 2 h3 e 3 
 
 
 ∂ ∂ ∂ 
1 
∇  ð∇φÞ ¼  ∂u1 ∂u2 ∂u3  ¼ 0,

h1 h2 h3  
 ∂φ ∂φ ∂φ 

 
∂u1 ∂u2 ∂u3

unter der Voraussetzung, dass die Funktion φ analytisch ist, d. h. wenn gilt:
2 2
∂ φ ∂ φ
¼ :
∂ui ∂uj ∂uj ∂ui

Es gilt also die Identität:

rot ðgrad φÞ  0 Gradientenfelder sind wirbelfrei: ðA:74Þ

Anschaulich kann man sich ein reines Gradientenfeld wie eine laminare Str€omung
vorstellen, das von Quellen und Senken gespeist wird und deshalb keine Wirbel enthält.

Divergenz der Rotation


Durch Kombination von (A.50) mit (A.57) erhält man

1 ∂ ∂ðh3 A3 Þ ∂ðh2 A2 Þ ∂ ∂ðh1 A1 Þ ∂ðh3 A3 Þ
∇  ð∇  A Þ ¼  þ 
h1 h2 h3 ∂u1 ∂u2 ∂u3 ∂u2 ∂u3 ∂u1
∂ ∂ðh2 A2 Þ ∂ðh1 A1 Þ
þ  ¼ 0:
∂u3 ∂u1 ∂u2

Sämtliche Glieder heben sich auf und man erhält die Identität:

div ðrot AÞ  0 Wirbelfelder sind divergenz  ðquellenÞfrei: ðA:75Þ

In einem reinen Wirbelfeld sind die Feldlinien stets in sich geschlossen, d. h. sie haben
keine Quellen und Senken.

Zweifache Rotation
Mit der Regel (A.12) für das doppelte Vektorprodukt erhält man:

∇  ð ∇  A Þ ¼ ∇ð ∇  A Þ  ð ∇  ∇ Þ  A
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 447

rot ðrot AÞ ¼ gradðdiv AÞ  ΔA ðA:76Þ

Anwendung des Δ-Operators auf einen Vektor A


ΔA ¼ ∇  ∇A ¼ gradðdiv AÞ  rot ðrot AÞ

Dieser Ausdruck besitzt nur in kartesischen Koordinaten die einfache Form:


 
ΔA ¼ ðΔAx Þ  ex þ ΔAy  ey þ ðΔAz Þ  ez , ðA:77Þ

mit
2 2 2
∂ ∂ ∂
Δ¼ þ 2 þ 2.
∂x 2 ∂y ∂z

A.5 Integralsätze

A.5.1 Wegintegral eines Gradientenfeldes

Für ein Gradientenfeld A ¼ grad φ ergibt das Linienintegral mit (A.42)

Zb Zb Zb
A  ds ¼ ∇φ  ds ¼ dφ ¼ φðbÞ  φðaÞ,
a a a

Zb
grad φ  ds ¼ φðbÞ  φðaÞ : ðA:78Þ
a

" In einem Gradientenfeld ist der Wert eines Linienintegrals wegunabhängig,


d. h. nur durch Anfangs- und Endpunkt bestimmt (konservatives Feld).

Daraus folgt für jedes geschlossene Linienintegral (Ringintegral), bei dem Anfangs- und
Endpunkt identisch sind:
I
grad φ  ds ¼ 0: ðA:79Þ

Das ist die integrale Formulierung der Wirbelfreiheit eines Gradientenfeldes nach
Gl. (A.74).
448 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

A.5.2 Der Stokessche Integralsatz

Betrachtet wird das Oberflächenintegral über das Vektorfeld rot E, das als unendliche
Summe über alle infinitesimalen Flächenelemente ΔAi mit Normalen-Einheitsvektor ei
aufgefasst werden kann (Abb. A.18):

ZZ ZZ X
rot E  dA ¼ ðrot EÞ  en dA ¼ lim ðrot EÞi  en, i ΔAi :
ΔAi !0
i
A A

Hierbei ist

I
1
en  rot E ¼ lim E  ds
ΔA!0 ΔA
∂ðΔAÞ

die Komponente von rot E senkrecht zu ΔA, d.h. die Wirbeldichte (A.55) in dieser
Richtung, und man erhält zunächst für das Flächenintegral über rot E die unendliche
Summe über alle infinitesimalen Wirbeldichten über ΔAi:

ZZ X I
rot E  dA ¼ lim E  ds:
ΔAi !0
i
A ∂ðΔAi Þ

Wie in Abb. A.27a für zwei angrenzende Flächenelemente ΔAi und ΔAj skizziert, heben
sich in der Summe bis auf die Beiträge entlang des Randes von A alle inneren Ringintegrale
aufgrund der gegensinnigen Integrationsrichtung auf und man erhält den Stokesschen
Integralsatz:
ZZ I
rot E  dA ¼ E  ds Integralsatz von Stokes: ðA:80Þ
A ∂A

Zu einer gegebenen Randlinie ∂A kann die zugeh€origen Fläche beliebige Formen haben
(Abb. A.27b).

" Der Gesamtwirbel auf einer Fläche A ist gleich die Zirkulation entlang des
Randes ∂A und unabhängig von der Form von A.
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 449

a)
b)

A'

DAi
DAj A

¶A = ¶A'

Abb. A.27 Zur Berechnung des Stokesschen Integralsatzes

Beispiel A.5: Beweis der Wirbelfreiheit von Gradientenfeldern


Mit dem Stokesschen Integralsatz lässt sich beispielsweise die Identität (A.74)

rot ðgrad φÞ  0

allgemein und koordinatenunabhängig beweisen. Integration über eine beliebige Fläche


A ergibt nach Anwendung des Stokesschen Integralsatzes (A.80) und der Regel (A.79)
für ein Ringintegral über ein Gradientenfeld:
ZZ I
SIS
rot ðgrad φÞ dA ¼ grad  ds ¼ 0.
A ∂A
Da dies gemäß des Stokesschen Integralsatzes für jede m€ogliche Fläche A zu einem
gewählten Rand ∂A gilt, ist der Integrand (rotgradφ) selbst in jedem Punkt iden-
tisch Null.

A.5.3 Der Gaußsche Integralsatz

Betrachtet wird das Volumenintegral über das Skalarfeld div D, das als unendliche Summe
über alle infinitesimalen Volumenelemente ΔVi aufzufassen ist (Abb. A.28):
ððð X
divD dV ¼ lim ðdiv DÞ ΔVi :
ΔV i !0
i
V
450 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.28 Zur Berechnung


Gaußschen Integralsatzes
ΔVj
en,j

ΔVi en,i

Durch Einsetzen der Definition (A.49) für die Divergenz


ðð
1
div D ¼ lim D  dA
ΔV !0 ΔV
A

in die Summe erhält man für das Volumenintegral die unendliche Summe aller infinitesi-
malen Hüllenintegrale des Vektor D über die Volumenelemente ΔVi:
ððð X ðð X ðð
divD dV ¼ lim  D  dA ¼ lim  D  en, i dA:
ΔV i !0 ΔV i !0
i i
V ∂V i ∂V i

Hierbei bezeichnet en,i den Normalen-Einheitsvektor auf den Oberflächen ∂Vi.


Wie aus Abb. A.28 ersichtlich ist, heben sich alle inneren Teilflüsse, d. h. alle Teilflüsse
angrenzender Flächenelemente (en,i ¼ en,j), auf und es verbleibt die Summe aller Teil-
flüsse auf der Oberfläche des Gesamtvolumens V. Man erhält somit den Gaußschen
Integralsatz
ððð ðð
div D dV ¼ D  dA Integralsatz von Gauß: ðA:81Þ
V ∂V

" Die Summe aller Feldquellen und Senken in einem Volumen V ergibt den
Hüllenfluss aus V.

Beispiel A.6: Beweis der Quellenfreiheit von Wirbelfeldern


Mit dem Gaußschen Integralsatz lässt sich beispielsweise die Identität (A.75)

div rot D  0

allgemein und koordinatenunabhängig beweisen. Integration über ein beliebiges Volu-


men V ergibt nach sukzessiver Anwendung des Gaußschen und Stokesschen Integra-
lsatzes (A.81) bzw. (A.80):
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 451

ððð ðð I
GIS SIS
div ðrot DÞ dV ¼ rot D  dA ¼ D  ds ¼ 0:
V A ∂A!0

Hierbei ist A ¼ ∂V die geschlossene Oberfläche von V, die als Grenzfall einer
offneten Oberfläche mit ∂A ! 0 im Stokesschen Satz behandelt werden kann. Da
ge€
dies gemäß Gaußschen Integralsatzes für jedes Volumen V gilt, ist der Integrand selbst in
jedem Punkt identisch Null.

A.5.4 Greensche Integralsätze

Für ein Vektorfeld D ¼ φ1∇φ2 mit den beiden Skalarfeldern φ1, φ2 erhält man durch
Einsetzen in den Gaußschen Integralsatz mit

∇  D ¼ ∇φ1  ∇φ2 þ φ1 Δφ2

nach der Produktregel (A.66) den 1. Greenschen Integralsatz:


ððð ðð
½grad φ1  grad φ2 þ φ1 Δφ2  dV ¼ ðφ1 grad φ2 Þ  dA: ðA:82Þ
V ∂V

Vertauschen von φ1 und φ2und Subtraktion der beiden Integralsätze nach (A.82) ergibt
den 2. Greenscher Integralsatz:
ððð ðð
½φ1 Δφ2  φ2 Δφ1  dV ¼ ½φ1 grad φ2  φ2 grad φ1  dA: ðA:83Þ
V ∂V

A.6 Hauptsatz der Vektoranalysis (Helmholtzsches Theorem)

In einem Raumgebiet V ist ein Vektorfeld E(r) eindeutig bestimmt durch Angabe der

Quellendichte : div EðrÞ ¼ qðrÞ, ðA:84Þ

Wirbeldichte : rot EðrÞ ¼ wðrÞ ðA:85Þ

und der Randbedingung für die Normalkomponente von E auf der Oberfläche ∂V
(Abb. A.29):
452 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

Abb. A.29 Zum Hauptsatz der en


Vektoranalysis
V
w(r)
E(r)
q(r)
V

EðrÞ  en ¼ f ðrÞ, r 2 ∂V , ðA:86Þ

Zur Veranschaulichung dient ein Hydrodynamisches Analogon:


In einem Gefäß wird durch Quellen (Zuflüsse) bzw. Senken (Abflüsse) und Wirbel
(Schaufelräder) ein stationäres Str€omungsfeld erzeugt. Die Lage und Stärke aller Quellen
und Wirbel sowie die Randbedingungen auf den Wänden legen das sich einstellende
Str€
omungsfeld in dem Gefäß eindeutig fest.
Der Beweis geht von der Annahme von zwei L€osungen E1 und E2 aus, die jeweils die
gleiche Quellen- und Wirbeldichte (A.84), (A.85) haben, sowie die Randbedingung (A.86)
erfüllen.
Mit

rot E1 ¼ rot E2 ¼ w bzw. rot (E1  E2) ¼ 0

gilt gemäß der Identität rot (grad u)  0 (A.74):

(E1  E2) ¼ grad u,

mit einer Skalarfunktion u. Einsetzen in den 1. Greenschen Integralsatz (A.82) mit


φ1 ¼ φ2 ¼ u ergibt

ððð h i ðð
ðgrad uÞ2 þ u Δu dV ¼ ðu grad uÞ  dA:
V A

Aufgrund der gleichen Quellendichte div E1 ¼ div E2 ¼ q beider Felder ergibt sich für

Δu ¼ div ðgrad uÞ ¼ div ðE1  E2 Þ ¼ 0:

Das Hüllenintegral
ðð ðð
ðu grad uÞ  dA ¼  u ðE1  E2 Þ  en dA ¼ 0
A A
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 453

verschwindet ebenfalls, da beide Felder die Randbedingung (A.86) erfüllen, d.h.


E1 en ¼ E2 en. Übrig bleibt die Beziehung
ððð
ðgrad uÞ2 dV ¼ 0,
V

die aufgrund (grad u)2 0 nur erfüllt werden kann wenn der Integrand grad u ¼ E1  E2
identisch Null ist, d. h. also

E1 ¼ E2 ,

was im Widerspruch zu der Annahme zweier unterschiedlicher L€osungen steht.

" Ein Vektorfeld ist durch Angabe seiner Quellen und Wirbel, sowie der Randbe-
dingung auf den Grenzen des Lo €sungsgebiets eindeutig festgelegt.

Insofern erfüllen die vier Maxwell-Gleichungen I–IV mit jeweils einer Divergenz- und
einer Rotationsgleichung für das elektrische und magnetische Vektorfeld genau diese
Aufgabe. Die Mannigfaltigkeit der L€osungen ergibt sich durch ihre gegenseitige Kopplung
und durch unterschiedliche Randbedingungen.

A.7 Übungsaufgaben

UE-A.1 Koordinatentransformation – kartesisch/sphärisch


Leiten Sie die Transformationsvorschriften für die Komponenten eines Vektors A von
Kugelkoordinaten ins kartesische Koordinatensystem her.

UE-A.2 Integrationsaufgaben

a) Berechnen Sie für das homogene Vektorfeld


B ¼ B 0 ez
den Fluss
RR
Ψ ¼ B(r)  dA
durch den Teil einer Kugeloberfläche A mit dem Radius r, ϕ ¼ 0. . .2π und θ ¼ 0. . .θe.
Wie groß ist der Fluss durch die gesamte Kugeloberfläche?
b) Berechnen Sie den Ladungsinhalt Q in einem Würfel mit Kantenlänge l und einer
Ladungsverteilung
 
z
qðrÞ ¼ q0 :
l=2
454 A. Mathematische Grundlagen und Formeln

z
zu a) B0 ez dA zu b)
z l/2
q(r)
A qe
l/2
l/2 y
y
x
x

c) Berechnen Sie für das Vektorfeld


A ¼ (Ax, Ay, Az) ¼ (2 x, 3x y,  z2).
das Linienintegral
R
φ ¼ sA  d s
entlang der vorgegebenen Raumkurve:
s ¼ {r(u)| 0  u  1}, mit r ¼ (x, y, z) ¼ (3, 2u + 3, u).
d) Berechnen Sie für das Vektorfeld
B ¼ (Bx, By, Bz) ¼ (2x, 3x y,  y)
den Vektorfluss
RR
Ψ¼ AB dA
durch die vorgegebene offene Raumfläche:
A ¼ {r(u, v)| 0  u  1, 0  v  2}, mit r ¼ (x, y, z) ¼ (uv, u2v,  2).

UE-A.3 Berechnung des Gradienten

a) grad (3x2 + 2yz)


b) grad (ρ z2 sin ϕ)
c) grad (r2 sin θ cos ϕ)

UE-A.4 Berechnung der Divergenz

a) div (sinx ex + cos y ey + tan z ez)


 
sin ϕ
b) div e ρ þ cos ϕ e ϕ þ z e z
ρ2
 
sin θ
c) div e r þ cos ϕ e θ þ r e ϕ
r2

UE-A.5 Berechnung der Rotation

a) rot (x2 ex + xy ey + y2z ez)


b) rot (ρ eρ + sin ϕ eϕ + z ez)
 
c) rot 1r er þ sin θ eθ þ cos ϕ eϕ
A. Mathematische Grundlagen und Formeln 455

UE-A.6 Zweifache Differentialoperatoren

a) Zeigen Sie, dass gilt:


Δð1=rÞ ¼ 0, f€ ur r 6¼ 0,
wenn r der Abstand vom Koordinatenursprung ist.
b) Verifizieren Sie die Beziehung
div (rot A)  0
explizit am Beispiel des Vektorfeldes
A ¼ x y2z ex + (y + x) ey + z2 cos x ez.

UE-A.7 Integralsätze

a) Verifizieren Sie für das Vektorfeld


x ex þ y ey þ z ez
Dðx; y; zÞ ¼
x2 þ y2 þ z 2
den Gaußschen Integralsatz
ÐÐÐ ÐÐ
VK ∇
 D dV ¼ ∂V K D  d A
für ein kugelf€
ormiges Volumen VK mit dem Radius R.
Hinweis: Verwenden Sie ein geeignetes Koordinatensystem!

b) Verifizieren Sie für das Vektorfeld


H(ρ, ϕ, z) ¼ ρ eϕ
den Stokesschen Integralsatz
RR H
A (∇  Η)  d A ¼ ∂A Η  d s
für eine Kreisfläche A mit dem Radius R in der ρ-ϕ-Ebene.
B. Lösungen zu den Übungsaufgaben

Im folgenden sind für die am Ende der Kapitel 1-7 und Anhang A aufgeführten
Übungsaufgaben die L€osungen angegeben.

B.1 Elektromagnetische Feldtheorie

UE-1.1:
m v0
r¼ ðLamor-RadiusÞ
Q B

UE-1.2:

qð r Þ ¼ Q 1 δð r  r 1 Þ þ Q 2 δð r  r 2 Þ þ Q 3 δð r  r 3 Þ þ Q 4 δð r  r 4 Þ

mit r1 ¼ (2, 2)T, r2 ¼ (1, 2)T, r3 ¼ (1, 2)T, r4 ¼ (1, 1)T

a) Qges ¼ 4Q
b) Qges ¼ 0

UE-1.3:

a) I x ðxÞ ¼ I x ðx þ ΔxÞ þ κhb U 0 Δx

dx I x ðxÞ
¼ κ hb U 0 , mitI x ðxÞjx¼l ¼ 0
d
b)
I x ðxÞ ¼ κbh U 0 ðl  xÞ
 
c) I x ðxÞ ¼ U 0 R1 þ κbhðl  xÞ
UE-1.4:
tan α1 ε1 π
Für E: ¼ . Für ε2 ε1 : α1 ! 0, α2 !
tan α2 ε2 2
tan α1 μ1 π
Für H: ¼ . Für μ2 μ1 : α1 ! 0, α2 !
tan α2 μ2 2

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 457


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2
458 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

UE-1.5:
8
t
U0 < 0  t  t0
a) Eðt Þ ¼ E ðt Þez , mit E ðt Þ ¼ t 0
d :
1 t > t0
8
1
ερU0 < 0  t  t0
Hðρ; t Þ ¼ H ðρ; t Þ eϕ , mit H ðρ; t Þ ¼ t0
2d :
0 t > t0
8 8
2 2< t
2 >1
2<
επa U0 0  t  t0 με πa U0
2 4 0  t  t0
b) W E ðt Þ ¼ t0
, W M ðt Þ ¼ t 20
2d : 16 d >
:
1 t > t0 0 t > t0
c) S(ρ, t) ¼ S(ρ, t) (eρ), d. h. S zeigt in den Kondensator hinein.
8t
2<
ε a U 0 t2 0  t  t0
S ðρ ¼ a; t Þ ¼ 0
2 d2 :
0 t > t0
8t
ε a2 π U 20 < t 2 0  t  t 0
P ðt Þ ¼ 0
d :
0 t > t0
8t
d ε a2 π U 20 < t 2 0  t  t 0
d) Pðt Þ ¼ ðW E þ W M Þ ¼ 0
dt d :
0 t > t0

UE-1.6:

μ ρ ∂H
a) Eðρ; t Þ ¼ Eðρ; t Þ eϕ , mit Eðρ; t Þ ¼ 
2 ∂t
 2
ε μ 2 ∂H ðt Þ
2
μ
b) wE ðt Þ ¼ ρ und wM ðt Þ ¼ H 2 ðt Þ
8 ∂t 2
ε μ2 2 2 2 μ
c) wE ðt Þ ¼ ρ ω H 0 und wM ðt Þ ¼ H 0 2
16 4
 
 w ðt Þ  aω
 E  2 a 2
 ¼ ¼ π << 1 ) ρ  a < < λ ¼ v/f (elektrisch klein)
wM ðt Þ  2v λ
UE-1.7:
a) Ui(t) ¼  d K v2 t

d K v2 t d 2 K 2 v4 t 2
b) I ðt Þ ¼ und Pel ðt Þ ¼
R R
d 2 K 2 v3 t 2
c) Fðt Þ ¼ ex
R
d 2 K 2 v4 t 2
d) Pmech ðt Þ ¼ ¼ Pel ðt Þ
R
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 459

B.2 Elektrostatische Felder

UE-2.1:

Q1 Nh
a) Eðr; h; N ; Q1 Þ ¼ ez
4πε h2 þ r2 32
Q Nh N Q1
h r: Ez ¼ 1   3 ! (Feld einer Punktladung der Gr€oße NQ1)
4πε h2 þ r2 2 4 π ε h2
Q1 Nh
h r: Ez ¼ ! 0 (Kompensation des elektrischen Feldes)
4πε h þ r2 32
 2

Q Nh
b) F ¼ Q2 1  ez
4πε h2 þ r2 32
Q Nh N Q1
h r : F z ¼ Q2 1  ! Q2
4πε h2 þ r2 32 4 π ε h2
Q1 Nh
h r: F z ¼ Q2 !0
4πε h2 þ r2 32


Q 1 1
c) φðzÞ ¼  1 N pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi þ
4πε z þr
2 2 r

UE-2.2:
a)

b) Q ¼ 2 π K a
K a
c) φðzÞ ¼ arsinh
2 ε0 z
K a Q
d) E z ðzÞ ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ; f u€ r z a : E z ðzÞ ¼ mit Q ¼ 2π K a
2 ε0 z z 2 þ a 2 4π ε0 z2
UE-2.3:
0
q dx
a) d E ¼ d E x ex , mit d Ex ¼ A
2πε ðd  x0 Þ
460 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

 
0 qL qA b
b) F ¼ F 0x ex ,
mit F x ¼  ln 1
2πε d
 
q q b
c) F 2, x ¼ L A ln 1  ¼ F x
2πε d
q b qA
d) F 0x ! L (Kraft zwischen 2 Linienladungen der Stärke qL und b qA)
2πε d
UE-2.4:
  
1 d dφðρÞ C 1 ln ðρÞ þ C 2 ρ1  ρ < ρ2
a) ΔφðρÞ ¼ ρ ¼ 0, mit φ ð ρÞ ¼
ρ dρ dρ C 3 ln ðρÞ þ C 4 ρ2  ρ  ρ3
!
U0 ln ðρ1 Þ
b) C 1 ¼ ε1 , C 2 ¼ U 0 1
ln ðρ1 =ρ2 Þ þ ln ðρ2 =ρ3 Þ ln ðρ1 =ρ2 Þ þ εε12 ln ðρ2 =ρ3 Þ
ε2
U0 U 0 ln ðρ3 Þ
C 3 ¼ ε2 , C 4 ¼  ε2
ε1 ln ð ρ =ρ
1 2 Þ þ ln ðρ =ρ
2 3 Þ ε1 ln ð ρ 1 =ρ2 Þ þ ln ðρ2 =ρ3 Þ
8
>
> U0 1
; ρ1  ρ < ρ2
>
> ε1
>
> ρ
< ln ðρ1 =ρ2 Þ þ ε ln ðρ2 =ρ3 Þ
2
c) E ρ ðρÞ ¼ :
>
> U 1
>
>
0
; ρ  ρ  ρ
> ε2
: ln ðρ1 =ρ2 Þ þ ln ðρ2 =ρ3 Þ ρ
> 2 3

ε1
2π l
C¼ 1
ε1 ln ðρ1 =ρ2 Þ þ ε2 ln ðρ2 =ρ3 Þ
1

2π l
d) C ¼ 1
ε1 ln ðρ1 =ρ2 Þ þ ε12 ln ðρ2 =ρ3 Þ

UE-2.5:

q2 b2
Bereich 1: φ1 ðxÞ ¼  þ B2 und E1 (x) ¼ 0
2 ε0
q q q
Bereich 2: φ2 ðxÞ ¼ 2 x2 þ 2 b x þ B2 und E2 ðxÞ ¼  2 ½x þ b ex
2 ε0 ε0 ε0
q1 2 q1 q1
Bereich 3: φ3 ðxÞ ¼  x þ a x þ B2 und E3 ðxÞ ¼ ½ x  a ex
2 ε0 ε0 ε0
q a2
Bereich 4: φ4 ðxÞ ¼ 1 þ B2 und E4 (x) ¼ 0
2 ε0
Das Potential ist bis auf B2 bestimmt. Zur Gewährleistung von φ(0) ¼ 0 kann B2 ¼ 0
gesetzt werden.
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 461

UE-2.6:
!!
h x2 þ ðy þ hÞ2
a) φges ðx; yÞ ¼ E 0 y  ln
2 ln ð2h=R0 Þ x2 þ ðy  hÞ2
  
h hþy
b) φges ðx ¼ 0; yÞ ¼ E 0 y  ln
ln ð2h=R0 Þ hy
 
2h2 1
E ðx ¼ 0; yÞ ¼ E 0 1 
ln ð2h=R0 Þ h2  y2
c) η ¼ 0, 269 bei y ¼ 0, 9h
η ¼ 0, 759 bei y ¼ 0

UE-2.7:

0 ql
a) C ¼
φ1  φ2
     
q r 2d 1 d1 þ d2 1 ε 2
mit φ1 ¼ 2π lε ln 0 þ α1 ln  β1 ln , α1 ¼ 1þε r , β1 ¼
0 r b r b r b r 1 þ εr
     
ql r0 2d 2 d1 þ d2 εr  1 2εr
und φ2 ¼ 2π ε ε  ln  α2 ln þ β2 ln , α2 ¼ , β2 ¼
0 r rb rb rb εr þ 1 εr þ 1
0 π ε0
b) εr ¼ 1 : C ¼   Kapazitätsbelag einer Doppelleitung im Freiraum
d1 þ d2
ln
r0
0 2π ε0
εr ! 1 : C ¼   Kapazitätsbelag einer Leitung über leitender Ebene
2d 1
ln
r0

UE-2.8:
a)
y

R ql

rs rq x

j=0
462 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

 2 !  
ql x q  x þ y2 ql xq  R
b) φðx; yÞ ¼  ln  2 þ ln
4πε x  R2 =xq þ y2 2π ε R  R2 =xq
!
ql x  xq x  R2 =xq
c) E x ðx; yÞ ¼    2
2 π ε x  xq 2 þ y2 x  R2 =xq þ y2
!
ql y y
E y ðx; yÞ ¼    2
2 π ε x  xq 2 þ y2 x  R2 =xq þ y2
d) rq ¼ R + Δr und rs R  Δr
Entsprechend der Spiegelung an einer ebenen Wand, haben die Linien- und Spiegel-
ladung den gleichen Abstand von der Wand.
UE-2.9:

a)
A

y
-Q +Q
r1 r0

a a x B
a a

r2 r2
+Q -Q

 
Q 1 1 1 1
b) φðrÞ ¼ þ  
4π ε jr  r0 j jr  r2 j jr  r1 j jr  r3 j
!
Q r  r0 r  r2 r  r1 r  r3
EðrÞ ¼ þ  
4π ε jr  r0 j3 jr  r2 j3 jr  r1 j3 jr  r3 j3
mit r ¼ x ex + y ey, r0 ¼ r0(cosα ex + sin α ey), r1 ¼  r0(cosα ex  sin α ey),
r2 ¼  r0(cosα ex + sin α ey), r3 ¼ r0(sinα ex  cos α ey)
3 Q r0 2
c) φðr; ϕÞ¼ sin 2ϕ (Charakteristik eines Quadrupols)
4 π ε r3

UE-2.10:
 
K0 ðk z ρÞI0 ðk z bÞ  K0 ðk z bÞI0 ðk z ρÞ 2π
φðρ; zÞ ¼ U 0 sin ðk z zÞ , mit k z ¼
K0 ðk z aÞI0 ðk z bÞ  K0 ðk z bÞI0 ðk z aÞ h
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 463

UE-2.11:

a) φ(x, y) ¼ X(x)Y( y)
(
A cos ðk x xÞ þ B sin ðk x xÞ ; k x 6¼ 0
XðxÞ ¼
A0 þ B0 x ; kx ¼ 0
( mit ky ¼  jkx
Ccoshðk x yÞ þ Dsinhðk x yÞ ; k x 6¼ 0
YðyÞ ¼
C 0 þ D0 x ; kx ¼ 0
X
1
b) φðx; yÞ ¼ φm ðx; yÞ, mit φm ðx; yÞ ¼ K m sin ðm π x=aÞ sinhðm π y=aÞ
m¼1

q0 sinhðm π=a yÞ
c) φðx; yÞ ¼ a sin ðm π=a xÞ
πε coshðm π=a bÞ
Q0
2
0 8ε 1
d) C¼ ¼
2W 0e π tanhð π b=aÞ

UE-2.12:

a) v/u-System (Äquipotentiallinien bei v ¼ const.)


1 h
b) v1 ¼  arcosh ðh=r0 Þ, v2 ¼ 0, c ¼ > 0
2 cothðarcosh ðh=r0 ÞÞ
0 2π ε
c) C ¼  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ln ðh=r0 Þ þ ðh=r0 Þ2  1

0 2π ε
C ¼ (Dünndrahtnäherung)
ln ð2h=r0 Þ
cothð2v1 Þ U 0
d) E max ¼ j cosh2 ðv1 Þ
h v1
Maximum befindet sich unterhalb des Drahtes und zeigt in negative y-Richtung.

UE-2.13:

a) x ¼ c sin(u) cosh(v), y ¼ c cos(u) sinh(v)


v/u-System, da Linien für v ¼ const. Ellipsen entsprechen
U
b) M v ¼    
arcosh ac1  arcosh ac2
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
c) c ¼ a21  b21
0 sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1∗
 
Mv x þ jy 2 A
d) E ðzÞ ¼ j @1= 1 
c c
464 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

Mv 1
E ð a1 ; 0Þ ¼  sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi (reell entspricht x-Richtung)
c a12
1 >0
a21  b21
0 2π
e) C ¼ ε 0 1 0 1
a1 ffi ;A  arcoshBqffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
arcosh@qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
a2 C
ffi ;A
@
a1  b1
2 2
a1  b1
2 2

UE-2.14:
a) Spiegel-Ersatzanordnung

+ql
r

2r0

-ql e = e0

2h1
x
2h2

+ql

-ql

   
1 2h1=2 1 h1 þ h2
b) α11=22 ¼ ln und α12 ¼ α21 ¼ ln
2πε0 r0 2πε0 h1  h2
 
2h2=1
2πε0 ln
α22=11  α12 ðh1 þ h2 Þ=ðh1  h2 Þ
c) C 011=22 ¼ ¼       2
α11 α22  α212 2h1 2h2 h1 þ h2
ln ln  ln
r0 r0 h1  h2
 
h1 þ h2
2πε0 ln
α12 h1  h2
C 012 ¼ C 021 ¼ ¼       2
α11 α22  α12
2
2h1 2h2 h1 þ h2
ln ln  ln
r0 r0 h1  h2
d) Kapazitives Ersatzschaltbild
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 465

+ql

C'12
C'11 +ql

C'22

x
k®¥
ql ð h1  h2 Þ
e) ohne leitende Ebene: φðrÞ ¼ cos θ
2πε0 r
q ð h1  h2 Þ
mit leitender Ebene: φðrÞ ¼ l cos θ
πε0 r

B.3 Das stationäre Strömungsfeld

UE-3.1:
π
a) R ¼
h κ ln ðra =ri Þ
1
b) R ¼ ln ðra =ri Þ
h π κ
κ d A κ hdr
c) Azimutale Speisung: d G ¼ ¼
l ðr Þ πr
0 1 1
Z 1 Zra
@ κh d rA π
R¼ dG ¼ ¼
π r κ h ln ðra =ri Þ
ri

Radiale Speisung: d R ¼ dr
κ AðrÞ ¼ κ hd rπ r
Z Zra
1 dr 1
R¼ dR ¼ ¼ ln ðra =ri Þ
κhπ r κhπ
ri

UE-3.2:
 
1 ra 2π κ h
a) R ¼ ln und I ðhÞ ¼ U h
2π κ h ri ln ðra =ri Þ
 
I2 ra P
b) P ¼ ln und R ¼ 2
2π h κ ri I
 
K ra
c) R ¼ ln
2π κ0 ð1  e K h Þ ri
466 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

UE-3.3:

a) Spiegelersatzanordnung

I'
h k

h
-I'

0 2πκ
b) G ¼
ln ð2h=r0 Þ
ε 0 ε
c) RC ¼ ; mit C ¼ ln ð2π
2h=r0 Þ
κ
UE-3.4:
E 0 a3 3 J0
a) Ea ¼ E 0 ez  ð2 cos θ er þ sin θ eθ Þ und Ei¼ E 0 ez mit E 0 ¼
2r3 2 κ
2
9 J0 PV , max 9
b) PV , max ¼ und ¼ ¼ 2, 25
4κ PV , 0 4

B.4 Magnetostatische Felder

UE-4.1:
Bereich 1 (0  r  r1): Hϕ1 ¼ 0
 
1 I 1 r2  r21
Bereich 2 (r1 < r  r2): H ϕ2 ¼  2 
2πr r2  r21
I1
Bereich 3 (r2 < r  r3): H ϕ3 ¼
2πr  
I1 I 2 r2  r23
Bereich 4 (r3 < r  r4): H ϕ4 ¼   
2πr 2πr r24  r23
I1  I2
Bereich 5 (r > r4): H ϕ5 ¼
2πr
UE-4.2:
pffiffiffi
2I
Hy ¼
πa

UE-4.3:
0 1
I B 1 1 C
a) H z ðzÞ ¼ R2 @qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3 þ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3 A
2
R2 þ ðz þ R=2Þ2 R2 þ ðz  R=2Þ2
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 467


I R2 I d 
H z ðzÞjz¼0 ¼ qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3 0, 72 und H z ðzÞ ¼0
R dz
R2 þ ðR=2Þ2 z¼0
0 1
I B 1 1 C
b) H z ðzÞ ¼ R2 @qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3 A
2 2 2
R2 þ ðz þ R=2Þ R2 þ ðz  R=2Þ

d  3 I R3 I
Hz(z)|z ¼ 0 ¼ 0 und H z ðzÞ ¼  qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi5 0, 86 2
dz 2 R
z¼0
R2 þ ðR=2Þ2

UE-4.4:
   
JA xb xþb
a) H x ðx; yÞ ¼ arctan  arctan
2π y y
!
2
JA ð x þ bÞ þ y 2
H y ðx; yÞ ¼ ln
4π ð x  bÞ 2 þ y 2
b)
Feldstärkeverlauf Feldlinien

Hy y

x x
-b b

JA
c) lim H y ðx; yÞ ¼ 0 und lim H x ðx; yÞ ¼ 
b!1 b!1 2
Homogenfeld eines unbegrenzten Flächenstroms.
J Ab
d) H x ’ 
π y
Feldstärke eines Linienstroms mit Gesamtstrom des Bandleiters I ¼ 2 b JA.

UE-4.5:
   
0μ0 d  r0 μ0 d
a) L ¼ ln ln , f u€ r d r0
π r0 π r0
0 μ
b) Li ¼

UE-4.6:
   
2μ a 2a pffiffiffi pffiffiffi 2μ a 2a
a) Lii ¼ ln  ln 1 þ 2 þ 2  2 ln  1; 467
π r0 π r0
468 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

μ a4
b) Lij , f u€ r h a
π h3
UE-4.7:

1
A1
A2 þA1 N 1 I 1 þ A2AþA
2
N 2I 2
a) B ¼ 1

A1 þ A13a δ
þA2 þ μ
1 a 1
μ0 μrel A1 0 A1

I1 A2 N 2
b) ¼
I2 A1 N 1
N 21
c) L11 ¼
Rm1 þ ðRRm2m2þR
þRmL ÞRm3
mL þRm3

1 3a 1 aδ 1 a
Rm1 ¼ , Rm2 ¼ , RmL ¼ μ1 Aδ1 , Rm3 ¼ μ 1μ 3a
μ0 μrel A1 μ0 μrel A1 μ0 μrel A1 0 0 rel A2

N 1N 2 Rm2 þ RmL
d) L12 ¼
Rm1 þ ðRm2 þRmL ÞRm3 R
m2 þ RmL þ Rm3
Rm2 þRmL þRm3

UE-4.8:

a) Spiegelquellen-Anordnung

h
I I

z x
-d/2 d/2

-h
aI aI

   0
μ0 I ρ ρ
b) Az ðx; yÞ ¼  ln 1 þ α ln 1 0
2π ρ2 ρ2
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2 2
ρ1 ¼ ðx þ d=2Þ þ ðy  hÞ , ρ2 ¼ ðx  d=2Þ2 þ ðy  hÞ2 ,
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
0 2 2 0
ρ1 ¼ ðx þ d=2Þ þ ðy þ hÞ , ρ2 ¼ ðx  d=2Þ2 þ ðy þ hÞ2
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 469

Näherung für große Abstände:


μ I d cos ϕ
Az ðρ; ϕÞ  0 ð1 þ αÞ, f u€r ρ d, h
2π ρ
I d ð1 þ αÞ  
c) Hðρ; ϕÞ sin ϕ eρ  cos ϕ eϕ
2π ρ 2

Feld eines magnetischen Liniendipols mit Gesamtstrom I (1+ α)


 pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2
0 μ0 d 2
d þð2hÞ
d) L ¼ 2π ln a 2h

UE-4.9:

a) Az ¼ const. (auf der Wand)

y
h h

h h

z x
h h

h h
 
μI ρ ρ
b) Az ðx; yÞ ¼  ln 1 3
2π ρ2 ρ4
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ρ1 ¼ ð x  h Þ þ ð y  h Þ 2 , ρ 2 ¼ ð x þ h Þ 2 þ ð y  h Þ 2 ,
2
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ρ3 ¼ ð x þ h Þ 2 þ ð y þ h Þ 2 , ρ 4 ¼ ð x  h Þ 2 þ ð y þ h Þ 2
 
μI h 2
c) Az ðρ; γ Þ cos ð2γ Þ
π ρ
μ I 2h2  
d) Bðρ; ϕÞ ¼ cos ð2ϕÞ eρ þ sin ð2ϕÞ eϕ
πρ 3

z
x
470 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

UE-4.10:

A cos ðk x xÞ þ B sin ðk x xÞ ; k x 6¼ 0
a) X ¼
Ao þ B0 x ; ky ¼ 0

Ccoshðk x yÞ þ Dsinhðk x yÞ ; k y ¼ jk x 6¼ 0

C o þ D0 y ; k y ¼ jk x ¼ 0
mπ mπ
b) φm1 ¼ K m1 sin x sinh y , mit K m1 ¼ Bm1 Dm1
a a
mπ mπ
φm2 ¼ K m2 sin x e a y , mit K m2 ¼ Bm2 C m2
a
osungen nur für m ¼ 1:
c) L€
 πb  
K 11 ¼ M 0 aπ e a und K 12 ¼ M 0 aπ sinh πab
π
h π π π π i
d) H1 ðx; yÞ ¼ M 0 eab cos x sinh y ex þ sin x cosh y ey
a a a a
π h π π π π
i
H2 ðx; yÞ ¼ M 0 sinh b cos x eay ex  sin x eay ey
a a a
UE-4.11:
X
1 h i
a) φm ðr; θ; ϕÞ ¼ Gn C n rn þ Dn rðnþ1Þ Pn ð cos θÞ
n
X
1
φm, i ðr; θ; ϕÞ ¼ Gi, n rn Pn ð cos θÞ
n¼0
X
1
1
φm, a ðr; θ; ϕÞ ¼ H 0 r cos θ þ G a, n Pn ð cos θÞ
n¼0
rnþ1
3 μa
b) φm, i ¼ H 0 z
μi þ 2 μa
μ  μa 3 cos θ
φm, a ¼ H 0 z þ H 0 i a
μi þ 2μa r2
3μa
c) Hi ¼ H0 (Homogenfeld)
μi þ 2μa
μ  μ a a3
Ha ¼ H0 þ H 0 i ð2 cos θ er þ sin θ eθ Þ
μi þ 2μa r3
Im Außenraum Feld eines magn. Punktdipols mit dem Dipolmoment:
μ  μa
m ¼ 4πa3 H 0 i
μi þ 2μa
Hi 3 3
d) ¼
H 0 μi =μa þ 2 2
Bi 3 μi =μa 3μa
¼ !0
B0 μi =μa þ 2 2μi
e) Minimum bei θ ¼ 0, π: Ha ¼ 0
Ha 3
Maximum bei θ ¼ 3/2 π: ¼
H0 2
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 471

B.5 Elektromagnetische Diffusionsfelder

UE-5.1:

H0 NI
a) H z ðρÞ ¼ J0 jγ ρ , mit H 0 ¼
J0 jγ r1 2π r2
1 ρ 2
1þj ρ
b) H z ðρÞ H 0 2 δ f u€r << 1
1 r1 2 δ
1þj
2 δ  
NI ρ   ρ   N I  r 1
   
c) J ϕ j und  J ϕ  ¼ J max , mit J max ¼ J ϕ 
2r
2πδ 2 r1 max 2π δ2 r2

 2
N 2 I  r 1 4
d) P ¼
8κ r2 δ
UE-5.2:

2
∂ Jz
a)  γ2J z ¼ 0
∂x2 h i
x
I ð1 þ j Þ cosh ð 1 þ j Þ δ
b) Allgemeine L€osung: J z ðxÞ ¼ h i
2bδ sinh ð1 þ jÞ a

  jI j
Schwacher Skineffekt: J z  ba ¼ J DC (Gleichstrom)
  
 a= 
J x ¼ 0;  2 Þ 1
 z J DC 
472 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

 pffiffiffi
  I  2
x
Starker Skineffekt: J z ðxÞ
a
e2δ cosh
  bδ   δ
J z ðx¼0Þ pffiffi2a 2δa   a= 

 paffiffiffi >> 1
 J DC  δ e << 1 und  J z
J DC  2δ
 
I sinh ð 1 þ jÞ x
δ
c) H y ðxÞ ¼ 
2b sinh ð1 þ jÞ2δ a

0 1þj h ai
d) Allgemeine L€ osung: Z ¼ coth ð1 þ jÞ
2κbδ 2δ
0 0 0 1 a 2
Schwacher Skineffekt: Z ¼ R þ jωL 1þj
κba 2δ
0 0 0 1þj
Starker Skineffekt: Z ¼ R þ jωL
2κbδ

UE-5.3:

2
∂ Hy
a) ∂x2
 γ2H y ¼ 0
0
b) H y ðx ¼ 0Þ ¼ 0 und H y ðx ¼ d Þ ¼ I

0
sinh γ x
c) H y ðxÞ ¼ I
sinh γ d
0 γ ðxd Þ
d) H y ðxÞ I e
0 γ ðxd Þ
e) J z ðxÞ I γ e
 0 2
I  Δy Δz
ΔP ¼ 1  e2 d=δ
2κ δ
UE-5.4:

a) Atan ¼ 0

h
y x

h
I
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 473

I h
b) H tan ðxÞ ¼
π x 2 þ h2
I h
c) JA ðxÞ ¼ J A ðxÞey ¼ 2 ey
π x þ h2

 2
0
I 
d) PV ¼
4π h δ κ
0 1
e) R ¼
2π h δ κ
0
R r0 0 0
0 ¼ , R R0 f u€r h r0
R0 h

B.6 Elektromagnetische Wellenfelder

UE-6.1:

E0
a) H0 ¼ ey
Z0
rffiffiffiffiffi rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
Z  Z1 2Z 1 μ0 μ
b) r ¼ 2 , t¼ mit Z 1 ¼ , Z2 ¼  0 κ
Z2 þ Z1 Z2 þ Z1 ε0 ε 1  jωε
1 1
Er ¼ E0 r, Hr ¼  rE0 ey und Et ¼ E0 t, Ht ¼ rE 0 ey
Z1 Z2
  γ z
c) E x, 1 ðzÞ ¼ E 0 ej β1 z þ r eþj β1 z und Ex, 2 ðzÞ ¼ E 0 t e 2
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi ωε
mit β1 ¼ ω μ0 ε0 und γ ¼ jωμ0 κ 1 þ j
2 κ
474 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

d) Ideales Dielektrikum:
  pffiffi2ffiE  pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi    
2E 0 
   
 E x, 1 ð z Þ  ¼ pffiffiffiffi 1 þ εr þ ð1  εr Þ cos ð2β0 zÞ und E x, 2 ðzÞ ¼
0
pffiffiffiffi
1 þ εr 1 þ εr
λ2 1
¼ pffiffiffiffi
λ1 εr
Betragsverlauf für εr ¼ 9 und f ¼ 100 MHz

Sehr guter Leiter:


rffiffiffiffiffiffi sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
        ωε  z
    2
E x, 1 ðzÞ ¼ 2E 0 j sin ðβ0 zÞj und E x, 2 ðzÞ ¼ 2E 0  e δ , mit δ ¼
κ ωμ0 κ
pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
λ2 δω μ0 ε0
¼ << 1
λ1 2π
Betragsverlauf für εr ¼ 1, κ ¼ 3,5107 (Aluminium) und f ¼ 100 MHz

 2  2  2  2  2
1 E 0  1 r E 0  1 t  E 0 
e) Sh ¼ ez ; Sr ¼  ez ; St ¼ ez
2 Z0 2 Z0 2 Z∗ 2
Ideales Dielektrikum:
 2 pffiffiffiffi  2 pffiffiffiffi
  E  εr   E  εr
Re S h þ S r ¼ 2 0
 2 ¼ Re S ¼ 2 0
 pffiffiffiffi2
Z 0 1 þ pffiffiffiffi
εr
t
Z 0 1 þ εr
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 475

Leiter in Raum 2:
  pffiffiffiffi
Re S t ωε εr
 ¼4 1, nahezu Totalreflexion der einfallenden Welle
Re S h κ

UE-6.2:
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2 Z0 Se
a) Ee ¼ pffiffiffiffi ey
εr
1 π
b) α1G ¼ arcsinpffiffiffiffi und α2 ¼ , Ausbreitung in x-Richtung
εr 2
c) Raum 1:
E1 ¼ Ee ejke r þ rs eþjk r
r

pffiffiffiffi pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
ke, r ¼ k 0 εr ð sin α1 ex  cos α1 ez Þ, k 0 ¼ ω μ0 ε0
pffiffiffiffi
εr cos α1  cos α2
rs ¼ pffiffiffiffi
εr cos α1 þ cos α2
Raum 2:
E2 ¼ Ee t s ejkt r
pffiffiffiffi
2 εr cos α1
kt ¼ k 0 ð sin α2 ex þ cos α2 ez Þ und t s ¼ pffiffiffiffi
εr cos α1 þ cos α2
    2 cos α1
r  ¼ 1 und t  ¼ , f u€r α1 α1G
s s
cos α1G
    z 1
E  ¼ jEe jt eδt , mit δt ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi und α1 α1G
2 s
k 0 εr sin 2 α1  1
Ausbreitung in x-Richtung und exponentielle Dämpfung senkrecht zur Grenzfläche
d) Raum 1:
pffiffiffiffi
jEe j2 εr
S1 ¼ sin α1 ex
Z0
Wirkleistung in x-Richtung (parallel zur Grenzfläche)
Raum 2:
jEe j2   pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
S2 ¼ t s ð sin α2 ex þ cos α2 ez Þ, cos α2 ¼ j εr sin 2 α1  1
2Z 0
Wirkleistung in x-Richtung und Blindleistung in z-Richtung
UE-6.3:

m Z0 k2 ej kr
a) E ϕ ¼ sin θ
4π r
m k2 ej kr
Hθ ¼ sin θ
4π r rffiffiffiffiffi
μ0 pffiffiffiffiffiffiffiffiffi
m ¼ I π a2 , Z0 ¼ , k ¼ 2πf μ0 ε0
ε0
476 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

b)

m
h

h
m

j m Z 0 k 2 ejkr Eϕ
c) E ϕ sin θ sin ðkh cos θÞ und H θ 
2π r Z0
  m k 3 h
 
d) Eϕ  Z 0 sin ð2θÞ, Maximum bei θ ¼ π/4
4πr

UE-6.4:

  kZ 0  
a) Eθ ðr; θ; ϕÞ I hj sin θjj sin ðkd sin ϕÞj
2πr
  k2Z0  
b) Für d<<λ : E θ  I h d j sin θjj sin ϕj
    2πr
 E r; θ ¼ π; ϕ 
 θ  2
   j sin ϕj (durchgezogene Linie im Diagramm)

 E θ, max r; θ ¼ π2; ϕ 
      
Für d¼λ/4: Eθ  kZ 0  
I hj sin θj sin π2 sin ϕ 
   2πr
 
 E r; θ ¼ π; ϕ  π
 θ  2
    sin sin ϕ  (gestrichelte Linie im Diagramm)
  2
 E θ, max r; θ ¼ π2; ϕ 
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 477

 
E  d
c)  θ max ¼ 4π << 1

E 0, θ  λ
max
 2
S re jmax 2 d
¼ 16π << 1
S 0, re jmax λ
 2
Rr d
d) ¼ 4π << 1
R0, r λ

UE-6.5:
π jk Z 0 h jkr  j kd cos ϕ 
a) E θ r; θ ¼ ; ϕ e I 1e þ I 2 eþj kd cos ϕ
2 4πr8 
 π 
  k Z0 h  <  cos cos ϕ ; Gleichtakt
b) Eθ  ¼ j sin θjI   2 
2πr :  sin π cos ϕ ; Gegentakt
2


S re, 2 
¼4
S re, 1 max
478 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

UE-6.6:
 
jzj
a) I ðzÞ ¼ I 0 1 
l=2

|I(z)|
|I0|

z
-l/2 l/2

j kZ 0
b) E θ ¼ I l ej kr sin θ
8πr 0
Entspricht dem Fernfeld des Hertzschen Dipols mit Dipolmoment Ih ¼ I 0l/2
 
π Z0 l 2
c) Rr ¼
6 λ
j kZ 0 π
d) E θ ¼ I l ej kr sin θ; f u€r θ 
8πr 0 2
Rr, M 1
e) ¼
Rr, D 2

UE-6.7:

8
< E1 ðxÞ ¼ Ei ej β1 x þ Er eþj β1 x
a) Raum 1 : E E
: H 1 ðxÞ ¼ i ej β1 x  r eþj β1 x
Z1 Z1
8
< E 2 ðxÞ ¼ A ej β2 x þ B eþj β2 x
Raum 2 : A B
: H 2 ðxÞ ¼ ej β2 x  eþj β2 x
Z2 Z2
b) E i þ Er ¼ A þ B
Ei Er A B
 ¼ 
Z1 Z1 Z2 Z2
A ej β2 d ¼ B eþj β2 d
 
Er r0  ej2 β2 d Z2  Z1
c) r ¼ ¼ , mit r0 ¼
E i 1  r0 ej2 β2 d Z1 þ Z2
ur d ! 0 : r ¼ 1
F€
ur ideal leitf a€ higes Medium 2 : r ¼ 1
F€
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 479

B.7 Wellen auf Leitungen

UE-7.1:
sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
0
L
Zw ¼ 0
C ð1  j tan δÞ

0 2π ε
mit L'C' ¼ μ0ε und C ¼ (siehe Beispiel 2.6)
ln ðρa =ρi Þ
rffiffiffiffiffi  
μ0 ln ðρa =ρi Þ ln ðρa =ρi Þ j
Zw ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi Z 1 þ tan δ
ε 2 π 1  j tan δ 2π 2

ln ðρa =ρi Þ
verlustlos: Z w ¼ Z

UE-7.2:

a) Randbedingungen (z ¼ 0):
U ð0; t Þ ¼ I R R ¼ U 0 þ U þ ¼ U 0 þ U 
) Uþ ¼ U
Knotensatz:
1 2U þ
I 0  I   I þ  I 0 ¼ I R ) I R ¼ ðI  þ I þ Þ ¼  ðU  þ U þ Þ ¼ 
Zw Zw
U ð0; t Þ U 0 þ U þ 2U þ U
) U þ ¼ U  ¼ ΔU ¼ 
0
und I R ¼ ¼ ¼ Zw
R R Zw 2R þ Z w
b) U(z, t) ¼ U0 + ΔU σ(t  |z|/v)
ΔU
mit ΔI ¼
Zw
>
I ðz; t Þ ¼ I 0  ΔI σðt  jzj=vÞ f u€r z < 0

U0
v ΔU v
t>0
I0 v
ΔI
v
0 z

c) R ¼ 0 (Kurzschluss) ) ΔU ¼  U0
U(z, t) ¼ U0[1  σ(t  |z|/v)]
480 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

U0 >
I ðz; t Þ ¼ I 0 ∓ σðt  jzj=vÞ f u€r z < 0
Zw

U0

v
I0 IR
ΔI v
z

Kurzschlussstrom: I R ¼ 2  ΔI ¼ 2U
Zw
0

Während des Schaltvorgangs wird der Kurzschlussstrom IR also einzig von der Betriebs-
spannung und vom Wellenwiderstand der Leitung bestimmt.
UE-7.3:

U e ðt Þ ¼ ð1 þ rL ÞU þ
0 ðt  τ Þ

U a ðt Þ ¼ U þ þ
0 ðt Þ þ rL U 0 ðt  2τÞ

RL  Z w U^
mit rL ¼ und U þ
0 ¼
RL þ Z w 2

Û
(1+rL)Û/2 Ue

Û /2
Ua
t
τ 2τ

UE-7.4:

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 Vs T0 T0
e16 ðtτÞ ;
0 0
a) U e ðt Þ ¼ 3
T 0 ¼ K 2 l 2 C =L , t τ
8 π ðt  τ Þ
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 481

b)


d U e ðt Þ d n 3=2  T 0 o 3 T0
c)   t e 16 t ¼  ¼ 0
d t t>τ d t 2 16 t
)Δt ¼ T0/24 ~ l2.

UE-7.5:

a) r ¼ ejψ ; ψ ¼ π . . . 0 ðωL ¼ 0 . . . 1Þ siehe Beispiel 7.6 (7.45), (7.46)


 
b)  U ðzÞ   j cos ½ ψ=2  β ðl  zÞ j ¼ j cos ½ β ðl  Δl  zÞ j
 
ψ=2 arctan ωZ wL λ
mit Δl ¼ ¼ λ¼ . . . 0 f u€ r ω L ¼ 0 . . . 1.
β 2π 4
c)

ωL > 0
ωL = 0

z
Δl

Δl
482 €sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo

UE-7.6:

Zw 1 þ j tan ðβ l Þtanh ðα l Þ
a) Z a ¼ ¼ Zw
tanh γ l tanh ðα l Þ þ j tan ðβ l Þ

1 þ j α l tan ðβ l Þ
Za Zw ¼ j cot ðβ ‘Þ þ α l
j tan ðβ l Þ
πv
Za Z w l ½ j ðω  ω0 Þ=v þ α ; f u€r ω ω0 ¼
    2l
1 ω ω0
b) Z a ¼ j ωL  þ R ¼ jω0 L  þR
ωC ω0 ω
!
ω ω0 ω  ω0
mit  2 f u€r ω ω0
ω0 ω ω0
Za j ðω  ω0 Þ 2 L þ R; f u€r ω ω0
sffiffiffiffiffi
0 0 0
Zw l L l 4 l2 8C l L
c) L ¼ ¼ ; C¼ 2 2¼ 2 ; R ¼ Zwα l ¼ 0 αl
2v 2 Lπ v π C
ω0
Q ¼ ω0 L=R ¼
2αv

B.8 Mathematische Grundlagen und Formeln

UE-A.1:
0 1 0 10 1
Ax sin θ cos ϕ cos θ cos ϕ  sin ϕ Ar
@ Ay A ¼ @ sin θ sin ϕ cos θ sin ϕ cos ϕ A@ Aθ A
Az cos ϕ  sin ϕ 0 Aϕ

UE-A.2:

a) Ψ ¼ B0 πr2 sin 2 θe , Ψ ¼ 0 f u€r θe ¼ 2π


b) Q ¼ 0
c) φ ¼ 71, 67
d) Ψ ¼ 8/15

UE-A.3:

a) grad (3x2 + 2yz) ¼ 6x ex + 2z ey + 2y ez


b) grad (ρ z2 sin ϕ) ¼ z2 sin ϕ eρ + z2 cos ϕ eϕ + 2ρ z sin ϕ ez
c) grad (r2 sin θ cos ϕ) ¼ 2r sin θ cos ϕ er + r cos θ cos ϕ eθ  r sin ϕ eϕ
€sungen zu den Übungsaufgaben
B. Lo 483

UE-A.4:

a) div (sinx ex + cos y ey + tan z ez) ¼ cos x  sin y + 1 + tan2z


 
sin ϕ sin ϕ sin ϕ
b) div e ρ þ cos ϕ e ϕ þ z e z ¼ 1  3
ρ2 ρ ρ
 
sin θ cot θ cos ϕ
c) div er þ cos ϕ eθ þ r eϕ ¼
r2 r

UE-A.5:

a) rot (x2 ex + xy ey + y2z ez) ¼ (2y z  x) ex + z ez


  sin ϕ
b) rot ρ eρ þ sin ϕ eϕ þ z ez ¼ ez
ρ
  cot θ cos ϕ cos ϕ sin θ
c) rot 1r er þ sin θ eθ þ cos ϕ eϕ ¼ er þ eθ þ eϕ
r r r
UE-A.6:

osung über den Laplace-Operator in Kugelkoordinaten


a) L€
osung über die Berechnung der Rotation und der Divergenz in kartesischen Koordi-
b) L€
naten
UE-A.7:
ÐÐÐ ÐÐ
a) VK ∇
 D dV ¼ ∂V K D  d A ¼ 4πR
RR H
b) A(∇  Η)  d A ¼ ∂AΗ  d s ¼ 2π R2
Literatur

Bücher zur Einführung in die Feldtheorie

J.A. Edminster, Elektromagnetismus, McGraw-Hill Book Company (enthält viele Übungsaufgaben)


engl. Ausgabe: Shaum’s Outline of Theory and Problems in Electromagnetics (2 ed.),
McGraw-Hill
A. J. Schwab, Begriffswelt der Feldtheorie, Springer-Verlag, 1992
G. Strassacker, R. Süße, Rotation, Divergenz und Gradient, Teubner-Verlag 2006

Standard-Lehrbücher der Theoretischen Elektrotechnik

S. Blume, Theorie elektromagnetischer Felder, Hüthig-Verlag, 1995


D. J. Griffiths, Elektrodynamik- Eine Einführung, 3. Aufl. Pearson Studium, 2011
H. Henke, Elektromagnetische Felder, Springer-Verlag, 2007
K. Küpfmüller, Einf€uhrung in die Theoretische Elektrotechnik, Springer Verlag
G. Lehner, Elektromagnetische Feldtheorie, Springer-Verlag, 2006
P. Leuchtmann, Einf€uhrung in die elektromagnetische Feldtheorie, Pearson Studium, 2005
E. Philippow, Grundlagen der Elektrotechnik, Verlag Technik, 2000
K. Simonyi, Theoretische Elektrotechnik, Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1989

Weiterführende Bücher

Feynmann/Leighton/Sands, Feynmann Vorlesungen über Physik, Band II, Oldenburg-Verlag, 1991


T. Fließbach, Elektrodynamik, Spektrum-Verlag, 1997
J.D. Jackson, Klassische Elektrodynamik, Verlag Gruyter; 2006
P. Lorrain, D.R. Corson, F. Lorrain, Elektromagnetische Felder und Wellen, Walter de Gruyter, 1995
E. M. Purcell, Berkeley Physik Kurs 2, Elektrizität und Magnetismus, 4. Auflage, Vieweg 1989

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 485


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2
486 Literatur

Bücher der Ingenieurmathematik

Rade, L; Westergren, B.: Springers Mathematische Formeln, 3. Aufl., Springer 2000


Merziger, G.; Wirth, T.: Repetitorium der h€oheren Mathematik, 5. Aufl., Binomi 2006
St€ocker, H.: Taschenbuch mathematischer Formeln und moderner Verfahren, 4. Aufl., 2007
Ehlotzky, F.: Angewandte Mathematik für Physiker, Springer 2007.
Burg, K; Haf, H.; Wille, F.; Meiser, A.: H€ohere Mathematik für Ingenieure, Band I-III, Auflagen 10,7
und 6, Springer Vieweg 2012/2013a.
Burg, K; Haf, H.; Wille, F.; Meiser, A.: Vektoranalysis, 2. Aufl. 2012a.
Burg, K; Haf, H.; Wille, F.; Meiser, A.: Partielle Differentialgleichungen und funktionalanaytische
Grundlagen, 52010. Aufl. 2012b.
Burg, K; Haf, H.; Wille, F.; Meiser, A.: Funktionentheorie, 2. Aufl. 2013b.
Moon, P.; Spencer, D.E.: Field Theory Handbook, 2nd Ed., Springer 1971.
Zeidler, E. (Hrsg.), begr. von Bronstein, I.N.: Teubner-Taschenbuch der Mathematik, Teubner 1996
Stichwortverzeichnis

A Blindleistung 250
Abbildung, konforme 122, 181 mittlere 31
Abbildungsfunktion 122 Blindleistungsflussdichte, mittlere 30
Abschirmung 253 Brechung 380
Abschluss, reaktiver 394 Brechungsgesetz von Snellius 329
Absolute Dielektrizitätskonstante 15 Brechungsindex 329
Absolute Permeabilitätskonstante 16 Brems-Drehmoment 42
Ampèresches Durchflutungsgesetz Brewster-Winkel 333, 335
170, 237, 440
Amplitude, komplexe 28
Analytisch 122 C
Anpassung 380 Cauchy-Riemannsche DGL 123
generatorseitige 385, 410 Cosinussatz 67
lastseitige 385 Coulomb-Eichung 173
Antennen-Ersatzschaltbild 319 Coulomb-Integral 63, 64, 174
Apolloniuskreise 72, 183 (Coulomb-)Kraft, elektrische 2
Äquipotentialfläche 54, 413 cut-off-Frequenz 351
Äquipotentiallinie 54, 183, 413
Ausblendeigenschaft 6
Ausbreitungskonstante, komplexe 249 D
Ausdehnung, charakteristische 34 d’Alembertsche Form 367
stationäre 373
d’Alembertsche Lösung 286, 290
B Dämpfungskonstante 321, 373
Bandleiter 238 Determinantenregel 416
Bandleitung 47 DGL, partielle vom parabolischen Typ 248
Basisvektor 418, 419, 421, 423, 425 Diamagnetisch 16
Besselfunktion 112, 257 Diamagnetismus 218
Besselsche Differentialgleichung 111, Dichtefunktion 432
257, 264 Dielektrika 84
Betrachtung, makroskopische 3 Dielektrizitätskonstante 8
Bewegungsinduktion 39 relative 15
Bezugssystem („Laborsystem“) 2 Differentiation von Vektoren 434

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 487


M. Leone, Theoretische Elektrotechnik,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18317-2
488 Stichwortverzeichnis

Diffusionsfeld 44, 325 Einschaltvorgang 377, 383, 410


Diffusionsgleichung 248 Elektrete 85
Dipol Elektrisch kleines System 34
elektrischer 66 Elektromagnetische Kraft 2
magnetischer 190, 191 Elektromagnetische Wellenfelder 45
Dipolantenne 312 Elektromagnetisches Feld 1, 284
Dipolmoment 235, 296 Elektronenpolarisation 85
elektrisches 67 Elektrostatische Feldenergie 133
magnetischer 189 Elektrostatisches Feld 33, 54
permanentes 219 Elementarfeld der Punktladung 65
Dirac-Funktion 6 Elementarladung 1
Dirichletsche Randbedingung 57 Energiebilanz im elektromagnetischen
Dirichletsches Randwertproblem 89 Feld 22
Dispersion 358 Energiedichte
Dispersionsdiagramm 358 des elektrischen Feldes 23
Dispersionsrelation 360 des magnetischen Feldes 23
Distribution 7 Energieerhaltung
Divergenz 436, 454 in differentieller Form (lokal) 24
der Rotation 446 in integraler Form (global) 24
Doppelleitung 139 Energieerhaltungsprinzip 40
parallele 213 Energieerhaltungssatz 22
Doppeltes Vektorprodukt 417 Energieinvarianz 126
2D-Problem 232, 238 Entkopplung 367
Drehleistung, mechanische 42 Enveloppe 373
Drehmoment 41 Erhaltungsgröße 10
Dualität 311 Erregung/Flussdichte
Dualitätsprinzip 306 elektrische 12
Dünndrahtanordnung 201 magnetische 13
Dünndrahtnäherung 139, 312 Ersatzladungsmodell, magnetisches 222
Durchflutungsgesetz 8, 13 Ersatzschaltbild
für Materie 13 kapazitives 138
differentielles 371
magnetisches 224
E Ersatzschaltbildelement 403
Ebene, strombelegte 192 Erwärmung, induktive 263
Eigeninduktivität 210, 239, 240
partielle 216, 216
Eigenwert 107 F
Eigenwertgleichung 106 Faradayscher Käfig 59
Eindeutigkeitssatz 56 Fehlerfunktion, komplementäre 391
Eindringtiefe 249 Feld
Einfallsebene 328 ebenes 122
Einfallsrichtung 327 eines Linienstroms 176
Einfallswinkel 327, 328 homogenes 76
Eingangsadmittanz 407 konservatives 53, 429, 447
Eingangsimpedanz 404, 407 magnetostatisches 34
Einheits-Sprungfunktion 378 transversales 321
Einheitsvektor 415, 418 quasi-elektrostatisches 35
Stichwortverzeichnis 489

quasi-magnetostatisches 38 Fourier-Entwicklung nach


quasistationäres 246 Kugelfunktionen 117
quasistatisches (langsam veränderliches) Fourier-Koeffizienten 109
34, 293 Fourier-Reihe 109
quellenfreies 432 Frequenzbandbreite 359
zeitharmonisches 28 Funktion
Feldablösung 298 harmonische 56
Feldamplitude, komplexe 249 komplexe 122
Felddiffusion Funktionaldeterminante 432
im Halbraum 250 Funktionen-Folge 7
im Zylinder 256
Feldenergie, magnetostatische 200
Feldenergiedichte, elektrische bzw. G
magnetische 31, 250 Gaußsche Integralsatz 449
Feldgröße, komplexe 28 Gaußsches Gesetz 8, 14
Feldlinie 414 Gebiet, einfach zusammenhängendes 171
Feldkomponente Gegeninduktivität 210, 239, 240
normale an Mediengrenzen 20 partielle 216
tangentiale an Mediengrenzen 18 Gegenkapazität 138
Feldstärke Generator, elektrischer 39
elektrische 1 Generatorseitige Anpassung 385, 410
komplexe 124, 238 Gesetz
Feldverdrängung 44 von Biot-Savart 175, 237
Feldwellengleichung der reziproken Radien 97
homogene 285 Gradient 434, 454
inhomogene 283 Greensche Funktion 60, 93, 97
Feldwellenimpedanz 309, 322 des Freiraums 63, 174
Feldwellenwiderstand 287, 368 Integralsätze 451
Fernfeld 300, 307, 315 Grenzfrequenz 355, 356
Fernfeldkugel 318 Grenzfunktion 7
Ferromagnetisch 16 Grenzwinkel der Totalreflexion 333, 335
Ferromagnetismus 219 Grundwelle 351
Fitzgeraldscher Dipol 304 Gruppengeschwindigkeit 359
Flächenelement
differentielles 419, 422, 424, 426
Flächenladung 75 H
Flächenladungsdichte 4 Halbwellendipol 317
Flächenstromdichte 4, 192 Hauptsatz der Vektoranalysis 451
gebundene 221 Heaviside-Funktion 378
Flächenstromquelle 163 Helmholtz-Gleichung 289, 294, 352, 375
Fluss, magnetischer 39, 201 homogene 290
Flussdichte Helmholtz-Spule 238
magnetische 1, 2 Hochfrequenz-Ersatzschaltbild 42
remanente 221 Hochfrequenzlitze 270
Flussverzweigung, magnetische 225 Hohlzylinder, durchströmter 197
Fortpflanzungskonstante 290, 290, Holomorph 122
354, 373, 392 Hüllenintegral 430
Fourier-Bessel-Reihe 114 Hysterese 16
490 Stichwortverzeichnis

I Kapazitätskoeffizienten 137
Impedanz Kartesisches Koordinatensystem 419
der Zylinderspule 260 Kausalitätsprinzip 2, 293
des Drahtes 266 Kernmaterial, hochpermeables 223
Impedanztransformation 404 Kettenmatrix 401
Impuls-Übertragungsverhalten 388 Kirchhoffsche Gleichung 43
Impulsantwort 388, 410 Knotengleichung des magnetischen
Induktion 49 Kreises 225
Induktionsgesetz 8, 13, 39 Knotensatz 44
Induktionskoeffizient 209 Koaxialkabel 350
Induktionsspannung 39 Koaxialleitung 83, 360
Induktionsstrom 41 Koerzitivfeldstärke 16
Induktivität 42, 200 Kondensator 42, 80
äußere 201, 202, 239 Kontinuitätsgleichung 11
der Bandleitung 205 komplexe 30
der Doppelleitung 218 Kontinuumsbetrachtung 219
einer Drahtspule 206 Konzentrierte Elemente 43
einer rechteckigen Leiterschleife 216 Koordinatenfläche u 431, 433
einer Ringkernspule mit Luftspalt 227 Koordinatentransformation 426, 453
einer Ringspule 208 (Lorentz)-Kraft, magnetische 2
eines Kreisrings 203 Kreisfrequenz 28
längenbezogene 241 Kreisgleichung 183
partielle 214, 239 Kreis, magnetischer 224, 240
Induktivitätsbelag L0 369 Kreuzprodukt 416
Induktivitätsmatrix 211 Kronecker-Symbol 109
Influenzkoeffizient 137 Krummlinige orthogonale
partieller 214 Koordinatensysteme 420
Innere Induktivität 239 Kugelfunktion, zugeordnete 116
des Drahtes 266 Kugelkoordinatensystem 424
Integral, vollständiges elliptisches 186 Kugelladung 80
Integralsätze 455[ITerm] Kurzschluss 380
Ionenpolarisation 85
L
Ladung
J
gebundene 84
Jacobi Determinante 432
influenzierte 95, 98
Joulesche
im Freiraum 61
Leistung 156
Ladungsdichte 3
Wärme 22
gebundene 11
Ladungserhaltungsgesetz 10
K Ladungserhaltungssatz in differentieller
Kantensingularität 130 (lokaler) Form 11
Kapazität 81 Lamé-Koeffizient 421
längenbezogene 83 Länge, charakteristische 249
Kapazitätsbelag 84 Laplace-Gleichung 56, 106, 111,
C 370 115, 172
Kapazitiver Laplace-Operator 445
Abschluss 399 Laplace-Rücktransformation 389
Spannungsteiler 141 Laplace-Transformation 389
Stichwortverzeichnis 491

Laufzeit-Diagramm 386 stationäre 375


Leerlauf 380 triviale 106
Leistungsflussdichte 24 Logarithmisches Potential 71, 176
Leistungstransport in einer Leitung 27 Lorenz-Eichung 292, 294
Leiter 54 Luftspalt 240
idealer elektrischer 20
Leiterschleife 40
M
kreisförmige 238
Magnetisierung 16, 218
quadratische 237, 239
Magnetisierungsvektor 219
Leitfähigkeit 14
Maschengleichung des magnetischen
spezifische elektrische 15
Kreises 224
Leitschichtdicke, äquivalente 256, 270
Maschensatz 43
Leitung
Maschenspannung 43
kurzgeschlossene 397
Maßstabsfaktor 124
leerlaufende 397
Materialgleichung 14
mechanische 42
Maxwell-Gleichung, 8
verlustlose 405
differentielle (lokale) Form 9
λ/2- Leitung 405
integrale Form 8
λ/4- Leitung 405
(Differenzialform) in Materie 11, 13
Leitungs-Wellenwiderstand 374
komplexe 29
Leitungsgleichung 368
Maxwell-Spule 238
Leitungslaufzeit 385
Mediengrenzen 18
Leitungskonstante
Medium
primäre 374
homogen magnetisiertes 221
sekundäre 374
verlustfreies 324
Leitungsparameter, primärer 371
Mehrfachreflexion 335, 385
Leitungsresonator 406
Mehrleitersystem 136
Leistungsumsatz, irreversibler 24
Methode
Leitungswellenimpedanz 392
der differentiellen Leitwerte 166
Leitungswellenwiderstand 409
der differentiellen Widerstände 166
Leitwert, elektrischer 155
Metrikfaktor 421
Leitwertelement, differentielles 165
Metrischer Koeffizient 421, 423, 425
Lenzsche Regel 40
Mittelwert, zeitlicher 30
Lichtgeschwindigkeit 9, 45, 283
Modell, makroskopisches 219
des Vakuums 9
Monopol 68, 319
Lichtwellenleiter 351
Linearantenne 311
Liniendipol 72, 235 N
magnetischer 182 Nabla-Operator 443
Liniendipolmoment 74 Nahfeld 299, 306
magnetisches 184 Naturkonstante des Vakuums 8
Linienintegral 427, 447 Netzwerk, elektrisches 43
Linienladung 69 Neukurve 16
Linienladungsdichte 5 Neumannfunktion 112, 257
Linienstrom 176 Neumannsch
Linienstromquelle 162 Formel 202, 214
Lösung Randbedingung 58
homogene 56, 89 Netzwerkgröße, magnetische 226
partikuläre 56, 88 Niveaufläche 413
492 Stichwortverzeichnis

Niveaulinie 413 retardiertes 293


Normalen-Einheitsvektor 416 Potentialdifferenz 53
Normalkomponente 418 Potentialfeld 52
Normierungsbedingung 6 Potentialfunktion 52
Potentialgleichung 55
Potentialkoeffizient 136
O Potentialproblem, zugeordnetes 124
Oberflächenladung, gebundene 104 Poynting-Vektor 24, 301, 327
Oberflächenintegral 430 komplexer 30
Oberflächenwelle 334 Poyntingscher Satz 22
Ohm 15 komplexer 30, 250
Ohmsches Gesetz 153 Primärwelle 387
(lokal) 15 Produkt, äußeres 416
des magnetischen Kreises 225 Produktansatz nach Bernoulli 105
Δ-Operators 447 Produktregel 434
Orientierungspolarisation 85 Punktdipol 67
Orthogonales Punktladung 5, 65
Netz 54, 124 Punktströmungsquelle 162
rechtsdrehendes Koordinatensystem 418
Orthogonalitätsrelation 109, 114, 117
Ortsvektor 419, 424, 426 Q
Quasi-stationär 38
Quasi-TEM-Wellen 360
P Quasi instantan 34
Paralleldrahtleitung 239, 240, 350 Quelle 436
Parallelplattenleitung 351, 376 Quellendichte 437, 451
Parallelstrahlapproximation 242, 316 Quellenfreiheit des magn. Feldes 8, 14
Paramagnetisch 16 Quellenspannung (Durchflutung),
Paramagnetismus 218 magnetische 224
Parameterform 428, 430, 432 Quellenverteilung 291
Permanentmagnete 221 Querleitwertbelag G 370
Permeabilitätskonstante 9 Querschnittsabmessung, charakteristische
relative 16 350, 360
Phasengeschwindigkeit 286, 323, 367
Phasenkonstante 321, 373, 375
PI-Schaltung 402 R
Platte, durchströmte 196 Randbedingung
Plattenkondensator 82 des elektromagnetischen Feldes 18
Poisson-Gleichung 56, 173 gemischte 58
für das magnetische Skalarpotential 222 homogene 61
Polarisation 11, 84, 327 Randwertaufgabe 58
parallele 333 Randwertproblem 58
elektrische 15 Raumladungsdichte 3
Polarisationsstromdichte 12, 12 Realteilbildung 28
Polarisationsvektor 85 Rechteckhohlleiter 351
P 15 Rechtsschraubensinn 39, 416, 440
Potential Reflexion 379
komplexes 124 Reflexionsdämpfung 341
komplex retardiertes Potentiale 295 Reflexionsfaktor 330, 336, 380, 382, 393
orthogonales 124 Reflexionswinkel 328
Stichwortverzeichnis 493

Regulär 122 Spatprodukt 417


Relaxationszeit 16, 157, 249, 284 Spiegel-Dipol 310
des Mediums 246 Spiegelersatzanordnung 241, 242
Remanenzflussdichte 16 Spiegelung
Resonanz 407 am dielektrischem Halbraum 102
Resonanzfrequenz 408 am Winkel 241
Retardierte Zeit 293 an der Kugel 95
Retardierung 362 an der Wand 92
Reziprozität 136, 210 an ebener Grenzfläche 229
Richtcharakteristik 308, 317 an permeabler Wand 240
Richtdiagramm 302 von Strömungsquellen 166
Richtungsableitung 435 Spiegelladung 92, 96
Ringintegral 428, 447 Spiegelungsanordnung 102
Ringkern 277 Spiegelungsmethode 92, 139, 163
Ringstrom 185 Spiegelungsprinzip 310
Rotation 439, 454 Sprungantwort 390
eines Gradientenfeldes 446 Spuleninduktivität 226
zweifache 446 Spurpunkt 183
Standing-wave-ratio 396
Stehwellenverhältnis 396
S Stokessche Integralsatz 448
Schaltvorgang auf einer Leitung 409 Strahlungscharakteristik 302
Scheinleistung 250 Strahlungsleistung 308
Scheinleistungs-Flussdichte, mittlere 250 Strahlungswiderstand 303, 308, 318
Schirmdämpfung eines Bleches 340 Streufeld 83
Schirmfaktor 254 Strömungsfeld, stationäres 33, 153
Schleife, quadratische 217 Strom 4, 5
Senken 436 elektrischer 5, 155
Senkrecht polarisierte Welle 330 Strombelegung auf Zylinderoberfläche 194
Separation Stromdichte 4
in kartesischen Koordinaten 106, 242 elektrische 4
in Kugelkoordinaten 115, 243 gebundene 11
in Zylinderkoordinaten 111, 232 Stromrichtung 4
Separationskonstante 106 Stromverdrängung 44, 247
Siemens 15 in einem Blech 278
Signalübertragung 359 Superpositionsprinzip 61
Signalübertragungsverhalten 358 Suszeptibilität
Skalarfeld 413 elektrische 15
Skalarpotential 291 magnetischet 16
elektrisches 52
magnetisches 171
Skalarprodukt 415, 419 T
Skineffekt 44, 247, 341 T-Schaltung 402
schwacher 258, 261, 266, 272, 274 Tangentialkomponente 418
starker 258, 262, 268, 272, 275 TE-Welle 350, 350, 353
Skintiefe 249, 252, 364 Teilkapazitäten 136, 138
Solenoid 206 Telegrafengleichungen 284, 372
Spannung TEM-Bedingung 358, 360, 363
elektrische 53 TEM-Leitungen 360
magnetische 224 TEM-Mode 358
494 Stichwortverzeichnis

TEM-Welle 357, 349 Weißsche Bezirke 219


TEM-Wellenleiter 349 Welle
TM-Welle 355 ebene 285, 357
Toroid 208 hin- und rücklaufenden 373
Totalreflexion 333, 335, 380, 394 harmonische ebene 290
Totaltransmission 333 homogene ebene 285
Transformationsmatrix 427 inhomogene ebene 334
λ/4-Transformator 405 parallel polarisierte 330
Transmissionsfaktor 330, 336, 382 reflektierte 327, 379
Transversal-Elektromagnetischen transmittierte 380
(TEM)-Welle 287 Wellen-Ersatzschaltbild 383
Transversalfelder 366 Wellenfeld 45
Wellengruppe 359
Wellenlänge 34, 288, 323
U
Wellenmode, höhere 350
u/v-System 124
Wellenvektor 326
Übertragungsverhalten 359
Wellenzahl 289, 321
Welligkeit 396
V Widerstand 42
v/u-System 125 des homogenen Zylinders 226
Vektorfeld 413 elektrischer 155
Vektorfluss 430 magnetischer 225
Vektorpotential 291 zylindrischer 158
magnetisches 172 Widerstandselement, differentielles 165
Vektorprodukt 416, 419 Widerstandsbelag 369
Verallgemeinerte Legendre DGL 116 Winkelgeschwindigkeit 40
Verlust, dielektrischer 325 Wirbeldichte 440, 451
Verlustleistung 250, 254 Wirbelfeld 45, 439
Verlustleistungsdichte 22, 254 Wirbelfreiheit des elektrostatischen
mittlere 31, 250 Feldes 52
Verschiebungsstromdichte 44, 245 Wirbelstärke 439
Vertauschung, zyklische 417 Wirbelstrom 45, 247
Verteilung, kontinuierliche 3 Verluste 277
Vierpolgleichung 402 Wirkleistung 250
Volumen-Dipoldichte 85, 219 mittlere 31
Volumenelement 419 Wirkleistungsflussdichte 302
differentielles 422, 424, 426 mittlere 30
Volumenintegral 432
Volumenstromdichte, gebundene 221
Vorgang, zeitharmonischer 249 Z
Zeiger 28
Zeitabhängigkeit, harmonische 28
W Zirkulation 428
Wechselspannungsgenerator 40 Zustand, eingeschwungener 385
Wechselstromimpedanz des Drahtes 273 Zweitor (Vierpol) 401
Wechselstromrechnung 28 Zylinder, quadratischer 271
Wechselstromwiderstand von Drähten 270 Zylinderfunktion, modifizierte 112
Wechselwirkung zwischen elektrischen Zylinderkondensator 83, 131
Ladungen 1 Zylinderkoordinatensystem 422
Wegelement, differentielles 419, 421, Zylinderspule 49
424, 426, 428 Zylinderoberfläche, umströmte 194

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